Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 9/24/1986

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die Sitzung ist eröffnet. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 1: Fragestunde - Drucksache 10/6029 Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Zur Beantwortung der Fragen braucht niemand zur Verfügung zu stehen, weil die Fragen 1 und 2, die vom Abgeordneten Müntefering ({0}) gestellt worden sind, gemäß Nr. 2 Abs. 3 der Richtlinien für die Fragestunde schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Der Parlamentarische Staatssekretär Pfeifer steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Dr. Schierholz auf. ({1}) - Er ist aber nicht im Saal. ({2}) Dann kommt die Frage 6 des Abgeordneten Daweke: Wie viele Jugendliche sind durch das Benachteiligtenprogramm des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft bisher gefördert worden, und wie viele sollen im kommenden Ausbildungsjahr gefördert werden?

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Herr Kollege Daweke, in den Ausbildungsjahren 1980/81 bis 1985/86 ist durch das Programm für die Förderung der Berufsausbildung von benachteiligten Jugendlichen die Ausbildung von rund 38 000 benachteiligten Jugendlichen gefördert worden, die sonst keine Ausbildungschance gehabt hätten. Dabei hat sich die Anzahl der geförderten Jugendlichen kontinuierlich erhöht, und zwar von rund 2 000 im Jahre 1982 auf rund 24 000 im Jahre 1986. Mit dem im Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 1987 vorgesehenen Ansatz in Höhe von 407 Millionen DM kann - vorbehaltlich der Entscheidung des Deutschen Bundestages - ab dem kommenden Jahr die Ausbildung von knapp 30 000 benachteiligten Jugendlichen gefördert werden. Zirka 18 000 erhalten eine Ausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen, rund 11 000 Jugendliche können während einer betrieblichen Ausbildung durch ausbildungsbegleitende Hilfen gefördert werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Daweke? - Bitte schön.

Klaus Daweke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000361, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Pfeifer, können Sie nach den sich abzeichnenden Beratungen - gerade auch nach den Beratungen heute morgen im Fachausschuß - sagen, daß wir, wenn wir den Titel so verabschieden, wie er jetzt eingestellt ist, alle Anträge bedienen können, die uns vorliegen?

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Ich gehe davon aus, daß wir mit diesen Mittelansätzen einen wesentlichen Beitrag leisten können, um den benachteiligten Jugendlichen eine Ausbildungschance zu eröffnen. Denn wir müssen sehen, daß sich - neben den rund 14 500 Jugendlichen, die hier im nächsten Jahr eine Ausbildungschance neu bekommen - die Ausbildungssituation für diese Jugendlichen insofern verbessert hat, als nach den statistischen Erhebungen der Bundesanstalt für Arbeit im August eine wesentlich größere Anzahl nichtbesetzter Ausbildungsplätze zur Verfügung steht, als das im vergangenen Jahr der Fall gewesen ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Daweke.

Klaus Daweke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000361, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mich würde noch interessieren, nach welchen Kriterien Sie denn die regionale Verteilung der Plätze für 1987 vorsehen.

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Wir haben die zusätzlichen Plätze im Jahre 1986 vor allem dort verwendet, wo ein besonderes Defizit an Ausbildungsplätzen bestanden hat. Nach diesen Grundsätzen werden wir - vorbehaltlich einer entsprechenden Beratung mit den Ländern - auch im Jahre 1987 vorgehen. Im übrigen bleibt es dabei: Plätze, die in die17908 sem Jahr frei werden, können wieder besetzt werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Kastning.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wieviel Jugendliche wird es nach den Erkenntnissen der Bundesregierung im Ausbildungsjahr 1987 geben, die die Kriterien des Programms erfüllen, und wieviel davon sind nach Ihrer Einschätzung Mädchen, die die erweiterten Kriterien erfüllen, also Benachteiligung durch besondere Strukturprobleme in den Arbeitsmarktregionen?

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Wieviel Jugendliche im Herbst dieses Jahres Interesse an einem Ausbildungsplatz nach diesem Programm haben werden, läßt sich im Augenblick deswegen nicht im Detail sagen, weil betriebliche Ausbildungsplätze noch in erheblichem Umfange frei sind und sich die Jugendlichen zunächst einmal natürlich darum bemühen sollen, diese betrieblichen Ausbildungsplätze zu besetzen. Ich gehe davon aus, daß - wie in den letzten Jahren - der größere Teil der Jugendlichen in diesem Programm Mädchen sein werden, und zwar ganz generell, weil sich in der Tat die Ausbildungssituation für die Mädchen nicht so günstig gestaltet wie bei den Jungen. Auch hier liegen mir aber konkrete Zahlen für das Jahr 1987 im Augenblick nicht vor.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 7 des Abgeordneten Daweke auf: Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß die Förderung benachteiligter Jugendlicher auch dann erforderlich bleibt, wenn die Nachfrage nach betrieblichen Ausbildungsplätzen deutlich zurückgehen wird?

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Die Bundesregierung teilt die Auffassung. Die bei der Verabschiedung der Verordnung über die Beauftragung der Bundesanstalt für Arbeit mit der Förderung der Berufsausbildung von benachteiligten Jugendlichen aus Bundesmitteln für die zweite Hälfte der achtziger Jahre angekündigte Entscheidung, wie die Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher langfristig sichergestellt werden kann, wird in der nächsten Legislaturperiode zu treffen sein. Dabei müssen die Schwerpunkte des Programms angesichts der veränderten Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt neu bedacht werden. Das Programm wird stärker darauf ausgerichtet werden müssen, den benachteiligten Jugendlichen zu helfen, ihre Ausbildung auf einem betrieblichen Ausbildungsplatz zum Abschluß bringen zu können.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zu einer Zusatzfrage Herr Kastning.

Ernst Kastning (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001070, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die eben erteilte Auskunft ist nicht neu. Deswegen möchte ich ergänzend noch fragen, wie denn die Aussage von Frau Bundesminister Wilms zu beurteilen ist, die das „Handelsblatt" am 1. Juli dieses Jahres abgedruckt hat. Ich darf zitieren: Solche außerbetrieblichen Ausbildungen hat die Bundesregierung immer nur als Maßnahme zur Linderung der Ausbildungsnot betrachtet. Mit der absehbaren Entspannung der Ausbildungsplatzsituation in den kommenden Jahren sollte das Benachteiligtenprogramm zurückgeführt werden.

Anton Pfeifer (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001703

Herr Kollege Kastning, das ist exakt die gleiche Aussage, die ich hier mit anderen Worten vorgetragen habe, nämlich daß das Programm stärker darauf ausgerichtet werden muß, den benachteiligten Jugendlichen zu helfen, ihre Ausbildung auf einem betrieblichen Ausbildungsplatz zum Abschluß bringen zu können. Das heißt, die Schwerpunkte werden sich hier ({0}) auf die ausbildungsbegleitenden Hilfen in betrieblichen Ausbildungsplätzen verlagern. Das ist durchaus auch im Interesse der Jugendlichen. Denn diese Jugendlichen haben natürlich eine wesentlich bessere Chance, über die zweite Schwelle hinwegzukommen, wenn sie ihre Ausbildung in einem Betrieb erfahren haben. Ich denke, daß es darüber eigentlich keine Meinungsverschiedenheiten geben sollte.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Staatssekretär Kroppenstedt zur Verfügung. Ich rufe zunächst die Frage 12 des Abgeordneten Lintner auf: Wie viele Grenzverletzungen durch DDR-Organe an der innerdeutschen Grenze sind der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren jeweils bekanntgeworden?

Not found (Staatssekretär:in)

Vom 1. Januar 1981 bis 15. September 1986 sind der Bundesregierung insgesamt 287 Grenzverletzungen durch DDR-Organe im Bereich der innerdeutschen Grenze bekannt geworden, davon in den Jahren 1981 57 Fälle, 1982 52 Fälle, 1983 39 Fälle, 1984 55 Fälle, 1985 59 Fälle und 1986 bisher 25 Fälle. Hinzu kommen insgesamt 29 Grenzverletzungen durch sowjetische Militärhubschrauber.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zu einer Zusatzfrage Herr von Schmude. von Schmude ({0}): Herr Staatssekretär, ist in dieser eben genannten Zahl der Grenzzwischenfall von Ende August 1986 enthalten, wo ein sowjetischer Militärhubschrauber von Lübeck aus bis nach Plön auf schleswig-holsteinischem Gebiet vorgedrungen ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Er ist in diesen 29 Grenzverletzungen durch sowjetische Militärhubschrauber in der Gesamtzeit enthalten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt rufe ich die Frage 13 des Abgeordneten Lintner auf: Welcher Art waren bzw. sind diese Grenzverletzungen?

Not found (Staatssekretär:in)

Bei den Grenzverletzungen durch DDR-Organe handelte es sich um Luftraumverletzungen, Überschreiten der Grenze, Überschießen der Grenze mit Leuchtmunition sowie Auswirkungen von Minensprengungen auf das Bundesgebiet.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 14 des Abgeordneten Dr. Voigt ({0}) auf: Welche konkreten Fälle von Grenzverletzungen hat es in den Jahren 1985 und 1986 bis jetzt gegeben?

Not found (Staatssekretär:in)

In der Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 15. September 1986 sind der Bundesregierung im Bereich der innerdeutschen Grenze insgesamt 93 Grenzverletzungen bekanntgeworden, an denen sowohl DDR-Organe als auch Angehörige der sowjetischen Streitkräfte beteiligt gewesen sind. Es handelt sich im einzelnen um 12 Fälle von Luftraumverletzungen, 14 Fälle von Überschreiten der Grenze durch Angehörige der DDR-Grenzgruppe, 15 Fälle von Uberschießen der Grenze mit Leuchtmunition und 23 Fälle von Auswirkungen auf das Bundesgebiet durch Minensprengungen. Diese Fälle waren im Jahre 1985. 1986 waren es 8 Fälle von Luftraumverletzungen, 4 Fälle von Überschreiten der Grenze durch Angehörige der DDR-Grenzgruppe und 17 Fälle von Überschießen der Grenze mit Leuchtmunition. Auswirkungen durch Minensprengungen sind 1986 nicht mehr aufgetreten, da die Minensprengungen beendet worden sind.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Dr. Voigt, keine Zusatzfrage? - Dann Herr Lintner eine Zusatzfrage, bitte.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung zwischen absichtlichen und unabsichtlichen Grenzverletzungen in etwa differenzieren? Kann das auch quantifiziert werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube, eine solche Quantifizierung ist kaum möglich. Bei den Grenzüberschreitungen handelt es sich meistens um Übertritte von wenigen Metern, wo durchaus Zufälligkeiten eine Rolle spielen. Echte Fälle von Grenzüberschreitungen, der Nacheile von Flüchtlingen, sind in den Zahlen, die ich hier genannt habe, zumindest in den letzten Jahren nicht enthalten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommen wir zu Frage 15 des Abgeordneten Dr. Voigt: Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Dunkelziffer nicht registrierter Grenzverletzungen?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse oder Anhaltspunkte vor, die eine zuverlässige Angabe einer Dunkelziffer nicht registrierter Grenzverletzungen zulassen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Keine Zusatzfrage. Dann kommt die Frage 16 des Abgeordneten von Schmude: Wie hat die Bundesregierung jeweils auf die Fälle von Grenzverletzungen reagiert?

Not found (Staatssekretär:in)

Bei Luftraumverletzungen wird unverzüglich gegenüber der Ständigen Vertretung der DDR Protest eingelegt. Andere Grenzverletzungen werden in der Grenzkommission zur Sprache gebracht. Verletzungen des Luftraums der Bundesrepublik Deutschland durch sowjetische Luftfahrzeuge werden in der Regel auf Veranlassung der Bundesregierung in den Sitzungen der Bonner Vierergruppe zur Sprache gebracht und durch einen Protest der Drei Mächte gegenüber der Sowjetunion weiterverfolgt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr von Schmude. von Schmude ({0}): Unternimmt die Bundesregierung von sich aus auch direkte Schritte, um etwa mit der Sowjetunion oder auch den zuständigen Stellen der DDR diese Grenzverletzungen anzusprechen?

Not found (Staatssekretär:in)

In dem von Ihnen zuletzt genannten Fall eines Hubschrauberfluges in die Bundesrepublik in einer Tiefe von 45 km hat die Bundesregierung, d. h. das Auswärtige Amt, den Vertreter der sowjetischen Botschaft einbestellt und dagegen protestiert.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Lintner.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie reagieren die DDR bzw. die UdSSR darauf? Welche Erklärungen werden in der Regel gegeben?

Not found (Staatssekretär:in)

Von der DDR-Seite wird das in der Grenzkommission zunächst entgegengenommen und Prüfung zugesagt. In einem großen Teil der Fälle wird das bestritten, wird gesagt, zu diesem Zeitpunkt seien an diesem Ort keine Grenzgänger gewesen. In einigen Fällen räumt die DDR die Verletzung ein und entschuldigt sich. Sie macht darüber hinaus geltend, daß sie ihre Grenzorgane regelmäßig anweist, die Grenze einzuhalten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommt die Frage 17 des Abgeordneten von Schmude: Ist es zu Festnahmen im Zusammenhang mit Grenzverletzungen gekommen? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Im Zusammenhang mit den genannten Grenzverletzungen ist es nicht zu Festnahmen gekommen. Soweit DDR-Grenzsoldaten Bundesgebiet betraten, erfolgte dies nur kurzzeitig auf wenige Meter. Die Soldaten kehrten bei Erscheinen von Angehörigen unserer Grenzbehörden oder von Zivilpersonen sofort auf DDR-Gebiet zurück.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr von Schmude. von Schmude ({0}): Seit wann gelten die Vorschriften für die Beamten des Bundesgrenzschutzes, um in solchen Fällen zu Festnahmen zu kommen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Vorschriften des Bundesgrenzschutzes besagen, daß Angehörige der Streitkräfte und anderer bewaffneter Organe der DDR, die die Grenze überschreiten, grundsätzlich zunächst darauf hinzuweisen sind, daß sie sich auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befinden, und aufzufordern sind, das Gebiet sofort zu verlassen. Erst im Weigerungsfall würden sie in Gewahrsam genommen. Mit dieser Verhaltensregel soll sichergestellt werden, daß bei kleinen Vorgängen keine Eskalation eintritt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Frage 18 des Abgeordneten Dr. Kunz ({0}). Wie viele Fälle innerhalb der letzten fünf Jahre sind der Bundesregierung bekannt, in denen DDR-Grenzorgane Personen festgenommen haben, die aus Unkenntnis oder Unachtsamkeit DDR-Gebiet betreten hatten?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Bundesregierung sind vom 1. Januar 1981 bis zum 15. September 1986 32 Fälle bekanntgeworden, in denen DDRGrenzorgane Personen festgenommen haben, und zwar solche, die aus Unkenntnis oder Unachtsamkeit auf das Gebiet der DDR übergetreten sind.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Dr. Kunz.

Prof. Dr. Max Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, mußte die Bundesregierung Verhandlungen führen, um die Festgenommenen wieder freizubekommen, oder hat die DDR sie selbst zurückgeschickt?

Not found (Staatssekretär:in)

Nach meinen Informationen sind die meisten nach kurzer Zeit wieder zurückgeschickt worden. Es sind in den Jahren 1981 und 1982 zwei Fälle vorgekommen, wo sich Festgenommene länger in der DDR befunden und eine mehrmonatige Haftstrafe bekommen haben. Ich weiß bei diesen Fällen im Augenblick nicht, ob die Bundesregierung interveniert hat.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Kunz? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die Frage 19 des Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) auf: Nach welcher Zeit wurden diese Personen rücküberstellt, und wie oft wurden Haftstrafen ausgesprochen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage ist schon bei der Zusatzfrage etwas beantwortet, daß innerhalb von drei Tagen 30 von den 32 zurückgeschickt worden sind und daß eben 2 länger in der DDR festgehalten wurden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Dr. Kunz.

Prof. Dr. Max Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, welche Strafe wurde denn in der Regel verhängt, wenn Haftstrafen ausgesprochen wurden, und wurden die Festgenommenen korrekt behandelt?

Not found (Staatssekretär:in)

Es handelt sich um mehrmonatige Haftstrafen. Wenn ich richtig unterrichtet bin, war es einmal ein Monat oder einmal drei Monate; aber ich bin da nicht ganz sicher. Anhaltspunkte oder Informationen, daß sie in der Strafhaft nicht korrekt behandelt worden sind, liegen mir hinsichtlich dieser Personen nicht vor.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommt die Frage 20 des Abgeordneten Schulze ({0}): Bei welchen Grenzverletzungen waren Angehörige der sowjetischen Streitkräfte beteiligt?

Not found (Staatssekretär:in)

Nach Erkenntnissen der Bundesregierung waren Angehörige der sowjetischen Streitkräfte an den Verletzungen der innerdeutschen Grenze nur durch Überfliegen mit Militärhubschraubern beteiligt. Dies waren, wie anfangs schon gesagt, in der Zeit von 1981 bis 1986 29 Fälle.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Lintner, bitte schön.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, liegen Erkenntnisse darüber vor, ob mit diesem Überfliegen bestimmte Aufträge verbunden waren?

Not found (Staatssekretär:in)

Erkenntnisse in dieser Richtung liegen nicht vor. Dieses tiefe Überfliegen des Bundesgebiets in einer Strecke von 120 km und einer Tiefe von 45 km ist erstmalig. Meistens handelte es sich um ganz geringes Überfliegen des Gebiets. Wenn man das berücksichtigt, spricht nicht sehr viel für das Vorliegen von Aufträgen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gilt diese Aussage auch für Berlin?

Not found (Staatssekretär:in)

Diese Aussagen, die ich gemacht habe, gelten nicht für das Berliner Gebiet. Sie gelten nur für die innerdeutsche Grenze zur DDR.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Jetzt kommt die Frage 21 des Abgeordneten Schulze ({0}): Wie lauten die entsprechenden Feststellungen an der innerstädtischen Sektorengrenze in Berlin?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Bundesregierung liegen über Berlin keine Zahlen vor. Ich darf Sie bitten, sich an den Innensenator von Berlin zu wenden. Wenn Sie es wünschen, werden natürlich auch wir für Sie diese Informationen beschaffen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 22 des Abgeordneten Conradi auf. - Er ist nicht im Saal. Die Frage wird gemäß den Richtlinien behandelt. Ich rufe die Frage 23 des Abgeordneten Grünbeck auf: Welcher Prozentsatz abgelehnter Asylbewerber wird in den einzelnen Bundesländern weiter geduldet und nicht abgeschoben?

Not found (Staatssekretär:in)

Von den Ausländern, deren Asylanträge bestands- und rechtskräftig abgelehnt worden sind, werden zur Zeit etwa 65 bis 70 % von den dafür zuständigen Stellen der Länder nicht abgeschoben. Über wesentliche Abweichungen hinsichtlich dieses Prozentsatzes in den einzelnen Bundesländern liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Grünbeck.

Josef Grünbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000737, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, könnten Sie auch nur annähernd Gründe nennen, warum nach den negativ abgeschlossenen Asylverfahren die Asylanten nicht abgeschoben werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Maßgebend für den Abschiebungsschutz, den die Behörden der Länder gewähren, sind unterschiedliche Gründe. So können rechtliche Hindernisse einer Abschiebung entgegenstehen. § 14 des Ausländergesetzes verbietet die Abschiebung eines Ausländers in einen Staat, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Aus rechtlichen Gründen ist eine Abschiebung auch dann unzulässig, wenn ihr wegen enger Familienbindung Art. 6 des Grundgesetzes entgegensteht. Hauptsächlich beruht die Nichtabschiebung abgelehnter Asylbewerber aber auf politisch und humanitär motivierten Entscheidungen. Hierunter fallen die große Zahl der Flüchtlinge aus dem kommunistischen Bereich Osteuropas ebenso wie Flüchtlingsgruppen aus von Krieg, Bürgerkrieg und Unruhen heimgesuchten Staaten der Dritten Welt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Grünbeck.

Josef Grünbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000737, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, liegen Ihnen Belege vor, daß die Zahl der trotz abgeschlossener Asylverfahren nicht Abgeschobenen in Bayern besonders hoch liegt?

Not found (Staatssekretär:in)

Dafür liegen mir keine Informationen vor. Ich kann Ihnen die Zahlen der einzelnen Länder für die Jahre 1985 und 1986 nennen. Zunächst die Zahlen für 1985: Baden-Württemberg 124, Bayern 100, Berlin 440, Hamburg 976, Hessen 255, Nordrhein-Westfalen 335, RheinlandPfalz 141, Schleswig-Holstein 22. In Niedersachsen und im Saarland wurden 446 bzw. 53 Ausländer abgeschoben. Dort erfolgte keine Differenzierung zwischen Asylbewerbern und sonstigen Ausländern. Für das erste Halbjahr 1986 gelten folgende Zahlen: Berlin 171, Hamburg 332, Hessen 111, Niedersachsen 139, Nordrhein-Westfalen 114, RheinlandPfalz 73, Schleswig-Holstein 9, Bayern 456, Saarland 13. Für das Saarland gilt, daß keine Differenzierung zwischen Asylsuchenden und sonstigen Ausländern, die abgeschoben worden sind, erfolgte.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Penner.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, welche Rolle spielt bei der Nichtabschiebung eigentlich die Liste von Ländern, in die nicht abgeschoben werden soll, die vom Auswärtigen Amt erstellt wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Sicher spielt das eine entscheidende Rolle, ({0}) daß aus diesen Ländern niemand abgeschoben wird. Solche Länder, in die Abschiebungen nicht erfolgen, sind z. B. Afghanistan, Äthiopien, Iran, Polen und Sri Lanka. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die Frage 24 der Abgeordneten Frau Männle und die Fragen 25 und 26 des Abgeordneten Lutz werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Wir sind deshalb am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers des Innern. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen zur Beantwortung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Häfele steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Pfuhl auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß die öffentlich-rechtlichen Banken und Sparkassen Klage darüber führen, daß sie bei Aktienemissionen von bundeseigenen Unternehmen, die zur Privatisierung anstehen, anteilsmäßig wenig Aktien für ihre Kunden zugeteilt bekommen? Vizepräsident Westphal Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Herr Kollege Pfuhl, ich darf Ihre Frage so beantworten: Die Klagen der öffentlich-rechtlichen Institute sind bekannt. Sie sind aber nicht auf Aktienemissionen bundeseigener Unternehmen beschränkt. Klage über unzureichende Anteile, auch bei Veräußerung von Aktien bundeseigener Unternehmen, wird ebenfalls von privaten und genossenschaftlichen Banken geführt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Pfuhl.

Albert Pfuhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001711, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, das würde ja bedeuten, daß der Run auf Aktien allgemein stärker wäre als das Angebot. Darf ich fragen, ob die Bundesregierung nicht doch der Meinung ist, daß man gerade im Bereich der zu privatisierenden Bundesunternehmen auf eine Verteilung zu den kleinen Leuten - sprich: ihren Bankinstituten - hinarbeiten sollte?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Wir sind genau dieser Meinung. Wenn Sie wünschen, kann ich Ihre nächste Frage, die das zum Teil beinhaltet, vorziehen. Wir können nämlich feststellen, daß genau dieses bei der jetzt anstehenden Privatisierung der VIAG in ganz erfreulichem Maße erreicht wurde.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Pfuhl.

Albert Pfuhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001711, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, das bedeutet also, daß die Bundesregierung in Zukunft beim Emissionsführer darauf achtet, daß dieser die Verteilung gerechter vornimmt, als es in der Vergangenheit geschehen ist? Dr. Häfele, Pari. Staatssekretär: Wir sind sehr daran interessiert, daß es zu einer breiten Streuung kommt. Das ist nach unserer Erfahrung bisher auch gelungen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kollege Pfuhl, ich hatte den Eindruck, daß damit Ihre zweite Frage schon mitbeantwortet wurde.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Ich kann die zweite Frage auch noch ausführlich beantworten, Herr Präsident - gemäßigt ausführlich.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann rufe ich die Frage 28 des Abgeordneten Pfuhl auf: Wie gedenkt die Bundesregierung in Zukunft sicherzustellen, daß die öffentlich-rechtlichen Banken und Sparkassen, die den „kleinen Mann" als Kunden haben, besser bei Aktienemissionen zu privatisierender Gesellschaften bedient werden und damit eine breite Streuung der Aktien erfolgt?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Ohne Belegschaftsaktien standen bei der VIAG-Privatisierung, um die es hier geht, 4 526 000 Aktien im Nennwert von je 50 DM zur Verfügung. Sie sind für 397 792 Depots gezeichnet worden. Darunter waren 396 424 Depots von Privaten - also fast 100 % -, d. h. nichtinstitutionellen Anlegern. Diese Zahlen belegen eindeutig, daß das Ziel einer breiten Streuung der Aktien erreicht worden ist. Ebenso wie bei Neueinführung von Aktien privater Unternehmen zeigte es sich, daß die Nachfrage bei weitem das Angebot übersteigt. Bei der vorhandenen großen Nachfrage in breiter Streuung hätten Institute aller Bankengruppen weit mehr VIAG-Aktien absetzen können, als ihnen zur Verfügung standen. Die Klagen über Materialmangel - wie man das nennt - sind deshalb allgemein und keineswegs auf öffentlich-rechtliche Institute beschränkt. Von einer Benachteiligung der öffentlich-rechtlichen Institute kann keine Rede sein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Pfuhl? - Keine weitere Zusatzfrage dazu. Dann kommen wir zur Frage 29 des Abgeordneten Stahl ({0}): Ist der Bundesregierung bekannt, daß es bei den britischen und amerikanischen Militärdienststellen im Raum Mönchengladbach/Kreis Viersen Planungen gibt, wonach militärische Teilbereiche, soweit sie von Zivilangestellten erledigt werden ({1}), privatisiert werden sollen und die Aufgaben künftig durch Kontraktfirmen mit Teilzeitmitarbeitern erledigt werden sollen? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Herr Kollege Stahl, die Antwort lautet so: Der Bundesregierung ist bekannt, daß im Bereich der amerikanischen und britischen Stationierungsstreitkräfte Untersuchungen angestellt werden, ob Versorgungsaufgaben für die Truppe durch Auftragsvergabe an private Unternehmen günstiger erledigt werden können, als dies zur Zeit mit eigenen Zivilbeschäftigten der Streitkräfte möglich ist. Da die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, steht noch nicht fest, ob und gegebenenfalls welche Aufgaben privatisiert werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Stahl.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da ich davon ausgehe, daß die Bundesregierung mit den Alliierten des öfteren im Gespräch ist, darf ich Sie fragen, ob der Bundesregierung bekannt ist, in welcher Größenordnung die Alliierten diese Leistungen auf Private zu übertragen gedenken und wieviel Arbeitsplätze in den einzelnen Regionen - hier z. B. speziell die Region Mönchengladbach/ Viersen - davon betroffen sind.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Das ist teilweise auch in Ihrer nächsten Frage enthalten. Da fragen Sie, um wieviel Zivilpersonal es sich handelt. Wenn Sie einverstanden sind, würde ich gerne jetzt die Antwort darauf geben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wollen wir das jetzt machen?

