Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 64. Sitzung des Deutschen Bundestags.
Vor Eintritt in die Tagesordnung bitte ich den Herrn Schriftführer, die Namen der abwesenden Mitglieder bekanntzugeben.
In der heutigen Sitzung fehlen folgende Damen und Herren des Hauses wegen Erkrankung: die Abgeordneten Glüsing, Rümmele, Lübke, Frau Dr. Gröwel, Frau Albertz,
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Frau Albrecht, Klabunde, Sander, Bettgenhäuser, Dr. Gülich, Dr. Baade, Mißmahl, Welke, Dirscherl, Frühwald, Dr. Hasemann, Dr. Kneipp, Kuhlemann, Wartner, Agatz, Paul ({1}), Wittmann, Müller ({2}).
Es fehlen entschuldigt die Abgeordneten Dr. Weber ({3}), Dr. Pferdmenges, Neuburger, Dr. Wuermeling, Dr. Dr. Lehr, Schmitt ({4}), Freidhof, Dr. Nölting, Brandt, Kalbfell, Frau Döhring, Reitzner, Dr. Menzel, Wagner, von Knoeringen, Bazille, Dr. Veit, Neumann, Dr. Mühlenfeld, Frau Kalinke, Dr. Richter ({5}), Dr. Mießner, Reimann, Vesper, Nuding, Fisch, Frau Thiele, Gundelach, Loritz, Wallner, Dr. Henle, Dr. Suhr und Hermann.
Dazu kommen die Mitglieder, die sich zur Zeit in den Vereinigten Staaten auf Studienreise befinden.
Ich danke dem Herrn Schriftführer.
Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 28. April 1950 die Anfrage Nr. 30 der Abgeordneten Spies, Strauß, Bauereisen und Genossen betreffend Verwendung von Beamten und Angestellten aus den Ländern bei den Bundesbehörden, Drucksache Nr. 389, beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 938 vervielfältigt werden.
Gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung ergänzt durch die erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Abgaben auf dem Gebiete der Ernährungswirtschaft, Drucksache Nr. 922, die als neuer Punkt 2 der heutigen Tagesordnung vorgesehen ist.
Des weiteren ist für heute entsprechend dem in der gestrigen Sitzung gefaßten Beschluß noch die Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über die Finanzverwaltung - Drucksache Nr. 888 und Abänderungsanträge - angesetzt. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir können trotz der Befürchtungen, die ich noch vor wenigen Minuten hatte, mit dieser Abstimmung beginnen. Das Haus ist offensichtlich abstimmungsfähig.
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- Oder meinen Sie, es sei es nicht? - Die Herren Schriftführer bezweifeln die Beschlußfähigkeit des Hauses. Ich schlage Ihnen daher vor, daß wir mit dem Punkt 1 der heutigen Tagesordnung beginnen und die Abstimmung als zweites Stück der Traktandenliste behandeln. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich stelle Einverständnis fest.
Ich rufe auf Punkt 1 a, b, c:
1 a. Beratung der Interpellation der Abgeordneten Scharnberg und Fraktion der CDU/CSU betreffend Schmuggel und Schwarzhandel in Genußmitteln ({1});
b. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Besold, Dr. Etzel ({2}), Dr. Decker, Dr. Seelos und Fraktion der Bayernpartei betreffend Senkung der Kaffeesteuer ({3});
c. Beratung des Antrags der Abgeordneten Peters, Ohlig, Temmen, Cramer und Fraktion der SPD betreffend Senkung der Kaffee- und Teesteuer ({4}).
Die Redezeiten sind im Ältestenrat wie folgt vereinbart worden: für die Einbringung der Beratungsgegenstände zu Punkt 1 a 15 Minuten, zu Punkt 1 b 10 Minuten, zu Punkt 1 c 10 Minuten; Gesamtredezeit der Fraktionen zu allen drei Unterziffern der Ziffer 1 90 Minuten, zu verteilen nach dem üblichen Schlüssel.
Wer begründet die Interpellation? - Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Scharnberg das Wort.
Scharnberg ({5}), Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Interpellation, die meine Freunde mit mir eingebracht haben, bezieht sich auf den Schmuggel von Zigaretten, Kaffee und Schokolade; hinzu käme noch als letzter Punkt Tee. Der Schmuggel hat einen ungeheuren Umfang angenommen und beeinträchtigt die fiskalischen Interessen aufs empfindlichste.
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Ich bitte um Ruhe. Der Redner ist kaum zu verstehen.
Scharnberg ({0}), Interpellant: Aber darüber hinaus werden auch die beteiligten Industrien und der 'Handel geschädigt; und schließlich erleidet die Volkswirtschaft dadurch einen beträchtlichen Schaden, daß ein großer Teil der schwarzen und geschmuggelten Importe durch illegale Ausfuhr bezahlt werden muß.
Bei der Zigarette wird der Anteil des Schmuggels am Gesamtkonsum auf 23 °I0 geschätzt,
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bei Kaffee auf 50 %, bei Tee sogar auf 60 %. Überall sind die Prozentsätze stetig im Steigen begriffen. 5 bis 6 Milliarden Zigaretten pro Jahr, 30 bis 40 Millionen Kilogramm Kaffee und 2 Millionen Kilogramm Tee werden über den Schwarzhandel aus geschmuggelten Einfuhren dem Konsum zugeführt. Das bedeutet, daß der Konsum aus diesem Sektor insgesamt aufnimmt: etwa 400 bis 500 Millionen DM an Zigaretten, etwa 300 bis 400 Millionen DM an Kaffee und schätzungsweise noch 40 bis 50 Millionen DM für Tee. Das macht zusammen 800 bis 900 Millionen DM, und wenn Sie, meine Damen und Herren, dem noch die schwarze Einfuhr an Schokolade und Benzin hinzurechnen, so kommen Sie auf einen Betrag von über 1 Milliarde DM.
Außer den schon erwähnten schädlichen Wirkungen treten noch folgende auf. Zunächst bleiben alle Einkommen aus diesen Umsätzen unversteuert. Der Staat büßt also beträchtliche Mengen an Einkommensteuer ein. Weiterhin entstehen in den Händen der Schieber mühelos bedeutende Vermögen und Kaufkraft, was mit Recht den Widerwillen der ehrlich arbeitenden und steuerzahlenden Menschen erregt. Wiederholen möchte ich noch, daß ein beträchtlicher Teil - ich schätze: mindestens ein Drittel, wenn nicht gar die Hälfte des Umsatzes - ans Ausland zu zahlen ist, d. h durch einen illegalen Export.
Welches sind nun die Wege für diese illegalen Einfuhren? Die Ursprungsländer dürften die
Schweiz, Österreich, Belgien, Luxemburg, Saargebiet, Dänemark, Holland und ganz besonders auch neuerdings der Ostsektor Berlin sein. Als
Verfahren kommen die verschiedensten Methoden in Frage: Transitversendungen, die hier hängen bleiben, das Liebesgabengeschäft, der GrüneGrenzen-Schmuggel, Direktverkäufe durch An({2})
gehörige der Besatzungsbehörden, Postversand von Berlin unter dem Schutz des Postgeheimnisses, Mißbrauch der IRO usw. Kürzlich ist sogar ein Fall der mißbräuchlichen Benutzung von Frachtbriefen der amerikanischen Armee und von Fahrbefehlen der Amerikaner für Kraftfahrzeuge für angebliches Umzugsgut an Besatzungsangehörige in Österreich festgestellt worden, die für Einfuhren illegaler Kaffeepartien nach Bayern verwandt wurden.
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Unsere Behörden führen einen verzweifelten Kampf gegen diese Landplage des Schmuggels; sie sind jedoch in einer hoffnungslosen Lage, weil einmal der Zollfahndungsdienst viel zu klein ist, zum andern aber weil seine Tätigkeit vor den Türen der Besatzungsangehörigen und vor allem der DP-Lager haltmachen muß.
Diese wenigen Ausführungen und die Zahlen, die ich Ihnen vermittelt habe, zeigen die Bedeutung dieses Problems. Beim Schmuggel mit Zigaretten, Kaffee und Tee wird das Aufkommen an Zoll- und Verbrauchsabgaben getroffen. Ich nannte bereits- in der Interpellation hierfür eine
Summe von 500 Millionen DM, Summe von 500 Millionen DM,
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die dem Staat entgehen; wahrscheinlich werden es in der Zwischenzeit schon mehr geworden sein.
Bei Schokolade ist die Lage folgendermaßen. Das Angebot billiger Auslandsschokolade ist nur deshalb möglich, weil für Rohkakao-Einfuhr eine Ausgleichsabgabe zu zahlen ist. Das führt dazu, daß unsere Industrie unter ungleichen Startbedingungen mit der ausländischen Industrie konkurriert. Hier kann und muß Abhilfe dadurch ge- schaffen werden, daß die Ausgleichsabgabe so niedrig gehalten wird, daß die Industrie zu gleichen Startbedingungen mit der ausländischen Industrie arbeitet.
Bei Zigaretten ist folgendes zu bedenken. Die Tabaksteuer soll insgesamt einen Betrag von 2 Milliarden DM erbringen. Davon sind für die Zigarette 1,4 Milliarden DM veranschlagt. Die Tabaksteuer beträgt, auf den Kleinhandelspreis berechnet, bei der Zigarette 65,9%, bei der Zigarre jetzt - nach der Steuerermäßigung - 34 % und beim Rauchtabak 53,3 %.
Der Staat ist seit jeher am Tabakgeschäft - das zeigen diese Steuersätze - primär interessiert. Infolgedessen werden seine eigensten Interessen aufs empfindlichste bedroht, wenn durch eine falsche Steuerpolitik einerseits, wie es jetzt der Fall ist, der Schmuggel angeregt und zum andern der Konsum falsch gelenkt wird. Ich sagte Ihnen, daß die Zigarette nach dem Voranschlag einen Betrag von 1,4 Milliarden DM erbringen soll, was auch im Steuerjahr 1949/50 erreicht ist. Sie hat erfreulicherweise sogar 100 Millionen DM mehr erbracht. Augenblicklich ist die Lage aber so, daß ein Betrag von 1,4 Milliarden DM im kommenden Steuerjahr nicht mehr zu erwarten ist. Der kritische Punkt des Absatzes von Zigaretten, bei denen noch dieser Betrag von 1,4 Milliarden DM erbracht wird, stellt sich auf den Verbrauch von 13/4 Milliarden Stück Zigaretten pro Monat. Im Monat Januar ist dieser Betrag mit 1 Miilliarde 670 Millionen erstmalig unterschritten. Im Februar ist der Konsum sogar auf 1 Milliarde 540 Millionen weiter gefallen. Im März ist zwar eine gewisse Besserung eingetreten, die aber auf besondere Umstände zurückzuführen ist.
Wir haben also mit Sicherheit damit zu rechnen, 1 daß die Zigarette im kommenden Steuerjahr nicht mehr den Betrag aufbringen wird, den sie aufbringen soll. Der Anreiz für den Schmuggel besteht in der zu hohen Steuer. 65,9% des Kleinverkaufspreises ist das, was der Schieber spart.
Beim Kaffee und beim Tee liegen die Dinge nicht anders. Kaffee hat augenblicklich an Zoll-, Verbrauchs- und Umsatzausgleichssteuer 12 DM pro Kilogramm aufzubringen. Der legale Kaffee stellt sich daraufhin auf 14 bis 18 DM pro Pfund. Der Schwarzmarkt bietet, weil er die Steuern spart, ihn aber schon zu 5,50 bis 8 DM für das englische Pfund an.
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Tee hat 19,05 DM an Steuern pro Kilogramm aufzubringen, und zu diesem Preis bieten die Schwarzhändler ihre Ware an.
Die Folgen dieser Situation sind für den Fiskus und für die beteiligten Wirtschaftskreise gleich bedrohlich, ja geradezu katastrophal. Ich frage das Finanzministerium: was kann hier geschehen? Es ist eine Tatsache, daß eine Schmuggelbekämpfung nur erfolgreich mit Hilfe der Hohen Kommission sein könnte. Ich weiß, daß Bestrebungen im Gange sind, dies zu erreichen. Ich frage aber: wenn dieser Weg aussichtsreich ist, warum haben ihn die Alliierten nicht schon lange beschritten? Denn sie wußten doch selbst, wie stark ihre eigenen Interessen dadurch berührt wurden, daß Deutschland durch diese Zustände zu einer illegalen Ausfuhr von mehreren hundert Millionen verführt wurde.
Warum haben sie bisher nichts getan? Weil ich keine Antwort auf diese Frage finde, deswegen sehe ich -keinen anderen Weg als den der Herabsetzung der Steuern für Zigaretten, Kaffee und Tee auf ein Maß, das dieses Geschäft für den Schwarzhandel unrentabel macht. Ich kann mir trotz dessen, was wir kürzlich erlebten, nicht vorstellen, daß die Hohe Kommission gegen eine derartige Herabsetzung und Neuregelung der Zoll- und Verbrauchssteuersätze Einspruch erheben würde. Denn sie muß doch einsehen, daß das Gesamtaufkommen nicht sinken wird. Sicher ist vielmehr, daß durch eine derartige Herabsetzung der Konsum steigen wird.
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Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß ich sonst gewohnt bin, in freier Rede zu sprechen. Ich bitte, mir heute die Ermächtigung zu geben, daß ich das, was ich Ihnen zu sagen habe, an Hand des Manuskripts sage.
Die Bundesregierung begrüßt es, daß die Anfrage des Herrn Abgeordneten Scharnberg und der Fraktion der CDU/CSU betreffend Schmuggel und Schwarzhandel in Genußmitteln ihr Gelegenheit gibt, vor dem Hohen Hause zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Die Interpellation kennzeichnet die Lage im wesentlichen zutreffend. Hinsichtlich des Umfangs des Schmuggels sind wir naturgemäß auf Schätzungen angewiesen. Die beiden hauptsächlichsten Schmuggelgüter, aber beileibe nicht die einzigen, sind Kaffee und Zigaretten. Die Fachverbände der Kaffeeimporteure, -großhändler und -röster schätzen die gesetzwidrige Kaffeeinfuhr im Jahre 1949 auf Grund ihrer Marktbeobachtung
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auf 30 000 Tonnen. Die versteuerte Einfuhr im gleichen Zeitraum hat 27 400 Tonnen betragen. Der Kaffeehandel hat eine Karte angefertigt, aus der sich der Anteil des Schmuggelkaffees am Gesamtumsatz des Kaffees ergibt. In Bayern, insbesondere an der Südostgrenze und in München, wo ja die Möhlstraße weltbekannt geworden oder, besser gesagt, weltberüchtigt geworden ist, ist der Anteil des Schmuggelkaffees etwa 90 %,
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ebenso in der Gegend von Aachen und in der Stadt Berlin. In den Ländern Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordhessen, Nordrhein-Westfalen, Württemberg-Baden und Südbaden bewegt sich der Anteil des geschmuggelten Kaffees zwischen 50 bis 70 %. Niedriger ist der Anteil in den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein, die nicht so sehr die Eingangspforten für Schmuggel darstellen wie die vorgenannten Länder.
Die Zigarettenindustrie klagt auf Grund ihrer Marktbeobachtung, daß der Verbrauch an geschmuggelten Zigaretten im Jahre 1949 monatlich zwischen 300 und 400 Millionen Stück, im Jahre also etwa 4 Milliarden Stück betragen habe. Das sind 20 % der gesamten deutschen Erzeugung von rund 21 Milliarden Stück inländischer Zigaretten im Bundesgebiet.
Wenn diese Zahlen auch von den beteiligten Fachverbänden stammen, die mir als dem Finanzminister des Bundes diese Zahlen vorgelegt haben, um ihre Anträge auf Herabsetzung der Kaffeesteuer und der Zigarettensteuer zu begründen, so dürfen doch diese Zahlen als zuverlässig angenommen werden. Der Einfuhrwert dieser -beiden Hauptschmuggelartikel Kaffee und Zigaretten ist auf rund 240 Millionen DM zu schätzen. Insgesamt aber dürfte der Wert der im Rechnungsjahr 1949 eingeschmuggelten Waren etwa bei 500 Millionen DM liegen. Neben Kaffee und Zigaretten ist besonders stark die gesetzwidrige Einfuhr von Artikeln wie Rauschgift, Schokolade, Kakao, Tee, Spirituosen, Wein, Nylonstrümpfe, Parfüms und Zigarettenpapier. Wenn der Wert dieser Schmuggelwaren bei der einzelnen Art auch weit unter dem des geschmuggelten Kaffees und der geschmuggelten Zigaretten liegt, so ist der Gesamtwert dieser gesetzwidrig eingeführten Waren doch auf jährlich rund 260 Millionen DM zu schätzen. Seit Beginn des neuen Jahres hat der Schmuggel sich wenigstens auf der gleichen Höhe wie im Vorjahr gehalten. Bei Zigaretten, Kaffee und Schokolade hat er nach Ansicht der betroffenen Gewerbezweige sogar noch zugenommen.
Wenn wir die Schäden des Schmuggels beziffern wollen, so müssen wir uns darüber klar sein, daß der gesetzwidrigen Wareneinfuhr eine mindestens ebensogroße gesetzwidrige Ausfuhr an deutschen Waren, an deutscher Währung und an gesetzwidrig erworbenen oder verheimlichten Devisen gegenübersteht. Dies ergibt sich zwangsläufig daraus, daß gesetzwidrig eingeführte Waren, die ja das Ausland nicht schenkt, auch nur gesetzwidrig bezahlt werden können. Die gesetzwidrige Ausfuhr von deutschen Waren, deutscher Währung und gesetzwidrig erworbenen Devisen ist sogar bestimmt größer als die gesetzwidrige Einfuhr der Schmuggelwaren, da neben dem Einfuhrwert der Schmuggelwaren wenigstens ein Teil des von Ausländern beim Verkauf dieser Waren im Inland erzielten Verdienstes gesetzwidrig in das Ausland ausgeführt wird. Der gesamte unkontrollierte
Waren- und Zahlungsverkehr im Jahre 1949 muß daher, wenn wir eine gesetzwidrige Wareneinfuhr von 500 Millionen DM zugrunde legen, weit über 1 Milliarde DM betragen haben. Diese gesetzwidrige Waren- und Devisenausfuhr schädigt unsere Volkswirtschaft auf das schwerste.
Am leichtesten zu erkennen und zu berechnen ist der Ausfall an öffentlichen Abgaben. Es handelt sich dabei nicht nur um den Ausfall der Zölle und Verbrauchssteuern, die unmittelbar mit der gesetzlichen Einfuhr von Waren fällig werden; es handelt sich auch um den Ausfall an Umsatz-, Einkommen-, Gewerbe- und sonstigen Steuern, da die geschmuggelten Waren der Natur der Sache nach, wenn sie gesetzwidrig, d. h. ohne Beteiligung und Kenntnis der staatlichen Behörden eingeführt werden, auch in allen Phasen bis zum letzten Verbraucher schwarz, d. h. gesetzwidrig gehandelt werden.
