Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
- Drucksache 10/4496 Vorweg behandeln wir die Dringliche Frage des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen:
Auf welche Weise wird die Bundesregierung sicherzustellen versuchen, daß Sendungen aus der Bundesrepublik Deutschland in die DDR, deren Zustellung die DDR-Behörden in den letzten Wochen wegen der Verwendung von Briefmarken mit dem Aufdruck „40 Jahre Eingliederung heimatvertriebener Deutscher" rechtswidrig verweigert hat, den Empfängern doch noch vor Weihnachten zugehen, ohne daß den Absendern zusätzliche Kosten entstehen?
Zur Beantwortung steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rawe zur Verfügung. Bitte sehr.
Herr Kollege Jäger, die Zurückweisung der mit dem Sonderpostwertzeichen „40 Jahre Eingliederung heimatvertriebener Deutscher" versehenen Sendungen durch die DDR ist nach Auffassung der Bundesregierung eindeutig rechtswidrig. Leider geben die zweiseitigen den innerdeutschen Postverkehr regelnden Abkommen und die Verträge des Weltpostvereins, soweit auf sie in diesen Abkommen verwiesen wird, keine rechtliche und auch keine tatsächliche Handhabe, die Deutsche Post der DDR von ihrer rechtswidrigen Vorgehensweise abzubringen.
Eine Gebührenerstattung oder die Übernahme der Freimachung für den erneuten Versand kann die Deutsche Bundespost nicht vornehmen, da keine Rechtsgrundlage für eine Gebührenerstattung oder Gebührenübernahme besteht. Die Deutsche Bundespost hat ihren Anteil an der Beförderungsleistung ordnungsgemäß erbracht. Sie hat auch auf jede ihr mögliche Weise zuvor auf die mit einer entsprechenden Freimachung verbundenen Risiken beim Versand entsprechender Sendungen in den Bereich der Deutschen Post der DDR oder anderer Ostblockstaaten hingewiesen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist, wenn die Bundesregierung zutreffend davon ausgeht, daß es sich hier um einen klaren Verstoß gegen die innerdeutschen Abmachungen über den gegenseitigen Postverkehr handelt, nicht auch darauf hinzuweisen, daß das Beanstanden und das Zurückweisen von Sendungen, die mit von der Bundespost der Bundesrepublik Deutschland herausgegebenen Briefmarken frankiert sind, auch ein Verstoß gegen die Verpflichtung in der KSZESchlußakte ist, sich nicht in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einzumischen? Dies ist j a bei dem Verfügenwollen darüber, welche Briefmarken wir herausbringen oder nicht, der Fall.
Herr Kollege, ich habe eindeutig klargestellt, daß wir dieses Verhalten als rechtswidrig ansehen. Aber ich habe Ihnen ebenso deutlich gesagt: Ich habe keine Möglichkeit, etwas dagegen zu unternehmen.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung prüfen - selbstverständlich sorgfältig; das tut sie immer -, ob die DDR zur Aufgabe ihres rechtswidrigen Verhaltens nicht dadurch veranlaßt werden könnte, daß erwogen wird und alle rechtlichen Möglichkeiten untersucht werden, ob nicht im Wege einer völkerrechtlich zulässigen Retorsion bestimmte Sendungen, etwa solche mit provokativem Aufdruck oder ähnliche, an die DDR zurückgegeben werden sollten und ihr damit signalisiert werden sollte, daß auch sie am besten daran täte, Sendungen nicht nach den aufgeklebten Briefmarken zu beurteilen, sondern sie ordnungsgemäß den Empfängern zuzustellen?
Herr Kollege, ich danke Ihnen zunächst für die Feststellung, daß Sie immer davon ausgehen, daß die Bundesregierung sorgfältig prüft. Ich will Ihnen eine sorgfältige Prüfung auch gern zusagen, habe aber Zweifel, ob das eine angemessene Reaktion wäre.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Paterna.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie dem Kollegen Jäger gesagt haben, die Bundespost habe - ich zitiere Sie, glaube ich, wörtlich - auf jede ihr mögliche Weise auf die Beförderungsrisiken hingewiesen, frage ich: Können Sie uns im einzelnen sagen, wie diese Informationen an die Postkunden gegangen sind?
Nicht im einzelnen, Herr Kollege Paterna. Aber Sie wissen, daß es darüber eine umfangreiche Berichterstattung in den Medien gegeben hat. Wir selbst haben auch in Pressemitteilungen darauf hingewiesen.
Ich denke, Sie wissen so gut wie ich, daß natürlich ein Teil derjenigen, die diese Marken zum Versand gerade in diese Länder verwenden, das auch zu einem ganz gestimmten Zweck tut; denn auch Sie befassen sich ein bißchen mit der Philatelie.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.
Herr Staatssekretär, inwieweit ist mit Ost-Berlin Kontakt aufgenommen worden, um unsere berechtigte Aufassung von der Rechtswidrigkeit der Regierung in Ost-Berlin mitzuteilen?
Herr Kollege, Sie wissen, daß es schon im Vorfeld der Herausgabe dieser Marken Intervention seitens der DDR und natürlich auch anderer Ostblockstaaten gegeben hat. Wir haben uns von Anfang an eindeutig dahin eingelassen, daß diese Marke in völliger Übereinstimmung mit den Regeln des Weltpostvereins herausgegeben worden ist. Dies haben wir klargemacht. Wir haben auch deutlich gemacht, daß wir deswegen keinerlei Veranlassung sehen, die Marke zurückzunehmen oder andere Dinge zu tun.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf.
Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Dr. Lammert auf:
Wie stellt sich die Bundesregierung eine Beteiligung des Parlaments und gegebenenfalls anderer Verfassungsorgane an der Entwicklung der Konzeption sowie dem späteren Betrieb der geplanten Geschichtsmuseen in Bonn ({0}) und Berlin ({1}) vor?
Herr Kollege Lammert, das „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" in Bonn soll als selbständige Stiftung des öffentlichen Rechts durch Bundesgesetz errichtet und betrieben werden. Die Bundesregierung wird einen entsprechenden Gesetzentwurf so bald wie möglich vorlegen. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes soll organisatorische Basis für das zu errichtende „Haus der Geschichte"
vorläufig eine unselbständige Stiftung des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern sein; sie soll Anfang des nächsten Jahres errichtet werden. Entscheidendes Organ sowohl der selbständigen wie der vorläufigen unselbständigen Stiftung soll ein Kuratorium sein, dem gleichgewichtig Vertreter des Deutschen Bundestages, der Länder und der Bundesregierung angehören.
Die dem Deutschen Historischen Museum in Berlin zugrunde zu legende Konzeption wird derzeit von einer Expertenkommission erarbeitet. Der Entwurf soll im Frühjahr 1986 vorliegen und wird dann allen politischen und gesellschaftlich relevanten Gruppen zur Erörterung zur Verfügung gestellt werden. Die endgültige Konzeption soll auf der Grundlage dieser Erörterung entstehen. Das Deutsche Historische Museum soll dem Land Berlin aus Anlaß der 750-Jahr-Feier Berlins geschenkt werden. Vorschläge für die Beteiligung der Verfassungsorgane des Bundes und des Landes werden die Bundesregierung und der Senat von Berlin rechtzeitig vorlegen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, die Absicht der Bundesregierung, deutsche Geschichte und politische Kultur in Deutschland an diesen beiden herausgehobenen Plätzen darzustellen, verdient allgemeine Unterstützung und hat offensichtlich auch breite Unterstützung gefunden. Darf ich die Auskunft, die Sie über die beabsichtigte Konstruktion des Kuratoriums dargestellt haben, so interpretieren, daß die Bundesregierung die Einschätzung teilt, daß der Erfolg dieser Absichten davon abhängt, daß durch Einbeziehung des Parlaments, durch Einbeziehung der Länder, wenn nötig und möglich, vielleicht auch des Bundespräsidenten, jeglicher Verdacht vermieden wird, als sei die Darstellung, die Präsentation deutscher Geschichte aus der Perspektive der jeweils amtierenden Bundesregierung beabsichtigt, und daß, um diesen Eindruck zu vermeiden, die Beteiligung anderer Verfassungsorgane sich eben nicht auf Unterrichtung beschränken kann?
Herr Kollege Lammert, ich führte eingangs aus, was das „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" in Bonn anbetrifft, daß eine Stiftung durch Bundesgesetz erfolgen soll. Bundesgesetze erläßt das Parlament. Damit ist die Mitwirkung der Parlamentarier voll verankert.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Im Zusammenhang mit den Berliner Absichten würde ich Sie gerne fragen: Wie beurteilen Sie die Entscheidung der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, eine eigenständige Kommission -
Herr Abgeordneter Lammert, Sie sollen die Bundesregierung fragen, aber
Vizepräsident Stücklen
nicht danach, was die Bundesregierung von einem Beschluß eines anderen Parlaments hält.
Es geht aber, Herr Präsident, um die Frage, ob hier die Absichten, die die Bundesregierung dargestellt hat, tatsächlich im Konsens aller demokratischen Kräfte realisiert werden können oder nicht. Meine Frage bezieht sich genau auf die Beurteilung des Sachverhalts, daß parallel zu der von der Bundesregierung - wie gerade geschildert - eingesetzten Kommission in Berlin eine weitere Kommission eingesetzt worden ist mit dem Ziel, ein eigenständiges Konzept zu entwickeln. Ich hätte gern von der Bundesregierung gewußt, Herr Staatssekretär, wenn das möglich ist, ob sie das für einen hilfreichen, konstruktiven Beitrag zur Erreichung dieses gerade dargestellten Ziels hält.
Herr Kollege Lammert, auch wenn Ihre Fragestellung über die eigentliche Frage hinausgeht, möchte ich gern antworten. In Berlin wurde zwischen dem Bundeskanzler und dem Regierenden Bürgermeister Einvernehmen über folgende Punkte erzielt: Der Bund baut das Museum, richtet es ein und macht es Berlin aus dem soeben von mir dargestellten Anlaß zum Geschenk. Das Museum soll in unmittelbarer Zuordnung zum Reichstag voraussichtlich auf dem Gelände der früheren Kroll-Oper errichtet werden. Der Grundstein soll zum 750jährigen Jubiliäum Berlins im Jahre 1987 gelegt werden. So bald wie möglich - im Frühjahr 1986 - soll als erster Teil eines Architektenwettbewerbs ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben werden. Bis dann soll die inhaltliche Grundkonzeption vorliegen und soll die städtebauliche Rahmenplanung abgeschlossen sein.
Sie sehen, daß die Bundesregierung in enger Verzahnung mit dem Senat von Berlin auf dieses Werk hinarbeitet.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kansy.
Herr Staatssekretär, ist sichergestellt, daß die Suche nach einem politischen Konsens nicht dazu mißbraucht wird, eventuell diese und andere Vorhaben, z. B. das Mahnmal in Bonn, zu verhindern?
Herr Kollege Kansy, ich weiß, daß in bezug auf die Förderung der Kulturpolitik in Berlin, wie ich gerade erfahren habe, eine Große Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN vorbereitet ist. Ich kann nicht ausschließen, daß mehrere Mitglieder dieser Fraktion in der von Ihnen angesprochenen Richtung tätig werden. Es bleibt aber bei den Aussagen, die ich eben für die Bundesregierung gemacht habe.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.
Herr Staatssekretär, ist der Name „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" schon endgültig bestimmt, oder wird auf das eine oder andere kritische Wort Rücksicht genommen werden? Denn „Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" klingt nach abgeschlossener Geschichte.
({0})
Herr Kollege Hupka, es besteht ein Einvernehmen in bezug auf die Namensgebung.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Probst zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Hettling auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Finanzierung der Hermes-Raumfähre zu 90 v.H. gemäß dem Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 16. Oktober 1985, gesichert sein soll, wenn ja, in welchem Umfang beabsichtigt die Bundesregierung, sich am Hermes-Projekt mit technologisch-hochwertigen Aufgaben zu beteiligen?
Herr Kollege, Ihre Frage beantworte ich wie folgt:
Bislang ist für das Hermes-Projekt das Verfahren der Europäisierung nach der ESA-Konvention nicht eingeleitet worden. Deshalb bestand für die Bundesregierung bisher auch keine Notwendigkeit, eine Entscheidung zu treffen.
Der Bundesregierung sind auch keine Stellungnahmen anderer Staaten über ihre Beteiligung oder gar über Beteiligungsprozentsätze bekannt. Diese werden erst in dem Europäisierungsverfahren im Rahmen der Europäischen Weltraumorganisation, das - wie gesagt - noch nicht eingeleitet ist, verbindlich festgelegt werden.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wer über die bisherigen europäischen Projekte auch im Rahmen der ESA Bescheid weiß, weiß ganz genau - insofern frage ich Sie -, daß diese Projekte, bevor Sie sie offiziell abhandeln und mit Prozentanteilen versehen, zwischen den beteiligten Firmen und den zuständigen Ministerien so weit vorbereitet werden, daß das, was Sie gerade angesprochen haben, nur noch ein formaler Akt ist, und es ist Ihnen genauso wie mir -
Herr Abgeordneter, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie jetzt zu der Frage kämen. Bitte sehr.
Ja. - Es ist Ihnen doch genauso wie mir bekannt, daß dies eine formale Antwort ist. Ich bitte Sie also, die Frage präzise zu beantworten - und erweitere sie insofern -: Inwieweit ist Ihnen bekannt, daß zwischen den beteiligten Firmen innerhalb der ESA diese Aushandlung von Pro13928
zenten und hochwertigen Projekten schon vollzogen ist?
Das ist uns nicht bekannt, Herr Kollege.
Weitere Zusatzfrage, bitte.
Hat die Bundesregierung die Absicht, im Rahmen des europäischen Hermes-Projekts Mittel zur Verfügung zu stellen, um einen hochwertigen Anteil an diesem Projekt zu bekommen und dies nicht - in Abhängigkeit von einer möglichen SDI- oder anderen Beteiligung an Raumfahrtprojekten der Amerikaner - verdrängen zu lassen?
Herr Kollege, mit dem SDI-Programm hat das überhaupt nichts zu tun. Auch sind finanzielle Leistungen der Bundesregierung hier nicht gefordert. Im Zusammenhang mit der zivilen Weltraumfahrt gibt es ja zwei Aspekte: Eine Raumfähre im europäischen Sinne hat nur dann einen Sinn, wenn es auch ein selbständiges europäisches Raummodul oder eine Raumstation gibt. Das im Kontext zu entwickeln, ist die Bundesregierung bestrebt, und hierzu sind natürlich Gespräche international im Gange.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kübler.
Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, daß Ihnen keine Absprachen über Quotenübernahmen einzelner Länder bekannt seien: Sind Ihnen auch keine entsprechenden Gespräche und der Inhalt dieser entsprechenden Gespräche bekannt?
Es gibt eine Reihe von Gesprächen, die hier geführt worden sind. Soweit wir daran beteiligt sind, sind uns diese Gespräche bekannt. Soweit es andere Partner sind, sind sie uns natürlich nicht bekannt. Das liegt in der Natur der Sache, Herr Kollege.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Kübler auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung das Ergebnis der von ihr in Auftrag gegebenen Untersuchung „Ziviler Nutzen militärisch motivierter Forschung und Entwicklung", wonach durch das amerikanische Raketenabwehrprogramm im Weltraum ({0}) nicht mit einem unmittelbaren zivilen Technologietransfer zu rechnen ist, und wird die Bundesregierung die Öffentlichkeit entsprechend umfassend informieren?
Herr Kollege Dr. Kübler, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Bei der Untersuchung „Ziviler Nutzen militärisch motivierter Forschung und Entwicklung" handelt es sich um eine Literaturrecherche zu Veröffentlichungen bisher untersuchter Fälle privatrechtlicher Nutzung von Ergebnissen militärischer Forschung und Entwicklung. Das amerikanische SDI-Forschungsprogramm konnte als erst anlaufendes Programm von dieser Untersuchung natürlich nicht erfaßt werden. Die Untersuchung macht hierzu auch keine Aussagen.
Die Untersuchung weist umfangreiche Literatur nach, die die Bundesregierung auszugsweise prüfen und gegebenenfalls auf Grund weiterführender Gespräche und Recherchen beurteilen wird. Falls sich hieraus verallgemeinerungsfähige Schlüsse ziehen lassen, wird die Bundesregierung die Öffentlichkeit natürlich unterrichten.
Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, daß dieses Gutachten keine Aussagen mache. Ich weiß nicht, ob das Gutachten Ihnen im Moment im Wortlaut vorliegt. Ich möchte auf Seite 40 verweisen und Sie fragen, ob nicht auf Seite 40, letzter Absatz die Frage - ich weiß nicht, Herr Präsident, ob ich sie zitieren kann -, die Sie in dem Sinne verneinen, daß sie überhaupt nicht behandelt worden ist, in den Schlußfolgerungen sogar ausdrücklich enthalten ist!
Herr Kollege, ich habe diesen Text jetzt nicht vorliegen. Zu SDI jedenfalls wird keine präzise Aussage über den Technologie-Spin-off gemacht, weil das j a auch materiell nicht möglich ist.
Noch eine Zusatzfrage? - Bitte.
Ist die Bundesregierung bereit, Herr Staatssekretär, nach intensivem Studium dieser Studie die Öffentlichkeit über die Frage, wieweit bei SDI eventuell auch ziviler Nutzen zu erwarten ist, in geeigneter Form und bald zu informieren?
Die Frage des zivilen Spin-off bei militärischen Forschungsprojekten ist ja in der allgemeinen Diskussion und spielt eine große Rolle auch deshalb, weil ja offensichtlich ist, daß es diesen Spin-off gibt.
({0})
Die Bundesregierung widmet dieser Frage deshalb große Aufmerksamkeit. Sollte es auf Grund der vorliegenden Materialien notwendig sein, weitere Recherchen und weitere Untersuchungen durchzuführen, wird die Bundesregierung diese Untersuchungen durchführen und die Öffentlichkeit - genauso wie bei dieser Studie auch - selbstverständlich unterrichten.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung die in dem Gutachten verwertete - wie Sie sagten: umfangreiche - Literatur noch vor ihrer Entscheidung über eine Beteiligung an SDI lesen oder erst danach?
Die Frage der SDI-Beteiligung ist nicht in erster Linie eine Frage der technologischen Entwicklung, sondern es handelt sich hier um ein militärisches Forschungsprogramm, und das ist für die Bundesregierung prioritär zu bewerten. Deshalb ist die Frage des Spin-off auch nicht erstrangig zu bewerten. Aber selbstverständlich werden auch in diese Richtung Überlegungen angestellt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Professor Weisskirchen.
Herr Staatssekretär, wären Sie denn bereit, uns zu erläutern, welche bisherigen praktischen Projekte der Transferleistungen von militärischer zu ziviler Forschung bereits jetzt erkennbar sind?
Herr Kollege, da gibt es ja diese Studie. Ich empfehle Ihnen, diese Studie zu studieren. Sie ist dem Bundestag ja zugeleitet worden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Pfeifer zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Kuhlwein auf:
Hält die Bundesregierung eine Verkürzung der Schulzeit im Zusammenhang mit der Verlängerung des Wehrdienstes bildungspolitisch für vertretbar, und wie beurteilt sie die Auswirkungen einer Verkürzung der Schulzeit etwa in der Sekundarstufe II auf die Studierfähigkeit?