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gerne, Herr Präsident.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann rufe ich Frage 30 des Abgeordneten Stahl ({0}) auf: Vizepräsident Westphal Um wieviel Zivilpersonal, das dem Schutz des bundesdeutschen Tarifrechts untersteht, handelt es sich bei den oben genannten Planungen, und welche arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls zu ergreifen, angesichts der ohnehin schon schwierigen Arbeitsmarktsituation im Grenzland?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Obwohl die personellen Auswirkungen möglicher Privatisierungen noch nicht abzusehen sind, rechnen sowohl die amerikanischen als auch die britischen Stationierungsstreitkräfte nicht damit, daß es in diesem Zusammenhang zu Entlassungen in größerem Umfang kommen wird. Die Streitkräfte sind vielmehr bemüht, Arbeitnehmer - falls sie von Privatisierungsmaßnahmen betroffen werden - auf anderen Arbeitsplätzen weiterzubeschäftigen. Das Bundesministerium der Finanzen steht in dieser Angelegenheit in ständiger Verbindung mit den Hauptquartieren der Stationierungsstreitkräfte, wie Sie schon vorhin zu Recht bemerkt haben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Stahl.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wird der Bundesfinanzminister bzw. die Bundesregierung vor allen Dingen darauf drängen, daß, wenn Teilzeitkräfte beschäftigt werden, auch Verträge - mit Sozialversicherung und allem, was dazugehört - bei den Firmen gemacht werden, die dann derartige Aufgaben übernehmen?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Wir kümmern uns natürlich sehr darum, daß die Stationierungsstreitkräfte ihren Mitarbeitern gegenüber streng nach sozialen Vorschriften, wie sie j a bestehen, vorgehen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Da ich die Fragen jetzt so behandele, als wenn sie beide zusammen beantwortet worden wären, haben Sie, Herr Stahl, noch eine oder zwei weitere Zusatzfragen, wenn Sie wollen.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wann ist davon auszugehen, daß der Bundesregierung auch Zahlen bekanntgemacht werden? Ich gehe davon aus, daß die Bundesregierung mit den Alliierten auch darüber im Gespräch ist.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Ich kann es Ihnen jetzt im Augenblick nicht sagen. Wir sind in ständiger Fühlung. Sobald wir Näheres wissen, bin ich gerne bereit, es Ihnen zu sagen. Wir wollen die Zahl möglichst kleinhalten. Das ist unser Bemühen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Letzte Zusatzfrage, Herr Stahl.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn es so ist, daß in der Region Mönchengladbach/Viersen durch die Streitkräfte Arbeitsplätze abgebaut werden: Was wird die Bundesregierung tun, um dort in irgendeiner Weise zusätzliche Arbeitsplätze sicherzustellen? Die Bundesregierung hat z. B. für diese Region, was die Wirtschaftsförderung anbetrifft, Einschränkungen vorgenommen. Dies scheint mir insgesamt nun doch irgendwie widersprüchlich zu sein.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Wir hoffen, daß die Zahl sehr niedrig ist. Im übrigen müssen wir auf die allgemeinen wirtschaftspolitischen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die wir ja treffen und getroffen haben, abheben, die auch zur Stärkung dieses Raumes dienen sollen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, kann man davon ausgehen, daß die Bundesregierung bei ihrem sonst so ausgeprägten Sicherheitsverständnis solch einer Entwicklung offenkundig einfach freien Lauf lassen möchte?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Wir bemühen uns sehr. Aber zuständig sind die Stationierungsstreitkräfte. Sie sind in dieser Frage frei.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben eine weitere Zusatzfrage. Herr Klejdzinski, bitte schön.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, daß die Stationierungsstreitkräfte zuständig sind, ist sicherlich richtig. Aber auf der anderen Seite haben Sie doch solche Abkommen geschlossen wie „War Time Host Nation Support". Wenn man diesen Gesamtkomplex nämlich einmal sieht, sind das Entwicklungen, die man nicht einfach so laufen lassen kann.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie müssen aber eine Frage stellen, Herr Kollege.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Die Rechtslage ist eindeutig!

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Frau Abgeordnete Hürland zu einer Zusatzfrage.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Hürland.

Agnes Hürland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000976, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich denke, Sie sind mit mir darüber einig, daß Teilzeitarbeit im Grunde eine gute Einrichtung ist, besonders für doppelbelastete Hausfrauen. ({0}) Können Sie darauf einwirken, daß das Unwesen der versicherungsfreien Tätigkeit bis zur 410-DMGrenze hier nicht noch ausgeweitet wird? Keine Versicherung - keine Arbeitslosenversicherung, keine Krankenversicherung -, keine Freizeit, kein Urlaub usw., das alles ist damit j a verbunden, und deshalb wäre es doch wirklich gut, wenn Sie hier noch etwas tun könnten.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Es ist aber eine ganz allgemeine Frage, wie man das 410-Mark-Gesetz überhaupt beurteilt. Jetzt gehen unsere Bemühungen dahin, in dem Sinne Einfluß zu nehmen, daß möglichst wenig Personen betroffen sind. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Penner.

Dr. Willfried Penner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001688, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Häfele, Sie haben von ständigen Kontakten in dieser Frage gesprochen. Ich frage Sie jetzt, auf welcher Ebene diese Kontakte stattgefunden haben und wann der letzte Kontakt stattgefunden hat.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Das kann ich Ihnen nach der Uhrzeit nicht sagen. Aber zuständig für diese Kontakte sind in aller Regel unsere Beamten. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Hansen ({0}) auf: Nach welchen Vorschriften fordern Zollbehörden in Hamburg für die Verbringung des von einer beispielhaften Bürgerinitiative im Ausland erworbenen und mit Spendenbeteiligung vieler Bürger restaurierten Segelschiffes „Rickmer Rickmers" an einen Liegeplatz im Zollinland eine Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 560 000 DM? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Die Antwort würde ich gerne, wenn Sie einverstanden sind, für beide Fragen gemeinsam geben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Der Kollege Hansen ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 32 des Abgeordneten Hansen ({0}) auf: Wurden dem Trägerverein von den zuständigen Behörden auch Möglichkeiten aufgezeigt, die zu einem Erlaß der Einfuhrumsatzsteuer führen können, und würde der Bundesminister der Finanzen einem Erlaß zustimmen?

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Die Zollbehörden in Hamburg haben eine Abgabenforderung im Zusammenhang mit dem Verbringen des Schiffes an einen endgültigen Liegeplatz im Zollgebiet nicht gestellt, da das Schiff noch nicht eingeführt worden ist. Vielmehr hat die Oberfinanzdirektion Hamburg dem Schatzmeister des Trägervereins mehrfach mündlich die Möglichkeit aufgezeigt, das Schiff als Sammlungsstück einfuhrumsatzsteuerfrei einzuführen. Eine entsprechende schriftliche Auskunft hat sie dem Verein rechtzeitig zum geplanten Zeitpunkt der Abfertigung des Schiffes, etwa im Mai 1987, in Aussicht gestellt. Der Bundesfinanzminister stimmt der Freistellung des Schiffes von der Einfuhrumsatzsteuer zu.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Keine Zusatzfrage? Endlich einmal ein Erfolg, Herr Abgeordneter, nicht wahr? Da der Abgeordnete Conradi noch nicht im Saal ist, entfällt die Beantwortung seiner Frage 33, die entsprechend der Geschäftsordnung behandelt wird. Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers der Finanzen. Ich bedanke mich bei dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Sprung zur Verfügung. Ich rufe die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Kuhlwein auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Folgen der von ihr geplanten Meisterprüfungsverordnung für das Straßenbauerhandwerk für die Beschäftigung der Betriebe des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues, und sieht die Bundesregierung die Gefahr, daß diese Betriebe nach Erlaß der Verordnung bei öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden könnten? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Rudolf Sprung (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002208

Herr Kollege Kuhlwein, die von der Bundesregierung geplante Meisterprüfungsverordnung für das Straßenbauerhandwerk wird keine negativen Folgen für die Beschäftigung der Betriebe des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues haben, weil die Meisterprüfungsverordnung nur die Anforderungen festlegt, die ein Handwerksmeister in der Meisterprüfung erfüllen muß. Sie trifft keine Aussage zum Tätigkeitsbereich eines Handwerks im Sinne des § 1 Abs. 2 der Handwerksordnung. Entsprechend sieht die Bundesregierung nicht die Gefahr, daß durch die Regelungen der Meisterprüfungsverordnung im Straßenbauerhandwerk Betriebe des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues zukünftig bei öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden können.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Kuhlwein.

Eckart Kuhlwein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn Sie keine Folgen für den Verband und das Gewerbe des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues aus der neuen Meisterprüfungsverordnung für die Straßenbauer ableiten, wie erklären Sie sich dann, daß früher bei gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Abgrenzung sehr oft auch die Tätigkeitsbereiche einer Meisterprüfungsverordnung bei der Bewertung zugrunde gelegt wurden?

Dr. Rudolf Sprung (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002208

Herr Kollege Kuhlwein, diese Verordnung wird im Einvernehmen mit den Betroffenen ergehen. Wir werden zusammen mit den Verbänden, die davon berührt sind, die Verordnung endgültig festlegen. Es wird daher allen Gesichtspunkten, die hier zu berücksichtigen sind, Rechnung getragen werden. Wir gehen davon aus, daß es dann zu einer zufriedenstellenden Lösung kommen wird. Es wird eine einvernehmliche Lösung sein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kuhlwein.

Eckart Kuhlwein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer letzten Antwort schließen, daß Sie an der weiteren Arbeit an dieser Meisterprüfungsverordnung auch den Bundesverband des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues beteiligen werden und ihn als Betroffenen ansehen?

Dr. Rudolf Sprung (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002208

Herr Kollege Kuhlwein, ich darf darauf hinweisen, daß dieser Verband von Anfang an an den Beratungen beteiligt gewesen ist. Es sieht so aus, daß im Augenblick der Bundesverband des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues versucht, in unmittelbaren Gesprächen mit dem Straßenbauerhandwerk eine Lösung zu finden. Er hat das Ministerium darum gebeten, von weiteren Bemühungen vorerst abzusehen. Die beiden betroffenen Verbände möchten im Gespräch miteinander eine Lösung finden. Wir halten das für einen guten Weg. Auf jeden Fall wird es eine Lösung sein, die einvernehmlich zustande kommt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann rufe ich die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Kuhlwein auf: Ist die Bundesregierung bereit, in der geplanten Meisterprüfungsverordnung für das Straßenbauerhandwerk sicherzustellen, daß Betriebe des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues auch in Zukunft bei öffentlichen Aufträgen bei der Anlage von befestigten Wegen und Plätzen im landschaftsgärtnerisch geprägten Bereich, bei der Herstellung und Unterhaltung solcher Wege und Plätze in öffentlichen Parks sowie bei der Anlage von Sport- und Spielplätzen berücksichtigt werden könnten? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Rudolf Sprung (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002208

Herr Kollege Kuhlwein, da in der geplanten Meisterprüfungsverordnung nur die Qualifikationsvoraussetzungen eines Meisters im Straßenbauer-Handwerk geregelt werden dürfen, sieht die Bundesregierung keine rechtliche Möglichkeit, in dieser Verordnung bestimmte Tätigkeiten den Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaubetrieben vorzubehalten. Die Bundesregierung hat in den noch andauernden Vorbereitungsgesprächen aber stets betont, daß angesichts der besonderen Abgrenzungsprobleme, die zwischen dem Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau und dem Straßenbauer-Handwerk seit jeher bestehen, nur eine beide Seiten zufriedenstellende Lösung in Betracht kommt, wie ich eben j a schon erklärt habe.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage.

Eckart Kuhlwein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen denn bekannt, daß der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau noch im Juni dieses Jahres in einem Schreiben an Ihren Minister, bezogen auf die Meisterprüfungsverordnung, davon gesprochen hat, daß damit eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in diesem Bereich gefährdet würde, und daß er den Bundeswirtschaftsminister eindringlich aufgefordert hat, diese Gefahr von einem Berufsstand mit etwa 4 000 Unternehmen, rund 40 000 Beschäftigten und etwa 38 000 Auszubildenden abzuwenden? Ist Ihnen dies bekannt, und wie bewerten Sie diese im Juni vorgenommene sehr dramatische Darstellung der Probleme, die durch die Meisterprüfungsverordnung auf diese Branche zukommen werden?

Dr. Rudolf Sprung (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002208

Herr Kuhlwein, dies ist natürlich bekannt. Aber ich habe auch darauf hingewiesen, daß im Augenblick die Dinge so aussehen, daß die beiden Verbände versuchen, einvernehmlich zu einer Lösung zu kommen. Das entspricht voll unseren Vorstellungen, entspricht voll unseren Intentionen. Das ist sicherlich der richtige Weg. Noch einmal: Es wird nur eine einvernehmliche Lösung von uns akzeptiert werden. Man wird also den Bedenken, die vorgetragen worden sind, Rechnung tragen, in welcher Form auch immer. Die Verbände wissen am besten, wie das geschehen kann.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine weitere Zusatzfrage.

Eckart Kuhlwein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Und wie beurteilt die Bundesregierung die Änderungsvorschläge, die in dem Schreiben vom 18. Juni 1986 vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in bezug auf die Meisterprüfungsverordnung Ihnen gegenüber gemacht worden sind?

Dr. Rudolf Sprung (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002208

Herr Kuhlwein, noch einmal: Das findet ja jetzt statt, das wird ja jetzt diskutiert und erörtert. Und da wir es den beiden Verbänden überlassen haben, weiterzukommen, werden wir uns erst dann wieder einschalten, wenn sich erweist, daß man nicht weiterkommt. Sollten die derzeitigen Bemühungen scheitern, wird sich der Bundeswirtschaftsminister erneut einschalten und sich seinerseits um Kompromißregelungen bemühen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir kommen jetzt zur Frage 36 des Abgeordneten Stiegler, der aber nicht im Saal ist. Die Frage wird daher entsprechend der Geschäftsordnung behandelt. Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers für Wirtschaft. Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die Fragen 37 und 38 werden auf Wunsch des Fragestellers, des Abgeordneten Müller ({0}), schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe Frage 39 des Abgeordneten Funk auf: Was wird die Bundesregierung zur Verbesserung und Stabilisierung der Rindfleischpreise unternehmen, um damit spezialisierten Rindfleischmästern aus ihrer schwierigen wirtschaftlichen Situation zu helfen? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Funk, die Bundesregierung hat wiederholt und mit Nachdruck bei der EG-Kommission Maßnahmen zur Stabilisierung des Rindfleischmarktes gefordert. Wegen der hohen Interventionsbestände und der angespannten Finanzlage der Gemeinschaft hat die Kommission die von der Bundesregierung geforderte Hälftenintervention während der Weideabtriebszeit leider abgelehnt. Die Bundesregierung konnte aber erreichen, daß die staatlichen Interventionskäufe bereits ab 1. September 1986 von der Vorderviertel- auf die wirksamere Hinterviertelintervention umgestellt worden sind. Gleichzeitig können vom 1. September bis zum 10. Oktober dieses Jahres Verträge für die private Lagerhaltung von Rindfleisch abgeschlossen werden. Davon wurde von der Wirtschaft bereits jetzt in größerem Umfang Gebrauch gemacht. Hinzu kommt, daß von Anfang September bis Anfang November von der BALM wöchentlich zirka 1 000 t Vorderviertel von Jungbullen und Ochsen im Rahmen einer Ausschreibung für die nationale Berlin-Bevorratung angekauft werden. All diese Maßnahmen haben sich positiv auf den Markt ausgewirkt, und sie werden weiter zur Stabilisierung des Rindfleischmarktes beitragen. Die Bundesregierung ist jedoch der Auffassung, daß für eine nachhaltige wirkliche Verbesserung der Situation der spezialisierten Rindfleischmäster das zur Zeit zu hohe Rindfleischangebot wieder mehr der Nachfrage angepaßt werden muß.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Funk.

Honor Funk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000623, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, was hält die Bundesregierung von dem Vorschlag, den Bullenmuster an die Regierung herangetragen haben, für eine Nichtproduktion von Bullen eine ertragsorientierte Ausgleichszahlung zu leisten, um diese kostspieligen Folgen, die mit der Lagerhaltung und der Beseitigung der Überschüsse zu erwarten sind, einfach zu stoppen?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Funk, die Bundesregierung steht allen Vorschlägen aufgeschlossen gegenüber, die uns als Alternativen zu der sehr kostspieligen und, was die Erzeugerpreise betrifft, immer weniger effektiven staatlichen Intervention in der Europäischen Gemeinschaft praktikabel erscheinen. Es tauchen dann auch immer wieder Fragen der politischen Realisierbarkeit in der Europäischen Gemeinschaft und der Kontrollmöglichkeit auf. Aber zu den zu prüfenden Vorschlägen gehört auch der, den Sie gerade genannt habe.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Funk.

Honor Funk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000623, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie beurteilt die Bundesregierung die zusätzlichen Prämien, die die französische Regierung ihren ertragsgeschwächten Rindfleischproduzenten derzeit zahlt?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Frankreich hat die Absicht, für alle Jungbullen, die im Wirtschaftsjahr 1985/86 vermarktet wurden, den Erzeugern eine Prämie in Höhe von umgerechnet 38 DM pro Tier zu zahlen. Frankreich hat diese Maßnahme auch der EG-Kommission notifiziert. Die Bundesregierung hat sich dort erkundigt, und nach Mitteilung des zuständigen Vertreters bei der Kommission wird diese ihre Zustimmung zu der Maßnahme in dieser Form nicht erteilen, weil es sich um eine produktbezogene, nicht zulässige Beihilfe handelt. Es ist also wichtig, daß jede Maßnahme eines Mitgliedslandes, auch die von Ihnen genannte französische Maßnahme, den EG-Vorschriften entspricht. In der gegenwärtigen Form ist das nicht der Fall.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß außer der Stabilität von Rindfleischpreisen auch sehr wichtig ist, daß die Verbraucher Rindfleisch billig beziehen können, und daß alle Maßnahmen, die dazu dienen, auch angebracht sind?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Klejdzinski, ich gebe Ihnen völlig darin recht, daß es auch in Zukunft zu den wichtigsten Zielen unserer Agrarpolitik gehören muß, die Versorgung der Verbraucher mit hochwertigen Nahrungsmitteln zu angemessenen Preisen sicherzustellen. Die aktuellen Schwierigkeiten auf dem Rindfleischmarkt, die wir zur Zeit haben, sind aber dadurch gekennzeichnet, daß die Ausgaben für die Intervention zu hoch sind und daß die Erzeugerpreise bei den Landwirten zu niedrig sind.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist Ihnen bekannt, daß Rindfleisch über Sonderangebote im Moment an die Verbraucher zu einem Preis herangeführt wird, der vor 30 Jahren üblich war, so daß die Sorge der Verbraucher, sie bekämen durch die Interventionsmaßnahmen zu teures Rindfleisch, ganz und gar nicht begründet ist? Aber meine eigentliche Frage ... ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Also, auch wenn Sie so heißen, Herr Eigen - Eigen ({0}): ... geht dahin, ob nicht - da die Vorderviertelintervention, die für die Berlin-Reserve und die Bundesreserve durchgeführt wird, leider über die Ausschreibung zu einem sehr niedrigen Preis geführt hat - Wege gefunden werden können, ({1}) diese „Dumpingausschreibung" zu verhindern. - Hier stimmt irgend etwas mit der Anlage nicht!

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das habe ich eben gemerkt, ({0}) aber das hing wahrscheinlich mit der Tatsache zusammen, daß Sie, Herr Kollege Eigen, es enorm gut verstanden haben, zwei Unterfragen in einer ausgesprochen guten Länge hier vorzutragen.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Präsident, ich habe auch den Teil der Frage, der nicht über das Mikrophon gekommen ist, gut verstanden. Herr Kollege Eigen, ich wäre in der aktuellen Situation dieses Herbstes und des Weidemastabtriebes mit Ihnen froh, wenn es gelingen könnte, den Effekt der Ausschreibung, den wir zur Zeit erleben, im Interesse der Landwirte zu vermeiden. Aber das sind Entscheidungen, die haushaltsrechtlicher Art sind und die letztlich der Bundesfinanzminister zu treffen hat. Gegenwärtig müssen wir uns hier an das vorgegebene Haushaltsrecht halten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Weyel.

Gudrun Weyel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002496, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gehen Sie davon aus, daß das BALM-Fleisch nach längerer Lagerzeit noch als hochwertig zu bezeichnen ist?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Frau Kollegin Weyel, es kommt darauf an, den Begriff „länger" zu definieren. Es gibt sicherlich einen Zeitpunkt, zu dem der Wert des Fleisches als geringer zu beurteilen ist. Das, was die BALM auf den Markt bringt, ist nach unseren Erkenntnissen hochwertiges Fleisch.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die Fragen 40 und 41 des Abgeordneten von Hammerstein sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe nun die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Eigen auf: Ist der Bundesregierung bekannt, wie die zwölf Länder der Europäischen Gemeinschaft die Mitverantwortungsabgabe bei Getreide durchführen wollen? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, die Abgabentatbestände und die Durchführung der Mitverantwortungsabgabe bei Getreide sind, wie Sie wissen, EG-rechtlich geregelt. Die Mitgliedstaaten können ergänzend zum Gemeinschaftsrecht lediglich das Verfahren der Erhebung regeln. Sie sind verpflichtet, der Kommission vor dem 1. Oktober dieses Jahres ihre Verfahrensvorschriften mitzuteilen. Die Kommission hat erklärt, daß sie danach schnellstmöglich eine zusammenfassende Übersicht erstellen und den Mitgliedstaaten zugänglich machen wird. Italien und Spanien sind im Wirtschaftsjahr 1986/ 87 ermächtigt, die Beihilfe für Kleinerzeuger von Getreide in Form einer Befreiung von der Abgabe zu gewähren. Aus diesem Grunde haben diese Länder sich entschlossen, 1986/87 abweichend vom übrigen Gemeinschaftsrecht eine Erhebung der Abgabe auf der Erfassungsstufe vorzusehen. Im Rahmen der Übermittlung der Verfahrensweisen wird die Kommission diese Handhabung überprüfen. Die übrigen Mitgliedstaaten führen nach unserer Kenntnis die Abgabe so durch wie sie durch die Gesetze vorgeschrieben ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn Italien und Spanien, wobei es sich bei Spanien um ein neues großes EG-Land mit riesigen Getreideflächen handelt, eine solche Lösung ermöglicht bekommen, ist eigentlich nicht einzusehen, warum das nicht in derselben Weise auch bei uns in der Bundesrepublik Deutschland geschehen könnte; denn die Strukturen sind eigentlich doch sehr ähnlich. ({0})

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, die Kompromißfindung in der Europäischen Gemeinschaft hat diese beiden genannten Länder für ein einziges Wirtschaftsjahr im Sinne einer Sonderregelung aus der allgemeinen Regelung ausgenommen. Es würde jetzt zu weit führen, die Kompromißfindung noch einmal darzustellen, wie sie sich im Agrarministerrat bei dieser sehr schwierigen Frage, bei der wir ohnehin, was die Einführung der Mitverantwortungsabgabe Getreide betrifft, nicht auf seiten der Kommission gewesen sind, ergeben hat.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wird die Bundesregierung bei den Überprüfungen, wie in den jeweiligen Ländern die Durchführung dieser unsinnigen Abgabe letztlich vollzogen worden ist, solche Wettbewerbsverzerrungen zugunsten anderer Länder in Brüssel auch entsprechend geißeln?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, wir werden selbstverständlich in jeder einzelnen Frage auf die Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und darauf achten, daß für die deutsche Landwirtschaft keine ungünstigere Lösung als für die Landwirtschaften anderer Länder zustande kommt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir vielleicht in der Auffassung zu, daß es sinnvoller wäre und daß der deutschen Landwirtschaft mehr geholfen wäre, wenn beispielsweise Getreide verfüttert würde und man nicht zur gleichen Zeit Futtermittel aus Entwicklungsländern in die EG holte, um hier zu mästen und das Fleisch anschließend dann wieder zu lagern usw.?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Klejdzinski, in Ihrer Frage, die eine umfangreichere Beantwortung erforderlich machte, als ich sie jetzt hier in dieser Fragestunde geben kann, schwingen nach meinem Eindruck einige Vorurteile mit. Es ist für die Entwicklungsländer sehr wichtig, daß sie Futtermittel in Industrieländer, auch in die Europäische Gemeinschaft, exportieren können. Dies geschieht übrigens nur seitens weniger Entwicklungsländer. Alle diejenigen, die Exporteure auf diesem Gebiet sind, sind keine der Länder, die Hunger und Mangel an Nahrungsmitteln leiden. Es ist für die Gemeinschaft ein Problem, daß ein Teil des Getreides nicht im Futtertrog landen wird und landet, obwohl es das sonst könnte, und zwar wegen der Einfuhren aus dritten Ländern, wobei weniger die Entwicklungsländer als vielmehr große Lieferländer wie die Vereinigten Staaten eine Rolle spielen. Aber Sie haben damit hier zwei oder drei Komplexe angesprochen, und ich scheue mich, das jetzt so abzuhandeln, wie es um der Sache willen erforderlich wäre.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Im Interesse des Ablaufs der Fragestunde muß ich dem Staatssekretär recht geben. Ich rufe die Frage 43 des Abgeordneten Eigen auf: Ist die Bundesregierung bereit, sicherzustellen, daß die bestmögliche Lösung für die deutsche Landwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland angewandt wird? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, zur Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der Mitverantwortungsangabe Getreide ist entschieden worden, daß die Umsatzsteuer und damit auch der Einkommensausgleich über die Umsatzsteuer vor Abzug der Mitverantwortungsabgabe, also für den „Bruttopreis", anfällt. Die Bundesregierung wird ihr Bemühen fortsetzen, im Rahmen der geltenden Gesetze - das zeigt diese Entscheidung zur Mitverantwortungsabgabe Getreide - die für die deutsche Landwirtschaft bestmögliche Lösung anzuwenden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage, Herr Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wird das auch in der Weise geschehen, daß so unsinnige Bestimmungen wie die, daß Corn-Cob-Mix, also Maiskolben oder sogar Maissilage, in die Abgabe einbezogen wird, was jedem vernünftigen Menschen als völlig blödsinnig erscheint, ganz sicherlich vermieden werden?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, ich kann den Satz, den ich gerade gesagt habe, auf Ihre jetzt gestellte Frage gern wiederholen: Die Bundesregierung wird ihr Bemühen fortsetzen, im Rahmen der geltenden Gesetze die für die deutsche Landwirtschaft bestmögliche Lösung anzuwenden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kollege Eigen, Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn die Bundesregierung löblicherweise in Brüssel gegen diese unsinnige Mitverantwortungsabgabe gestimmt hat, so wird sie doch sicherlich dennoch darauf Einfluß nehmen können, daß die Abgabe, wenn sie schon erhoben wird, jedenfalls in vernünftiger Weise erhoben wird und daß auch die Mittel in der richtigen Weise eingesetzt werden, so daß alle Abgaben auf Mischfutter, d. h. auf Getreide, das - egal von wem - zu Mischfutter verarbeitet wird, dort nicht einbezogen werden, weil der Sinn ja gerade der sein sollte, daß mehr Getreide verfüttert wird.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Die Bundesregierung wird die jetzt vorliegende Regelung über die Mitverantwortungsabgabe für Getreide, die ohne Zustimmung der Bundesregierung als EG-Regelung zustande gekommen ist, so interpretieren, wie die EG-Vorschriften dies zulassen, und wird dabei jeweils das Interesse der deutschen Landwirtschaft im Auge haben. Darüber hinaus wird die Bundesregierung bei der nächstmöglichen Gelegenheit im Frühjahr 1987 erneut versuchen, dieses Instrument der gemeinsamen Agrarpolitik, nämlich diese Mitverantwortungsabgabe bei Getreide, wieder grundsätzlich in Frage zu stellen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Kollege Eigen, mein Problem war eben, ob ich das, was Sie an Feststellungen getroffen haben, bei „unsachlich" oder bei „Wertung" einordne, was beides bei unserem Verfahren in einer Frage nicht erlaubt ist. Stellen Sie sich einmal vor, es kommt jemand, der nicht Landwirt ist, und stellt seine Meinung zu diesem Thema hier in Frageform zur Diskussion! Frau Weyel hat die nächste Zusatzfrage.