Wir sind bei der ziffernmäßigen Ermittlung des vermutlichen Steuerausfalls zwar auch auf Schätzungen angewiesen, diese Schätzungen werden aber der Wahrheit nahekommen. Legt man bei Kaffee Schmuggelwaren in einer Menge von 30 000 t, bei Zigaretten in einer Menge von 4 Milliarden Stück zugrunde, so ist der Ausfall an Zöllen sowie Kaffeesteuer und Tabaksteuer allein mit etwa 600 Millionen DM zu veranschlagen.
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Bei den übrigen Waren, die keiner so hohen Abgabebelastung unterliegen - bis auf Tee - wie Kaffee und Zigaretten, ist an hinterzogenen Steuern wenigstens ein Betrag von weiteren 200 Millionen DM anzunehmen. Man muß den Ausfall an öffentlichen Abgaben also jährlich auf insgesamt etwa 800 Millionen DM schätzen.
Die volkswirtschaftlichen Schäden, die mittelbar eintreten, sind in ihrer Wirkung ebenso schlimm und ebenso weitgehend. Sie liegen in folgendem. Die gesetzwidrige Ein- und Ausfuhr in ihrem jetzigen großen Umfang gefährdet alle staatlichen Maßnahmen, die unsere Ein- und Ausfuhr volkswirtschaftlich günstig beeinflussen sollen. Wir müssen mit dem Ertrag unserer Ausfuhr in erster Linie das hereinholen, was die deutsche Volkswirtschaft am dringendsten braucht, nämlich Rohstoffe und Lebensmittel. Wir müssen vermeiden, daß der Ertrag unseres Exports für Einfuhr von nicht lebenswichtigen Genußmitteln und Luxusgegenständen aller Art verbraucht wird.
Der Schmuggel, der illegale Import, bevorzugt naturgemäß gerade Genußmittel und Luxusartikel, an denen am meisten zu verdienen ist, die, wie zum Beispiel Rauschgifte, wegen ihrer volksschädlichen Auswirkung in der Einfuhr streng verboten sind, oder Fertigerzeugnisse, die sich leicht und mit großem Gewinn an den Mann bringen lassen. Mag sein, daß gerade der Schmuggel dazu geführt hat, daß im Ausland ein falscher Eindruck von einem tatsächlich nicht vorhandenen Wohlstand und Wohlleben in Deutschland erweckt worden ist.
Der Schmuggel hat, wie schon betont, auch eine gesetzwidrige Ausfuhr zur Folge, die zur Bezahlung der gesetzwidrigen Einfuhr des Schmuggels dient. Dadurch wird der Erlös der gesetzlichen, der legalen Ausfuhr notwendigerweise geschmälert. Der legale Exporterlös reicht daher, da die Einfuhr von notwendigen Lebensmitteln den Vorrang hat und nicht gekürzt werden kann, nicht aus, um in dem erwünschten Maß die Rohstoffe einzuführen, die wir dringend brauchen und die
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im Bundesgebiet die Menschen in Lohn und Brot halten oder in Lohn und Brot bringen sollen.
Der Schmuggel führt regelmäßig wesentlich teurer ein als der ehrliche Kaufmann, da er in kleineren Partien einkauft und mit höheren Spesen aller Art arbeiten muß. Dadurch vermehrt sich volkswirtschaftlich das Übel. Der Schmuggel trägt wesentlich dazu bei, Produktions- und Absatzschwierigkeiten ganzer Gewerbe herbeizuführen, deren Erzeugnisse oder Handelsgüter er in solchen Mengen und zu so niedrigen Preisen auf den Markt bringt, daß sie diesem unlauteren Wettbewerb nicht gewachsen sind. Der gesetzliche Kaffeehandel ist durch den Schmuggel bereits ernstlich bedroht. Die deutsche Zigarettenindustrie erhebt berechtigte Klagen über den Rückgang ihres Absatzes an gesetzlich versteuerten Waren. In allen diesen Gewerben treten nicht nur Absatzschwierigkeiten ein, sondern auch Steuerrückgänge, Betriebseinschränkungen und damit vermehrte Arbeitslosigkeit.
Ich brauche nicht zu erwähnen, daß der unkontrollierte Abfluß von Deutscher Mark in das Ausland und der Schwarzhandel mit Devisen. der mit dem Schmuggel verbunden ist, auch währungspolitisch Gefahren und Schäden nach sich ziehen.
Zu diesen volkswirtschaftlichen Schäden treten noch die moralische und sittliche Verwilderung und Verwahrlosung und die Mißachtung der Gesetze, die der Schmuggel nach sich zieht. Der Schmuggel hat teilweise einen Umfang und Formen angenommen, daß das Gesetz und Recht öffentlich mißachtet werden. Der Verächter von Gesetz und Recht des Staates wird in der Bevölkerung nicht einmal mehr abgelehnt, sondern eher unterstützt. Er hat eine Untergrabung der Autorität des Staates, eine weitgehende Korruption, Betrug und Fälschung in jeder denkbaren Art und Form, Arbeitsscheu und anderes zur Folge. Viele Schmuggler und Schwarzhändler, deren ganzes Trachten und Tun darauf gerichtet ist, den Staat um seine Einkünfte zu bringen und selbst ohne Arbeit Geld zu verdienen, beanspruchen doch daneben von demselben Staat noch Unterstützungen aller Art,
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betrügen ihn also auf zweifache Weise.
Die Interpellation stellt daher mit Recht die Frage, welche Maßnahmen die Bundesregierung zu ergreifen gedenkt, um die aufgezeigten Mißstände zu beseitigen und die Notlage der betroffenen Wirtschaftszweige zu beheben.
Lassen Sie mich vorher noch ein Wort darüber sprechen, was die Ursachen des Schmuggels nach Überzeugung der Bundesregierung sind, weil nur dann, wenn man die Ursachen einer Krankheit erkennt, die Krankheit auch richtig behandelt und geheilt werden kann. Die deutsche Öffentlichkeit hat sich - und ich sage: erfreulicherweise - in den letzten Monaten mit dem Thema „Schmuggel" sehr zahlreich beschäftigt. Die deutsche Presse scheint überwiegend der Meinung zu sein, daß die Ursache des Schmuggels nur in den hohen Zöllen und Steuern auf Kaffee und Zigaretten zu suchen
sei und daß es genüge, diese hohe Abgabenbelastung
zu senken, um den Schmugglern die Gewinnmöglichkeiten zu nehmen und damit den Schmuggel überhaupt zu beseitigen.
Ich habe Ihnen vorher schon die Zahlen gegeben, welches der Wert der geschmuggelten Güter ist, und habe dabei betont, daß der Wert von geschmuggeltem Kaffee und Zigaretten mit etwa 240 Millionen DM, der Wert der übrigen Schmuggelgüter mit etwa 260 Millionen DM einzusetzen ist. Es handelt sich nicht immer um Güter, die einer hohen Abgabenbelastung unterliegen. Es muß also auch Güter geben, bei denen andere Gründe als die Abgabenbelastung den Schmuggel fördern. Das wird insbesondere auch bei der sehr erheblichen Einfuhr von Schmuggelwaren aus der Ostzone gelten.
Diese feststellbare Schmuggeleinfuhr aus der Ostzone weist sofort auf eine zweite Ursache für das Vorhandensein des Schmuggels hin, nämlich auf die Verschiedenartigkeit der Preise diesseits und jenseits der Grenze. Die Ostmark steht im Verhältnis zur Westmark etwa 1 zu 7 oder 1 zu 8. Dieser Währungsunterschied, der sich auch in den Preisen der hergestellten Waren auswirkt, bringt den Drang zum Ausgleich, also zum Schmuggel. Die deutschen Gebiete, die an Sachsen und Thüringen grenzen - ich denke zum Beispiel an das bayerische Oberfranken -, erheben besonders laute und nach meiner Überzeugung berechtigte Klagen über die Schmuggeleinfuhr von Waren aus der Ostzone, die im deutschen Bundesgebiet zu Schleuderpreisen vertrieben werden.
Ein weiterer Anreiz für den Schmuggel ist dann gegeben, wenn es sich um Mangelwaren handelt. Dieser Gesichtspunkt spielt vielleicht heute nicht mehr die entscheidende Rolle, wie dies bis zum Jahre 1949 der Fall gewesen ist. Es gehört aber hierher die starke Nachfrage nach Rohstoffen, Maschinen und anderem aus der Ostzone. Da sie auf legalem Wege nicht befriedigt werden kann, bemächtigt sich ihrer der Schmuggel. Ostzonale Waren, aber insbesondere auch Kaffee und andere Schmuggelwaren, die nicht in der Ostzone erzeugt werden, sondern die von den Schmugglern durch die Ostzone geleitet werden, werden in das deutsche Bundesgebiet eingeführt. Es sprechen alle Anzeichen dafür, daß der Gegenwert häufig in Form einer gesetzlosen Ausfuhr an Maschinen etc. aus dem Bundesgebiet entrichtet werden muß.
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- Es gibt Herren, auf deren Zwischenrufe ich nicht antworte.
Ich darf endlich in diesem Zusammenhang nicht verhehlen, daß vielfach auch der Eindruck besteht, daß dieser Schmuggel, insbesondere über die Ostgrenze, auch gewisse politische Hintergründe hat
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und der Erlös aus dem Schmuggel zu politischen Zwecken im deutschen Bundesgebiet Verwendung findet.
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Den Ursachen des Schmuggels müssen die Maßnahmen entsprechen, die zur Bekämpfung des Schmuggels dienen sollen. Ich weiß, meine Damen und Herren, daß als erstes die Erklärung erwartet wird, die Bundesregierung sei bereit, bei den Waren, die infolge ihrer hohen Belastung mit Abgaben in besonderem Maße Gegenstand des Schmuggels sind, den Anreiz zum Schmuggel durch eine entsprechende Senkung der Abgaben zu beseitigen. Leider ist die Bundesregierung nicht in der Lage, heute schon eine solche Erklärung abzugeben. Ich habe von dieser Stelle aus dem Hohen Haus schon öfter mitgeteilt, wie die Ziffern des Haushaltsplans des Bundes im großen und ganzen
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sind. Der Bund hat bestenfalls mit 9,2 Milliarden DM Einnahmen an Zöllen, Umsatzsteuer und Verbrauchsteuern aller Art zu rechnen. Davon entfallen auf Kaffee- und Teesteuer rund 320 Millionen DM, auf die Tabaksteuer allein 2 100 Millionen DM. Eine Senkung der Sätze bei diesen Steuern könnte nur gewagt werden, wenn eine sichere Aussicht bestünde, daß damit kein Ausfall an Einnahmen in Kauf genommen werden muß. Diese Frage läßt sich heute noch nicht mit der Bestimmtheit beantworten, wie dies von den beteiligten Kreisen behauptet wird. Es darf auch nicht vergessen werden, daß eine solche Steuersenkung nur dann gewagt werden darf, wenn keine anderen Mittel und Wege gegeben sind, um den Schmuggel zu bekämpfen. Eine Senkung der Sätze müßte ja so weit gehen, daß der Schmuggel überhaupt nicht mehr lohnend ist und die Preise der in Betracht kommenden Waren und Erzeugnisse so weit herabgedrückt werden können, daß Zölle und Steuern geringer sind als die unvermeidlichen Spesen des Schmuggels. Das würde eine Senkung der Tarife von einem solchen Ausmaß bedeuten, daß ohne dringende Notwendigkeit dieses Wagnis heute noch nicht unternommen werden kann, mindestens so lange nicht, als nicht der Nachweis erbracht ist, daß alle anderen Möglichkeiten, den Schmuggel zu bekämpfen, ausgeschöpft und ohne Erfolg versucht worden sind. Die Bundesregierung ist daher gezwungen, alle Maßhahmen zu ergreifen, um einen möglichst erfolgreichen Kampf gegen den Schmuggel aufzunehmen.
Der Bundesregierung wird die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen dadurch erleichtert werden, daß die bisherigen elf getrennten Zollverwaltungen demnächst in eine einheitliche Bundeszollverwaltung übergeführt werden.
Um Ihnen die Größe und Schwierigkeit der Aufgabe der Schmuggelbekämpfung verständlicher zu machen, muß ich etwas näher auf die Quellen, Wege und Methoden des Schmuggels eingehen. Der Laie hat in der Regel die Vorstellung, daß der Schmuggel ausschließlich oder doch in der Hauptsache über die sogenannte Grüne Grenze, d. h. also zwischen den zugelassenen Grenzübergängen stattfindet. Das ist jedoch nicht der Fall. Über die Grüne Grenze dringt, im großen betrachtet, im Gesamtbundesgebiet nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Schmuggelwaren. Eine personelle Verstärkung des Zollgrenzdienstes ist daher zunächst nur in der französisch und amerikanisch besetzten Zone um insgesamt 1550 Mann vorgesehen.
Ich muß in diesem Zusammenhang aber doch darauf hinweisen, daß es noch einige Brennpunkte gibt, an denen auch der Schmuggel über die Grüne Grenze beträchtlich ist. Es sind dies insbesondere der Aachener Raum, die Eifel und der Abschnitt bei Bad Reichenhall-Salzburg. Im Aachener Raum, in dem eine große Stadt mit einem dicht bevölkerten Hinterland an einem für den Schmuggel günstigen Waldgelände sehr nahe an der Grenze liegt, vollzieht sich der Grenzschmuggel in Ausmaßen und Formen, wie sie wohl noch niemals dagewesen sind. Wohlorganisierte Schmugglerbanden in Stärken bis zu 300 Menschen, Männer, Frauen und Kinder, durch Späher, Vor- und Seitenpatrouillen gesichert, mit Knüppeln und nicht selten auch mit Feuerwaffen bewaffnet, durchbrechen immer wieder, bei Tage und bei Nacht, die Sicherungen des Zollgrenzdienstes. Die Unternehmer und Auftraggeber dieser Trägerkolonnen befördern dann die
Schmuggelwaren mit Kraftfahrzeugen, mit der Eisenbahn und Post weit in das Hinterland. Es ist sehr schwer, dieses Treibens Herr zu werden, wenn ein großer Teil der Bevölkerung den Schmuggel als sein gutes Recht ansieht und wenn wurzellose, arbeitsscheue Existenzen von überallher zuströmen und hier mühelosen Verdienst suchen und finden.
Widerstand und Angriffe gegen die in rechtmäßiger Ausübung ihres Dienstes befindlichen Grenzbeamten sind keine Seltenheit. Leider haben Veröffentlichungen in der Presse und andere Stimmen, die die Verhältnisse an der Grenze nicht richtig beurteilen und sich insbesondere gegen den Waffengebrauch durch Grenzbeamte richteten, zeitweise zur Verschärfung der Situation beigetragen. Ich muß hier feststellen, daß die Zollverwaltung an der Grenze auf das Recht zum Waffengebrauch zum Schutz ihrer Beamten und zur Durchsetzung der Staatsautorität im Interresse der Allgemeinheit nicht verzichten kann. Es ist selbstverständlich, daß hierbei durch entsprechende Vorschriften, Ausbildung und Überwachung der Beamten und genaueste Nachprüfung jedes Waffengebrauchs auf seine Berechtigung, jeder Mißbrauch ausgeschlossen sein muß.
Um auch im Aachener Raum des überhandnehmenden Schmuggels Herr zu werden, ist dort durch die Verschiebung von Kräften aus anderen Abschnitten die notwendige personelle Verstärkung durchgeführt worden. Notwendig und im Gange ist ferner eine Verbesserung der technischen Ausrüstung des Zollgrenzdienstes, insbesondere mit Kraftfahrzeugen und Nachrichtenmitteln. um seine Beweglichkeit und Schlagkraft zu erhöhen.
Die Masse der Schmuggelgüter kommt aber nicht über die Grüne Grenze, sondern zu Lande, auf dem Wasser und in der Luft, im Straßen-, Eisenbahn-, Schiffs-, Flug- und Postverkehr über die regulären Grenzübergänge herein, wobei die Schmuggelgüter falsch deklariert, unter anderen Ladungen versteckt, mit gefälschten oder erschlichenen Ein- oder Ausfuhrpapieren ausgewiesen, als Besatzungsgut oder Liebesgaben getarnt oder auf sonstige Weise der Zollkontrolle entzogen werden.
Dieser Schmuggel über die zugelassenen Grenzübergänge und Zollstraßen kann nicht dadurch bekämpft werden, daß man lediglich an der Grünen Grenze, also zwischen den Grenzübergängen den dort stehenden Zollgrenzdienst weiter verstärkt. An der Schmuggelbekämpfung sind alle Dienstzweige der Zollverwaltung beteiligt, und zwar der Zollgrenzendienst, dem die Bewachung der Grünen Grenze obliegt, der Zollabfertigungsdienst, dem die Kontrolle des Warenverkehrs bei den Grenzzollmtern und den Zollämtern im Innern obliegt. auf die ein großer Teil der zu verzollenden Güter überwiesen wird, der Zollfahndungsdienst. dem es als der Kriminalpolizei innerhalb der Zollverwaltung obliegt, die Zoll-. Ein- und Ausfuhr- sowie Devisenvergehen zu verfolgen. und schließlich auch der Steueraufsichtsdienst, dessen Aufgabe es ist, die der Steueraufsicht unterliegenden Betriebe zu überwachen und zu verhindern, daß in ihnen unverzollte und unversteuerte Waren verkauft werden. Sie arbeiten hierbei in engster Verbindung Hand in Hand.
Das eben Gesagte gilt nicht nur für die Auslandsgrenzen, sondern in gleichem Maße auch für die Wirtschaftsgrenze zwischen der sowjetisch bebesetzten Zone und dem Bundesgebiet. Zwischen
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diesen Grenzen besteht eine enge Wechselwirkung. So kommt zum Beispiel jetzt ein großer Teil der begehrtesten Schmuggelgüter wie Kaffee und Zigaretten nur über die Ostgrenze. Diese Güter werden aus dem westlichen Ausland im Transit durch das Bundesgebiet hindurch oder auch im direkten Schiffsverkehr in großen Mengen in Dampferladungen in die Ostzone, den Ostsektor von Großberlin verbracht und von dort meist über Westberlin auf alle nur denkbare Art und Weise in das Bundesgebiet eingeschmuggelt.
Der Schwerpunkt der in der Zollverwaltung zu treffenden organisatorischen Maßnahmen liegt jetzt vor allem beim Zollabfertigungsdienst, beim Zollfahndungs- und Steueraufsichtsdienst. Beim Zollabfertigungsdienst fehlt es an Personal, an Gebäuden, Abfertigungs- und Diensträumen, an Rampen, Kränen, Waagen und technischen Hilfsmitteln aller Art, an der Ausrüstung und Schulung des Personals und vielem anderen, was erforderlich ist, um eine wirksame Kontrolle des riesigen Güterstroms, der sich Tag für Tag über die Grenzzollstellen und die Zollämter im Inneren herein- und herausbewegt, sicherzustellen. Ich darf daran erinnern, daß der größte Teil unser er Grenzen nach dem Kriege erst neu wieder eingerichtet werden mußte und daß auch an den bestehengebliebenen Grenzen sowie im Inneren im Kriege und auch in den Nachkriegsjahren bis zur Währungsreform, bis zu der ein Zollverkehr kaum bestand, zahlreiche Zollämter geschlossen und aufgelöst und die Gebäude und Anlagen vielfach zerstört wurden.