Herr Kollege Kuhlwein, im Zusammenhang mit der Verlängerung des Wehrdienstes auf 18 Monate würde es die Bundesregierung begrüßen, wenn für die Abiturienten folgende Regelung erreicht werden könnte: Das zweite Halbjahr der Jahrgangsstufe 13 der gymnasialen Oberstufe wird mit dem Abitur bis Ende Mai abgeschlossen. Der bisherige Einberufungstermin der Bundeswehr wird vom 1. Juli auf den 1. Juni vorverlegt. Durch eine entsprechende Regelung des Urlaubs wird sichergestellt, daß die Wehrpflichtigen zum 1. November des darauf folgenden Jahres zur Studienaufnahme freigestellt werden können. Damit wird auch nach Verlängerung des Wehrdienstes in der Regel wie bisher das Wintersemester des auf das Abitur folgenden Jahres erreicht.
Die Bundesregierung hält dies Regelung bildungspolitisch für vertretbar, zumal in den meisten Ländern bereits nach bisheriger Praxis die Abiturprüfung bis Ende Mai abgeschlossen ist. Negative Auswirkungen auf die Studierfähigkeit sind deshalb nicht zu befürchten.
Die Bundesregierung geht im übrigen davon aus, daß durch die seit langem eingeleitete Abstimmung mit den für die Schulfragen zuständigen Kultusverwaltungen der Länder unzumutbare Härten bei der Einberufungspraxis vermieden werden können.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist in die Vorüberlegungen bis zur Meinungsfindung in der Bundesregierung auch der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft einbezogen worden, und welche Haltung hat er dort eingenommen?
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft ist einbezogen worden. Die von mir vorgetragene Position entspricht der Position des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt der Bundesbildungsminister die Feststellung der Philologenverbände, eine Verkürzung der Schulzeit im 13. Schuljahr würde zu einem - ich zitiere - spürbaren Leistungseinbruch führen, da die Lehrpläne in allen Bundesländern auf ein komplettes 13. Schuljahr abgestellt seien, und wäre es nicht besser, bei einer Verlängerung des Wehrdienstes - wenn sie überhaupt für erforderlich gehalten wird - einen Teil des Wehrdienstes in den Semesterferien in Etappen abzuleisten, wie das auch der Bundesrat vorgeschlagen hat?
Herr Kollege Kuhlwein, ich habe eben darauf hingewiesen, daß in den meisten Bundesländern nach bisheriger Praxis die Abiturprüfungen bis Ende Mai abgeschlossen sind. Da dies auch in Zukunft so sein soll, kann ich nicht erkennen, wie irgendwelche Einbrüche entstehen sollen.
Was im übrigen den Vorschlag des Philologenverbandes angeht, den Wehrdienst in Etappen ableisten zu können, so halte ich eine generelle Regelung dieser Art nicht für realisierbar. Im einzelnen wird die Bundesregierung dazu in der Gegenäußerung zu der Stellungnahme des Bundesrates Stellung nehmen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Paterna.
Herr Staatssekretär, welche Sorgen hat sich denn die Bundesregierung bisher um die Zivildienstleistenden gemacht, die ja schon heute eine verlängerte Dienstdauer haben, welche Probleme sieht die Bundesregierung nach Inkrafttreten der Neuregelung für diese Personengruppe der Zivildienstleistenden, und welche Lösungsmöglichkeiten strebt sie an?
Ich kann nicht erkennen, daß sich für die Zivildienstleistenden etwas ändert, wenn es dabei bleibt, daß das Abitur im Sommer - in diesem Fall bis Ende Mai - abgeschlossen ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Odendahl.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung Äußerungen des Philologenverbandes Schleswig-Holstein, die von Herrn
Minister Wörner vorgeschlagene Verkürzung der Schulzeit bedeute ein „Notabitur in Friedenszeiten"?
Frau Kollegin, ich darf nochmals darauf hinweisen, daß ich bereits in meiner Antwort an den Kollegen Kuhlwein gesagt habe, daß in den meisten Ländern bereits nach bisheriger Praxis die Abiturprüfungen bis Ende Mai abgeschlossen sind. Wenn es auch in Zukunft bei dieser Regelung bleibt, vermag ich nicht zu erkennen, was das mit dem Begriff „Notabitur" zu tun haben soll.
Weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Staatssekretär, um die Frage des Kollegen Paterna noch einmal ein bißchen zu erhärten: Zivildienstleistende haben schon heute Schwierigkeiten bezüglich der Zeit zwischen dem Ende des Zivildienstes und dem Studienbeginn. Was hat die Bundesregierung in der Vergangenheit getan, um diese Schwierigkeiten auszuräumen, und wird es für Zivildienstleistende in der Zukunft ähnliche Regelungen geben wie für Wehrdienstleistende, daß sie in den Semesterferien ihren Zivildienst nachholen können?
Herr Präsident, ich bin nicht der Meinung, daß das noch einen Bezug zu der Ausgangsfrage hat, weil sich die Frage zum Teil auf die Vergangenheit bezieht.
Was die Zukunft angeht, so möchte ich noch einmal sagen, daß ich im Augenblick Probleme nicht zu erkennen vermag.
Frau Kollegin Schmidt, in der Frage 68 im Bereich des Verteidigungsministers wird dieses Problem noch einmal angesprochen.
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Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Professor Weisskirchen.
Herr Staatssekretär, es gibt ja die Stellungnahme des Präsidenten der Westdeutschen Rektorenkonferenz - Sie kennen sie -, daß keine weiteren verwirrenden Aussagen über die Möglichkeit der einzelnen Ausbildungsbereiche insbesondere von der Bundesregierung getroffen werden sollten. Welche Vorschläge macht denn jetzt die Bundesregierung, um die Probleme beim Übergang vom Wehrdienst in die Ausbildung künftig auch für Ausbildungsanfänger im dualen System und in beruflichen Vollzeitschulen zu lösen?
Bei der Ausbildung von Abiturienten, die eine berufliche Lehre beginnen, ist es schon bisher weitgehend Praxis, daß die Bundeswehr erst nach Abschluß der Lehre einberuft. Auch hieran braucht sich im Prinzip nichts zu ändern, so daß es insoweit bei der jetzigen Regelung bleiben kann. Was die Äußerung des Präsidenten der Westdeutschen Rektorenkonferenz angeht, so möchte ich sagen, daß wir im Augenblick in einer Abstimmung mit den Ländern sind und daß selbstverständlich im Rahmen dieser Abstimmung auch mit den für die Hochschulen Verantwortlichen gesprochen werden muß.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rawe zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Paterna auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß es erforderlich ist, die Genehmigung zum Errichten und Betreiben von Fernmeldeanlagen nur unter solchen technischen Auflagen zu gewähren, die sicherstellen, daß es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch der Anlage nicht zu Beeinträchtigungen bei der Nutzung anderer Fernmeldeanlagen kommt, die unter Einhaltung ihrer Verleihungsbedingungen ebenfalls bestimmungsgemäß betrieben werden, und kann die Bundesregierung in diesem Sinne bestätigen, daß insoweit die fernmelderechtlichen Genehmigungen auch ausnahmslos mit den entsprechenden technischen Auflagen erteilt werden?
Herr Präsident, wenn der Kollege Paterna einverstanden ist, würde ich gern die Fragen 5 und 6 im Zusammenhang beantworten.
Dann rufe ich auch die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Paterna auf:
Kann die Bundesregierung für den Fall, in dem es trotz Einhaltung der in den Verleihungsbedingungen erteilten technischen Auflagen zu einer Beeinträchtigung bestimmungsgemäß betriebener Fernmeldeanlagen kommt, bestätigen, daß die Abhilfemaßnahmen an derjenigen Anlage zu treffen sind, an der sie auf Grund des physikalischen Sachverhalts allein wirksam werden können und daß es insoweit zum pflichtgemäßen Ermessen der Fernmeldebehörde gehört, im Einzelfall für entsprechende Maßnahmen Sorge tragen zu lassen und im allgemeinen Fall bei der Festlegung technischer Auflagen den jeweils neuesten Stand von Wissenschaft und Technik zu berücksichtigen?
Herr Kollege Paterna, es ist grundsätzlich das Ziel der Bundesregierung, die technischen Auflagen zum Errichten und Betreiben von Fernmeldeanlagen so auszugestalten, daß gegenseitige Beeinträchtigungen bei bestimmungsgemäßem Betrieb auf ein Maß begrenzt werden, wie es die Allgemeinverantwortung nach Maßgabe technischer, wirtschaftlicher und ordnungspolitischer Gesichtspunkte jeweils gebietet. So genießen z. B. die öffentlichen Zwecken dienenden Fernmeldeanlagen Priorität gegenüber sonstigen Fernmeldeanlagen.
Da sich Umfang und Bedeutung der einzelnen Fernmeldeanwendungen ständig ändern, können derartige technische Auflagen auch keinen abschließenden Charakter besitzen, sondern werden den veränderten Gegebenheiten von Zeit zu Zeit angepaßt. In Vorbereitung sind z. B. neue technische Vorschriften für Videorecorder.
Der Gesichtspunkt der Allgemeinverantwortung bestimmt auch, daß die Regelung der Kollisionsfälle
nicht nach ausschließlich technisch-physikalischen Gesichtpunkten erfolgen kann. So wird z. B. im Einzelfall eine Beschränkung der Sendeleistung eines Funkamateurs in einem bestimmten Frequenzbereich als zumutbar angesehen gegenüber technischen Veränderungen an einem störend beeinträchtigten Empfangs- oder Wiedergabegerät.
Aus der Allgemeinverantwortung der Deutschen Bundespost ergibt sich auch, daß in den technischen Auflagen von einem allgemeinen Stand der Technik, der auch die wirtschaftlichen Bedingungen berücksichtigt, auszugehen ist. Dieser unterscheidet sich u. a. auch erheblich von dem erreichten neuesten Stand in Technik und Wissenschaft oder kann sich jedenfalls davon unterscheiden.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, warum ist denn, wenn das alles so ist, wie Sie soeben sagen, die Richtlinie betreffend die technische Qualität der Netzebene 4 bei Breitbandanlagen nur eine Empfehlung und keine verbindliche Richtlinie?
Herr Kollege, ich glaube, es wird weniger auf die Namensgebung als vielmehr auf die Handhabung ankommen. Nach den Fernmeldegesetzen müssen wir Störungen vermeiden, und das wird genauso wie bei den anderen Anlagen praktiziert.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie wird in dem Fall, daß sich ein Hörfunk- oder Fernsehteilnehmer über Störungen beschwert, die Bundespost kommt und feststellt, daß das Gerät eine FTZ-Nummer hat, festgestellt, daß die Einstrahlfestigkeit tatsächlich den FTZ-Bestimmungen entspricht, die Nummer also zu Recht darauf steht.
Wir gehen zunächst, wenn die FTZ-Nummer vorhanden ist, davon aus, daß diese Voraussetzungen vorliegen, und wir haben erst dann, wenn die Störung im weiteren Verlauf nicht beseitigt oder die Störquelle nicht festgestellt werden kann, Veranlassung, das Gerät auf mögliche Fehler zu überprüfen. Eine sofortige Überprüfung des Gerätes machte die ganze FTZZulassung unnötig.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen die Erkenntnis der Stiftung Warentest entgangen, daß viele Geräte der Unterhaltungselektronik nicht den Vorschriften entsprechen, obwohl sie eine FTZPrüfnummer haben, die aber von den Geräteherstellern selbst nach eigenen Messungen angebracht worden ist, und wie verfahren Sie in einem solchen Fall etwa gegenüber einem als Störer empfundenen Funkamateur?
Hier wird es in der Tat darauf ankommen, festzustellen, ob der Sachverhalt so ist, wie Sie ihn geschildert haben. Ich kann dem nicht ohne weiteres folgen. Ich kann auch den Herstellern nicht ohne weiteres unterstellen, daß sie FTZ-Zulassungsnummern an ihren Geräten anbringen, die sie nicht ordnungsgemäß beantragt und, nachdem die Geräte ordnungsgemäß geprüft worden sind, auch bekommen haben.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie das Stichwort Videorecorder schon genannt haben, darf ich Sie fragen: Ist ein Videorecorder eine Sendeanlage im Sinne des Fernmeldeanlagengesetzes, und könnten Sie über die in Aussicht genommene Regelung vielleicht schon etwas deutlicher werden?
Ich kann über die in Aussicht genommene Regelung noch nicht deutlicher werden. Sie wissen, daß die Kommission an der Arbeit ist. Die Kommission glaubt, diese Arbeit etwa Mitte 1986 zu beenden, so daß die Bedingungen dann veröffentlicht werden könnten. Nach unserer Praxis könnte diese dann Ende 1986 in Kraft gesetzt werden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Weiß ist zurückgezogen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Köhler zur Verfügung.
Die Fragen 8 und 9 des Abgeordneten Heyenn, 10 und 11 des Abgeordneten Lutz, 12 und 13 des Abgeordneten Reimann und 17 des Abgeordneten Dr. Kübler sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten von der Wiesche auf:
Trifft es zu, daß die Durchführung des Projektes „Reintegrationshilfen für Ärzte aus der Dritten Welt" an die Bedingungen geknüpft war, daß sich die durchführende FriedrichThieding-Stiftung mit 30 v. H. Eigenmittel beteiligt, und hat die Bundesregierung geprüft, wie die Stiftung die Bedingungen eingehalten hat?
Herr Präsident! Herr Kollege! Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Durchführung des gesamten Reintegrationsprogramms ist wie bei allen übrigen Regierungsprogrammen nicht an die Bedingung einer festen Quote von Eigenleistungen der Träger geknüpft. Die Friedrich-Thieding-Stiftung hat in den Jahren 1976 bis 1984 allerdings insgesamt rund 1,3 Millionen DM Eigenleistungen erbracht. Diese Eigenleistungen betreffen die Verwaltungskosten der Programmdurchführung.
Zusatzfrage, bitte.
von der Wiesche ({0}): Herr Staatssekretär, sieht sich die Bundesregierung bei einem Betrag von
von der Wiesche
über 3 Millionen DM außerstande, selbst echt nachzuprüfen, was mit diesem Geld gemacht wird, und hat die Stiftung, die dieses Geld bekommt, nicht Rechnung zu legen?
Herr Kollege, die Stiftung wird jährlich durch die Treuarbeit AG sowie als private Stiftung öffentlichen Rechts durch die Stiftungsaufsicht des Landes Rheinland-Pfalz geprüft. Im übrigen hat die Stiftung bei den Zahlungen, die durch das BMZ im Rahmen ihrer Anforderungen geleistet worden sind, selbstverständlich Rechnung zu legen.
Weitere Zusatzfrage, bitte.
von der Wiesche ({0}): Wenn schon die eigenen Prüfer erhebliche Bedenken gegen Leistungen erhoben haben, ist die Frage zu stellen, ob nicht allein auf Grund dieser Tatsache die Bundesregierung über die Prüfung, die das Land Rheinland-Pfalz vorgenommen hat, hinaus selbst aktiv geworden ist, um eventuellen Mißständen nachzugehen.
Herr Kollege, wie es bei allen Projekten, mit denen wir zu tun haben, üblich ist, ist es auch hier zu kleineren Abweichungen gekommen, die von unseren Prüfungsstellen entsprechend beanstandet worden sind. In diesen Fällen hat die Stiftung die entsprechenden Ausgaben erstattet. Das war ein absolut normaler Vorgang. Größere Zweckentfremdungen und dergleichen sind uns von den Überwachungsstellen nicht mitgeteilt worden. Wir haben allerdings eine erneute Prüfung eingeleitet.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schmidt ({0}).
Warum haben Sie diese neue Prüfung eingeleitet?
Frau Kollegin, auf Grund der veröffentlichten Behauptungen halten wir es für unsere Pflicht, keine Sicherheit zu versäumen, zumal die Rechenwerke, die vorgelegt werden, unter Umständen einer nochmaligen Nachprüfung bedürfen. Aber im Rahmen des normalen Projektvollzuges - ich wiederhole es - haben wir keinerlei Anlaß, von Zweckentfremdungen zu sprechen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 15 der Frau Abgeordneten Schmidt ({0}) auf:
Was war nach Kenntnis der Bundesregierung Veranlassung für das von ihr mit der Projektabwicklung beauftragte Centrum für Internationale Migration und Entwicklung, die Arbeit der Friedrich-Thieding-Stiftung im Zusammenhang mit dem Reintegrationsprogramm durch ein Gutachten der Gesellschaft für Gesundheitsforschung, München, bewerten zu lassen?
Frau Kollegin, das Gesamtprojekt der Reintegration von Fach-und Führungskräften aus den Entwicklungsländern wurde ab 1982 in allen neun Teilbereichen mit dem Ziel evaluiert, das Verhältnis zwischen Mitteleinsatz und Erfolgen, soweit sie quantifizierbar sind, zu überprüfen. In diesem Rahmen ist auch der Auftrag für die Evaluierung des Ärzteprogramms der Friedrich-Thieding-Stiftung erteilt. Die Evaluierung aller Teilbereiche und ihre zusammenfassende Bewertung ist im Mai 1985 abgeschlossen worden. Auf Grund der dabei gewonnenen Ergebnisse und Empfehlungen bereitet die Bundesregierung gegenwärtig neue Richtlinien für die Reintegration von Fach- und Führungskräften vor, die die bisherigen Verfahrensregelungen und Leitlinien der Jahre 1975 und 1983 ablösen und eine straffere Aufsicht und Kontrolle des Gesamtprogramms gewährleisten sollen. Ich bin gern bereit, wenn es Sie interessiert, Ihnen die neun Teilbereiche, von denen dies einer ist, zu nennen. Aber ich glaube, es genügt, wenn ich noch einmal darauf hinweise, daß die Evaluierung dieses Bereichs Teil einer allgemeinen grundsätzlichen Überprüfung des gesamten Arbeitsbereichs der Reintegration von Fach- und Führungskräften gewesen ist.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung der mit der Prüfung beauftragten Gesellschaft, daß die Arbeit der Stiftung zwar nicht schädlich, aber auch nicht effektiv sei, und wie begründet die Bundesregierung ihre neuerliche Prüfung?
Frau Kollegin, ich glaube, man muß das in dem historischen Ablauf der Dinge sehen. Es gab, als dieses Gesamtprogramm eingeleitet wurde, ein dringendes entwicklungspolitisches Bedürfnis, hier lebende Mediziner zur Rückkehr in ihre Heimatländer zu veranlassen, sie dafür zu motivieren und dafür Voraussetzungen zu schaffen. Es war ganz natürlich, daß in der ersten Phase des Geschehens dafür ein Interesse zu wecken war, daß die Bereitschaft von ärztlichen Standesorganisationen in den Entwicklungsländern erkundet werden mußte. Aber wir sind nun über die Phase längst hinaus. Heute ist der Einsatz anderer organisatorischer und Verwaltungsmittel möglich als in der Anlaufphase. Das alleine war für uns schon Grund genug, eine Überprüfung des Programms und eine solche Veränderung vorzunehmen.
Noch eine Zusatzfrage.
Das heißt also, die Bundesregierung teilt die Auffassung dieses Gutachtens nicht. Darf ich dann fragen, ob sie die Auffassungen des Gegengutachtens des Hartmannbundes teilt und wie die Bundesregierung den Gutachter beurteilt?