Gudrun Weyel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002496, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage zu definieren, was eigentlich die bestmögliche Lösung für die deutsche Landwirtschaft ist? ({0})

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Das kann ich von Fall zu Fall definieren. Wir wollen jetzt sicher keine große agrarpolitische Diskussion führen. Das beste wäre, wenn die Landwirtschaft in der Europäischen Gemeinschaft politische Rahmenbedingungen vorfinden würde - was zur Zeit nicht gegeben ist -, die dazu beitragen, daß ein ausgeglichener Markt da ist und daß ein anständiger, auskömmlicher Erzeugerpreis erzielt werden kann. Aber hier ging es eben um die Frage der Interpretation von EG-Verordnungen. Dabei wird die Bundesregierung den Spielraum, den diese Verordnungen geben, immer so nutzen, daß dabei die Interessen der Landwirtschaft gewahrt werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 44 des Abgeordneten Kirschner auf: Hält die Bundesregierung es volkswirtschaftlich und agrarpolitisch für sinnvoll, daß mit Steuermitteln subventionierte Milch zuerst zu Butter verarbeitet und anschließend jahrelang mit hohen Kosten in Kühlhäusern gelagert wird, um dann schließlich als unverkäufliche Ware an Kälber verfüttert zu werden? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Kirschner, ich würde gern Ihre beiden Fragen zusammen beantworten, wenn Ihnen das recht ist.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann rufe ich auch die Frage 45 des Abgeordneten Kirschner auf: Wie hoch veranschlagt die Bundesregierung die Kosten dieser Umwandlung von Frischmilch zu „Kälberfutter" pro Kilo Frischmilch?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Die Bundesregierung hält diesen Vorgang nicht für sinnvoll. Deshalb tritt sie mit Nachdruck auch auf EG-Ebene für eine Agrarpolitik ein - ich habe das eben gerade auf die Frage von Frau Kollegin Weyel gesagt -, die die Herstellung des Gleichgewichtes auf den Märkten, auch auf dem Milchmarkt, vorrangig über produktionsbegrenzende Maßnahmen vorsieht und die Überschüsse, z. B. an Butter, gar nicht erst entstehen läßt. Der Kälberbutteraktion, die Sie angesprochen haben, hat die Bundesregierung ihre Zustimmung verweigert. Die Kosten der Maßnahme werden pro Kilogramm Rohmilch auf etwa 35 Pfennig veranschlagt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Kirschner.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie sagen, in welchem Umfang die Bundesrepublik mit ihrer landwirtschaftlichen Milchproduktion an dieser offensichtlichen Überproduktion beteiligt ist, bzw. wie hoch ist denn der Selbstversorgungsgrad der Bundesrepublik?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Kirschner, vor zweieinhalb Jahren, als die Garantiemengenregelung Milch eingeführt worden ist, betrug der Selbstversorgungsgrad in der Europäischen Gemeinschaft 125 %, in der Bundesrepublik Deutschland 130 %; zur Zeit beträgt er in der Gemeinschaft 114 % und in der Bundesrepublik Deutschland 115 %.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Kirschner.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, liegen der Bundesregierung Zahlen vor, wie die einzelnen Vollerwerbsbetriebe, die ja nach dem Agrarbericht der Bundesregierung in vier Einkommensklassen - das oberste, das obere, das untere und das unterste Viertel - eingeteilt sind, zu dieser Überproduktion beitragen?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Kirschner, diese Zahlen liegen uns spätestens seit Einführung der Garantiemengenregelung Milch sehr genau vor. Daraus ergibt sich, daß unter den rund 370 000 milcherzeugenden landwirtschaftlichen Betrieben in der Bundesrepublik Deutschland die durchschnittliche Zahl der Milchkühe vergleichsweise gering ist. Sie liegt bei ca. 15 Kühen, so daß wir hier von einer Struktur reden müssen, die durchschnittlich klein- bis mittelbäuerlich ist. Die Menge der Milch, die bei uns produziert wird und auch - wie in der ganzen Gemeinschaft - weit über dem Selbstversorgungsgrad liegt, wird in diesen Betrieben produziert, die eine relativ kleinbäuerlich strukturierte Größenordnung haben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Kirschner.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Kann ich aus Ihrer Antwort schließen, daß die Kleinbetriebe überproportional zu dieser Überversorgung beitragen?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Kirschner, wenn wir von Überversorgung und vom Überschreiten des Selbstversorgungsgrades reden, sind vielleicht zwei Betrachtungsweisen sinnvoll: einmal die Momentaufnahme, die zeigt, daß die große Menge der Milch in Betrieben produziert wird, die klein sind, die allenfalls als mittlere Betriebe zu bezeichnen sind, nicht etwa in Großbetrieben, von denen es im Milchsektor ohnehin nur ganz wenige gibt. Die andere Betrachtungsweise wäre die, rückblikkend festzustellen, wo am meisten so gesteigert worden ist, daß es zu diesen großen Produktionsmengen hat kommen können. Das haben wir bei der Einführung der Garantiemengenregelung Milch getan, und wir haben die Abzüge, die damals notwendig waren, entsprechend dem Steigerungsgrad gestaffelt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die letzte Zusatzfrage, Herr Kirschner.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, haben Sie Berechnungen, wie sich die Kosten dieser Milchoder Butterverfütterungsaktion aufteilen, wenn man das pro Kopf in der Bundesrepublik umrechnet?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Kirschner, die gemeinsame Agrarpolitik, deren wichtigster Ausgabenfaktor die Marktordnungen sind, hat in den vergangenen Jahren erhebliche Kostensteigerungen gehabt. Zur Zeit liegen die Ausgaben allein für die Lagerhaltung der Überschußprodukte in der Gemeinschaft bei rund 9 Milliarden DM. Das sind Kosten, die wir gerne in Zukunft so bald wie möglich vermeiden möchten, Kosten, die dadurch entstanden sind, daß Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre der Mut gefehlt hat, die gemeinsame Agrarpolitik anzupassen, was damals dringend notwendig gewesen wäre, und von denen wir heute nicht über Nacht herunterkommen können. Aber alle Bemühungen der Bundesregierung sind darauf gerichtet, ein besseres Marktgleichgewicht herzustellen und damit diesen ganzen Kostenbereich - Überschuß, Beseitigung, Lagerhaltung - künftig zu vermeiden, was im Sinne der Steuerzahler und übrigens auch im Sinne der Landwirte ist, weil sie nur zu besseren Erzeugerpreisen kommen können, wenn der Überschußdruck abgebaut ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bin ich dahin gehend richtig informiert, daß die Bundesregierung in der Person von Minister Kiechle beim letzten Rat in Brüssel beantragt hat, daß die Weihnachts- und Sozialbutter wieder eingeführt wird, so daß man diese von vielen als unsinnig empfundene Verfütterung an Kälber - hier kann es sich ja nur um verdorbene Butter handeln - nicht weiter entwickeln muß, daß wir also dem Verbraucher in Europa, der ja über seine Steuern die Kosten trägt, eine Vergünstigung über Weihnachts- und Sozialbutter geben?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Eigen, die Bundesregierung hat durch den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten immer wieder beantragt - so auch in der letzten Sitzung des Agrarrats der Gemeinschaft -, eine Aktion durchzuführen, um diese hohen Butterbestände abzubauen. Die Verbraucher in der Europäischen Gemeinschaft, damit natürlich auch in der Bundesrepublik Deutschland, sind diejenigen, die von Verbilligungsaktionen profitieren, insbesondere im Sinne einer Sozialbutteraktion, weil erwartet werden kann, daß ein Mehrverbrauch durch Bürger stattfindet, die sich sonst möglicherweise die Butter nicht leisten können. Eine Weihnachtsbutteraktion steht deshalb nicht aktuell zur Diskussion, weil die Kommission hier nachweisen hat können, daß ein nennenswerter Mehrabsatz trotz sehr hoher Kosten nicht eintritt, weil die Verbraucher dann ihre privaten Lagermöglichkeiten nutzen, so daß nach der Weihnachtszeit eine Kaufenthaltung stattfindet, die den Abbau der Vorräte wieder zunichte macht.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Pfuhl.

Albert Pfuhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001711, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär! Können Sie uns in diesem Zusammenhang sagen, wie viele Kilogramm Butter erst einmal verkauft werden müssen, damit sich dieser zusätzliche Butterverkauf tatsächlich hinsichtlich des Mehrverbrauchs auswirkt? Da gibt es j a Zahlen.

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Pfuhl, ich bin nicht ganz sicher, ob ich den Sinn Ihrer Frage verstanden habe. Ein großer Teil der Butter in der Europäischen Gemeinschaft wird ohnehin subventioniert abgesetzt, d. h. nicht zu den normalen Preisen. Ein anderer Teil, insbesondere der, der den Markt durch die hohen Bestände in den Kühlhäusern zu sehr belastet, wird durch verschiedene Sonderaktionen abgesetzt. Dazu gehört auch eine soziale Butteraktion, wie wir sie wollen. Zu diesen Aktionen gibt es jeweils eine besondere Rechnung, welche die Kosten, aber auch den mengenmäßigen Effekt nachweist. Der mengenmäßige Effekt ist bei jeder innerhalb der Gemeinschaft durchgeführten Aktion, die wir grundsätzlich für angemessener und besser halten, weil dann die europäischen Verbraucher selbst den Preisvorteil haben, leider geringer als bei Aktionen, die sich außerhalb der Gemeinschaft abspielen, weil dann ein echter Mehrverbrauch erzielt wird, während in der Gemeinschaft beim Gelingen allenfalls eine gewisse Verbrauchssteigerung stattfinden kann.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär! Sie hatten vorhin in einer Bemerkung den Eindruck vermittelt, als wenn es auch in diesem Bereich eine Erblast gäbe, die Sie zu verteilen hätten. Meine Frage deswegen: Inwieweit und in welcher Höhe, ausgedrückt in Tonnen, ist die Produktion an Milch beispielsweise seit 1983 gestiegen?

Dr. Wolfgang Geldern (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000656

Herr Kollege Klejdzinski, die Produktion an Milch seit 1983 ist deutlich und drastisch wegen der Maßnahmen der heutigen Bundesregierung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft gesunken und nicht gestiegen. Bis dahin ist jährlich etwa eine zusätzliche Milchmenge von drei Millionen Tonnen auf den europäischen Markt gekommen. Durch die Einführung der Garantiemengenregelung für Milch ist die Milchmenge in der Gemeinschaft um fünf Millionen Tonnen verringert worden, so daß wir ein Minus von acht Millionen Tonnen zu verzeichnen haben. Der Höhepunkt der nicht mehr sinnvollen Überproduktion hat sich vor dem Regierungswechsel abgespielt; seitdem wird kräftig dagegengearbeitet.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Vogt steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Die Frage 46 des Abgeordneten Dr. Soell soll schriftlich beantwortet werden. Ich rufe die Frage 47 der Abgeordneten Frau Schmidt ({0}) auf. Welche Maßnahmen sind von seiten der Bundesregierung aus dem erhöhten Titel im Haushalt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung für die Betreuung krebskranker Kinder bisher gefördert worden, und welche Summe ist bisher insgesamt dafür aufgewendet worden, die Projekte zur Betreuung krebskranker Kinder bis zur Sicherung der Anschlußfinanzierung durch die Bundesländer sicherzustellen?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, seit 1982 hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung zunächst 10, später 20 Einrichtungen der pädiatrischen Onkologie im Rahmen des Modellprogramms zur besseren Versorgung von Krebspatienten gefördert. Die Einrichtungen erhielten Mittel, um in der Regel einen Arzt und zwei Krankenschwestern zusätzlich einstellen zu können. Im einzelnen wurden Personalmittel in Höhe von 8,15 Millionen DM und fast 2 Millionen DM für eine verbesserte Ausstattung mit medizinischen Geräten aufgewendet. Nach Auslaufen der Förderung im ärztlichen und pflegerischen Bereich werden seit dem 1. Juli 1986 30 Einrichtungen der pädiatrischen Onkologie Mittel zur Verbesserung der psychosozialen Betreuung krebskranker Kinder und Jugendlicher zur Verfügung gestellt. 1986 werden hierfür ca. 2,2 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden. 1987 werden es voraussichtlich 4 Millionen DM sein. Eine Förderung 1988 und 1989 im gleichen Rahmen ist geplant. Ziel der Förderung durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung konnte von Anfang an nur sein, neue, wirksame Versorgungsstrukturen zu erproben und die Voraussetzungen für eine dauerhafte und gesicherte Finanzierung nach Auslaufen der Bundesförderung zu schaffen. Eine Dauerfinanzierung aus Bundesmitteln war zu keinem Zeitpunkt geplant. Dies war auch allen Beteiligten bekannt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Frau Schmidt.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich wundere mich etwas über die sehr niedrigen Beträge, die Sie hier nennen, weil der Bundestag bei den letzten Haushaltsberatungen und auch schon im Jahr davor hier seinen Willen bekundet hat, daß diese Beträge nennenswert aufgestockt werden - es war von bis zu 20 Millionen DM die Rede -, um eben genau das, was Sie hier genannt haben, sicherzustellen. Ich frage Sie deshalb, warum dies nur in so geringem Umfang geschehen ist und welche Anträge abgelehnt worden sind.

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ich darf vielleicht darauf hinweisen, daß die Bundesregierung durch die zum 1. Januar 1986 in Kraft getretene neue Bundespflegesatzverordnung die Voraussetzungen für eine Überführung der zunächst geförderten Arzt- und Schwesternstellen in die Regelfinanzierung geschaffen hat. Es war nie Absicht, die Finanzierung dieser Arzt- und Krankenpflegerinnenstellen dauerhaft aus Bundesmitteln vorzunehmen, sondern es sollte ein Modell erprobt werden. Und wie gesagt: Seit dem 1. Januar 1986 ist eine andere Finanzierungsmöglichkeit gegeben.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Frau Schmidt.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich will hier überhaupt nicht einer dauerhaften Finanzierung durch den Bund das Wort reden, sondern ich möchte nur die Frage stellen, warum dem Willen des Bundestages, und zwar aller Fraktionen, nicht Rechnung getragen worden ist, solche Vorhaben in einem wesentlich größeren Umfang zu fördern, bis eben diese Anschlußfinanzierung sichergestellt worden ist, und welche Anträge abgelehnt worden sind.

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Kollegin, ich kann Ihnen jetzt nicht die Frage beantworten, welche Anträge abgelehnt worden sind oder nicht bedient werden konnten. Ich will nur darauf verweisen, daß zunächst zehn und später 20 Modelleinrichtungen gefördert worden sind und daß die Dauerfinanzierung jetzt durch die Bundespflegesatzverordnung gewährleistet ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 48 der Abgeordneten Frau Schmidt auf: Sind Presseberichte zutreffend, daß die ambulante Betreuung von krebskranken Kindern in Berlin eingestellt werden mußte, da die Finanzierung des notwendigen Personals durch Zuschüsse des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zum 30. Juni 1986 eingestellt wurde, und warum hat die Bundesregierung nicht für eine weitere Finanzierung gesorgt?

Not found (Staatssekretär:in)

Presseberichte, wonach die ambulante Betreuung von krebskranken Kindern in der Kinderklinik der Freien Universität Berlin-Charlottenburg eingestellt werden mußte, treffen nicht zu. Sowohl im stationären wie auch im ambulanten Bereich ist die Versorgung von krebskranken Kindern mittlerweile gesichert. Die Freie Universität Berlin teilte mit, daß die notwendigen zusätzlichen Stellen eingerichtet werden. Finanziert werden diese Stellen zunächst aus Mitteln der Universität. Es wird davon ausgegangen, daß die Stellen nach Abschluß der Pflegesatzverhandlungen, womit in den nächsten Tagen gerechnet wird, im Rahmen der Regelfinanzierung finanziert werden. Darüber hinaus sei durch eine in Aussicht gestellte Vereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab dem 1. Januar 1987 auch im Bereich der ambulanten Behandlung die Überführung in die Regelfinanzierung gesichert.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Frau Schmidt.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich dann die Erklärung des Berliner Senats, der sich sehr überrascht gezeigt und die Tatsache, daß die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten für 450 Kinder nicht mehr vorhanden sind, darauf zurückgeführt hat, daß die Finanzierung ungeklärt ist und dies darauf basiert, daß die Zuschüsse aus Mitteln des Bundesarbeitsministeriums zum 30. Juni dieses Jahres eingestellt worden sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Also, zunächst, Frau Kollegin, haben Sie sich auf Presseberichte bezogen, ({0}) und zu diesen Presseberichten habe ich Stellung genommen. Ich habe dann weiter darauf verwiesen, daß durch eine Vereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in Aussicht gestellt worden ist, daß ab 1. Januar 1987 eben auch im Bereich der ambulanten Behandlung die Überführung in die Regelfinanzierung vorgenommen wird. Ich gestehe zu, daß mancher Träger entsprechender Einrichtungen bei den Pflegesatzverhandlungen nicht an die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung herangetreten ist. Aber auf unsere Anregung hin haben die gesetzlichen Krankenkassen die Träger auf die neuen gesetzlichen Grundlagen hingewiesen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zu einer weiteren Zusatzfrage Frau Schmidt.

Renate Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002016, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bewußt, daß der Bundestag bei den letzten Haushaltsberatungen, und zwar wiederum alle Fraktionen, in dem Bemühen einig war, genau solche Fälle nicht auftreten zu lassen, und das Bundesarbeitsministerium verpflichtet hat, dafür zu sorgen, daß die Anschlußfinanzierung sichergestellt ist, was doch in diesem Fall offensichtlich nicht in ausreichendem Maße geschehen ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Das Bundesarbeitsministerium ist verpflichtet, die Träger darauf hinzuweisen, was die gesetzlichen Grundlagen der Finanzierung der entsprechenden Einrichtungen sind. Auf diese Grundlagen haben wir hingewiesen. Wir haben die Länder informiert; wir haben über die Länder auch die gesetzlichen Krankenkassen informiert, und von daher ist genügend Information erfolgt. Die Umsetzung des Rechts aber obliegt den entsprechenden Stellen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 49 des Abgeordneten Amling auf. Können nach Auffassung der Bundesregierung aus der Kenntnis über unterschiedlich hohe spezifische Arbeitslosenquoten von Ledigen und Verheirateten oder von Katholiken, Protestanten und Konfessionslosen arbeitsmarktpolitische Konsequenzen abgeleitet werden, oder teilt die Bundesregierung meine Einschätzung, daß eine zahlenmäßige Erfassung der ledigen, verheirateten, katholischen, evangelischen Arbeitslosen lediglich den Zweck verfolgt, das Millionen-Heer der Arbeitslosen künstlich zu segmentieren und damit den gesellschaftspolitischen Skandal der Massenarbeitslosigkeit zu bagatellisieren?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, zunächst frage ich, ob Sie mit einer gemeinsamen Beantwortung einverstanden sind.

Max Amling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000034, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Dann rufe ich auch noch die Frage 50 des Abgeordneten Amling auf. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, daß der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit ein Forschungsprojekt des Allensbacher Instituts für Demoskopie in jeder Weise unterstützen will, daß nicht nur für die konkrete Arbeitsmarktpolitik so irrelevante Daten, wie oben genannt, ermitteln will, sondern dessen erklärtes Ziel es ist, das drohende Schwerpunktwahlkampfthema „Massenarbeitslosigkeit" zu entschärfen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, über die Struktur der Arbeitslosen geben Untersuchungen der Bundesanstalt für Arbeit und Untersuchungen von Forschungsinstituten detailliert Auskunft. Die Bundesregierung sieht in einer Differenzierung der Arbeitslosigkeit nach Verheirateten und Ledigen und nach bestimmter Konfessionszugehörigkeit und in einer Berechnung entsprechender Arbeitslosenquoten keine arbeitsmarktpolitisch relevante Information. Nach Kenntnis der Bundesregierung wird das Projekt ohne Unterstützung oder sonstige Förderung durch die Bundesanstalt für Arbeit durchgeführt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Amling, eine Zusatzfrage.

Max Amling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000034, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, in dem Zusammenhang möchte ich überhaupt die Bundesregierung einmal fragen, was sie gegen die Massenarbeitslosigkeit tun will, die ja seit 1982 um mehr als 300 000 zugenommen hat.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident, ich sehe zwar keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage, aber ich bin gern bereit, jetzt in der Fragestunde auf die gestellte Frage sachlich zu antworten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Staatssekretär, Sie haben recht. Jetzt müssen wir schon bei dem Thema bleiben, Herr Kollege Amling. Aber Sie haben noch Zusatzfragen.

Max Amling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000034, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte aber dann noch im Zusammenhang mit meiner zweiten Frage die Frage aufwerfen: Wenn die Bundesanstalt alle erdenkliche Unterstützung zugesagt hat, kommen in dem Zusammenhang dann auch Kosten auf die Bundesanstalt zu?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, ich habe gerade geantwortet, und ich will die Antwort wiederholen: Nach Kenntnis der Bundesregierung - und diese Erkenntnis und Kenntnis erfolgt nach Auskunft, die wir bei der Bundesanstalt für Arbeit eingeholt haben - wird das Projekt ohne Unterstützung oder sonstige Förderung durch die Bundesanstalt für Arbeit durchgeführt.

Max Amling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000034, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das ist gegen meine Information.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Keine weiteren Zusatzfragen? Sie hätten noch Zusatzfragen, aber ich will Sie nicht unbedingt dazu veranlassen. Die Frage 51 des Abgeordneten Kroll-Schlüter soll schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Darf ich die Kollegen inzwischen darauf aufmerksam machen, daß der Staatssekretär aus dem Verkehrsministerium aus mir einsichtigen Gründen nicht pünktlich hier sein kann und ich deshalb den Geschäftsbereich des Umweltministers davor aufrufen werde. Jetzt kommt erst einmal der Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums, dann der des Umweltministeriums und dann, falls Herr Schulte dasein kann, der des Verkehrsministeriums. Ich bitte, die Kollegen zu unterrichten für den Fall, daß sie schon im Saal sind oder noch nicht rechtzeitig im Saal sind. Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Der Parlamentarische Staatssekretär Würzbach steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich rufe zunächst die Frage 52 des Abgeordneten Wilz auf. Sind der Bundesregierung Pläne bekannt, nach denen Einheiten der Nationalen Volksarmee gezielt auf Sabotagehandlungen im Zonengrenzbereich vorbereitet werden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Präsident! Herr Kollege Wilz! Ja, der Bundesregierung liegen Hinweise vor, nach denen die DDR - übrigens alle anderen Warschauer-Pakt-Staaten ähnlich - über verschiedenartige militärische und nichtmilitärische Kräfte von erheblicher Größenordnung verfügt, die darauf vorbereitet sind, auch dazu ausgebildet und ausgerüstet sind, bereits vor dem Ausbruch von Kriegshandlungen auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland und somit auch - wonach Sie fragen - auf dem des Zonenrandgebietes Sabotagehandlungen sowohl gegen militärische als auch zivile Objekte durchzuführen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Wilz. Bitte schön.

Bernd Wilz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002521, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie etwas darüber sagen, welchen Auftrag und welche Ziele solche Sabotagehandlungen haben?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Sie haben den Auftrag, in einer sich verschärfenden Spannungszeit, die einer Krise oder einem Krieg vorausginge, hier Unsicherheit auszulösen, wichtige Energieeinrichtungen, Fernmeldezentren, Versorgungseinrichtungen, Depots, Hauptquartiere auszuschalten, aber nicht nur gegen Objekte, die ich aufgezählt habe, vorzugehen, sondern auch führende Personen, Persönlichkeiten aus dem politischen und militärischen Bereich durch mannigfaltige Aktionen auszuschalten, zu verunsichern, zu lähmen, zu beeinträchtigen, um so militärische Aktionen wirksam vorzubereiten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Wilz, bitte schön.

Bernd Wilz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002521, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, liegen Ihnen Erkenntnisse darüber vor, in welchem Umfang die NVA hier im Rahmen des Warschauer Paktes eine bestimmte Rolle zu spielen hat?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Uns liegen Erkenntnisse darüber vor, übrigens nicht nagelneu, sondern seit geraumer Zeit, auch schon den Regierungen vorher. Ich will in etwa eine Größenordnung nennen. Wir gehen davon aus, daß der Warschauer Pakt insgesamt etwa sieben- bis achttausend dieser spezialausgebildeten und modernst ausgerüsteten Soldaten hat. Davon können etwa achthundert Gruppen gebildet werden. Unterschiedliche Aufträge lassen auch unterschiedliche Stärken erkennen, in der Regel von vier bis zwölf Mann. Die DDR, Polen und die Tschechoslowakei zusammen stellen etwa achtzig dieser Gruppen, die Masse also die Sowjetunion.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn Sie das alles so genau wissen: Welche Konsequenzen ziehen Sie denn für uns daraus, oder welche Bedrohungsanalyse ziehen Sie denn daraus?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, die Bedrohungsanalyse - von der ich hoffe, daß Sie ihr zustimmen -, daß es eine erhebliche zusätzliche Bedrohung der freien Demokratien darstellt, wenn sich nicht demokratische Staaten in dieser Form auf einen Eingriff in die Lebensordnung hier - in dem Fall, den ich schilderte - bereits so vorbereiten.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Graf Huyn.

