Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 11/5/1986

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Die Sitzung ist eröffnet. Meine Dame! Meine Herren! Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 10/6289 Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung steht Herr Staatssekretär Dr. Wagner zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Dr. Kübler auf: Bis wann wird die Kommission zur Überprüfung der Sicherheit der Blöcke A und B des Kernkraftwerks Biblis ihre Arbeit abgeschlossen haben, und werden die Ergebnisse vollständig veröffentlicht werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die Überprüfung vor Ort des Kernkraftwerkes Biblis, Block A, durch die OSART-Kommission der IAEO ist für den Zeitraum vom 27. Oktober bis zum 4. November 1986 vorgesehen. Der Abschlußbericht der Prüfung wird voraussichtlich vier bis sechs Wochen später, also Mitte bis Ende Dezember dieses Jahres, vorgelegt werden. Der Bericht wird von seiten der IAEO an die Bundesregierung übergeben, welche die Überprüfung beantragt hat. Es ist beabsichtigt, diesen Bericht zu veröffentlichen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter. Bitte.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, trifft es nach Ihren Informationen zu, daß beide Reaktorblöcke - A und B - sicherheitstechnisch und auch, was den Organisationszusammenhang in diesem Bereich der Sicherheit angeht, zusammenhängen und deshalb die Überprüfung beider Blöcke notwendig ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Aus der Sicht der Bundesregierung erschien es nur notwendig, den Block A durch das OSART-Team überprüfen zu lassen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich nachfragen, Herr Staatssekretär, aus welchen Gründen Sie die Überprüfung des Blocks B gerade im Hinblick auf diesen sicherheitstechnischen Zusammenhang mit dem Block A für nicht notwendig halten?

Not found (Staatssekretär:in)

Aus der Sicht der Bundesregierung gab es keinen sicherheitspolitischen Zusammenhang, der es notwendig machte, beide Blöcke gemeinsam zu überprüfen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Dr. Kübler auf: Ist die Bundesregierung bereit, die Ergebnisse dieser Kommission mit den Ergebnissen der vom Land Hessen eingesetzten Sicherheitskommission zu vergleichen und auf der Grundlage beider Kommissionsberichte ihre Meinungsbildung herbeizuführen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Landesregierung Hessen führt ihre Sicherheitsüberprüfung des Kernkraftwerks Biblis außerhalb des atomrechtlichen Verfahrens durch. Über den aktuellen Stand dieser Kommission einschließlich der Entwicklung ihrer personellen Zusammensetzung - der Presse haben wir entnommen, daß es hier wohl Schwierigkeiten gibt - ist die Bundesregierung durch den Hessischen Minister für Wirtschaft und Technik nicht offiziell unterrichtet worden. Unbeschadet dessen gehe ich davon aus, daß die Landesregierung vor eventuellen Schlußfolgerungen aus dieser Überprüfung meine bundesaufsichtliche Stellungnahme einholt. Ich würde die Überprüfungsergebnisse dann meinen fachtechnischen Beratungskommissionen zur Bewertung vorlegen. Es wird von den Ergebnissen und ihrer fachlichen Begründung abhängen, inwieweit sie zur Urteilsbildung der Bundesregierung hinsichtlich der Sicherheit des Kernkraftwerks Biblis beitragen können.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung gleichwohl die Auffassung, daß das Land Hessen nach dem Atomgesetz das Recht hat, eine Sicherheitskommission einzusetzen, die für die Frage der Feststellung sicherheitsrelevanter Mängel bei den Blöcken A und B in Biblis zuständig sein kann?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich hatte in meiner Antwort bereits zum Ausdruck gebracht, daß sich dieses Überprüfungsverfahren der hessischen Landesregierung außerhalb der normalen atomrechtlichen Aufsicht vollzieht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Die zweite Zusatzfrage.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich wiederholen - meine Frage war eine grundsätzliche -: Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß das Land Hessen seinerseits nach dem Atomgesetz eine Kompetenz hat, durch eigene Kommissionen die Sicherheit zu überprüfen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Landesregierung Hessen ist im Rahmen des Atomgesetzes ständig verpflichtet, auf Grund ihrer Aufsichtspflichten die Sicherheitsstandards der Kernkraftwerke nachzuprüfen und zu untersuchen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich danke, Herr Staatssekretär. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Rawe steht zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Schwenk ({0}) auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die frühzeitige letzte Leerung der meisten Postbriefkästen viele Postkunden, insbesondere aus dem gewerblich-wirtschaftlichen Bereich, gezwungen sind, ihre letzte Tagespost zum spätest geleerten Postbriefkasten zu bringen unter erheblichem Zeit-und Wegeaufwand, so daß die entsprechenden Einsparungen der Post vervielfacht zu Lasten der betroffenen Postkunden gehen, und ist die Bundesregierung bereit, eine höhere Zahl von Spätleerungskästen dezentralisiert in Städten und Gemeinden einzurichten?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Herr Kollege Dr. Schwenk, der Beförderungsdienst der Deutschen Bundespost ist so organisiert, daß Briefe, Postkarten und Briefdrucksachen die Empfänger im Bereich der Deutschen Bundespost - im gesamten Bereich der Deutschen Bundespost - bei rechtzeitiger Einlieferung am nächsten Werktag erreichen. Um diese Vorgabe wirtschaftlich zu erfüllen, müssen die Briefkastenleerungszeiten leider etwas gestaffelt und so festgesetzt werden, daß bis zur Ableitung der eingelieferten Sendungen eine ausreichende Bearbeitungszeit verbleibt. Es ist deshalb richtig, daß sich die Situation für Postkunden in der Innenstadt und in Orten, in denen die Abgangsbearbeitung vorgenommen wird, günstiger darstellt als für Kunden in Randbezirken und daß die Nutzung der „späten" Einlieferungsmöglichkeiten für diese Kunden in der Tat mit einem entsprechenden Zeit- und Wegeaufwand verbunden ist. Angesichts der Kosten-Nutzen-Betrachtung kann jedoch nicht erwogen werden, eine größere Anzahl von Spätleerungskästen einzurichten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schwenk.

Dr. Wolfgang Schwenk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002133, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wäre es nicht sinnvoll, zu überlegen, Spätleerungskästen einzurichten bzw. die bereits vorhandene Zahl solcher Postkästen zu erhöhen, damit Post im näheren Bereich am nächsten Tag zugestellt wird? Hierbei gehe ich von der Überlegung aus, daß es für viele Postkunden wichtiger ist, in einem näheren Umkreis Post bereits am nächsten Tag zugestellt zu bekommen, als unbedingt die Zeit E + 1 bis zum entferntesten Ort der Bundesrepublik zur Verfügung zu haben. Wäre das nicht Überlegungen für eine bessere Postbedienung wert, um dem Kunden die Wege zum Spätleerungskasten wieder abzunehmen?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Herr Kollege Dr. Schwenk, diese Diskussion ist der Bundesregierung und der Deutschen Bundespost bekannt. Nur, solange die Wünsche der Kunden noch dahin gehen, im gesamten Bundesgebiet E + 1 zu erhalten, wird man natürlich auch bestimmte Abgangszeiten festsetzen müssen, um in der Tat das Nachtluftpostnetz zu erreichen. Denn sonst ist ein Brief z. B. von Stade, wo Sie wohnen, nach Straubing am anderen Morgen nicht zuzustellen. Wenn sich die Wünsche der Kunden dahin ändern würden, müßte man sicherlich einmal darüber nachdenken, ob man im Nahbereich eine andere Regelung finden könnte.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, bitte.

Dr. Wolfgang Schwenk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002133, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Somit vertrete ich Wünsche der Kunden, die sich am Abend in Stade am Postkasten treffen und unter erheblichem Zeitaufwand weite Wege zurücklegen müssen, die ihnen von der Post nicht mehr abgenommen werden, um etwa Post nach Bremervörde, Zeven, Hamburg oder Bremen bis zum nächsten Tag zugestellt zu bekommen. Deshalb meine Frage, ob Sie sich bei Kundenwünschen sehr stark an Großkunden, nicht aber etwa an mittelständischen Betrieben, an Einzelkunden und Privatkunden orientiert haben.

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Herr Kollege Dr. Schwenk, wir haben uns auf der einen Seite daran orientiert, wie das Kundenverhalten insgesamt ist. Dabei spielt also die Unterscheidung zwischen den einzelnen Wirtschaftszweigen bzw. ihrer Größe keine Rolle. Auf der anderen Seite haben wir uns aber auch an der Wirtschaftlichkeit orientiert. Ich muß ja Ihren Worten fast entnehmen, daß Sie auch darüber nachdenken, ob man nicht eine Zusatzleerung machen sollte. Das würde erhebliche zusätzliche Kosten verursachen, die wir dem Rechnungshof gegenüber nicht verantworten können.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Nein, Herr Dr. Schwenk, Sie hatten zwei Zusatzfragen. Tut mir leid. - Frau Dr. Däubler-Gmelin.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000347, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, jedes Mal, wenn ich ein Postamt besuche, wird mir ein großer Teil von Beschwerden vorgetragen, die gerade aus dem Bereich der mittelständischen Unternehmen in den etwas dünner besiedelten Räumen kommen. Sie beklagen sich über die zum Teil erheblichen Wegstrecken, die sie auf Grund dieser Organisationsform zusätzlich zurückzulegen hätten. Meine Frage an Sie ist nun: Hat die Deutsche Bundespost entweder in Teilbereichen oder insgesamt bereits Untersuchungen darüber angestellt, wie viele derartige Beschwerden kommen und wieweit sie berechtigt sind, und wären Sie gegebenenfalls, wenn Sie das nicht getan haben, bereit, das unter die Lupe zu nehmen? Rawe, Pari. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich bin gern bereit, das unter die Lupe zu nehmen. Nur haben die Beschwerden nicht das Ausmaß, das Ihnen vielleicht zunächst so erscheinen mag, wenn Sie solche Einzelbesuche machen. Ich erlebe das, wenn ich draußen Ämter besuche, in ähnlicher Form. Gehe ich dem aber dann im Detail nach, dann sind das meistens nur Einzelkunden. Bei einem so großen Unternehmen ist es ungeheuer schwer, eine Regelung zu treffen, die nur die Wünsche von Einzelkunden berücksichtigt; das werden Sie, glaube ich, einsehen. Wenn es eine allgemeine Entwicklung dahin gibt, daß man beispielsweise die Gedanken von Herrn Dr. Schwenk hier vertritt, daß man sagt, es komme nicht darauf an, daß die Briefpost von Stade nach Straubing - ich wähle bewußt dieses Beispiel - zwei Tage unterwegs ist; wenn die im Nahbereich am folgenden Tag da sei, so sei das in Ordnung. Dann müßte das eine Überlegung sein, die breit getragen wird. Wir haben all diese Dinge im zuständigen Ausschuß dieses Hauses immer diskutiert, und wir sind auch weiter immer für Diskussionen offen. Ich sage noch einmal: Wir müssen den Zielkonflikt sehen: Entweder E plus 1 und Wirtschaftlichkeit oder der andere Weg.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin Kosten/Nutzen angeführt, bezogen auf Briefkastenleerung. Welche Kriterien legen Sie beispielsweise an, sagen wir mal: Einwohnerzahl oder Entfernungen, um solche Spätleerungsbriefkästen einzurichten bzw. abzuschaffen?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Das entscheidende Kriterium, Herr Kollege Dr. Klejdzinski, muß erst einmal sein, daß die Leerung sicherstellt, daß die Briefe, die dort abtransportiert werden, auch noch den Abgang erreichen, damit sie am anderen Tag dem Empfänger zugestellt werden können. Ich muß irgendwo eine Abgangszeit einsetzen - darüber mögen Sie lächeln -, sonst können Betriebsabläufe nicht organisiert werden. Nur weil nach dieser Zeit vielleicht noch zwei, drei weitere Sendungen eingeliefert werden - ich will Ihr Beispiel gern aufgreifen -, kann keine neue Leerfahrt angesetzt werden. Rechnen Sie sich einmal aus, was das sonst kostenmäßig für alle Briefkästen in unserem Lande bedeutet! Dann hätte ich anschließend das Problem, daß der Rechnungsprüfungsausschuß dieses Hauses der Deutschen Bundespost ganz erhebliche Vorwürfe macht, und das möchte ich auch nicht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Odendahl.

Doris Odendahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001632, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, die persönliche Augenscheinnahme ist ein Ding. Wie steht es überhaupt: Wie viele Beschwerden sind eingegangen, und sind Sie in der Lage, uns konkret zu berichten, wie der Stand der Dinge ist?

Wilhelm Rawe (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001786

Frau Kollegin, das will ich gern tun. Sie sehen es mir aber bitte nach, daß ich aus dem Stegreif nicht in der Lage bin, die gesamte Anzahl auch nur annähernd zu fixieren. Das werde ich Ihnen gern schriftlich nachreichen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke schön, Herr Staatssekretär. Die Frage 4 des Abgeordneten Daweke, Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft, wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit wird die Frage 5 des Abgeordneten Jäger ({0}) auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Erhard steht zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Hauck auf: Da im § 31 des Betäubungsmittelgesetzes eine der jetzt vorgesehenen „Kronzeugenregelung" ähnliche Bestimmung enthalten ist, frage ich die Bundesregierung, ob sich diese Bestimmung bewährt hat und dadurch Organisatoren, Hintermänner und Drahtzieher der Rauschgiftkriminalität gefaßt wurden.

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Herr Kollege Hauck, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit der Unterrichtung des Deutschen Bundestages über die gegenwärtige Situation des Mißbrauchs von Alkohol, illegalen Drogen und Medikamenten in der Bundesrepublik Deutschland und die Ausführungen des Aktionsprogramms des Bundes und der Länder zur Eindämmung und Verhütung des Alkoholmißbrauchs im Bericht vom 16. Juli 1986 - Drucksache 10/5856 auf Seite 25ff. - zur Kronzeugenregelung des § 31 des Betäubungsmittelgesetzes ausführlich Stellung genommen und u. a. ausgeführt: Auf Grund der vorliegenden Berichte des Bundeskriminalamtes, der Landeskriminalämter und der Zollfahndungsämter kann hier bereits eine Einschätzung von seiten der Ermittlungsbehörden gegeben werden. Diese Behörden räumen zwar ein, daß mit der Regelung überwiegend kleine und mittlere Straftäter überführt wurden. Durch Anwendung des § 31 BtMG war es jedoch nach deren Angaben möglich, lokale Drogenmärkte aufzuspüren sowie insbesondere Zulieferer und Verteiler zu ermitteln und vor Gericht zu stellen. Diese Behörden führen außerdem auch eine Reihe von Fällen an, in denen Straftäter höhere Organisationsebenen und Mitglieder international operierender Schmuggelorganisationen identifiziert und eine Reihe von ihnen festgenommen werden konnte. Die vom Bundesminister der Justiz eingeholten Stellungnahmen der Landesjustizverwaltungen geben folgendes Bild - ich zitiere auch hier nur den Bericht -: Die Vorschrift spiele zahlenmäßig vor allem im Bereich der mittleren und kleineren Drogenkriminalität eine Rolle. Fälle schwererer Drogenkriminalität seien verhältnismäßig selten. Immerhin würden aber auch Fälle der schweren Drogenkriminalität aufgedeckt. Eine Auswertung von 16 500 Aburteilungen aus dem Jahre 1984 im Rahmen der Datenbank BIFOS ergab 412 Fälle der Strafmilderung wegen Tataufdeckung nach § 31 Nr. 1 und weitere fünf Fälle wegen Tatverhinderung nach § 31 Nr. 2 des Betäubungsmittelgesetzes. Fälle des Absehens von Strafe gab es in dieser Auswertung nicht. Die verhältnismäßig hohe Zahl von Anwendungsfällen der Vorschrift macht deutlich, daß für die Kronzeugenregelung bei der Rauschgiftermittlung ein Bedürfnis besteht. - Natürlich steht noch mehr in dem Bericht der Bundesregierung an den Bundestag. Wenn es notwendig ist, zitiere ich mehr.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich denke nicht, daß das notwendig ist, Herr Staatssekretär. Bitte schön, Herr Kollege, eine Zusatzfrage.

Rudolf Hauck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich kenne den Bericht selbstverständlich. Ich frage aber die Bundesregierung, ob sie die Veröffentlichung des Berliner Wissenschaftlers Michael Jaeger kennt, der die Wirksamkeit des § 31 des Betäubungsmittelgesetzes untersucht hat und zu der Schlußfolgerung kommt, daß das angestrebte Ziel - ich habe damals im federführenden Ausschuß dafür gekämpft -, mit der Kronzeugenregelung in den organisierten Rauschgifthandel einzudringen, nicht erreicht wurde.

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Die Bundesregierung stimmt diesem Bericht nicht in vollem Umfang zu. Es wurde auch in die organisierten Stufen eingedrungen, wie ich Ihnen eben gesagt habe. In dem Bericht läßt sich unschwer lesen, daß diese Regelungen beispielsweise zur Sicherstellung von immerhin 8,5 Kilogramm Heroin und von 250 Kilogramm Haschisch geführt haben und daß insgesamt bei den verurteilten acht Personen 33 Jahre Haft herausgekommen sind. Das ist j a nun sicherlich nicht die kleine Kriminalität.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ihre zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Rudolf Hauck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dann frage ich trotzdem weiter: Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß auch in Strafverfahren, wie sie hier genannt wurden, in denen der Kronzeuge nach § 31 aufgeboten wurde, nach der wissenschaftlichen Untersuchung des Herrn Jaeger nur in ca. 3 % der Fälle eine Aufklärung erreicht wurde und es sich dabei fast ausschließlich um kleine Täter handelte, während die Organisatoren und Drahtzieher der Rauschgiftszene nicht in Erscheinung traten?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Herr Kollege, wenn immerhin von 16 000 400 Fälle durch diese Regelung aufgeklärt oder Straftaten verhindert werden konnten, dann ist das nicht mehr eine Bagatelle, sondern ein sehr gravierender Vorgang.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Däubler-Gmelin.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000347, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, als Sie aus dem Bericht zitiert haben, daß schwerere Probleme und schwerere Fälle eben keine Auswirkung gezeigt hätten? Und zum zweiten: Könnten Sie uns freundlicherweise noch einmal präzise und detailliert sagen, was es bedeutet, daß etwas „eine Rolle spielt"? Sie haben es selber gebracht, es habe „eine Rolle gespielt". Aber das ist ja genauso vage, wie die Zahlen, die Sie vorgetragen haben. Deshalb meine konkrete Frage: Wieviele - wie hier in der Frage aufgeführt - „Organisatoren, Hintermänner und Drahtzieher der Rauschgiftkriminalität" wurden gefaßt und vor Gericht gestellt auf Grund der Anwendung der Regelung des § 31, und wieviele - ich darf auch das präzisieren - „Organisatoren, Hintermänner und Drahtzieher der Rauschgiftkriminalität" wurden durch Anwendung des § 31 überführt, nachdem sie bereits vor Gericht gestellt waren?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

In dem Bericht sind zu der schweren Kriminalität acht Täter aufgeführt, und die anderen sind nicht einzeln aufgeführt. Das müßte man weiter aufschlüsseln und nachprüfen. Das kann ich aus dem Stegreif nicht tun. ({0})

Dr. Herta Däubler-Gmelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000347, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Würden Sie das tun?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Ich will es versuchen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Frau Simonis.

Heide Simonis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002178, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich habe ein bißchen lange gebraucht, um die 400 aus 16 000 in Prozente umzurechnen. Es sind knapp 3%. Bei den 8 kann ich es jetzt nicht ganz so schnell. Aber wenn es denn stimmt, daß es nur die 3% sind, die j a übrigens auch vom Kollegen Hauck genannt worden sind, können Sie dann wenigstens sagen, wieviel in dieser atemberaubenden Zahl von 3% als große Fische anzusehen sind?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Selbstverständlich viel weniger. Denn auf einen großen Fisch kommt eine Unzahl von kleinen. Das liegt in der Natur der Sache. ({0}) Die Bundesregierung hat ja deutlich gesagt: Es ist zur Zeit nicht vertretbar, diese Kronzeugenregelung wieder aufzugeben. Sie muß beibehalten werden. Das ist der eindeutige Bericht der Bundesregierung. Sie werden verstehen, daß ich mich nicht für kompetent genug halte, das, was die Bundesregierung dem Bundestag schriftlich mitgeteilt hat, jetzt in Frage zu stellen. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Jeder Abgeordnete ist mindestens dazu in der Lage. - Sie haben noch eine Zusatzfrage, Frau Blunck.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie viele von diesen ungeheuer zahlreichen 400 Fällen waren vorher schon aktenkundig, so daß die Relation gar nicht stimmt. Sie sagen, dies seien neue Fälle. Aber viele waren schon aktenkundig, standen zur Verurteilung an und haben sich dann über die Kronzeugenregelung gerettet. Können Sie dazu etwas sagen?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Wenn man niemanden hat, dann kann man auch niemanden befragen. Das geht der Polizei so, und das geht jedem in der Strafverfolgung so, das geht immer beim Kronzeugen so. ({0}) Wenn man niemanden hat, kann man auch niemanden befreien und kann man auch niemanden fragen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Zander.