Frau Kollegin, was das erstgenannte Gutachten angeht, so teilen wir die Ergebnisse durchaus nicht in allen Punkten - ich werde Ihnen hier also nicht eine generelle Antwort geben -, sondern es ist für uns Anlaß, auf dieser Basis zu prüfen und uns unsere Meinung zu
bilden. Das Gegengutachten ist von uns in gleicher Weise zu würdigen. Aber wir treffen in Ansehung der verschiedenen Argumente unsere Entscheidung, die wir zu verantworten haben.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 16 der Frau Abgeordneten Schmidt ({0}) auf:
Welche Schlußfolgerung zieht die Bundesregierung aus dem Gutachten der Gesellschaft für Gesundheitsforschung für die bisherige und zukünftige Arbeit der Friedrich-Thieding-Stiftung an diesem Projekt, wenn festgestellt wird, „der Programmträger Friedrich-Thieding-Stiftung ist den Anforderungen seines vertraglichen Auftrages und seines eigenen Anspruchs objektiv nicht gewachsen"?
Frau Kollegin Schmidt, ich war eben fast schon in dieser Antwort. Ich darf sie aber dennoch in aller Form geben: Die Bundesregierung teilt die Wertung der Gutachter über die Eignung der Thieding-Stiftung als Programmträger nicht. Die Stiftung bleibt für sie weiterhin ein geeigneter und erfahrener Träger für die Förderung der Rückkehr und der beruflichen Eingliederung von Ärzten aus Entwicklungsländern. Bei der Weiterentwicklung des Ärzteprogramms wird die Bundesregierung jedoch darauf hinwirken, daß die einzelnen Förderungsmaßnahmen in enger Abstimmung mit anderen auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung einschlägig tätigen nationalen und internationalen Entwicklungsorganisationen erfolgen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben in der Antwort auf die vorherige Frage und jetzt wieder darauf hingewiesen, daß Sie ein weiteres Gutachten anfordern. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, warum zusätzlich 3,3 Millionen DM für dieses Vorhaben bewilligt worden sind, ohne daß abgewartet worden wäre, zu welchem Ergebnis diese zweite Prüfung kommt.
Frau Kollegin, da ich Ihnen diese Antwort unter Umständen noch einmal präzise nachreichen muß, möchte ich im Moment nur sagen, daß dies selbstverständlich in Vollzug laufender verbindlich zugesagter Maßnahmen geschehen kann und insofern keine Aussage zum Grundsatz enthält.
Noch eine Zusatzfrage.
In der Berichterstattung über diese Stiftung sind Aussagen getroffen worden, wonach dort über 9 Millionen DM verplempert worden seien und der Gegengutachter dem Hartmannbund und der Stiftung wohl auf vielfältige Weise verbunden sei. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Tatsachen?
Was die, wie Sie sagten, Verplemperung von Mitteln betrifft, so habe ich bereits eben mitgeteilt, daß wir bisher in keinem Fall Anhaltspunkte für eine Zweckentfremdung von Mitteln hatten, daß wir lediglich die in jedem
Projektvollzug normalen kleineren rechnungsmäßigen Abweichungen hatten, die bereinigt worden sind.
Was die Qualifizierung des sogenannten Gegengutachtens in der Presse angeht, so haben wir das selbstverständlich gelesen. Nur, ich bitte Sie, versichert zu sein, Frau Kollegin: So wie wir die verschiedenen Evaluierungsberichte, die uns zum gesamten Reintegrationsprogramm vorgelegt worden sind, dann noch einmal einer Überprüfung durch unser eigenes Inspektionsreferat unterworfen haben, sind wir, wie ich glaube, auch absolut in der Lage, dieses Gutachten kritisch zu lesen und einzuordnen. Ich hatte eben schon gesagt, daß wir unsere Entscheidungen daraufhin in eigener Verantwortung treffen.
Noch eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten von der Wiesche.
von der Wiesche ({0}): Herr Staatssekretär, halten Sie es für „kleine Beträge", wenn der Hauptgeschäftsführer des Hartmannbundes z. B. über zehn Reisen in alle Welt zu Lasten dieser Stiftung macht, und können Sie mir sagen, wie hoch diese zurückgezahlten Beträge tatsächlich sind?
Ich hatte dazu gesagt, daß das kleinere Abweichungen seien, die absolut normal seien. Sie stehen übrigens nicht im Zusammenhang mit dem Punkt, den Sie im ersten Teil Ihrer Frage angesprochen haben, Herr Kollege. Ich bin gerne bereit, Ihnen dazu weitere Mitteilungen zu machen. Aber ich bitte Sie, zu verstehen, daß ich die Rechnungslegung aus dem Ablauf von insgesamt über sieben Jahren jetzt nicht im einzelnen hier auf dem Tisch liegen habe.
Was nun die Reisen angeht, so glaubte ich Ihnen in einer anderen Antwort vielleicht schon einen sachdienlichen Hinweis gegeben zu haben: Der Aufbau einer solchen Reintegrationsmaßnahme, für den in einer Reihe von Entwicklungsländern Partner zu gewinnen sind - es ist ja nicht sinnvoll, rein vom Papier her zu beurteilen, ob die ärztliche Standesorganisation in irgendeinem westafrikanischen Staat oder in Indonesien als Partner geeignet ist -, ist tatsächlich zunächst nur im Rahmen von personellen Kontakten möglich. Insofern war dagegen zunächst durchaus nichts einzuwenden.
In einer ersten mehrjährigen Phase ist ja in der Veranstaltung von Symposien vor Ort für diese Idee geworben worden. Es ist auch einfach unsere Pflicht, zunächst einmal zusätzliche Möglichkeiten entwicklungspolitischer Gestaltung zu erkunden.
Wir sind dann zu dem Ergebnis gekommen, daß Symposien und solche Kontaktpflege nach einer bestimmten Phase durch andere, nämlich durch eine institutionalisierte Zusammenarbeit ersetzt werden müssen. Daraus haben wir, wie ich sagte, die Konsequenzen gezogen. Es sind Reisen über einen Zeitraum von sieben Jahren vor allem in westafrikanische Länder durchgeführt worden. Sie waren jeweils durch die Teilnahme der von Ihnen genannten Persönlichkeiten an Symposien als Dozenten und Fachberater motiviert. Dies war in dieser Phase
sachlich begründet. Ich sagte bereits, daß dies in einer weiteren Phase nach unserer Auffassung rein strukturell so nicht erforderlich ist.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Spranger zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl ({0}) auf:
Was hat die Bundesregierung bisher getan bzw. was gedenkt sie noch zu veranlassen, um den Zustrom sogenannter Wirtschaftsasylanten vorwiegend aus dem asiatischen Bereich über die DDR in die Bundesrepublik Deutschland zu stoppen, und was sind im einzelnen die Gründe, daß seitens der DDR-Behörden zwar der Zugang von Tamilen unterbunden wurde, aber andere, meist asiatischer und afrikanischer Nationalität, weiter über die DDR in die Bundesrepublik Deutschland eingeschleust werden?
Herr Kollege Dr. Riedl, das Problem der illegalen Einreise von Ausländern über die DDR bereitet der Bundesregierung große Sorgen. Vom 1. Januar bis 30. November 1985 sind auf diesem Wege fast 35 000 Ausländer in das Bundesgebiet gelangt.
Die Bundesregierung hat die DDR seit Beginn dieses Jahres in zahlreichen Gesprächen aufgefordert, Ausländern entsprechend den internationalen Gepflogenheiten die Durchreise nur zu gestatten, wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis für ein Zielgebiet haben. Die DDR hat ihre Praxis der Transitgewährung bisher nur für srilankische Staatsangehörige geändert. Mit Wirkung vom 15. Juli 1985 gestattet sie srilankischen Staatsangehörigen die Durchreise nur, wenn sie ein von einer Auslandsvertretung der DDR vor Reiseantritt ausgestelltes Transitvisum besitzen. Auf Grund dieser Maßnahme ist die illegale Einreise srilankischer Staatsangehöriger praktisch versiegt. Während bis Juli 1985 mehr als 15 000 Srilanker über die DDR eingereist waren, sind seither nur 22 Fälle festgestellt worden.
Diesem Rückgang steht aber ein deutlicher Anstieg bei anderen Ausländern gegenüber. Das gilt besonders für Inder, Pakistani, Bangalen, Iraner und Libanesen. In jüngster Zeit sind erstmals auch zahlreiche Türken eingereist, der Zustrom von Ghanaern hält unvermindert an. Allein im November 1985 sind fast 3 200 Ausländer über die DDR ins Bundesgebiet gelangt.
Die Bundesregierung wird ihre Forderung, daß die DDR ihre Praxis auch für diesen Personenkreis den internationalen Gepflogenheiten anpaßt, nachdrücklich weiterverfolgen. Sie hat der DDR wiederholt deutlich gemacht, daß die Angelegenheit die Beziehungen zwischen beiden Staaten ernsthaft belasten könnte, wenn die Zahl der illegal einreisenden Ausländer nicht bald zurückginge.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, bei dem
ja häufig diskutierten und offensichtlich demnächst zu erwartenden Besuch von DDR-Staatschef Honecker diesen Punkt zu einem der Gesprächsthemen zu machen und ihn darauf hinzuweisen, daß dies keine echten Asylsuchenden, sondern Wirtschaftsasylanten sind, die, weil es in Deutschland offensichtlich andere, bessere wirtschaftliche Verhältnisse gibt, zu uns kommen?
Herr Kollege Dr. Riedl, Sie können davon ausgehen, daß die Bundesregierung wie in der Vergangenheit, so auch zukünftig auf allen geeigneten politischen Ebenen auf dieses Problem hinweisen und sich um Abhilfe bemühen wird, denn dieser Zustand kann so, wie er jetzt ist, nicht bleiben.
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte.
Danke schön, Herr Präsident.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, diese November-Zahl - wenn ich Sie richtig verstanden habe, 3 200 - ein wenig danach aufzuschlüsseln, aus welchen Ländern diese Leute stammen und wie viele von dort kommen?
Ich kann Ihnen die Zunahmen bei einzelnen Kontingenten nennen. Die Zahl der über die DDR einreisenden Inder und Ban-galen hat sich seit Jahresanfang verzehnfacht, die der Pakistani verdreifacht. Aus dem Iran kamen in den letzten Monaten viermal und aus dem Libanon fünfmal so viele Reisende wie zu Jahresanfang - und zusätzlich noch Leute aus der Türkei.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 22 des Herrn Abgeordneten Rusche auf:
Wird ausländischen Homosexuellen, die sich in ihren Heimatländern politisch für eine Gleichberechtigung der Homosexuellen einsetzen und denen dadurch Gefängnis bzw. Todesstrafe drohen, in der Bundesrepublik Deutschland Asyl gewährt, wenn sie aus diesem Grunde Asyl beantragen?
Grundsätzlich wird man davon ausgehen müssen, daß eine drohende Bestrafung wegen Eintretens für die Belange Homosexueller im Heimatstaat keine politische Verfolgung darstellt. Wenn die soziale Gemeinschaft eine Handlung eindeutig als im Widerspruch zu dem Sittengesetz, das sie allgemein für sich als verbindlich anerkennt, stehend betrachtet - wozu auch Unterstützungshandlungen der von Ihnen genannten Art zählen können -, wird eine Sanktion der Gemeinschaft nicht als politische Verfolgung angesehen werden können.
Eine eventuell zu erwartende Bestrafung wird im allgemeinen Ausländerrecht im Rahmen der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel bei ausländerrechtlichen Maßnahmen, insbesondere bei der Frage einer Abschiebung, berücksichtigt werden.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, heißt das, daß die Bundesregierung billigend in Kauf nimmt, daß Menschen für etwas, was sie nicht verschulden, für etwas, womit sie niemandem etwas antun, zum Tode verurteilt werden oder Gefängnisstrafen auf sich nehmen müssen? Heißt das, daß die Bundesregierung nicht der Meinung ist, daß diesen Menschen geholfen werden muß?
Nein, das heißt es nicht.
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte.
Könnten Sie diese Zusatzfrage bitte etwas ausführlicher beantworten?
Ich verweise auf die ausführliche Antwort, die ich Ihnen erteilt habe und aus der diese Schlußfolgerungen, die Sie gezogen haben, absolut nicht zu ziehen sind.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schily.
Herr Staatssekretär, sollen wir die von Ihnen heute gegebene Antwort so verstehen, daß es, wenn in einem Land wie nach dem Vorbild des Dritten Reiches Homosexuelle in ein KZ verbracht würden und dort zu Tode kämen, in der Bundesrepublik Deutschland nicht als ein Asylgrund anerkannt würde?
Ich halte es nicht für gut, wenn Sie meine Antwort in unzulässiger Weise interpretieren. Sie müssen die Antwort so nehmen, wie sie - ich glaube, in sehr deutlicher und eindeutiger Form - erfolgt ist, und müssen sie so auch zur Kenntnis nehmen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Emmerlich.
({0})
- Herr Abgeordneter Schily, wir sind hier nicht in einer Diskussion!
({1})
Herr Abgeordneter Emmerlich, bitte!
Herr Staatssekretär, ich habe den Eindruck, daß Sie nicht die Ihnen gestellte Frage beantwortet haben, sondern eine andere, und deshalb frage ich noch einmal: Halten Sie es für einen politischen Sachverhalt, wenn jemand für die Straffreiheit der Homosexualität zwischen Erwachsenen eintritt, und sind Sie mit mir der Auffassung, daß dann, wenn wegen des Eintretens für eine solche politische Forderung Verfolgung droht, ein Asylgrund gegeben ist?
Herr Kollege Dr. Emmerlich, ich bitte doch wirklich darum, die eindeutige Frage und auch die eindeutige Antwort zur Kenntnis zu nehmen, der zu entnehmen ist, daß dann ein politischer Verfolgungsgrund für die Gewährung von Asyl auch nach der Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland im allgemeinen dann nicht gegeben ist, daß aber im konkreten Fall bei der Frage einer Abschiebung die Situation in den Heimatländern zu berücksichtigen ist. Das ist meine eindeutige Antwort auf die gestellte Frage gewesen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Werner.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß es in Schweden ein Asylrecht für Homosexuelle gibt, und zwar genau für die Art von Verfolgungsgründen, die in der Fragestellung des Kollegen Rusche angeführt wurde, und beurteilen Sie das nicht als eine politische Bestimmung?
Ich darf darauf hinweisen, daß ich hier nach Auskünften über die Situation in der Bundesrepublik Deutschland gefragt wurde - darüber ist Auskunft erteilt worden -, aber nicht zu der Situation in Schweden.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Timm.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, darüber nachzudenken und prüfen zu lassen, ob ein solcher politischer Grund im Ausland hinreichend ist, um hier Asyl zu gewähren?
Frau Kollegin, ich habe die in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit gegebene Rechtslage wiedergegeben. Es gibt auch Verfahren - beispielsweise eines in zweiter Instanz in Kassel -, die sich mit diesem Thema zusätzlich beschäftigen. Vorher hat die Bundesregierung keinen Anlaß, Änderungen des Gesetzes vorzunehmen oder anzustreben.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, ich frage Sie, ob Ihnen bekannt ist und ob Sie bestätigen können, daß in Schweden ein Asylrecht für Homosexuelle besteht.
Ich sehe zu der Frage, wie sich die Situation in der Bunderepublik Deutschland darstellt, keinen Zusammenhang. Ich bitte sehr um Nachsicht. Es ist nicht meine Aufgabe, hier über den Zustand in Schweden zu berichten
oder Ihnen mein Wissen dazu zur Kenntnis zu geben.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Dr. Emmerlich auf:
Trifft es zu, daß Bedienstete des Bundeskriminalamtes im April 1983 oder zu anderer Zeit 18 Kilogramm Heroin aus Pakistan in die Bundesrepublik Deutschland transportiert und anschließend davon 5 Kilogramm weiter nach Belgien transportiert haben, und wie waren die näheren Begleitumstände der Beteiligung der Bediensteten des Bundeskriminalamtes an dem Rauschgifttransport ({0})?
Herr Kollege Dr. Emmerlich, die Frage betrifft ein laufendes Verfahren vor der 17. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main gegen vier pakistanische Rauschgifthändler und -schmuggler. Für Auskünfte über Vorgänge, die Gegenstand eines laufenden Strafverfahrens sind, ist in erster Linie die Justiz zuständig. Ich bitte daher um Ihr Verständnis, daß ich im Hinblick darauf Ihre Frage nur eingeschränkt beantworten kann.
Im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft teile ich mit, daß es durch verdeckte Ermittlungen gelungen ist, in eine bestehende bedeutende Rauschgiftschmugglerorganisation einzudringen. Im Auftrag des Angeklagten hat ein Beamter des Bundeskriminalamtes 18 kg Heroin aus Pakistan in die Bundesrepublik Deutschland zur Weiterverteilung nach Weisung der Angeklagten transportiert. Die Aktion fand in vollem Einvernehmen mit den pakistanischen Behörden und der zuständigen Staatsanwaltschaft statt, um Schaden von der Bevölkerung abzuwenden, für den Weiterverkauf bestimmtes Heroin aus dem Verkehr zu ziehen und eine Überführung der Täter zu ermöglichen.
In gleicher Sache wurden in Belgien zwei weitere Bandenmitglieder bereits rechtskräftig zu fünf bzw. zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß die Tätigkeit des Bundeskriminalamtes der Kontrolle des Deutschen Bundestages unterliegt, und können Sie mir die Rechtsgrundlage nennen, mit der Sie die von mir erbetene Auskunft verweigern, insbesondere mit der Begründung, es handele sich um Gegenstände, die in einem laufenden Strafverfahren verhandelt würden?
Herr Kollege Dr. Emmerlich, der Bundesminister hat in einem sehr umfangreichen Schriftwechsel mit Ihnen genau dieses Problem erörtert. Er hat auch zum Ausdruck gebracht und begründet, warum er sich wegen des laufenden Strafverfahrens nicht imstande sieht, über die Auskünfte hinaus, die die Justiz erteilt hat, weitere Auskünfte zu erteilen. Das bezieht
auch den Umfang meiner heutigen Antwort auf Ihre Frage mit ein.
Noch eine Zusatzfrage.
Nachdem Sie - ebenso wie im bisherigen Schriftwechsel - die Rechtsgrundlage nunmehr erneut nicht mitteilen, frage ich, ob Sie, falls Geheimhaltungsbedürfnisse bestehen sollten, die zu respektieren ich natürlich bereit bin, eine Möglichkeit sehen, zu einer Beantwortung meiner Fragen zu kommen, die allen Geheimhaltungsbedürfnissen Rechnung trägt.
Herr Kollege Dr. Emmerlich, auch hier sehe ich keine Möglichkeit, von der schon erteilten Antwort des Innenministers an Sie in dem genannten Briefwechsel abzuweichen. Der Innenminister hat j a wiederholt darauf hingewiesen, daß er sich wegen des laufenden Verfahrens nicht imstande sieht, über die Angaben der Justiz hinaus zu antworten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schily.
Herr Staatssekretär, ist die Einfuhr von 18 kg Heroin in die Bundesrepublik nach Ihrer Auffassung eine Straftat, und auf welcher Rechtsgrundlage ist ein Beamter des Bundeskriminalamtes - sozusagen im Vorgriff auf die Regelung eines undercover-agent - berechtigt, gegen möglicherweise bestehende Strafvorschriften in diesem Zusammenhang zu verstoßen?
Es handelte sich hier nicht um den Einsatz eines undercover-agent, sondern um den Einsatz eines verdeckten Ermittlers.