Hans Huyn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000987, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß Übungen solcher Spezialeinheiten zum Teil auch in Uniform der deutschen Bundeswehr auf DDR-Gebiet stattfinden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege Graf Huyn, ich kann dies nicht an einzelnen Beispielen bestätigen. Aber das Wesen dieser Ausbildung und dieses Auftrags - dem die Sowjetunion, nachdem wir dies und jenes aufklärten, auch nie widersprochen hat - legt nahe, daß hier auf eine Art und Weise vorgegangen wird, die jeglichen Regeln des Kriegsvölkerrechts widerspricht, und daß dies sowohl in Zivil wie auch, wenn dies angebracht ist, in der Uniform der NATO-Staaten getan wird, in deren Gebiet sie eingesetzt werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Stiegler, bitte schön.

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, nutzt denn die Bundesregierung die bestehenden Gesprächsebenen - KSZE, KVAE oder MBFR -, um mit der anderen Seite darüber zu reden, diese wahrlich nicht vertrauensbildenden Maßnahmen einzustellen, und nützen Sie da eine sehr offensive Gesprächspolitik aus, oder wird das hier nur für den innenpolitischen Gebrauch verwendet?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Natürlich bemühen wir uns, in den Gesprächen darauf hinzuwirken, daß diese Art der Ausbildung und der Ausrüstung von der Sowjetunion nachgelassen wird.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe nun die Frage 53 des Abgeordneten Wilz auf: Sind der Bundesregierung Pläne und Vorschriften bekannt, nach denen Spezialeinheiten der Nationalen Volksarmee im Grenzbereich auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland militärische Aufklärung betreiben oder andere Einsätze durchführen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, der Bundesregierung liegen ebenfalls Hinweise vor, nach denen die Nationale Volksarmee der DDR sowohl im Kriegsfall als auch vor Ausbruch von Kriegshandlungen mit diesen Spezialeinheiten auf unserem Boden militärische Aufklärung betreiben wird wie aber auch - wie ich auf Zusatzfragen eben gesagt habe - erste Aktionen gegen zivile und militärische Objekte durchführen wird.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wilz.

Bernd Wilz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002521, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie viele Gruppen oder Spezialeinheiten der NVA oder des Warschauer Pakts sind mit diesem Bereich befaßt? Würzbach Parl. Staatssekretär: In der Sowjetunion insgesamt rund siebentausend bis achttausend Soldaten. Wir gehen davon aus, daß mit Zielrichtung Mittel- und Westeuropa - damit sind wir und benachbarte NATO-Staaten angesprochen - etwas mehr als die Hälfte eingesetzt wird. Dazu kommen die Kräfte der genannten Warschauer Pakt-Mitgliedstaaten Tschechoslowakei, Polen, DDR mit nochmals rund achtzig Gruppen, Stärke etwa bis zehn, zwölf Mann. Somit könnten zu diesen Kommandounternehmen in unserem Gebiet, im rückwärtigen Gebiet der NATO, rund vierhundert bis sechshundert Gruppen eingesetzt werden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Wilz, bitte.

Bernd Wilz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002521, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Liegen Erkenntnisse darüber vor, daß der Warschauer Pakt möglicherweise einen Verstoß gegen die Genfer Konvention in Kauf nimmt, indem er sich beispielsweise nicht durch Tragen von Uniformen ausweist?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Dies legt die Ausbildung und die Auftragserteilung dieser Spezialeinheiten nahe, daß sie sich nicht an diese Regeln halten würden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Stiegler.

Ludwig Stiegler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002248, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, hat denn der Abrüstungsbeauftragte der Bundesregierung mit der DDR auch über diese Fragen gesprochen, und wie hat die DDR auf Vorwürfe dieser Art reagiert?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, das ist ein Thema, das wir mit unseren NATO-Partnern gegenüber der Sowjetunion ansprechen müssen; die hat hier das Kommando in der Hand. Sowohl im Frieden wie im Spannungsfall und erst recht im Krieg untersteht dies eindeutig und allein der sowjetischen Kommandostruktur, und dort werden die Gespräche geführt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Klejdzinski.

Dr. Karl Heinz Klejdzinski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001124, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist es nicht allgemein üblich, daß dieser sogenannte verdeckte Kampf auch in anderen Staaten, wenn man so will, vorbereitet wird? Oder wollen Sie mit der Antwort auf diese Frage sagen, daß dies in NATOStaaten nicht geschieht?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Dies will ich damit sehr klar sagen. Ich hoffe, daß Sie als Mitglied des Verteidigungsausschusses dies auch uneingeschränkt bestätigen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Die Fragen 54 und 55 sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Die Fragen 56 und 57 sind vom Fragesteller zurückgezogen worden. Die Fragen 58 und 59 sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Jetzt kommen wir zu Frage 60 des Abgeordneten Schulte ({0}): Inwieweit kann die Bundesregierung die Pressemitteilung des „Hemeraner Stadtspiegels" bestätigen, daß auf dem Truppenübungsgelände in Becke/Deilinghofen der Bau eines Militärflugplatzes geplant sei?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich antworte auf Ihre Frage, daß die Bundesregierung die Zeitungsmeldung, auf die Sie Bezug nehmen, in keiner Form bestätigen kann.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Schulte.

Stefan Schulte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002102, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Weshalb sind dann in der ersten Julihälfte dieses Jahres umfangreiche Vermessungsarbeiten auf diesem Gelände durchgeführt worden?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, Vermessungsarbeiten bedeuten doch nicht, daß da ein Flugplatz gebaut werden soll. Erstens haben wir noch eine Reihe unserer Übungsplätze, gerade solcher, wo Erweiterungen vorgenommen werden sollen, zu vermessen, haben Karten zu modernisieren, und zweitens - das werde ich Ihnen noch auf Ihre zweite Frage sagen - haben wir natürlich noch einige Dinge auf dem Platz vor, aber nicht im Ansatz irgendwo das, was in Ihrer ersten Frage deutlich wird.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Schulte? - Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich Ihre weitere Frage 61 auf: Welche konkreten Bauvorhaben sind in diesen oder anderen Zusammenhängen ({0}) für dieses Übungsgelände der Bundeswehr in den nächsten Jahren vorgesehen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Das Gelände für Panzerfahrübungen soll noch angelegt werden, in diesem Zusammenhang unter anderem auch, um Vermessungen und Bestand aufzunehmen, wo wir die am günstigsten - auch am günstigsten für die Bevölkerung -, um möglichst wenig Geräuschemissionen auftreten zu lassen, anlegen können. Und dann wird eine Zufahrtstraße gebaut werden, um das Dorf Apricke zu erreichen, um eine kreuzungsfreie Straße zu bauen, wo die Panzer dann also über eine Brücke geleitet werden, um nicht mehr den normalen zivilen Verkehr höhengleich kreuzen zu müssen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Schulte.

Stefan Schulte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002102, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wie groß sind die von Ihnen in diesem Zusammenhang geplanten Erweiterungsmaßnahmen?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Wir bemühen uns - Sie kennen die Lage - im Südosten des Kreises um eine Erweiterung um rund 34 ha; im Nordosten sind die Erweiterungspläne von uns fallengelassen worden. Ihnen ist bekannt, daß die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen der angesprochenen Erweiterung zugestimmt hat und daß hier die nötiParl. Staatssekretär Würzbach gen Verfahren - bei Widerspruch einiger Anlieger und Besitzer - laufen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Schulte, bitte schön.

Stefan Schulte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002102, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sie können also ausschließen, daß über dieses von Ihnen genannte Projekt weitere Maßnahmen für diesen Truppenübungsplatz in naher Zukunft geplant sind?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Ich habe Ihnen klar geantwortet auf die Frage nach den geplanten Arbeiten. Dies sind die Arbeiten, die dort in der Zukunft vorgenommen werden sollen.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage des Abgeordneten Mann.

Norbert Mann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001417, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kollege Würzbach, wie ist denn die Information der Bürger zu diesen Planungen erfolgt, von denen Sie gesprochen haben?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Wie es das Gesetz vorschreibt, Herr Kollege. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir müssen bei einer Frage Schluß machen. ({0}) - Geschickt fragen löst geschickte Antworten aus. ({1}) Sie möchten eine Zusatzfrage stellen, Herr Abgeordneter Dr. Wulff? - Bitte schön.

Prof. Dr. Otto Wulff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002574, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, daß all die Fragen, die Sie heute beantwortet haben, schon vor einigen Tagen ausführlich in der Presse des Märkischen Kreises gestanden haben?

Peter Kurt Würzbach (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002572

Herr Kollege, ich weiß dies. Ich bedanke mich auch, daß Sie in sehr sachlicher Form im Ministerium nachgefragt und dann die Antworten an die Bevölkerung weitergegeben haben. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers der Verteidigung. Ich danke dem Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen. Der Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit braucht nicht aufgerufen zu werden, weil die Frage 62 des Abgeordneten Dr. Soell und die Fragen 63 und 64 des Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich habe schon gesagt, daß Herr Staatssekretär Dr. Schulte noch nicht hier sein kann. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Dr. Wagner zur Verfügung. Die Fragen 73 und 74 des Abgeordneten Lowack werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Die Fragen 75 und 76 des Abgeordneten Schreiner entfallen auf Grund Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde und für die schriftlichen Einzelfragen und werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 77 des Abgeordneten Mann auf: Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Deutschen Bischofskonferenz bzw. ihres Vorsitzenden, Kardinal Höffner, die Frage nach dem derzeit nicht auszuschließenden Restrisiko der Kernenergie habe, da es nicht eingrenzbar sei und der Ernstfall eine Katastrophe bedeuten würde, eine moralisch-ethische Qualität und die Atomenergie sei die „allergefährlichste" Energiequelle? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung stimmt der Auffassung von Kardinal Höffner zu, daß die Nutzung der Kernenergie - wie übrigens jede Anwendung von moderner Großtechnologie - eine moralisch-ethische Qualität hat. Sie läßt sich in ihrer Energiepolitik daher auch von moralisch-ethischen Kriterien leiten. Was die Frage des Restrisikos anlangt, so ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die von deutschen Kernkraftwerken ausgehende Gefährdung wegen einer weltweit als vorbildlich anerkannten Sicherheitstechnik und Personalschulung als äußerst gering einzustufen ist. Angesichts dessen kann die friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland ethisch verantwortet werden, solange keine Energiequelle zur Verfügung steht, die sicherer, umweltschonender und wirtschaftlicher ist.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Zusatzfrage, Herr Mann.

Norbert Mann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001417, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit dem bayerischen Ministerpräsidenten in der Äußerung überein: „Um komplizierte naturwissenschaftliche und technische Fragen zu lösen, genügt nicht theologische Ausbildung und moralischer Ernst"?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich stimme insofern nicht nur mit dem bayerischen Ministerpräsidenten überein, sondern auch mit Kardinal Höffner, der diesen ausdrücklichen Vorbehalt bei seiner entsprechenden Erklärung gemacht hat. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Weitere Zusatzfrage, Herr Mann.

Norbert Mann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001417, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Sind Sie bereit, dem bayerischen Ministerpräsidenten die eben bei der Beantwortung meiner Frage im Parlament geäußerte Auffassung nachdrücklich in der Öffentlichkeit oder auch auf andere Weise zur Kenntnis zu bringen?

Not found (Staatssekretär:in)

Dazu bin ich bereit.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich rufe die Frage 78 des Abgeordneten Mann auf: Teilt die Bundesregierung die am 17. September 1986 vom bayerischen Ministerpräsidenten Strauß in Freising geäußerte Auffassung, ein Ausstieg aus der Atomenergie bedeute einen Rückschritt ins 19. Jahrhundert und seine Lebensverhältnisse? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Kerntechnik hat in vielen Sparten der deutschen Industrie und des Handwerks neue Maßstäbe gesetzt in bezug auf Qualität und Qualitätsbewußtsein. Technische Entwicklungen, die Deutschland zu einer der führenden Industrienationen der Welt gemacht haben, wurden durch sie forciert und gefördert. Außerdem leistet die Kerntechnik auf absehbare Zeit einen unverzichtbaren Beitrag zu einer gesicherten Stromversorgung, auf die gerade eine moderne Industriegesellschaft angewiesen ist. In diesem Sinne teilt die Bundesregierung die vom bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß geäußerte Auffassung.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Mann, Sie haben dazu eine Zusatzfrage? - Bitte schön.

Norbert Mann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001417, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß der Ausstieg aus der Kernenergie mit der Entwicklung insbesondere regenerativer Energiequellen einen Einstieg sozusagen ins 21. Jahrhundert bedeuten würde?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Schulte ({0}).

Stefan Schulte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002102, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Können Sie mir bezüglich der Schlußfolgerung zustimmen, daß sich der Staat Österreich, der ja bekanntlich nicht in die zivile Nutzung der Atomenergie eingestiegen ist, heute noch in einem ähnlichen Zustand wie im 19. Jahrhundert befindet? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, ob Sie eine Antwort auf diese rhetorische Frage erwarten. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Ich betrachte das als Antwort auf eine gestellte Frage. Ich habe noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Rusche.

Herbert Rusche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001906, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, wenn wir schon in die Vergangenheit gehen: Sind Sie mit mir der Meinung, daß eine Atomkatastrophe wie in Tschernobyl oder eine noch schlimmere Atomkatastrophe wie im Falle einer atomaren Auseinandersetzung dazu führen könnte, daß wir bis in die Steinzeit zurückgebombt werden oder zurückkommen? Wäre das auch in Ihrem Sinne?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, es ist in niemandes Sinne - weder im Sinne der Bundesregierung noch im Sinne irgendwelcher verantwortlichen und verantwortungsbewußten politischen Kräfte -, daß es zu einer Katastrophe kommt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Meine Damen und Herren, wir sind damit - wegen Zeitablauf - am Ende der Fragestunde. Ich muß Herrn Staatssekretär Dr. Wagner bitten, uns morgen noch einmal zu beehren, denn einige Fragen seines Geschäftsbereichs stehen dann noch an. - Danke für heute. Ich mache darauf aufmerksam, daß auch die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr morgen aufgerufen werden. Meine Damen und Herren, bevor wir zu unserem nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß wir auf der Ehrentribüne Gäste haben. Dort hat der Präsident der Abgeordnetenkammer des Großherzogtums Luxemburg, Herr Dr. Léon Bollendorff, Platz genommen. ({0}) Ich habe die Ehre, sehr geehrter Herr Präsident, Sie im Deutschen Bundestag zu begrüßen, wünsche Ihnen noch einen angenehmen Aufenthalt in unserem Land und hoffe, daß Sie gute Gespräche hier in Bonn haben. Wir freuen uns natürlich, daß Sie auch Berlin einen Besuch abgestattet haben, um sich persönlich ein Bild von der Lage der geteilten Stadt zu machen. Guten Aufenthalt hier, Herr Präsident! Ich rufe nun den Zusatzpunkt 1 der Tagesordnung auf: Aktuelle Stunde Welche Auswirkungen hat der Verkauf der Neuen Heimat Wohnungsbau auf die Wohnungs- und Grundstückssituation in der Bundesrepublik Deutschland? Die Fraktion der FDP hat gemäß Ziffer 1 c der Anlage 5 unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem genannten Thema verlangt. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Grünbeck.

Josef Grünbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000737, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 24. Mai 1972 hat der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes Grundsatzthesen über die Ziele und Funktionen der gemeinwirtschaftlichen Unternehmen aufgestellt. Dort heißt es u. a.: Die Gewerkschaften streben eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung an, die jedem ArbeitGrünbeck nehmer ein Höchstmaß an Freiheit und Selbstverantwortung gewährleistet und ihn an der Gestaltung der Wirtschaft gleichberechtigt beteiligt, den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht verhindert, die Erkenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge durch Offenlegung aller Daten ermöglicht. Die dem Gemeinwohl verpflichteten gemeinwirtschaftlichen Unternehmen - die Unternehmensgruppe der Bank für Gemeinwirtschaft, der Neuen Heimat und der Volksfürsorge - wirken an der Verwirklichung dieser gewerkschaftlichen Ziele mit. Es klingt nach den Ereignissen der letzten Monate und insbesondere nach der Nacht-und-NebelAktion der letzten Tage wie Hohn, wie Anspruch und Wirklichkeit beim Deutschen Gewerkschaftsbund auseinanderklaffen. ({0}) Da ziehen Gewerkschaftsfunktionäre durchs Land und verkünden die Demokratisierung der Wirtschaft und die Ausweitung der Mitbestimmung. Herr Steinkühler, Aufsichtsrat der Neuen Heimat, will zu neuen Ufern aufbrechen, aber er hinterläßt mit seinen Kollegen einen Sumpf, den er durch Vernachlässigung seiner Aufsichtsratspflicht mit verschuldet hat. Wo gibt es eigentlich nach dem Zweiten Weltkrieg einen Fall, wo Funktionäre - allesamt SPD-Mitglieder - in einer so selbstgefälligen, ignoranten und arroganten Art Mitgliederbeschlüsse unterlaufen haben? ({1}) Was hier geschehen ist, ist der Verrat an der Basis des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Der DGB hat den Anspruch auf soziale Gerechtigkeit mit Füßen getreten und das Vertrauen in die gemeinnützige Wohnungswirtschaft schwer erschüttert. Hintergangen hat der Deutsche Gewerkschaftsbund die Bundesregierung, indem er die Verhandlungen über eine mögliche Konsolidierung mit der Zusage der Offenlegung aller Bücher einleitete. In Hamburg mußte die Herausgabe der Unterlagen gerichtlich erstritten werden. Die Arbeit des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages sollte durch prozessuale Finessen behindert werden. Die SPD hat sich hier schwer belastet, weil ihre Arbeit im Ausschuß erkennen läßt, daß sie verzögert und verschleiert und verharmlost, statt beim Ausmisten zu helfen, wie man anfangs versprochen hatte. ({2}) Selten hat ein Fall so deutlich gezeigt, welcher Schaden für das Gemeinwohl durch die Verflechtung von Parteibuchinhabern und Funktionären entstehen kann. ({3}) Trotz 10 Milliarden an Subventionen, trotz Steuerbefreiung, trotz großzügiger Unterstützung durch die Länder und durch die Kommunen ist ein Schaden entstanden, der unüberschaubar ist. Hintergangen wurden die Mieter. Wir beteiligen uns nicht an den mitunter überzogenen Verunsicherungen der Mieter. ({4}) Aber die Verwirrung durch die öffentlichen Aussagen von SPD-Mitgliedern - Ihnen wird gleich das Lachen vergehen - und die damit verbundene Verunsicherung der Mieter sind groß. Der Mieterbund erklärt - heute in der Presse zu lesen - über seinen Präsidenten und SPD-Abgeordneten Jahn: Es ist unerträglich, daß öffentlich über das Schicksal von über einer halben Million Menschen spekuliert wird, ohne daß Einzelheiten der Verkäufe der Neuen Heimat bekannt sind. Ja, was soll denn das eigentlich, wenn der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Mieterbundes im Aufsichtsrat der Neuen Heimat sitzt? ({5}) Fast eine Million Menschen wohnen in den Wohnungen der Neuen Heimat. Sie sind nicht durch uns, meine Damen und Herren, nicht durch die Öffentlichkeit, sondern durch die Mißwirtschaft der Manager und Aufsichtsräte der Neuen Heimat verunsichert worden. ({6}) Hintergangen fühlen sich die Steuerzahler, hintergangen fühlen sich die Banken, die über Jahre hin großzügige Kredite gewährt und in den letzten Monaten auch ständig die Kreditfristen verlängert haben. Hintergangen fühlt sich Herr Meier-Preschany, der die Konsolidierung versucht hat und über diese Nacht-und-Nebel-Aktion nicht informiert wurde und aufgegeben hat. Hintergangen fühlen sich die Mitarbeiter der Neuen Heimat, die unter Verletzung der Informationspflicht einfach vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. ({7}) Hintergangen muß sich natürlich auch der Gesetzgeber fühlen, der im bisherigen Untersuchungsausschuß über 200 Gesetzesverstöße analysiert hat; ob das nun Vorsatz, Fahrlässigkeit, Unfähigkeit oder Schluderei war, das bleibt für die einzelnen Manager und Aufsichtsräte individuell zu verteilen. Aber daß man - im Untersuchungsausschuß wurde das festgehalten - die Mieter übervorteilt hat, steht fest: Zu hohe Mieten und zu hohe Mietnebenkosten sowie Nachteile bei der Eigentumsbildung sind Inhalt vieler Auseinandersetzungen. Wer übernimmt hier die Folgeforderung? Beim Verkauf der Wohnungen hat sich das in erschreckender Deutlichkeit gezeigt. Mieter mußten etwa 1 200 bis 1 400 DM bezahlen. Die DGB-Tochter BGI hat die gleichen Objekte für 700 DM gekauft. Jetzt wurden die Wohnungen, wenn man den Zahlen Glauben schenken darf, für 5 DM verschleudert. Die Schuldenübernahme ist ungeklärt, der Konkurs ist nicht gebannt.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Josef Grünbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000737, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Wenn Sie mir noch den letzten Satz gestatten, Herr Präsident. Die Musterknaben -

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Nein, Herr Abgeordneter. ({0})

Josef Grünbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000737, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich danke Ihnen sehr. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jahn ({0}). ({1})

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Auftritt des Herrn Grünbeck hat die Erwartungen erfüllt, die seine Freunde in ihn gesetzt haben: Er hat, wie er meint, einen wirkungsvollen Beitrag zum Wahlkampf geleistet. Zum Thema hat er nicht gesprochen. ({0}) Wohnungspolitische Auswirkungen hat der Verkauf der Neuen Heimat in erster Linie für die Mieter. ({1}) Deren Schutz für die Sicherheit ihrer Wohnungen und vor ungerechtfertigten Mieterhöhungen ist die Kernfrage. ({2}) Die endgültigen Wirkungen des Verkaufs der Neuen Heimat an einen Unternehmer kann man nur beurteilen, wenn man die Bedingungen kennt. Niemand kennt sie bisher. Jedes Vorurteil ist deshalb fehl am Platze. ({3}) Eine Offenlegung der Vertragsinhalte ist geboten; dann werden wir die Zukunft der Mieter der Neuen Heimat sicher beurteilen können. Daß sich heute alle Fraktionen des Deutschen Bundestages zum Schutz der Mieter bekennen, ist für uns Sozialdemokraten, gemessen an der Politik dieser Koalition, die ihre Arbeit mit einem Angriff auf die Mieterrechte begonnen hat, ein ganz neues Erlebnis. ({4}) So viele Freunde der Mieter im Deutschen Bundestag zu sehen, dies macht Spaß. ({5}) Aber, meine Damen und Herren, Sie werden bald unter Beweis stellen können, ob Sie hier Propaganda machen oder ob Sie es ernst meinen. Heute gilt, daß Mieter keine Sorge zu haben brauchen. Die Gemeinnützigkeit ist gewahrt, die Sozialbindung bei den öffentlich geförderten Wohnungen besteht fort. Deshalb braucht heute kein Mieter Angst und Sorgen zu haben. ({6}) In der Bundesrepublik Deutschland gilt immer noch das Mietrecht, das von uns Sozialdemokraten in seinem Kern geschaffen worden ist und das aufrechtzuerhalten die vorrangige politische Aufgabe ist. Unverändert gilt der Grundsatz fort: Kauf bricht Miete nicht. Bestehende Mietverträge auch der Mieter der Neuen Heimat gelten unverändert weiter. ({7}) Kein Mieter kann gezwungen werden, einen neuen und im Zweifel schlechteren Mietvertrag zu unterschreiben. Die meisten Mieter haben sogenannte Dauermietverträge, die normalerweise überhaupt nicht gekündigt werden können, auch nicht durch die neuen Eigentümer. Diese Dauermietverträge umfassen auch die Mietpreisbindung nach dem Gemeinnützigkeitsrecht. Willkürliche Mieterhöhungen sind gegenwärtig ausgeschlossen. Auch die Umwandlung in eine Eigentumswohnung kann den Mieter nicht von heute auf morgen auf die Straße setzen. Die Kündigungssperre von drei Jahren gilt fort. ({8}) Der Schutz vor ungerechtfertigten Modernisierungen gilt fort. Heute sind die Rechte des Mieters klar. Unsicher aber ist die zukünftige Entwicklung. Hier wird sich zu beweisen haben, ob die lautstark gerade von Ihnen vorgetragene Forderung nach Schutz der Mieter nur ein Vorwand für Ihre politischen Angriffe und Ihre Polemik ist oder ob Sie bereit sind, diesen Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen. ({9}) Schon das geltende Mietrecht ist verbesserungsbedürftig. Wir Sozialdemokraten haben durch unseren Entwurf zur Sicherung preiswerten Wohnens dargetan, was notwendig ist. Es kann noch mehr notwendige Entscheidungen geben. Wenn die Sorge um das Wohl der Mieter bei Ihnen nicht aufgesetzt, sondern ernst gemeint ist, wird es noch in dieser Wahlperiode, aber auch in der weiteren Zukunft Gelegenheit genug geben, dies durch Sachentscheidungen darzutun. ({10}) Wir Sozialdemokraten erwarten, daß all diejenigen, die heute für die Mieter einzutreten vorgeben, dann bei der Sache und für deren Sache sind. ({11})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Gerster.