Karl Fred Zander (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002581, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn Sie von Fällen sprechen, meinen Sie Einzeltäter oder Gruppen von Tätern?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Es werden die Täter nach Zahl aufgelistet. Wie viele davon gemeinschaftliche Täter waren, ergibt sich aus der Statistik nicht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Abgeordneter Rusche.

Herbert Rusche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001906, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, werden bei dieser Regelung auch Unterschiede zwischen dem Bereich der harten und der weichen Drogen gemacht, und haben Sie eine Auflistung, wie viele Fälle mit weichen und mit harten Drogen Ihnen an Hand dieser Regelung ins Netz gegangen sind, wenn ich das so salopp sagen darf? Könnten Sie mir hierüber Informationen zukommen lassen? Das würde mich interessieren.

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Wenn Sie die Güte haben, Herr Kollege, die Drucksache, die ich zitiert habe, mit ihren Anlagen zu lesen, werden Sie darüber eine Fülle von Material finden, sogar die Mengen an sichergestelltem Rauschgift und ähnlichem mehr.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Hauck auf: Geht die Bundesregierung davon aus, daß sich die „Kronzeugenregelung" des Betäubungsmittelgesetzes im Kampf gegen die Drogenkriminalität so bewährt hat, daß sie jetzt auch zur Terroristenbekämpfung als ein geeignetes Instrument eingesetzt werden kann?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Herr Kollege Hauck, die „Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten" ist zwar, soweit dies unter Berücksichtigung ihrer speziellen Zielrichtung möglich ist, in Anlehnung an die bereits im geltenden Recht vorhandenen „Kronzeugenregelungen", insbesondere § 129 a Abs. 5 in Verbindung mit § 129 Abs. 6 des Strafgesetzbuches, § 153e der Strafprozeßordnung und den eben schon erwähnten § 31 des Betäubungsmittelgesetzes, ausgestaltet. Sie greift jedoch weiter als die Regelung des § 31 des Betäubungsmittelgesetzes, ermöglicht insbesondere ein Absehen von Strafverfolgung durch den Generalbundesanwalt oder aber ein Absehen von Strafe bzw. eine Strafmilderung durch das Gericht bei sogenannten Begleitdelikten und betont, daß diese Vergünstigung auch gewährt werden kann, wenn der Kronzeuge einen Beitrag zur Festnahme von anderen Tätern leistet. Darüber hinaus stellt die jetzt vorgeschlagene Kronzeugenregelung den „Offertencharakter" weit stärker in den Vordergrund als § 31 des Betäubungsmittelgesetzes und richtet sich schließlich auch an einen kriminologisch völlig anders strukturierten Adressatenkreis. Von daher ist ein direkter Vergleich beider Regelungen nicht möglich. Die Erfahrungen mit dem Kronzeugen des Betäubungsmittelgesetzes lassen auch Erfolge bei der beabsichtigten Regelung zur Terrorismusbekämpfung erwarten. Ein bißchen Hoffnung muß ja bleiben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hauck.

Rudolf Hauck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Danach wollte ich gerade fragen. Ich bleibe bei dem Vergleich zwischen § 31 und den jetzt vorgesehenen Regelungen und frage noch mal, da Sie von Hoffnung gesprochen haben: Wo nehmen Sie die Zuversicht her, daß es bei der jetzt vorgesehenen Form zu günstigeren Regelungen kommt als bei der von mir behaupteten erwiesenen Negativbilanz beim Betäubungsmittelgesetz?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Bei der „Negativbilanz" stehen Sie eindeutig gegen die gemeinsame Meinung der Bundesregierung und die Erfahrun18702 Deutscher Bundestag - 10. Wahloeriode - 242. Sitzung. Bonn. Mittwoch. den 5. November 1986 gen aller damit befaßten Strafverfolgungsbehörden. Selbstverständlich steht es Ihnen frei zu sagen, daß alles, was sonst im Staate geschieht, falsch sei oder nicht richtig beurteilt werde. Der Abgeordnete ist sehr frei. Gott sei Dank! Aber die Erfahrungen mit Kronzeugenregelungen, die dort, wo solche eingeführt sind, gemacht worden sind, sprechen für eine Einführung des Kronzeugen. Ich darf darauf verweisen, daß in den letzten zwölf Jahren sowohl von der Bundesregierung, die nicht von der CDU geführt wurde, wie auch von Ländern, die nie unter der Führung der CDU standen, wie z. B. Nordrhein-Westfalen, und vom Bundesrat solche Regelungen vorgeschlagen worden sind, die nur nicht durch den Bundestag gekommen sind. Aber die Drucksachen können Sie alle nachlesen. ({0}) - Es stimmt. ({1}) - Na j a, lesen können Sie vielleicht auch noch. Ich kann Ihnen noch eine ganze Reihe von Drucksachen nennen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Staatssekretär, waren Ihre Ausführungen an diesem Punkt zu Ende?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Ja.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Hauck? - Bitte.

Rudolf Hauck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, selbstverständlich gibt es unterschiedliche Einschätzungen im Parlament. Das ist das Recht. Ich habe auf wissenschaftliche Untersuchungen hingewiesen. Sie kommen in der Prozentzahl auf das gleiche Ergebnis. Die Frage aber, die ich jetzt stellen will, lautet: Sind Sie nicht auch der Meinung, daß bei Kronzeugenregelungen, sowohl nach § 31 Betäubungsmittelgesetz wie auch bei der jetzigen Form, in erster Linie Kriminalisten, Strafverfolger und Staatsanwälte an der Handhabung interessiert sind und weniger die Richter selbst, da man j a in erster Linie an einer positiven Straferfolgsbilanz interessiert ist?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Die Strafverfolgungsbilanz soll mit Hilfe des Kronzeugen verbessert werden. Nur durch Gesundbeten läßt sich kein Terrorist fangen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Däubler-Gmelin.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000347, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben dankenswerterweise darauf hingewiesen, daß das, was jetzt unter dem Stichwort Kronzeugenregelung diskutiert wird, daß nämlich Mörder, wenn sie andere denunzieren, nicht einmal vor Gericht gestellt werden müssen, mit der Regelung des § 31 Betäubungsmittelgesetz gar nichts zu tun hat. In der Tat ist es j a auch so, daß diese Regelung vor zehn Jahren hier nicht vertreten wurde, sondern eine, die viel eher an den § 31 angenähert war. Meine Frage bezieht sich noch einmal auf Ihre Hoffnungen. Sie waren vorher so freundlich, mir mitzuteilen, daß Sie mir im Augenblick nicht sagen könnten, ob und wie viele Organisatoren, Hintermänner und Drahtzieher der Rauschgiftkriminalität durch § 31 gefaßt werden konnten. Sie waren auch nicht in der Lage, mir zu sagen, wie viele Organisatoren, Hintermänner und Drahtzieher der Rauschgiftkriminalität mit Hilfe des § 31 überführt werden konnten, sondern Sie waren so nett, mir mitzuteilen, daß Sie sich danach erkundigen würden und mir das mitteilen könnten. Wenn das aber so ist, könnten Sie mir dann vielleicht mitteilen, worauf Ihre Erwartungen und Hoffnungen jetzt wirklich beruhen?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Die im Jahre 1984 statistisch festgestellten Fälle der Anwendung des § 31 des Betäubungsmittelgesetzes bedeuten, daß in jedem dieser Fälle andere Täter gefaßt oder Straftaten verhindert worden sind. Wenn auch nur zehn schwere Straftaten verhindert werden, dann ist das jedenfalls, um den Rechtsfrieden herzustellen, nach meiner Ansicht außerordentlich wichtig. Wenn wir zehn Terroristen im Laufe von zwei Jahren - länger soll das Gesetz nicht gelten - damit fangen könnten, dann, so meine ich, hätten wir eine hervorragende Regelung getroffen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Blunck.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Abgesehen davon, daß ich einen Unterschied sehe zwischen Terroristenfahndung und Betäubungsmitteltäter, ({0}) möchte ich gerne von Ihnen wissen: Könnte dieses bißchen Hoffnung, das, wie Sie gesagt haben, bleiben muß, nicht dadurch erheblich vergrößert werden, daß bestehende Gesetze konsequent angewendet würden?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Daß die Anwendung von Gesetzen auf allen Gebieten nicht immer eine hundertprozentige und eine befriedigende ist, ist unser tägliches Wissen. Aber was Sie konkret meinen, wo man etwas richtiger anwenden sollte, das müßten Sie, Frau Kollegin, dann wenigstens andeuten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Simonis.

Heide Simonis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002178, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, nachdem Sie in Ihren Antworten zwischen dem Prinzip Hoffnung und der Abgeordnetenschelte etwas hin-und hergeschwankt sind, würde ich gern wissen, ob Sie damit zum Ausdruck bringen wollten, daß die Fahndungsbehörden bei uns in der Bundesrepublik mit dem Prinzip Hoffnung glauben, mit drei Prozent dann wenigstens noch etwas vorweisen zu können oder ob ich Sie da mißverstanden habe.

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Ich bin mir nicht bewußt, daß ich irgend etwas von Abgeordnetenschelte über meine Lippen gelassen hätte. Ich habe so viel Sympathie für die Freiheit des Abgeordneten, daß es mir schwerfällt, für die Regierung überhaupt etwas zu sagen, was jemand falsch verstehen könnte. Die Hoffnung, mit einer solchen Regelung ein Stückchen weiterzukommen, fußt auf Erfahrungen in anderen Ländern und fußt auf den Erfahrungen, die wir mit unseren Regelungen im Betäubungsmittelrecht gemacht haben. Sie wissen ja, wie umstritten das war.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da Sie vorhin festgestellt haben, daß ich des Lesens mächtig bin, und da ich auch schon gesehen habe, daß Sie in Akten schauen können, frage ich Sie: Ist Ihnen nicht zumindest bekannt oder haben Sie nicht nachgelesen, daß Dr. Vogel bereits zur damaligen Zeit, die Sie angesprochen haben, die Kronzeugen-Regelung abgelehnt hat? Das ist nachweisbar, ist in den Dokumenten nachlesbar.

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Wann? Dr. Klejdzinski ({0}): 1975 oder 1976.

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Ich habe das jetzt nicht ganz sicher im Kopf.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dann lassen Sie sich die Dokumentation von Detlef Kleinert geben; dort steht es drin!

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Aber 1975 hat die SPD-FDP-Koalition und hat auch die Regierung unter Bundeskanzler Schmidt einen Bleichlautenden Gesetzesvorschlag mit der Kronzeugen-Regelung vorgelegt. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, wir werden noch Gelegenheit haben, darüber zu reden! Frau Abgeordnete Steinhauer, Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage.

Waltraud Steinhauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, nachdem der Herr Geißler jeden, der gegen die Kronzeugen-Regelung ist, als Komplizen der Terroristen bezeichnet hat, möchte ich Sie fragen: Wenn ich gegen die Kronzeugen-Regelung bei Rauschgiftdelikten bin, bin ich dann ein Dealer? ({0})

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Frau Kollegin, ich habe als Mitglied der Bundesregierung weder so noch so zu irgendeiner Äußerung des Generalsekretärs der CDU Stellung zu nehmen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das ist vollkommen korrekt. Herr Abgeordneter Mann, Sie haben eine Zusatzfrage.

Norbert Mann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001417, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kollege Erhard, verrät nicht die vorgesehene Befristung der KronzeugenRegelung, daß Sie rechtspolitisch auf einem sehr unsicheren Felde sind und daß Sie hinsichtlich der Hoffnungen, die Sie hier heute geäußert haben, selber von Zweifeln geplagt sind?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Herr Kollege Mann, könnten Sie sich in Ihrer - mir durchaus bekannten - Phantasie nicht vorstellen, daß es als Grund dafür auch noch andere Elemente gibt?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Frau Kollegin Hürland, eine Zusatzfrage. ({0})

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Ich brauche keine Entlastung!

Agnes Hürland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000976, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ach, warum sollen wir nicht auch die Freiheit haben, Entlastungsfragen zu stellen, Frau Präsidentin?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Selbstverständlich!

Agnes Hürland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000976, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, täuscht mein Erinnerungsvermögen mich etwa, wenn ich sage, daß der frühere Justizminister von Nordrhein-Westfalen Posser bereits 1971 den Kronzeugen gefordert hat und daß der damalige Ministerpräsident Heinz Kühn im Plenum des Deutschen Bundestages ebenfalls diese Auffassung vertreten hat?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Ihre Erinnerung täuscht Sie sicherlich nicht; ich kann bloß nicht genau das Datum bestätigen. Ich weiß nur, daß das Land Nordrhein-Westfalen, in dem Herr Posser Justizminister war, im Jahre 1973 einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt hat. Die Drucksache läßt sich nachlesen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Frau Kollegin Fuchs, eine Zusatzfrage.

Anke Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000611, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, uns die Unterschiede des damaligen Vorschlages gegenüber dem heutigen Vorschlag im Detail zu erläutern? ({0})

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Das kann ich Ihnen in allen Einzelheiten erläutern; aber ich bin der festen Überzeugung, daß das nicht im Rahmen der Fragestunde geht. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Ewen.

Carl Ewen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000504, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie zugeben, daß es einen Unterschied macht, ob ein Staatsanwalt entscheidet, ob bestraft wird, und wenn j a, wie hoch, oder ob ein Gericht dafür zuständig ist?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Ich kenne diesen Unterschied gut, aber unser geltendes Recht hat den Staatsanwälten schon jetzt einen ganz erheblichen Spielraum eingeräumt, bei bestimmten Vorgängen - sogar bei mit hohen Geldstrafen zu ahndenden Vorgängen - die Verfahren einzustellen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Duve.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär - um das anzusprechen, was Sie vorhin meinten -, wenn Sie eben schon in Beantwortung der Frage einer Kollegin gesagt haben, daß Sie hier in der Fragestunde nicht alle Einzelheiten des Unterschieds erläutern wollen: Wären Sie bereit, uns von den wahrscheinlich etwa 20 Einzelheiten eine oder zwei Einzelheiten, die den wesentlichen Unterschied zwischen damals und heute klarmachen, zu erläutern?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Ich werde das jetzt nicht tun, ({0}) weil das einfach eine Verkürzung wäre, die ein völlig falsches Bild ergeben müßte.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, wir müssen uns natürlich in dem vorgeschriebenen Rahmen halten. Ich habe da Verständnis für den Herrn Staatssekretär. Herr Abgeordneter Rusche, Sie haben das Wort zu einer Zusatzf rage.

Herbert Rusche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001906, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wir verstehen natürlich, daß es im Rahmen der Fragestunde, wo nur kurze Zeit zur Verfügung steht, schwierig ist, das Thema ausführlich zu behandeln. Aber wären Sie bereit, der Opposition eine exakte Ausarbeitung über die Unterschiede der Entwürfe von damals und heute schriftlich zukommen zu lassen? Das wäre sehr von Interesse.

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Sie werden wahrscheinlich noch im Laufe dieser Woche - wenn die Tagesordnung schon verändert worden wäre, wären Fragen zu dem Gegenstand überhaupt nicht zulässig - Gelegenheit haben, alles darüber zu sagen und zu lesen, was Sie dazu meinen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Der Hinweis, daß wir morgen darüber ausgiebig diskutieren werden, ist berechtigt, Herr Staatssekretär. Auch wenn dies noch nicht auf der Tagesordnung steht, sollte es bei weitergehenden Fragen, wo es um sehr viel tiefere Informationen geht, in die Überlegungen einbezogen werden. Frau Odendahl, Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage.

Doris Odendahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001632, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wird denn gewährleistet sein, daß wir in der von Ihnen angesprochenen Debatte von Ihnen, das heißt von der Bundesregierung, diese Unterschiede wirklich im Detail erläutert bekommen und es nicht so sein wird, wie Sie es gerade dem Kollegen erklärt haben, dem Sie gesagt haben: Sie werden sich äußern können? - Wir wollen es in der Tat von der Bundesregierung hören. ({0})

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Was im Verlauf der Debatte, die noch in dieser Woche vor uns liegt, an Genauigkeiten zu Ihrer Zufriedenheit gesagt werden wird, kann ich nicht vorausschauend sagen: ({0}) denn ich werde wahrscheinlich gar nicht die Gelegenheit dazu kriegen, etwas zu sagen. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Link ({0}).

Walter Link (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001348, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß bei der Kronzeugenregelung auch der Herr Generalbundesanwalt und die Richter eingeschaltet werden sollen?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Selbstverständlich, in dem Terroristenbereich nur der Generalbundesanwalt und der zuständige Richter. ({0}) - Ist das kein Richter? ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Einen Augenblick! - Wenn es gar nicht anders geht, fragen wir die Stenographen, was er gefragt hat. Aber ich glaube, es ist schon klar. Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Zander.

Karl Fred Zander (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002581, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, bedeutet Ihre Mitteilung, daß eine Erläuterung der Unterschiede zwischen den beiden Entwürfen den Rahmen der Fragestunde sprengen würde, daß die Unterschiede beträchtlich sind?

Benno Erhard (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000485

Es sind in der Zeit elf verschiedene Gesetzesvorschläge gemacht worden - elf verschiedene -, jeweils mit feinen Unterscheidungen, die ein tiefes Eindringen in die konkrete Strafrechtsnorm mit ihren Unterschiedlichkeiten erforderlich machen. ({0}) Wenn so etwas im Ausschuß erörtert wird, geht es schon nicht schnell. Das Plenum ist dafür aber nach meiner Erfahrung, die ich als Abgeordneter ja wohl in reichem Maße gesammelt habe, kein Forum. Das geht nicht. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Vogt zur Verfügung. Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Lutz auf: Sind der Bundesregierung Erhebungen bekannt, die die Behauptungen des Allensbach-Instituts bestätigen, daß etwa jeder Dritte der gemeldeten Arbeitslosen der Meinung sei, „es sei besser, arbeitslos zu sein als eine Arbeit tun zu müssen, die keine Freude macht" und daß nur 59 v. H. der Arbeitslosen sich ernsthaft bemühten, eine neue Stellung zu finden?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Präsident! Mit Zustimmung des fragenden Kollegen möchte ich die Fragen 8 und 9 gern gemeinsam beantworten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Geht das, Herr Kollege?

Egon Lutz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001399, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Dem wird zugestimmt. Dann rufe ich auch die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Lutz auf. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, daß zur Zeit die Hälfte der Arbeitslosen sehr wenig unternimmt, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden, und welche Erfahrungswerte liegen dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit vor?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, die Bundesregierung kann demoskopische Untersuchungen, insbesondere wenn sie ihr nur als Zeitungsveröffentlichungen vorliegen, nicht einer besonderen Wertung unterziehen. Der Bundesregierung sind keine weiteren Erhebungen bekannt, die die Behauptung des Allensbach-Instituts bestätigten. Den Aussagen des Instituts widersprechen Feststellungen eines Sozialforschungsinstituts, wonach sich 86% der Arbeitslosen einen Arbeitsplatz unabhängig von den Bemühungen des Arbeitsamtes gesucht haben. Nach den Erfahrungen der Arbeitsvermittler in den Arbeitsämtern entwickeln die meisten Arbeitslosen ein hohes Maß an Eigeninitiative, um eine neue Beschäftigung zu finden. Nach den Ergebnissen der jüngsten Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeit über die Struktur der Arbeitslosen haben rund 60 % der gemeldeten Arbeitslosen, die im Erhebungszeitraum eine Arbeit aufnehmen konnten, den Arbeitsplatz durch eigene Bemühungen gefunden. Soweit Arbeitslose durch Vermittlung des Arbeitsamtes einen neuen Arbeitsplatz gefunden haben, haben diese durch ihre Arbeitsaufnahme ebenfalls die Ernsthaftigkeit ihres Interesses bekundet, wieder Anschluß an die Erwerbstätigkeit zu finden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage - Sie haben vier Zusatzfragen -, bitte schön, Herr Kollege Lutz.

Egon Lutz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001399, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist es wirklich so, daß Sie die Ergebnisse oder angeblichen Erkenntnisse des Allensbacher Institutes nur aus Presseveröffentlichungen kennen, oder sind sie nicht brieflich seitens des Institutes Ihrem Minister zugegangen? Vogt, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie können schon davon ausgehen, daß die Antwort, die ich Ihnen gebe, den Tatsachen entspricht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Lutz.