({0})
- Das ist ein ganz entscheidender Unterschied, Herr Kollege Dr. Emmerlich. Ich habe das sehr ausführlich in der letzten Sitzung des Innenausschusses dargelegt. Da konnten Sie aus bestimmten Gründen nicht anwesend sein, sonst hätte ich Ihnen das dort gleich erläutern können. Im übrigen hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main auf entsprechende Anträge die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hirsch.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir denn darin zu, daß der dargestellte Sachverhalt jedenfalls den Eindruck erweckt, daß die beteiligten Polizeibeamten den Tatbestand einer strafbaren Handlung erfüllt haben, und hält die Bundesregierung die Begehung von Straftaten durch die Polizei unter irgendeinem Gesichtspunkt für denkbar und gerechtfertigt?
Spranger Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Hirsch, ich habe zum Ausdruck gebracht, daß alle Entscheidungen und Handlungen der AngehöParl. Staatssekretär Spranger
rigen des BKA in voller Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft und den zuständigen Behörden erfolgt sind und daß Anhaltspunkte für eine Straftat nach der entsprechenden Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Frankfurt nicht mehr gegeben sind.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 24 der Frau Abgeordneten Weyel auf:
Plant die Bundesregierung die Einführung eines neuen Grenzterminalsystems im Bereich des Grenzschutzeinzeldienstes, und welche Folgen hätte das für die Struktur der Arbeitsplätze, insbesondere für die mit Frauen besetzten Angestelltenstellen?
Frau Kollegin Weyel, im Zusammenhang mit dem ohnehin erforderlichen Austausch der gegenwärtig vorhandenen, technisch überholten Bildschirmgeräte prüft die Bundesregierung die Einführung eines neuen Kommunikationssystems für den Bereich des Grenzschutzeinzeldienstes. Damit soll den speziellen Bedürfnissen einer möglichst reibungslosen grenzpolizeilichen Kontrolle insbesondere durch direkten Zugriff auf polizeiliche Datenbestände unmittelbar vom Kontrollplatz aus Rechnung getragen werden.
Die Datenendgeräte werden dadurch nicht überflüssig, sondern lediglich durch neuere ersetzt. Es ist nicht auszuschließen, daß sich die Zahl dieser Geräte bei denjenigen Grenzdienststellen, die zur Zeit über mehrere Abfrageterminals verfügen, verringern wird.
Die Zahl der Angestelltenstellen für EDV-Kräfte beim Grenzschutzeinzeldienst wird insgesamt gehalten werden, da die Bildschirmarbeitsplätze gegenwärtig noch nicht durchgehend mit Angestellten besetzt sind.
Zusatzfrage.
Darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß solche Arbeitsplätze, die zur Zeit mit nicht fachgebundenen Angestellten besetzt sind, dann wegfallen sollen?
Nein, diese Schlußfolgerung kann man nicht ziehen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie mir nur vom Hörensagen bekannte Äußerungen des Direktors der Grenzschutzdirektion, daß sich aus der Anschaffung eines solchen Systems erhebliche Verschiebungen in der Besetzung der Angestelltenstellen, vor allen Dingen für weibliche Kräfte, ergeben würden?
Frau Kollegin Weyel, diese Aussage ist mir nicht einmal vom Hörensagen bekannt. Ich bin gern bereit, der Frage nachzugehen, ob etwas Konkretes daran ist.
Keine weitere Zusatzfrage.
Wir kommen zur Frage 25 der Frau Abgeordneten Weyel:
Ist es zutreffend, daß im Rahmen der Einführung eines neuen Grenzterminalsystems Frauen entlassen und dafür ältere Polizeivollzugsbeamte des mittleren Polizeidienstes eingesetzt werden sollen bzw. beim Auslaufen von Beschäftigungsverhältnissen die Neubesetzung in dieser Form erfolgen soll?
Frau Kollegin Weyel, nein, dies trifft nicht zu.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß überwiegend die Vorstellung herrscht, viele Frauenarbeitsplätze seien in stärkerem Maße mit Teilzeitkräften zu besetzen, und sind Ihnen Fälle bekannt, daß Bewerberinnen, die sich für eine Vollzeitarbeitsstelle in diesem Bereich beworben haben, mit dieser Begründung abgewiesen worden sind?
Wir haben das Problem der Vermehrung der Teilzeitkräfte in diesem Bereich auf Grund Ihrer Fragestellung im Deutschen Bundestag schon einmal behandelt. Daß solche Tendenzen, von denen Sie jetzt sprechen, schon konkret existieren, ist mir nicht bekannt; aber ich bin gern bereit, auch das nachzuprüfen.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Erhard zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Dr. Enders auf:
Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, wie viele Selbstmorde und Selbstmordversuche sich in den Haftanstalten der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich im Jahr ereignen?
Herr Kollege Enders, ich beantworte Ihre Frage wie folgt.
In den letzten zehn Jahren haben sich im Durchschnitt jährlich 79 Selbsttötungen in den Justizvollzugsanstalten in der Bundesrepublik ereignet. In den einzelnen Jahren schwankten die Zahlen zwischen 66 - das war im Jahr 1980 - und 94 im Jahre 1982.
Über Selbsttötungsversuche ist die Bundesregierung nur bis zum Jahre 1980 unterrichtet. Bis dahin ist darüber eine eigene Statistik geführt worden. In den Jahren 1975 bis 1980 sind von den Landesjustizverwaltungen im Durchschnitt jährlich 389 ernsthafte Selbstmordversuche gezählt worden. In diesen Jahren schwankten die Zahlen im einzelnen zwischen 356 - das war 1978 -, und 449 - im Jahre 1975.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, schließen Sie aus diesen Zahlen, daß die Angst vor der Strafe oder die inhumanen Haftbedingungen Ursache für Selbstmord oder für Selbstmordversuche sind?
Ich schließe aus diesen Zahlen, daß die inhaftierten Täter - zu einem erheblichen Teil noch Untersuchungsgefangene - vor dem Strafverfahren und seinen Folgen verzweifeln.
Weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, da es sich vorwiegend um Untersuchungsgefangene handelt, drängt sich doch die Frage auf, ob Vorsorge getroffen werden kann, diesen Menschen zu helfen, damit sie diesen Weg nicht gehen.
Herr Kollege Enders, ist das nicht die nächste Frage, die Sie gestellt haben?
({0})
- Also keine Zusatzfrage?
({1})
- Gut.
Einen Moment! Ein bißchen sollten wir uns an die Ordnung halten. Die letzte Zusatzfrage deckte sich mit der zweiten eingereichten Frage, die noch zur Beantwortung steht?
Nur anders formuliert, aber mit demselben Inhalt.
Dann haben Sie noch drei Zusatzfragen. Bitte sehr.
Könnte ich zu meiner ersten Frage noch folgende Zusatzfrage an Sie richten, Herr Staatssekretär: Gibt es Unterlagen dafür, daß sich die Selbstmordversuche prozentual in bestimmten Regionen oder Bundesländern häufen, oder verteilen sie sich gleichmäßig?
Ich habe eine Gesamtstatistik gehabt und habe sie mir genau angesehen. Es gibt eine Aufteilung nur bei zwei Ländern, die getrennte Untersuchungen durchgeführt haben. Aber diese Unterlagen geben keine Grundlage dafür, eine Aussage zu Ihrer Frage zu machen.
({0})
Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Dr. Enders auf:
Hält die Bundesregierung größere Anstrengungen für notwendig, um der Suizidgefahr in den Haftanstalten wirkungsvoller begegnen zu können?
Das Strafvollzugsgesetz verpflichtet die Vollzugsbehörden in § 56 Abs. 1 allgemein, für die körperliche und geistige Gesundheit der Gefangenen zu sorgen. Darüber hinaus
sind nach § 88 besondere Sicherungsmaßnahmen zulässig, wenn die Gefahr des Selbstmordes oder der Selbstverletzung besteht. Entsprechende bundeseinheitliche Vorschriften bestehen auch für den Vollzug der Untersuchungshaft und der Jugendstrafe.
Die Entscheidung über Maßnahmen zur Abwendung von Suizidgefahr ist ebenso wie der Vollzug der Freiheitsstrafe überhaupt nach der verfassungsrechtlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland Aufgabe der Länder. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die zuständigen Stellen der Länder die vorgenannten Vorschriften anwenden und die notwendigen Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Suizidgefahr veranlassen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung den Eindruck, daß von Länderseite her die Zahl der Sozialarbeiter für die Beschäftigung in den Vollzugsanstalten ausreichend ist, oder hat sie den Eindruck, daß sie überlastet sind und ihren Aufgaben nicht voll nachkommen können?
Die Bundesregierung gibt sich Mühe, ein gutes Einvernehmen mit den Landesjustizverwaltungen zu haben. Wir haben keinen Anlaß, den Ländern einen Vorwurf zu machen, die vielleicht wünschenswerten Stellen nicht in ihren Haushaltsplänen ausgebracht zu haben.
Zusatzfrage, bitte.
Sieht die Bundesregierung eine Maßnahme, den Suizidgefahren vorzubeugen, auch darin, den Inhaftierten mehr die Möglichkeit zu geben, Freigänger zu werden oder durch Urlaub mehr Kontakt zu ihren Familien oder Angehörigen zu pflegen?
Es gibt dafür, Herr Kollege Enders, keine erkennbaren Anhaltspunkte. Wenn Sie sich die Statistik ansehen, werden Sie staunen, daß ein sehr hoher Prozentsatz der Suizide innerhalb der ersten zwei Wochen nach Beginn der Haftzeit und über die Hälfte insgesamt im Lauf der ersten zwei Monate der Haftzeit begangen werden.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Dr. Müller ({0}) auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Es wird verfahren, wie es in unseren Richtlinien vorgesehen ist.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Für die Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Häfele zur Verfügung.
Die Frage 29 des Abgeordneten Dr. Riedl ({1}) ist vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Die Fragen 30 und 31 des Abgeordneten Büchner ({2}) und die Frage 33 des Abgeordneten
Vizepräsident Stücklen
Dr. Hupka sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Hettling auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung des bayerischen Ministerpräsidenten Strauß, die Sportfliegerei wieder von der Mineralölsteuer zu befreien, wenn ja, ab wann soll dies dann auch für die Sportboote gelten?
Ich darf Ihre Frage so beantworten: Die Koalitionsfraktionen haben dem Deutschen Bundestag zusammen mit dem Steuerbereinigungsgesetz 1986, das der Deutsche Bundestag am 12. Dezember 1985, also morgen, abschließend beraten wird, den Entwurf einer Entschließung zur Mineralölbesteuerung der Flugkraftstoffe vorgelegt
- vgl. Bundestags-Drucksache 10/4498 -. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, Vorschläge für eine ausgewogenere steuerliche Regelung für den gesamten Luftverkehr zu machen und auch auf europäischer Ebene für eine einheitliche, wettbewerbsneutrale Besteuerung der Flugkraftstoffe einzutreten. Diesem Auftrag wird die Bundesregierung nachkommen. Es besteht kein Anlaß für Überlegungen zur Abgabenbefreiung für Wassersportfahrzeuge.
Herr Abgeordneter Hettling, Sie haben jetzt eine Großzügigkeit des Präsidiums erfahren. Denn die Bundesregierung hat nicht zu beurteilen, ob der bayerische Ministerpräsident so oder so entscheidet. Die Bundesregierung hat eine Landesregierung oder Staatsregierung nicht zu beurteilen. Aber da die Frage beantwortet worden ist, haben Sie die Möglichkeit von Zusatzfragen
- bezogen aber nicht auf die Person, sondern auf die Sache. Bitte schön.
Das habe ich verstanden, Herr Präsident. Schönen Dank für den Hinweis.
Zur Sache. Kann ich aus der Antwort, die Sie Herr Staatssekretär, gerade gegeben haben, entnehmen, daß der Auftrag dahin zu verstehen ist, daß doch eine Senkung der Mineralölsteuer insgesamt für den Luftverkehr beabsichtigt ist und, wenn ja, wird das für den Wassersport ebenso vorgesehen?
Beim Wassersport gibt es überhaupt keine Überlegungen, wie ich betont habe. Beim Luftsport geht der Auftrag dahin, eine Wettbewerbsneutralität zu erzielen, und zwar möglichst in Europa. Wir haben jetzt immerhin den Zustand, daß mittelständische Unternehmen, die gewerblich Flugverkehr betreiben - wir fliegen sehr oft freitags mit Maschinen solcher mittelständischen Unternehmen in unsere Heimatstandorte
-, Mineralölsteuer bezahlen müssen, während die Luftlinien wie die Lufthansa völlig befreit sind. Das ist eine Wettbewerbsverfälschung.
Weitere Zusatzfrage, bitte.
Dies war aber überhaupt nicht die Frage gewesen. Hier ging es um den Luftsport und die Befreiung von Mineralölsteuer. Daß die Lufthansa und andere große Luftverkehrsunternehmen keine Steuern bezahlen und die mittelständischen Unternehmen bezahlen müssen, ist ein Skandal für sich, wenn man die Steuergerechtigkeit als Maßstab nimmt. Aber hier geht es darum, ob der Luftsport im Rahmen des Auftrages, den Sie dem Parlament nun in der Entschließung vorlegen wollen, von der Entrichtung der Mineralölsteuer - es kann j a sein, daß dies für die mittelständischen Unternehmen geschehen soll - befreit werden soll. Wird dann, wenn dies der Fall ist, auch der Wassersport, der zur Entrichtung der Mineralölsteuer verpflichtet ist, davon befreit werden?
Ich sage Ihnen zum drittenmal: Bezüglich des Wassersports gibt es überhaupt keine Überlegungen in diese Richtung. Beim Luftsport kann natürlich auf europäischer Ebene die Lösung womöglich auch darin bestehen, daß die Gesellschaften, die im Linienverkehr fliegen, von der Mineralölsteuer künftig nicht mehr völlig befreit sind.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schily.
Herr Staatssekretär, handelt es sich bei den Interessenten an der Sportfliegerei - im Vergleich zu Personenkreisen, bei denen die Bundesregierung, wie sie immer betont, Kürzungen der Sozialhilfe oder ähnlicher finanzieller Mittel nur ungern vornimmt - um notleidende Menschen, denen solche Fürsorge der Bundesregierung besonders zuteil werden soll?
Es geht nicht um Fürsorgemaßnahmen, sondern darum, ob die Besteuerung wettbewerbsneutral und gleichmäßig ist, auch im Hinblick auf Europa. Das ist die einzig zulässige Frage.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Penner.
Herr Staatssekretär, von wem kommt die Anregung, die Sportfliegerei wieder von der Mineralölsteuer zu befreien?
Das ist ein altes Anliegen aller Flieger in Deutschland.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) auf:
Worin liegt der Unterschied für die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen von 1983, als es einen teueren „Balkantarif" für Griechen, Türken und Jugoslawen ablehnte und andererseits jetzt erst eine geplante Regionalisierung der Kraftfahrzeugversicherung für ganze Regierungsbezirke z. B. Niederbayern und Oberpfalz höhere Sondertarife hinzunehmen bereit ist?
Herr Kollege Dr. Kunz, ich darf Ihre Frage 34 so beantworten: Der Unterschied, nach dem Sie fragen, liegt zum einen darin, daß die Tarife in der Kasko-Versicherung nicht mehr genehmigungspflichtig sind. Die Versicherungsunternehmen sind in der Gestaltung ihrer Tarife, einschließlich des Tarifgefüges, frei.
Zum anderen sind bei der Berechnung der Tarife in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, die genehmigungspflichtig sind, auch subjektive Gefahrenmerkmale wie der Wohnort des Versicherungsnehmers vom Verordnungsgeber ausdrücklich zugelassen. Man kann daher den Versicherern schwerlich verwehren, bei den genehmigungsfreien Tarifen in der Kasko-Versicherung auf den Wohnort abzustellen.
Dagegen wollten die Versicherer bei den 1983 zur Genehmigung vorgelegten Tarifen in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung auf die Staatsangehörigkeit abstellen, hilfsweise auf die sehr große Abweichung von der durchschnittlichen Benutzung des Fahrzeuges, die fehlende Fahrpraxis im Inland oder die Verwendung des versicherten Fahrzeuges zu Familienheimfahrten in Länder, die nicht Anliegerstaaten der Bundesrepublik Deutschland sind. Die Staatsangehörigkeit wurde vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen als ungeeignetes subjektives Tarifmerkmal angesehen und der Antrag deshalb abgelehnt. Die anderen genannten Merkmale wurden wegen fehlender Erfaßbarkeit und fehlender Kontrollmöglichkeit ebenfalls als ungeeignet angesehen.
Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, wie kann die Bundesregierung eine offensichtliche Ungerechtigkeit in der Versicherung, und zwar in der Kasko-Versicherung, von den Betroffenen abwenden, die darin liegt, daß bei den Kriterien nach den vorgesehenen Tarifen auf den Wohnort und nicht auf das individuelle Versicherungsrisiko abgestellt wird, das eben auf die Person bezogen ist?
Es ist nach der Rechtslage so, daß wir überhaupt keine Möglichkeit haben. Denn nach dem Gesetz ist es möglich - deswegen hat das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen auch keinerlei Einwendungsmöglichkeit gehabt -, daß eine Schadengemeinschaft eines bestimmten Gebietes berücksichtigt wird. Das ist eine sachliche Abgrenzung, die nicht unzulässig ist.
Weitere Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht meine Auffassung, daß die Regionalisierung der Schadenstarife, die sich also auf den Wohnort bezieht, insofern eine Ungerechtigkeit darstellt, als vergleichbare Versicherte in anderen Gebieten trotz ihres persönlichen Verhaltens begünstigt sind?
Dagegen hilft nur der Wettbewerb der verschiedenen Versicherungen.
Ich hoffe, daß dieser Wettbewerb auch in dieser Frage voll in Gang kommt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jobst, bitte sehr.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung ihre politische Ansicht zum Ausdruck bringen, daß sie eine Preiserhöhung bei der Kasko-Versicherung, die in manchen Regionen bis zu 30 und 40% geht, nicht für in Ordnung hält?
Herr Kollege, wir müssen uns an das Gesetz halten. Wir haben dieses Gesetz miteinander gemacht: Deregulierung, Entbürokratisierung. Nicht alles soll durch Bürokratien genehmigt werden. Vielmehr soll der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Versicherungen für einen Ausgleich sorgen. Wenn wir dieses gute Gesetz gemacht haben - eines der Entbürokratisierungsgesetze -, dann müssen wir uns daran halten und können nicht öffentlich dauernd von Genehmigung reden.
Keine weiteren Zusatzfragen. - Ich rufe die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) auf:
Welche sachlichen Gründe ({1}) rechtfertigen höhere Kraftfahrzeugversicherungstarife für ganze Regionen, wo doch ausschließlich das persönliche Unfallprofil Maßstab für das Risiko und damit für die Höhe der Kraftfahrzeugversicherungsprämie sein darf?