Dr. h. c. Johannes Gerster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000671, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Gerster ({0}) Piano und den Rechtfertigungsversuchen des Herrn Jahn zugunsten der Neuen Heimat verrät er die Interessen der Mieter. Sie sollten die Funktion des Mieterbundpräsidenten zur Verfügung stellen, Herr Jahn! ({1}) Nach dem Krieg half die Neue Heimat in vorderster Reihe mit, den zerstörten Wohnungsbestand wieder aufzubauen. Doch der Kleinwohnungsbau war den Eigentümern der Neuen Heimat in den 60er und 70er Jahren nicht mehr gut genug. 1969 wurde die Neue Heimat Städtebau gegründet. Kongreßzentren in aller Welt, Großwohnanlagen im Urwald von Venezuela und Luxushotels in Monaco wurden gebaut. Größenwahn herrschte auch im sozialen Wohnungsbau. Mit geringem Eigenkapital wurden riesige Grundstückshalden gekauft. „Klotzen statt kleckern" war die Devise, egal, was es kostet und wer es bezahlt. Der Höhenflug ging schief. Der Baulöwe Neue Heimat geriet ins Trudeln, der unternehmerische Sündenfall nahm seinen Lauf. Die Neue Heimat wurde zur Melkmaschine der Gewerkschaften. Gewinne im gemeinnützigen Bereich wurden in die Gewerkschaftskassen umgeleitet, Verluste der Neuen Heimat Städtebau dem gemeinnützigen Wohnungsbau auferlegt. ({2}) Das gesetzlich gebundene, zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus bestimmte Vermögen der Neuen Heimat verkam zum Reservetank der Gewerkschaften für Spritztouren in die weite Welt der Bauwirtschaft. Die Tankfüllung bezahlte der kleine Mann. Die Neue Heimat kassierte 10 Milliarden DM Steuersubventionen für den sozialen Wohnungsbau. Jeder Steuerzahler zahlte bisher bereits 500 DM für die Tankrechnung. Die von den Sozialmietern gezahlten Instandhaltungspauschalen wurden zweckentfremdet. Statt den Wohnungsbestand in Ordnung zu halten, wurden Hunderte von Millionen Mark auf dem Rücken von Sozialmietern ins leckgeschlagene Flaggschiff Neue Heimat gestopft. Mitwirkender: Ihr hauptamtlicher Direktor Schlich, Herr Jahn, als Aufsichtsratsmitglied der NWDS in Norddeutschland. 1982 läuteten die Alarmglocken, die Geschäftsführung wurde ausgetauscht, doch die Methoden blieben die gleichen. ({3}) Entgegen hehren Versprechungen, das leckgeschlagene Schiff zu sanieren, suchte der DGB fortan nur nach einer Gelegenheit, die Neue Heimat loszuwerden. Jetzt hat er es scheinbar geschafft. Der DGB hat sich um die Arbeitnehmer große Verdienste erworben, doch jetzt beim Verkauf hat er die Rechte der Arbeitnehmer in beschämender Weise mit Füßen getreten. ({4}) Der DGB hat sich auch um den Wohnungsbau des Landes große Verdienste erworben, doch jetzt beim Verkauf der Neuen Heimat entledigt er sich der Mieter, als wären sie unnützer Ballast. Der DGB hat sich auch in der Sozialpolitik für den kleinen Mann Verdienste erworben, doch jetzt beim Verkauf stößt er 900 000 Sozialmieter ab, überläßt sie einem unsicheren Schicksal. Die Verkaufsaktion der Neuen Heimat könnte dem Drehbuch eines kapitalistischen Horrorfilms entstammen. Wie ein Räuber in der Nacht stiehlt sich der DGB davon, und die SPD deckt den Rückzug. Haben das die unrechtmäßigen Millionenspenden der Neuen Heimat an die Friedrich-Ebert-Stiftung bewirkt? ({5}) Meine Damen und Herren, was ist zu tun? Erstens. Der DGB hat für den sozialen Wohnungsbau kassiert. Also muß er auch in Zukunft für die Sozialmieter haften. ({6}) Zweitens. Die SPD redet oft von der Sozialbindung des Eigentums. Zu Recht! Sie sollte dem DGB in diesem Sinne zureden, statt seine Untaten zu verteidigen. Drittens. Der Staat ist nicht Ausputzer kapitalistischer Sünden, auch dann nicht, wenn der DGB sie begangen hat. Der Staat ist vielmehr der Anwalt der Kleinen; daher helfen wir den Mietern, nicht den Bankrotteuren. ({7}) Meine Damen und Herren, dieser Skandal wird aufgeklärt. Wir werden den DGB-Vorsitzenden Breit bereits in der nächsten Woche vor den Untersuchungsausschuß laden und ihn zu diesen Vorgängen vernehmen. Ich fordere den DGB auf: Stellen Sie sich einer ehrlichen Zusammenarbeit. ({8}) Sie ist im Interesse der betroffenen Mieter notwendig. Wenn Sie von der SPD es mit den Mieterschicksalen ernst nehmen, fordern Sie Ihre Genossen im Aufsichtsrat der Neuen Heimat auf, diesem merkwürdigen Vertrag nicht zuzustimmen. Damit können Sie helfen. ({9})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Werner ({0}).

Gerd Peter Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002482, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bisher wissen wir alle über den angeblichen Verkauf der Neuen Heimat an ein Unternehmen des Großbäckers Schiesser so wenig, daß wir hier nur spekulieren können. Ich will einmal verdeutlichen, wie sich mir die Angelegenheit bisher darstellt: Die bundesdeutsche Öffentlichkeit erfährt, daß das gemeinnützige Unternehmen Neue Heimat wirtschaftlich todkrank ist, heruntergewirtschaftet von den eigenen Leuten. Ein Großbäcker schreibt an den Eigentümer, er wolle das Unternehmen kaufen. Der Brief landet zunächst in einer Schublade für Skurriles, wo die Querulantenzuschriften liegen. 17930 Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode Werner ({0}) Der Großbäcker ist bisher dadurch hervorgetreten, daß er z. B. Aldi-Brot als Biobrot verkaufte. ({1}) Es ist wohl angemessen zu vermuten, daß er Wohnungsspekulation im Zweifelsfall als Wohnungsgemeinnützigkeit darzustellen versuchen würde. Nach Monaten wird sein Brief aus dem Schubkasten hervorgeholt, und das Unternehmen wird dem Großbäcker Schiesser verkauft, für den Kaufpreis von einer Deutschen Mark. Gestern sagte ein Sprecher aus dem Bereich des DGB-Vorstandes, der Vertrag enthalte angeblich eine aufschiebende Bedingung, daß nämlich das Einverständnis der Gläubigerbanken herbeigeführt werden müsse. Von einem Abteilungsleiter des Herrn Schiesser wurde das öffentlich dementiert. Er behauptet, es gebe einen solchen Vertragsbestandteil nicht. Wir haben nun alle am letzten Montag dem „Spiegel" entnehmen können, daß Herr Schiesser zwar noch nicht mit den Banken geredet habe, daß er aber erwarte, die Banken müßten zwei Jahre stillhalten. Wir GRÜNEN gehen davon aus, daß - wie auch bisher schon beim Verkauf von NH an BGI - das langfristige Konzept die Entlassung aller Wohnungsbestände aus den Bindungen ist. Das bedeutet Kündigung, Weiterverkauf und Mieterhöhungen, nichts anderes. ({2}) Die Begleitmusik: Der Mieterbund beschwichtigt und beruhigt die Mieter, der Bundesminister beruhigt die Mieter, der Herr Schiesser beruhigt die Mieter, und sogar mit dem Fernbedienungsknopf für Videotext kann man vor dem Fernseher eine Auskunft als Neue-Heimat-Mieter bekommen, die einen beruhigen soll. Diese ganze Story soll ich nun so einfach glauben. Aber ich kann sie einfach nicht glauben. Sie ist unglaublich! Mein gesunder Menschenverstand sagt mir: Das Ganze ist nur ein Theaterdonner. Das ist Vernebelung. Bis zum Beweis des Gegenteils durch Vorlage des Kaufvertrages denke ich: Das Ganze ist ein Ablenkungsmanöver, das ist ein grober Keil auf einen groben Klotz. Der grobe Klotz, das war das CDU-Papier, mit dem Sie die Wahlkampfschlammschlacht mit einem Zeitplan eröffnet haben, wie Sie in diesem Untersuchungsausschuß vorgehen wollten. Dieser peinliche Klotz wurde seinerzeit enthüllt, woraufhin Herr Hüsch, der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, in einer Fernsehsendung erklärte, es zeige, so könne die CDU eben planen und auch durchführen, was sie plane. ({3}) Ich glaube, daß diesen Koalitionsstrategen hier ein Überstratege, ein Gegner erwachsen ist, der ihnen womöglich überlegen ist. Die Wirkung hat sich schon gezeigt: Heute war im Untersuchungsausschuß so ziemlich das brisanteste Thema des ganzen Skandals auf der Tagesordnung, nämlich die verdeckte Beteiligung von Neue-Heimat-Managern an Begleitfirmen, an denen ganz kräftig zu verdienen war, so bei Antennenbau, Heizung usw. ({4}) Folge: Die Presse war kaum vorhanden. ({5}) Es interessiert sie nicht mehr. ({6}) Also, der Coup hat schon einiges erreicht. Bisher muß ich noch davon überzeugt sein, daß die Affäre Schiesser sich als großes Windei herausstellen wird. Das Ergebnis wird am Ende dröhnendes Gelächter sein oder auch klammheimliche Freude, je nach Temperament, natürlich auch Verärgerung. ({7}) Aber wenn sich dieser Nebel dann verzogen hat oder wenn wir das Unglaubliche durch Vorlage eines Vertrages mit sämtlichen Nebenabreden dann doch bestätigt bekommen, müssen wir hier in Bonn zur Tagesordnung übergehen, und die heißt: Rettung der sozial gebundenen Mietwohnungsbestände, die für eine halbe Million Menschen Heimat und Lebensgrundlage sind. Was es heißt, als Mieter der Neuen Heimat durch Wohnungsverkäufe verunsichert zu werden, konnte ich in meinem Heimatort Westerland hautnah erleben. Die Betroffenheit vor Ort hat Ausmaße, denen sich ein Politiker vor Ort gar nicht entziehen kann. Folgerichtig kam es in Westerland zum Kauf der Wohnungen durch die Stadt - alle Rathausparteien haben dafürgestimmt. Welche Grundlagen für eine bundesweite Rettung der Neue-Heimat-Wohnungsbestände liegen jetzt vor? Die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hessen stehen kurz vor dem Kauf ihrer NeueHeimat-Regionalgesellschaften, übrigens in Hessen dank grüner Mitwirkung mit einem beachtlichen Element der Mieterselbstverwaltung. Die Bundesländer Hamburg, Bremen und Berlin haben auch noch nach Bekanntwerden des angeblichen Verkaufs ihr Interesse am Kauf der regionalen Bestände bekundet. Bundesminister Schneider hat Hilfsbereitschaft signalisiert. Der inzwischen zurückgetretene Neue-Heimat-Sanierungsbeauftragte Meier-Preschany hat von den Hypothekenbanken gewissen Zugeständnisse erreichen können. Der DGB hat offenbar bereits 1 Milliarde DM Kapital nachgeschossen - zum Ausgleich der Bilanzverluste 1985 und 1986.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist beendet.

Gerd Peter Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002482, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Was hindert uns jetzt eigentlich noch, im Interesse einer bundesweiten Lösung an einen Tisch zu kommen und zu verWerner ({0}) handeln? Ist es wirklich nur noch Ihr Wahlkampfkonzept, was uns daran hindert? Dann hielte ich das für absolut nicht mehr angemessen. Vielen Dank. ({1})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau.

Dr. Oscar Schneider (Minister:in)

Politiker ID: 11002048

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat der Verkauf der Neuen Heimat durch den DGB überrascht. Sie sieht mit großer Sorge die Folgen, die sich für die Mieter, die Mitarbeiter, die Geschäftspartner der Neuen Heimat, die Kreditwirtschaft, den Immobilienmarkt und nicht zuletzt die öffentliche Hand als Darlehensgeber und Bürgen ergeben können. ({0}) Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Einzelgewerkschaften haben ihr als Musterbeispiel für gemeinwirtschaftliches Handeln gepriesenes Unternehmen Neue Heimat in einer Nacht-und-NebelAktion abgestoßen. Sie versuchen damit, sich ihrer Verantwortung für Mißwirtschaft und Mißmanagement zu entziehen. Ganz offensichtlich: Der DGB hat kapitalistischen Erwägungen gegenüber sozialer Verantwortung den Vorrang gegeben. ({1}) Außer der Tatsache des Verkaufs, die mir der Vorstandsvorsitzende der Neuen Heimat, Herr Dr. Diether Hoffmann, am Freitagvormittag der vergangenen Woche telefonisch mitgeteilt hat, liegen der Bundesregierung keine Informationen über Einzelheiten des Geschäfts vor. ({2}) Zum gegenwärtigen Zeitpunkt läßt sich ein klares Bild nicht gewinnen. Die Verträge zwischen den Gewerkschaften und Herrn Schiesser, deren Kenntnis eine genauere Beurteilung ermöglicht hätte, werden weiter geheimgehalten. Es ist gegenwärtig nicht erkennbar, wie der neue Eigentümer der Neuen Heimat das Unternehmen sanieren will. Wenn nun von der Gewerkschaftsseite, aber auch von der Opposition behauptet wird, die öffentliche Hand und hier insbesondere die Bundesregierung hätten eine Sanierung der Neuen Heimat von vornherein zunichte gemacht, werden die Tatsachen auf den Kopf gestellt. ({3}) Meine Damen und Herren, ich darf darauf verweisen, daß ich im Oktober 1985 dem Herrn Bundeskanzler einen Bericht über die Lage der Neuen Heimat vorgelegt habe. Dieser Bericht dokumentiert Sachlichkeit und meinen ernsthaften Versuch, fair und sachbezogen den durch Fehlverhalten der Herren der Neuen Heimat entstandenen Schaden zu begrenzen. Dieser Bericht wurde weder seinem Inhalt noch seiner Form oder seinem Stil nach jemals kritisiert. Als mich dann meine Länderkollegen im Dezember 1985 gebeten hatten, ich möge die Rolle des Moderators, des Koordinators im Verhältnis zum Deutschen Gewerkschaftsbund und zur Neuen Heimat für die elf Länder gemeinsam mit dem Bund übernehmen, habe ich mich dieser delikaten Aufgabe nicht entzogen. Es kam am 5. Februar 1986 zu einer gemeinsamen Sitzung der elf Länderminister mit mir einerseits ({4}) und Herrn Breit vom DGB sowie Herrn Hoffmann von der Neuen Heimat andererseits. Wir waren uns darüber im klaren, ein sachliches Gespräch, das die Grundlage für weitere Gespräche mit dem Ziel sein könnte, den Schaden für Mieter und die Geschäftspartner zu begrenzen, führen zu sollen. Als Grundlage mußte eine Kenntnis der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Neuen Heimat dienen. ({5}) Wir haben uns darauf geeinigt, bei der Treuarbeit AG in Frankfurt ein Gutachten zu bestellen. ({6}) Dieses Gutachten sollte Aufschluß geben über das Vermögen der Neuen Heimat, über ihre Verbindlichkeiten, über die Art und die Fälligkeiten der Verbindlichkeiten. Wir wollten Auskunft haben über die konzerninternen Verpflichtungs- und Haftungsverflechtungen. Die elf Länderminister und ich waren damals der Auffassung: Wenn dieses Gutachten vorliegt, haben wir ein Fundament, eine Grundlage für weitere Gespräche. Am 20. März 1986 erschienen Herr Lappas und Herr Hoffmann bei mir und erklärten mir: Wir ziehen unsere Zusage zurück, wir werden kein Gutachten erstellen lassen, die Akten der Neuen Heimat werden geschlossen bleiben. ({7}) Alle Versuche der Bundesregierung, zusammen mit den Ländern und Herrn Meier-Preschany an einer Lösung mitzuwirken, sind an der Weigerung des DGB gescheitert, ({8}) meine Fragen zum Status der Neuen Heimat durch einen neutralen Gutachter beantworten zu lassen. Der DGB hat die Aufgabe, die Neue Heimat zu sanieren, nicht bewältigt. Der DGB hat niemals ein schlüssiges Sanierungskonzept vorgelegt. Der DGB hat die Überprüfung der wirtschaftlichen Situation verhindert. Der DGB war nicht bereit, der gemeinnützigen und gemeinwirtschaftlichen Neuen Heimat mit dem branchenüblichen Eigenkapital zu Hilfe zu kommen. Der DGB hat die Interessen sei17932 ner Mieter, seiner Mitarbeiter und seiner Geschäftspartner rücksichtslos verletzt. ({9}) Der DGB hat der Idee der Gemeinwirtschaft und der Gemeinnützigkeit - ich sage das mit tiefer Besorgnis, ich sage es auch mit großer Verärgerung - unermeßlichen Schaden zugefügt. Das, was Herr Meier-Preschany in monatelangen mühevollen Verhandlungen erreicht hatte, wurde über Nacht zunichte gemacht. Das letzte Gespräch zwischen ihm und mir fand am 14. August 1986 statt, und es war ein ernsthaftes Gespräch. Ich möchte an dieser Stelle einmal die Frage stellen, wie die Gewerkschaften reagiert hätten, wenn sich ein privater Unternehmer ein derartiges Verhalten erlaubt hätte. ({10}) Statt die eigenen Mieter und Mitarbeiter aufzuklären und die Gläubiger zu informieren, ziehen Neue Heimat und Gewerkschaften es vor, alle Beteiligten im Ungewissen zu lassen. Sie haben es damit zu verantworten, daß die Gefahr eines Konkurses auch weiterhin in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Ich bin bereit, mit dem neuen Eigentümer zu sprechen, ({11}) um den Schaden für die Mieter, Mitarbeiter und Gläubiger zu begrenzen. Die Bundesregierung hofft, daß ein Konkurs vermieden werden kann. Aber das geht nicht ohne Opfer auf seiten der Eigentümer. Die bestehenden Zweifel können nur der DGB und der neue Eigentümer ausräumen. Ich bin betroffen, ich bin wirklich betroffen von der zynischen Rücksichtslosigkeit, mit der die Verantwortlichen im DGB gegen Mitarbeiter und Geschäftspartner vorgehen. ({12}) Meine Damen und Herren, der DGB kann sich nicht auf den Vergleich mit anderen Sanierungsfällen in der deutschen Wirtschaft berufen, was immer wieder geschieht. Alle anderen Unternehmen haben zuerst alle ihre Bücher offengelegt; alle anderen Unternehmen haben ein eigenes Sanierungskonzept entwickelt. ({13}) Es gibt keinen einzigen Fall, bei dem es irgendwelche Gespräche mit einem Unternehmen gegeben hätte, ({14}) wo die Bundesregierung, der Bund in irgendeiner Form als Bürge aufgetreten wäre, ({15}) bei dem nicht alle Fakten, alle Zahlen, alle Daten auf dem Tisch gewesen wären. ({16}) Alle anderen Unternehmen haben einen Eigenbeitrag geleistet, und vor allen Dingen: Kein Unternehmen hat 10 Milliarden DM Fördermittel vom Staat erhalten, kein Unternehmen war gemeinnützig, kein Unternehmen war gemeinwirtschaftlich, kein Unternehmen hatte zuvor eine zweifache Subvention erhalten, einmal durch Förderung im sozialen Wohnungsbau und zum anderen durch Steuerbefreiung als gemeinnütziges Unternehmen. Soll denn der Steuerzahler zum dritten Mal Subventionen für die Neue Heimat oder für den DGB leisten? ({17}) Der Fall Neue Heimat ist in der deutschen Wirtschaftsgeschichte einmalig, ({18}) einzigartig, er ist beispiellos, ein Dokument frühkapitalistischer Rücksichtslosigkeit. ({19}) Welche privaten Unternehmer haben jemals so bedenkenlos gegen die betriebliche Mitbestimmung verstoßen? Wer hat sich jemals so skrupellos gegen seine Mitarbeiter benommen? Wer hat es je gewagt, so gnadenlos soziale Interessen zu verletzen? Wer in der deutschen Wohnungswirtschaft, so frage ich, welcher private Hauseigentümer hat jemals so blind mit kapitalistischem Eifer spekuliert wie die Neue Heimat? ({20}) Ich frage weiter in Erinnerung an die Eigentumsdebatte, die wir vor 15 Jahren im Deutschen Bundestag geführt hatten: Wer hat jemals so brutal gegen den Verfassungsgrundsatz „Eigentum verpflichtet" verstoßen? ({21}) Der DGB verkennt auch heute noch seine wirtschaftliche Verantwortung. Er verletzt bis zur Stunde das schier unermeßliche Vertrauen, das Mieter und Kreditgeber der Neuen Heimat entgegengebracht haben. Die Neue Heimat galt geradezu als eine mündelsichere Anstalt. Sie hat sich selber als Flaggschiff der sozialen und gemeinnützigen Wohnungswirtschaft verstanden. Jedenfalls ist sie in der Vergangenheit mit diesem Anspruch in der Öffentlichkeit aufgetreten. Sie hielt sich für so bedeutend, daß sie neben dem Gesamtverband der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft einen eigenen Verband gegründet hat, nämlich den „Verband gemeinwirtschaftlicher Unternehmen für Städtebau und Landesentwicklung". Der DGB - das ist die Wahrheit - verdunkelt, vernebelt, er bricht Zusagen, er hält seine Bücher verschlossen und fordert gleichzeitig öffentliche Hilfe, also Steuergelder von Arbeitnehmern, denen er gleichzeitig die MitbeBundesminister Dr. Schneider stimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz verweigert. ({22}) Welche rechtlichen, sozialen und moralischen Maßstäbe gelten für den Unternehmer Deutscher Gewerkschaftsbund überhaupt? Es gab in der Vergangenheit wohl kaum ein gemeinnütziges Unternehmen, dem von seiten der öffentlichen Hand so viel Vertrauen hinsichtlich der unternehmerischen Zuverlässigkeit und Kreditwürdigkeit entgegengebracht wurde wie der Neuen Heimat. Das gilt vor allem im Verhältnis zu den Städten und Gemeinden. Meine Damen und Herren, ob es Herrn Schiesser gelingen wird, die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens wiederherzustellen, wird entscheidend davon abhängen, ob es ihm gelingt, die schwer belasteten Verhandlungen mit den Banken wieder aufzunehmen. Hierüber können wir im Augenblick nur Vermutungen anstellen. Zur Situation der Mieter der Neuen Heimat ist trotz aller Unsicherheiten allerdings folgendes festzuhalten: Die vorliegende Verkaufsaktion ändert nichts an den bestehenden Mietverhältnissen. Die Neue Heimat bleibt unverändert gemeinnützig, solange sich die neuen Eigentümer gemeinnützig verhalten werden; lediglich der Name des Anteilseigners der Neuen Heimat hat sich geändert. Rund 80 % der Mietwohnungen der Neuen Heimat sind Sozialwohnungen. Mieter in diesen Sozialwohnungen genießen den stärksten Schutz. Die Wohnungen unterliegen auch weiterhin der Kostenmiet- und Belegungsbindung nach dem Wohnungsbindungsgesetz. Die übrigen etwa 50 000 Wohnungen unterliegen der gemeinnützigkeitsrechtlichen Kostenmietbindung. Dieser besondere gemeinnützigkeitsrechtliche Schutz ist eine über das allgemeine Mietrecht hinausgehende Sicherung. ({23}) Deshalb setze ich mich entschieden dafür ein, die Wohnungsgemeinnützigkeit als Teil der sozialen Absicherung der Wohnungspolitik zu erhalten. ({24}) Selbst bei einem nicht auszuschließenden späteren Verkauf von Gebäuden oder Wohnungen der Neuen Heimat an Dritte bleiben die Mieter durch das soziale Mietrecht geschützt. Das geltende Mietrecht gewährt dem Mieter gegenüber einem nichtgemeinnützigen Erwerber denselben Schutz wie gegenüber dem jetzigen Eigentümer. Der Erwerber tritt mit allen Rechten, aber auch mit allen Pflichten in das bestehende Mietverhältnis ein. Es bleibt bei dem Grundsatz: Kauf bricht nicht Miete. Durch den Verkauf wird weder der Kündigungsschutz noch der Schutz vor überzogenen Erhöhungen der Miete verringert. An die Stelle der Kostenmiete tritt allerdings bei einem Teil der Wohnungen, bei den 50 000 Wohnungen, die Vergleichsmiete. Lassen Sie mich aber mit aller Deutlichkeit feststellen: Der Wechsel von einem gemeinnützigen zu einem nichtgemeinnützigen Vermieter ist nach dem Verständnis der Neuen Heimat und des Deutschen Gewerkschaftsbundes ein sozialer Abstieg. Von 15 Millionen Mieterhaushalten der Bundesrepublik Deutschland haben fast 12 Millionen einen nichtgemeinnützigen Vermieter. Zur Zeit gibt es noch 4 Millionen Sozialmietwohnungen; davon sind 2,4 Millionen gemeinnützig. Mieterschutz, die Wahrung der Rechte der Mieter fällt in erster Linie in die Verantwortung des Vermieters. Die Bundesregierung wird streng darauf achten, daß die Rechte der Mieter durch Gesetze und öffentliche Bestimmungen geschützt bleiben. ({25}) Es ist aber Aufgabe derer, die vermieten, die Mieter vor Sorge, Angst und Bedrängnis zu bewahren. Nicht die Bundesregierung hat die Unruhe bei den Mietern der Neuen Heimat hervorgerufen. ({26}) Diese Unsicherheiten und besorgten Fragen haben ausschließlich die Neue Heimat und ihr Gesellschafter und Eigentümer, der DGB, zu verantworten. ({27}) Noch ein Wort zu den unmittelbaren Hilfen der Bundesregierung für die Mieter. Es trifft zu: Die Bundesregierung war nicht bereit und ist nicht bereit, die aus einer unvorstellbaren Mißwirtschaft der Neuen Heimat entstandenen Verluste mit Steuermitteln auszugleichen. ({28}) Die Bundesregierung hat aber zu keinem Zeitpunkt flankierende Maßnahmen zugunsten der Mieter ausgeschlossen. ({29}) Der entscheidende Beitrag der Bundesregierung zur sozialen Sicherung der Mieter ist die Erhöhung des Wohngelds um 900 Millionen DM auf weit über 3 Milliarden DM jährlich. ({30}) Jeder Wohngeldempfänger erhält seit dem 1. Januar 1986 durchschnittlich 40 DM mehr Wohngeld. ({31}) Das ist die handfeste Antwort der Regierung Kohl auf das Gerede der SPD von einem Abbau der Sozialleistungen. ({32}) Nicht die Bundesregierung verletzt die sozialen Interessen der Arbeitnehmer, der DGB betreibt Sozialabbau; er betreibt Demontage der Wohnungsge17934 meinnützigkeit. Er straft seine eigenen Ansprüche und Versprechen Lügen. ({33}) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich aus den Beschlüssen des 12. Ordentlichen DGB-Kongresses vom Mai 1982 zur Wohnungspolitik und der Politik der gemeinwirtschaftlichen Unternehmen zitieren. Hier heißt es: Der 12. Ordentliche Bundeskongreß des DGB bekräftigt die Forderung nach Bestandssicherung für Sozialwohnungen als wichtigen sozialen Ordnungsfaktor auf dem Wohnungsmarkt. Daher sind auch öffentliche Förderungsmittel unbegrenzt an ihren sozialen Zweck zu binden. ({34}) Der 12. Ordentliche Bundeskongreß fordert daher den Gesetzgeber auf, sicherzustellen, daß durch gesetzliche Regelungen Mißbrauch verhindert wird. In diesem Zusammenhang wird besonders auf die vorbildlichen Grundsätze im Rahmen der Neuen Heimat hingewiesen. ({35}) Meine Damen und Herren, mir ist das sehr ernst. Ich habe deshalb die zuständigen Minister und Senatoren der Länder für den 30. September zu einem Gespräch nach Bonn eingeladen, um die neue Lage mit ihnen zu besprechen. ({36}) Die Bundesregierung beharrt nicht bei Kritik und Tadel. Sie wiederholt ihre Fragen an den DGB und den neuen Eigentümer der Neuen Heimat. Der DGB ist durch den Verkauf von 190 000 Wohnungen aus seiner Pflicht und Verantwortung als Unternehmer nicht entlassen. Der neue Eigentümer wird sich der Schwere und Größe seiner Verantwortung wohl bewußt sein. Ich denke an seine Verantwortung gegenüber den Mietern, Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Banken. Selbstverständlich: Auch die Banken haben mit ihren Kreditgeschäften mit der Neuen Heimat Verantwortung und Risiken übernommen. Es gibt Fragen nach der Durchgriffshaftung im Konzernbereich, nach der Bewertung der Grundstücke und Wohnungen, nach den Verpflichtungs- und Haftungsverflechtungen innerhalb des NH-Konzerns. Entscheidend scheint mir die Frage zu sein: Was ist die Neue Heimat noch wert? Wer bezahlt ihre Schulden? Durch welche Vermögen sind diese Schulden gedeckt? Es gibt - leider - viel mehr Fragen als Antworten. DGB, Neue Heimat und Herr Schiesser bleiben aufgefordert, den Durchblick zu öffnen. Der Nebel muß weg, das Dunkel muß der Wahrheit weichen! ({37}) Wir brauchen endlich klaren Überblick: Die Tatsachen müssen auf den Tisch, der neue Eigentümer muß Zahlen nennen, DGB und Herr Schiesser müssen den Vertrag veröffentlichen. Wir müssen seine Konditionen, den Preis endlich erfahren. In unserem Land fragt sich jedermann, wie es einem mittelständischen Unternehmer gelingen soll, den hochverschuldeten NH-Konzern zu sanieren, ({38}) wenn sich die reichste Gewerkschaft Europas aus ihren eigenen Reihen dazu ganz offensichtlich außerstande gesehen hat. Und: Der DGB muß verhindern, daß dem Trauerspiel „Neue Heimat" nicht noch das Satyrspiel „Die Neue Gesellschaft" folgt. ({39})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Müntefering.