Egon Lutz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001399, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wir unterstellen einmal, daß das den Tatsachen entspricht.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich würde darum bitten, Herr Kollege.

Egon Lutz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001399, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es fällt mir schwer, Ihrer Bitte zu folgen. ({0}) Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele der 993 625 im Oktober dieses Jahres arbeitslos gemeldeten Frauen entsprechend der Behauptung des Allensbacher Institutes lieber arbeitslos wären als in Arbeitsverhältnisse vermittelt zu werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Lutz, ich wiederhole noch einmal: Wir kennen die Aussagen, die Ergebnisse des Institutes nach der Zeitungsveröffentlichung. Das ist eine unvollständige Wiedergabe der Untersuchung. Davon gehe ich aus. Wir kennen weder den Gesamtkatalog der Fragen, die gestellt worden sind, noch ist uns die Stichprobenauswahl bekannt. Deshalb, weil sie nur teilweise bekanntgeworden ist, werde ich nicht zu Einzelheiten dieser Untersuchung Stellung nehmen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Dritte Zusatzfrage, Herr Kollege Lutz.

Egon Lutz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001399, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn Sie das nicht bestätigen können, können Sie dann eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bestätigen, nach der lediglich 3,5% der Arbeitslosen nicht ernsthaft an einer Arbeitsaufnahme interessiert seien, und wie hoch ist dann nach Ihrer Meinung der Frauenanteil an diesem Personenkreis der nicht ernsthaft Interessierten?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich habe auf Ihre Frage Nr. 8 geantwortet, daß nach den Aussagen eines Sozialforschungsinstitutes - das Institut Sinus, Sitz München - 86 % der Arbeitslosen einen Arbeitsplatz unabhängig von den Bemühungen des Arbeitsamtes gesucht haben. Hier ist keine Unterscheidung zwischen Männern und Frauen vorgenommen worden. Aus diesem Ergebnis wird deutlich, daß die Arbeitslosen sich selbst in einem hohen Umfang um Arbeit bemühen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Vierte Zusatzfrage, Herr Kollege.

Egon Lutz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001399, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie kennen - immer nach Ihrem eigenen Bekunden - nur aus Zeitungsmeldungen die Feststellungen des Allensbach-Institutes. Halten Sie nicht die ganze Methode für fragwürdig, Motivforschung auf diese Weise zu betreiben und so die Arbeitslosigkeit in diesem Lande zu verharmlosen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, die Bundesregierung verharmlost nicht Arbeitslosigkeit. Ich habe Ihnen eben schon auf eine Zusatzfrage gesagt: Wir kennen nicht den Gesamtkatalog der Fragen; wir kennen nicht die Stichprobenauswahl. Deshalb werte ich die Gesamtuntersuchung nicht. Ich weiß nur, daß ansonsten das Allensbach-Institut ein renommiertes Institut ist. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege, lassen Sie doch bitte den Staatssekretär. Wir verlieren Zeit. ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Natürlich ist das Institut renommiert.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Däubler-Gmelin.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000347, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben j a am 30. April 1986 Äußerungen getan, die sich mit den Ergebnissen des Instituts von Frau Noelle-Neumann - wie gesagt: CDU-, regierungsnah - sehr stark decken. Ich darf zitieren: Sie haben erklärt - ich glaube, in Verbindung mit einer Aktion, die Sie „Frauen, meldet euch erwerbslos!" nannten -, es sei zu besorgen, daß eine größere Zahl von Frauen, die unmittelbar „keine Beschäftigung anstreben, sich nur deshalb arbeitslos melden könnten, um in einer Kartei des Arbeitsamtes zu erscheinen". Ist es so, daß Sie für diese Behauptungen, die sehr viele Frauen, gerade die arbeitslosen Frauen, erbittet haben, irgendwelche Begründungen oder Facts aufzuführen haben, oder haben Sie die heute immer noch nicht?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ganz abgesehen davon, daß Ihre Frage weit von der Ursprungsfrage des Kollegen Lutz entfernt ist, möchte ich bezweifeln, daß meine Äußerung die große Aufregung verursacht hat, von der Sie sprechen, denn wenn es diese große Aufregung wirklich gegeben hätte, hätte sich sicherlich eine Frau bei mir persönlich gemeldet. Es hat sich aber keine gemeldet. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, Frau Kollegin.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000347, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da ich die Gnade einer zweiten Zusatzfrage habe, darf ich Ihnen anbieten, Ihnen die Briefe, die bei mir zu diesem Punkt eingegangen sind, zur Verfügung zu stellen, und Sie gleichzeitig fragen: Warum haben Sie oder warum hat die Bundesregierung, wenn Sie von dieser Untersuchung von Frau Noelle-Neumann in Allensbach gar nichts halten, nicht längst die Gelegenheit ergriffen, ihr in der Öffentlichkeit wirklich in aller Deutlichkeit zu widersprechen und so eine Ehrenrettung der Arbeitslosen vorzunehmen?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ich habe meiner Antwort auf die Frage des Kollegen Lutz eine Vorbemerkung vorangestellt: Die Bundesregierung kann eine Untersuchung wirklich nur dann einer sorgfältigen und kritischen Wertung unterziehen, wenn ihr die Untersuchung im Wortlaut vollständig vorliegt, d. h. mit dem Gesamtkatalog der Fragen, mit den Stichproben etc. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist eine Wertung, die den Anschein erweckt, sie sei vollständig vorgenommen worden, unseriös. Diese Bundesregierung ist nicht unseriös. Im übrigen, Frau Kollegin, die Gnade gewähre nicht ich, sie ist vielmehr Ausfluß der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Vielen Dank, Herr Staatssekretär, daß Sie meine Funktion auslegen. Herr Reimann hat jetzt das Wort zu einer Zusatzfrage.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn auf Grund dieser Studie des Allensbacher Instituts der Eindruck entsteht, 60 % der Arbeitslosen arbeiteten lieber nicht, als eine Tätigkeit anzunehmen, die ihnen keine Freude mache: Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob die Arbeitsbedingungen in der deutschen Industrie - was Arbeitsabläufe, Entlohnung, Monotonie, Schichtarbeit, d. h. all diese schwierigen Prozesse der Arbeit angeht - vielleicht Ursache dafür sind, daß diese Menschen so denken können, wenn ich dieser Studie Wahrheitsgehalt unterstelle?

Not found (Staatssekretär:in)

Zunächst einmal. Herr Kollege: Diese Untersuchungen liegen vor. Ich bin gern bereit, sie Ihnen zur Verfügung zu stellen. Pari. Staatssekretär Vogt Nur, noch einmal: Sie sind ein bißchen weit von der Ausgangsfrage entfernt. ({0}) - Nein, Herr Kollege. - Um auf den Kern Ihrer Frage, wie ich ihn verstanden habe, einzugehen: Ich gehe davon aus, daß es natürlich das Bestreben eines Arbeitslosen, wenn er sich eine Arbeit sucht und wenn ihm eine Arbeit angeboten wird, ist, eine Arbeit zu erhalten, die ihm Freude macht. Das ist ein rein menschlicher Zug. Das hat nichts mit Ideologie zu tun.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege, Sie haben eine zweite Zusatzfrage.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich habe nicht nach der Ideologie gefragt, sondern ich habe nach konkreten Erkenntnissen der Bundesregierung gefragt, und zwar dahin gehend, ob die Arbeitsbedingungen in der Bundesrepublik so miserabel geworden sind, daß Arbeitslose lieber arbeitslos sind, als zu arbeiten.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, es liegen Untersuchungen über die Zufriedenheit der Arbeitnehmer mit ihrem Arbeitsplatz vor, nur, ich habe sie hier derzeit nicht vorrätig. Ich habe gesagt, daß ich sie Ihnen gern zur Verfügung stelle.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Simonis.

Heide Simonis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002178, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da die Aussagen dieses Instituts ja offensichtlich in diametralem Gegensatz zu dem stehen, was Sie von der Bundesanstalt für Arbeit wissen, frage ich Sie: Wäre es nicht Aufgabe der Bundesregierung, gerade Ihres Hauses gewesen, sich die Untersuchung des von Ihnen ja als seriös bezeichneten Instituts geben zu lassen ({0}) und sich die einzelnen Fragen einmal daraufhin durchzusehen, worin der Unterschied denn wohl begründet sein könnte?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ich habe hier für die Bundesregierung im Laufe der letzten Jahre wiederholt zu den hier anstehenden Fragen Stellung genommen, und ich habe deutlich gemacht, daß diese Bundesregierung die Arbeitslosigkeit nicht relativiert, daß diese Bundesregierung nicht die Arbeitslosenstatistik bekämpft, sondern die Arbeitslosigkeit und daß diese Bundesregierung keinen Zweifel daran hat, daß die große Mehrheit der Arbeitslosen an einer Arbeitsaufnahme interessiert ist. Ich habe diesen Erklärungen heute nichts hinzuzufügen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Sie haben eine zweite Zusatzf rage.

Heide Simonis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002178, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das war zwar nicht die Antwort auf meine Frage, aber wir können es j a noch einmal versuchen: Herr Staatssekretär, sehen Sie nicht die Gefahr, daß angesichts der Aussage eines, wie Sie sagen, so renommierten Instituts wie dieses der Eindruck entstehen könnte, daß das, was die Bundesregierung über Arbeitslosigkeit sagt, falsch ist, weil ja nun anscheinend wissenschaftlich das Gegenteil begründet wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein, dieser Eindruck kann nicht entstehen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Weyel.

Gudrun Weyel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002496, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, haben Sie persönlich oder Ihr Haus angesichts der Brisanz der Aussagen dieser Untersuchung nicht einmal in Betracht gezogen, diese Untersuchung bei dem Institut anzufordern und zu prüfen, ob das, was die Presse berichtet, tatsächlich den Aussagen der Untersuchung entspricht?

Not found (Staatssekretär:in)

Wir werden die Auswertung der Untersuchung noch vornehmen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine zweite Zusatzfrage, bitte, Frau Kollegin.

Gudrun Weyel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002496, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf man davon ausgehen, daß Sie der Öffentlichkeit die Ergebnisse dieser Untersuchung mitteilen und daß die Mitglieder der Regierungsparteien diese offensichtlich nicht bewiesenen Aussagen nicht als Wahlkampfmunition benutzen?

Not found (Staatssekretär:in)

Was ein Abgeordneter als Wahlkampfmunition benutzt - sei er nun Mitglied einer Koalitionsfraktion oder einer Oppositionsfraktion -, entscheidet Gott sei Dank der einzelne Abgeordnete selbst. Aber ich werde natürlich bestrebt sein, allen Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses Material an die Hand zu geben, auf Grund dessen sie auch in den Wahlkampfveranstaltungen seriös auftreten können. Ich biete das Material allen an. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Peter ({0}).

Horst Peter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001693, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, anknüpfend an diese Aussage und an Ihre vorherigen Aussagen über die Bewertung der Studie: Kann Ihre Aussage so interpretiert werden, daß Sie sich von den Ihnen durch die Presse bekanntgewordenen Interpretationen des Problems der Arbeitslosigkeit distanzieren?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich darf wiederholen, was ich auf die Fragen des Abgeordneten Lutz geantwortet habe. Auf die Frage 8 habe ich geantwortet: Der Bundesregierung sind keine weiteren Erhebungen bekannt, die die Behauptung des Allensbach-Instituts bestätigen. Ich brauche nur diesen einen Satz zu wiederholen. Auf die Frage 9 habe ich geantwortet: Nach den Erfahrungen der Arbeitsvermittler in den Arbeitsämtern entwickeln die meisten Arbeitslosen ein hohes Maß an Eigeninitiative, um eine neue Beschäftigung zu finden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Horst Peter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001693, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Kann im Anschluß daran behauptet werden, daß die Ihnen durch die Presse bekanntgewordenen Aussagen der Studie für die Bewertung des Problems Arbeitslosigkeit keine Rolle spielen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich darf die Frage so beantworten, daß sich die Bundesregierung natürlich nicht mit den Ergebnissen dieser Untersuchung identifiziert.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich mache darauf aufmerksam, daß noch etwa 20 Fragen dieser Art vorliegen. Es ist bisher üblich gewesen, daß wir uns nach einer bestimmten Zeit der nächsten Frage zuwenden, nämlich dann, wenn nicht zu erwarten ist, daß auf weitere Fragen etwas Neues geantwortet wird. ({0}) Ich wollte nur darauf hinweisen, damit Sie sich dessen bewußt sind. Das Wort zur nächsten Zusatzfrage hat Frau Abgordnete Fuchs ({1}).

Katrin Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, anknüpfend an Ihre Bemerkung vom 30. April 1986 möchte ich Sie fragen: Liegender Bundesregierung Daten darüber vor, wie viele der im Oktober arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten Frauen, die etwa aus familiären Gründen längere Zeit nicht erwerbstätig waren, keine ernsthafte Vermittlungsabsicht gehabt haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ich kann diese Frage aus dem Stand nicht beantworten. Ich bin gern bereit, sie schriftlich zu beantworten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine zweite Zusatzfrage, Frau Kollegin.

Katrin Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Können Sie dann sagen, Herr Staatssekretär, welche Konsequenzen die Bundesregierung aus den Ergebnissen einer Untersuchung des IAB zieht, denen zufolge im Vergleich zu Männern weniger verheiratete Frauen mit Kindern ihre Arbeitslosenmeldung aufrechterhalten und sich fast ein Drittel der befragten Frauen in den Haushalt zurückzieht?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, Sie sprechen hier die stille Reserve und deren Entwicklung an. Die Tatsache, auf die Sie hinweisen, kann natürlich etwas damit zu tun haben, daß die entsprechenden Frauen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe haben, daß sie sich im Augenblick keine Aussichten ausrechnen, vermittelt zu werden, und daß sie sich deshalb nicht bei der Arbeitsverwaltung als arbeitslos registrieren lassen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Fuchs ({0}).

Anke Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000611, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie ausschließen, daß andere Ressorts der Bundesregierung die Noelle-Neumann-Untersuchung einschließlich der Fragestellungen vollständig zugeschickt bekommen haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ich gehe davon aus, daß, wenn die Untersuchung der Bundesregierung zugesandt worden wäre, sie dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung entweder unmittelbar oder von dem angeschriebenen Ressort zugestellt worden wäre, weil dies einen Fragenkreis betrifft, der in den Kompetenzbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung gehört. Ich habe bei der Vorbereitung dieser Fragestunde aber nicht alle Ressorts angerufen und gefragt: Habt ihr die Untersuchung geschickt bekommen?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Fuchs.

Anke Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000611, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wären Sie bereit, Herr Staatssekretär, den Herrn Bundeskanzler zu ermutigen, diese unglaubliche Untersuchung zu korrigieren, wenn die Bundesregierung, wie Sie hier heute bekunden, zu der Auffassung kommt, es seien alles Unrichtigkeiten?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, die Bundesregierung hat diese Untersuchung nicht in Auftrag gegeben. ({0}) Diese Untersuchung hat das Allensbach-Institut aus sich heraus ({1}) vorgenommen, durchgeführt und veröffentlicht. Die Bundesregierung war weder bei der Vorbereitung der Untersuchung beteiligt noch bei der Durchführung. Ich habe das, was vorläufig von dieser Untersuchung bekanntgeworden ist, eindeutig, wie ich glaube, kommentiert. Ich weise solche Unterstellungen zurück. Ich habe schon in früheren Fragestunden den Verdacht zurückgewiesen, die Bundesregierung wäre an der Vorbereitung beteiligt gewesen. Ich finde es nicht seriös und kollegial, etwas, was eindeutig zurückgewiesen worden ist, ohne Anführung von Beweismitteln immer wieder neu zu behaupten. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich habe noch fünf Wortmeldungen dazu vorliegen. Ich nehme danach keine weiteren Meldungen zu Zusatzfragen mehr an. Vizepräsident Frau Renger Bitte, Herr Abgeordneter Dreßler, Sie haben eine Zusatzfrage.

Rudolf Dreßler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000420, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Da die Studie seit Anfang September in den Veröffentlichungen ist: Würden Sie mir zustimmen, Herr Staatssekretär, daß ohne bösen Willen dadurch, daß es dieser Bundesregierung bis heute nicht möglich war oder daß sie es nicht möglich machen wollte, sich in Besitz dieser Studie zu bringen, der Eindruck entstehen kann, daß damit die Bundesregierung den Ergebnissen dieser Studie nicht widersprechen möchte, obwohl Sie gerade bei der Beantwortung der Frage 8 dem Deutschen Bundestag etwas anderes mitgeteilt haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, aus der Tatsache, daß die Bundesregierung zur Veröffentlichung irgendeiner Untersuchung nicht Stellung nimmt, können Sie keine weitreichenden Schlußfolgerungen ziehen. Ich habe an Hand der Frage, die der Kollege Lutz gestellt hat, eine Bewertung vorgenommen. Im übrigen hat das, was aus der Untersuchung bisher veröffentlicht worden ist, für mich persönlich und für mein Haus keinen Anlaß gegeben, auch diese Studie unbedingt jetzt zu lesen und auszuwerten. Wir werden das im angemessenen Zeitrahmen tun. Aber ich sah keinen Anlaß, einen besonderen Eifer darauf zu legen, die Untersuchung jetzt anzufordern und mit Akribie auszuwerten. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dreßler.

Rudolf Dreßler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000420, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, bleiben Sie, wenn Sie sich die Veröffentlichungen über die Studie noch einmal vergegenwärtigen und sie im Hinblick auf unsere Beschäftigtenstruktur und Arbeitslosigkeitsstruktur bewerten, immer noch bei dem Terminus „irgendeine Studie"?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich habe vorhin auf eine Zusatzfrage gesagt: Über die Haltung der Bundesregierung gegenüber der Arbeitslosigkeit gibt es keinen Zweifel. Wenn Sie das vorhin nicht gehört haben, möchte ich es wiederholen. Die Bundesregierung relativiert die Arbeitslosigkeit nicht. ({0}) Die Bundesregierung bekämpft nicht Statistik, sondern bekämpft Arbeitslosigkeit. Die Bundesregierung hat keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Mehrheit der Arbeitslosen geäußert, Arbeit aufzunehmen. Da dies so ist und dies in diesem Hause schon wiederholt betont worden ist, hat die Bundesregierung keinen Anlaß gesehen, zu der Veröffentlichung einer Studie jetzt erneut Stellung zu nehmen. Die Haltung der Bundesregierung in diesen Fragen ist über jeden Zweifel erhaben. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Hürland.