Herr Kollege Dr. Kunz, ich darf Ihnen so antworten: Für die Unterscheidung nach Regionen spricht der unterschiedliche Schadenbedarf, der nach dem tatsächlichen Schadensverlauf regional festgestellt wird. Die Tarif-Verordnung für die genehmigungspflichtigen Haftpflicht-Tarife läßt neben den objektiven Gefahrenmerkmalen auch die Berücksichtigung subjektiver Gefahrenmerkmale zu, zu denen nicht nur die Dauer der Schadenfreiheit und die Anzahl der Schäden, sondern auch der Wohnort des Versicherungsnehmers gehören. Die Berufung hierauf auch bei der Kasko-Versicherung kann damit den Versicherern nicht verwehrt werden.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, kann mir die Bundesregierung erklären, warum unterschiedliche Tarife eingeräumt werden, die sich u. a. an dem Kriterium des Wohnortes orientieren, der in keiner Weise auf das Unfallrisiko Einfluß hat? Das Unfallrisiko scheint mir doch eher darin zu liegen, daß dort die Verkehrsverhältnisse ungünstig sind, die der einzelne gar nicht beeinflussen kann.
Herr Kollege Dr. Kunz, bei der Haftpflichtversicherung, die alle Kraftfahrer abgeschlossen haben, ist es nach den Vorschriften ausdrücklich zugelassen, regionale Gefahrengemeinschaften zu berücksichtigen. Das ist also ein Anknüpfungspunkt der akzeptiert wird. Sie
wohnen in einem Wohnort, ich wohne in einem Wohnort, und ich muß die Gefahrengemeinschaft dort akzeptieren, wo ich zufällig wohne.
Wenn das nach den Vorschriften bei der Haftpflichtversicherung ausdrücklich anerkannt ist, gilt das erst recht im genehmigungsfreien Raum für die Kasko-Versicherung.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie meinen Verdacht ausräumen, daß die Regionalisierung von Versicherungstarifen vor allem darin begründet liegt, daß sich einzelne Regionalversicherer günstige Gebiete herauspicken, um dort konkurrenzlose Tarife anzubieten, während andere, die bundesweit Versicherungsträger sind, eben den ganzen Bereich abdecken müssen?
Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Hier sind echte Wettbewerbsfragen angesprochen. Denn es gibt natürlich verschiedene Möglichkeiten der Kalkulation: regional oder auf das gesamte Bundesgebiet bezogen, auf günstige oder ungünstige Gebiete bezogen. Je nachdem kann man verschieden kalkulieren. Ich hoffe - soviel möchte ich politisch sagen, das kann ich ja wohl -, daß der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Versicherungsgesellschaften hier für einen frischen, kräftigen Wind sorgt.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Weyel.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß in dicht besiedelten Gebieten die Möglichkeiten des öffentlichen Personennahverkehrs erheblich besser sind, daß daher der betroffene Kraftfahrer die Möglichkeit hat, mehr davon Gebrauch zu machen und damit das Unfallrisiko zu senken, und daß alsdann durch eine solche Senkung des allgemeinen Unfallrisikos auch wieder andere Voraussetzungen für die Einteilung der Regionen gegeben sind?
Dieser Gesichtspunkt mag auch eine Rolle spielen. Aber die Vorschriften lassen eben die Gefahrengemeinschaft innerhalb einer Region als Anknüpfungspunkt zu. Das ist nicht unzulässig.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Huonker auf:
Wie hoch wären die Steuermehreinnahmen von Bund und Ländern durch den Verkauf des Flick-Konzerns an die Deutsche Bank, und in welchem Bundesland fielen diese Mehreinnahmen an?
Herr Kollege Huonker, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten: Die Bundesregierung kann die Frage, wie hoch die Steuermehreinnahmen von Bund und Ländern durch den Verkauf des Flick-Konzerns an die Deutsche Bank wären und in welchem Bundesland diese Mehreinnahmen anfielen, nicht beantworten.
Der Bundesregierung sind keine Einzelheiten des angesprochenen Vorgangs bekannt, da die Besteuerung nach dem Einkommensteuergesetz in die Zuständigkeit der jeweiligen Länderfinanzbehörden fällt.
Selbst wenn die Bundesregierung eigene Kenntnisse über den Verkaufsvorgang hätte - was sie nicht hat -, wäre sie mit Rücksicht auf das Steuergeheimnis daran gehindert, ohne die Zustimmung des Betroffenen Einzelheiten des Steuerfalles bekanntzugeben.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie mir im Hinblick darauf, daß die Abgabenordnung das Steuergeheimnis insofern nicht anerkennt, als der Steuerbürger selber der Öffentlichkeit Auskünfte erteilt, sagen, ob in diesem Fall nach Ihrer Auffassung die Voraussetzungen für die Gewährung des halben Steuersatzes nach § 34 des Einkommensteuergesetzes gegeben sind; wenn ja, ob Sie glauben, daß der Sinn des § 34 des Einkommensteuergesetzes noch gewährleistet wäre, wenn in einem solchen Fall der halbe Steuersatz Anwendung fände? Sollte man nicht für die Zukunft gesetzgeberische Maßnahmen treffen?
Ich kann Ihnen dazu keine Auskunft geben. Zum einen sind wir mit diesem Steuerfall nicht oder noch nicht befaßt, sondern damit ist womöglich eine Landesbehörde befaßt. Das kann sein. Zum anderen habe ich bis jetzt keine Zustimmung des Steuerpflichtigen.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mit Sicherheit ausschließen, daß die Bundesregierung im Zusammenhang mit der in der Öffentlichkeit bekanntgewordenen Transaktion um Rechtsauskunft bezüglich der Steuerfragen, die ja schwierig sind, angegangen worden ist?
Ich weiß nicht, ob wir angegangen werden. Bisher sind wir mit dem Fall nicht befaßt worden.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schily.
Herr Staatssekretär, sollen wir Ihre jetzt gegebenen Antworten so verstehen, daß kein Mitglied der Bundesregierung von dem beabsichtigten Verkauf des Flick-Konzerns an die Deutsche Bank in irgendeiner Weise unterrichtet worden ist, bevor es in der Öffentlichkeit bekanntgegeben wurde?
Ich bin davon überzeugt, daß alle Mitglieder der Bundesregierung die Zeitungen lesen und insofern unterrichtet worden sind. Irgendeine Vorunterrichtung ist mir nicht bekannt. Mein Haus ist nicht unterrichtet worden.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spöri.
Herr Staatssekretär, daß ich davon ausgehen kann, daß der Bundesregierung bekannt ist, daß in der Vergangenheit der Firma Flick Steuervergünstigungen im Umfang von mehreren 100 Millionen DM gewährt worden sind, ist klar. Ausgehend von dieser Tatsache möchte ich Sie fragen, ob durch einen derartigen Verkaufserlös durch den Verkauf an die Deutsche Bank jetzt diese Steuervergünstigungen an den Staat Bundesrepublik Deutschland zurückgezahlt werden, d. h. ob die Nachversteuerung nach § 6b des Einkommensteuergesetzes bei Wiederverkauf dieser Aktienanteile sichergestellt ist.
Diese Rechtsfrage wird die zuständige Finanzbehörde des Bundeslandes zu klären haben.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Penner.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß Herr Herrhausen, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, Berater des Herrn Bundeskanzler ist?
Ich weiß nicht, was diese Frage mit der Ursprungsfrage zu tun hat.
Sie brauchen das nicht zu beantworten, Herr Staatssekretär, aber die Frage war noch korrekt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bohl.
Herr Staatssekretär, sind Presseberichte zutreffend, nach denen das Haus Flick die Steuerstundung in Höhe von 450 Millionen DM für die Sache Grace, die von der damals SPD-geführten Bundesregierung gewährt wurde, nunmehr zurückzahlen will, so daß sich damit der anhängige Verwaltungsrechtsstreit erledigt?
Ich habe so etwas auch in der Zeitung gelesen, und womöglich ist das ein Tatbestand, der die Sache rechtlich klärt.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 37 des Herrn Abgeordneten Spöri auf.
Wäre der geplante Verkauf des Flick-Konzerns an die Deutsche Bank mit den bankenpolitischen Grundsätzen der Bundesregierung vereinbar?
Herr Kollege Dr. Spöri, nach den bisher aus den Medien bekannten Einzelheiten dürften sich aus dem Verkauf des industriellen Besitzes durch Herrn Dr. Friedrich Karl Flick an die Deutsche Bank keine Unvereinbarkeiten mit bankpolitischen Grundsätzen ergeben. Eine endgültige Beurteilung wird jedoch erst möglich sein, sobald die Einzelheiten des beabsichtigten Verkaufs unter allen bankaufsichtlichen Gesichtspunkten geprüft worden sind. Im übrigen begrüßt es die Bundesregierung, wenn durch den Verkauf Aktien an der Börse einem breiten Publikum
angeboten werden und damit ein Beitrag zur Belebung des Aktienmarktes geleistet wird.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, halten Sie den gewaltigen strukturellen Einfluß, den die Deutsche Bank mit dieser Operation auf die Neugestaltung der deutschen Industrie ausübt, bankenpolitisch mit Ihren Grundsätzen für vereinbar?
Nach den Auskünften, die wir aus den Medien entnommen haben, soll dieses gesamte Paket breit gestreut werden. Ich glaube, man kann es nur begrüßen, wenn ein großes Vermögen breit gestreut wird und es nicht in der Hand eines einzelnen bleibt.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für eine wirklich tragfähige Kooperation der deutschen Wirtschaft, der Deutschen Bank mit der deutschen Bundesregierung, wenn Sie über einen solchen Vorgang von solch struktureller Tragweite im Bankensystem als Vertreter des federführenden Finanzministeriums nicht direkt informiert werden?
Herr Kollege Dr. Spöri, das könnten Sie auch genau umgekehrt sagen: Wenn wir politisch gleichsam von vornherein als Berater eingeschaltet worden wären, könnte der Vorwurf von Ihrer Seite kommen: Da ist etwas ganz Finsteres miteinander ausgeheckt worden, obwohl die Bundesregierung überhaupt nicht zuständig ist.
- Wir sind überhaupt nicht zuständig. Einen solchen Vorwurf könnte man dann erheben.
Keine weiteren Zusatzfragen.
({0})
- Ich kann keine Zusatzfrage mehr zulassen, und auch die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Dr. Lammert kann ich nur aufrufen, weil der Herr Abgeordnete nicht im Saal ist. Es wird daher nach der Geschäftsordnung verfahren. Da die Weihnachtsferien bevorstehen, wollte ich nicht diese einzige Frage aus dem Geschäftsbereich des Finanzministers unerledigt lassen. Das war der Hintergrund.
({1})
Damit ist die Fragestunde beendet.
({2})
Meine Damen und Herren, ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
Die Fraktion DIE GRÜNEN hat gemäß Nr. 1 c der Anlage 5 unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema
Haltung der Bundesregierung zu dem Rodungsbeginn für die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf
verlangt.
Vizepräsident Westphal
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Bueb.
Meine Damen und Herren! Die kaltschnäuzige Entscheidung des Münchener Verwaltungsgerichtshofes gegen die Interessen von vier von der geplanten WAA betroffenen Bürger in Wackersdorf zeigt deutlich: Strauß kann sich wie schon in der Vergangenheit auf seinen Verwaltungsgerichtshof in München verlassen. Verlassen kann sich aber auch die DWK auf den Münchener Verwaltungsgerichtshof, wußte sie doch schon vor einer Woche, daß dem heutigen Rodungstermin nichts mehr im Wege steht.
({0})
Franz Josef macht's möglich. Wo es Schwierigkeiten mit der Rechtsprechung gibt, Strauß und seine Kumpels in Bonn räumen sie aus dem Weg.
({1})
So nennt man dies z. B. Straffung des Verfahrens nach der Verwaltungsgerichtsordnung.
Rechtzeitig vor der Sommerpause ist hier im Hohen Haus ein Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung durchgepeitscht worden. Dieses Gesetz ist eindeutig eine Lex Wackersdorf.
({2})
Mit diesem Sondergesetz ist es der Bayerischen Staatsregierung möglich, die Prozeßabwicklung sofort an den Verwaltungsgerichtshof zu geben und das lästige Verwaltungsgericht in Regensburg auszuschalten. Dies ist ein rechtspolitischer Skandal.
Eine zweite Lex Wackersdorf ist schon in Vorbereitung. Hier geht es um die Änderung des Investitionszulagengesetzes. Bisher konnten nach diesem Gesetz nur Arbeitsplätze gefördert werden, die bis zu 6 Millionen DM gekostet haben. Eine Förderung von Wackersdorf-Arbeitsplätzen wäre dadurch nicht möglich gewesen. Nach der Änderung können jedoch auch so kapitalintensive Arbeitsplätze, wie sie in Wackersdorf anfallen werden, bis zu 600 000 DM je Arbeitsplatz gefördert werden. Die SPD hat diesem Gesetzentwurf im Finanzausschuß leider bereits zugestimmt.
({3})
Um die möglichst reibungslose Errichtung der WAA zu gewährleisten, rückt der atomare Überwachungsstaat in greifbare Nähe. Die offene Drohung der Staatsregierung, demonstrierende Beamte mit Berufsverbot zu belegen und das verabschiedete Strafrechtsänderungsgesetz mit dem Vermummungsverbot - Zitat Strauß: Sollen doch die Demonstranten ihre Visagen zeigen! -,
({4})
wonach Demonstranten mit drakonischen Geldstrafen von weiteren Demonstrationen abgeschreckt
werden sollen, zeigen deutlich, wie Grundrechte bei uns eingeschränkt werden.
({5})
Die Drohung der Staatsregierung, den Landrat Schuirer des Amtes zu entheben, und das Übergehen des Landrats bei der Erteilung der Baugenehmigung ist ein weiteres Indiz dafür, was noch alles auf uns zukommen wird.
({6})
Sie nennen das Recht und Gesetz. Ich nenne das Nötigung und Gewalt gegen Bürger.
({7})
Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, haben ein gebrochenes Verhältnis zur Gewalt und zu diesem Rechtsstaat.
({8})
Sie zimmern sich den Rechtsstaat so zusammen, wie es Ihrer Interessenlage und Ihren Auftraggebern von der Großindustrie am besten dient.
({9})
Die Parole, mit der Wyhl bisher verhindert werden konnte, lautet: Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.
Das bedeutet, daß wir ab heute alles tun werden, um auch den kleinsten Baufortschritt zu behindern. Ab heute wird in Wackersdorf gerodet. Ab heute ist Franz Josef Strauß seinen Machtphantasien, dem Griff nach der Bombe, wieder ein Stückchen nähergekommen. Die Errichtung dieses monströsen Unternehmens ist nämlich nur dann „sinnvoll und wirtschaftlich", wenn man es aus Perspektive der ständig steigenden Aufrüstung sieht.
({10})
Als zivil genutzter Brennstoff ist das Plutonium, das nach 1995 in der WAA erzeugt werden soll, um vieles zu kostspielig. Die WAA ist sinnlos, wenn es um Entsorgung, um billige und gesunde Energie und um Arbeitsplätze geht.
({11})
Die WAA ist nur dann sinnvoll, wenn sie auch militärisch genutzt werden kann.
Ich rufe von dieser Stelle zum Widerstand gegen das Wahnsinnsprojekt Wackersdorf auf. Kommt alle nach Wackersdorf und verhindert mit gewaltfreien Aktionen die Errichtung der gefährlichsten Industrieanlage in der Geschichte Europas!
({12})
Die Fraktion der GRÜNEN solidarisiert sich mit allen gewaltfreien WAA-Gegnern in Wackersdorf und wird deshalb dort auf dem Platz eine Sondersitzung abhalten und am Wochenende an der Demon13944
stration und an der Platzumzingelung und -besetzung teilnehmen.
({13})
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Schulte ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der GRÜNEN beantragt nach § 42 der Geschäftsordnung die Herbeirufung des Herrn Ministers Zimmermann. Wir sind der Auffassung, daß es die Pflicht des zuständigen Ministers ist, bei dieser entscheidenden und wichtigen Debatte anwesend zu sein.
Danke schön.
({0})
Ich frage, ob von anderen das Wort zu einer Geschäftsordnungsäußerung gewünscht wird? - Herr Bohl, bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär Spranger, der auch in der Fragestunde anwesend war, vertritt bei dieser Aktuellen Stunde den Bundesinnenminister.
({0})
Wir konnten auch nach den Vorgesprächen, die solchen Aktuellen Stunden vorauszugehen pflegen, Herr Kollege Bueb, davon ausgehen, daß Sie die Anwesenheit von Herrn Spranger als ausreichend ansehen würden und daß Sie nicht Anlaß finden würden, den Herrn Bundesinnenminister herbeizuzitieren.
({1})
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn auch Sie sich den parlamentarischen Gepflogenheiten beugen könnten, und möchte Sie bitten, entweder den Antrag zurückzuziehen oder aber damit einverstanden zu sein - wenn Sie auf einer Herbeizitierung bestehen -, daß wir in der Aktuellen Stunde fortfahren und dafür Sorge tragen, daß der Herr Bundesinnenminister binnen einer Frist von einer Viertelstunde hier eintrifft.
({2})
Meine Damen und Herren, wir haben keine weiteren Wortmeldungen dazu vorliegen.
Wir müssen darüber abstimmen. Es ist der Antrag auf Herbeirufung von Minister Zimmermann gestellt. Ich bitte diejenigen, die für den Antrag zu stimmen beabsichtigen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wir fahren in der Aktuellen Stunde fort. Das Wort hat der Abgeordnete Fellner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ankündigung des Kollegen von den GRÜNEN ist nur noch die Frage hinzuzufügen, ob man denn nun nach Wackersdorf mit dem Dienstwagen fahren oder ob man das unter Privatvergnügen einordnen und dann auch den Privatwagen benutzen sollte.
({0})
Herr Präsident, es scheint mir wichtig, den Sachverhalt in die Diskussion einzuführen, wegen dem Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, so aufgebracht sind. Der Tatbestand ist, daß der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gestern, und zwar nicht kaltschnäuzig, sondern nach Recht und Gesetz, über Anträge von Bürgern entschieden hat, die Wirksamkeit des Bebauungsplanes für das Gebiet, auf dem die Wiederaufarbeitungsanlage errichtet werden soll, vorläufig auszusetzen. Diese Anträge wurden mit der Begründung abgelehnt, daß der gegenwärtige Sach- und Streitstand dieser Verfahren schon jetzt die Aussage ermögliche, daß die Hauptsacheanträge wahrscheinlich ohne Erfolg bleiben werden.
Nach dieser Feststellung des Gerichts gibt es für die Baufirmen, die ohnehin den Entscheidungstermin abgewartet hatten, keinen Grund mehr, mit den Rodungsarbeiten länger zu warten.
Die Verwaltungsbehörden haben entschieden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung bestätigt und wird wohl auch dabei bleiben. Der Bauherr macht nun von seinem Recht Gebrauch, zu bauen. Wo hier der Stoff für eine Aktuelle Stunde sein soll, ist mir wahrlich unerfindlich.
({1})
Die GRÜNEN erwecken den Eindruck, als würden sich im oberpfälzischen Wackersdorf sozusagen staatsstreichartig dunkle Mächte zusammentun,
({2})
um Natur und Menschheit zu schädigen. Dann, so meinen Sie, wäre Widerstand selbstverständliche Pflicht.
({3})
Ich sage Ihnen ausdrücklich: Ich habe nichts gegen Widerstand, wenn er sich in angemessener Form, z. B. in einer Demonstration, artikuliert.
({4})
Es ist aber höchste Zeit, daß Sie von den GRÜNEN Ihr Verhältnis zum Widerstand und zur Gewalt klären.