Auch der Zollfahndungsdienst, der das Möglichste geleistet hat, ist im Verhältnis zu seinen Aufgaben zu schwach besetzt, und es fehlt ihm an Kraftwagen und sonstiger technischer Ausrüstung, um ihn zu höchster Leistung zu befähigen.
Ähnlich liegen die Dinge beim Steueraufsichtsdienst. Auch er war in der Kriegs- und Nachkriegszeit, in der die Produktion und der Absatz verbrauchssteuerpflichtiger Erzeugnisse fast völlig zum Erliegen gekommen waren, weitgehend abgebaut worden.
Die Aufteilung der Zollverwaltung auf elf Länder, die Finanznöte der Länder und die seit längerem bestehende Aussicht, die Zollverwaltung an den Bund abzutreten, haben nicht dazu beigetragen, ihren Wiederaufbau zu beschleunigen. Die Beseitigung der von mir soeben dargelegten Mängel in personeller und technischer Hinsicht ist vorbereitet und wird so schnell wie möglich durchgeführt werden.
Ich muß aber mit aller Deutlichkeit und Bestimmtheit hervorheben, daß sämtliche Maßnahmen, die in deutscher Zuständigkeit angeordnet werden können, so lange nicht von Erfolg sein werden, als nicht die Bundesrepublik im ganzen Bundesgebiet und an allen Zollgrenzen die volle und uneingeschränkte Hoheit hat.
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Die deutsche Hoheit an den Zollgrenzen war noch bis in das Jahr 1949 hinein entweder aufgehoben oder weitgehend eingeschränkt. Diese Beschränkungen sind auch bis heute noch nicht in vollem Umfang beseitigt.
Es unterliegen noch nicht alle Ausländer der deutschen Gerichtsbarkeit. Nach Gesetz Nr. 13 der Hohen Alliierten Kommission sind der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen die im Art. 1 unter a I und II genannten alliierten Streitkräfte und Personen, die bei der Alliierten Hohen Kommission, einem Hohen Kommissar oder dem Befehlshaber einer der Besatzungskräfte beglaubigt sind, und ihre Familienangehörigen. Es würden also danach alle anderen Ausländer, die nicht dem genannten Personenkreis angehören, der deutschen Gerichtsbarkeit unterstehen. Das ist leider nicht der Fall.
In der amerikanisch besetzten Zone sind durch Direktive vom 28. Dezember 1949 und einstweilige Direktive vom 24. Januar 1950 des US Hohen Kommissars, die erst am 12. und 14. April im Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission veröffentlicht wurden, sehr wesentliche Einschränkungen gemacht worden. Nach ihnen haben Staatsangehörige der US-Staaten, des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland so- wie der Französischen Republik und die verschleppten Personen sowie die ihnen gleichgestellten Personen das Recht, die Überweisung von Strafverfahren, die von deutschen Gerichten gegen sie eingeleitet wurden, vor ein Gericht der Alliierten Hohen Kommission zu verlangen. Damit sind sie tatsächlich der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen. Damit ist tatsächlich die Beschlagnahme der Schmuggelware und die Verfolgung der Straftat selbst gehindert.
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In der britischen Zone sollen Weisungen ergangen sein, die eine Einschränkung der deutschen Gerichtsbarkeit zum Ziele haben,
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die aber bisher noch nicht veröffentlicht worden sind.
Auch in der französischen Zone haben die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 13 durch Weisungen, die bisher nicht veröffentlicht wurden, zum Teil ähnliche Einschränkungen erfahren, auf Grund deren in den drei Ländern dieser Zone ein sehr unterschiedlicher Rechtszustand besteht.
Außerdem ist es notwendig, ein enges Einvernehmen zwischen den Bundesbehörden und den Besatzungsbehörden herbeizuführen, um den Schmuggel unter feste Kontrolle zu bringen. Die Einfuhr von Besatzungsgut unterliegt bis heute noch nicht der Kontrolle durch den deutschen Zoll. Es besteht bis heute keine sichere Kontrolle darüber, daß nicht auf dem Umweg über die Versorgungslager der Besatzungsmächte unverzollte und unversteuerte Waren in den Inlandsverkehr gelangen können.
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Es besteht auch keine strenge Kontrolle darüber, daß nicht auf anderem Weg unverzollte und unversteuerte, zugunsten von Angehörigen der Besatzungsmächte oder deutschen Angestellten eingeführte oder abgegebene Waren unverzollt und unversteuert in den deutschen Verkehr gelangen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Geschenk- und Liebesgabenverkehr. Es gibt weite Kreise, die es verstehen, aus dieser der Wohlfahrt und Liebestätigkeit gewidmeten Maßnahme ein auf Gewinn gerichtetes Geschäft zu machen.
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Es ist dringend nötig, dieses Gebiet gründlich zu bereinigen und auf seine ursprünglichen Aufgaben, die Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen, zu beschränken. Entsprechende Maßnahmen sind in Vorbereitung; aber auch auf diesem Gebiet sind wir nicht allein Herr unserer Entschlüsse.
Das Bundesministerium der Finanzen und mit ihm die Bundesregierung sind in Erkenntnis dieser Sachlage zu der Überzeugung gekommen, daß eine
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Bekämpfung des Schmuggels unter allen Umständen notwendig ist und versucht werden muß, daß aber die Hilfe der Hohen Kommissare in Anspruch genommen werden muß, um die Verfolgung des Schmuggels mit Maßnahmen aufzunehmen, die auch Aussicht auf Erfolg bieten,
Das Bundesministerium der Finanzen hat daher schon vor Wochen den Herren Hohen Kommissaren ein Memorandum mit Vorschlägen überreicht. Ich freue mich, feststellen zu können, daß die Finanzberater der Hohen Kommissare dem Bundesministerium der Finanzen ihre volle Unterstützung zusagten.
Am 26. April 1950 hat auch auf Einladung des Office of the United States High Commissioner for Germany - Trade Control Branch - eine Zusammenkunft von Beamten der alliierten und deutschen Behörden und von Vertretern der deutschen Kaffee- und Tabakindustrie stattgefunden. In dieser Besprechung hat man sich auf folgende Gesichtspunkte geeinigt.
Erstens: Wenn auch die deutschen Behörden das Personal und die Ausrüstung der in Betracht kommenden Zolldienststellen schon verstärkt haben und weiter verstärken wollen, so sind doch zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um die illegale Warenbeförderung in das und aus dem Bundesgebiet wirksam zu überwachen.
Zweitens: Notwendig ist die enge Zusammenarbeit zwischen den Bundesbehörden und den Besatzungsmächten, um den Schmuggel durch internationale Banden, verschleppte Personen, Besatzungspersonal und Deutsche unter Kontrolle zu bringen.
Drittens: Notwendig ist eine strengere Kontrolle der Besatzungsstreitkräfte über ihr Personal hinsichtlich der Einfuhr von Waren mit Schwarzmarktmöglichkeiten und die Überführung von nichtversteuerten, durch die Vermittlung der Besatzung erhaltenen Waren in die deutsche Wirtschaft.
Viertens: Eine ausgedehnte Kontrolle und weitere Beschränkung der Liebesgabensendungen, besonders von Geschenkpaketen, muß gefordert werden.
Fünftens: Notwendig ist die Schaffung von einheitlichen und wirksamen gesetzlichen Bestimmungen für die Verfolgung von Ausländern und verschleppten Personen, die in Schmuggeltätigkeit verwickelt sind.
Diese Besprechung ergab somit volle Übereinstimmung über die Zusammenarbeit der beiderseitigen Behörden im Kampf gegen das Schmuggelunwesen. Die alliierten Vertreter haben den deutschen Zollbehörden volle Unterstützung bei der Lösung dieses Problems hinsichtlich der Zollüberwachung zugesagt, soweit die Zollbehörden der Mitwirkung der Besatzungsmächte bedürfen.
Das Bundesministerium der Finanzen wird auf Grund dieser Besprechungen und Verhandlungen den Hohen Kommissaren die konkret formulierten Vorschläge für die Ergreifung von Einzelmaßnahmen unterbreiten und deren Unterstützung sich sichern. Ich darf die Erwartung aussprechen, daß es dann, wenn diese Unterstützung wirklich gewährt wird, gelingt, den Schmuggel wirksamer als bisher zu bekämpfen und ein Unwesen auszurotten, das nicht nur volkswirtschaftlich, sondern auch sittlich von der größten Gefahr für unser deutsches Volk ist. Ich möchte bei dieser Gelegenheit für das Verständnis danken, das ich in dieser Frage bei den Herren
Alliierten Hohen Kommissaren bisher gefunden habe.
Werden diese Maßnahmen eingeleitet, so muß die Bundesregierung aber auch von der deutschen Bevölkerung verlangen, daß sie von ihr Unterstützung findet. Die Bundesregierung wird daran erinnern müssen, daß der Verkauf und Verbrauch von unversteuerten und unverzollten Waren Steuerhehlerei ist und daß gleichzeitig mit dem Kampf gegen den Schmuggel selbst auch der Kampf gegen die Steuerhehlerei nunmehr aufgenommen werden muß. Die Bundesregierung muß darauf verweisen, daß Schmuggel kein Kavaliersvergehen, sondern Betrug an der Allgemeinheit ist
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und daß das gleiche für die Steuerhehlerei gilt.
Ich möchte meine Ausführungen nicht schließen, ohne der Beamtenschaft zu gedenken, die diese Aufgabe mit zu lösen hat. Ich glaube aussprechen zu dürfen, daß es nur ganz wenige Personen gewesen sind, die den großen Versuchungen der mit sehr reichen Mitteln arbeitenden Schmuggler und Schieber unterlegen sind. Soweit sie festgestellt werden konnten, wurden sie unnachsichtlich bestraft und entfernt. Der großen Mehrzahl der deutschen Zollbeamten möchte ich aber das Zeugnis ausstellen, daß sie in voller Hingabe und Treue ihre Pflicht erfüllen.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Besold.
Dr. Besold ({0}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Bayernpartei hat mit Drucksache Nr. 800 am 29. März 1950 den Antrag gestellt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Kaffeesteuer wird mit sofortiger Wirkung um 75 % des gegenwärtig geltenden Satzes gesenkt.
Den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers auf die eingereichte Interpellation haben wir entnommen, daß das Bundesfinanzministerium derzeit noch keine Möglichkeit sieht, den ungeheuren Gefahren des Schmuggels im Wege der Steuersenkung entgegenzutreten, daß aber andererseits mit den Alliierten Hohen Kommissaren Vereinbarungen über die Bekämpfung des Schmuggels getroffen worden sind. Wir sind für dieses Entgegenkommen der Alliierten dankbar, und wir würden uns freuen, wenn dieses Entgegenkommen praktische Auswirkungen haben würde.
Dessenungeachtet ist es aber unmöglich, sich nur hierauf zu verlassen. Wir müssen aus uns selbst heraus Maßnahmen ergreifen, um der großen Notlage des gesamten Kaffeehandels und der damit zusammenhängenden Betriebe gerecht zu .werden Es steht fest, daß sich der gesamte Kaffeehandel nicht erst seit gestern und vorgestern in dieser ungeheuren Gefahr befindet. Schon seit acht Monaten schickt der Kaffeehandel an sämtliche Behörden Gutachten und Denkschriften mit begründetem Material. Es ist also in der Tat höchste Zeit zum Eingreifen, wenn nicht dieser ganze Wirtschaftssektor zugrunde gehen soll.
Neben diesen seit acht Monaten zu beobachtenden Bemühungen, die das lawinenartige Anschwellen des Schwarzhandels nicht aufhalten konnten, ist zu verzeichnen, daß ein Eingriff bisher nicht erfolgt ist. Meine Fraktion hat sich deshalb, durch diese Notschreie veranlaßt, mit einem Schreiben vom 23. Februar 1950 sowohl an das Bundesfinanzministerium
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als auch an das Bundeswirtschaftsministerium gewandt, um zu erfahren, welche Maßnahmen ergriffen werden, und wir haben damals schon erklärt, daß nur eine 75%ige Senkung der Kaffeesteuer eine durchgreifende und wirksame Maßnahme wäre. Das Bundesfinanzministerium hat auf dieses Schreiben vom 23. Februar mit Schreiben vom 24. März 1950 geantwortet:
Die Frage einer Senkung der Kaffeesteuer wird zur Zeit von mir geprüft. Nach Abschluß der Prüfung werde ich mir erlauben, Ihnen weitere Nachricht zukommen zu lassen.
Einen Tag darauf, am 25. März 1950, hat der Herr Bundeswirtschaftsminister persönlich einen Brief an uns gerichtet, dessen Inhalt bereits weit positiver gewesen ist, und aus dem man ersehen konnte, daß sich das Bundeswirtschaftsministerium mit diesen Vorgängen bereits eingehendst beschäftigt hatte und auch schon zu Entschlüssen und Beschlüssen gekommen ist, nämlich denen, daß eine wirksame Bekämpfung des Schwarzmarktes im Interesse der einschlägigen Betriebe nur dadurch erfolgen kann, daß eine Herabsetzung der Verbrauchsteuern auf 25 % vorgenommen wird. Das steht in dem Schreiben des
Herrn Bundeswirtschaftsministers vom 25. März 1950.
Wenn schon seit acht Monaten diese gesamten Wirtschaftszweige ihre Not und die zugrunde liegenden Tatsachen den einschlägigen Ministerien dargelegt haben und bis heute noch nichts Wirksames geschehen ist, ja die Verhältnisse sogar katastrophal sind, dann können wir nicht damit einverstanden sein, daß jetzt nochmals Erfahrungen gesammelt werden sollen, weil, bis diese neuen Erfahrungen gesammelt sein werden, die genannten Wirtschaftszweige endgültig erledigt sind.
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Ich möchte Ihnen aus dem gesamten Material, das mir ebenfalls vorliegt, nur einige Schlaglichter zeigen, aus denen verständlich wird, wieweit die Situation im Kaffeehandel ist. Die illegalen Umsätze in Bayern, im Aachener Gebiet und an anderen Plätzen sind seit geraumer Zeit wesentlich höher als die Umsätze des legitimen Handels. In Süddeutschland liegt die Kaffeeversorgung der gastronomischen Betriebe und Verbraucher zu 70 bis 80, an verschiedenen Plätzen sogar bis zu 90 % beim Schwarzhandel. Der Damm der wenigen hundert Zollfahndungsbeamten und -angestellten und die Anstrengungen des Kaffeehandels selber, den Schmuggel abzuwehren, sind durch diese ungeheure Inflation des Schmuggels durchbrochen. Die Quellen, die diese wenigen Beamten, welche tatsächlich ihr Bestes getan haben, verstopfen sollen, sind zuviele. Wir haben es ja schon gehört: Transitverkehr, Liebesgaben, Schmuggel über die Grüne Grenze, amerikanischer Dosenkaffee, Postversand, Mißbrauch der IRO, widerrechtliche Benützung von US-Frachtbriefen und -Fahrbefehlen. Aber noch einige ganz krasse Beispiele: Eine Münchner Kaffeespezialfirma, die im November 1949 noch einen Monatsumsatz von 150 000 DM hatte, hat seit Mitte Dezember bis Ende Januar keinen Kaffee mehr rösten und verkaufen können. Man schätzt den täglichen Umsatz in der Münchner Möhlstraße im Dezember auf 25 bis 30 Tons täglich während deer größte Röster in Bayern etwa 200 kg Röstkaffee pro Tag umsetzen kann.
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Im letzten Viertel des vorigen Jahres wurde offiziell mitgeteilt, daß das Loch im Westen, also im
Aachener Gebiet, den Staat täglich 300 000 DM (C Steuer- und Zollverluste kostet.
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Ein weiteres Beispiel: Allein aus dem Ostsektor von
Berlin wurden im Dezember 1949, im Januar und
Februar 1950 nicht weniger als 4 500 000 kg Rohkaffee unter Umgehung der Kaffeesteuer, die 10 DM
pro Kilo beträgt, in das Bundesgebiet verschoben.
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- Ich glaube, die Sektoren verwechsle ich nicht; Sie wollen nur die Sache vertuschen! Meine Herren, hier wird eine klare Sprache gesprochen!
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Zu den Folgen des Schwarzmarktes für den Staat möchte ich weiterhin auf folgendes hinweisen. Wir haben schon gehört, daß allein der direkte Verlust für den Fiskus, wenn man, was gering bemessen ist, nur 300 000 Sack Kaffee zugrunde legt, die durch den Schwarzhandel hereinkommen, an Zöllen, Verbrauchsteuern , und Umsatzausgleichsteuern 216 Millionen DM beträgt. Der indirekte Verlust an Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer bowie die durch die Gegengeschäfte - schwarze Ausfuhr und schwarze Devisentransaktionen - entstandenen Einbußen für den Staat werden, allein auf den Kaffeehandel berechnet, mit 500 bis 600 Millionen DM beziffert.
Die Folgen für den Kaffeehandel, die sich aus der nicht wirksamen Bekämpfung des Schwarzmarktes ergeben, bestehen darin, daß die Kaffeespezialfirmen zum Erliegen kommen und der Importhandel wegen der aufgenommenen Bankkredite in die größten Schwierigkeiten kommt und neue Importe a nicht durchführen kann. Die allgemeinen Folgen, die sich aus der nicht wirksamen Bekämpfung des Schmuggels ergeben, sind die außergewöhnlichen Verdienstspannen auf Grund der Steuerhinterziehung, nämlich 8,20 DM an Zoll, Verbrauchsteuer, Umsatzausgleichsteuer und Umsatzsteuer je 1/2 kg Röstkaffee; und das ist für die weitesten Kreise ein Anreiz, sich dem Schwarzhandel zu ergeben.
Diese Gesamtsituation wird verschlimmert und das Hineinschleusen weiter Kreise in den Schmuggel wird verstärkt dadurch, daß im Volk die Kaufkraft fehlt, um die auf legalen Wegen hereingekommenen Waren in solchen Mengen zu kaufen. Deshalb geht die Menge auf den illegalen Markt. Unsere Arbeitslosigkeit treibt die Leute ebenfalls auf den illegalen Markt. Der Einnahmerückgang bei den gastronomischen Betrieben und den Einzelhandelsunternehmungen treibt diese ebenfalls dazu, sich an diesem illegalen Markt zu beteiligen, wenn sie nicht zugrunde gehen wollen. Ferner ist dabei die allgemeine Verwilderung der Jugend zu berücksichtigen. Man muß wissen, daß z. B. im Aachener Gebiet täglich 200 Anzeigen wegen Schmuggels erstattet werden. Hier sehen wir die verheerenden demoralisierenden Wirkungen.
Auch aus einem andern Grunde muß die Frage der Steuersenkung in Angriff genommen werden. Dieser betrifft die wirtschaftliche Lage Deutschlands auf diesem Sektor im Verhältnis zu den uns umgebenden Ländern. In Deutschland bestand schon immer ein hoher Zollsatz für Kaffee. Er betrug schon vor dem Krieg 1,60 Mark pro Kilo. Mit dem Zollsatz stand Deutschland im Vergleich zu den andern Ländern immer an der Spitze. Jetzt ist durch den sechsfachen Betrag der Verbrauchssteuer von 10 DM je Kilo eine sechsfache Bela({7})
stung gegenüber dem Ausland gegeben. Neben Deutschland hat nur noch Italien die Verbrauchsteuer. Bei den Beneluxstaaten ist Kaffee überhaupt zollfrei. Auch diese Tatsachen sind bei der Gesamtbeleuchtung der Frage in Betracht zu ziehen.