Franz Müntefering (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001570, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, es ist richtig: Wir haben Anfang des Jahres, weil die Mieter im Mittelpunkt unserer Überlegungen stehen müssen, gehofft, es könnte bei dem Versuch einer politischen Lösung etwas herauskommen. ({0}) Denn da sagte der Bauminister Schneider, da sagte der Staatssekretär Jahn, da sagte der Herr Worms in Nordrhein-Westfalen: Laßt uns überlegen, was denn möglich ist! Und wenn sich denn Eigentümer und wenn sich denn Banken bewegen, ({1}) wird sich auch die öffentliche Hand bewegen. Das war unser Eindruck. Aber dann kam im April/Mai ein Papier aus der Stube Dregger, in dem es hieß: Dies ist ein Thema für den Wahlkampf. Dann wurden die Fahnen ausgerollt, und von da an ist deutlich, daß Sie nicht mehr helfen wollten, sondern daß es Ihnen einzig und allein darum ging, mit diesem Thema Wahlkampf zu machen. ({2}) Ich mache Herrn Lambsdorff, ich mache Herrn Schneider und ich mache Herrn Dregger den Vorwurf, daß sie in den vergangenen Monaten mit Böswilligkeit und Schadenfreude zugesehen haben, in welch schwieriger Lage sich die Neue Heimat befand, ({3}) und für die Mieter nicht getan wurde, was nötig gewesen wäre. ({4}) Zum Thema Mieter und Gemeinnützigkeit: Herr Minister Dr. Schneider, die Wohnungsgemeinnützigkeit ist ein bewährtes Instrument. ({5}) Das Fiasko des einen NH-Konzerns darf kein Grund sein, die ordentliche Arbeit der übrigen 1 799 wohnungsgemeinnützigen Unternehmen zu diskreditieren. ({6}) Das Gesetz allerdings, Herr Minister, das die Regeln der Gemeinnützigkeit festlegt, muß aktualisiert werden. Die Sozialdemokraten wollen die Gemeinnützigkeit. Wir wollen sie reformieren, ({7}) wir wollen sie neu beleben, zusammen mit den anderen Gemeinnützigen und auch mit den Mitarbeitern der Neuen Heimat. Ich sage das so ausdrücklich, Herr Minister, weil ein klares Wort von seiten der Koalition dazu fehlt. Es stehen noch immer das Gutachten beim Finanzminister und der Gesetzentwurf der CDU/CSU vom 22. Mai 1981 im Raum, mit unterschrieben von Herrn Dr. Schneider. ({8}) Dieser Gesetzentwurf sagte: Alle gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen an die Kostenmiete sollen sofort aufgehoben werden. Das war Ihr Gesetzesantrag im Mai 1981. ({9}) Und dann plustern Sie sich heute mal nicht moralisch auf. Sie haben das gewollt, und dazu sagen Sie einmal ein klares Wort! ({10}) Meine klare Aufforderung an Sie, Herr Minister: Sagen Sie hier heute klipp und klar, daß Sie die Gemeinnützigkeit langfristig - über den Tag hinaus - sichern wollen. Denn das ist das, was wir miteinander erreichen müssen. ({11}) Der andere Bereich, wo dringend Korrekturen erforderlich sind, ist das Mietrecht. Wahr ist: Kauf bricht nicht Miete. Das hilft heute. Ob das mittelfristig hilft, ob das langfristig ist, ist die andere Frage. Deshalb haben Sozialdemokraten konkrete Vorschläge gemacht. Ich bitte den Minister, daß er dabei zuhört, damit er das aufnimmt. Er muß nämlich in Kürze darüber entscheiden. Wir werden in diesem Hohen Hause noch darüber abstimmen, noch in dieser Legislaturperiode, Herr Minister. ({12}) Wir haben konkrete Vorschläge gemacht, z. B. daß die zulässige Mieterhöhung von maximal 30 % in drei Jahren - das gilt für Wohnungen, die umgewandelt und verkauft werden - deutlich reduziert wird. Wir haben acht konkrete Vorschläge gemacht. Die Bundesregierung hat am 18. September 1986 ({13}) - das kann ich mir vorstellen -, letzte Woche Donnerstag, zu all den Vorschlägen nein gesagt. Wir werden darüber noch abstimmen, und dann wird deutlich werden, ob Sie das eigentlich ernst gemeint haben oder nicht. ({14}) Noch wichtiger, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist allerdings die gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen aller NHWohnungen zu sichern. NRW bemüht sich, Hessen bemüht sich, Westerland hat gekauft, München hat gekauft, ({15}) Bremen bemüht sich, der Senat in Berlin hat gestern gemeldet: Wir wollen kaufen, Hamburg bemüht sich. Sie alle wollen im Interesse der betroffenen Menschen Hilfestellung zur Sicherung der Gemeinnützigkeit geben. Hören Sie endlich auf, die Bundesländer, die sich bemühen, dafür zu beschimpfen, daß sie sich bemühen, und helfen Sie den Bundesländern, daß wir zu guten Lösungen kommen! Herzlichen Dank. ({16})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Scheu.

Dr. Gerhard Scheu (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001962, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie unwahr von seiten der Sozialdemokraten argumentiert wird, zeigt der Beitrag von Herrn Müntefering. ({0}) Der Aufsichtsrat der Neuen Heimat hat ausweislich des Protokolls vom 20. September 1985 darüber debattiert und beschlossen, es sei „völlig illusorisch, über weitere Beiträge aus dem gewerkschaftlichen Bereich zur Sanierung zu diskutieren". Der Eigentümer hat sich überhaupt nicht bewegt. Meine Damen und Herren, wer immer in diesen Tagen den Verkauf hunderttausender Wohnungen der Neuen Heimat an einen Berliner Brotfabrikanten mit fassungslosem Staunen verfolgt, muß den Vorgang am Konzept der Gemeinwirtschaft messen, das die deutschen Gewerkschaften vor sich hertragen. Bundesvorstand und Bundesausschuß des DGB haben 1972 und 1978 Grundsatzthesen über „Ziele und Funktionen, Auftrag und Aufgaben" der Unternehmen des DGB verkündet. Danach soll ihre Geschäftspolitik unter der „Kontrolle durch die Gewerkschaften" am „Gemeinwohl orientiert", soll sie „Schrittmacher des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritts" und durch eine „vorbildliche Betriebs- und Unternehmensverfassung" ausgezeichnet sein. Die DGB-Unternehmen setzen Daten und Maßstäbe, regen „durch ihre Existenz und Leistung den Gesetzgeber an, eine solche Unternehmenspolitik auch in der öffentlichen und privaten Wirtschaft durchzusetzen"! „Die Gemeinwirtschaft entspricht gewerkschaftlichen Vorstellungen; sie verwirklicht beispielhaft die sozialen und gesellschaftspolitischen Forderungen der Gewerkschaften."! Als ein früherer Mitarbeiter ab 1982 damit begann, seine intimen Kenntnisse über „Die dunklen Geschäfte von Vietor und Genossen" preiszugeben, ({1}) brach für viele DGB-Mitglieder eine Welt zusammen. Sie erfuhren z. B., daß sich ihre „Genossen" Vorstände großzügigst Gehälter und Tantiemen bewilligt hatten. Für das Gehalt eines Bundeskanzlers wären diese Herren nicht einmal zum Frühstück erschienen. ({2}) Der Abschlußbericht des Hamburger Untersuchungsausschusses zeigt eine Vielzahl schwerster Verstöße gegen das Gemeinnützigkeitsrecht und Gesellschaftsrecht; das Register weist bereits 213 Gesetzesverstöße aus: von der Unwirtschaftlichkeit des Geschäftsbetriebs, von Bilanzmanipulationen, von der Weigerung, die gesetzmäßige Betriebsprüfung ins Haus zu lassen, von Beziehungsgeflechten, die echte Kontrollen praktisch erstickten, von unzulässigen Vorhaben außerhalb des gestatteten Geschäftskreises, von verdeckten Gewinnausschüttungen, von unerlaubter Spendentätigkeit bis hin zur planmäßigen Schädigung der Neuen Heimat zum Vorteil anderer Unternehmen des gewerkschaftlichen Konzernverbundes. Bei den seitherigen Wohnungsmassenverkäufen, z. B. an die BGI, gibt es Hinweise, daß ein Teil der Veräußerungsgewinne der Neuen Heimat entwendet werden soll. Es ist auch kaum Zufall, daß die gewerkschaftseigene Bank für Gemeinwirtschaft ihre Kredite inzwischen um Hunderte von Millionen DM abgebaut hat, obwohl diese spätestens seit 1981 eigenkapitalersetzende Darlehen eines Schwesterunternehmens darstellen. ({3}) Insgesamt ist dem Hamburger Bericht darin zuzustimmen, daß die NH ohne all diese schadensursächlichen Gesetzesverstöße heute kaum in ernsthaften Schwierigkeiten wäre. Sie hat ihren Niedergang selbst verschuldet! Die DGB-Unternehmer haben tatsächlich fertiggebracht, diesen für unsinkbar gehaltenen „Substanzriesen" auf Grund laufen zu lassen. Der DGB mag nun glauben, er könne sich durch den Verkauf aus seinen Verpflichtungen davonstehlen und in Sicherheit wiegen. Diese Fahrerflucht wird nicht gelingen. Sie haben übersehen, daß sie als Eigentümer für eine Unzahl illegaler Schädigungen des gemeinnützigkeitsrechtlich gebundenen Vermögens nach den Grundsätzen der „gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht" auf Schadenersatz haften. Nach der im DGB-Konzern gegebenen besonderen Organisationsstruktur war der Aufsichtsrat faktisch nichts anderes als eine ständige erweiterte Versammlung aller Gesellschafter. Daraus folgt die zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Eigentümer für gesetzeswidrige Einflußnahmen durch und über den „Gesellschafteraufsichtsrat". Gerüchte besagen, daß sich der DGB vom neuen Eigentümer einen Generalverzicht auf die Geltendmachung dieser Ersatzansprüche zusichern lassen will. Auch dies könnte, weil unzulässig, den DGB nicht retten. Im übrigen machte ein solcher Freibrief einen Skandal perfekt, der nach Umfang und wirtschaftskrimineller Energie in der deutschen Wirtschaftsgeschichte ohne Beispiel dasteht. ({4}) Ihre Ehre als ordentliche Kaufleute haben DGB-Chef Ernst Breit und Genossen ohnehin längst mitsamt ihrer Kreditwürdigkeit verloren. ({5}) Nichts wird sie davon abhalten, ihre Funktionäre gegen Regierung und Koalition demagogisch aufzuhetzen .. .

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Dr. Gerhard Scheu (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001962, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

..., auf daß jene Bankrotteure, die so „gut" mit dem Geld anderer Leute umgehen, Wirtschaft und Finanzen ruinieren können. Wer aber soll dann Deutschland kaufen, wenn sie aus der Bundesrepublik eine „Große Neue Heimat" gemacht haben? ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt ({0}).

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist bestimmt kein Tag - das will ich einräumen -, der dazu angetan wäre, den Deutschen Gewerkschaftsbund zu loben. ({0}) Wir nehmen uns eine solche Kritik heraus, ({1}) und zwar deswegen, weil wir ständig für eine Verbesserung des Mieterschutzes gekämpft haben, weil wir ständig dafür gekämpft haben, die Mitbestimmung auszuweiten, ({2}) und weil wir ständig dafür gekämpft haben, daß die Mieter vor Umwandlungsspekulation geschützt Schmidt ({3}) werden. - Soviel zu unserem Recht, Kritik zu üben. Aber jetzt komme ich zu Ihrem Recht, Kritik zu üben. Sie haben schon immer Regelungen gefordert und geschaffen, die für die Mieter nachteilig waren, die Sozialwohnungen möglichst schnell aus der Bindungswirkung herausgebracht haben. ({4}) Sie haben die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ständig begrüßt, und Sie haben sich einer Verbesserung des Mieterschutzes ständig in den Weg gestellt. ({5}) Hätte es sich um ein anderes Unternehmen gehandelt, das sich von einem unwirtschaftlichen Teil trennt und sich so verhalten hätte wie die Neue Heimat, hätten Sie das Ganze auf Teufel komm raus verteidigt. Aber weil es sich um den Deutschen Gewerkschaftsbund und die Neue Heimat handelt, setzen Sie sich plötzlich aufs hohe moralische Roß. ({6}) Dies kam Ihnen als vermeintlicher Wahlkampfschlager ganz recht. Da stellt sich hier ein Kollege von Ihnen hin und sagt: Das sind alles Sozialdemokraten, die da drin sind. Da gibt es das berühmte Drehbuch von Herrn Dregger. Da steht u. a. drin: Man sollte sehr vorsichtig sein, denn es könnte nicht verhindert werden, daß der DGB oder die SPD Namen wie z. B. Grundmann, Katzer und Späth in die Diskussion hineinzieht. ({7}) Nur damit Sie wissen, daß Sie auf dem völlig falschen Weg sind, wenn Sie meinen, Sie könnten hier eine Identität herstellen. Im Drehbuch von Herrn Dregger steht geschrieben, wie man das Thema bis zum Wahltag spielen kann. ({8}) Die Interessen der Mieter sind Ihnen dabei völlig wurscht. ({9}) Sie haben mit dem, was Sie hier veranstaltet haben, schon bei früheren Gelegenheiten ein Klima geschaffen, das es geradezu unanständig erscheinen ließ, andere, bessere Regelungen beim Verkauf der Wohnungen zu finden. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. In München hat die Neue Heimat 2 093 Wohnungen angeboten. ({10}) Der SPD-Oberbürgermeister und die SPD-Stadtratsfraktion haben das Angebot, das außerordentlich günstig für Münchener Verhältnisse war, ({11}) nämlich zu einem Quadratmeterpreis von 1 495 DM, als akzeptabel erachtet und den Kauf durchgesetzt. ({12}) - Das ist eines der typischen Dinge, die Sie immer machen, daß Sie eine Provision vorschieben. ({13}) Wir haben eine Gesamtbewertung vorgenommen, und danach war es außerordentlich günstig. Wir haben damit in München bei der Stadt Wohnungen erworben. Die Mieter sind ausreichend geschützt. In Hessen, in Nordrhein-Westfalen gibt es ähnliche Regelungen. Wer sich einer vernünftigen Regelung widersetzt, sind jeweils Sie. ({14}) Die Interessen der Mieter interessieren Sie also nicht. Wenn dies schon kein Tag ist, um die Gewerkschaften zu loben, so ist es mit Sicherheit ein Tag, um die Praktiken, die Sie mit der Verunsicherung der Mieter betreiben, um vermutlich oder vermeintlich einen Vorteil im Wahlkampf zu haben, anzuprangern und offenzulegen; was Sie da betreiben, ist unanständig. ({15})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001512, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst die Schlußsätze, die Kollege Grünbeck aus Zeitgründen nicht mehr sagen konnte. ({0}) - Da lachen Sie drüber? Bei uns ist das so kollegial. Wir Freien Demokraten treten dafür ein, daß alle Hintergründe und Vertragsinhalte der Transaktion bekanntgemacht werden. Deshalb ist es erforderlich, daß Schuldige zur Rechenschaft und zu Schadenersatz herangezogen werden. Es ist erforderlich, damit wir alle Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt prüfen können. Der Sozialskandal ist eigentlich der, daß man die sozial Schwächsten, die Sozialmieter, über Jahre benachteiligt hat. ({1}) Das waren die Schlußsätze. Ich verstehe, daß die Kollegen von der SPD hier in einer sehr schwierigen Situation sind. ({2}) Ich verstehe, daß das keine Begeisterung erweckt, wenn man hier verteidigen muß und dabei natür17938 lieh auch manches ein bißchen vernebelt. Deshalb die Fakten. Faktum eins. Die Verantwortlichen für die ganze Geschichte in der Neuen Heimat haben geschlampt, wirtschaftspolitischen Mist gebaut aus Böswilligkeit oder aus Unfähigkeit oder aus Dummheit. ({3}) Das ist das Faktum Nummer eins. Faktum Nummer zwei. Sie sind dahin gekommen, weil zu bestimmten Zeiten Grundstücke aufgekauft wurden und damit natürlich nicht dazu beigetragen wurde, daß auf dem Grundstücksmarkt eine Beruhigung eintrat -, im Gegenteil, die Preise gingen nach oben -, und das Ganze mit Krediten finanziert wurde. Die Folgen davon schlagen jetzt auf die Gesamtmieterschaft der Neuen Heimat zurück. ({4}) Faktum Nummer drei. Als das Elend da war und wo es notwendig ist, wenn man sich wirtschaftlich verkalkuliert hat, dann mit dem gesamten Eigenturn zu haften, was bei den Verantwortlichen vorhanden ist, wollte man sich dem entziehen. Die wirtschaftlichen Unternehmen der Gewerkschaften, die in der Lage gewesen wären, in die Neue Heimat entsprechendes Kapital hineinzustecken, haben das nicht getan. Man hat die Neue Heimat sich selbst überlassen und damit das heraufbeschworen, was jetzt kommt, weil man sich dieser Verantwortung entzogen hat. Faktum Nummer vier. Eigene Grundsätze, die der Deutsche Gewerkschaftsbund aufgestellt hat, hat er nicht beachtet, z. B. in der Mitbestimmung. Es ist nicht offengelegt worden, obwohl es verlangt wurde. Dies zeigt, daß der Deutsche Gewerkschaftsbund offensichtlich nicht in der Lage ist, wirtschaftspolitisch Verantwortung zu tragen und verantwortlich zu handeln. Wer so verantwortungslos gehandelt hat wie hier, sollte sich schleunigst von jeder wirtschaftlichen Betätigung trennen, damit nicht noch mehr Schaden in der Volkswirtschaft angerichtet wird. ({5})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Kansy.

Dr. - Ing. Dietmar Kansy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001064, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Morgenstunde hat nicht immer Gold im Munde. ({0}) Als Donnerstagfrüh vergangener Woche um 5.30 Uhr der Deutsche Gewerkschaftsbund die Neue Heimat an den Großbäcker Schiesser verscherbelte, war das nur noch der I-Punkt einer Chronik voller Skandale. ({1}) Was durch die Arbeit vieler tausender hochqualifizierter Mitarbeiter der Neuen Heimat über Jahrzehnte geschaffen wurde - wir erkennen dies ausdrücklich an -, endete endgültig in dem Herausmogeln aus sozialer Verantwortung, endete in totaler Verunsicherung der Mieter und in zynischer Täuschung der Öffentlichkeit. Dazu kommt - meine Herren Kollegen von der SPD, ich gehe auf Ihre Zwischenrufe gern ein ({2}) in Politik und Publizistik die Verleumdung gegenüber der Bundesregierung, Herr Müntefering, die angeblich schuld sein soll an dem Theater, die Verleumdung von Politikern, die sich mit dieser Neuen Heimat auseinanderzusetzen versuchen. Ich werde dazu nachher dem Präsidenten eine Erklärung abgeben, Herr Müntefering. *) Die Verantwortung für die Entwicklung trägt ausschließlich der Eigentümer; das ist der DGB. Im Aufsichtsrat saßen und sitzen führende Funktionäre des Gewerkschaftsbundes: Herr Breit, Herr Steinkühler, Frau Wulf-Mathies und andere - alles Ihre Parteifreunde. ({3}) In dieser Manier, meine Damen und Herren, haben Sie den nicht gemeinnützigen Teil der Neuen Heimat saniert, haben Sie 1,5 Milliarden DM in diesen nicht gemeinnützigen Teil gesteckt. Sie haben keine einzige Mark übrig behalten, um in dieser schwierigen Situation auch nur eine Sozialwohnung zu erhalten. Die Verantwortung für 1 Million Mieter in diesen Wohnungen wollen Sie einschließlich Ihrer Freunde in den Gewerkschaften der öffentlichen Hand zuschieben. Sie beteiligen sich dabei. Wenn Herr Jahn ({4}) und Herr Müntefering vorhin gesagt haben, wir legten keine Gesetzentwürfe zur Sicherung des preiswerten Wohnens vor und stimmten noch nicht einmal den Gesetzentwürfen der SPD zu, ({5}) so kann ich Ihnen nur sagen: Papier ist geduldig. Legen Sie hier keine Gesetzentwürfe vor, sondern handeln Sie dort, wo Sie und Ihre Genossen tatsächlich Verantwortung haben, nämlich im Aufsichtsrat der Neuen Heimat. ({6}) Das ist auch nicht böswillige Schadenfreude, Herr Müntefering, sondern es ist unser Ziel, Aufklärung zu betreiben. Sie aber betätigen sich hier in Bonn seit Monaten - auch im Untersuchungsaus- *) Anlage 2 schuß Neue Heimat - nicht als Anwalt der Mieter, sondern als Anwalt der Neuen Heimat. ({7}) Wir beschimpfen auch nicht die Bundesländer, Herr Müntefering, die sich zu bemühen helfen, sondern wir sind dagegen, daß dieses Helfen darin bestehen soll, neue Steuermittel flüssig zu machen und den Eigentümer - sprich: den DGB - in Ruhe zu lassen. Das Ziel ist also klar: ({8}) Die Gewerkschaften wollen mit dem Verkauf an Herrn Schiesser dem zunehmenden Druck der Banken ausweichen, ihre Sorgen loswerden, den Ärger mit dem Bund und den Landesregierungen vermeiden, die sich zu Recht weigern, den Fall Neue Heimat/DGB zu ihrem eigenen zu machen. Ich möchte deswegen von dieser Stelle, Herr Minister Schneider, auch ausdrücklich dafür danken, daß Sie superschnell reagiert haben und durch Aufklärungsaktionen und die Telefonaktion, die heute bereits läuft, die betroffenen Mieter umfassend über die Situation und die Mieterrechte informieren. Meine Damen und Herren, nach Aussage eines Hamburger Magazins sagte Herr Meyer-Preschany, der ursprünglich bestellte Sanierer - ich zitiere -: „Herr, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun", und legte seinen Posten nieder. Wir glauben, sie wußten schon, was sie tun. Sie nahmen Hunderttausende von Mietern in ihren Ängsten als Geisel gegen die öffentliche Hand, um diese zur Sanierung des maroden Konzerns zu erpressen. Das ist der Hintergrund dieser ganzen Aktion. ({9}) Dasselbe Magazin schreibt weiter: Der moralmiefende Kapitalismus der Gewerkschaften unterscheidet sich von dem gewöhnlichen nur durch das Ausmaß an Heuchelei. Dem möchte ich nur eines hinzufügen: Der Name der neuen Gesellschaft des Großbäckers - „Neue Gesellschaft mit beschränkter Haftung" - ist eine ungewollte Karikatur des Gebahrens dieser Helden.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist beendet.

Dr. - Ing. Dietmar Kansy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001064, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nicht gemeinnützig für die Mieter, sondern gemein und eigennützlich für den DGB ist diese Aktion. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt ({0}).