({5})
Wollen Sie denn wirklich diese sogenannten Behinderungsaktionen weiterhin als gewaltfrei deklarieren? Wollen Sie nicht einräumen, daß sich Besetzung und das Wort „friedlich" wohl von vornherein schon ausschließen? Oder wollen Sie sich gar denen in Ihren Reihen anschließen, die ihre Proteste nach der Legalität der Anlage richten wollen, was nach ihrer Argumentation ja wohl nur heißen kann, daß sie vor nichts zurückschrecken werden? Oder wie halten Sie es mit dem Vorschlag aus Ihren Reihen, über eine Telefonkette 200 radikale Personen zu
mobilisieren, damit auf der Baustelle etwas los sei?
({6})
Dieses alles sollten Sie in diesem Hause erläutern. Das müssen Sie allerdings auch gegenüber der Polizei in Wackersdorf erläutern. Das müssen Sie natürlich auch den Bürgern in der Oberpfalz darlegen.
({7})
Sie haben durch Falschinformationen den Bürger verunsichert. Aber ich hoffe, daß sich von Ihnen niemand mehr in die Irre führen oder gar ins Unglück stürzen läßt, nur deshalb, weil Sie Ihr Verhältnis zur Gewalt nicht geklärt haben.
({8})
Ich meine, daß sich auf dieser ungeklärten Basis kein Bürger an Widerstand und Demonstrationen beteiligen sollte.
Für alle diejenigen, die glauben, daß sie nach dieser Gerichtsentscheidung weiterhin gegen diese Anlage protestieren müssen, möchte ich doch ein paar Positionen darlegen, die das Gericht in seinem Beschluß festgehalten hat: Das Gericht hat selbst die vielfach als kritisch angesehene Frage, ob der Bebauungsplan in hinreichender Weise die radiologischen Auswirkungen der Anlage würdigt, als unproblematisch angesehen. Das Gericht anerkennt die in allen fachbehördlichen und fachgutachtlichen Stellungnahmen vertretene Position, daß die von der Anlage zu erwartenden radiologischen Auswirkungen - einschließlich der Auswirkungen auf das Grundwasser - im Rahmen der nachfolgenden Einzelgenehmigungsverfahren hinreichend begrenzbar und technisch beherrschbar sind. Das sollte meines Erachtens all diejenigen beruhigen, die befürchten, daß mit dem Baubeginn ein Schritt in ein nicht beherrschbares Sicherheitsrisiko getan wäre.
Wir wünschen uns, daß die Rodungsarbeiten zügig vorangehen,
({9})
damit bald der Bauzaun errichtet werden kann und die weiteren Arbeiten ohne permanenten Polizeischutz erledigt werden können. Den Bauarbeitern hätten wir besseres Wetter gewünscht. Aber zum Trost sei darauf hingewiesen, daß auch die zu erwartenden Demonstranten und auch Sie kein besseres Wetter haben werden.
Danke schön.
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Stiegler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit den Motorsägen an den Bäumen in Wackersdorf wird nach unserem Eindruck auch die
Säge an das Rechtsgefühl vieler Menschen angelegt.
({0})
Dies geschieht seit geraumer Zeit. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, auf die unumschränkte und in meinen und unseren Augen rechtsmißbräuchliche Nutzung des Rechtsinstitutes der sofortigen Vollziehbarkeit hinzuweisen,
({1})
denn nicht die gestrige Gerichtsentscheidung ist die Ursache dafür, daß jetzt der Wald gerodet wird. Ursache ist vielmehr, daß die Bayerische Staatsregierung die erste Teilerrichtungsgenehmigung ohne Wenn und Aber mit einer äußerst windigen Begründung für sofort vollziehbar erklärt hat.
({2})
- Die können Sie bei mir nachschauen. Sie haben sie wahrscheinlich nicht gelesen, sonst könnten Sie sich jetzt nicht aufregen.
Grundsätzlich gilt: Die Anfechtungsklage hat aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, daß von einer Genehmigung nicht eher Gebrauch gemacht werden kann, als bis über die Klage rechtskräftig entschieden ist. Diesen Suspensiveffekt hat das Verfassungsgericht als fundamentalen Grundsatz des öffentlichen Prozesses bezeichnet und ihn aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes hergeleitet. Nur ausnahmsweise darf die aufschiebende Wirkung außer Kraft gesetzt werden. In der Praxis fällt auf: Bei nahezu allen Genehmigungen von atomrechtlichen Großprojekten ordnet die Verwaltungsbehörde die sofortige Vollziehbarkeit an.
Ich habe den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages das nachprüfen lassen: Hier wird die sofortige Vollziehbarkeit zur Regel gemacht und damit die Rechtslage auf den Kopf gestellt.
({3})
Das ist es, was das Vertrauen in die rechtsstaatliche Sicherung ganz gewaltig erschüttert. Auch Sie sollten ernsthaft darüber nachdenken.
Wenn Sie einmal die fadenscheinige bayerische Begründung anschauen, werden Sie feststellen: Kein Wort wird zur Veränderung der Verhältnisse verloren, auf die Argumente der Gegner wird kein Satz verschwendet, die Systemstudie über andere Entsorgungstechniken wird außer acht gelassen,
({4})
die Unwirtschaftlichkeit der Wiederaufarbeitung wird überhaupt nicht angesprochen - ebensowenig wie neuere Energiebedarfserkenntnisse. Hier wollen alle an Ihrer Seite im Irrtum verharren. Wir wissen alle: Nur das sind die Weisen, die vom Irrtum zur Wahrheit reisen, und das sind Narren, die im Irrtum beharren.
({5})
Hier ist auch einmal ein ernstes Wort an unsere Gerichte zu richten. Gerade die bayerische Justiz
({6})
zeichnet sich durch eine hohe Distinktion in Grundbuchsachen aus. Der Heilige Thomas hätte seine Freude. Wenn es um diese Fragen geht, folgen sie der Staatsregierung in den meisten Fällen ohne Wenn und Aber. Auch das muß in diesem Zusammenhang angesprochen werden.
({7})
Sie betreiben den Abbau der rechtsstaatlichen Sicherungen. Ich erinnere an die „Lex Schuirer", an den Verstoß gegen die Grundsätze der Bayerischen Verfassung, an die Sondergesetze im Zusammenhang mit dem Selbsteintritt gegen den amtierenden Landrat, an Sonderbestimmungen zur Wirtschaftsförderung, an die Sonderbestimmungen für die WAA im Zusammenhang mit dem Investitionszulagengesetz gegen den Willen der SPD. Herr Bueb, machen Sie nicht einen solchen Schmarren, und verbreiten Sie nicht falsche Behauptungen. Die SPD-Fraktion hat sich hier eindeutig gegen die Extrawurst für die WAA ausgesprochen.
Meine Damen und Herren, in Bayern gibt es bald keinen wirksamen Rechtsschutz gegen atomrechtliche Genehmigungsverfahren mehr. Sie bauen systematisch den Rechtsschutz und die rechtsstaatlichen Sicherungen ab und wundern sich dann, wenn bei anderen die Sicherungen durchbrennen.
({8})
Die „Süddeutsche Zeitung" schreibt heute:
Vor Gericht erfolglos, von der Kraftmeierei provoziert, mit der die Regierung das Projekt an Land gezogen und vorangetrieben hat, werden es die besonnenen Leute in der Protestfront nun schwerer als bisher haben, die Heißsporne im Zaum zu halten. Das breite, weit in das konservative Lager reichende Bündnis scheint jedoch fest entschlossen, die Oberpfalz nicht zu einer neuen Startbahn für Gewalt und Gegengewalt machen zu lassen.
Wir als Sozialdemokraten rufen zum friedlichen Widerstand auf, wir rufen aber auch bei Ihnen zum Umdenken auf. Wer solche Großprojekte ins Werk setzt, muß die rechtsstaatlichen Sicherungen ausbauen, nicht abbauen, meine Damen und Herren, sonst geht mit dieser Entscheidung das Vertrauen in den Rechtsstaat kaputt.
Ein Letztes. Wir sagen den Bürgern: Ihr könnt euer Schicksal ändern - 1987 mit einer Mehrheit für die Sozialdemokratie. Dann hat der Spuk ein Ende. Es ist nur schade um die Bäume.
({9})
Das Wort hat der Abgeordnete Grünbeck.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages hier hergeht und erklärt, das Gericht in München habe mit Kaltschnäuzigkeit entschieden,
({0})
muß ich Ihnen sagen: Das Gericht in München hat rechtsstaatlich entschieden, Ihr Glaube an den Rechtsstaat scheint nicht besonders ausbaufähig zu sein, und darum möchte ich mich eigentlich mehr mit Ihnen, Herr Stiegler, auseinandersetzen.
Das, was Sie hier gesagt haben, war ein schlechtes Zeugnis für Ihre eigenen Freunde, für die Sozialdemokraten im Bayerischen Landtag, denn diese haben der bayerischen Richterei ein großes Lob gezollt.
({1})
Wenn Sie hier die bayerischen Richter beschuldigen, sie würden sich der Macht in Bayern beugen, lügen Sie den eigenen Leuten in die Tasche, und Sie erklären damit die Aussagen Ihrer eigenen Freunde im Bayerischen Landtag für unglaubwürdig.
({2})
Damit bin ich natürlich bei den Sozialdemokraten.
({3})
Meine Damen und Herren, was ist denn Wackersdorf? Ich melde mich hier als ehemaliger Angehöriger des Bayerischen Landtages zu Wort, als Abgeordneter, der damals in der Opposition war und der damals in Verantwortung für die Energiewirtschaft in Bayern der Staatsregierung mit ihrem Konzept der Energieversorgung recht gegeben hat. Ich bin nicht der Meinung, daß man Opposition immer nur um der Opposition willen betreiben muß,
({4})
sondern man muß Opposition betreiben, um bessere Entscheidungen herbeizuführen.
({5})
Die bayerische FDP steuert da einen ganz klaren Kurs.
Da möchte ich Ihnen nur einmal eines vorhalten - diese Geschichte muß man hier auftischen -: Im Jahre 1979 - in Ihren Reihen sitzen ja einige Leute, die damals mit uns gemeinsam in der Regierungsverantwortung waren - haben die Ministerpräsidenten aller Länder beschlossen, daß man der Kernenergie das Jawort gibt und daß man die Entsorgung vorantreibt.
({6})
- Entschuldigen Sie bitte, wissen Sie nicht mehr, was wir in diesem Programm beschlossen haben? Das kennen Sie doch noch!
({7})
Das war unser Programm, in dem gesagt wurde: Man muß die Kernenergie zur Abdeckung der Grundlast ausbauen. Das haben wir doch beschlossen!
({8})
Aber wir haben gleichzeitig beschlossen, die Entsorgung voranzutreiben.
({9})
- Nein, Sie wollen nur von Ihren eigenen Positionen nichts mehr wissen, weil Sie überhaupt nicht mehr wissen, was Sie wollen. Das ist doch das Problem.
({10})
Vor kurzem hat mein Kollege Wernitz hier gesprochen. Sie müßten einmal das miterleben, was wir im Land Bayern erleben. Da erklärt die SPD: Ja, Ausbau der Grundlast. - Wenn es dann aber um den Standort eines Kraftwerks geht, sagt jeder Ihrer Kollegen: hier nicht und heute nicht, und wo, das wissen wir überhaupt nicht, und wann, das wissen wir auch nicht. Das etwa ist doch Ihre Energiepolitik.
({11})
- Nein, ich rede nicht am Thema vorbei. Man kann nicht eine Energiepolitik betreiben, ohne ein Wort zur Arbeitsplatzsituation in Ostbayern zu sagen. Wissen Sie denn eigentlich, was dort vor sich geht?
({12})
- Sie lachen; ich glaube nicht, daß Sie das wissen.
({13})
- Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen: Ich würde die GRÜNEN-Fraktion in die SchreihalsFraktion umtaufen. Warum schreien Sie denn immer so?
({14})
- Bitte?
({15})
- Nein, nein. - Wir in Bayern haben die Umweltbelastung durch eine sehr ordentliche Energiepolitik sehr stark zurückgedrängt. Das muß ich Ihnen einmal sagen. Den Schadstoffbericht aus Bayern sollten Sie schon einmal lesen. Herr Kollege Stahl, wir haben damals gesagt: Wir wollen die Kernkraftwerke sicherer machen, wir wollen sie wirtschaftlicher machen, aber wir wollen sie auch von der Entkoppelung - ({16})
Meine Damen und Herren, Zwischenrufe können für die Belebung einer Debatte wirklich hilfreich sein, aber wenn es zu viele sind, dann stören sie den Redner. Da hat der Präsident aufzupassen. - Bitte fahren Sie fort, Herr Abgeordneter.
Ich danke Ihnen, Herr Präsident. - Die bayerische FDP hat dazu klare Beschlüsse gefaßt, und zwar mit großer Mehrheit. Wir haben die Anlage in Wackersdorf im Landesvorstand begrüßt; es gab zehn Stimmen dafür, eine Enthaltung und eine Gegenstimme. Das waren unsere Beschlüsse. Wir haben in der Sitzung des Landesvorstands beschlossen - Herr Präsident, ich darf mit Ihrer Genehmigung wörtlich zitieren ({0})
Alle betroffenen Landesfachausschüsse verfolgen das Wackersdorfer Baugenehmigungsverfahren höchst kritisch und arbeiten konkrete politische Forderungen aus, um im Hinblick auf die Sicherheit tragbare Entscheidungen zu finden.
Herr Kollege Fellner hat all das vorgetragen, was durch das Innenministerium in bezug auf die Sicherheit von Wackersdorf vorgeprüft und entschieden worden ist. Das hat doch nichts mit einer Rechtsbeugung zu tun; das hat nur etwas damit zu tun, daß man durch sachbezogene Entscheidungen Rechtssicherheit schafft und nicht durch Schreierei die Bevölkerung verunsichert, weil man glaubt, man könne damit ein paar Wählerstimmen ernten. Da werden Sie sich täuschen.
({1})
Ich kann Ihnen nur eines sagen: Sie machen mir wirklich keinen Kummer. Mir macht vielmehr die Energiepolitik der Sozialdemokraten Kummer, denn wenn Sie selbst zu Ibbenbüren ja, zu Wackersdorf aber nein sagen, dann nehmen Sie Abschied von einer glaubwürdigen Energie- und Umweltpolitik. Das werden Sie sich von den Wählern vorhalten lassen müssen.
Danke.
({2})
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Herr Spranger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Stunde ist für die GRÜNEN - das ist nach dem ersten Beitrag hier offenkundig geworden - lediglich ein spektakulä13948
rer Auftakt für eine Reihe von Aktionen, die nur bei dem ihnen eigenen Demokratieverständnis begreifbar sind.
({0})
Sie suchen den Konflikt wieder einmal auf der Straße. Seit langem ist eine Großdemonstration in Wackersdorf für den Fall des Rodungsbeginns angesetzt, die jetzt sogar mit einer Besetzung des Bauplatzes verbunden werden soll. Ziel ist, den Bau der Wiederaufarbeitungsanlage um jeden Preis zu verhindern, auch wenn dieser unter allen rechtsstaatlichen Aspekten zulässig und von den Mehrheiten in Bund und Land gewollt ist.
Gestern hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden, daß der Bebauungsplan nach dem Ergebnis der Prüfungen im vorläufigen Verfahren rechtmäßig ist. Das Gericht hat dabei hervorgehoben, daß es keine Rechtsfehler bei der Abwägung der schutzwürdigen Belange, insbesondere unter Berücksichtigung der Landwirtschaft und des Natur- und Landschaftsschutzes, gegeben hat. Der VGH hat daher den Erlaß einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Vorhin hat der Herr Abgeordnete Stiegler von „durchgebrannten Sicherungen" gesprochen. Ich muß sagen: Ihre rechtlichen Bewertungen kann ich nur unter diesem Aspekt verstehen.
({1})
Völlig unbeeindruckt von dieser eindeutigen Gerichtsentscheidung, die nach unserer Verfassungsordnung für alle verbindlich ist, hat der Bundesgeschäftsführer der GRÜNEN noch am gleichen Tag alle Mitglieder seiner Partei aufgerufen, sich massiv an den für das kommende Wochenende geplanten Protestaktionen gegen den Beginn der Rodungsarbeiten für die atomare Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf zu beteiligen.
({2})
- Klatschen Sie aber anschließend auch noch. - Der Rodungsbeginn sei das Startsignal, den Widerstand gegen den Einstieg in den Plutoniumstaat ebenso fröhlich wie entschlossen zu verwirklichen. Herr Weinzierl versteigt sich sogar zu der Äußerung, der Atomstaat binde die Gerichte mit ein.
({3})
Meine Damen und Herren, einen derartigen Umgang mit der dritten Gewalt halte ich für schlichtweg unerträglich. Herr Bueb, was Ihre Angriffe auf den bayerischen Ministerpräsidenten und gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof anbelangt, so kann ich nur sagen: Das ist unsinnig und ausgesprochen flegelhaft.
({4})
Den Kernenergiegegner sage ich mit aller Deutlichkeit: Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut,
({5})
aber kein Freibrief für Gewalt, Herr Mann.
({6})
Die Bundesregierung begrüßt die getroffenen Maßnahmen zur Errichtung einer deutschen Wiederaufarbeitungsanlage als einen Markstein zur Verwirklichung des integrierten Entsorgungskonzepts.
({7})
Dazu gehört auch die Rodung des für die Anlagen notwendigen Geländes. Mit dem Bebauungsplan für den Taxöldener Forst hat der dafür zuständige Freistaat Bayern sichergestellt, daß bei der Errichtung alle vermeidbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft unterbleiben.
({8})
Die Bundesregierung hält an der Wiederaufarbeitung aus atomrechtlichen, energie- und technologiepolitischen Überlegungen fest, wie dies der Kabinettsbeschluß vom 23. Januar 1985 eingehend dargestellt hat. Wer sich ernsthaft mit dem Stellenwert der Wiederaufarbeitungsanlage im deutschen Entsorgungskonzept auseinandersetzt, wird sehr schnell feststellen, daß es dazu zumindest aus heutiger technologischer Sicht keine sinnvolle Alternative gibt.
({9})
Die so oft propagierte direkte Endlagerung ist eben noch kein technologisch abgesicherter Entsorgungspf ad.
({10})
Da ihre Machbarkeit hier auch nicht mit bloßen Worten herbeigeredet werden kann, handelt jeder scheinheilig, der schon jetzt darauf setzen will.
({11})
Er zielt in Wahrheit darauf, die bestehenden Entsorgungsnachweise zu beseitigen, und offenbart so sein eigentliches Ziel: den Ausstieg aus der Kernenergie.
Auch die ständigen Behauptungen über die Unsicherheit und die Gefahren der Wiederaufarbeitung entbehren jeder sachlichen Grundlage. Die Mitarbeiter im Bundesministerium des Innern haben die Antragsunterlagen im Rahmen ihrer Zuständigkeit und ihrer Amtspflichten ebenso eingehend geprüft wie die Fachleute im bayerischen Umweltministerium.
({12})
Reaktorsicherheitskommission und Strahlenschutzkommission haben die sicherheitstechnische Machbarkeit bestätigt.
({13})
Der Bundesminister des Innern hat in seiner bundesaufsichtlichen Stellungnahme vom 18. Dezember 1984 festgestellt,
({14})
daß aus der Sicht der kerntechnischen Sicherheit und des Strahlenschutzes gegen Standort und Konzept der Anlage keine Bedenken bestehen.