Agnes Hürland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000976, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann ich davon ausgehen, daß die Bundesregierung ihre Politik nicht auf Grund von Umfrageergebnissen gestaltet? ({0}) Da auch auf anderen Gebieten jeden Tag ein neues Umfrageergebnis bekannt wird: Wäre es nicht schlimm, wenn sich die Bundesregierung nur noch mit Umfrageergebnissen zu befassen hätte und nicht mit der echten Beseitigung der Arbeitslosigkeit? ({1})

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ich kann Ihnen das bestätigen. Uns geht es in unserer Arbeit nicht um die Beschäftigung mit demoskopischen Untersuchungen, sondern um die Beschäftigung mit den Problemen der Bürger dieses Landes. Die Tatsache, daß in den letzten 24 Monaten mehr als 1 Million zusätzliche Arbeitsplätze entstanden sind, während in den Jahren 1981 und 1982 450 000 Arbeitsplätze vernichtet worden sind, ist ein erheblicher Fortschritt im Sinne der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. ({0}) Es wurde eine halbe Million neuer Arbeitsplätze geschaffen. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie vielmals. Ich bitte um Ruhe. Sie befragen die Bundesregierung. Zwischenrufe sind hier erlaubt. Aber es kann nicht so weit gehen, daß sich der Herr Staatssekretär kaum noch ausdrücken kann. ({0}) Ich bitte wirklich um Zurückhaltung, meine Damen und Herren. Sie sind im Augenblick in der Übermacht. Ich bitte wirklich herzlich, nicht allzuviel Gebrauch davon zu machen. Frau Kollegin, Hürland, Sie haben noch eine Zusatzfrage. ({1})

Agnes Hürland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000976, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich stelle gerade fest, daß die Schreier überall sitzen, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, alle sprechen von der Untersuchung oder von Umfrageergebnissen. Niemand kennt sie. Alle ziehen trotzdem schon Schlußfolgerungen daraus. Kann ich, Frau Präsidentin, die Bitte an den Staatssekretär richten, sich diese Umfrage oder die Untersuchung zu besorgen und den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zukommen zu lassen?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ich bin gern bereit, diesem Wunsch nachzukommen. Ich würde den Mitgliedern des Hauses dann nicht nur diese Untersuchung zur Verfügung stellen, sondern ich wäre gern bereit, auch einige Anmerkungen zu machen. ({0}) Ich wiederhole nur noch einmal: Zu dem, was bekanntgeworden ist, habe ich eine vorläufige Bewertung abgegeben. Zur Gesamtuntersuchung kann ich natürlich erst Stellung nehmen, wenn sie wirklich vorliegt, mit der Gesamtheit der Fragen, und wenn ich weiß, wie die Befragung durchgeführt worden ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Duve.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, zweifellos enthält diese Untersuchung einen erheblichen sozialpolitischen Sprengsatz für den sozialen Frieden in diesem Lande. Das ist j a wohl bisher deutlich geworden. Darf ich Sie in diesem Zusammenhang fragen: Was haben Sie unternommen, um herauszubekommen, wer denn das Interesse an diesem Sprengsatz gehabt hat, wer also diese Untersuchung bezahlt und in Auftrag gegeben hat? Das ist wohl das mindeste, was die Regierung zu tun hat, wenn hier solche Sprengsätze gelegt werden.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich würde Ihnen empfehlen, diese Frage an das Institut zu richten. Die Bundesregierung ist nicht dazu da, diesen Fragen nachzugehen. Sie haben ein Telefon, und Sie können in Allensbach anrufen. Sie werden dort eine exakte Auskunft bekommen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Frage, Herr Duve.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wenn sich Ihre Haltung zu diesem Problem so radikal von dem angeblichen Befund dieses Instituts unterscheidet, warum hat die Bundesregierung dann nicht auch sehr radikal und sehr deutlich den Frauen in diesem Lande nach der Vorlage der ersten Ergebnisse gesagt, wie die Situation nach ihrer Meinung wirklich ist? Warum hat die Bundesregierung die Sache bis zur heutigen Fragestunde lässig treiben lassen? Etwa deshalb, weil es ein befreundetes Institut ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, es gibt kein der Bundesregierung befreundetes Institut. Die Bundesregierung arbeitet mit verschiedenen Sozialforschungsinstituten zusammen, ({0}) mit dem Institut in Allensbach ebenso wie beispielsweise mit infas. Ich könnte eine ganze Reihe dieser Institute nennen. Herr Kollege Duve, ich bitte Sie, doch endlich zur Kenntnis zu nehmen: Nach unserer Auffassung ist die Haltung der Bundesregierung zu dem hier angeschnittenen Problem völlig klar. Es wäre ein wirklich unnötiger Aufwand, wenn die Bundesregierung bei jedem möglichen Anlaß immer wieder die gleiche Erklärung abgäbe.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Blunck.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Ihre Antwort auf die Frage meiner Kollegin Frau Fuchs veranlaßt mich, Sie zu fragen: Können Sie ausschließen, daß für diese Untersuchung Gelder der Bundesanstalt für Arbeit verwendet worden sind, um das Institut in die Lage zu versetzen, eine solche Untersuchung zu machen? Ich denke dabei an die Übungsfirmen, die landauf, landab entstanden sind, um Arbeitslosen die Möglichkeit zu geben, mit den normalen Bedingungen des Berufslebens - Vogt, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, der letzte Teil Ihrer Frage ist akustisch nicht angekommen, weil das Mikrofon ausgeschaltet war. Aber auf die Eingangsfrage kann ich antworten: Ja, das schließe ich aus.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Die zweite Zusatzfrage.

Lieselott Blunck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000207, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich würde Sie gern fragen: Dann ist Ihnen aber die Finanzierung dieser Untersuchung sicher bekannt. Können Sie mir sagen, wer diese Untersuchung finanziert hat? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Ich darf Sie noch einmal darauf hinweisen, daß Sie diese Auskunft wahrscheinlich gern bei dem Institut in Allensbach erhalten können.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steinhauer.

Waltraud Steinhauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie sagten vorher, es gehe Ihnen um Beschäftigungspolitik und um den Bürger und nicht um Statistiken. Meinen Sie dann nicht, daß es ungeheuerlich ist, wenn Sie eine ganze Zeit im Raum stehen lassen, daß über 60 % der Arbeitslosen als - ich möchte es fast so sagen - Faulpelze hingestellt werden? Meinen Sie nicht, daß das einer Entgegnung würdig ist, oder muß ich davon ausgehen, daß es sich um eine willkommene Fortsetzung der Ansicht zumindest von Teilen der Koalitionsparteien handelt, die vor etwa einem Jahr einmal aus dem süddeutschen Raum von einem dortigen Spitzenpolitiker aufgebracht wurde. ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ich gehe jetzt davon aus - ({0}) - Ich bitte, zuzuhören. Auch ich muß mir ja die Mühe geben. ({1}) Frau Kollegin, ich nehme jetzt zu Ihren Gunsten an, daß Sie noch nicht im Saal waren, als ich die Fragen 8 und 9 beantwortet habe. ({2}) - Wenn Sie im Saal waren, haben Sie entweder dem, was ich geantwortet habe, nicht zugehört, oder Sie sind nicht bereit, das zur Kenntnis zu nehmen, was ich gesagt habe. ({3})

Waltraud Steinhauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Was soll ich zur Kenntnis nehmen? Das war meine zweite Zusatzfrage.

Not found (Staatssekretär:in)

Das, was ich auf die Frage des Kollegen Lutz geantwortet und auf eine weitere Zwischenfrage wiederholt habe. Wenn Sie es noch einmal hören wollen, bin ich gern bereit, es noch einmal zu verlesen: Der Bundesregierung sind keine weiteren Erhebungen bekannt, die die Behauptung des Allensbach-Instituts bestätigen. Nach den Erfahrungen der Arbeitsvermittler in den Arbeitsämtern entwickeln die meisten Arbeitslosen ein hohes Maß von Eigeninitiative, um eine neue Beschäftigung zu finden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berger.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Vermutung, ({0}) daß die Bundesregierung, wenn sie sich sehr eilig in den Besitz dieser Erhebungen gesetzt hätte, heute den gleichen Vorwürfen, nur mit unterschiedlicher Begründung, ausgesetzt wäre?

Not found (Staatssekretär:in)

Angesichts der vielen Zusatzfragen, die hier gekommen sind, muß ich schon annehmen, daß Ihre Vermutung stimmt. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Odendahl.

Doris Odendahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001632, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, beruht die Zahl von einer Million zusätzlicher neuer Arbeitsplätze, die Sie vorhin kundgetan haben, ebenfalls auf Erhebungen des Instituts von Frau Noelle-Neumann, oder können Sie uns diese Quelle wenigstens nennen?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, es kann sein, daß mir vorhin im ersten Teil meiner Antwort ein sprachlicher Fehler unterlaufen ist, den ich aber dann zumindest später korrigiert habe. Ich habe gesagt: Es wurde mehr als eine halbe Million zusätzlicher Arbeitsplätze seit Ende 1984 geschaffen. Dies können Sie beim Statistischen Bundesamt nachfragen; da können Sie sich die Meldung abholen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, bitte.

Doris Odendahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001632, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, die Korrektur ist hier bei allen Kollegen leider untergegangen. Ich darf aber zusätzlich fragen, wieviel dieser zusätzlichen Arbeitsplätze, die Sie soeben auf eine halbe Million korrigiert haben, Frauen zugute gekommen sind. ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, vielleicht haben Sie oder ein Teil Ihrer Fraktionskollegen die Korrektur deshalb nicht mitbekommen, weil Sie sich mit etwas anderem als mit Frage und Antwort beschäftigt haben. Aber ich kann Ihnen auf Ihre Frage antworten: Es sind, wenn ich das jetzt richtig einschätze, etwas mehr als 60 % Frauen, die in den Genuß dieser neuen, zusätzlichen Arbeitsplätze gekommen sind. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Staatssekretär, wenn ich schon meine Kollegen ermahne, dann würde ich auch Sie bitten, daß Sie sich daran halten, nichts zu unterstellen. ({0}) - Herr Klejdzinski, ich habe gesagt, daß ich keine weiteren Zusatzfragen zu dieser Frage mehr zulasse. Sie haben sich jetzt neu gemeldet. Es geht dann bei der nächsten Frage weiter. - Herr Kirschner hat sich noch gemeldet, und dann ist für diese Fragerunde Schluß. Herr Kirschner.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin gesagt, daß die Bundesregierung mit vielen Instituten zusammenarbeite, und haben dazu ein paar Namen genannt. Sie haben auch gesagt, daß Allensbach diese Umfrage Ihres Wissens im eigenen Auftrag gemacht habe. Können Sie ausschließen, daß dafür Gelder, die im Bundeshaushalt für Befragungen durch verschiedene Institute, u. a. Allensbach, zur Verfügung gestellt werden, verwendet wurden?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann ausschließen, daß Bundesmittel zur Finanzierung dieser Untersuchung eingesetzt worden sind. Herr Kollege, wenn Sie noch die Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung bei der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg in Erinnerung haben, dann wissen Sie, daß die Bundesanstalt ebenfalls festgestellt hat, daß sie diese Untersuchung nicht finanziert hat.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Diese Frage war auch schon einmal gestellt, Herr Kirschner. Bitte, haben Sie noch eine neue Frage? ({0}) - Bitte schön.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist denn auszuschließen, daß Ländermittel dafür verwendet wurden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, bei den CDU-regierten Ländern schließe ich das aus. Was die SPD-regierten Länder angeht, so bitte ich, einmal in deren Staatskanzleien nachzufragen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Amling auf: Kann die Bundesregierung bestätigen, daß mehr als die Hälfte der Arbeitslosen in den letzten sechs Monaten kein Stellenangebot vom Arbeitsamt erhalten hat, und wenn ja, welche Ursachen waren dafür maßgeblich? Ich bitte um Antwort, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, bei dem Umfang der den Arbeitsämtern vorliegenden Stellenangebote ist es nicht möglich, jedem Arbeitslosen in angemessener Zeit ein Stellenangebot zu unterbreiten. Die Arbeitsämter bemühen sich, die gemeldeten offenen Stellen durch gezielte Bewerbervorauswahl schnell zu besetzen. Nach den Ergebnissen der letzten Untersuchung über die Bewegungen am Arbeitsmarkt wurden jedem Arbeitslosen, der im Erhebungszeitraum aus der Arbeitslosigkeit ausschied, im Durchschnitt 1,5 Vermittlungsvorschläge unterbreitet. Der Anteil der Arbeitslosen, denen kein Arbeitsplatz angeboten werden konnte, lag bei 35 %. Ursache dafür war außer Arbeitsplatzmangel, daß berufliche Qualifikationen der Arbeitslosen und Anforderungen der offenen Stellen nicht immer übereinstimmten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Amling.

Max Amling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000034, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist die Bundesregierung bereit, gerade auch diesen 35% Arbeitslosen, die Sie jetzt erwähnt haben, durch zusätzliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Möglichkeit zu geben, in Arbeit zu kommen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, derzeit befinden sich etwa 113 000 Arbeitnehmer in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Als diese Bundesregierung ihre Arbeit aufnahm, die Regierungsverantwortung übernahm, waren 29 200 Arbeitnehmer in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschäftigt. Wenn Sie sich beide Zahlen auf der Zunge zergehen lassen, dann würde ich das sehr dankbar begrüßen. Wir haben das Angebot an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf ein Niveau gehoben, von dem heute gesagt wird, daß es kaum nennenswert zu steigern ist, wenn den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nicht völlig neue Gebiete erschlossen werden. Dies ist nicht allein die Meinung der Bundesregierung, sondern das ist auch die Meinung der Selbstverwaltung bei der Bundesanstalt für Arbeit, also der Arbeitgeber wie auch der Gewerkschaften. Ich möchte Sie bitten, daß Sie sich vor allem einmal mit der Kritik auseinandersetzen, die die ÖTV oder die Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft am heutigen Stand der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen üben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Max Amling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000034, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da Sie die Zahlen so genau im Kopf haben, möchte ich Sie bitten, mir die Frage zu beantworten, wie hoch der Anteil der Frauen bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ist.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin gern bereit, Ihnen dies schriftlich mitzuteilen. Im übrigen gibt es jeden Monat einen Bericht der Bundesanstalt für Arbeit. Ein Blick hinein reicht, um diese Frage zu beantworten. ({0}) Ich bin gern bereit, Ihnen das zur Verfügung zu stellen. ({1}) Vizeprädident Frau Renger: Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Weyel.

Gudrun Weyel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002496, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, im Hinblick auf den ersten Teil Ihrer Antwort auf die gestellte Frage möchte ich Sie fragen: Hat die Bundesregierung Absichten, die Maßnahmen zur Weiterqualifizierung oder Umschulung zu intensivieren, da offensichtlich eine Schere zwischen den verlangten und den Stellen besteht, die angeboten werden? Vogt, Parl. Staatssekertär: Frau Kollegin, Sie wissen, daß diese Bundesregierung die siebte Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz hier ins Haus gebracht und das Haus diese Novelle in hoher Übereinstimmung verabschiedet hat. In dieser Novelle, die am 1. Januar 1986 in Kraft getreten ist, wird gerade dem Feld beruflicher Umschulung, beruflicher Fortbildung, beruflicher Weiterbildung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Nun zu der Zahl: Wir gehen davon aus, daß in diesem Jahr mehr als 460 000 Arbeitnehmer eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme aufnehmen werden. Dies ist ein so hoher Stand, wie er in der Geschichte dieser Bundesrepublik noch nicht vorgekommen ist. Wir haben hier einen Stand erreicht, der wirklich Ausdruck einer gemeinsamen Anstrengung ist. Wir werden versuchen, diesen Stand noch weiter zu erhöhen. Im Vergleich zu dem Umfang der Fortbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen des Jahres 1982 hebt sich das Jahr 1986 glänzend hervor. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Däubler-Gmelin.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000347, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich möchte gern auf Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Amling zurückkommen, weil Sie jetzt vielleicht verstehen können, warum diese in der Offentlichkeit so verbreiteten Ergebnisse des Instituts Noelle-Neumann in Allensbach so beleidigend wirkten, eben weil Arbeitslosigkeit unverschuldet ist, wie Sie jetzt selbst deutlich gemacht haben. Meine Bitte ist, daß Sie uns die Stellenangebote in bezug auf Männer und Frauen und in bezug auf regionale Unterschiede hier - wenn es geht, ohne Polemik - noch etwas detaillierter vortragen. ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ich bin mir einer Polemik nicht bewußt. ({0}) - Frau Kollegin, dann teilen wir das Schicksal gegenseitig. ({1}) Ich habe die Frage 12 des Kollegen Amling beantwortet. ({2}) - Entschuldigung, das ist hier eine falsche Ziffer. Es ist die Frage 10, die hier ursprünglich als Frage 12 ausgedruckt war. Entschuldigung! Die Frage 10 habe ich beantwortet. Ich kann Ihnen jetzt nicht die offenen Stellen, geschlechtsspezifisch aufgegliedert, darlegen. Das hat mit der Ausgangsfrage auch wenig zu tun, aber ich liefere Ihnen das gern nach. ({3})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

In diesem Fall steht Ihnen nur eine Zusatzfrage zu. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pfuhl.

Albert Pfuhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001711, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wieviel Mittel seitens der Bundesanstalt sind in den letzten vier Wochen den Arbeitsämtern zusätzlich für ABM zur Verfügung gestellt worden? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Die Arbeitsämter werden in diesem Jahr den Haushaltstitel für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen voll ausschöpfen, Herr Kollege. ({0}) - Das war im vergangenen Jahr genauso, weil wir immer mit überplanmäßigen Verpflichtungsermächtigungen gearbeitet haben. Sie stellen doch kontraproduktive Fragen. Das zeigt, daß diese Bundesregierung das Instrument der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in einem Umfang nutzt, wie das bisher einmalig ist. Wie gesagt: Ich kann ja immer nur den Zeitraum heute mit dem Zeitraum vergleichen, zu dem wir die Regierungsverantwortung übernommen haben. Da sind wir eben ({1}) x-fach besser. ({2})

Albert Pfuhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001711, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich weiß, von was ich rede.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Einen Augenblick! ({0}) - Verzeihen Sie vielmals, Sie haben nur eine Zusatzfrage. Ich rufe jetzt Frau Abgeordnete Fuchs ({1}) auf.

Katrin Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000614, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich hatte bei der Beantwortung der Frage 10 den Eindruck, daß Sie auf Vorschläge warten, um bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen neue Gebiete oder erweiterte Gebiete erschließen zu können. Darf ich vorschlagen, daß die Bundesregierung bei künftigen Beschaffungsmaßnahmen stärker auf die Beschäftigungsbedürfnisse von Frauen und Mädchen eingeht, insbesondere auch das Angebot für qualifizierte Tätigkeiten erhöht sowie - und das finde ich besonders wichtig - die Eingliederung von Mädchen und Frauen in gewerblich-technische Berufe wesentlich mehr fördert?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, diese Bundesregierung hat genauso wie die Vorgänger-Bundesregierung das Modellprogramm „Eröffnung von gewerblich-technischen Berufen für Mädchen" durchgeführt. ({0}) - Aber Frau Kollegin, jetzt hören Sie sich doch erst einmal die Antwort an. Die Folge davon ist - und das ist, glaube ich, ein gemeinsames Verdienst -, daß die Zahl der Mädchen, die heute in gewerblich-technischen Berufen ausgebildet werden, ansteigt. Das ist noch nicht der große Durchbruch, aber wir haben hier für diese Mädchen gemeinsam eine neue Perspektive eröffnet. Aber das alles hat doch nichts mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu tun. Bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und bei meiner vorigen Antwort ging es darum, daß wir, wenn wir das heutige Niveau von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen steigern wollen, neue Felder für den Einsatz solcher Kräfte finden müssen. Das hat zunächst einmal nichts mit weiblichen oder männlichen Arbeitskräften zu tun, sondern es hätte etwas mit neuen Feldern zu tun. An Hand der neuen Felder, wenn es diese überhaupt geben sollte, würde es sich entscheiden, ob dort vornehmlich Männer oder Frauen eingesetzt werden können. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Hürland.

Agnes Hürland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000976, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da wir uns ja offensichtlich bereits eher bei der allgemeinen Aussprache als in der Fragestunde befinden, darf ich darauf hinweisen, daß Stellenausschreibungen nicht geschlechtsspezifisch ausgewiesen sein sollten. Um wieder auf die Frage 10 des Abgeordneten Amling zurückzukommen: Sind Sie bereit, uns die Einschaltquoten der Bundesanstalt für Arbeit, Abteilung „Vermittlung", aus den letzten zehn Jahren einmal zukommen zu lassen?

Not found (Staatssekretär:in)

Das lasse ich Ihnen gern zukommen, Frau Kollegin. ({0}) - Es ist jetzt etwas schwer für mich und für den Stenographischen Dienst, zu übersehen, wer gerade in diesem Moment an der Fragestunde teilnimmt. Aber ich gehe davon aus, daß ich das jeweils einem parlamentarischen Geschäftsführer zur Verfügung stelle. Dieser hat vielleicht jetzt einen besseren Überblick, wer von den Kolleginnen und Kollegen da ist. Im übrigen kann ich natürlich bestätigen, daß Stellenausschreibungen auf Grund von EG-Recht und nationalem Recht nicht geschlechtsspezifisch erfolgen dürfen. Deshalb war auch die Frage, die vorhin gestellt worden war, nicht ganz produktiv.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Kirschner.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie sagten vorher auf die Frage des Kollegen Amling, daß ein Blick in die Statistik der Bundesanstalt für Arbeit genügen würde, um zu erkennen, wie hoch der Anteil von Frauen bei ABM-Maßnahmen ist. Können Sie mir einmal sagen, wo dies auf dem Deckblatt, das wir von den Landesarbeitsämtern und von den Arbeitsämtern vor Ort monatlich zur Verfügung gestellt bekommen, gezielt ausgewiesen ist, wie hoch also der Anteil von Frauen und von Männern bei ABM-Maßnahmen ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich gehe nun doch davon aus, daß sich diejenigen, die sich jetzt so intensiv an dieser Fragestunde beteiligt haben, die Mühe machen, nicht nur das Deckblatt zu lesen, sondern daß sie wirklich einmal in den Bericht der Bundesanstalt für Arbeit hineinschauen und sich ihn einmal wirklich zu Gemüte führen. Vielleicht wäre dann manche Zusatzfrage, die heute gestellt worden ist, überflüssig. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lambinus.