Rudi Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002032, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antragsteller, die FDP, hat die Frage zur Aktuellen Stunde gestellt: Welche Auswirkungen hat der Verkauf der NeuenHeimat-Wohnungen auf den Wohnungs- und Grundstücksmarkt in der Bundesrepublik? Sie, die Koalition, haben diese Frage gestellt, aber die Bundesregierung und Sie sind den Mietern, den Betroffenen, die in dieser Aktuellen Stunde hören möchten, was denn die Regierung zu tun gedenkt, aber auch jede Antwort schuldig geblieben. ({0}) Meine Damen und Herren, Ihre Beiträge waren - man könnte sagen - Akt 4 Ihrer Inszenierung „Wahlkampfthema Neue Heimat, Kampf gegen die Gewerkschaften, Wahlkampfthema gegen die SPD". ({1}) Etwas anderes haben Sie nicht vorgebracht. Von der Betroffenheit von über 260 000 Mietern, von der Betroffenheit von 4 000 Arbeitnehmern, die jetzt um ihren Arbeitsplatz bangen, von den Fragen der Kommunen, wie, Herr Minister, die Städtebauförderung, die Sanierung weitergehen sollen, von alledem war keine Rede. ({2}) Im Gegenteil. Sie, Herr Minister, haben, statt Koordinator, statt verantwortlicher Minister zu sein, zum gleichen Zeitpunkt, als Sie die Neue Heimat ersucht haben, Unterlagen zu liefern, vernichtende Kritik an diesem Unternehmen geübt und haben von vornherein jede Vertrauensbasis für vernünftige Lösungen aufgegeben. ({3}) Wir Sozialdemokraten haben in sozialdemokratisch geführten Ländern - in Hessen und Nordrhein-Westfalen - ernsthaft versucht, die Gemeinnützigkeit der Neuen-Heimat-Wohnungen zu erhalten und hier entsprechende Maßnahmen herbeizuführen. Bremen und Hamburg haben das gleiche getan. Aber Sie haben nichts anderes zu sagen gewußt, Herr Minister, ({4}) als daß Sie diese wirtschaftlich vernünftigen Initiativen sozialdemokratischer Länder bis aufs Messer bekämpft haben. Heute haben Sie im Hessischen Landtag zum gleichen Thema eine Debatte verlangt, weil die hessische Landesregierung sich bemüht hat, eine Lösung zu finden, die den Mietern zugute kommt. ({5}) Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten haben nichts zu beschönigen. Wir haben mit unserer Kritik an den Fehlleistungen, die offenkundig Schmitt ({6}) sind, nicht gespart. Wir müssen Ihnen aber vorwerfen, ({7}) Herr Minister, daß Sie wirtschaftlich vertretbare Lösungen, wie sie sich zwischen der NH, den Städten und Bundesländern und auch unter Einbeziehung der Banken angebahnt haben, verhindert haben. ({8}) Wo kommen wir denn hin, wenn der zuständige Bauminister permanent vom Konkurs der Neuen Heimat spricht und damit jede Lösung verhindert? ({9}) Ich sage: Sie, Herr Minister, tragen an dieser Notprivatisierung - als solche sehen wir das - eine Mitverantwortung. An diesem Notverkauf trägt die Bundesregierung eine Mitverantwortung. ({10}) Wo Hilfe notwendig ist, haben Sie den Mietern Zettel angeboten, ({11}) Ratschläge gegeben, aber jede Hilfe bleibt aus. ({12}) Meine Damen und Herren, unter dem Eindruck der Diskussionen und der Nachrichten haben Sie noch heute in der Sitzung des Bauausschusses den von uns eingebrachten Antrag zur Sicherung preiswerten Wohnens kurzweg abgelehnt. Sie haben vor einiger Zeit hier kritisiert, daß Mieter von Verkäufen an andere durch die Neue Heimat nichts erfahren. Wir haben darauf geantwortet, indem wir einen Gesetzentwurf vorgelegt haben, wonach künftig Vermieter verpflichtet werden sollen, die Mieter zu informieren, wenn sie Wohnungen verkaufen. Auch dies haben Sie abgelehnt. Meine Damen und Herren, was heißt das? Das ist ja ein Wahlkampftheater, das Sie aufführen, das in Ihre Konzeption hineinpaßt, wobei aber die Mieter auf der Strecke bleiben. Wir Sozialdemokraten meinen nach wie vor, daß die Überführung der Wohnungen der Neuen Heimat in gemeinnützige Hände der richtige Weg ist ({13}) und daß hierbei die Länder Hilfestellung leisten sollten. Wir begrüßen es, daß die Stadt Berlin, die ja die Probleme hautnah erlebt, nunmehr bereit ist, darüber zu verhandeln. ({14}) Jetzt ist man bereit, nachdem es ein privater Unternehmer ist. Mit den Gewerkschaften zu verhandeln, war man nicht bereit.

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Rudi Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002032, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich sage zum Abschluß: Folgen Sie unseren Vorschlägen zum Mieterschutz. Erst dann kann Ihre Kritik an den Vorgängen in der Neuen Heimat glaubwürdig sein. ({0})

Heinz Westphal (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002489

Meine Damen und Herren, nachdem ein Mitglied der Bundesregierung länger als zehn Minuten gesprochen hat - das traf auf den Bundesminister für Wohnungswesen zu -, hat die Fraktion der GRÜNEN nach den Richtlinien für die Aktuelle Stunde in Verbindung mit § 44 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung beantragt, daß über diese Ausführungen die Aussprache eröffnet wird. Ich schließe die Aktuelle Stunde und eröffne die Aussprache. Als erster hat sich der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau gemeldet. ({0}) ({1})

Dr. Oscar Schneider (Minister:in)

Politiker ID: 11002048

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich lege großen Wert darauf, einer Legendenbildung sofort entgegenzuwirken. Ich habe selbstverständlich aus meiner Amtspflicht heraus wiederholte Male gegenüber der Presse, die mich gefragt hat, der gegenüber ich oft Aussagen verweigert habe, zur Lage der Neuen Heimat Stellung nehmen müssen. Herr Kollege Schmitt, Sie haben gesagt, ich hätte laufend vom Konkurs - ({0}) Das entspricht nicht der Wahrheit. Sie haben in dieser Sache so viel verdreht und so viel Unwahres behauptet, daß Ihre Glaubwürdigkeit auf ein Minimum gesunken ist. ({1}) Jetzt hören Sie zu, was ich gesagt habe: In einem Interview mit dem Sender Freies Berlin habe ich am Sonnabend, dem 13. September, um 18 Uhr auf die Frage des Interviewers, die gelautet hat „Sehen Sie die Möglichkeit eines Konkurses der Neuen Heimat?" wörtlich erklärt: „Ich sehe die Möglichkeit eines Konkurses, zumal hat der SPD-Kollege Sperling dies gesagt, aber auch der Kollege Zöpel, der Minister von Nordrhein-Westfalen, hat dies angekündigt." Das ist Wahrheit, alles andere ist Unwahrheit. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Abgeordnete Müller ({0}).

Dr. Joachim Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001553, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe selten im Bereich der CDU und auch der FDP eine derartige Freude bei einer Debatte erlebt wie in dieser. ({0}) Eine derartige Freude habe ich bei Ihnen noch nie gesehen; so viele fröhliche, grinsende Gesichter, als Sie hereingekommen sind, meine Damen und Herren, das war noch nie in irgendeiner Debatte der Fall. Es stimmt, meine Damen und Herren von der CDU, das ist vordergründig Ihre Debatte. Sie haben sich gefreut, hier ein Wahlkampfthema gefunden zu haben. Sie haben sich gefreut, ein Wahlkampfthema produziert zu haben. Sie können wahrscheinlich das erste Mal in Ihrem Leben frühkapitalistische Zustände brandmarken. Wir wären ja froh, wenn Sie dieses auch bei anderen Gelegenheiten tun würden. ({1}) Und es kommt noch schöner. Sie meinen, sich hier ausgerechnet für die Gemeinwirtschaft stark machen zu können. Sie machen sich jetzt stark für die Gemeinwirtschaft, die zu erhalten sei. Wunderbar, sage ich da. Wo sind die Gesetzentwürfe hier im Haus, die die Gemeinwirtschaft stärken sollen? Nichts ist da. Um eines deutlich zu machen: das, was am Ende die Neue Heimat war, war noch nicht einmal Gemeinwirtschaft von oben, sondern das war ein miserabel verwalteter Konzern, der in eine Schuldenkrise hineingeraten ist, weil er überinvestiert hat, weil er den Markt nicht richtig analysiert hat - und dies war entscheidend, damit komme ich zu Ihnen -, weil er mit einer Partei und einer Gewerkschaft aufs tiefste verfilzt gewesen ist. Das ist ein entscheidender Grund für die 17 Milliarden DM Schulden, die entstanden sind. Das war nicht nur Inkompetenz, sondern das war auch ein Teil des sozialdemokratischen Filzes, der hier Schiffbruch erlitten hat. ({2}) Das muß man klar und deutlich sagen. Insofern ist das jetzige Ende der Neuen Heimat auch ein Ende eines Teils der Geschichte der Sozialdemokratie. Sie haben ein Standbein opfern müssen, weil Sie es - wie soll man sagen? - zu sehr gemelkt haben. ({3}) Das ist passiert, das ist die Wahrheit der Geschichte der Neuen Heimat. ({4}) - Ich freue mich über Ihr Gelächter. Das ist die Wahrheit der Geschichte der Neuen Heimat. Doch noch einmal zurück zu dem, was jetzt mit der Neuen Heimat passiert ist. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sich darüber aufregen, daß hier ein Verkauf erfolgt ist, frage ich mich, warum. Das ist doch die Art von Privatisierung, die Sie immer wollen. Es gibt doch keinen Bereich in der Wirtschaft, wo Sie nicht, wenn der Staat irgend etwas damit zu tun hat, Privatisierungsanträge stellen. Was Sie fordern, ist nun passiert. Das ist das, was die Gewerkschaft gemacht hat. ({5}) - Wieso gibt es einen Unterschied zwischen Privatisierung und Privatisierung? Das machen Sie mir mal klar. Den gibt es natürlich nicht. Und damit muß man Ihnen vorwerfen, daß Ihr vermeintliches Engagement für die Mieter, für niedrige Mieten oder für eine Sozialbindung in dieser Debatte nichts anderes gewesen ist als pure Heuchelei, meine Damen und Herren. Ich frage mich, auf wessen Kosten Sie das eigentlich tun. ({6}) Ich frage mich, was denn jetzt passieren wird. Dieser Verkauf der Neuen Heimat ist finanzwirtschaftlich gesehen das reine Abenteuer. Kein Mensch kann nachvollziehen, wie ein Unternehmen, das 300 Millionen DM Umsatz macht, mit 17 Milliarden DM Schulden umgehen soll. Mir fehlt dazu die Phantasie. Das kann nicht das Ende gewesen sein. Da muß in der Zukunft etwas passieren und geplant sein, was weit über eine ökonomische Vorstellung von der Übernahme dieses Konzerns hinausgeht. Insofern glaube ich, daß das ein Coup gewesen ist, der ganz andere Folgen hat. Anders kann ich mir das nicht vorstellen. Aber, meine Damen und Herren, von der CDU, als hier Anträge gestellt worden sind, um den Konkurs abzuwenden, auf den es hinauslaufen wird, haben Sie gesagt: Wir lehnen ab. Da haben Sie gesagt: keine Unterstützung. Also, bitte schön, wenn Sie irgend einmal wirklich ernsthaft das Schicksal der Mieter im Auge gehabt hätten, dann hätten Sie sich zumindest dazu bekannt, daß hier von staatlicher Seite ein Eingriffsrecht und eine Eingriffspflicht besteht, um die Mieter zu schützen. Das haben Sie nicht getan. Damit haben Sie das Recht zur Kritik an diesem Verkauf verloren. Die Frage ist aber auch: warum der Verkauf zu diesem Zeitpunkt? Ich kann auch nicht glauben, meine Herren von der Sozialdemokratie - ich bitte, dazu einmal Stellung zu beziehen -, daß in Ihren Reihen wirklich Überraschung über diesen Verkauf geherrscht hat. So etwas passiert ja nicht über Nacht. Wenn ich den „Spiegel" richtig gelesen habe, dann sind da ja schon seit drei bis vier Monaten Verhandlungen im Gange. Da soll nichts von seiten der Gewerkschaften durchgesickert sein, zumindestens zu Ihrer Fraktionsführung? Ich kann einfach nicht glauben, daß beispielsweise der Kollege Rappe über diesen Vorfall und über diese Entwicklung bei der Neuen Heimat nicht informiert gewesen ist. Das glaube ich nicht! ({7}) Dr. Müller ({8}) Also spielt der Zeitpunkt doch eine Rolle. Herr Vogel, daß Sie vielleicht nicht informiert worden sind, kann j a sein. ({9}) Herr Rappe war es bestimmt. Also, was sagen wir zu dem Zeitpunkt? Ich befürchte, daß dieser Zeitpunkt des Verkaufes deswegen gewählt worden ist, weil Ihnen natürlich eine weitere Auseinandersetzung über die Neue Heimat nicht ins Wahlkampfkonzept paßt. Das heißt, der Wahlkampf spielt offensichtlich für Sie auch eine gewaltige Rolle in der Abwicklung des Falles Neue Heimat. ({10}) Insofern sind die regionalen Konzepte, die in Hessen, in Nordrhein-Westfalen und in Bremen versucht worden sind, offensichtlich auch dem Kalkül Ihres Wahlkampfes geopfert worden. Das ist das, was ich annehme. Anders sind dieser Zeitpunkt, diese Heimlichtuerei und die Hast nicht zu erklären. Da wird es natürlich doppelt problematisch: Es wird deswegen problematisch, weil hier natürlich auch auf Ihrer Seite - ähnlich wie bei Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU - der Wahlkampf eine größere Rolle spielt als das, was mit diesem Neue-Heimat-Konzern in der Zukunft passieren wird. Anders ist das nicht zu erklären. Daß das ein leichtfertiger Umgang mit denen ist, die dort wohnen, daß es ein leichtfertiger Umgang auch mit dem ist, was einmal Gemeinwirtschaft war, das haben Sie sich meiner Ansicht nach an den Hut zu stecken. Diese Leichtfertigkeit ist es, die natürlich auf Jahrzehnte hinaus sowohl für den gewerkschaftlichen Bereich Schaden angerichtet hat als auch für jeden Gemeinwirtschaftlichkeitsgedanken überhaupt in der Wirtschaftspolitik. Das ist das Schlimme, das ist die schlimme Folge, die wir erleben werden. Jeder, der in der Zukunft gemeinwirtschaftliche Konzepte in der Wirtschaftspolitik vorschlagen und stärken will - ich hatte einmal gehofft, die Sozialdemokratie könne dahin wieder zurückfinden -, jeder, der das einmal tun wird, wird immer die Neue Heimat vorgehalten bekommen. Dabei war das keine Gemeinwirtschaft, ({11}) sondern es war längst ein Riesenkonzern, der sich überschuldet hat. Wir werden, weil wir glauben, daß diese Sache nicht abgeschlossen ist, und weil wir davon ausgehen, daß die Geschichte dieses Skandals dazu geführt hat, wohin es jetzt geführt hat, nämlich zu diesem Verkauf, im Untersuchungsausschuß Aufklärung verlangen, und wir wollen dort die Herren Schiesser und Meier-Preschany hören. Die müssen ja bestens informiert sein. Herr Preschany müßte bestens über die Sanierungskonzepte und über die Regionalisierungskonzepte informiert sein. Wir möchten wissen, welche Konzepte es dort gegeben hat und wie weit die Verhandlungen waren. Herr Schiesser soll bitte schön Auskunft darüber geben, was denn in Zukunft passieren soll, was denn von den unterschiedlichsten Verlautbarungen zu halten ist. An den haben wir uns jetzt zu wenden. Das heißt: Das Thema des Untersuchungsausschusses muß in Zukunft das Schicksal der Mieter und die Zukunft des Konzerns sein. Das muß jetzt das Thema dieses Ausschusses werden. ({12}) Ich hoffe und ich nehme einfach an, daß Sie, meine Damen und Herren von der CDU - so wie Sie hier auf die Tränendrüsen der Mieter gedrückt haben -, dieses mitmachen würden, um wirklich ernsthaft in diesem Untersuchungsausschuß ein anderes Thema anzugehen als Ihre Wahlkampfabsichten. Danke schön. ({13})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gattermann. ({0})

Hans H. Gattermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000637, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schmitt, Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, daß die Frage, die Gegenstand der Aktuellen Stunde war, nicht von der Bundesregierung und von niemandem in einer Art und Weise beantwortet werden konnte, die den Mietern der Neuen Heimat Beruhigung verschaffen könnte. Was ist geschehen, meine Damen und Herren? Herr Minister Schneider und auch Herr Jahn ({0}) haben den Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete" zitiert. Eines ist allerdings hier in der Debatte deutlich geworden: Der Verkauf von GmbH-Anteilen, wie er sich hier vollzogen hat, bricht und ruiniert die Glaubwürdigkeit und die Vertrauenswürdigkeit der ehemaligen Eigentümer, sprich: der Gewerkschaften. Das ist passiert. Aber der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete" braucht eigentlich gar nicht zitiert zu werden, denn - nach meinem Informationsstand jedenfalls - es sind GmbH-Anteile verkauft worden und keine Grundstücke. Das heißt, in der Figur des juristischen Eigentümers dieser Wohnungen hat sich überhaupt nichts geändert. Aber das, was das Bedrückende an diesem Vorgang ist und was hier in der Debatte auch deutlich geworden ist, ist, daß es durch den Wechsel des Eigentümers dieser GmbHAnteile einen ganz gravierenden qualitativen Unterschied gibt. Wir alle miteinander und Generationen von Politikern vor uns haben Milliarden DM an Subventionen gegeben, ({1}) über Grundstücke, über Steuerprivilegien, über soziale Wohnungsbaumittel, um preiswerten Wohnraum für Mieter zu schaffen. Und in dieser massenhaften Ballung von Sozialwohnungen bei der Neuen Heimat haben wir alle miteinander geglaubt, das verantworten zu können - wegen der Glaubwürdigkeit der deutschen Gewerkschaften und auch wegen ihrer Finanzkraft. Das letzte, nachdem dieser Konzern ins Trudeln geraten ist - nicht aus Gründen, die man entschuldigen könnte, sondern sie sind alle miteinander vorwerfbar -, war die Glaubwürdigkeit und die Finanzkraft der deutschen Gewerkschaften. Und die sind weg. ({2}) Dies bleibt als Feststellung, als vorläufige Feststellung, muß man sagen, aus diesem Verkaufsvorgang. ({3}) Damit ist überhaupt nichts Negatives über Herrn Schiesser gesagt, der wahrscheinlich ein ehrenwerter mittelständischer Mann ist. ({4}) Man kennt seine Motive im einzelnen nicht. ({5}) Aber es gibt natürlich, bezogen auf den Fragenkomplex, den ich hier gerade angesprochen habe, einen Unterschied, ob die Finanzkraft der deutschen Gewerkschaften mit dem moralischen Anspruch der deutschen Gewerkschaften, mit deren hehren Grundsätzen der Gemeinwirtschaft, mit dem Steuerprivileg der Gemeinnützigkeit dafür geradezustehen haben, daß den Mietern nichts Böses widerfährt, oder ob es ein ehrenwerter Mittelständler ist. Dies, meine Damen und Herren, ist der Unterschied, und das ist in der Debatte sehr deutlich herausgekommen. Herr Müntefering, wenn Sie hier beklagen, daß nichts geschehen werde mit Gesetzen, Verordnungen, Kappungsgrenze und ähnlichem, ist das doch Papier. Wir haben in den letzten vier Jahren Mietsteigerungen im Durchschnitt von 2 % und im sozialen Wohnungsbau ein bißchen mehr gehabt. Addieren Sie das einmal. Mal drei gibt das gleich neun. Wo je hätte diese Kappungsgrenze von 30 % in dieser Republik in den letzten vier Jahren überhaupt irgendeine Rolle gespielt? Wissen Sie, mit Papier helfen Sie den Leuten nicht. Dann müssen Sie ihnen schon Papiergeld bringen. ({6})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Hans H. Gattermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000637, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte sehr.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Bitte schön, Herr Müntefering.

Franz Müntefering (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001570, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Gattermann, wenn diese 30%ige Erhöhungsmarge auch nur selten genutzt wird - aber sie wird genutzt -, weshalb stimmen Sie uns dann nicht zu, wenn Sie im Ergebnis mit uns in Übereinstimmung sind?

Hans H. Gattermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000637, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege, wenn Sie im Baubereich tätig sind oder Erfahrungen dort haben, dann wissen Sie: wenn staatliche Rahmenbedingungen mit gesetzlichen Zwängen vorgegeben sind, die von vornherein Handlungsmöglichkeiten, Dispositionsmöglichkeiten beschränken - ob sie real sind oder nicht -, dann hat dies Einfluß auf das Investitionsverhalten, dann hat dies Einfluß darauf, ob man sich überhaupt in einem Marktbereich engagiert. Man überläßt sich ja gern den Risiken des Marktes, manchmal auch weniger gern, dann nämlich, wenn es nach unten geht. Fragen Sie einmal die Vermieter in Bremerhaven, wie die über das Mietniveau denken. Aber wenn sie zusätzlich zu den Risiken des Marktes, die sie zu tragen haben, von vornherein vom Gesetzgeber einen Klotz vor die Nase gesetzt und gesagt bekommen: bis hierhin und nicht weiter, dann ist das Ganze ökonomisch wenig sinnvoll. So etwas sollte man unterlassen, zumal in einer Situation, wo es überhaupt nicht zur Diskussion steht. Da ist das für die betroffenen Mieter doch Sand-in-die-Augen-Streuen und nichts anderes.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Möller?

Hans H. Gattermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000637, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Auch diese gestatte ich gern.

Dr. Franz Möller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001522, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Gattermann, können Sie bestätigen, daß diese sogenannte 30%Kappungsgrenze ein Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion in der Regierungszeit von Helmut Schmidt und dem damaligen Wohnungsbauminister Dieter Haack gewesen ist?

Hans H. Gattermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000637, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich kann Ihnen noch mehr verraten: ({0}) Die geistige Urheberschaft ist nicht bei der SPDFraktion, sie ist auch nicht bei dem von mir geschätzten Dieter Haack, sondern sie ist bei Bundeskanzler Helmut Schmidt höchstpersönlich gewesen. ({1}) - Entschuldigung, es sagt niemand was. Sie wollen die Kappungsgrenze noch niedriger ziehen. Herr Kollege Vogel, Sie erinnern sich vielleicht an diese nächtliche Sitzung. ({2}) - Nein, ich wollte sie befristet haben, weil sie als Übergangsregelung gedacht war, aber sie ist dann unbefristet ins Gesetz gekommen. Dies ist die historische Wahrheit. ({3}) Meine Damen und Herren, um zum Thema zurückzukommen: Die eigentliche Fragestellung ist, wie es denn nun weitergeht. Aber da fehlen alle Informationen. Wieder einmal sind der DGB und der Verkäufer, dieser Eigentümer, derjenige, den wir vorführen müssen. Er überläßt uns unserer politischen Verantwortung, er überläßt die Mieter ihrer Angst und ihrer Furcht, und niemand sagt uns und den Mietern, was denn nun wirklich vereinbart ist, wie es weitergehen soll, wie dieser mittelständische Unternehmer, mit wessen Hilfe, mit wieviel Hilfe der Gewerkschaften oder mit wie wenig Hilfe der Gewerkschaften er darüber hinwegkommen soll. ({4}) Diese ganzen Informationen werden uns vorenthalten, meine Damen und Herren. ({5}) Als Resümee dieser Aktuellen Stunde sage ich: Die Situation, die seit Wochen verworren und unklar ist, ist nicht durch unsere Schuld, sondern durch Schuld des Eigentümers noch verworrener geworden. Eine Forderung steht unverrückbar im Raum - ich freue mich, daß die Kollegen im Untersuchungsausschuß das schnell aufklären wollen -: ({6}) Wir müssen wissen, was hinter diesem Geschäft steht, bevor wir irgendwelche verantwortlichen politischen Entscheidungen treffen können. ({7})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Frau Abgeordnete Rönsch.

Hannelore Rönsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001870, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Herren! Meine Damen! „Sozialdemokraten haben nichts zu beschönigen", dieser Satz fiel heute hier von einem sozialdemokratischen Kollegen. Wie wahr! Trotzdem haben heute die sozialdemokratischen Redner überhaupt nichts anderes getan, als das Fehlverhalten der DGB-Spitze hier zu beschönigen. ({0}) Als mein Kollege Gerster Sie aufforderte - Herr Schmidt ({1}), auch Sie -, Sie sollten sich einer ehrlichen Zusammenarbeit stellen, war von Ihrer Fraktion heute hier nur ein lächerliches Verhöhnen zu vernehmen. ({2}) Ich muß sagen, das hat mich sehr betroffen gemacht. ({3}) Ich habe Verständnis dafür, daß Sie nicht mit uns zusammen arbeiten wollen, ich habe Verständnis dafür, weil ja die Verflechtungen der DGB-Spitze gerade zu Ihrer Partei deutlich sind. ({4}) Ich hätte jetzt gern heute hier von Ihnen, meine Herren Kollegen, die Sie hier geredet haben, eine Aussage darüber gehört, was die SPD-Spitze von dem Verkauf wußte. ({5}) Hat sie tatsächlich auch nichts gewußt, haben die Genossen in dem DGB-Vorstand die SPD-Spitze nicht informiert? Das kann ja wohl nicht wahr sein! ({6}) - Ich verstehe Ihre Betroffenheit. Mich würde das an Ihrer Stelle ganz genauso betroffen machen. ({7}) Wir haben in der vergangenen Wochen mit heller Empörung und mit uns die Mieter und auch die Mitarbeiter der Neuen Heimat von dem Ausverkauf des gewerkschaftseigenen Konzerns Kenntnis nehmen müssen. ({8}) Klammheimlich sind auch diesmal wieder Geschäfte getätigt und 190 000 Sozialwohnungen an einen Bäckermeister verkauft worden. ({9}) Damit sollten die Affären um die privaten Bereicherungen der DGB-Spitze und die unfaßbaren wirtschaftlichen Fehlleistungen der NH-Manager zu einem Ende gebracht werden. Die DGB-Spitze wollte sich damit aus der Verantwortung stehlen, aus der Verantwortung für die Mieter im sozialen Wohnungsbau und aus der Verantwortung gegenüber ihren eigenen Mitarbeitern. Ich hätte heute natürlich auch von Ihnen, Herr Kollege Jahn, erwartet, daß Sie etwas zu Ihrer Verantwortung als Präsident des Deutschen Mieterbundes gesagt hätten, was Sie früher für die Mieter unternommen haben. Sie haben die Entwicklungen ja auf uns zukommen sehen. ({10}) Die DGB-Spitze hat sich in der vergangenen Woche verraten und sämtliche gewerkschaftlichen Prinzipien verkauft. Es ist zu erwarten, daß dieser Brotfabrikant Schiesser jetzt nicht mehr die kleinen Brötchen backt - das macht jetzt die Neue Heimat -, sondern an den Sozialwohnungen ordentlich verdienen will, daß er die Mieter zur Kasse bitten will. Er hat auch schon angekündigt, zur Sanierung des Unternehmens Mitarbeiter zu entlassen. Wo bleibt denn da Ihre Empörung? Dies alles ist den Gewerkschaftsbossen, an der Spitze dem Herrn Breit, bei den Verkaufverhandlungen wohl bekannt gewesen. Wir werden diese Spitzenfunktionäre immer wieder zur Verantwortung ziehen. Frau Rönsch ({11}) Wir wollen deshalb von diesen Spitzenfunktionären auch wissen, wie sie sich die Sicherung der Sozialbindung der mit öffentlichen Geldern, mit Steuergeldern, geförderten Wohnungen für die Zukunft vorstellen. ({12}) Wir wollen von den Gewerkschaftsbossen weiterhin wissen, was sie den Mitarbeitern raten, wie sie sich gegenüber ihrem neuen Chef verhalten sollen. Auch hier ist bei Ihnen eine große Parallelität mit den GRÜNEN festzustellen: Wenn es an Staatsknete geht, sind Sie genauso schnell zur Stelle wie eben Herr Dr. Müller. ({13}) Die DGB-Spitze ist aber in den vergangenen Tagen vollkommen auf Tauchstation gegangen. Wir fordern die DGB-Spitze auf, die Einzelheiten über den Ausverkauf der Sozialwohnungen der Öffentlichkeit jetzt endlich offenzulegen. Vom DGB-Vorsitzenden Ernst Breit war neulich allerdings schon zu vernehmen, daß der Erwerber, also der Herr Schiesser, sich vom DGB nicht vorschreiben lasse, was er auf Dauer mit den Wohnungen tue. Aus dieser Äußerung ist ganz klar zu entnehmen, daß dem DGB bei dem Verkauf wohl bewußt war, daß früher oder später der neue Besitzer die Wohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt verhökern will. Wo bleiben denn da Aussagen von Ihnen dazu? Ich empfinde es als ausgesprochen beschämend, daß bisher keiner der anderen Gewerkschaftsführer gegen das Vorgehen der DGB-Spitze öffentlich protestiert hat. Wo sind sie denn? Auch auf Tauchstation! ({14}) Wo wollen denn zukünftig Gewerkschaftsvertreter ihre moralische Legitimation hernehmen, ({15}) wenn es darum geht, Arbeitnehmerinteressen gegenüber unliebsamen Arbeitgebern zu vertreten? ({16}) Wie sollen denn diese Gewerkschaftsvertreter, wenn Fragen der Mitbestimmung angesprochen werden, nachher in den Betrieben argumentieren? ({17}) - Unsere Sorge. Wir werden uns wie in der Vergangenheit auch der Arbeitnehmer annehmen. ({18}) Neben dem großen Vertrauensverlust, den die Gewerkschaften durch den Skandal insgesamt erlitten haben, ist natürlich auch ein ganz erheblicher finanzieller Schaden für die Gewerkschaft und die Mitglieder entstanden. Hier kam eben der Zwischenruf: „Scheinheiliger geht es nicht!" Ich selbst war über 20 Jahre Mitglied in der Gewerkschaft. Ich habe immer meinen ehrlichen, angepaßten Beitrag gezahlt. Ich bin seinerzeit zurückgetreten, als das Fehlverhalten von Herrn Vietor an der Spitze der NH offenkundig gemacht wurde und die Gewerkschaften daraus keine Konsequenzen ziehen wollten. Auch ich bin für starke Gewerkschaften. Ich sage das ganz offen. Deshalb ist es für mich gerade das, was mit den Gewerkschaften passiert, so bedrückend. Aber zu all dem schweigt ja der DGB. Wir wollen vom DGB deshalb wissen, wie er bei dem Verkauf sichergestellt hat, daß trotz des Wohnungsverkaufs die Sozialbindung für die Mieter auch zukünftig erhalten bleibt. Wir wollen wissen, wie er sichergestellt hat, daß sich der neue Erwerber nachher nicht als Strohmann für irgendeine Unternehmensgruppe herausstellt. Ein Verstecken vor den Problemen nützt der DGB-Spitze überhaupt nichts. Wenn sie und der Herr Breit sich nicht in der Lage sehen, die noch anstehenden großen Schwierigkeiten auch nach gewerkschaftlichen Grundsätzen zu lösen, sollten sie endlich die Verantwortung für ihre gravierenden Fehlleistungen in der Vergangenheit und für den Coup in der letzten Woche zur Kenntnis nehmen, und diese Gewerkschaftsspitze sollte zurücktreten. ({19}) Sie sollte den Weg freimachen dafür, ({20}) daß sich neue Kräfte in der Gewerkschaft wieder der alten gewerkschaftlichen Prinzipien erinnern und diese Gewerkschaften auch an der Spitze wieder arbeitnehmer- und mieterfreundlich geführt werden. ({21})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Herr Dr. Sperling. ({0})