Meine Damen und Herren, es ist schon ein ungeheuerlicher Vorwurf, die Beamten, die sich mit ihrem Amtseid dem Wohl dieses Staates verpflichtet haben,
({15})
und die unabhängigen Sachverständigen im Genehmigungsverfahren des leichtfertigen Umgangs mit Leben und Gesundheit unserer Bürger zu bezichtigen, wie die GRÜNEN das tun.
({16})
Ebenso ungeheuerlich ist die Aussage, nur wer Atombomben wolle, brauche eine Wiederaufarbeitungsanlage.
({17})
Hiermit sollen Furcht und Schrecken verbreitet werden.
Aber damit noch nicht genug. Unsere Gesetze wollen die GRÜNEN offenbar dann nicht gelten lassen, wenn sie nicht ihren eigenen Vorstellungen entsprechen. Legal ist für sie nur das, was sie für legal erklären.
({18})
Hier, meine Damen und Herren, mißbraucht eine Minderheit unsere freiheitliche Grundordnung. Sie will demokratische Mehrheiten durch selbsternannte elitäre Minderheiten manipulieren. Aber das, meine Damen und Herren, werden wir nicht hinnehmen.
({19})
Das Wort hat der Abgeordnete Reuter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob gerade der Kollege Spranger der richtige Ratgeber ist, uns Nachhilfeunterricht in Sachen Demokratie zu geben.
({0})
Ich will zunächst sagen: Im Grunde genommen ist diese Aktuelle Stunde heute nachmittag nicht notwendig.
({1})
- Wir brauchen keine lautstarken Abgeordneten, Herr Kollege, wir brauchen starke Abgeordnete.
({2})
- Ja, das ist klar.
Ich will Ihnen auch sagen, warum ich hier gegen den Antrag gestimmt habe, den Minister herzuzitieren. Wir müssen an uns selbst die gleichen Maßstäbe anlegen. Da so wenige Abgeordnete hier sind, hätte ich etwas Hemmungen, einen Minister herzu-zitieren.
({3})
Ich will sehr deutlich sagen, daß mich die Art und Weise, wie die CDU/CSU die Probleme behandelt, sorgenvoll stimmt. Wenn irgendwo ein Konfliktpotential heranwächst, wenn sich die Leute irgendwo kritisch mit den Themen befassen, handeln Sie immer so nach dem Motto: Wir haben da noch die Polizei, wir können ja noch die Justiz damit befassen; wir haben den Apparat in der Hand, und wenn die nicht spuren, dann machen wir Gesetze mit Sofortvollzug und setzen das alles durch.
({4})
- Das ist kein Quatsch, das ist die Realität. - Sie haben keine Konfliktbereitschaft.
({5})
Sie können doch nicht mit einem Federstrich die Sorgen der Menschen vom Tisch nehmen.
({6})
Ich will die Gelegenheit nutzen, unseren Standpunkt noch einmal klarzumachen.
({7})
Wir Sozialdemokraten sind gegen die Wiederaufarbeitung - aus den verschiedensten Gründen, die wir hier schon einige Male dargelegt haben.
({8})
- Seit wir die Erkenntnis haben, daß es ein ökonomisch unsinniges Projekt ist, denn hier werden 8 Milliarden DM in den Sand gesetzt.
({9})
Wo haben Sie denn die Konzeption, wie Sie die Entsorgung lösen wollen? Eine einfache Wiederaufarbeitungsanlage mit 350 Jahrestonnen ist doch im Grunde genommen keine Entsorgung. Sagen Sie mir doch einmal, wie das mit Gorleben aussieht! Was wollen Sie mit dem Salzstock? Sie erklären der staunenden Öffentlichkeit, daß die Entsorgungsfrage gelöst ist.
Ihnen geht es aber im wesentlichen darum, hier für den bayerischen Raum etwas zu tun. Da sage ich einmal allen Ernstes: Es wäre doch auch denkbar gewesen, wenn Sie der Meinung sind, daß hier eine Strukturschwäche besteht, die Mittel so dahin zu geben, um die Strukturprobleme im bayerischen
Raum zu lösen. Dies sollte doch nicht nur dann gehen, wenn man diese Anlage baut.
Ich darf noch einmal feststellen, daß die Schwachstelle der Kernenergienutzung die Entsorgung ist. Da würde ich gerne einmal von Ihnen hören, wie Sie das Problem lösen wollen.
({10})
- Ich glaube immer an die Dinge, die ich nachvollziehen kann. Ich glaube auch an den Weihnachtsmann, wenn er uns schön beschert, Herr Kollege Mann.
({11})
Aber das, was hier heute abgehandelt wird, ist nach meinem Dafürhalten wieder einmal der Beweis dafür, daß hier lautstarke Auseinandersetzungen geführt werden, ohne daß die Bürger einen echten Nutzen davon haben.
({12})
- Herr Kollege, dies ist auch nicht der Ort, wo Sie Ihre Probleme zwischen den Fundis und den Realos lösen können. Da müssen Sie sich eine andere Ebene als den Deutschen Bundestag aussuchen.
({13})
Ich will Ihnen in der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit noch folgendes sagen. Das, was hier passiert, läuft nach folgendem Muster ab: Wir sind gegen diese Anlage, und wir wollen eine andere Politik. Dann wollen wir die Bürger in den vor uns liegenden Monaten davon überzeugen.
({14})
Dann können die Bürger bei der Wahl 1987 entscheiden, in welche Hände sie die Politik legen wollen. Dann werden wir einmal sehen, wer die Mehrheit hat. Wer dann die Mehrheit hat, kann entscheiden. Alles andere halte ich im Grunde genommen für Spiegelfechterei.
({15})
- Sie müssen sich einmal verständigen. Wollen Sie mit mir Krach, oder wollen Sie Unterhaltung? Was haben Sie hier eigentlich vor? Ich kann doch die ganzen Argumente gar nicht aufnehmen, wenn Sie so durcheinanderreden.
({16})
Ich glaube, daß wir im Ausschuß die Sache sehr ordentlich beraten haben.
Ich darf zum Schluß kommen und feststellen: Wir Sozialdemokraten lehnen mit Vehemenz eine Wiederaufarbeitung ab, bekennen uns aber zum Einsatz der Kernenergie im Grundlastbereich, weil wir zur Zeit keine Alternative dazu sehen.
Schönen Dank.
({17})
Das Wort hat der Abgeordnete Lenzer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter hessischer Landsmann Reuter, ich will Ihren Stil gern aufgreifen, er hat sich wohltuend von manch anderen Beiträgen unterschieden. Ich glaube, wir sollten zur Sachlichkeit zurückkehren.
({0})
Ich kann mir nicht verkneifen, auch zu sagen: Es gibt doch Unterschiede. Der Kollege Reuter ist ja auch Mitglied einer großen Partei in Hessen, die der Ministerpräsident Börner - das sage ich einmal mit Blick auf den Kollegen Stiegler - für den bayerischen Teil als Randgruppe bezeichnet hat.
({1})
Herr Kollege Stiegler, solange Sie in dieser Lautstärke und mit diesen unqualifizierten Anwürfen auch gegen die bayerische Staatsregierung zu Felde ziehen, werden Sie noch lange eine Randgruppe bleiben, wie es Ihr Ministerpräsident Börner aus Hessen Ihnen bescheinigt hat.
({2})
Meine Damen und Herren, wir nehmen die Sorgen der Menschen, verehrter Herr Kollege Reuter, sehr ernst. Sie können sicher sein, daß, wie auch der Parlamentarische Staatssekretär Spranger betont hat, streng nach Recht und Gesetz vorgegangen wird. Aber es ist auch kein Tadel zu erheben, wenn die bayerische Staatsregierung die rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft.
Wie man angesichts der Fakten, die doch zählen sollten und mit denen wir uns auseinandersetzen sollen, noch behaupten kann, die Entsorgung sei nicht vorangekommen, ist mir schlechterdings unerfindlich. Herr Kollege Reuter, ein zentrales Zwischenlager für ausgediente Brennelemente mit einer Kapazität von 1 500 Tonnen in Gorleben ist fertiggestellt. Für ein zweites, ebenso großes Lager in Ahaus sind die Bauarbeiten begonnen; sie sind zwar im Moment gerichtlich unterbrochen, aber die Bauarbeiten sind begonnen. Die Demonstrationsanlage für die Verglasung hochradioaktiver Abfälle in Mol in Belgien hat ihren Versuchsbetrieb aufgenommen. Der Bau von zwei Schächten zur bergmännischen Erkundung des Salzstocks in Gorleben geht planmäßig und termingerecht voran. Die Eisenerzgrube Konrad wird bis 1989 zur Endlagerung für nicht wärmeentwickelnde Abfälle und Abfälle aus abgebrochenen Kernkraftwerken zur Verfügung stehen. Für die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf ist die Baugenehmigung erteilt. An der Entwicklung der direkten Endlagerung ausgedienter Brennelemente wird gearbeitet. Es gibt kaum eine Technik, mit der sich nicht auch dieses Parlament in Anhörungen, in Expertenladungen und bei allen möglichen Gelegenheiten immer wieder beschäftigt hat. Wer einfach sagt, dies hier geschehe im Eiltempo und unüberlegt, der sagt schlicht nicht die Wahrheit und hält sich nicht an die Fakten.
Obwohl es mich nicht beeindruckt, will ich trotzdem kurz erwähnen: Was DIE GRÜNEN hier machen, ist ein Spektakel; mehr nicht. Ihnen geht es überhaupt nicht darum, sich sachlich mit der Frage der Wiederaufarbeitung auseinanderzusetzen, sondern sie wollen einzig und allein ihre Vorurteile bestätigt sehen; sie wollen - das ist ein unglaublicher Vorgang - die Tribüne des Bundestags dazu mißbrauchen, Aufrufe an das versammelte deutsche Volk hier loszuwerden.
({3})
Sie sollten sich schämen, dies zu tun.
({4})
Die nukleare Entsorgung ist eine Spitzentechnologie. Die Errichtung einer Wiederaufarbeitungsanlage dient der Weiterentwicklung einer solchen Spitzentechnologie. Sie schafft auch Arbeitsplätze. Aber das scheint manchen hier egal zu sein.
({5})
Ich weise all diese unqualifizierten Anwürfe in aller Form zurück. Bitte zeichnen Sie hier nicht Horrorgemälde! Tun Sie Ihre Pflicht!
({6})
Fordern Sie vor allem nicht Bürger zum Widerstand gegen ein frei gewähltes Parlament, gegen den Gesetzgeber, gegen Gerichtsbeschlüsse auf! Dies verrät ein sehr, sehr problematisches Demokratieverständnis. Ich warne Sie davor, die frei gewählten Institutionen mit Ihren unqualifizierten Angriffen zu nötigen.
({7})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kübler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es weihnachtet nicht übermäßig in Bayern, und es weihnachtet heute naturgemäß bei einer solchen Frage auch bei uns im Parlament nicht.
Lassen Sie mich hier auch sagen, daß die verdächtige Eile, wenn es zutrifft, daß heute mit Rodungen begonnen wurde, sicher nicht gerade dafür spricht, daß man ein übermäßig gutes sachliches Gewissen hat.
({0})
Ich sage auch mit Bedauern, daß der Forschungsminister, den der Staatssekretär Spranger vorhin angesprochen hat, heute ebensowenig wie sein Vertreter bei dieser wesentlichen Debatte anwesend ist.
Lassen Sie mich auch sehr, sehr klar sagen, daß, Herr Kollege Lenzer, man auch als Hesse - dies sage ich auch für die Öffentlichkeit - natürlich von
hier das deutsche Volk nicht nur ansprechen kann, sondern ansprechen sollte,
({1})
und zwar auch in Form von Aufrufen. Daran besteht gar kein Zweifel.
Ich stelle vier Punkte, weil sie angesprochen worden sind, noch einmal sehr klar heraus. Auch die Kollegen von der CDU/CSU und der FDP wissen doch letztlich sehr, sehr genau, daß, wenn man von der Ideologie herunterkommt, dies energiewirtschaftlich und volkswirtschaftlich ein sicher nicht sehr sinnvolles Projekt ist.
({2})
Vorhin wurde - ich glaube, von Ihnen, Herr Grünbeck - das Argument mit den Arbeitsplätzen gebraucht. 9 oder 10 oder 11 Milliarden kann man in diesem Zusammenhang sicher nicht in ein Verhältnis zu 400 oder 500 Arbeitsplätzen bringen. Hier ist dieses Argument mit Sicherheit falsch.
({3})
Als zweites sage ich: Die Frage der Uranreserven gibt zum heutigen Zeitpunkt keine Berechtigung, eine Wiederaufarbeitungsanlage zu bauen.
Ich sage drittens, daß eine Wiederaufarbeitungsanlage exportpolitisch überhaupt keine Relevanz und auch forschungspolitisch keine Relevanz hat.
({4})
Bei diesen Voraussetzungen, Herr Grünbeck, ist es unverantwortlich, die gesundheitlichen und sonstigen Risiken in Kauf zu nehmen. Ich betone bewußt: Bei diesen nicht gegebenen Voraussetzungen eines volkswirtschaftlichen und energiewirtschaftlichen Nutzens ist es unverantwortlich, aus gesundheitlichen Gründen unverantwortlich, dies hier zu machen.
Lassen Sie mich noch folgendes sagen: Alle relevanten Indikatoren - ich spreche j a öfter auch mit Leuten aus der Wirtschaft,
({5})
und die verhalten sich etwas anders, als in der Öffentlichkeit vielleicht gesagt wird -, wobei ich jetzt nicht über das Jahr 2000 oder 2010 spreche, lassen zur Zeit keine tragfähige politische Entscheidung zugunsten einer Wiederaufarbeitungsanlage erkennen.
({6})
Dies muß man ganz nüchtern zur Kenntnis nehmen. Wir müssen auch wissen - und Sie wissen dies auch -, daß die englische Anlage und auch die französische Anlage ursprünglich weitgehend wegen der Atombombenproduktion errichtet worden sind und deswegen sicherlich auch heute noch aufrechterhalten werden; dies muß man wissen.
Es ist heute leider noch nicht die Frage angesprochen worden, ob wir damit - ich will in diesem Zusammenhang einmal Weinzierl zitieren - nicht in der Tat den entscheidenden Schritt in eine Plu13952
toniumwirtschaft machen. Ich will das zwar keiner jetzigen Regierung unterstellen, aber ich möchte objektiv verhindern, daß irgendeine Regierung - freiwillig oder aus einer gewissen Situation heraus - in der Lage ist, Zugriff auf Plutonium zu nehmen. Dies scheint mir ein ganz wesentlicher Punkt zu sein. Wir Sozialdemokraten wollen objektiv verhindern, daß irgendeine Regierung künftig in der Lage ist, an Plutonium heranzukommen.
({7})
Ich will hier zum Schluß folgendes sagen: Auch die Proliferations-Situation, die auch bei noch so guter Organisation einer Aufsichtsbehörde sicherlich gegeben ist, wollen wir objektiv verhindern. Dafür reicht eine subjektiv vorgeprägte Aufsicht nicht aus.
Zusammenfassend stelle ich fest: Eine Wiederaufarbeitungsanlage ist zur Zeit aus keinem relevanten Grund gerechtfertigt.
Ich danke Ihnen.
({8})
Bevor ich das Wort weitergebe: Ich habe dem vorläufigen Protokoll entnehmen müssen, Frau Hönes, daß Sie hier mit dem Zwischenruf „Verleumdung" operiert haben. In dem Zusammenhang, in dem Sie dieses Wort gebraucht haben, muß ich das als unparlamentarisch zurückweisen.
Ich rufe nun Herrn Dr. Jobst als nächsten Redner auf.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Wahlkreisabgeordneter der Region, in der die Wiederaufarbeitungsanlage errichtet werden wird, darf ich hier feststellen, daß die Bevölkerung dieses Gebietes weiß, worum es geht.
({0})
Es gibt Bürger, die dafür sind, und es gibt Bürger, die dagegen sind. Aber Ihnen von den GRÜNEN darf ich sagen: Wir brauchen keine Berufsdemonstranten von auswärts.
({1})
Wer die Anlage verhindern will, schadet dieser Region. Das, was der Kollege Stiegler hier vorgetragen hat, läßt ein eigenartiges Rechtsbewußtsein erkennen. Offenbar gilt für die SPD, daß das, was sie will, Rechtens sein soll. Es hat hier kein Geringerer als der VGH entschieden. Angesichts Ihres gebrochenen Verhältnisses zum Rechtsstaat, Herr Kollege Stiegler, ist es gut, daß Sie Rechtsanwalt in Köln und nicht in Bayern sind.
({2})
Was Ihre Bemerkung, Herr Kübler, angeht, daß es gut wäre, wenn der Bundesforschungsminister an dieser Debatte teilnähme, so glaube ich, daß dieser Hinweis hinfällig ist, nachdem Ihr Kollege Reuter festgestellt hat, daß diese Debatte heute unnütz sei.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist viel von der Sicherheit gesprochen worden. Diejenigen, die die Sicherheit gefährden, sind Sie von den GRÜNEN und der SPD.
({3})
Sie gefährden die wirtschaftliche Sicherheit unseres Landes, wenn Sie gegen die Wiederaufarbeitungsanlage und gegen Kernenergie sind. Die SPD Ostbayerns will den Ausstieg aus der Kernenergie. Wer das will, gefährdet die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes.
({4})
Die Wiederaufarbeitungsanlage ist die technische Voraussetzung für eine gesicherte Entsorgung, und Sie wollen über die WAA den Hebel ansetzen, um die Kernkraftwerke in den 90er Jahren stillzulegen. Die Kernenergie ist ein wichtiger Faktor in unserer Industriegesellschaft. Wer persönliche Freiheit will, wer Umweltschutz will, wer hohen Lebensstandard will, wer Wohlstand will,
({5})
der kann dies nicht gegen die Industriegesellschaft, sondern nur in einer Industriegesellschaft herbeiführen.
Die Wiederaufarbeitstechnologie ist beherrschbar. Wer heute von einer Plutoniumfabrik redet, der redet unverantwortlich.
({6})
Ich habe Verständnis, wenn Leute Angst haben. Ich habe Verständnis, wenn Leute anderer Meinung sind. Ich habe kein Verständnis, wenn hier bewußt Angst geschürt wird.
({7})
Bei uns in der Oberpfalz kann jeder demonstrieren - wann er will und für was er will. Aber ohne Gewalt. Und wenn er demonstriert, soll er sein Gesicht zeigen.
({8})
Die Sicherheit ist für uns die Grundvoraussetzung. Es gibt für diese Wiederaufarbeitungsanlage einen umfassenden Genehmigungsbescheid. Es ist geprüft worden, ob die Anlage genehmigungsfähig ist. Wenn die WAAs in Frankreich, in England, in Japan und in anderen Industriestaaten sicher betrieben werden können, wird sie auch in Wackersdorf sicher zu betreiben sein.
Die SPD will hier j a von ihrem schlechten Gewissen ablenken. Sie hat doch mitgeholfen, daß die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf gebaut werden kann, indem die SPD-Regierungen von Bremen und Hamburg mitgestimmt haben, daß für den Standort Wackersdorf die Investitionszulage geDr. Jobst
zahlt wird. Sonst hätte doch die Standortfrage erneut aufgeworfen werden können.
({9})
Wenn gebaut werden soll, dann muß auch gerodet werden.
({10})
Wir in Bayern hängen an unserer Heimat. Wir lassen uns dabei von niemand übertreffen. Wir haben genügend Wald. Von den Bäumen, von denen Sie reden, hängt das Gedeihen unserer Umwelt in der Oberpfalz nicht ab.