Uwe Lambinus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001271, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob Sie Erkenntnisse irgendwelcher Art haben, wie viele Teilnehmer an ABM-Maßnahmen, aufgeschlüsselt nach Männern und Frauen, bisher in ein Dauerarbeitsverhältnis überführt werden konnten.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, auch dazu gibt es Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit. Die Frage liegt sehr nahe an der Ursprungsfragestellung des Kollegen Amling. Wenn ich dies richtig im Kopf habe, sind es etwa zwei Drittel der Beschäftigten in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die im Anschluß daran in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis übernommen werden. Oh das noch nach Männern und Frauen aufgegliedert ist, ({0}) kann ich jetzt nicht sagen. Herr Kollege, es ist doch schon wichtig, daß etwa zwei Drittel übernommen werden. Sie können davon ausgehen, daß daran auch Frauen zumindest angemessen - ich beziehe mich auf ihren Anteil an den Beschäftigten über ABM - beteiligt sind.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Duve.

Freimut Duve (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000425, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben sich in wirklich gekonnter Vermischung von Ursache und Wirkung hier gerühmt, daß Sie über 400 000 ABM-Maßnahmen im Lande durchgeführt hätten, und Sie haben das als große Leistung dargestellt. Sind Sie bereit anzuerkennen, daß dieses ein unmittelbarer Ausfluß des Versagens dieser Bundesregierung auf dem Arbeitsmarktsektor und auf dem arbeitspolitischen Felde ist, die j a die hohe Arbeitslosigkeit hat entstehen lassen? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich darf Sie doch bitten, einmal zuzuhören und wirklich zur Kenntnis zu nehmen, daß ein sehr starkes Mißverhältnis zwischen dem moralischen Anspruch Ihrer Eingangsfrage und dem Zuhören und Wiedergeben von Fakten im zweiten Teil Ihrer Frage besteht. ({0}) Ich habe nämlich nicht davon gesprochen, daß es mehr als 400 000 Arbeitnehmer gibt, die sich in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen befinden, sondern ich habe gesagt: Es sind derzeit rund 113 000 Arbeitnehmer. ({1}) - Sie können es ja im Protokoll nachher nachlesen. -- Ich habe darauf hingewiesen, daß mehr als 460 000 Arbeitnehmer in diesem Jahr eine Maßnahme der beruflichen Fort- und Weiterbildung aufnehmen. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis; dann ist vielleicht der moralische Sockel, von dem Sie Ihre Frage gestellt haben, etwas niedriger.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dreßler.

Rudolf Dreßler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000420, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bewußt und klargeworden, daß Sie mit der Beantwortung der Frage im Zusammenhang mit den gerade wieder von Ihnen vorgetragenen Zahlen dokumenDreßler tiert haben, daß knapp 2,6 Millionen Männer und Frauen in Wahrheit Arbeitssuchende sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, zunächst einmal will ich darauf hinweisen, daß die Zahl der Arbeitslosen zu der Zeit, als Sie die Regierungsverantwortung abgaben, saisonal bereinigt, bei über zwei Millionen gelegen hat. ({0}) Sie haben im September/Oktober 1982 die Regierungsverantwortung abgegeben. Jeder Kundige hier im Saal - und ich rechne Sie, weil wir uns intensiver kennen, auch zu den Kundigen; Sie sind zumindest so kundig wie ich - weiß, daß die aktuelle Zahl im September/Oktober immer günstig liegt, die saisonal bereinigte Zahl aber anders aussehen kann.. Die saisonal bereinigte Zahl lag im September/Oktober 1982 bei über zwei Millionen. Das heißt, es ist uns gelungen, in den letzten Jahren den Anstieg der Arbeitslosigkeit abzustoppen. Sie wissen aus den Berichten der letzten Monate, daß die Zahl der registrierten Arbeitslosen zurückgeht. Sie wissen, daß die Zahl der Beschäftigten ansteigt. Sie wissen, daß die Zahl der jugendlichen Arbeitslosen unter dem Durchschnitt liegt. Das ist eine arbeitsmarktpolitische Bilanz, die diese Bundesregierung vorweisen kann. Diese Bilanz hebt sich ab von der Bilanz, mit der Sie sich aus dem Amt verabschiedet haben. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reimann.

Manfred Reimann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich würde Sie gerne fragen, ob es eigentlich einer Regierung würdig ist, wenn sie aufrechnet, daß unter unserer Regierung 29 000 Personen in ABM-Maßnahmen waren, unter Ihrer Regierung aber 113 000, und ob das ein Leistungsnachweis für eine Regierungstätigkeit ist, insbesondere wenn ich feststelle, daß die höchsten Sozialhilfebeiträge gezahlt werden, die je in dieser Bundesrepublik gezahlt wurden, anstatt die Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege Reimann, auch aus dem Kreis der SPD-Fraktion wird immer wieder der Vorwurf erhoben, diese Bundesregierung sei untätig. Jetzt ist es plötzlich unwürdig, wenn ich darauf hinweise, daß die Bundesregierung tätig geworden ist und tätig ist. Wir werden nicht müde werden, auch in den nächsten Wochen und Monaten auf unsere Tätigkeit hinzuweisen. ({0}) - Ja, auch zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Ich wiederhole: Wir haben den Trend auf dem Arbeitsmarkt nicht nur gestoppt, sondern zugunsten der Bürger dieses Landes gewendet.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Damit ist die Fragestunde beendet. Die Fragen, die übriggeblieben sind, werden in der nächsten Fragestunde aufgerufen. ({0})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Meine Damen und Herren, ich bitte für die kurze Unterbrechung um Entschuldigung. Die Fraktion der SPD hat gemäß 1 c der Anlage 5 unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde beantragt. Ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt auf: Aktuelle Stunde Haltung der Bundesregierung zu den Äußerungen des Parlamentarischen Staatssekretärs Benno Erhard vor dem Verband Rheinischer Wohnungsunternehmen und den Äußerungen des Bundesjustizministers am 22. 10. 1986 zum sozialen Mietrecht Ich eröffne die Aussprache. Der Abgeordnete Jahn hat das Wort.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das soziale Mietrecht ist ein Eckpfeiler unseres sozialen Rechtsstaates. ({0}) Es sichert die Mieter vor unbegründeter Kündigung und vor willkürlicher Mieterhöhung. Das ist eine der Leistungen unserer Regierungszeit, auf die wir Sozialdemokraten stolz sind. ({1}) Das Gesetz fand 1974 die Zustimmung aller Fraktionen. Es hat den Mietern Ruhe und Sicherheit beschert. Es entspricht auch dem Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht hat 1985 erklärt: „Die Sozialbindung des Eigentums von Wohnraum beruht darauf, daß dieser nicht unbeschränkt zur Verfügung steht und als Lebensmittelpunkt des Mieters anzusehen ist." Und weiter: „Große Teile der Bevölkerung sind nach wie vor nicht in der Lage, aus eigener Kraft Wohnraum für sich zu schaffen, und sind deshalb auf Mietwohnungen unausweichlich angewiesen." Die jetzige Mehrheit hat dieses Mietrecht bereits einmal zum Nachteil der Mieter beschädigt. ({2}) Das Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen vom Dezember 1982 war eine Irreführung der Mieter. Seither gibt es zwar ein Angebot an teureren Wohnungen, aber preiswerte Wohnungen für Durchschnittsverdiener haben hier nicht mitgehalten. ({3}) Seither belasten Mieterhöhungen die Mieter unverhältnismäßig. Seit dem 1. Januar 1983 steigen die Mieten regelmäßig doppelt so stark wie die Lebenshaltungskosten, ja, sie steigen sogar dann, wenn Jahn ({4}) sich die Lebenshaltungskosten verringern. Diese Fehlentwicklung muß rückgängig gemacht werden. ({5}) Mit Blick auf die nächste Wahlperiode hat der Deutsche Mieterbund die im Bundestag vertretenen Parteien gebeten, ihre Auffassungen über die Zukunft des Mietrechts darzulegen. Alle vier Fraktionen haben sich klar und eindeutig für den Fortbestand des Mieterschutzes vor grundloser Kündigung und vor willkürlicher Mieterhöhung ausgesprochen. Die Klarheit dieser Aussagen war dankenswert. Die Mieter haben diese Aussicht auf Fortbestand der bewährten Sicherheit in den nächsten Jahren begrüßt. Gegenteilige Äußerungen einzelner Koalitionspolitiker haben sie vertrauensvoll zur Seite gelegt. Das war offenbar voreilig. Ein öffentlicher Vortrag des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Justiz, Benno Erhard, begründet den Verdacht, die Mieter sollten erneut getäuscht werden. Herrn Erhards Äußerungen stehen in schroffem Gegensatz zu den Antworten der Koalitionsfraktionen. ({6}) Seine Ankündigungen über die sogenannte Fortentwicklung des Mieterschutzes zielen auf das Ende des sozialen Mietrechts. Herr Erhard fordert ein Mietrecht, bei dem die optimale Nutzung Vorrang vor dem formalen Bestand von Mietverhältnissen haben soll. Das ist eine Absage an jeden Mieterschutz. Er fordert die Aufhebung der Begrenzungen für Zeitmietverträge. Das wäre die Aushöhlung jedes Mieterschutzes. Er fordert die Aufhebung der dreijährigen Kündigungssperre bei Eigenbedarf, wenn Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt worden sind. ({7}) Das bedeutet freie Bahn für Spekulanten. ({8}) Er will die freie Kündigungsmöglichkeit für Mietwohnungen wiederherstellen - eine offene Absage an das soziale Mietrecht. ({9}) Dies sind nur vier Beispiele. Keines von ihnen ist mit den Wahlaussagen der Koalitionsfraktionen zu vereinbaren; keine der Forderungen des Staatssekretärs steht im Einklang mit den bisherigen Beteuerungen der Bundesregierung. Deshalb muß diese Aktuelle Stunde Klarheit bringen: Gilt das Wort der Koalitionsfraktionen, im Blick auf die Wahlen gegeben, oder gilt der Plan des Bundesministers der Justiz zur Beseitigung des sozialen Mietrechts? Der CDU-Staatssekretär und der FDP-Bundesminister der Justiz bringen CDU/CSU und FDP in den Verdacht, daß die klaren Aussagen der Fraktionen nichts gelten, daß ein Wortbruch geplant ist. Schaffen Sie heute Klarheit! Die Mieter in der Bundesrepublik Deutschland haben einen Anspruch darauf. ({10})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kansy.

Dr. - Ing. Dietmar Kansy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001064, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle Wahlen wieder versucht die SPD, den Mietern Angst einzujagen. ({0}) Bereits im Winter 1982/83, also während des letzten Bundestagswahlkampfes, malte sie nach geringfügiger Liberalisierung des Mietrechts durch die Koalition Horrorgemälde an die Wand. „Die Mieter werden vogelfrei" hat Herr Jahn hier an diesem Pult gesagt. ({1}) Diese Mietenlüge, Herr Conradi, ist glücklicherweise so schnell zerplatzt wie ein roter Luftballon im frischen Wind der Wahrheit. Im März 1983 sind die Mieter nicht vogelfrei geworden, sondern vom Vogel frei, und das ist ein begrüßenswerter Unterschied. ({2}) Heute soll die Koalition nach Auffassung der SPD angeblich einen Generalangriff auf den Mieterschutz planen. ({3}) Meine lieben Kollegen, diese lächerlichen Behauptungen kommen ausgerechnet aus einer Ecke, die sich im Untersuchungsausschuß „Neue Heimat" des Deutschen Bundestages ({4}) eher als Pflichtverteidiger des Herrn Lappas und der „Neuen Heimat" begreift denn als Anwalt der Mieter. ({5}) Was aber ist der Hintergrund des bereits heute mißlungenen zweiten Aufgusses der Mietenlüge? ({6}) Die SPD hat nicht nur einen Schuldenberg hinterlassen, der uns rund 30 Milliarden DM Zinsen pro Jahr kostet, ({7}) sondern auch eine Zeitbombe im sozialen Wohnungsbau. Während in den ersten Nachkriegsjahrzehnten die Schaffung sozialer Mietwohnungen in erheblichem Umfange mit Bundesmitteln bezuschußt wurde, änderte sich das in Ihrer Regierungszeit, mein lieber Herr Kollege, und zwei Merkmale Ihrer Politik, nämlich Schuldenmachen und InflaDr.-Ing. Kansy tion, fanden sich auch zunehmend im sozialen Wohnungsbau wieder. ({8}) Statt Geld, Herr Jahn, gab es Versprechungen auf Inflation. Man setzte auf hohe Inflationsraten und programmierte damit regelmäßige Mietsteigerungen im sozialen Wohnungsbau, ({9}) die heute teilweise nicht mehr beherrschbar sind. Viele Wohnungsbauunternehmen - auch und insbesondere im gemeinnützigen Bereich - kommen dadurch in Schwierigkeiten. ({10}) Deswegen hat der Verband Rheinischer Wohnungsunternehmen am 25. September 1986 in Bad Kreuznach dem Parlamentarischen Staatssekretär Benno Erhard ein Thema gestellt - wohlgemerkt, ihm gestellt -, das hieß: Die Fortentwicklung des Mieterschutzes angesichts veränderter wohnungsmarktwirtschaftlicher Rahmenbedingungen. ({11}) Staatssekretär Erhard hat dort Möglichkeiten durchgespielt, auch und insbesondere um den gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen eine Zukunftschance zu eröffnen. ({12}) Er hat dort u. a. ausgeführt - ich zitiere -: Arbeitslose, Behinderte, kinderreiche Familien und Ausländer haben nach wie vor Schwierigkeiten, angemessene Wohnung zu finden zu angemessenen Preisen. Und er sagte weiter, daß die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen die Unterbringung dieser Bevölkerungskreise um so eher wahrnehmen könnten, wenn durch eine flexible Mietzinsgestaltung in allen Bereichen ihres Wohnungsbestandes ein Ausgleich zwischen denen geschaffen würde, die gut verdienen und in billigen Wohnungen wohnen, und jenen, die weniger gut verdienen und in den teuren Wohnungen der 70er und 80er Jahre wohnen. Was ist dagegen eigentlich einzuwenden? Was ist gegen die anderen Ausführungen des Staatssekretärs einzuwenden, zu denen Herr Dr. Möller gleich noch Stellung nehmen wird? Unsere Linie ist es, dem bedürftigen Mieter individuell zu helfen und nicht Ziegel und Mörtel zu finanzieren, die notfalls durch verantwortungslose Manager, wie gerade wieder bei der Neuen Heimat, anschließend verscherbelt werden. Wohnungsbauunternehmen, meine Damen und Herren, die dauerhaft mehr ausgeben, als sie einnehmen, machen pleite. Genau das wollen wir verhindern. Deswegen werden wir in der nächsten Legislaturperiode mit Offenheit und Mut diese Probleme angehen. ({13}) Der Mieterschutz, Herr Jahn, steht dabei nicht zur Diskussion. Das wissen Sie selber. Zur Diskussion steht aber Ihre verfehlte Wohnungsbaupolitik der 70er Jahre, ({14}) die auch dann verfehlt bleibt, wenn Sie Ihre Verantwortung dafür mit Verleumdung vertuschen wollen. Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. ({15})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Müller ({0}).

Dr. Joachim Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001553, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Dank geht an den Staatssekretär Erhard und an den Justizminister Engelhard. Sie haben endlich dieses unerträgliche, unsägliche Mitleid mit den Mietern beendet, zumindest wenn es sich um die Mieter der Neuen Heimat handelt. ({0}) Wir begrüßen das. Jetzt ist endlich wieder ein Hauch von Ehrlichkeit in die Debatte eingekehrt, ({1}) indem Sie diese Bemerkung gemacht und verdeutlicht haben, überall im Lande: Das Schicksal der Mieter ist Ihnen, eins, zwei, drei, völlig egal. - Völlig egal ist Ihnen das. Und das ist klar geworden. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, jetzt allerdings auch das Herz für die Mieter entdecken ({2}) - j a, j a, ich weiß schon -, möchte ich doch in Erinnerung rufen, daß Sie die Mietrechtsänderungen, die Sie jetzt beklagen, dieser Regierung bereits schlüsselfertig übergeben haben. Ich denke da an die Änderungsverträge von 1978, 1980 und 1982. ({3}) Herr Engelhard, daß Sie mit Ihren Äußerungen jetzt den Verkäufern der Neuen Heimat ein ebenbürtiger gleichgesinnter Partner geworden sind, ist deutlich geworden. Ihre Gesetzesvorschläge unterscheiden sich in keinster Weise von dem unsozialen Verkauf der Neuen Heimat. Allerdings einen Unterschied möchte ich schon machen: Die Gewerkschaften verkauften die Neue Heimat aus der Not, die ein Ergebnis von Mißmanagement war. Sie planen mieterfeindliche Gesetze aus einer ideologischen, 18718 Deutscher Bundestag - l0. Wahlperiode Dr. Müller ({4}) marktwirtschaftlichen, ordnungspolitischen Triebtäterschaft heraus. ({5}) - Ich wiederhole es gerne: Marktwirtschaftliche, ordnungspolitische Triebtäterschaft, das ist das, was Sie hier auf Kosten der Mieter betreiben. ({6}) Wir fordern deswegen, um überhaupt den Mietern mehr Schutz zu bieten, grundsätzlich einen Kündigungsschutz. Dieser darf nicht angetastet werden, und das ist das, was Sie hier betreiben. Und wir fordern natürlich selbstverständlich für Leute, die niedrige Einkommen beziehen, preisgünstigen Wohnungsbestand und dessen Erhaltung. ({7}) Das heißt, wir wollen versuchen, deutlich zu machen, ({8}) daß es notwendig und richtig ist, Eigentumsförderung im Bereich des Wohnungs- und Häuserbaus zu betreiben. Was wir kritisieren, ist, daß durch Proportionalisierung diese Art von Eigentumsförderung zur Zeit im wesentlichen Leuten mit hohem Einkommen zugute kommt. Für viele Arbeiter in Norddeutschland und insbesondere meiner Heimatstadt Bremen ist das häufig in Eigenarbeit erstellte kleine Haus ein Teil von sozialer Sicherheit, ein Teil von Altersvorsorge. Diese Art von Eigentum sollte gestützt und gefördert werden. Völlig anders verhält es sich - und das möchten wir hier deutlich machen - bei Mietshäusern, die aus reiner Gewinnsucht gebaut worden sind. Hier sind Einschränkungen der Rechte der Hauseigentümer notwendig. Wir denken da insbesondere, daß es nicht erlaubt sein darf, Kündigungen zum Zwecke der Mieterhöhung durchzuführen. Wir fordern weiterhin die Streichung von Staffel- und Zeitverträgen im Bereich der Mieten. Was wir wollen - das ist ganz entscheidend für uns -, daß eine Preisbindung, insbesondere bei Neuvermietung, stattfindet. Ein Wort zum Schluß, meine Damen und Herren von der CDU: Verschonen Sie uns in Zukunft vor mieterfeindlichen Gesetzen, aber verschonen Sie uns in Zukunft insbesondere auch vor Ihrem angeblichen Engagement, vor allem in Sachen Neue-Heimat-Skandal, für die Mieter. Dies ist wahrlich nicht mehr glaubwürdig. Danke schön. ({9})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Segall.