Ich möchte Ihnen mit einem kurzen Satz diese Situation im Kaffeehandel ganz volkstümlich beleuchten.
Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Dr. Besold ({0}), Antragsteller: Noch einen Augenblick, bitte! - Jede zweite Tasse Kaffee, die in Westdeutschland getrunken wird, stammt aus schwarz importierten Beständen.
Zum Schluß möchte ich nur noch die Gründe kurz zusammenfassen, die für ein rasches und wirkungsvolles Eingreifen durch Herabsetzung der Kaffeesteuer sprechen. Die erfolgreiche Bekämpfung des Schmuggels ist erforderlich, um erstens die fiskalischen Interessen zu fördern, zweitens die steuerehrlichen Handelszweige, die vom Schmuggel in ihrer Existenz auf das schwerste gefährdet sind, vor dem drohenden Erliegen zu bewahren, drittens den in den letzten Monaten groß angelegten Schmuggel gerade auf dem Gebiet des Kaffees vom Osten her, der als ein Mittel für die Finanzierung des „Kalten Kriegs" gegen die Bundesrepublik anzusehen ist, abzuwürgen, viertens der Demoralisation entgegenzuwirken.
Wir bitten Sie deshalb, diesem Antrag der Bayernpartei Ihre besondere Beachtung zu schenken und Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Peters.
Peters ({0}), Antragsteller: Meine Damen und Herren! Die Interpellation der CDU/CSU, die uns in der Drucksache Nr. 690 vorliegt, spricht nur von dem Schmuggel und Schwarzhandel mit Kaffee, Zigaretten und Schokolade. Der Antrag der Bayernpartei fordert nur eine Senkung der Steuer bei Kaffee. Meine Fraktion hat sich aus diesem Grunde veranlaßt gesehen, einen Antrag dahin zu stellen: wenn eine Senkung der Steuer bei Kaffee erfolgt, ist gleichzeitig eine entsprechende Senkung der Steuer bei Tee vorzunehmen.
Der Teeverbrauch spielt in Deutschland eine sehr bedeutende Rolle. Wir haben verschiedene Bezirke in Deutschland, die ausschließlich Tee verbrauchen und in denen fast kein Kilo Kaffee in den Topf wandert. Die Begründungen, die für eine Senkung der Steuer bei Kaffee, Schokolade und Zigaretten hier gegeben wurden, gelten im vollen Umfang auch für Tee.
Der Herr Finanzminister hat mit Recht darauf hingewiesen, daß nicht nur über die Grüne Grenze geschmuggelt wird. Er hat auch die sehr berechtigte Forderung nach der deutschen Hoheit an den Zollgrenzen erhoben. Aber so erfreulich auch die Aussprache mit den alliierten Beamten gewesen sein mag, und so erfreulich es auch ist, daß wir mit dem baldigen Inkrafttreten eines Übereinkommens rechnen können, bin ich doch der Meinung, daß das wichtigste Mittel zur Bekämpfung des Schmuggels eine erhebliche Senkung der Steuern bleibt.
Die steuerliche Belastung beträgt heute bei Kaffee 16,40 DM per Kilo. Die steuerliche Belastung bei Tee ist jetzt auf 19,085 DM per Kilo angewachsen. Ich bin der Meinung, daß diese Höhe der Verbrauchsteuern durch nichts zu rechtfertigen ist. Die Belastung des Tees mit Zöllen und Steuern ist von 80 Mark per Doppelzentner im Jahre 1921 über 350 Mark per Doppelzentner im Jahre 1931 auf 1908,50 Mark bis heute angewachsen. Das ist eine vierundzwanzigfache Steigerung, wobei ich besonders darauf hinweisen möchte, daß als isolierte Maßnahme im Jahre 1930 der Teezoll von 220 auf 350 Mark erhöht wurde. Selbst bei Anerkennung aller Gründe für eine höhere steuerliche Belastung als Folge des verlorenen Krieges usw. möchte ich doch diese Höhe als für nicht tragbar erklären. Ein kg Tee kostete 1924, also ebenfalls wenige Jahre nach einem verlorenen Kriege, im Handel 4 Mark, während der Konsument dafür heute 32 DM bezahlt.
Wie enorm die steuerliche Belastung allein bei Tee ist, möchte ich durch folgende Zahlen noch erhärten: 1938 wurden an 3 Plätzen Ostfrieslands 1 240 137 kg Tee verzollt. Diese Menge erbrachte eine Summe von rund 4427 000 Mark, während die Verzollung der gleichen Menge heute die Summe von 23 668 000 Mark erbringen würde.
Es ist einzusehen daß eine Senkung der Kaffeesteuer ohne gleichzeitige Senkung der Teesteuer im selben Umfange eine sehr unbillige Härte gegenüber den Teekonsumgebieten darstellen würde, namentlich aber auch eine unbillige Härte gegenüber den hauptsächlich teekonsumierenden, wirtschaftlich schwächeren Schichten des Volkes. Für die . breite Masse der Lohn- und Gehaltsempfänger ist es unmöglich, auf die Dauer diese überhöhten Preise zu zahlen, wobei ich darauf hinweisen möchte, daß Tee speziell in Ostfriesland kein Genuß-, sondern mehr ein Lebensmittel darstellt. Ich glaube, es ist nur eine logische Folge, wenn man dieser Belastung durch das Hereinholen großer Mengen geschmuggelter Waren auszuweichen versucht.
Die heutige Aussprache geht nun eigentlich von der Einschränkung und der Unterbindung des Schmuggels aus. Ich glaube, daß bei den heutigen unterschiedlichen Preisen - und da ist es gleich, ob die geschmuggelte Ware über die Grüne Grenze kommt oder auf anderen Wegen in unser Wirtschaftsgebiet hereinströmt - der Schmuggel nicht wirklich unterbunden werden kann. Ich glaube auch nicht, daß ein erhöhter Aufwand an der (renne mit dem dann zu erwartenden Erfolg in Einklang zu bringen wäre. Ich glaube ebenfalls nicht. daß 1550 neue Beamte tatsächlich unsere Grenzen soweit abriegeln könnten, daß nicht doch in Deutschland der schwarze Tee, der schwarze Kaffee usw. zu kaufen wären. In Frankfurt am Main wird der Tee zur Zeit per Pfund für 8 DM angeboten.
Wenn man den Schmuggel wirklich bekämpfen will. dann darf das Preisgefälle nicht mehr als 1 zu 2 betragen. Heute hat der Teeschmuggel einen derartigen Umfang angenommen. daß die Einfuhrbeträge. die zur Verfügung gestellt wurden. vom Einfuhrhandel nicht ausgenutzt werden konnten. Das ist nicht nur eine Schädigung des legalen Teehandels. sondern das hat auch bereits zu handelsnolitisehen Schwierigkeiten mit Indien geführt. Indien lest Wert auf einen großen Export an Tee, während wir auf der anderen Seite nicht mehr in der Lage sind. durch den legalen Handel diesen Tee hereinzunehmen. Der Anteil des illegalen Teeverbrauchs hat eine steigende Tendenz in Deutschland und wird heute auf etwa 60% des Konsums geschätzt. Dadurch wird ein großer Teil der Bevöl({1})
kerun ungewollt und unbewußt zu Hehlern der Schmuggler. Eine große Gefahr ist auch darin zu erblicken, daß der Verbrauch an geschmuggelter Ware in Deutschland allmählich zu einer Selbstverständlichkeit wird, und auch dieser Gefahr gilt es entgegenzutreten.
Ich darf Sie aus den hier angeführten Gründen bitten, unserm Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Strauß.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf dem Gebiete des Schmuggels und Schwarzhandels mit Genußmitteln aller Art sind im ganzen Bundesgebiet untragbare Verhältnisse eingetreten. In einzelnen Teilen des Bundesgebietes sind diese Verhältnisse aber besonders untragbar und als geradezu erschütternd zu bezeichnen. Zu diesen Teilen des Bundesgebietes gehört auch das Land Bayern, wo aus den verschiedenen, heute schon von einigen Vorrednern genannten Gründen der Schmuggel und Schwarzhandel mit Kaffee 900/o, mit Tee mindestens 600/o des Gesamtverbrauchs erreicht hat, und bei Zigaretten übertreibt man nicht, wenn man einen Prozentsatz von 25 bis 30 zugrunde legt.
Die Gründe, warum diese Waren natürlich zu billigeren Preisen auf dem Schwarzmarkt abgesetzt werden, als sie im Laden erhältlich sind, sind vorhin genannt worden. Der Herr Bundesfinanzminister hat vorhin neben anderen Schäden auch von den moralischen Schäden gesprochen, die dieser Zustand herbeigeführt hat. Ich glaube, es müßten sich einmal die Techniker zusammentun und für das Zollamt Röntgenstrahlen einführen, die die Hosentaschen der einzelnen Herren und Würdenträger bei uns im gesamten Bundesgebiet durchleuchten.
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Dann käme manches interessante Bekenntnis zutage.
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- Der Herr Finanzminister ist neulich in der Zeitung ausdrücklich als ehrlicher Steuer- und Zollzahler ausgenommen worden. Das haben wir schwarz auf weiß in einer uns nicht einmal freundlich gesinnten Presse gelesen.
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Diese Verhältnisse auf dem Schwarzen Markt und im Schmuggel haben sich bezeichnenderweise erst seit November letzten Jahres in besonders bedrohlichem Umfange gesteigert. Im Herbst letzten Jahres lagen die Dinge noch so, wie die Zollfahndungsstellen und Hauptzollämter mitteilten, daß man die Hoffnung haben konnte, als ob man einen gewissen Erfolg auf dem Gebiete der Bekämpfung des Schmuggels und Schwarzhandels und einen Rückgang der schwarzen Ware auf dem Gebiete der Genußmittel erreicht habe. Die Zahlen und Erfahrungen seit November letzten Jahres beweisen, daß sich bis heute der Schmuggel und Schwarzhandel in einem „erfreulichen konjunkturellen Aufstieg" befindet. Die Folgen, die diese Entwicklung, abgesehen von den reinen Interessen des Staatshaushalts, der gesamten Volkswirtschaft und für einige besonders betroffene Wirtschaftszweige hat, sind vorhin von Dr. Besold mit fundierten Zahlen wiedergegeben worden. Man muß natürlich - ganz gleich, wie man zu einzelnen Wirtschaftsgruppen vielleicht politisch eingestellt ist das Recht dieser Wirtschaftsgruppen wie Kaffeehandel, Tee- und Zigarettenhandel usw. anerkennen und zugeben, daß sie einen Anspruch darauf haben, vom Staat in ihrer Existenz geschützt zu werden, wenn verbrecherische Elemente, eine nicht normale Wirtschaftsentwicklung und eine ungerechte und ungünstige Verbrauchssteuerregelung ihre Existenz allmählich zum Erliegen bringen.
Interessant ist es in dem Zusammenhang, daß eine Firma in München, eine Kaffee-Firma Schulze, gegen den Staat eine Klage eingereicht hat. Sie will auf dem ordentlichen Gerichtswege vom Staat eine Beteiligung an ihrem Schaden, der insgesamt mindestens 1/4 Million DM Umfang hat, durch eine Art staatlicher Interessenquote von 10 % erreichen. Ich weiß nicht, ob das Verfahren durchgeführt werden wird. Es ist jedenfalls ein interessantes Verfahren, und das Urteil und seine Begründung wird uns auch in dem Zusammenhang interessieren.
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- Nicht nur!
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- Sondern auch!)
Wenn man da einige Zahlen zugrunde legt, so hat z. B. bei einigen großen Kaffeeröstereien der Novemberumsatz letzten Jahres noch 150 000 DM betragen, während wir von mehreren Firmen die Nachricht haben, daß sie seit Mitte Dezember bis Ende Januar mangels Aufträgen überhaupt nicht mehr in der Lage waren, einen Kaffee zu rösten.
Der Umsatz in der Münchener Möhlstraße ist geradezu allmählich zu einem Skandal geworden. Der Balkan ist nach Bayern und München verlagert worden; sonst gehört nämlich Bayern noch nicht zum Balkan, Herr Kollege Mellies!
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- Sie wollten es sagen; darum habe ich es gleich vorweggenommen!
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Der Herr Kollege
Mellies stammt nicht aus Württemberg!
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Wenn auch die geschätzten Umsätze in der Möhlstraße zum Teil übertrieben werden, in einer Eingabe der Kaffeefirma ist von einem täglichen Umsatz von 25 bis 30 to berichtet worden. Ich halte diesen Umsatz für unmöglich. Trotzdem hat aber der Umsatz dort einen Umfang erreicht, der wesentlich größer ist als der aller anderen Münchener und bayrischen Kaffeegeschäfte zusammen, wie man ohne Übertreibung behaupten kann.
Ich habe mich neulich zur Vorbereitung auf diese Schulaufgabe heute mit einem Schutzmann in der Möhlstraße in München unterhalten. Da laufen 50 bis 60 Polizisten herum. Ich weiß nicht, zu welchem Zweck. Die Läden dürfen sie nicht betreten, den Verbraucher dürfen sie nicht schützen. Jedenfalls laufen sie herum. Da hat mir der Schutzmann die Zustände, die dort eingerissen sind, und die Möglichkeiten, die die Polizei zu ihrer Bekämpfung hat, erzählt. Da stellte sich heraus, daß man der Polizei die Möglichkeit gegeben hat, den einzelnen, der den Laden betritt oder verläßt, auf Schwarzhandelsgut zu kontrollieren, wenn er also mit einer Büchse Kaffee oder mit einem Päckchen Zigaretten herauskommt. Das darf die Polizei. Es
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ist ihr aber nicht erlaubt, die Läden zu betreten, um die dort zu Tausenden von Säcken aufgestapelten Schwarzhandels- und Schmuggelgüter zu erfassen.
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- Sind Sie von Stuttgart? Dann kann ich Ihnen einige Gegenbeispiele dazu bringen.
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Daß dieser Zustand, in allem Ernst gesprochen, eine Unmöglichkeit darstellt, bedarf, glaube ich, keiner Bestätigung mehr. Hier handelt es sich nicht bloß um den Schutz gewisser Kreise etwa vor nationalistischen oder antisemitischen Ausschreitungen von deutscher Seite. Es handelt sich aber um das Ansehen der Besatzungsmacht und um das Ansehen des Staates bei uns, und die Besatzungsmacht hätte allen Grund, gerade hier einzugreifen, um das Entstehen dessen zu vermeiden, was sie angeblich mit diesen Maßnahmen verhindern will.
Meine sehr verehrten Anwesenden! Wir haben heute auf diesem Gebiet sowohl im Westen an der sogenannten grünen Grenze wie dann auch in den DP-Lagern, an der bayrisch-österreichischen Grenze unten bei Bad Reichenhall und oben an der Sowjetzonengrenze Vorgänge, die sonst zu den Geschichten gehören, die wir in Abenteurer- und in Wildwest-Romanen gelesen haben. Diese Zustände haben sich heute nach Deutschland verlagert und werden seit Jahren gekannt, gesehen, und trotzdem scheitern wir bei dem Versuch, einmal gründlich mit diesem Unfug, mit diesem Gangster- und Gaunerunwesen bei uns aufzuräumen, an Zuständigkeitsschwierigkeiten und an einer Reihe von Vorwänden, an die weder wir glauben noch die, die sie erheben. Es muß auch bei uns wieder die Möglichkeit gegeben werden - nicht in dem Sinne, wie wir es früher im Jahre 1933 gehört haben: Ordnungszellen oder ähnliches -, daß, wie es der Polizei in allen demokratischen Staaten möglich ist, Sauberkeit und Ordnung geschaffen werden.
Wenn z. B. der „Telegraf" vom 24. Januar 1950, um auch ein Berliner Beispiel zu erwähnen, berichtet, daß auf dem Güterbahnhof Pankow 30 Waggons brasilianischen Rohkaffees ausgeladen worden seien, die auf dem Wege über den Balkan und Polen nach Berlin gekommen seien, so wird man die Ziffer von 30 000 t illegaler Gesamtkaffeeeinfuhr im Bundesgebiet und Gebiet von Berlin nicht als übertrieben bezeichnen können. In einem Jahre nach der Währungsreform sind insgesamt von den Zollbehörden und Staatsanwaltschaften 1 055 000 Kilo Rohkaffee und 43 000 Kilo Röstkaffee beschlagnahmt worden.
Wenn man den Quellen etwas zu Leibe rückt, so ist heute eine wesentliche Quelle schon genannt worden. Das sind die Liebesgabensendungen. Es gehört schon ein besonderes Maß an Gaunerei dazu, um eine Einrichtung und Möglichkeit, eine Vergünstigung, die dazu geschaffen worden ist, um notleidenden oder politisch verfolgten Menschen eine zusätzliche Hilfe zu gewähren, dazu zu mißbrauchen, um den deutschen Staat zu schädigen, deutsche Wirtschaftsgruppen an den Rand des Ruins zu bringen und sich persönlich maßlos zu bereichern.
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An dieser Frage der Liebesgaben sind aber nicht nur die DP-Lager beteiligt. Wir kennen die Zustände im Lager Bergen-Belsen, wo monatliche Liebesgaben-Lizenzen in einer Höhe erteilt worden sind, daß man die Betreffenden, wenn sie die eingeführte Ware hätten selber trinken müssen, vor dem Kaffee hätte schützen müssen, weil sie alle an Herzschlag gestorben wären.
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- Das ist natürlich jetzt nicht in Bayern - der Herr Kollege Mellies ist jetzt nicht mehr da -, sondern das ist in Bergen-Belsen.
Aber nicht nur aus DP-Lagern, auch aus Hamburg haben wir in diesem Zusammenhang noch ganz andere interessante Dinge gehört. In Hamburg ist eine interessante Methode eingerissen. Da wurde folgende Methode des Verkaufs von amerikanischem Büchsenkaffee auf dem Liebesgabenweg beobachtet. Amerikanische Soldaten zahlen bei der Liebesgabenstelle der Besatzungsbehörde einen Betrag von 5-10 Dollar ein, wogegen sie einen Bon erhalten. Dieser Bon berechtigt deutsche Personen gegen Vorweisung ihres Personalausweises zum Empfang eines Liebesgabenpakets, das von einer deutschen zur Ausgabe von Liebesgabenpaketen lizenzierten Firma zu liefern ist. In diesem Falle wurden von einer Gruppe von griechischen DPs in großem Stile auf der einen Seite dollarkräftige amerikanische Soldaten und auf der andern Seite Deutsche angeworben, die bereit waren, gegen eine Provision in Höhe von einer Tafel Schokolade ihren Personalausweis kurzfristig zur Verfügung zu stellen. Die Werbung der Deutschen geschah einfach in der Weise, daß halbwüchsige Jungen und Mädchen auf der Straße zur Hergabe ihrer Personalausweise überredet wurden. Diese Praxis wurde der Polizei dadurch bekannt, daß ein Werber vergaß, 15-20 Halbwüchsigen ihre Ausweise mit der Provisionsschokolade wieder zurückzugeben. Erst nach langem Suchen gelang es, die Identität der Werberin - in diesem Falle war es eine deutsche Frau - festzustellen. Also eine Methode, mit der auch auf diesem Wege außer den berühmten Großlizenzen für die DP-Lager versucht wird, die Liebesgabenmöglichkeiten für solche Zwecke zu mißbrauchen.