Wenn Sie von den GRÜNEN eine Politik „Zurück auf die Bäume" betreiben wollen: Wir haben in Bayern noch genügend Bäume, weil es bei uns keine Affen gibt, die dort die Plätze einnehmen.
({11})
Die Wiederaufarbeitungsanlage ist eine Chance für die Oberpfalz mit ihren Investitionen, mit ihren Arbeitsplätzen. Daran, daß wir in diesem Gebiet noch eine Monostruktur haben, ist die SPD zu einem erheblichen Teil schuld. Sie hat verhindert, daß dort in den 60er Jahren Arbeitsplätze durch die Ansiedlung neuer Betriebe geschaffen werden konnten.
({12})
Bei der hohen Arbeitslosigkeit in der Oberpfalz ist es unverantwortlich, daß wir uns den Luxus leisten, Arbeitsplätze zu exportieren, wie es bei der Wiederaufarbeitungsanlage geschieht, und dafür noch Milliarden auszugeben. Ihre Alternative ist doch, den jungen Menschen dieser Region zu sagen: Schaut euch nach Arbeitsplätzen anderswo um. Das ist nicht unsere Haltung.
Ich könnte es mir als Wahlkreisabgeordneter leichter machen
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist leider beendet.
- und auch dagegen sein in der Hoffnung, daß sie doch kommt. Das ist nicht meine Devise. Für einen verantwortungsvollen Politiker gilt nicht der Satz - wie er von der SPD zu hören ist -: Was kommt dann? Für uns gilt: Worauf kommt es an?
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Eimer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Beschluß zur Errichtung der Wiederaufbereitungsanlage ist rechtmäßig zustande gekommen. Der Aufruf der GRÜNEN zum Widerstand ist ein Anschlag auf einen rechtlich einwandfrei zustande gekommenen Beschluß.
({0})
Das ist ein Anschlag auf die Spielregeln der Demokratie.
({1})
DIE GRÜNEN stilisieren alles, was ihnen nicht paßt, zu einer Überlebensfrage hoch, machen sich selbst zum Richter über Recht und Unrecht. Das ist totalitäre Gesinnung in Reinkultur.
({2})
Demokratie kann man nicht abschalten, wenn es um Überlebensfragen geht.
({3})
Für GRÜNE gilt nicht mehr die Mehrheitsentscheidung, sondern ihre eigene Meinung soll Maßstab aller Entscheidungen werden. Welche Arroganz steckt dahinter.
({4})
Die Folgen des Aufrufs zu dieser Demonstration und der bei der Demonstration eventuell entstehenden Gewalt haben moralisch DIE GRÜNEN zu tragen.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Vahlberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit mit Großprojekten gemacht haben, sollte man meinen, daß wir heute schlauer sind als früher.
({0})
- Wir und Sie auch, Herr Boroffka. Da kann man niemanden ausnehmen. Ob es sich um den Schnellen Brüter handelt oder den Rhein-Main-Donau-Kanal, ob das Multi Role Combat Aircraft angesprochen ist oder das Klinikum in Aachen, ich schließe uns j a nicht aus.
Weder die finanzielle Entwicklung noch die Realisationszeiten solcher Projekte konnten beherrscht werden, hatten zum Schluß noch etwas mit den ursprünglichen Planungen zu tun. Man sollte meinen, daß wir Politiker in der Lage sind, aus der Abwicklung solcher Projekte zu lernen - weit gefehlt; Naivität, Illusion.
({1})
Bei einem Projekt wie Wackersdorf, das in technischer Hinsicht weit komplexer ist als alles, was wir jemals gebaut haben, und dessen finanzielle Risiken überhaupt nicht abzuschätzen sind, wird der Durchmarsch angeordnet. Um planungsrechtliche Schwierigkeiten zu beseitigen, zieht die CSU-Staatsregierung in Bayern ein Entmachtungsgesetz für widerborstige Landräte über den Parlamentstisch. Landräte mit Zivilcourage sind nicht erwünscht, müssen kaltgestellt werden.
Mit interessengeleiteten Gefälligkeitsgutachten - es gibt bisher keine gesicherten Daten zu den geologischen, hydrologischen und meteorologischen Risiken - werden die sicherheitspolitischen Bedenken vom Tisch gefegt. Diejenigen, die Widerstand leisten, werden diffamiert, wie wir das heute auch hier von diesem Podium aus erlebt haben.
Die Investitionskosten für die Wiederaufbereitungsanlage sollen nach heutiger Schätzung 6 Milliarden DM betragen. Die Erfahrungen mit dem Schnellen Brüter zeigen, daß die ursprünglich veranschlagten Kosten von 310 Millionen DM auf inzwischen 8 Milliarden DM angewachsen sind.
({2})
Wenn man sich das einmal vergegenwärtigt und auf Wackersdorf umlegt und auch hier eine Verzwanzigfachung der jetzt anvisierten Kosten von 6 Milliarden DM unterstellt, kann man sich ausrechnen, welche finanziellen Risiken mit dieser Planung verbunden sind. Das Geld wäre in anderen Bereichen besser angelegt.
({3})
- Dann kichern Sie.
6 Milliarden DM soll diese Anlage kosten. Bei dieser Höhe betragen die Steuermindereinnahmen, die nach den Beschlüssen im Zusammenhang mit der regionalen Investitionszulage anfallen, 600 Millionen DM. Da haben wir leider mitgewirkt; das gebe ich zu. In der Bund-Länder-Kommission haben auch SPD-regierte Länder wie Bremen und Hamburg zugestimmt. Ich bedaure das ausdrücklich und fordere Partei und Fraktion auf, noch einmal mit diesen Ländern zu verhandeln, um diesen Beschluß vom Tisch zu bekommen.
Auf alle Fälle: Wackersdorf erhält mit diesem Betrag die größte einzelbetriebliche Steuersubvention in der Geschichte der Bundesrepublik.
({4})
Nun zu Ihnen, Herr Grünbeck und Herr Lenzer. Sie rechtfertigen dies mit arbeitsmarktpolitischen Gründen.
({5})
- Nicht allein, aber das ist immer ein wichtiger Rechtfertigungsgrund für solche Steuermillionen.
({6})
- Herr Boroffka, legen Sie doch einmal die 600 Millionen DM auf die 1 600 Arbeitsplätze, die dort geschaffen werden, um. 4 Millionen DM kostet ein Arbeitsplatz, und Sie subventionieren ihn mit 375 000 DM.
Es ist doch völlig klar, daß Sie mit diesem Geld ganz andere Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen finanzieren können. In diesen Minuten versammeln sich die Kolleginnen und Kollegen von der MaxHütte, um zu protestieren. Mit einem Bruchteil dieser Summe könnte man ihnen helfen.
({7})
Der Einstieg in die kommerzielle Wiederaufbereitungstechnologie ist weder aus Gründen der Energieversorgung noch aus Gründen der Entsorgung abgebrannter Kernbrennelemente sinnvoll. Gegenüber der direkten Endlagerung erhöhen sich die Sicherheitsrisiken.
({8})
Lassen Sie mich noch etwas zu den Sicherheitsrisiken sagen.
Herr Abgeordneter, dies wird leider nicht möglich sein, weil Ihre Redezeit abgelaufen ist. Einen schönen Satz noch.
Ich komme zum Schluß, Herr Präsident.
Der Herr Kollege Jobst hat hier davon gesprochen, daß es unverantwortlich sei, von einem Einstieg in die Plutoniumwirtschaft zu sprechen. Herr Jobst, die Ford-Studie des amerikanischen Präsidenten sagt: Gesundheitsgefahren und Risiken bei neuen Unfällen sprechen gegen Wiederaufarbeitung. Aber das gewichtigste Risiko der Wiederaufarbeitung und Recyclierung
Herr Abgeordneter, es tut mir leid - Vahlberg ({0}): - liegt in der erhöhten Möglichkeit der Verbreitung der nationalen Waffenfähigkeit und der Terrorismusgefahr, die mit dem Vorhandensein des Plutoniums im Brennstoffkreislauf verbunden ist. Wenn Sie dies Ihren Wählern verschweigen, Herr Jobst, dann belügen Sie sie.
({1})
Herr Abgeordneter, ich habe gesagt: Ihre Redezeit ist beendet. Es tut mir leid, wir müssen hier enge Regeln einhalten.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Müller ({1}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren. Der heutigen Presse ist zu entnehmen, daß der SPD-Landrat von Schwandorf prophezeit hat, die Wiederaufbereitungsanlage werde nie in Betrieb genommen,
({0})
wenn auch vorerst der Baubeginn nicht zu verhindern sein wird. Es zeichnet sich damit ein regelrechtes Widerstandsbündnis zwischen SPD und den GRÜNEN ab.
({1})
Müller ({2})
Hier wird der Versuch gemacht, die Wiederaufbereitung und die Entsorgung zu stoppen und damit die Kernenergie insgesamt zu blockieren.
({3})
Damit wird ein weiteres Stück des Konsenses aufgegeben, der einmal in der Energiepolitik vorhanden war.
({4})
Die Energiepolitik ist j a bekanntlich eine sehr sensible Politik.
({5})
Ich will deswegen einige wenige Bemerkungen zu den energiepolitischen Gesichtspunkten dieser Debatte machen und hier zunächst feststellen, daß wir von der CDU/CSU anderer Meinung sind als Sie, Herr Dr. Kübler, und Sie, Herr Vahlberg.
({6})
- Ich bin Abgeordneter eine Kohlelandes.
({7})
Ich nehme das, was Sie sagen, gerne auf, Herr Kollege. Ich bekenne mich auch eindeutig zur Kohlevorrangpolitik. Zum Bespiel sichert die saarländische Steinkohle, wenn man alles rechnet, mehr als 50 000 Arbeitsplätze.
Die Struktur unserer Energieversorgung ist aber von einer sauberen Arbeitsteilung geprägt: im Grundlastbereich die Kernenergie, im Mittellastbereich die Kohle. Hierüber gab es über weite Strekken einen Konsens.
({8})
Wer aus der Kernenergie aussteigen will - der Ausstieg wird in der SPD zunehmend mehrheitsfähig, Herr Reuter, wie viele denken denn noch so, wie Sie das soeben hier vorgetragen haben? -, gefährdet auch die Kohlevorrangpolitik.
({9})
Es ist hier schon oft dargestellt worden: Die Kostendifferenz zwischen Kohlestrom und Kernenergiestrom beträgt nach den Berechnungen von Fachleuten 4 Pfennig und mehr pro Kilowattstunde. Dieses Zahlenbeispiel macht klar, daß die umweltfreundliche Verstromung der Kohle schon aus Kostengründen nicht auf Kernenergie verzichten kann.
({10})
Was z. B. die Electricite de France auf Grund des bekanntlich hohen Anteils an Kernenergie an niedrigen Strompreisen anbieten kann
({11})
und was dies langfristig für unsere Wettbewerbsfähigkeit bedeutet, ist hinreichend bekannt.
({12})
Bei uns im Saarland wird dies zunehmend zu einem nicht zu unterschätzenden Faktor.
({13})
Wir sind deshalb dem Freistaat Bayern dankbar, daß er die Entscheidung für diese Anlage getroffen hat. Diese Entscheidung ist ein Vollzug des Beschlusses der Regierungschefs von Bund und Länder vom 28. September 1979. Kollege Grünbeck hat darauf hingewiesen. Damals war der Konsens noch vorhanden. Die Entscheidung Bayerns ist also integraler Bestandteil des Konsenses und stellt damit die Verläßlichkeit und die Stetigkeit der gesamten Energiepolitik sicher. Zu dieser Energiepolitik gehören nun einmal auch konsequenterweise Entsorgung und Wiederaufbereitung.
({14})
- Ja, doch! - Wie labil ist denn inzwischen Ihre SPD-Energiepolitik geworden?!
Die Bund-Länder-Wirtschaftsministerkonferenz im September dieses Jahres in Höxter hat z. B. den Abschluß des Hüttenvertrages begrüßt, eine der Säulen unserer Kohlepolitik, wie wir alle wissen. Sie bekennt sich in diesem Beschluß aber auch eindeutig zur Kernenergie und zur Entsorgung. Mit anderen Worten: Wo wirtschaftspolitischer Sachverstand gegeben ist, ist der Konsens in der Energiepolitik noch vorhanden.
({15})
Aber linke SPD-Politiker wie Engholm, Schröder, Lafontaine, kritisieren Rau wegen seines Verhaltens beim Steinkohlekraftwerk Ibbenbüren also dafür, daß er dieses hat ans Netz gehen lassen. Von der SPD-Spitze werden diese Leute jetzt zurückgepfiffen.
({16})
Rau selbst fordert in einer Ministerpräsidenten-Runde eine Überprüfung des Entsorgungskonzeptes.
({17})
Wie ich soeben ausführte, ist der Konsens aufgegeben. Es wäre schon mal wichtig zu wissen, wie die Haltung der SPD zur Energiepolitik nun tatsächlich ist.
({18})
Die friedliche Nutzung der Kernenergie war bisher Bestandteil der Gemeinsamkeit in der Energiepolitik. Wer jetzt - wie Rau - diese Gemeinsamkeit aufgibt, zerstört die Bereitschaft der Nicht-KohleLänder zur Zustimmung zur bisherigen Kohlepolitik. Dabei darf man nicht übersehen, das z. B. die Stromverbraucher in Bayern 15% des Kohlepfennigs aufbringen. Das sind immerhin 300 Millionen DM.
Müller ({19})
Wer also den energiepolitischen Konsens zwischen Bund und allen Ländern aufgibt, gefährdet die Zukunft des Steinkohlebergbaus und damit Hunderttausende von Arbeitsplätzen.
Vielen Dank.
({20})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Laufs.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die GRÜNEN suchen immer neue Anlässe, ihre tiefe irrationale Verdammung der modernen Industriegesellschaft
({0})
und ganz besonders der Nukleartechnik zu bekräftigen. Wir von der Koalition benutzen die Gelegenheiten wie die heutige gerne, um ganz ruhig und ganz bestimmt zu sagen: Wir bejahen die Kernenergie, weil sie umweltfreundlich, sicher und preisgünstig ist.
({1})
Wenn ein Kraftwerkspark, wie er heute mit Steinkohle oder Braunkohle im Grundlastbereich betrieben wird, den heute produzierten Kernenergiestrom ersetzen müßte, würde unsere Luft um viele hunderttausend Tonnen Stickoxide
({2})
und noch sehr viel mehr Tonnen Schwefeloxide zusätzlich belastet.
({3})
Wir wollen das nicht.
Wir bejahen die Wiederaufarbeitung, weil sie der Wiederverwendung wertvoller Reststoffe und der Entsorgung der Kernkraftwerke dient und weil sie den nuklearen Brennstoffkreislauf schließt. Wer auf die Verwertung und Rückführung von Uran und Plutonium verzichtet, verliert eine riesige Energiequelle, deren Energieinhalt schon nach etwa 40 Jahren den gesamten Kohlevorräten des Ruhrreviers entspricht.
Ich weiß, daß dieser Hinweis diejenigen völlig kalt läßt, die ins Zeitalter des Kerzenlichts und der Windmühlen zurück wollen. Wir werden ihnen nicht folgen.
({4})
Wir stellen vielmehr fest: Das Atomgesetz enthält das Gebot der Reststoffverwertung und damit vom Grundsatz her das Gebot der Wiederaufarbeitung
abgebrannter Brennelemente. Zur Wiederaufarbeitung gibt es keine belastbare Alternative. Die direkte Endlagerung, Herr Kollege Vahlberg, ist heute technisch nicht machbar.
Die Errichtung der Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf gehört unverzichtbar zur Verwirklichung unseres nationalen Entsorgungskonzepts.
({5})
Das Sicherheitskonzept der geplanten Anlage wird unseren hohen Ansprüchen gerecht. Die Reaktorsicherheitskommission hat nach sorgfältiger Prüfung festgestellt,
({6})
daß für die zugrunde zu legenden Störfälle die Strahlenbelastung in der Anlagenumgebung unterhalb der Störfallplanungswerte für Kernkraftwerke liegt.
({7})
Die geplanten Abgaben von Radioaktivität in Abluft und Abwasser werden die scharfen Grenzwerte unserer Strahlenschutzverordnung nicht überschreiten.
Kernenergie ist eine saubere und umweltschonende Energieart. Die Horrormeldungen
({8})
von den Waldschäden durch Radioaktivität sind wissenschaftlich streng und eindeutig widerlegt, auch wenn Sie das nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Die durch Radiolyse in der Umgebung kerntechnischer Anlagen erzeugten Mengen an Stickoxiden und Ozon sind vernachlässigbar klein. Wenige Kraftfahrzeuge stoßen mehr Schadstoffe aus, als durch die zugelassene Abgabe von radioaktiven Stoffen aus einer kerntechnischen Anlage erzeugt werden können.
Die GRÜNEN und Teile der SPD wollen den Ausstieg aus der Kernenergie. Dazu scheint ihnen jede falsche Behauptung gerechtfertigt. Ein Blick über die Grenze, Herr Kollege Kübler, zeigt, daß Frankreich durch die dort stattfindende großtechnische Nutzung von Plutonium, auch für militärische Zwecke - die wir nie haben wollen -, weder zum Polizei- noch zum Atomstaat wurde. Auch in Deutschland wird durch die friedliche Nutzung des Plutoniums keine undemokratische Plutoniumgesellschaft ausbrechen.
({9})
Solange diese Koalition die Regierung stellt - wir hoffen, daß dies noch lange so sein wird -, werden in unserem Lande rechtsstaatliche Verhältnisse herrschen. Rechtsbrecher werden keine Chance haben. Dies sage ich auch mit Blick auf den beginnenden Psychoterror und den angekündigten rechtswidrigen Widerstand. Die GRÜNEN begeben
sich in totale Konfrontation nicht nur zur modernen Technik, sondern auch zum Rechtsfrieden unserer freiheitlich demokratischen Ordnung. Wir werden uns durch sie nicht beirren lassen.
Ich bedanke mich.
({10})
Meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde ist zu Ende.
Das Wort nach § 30 der Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Mann erbeten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von seiten der Regierungsfraktionen ist gegen uns der Vorwurf erhoben worden, wir würden
Herr Kollege Mann, es geht um eine persönliche Erklärung, die sich auf Sie persönlich beziehen muß, nicht auf „uns".
Ich bin dabei, Herr Präsident.
- hier heute einen Anschlag auf die Spielregeln der parlamentarischen Demokratie gemacht haben, unsere Haltung sei Ausdruck totalitärer Gesinnung in Reinkultur.
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- Das ist, Herr Kollege Eimer - ich habe es wörtlich mitgeschrieben -, eine Unterstellung. Ich
weise diese unglaubliche und scheinheilige Beleidigung hiermit entschieden zurück.
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Wir versuchen hier, die Sorgen der Menschen in der Oberpfalz um das Überleben und das Leben in ihrer Region zum Ausdruck zu bringen.
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In München haben im Oktober 50 000 Menschen demonstriert, im Februar haben 40 000 Menschen in Schwandorf demonstriert.
Herr Abgeordneter, es geht um eine persönliche Erklärung.
Sie unterstellen uns totalitäre Gesinnung. Das ist unglaublich, und das weise ich zurück.
Vielen Dank.
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Meine Damen und Herren, wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 12. Dezember 1985, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.