Dr. Inge Segall (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002144, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einiges zu den ökonomischen Konsequenzen sagen, weil sich dabei so deutlich zeigt, wie sich die Setzung von Rahmenbedingungen auf unseren Wohlstand auswirkt. ({0}) Nach dem EG-Agrarmarkt ist der Wohnungsmarkt ein Paradebeispiel dafür, was auf einem Markt passiert, wenn die Regulierungsfunktion des Preises aufgehoben wird. ({1}) - Das ist so schön vergleichbar. Erst einmal subventioniere ich auf vielfältige Weise. Ich nenne nur die Stichworte: Steuerfreiheit, billige Grundstücke usw. Dann schreibe ich die Kostenmiete vor. Wenn die dann noch zu hoch ist, subventioniere ich weiter herunter und komme dann immer noch zu Mieten, die zum Teil über den frei finanzierten Mieten liegen und daher zu weiteren Zahlungen aus dem großen Topf, sprich: Wohngeld, zwingen. Wenn dann ein Riesenkonzern entsteht, der in jedem anderen Fall längst das Kartellamt beschäftigt hätte, tue ich wieder nichts, denn es ist ja ein gemeinnütziges Unternehmen und im Besitz der Gewerkschaften. Da bedarf es offensichtlich keiner Kontrolle von wirtschaftlicher Macht. ({2}) Die Folgen sind wiederum ein typisches Beispiel von falscher Rahmendatensetzung, denn kein Verfechter der Marktwirtschaft wird bestreiten, daß die Grundvoraussetzung für das positive Ergebnis einer Marktwirtschaft das Funktionieren des Wettbewerbs ist. Da aber Wettbewerb Anstrengung und Leistung bedeutet, gibt es bei allen Marktteilnehmern eine natürliche Tendenz, den Wettbewerb zu umgehen oder auszuschalten: Wenn dann Mißmanagement und illegale Entnahme von Kapital zu Kostenmieten führen, die trotz aller Subventionen über den freien Mieten liegen, entsteht auch noch im Schatten des Monopolisten für viele andere Anbieter die Möglichkeit, überhöhte Mieten zu verlangen. ({3}) Das heißt aber, man muß nicht mehr auf wirtschaftliches Bauen achten. Jeder Zwang zu ökonomischem Verhalten ist auf diesem Markt untergraben worden. Kein Wunder, daß die Bau- und Baulandpreise pausenlos steigen. Selbst wenn man einmal von den illegalen Praktiken absieht, hat die fehlende Kontrolle durch den Markt, wie zu erwarten war, zu einer Wohlstandsminderung für die gesamte Volkswirtschaft geführt. ({4}) Von einer Sicherung preiswerten Wohnens, wie sie die SPD ja immer fordert, kann da wohl keine Rede sein. Die Bürger würden sicher preiswerter wohnen, wenn es nicht den Konzern Neue Heimat gäbe. ({5}) Wären diese Wohnungen zu dem Preis auf den Markt gekommen, den man nach all den Subventionen hätte erwarten sollen, wäre das Mietpreisniveau viel niedriger gewesen, weil es ein echtes Konkurrenzangebot für die privaten Anbieter gewesen wäre. ({6}) Die große Frage, wieso bei diesen Subventionen trotzdem so hohe Mieten zustande kommen, hat sich ja inzwischen aufgeklärt. Da brauchen wir nicht mehr nachzufragen. Was die SPD jetzt betreibt, läuft nach dem Muster ab: Gans stehlen und dann „Haltet den Dieb" schreien! ({7}) Wir bräuchten keinen Mieterschutz, wenn die rund eine Million Wohnungen der Neuen Heimat zu den herabsubventionierten Preisen auf den Markt drückten. Dieser „Haltet-den-Dieb"-Ruf ist doch nur ein Wahlkampfmanöver, um von dem Desaster Neue Heimat abzulenken. ({8}) Der Versuch der Gewerkschaften und der Sozialisten, als Unternehmer auf dem Wohnungsmarkt zu reüssieren, ist kläglich gescheitert. ({9}) Statt eines Eingeständnisses des eigenen Versagens soll bei den Mietern Angst geschürt werden. Aber da haben wir ja schon Erfahrung. Da liegt System drin. Die Mieter brauchen vor einer Liberalisierung des Mietrechts keine Angst zu haben; sie müssen vielmehr vor Vermietern wie die Neue Heimat Angst haben. ({10}) Mit falschen Aussagen zum Mietrecht Wahlkampf zu machen, scheint eine beliebte Strategie der SPD zu werden. ({11}) Nachdem man ja in Hamburg und beim letzten Bundestagswahlkampf Erfolg mit dieser Methode hatte, bei der ein großes Schauergemälde vom ausgebeuteten Mieter an die Wand gemalt wurde, soll sie in diesem Bundestagswahlkampf wieder eingesetzt werden. Aber so leicht werden Sie es diesmal nicht haben. ({12}) Wir werden Ihnen Ihr eigenes Versagen nicht stillschweigend durchgehen lassen. ({13})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Hans A. Engelhard (Minister:in)

Politiker ID: 11000472

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Neubildung der Bundesregierung im Oktober 1982 hat die Regierungskoalition in nur wenigen Beratungswochen durchgesetzt, daß ein ausgewogenes Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen verabschiedet wurde. ({0}) Noch erinnern wir uns gut des gewaltigen Geschreis, das damals von der SPD - Arm in Arm mit dem Deutschen Mieterbund - angestimmt wurde. ({1}) das etwa lautete, diese Neuregelung werde zu einer Explosion der Mieten führen, die Tausende von Mietern wohnungslos mache, so daß sie unter Brükken schlafen müßten. Die seitherige Entwicklung der Mieten und des Wohnungsmarkts hat alles Angstgeschrei, den ganzen Versuch, hier Panik zu stiften, widerlegt. Sie hat die Erwartungen bestätigt, die ich damals in das Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen gesetzt habe, erstens die Möglichkeiten, am Markt entsprechende Mieten zu erzielen und damit das Investitionsklima im Wohnungsbau zu verbessern, ({2}) zum zweiten bürokratische Reglementierungen abzubauen, freiere vertragliche Gestaltung wie etwa Zeitmietverträge und Staffelmietverträge zuzulassen und dadurch zahlreiche Vermieter zu ermutigen, Wohnungen, die bis dahin zurückgehalten wurden, dem Markt wieder zur Verfügung zu stellen. Nach fast vierjähriger Geltung des Gesetzes haben wir jetzt im freifinanzierten Wohnungsbau die seit vielen, vielen Jahren geringsten Steigerungsraten des Mietindex. ({3}) Aber - auch dies muß betont werden - wir haben sehr überlegt in die Begründung des damaligen Gesetzentwurfs hineingeschrieben - ich zitiere -: Da die Wohnung als Mittelpunkt des persönlichen Lebens ein Wirtschaftsgut von besonderer sozialer Bedeutung ist, muß der Kündigungsschutz erhalten und eine Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung auch weiterhin ausgeschlossen bleiben. Von dieser Linie ist die Bundesregierung nicht abgewichen, und sie wird dies auch künftig nicht tun. ({4}) Wenn jetzt der Kollege Müntefering und Frau Kollegin Dr. Däubler-Gmelin in den Tagesdiensten der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion einen Zitatensalat ansammeln und dort servieren, wie er schlimmer und willkürlicher nicht angerichtet werden kann, ({5}) dann muß ich diese Unterstellungen ({6}) und die maßlos überzogenen und völlig irrealen Schlußfolgerungen aufs allerdeutlichste zurückweisen. ({7}) Erstens. Da wird die Angstvision aufgetischt, die Bundesregierung plane die, wie es heißt, Wiederherstellung der freien Kündigungsmöglichkeit für Mietwohnungen. ({8}) Ich will hier in aller Klarheit sagen: Wir haben keine solchen Pläne. Wir haben solche Pläne auch nicht in der Schublade. ({9}) Der Versuch der Opposition, Panik zu stiften, ist völlig aus der Luft gegriffen. ({10}) Es bleibt ganz schlicht bei dem, was wir, wie vorhin zitiert, in der Begründung zum Gesetzentwurf gesagt haben: Der Kündigungsschutz wird erhalten, und zum Zwecke der Mieterhöhung ist eine Kündigung ausgeschlossen. ({11}) Zweitens. Frau Kollegin Dr. Däubler-Gmelin tut so, als stünde die Streichung der Kündigungssperre bei Eigenbedarf in Umwandlungsfällen bevor. ({12}) Eine gewiß lächerliche Unterstellung. ({13}) Allerdings - lassen Sie mich das an dieser Stelle sagen, weil das draußen sehr interessiert ({14}) widerstreben wir auch weiterhin heftig und nachdrücklich dem Versuch, diesen Zeitraum - wie Sie es wünschen - auf acht Jahre auszudehnen, ({15}) was nicht nur verfassungsrechtlich bedenklich, sondern auch wohnungswirtschaftlich völlig unvertretbar wäre. ({16}) Drittens. Die Abschaffung des Vergleichsmietensystems - so wird behauptet - ist dann die dritte Horrorvision, ({17}) mit der die SPD-Fraktion die Mieter draußen in Angst und Schrecken zu versetzen sucht. ({18})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Ich bitte, nicht zwei Zwischenrufe zur gleichen Zeit zu machen. Beide sind dann unverständlich.

Hans A. Engelhard (Minister:in)

Politiker ID: 11000472

Nichts dergleichen hat Herr Kollege Erhard in seinem Vortrag geäußert. Statt dessen hat er an dieser Stelle den Hinweis gegeben, daß für die Forderung nach Abschaffung des Vergleichsmietensystems, wie sie ja zuweilen in der Diskussion draußen laut wird, bislang keine hinreichenden, triftigen Gründe vorgetragen worden sind. ({0}) Es gibt im übrigen auch kein Programm, Zeitmietverträge gegen den Mieterwillen zuzulassen; denn Zeitmietverträge werden immer nur im beiderseitigen Einvernehmen eingegangen werden können. Bei dieser Regelung soll es bleiben. Das, was die SPD-Fraktion mit ihrem Antrag zur Sicherung preiswerten Wohnens vorgeschlagen hat, sind Verbote, sind Genehmigungspflichten, die zusätzlich verlangt werden. Hier werden administrative Barrieren errichtet, Einschränkungen der Vertragsfreiheit und sonstige Reglementierungen. Glauben Sie wirklich, Sie könnten damit das Angebot an Mietwohnungn noch vergrößern und verbessern ({1}) oder die Verteilung des Bestandes gerechter gestalten? Das sind keine Rezepte. Insbesondere für die Zukunft sind das keine Perspektiven. Stellt sich die Frage, warum heute die ganze Veranstaltung. ({2}) Einzig und allein zu dem Zweck, einen Wählerfischzug durch Schwindel zu wiederholen. Das soll heute eingeleitet werden. ({3}) Wir erinnern uns alle sehr gut: ({4}) Deutscher Bundestag - I0. Wahlperiode Bundesminister Engelhard Vor vier Jahren, am 19. Dezember 1982, stand in Hamburg die Bürgerschaftswahl an. Vor vier Jahren, also zum selben Zeitunkt wie heute, wurde der erwähnte Gesetzentwurf zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen im Deutschen Bundestag beraten. ({5}) Damals, Anfang Dezember 1982, versandte der Hamburger Senat, gezielt auf den Schlitz der Wahlurne, an die Mieter von Sozialwohnungen Schreiben, die ihnen eine erhebliche Erhöhung ihrer Kostenmiete kundtaten. Damit verbunden wurde ganz gezielt der Eindruck erweckt, ({6}) als sei diese Weihnachtsüberraschung für die Hamburger Mieter auf die Gesetzgebungspläne, die absehbare Gesetzgebung dieser Bundesregierung und Koalition zurückzuführen. ({7}) Heute soll, ganz gezielt auf den nächsten Sonntag in hamburg, ein solcher Schwindel wiederholt werden. ({8}) Ich meine, mit untauglichen Mitteln; denn Sie übersehen, daß Ihnen mittlerweile das Pulver längst naß geworden ist. Jeder Mieter weiß ja inzwischen, was bei der Neuen Heimat passiert ist, was hier Arm in Arm mit den Genossen aus Ihren Reihen passiert ist. Was den Mietern in dieser Situation Schutz gibt, ist das geltende Mietrecht, ({9}) an dem etwas zu ändern wir nicht die Absicht haben. ({10})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Müntefering.

Franz Müntefering (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001570, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie hatten hier die Gelegenheit, sich von dem zu distanzieren, was der Kollege Erhard als Staatssekretär gesagt hat. Sie haben diese Möglichkeit nicht genutzt. Sie haben deutlich gemacht: Die Mieter in unserem Lande haben in Ihnen keinen Vertreter und keinen Freund. ({0}) Sie haben - um dieses Stichwort aufzunehmen - als Bundesregierung auf die Frage, was denn mit den Mietern der Neuen Heimat geschehe, was denen passieren könne, geantwortet, denen passiere zunächst einmal gar nichts, weil das Mietrecht - das die Sozialdemokraten gemacht haben -- so gut sei. ({1}) Das war auch richtig. Jetzt gehen Sie daran und machen das Mietrecht kaputt, das wir gemacht haben. Auch das ist wahr. Das ist der Versuch, mit dem Sie im Augenblick beginnen. ({2}) Die Menschen sollen preiswert, sicher und so wohnen, wie es ihren Bedürfnissen entspricht. ({3}) Das kann die Politik nicht garantieren. Aber die Politik kann die nötigen Rahmenbedingungen dafür setzen. ({4}) Die Sozialdemokraten jedenfalls halten den Schutz der Mieter für ein hohes Gut und für nicht verhandelbar. Es gibt seit Jahren diese Kluft zwischen den beiden Seiten dieses Parlaments. Das wurde in der Politik dieser Legislaturperiode deutlich: Der Bund beteiligt sich nicht mehr an der Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus. ({5}) Er fördert nicht mehr die Modernisierung. Jetzt kommt. von Staatssekretär Erhard diese Attacke gegen das Mietrecht. Seit gestern laufen alle rückwärts. Der Bauminister will so weit nicht. Der Justizminister erklärt über dpa, er distanziere sich. ({6}) Eben drückte er sich so aus, daß man nicht genau verstehen kann, was er eigentlich will. Ich fordere Sie auf, Herr Minister Dr. Schneider, Herr Justizminister, Herr Staatssekretär Erhard, noch heute in dieser Aktuellen Stunde hierher zu kommen und klipp und klar zu sagen, daß die Rede von Herrn Erhard ein Irrtum war und Sie sich davon distanzieren. ({7}) Das machen Sie einmal klar, dann wissen wir, woran wir sind. Das Hin und Her bei Ihnen erklärt sich ganz einfach: Der Herr Staatssekretär hat in die falsche Schublade gegriffen, als er die Rede gehalten hat. ({8}) Diese Rede war in einer Schublade, die erst nach der Wahl aufgemacht werden sollte. Jetzt haben Sie Angst, die Wähler könnten vor der Wahl etwas merken. ({9}) Aus jeder Zeile der Rede von Herrn Erhard guckt die Marktideologie. Mietrecht soll kleinergemacht werden. Was in den Klauseln der Juristensprache von Herrn Erhard steckt, sind schon Bomben. Die Vergleichsmiete soll weg. ({10}) Die Orientierung und die sinnvolle Deckelung gemäß der ortsüblichen Miete soll verschwinden. Das will die Koalition so. Anders kann man das, was Erhard dazu sagt, nicht interpretieren. Der Kündigungsschutz soll aufgeweicht werden. Wir kommen dem Prinzip des Heuerns und Feuerns auch beim Wohnen ein Stück näher. Wir lehnen das ab. Es darf nicht möglich sein, daß der Vermieter dem Mieter kündigt, weil ihm dessen Nase nicht gefällt oder weil er jemanden findet, der eine höhere Miete zahlt. So hatten wir das nämlich früher einmal. ({11}) Wir wollen nicht, daß das wieder kommt. Deshalb muß ganz eindeutig klargestellt werden, daß daran nicht gerüttelt wird. Herr Erhard hat etwas anderes angekündigt, ist zumindest mißverständlich, und der Justizminister hat nicht dazu beigetragen, daß hier Klarheit gekommen wäre. Wohnrecht muß aber in aller Regel Dauerwohnrecht sein. Mit den Änderungen des Mietgesetzes 1983 haben Sie Mieterhöhungen verstärkt. ({12}) Während die Einkommen 1983/84/85 im Schnitt der Jahre um 2 % gestiegen sind, sind die Mieten im Durchschnitt um 4 % gestiegen. Das können Sie nachlesen. Sie sind doch ganz stolz darauf und weisen darauf hin, daß das Gesetz, das Sie damals beschlossen haben, erfolgreich gewesen sei. Jetzt wollen Sie die Mietpreisbewegung neu in Schwung bringen. Ihr Vorschlag, die Wohnungen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft von der Kostenmiete zu lösen und sie an die Marktbedingungen anzupassen, bedeutet eines: Mieterhöhungen. Lesen Sie genau durch, was Herr Erhard gesagt hat. Wenn sie die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen von der Kostenmiete lösen und an Marktbedingungen heranführen, dann passiert das, was ich Ihnen jetzt sage: Mieterhöhungen. ({13}) Wir Sozialdemokraten wollen das nicht. Wir wenden uns gegen die Versuche der Koalition, in diesem Stadium der Legislaturperiode nicht mehr ganz deutlich zu sagen, was man denn eigentlich will, aber im Hinterkopf und in den Schubladen das zu haben, was Herr Erhard dankenswerterweise einmal deutlich gemacht hat. Seit heute wissen wir und die Mieter und Mieterinnen draußen, woran sie mit Ihnen sind, meine Damen und Herren von der Koalition. ({14})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Möller.

Dr. Franz Möller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001522, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Müntefering und Herr Kollege Jahn haben hier das zu wiederholen versucht, was sie 1983 schon einmal versucht haben, ({0}) nämlich die Mieter zu verunsichern, bei den Mietern Unruhe zu stiften und Panik zu machen. Auch Ihre Presseerklärung, Herr Müntefering, ist in allen vier Punkten einfach falsch. Sie ist wirklich falsch. ({1}) Erstens. Herr Kollege Benno Erhard hat in seiner Rede zunächst von einer praktischen Vierjahresfrist bei umgewandelten Eigentumswohnungen gesprochen und dann wörtlich hinzugefügt: Bei einem zunehmenden Wohnungsüberangebot sollte nach meinem Dafürhalten eine Verkürzung der Frist zur Diskussion gestellt werden. Sie haben das in Ihrer Presseerklärung falsch zitiert. Was Benno Erhard gesagt hat, ist etwas ganz anderes als das, was Sie ihm mit Ihrer Presseerklärung vorwerfen. ({2}) Es ist schon gar kein Schlag gegen die Mieter, wie Sie gesagt haben. ({3}) Durch die Politik dieser Regierung sind die Mieter nämlich in einer sehr guten Lage. Es stehen Wohnungen, auch preiswerte Wohnungen, in hinreichendem Maße zur Verfügung. Zum Teil stehen sie sogar leer. ({4}) Wir sind von einem Vermietermarkt, wie er zu Ihrer Zeit herrschte, zu einem Mietermarkt gekommen, und das ist gut so für die Mieter. ({5}) Auch das zweite Zitat, Herr Müntefering, ist falsch. Staatssekretär Erhard hat keineswegs, wie Sie behaupten, die Wiederherstellung der freien Kündigungsmöglichkeiten für Mietwohnungen gefordert. ({6}) - Lesen Sie es genau nach. Wenn Sie ehrlich sind, dann werden Sie feststellen, daß das nicht stimmt. Er hat gesagt: Neben dem geltenden Kündigungsschutzrecht sollten abweichende vertragliche Vereinbarungen zugelassen werden. Er will das also neben und zusätzlich zu den vertraglichen Vereinbarungen haben. Ich glaube, das ist richtig. Es wird also kein Kündigungsschutz gestrichen, sondern er wird allenfalls erweitert. ({7}) - Warten Sie, Herr Jahn. Sie sind ja heute mal da. Wenn wir sonst über das Mietrecht sprechen, sind Sie nicht da; dann fehlen Sie in der Regel. Noch peinlicher, Herr Kollege Müntefering, weil noch falscher, ist Ihre dritte Behauptung, Herr Erhard habe die Abschaffung des Vergleichsmietensystems und das freie Spiel der Kräfte gefordert. ({8}) Der Herr Minister hat eben etwas dazu gesagt. Es ist keineswegs so, daß das Vergleichsmietensystem abgeschafft werden sollte. Vom freien Spiel der Kräfte, von dem Sie sprechen, ist in diesem Fall überhaupt nicht die Rede. Sie sagen hier die Unwahrheit, meine Damen und Herren. ({9}) Um es deutlich zu sagen: Das Vergleichsmietensystem, das besteht und das wir durch das Gesetz von 1983 noch einmal gesichert und gefestigt haben, hat sich bewährt, und daran halten wir fest, meine Damen und Herren. Ein viertes Zitat von Herrn Müntefering; auch das ist sehr sorglos von Ihnen wiedergegeben. Ich frage die SPD-Kollegen, ob das etwas Falsches ist: Ein Kostenmietenprinzip, das eine bestimmte Miethöhe vorschreibt, läßt sich nicht durchhalten, wenn Preisnachlässe gewährt werden müssen, um die Wohnungen überhaupt vermieten zu können. Ich frage mich, was daran eigentlich falsch sein soll. Preisnachlässe für die Mieter kommen diesen doch zugute, und das kann nur richtig sein. Meine Damen und Herren, die SPD sähe es wohl lieber, die teuren neueren Sozialwohnungen leerstehen und verkommen zu lassen oder durch hohe Subventionen noch einmal nachzusubventionieren. Das wollen Sie, und das meinen Sie damit. ({10}) Damit soll die Neue Heimat oder wer auch immer nachsubventioniert werden. Aus alledem, meine Damen und Herren, ist zu schließen: Die SPD versucht eine Neuauflage der 1982/83 kläglich gescheiterten Mieterpanikkampagne. (Dr. Stark [Nürtingen] ({11}) Heute ist die damalige Mietenlüge noch leichter zu widerlegen. Eine einzige Zahl kann das bestätigen. Die Mietpreissteigerungsrate im frei finanzierten Wohnungsbau ist auf 1,6 % gesunken. ({12}) Damals, bei der SPD-Regierung, lag sie bei 4,4% ({13}) Ich meine, die jetzige Regierung hat etwas Wesentliches für die Mieter und unsere Bürger getan. Die Mieter lassen sich nicht hereinlegen. Sie sehen nämlich, was diese Regierung geschafft hat: ein ausreichendes Angebot an Mietwohnungen, dadurch niedrige Mietpreise, eine starke Verbesserung des Wohngelds, das gerade den Sozialhilfeempfängern, den Rentnern und den Arbeitslosen zugute kommt, ein soziales Mietrecht, das sie vor ungerechtfertigter Kündigung schützt, wie wir es jetzt beim Neue-Heimat-Skandal erleben. Diese gute Politik für die Mieter werden wir weiterführen. Diese Regierung wird dafür sehr lange Zeit haben. Denn wir werden noch lange an der Regierung bleiben - im Interesse der Mieter. ({14})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Rönsch. ({0})