An der Grünen Grenze, wo das berühmte Loch im Westen ist, hatten wir allein im ersten Halbjahr 1949 21 300 Schmuggelfälle registriert. Dort soll ja der Schmuggel zum Teil zum Gewerbe gehören; und seit es im Bundesgebiet Gewerbefreiheit gibt, sind die Zustände noch entsprechend ausgeweitet worden. Im gleichen Halbjahr sind an dieser Stelle 52 000 kg Kaffee beschlagnahmt worden. Auch der Schmuggel über die Ostzone, über dessen politische Hintergründe heute schon gesprochen worden ist, konnte bis jetzt in keiner Weise irgendwie erfolgreich eingedämmt werden. Nach zuverlässigen Informationen wurden allein im russischen Sektor Berlins im Dezember 1949 21000 Sack Kaffee, im Januar 1950 24 000 und im Februar 30 000 Sack Rohkaffee verzollt, und zwar in Ostmark. Diese Mengen, für die die Kaffeeverbrauchssteuer nicht gezahlt wird - in der Ostzone gibt es keine Kaffeeverbrauchssteuer - fließen fast restlos auf den verschiedensten Wegen in das Bundesgebiet und dienen offensichtlich dazu, politischen und wirtschaftlichen Stellen im Osten die für ihre besonderen Zwecke benötigten großen Beträge in D-Mark zu verschaffen.
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Es ist aber, meine sehr verehrten Anwesenden, auch mit aller Offenheit auf eine weitere Quelle hinzuweisen, das ist die Besatzungsmacht selbst und ihr D-Mark-Bedarf. In den Reichsmarkzeiten waren die Dinge ja leichter. Der Markbedarf, allgemein gesagt, war auch schon sehr groß, als die Fraternisierung noch nicht gestattet war. Seit die Fraternisierung gestattet ist, hat natürlich der D-Mark-Bedarf der Besatzungsmacht noch entsprechend zugenommen. Ich habe selber von verschiedenen Amerikanern gehört, daß es ihnen auf legalem Wege, d. h. auf dem Weg über den Umtausch von Dollars in D-Mark zu dem Satz von 1 Dollar gleich 4,20 DM, nur sehr schwer möglich sei, die von ihnen gewünschten, für den Besuch in Restaurants und von Veranstaltungen usw. benötigten D-Mark zu beschaffen, daß sie ,also zu diesem Zweck geradezu angewiesen seien, Zigaretten und Kaffee in deutsche Währung umzusetzen, um auf diesem Wege zu einer Befriedigung ihrer D-Mark-Bedürfnisse zu kommen.
Es ist schon einmal ein Vorschlag gemacht worden. Diesen Vorschlag möchte ich noch einmal der Bundesregierung für die Verhandlungen mit der Alliierten Hohen Kommission nahelegen; er wäre in beiderseitigem Interesse. Die hätten keine Ausrede mehr, wir hätten mehr Devisen, und der Schmuggel könnte vermindert werden, wenn es auf beiden Seiten ehrlich gemeint ist. Wie wäre es denn, wenn ein Teil des Gehalts, vielleicht 25°/o, aller Beamten, Soldaten und Offiziere der Besatzungsmächte in D-Mark ausgezahlt würde und dafür der entsprechende Betrag dann in Devisen, in Dollars dem deutschen Fonds gutgeschrieben würde? Auf diese Weise wäre es möglich, die Besatzungsmächte mit ehrlichen D-Mark zu versorgen. Sie hätten es nicht mehr notwendig - sie tun es nur aus Zwang heraus, anders machen sie es natürlich nicht -, Kaffee und Zigaretten umzusetzen, um sich D-Mark auf diesem Wege zu beschaffen.
Die Preisunterschiede, die hierbei auftreten, sind natürlich ganz erheblich. Seit die Rationierung in den amerikanischen PX-Läden aufgehoben worden ist und Kaffee in beliebigen Mengen erhältlich ist, können sie dort beliebige Mengen Büchsen - eine Büchse = 454 g feingemahlener Kaffee - zu einem Preis von 80 cents = 3,30 DM erwerben. Wenn man die deutschen Preise, die wir bezahlen müssen, damit vergleicht, ist es wohl richtig, daß ein Profit, wie er vorhin genannt worden ist, von mindestens 8 DM Verdienst je 1/2 kg Kaffee für die am Schmuggel oder Schwarzmarkt beteiligten Stellen zustande kommt.
In diesem Zusammenhang haben wir auch schlechte Erfahrungen mit der Abladung mancher Flugzeuge in Frankfurt/Main gemacht, wo ganze Pakete ankommen, und ebenso ist es bei Schiffsausladungen im Bremer Hafen.
Meine sehr verehrten Anwesenden! Wir müssen uns überlegen: Welche Mittel gegen Schmuggel und gegen den Schwarzmarkt und zu einer Bekämpfung der genannten Mißstände sind für uns überhaupt möglich? Da stehen wir, wie man ohne weiteres mit aller Deutlichkeit auch sagen muß, einfach vor gewissen für uns zur Zeit noch nicht überschreitbaren Grenzen. Es würde sich erstens einmal darum handeln, daß gegenüber allen im Bundesgebiet befindlichen Personen, Deutschen und Ausländern - daß Soldaten der Besatzungsmacht nicht darunter fallen können, ergibt sich aus den normalen militärischen Notwendigkeiten - die volle Polizeihoheit und die volle Gerichtshoheit wiederhergestellt wird. Allein auf Grund dieser Maßnahme wäre es der Staatsanwaltschaft, dem Oberfinanzpräsidium, den Zollfahndungsbehörden usw. möglich, energisch einzugreifen. Die Praxis, die die Militärgerichte bisher weitgehend in solchen Fällen angewandt haben, hat nicht dazu geführt, daß Schmuggel und Schwarzhandel eingedämmt werden konnten. Es wurden großenteils milde Strafen verhängt, und Bestände sind wieder freigegeben worden, so daß sie sogar nach gerichtlicher Sicherstellung in genau die gleichen Kanäle gewandert sind, für die sie tatsächlich ursprünglich bestimmt waren.
Die volle Polizei- und Gerichtshoheit muß auch gegenüber sämtlichen DPs und gegenüber den DP-Lagern bestehen. Es ist ein unwürdiger Zustand, daß deutsche Polizei nur in Begleitung von Militärpolizei ein DP-Lager betreten darf. Nachdem nun die DPs ab 1. Juli, wie wir aus dem Besatzungskostenhaushalt entnommen haben, in den deutschen Haushalt übernommen werden, nachdem die Betreuung durch die IRO und ihre Organisationen aufhört, so daß nur mehr eine gewisse Kontrolle durch die IRO übrigbleibt, müßte - und darauf möchte ich den Herrn Finanzminister hinweisen - bei der Hohen Kommission erwirkt werden, daß die deutsche Polizei ab 1. Juli die uneingeschränkte Möglichkeit des Einschreitens im Rahmen der geltenden Gesetze wie gegenüber jedem Staatsbürger auch gegenüber den DPs hat.
Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Folgende Maßnahmen: Ausbau 0 des Zollfahndungsdienstes, Einstellung der Liebesgabensendungen und Senkung der Verbrauchssteuern sind die Mittel, mit denen der Schwarzmarkt und der Schmuggel bei uns bekämpft werden können. Es ist klar, daß mit der Senkung der Verbrauchssteuern der Finanzminister nur dann vorgehen kann, wenn er gleichzeitig die Gewähr erhält, daß der Schmuggel weitgehend oder ganz eingestellt, eingedämmt wird oder jedenfalls auf den normalen Umfang zurückgeht. Allein eine zehnprozentige Senkung der Zigarettensteuer würde bei dem gegenwärtigen Umsatz eine Senkung der Steuereinnahmen um mindestens 300 Millionen DM ausmachen. Da die Verbrauchssteuern und die Zölle mit der Umsatzsteuer überhaupt das Rückgrat des Bundeshaushalts ausmachen, ist diese Senkung für den Finanzminister nur unter den vorgenannten Bedingungen möglich. Hier auf diesem Gebiet sollte die Alliierte Hohe Kommission die Zustände in Deutschland sehr, sehr ernst nehmen, im Interesse der Bundesrepublik und in ihrem eigenen Interesse.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kalbitzer.
Meine Damen und Herren! Mit den vorliegenden Anfragen u d Anträgen ist eine Möglichkeit zur umfassenden Lösung dieser skandalösen Schmuggeleien nicht gegeben. Die Ausführungen des Herrn Finanzministers dagegen bringen die Sache der Lösung näher, und wir müssen insofern diese Ausführungen unterstützen.
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Der Schmuggel hat, wie der Herr Finanzminister klargemacht hat, mehrere Ursachen, die alle zusammen erst das wesentliche Problem lösen können. Einzelmaßnahmen wie Steuersenkungen allein tun es hier nicht. Deshalb hat sich die SPD entschlossen, hier einen Antrag vorzulegen, den ich dem Herrn Präsidenten soeben heraufgereicht habe und der eine umfassende Lösung dieses Problems in fünf Punkten vorsieht. Ich möchte Ihnen das im einzelnen erläutern.
Ich habe schon anläßlich der Debatte über die Errichtung einer Bundesstelle für den Warenverkehr darauf hingewiesen, daß der illegale Handel im Interzonenhandel den legalen bei weitem über trifft. Im Wirtschaftsausschuß wurden uns vorgestern hierüber einige Zahlen genannt. Das Interzonen-Handelsabkommen sieht einen Umfang von 300 Millionen DM vor. Dieses Abkommen ist nur zu etwa 20 % ausgenutzt worden. Dagegen schätzt man den illegalen Interzonenhandel auf etwa 1 Milliarde DM. Das zeigt, daß der legale Handel durch den illegalen in dem Verkehr zwischen der Bundesrepublik und der Ostzone völlig überwuchert ist. Das Interzonen-Handelsabkommen endet am 30. Juni, und die Regierung hat im Wirtschaftsausschuß mitgeteilt, daß sie noch nicht in der Lage ist, eine andere, bessere Lösung vorzuschlagen, da sie darüber noch keine Vorarbeiten geleistet hat. Mir scheint, daß dieses Eingeständnis der Hilflosigkeit der Regierung in der Frage des Interzonenhandels beschämend ist. Wir fordern deshalb, daß dem Bundestag schnellstens ein Gesetz vorgelegt wird, das den illegalen Handel mit der Ostzone unter wirksame Strafen stellt. Der legale Handel, der also über ein Abkommen geht, ist dagegen aufs nachdrücklichste zu fördern, und es muß das Gesamtvolumen des Interzonenhandels weiterhin ansteigen; das ist im Interesse der gesamten deutschen Wirtschaft.
Wir haben vom Finanzminister weiter gehört, daß der Grenzschutz erhöht werden soll. Wir glauben, man sollte in diesem Zusammenhang auch besonderen Nachdruck darauf legen, daß für außergewöhnliche Leistungen des Grenzschutzes und der Zollfahndung eine entsprechend ihrer überdurchschnittlichen Leistung bessere Entlöhnung in Erwägung gezogen werden muß. Wir beantragen deshalb zweitens, den Zollgrenzschutz und die Kontrolle der Ostzonengrenze derart zu organisieren, daß der illegale Handel wirksam eingedämmt werden kann.
Wir haben dieser Tage und jetzt aus dem Munde des Finanzministers gehört, daß endlich Besprechungen zwischen der Regierung und der Hohen Kommission angelaufen sind, die den Schmuggel in den PX-Läden, den Besatzungsdienststellen und den DP-Lagern zum Inhalt haben. Ich will Sie hier nicht weiter mit Einzelheiten behelligen, die ja vom Herrn Finanzminister und zum Schluß auch von Herrn Strauß ausführlich dargelegt worden sind. Wir hoffen in dieser Sache eines: daß die Amerikaner einsehen, daß man Deutschland nicht mit der einen Hand aufbauen helfen und es mit der anderen zulassen kann, daß die wirtschaftliche Moral und das Steueraufkommen zerstört werden. Das. Ergebnis muß negativ sein, wenn die Alliierten hier nicht auf allen Wegen die deutsche Wirtschaft unterstützen, und das heißt in dieser Hinsicht, daß sie im Bereich ihrer eigenen Hoheit als Besatzungsmächte
mit strengen Maßnahmen eingreifen und es nicht bei bloßen Zusagen bewenden lassen. Deshalb beantragen wir drittens, mit den Hohen Kommissaren die Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, einen Weiterverkauf von aus dem Ausland kommenden Waren, die für alliierte Dienststellen und Einzelpersonen und DP's bestimmt sind, an inländische Abnehmer unter Umgehung der Zoll- und Steuergesetze endgültig zu unterbinden.
Es ist in der öffentlichen Diskussion gegen den Schmuggel in der Regel nur vorgeschlagen worden, die Steuern und Abgaben zu senken. Wir glauben, daß diese Senkung allein nicht ausreicht und nicht möglich ist, da es für unseren Haushalt unerträglich wäre, weitere Einnahmeminderungen hinzunehmen.
Der Kampf gegen den Schmuggel muß hier von zwei Seiten aufgenommen werden; denn bei Schiebergewinnen von mehreren hundert Prozent lohnt sich für die Verbrecher jedes Risiko. Auf der einen Seite muß man durch bessere Überwachung der Grenzen und der illegalen Geschäfte auch im Inland das Risiko für die Schieber und Schmuggler erhöhen, und auf der anderen Seite muß man durch eine Steuersenkung die Profitchancen der Schmuggler und illegalen Händler vermindern.
Die heutige Höhe der Steuern für Kaffee, Tee, Schokoladenwaren usw. schließt breite Volksmassen vom Genuß dieser Dinge aus. Das ist schändlich und absolut unsozial. Denn auf diese Art zahlen die Armen durch den Verzicht auf diese bescheidenen Genußmittel die Folgen dieses Krieges allein. Auf diese Art werden weiter konkurrenzfähige Industrien, wie z. B. die Schokoladenindustrie, langsam aber sicher stranguliert Ich kann mich auch in diesem Zusammenhang de Argumentation des Herrn Finanzministers anläßlich der Einkommensteuerdebatte nicht anschließen, der zwei sich entgegenstehende Argumente damals angeführt hat. Er sagte nämlich bei der Begründung für die Senkung der Einkommensteuer, daß er bei Senkung der Einkommensteuer durch bessere Erfassung das gleiche Aufkommen hereinbringe, und sagte andererseits, daß durch Senkung der Einkommensteuer mehr Kapital für die Unternehmer vorhanden sei. Diese beiden Argumente schließen sich deshalb aus, weil er im
ersten Argument das Steueraufkommen durch bessere Erfassung erhalten wollte, im zweiten Argument aber zugab, daß durch die Steuersenkung die Unternehmer, d. h. die Großverdienenden, mehr für sich behielten. Wenn man bei der Steuersenkung für Kaffee, Tee, Kakao usw. auch so vorgeht und glaubt, allein durch die Senkung der Steuern eine bessere Erfassung garantieren zu können, so ist das eine große Illusion. Ohne eine bessere Methode der Erfassung an allen Grenzen ist es nicht möglich, das Steueraufkommen zu erhalten, und die ganze Aktion der Steuersenkung wäre ein Schlag ins Wasser.
Deshalb beantragen wir hierzu, daß, wenn die Regierung die Sicherheit erfolgreicher Unterbindung des illegalen Handels gibt, die Steuern und die sonstigen Abgaben für Kaffee, Tee, Zucker-, Kakao- und Tabakwaren so weit gesenkt werden, daß der Großschmuggel sich weniger lohnt und das Gesamtaufkommen aus diesen Abgaben nicht absinkt.
Es wird in der öffentlichen Diskussion auch zuwenig beachtet, daß den illegalen Einfuhren
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ebensolche illegalen Exporte gegenüberstehen. Ich habe von dem Herrn Finanzminister heute erstmalig gehört, daß er darauf hinwies. Auf diese illegalen Ausfuhren müssen die Betriebsprüfer der Finanzämter weit mehr als bisher achten; denn diese illegale Ausfuhr ist die Quelle erheblicher Steuerdefraudation. Der Herr Finanzminister hat, glaube ich, in diesem Punkt sein Versprechen der besseren Erfassung durch Betriebsprüfungen einzulösen.
Das Finanzministerium hat außerdem zu bedenken, daß es auch in seinem eigenen Hause Steuerhinterziehungen und Schmuggel Vorschub leistet. Es ist z. B. vorgekommen, daß eine karitative Organisation in großem Maße Kaffee eingeführt hat, den sie statt mit 10 DM nur mit 2,50 DM per Kilo zu versteuern brauchte. Dieser Kaffee ist von dieser Organisaiton trotzdem zum vollen Preis verkauft worden. Die Steuerdifferenz hat also diese karitative Organisation eingesteckt. Diese Methode ist zweifellos eine Ermessensüberschreitung der Behörde; denn sie ist dazu nicht befugt. Ich habe einen Beamten des Finanzministeriums darauf hingewiesen und gefordert, daß die noch unverkauften Teile dieser Einfuhren, die noch auf zolleigenen Lägern zolleigenen Lägern, sofort angehalten werden, und habe gebeten, nachdem mir dies mündlich zugesagt worden war, es mir schriftlich zu bestätigen, um Sicherheit zu haben, daß diese Form des illegalen Handels, vom Finanzministerium geduldet und positiv unterstützt, endlich unterbleibt. Man hat diese schriftliche Bestätigung abgelehnt,
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und ich muß sagen, daß eine solche Methode einen Affront gegen die Abgeordneten darstellt.
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Man kann nicht erwarten, daß das Volk den illegalen Handel verurteilt, und man kann nicht erwarten, daß seitens des Finanzministeriums für eine Besserung dieser Zustände mit Nachdruck eingetreten werden wird, wenn im eigenen Hans derartige Zustände herrschen.
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In dieser Hinsicht schließe ich mich deshalb der Anfrage der Damen und Herren der FDP - Anfrage Nr. 66 - vollinhaltlich an.
Abschließend zu diesem Thema beantragen wir deshalb fünftens, den Zollgrenzschutz, die Zollfahndung und die Betriebsprüfer der Finanzämter anzuweisen, die illegalen Ausfuhren stärk-stens zu bekämpfen, da diese entweder als Gegenleistung von illegalen Einfuhren oder, was auch nicht selten der Fall ist, der Kapitalflucht aus Deutschland dienen. Bei Waren, deren illegale Einfuhr vermutet werden kann, haben die Dienststellen der Finanzverwaltung die Herkunft der Waren genau festzustellen und gegebenenfalls einzuschreiten.