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wer aus den Reihen der Regierungsparteien Rücktritte fordert, der darf ruhig die Regierungsbank anschauen. Wörner ist immer noch Inhaber eines Stuhls dort. Und Sie haben mehr von der Sorte, deren Rücktritt längst fällig gewesen wäre. ({0}) Meine Damen und Herren, wäre ich Mitarbeiter der Neuen Heimat, so wäre ich empört; wäre ich Mieter der Neuen Heimat, so wäre ich empört; wäre ich Kreditgeber der Neuen Heimat, so wäre ich empört. ({1}) Ich bin Politiker und kann die Empörung aller teilen. Ich stelle aber auch fest: Den Politikern fällt die Empörung leicht, und sie ist auch billig; denn wenn ein Gewerkschaftsbund so handelt, wie beim Verkauf der Neuen Heimat gehandelt worden ist, dann stellt sich die Frage: Wie sehr muß der an der Wand gestanden haben, und was hätten Politiker verhindern können, wenn sie mit dem Gewerkschaftsbund zusammengegangen wären? ({2}) Wenn wir diese Geschichte durchgehen, Herr Schneider, dann ist das Verhältnis der Regierung zur Wahrheit ja auch in Schlagzeilen nachzulesen. Sie haben sich hier über das Thema Wahrheit ausgelassen. Was stand in der „Welt am Sonntag" im April? ({3}) Nach einem Gespräch der „Welt am Sonntag" mit Herrn Schneider war zu lesen: „Neue Heimat in drei Ländern vom Konkurs bedroht". 14 Tage später waren Sie bei der „Abendzeitung" in München, wo Sie auch die Pleite vorausgesagt haben. ({4}) Herr Kollege, stimmt es, daß der Bundesjustizminister Sie gebeten hat, zurückhaltender zu sein, weil das schwierig werden könnte? Hat er die Zurückhaltung auch dem Finanzminister empfohlen, der mit dem Ausdruck „Konkurs" ja auch nicht sparsam umgegangen ist? ({5}) Nein, so kommen Sie mit der Wahrheit Ihrer Art nicht davon. Empörung fällt also leicht. Sie ist auch billig für Politiker, die sich immer zu überlegen haben, ob sie denn die Folgen dessen, was, wie es scheint, unvermeidlich stattfindet, so mittragen können. Politiker müssen erklären, was stattfindet, und müssen versuchen, die Folgen, wenn sie falsch sind, aufzufangen. ({6}) Wie war Ihre Meinung zu Beginn? Die erste Erklärung der Bundesregierung lautete: Wir sind zur Hilfe nicht bereit. Genau das ist eingetreten. Sie haben zwar die Neue Heimat aufgefordert, die Bücher auf den Tisch zu legen, aber Ihre Begleitmusik war immer: Hilfe kriegt ihr nicht. Unter diesen Gesichtspunkten wäre der Deutsche Gewerkschaftsbund schön doof gewesen, Ihnen die Bücher zu geben, nachdem er Ihre Indiskretion von Anfang an feststellen konnte. ({7}) Auf den ersten Brief von Dieter Hoffmann kam die Indiskretion aus dem Bundeskanzleramt. Nun kommen wir zum Thema der Aktuellen Stunde, zu dem hier noch niemand gesprochen hat. Nicht einmal der einbringende Fraktionsvorsitzende scheint gewußt zu haben, was du, Torsten Wolfgramm, als Antrag formuliert hast. Was haben wir denn bisher gehört, nachdem die Neue Heimat verkauft ist? Morgens Unruhestifter Geißler: „Muß rückgängig gemacht werden, die Folgen sind zu schlimm"; abends Wiegenliedsänger Schneider: „Schlaf, Mieter, schlaf, ich hüte deinen Schlaf." Er ist neuerdings der Helfer des Mieterbundes beim Beruhigen der Mieter. Herzlichen Dank, im Namen des Mieterbundes, Herr Schneider! ({8}) Warum besteht dann zu Recht die Sorge, daß auf Dauer der Mieterschutz nicht reicht, der jetzt kurzfristig gut genug ist, von dem ich aber gut genug weiß, daß ihn die Kollegen der FDP lieber verschlechtert hätten und die Kollegen der CDU/CSU ihn abschaffen wollten? ({9}) Was findet denn zur Zeit mit dem größten Batzen an Sozialwohnungen statt, sehr zu unserer Verbitterung? Marktwirtschaft, Liberalisierung! ({10}) Das Schlimme ist, daß Sie am 16. September sogar nachlesen konnten, wie jemand vom DGB angekündigt hat, daß der Verkauf der Neuen Heimat in marktwirtschaftliche Verhältnisse bevorstehe. Da haben Sie nicht richtig aufgepaßt. Wer jetzt meint, daß die Mieter und die Steuerzahler nach dem Verkauf der Neuen Heimat bei Herrn Schiesser nicht gut aufgehoben sind, ({11}) muß sich Gedanken machen, wohin die Situation jetzt eigentlich treiben kann. Ich unterstelle Herrn Schiesser zunächst einmal nicht, daß er Mitglied der Bau-Mafia vom Typ Antes, Schwanz und Putsch ist. Soweit wir es wissen, ist es ein seriöser Unternehmer. ({12}) Herr Lambsdorff war geschmacklos, als er als erstes böse Bemerkungen darüber machte, ({13}) daß er mittelständisch sei. Ich erwarte von Ihnen, Herr Grünbeck, seinem Unternehmerkollegen, seine Verteidigung. ({14}) Dieser Unternehmer hat, wie er sagt, einen Freundeskreis. Und mit Sicherheit erwarte ich von ihm nicht, selbst wenn es ein seriöser und gesetzestreuer Geschäftsmann ist, daß er als Mäzen der Gemeinnützigkeit auftreten wird, ({15}) sondern er will Geld heraushaben. Wenn er Geld irgendwo hineinsteckt, will er das Geld wiedersehen. Bei gemeinnützigen Unternehmen - das konnte man j a beim Verhalten des DGB sehr genau lernen - ist Geld, das man hineinsteckt, nie wieder herausholbar. ({16}) Das ist wie an eine Vermögensmasse gestiftet, die der Zweckbestimmung dient. Da ist auf gesetzestreuer Art und Weise nichts herauszuholen. Und da ich dem Herrn Schiesser unterstelle, daß er das Gesetz achten will, muß die Wohnungsmasse aus der Gemeinnützigkeit heraus, wenn er verdienen will. ({17}) Dies geht auch nach Gesetz und Ordnung. Aber ob wir Politiker diese Folge wollen, das müssen wir hier heute eigentlich entscheiden. Wenn die Aktuelle Stunde einen Sinn hat, dann müßte das Signal dieser Aktuellen Stunde sein: Wir wollen die Gemeinnützigkeit dieser Wohnungen bewahrt wissen. ({18}) Da haben wir das Recht, zu fragen: Wollen wir es denn? Da fragen Sie doch einmal die FDP-Minister in der Regierung und den Finanzminister: Will er denn noch die Wohnungsgemeinnützigkeit? ({19}) Die Gutachter des Finanzministers wollen das doch nicht. Also stellen Sie sich dann hier nicht so hin. Sie wissen ja selber nicht, was Sie wollen. ({20}) Seit der Säkularisierung des Kirchenvermögens hat es noch nie einen so großen Grundstückstransfer in Europa gegeben wie den, der gerade stattgefunden hat. ({21}) Und wir im Untersuchungsausschuß zählen die Erbsen der Vergangenheit nach einem geradezu aberwitzigen Terminwillen meines Kollegen Gerster, dem ich hier keine Frage beantworte. Sie dürfen sich wieder setzen. ({22}) Das, was dort zur Zeit gemacht wird, hat nun wirklich nichts damit zu tun, daß Politiker dieser Regierungskoalition zeigen, daß sie die Sorge, die dauernd auf den Lippen getragen wird, ernst nehmen. Denn wenn das ernstgenommen würde, hätten wir inzwischen einen Terminkalender, der einen anderen Ablauf vorsieht als den, der bisher programmiert ist. ({23}) Dann würden wir uns damit beschäftigen, was wir zur Erhaltung der Gemeinnützigkeit der Wohnungen tun. Nun will ich auch dazu noch etwas sagen: ({24}) Das, was dem DGB bisher verweigert wurde, ({25}) eine gemeinsame Strategie von öffentlichen Händen, Kreditgebern und Eigentümern zu beraten, steht jetzt bevor. Der Berliner Senat hat j a sein Angebot an Herrn Schiesser schon gemacht. So seriös scheint der Berliner Bürger Schiesser der eigenen Landesregierung wohl zu sein, daß die gleich gekommen ist und gesagt hat: Wir wollen unsere 20 000 Neue-Heimat-Wohnungen in Berlin retten. ({26}) Das ist also offensichtlich in Ordnung. Gegenüber dem DGB wurde dieses Angebot nicht ausgesprochen. Ich bin dafür, daß das, was man dem DGB verweigert hat, gegenüber einem Unternehmer geschieht, der Geld verdienen will. Die einzige Chance für die Mieter und für die Steuerzahler, günstig davonzukommen, ist, Herrn Schiesser so günstig, so preisgünstig wie möglich das an Wohnungsbestand abzukaufen, was er erworben hat.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gerster?

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein. Ich habe für Herrn Gerster im Untersuchungsausschuß viel übrig, aber nicht im Plenum. ({0}) Das, was zu tun ist, ist, auf die Situation jetzt einzugehen. Herr Schiesser nimmt in dem Moment, in dem er Wohnungen aus der Gemeinnützigkeit herauslöst - ({1}) - Ganz einfach, durch Verkaufen. Aber, Herr Scheu, das müßten Sie im Untersuchungsausschuß doch schon längst gelernt haben. Dem DGB werfen Sie es doch dauernd vor, daß er das gemacht hat. Mit dem Verkauf von Neuer Heimat an BGI ist doch so etwas geschehen. Die Herauslösung von Wohnungen aus der Gemeinnützigkeit ist leider ganz einfach. Wir Sozialdemokraten wollen dies nicht und sagen: In dem Moment, in dem die Wohnungen aus der Gemeinnützigkeit heraus sind, sind die Steuerzahler dabei. Denn dann werden die Verluste aus Vermietung und Verpachtung sofort mit sonstigen Einkommen verrechnet. Herr Schiesser scheint gutgehende Firmen zu haben. Mit deren Einkommen ist das verrechenbar, schon werden die Steuereinnahmen gemindert. Er spricht von einem Freundeskreis. ({2}) Der scheint gute Einkommen zu haben, gutgehende Geschäfte zu betreiben. Mit deren Einkommen werden die Verluste aus Vermietung und Verpachtung der Neue-Heimat-Wohnungen verrechnet werden. Schon werden wir die Steuerzahler dabei haben. Dies steht jetzt an. ({3}) - Nein, auch Herr Gattermann, bitte nicht! Sie können nachher Ihre Auffassung vortragen, Sie haben noch einen Sprecher. Dies steht jetzt an, und wer dies verhindern will, der kann dies nur, wenn er mit dem Eigentümer verhandelt. Er hätte es auch tun können, wenn er den bisherigen Eigentümer seriös behandelt hätte. ({4}) Aber Wahlkampf zu führen, den DGB nur an den Pranger zu stellen, die Neue Heimat nach Strich und Faden madig zu machen, ({5}) obwohl sie auch Gutes geleistet hat, überall Kriminalität zu unterstellen, wie das also manchen unserer Kollegen inzwischen von Gerichten verboten wurde, dies ist nicht vereinbar mit einem Handeln zugunsten der Mieter und Steuerzahlerinteressen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Deswegen hat Herr Schiesser offensichtlich jetzt die Regierungs- und Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers in Sachen Wohnungspolitik angetreten. Wer ihm diese wieder abnehmen will, muß mit ihm verhandeln. ({0}) Darum, liebe Bundesregierung, was immer auch dem DGB an Versäumnissen vorgeworfen wird: Ihr versäumt zur Zeit, das zu tun, was notwendig wäre, um das zu schützen, was Ihr immer auf den Lippen tragt, nämlich die Mieter und die Steuerzahler. Ihr tut nichts. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hüsch.

Dr. Heinz Günther Hüsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000977, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Sperling, Mitglied des Untersuchungsausschusses, hat erklärt, er würde ja Betroffenheit zeigen, wenn ... und wenn ..., aber eine Konsequenz aus der Überlegung, betroffen zu sein, hat er nicht gezogen. ({0}) Herr Sperling, Sie setzen etwas fort, was gerade in der jetzigen Situation äußerste Bedenklichkeit auslösen muß. Sie können das Verhalten des Eigentümers nicht billigen, und ich weiß, das tun Sie auch nicht. Aber dann sagen Sie das bitte auch klar. Sie können nicht Ihre Kenntnis leugnen, daß dieser Eigentümer - und das ergibt ja die Untersuchung des Ausschusses, in dem wir gemeinsam sitzen, eindeutig - über lange Zeit hin schwere Rechtsverletzungen begangen hat und daß die Ursache dessen, worüber wir uns heute unterhalten, nicht ein Vorgang der letzten Monate ist, sondern daß die Ursachen langfristig angelegt waren. Wenn das aber so ist, dann ist doch Ihr Vorwurf an die Bundesregierung die umgekehrte Form des Wahlkampfes: Sie wollen für das, was langfristig ausgelöst worden war, jemanden verantwortlich machen, der damals die politische Mehrheit nicht besaß, ({1}) und Sie wollen heute eine Lösung abverlangen, zu der derjenige, der die Lösung erwarten möchte, von sich aus nichts beigetragen hatte. Eindeutig ist die Feststellung: Die Neue Heimat hat aus dem gemeinnützig gebundenen Vermögen in das freie Vermögen transferiert. ({2}) Dahinter stehen die Eigentümer. Das waren nicht die Rechtsverletzungen des Geschäftsführers allein, das war der Wille und das Wollen derer, die in der Beteiligungsgesellschaft sitzen und die dahintersitzen: die Eigentümer. ({3}) Wenn sie dies nun mit aller Ruhe bedenken und Ihre Forderungen daran messen, dann hätte man doch erwarten dürfen, daß Herr Sperling sich hier hinstellt, aber nicht einen vordergründigen Angriff auf den Bundeskanzler oder auf den Bundeswohnungsminister richtet, sondern den Eigentümern, denen er ja so nahesteht, sagen würde: Bitte, wann zahlt Ihr denn das wieder in das gemeinnützige Vermögen zurück, was Ihr rechtswidrig dem gemeinnützigen Vermögen entzogen habt? ({4}) Dann kommt Ihre Kritik am Untersuchungsausschuß. Sie beklagen, daß der Untersuchungsausschuß die Erbsenzählerei fortsetze. Herr Sperling, ich habe mich gefragt: Sitzt er denn nun eigentlich im gleichen Ausschuß wie du auch? Wir sind darin. Und weil wir darin sind und weil Sie es infolgedessen genau wissen müssen, werden Sie sich fragen lassen müssen, ob Sie hier nicht die Unwahrheit sagen. Sie wissen, daß wir über den Terminablauf der Vernehmungen klare Festlegungen haben. Der Vorsitzende hat am Donnerstag in der vorigen Woche vor Bekanntwerden der Veräußerung einen Vorschlag eingebracht. Die erste Sitzung, die darüber beraten soll, ist für heute nachmittag angesetzt, nach Schluß dieser Debatte. ({5}) In dieser Sitzung, nach dieser Aktuellen Stunde, sollten wir beraten. Wenn Sie jetzt den Eindruck erwecken, das sei vorsätzlich verschoben worden, so täuschen Sie die Öffentlichkeit. Ich muß Sie mit allem Ernst daran erinnern: Sie haben doch dem Untersuchungsausschuß zugestimmt, weil Sie sehr wohl spürten, daß da etwas bereinigt werden muß. Einstimmig haben wir das gemacht. Dann beginnt das langsame Abseilen. Dann wird es lächerlich gemacht. Dann wird zur Erbsenzählerei erklärt, was Sie selbst für notwendig erklärt haben. ({6}) Das Allerschlimmste, Herr Sperling, was Sie begangen haben: Sie haben hier das Verhalten der Gewerkschaft gerechtfertigt, die Bücher zu verweigern. ({7}) Jeder kleine Steuerzahler, der nur eine kleine Stundung von ein paar hundert Mark haben möchte, muß dem Finanzamt und damit der öffentlichen Hand seine Dinge vorlegen. Aber jemanden, der offensichtlich erwartet, Millionen und hundert Millionen zu bekommen, der ein großes Risiko für Mieter, für das Bankensystem, für die öffentliche Hand, für öffentliche Banken darstellt, ermutigen Sie vor der Öffentlichkeit im deutschen Parlament, das zu unterlassen, was dieser Gesetzgeber von jedem kleinen Steuerpflichtigen verlangt. Ich finde dies eine so bodenlose, ja, unerträgliche Verhaltensweise. ({8}) Genau in dieser Richtung steht auch die Tatsache, daß Sie jetzt direkt oder indirekt die Eigentümer darin bestärken wollen, dem Untersuchungsausschuß bestimmte Unterlagen nicht zu geben. Sie hatten die Vorlage der Berichte, soweit sie nicht anderweitig zugänglich waren, mit beschlossen. Da ist ein kleiner Irrtum passiert; wir können den einmal vernachlässigen. Aber im Kern haben Sie nicht mitvollziehen wollen, daß der sich weigernde, der blockierende Eigentümer - gleich Vermögensgesellschafter Gewerkschaften - dem Ausschuß die Aufklärung verweigert, die er eigentlich braucht, um klarzustellen. ({9}) Wie können Sie sich jetzt mit gutem Recht hinstellen und sagen: Es muß alles auf den Tisch. Das widerspricht doch Ihrer eigenen Verhaltensweise im Ausschuß. Ich will Ihnen keinen Vorwurf machen. Man muß im Ausschuß auch abwägen können. Sehr wohl gab es eine Güterabwägung in dieser Frage. Ich sehe das juristisch sehr wohl, auch politisch. Aber dann ist es doch wenigstens jetzt an der Zeit, klar zu erklären. Warum kommen Sie jetzt nicht hierhin und sagen: Wir, die SPD, die dem Eigentümer nach unserer eigenen Erkärung politisch und in vielfacher Hinsicht auch personell nahestehen, haben über die Vorgänge besonderes, zusätzliches Wissen, das die Öffentlichkeit nicht hat. Warum sagen Sie das nicht? ({10}) - Es mag sein, daß Sie persönlich es nicht haben. Möglicherweise werden Sie genauso unwissend gehalten wie andere auch. ({11}) Aber Ihre führenden Leute haben dieses Wissen. Ich könnte Namen von Leuten nennen, die hier sitzen. ({12}) - Nein, ich wandle in den Fußstapfen dessen, der sich trotz aller Vernebelungsversuche den gesunden Menschenverstand erhalten hat und nicht zu glauben vermag, daß plötzlich, nachdem man 20 Jahre in engem Beziehungsgeflecht zusammengearbeitet hat, am ersten Tage des 21. Jahres über die wichtigsten Dinge nicht mehr unterrichtet würde. ({13}) Wenn Sie nicht unterrichtet worden sind, Herr Sperling, denn müssen Sie sich fragen: Was sind eigentlich Ihre Freunde dort wert, die ein so risikoreiches Unternehmen beginnen und Ihnen, ihren Freunden, die ihnen helfen sollen, darüber nicht einmal eine rechtzeitige Nachricht zukommen lassen? ({14}) Meine Damen und Herren, der Untersuchungsausschuß, der einstimmig eingesetzt worden ist, muß seine Untersuchung führen. Das führt durch Täler. Das gibt manchem ein schlechtes Gefühl. Ich bin kein Gewerkschaftler, aber ich bin für Gewerkschaften. Ich habe schon mit IG Metall und mit ÖTV gestreikt. Aber ich bin nicht in der Gewerkschaft. Aber ich wäre betroffen, wenn die deutschen Gewerkschaften dauerhaft das Bild abgäben, das sie jetzt im Lichte der konkreten Ereignisse tatsächlich abgeben. ({15}) Das geht weit über einen Wahlkampfstreit hinaus. ({16}) - Das geht ans Fundament dessen, was ich auch mit meinem eigenen Volk fühle, was jeder Abgeordnete fühlen muß. Denn keiner von uns kann darüber freudig erregt sein, daß etwa in der ausländischen Öffentlichkeit über die Bundesrepublik gesprochen werde, daß sich ihre angesehenen Gewerkschaften so tief in etwas haben verstricken las17950 sen oder selbst hineinverstrickt haben. Da müssen Sie Betroffenheit äußern! Weil Sie die Chance haben, da noch viel zu bewegen, fordere ich Sie auf, jetzt endlich folgendes mit zu tun. Wir müssen die Untersuchung fortsetzen und beschleunigen. Sicherlich gibt es Änderungen im Terminkalender; akzeptiert. Wenn wir darüber nachher in einer Stunde sprechen, kommt das, hoffe ich, einstimmig zustande; aber selbst wenn es eine Mehrheitsentscheidung gäbe, wäre das auch nicht so schlimm. Aber stellen Sie sich bitte dahinter! Hören Sie auf, die Gewerkschaften und die BGAG darin zu ermutigen, dem Ausschuß weiterhin die Bücher vorzuenthalten. Das kann man nicht mehr machen. Wenn man hier die Öffentlichkeit unterrichten will, wenn man sich vor etwas stellen will, dann leisten Sie bitte den Beitrag, den Sie erbringen können. Das vermisse ich. Hören Sie auf zu erklären, das sei Erbsenzählerei. Ein Untersuchungsausschuß, so schwierig seine Aufgabe ist - es ist für mich der fünfte -, hat seine Tiefen und Höhen, seine bitteren Stunden und die schöneren. Aber Erbsenzählerei ist es weiß Gott nicht, wenn man auf der Basis eines einstimmigen Beschlusses des Deutschen Bundestages einen wesentlichen Vorgang aufklären muß, der einfach bereinigt werden muß, damit die Luft in Deutschland wieder sauber wird, und der mit dem Ziel abgehandelt werden muß, daß man wieder Perspektive sieht, daß man seinen Gewerkschaften, auch wenn man nicht ihr Mitglied ist, vertrauen darf, daß man den Funktionären vertrauen darf, daß der Mieter vertrauen darf, daß der Arbeitnehmer vertrauen darf und daß endlich dieses Klima, das eben von tiefer Betroffenheit und ingrimmiger Wut beim Arbeitnehmer gekennzeichnet ist, wieder von einem Klima abgelöst wird, in dem man ganz normal in Deutschland leben kann und von den Gewerkschaften und ihrer Neuen Heimat nicht mit vorgehaltener Hand sprechen muß, sondern ganz natürlich, wie das in einem modernen Industriestaat ist. Tragen Sie dazu bei! Lösen Sie die Blokkade auf! Wirken Sie auf die Eigentümer ein, damit die ihre Gerichtsverfahren gegen den Deutschen Bundestag einstellen. Viermal haben sie vor deutschen Gerichten schon verloren. Weitere sieben Klagen wollen sie anstrengen. Was ist das für ein System, in dem diejenigen, auf die sich die Untersuchung erstrekken muß, dem Deutschen Bundestag durch unzulässige oder unbegründete Klagen, durch einstweilige Verfügungen gegen Untersuchungsführer und dergleichen die Mittel aus der Hand schlagen wollen? Das ist nicht der richtige Stil. Tragen Sie dazu bei, daß wir weiterkommen. Dazu haben Sie die Möglichkeit. Rufen Sie dann nicht die Regierung, rufen Sie Ihre eigenen Freunde an, dann kommen wir ein Stück weiter. Ich hoffe, in einer Stunde werden wir das wieder schaffen. ({17})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Donnerstag, den 25. September, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.