Hannelore Rönsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001870, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Herren! Meine Damen! Wieder einmal stehen Wahlen vor der Tür. Wieder einmal fehlt es der SPD an vernünftiger Sachpolitik. Die Wähler laufen dieser Partei scharenweise davon. Wieder einmal wird versucht, sich mit einer Angstkampagne einen Platzvorteil zu verschaffen. Und wieder einmal ist Herr Jahn als selbsternannter Mieterschützer an der Spitzè. ({0}) Die Angstparolen aus dem Jahr 1983 wie „Eine Mietenexplosion droht", „Rechtlosstellung der Mieter" und andere haben sich als Unwahrheiten erwiesen. In bester Roßtäuschermanier wird jetzt behauptet, die Rechte der Mieter sollten beschnitten werden. ({1}) Frau Rönsch ({2}) - So Ihre Presseveröffentlichung. ({3}) Dabei bedient man sich völlig verzerrter Zitate ({4}) aus der Rede von Benno Erhard vor dem Verband der Wohnungsunternehmen. Diese Rede wurde verteilt. Sie haben sie offensichtlich bis heute nicht gelesen. ({5}) Diese Panikmache von 1982/1983 wurde durch die Mietentwicklung der letzten drei Jahre eindeutig widerlegt. Der Mietanstieg im frei finanzierten Wohnungsbau verlangsamte sich. Kollege Möller nannte soeben die Zahlen. Wenn die SPD allerdings hier im Bundestag am 24. November 1982 zum Thema Mieten von einer Katastrophe für die Mieter sprach, wußte sie offensichtlich schon damals um die Skandale der Neuen Heimat. ({6}) Sie war daran ja auch nicht unbeteiligt. ({7}) Jetzt wird behauptet, die Bundesregierung plane eine Beschneidung der Mieterrechte und wolle das Kostenmietprinzip völlig ausschalten. Eine solche Änderung ist nicht geplant. Sie wissen das ganz genau. Allerdings mußte z. B. die Neue Heimat jetzt schon vom Kostenmietprinzip, das eine bestimmte Miethöhe vorschreibt, abgehen. Sie mußte Mietpreisnachlässe gewähren, um die heruntergekommenen Wohnungen überhaupt vermieten zu können. Ich zitiere Ihnen jetzt wörtlich, was Staatssekretär Erhard dazu gesagt hat: Ein Kostenmietprinzip, das eine bestimmte Miethöhe vorschreibt, läßt sich nicht durchhalten, wenn Preisnachlässe gewährt werden müssen, um die Wohnungen überhaupt zu vermieten. ({8}) Was haben Sie denn gegen Preisnachlässe für die Mieter, muß ich Sie fragen. ({9}) Unsere große Aufmerksamkeit wird weiterhin wie in der Vergangenheit der rechtlichen Sicherstellung besonders der Mieter im sozialen Wohnungsbau gelten. ({10}) Wir werden diese Aufgabe um so mehr wahrnehmen müssen, als sich führende Herren des Deutschen Mieterbunds ({11}) praktisch nur noch als Anwälte für verschiedene Wohnungsbauunternehmen verstehen und somit die Interessen der Mieter verraten. ({12}) - Ich komme gleich zu dem Beispiel, Herr Jahn! So war z. B. der Direktor des Mieterbunds in Köln, Herr Schlich, gleichzeitig Mitglied des Beirats der Neuen Heimat in Hamburg ({13}) und Mitglied des Aufsichtsrats der NWDS. ({14}) - Hören Sie zu, Frau Gmelin! Dem Verkauf einer nicht genau bekannten Zahl von Sozialwohnungen zum Preis von 46,3 Millionen DM an die BGI stimmte er zu. Der Kaufpreis pro Quadratmeter Wohnfläche lag wie bei anderen BGI-Käufen bei etwa 700 oder 800 DM. ({15}) Den Mietern hatte man seinerzeit, 1983, die Wohnungen zu einem Kaufpreis von 1 590 DM/qm angeboten. ({16}) Aber damit nicht genug! Wenn man die Nebenkosten hinzuzählt, ergab sich für die Mieter ein Kaufpreis von 1 754 DM/qm. ({17}) Da fragt man sich doch, wie dieser Direktor des Deutschen Mieterbunds es mit seiner Funktion vereinbaren kann, Unternehmensentscheidungen mitzutragen, bei denen die Mieter im Vergleich zu Immobilieninvestoren mehr als den doppelten Kaufpreis für ihre Wohnungen zahlen müßten. Wo bleiben denn da die Mieterschützer? ({18}) Vor diesen Herren, die gleichzeitig ihr Entgelt ({19}) aus dem Vertreten von Vermieterinteressen und Mieterinteressen beziehen, muß man die Mieter im sozialen Wohnungsbau schützen. Wir werden das tun. Frau Rönsch ({20}) Die von der CDU/CSU geführte Bundesregierung hat einen weiteren Schritt zum Schutz der Mieter gemacht. ({21}) Am 1. Januar 1986 haben wir die Wohngeldnovelle verabschiedet. Mit Inkrafttreten dieser Wohngeldnovelle mit einem jährlichen Volumen von 900 Millionen DM hat der Wohngeldempfänger eine Verbesserung von durchschnittlich 42 DM im Monat erfahren. Wir haben dafür gesorgt, daß das Wohnen für jeden - entsprechend seiner Familiengröße - auch bezahlbar bleibt. ({22}) Die Mieter können versichert sein: Diese Regierung denkt überhaupt nicht daran, Änderungen im Mietrecht vorzunehmen. ({23})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt ({0}). ({1})

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Erhard, ich hatte eigentlich nicht die Absicht, Ihnen für das zu danken, was Sie gesagt haben. Aber nachdem ich die Debatte jetzt so miterlebt habe, drängt es mich geradezu, Ihnen zu danken. Denn der einzige, der bisher etwas Klares zum Thema gesagt hat, waren Sie, und dafür muß man Ihnen herzlich danken. ({0}) Alle anderen Diskussionsbeiträge ({1}) sind aufs eigentliche Thema des heutigen Tages überhaupt nicht eingegangen. ({2}) Also, Herr Kollege Erhard, meinen herzlichen Dank dafür. Im übrigen danke ich Ihnen auch dafür, daß Sie damit begonnen haben, die Krokodilstränen zu trocknen, die in der Diskussion um die Neue Heimat von dieser Seite für die Mieter immer vergossen worden sind. Jetzt möchte ich mich dem Herrn Justizminister zuwenden. ({3}) Ich habe also - ({4}) - Nein, ich will mich seinem Tempo nicht anpassen. - Ich will mich nun dem Herrn Justizminister zuwenden und folgendes sagen. Heute früh habe ich ein Dementi, über den Ticker gelaufen, gelesen. Ich habe meine Ohren hier vergeblich gespitzt, um zu hören, ob dieses Dementi wiederholt wird. Dieses Dementi war so wachsweich, daß wir dem die gleiche Bedeutung beimessen, die Ihrem Ansehen und Ihrer Stellung in der Bundesregierung entspricht. Das ist also etwa der Wert einer 1-Billion-Reichs marknote, nämlich gar nichts. ({5}) Trotzdem will ich mich hier in erster Linie mit einem Thema beschäftigen, bei dem nicht einmal der Versuch gemacht worden ist zu dementieren. Es geht um die Abschaffung oder um die Reduzierung der Sperrfrist für Kündigungen bei Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Hier haben Sie nämlich selber, Herr Justizminister, in der Fragestunde auf eine entsprechende Frage des Kollegen Sperling gesagt - ich zitiere -, daß die Bundesregierung die Auffassung des Parlamentarischen Staatssekretärs Erhard teilt, daß eine Verkürzung der Frist bei Eigenbedarf in Umwandlungsfällen überlegenswert ist. Die Wohnungsspekulation in Ballungsräumen ist eine der Geißeln für die Mieter. Wir haben in München eine Reihe von Spekulationen: Da kauft ein Spekulant einen Wohnblock, teilt die Wohnungen auf, ({6}) verkauft sie zu weit überhöhten Preisen. Die Quadratmeterpreise bewegen sich in einer Größenordnung von 3 000 bis 6 000 DM. Bisher brauchte ein Mieter allenfalls mit einer Eigenbedarfskündigung zu rechnen, so daß er bei Käufern mehrerer Wohnungen meist relativ ruhig bleiben konnte. Aber selbst wenn jemand eine Wohnung gekauft hatte, in die er selbst einziehen wollte, konnte der Mieter deshalb noch einigermaßen ruhig sein, weil die Kündigung überhaupt erst drei Jahre nach Eintragung im Grundbuch ausgesprochen werden durfte, und dann kam noch die Kündigungsschutzzeit dazu. Trotz dieser Regelung war die Situation in einem Zentrum der Spekulation wie München so schlimm, daß der damalige CSU-Oberbürgermeister Kiesl ({7}) auf Grund eines einstimmigen Stadtratsbeschlusses an Minister Schneider schrieb und ihn im Namen des gesamten Stadtrats aus FDP, CSU und SPD darum bat, daß die Zeit von drei auf fünf Jahre erhöht wird. Herr Schneider, Sie werden sich erinnern; das war im übrigen genau vor vier Jahren. Heute tun Sie genau das Gegenteil: Sie verkürzen diese Zeiten. Und wenn das noch unter einem Mini18726 Schmidt ({8}) ster Engelhard geschieht, der selber aus München kommt, dann hoffe ich, daß sich die Münchener Mieter bei ihm wenigstens bedanken werden. ({9}) Es dürfte im übrigen ein eigenartiger Justizminister, ({10}) der - statt in der Frage des Kronzeugen die Fahne der Liberalität und der Freiheit hochzuhalten - die Mieter rechtlos stellt. ({11}) Ich glaube, Herr Kollege Engelhard, daß Sie seit der Zeit, wo Kaiser Caligula sein Pferd zum Konsul ernannt hat, die klassischste Fehlbesetzung in einem öffentlichen und politischen Amt sind. ({12}) - Nein. Ich verstehe ja, daß Sie dagegen protestieren, Herr Kollege Kleinert. Der Vergleich ist auch deswegen falsch, weil der Hengst vom Caligula erheblich mehr Temperament hatte. ({13}) Herr Minister Schneider, als Sie Wohnungsbauminister wurden, haben Sie erklärt, daß Sie der Anwalt der Mieter sein wollten. Ich komme selber aus diesem Geschäft. ({14}) Angesichts dessen, was Sie bisher getan haben, müßten Sie eigentlich wegen Parteienverrats aus der Anwaltskammer der Mieteranwälte ausgeschlossen werden. Wir weisen darauf hin, daß die Aufhebung der Pläne gegen die Mieter bis nach der Wahl und das mehr oder weniger zufällige Aufkommen jetzt vor der Wahl auf das hinweist, was Sie vorhaben: Sie wollen die Stimmen der Mieter noch kassieren und sie nachher in skandalöser Weise betrügen. ({15})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau.

Dr. Oscar Schneider (Minister:in)

Politiker ID: 11002048

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße diese Aktuelle Stunde. Sie gibt mir Gelegenheit, die krassen Unterschiede offenzulegen, die sich bei der SPD zwischen Anspruch, Leistung, Wort und Tat in der Wohnungs- und Mietenpolitik ergeben. ({0}) Anfang der 80er Jahre, also nach zwölf Jahren SPD-geführter Bundesregierung, geisterte in unserem Land das Wort von der „Neuen Wohnungsnot" herum. Nach zwölf Jahren hatten Sie die „Neue Wohnungsnot" in Ihrem Verständnis produziert. ({1}) Heute, nach vier Jahren Regierung Kohl, ist von Überangebot, Leerstand und sinkenden Immobilienpreisen die Rede. 1982, als die SPD den Wohnungsminister stellte, stiegen die Mieten um 5,1 %, heute steigen sie nur noch mit einer Rate von 1,8%. ({2}) Im frei finanzierten Wohnungsbau ist die Mietsteigerung sogar auf 1,6% zurückgegangen, und nur auf den frei finanzierten Wohnungsbau hat sich damals die Mietrechtsreform bezogen. Wir wissen natürlich, daß die Sozialverträglichkeit der Mieten in einem unlösbaren Zusammenhang mit dem jeweiligen Einkommen der Mieter steht. 1982 sanken die verfügbaren Realeinkommen, also auch die Wohnkaufkraft der Mieter, um 2,3%. In diesem Jahr werden die Realeinkommen auch der Mieter um 5% steigen; das ist eine Differenz von 7,3% zugunsten der Mieter. 1982 sank die Zahl der Beschäftigten um 430 000, in diesem Jahr wird die Zahl der Beschäftigten um 300 000 steigen. ({3}) Dies sind die Tatsachen, dies ist die Wahrheit, die die SPD und Teile des Mieterbundes nicht wahrhaben wollen. ({4}) Die SPD fällt zurück in Panikmache, Verunsicherung und Mietendemagogie. Diese Bundesregierung hat in der Wohnungspolitik auf die marktwirtschaftlichen Kräfte gesetzt und gleichzeitig das Wohngeld für einkommensschwache Haushalte um mehr als 40 % angehoben. ({5}) Dadurch haben wir zwei Ziele erreicht: Erstens. Wir haben einen global ausgeglichenen Wohnungsmarkt mit einem breiten und qualitativ guten Anbebot, ({6}) ein Ziel, auf das wir 35 Jahre hingearbeitet haben. Zweitens. Wir haben eine individuelle Absicherung durch die Wohngeldleistungen, die international einzigartig und ohne Vergleich dasteht. ({7}) Bund und Länder werden in diesem Jahr insgesamt 3,25 Milliarden DM und im nächsten Jahr 3,5 Milliarden DM Wohngeld zahlen. Der Bund wird seine im Haushalt 1986 eingesetzten Wohngeldleistungen außerplanmäßig sogar noch um 200 Millionen DM erhöhen. Das sind die höchsten Wohngeldleistungen, die es jemals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat. ({8}) Gleichzeitig haben wir das Wohngeld treffsicherer gemacht. ({9}) Die Höchstgrenzen richten sich nicht mehr nach der Gemeindegröße, sondern nach der Höhe der Mieten. Für mitverdienende Kinder haben wir einen Freibetrag von 1 200 DM eingeführt. In der Familie aufgenommene Eltern können einen Freibetrag von 2 400 DM beanspruchen. Damit wird das Zusammenleben mehrerer Generationen erleichtert. Über das neue Wohngeldrecht, über die finanziellen Leistungen und über die geplante Vereinfachung für Sozialhilfempfänger werde ich die Mieter und Eigentümer in 14 Tagen umfassend unterrichten. ({10}) Mit dieser Debatte versucht die SPD, sozialistische Schreckgespenster und alte Phantasiegeister gegen eine erfolgreiche Wohnungspolitik der Regierung Kohl zu mobilisieren. ({11}) Lassen Sie mich dazu feststellen: Die Bundesregierung hat den Mieterschutz realisiert. Zu keiner Zeit in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland waren die Mieter so gesichert wie zur Zeit, ({12}) und zwar durch unsere wohnungsmarktpolitischen Erfolge. Der Markt schützt den Mieter besser als jedes Gesetz, besser als die SPD und besser als die Neue Heimat. ({13}) Die SPD führt hier eine heuchlerische Debatte; ich muß es jetzt leider sagen. In den 70er Jahren hat die SPD den sozialen Wohnungsbau durch eine unsolide Finanzierung in einen unsozialen Wohnungsbau verkehrt. Ich denke nur an den Riesenberg der Nachfinanzierungshypothek. Wenn heute über Probleme des Kostenmietrechts nachgedacht wird, ({14}) verfällt die SPD in die gleiche Polemik wie im Jahre 1982. ({15}) Frau Kollegin Däubler-Gmelin, Sie haben sich hinreißen lassen und sprechen in ihrem Artikel vom „Abriß des sozialen Mietrechts" und vom „skandalösen Mieterbetrug". ({16}) - Frau Kollegin, es ist schlimm, ({17}) wenn man die Wahrheit so verdreht. Es glaubt Ihnen ja niemand. Mit diesen Sprüchen, was das Mietrecht angeht, haben die Sozialdemokraten in den zwei größten Städten Bayerns, in München und Nürnberg, so Prügel bekommen, daß sie die Pantoffeln verloren haben. Sie werden sie noch einmal erhalten. Was ich am 10. Dezember 1982 in bezug auf Ihre verfehlte und verfälschende Mietrechtspolemik gesagt habe, hat sich am 6. März bewahrheitet. ({18}) Der Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft für Städtebau und Wohnungswesen der SPD hat im Januar 1981 folgenden Beschluß gefaßt und dem Bauministerium mit Schreiben vom 16. Januar zugeleitet ({19}) - jetzt komme ich zum Kollegen Erhard ({20}) Bleibt die gemeinnützigkeitsrechtlich ermittelte Miete erheblich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete zurück, so sollte eine Erhöhung, gegebenenfalls stufenweise, bis zur Untergrenze der Vergleichsmiete oder dem unteren Limit eines Mietspiegels möglich sein. Nichts anderes hat der Kollege Erhard gesagt ({21}) als das, was Ihre sozialdemokratischen Mietrechtsexperten 1981 beschlossen und dem damaligen Minister zugeleitet haben. Wir haben heute die Vergleichsmiete als sozial gebremste Marktmiete. Wir haben heute mehr als 300 000 leerstehende Wohnungen. Wir haben Preissenkungen von 20 %, in Einzelfällen bis zu 50% im Wohnungsbestand. Selbst die Grundstückspreise sind gesunken. Zur Mietentwicklung kann ich mich auf den deutschen Mieterbund berufen, der meinem Haus vor sechs Tagen elf Mietspiegel von verschiedenen Gemeinden, u. a. von Köln, zugeschickt hat. Im Begleitschreiben, Herr Kollege Jahn, heißt es dazu - ich zitiere -: Zusammenfassend bleibt daher festzuhalten, daß die Mietpreise trotz der Fortschreibung fast unverändert geblieben sind. Soweit sich Veränderungen ergeben haben, liegen diese Veränderungen nach oben zwischen 0,10 und 0,20 DM pro qm, nach unten zwischen 0,50 DM bis zu 1 DM pro qm. Das ist der Erfolg unserer Mietenpolitik. ({22}) Meine Damen und Herren, ich darf Sie daran erinnern, wie Sie in Hamburg gelogen haben: Kohls Weihnachtsgeschenk: 30 % mehr Miete, 50 Milliarden DM als Geschenk an die Vermieter und für Mieter das Ende des Kündigungsschutzes. ({23}) Wir haben heute Mietsteigerungen von 1,3 %. Sie haben von 30 % oder 70 % oder mehr gesprochen. Der Bürgermeister von Hamburg hat damals, am 14. Dezember 1982, eben in gleicher Weise wie heute an den Herrn Bundeskanzler u. a. geschrieben: ({24}) „Die besondere Problematik sehe ich darin" - in bezug auf das Mietrecht, auf das Änderungsgesetz -, „daß einerseits die Rechte der Mieter eingeschränkt und erhebliche Mietsteigerungen ausgelöst werden, andererseits aber gleichzeitig das zur Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens notwendige Wohngeld erheblich gekürzt wird." In allen Fällen ist das Gegenteil von dem eingetreten. Wer seine Glaubwürdigkeit auf dem Gebiete der Wohnungspolitik so verloren hat, der sollte am besten schweigen. ({25})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Clemens.