Ich glaube, abschließend sagen zu können, daß der Kampf gegen den Schmuggel ein Zusammenspiel aller gesetzlichen und organisatorischen Maßnahmen erfordert. Ein weiteres Durch-dieFinger-Sehen der Verwaltung, wie ich es an einem Beispiel erläutert habe, würde die Gesetzesbrecher auf die Dauer zu den wahren Herren der Situation im deutschen Handel machen. Die Gesetze allerdings müssen in der Höhe ihrer Steuern
wirklich durchführbar sein. Denn die Kraft des K Staates erweist sich darin, daß seinen Maßnahmen Autorität gewiß ist.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Stegner.
Meine Damen und Herren! Sämtliche Vorredner, insonderheit der Herr Bundesfinanzminister, haben die drei Wege zur Bekämpfung des Schmuggels aufgezeigt. Der erste Weg ist die Erhöhung der deutschen Zuständigkeiten gegenüber den Alliierten in der Überprüfung, der zweite Weg die Verfeinerung der Zollgrenzschutz- und Zollabfertigungsmaßnahmen sowie der Fahndungsmaßnahmen, der dritte Weg die Senkung der Verbrauchssteuern. Was mich bedenklich macht, ist die Reihenfolge dieser Wege. Der Herr Bundesfinanzminister hat gesagt, man müsse erst sämtliche Zollgrenzschutzmöglichkeiten ausschöpfen, ehe man an eine Senkung der Verbrauchssteuern herangehen könne. Ich frage mich, ob wir hier nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Der Hauptgrund des Schmuggels
wenn man einmal von der politischen Seite absieht - ist ja ein wirtschaftlicher: die Preisdifferenz gegenüber den umliegenden Ländern bringt dem Schmuggler den erheblichen wirtschaftlichen Gewinn. In der Preisdifferenz liegen tatsächlich auch die Verbrauchssteuer und der Zoll drin. Der Zoll ist relativ gering, die Verbrauchssteuer relativ hoch, der Schmuggel ist demnach ein lohnendes Geschäft. Wir meinen, man müßte alle drei Maßnahmen gleichzeitig erwägen, nämlich einmal die Senkung der Verbrauchssteuern, um dem Schmuggler den wirtschaftlichen Grund für den Schmuggel zu nehmen, zweitens die Verfeinerung des Zollgrenzschutzes und drittens die Maßnahmen bezüglich der Besatzungsmacht.
Lassen Sie mich über die Maßnahmen bezüglich der Besatzungsmacht ein paar Worte sagen. Wir haben mit Freude die Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers gehört, daß gute Verhandlungen in dieser Richtung im Gange seien. Das ist erfreulich. Die Bundesregierung hat hier auch starke Argumente gegenüber den Hohen Kommissaren in der Hand. Ich darf beispielsweise an den Brief der Hohen Kommissare betreffend ihr Veto gegen das Einkommensteuergesetz erinnern. Am Schluß dieses Briefes werden der Bundesregierung Maßnahmen zur Erschließung zusätzlicher Steuerquellen empfohlen, um den voraussichtlichen Ausfall an Steueraufkommen auf zuwiegen. Zweitens werden darin verbesserte Methoden zur Steuereinziehung und zur Durchführung der Steuergesetze empfohlen, die geeignet sind, die Steuerhinterziehung bei der Einkommensteuer und bei anderen Steuerarten zu verhindern. Darunter fallen zweifellos auch die Verfeinerung der Überprüfung und die Zollmethoden. Hier hat man also schon eine Rechtsgrundlage, die geeignet ist, mit den Hohen Kommissaren zu Regelungen zu kommen. Diese Dinge werden um so leichter sein, als den Hohen Kommissaren und ihren Behörden sehr umfangreiche Unterlagen über den Schmuggel vorliegen.
Ich darf in diesem Zusammenhang auf den zweiten Punkt, auf die Verbesserung des Zollgrenzschutzes kommen. Die Einfuhr hat sich ({0})
I das haben meine Vorredner schon betont -weitgehend an die Zonengrenze verlagert, weil man sich nicht dazu entschließen konnte, verwaltungsmäßig die Zonengrenze als reine Zollgrenze zu betrachten, sondern sie eben mehr als Verwaltungsgrenze behandelt hat. So haben wir das Schauspiel erleben müssen, daß ein Großteil des Schmuggels heute über die Zonengrenze geht. Daß das den Alliierten bekannt ist, beweist eine Notiz in der „Süddeutschen Tabakzeitung", aus der ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten einige Sätze verlesen möchte. Dort steht in einem Artikel, der auf eine Associated-Press-Meldung zurückgeht, folgendes:
Die illegale Einfuhr insgesamt wurde von den alliierten Beamten auf 2 Milliarden DM geschätzt, zur Hauptsache Kaffee und Zigaretten. Den Ausfall an Zöllen und Verbrauchssteuern gaben die alliierten Beamten mit 1 Milliarde DM an. Der Schmuggel von Westdeutschland ins Ausland, besonders mit Kugellagern, optischen Instrumenten usw., erreichte nach Schätzung der alliierten Stellen einen Wert von 1,5 Milliarden DM. Die alliierten Beamten erklärten weiter, daß ein großer Teil der internationalen Schmugglerbanden, die Westdeutschland zur Zeit mit Schwarzmarktwaren geradezu überfluten, sowjetisch kontrolliert seien. Die Banden würden von den Oststaaten und der Ostzone aus eingesetzt und hätten die Aufgabe, die westdeutsche Wirtschaft zu unterhöhlen.
Meine Damen und Herren, es ist hier viel von Kaffee, Tee, Zigaretten usw. gesprochen worden. Ich habe gerade vor einigen Tagen Unterlagen von den deutschen Salinen bekommen. Salz ist auch ein Artikel, der der Verbrauchssteuer unterliegt. Die Einfuhr von illegalem Salz aus der Ostzone ist bereits derartig groß, daß die deutschen Salinen mit großen Umsatzrückgängen zu kämpfen haben und daß sie in absehbarer Zeit Arbeitskräfte freistellen müssen, wenn diese illegale Einfuhr von Salz aus der Ostzone nicht unterbunden wird.
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- Herr Rische, Ihr Zwischenruf ist nicht berechtigt, wenn Sie schon illegal importieren. Sie importieren ja auch illegal geistige Güter. - Nein, Sie nicht, aber Ihre Freunde! Vielleicht Sie auch, das entzieht sich meiner Kenntnis.
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Sie importieren ja illegal die Nationale Front und alle Ihre schönen Maximen.
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- Einen Augenblick, Sie können gleich fortfahren! - Wenn Sie die einführen und hier propagieren, dann mögen Sie das tun. Aber Sie können nicht verlangen, daß wir Ihnen das auch noch aus westdeutschen Mitteln bezahlen.
({4})
- Einen Augenblick mal! Wollen Sie etwa meine Angaben anzweifeln? Dann darf ich sie einmal erweitern. Ich habe noch eine ganze Menge Material, das hier noch nicht zur Sprache gekommen ist.
({5})
- Sie reden anschließend an mich, Herr Rische, Sie können mich ja widerlegen.
Mir schreibt zum Beispiel eine schweizerische Ex- und Importfirma, die ich sehr gut kenne
- ich bitte auch hier einige Sätze verlesen zu dürfen -:
Der Kaffeeschmuggel aus der Ostzone umfaßt bereits ein monatliches Volumen im Augenblick von zirka 4000 Tonnen. Wir als Firma sind in der Lage, Ihnen durch entsprechende Papiere nachzuweisen, daß in den Entladungshäfen Triest, Rotterdam, Antwerpen usw. für die Ostzone diese Mengen eingeführt werden, und es ist klar, daß die Ostzone diese Mengen Kaffee nicht verbraucht, sondern daß sie auf dem Schwarzmarkt in den Westzonen wieder erscheinen. 4000 Tonnen monatlicher Einfuhr bedeuten beim Kaffee rund 48 000 Tonnen pro Jahr, für die die Verbrauchssteuern von rund 300 bis 400 Millionen DM ausfallen. Die Ostzone wird für diese 48 000 Tonnen Kaffee bei einem Kleinverkaufspreis von 20 DM je Kilo einen Gegenwert von rund einer Milliarde erhalten. Es ist uns bekannt, daß diese eine Milliarde DM zu einem erheblichen Teil für Zwecke der Komintern Verwendung findet.
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Meine Damen und Herren, wenn vorhin Herr Abgeordneter Kalbitzer die illegale Einfuhr mit einer Milliarde DM angab, so scheint sie mir in Wirklichkeit höher zu sein, wenn hier von einer ausländischen Firma allein die Kaffeeeinfuhr in dieser Höhe bewertet wird.
Es scheint mir unerläßlich zu sein, daß der Zollgrenzschutz in ganz erheblicher Weise verstärkt wird und daß auch der Zollabfertigungsdienst besonders an der Zonengrenze in erheblicher Weise verstärkt wird. Es scheint mir aber auch notwendig zu sein, Herr Bundesfinanzminister, daß bei all den Firmen, die uns namentlich bekannt sind - fragen Sie darüber Ihren Herrn Kollegen für gesamtdeutsche Fragen, er kennt sie sicher auch -, durch verfeinerte Überprüfung der Zoll- und Steuerhinterziehung die rechtliche Grundlage für die Schließung dieser Firmen gefunden wird. Wenn Sie es genau wissen wollen, Herr Rische, mir schwebt auch die Ost-West-Handels-G.m.b.H. in Düsseldorf vor, aber auch noch einige hundert andere.
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- Wir brauchen da gar keine Haussuchungen. Ich glaube, daß der Herr Bundesfinanzminister die rechtliche Möglichkeit dazu hat, diese Firmen für ihren Steuer- und Zollbetrug strafrechtlich verfolgen zu lassen und die nötigen Gründe für die Entziehung der Gewerbezulassung für diese Betriebe zu finden. Hier ist der Ansatzpunkt, von dem dem Schmuggel zu Leibe gegangen werden muß.
Man könnte bei der Vielseitigkeit des Themas noch sehr viele Einzelheiten darüber beibringen. Es würde aber das Plenum ermüden, wenn ich diese Einzelheiten herausstellen würde. Wir werden uns zweifellos, wie ich eingangs sagte, damit befassen müssen, Möglichkeiten der Verbrauchssteuersenkung zu suchen. Es ist aber unmöglich, zum Beispiel den ausführlichen Bericht des Herrn Bundesfinanzministers mit seinem sehr reichhaltigen Zahlenmaterial jetzt aus dem Kopf zur Grundlage von Entscheidungen zu machen. Meine Freunde
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und ich schlagen deshalb dem Hause vor, die Anträge der Bayernpartei und der SPD dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zu überweisen. Ich darf Sie bitten, diesem Antrag, der hoffentlich zu einer schnellen Durcharbeitung und Lösung der Dinge führen wird, Ihre Zustimmung zu geben.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ewers.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte ist durch den Skandal des Großschmuggels aus-. gelöst, der sich zur Zeit schon dahin ausgewirkt hat, daß der Kaffeegroßhandel genau wie vor einem Vierteljahr die Zigarrenindustrie, zum Erliegen kommt und daß die Zigarettenindustrie vor der Notwendigkeit der Arbeiterentlassungen steht, weil sie mit ihrer legalen Produktion den Markt nicht mehr versorgen kann. Das sind neben allen moralischen Dingen die Sturmzeichen, die in der Tat die volle Beachtung nicht nur dieses Hauses, sondern der gesamten deutschen Öffentlichkeit erheischen. In welcher Weise man diesen Dingen, meines Erachtens ein halbes Jahr zu spät. nunmehr zu Leibe gehen kann und will, hat der Herr Bundesfinanzminister dem Hause erläutert. Seinen sehr eingehenden detaillierter Angaben haben wir mit Interesse gelauscht. Wir haben daraus herauszuhören gemeint, daß sie zu einem großen Teil an die Adresse der Hohen Kommissare gerichtet waren und daß die Begründung, die man ihnen gegeben hat, insofern wiederum, darf ich sagen, innen-außenpolitisch abgestimmt war.
Was mich besonders veranlaßt, das Wort zu nehmen, ist folgendes, was bisher kaum gestreift, höchstens einmal unklar angedeutet worden ist. Aus den Worten des Herrn Bundesfinanzministers klang die Meinung heraus, als ob die gegenwärtigen Steuersätze für Kaffee, Zigaretten, für Tee insbesondere und für andere Verbrauchsgüter gerecht und zweckmäßig wären und als ob mit einer Senkung dieser Sätze irgendwelche fiskalischen Gefahren für das Steueraufkommen verbunden sein könnten. Ich glaube nicht, daß das eine Weisheit ist, die dem Hirn des Herrn Bundesfinanzministers selbst entsprungen ist; er spricht sie wohl seinen amerikanisch-britischen Verhandlungspartnern nach. Denn wie liegen die Dinge?
Es ist bekannt, daß man Luxus- und Verbrauchsgüter, insbesondere solche, die als der Volksgesundheit schädlich gelten, mit Steuern belastet, die zum Teil einen abschreckenden Charakter haben sollen. Dazu rechnet im Gemeindesteuersektor insbesondere die Hundesteuer. Weiterhin ist jedem Menschen, der in Steuerdingen nur die geringste Erfahrung hat, bekannt, daß Abschrekkung und Aufkommen immer in einem reziproken Verhältnis zueinander stehen. Je besser die Abschreckung gelingt, um so geringer ist das Steueraufkommen. Wo etwa der wirtschaftlich noch tragbare Satz bei einer einzelnen Steuer liegt,
wo also die Abschreckung bei gegebenen
Konsum trotzdem zu einem für den Fiskus annehmbaren Aufkommen führt, das ist mittlerweile einigermaßen erforscht.
Nun handelt es sich hier um Verbrauchsgüter, deren bevorzugte Besteuerung alle Nichtraucher,
Kaffeeverächter oder diejenigen, die nicht Teeliebhaber sind, begrüßen werden. Deswegen aber anzunehmen, daß es sich bei diesen Artikeln um „Luxusgüter" handle, ist insbesondere bei der Zigarette mittlerweile als weltfremder Unsinn erwiesen. Der Herr Redner der SPD-Fraktion hat völlig recht mit der Feststellung, daß diese Güter inzwischen, ich möchte fast sagen, schon seit einem Jahrhundert Gemeingut der Bevölkerung sind, daß man also hier in der Tat ein schier unentbehrliches Genußmittel besteuert. Man sollte also bei der Besteuerung dieser Dinge die Kirche im Dorfe lassen und die Abschrekkungstendenz im Zaum halten.
Das Gleiche gilt jedenfalls für Tee, aber auch für Kaffee, mindestens cum grano salis. Daß das reine Luxusgüter seien, die ein Kulturvolk heute schlechterdings entbehren könne, das läßt sich nur von Herrn Morgenthau als Strafmaßnahme für deutsche Menschen vertreten, aber keineswegs von einem Manne, der für das deutsche Volk spricht und handelt. Im Sinne des Herrn Morgenthau sind die heutigen Steuersätze, das darf man getrost sagen, reine Abschreckungssätze. Bei ihrer Bemessung ging man bestimmt von der Erwägung aus: wenn das im Kriege überwundene deutsche Volk, das kapituliert hat, sich solchen „Luxus" gestatten will, dann soll es wenigstens ordentlich blechen! Das ist die alleinige Tendenz der heutigen Steuersätze.
Die Annahme, daß bei einer angemessenen Senkung der Zigarettensteuer, wie sie vorgesehen ist, ein fiskalischer Ausfall eintreten könnte, ist durch die Darlegungen der Zigarettenindustrie so schlagend widerlegt, daß darauf kein Wort zu erwidern ist. Ich möchte daher mit aller Entschiedenheit der Meinung Ausdruck geben, daß a jede noch so gründliche wissenschaftliche Untersuchung zu dem Ergebnis führen wird: eine angemessene Senkung der Zigaretten- ,und der Kaffeesteuer wird bestimmt keinen Steuerausfall, sondern vermutlich nicht unerhebliche Steuermehreinnahmen bringen.
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Es kann keine Rede davon sein, daß irgendwelche fiskalischen Bedenken dagegen sprechen könnten, diese längst notwendige und für die Bekämpfung des Schmuggels unentbehrliche Maßnahme noch zurückzustellen. Das anzuführen war der Anlaß für mich, mich zum Worte zu melden; denn heute haben nun einmal diese Steuern für Kaffee, Tabak, Zigaretten und Tee reinen Abschreckungscharakter, etwa in dem Sinne, das deutsche Volk müsse bestraft werden, wenn es sich solchem Luxus hingibt.
Die Folge ist natürlich, daß die Öffentlichkeit die wirtschaftlichen Mittel und Wege findet - in diesem Falle leider schlechte Mittel und illegale Wege -, um diesem Druck, der wiederum moralisch illegal auf das Volk ausgeübt wird, auszuweichen. Meine Fraktion steht daher auf dem Standpunkt der Regierungserklärung vom September vorigen Jahres, daß diese wirtschaftlich und sozial überhaupt nicht zu verantwortenden Steuern, auch wenn wir die Mißstände des Riesenschmuggels nicht hätten, gesenkt werden müßten, und zwar so, daß einerseits das Steueraufkommen möglichst höher wird, aber andererseits die Möglichkeit geschaffen wird, daß auch der kleine Mann sich diese Genußmittel zuführen kann.
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In diesem Sinne wollte ich den Herrn Finanzminister bitten, seine Ansicht im Ausschuß vielleicht etwas zu korrigieren, die Ansicht, die er heute hier sehr geschickt und eingehend vertreten hat.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Etzel ({0}). 8 Minuten, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Befürchten Sie nicht, daß ich bei meinen Ausführungen über das umfassende Problem, das die Kaffee-, Tee- und Zigarettensteuer in gleicher Weise umfaßt und sich nicht nur auf die einschlägigen Verbrauchssteuern beschränkt, sondern auch eine große allgemeinwirtschaftliche und wirtschaftsmoralische Bedeutung besitzt, auf Einzelheiten eingehe. Besorgen Sie auch nicht, ich würde mich näher darüber auslassen, daß bei den derzeitigen Zuständen das Aufkommen aus den in Frage kommenden Verbrauchssteuern schrumpft, das Aufkommen aus Körperschaft-, Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer zurückgeht, daß einst blühende Zweige der deutschen Wirtschaft, der deutschen Industrie und des deutschen Handels zum Erliegen zu kommen drohen, daß weitere Arbeitslosigkeit eintreten wird und dergleichen mehr. Darüber haben ausgiebig und überzeugend die Antragsbegründer oder, wie ich auch sagen könnte, die Herren Anklagevertreter gesprochen. Die wahren Sachverhalte werden ja auch bereits von den bekannten Spatzen von allen Dächern gezwitschert. Im übrigen bin ich
3) der Meinung, daß diesem Hohen Hause nur Wirtschaftsexperten angehören. Ich kann mich also auf einige wenige grundsätzliche Bemerkungen beschränken, wobei ich es auch unterlassen will, auf die eigenartige und interessante Note einzugehen, die in der Debatte angeklungen ist: es machten sich Anzeichen dafür bemerkbar, daß der organisierte Großschmuggel neuerdings auch als ein Mittel und eine Methode des Großkampfes von Weltmachtgruppen benutzt wird.