Joachim Clemens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000330, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schmidt, bei Ihren Münchener Roßtäuschergeschichten fühlte ich mich an das Jahr 1982 erinnert. Auch damals haben Sie mit Polemik und verstaubten Klassenkampfparolen, großem Ängsteschüren seitens der SPD das Ende des Mieterschutzes und uferlos steigende Mieten beschworen. Nichts davon ist eingetreten. ({0}) - Sie können das nachlesen; es ist auch schon ein paarmal gesagt worden. Der Mieterschutz funktioniert, die Mietsteigerungsraten sind erheblich zurückgegangen. Nun kommt das Ganze neu rechtzeitig zur Bundestagswahl und natürlich rechtzeitig zur Hamburger Wahl. Es ist ja gerade so zitiert worden. Damals haben Sie das gemacht, und offensichtlich haben Sie das jetzt wieder vor. Frau Däubler-Gmelin, Sie können die Rede noch so oft hochhalten, Sie haben ein Falsifikat! Dieses hier ist die richtige Rede! ({1}) - Wenn ich fertig bin, bin ich gerne dazu bereit.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Abgeordnete, ich meine, dies geht ein Schrittchen zu weit. ({0})

Joachim Clemens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000330, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Dies ist die Originalrede, und Sie haben irgendeine Art Zusammenfassung. Ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Die SPD brauchte genau zwei Presseerklärungen. Da war Herr Müntefering noch einigermaßen sachlich. Er hat zwar mit unvollständigen und zum Teil falschen Zitaten falsche Schlüsse gezogen. Dann kam Frau Däubler-Gmelin, ({0}) und dann kam es knüppeldick. Es kam wieder einmal eine Mischung von Unwahrheiten - ich sage es noch einmal Unwahrheiten -, Verdrehungen und Polemik: der Mietenlüge dritter Teil. ({1}) Hier wird geholzt, daß Herr Willy Brandt wirklich seine Freunde haben kann an den Enkeln - wenn ich Ihnen entgegenkommen darf - oder sonst seinen Söhnen und Töchtern. ({2}) - Ja, der arme Herr Rau! Das ist in der Tat wahr: Versöhnen statt spalten! Das wäre ein Thema. Sie machen genau das Gegenteil, gerade Sie, Frau Däubler-Gmelin, mit Ihrer Erklärung! Es ist schon hanebüchen, was Sie dort vortragen. ({3}) Nun darf man - ganz ehrlich - Ihr Donnergetöse auch nicht überbewerten. Da haben Sie vollkommen recht. ({4}) Was soll auch eine Opposition machen, der es an Themen mangelt, mit denen sie die Bundesregierung in Bedrängnis bringen kann? ({5}) Deutscher Bundestag - 10.Wahlperiode Einer solchen zahnlosen Opposition bleibt einfach kein anderer Ausweg, ({6}) um mit marktschreierischen Tönen und untauglichen Mitteln -

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Frau Abgeordnete Dr. Däubler-Gmelin, Sie wollen hier offensichtlich mehr Zwischenrufe machen, als der Redner redet. Ich möchte Sie bitten, sich ein bißchen Zurückhaltung aufzuerlegen. Herr Abgeordneter, fahren Sie fort.

Joachim Clemens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000330, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Dr. Däubler-Gmelin hat noch eine kleine Privatfehde von früher mit mir auszutragen, aber das lassen wir doch beiseite! Darf ich noch einmal den Satz beginnen: Einer solch zahnlosen Opposition bleibt einfach kein anderer Ausweg, um mit marktschreierischen Tönen und untauglichen Mitteln zu versuchen, einige Brosamen in der Wählergunst zu ergattern. Das ist doch Ihr ganzes Ziel! Weil die erste Presseerklärung in der Öffentlichkeit offensichtlich keinen Widerhall fand, mußte noch eine zweite so richtig mit dem Knüppel raus. Es wurde draufgekloppt, sonst wäre es überhaupt nichts geworden. ({0}) Es zeigt auch heute die Debatte - es ist hier oft genug gesagt worden -, was Sie alles Falsches erklärt haben. ({1}) Sie lenken ab - ja, das ist richtig - von der Neuen Heimat. Das ist mir vollkommen klar. Ich will Ihnen ganz deutlich sagen, was ich unfair finde: daß man hier verfälschend vorgeht. Sie haben eine Zusammenfassung, Sie haben nicht das Original zitiert. Sie können das nachlesen. Ich kann Ihnen nur sagen - ich zitiere jetzt noch einmal einen Satz daraus -: ({2}) - Nein, es sind mehrere! Mehr Zeit habe ich nicht. „Ein Kostenmietprinzip, das eine bestimmte Miethöhe vorschreibt, läßt sich nicht durchhalten, wenn Preisnachlässe gewährt werden müssen, um die Wohnungen überhaupt vermieten zu können." Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, so wird es doch eines Tages kommen. Die Bevölkerung geht zurück, dann stehen die Wohnungen leer. Dann bin ich gespannt darauf, was Sie machen. Wollen Sie alles so lassen, wie es ist? Wollen Sie dann in der Tat diese Dinge, das ganze Mietrecht so lassen? Da kann ich Ihnen jetzt schon sagen: Dann erleben Sie eine Mißwirtschaft, wie wir sie aus früheren Zeiten von Ihnen gewöhnt sind. Das ist genau der Punkt. Hier darf man doch wohl einmal Überlegungen anstellen. Ich bin sehr glücklich darüber, daß der Staatssekretär sehr wohl Überlegungen anstellt. Sie können das alles im Original nachlesen. Darin steht: Man muß einmal überlegen, man muß einmal überprüfen. Das sind alles Dinge, die normalerweise in Ordnung sind. Wir unterscheiden uns in einem Punkt: Die SPD macht Tagespolitik mit Blick auf die nächste Wahl, und wir denken ein bißchen mehr an die Zukunft. ({3}) Ich erinnere Sie, daß wir z. B. in der Rentenfrage schon vom Jahre 2030 reden, ein Zeitpunkt, zu dem ein Arbeitender einen Rentner aushalten muß.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Herr Abgeordneter, ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß zwar das Jahr 2000 sehr interessant ist, daß aber Ihre Zeit abgelaufen ist. Ich muß darauf achten, daß in der Aktuellen Stunde die Zeit eingehalten wird.

Joachim Clemens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000330, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, Sie müssen mir aber wenigstens diesen Satz zugestehen. Frau Dr. Däubler-Gmelin ist so nahe an mich herangetreten, daß ich etwas „behindert" wurde. Wir unterscheiden uns darin: Sie machen Tagespolitik in Richtung Wahlkampf, und wir machen Politik für die Zukunft. Darin unterscheiden wir uns. Ich glaube, unserer ist der bessere Weg. Viel Lärm um nichts, das war Ihre Devise. Das ist heute bestätigt worden. Danke schön.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Und nun hat der Abgeordnete de With das Wort.

Dr. Hans With (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002536, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Damen und Herren der Regierungskoalition einschließlich der Minister haben weit überwiegend an der Sache vorbeigeredet. ({0}) Wer den Stein des Anstoßes, gesetzt durch Herrn Erhard, wirklich begreifen will, der muß einen Blick zurück in die Geschichte des Mietrechtes werfen. 1960 glaubte die Union durch das sogenannte Abbaugesetz die freien Regeln des Marktes auch in das Mietrecht einführen zu müssen -: auf dem Buckel der Mieter. Die Mietpreisbindung wurde nach und nach eingeschränkt, der Mieterschutz aufgegeben. Es gab die berühmten - wir erinnern uns alle noch - weißen und schwarzen Kreise. Das war der berüchtigte Lücke-Plan. Änderungskündigungen waren an der Tagesordnung, und es galt das Prinzip: Entweder du zahlst die Miete oder du gehst. ({1}) Streck' dich oder krümm' dich, das war Ihre Devise. Wirkliche Abhilfe haben das erste und zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz 1971 und 1974 unter sozialdemokratischen Bundeskanzlern gebracht. Was enthielten die beiden Gesetze? Fortan war eine Kündigung zum Zweck der Mieterhöhung ausgeschlossen. Kündigung war nur bei Eigenbedarf möglich. Die Mieterhöhung wurde an die ortsübliche Vergleichsmiete gebunden und einem mit Fristen versehenen besonderen Verfahren überantwortet. Seitdem ist das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter endgültig entspannt. Beim ersten Kündigungsschutzgesetz haben Sie von der Union noch dagegen votiert, beim zweiten haben Sie nach vielen Mühen mitgestimmt. Aber 1982 und 1983 kamen schon die ersten Lokkerungsübungen. Mit der Wende haben Sie in der Tat dieses Gesetz wiederum gelockert. Was war das Ergebnis? Das Ergebnis waren Mietpreissteigerungen in den Jahren 1983, 1984 und 1985, die klar höher waren als die Steigerung des normalen Preisindexes. ({2}) Dennoch sage ich: Es gilt noch immer der Grundzug des bewährten Mietrechts aus dem Jahre 1971. Nun sagen Sie, - Herr Kollege Erhard, um Sie nicht nur mit einem Satz zu zitieren -: Die Wiederherstellung der freien Kündigungsmöglichkeiten für Mietwohnungen, wie sie von der freien Wohnungswirtschaft gefordert wird, bedarf sorgfältiger Überlegung. Differenzierenden Lösungen, insbesondere eine Ergänzung dieses Kündigungsschutzes durch abweichende vertragliche Abmachungen, ist der Vorzug vor einer ersatzlosen Streichung zu geben. Was ist das anderes als die fatale Erinnerung an die Einführung der weißen und schwarzen Kreise? ({3}) Zur Mieterhöhung führen Sie folgendes aus - und wiederum nicht nur ein Satz: Ebenso ist bei einer Reform des Mietpreisrechts Behutsamkeit angebracht. Auf einem entspannten Wohnungsmarkt wird die Abschaffung des Vergleichsmietensystems voraussichtlich keine zusätzlichen Mieterhöhungsspielräume eröffnen. Eine pragmatische Lösung könnte den Weg verbreitern, der mit der Zulassung von Staffelmietvereinbarungen gebahnt worden ist. Das heißt doch ganz offensichtlich nichts anderes: Es soll allmählich die ortsübliche Vergleichsmiete wiederum verschwinden. ({4}) Dies alles bedeutet einen klaren Bruch mit dem bisherigen Mietrecht und muß Unruhe unter die Bevölkerung bringen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Sozialdemokraten haben die Bundesregierung deswegen mit Recht gefragt: Ist das eine verschleiernde Ankündigung einer Änderung des Mietrechtes an Haupt und Gliedern nach der Wahl? Herr Minister, Sie haben verschleiernd dementiert und manche Frage offengelassen. Deswegen kann ich zu den Ausführungen von Herrn Erhard nur sagen: Das war entweder ein Versuchsballon oder aber ein Ausreißer, den Sie, Herr Minister, nicht stoppen können, ({5}) und beides ist nicht gut. Der Kanzler und sein Staatssekretär redeten und mußten sich korrigieren. Der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministers der Justiz redete, und er hätte deutlicher und klarer korrigiert werden müssen, aber offensichtlich sind Sie von der FDP, Herr Minister, nicht mehr in der Lage, dies der Union abzufordern. ({6}) Das Mietrecht, für die übergroße Mehrheit unseres Volkes Garant des sozialen Friedens, ist zu empfindlich, als daß es hopplahopp beschädigt oder gar aus den Angeln gehoben werden dürfte. Vielen Dank. ({7})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gattermann.

Hans H. Gattermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000637, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege de With, zerbrechen Sie sich nicht unseren Kopf darüber, was wir in einer Koalition durchsetzen können! ({0}) Sie erinnern sich vielleicht noch daran, daß wir da gar nicht so schlecht sind. ({1}) Meine Damen und Herren, als nach dem umfänglichen Verbalradikalismus Herr de With mit seinen Ausführungen begann, war ich ein wenig hoffnungsfroh, weil sich der historische, die Zeit bis 1982 betreffende Teil wohltuend von dem abhob, was hier bisher gesagt worden war. ({2}) Aber ab 1982/83 kann ich auch bei Ihnen, Herr Kollege de With, wiederum nur Verdrängung und Verdrehung feststellen. ({3}) Was die Verdrängung betrifft, möchte ich nachdrücklich in Erinnerung rufen, daß das Mietrecht, das zur Zeit, seit dem 1. Januar 1983, geltendes Recht ist, in seinen gegenüber dem Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz veränderten Teilen zu gut 95 % seiner Inhalte mit Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD-Fraktion, ausgehandelt und in Gesetzesform gegossen war. ({4}) Die christlich-liberale Koalition wäre aus technischen Gründen nicht in der Lage gewesen, dieses Gesetz in der kurzen Legislaturperiode überhaupt auf die Reise zu bringen und zu verabschieden! ({5}) Lassen Sie also bitte diese Verdrängungskomplexe! Wie gesagt, nur 5 % waren neu; der Rest ist mit Ihnen ausgehandelt gewesen. Wenn Sie jetzt auch wieder sagen, dieses Gesetz habe Mieterhöhungen ausgelöst, die über dem Anstieg der Realeinkommen gelegen hätten, ({6}) so ist das nicht wahr! ({7}) - Lassen Sie mich bitte einmal ausreden, lieber Herr de With; dann merken Sie nämlich, wie Sie verfälschen. ({8}) Die durchschnittliche Mieterhöhung im freifinanzierten Wohnungsbau - und nur um den geht es hier - beträgt 1,6 %. ({9}) Wenn die durchschnittliche Erhöhung 4 % beträgt, frage ich Sie, woher diese Erhöhung des Durchschnittswertes kommt. Sie kommt von den Kostenmieten, und damit bin ich beim Kollegen Erhard. Meine Damen und Herren, über das Problem der Kostenmieten nachzudenken ist nicht nur legitim, sondern auch unbedingt notwendig. Jeder ökonomisch denkende Mensch weiß, ({10}) daß ein Preisprinzip, das auf Kostenkalkulation ohne Rücksicht auf den Markt basiert, zu Kostensteigerungen führt. Wie gesagt, die Zahlen belegen das. ({11}) - Entschuldigung, lieber Herr Kollege, Sie haben diese Zahlen genannt, und ich habe die richtigen Zahlen genannt. ({12}) - Und dabei bleibt es! Meine Damen und Herren, ich war beim Prinzip der Kostenmiete, und ich habe gesagt, über dieses Prinzip muß nachgedacht werden. Wenn sich heute die Kostenmieten so entwickelt haben, daß wir z. B. bei uns im Revier Tausende von leerstehenden Sozialmietwohnungen auf der Basis der Kostenmietenkalkulation haben, ist das eine Folge eines falschen Prinzips, und darüber muß nachgedacht werden. Der Kollege Erhard hat auch nicht die Abschaffung des Vergleichsmietensystems gefordert. Er hat gesagt: Wer das fordert, muß es bitte ein bißchen griffiger und schlüssiger begründen, als das bisher von den Protagonisten getan worden ist. ({13}) - Lieber Herr Kollege Emmerlich, mir ist natürlich klar, warum Sie dies hier thematisieren. Sie thematisieren es, um wirkliche Probleme, die uns im Wohnungsmarkt unter Umständen bevorstehen [Dr. Möller [CDU/CSU]: Durch die Neue Heimat!) und die natürlich von der Malaise der Neuen Heimat ausgehen, die Sie verursacht und verschuldet haben, abzulenken. ({14}) Dieser Ablenkungsversuch wird Ihnen nicht gelingen; denn eines ist erfreulich: Wir haben zur Zeit eine ungewöhnliche Ruhe im Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern. ({15}) Ich möchte diese nicht durch Phantomdebatten gefährdet sehen. ({16})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Das Wort hat der Abgeordnete Zierer.

Benno Zierer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002594, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und meine Herren! Die Nachricht von einer Aktuellen Stunde am heutigen Tag ließ mich gespannt fragen, was es denn wohl Sensationelles gäbe, das die SPD-Fraktion veranlaßt, das Parlament in Trab zu versetzen, noch dazu nachdem seit der besagten Rede des Herrn Staatssekretärs Erhard nun schon einige Wochen ins Land gegangen sind. Auch bei der Lektüre dieser Rede konnte ich absolut keine umwälzenden Enthüllungen, das Mietrecht betreffend, feststellen. So kam ich zu dem Schluß daß es doch wohl einen gewissen Zusammenhang mit dem Wahlkampf geben muß. ({0}) Die SPD läßt hier offensichtlich einen Heißluftballon mit dem Herbstnebel steigen. ({1}) Es ist der plumpe Versuch eines Ablenkungsmanövers von ihrem Problem der Neuen Heimat. Aber das, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, wird Ihnen nicht gelingen. ({2}) Lassen Sie mich ganz kurz auf das Zehn-ThesenPapier des Deutschen Mieterbundes eingehen. Wenn Sie, Herr Präsident Jahn, Herr Kollege Jahn von der SPD, glauben, lapidar fragen zu müssen: ,Stehen Sie zum gesetzlichen Schutz des Mieters vor grundloser, willkürlicher Kündigung des Vermieters als Bestandteil unserer sozialen Rechtsordnung?' ist die damit verbundene Unterstellung für uns von der CDU/CSU schlichtweg beleidigend; denn die CDU/CSU hat sich stets zum gesetzlichen Schutz des Mieters vor grundloser, willkürlicher Kündigung bekannt ({3}) und wird es auch in Zukunft tun. ({4}) Es bleibt bei unserer Feststellung: Der beste Mieterschutz - wie heute erreicht - sind ein hohes Wohnungsangebot und ein funktionsfähiger Wohnungsmarkt. Und ich betone: Unser Ja zum Schutz des Mieters vor grundloser, willkürlicher Kündigung gilt auch für eine Kündigung des Mietverhältnisses zum Zwecke unangemessener Mieterhöhungen. ({5}) Allerdings müssen innerhalb des Mietverhältnisses - das sage ich ganz offen - Mietanpassungen zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes auch möglich gemacht werden. ({6}) Es ist richtig, meine Damen und Herren, daß der Mietwohnungsbau zurückgeht. Wer aber hier einen Zusammenhang mit den Mietsätzen konstruiert, verkennt, daß die Zeiten des großen Wohnungsbedarfs der 50er und 60er Jahre vorbei sind. ({7}) Die Kriegsfolgen mit der damaligen Zerstörung von Millionen von Wohnungen sind längst überwunden, und der größte Bedarf ist zweifellos gedeckt. Von einer Einschränkung der Mieterrechte, wie vom Mieterbund behauptet, kann keine Rede sein. ({8}) Parolen wie „Mieter werden vogelfrei" und „Mietexplosion droht" wurden einwandfrei als die hinlänglich bekannte „Mietenlüge" widerlegt. Tatsache ist nämlich, daß die jährliche Mietsteigerungsrate kontinuierlich zurückgegangen ist. Betrug sie 1982 noch 4,4 %, waren es 1985 nur noch 2,2 %. Für das laufende Jahr sind lediglich 1,6% zu registrieren. Insofern muß ich den Kollegen Müntefering korrigieren. Was die Empörung über die von Herrn Staatssekretär Erhard geäußerten Überlegungen ausmacht, ist schlicht das Erbostsein über eine andere Meinung, der auch eine andere Wertvorstellung zugrunde liegt. Wir setzen auf mehr Marktwirtschaft, auf möglichst wenig staatliche Eingriffe. Selbstverständlich muß dem wirtschaftlich schwachen Mieter durch den Staat geholfen werden, eine menschenwürdige Wohnung zu haben. ({9}) Aber wenn wir auf der einen Seite denjenigen, die eine Wohnung besitzen, quasi ein unkündbares Mietrecht einräumen, haben die Wohnungsuchenden kaum noch eine Chance, da jegliche Bewegung am Wohnungmarkt gestoppt wird. Wir meinen, auch einkommensschwache Mieter sollten am Wohnungsmarkt ebenbürtige Nachfrager sein. Dies kann durch Mietbeihilfen wie das Wohngeld erreicht werden. Damit wird gleichzeitig erreicht, daß auch dieser Personenkreis die Freiheit genießt, sich sein Wohnumfeld auszusuchen, und daß keine Sozialmieter-Ghettos in Einheitsbetonsilos mehr entstehen. Es ist eine alte Tatsache: Je attraktiver die Vermietung von Wohnraum ist, desto mehr Wohnungen werden zur Verfügung stehen. Nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage werden damit auch die Mietpreise stabilisiert. Auswüchse sind zweifellos zu bekämpfen. Meine Damen und meine Herren von der SPD, was Sie hier treiben, ist eine unverantwortliche Verunsicherung der Mieter. Es soll den Mietern wieder Angst gemacht werden - so wie damals, vor der Bundestagswahl 1983. Aber das wird Ihnen auch diesmal nicht gelingen. ({10})

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000342

Meine Damen und Herren, das war der letzte Redner. Ich schließe die Aktuelle Stunde. Wir sind auch am Schluß der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 6. November 1986, 9 Uhr ein. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Arbeitstag. Die Sitzung ist geschlossen.