Das, worauf es mir ankommt, ist ein anderes. Der Herr Bundesfinanzminister hat bei der Aufzählung der Maßnahmen, die in nächster Zeit ergriffen werden sollen, vor allem solche repressiver, also polizeilicher Natur genannt. Damit, daß wir den Schwarzhändlern an ihren Standorten und in ihren Schlupfwinkeln zu Leibe rücken und dort, am letzten Ende eines Umsatzprozesses, kleine Teilresultate erzielen, wird das Problem nicht gelöst. Ich bin vielmehr der Meinung, daß wir in einer Phase der freien Marktwirtschaft auch nur mit den Mitteln der Marktgesetze selbst einen Erfolg erzielen können.
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Es kann sich also, um das Notwendige im Augenblick nicht tun zu müssen, in erster Linie nicht darum drehen, zu polizeilichen Maßnahmen zu greifen, sondern es gilt, für die beteiligten Wirtschaftszweige gleiche Start- und Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und die legalen Wirtschaftszweige nicht mit schlechteren Wett. bewerbsbedingungen als den Schwarzhandel auszustatten.
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Eine solche Bevorzugung und Benachteiligung
einzelner Gruppen darf auch nicht innerhalb einer Branche geschehen, wie es beispielsweise innerhalb der Tabakwarenbranche zu Lasten der Zigarettenindustrie der Fall ist. Ich kann mich darauf beschränken, festzustellen, daß der Verband der Zigarettenindustrie die einschlägigen Gesichtspunkte überzeugend in einer im Februar an den Herrn Bundesfinanzminister gerichteten Eingabe dargelegt hat. Es darf ferner, meine Damen und Herren, auch nicht der Eindruck erweckt werden, als ob irgendeine amtliche Stelle es zunächst gar nicht so ungern sähe -ich sage, es darf nicht der Eindruck erweckt werden -,
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daß Genußmittel auf den deutschen Markt kommen, für die keine Devisen, wohl aber natürlich deutsche Mark bezahlt werden müssen.
Eine Nürnberger Zeitung, und zwar die „Nürnberger Nachrichten", hat am 1. März d. J. die Mitteilung gebracht, der Herr Staatssekretär im Bundesfinanzministerium habe für die Ablehnung der Senkung der Kaffee- und Zigarettensteuer die Begründung gegeben, daß man eine Verbrauchssteigerung vermeiden wolle, denn dadurch werde eine Erhöhung der Devisenbeträge für Importe ausgelöst.
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Man wisse sehr wohl, daß mit einer Steuersenkung Schmuggel und Schwarzhandel bekämpft werden könnten, aber man habe nicht die Devisen, um diesen Kampf zu führen. Es wäre sehr interessant und sehr wichtig, zu erfahren, ob die Nürnberger Zeitung den Sachverhalt richtig angegeben hat, ob ihre Behauptung richtig ist und ob der Herr Bundesfinanzminister sich mit einer solchen Auffassung identifiziert.
Nach meiner Meinung darf mit einer Steuersenkung nicht länger zugewartet werden. Der Herr Bundesfinanzminister sagt, er sei genötigt, zunächst noch weiteres Material zu beschaffen und abzuwarten. Ich muß fragen: wie lange noch? Bis die einschlägigen Gewerbezweige unter den unterhöhlenden Wirkungen des illegalen Marktes zusammengebrochen sind?
Es ist nicht zu leugnen, daß die Zustände, die in den beteiligten Wirtschafts- und Verbrauchsbezirken heute innerhalb der Bundesrepublik bestehen, ein Skandal sind. Es ist das Wort vom Balkan gefallen. Ich weiß nicht, ob wir die Berechtigung zu einer hochmütigen Selbstgerechtigkeit haben und glauben dürfen, daß anderwärts solche Zustände noch in höherem Maße vorhanden sein könnten.
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Wir zwingen auch die ehrbaren, redlichen Verbrauchermassen dazu, zu dem Mittel des Schwarzmarktbezuges zu greifen. Es tritt eine Korrumpierung des öffentlichen Bewußtseins ein, und es werden Zustände weitergeschleppt, korruptive Verhältnisse, wie sie nur unter der Reichsmarkzeit der letzten Auslaufjahre bestanden haben.
({5})
Ich möchte, meine sehr verehrten Damen und Herren, einen Vorschlag machen. Ich glaube, es wäre Aufgabe dieses Hohen Hauses, die Initiative zu ergreifen und dafür zu sorgen, daß in kürzester Frist ein Initiativgesetzentwurf ein, gebracht wird. Zu diesem Zwecke müßte es sich
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ermöglichen lassen, daß eine interfraktionelle Fühlungnahme stattfindet, die einen derartigen Initiativantrag oder Gesetzesvorschlag ausarbeitet und verantwortlich einbringt. Zwar ist eine solche Gemeinschaft in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen, aber die Geschäftsordnung verbietet in keiner Weise eine solche interfraktionelle Arbeitsgemeinschaft, die auf vielen Gebieten zweifelsohne sehr förderlich sein kann.
Ich möchte also an das Hohe Haus appellieren, sich seiner Verantwortung bewußt zu werden und umgehend selbst die Initiative zu ergreifen, um diesen unerträglichen Zuständen in wichtigsten Wirtschafts- und Verbrauchsbezirken endlich ein Ende zu machen.
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Herr Abgeordneter Dr. Bertram, bitte! Acht Minuten.
Meine Damen und Herren! Das Thema der Bekämpfung des Schmuggels ist heute hier wohl erschöpfend behandelt worden. Zu diesem Thema möchte ich mich nicht verbreiten, aber einige Bemerkungen gestatten Sie mir noch zu der Frage der Senkung der Verbrauchssteuern. Die Frage, ob wir die Verbrauchssteuern senken sollen, wird sicherlich von uns allen sofort bejaht werden, wenn wir wissen, woher das Loch, das dann nach der Meinung des Herrn Bundesfinanzministers im Bundeshaushalt entstehen würde, gestopft werden soll.
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Das Loch, das durch die Verschärfung der Zollfahndung zunächst gestopft werden soll, wird vielleicht zugemacht werden können, aber ich möchte betonen: „vielleicht". Denn die zahlreichen halblegalen Einfuhren werden wir, glaube ich, auch mit einer Verschärfung all dieser Zollfahndungsmöglichkeiten nicht schließen können.
Aber eine andere Möglichkeit ist vorhanden. Der Verbrauch von Kaffee, Zigaretten und Zigarren ist ja nicht eine starre Größe. Der Bedarf ist wesentlich größer als diejenige Menge, die effektiv gekauft werden kann. Die Kaufkraft der Bevölkerung ist der entscheidende Schlüssel zur Lösung dieser ganzen Frage der Verbrauchsbesteuerung. Steigt die Kaufkraft der Bevölkerung insgesamt, steht ein größerer Betrag des Volkseinkommens zum Einkauf von begehrten Verbrauchsgütern zur Verfügung. Sie alle wissen, daß gerade die zahlreichen Arbeitslosen und Wohlfahrtsunterstützten kaum in der Lage sind, sich die dringend erwünschten Zigaretten täglich zu leisten oder sich regelmäßig einen größeren Zigarettenkonsum zu gestatten. Wenn die Gesamtkaufkraft der Bevölkerung gehoben würde, würde auch ein erheblich größerer Teil des Geldes für die Verbrauchsgüter ausgegeben werden, und damit würde automatisch auch der Staat einen größeren Anteil bekommen, selbst wenn wir die Steuern auf den einzelnen besteuerten Gegenstand erheblich senkten.
Die Voraussetzung, von der der Herr Bundesfinanzminister bei seinen Ausführungen ausging, nämlich daß, nur ein bestimmter Umsatz auf
diesem Gebiet der besteuerten Verbrauchsgüter zur Verfügung stehe, ist nicht richtig. Es kommt darauf an, daß wir durch eine aktive Wirtschaftspolitik das gesamte Volkseinkommen steigern. Nur wenn die Wirtschaftspolitik der Regierung
aktiver wird - bisher scheut sie sich ja, aktiv einzugreifen, offenbar weil sie manchmal glaubt, dadurch den Regeln der von ihr so verstandenen Marktwirtschaft zu widerstreiten - und nur wenn die Zahl der Arbeitslosen entsprechend geringer wird, werden wir die nötigen Umsätze erzielen, aus denen auch die haushaltsmäßige Deckung eines etwa befürchteten Defizits kommen kann. Hier liegt meiner Ansicht nach ein wesentliches Mittel, das die Regierung in der Hand hat. Über diese wirtschaftspolitischen Fragen haben wir uns ja schon öfter unterhalten. Wenn wir zu einer Politik der Vollbeschäftigung kommen würden und wenn die zahlreichen entsprechenden Anträge, vor allem der grundlegende Antrag, der hier im Bundestag auch angenommen worden ist, von der Regierung wirklich durchgeführt würden, brauchten wir uns nicht soviel Sorgen zu machen. Dann würden wir auch das berechtigte Ziel der Verbraucher, einen erträglichen Preis für Kaffee, Zigaretten usw. zu bekommen, wesentlich leichter erreichen können, als dies jetzt möglich ist, wo man einfach nur starr auf die Zahlen sieht und nicht mit aktiver und vielleicht risikoreicherer Politik die schwierigen Verhältnisse zu meistern versucht.
Wir sind deshalb der Ansicht: die Regierung soll ihre Wirtschaftspolitik ändern, sie soll in ihrer Wirtschaftspolitik aktiv werden. Dann wird sich auch auf diesem Gebiete eine wesentliche Erleichterung ergeben.
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Das Wort hat als letzter Redner Herr Abgeordneter Rische. 8 Minuten, Herr Abgeordneter!
Meine Damen und Herren! Ich bewundere manchmal die halsbrecherische Akrobatik gewisser Kollegen,
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die aus jeder - ich gebrauche mal ein herzliches Wort - Schweinerei, die in Westdeutschland vorkommt, sogleich eine antisowjetische Hetze machen können.
({1})
Herr Abgeordneter, ich weise solche Bemerkungen zurück und warne Sie, so weiter fortzufahren.
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Es sind herzliche Worte, Herr Präsident! Ich kann nicht verstehen, daß Sie den Tatsachen so widersprechen wollen.
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Meine Damen und Herren, die Herren Vorredner haben hier von dieser Stelle aus der Öffentlichkeit sehr eindrucksvolle Zahlen über den Schmuggel bekanntgegeben. Ich glaube, es erübrigt sich, auf diese Zahlen noch einmal einzugehen. Ich will nur versuchen, einige Fragen anzuschneiden, die, wie uns scheint, in engstem Zusammenhang mit dem Schmuggel dieser Genußmittel stehen.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: die Amerikaner müßten geradezu große Narren sein, wenn sie durch die Einfuhr von Tabak, Kaffee und anderen Genußmitteln den sogenannten Kalten Krieg ihrer Gegner unterstützen würden.
({1})
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Ich denke, die Amerikaner sind so kluge, berechnende Geschäftsleute, daß sie sehr wohl wissen, welchen Kaffee sie nach Europa importieren und wohin sie ihn importieren.
Man hat sehr viel geredet - wahrscheinlich in der Annahme: um die eigene Besatzungsmacht zu schlagen, müsse man die andere Besatzungsmacht prügeln - von dem Schmuggel aus der Deutschen Demokratischen Republik. Nun ist uns aber bekannt, daß gewisse offizielle Berliner Währungsschieber und Schmuggler, wie ich hinzufügen möchte, das Währungsgefälle, das sich dank Ihrer unseligen separaten Währungsreform nun einmal zwischen Ost und West ergeben hat, ausnutzen, um über den Schmuggel eine Schädigung der Wirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik zu erreichen.
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Herr Kollege Kalbitzer sprach auch von dem Interzonenhandel und gab uns hier imposante Zahlen bekannt über den illegalen Handel, der über die Zonengrenze hin und her vor sich gehen soll. Ich will keinesfalls diesem illegalen Interzonenhandel das Wort reden. Wir sind für Sauberkeit, gerade in dieser Beziehung.
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Aber es ist Tatsache, daß das deutsche Volk ganz natürlich auf Maßnahmen reagiert, die seitens der westdeutschen Bürokratie zur Unterbindung eines geordneten innerdeutschen Warenverkehrs seit Monaten wissentlich angeordnet werden.
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Ferner ist es ein offenes Geheimnis, daß gewisse West-Berliner Kassen den Schmuggel weitgehend ausnutzen, um ihren leeren Stadtsäckel wieder zu füllen. Ich erinnere hier an Methoden, wie man sie in Berlin gelegentlich mit der Neufestsetzung des Kurses zwischen der D-Mark Ost und der D-Mark West arrangiert. Das geschieht alles nur zu dem Zweck, um sich wieder einmal bestimmte Ostmarkbeträge für den Kalten Krieg zu beschaffen.
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Außerdem bin ich der Meinung, daß einige Vertreter dieser amtlichen Stellen heute sehr gut über diese offizielle Schmugglerpraxis Auskunft geben könnten.
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Die Chesterfield, der Kaffee und die CadburySchokolade werden nicht in Ost-Berlin hergestellt, sondern sie werden nach West-Berlin geschmuggelt und dann über Schmugglerringe und Verbrecherorganisationen um des Gewinns, des schnöden Gewinns willen wieder nach Westdeutschland transportiert.
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Über diese Dinge könnte meiner Meinung nach die Regierung, und zwar der Minister für gesamtdeutsche Fragen, hier an dieser Stelle sehr gut Auskunft geben. Er besitzt, wie der Kollege von der FDP hier schon anführte, sicherlich solche Unterlagen. Warum werden sie nicht auf den Tisch des Hauses gelegt? Ich fordere die Regierung auf, ganz
offen über diese Dinge zu sprechen. Sehen Sie, Kollege, was diese Schweizer Firma da über den Kaffeeschmuggel über Triest und andere Gebiete nach Ostdeutschland schwätzt, das erscheint uns schon darum absurd, weil diese Firma angeblich gute Beziehungen zu solchen Menschen unterhalten will, die über Kominform-Propaganda Bescheid wissen. Das scheint uns schon eine ziemlich faule Angelegenheit zu sein,
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und mir scheint, diese Firma will sich, weil sie den vorherrschenden Kurs in Westdeutschland kennt, damit einen guten geschäftlichen Start verschaffen.
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Der Kaffee kommt aus solchen Ländern, die ihre Besatzungstruppen in Westdeutschland unterhalten, und diese brauchen den Schmuggel, um die vielen „Veronikas" zu unterhalten,
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die nun einmal zu den Requisiten der westlichen Besatzungsmächte gehören.
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Außerdem ist das, was wir hier an Schmuggel über die Zonengrenze und über die westlichen Grenzen erleben, die Fortsetzung der JEIA-Praxis von ehedem.
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Die JEIA-Agenten haben im Schmuggel eine neue wirksame Bereicherungsquelle gefunden, nachdem es im Außenhandel Gott sei Dank jetzt einige deutsche Kontrollen gibt.
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Meine Damen und Herren, dazu ein ganz offenes, ehrliches Wort!
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Die politischen Hintermänner des Schmuggels sind der Regierung bekannt. Sie sind auch dem Finanzminister bekannt.
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Er hat sehr versteckt und mit viel Zurückhaltung an die Adresse der Hohen Kommission gesprochen. Wir verlangen aber ernste und harte Worte und fordern, daß die Regierung sich stark macht, um bei dieser Stelle einmal einzuwirken, damit der Schmuggel ein Ende findet. Dorthin gehen die Fäden, die schließlich dazu führen, daß der Schmuggel in Westdeutschland so sprießt.
Noch eine Minute!
Es ist Tatsache, daß Sie in Frankfurt und in allen anderen Großstädten an allen Ecken Kaffee schwarz kaufen können, und die westdeutschen gequälten Werktätigen und Verbraucher müßten geradezu Narren sein, wenn sie den billigeren Kaffee, der geschmuggelt wird, nicht kauften. Darum also endlich herunter mit den Steuern, so herunter, daß auch die Werk({0})
tätigen Gelegenheit finden, sich diese Genußmittel zu beschaffen.
Damit, meine Damen und Herren, komme ich zum Schluß. Eine Regierung, die keine politische Hoheit besitzt, wird - das sage ich zu diesem Problem - auch keine Zollhoheit besitzen.
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Meine Damen und Herren! Ich schließe die Aussprache über die Punkte 1 a, b und c der Tagesordnung.
Es ist der Antrag auf Überweisung der einschlägigen Drucksachen an den zuständigen Ausschuß gestellt. Ich darf das Einverständnis des Hauses feststellen, daß die Drucksachen Nr. 800 und 877 und der heute eingereichte Antrag der SPD-Fraktion an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen überwiesen werden.
({0})
- Auch noch an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik ?
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- Also federführend an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und außerdem an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik.
Meine Damen und Herren! Wir kommen dann zu dem neu eingesetzten Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Abgaben auf dem Gebiete der Ernährungswirtschaft ({2}).
Es bestand interfraktionell Einverständnis darüber, die gedruckt vorliegende Begründung als gegeben anzusehen, damit die erste Beratung abzuschließen und den Gesetzentwurf an den zuständigen Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. Darf ich das Einverständnis des Hauses mit dieser Regelung feststellen? - Ich höre keinen Widerspruch und erkläre damit die erste Beratung des Gesetzentwurfs auf Drucksache Nr. 922 für geschlossen.
Wie bereits von Herrn Vizepräsidenten Dr. Schmid angekündigt worden ist, kommen wir nunmehr zur
Abstimmung in der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzverwaltung ({3})
mit den dazugehörigen Abänderungsanträgen Drucksachen Nr. 911, .925, 930 und 931 und dem gestern noch eingereichten Antrag der Bayernpartei.
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- Es ist dauernd geklingelt worden. Ich danke für diese Unterstützung!
Meine Damen und Herren, ich rufe zunächst § 1 auf. Wir haben über den Abänderungsantrag des Zentrums auf Drucksache Nr. 925 Ziffer 1 abzustimmen.
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--Da haben Sie allerdings recht. Es ist gestern
von Herrn Abgeordneten Zinn der Antrag gestellt worden, diesen Gesetzentwurf zunächst noch
einmal an den Finanzausschuß unter Hinzuziehung des Ausschusses für Rechtswesen zu verweisen. Das ist der weitestgehende Antrag. Ich lasse also zunächst über diesen geschäftsordnungsmäßigen Antrag abstimmen, falls das Wort dazu nicht gewünscht wird. - Ich stelle fest: dies ist nicht der Fall. Wer für diesen geschäftsordnungsmäßigen Antrag auf Rückverweisung der vorliegenden Gesetzesvorlage ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Meine Damen und Herren! Wir kommen dann zur Abstimmung über den Gesetzentwurf auf Drucksache Nr. 888. Ich wiederhole: zu § 1 ist zunächst über den Abänderungsantrag des Zentrums auf Drucksache Nr. 925 Ziffer 1 abzustimmen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Wer nunmehr für § 1 in der vorliegenden Fassung der Drucksache Nr. 888 - Beschlüsse des 11. Ausschusses - ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. Das erste war die Mehrheit. Damit ist § 1 angenommen.
Wer für § 2 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war - bei Enthaltungen - zweifellos die Mehrheit.
§ 3 entfällt.
Zu § 4 liegt der Abänderungsantrag der Fraktion des Zentrums Drucksache Nr. 925 Ziffer 2 vor. Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere war die Mehrheit. Damit ist der Abänderungsantrag ab-, gelehnt.
Wer nunmehr für § 4 in der Fassung der Drucksache Nr. 888 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. § 4 ist angenommen.
Wer für § 5 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Damit ist § 5 nach Drucksache Nr. 888 angenommen.
Zu § 6 liegt der Abänderungsantrag Drucksache Nr. 925 Ziffer 3 vor. Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe.
- Der Antrag ist mit eindeutiger Mehrheit abgelehnt.
Wer nunmehr für § 6 in der vorliegenden Fassung der Drucksache Nr. 888 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit beschlossen.
Zu § 7 liegt der Abänderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion Drucksache Nr. 930 Ziffer 1 vor. Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere war die Mehrheit. Der Abänderungsantrag ist abgelehnt.
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- Das letztere war die Mehrheit; aber wenn die Abstimmung angezweifelt wird, müssen wir zum Hammelsprung übergehen, oder wir wiederholen die Abstimmung in der eben durchgeführten Form. Ich bitte noch einmal: Wer für den Abänderungsantrag Drucksache Nr. 930 Ziffer 1
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ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; das unterliegt keinem Zweifel. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Wer für § 7 in der Fassung der Drucksache Nr. 888 ist, wer ferner für die §§ 8 und 9 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit eindeutiger Mehrheit angenommen.
Zu § 10 liegt der Abänderungsantrag des Zentrums Drucksache Nr. 925 Ziffer 4 vor. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit. Der Abänderungsantrag ist abgelehnt.
Wer für § 10 in der Fassung des Ausschußantrags Drucksache Nr. 888 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. § 10 ist angenommen.
Zu § 11 mache ich darauf aufmerksam, daß ein Druckfehler zu berichtigen ist. In der letzten Zeile von Abs. 1 des § 11 in der Fassung des Ausschußantrags Drucksache Nr. 888 steht das Wort „Oberpräsidenten". Es muß richtig heißen: Oberfinanzpräsidenten.
Zu § 11 liegt der Abänderungsantrag der SPD-Fraktion Drucksache Nr. 931 vor. Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Damit ist dieser Abänderungsantrag angenommen.
Wer nunmehr für § 11 im ganzen ist,
({8})
- schön, in der soeben beschlossenen Fassung -, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit eindeutiger Mehrheit angenommen.
Zu § 12 liegt der Abänderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion Drucksache Nr. 930 Ziffer 2 vor.
({9})
- Danke schön! Wer also für § 12 in der vorliegenden Fassung des Ausschußantrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. § 12 ist angenommen.
Wer für § 13 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Gegenprobe! - Mit Mehrheit beschlossen.
Zu § 14 liegt der handschriftliche Antrag der Bayernpartei vor, im Abs. 1 die Worte „einschließlich der den Ländern zufließenden Biersteuer" als entbehrlich zu streichen.
Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! Mit zweifelsfreier Mehrheit abgelehnt.
Wer nunmehr für die §§ 14, - 15, - 16, - 17, - 18, - 19, - 20, - 21, - 22, - 23, -24, - 25, - 26, - 27, - 28, - 29, - 30, -31, - 32, - 33 - und 34 in der Fassung des Ausschußantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit zweifelsfreier Mehrheit beschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache Nr. 911 auf Einfügung eines § 34 a. Wer
für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wer für die §§ 35, - 36, -- 37, - 38, - 39, -40, - 41, - für das Entfallen von § 42, - ferner für § 43 in der Fassung der Drucksache Nr. 888 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Es ist demgemäß beschlossen.
Wer für die Einleitung und Überschrift ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich danke Ihnen. Ich bitte um die Gegenprobe. - Sie sind mit Mehrheit beschlossen.
Damit erkläre ich die Abstimmung in der zweiten Beratung für geschlossen und eröffne die dritte Beratung.
({10})
- Wollen Sie das Wort zur Geschäftsordnung?
({11})
- Dann bitte, zur Geschäftsordnung!
Meine Fraktion widerspricht der dritten Lesung heute.
Wird zu diesem geschäftsordnungsmäßigen Antrag des Herrn Abgeordneten Zinn, die dritte Beratung heute nicht zu führen, das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich lasse über diesen Antrag abstimmen.
({0})
- Herr Abgeordneter Zinn hat recht. Er hat w widersprochen, und so können wir die dritte Beratung heute nicht vornehmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schäffer oder der Herr Finanzminister?
({1})
- Bitte, Herr Finanzminister! Schäffer,
Bundesminister der Finanzen: Es ist selbstverständlich nach der Geschäftsordnung das Recht einer Fraktion und eines Angehörigen dieses Hauses, der Behandlung eines Gesetzentwurfes in dritter Lesung zu widersprechen, und es ist ebenso nach der Geschäftsordnung keine Möglichkeit gegeben, einem solchen Antrag, der die notwendige Unterstützung hat, zu widersprechen. Aber ich bedaure, daß all das, was ich gestern gesprochen habe und was nach meiner Überzeugung selbstverständlich ist, kein Gehör findet. Es ist üblich, daß man nicht nur der Minderheit, sondern auch der Mehrheit des Parlaments, und es ist üblich und sollte es sein, daß man auch dem Staat und einer Bundesregierung gegenüber eine gewisse Courtoisie wahrt.
({2})
Nachdem die Abstimmung in der zweiten Lesung die Mehrheitsverhältnisse des Hauses klar erwiesen hat, kann der Widerspruch nur bedeuten, daß ein Gesetz, das um des Staates und der Bundesrepublik willen notwendig ist, ohne Not verzögert wird.
(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. - Abg. Arnholz: Das ist eine
unerhörte Unterstellung!
Aber ich bitte doch, Herr Abgeordneter!
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Brentano.
Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, daß das Gesetz eine weitere Verzögerung durch die Pfingstferien nicht verträgt. Ich beantrage namens meiner Fraktion, für den kommenden Dienstag eine Plenarsitzung einzuberufen.
({0})
Sie haben den Antrag gehört. Es ist das Recht jeder Fraktion, die Einberufung einer Plenarsitzung zu beantragen. Es wird demgemäß verfahren werden. - Wir schließen damit die zweite Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs.
({0})
- Es braucht nicht abgestimmt zu werden; es genügt so vollkommen.
Wir kommen nunmehr zu Punkt 2 der Tagesordnung
Zweite und Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplanes und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949 ({1}).
Als Berichterstatter sind vorgesehen die Herren Abgeordneten Bausch, Seuffert, Dr. Krone und Dr. Blank.
Als erstem erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Bausch. - Ich bitte doch, Ruhe zu bewahren!
Bausch ({2}), Berichterstatter: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat in mehreren Sitzungen den in Drucksache Nr. 633 enthaltenen Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplanes und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949, besonders die neuen Einzelpläne, die diesem Gesetz beigegeben waren, beraten.
({3})
Meine Damen und Herren, ich bitte doch, dem Herrn Berichterstatter zuzuhören und alle Gespräche, die nicht notwendig sind, zu unterlassen. Wenn sie notwendig sind, mögen sie außerhalb des Hauses geführt werden. Unsere Verhandlungen gehen hier vor. - Bitte, Herr Abgeordneter!
Bausch ({0}), Berichterstatter: Das Ergebnis der Beratungen liegt Ihnen in dem Bericht des Haushaltsausschusses, Drucksache Nr. 891, vor.
Gestatten Sie mir, daß ich einige Worte sage, um klarzustellen, um was es sich bei diesem Gesetz handelt. Wie Sie wissen, hat der Bundestag am 30. März 1950 ein Gesetz
({1})
über die Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1949 verabschiedet. Diesem Gesetz waren die Haushaltspläne
der Bundesorgane und der Bundesverwaltungen
beigegeben, für die der Haushaltsplan der früheren
Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes
n i c h t als Grundlage für den Haushalt und die I Wirtschaftsführung dienen konnte, also die Haushalte für die hier in Bonn neu geschaffenen Bundesorgane.
({2})
Herr Abgeordneter, darf ich Sie noch einmal unterbrechen.
Meine Damen und Herren, ich empfinde es als eine Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Herrn Berichterstatter, derart laute Gespräche zu führen.
({0})
Ich appelliere an das Haus, dem Berichterstatter zuzuhören. Das gilt für alle Herren, die noch zu berichten haben.
Bitte,. Herr Abgeordneter, fahren Sie in Ihrem Bericht fort.
Bausch ({1}), Berichterstatter: Für diese wurden mit diesem Gesetz völlig neue Haushaltpläne aufgestellt. Für die sogenannten alten Bundesverwaltungen, die an die Stelle der entsprechenden Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets getreten sind wurde in diesem Haushaltsgesetz bestimmt, daß für ihre Wirtschaftsführung im Rumpfrechnungsjahr 1949, also in der Zeit vom 21. September 1949 bis 31. März 1950, der vom Frankfurter Wirtschaftsrat beschlossene Haushalt für das Rechnungsjahr 1949 als vorläufige Grundlage dienen soll. Ergänzungen oder Änderungen dieser Haushaltspläne sollten durch ein besonderes Gesetz beschlossen werden. Weiter wurde der Bundesminister der Finanzen durch § 11 des Haushaltsgesetzes vom 30. März 1950 ermächtigt, die Einzelpläne und den Gesamtabschluß unter Berücksichtigung etwaiger gesetzlich beschlossener Ergänzungen oder Änderungen festzustellen und bekanntzugeben.
Die Entwicklung hat es nun notwendig gemacht, an den Haushaltsplänen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets für 1949 eine Reihe solcher Ergänzungen oder Änderungen vorzunehmen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den ihm beigegebenen Einzelplänen hat die Regierung dem Bundestag diese Änderungen und Ergänzungen zur Genehmigung vorgeschlagen.
Der Haushaltsausschuß hat sowohl den Gesetzentwurf Drucksache Nr. 633 wie auch die Einzelpläne eingehend und sehr sorgfältig durchberaten. Ich bin vom Haushaltsausschuß beauftragt, Ihnen über diese Beratungen, soweit sie sich auf den Gesetzentwurf selbst, auf die Ergänzungen zum Haushaltsplan des Bundesministeriums des Innern, des Bundesministeriums der Finanzen, des Bundesministeriums für Wirtschaft, des Bundesministeriums für Arbeit, des Bundesministeriums für Verkehr und auch auf die Ergänzung zum Haushalt des Bundesministeriums für Post und Fernmeldewesen beziehen, zu berichten. Über die Ergänzungshaushalte der Allgemeinen Finanzverwaltung, des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Ergänzungshaushalt zum Haushalt der finanziellen Hilfe für Berlin wird von besonders bestellten Berichterstattern gesondert berichtet werden.
Kein Zweifel kann darüber bestehen, daß der jetzt zur Beratung stehende Ergänzungshaushalt von erheblich größerer finanzieller Bedeutung, von viel umfangreicherem finanziellem Volumen ist, als es die neugeschaffenen Bundeshaushalte waren. Dies ist schon daraus zu ersehen, daß die im März 1950 verabschiedeten neuen Haushalte einen Fi({2})
nanzbedarf von rund 27 Milionen DM erforderten, während diese Ergänzungshaushalte in Einnahme und Ausgabe, roh gesprochen, mehr als 500 Millionen DM erfordern.
Lassen Sie mich nun in Kürze auf das Ergebnis der Beratungen der einzelnen Ergänzungshaushalte im Haushaltsausschuß eingehen.
In dem Ergänzungshaushalt des Bundesministeriums des Innern wurden zur Vorbereitung und Durchführung der landwirtschaftlichen Betriebszählung 520 000 DM und zur Vorbereitung und Durchführung einer einmaligen statistischen Erhebung über den unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personenkreis 300 000 DM angefordert. Es handelt sich hier um Beträge, die zusätzlich zu dem im Etat des Statistischen Amtes der Verwaltung für Wirtschaft bewilligten Betrag für das neu eingerichtete Statistische Bundesamt benötigt werden. Diese Beträge sind - ich darf das hier feststellen - bereits in vollem Umfange ausgegeben. Der Haushaltsausschuß hat den von der Regierung angeforderten Beträgen seine Zustimmung erteilt.
In dem Ergänzungshaushalt für das Bundesministerium der Finanzen wird vor allem darauf hingewiesen, daß sich der Aufgabenbereich des Bundesministeriums der Finanzen in so außerordentlichem Maße ausgeweitet habe, daß eine starke Vermehrung des Beamtenkörpers unerläßlich notwendig geworden sei, da die neu angewachsenen Aufgaben mit dem jetzt vorhandenen Personal schlechterdings nicht mehr bewältigt werden könnten. Diese zusätzlichen Aufgaben sind auf Seite 2 der Anlage I c zur Drucksache Nr. 633 im einzelnen aufgeführt. Ich kann daher darauf verzichten, sie hier nochmals zu nennen.
Von seiten des Bundesfinanzministers wird weiterhin darauf hingewiesen, daß im Finanzministerium in letzter Zeit etwa 50 Gesetzentwürfe ausgearbeitet worden seien und daß der künftige Zolltarif etwa 3000 Positionen umfassen werde. Unter diesen Umständen ist es für jedermann einleuchtend, daß diese außerordentlich umfangreichen Aufgaben nicht mit dem bisherigen Personal bewältigt werden können. Der Bundesfinanzminister fordert deshalb in dem Ergänzungshaushalt neben den im Haushalt des Vereinigten Wirtschaftsgebiets für das Finanzressort bewilligten 129 Beamtenstellen weitere 185 Stellen an, so daß sich nach Annahme dieses Ergänzungshaushaltes die Zahl der Beamtenstellen im Bundesfinanzministerium auf 314 belaufen würde.
So einleuchtend diese Begründung für die Personalvermehrung auch erschien, so hat der Haushaltsausschuß doch nicht darauf verzichtet, den vom Bundesfinanzminister dem Ausschuß vorgelegten Stellenplan sowie den Geschäftsverteilungsplan des Ministeriums sehr sorgfältig zu überprüfen. Bei diesen Beratungen wurde eine Reihe von Problemen von grundsätzlicher und allgemein-politischer Bedeutung erörtert, von denen ich nur auf folgende hinweisen möchte.
Einen sehr großen Raum nahm die Erörterung der Verhältnisse auf dem Gebiet des Zollwesens ein. Darüber will ich jetzt kein weiteres Wort sagen, nachdem diese Angelegenheit heute früh sehr ausgiebig erörtert worden ist.
Der Aufbau einer Bundesvermögensverwaltung und die Durchführung der Artikel 134 und 135 des Grundgesetzes, also die Überführung des Vermögens des früheren Deutschen Reiches in das Bundesvermögen würden - so wurde im Ausschuß festgestellt- deshalb großen sachlichen Schwierigkeiten begegnen, weil die rechtlichen Verhältnisse in den drei Bundeszonen sehr verschieden geartet seien. In der amerikanischen Zone sei das frühere Reichsvermögen auf Grund der besatzungsrechtlichen Bestimmungen auf die Verwaltung der Länder übergegangen. Das zu schaffende Durchführungsgesetz zu Artikel 134 des Grundgesetzes könne wohl eine Änderung bringen; es müsse aber vom Bundesrat erst gutgeheißen werden. In der britischen Zone sei das frühere Reichseigentum wohl in das Eigen-turn der Länder übergegangen; die Verwaltung dieses Vermögens sei aber nach einer jetzt in Geltung befindlichen Verordnung nach den Weisungen des Bundes zu führen. Hier seien die Verhältnisse einfacher gelagert. In der französischen Zone seien die Rechtsverhältnisse wiederum verschieden. Das Finanzministerium stehe in ständigen Unterhandlungen mit der Besatzungsmacht. Es werde aber noch einige Zeit dauern, bis die Rechtsverhältnisse befriedigend geklärt seien.
Bei der Beratung der Stellenpläne für die Referate, die mit der Bearbeitung des Besatzungshaushalts und der Sozialhaushalte betraut sind, teilte die Regierung mit, daß im Rechnungsjahr 1950 beabsichtigt sei, in einem besonderen Einzelplan sämtliche Kriegsfolgelasten nach Artikel 120 des Grundgesetzes, abgesehen von den Besatzungskosten, zusammenzufassen, so daß also zum Beispiel die Kosten für Heimatvertriebene, für die Auswanderer, die Kosten für die Durchführung des Artikels 131 des Grundgesetzes, die Kosten für die Kriegsopfer und Kriegsbeschädigten, für die Arbeitslosen und für die Sozialversicherung zusammengefaßt in einem Einzelplan erscheinen würden. Diese Mitteilung löste eine eingehende Debatte darüber aus, ob eine solche Zusammenfassung der Kriegsfolgelasten zweckmäßig sei, da bisher die Lasten bei den für sie zuständigen Fachressorts etatisiert worden seien. Ein Abgeordneter wies darauf hin, daß bei der Durchführung dieses Plans die Gefahr bestehe, daß die Verantwortung der Fachminister durch das naturgemäß mehr fiskalisch eingestellte Finanzministerium überlagert würde. Die Regierung gab jedoch die ausdrückliche Erklärung ab, daß mit der Bewilligung der Stellen für das fragliche Referat des Finanzministeriums keinesfalls über die Aufstellung des Haushaltsplans für Kriegsfolgelasten für 1950 entschieden werden solle. Auch wenn jedoch die Aufstellung eines Sonderetats für Kriegsfolgelasten gebilligt würde, so werde doch dadurch keinesfalls an der Federführung durch die zuständigen Fachministerien etwas geändert.
Sehr eingehend befaßte sich der Haushaltsausschuß auch mit der Beratung des Stellenplans für die geplante Rechtsabteilung des Ministeriums, in der besondere Justitiariate für die verschiedensten Rechtsgebiete vorgesehen waren. Es wurde von mehreren Abgeordneten darauf hingewiesen, daß bei der Schaffung dieser Abteilung entsprechend dem vorgesehenen Stellenplan die Gefahr der Überschneidung mit den entsprechenden Referaten verschiedener anderer Ministerien bestehe, eine Gefahr, die unter allen Umständen vermieden werden müsse. Die vom Haushaltsausschuß aufgestellte Synopse der einschlägigen Fachreferate der anderen Ministerien bestätigte die Richtigkeit der geltend gemachten Bedenken. Der Haushaltsausschuß beschloß darauf, die für diese Rechtsabteilung angeforderten zusätzlichen Stellen zunächst einmal nicht zu bewilligen und die endgültige Entscheidung
({3})
über die Gestaltung der Rechtsabteilung des Finanzministeriums auf die Beratung des Haushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 zu verschieben.
Hinsichtlich der Mittel, die für die Beschaffungsstelle für die Bundesbehörden in Bonn angefordert wurden, teilte die Regierung mit, daß das Geschäftsgebaren dieser Beschaffungsstelle bis zum 30. November 1949 durch den Rechnungshof des Landes Nordrhein-Westfalen überprüft werde. Die Geschäftsgebarung seit 1. Dezember 1949 der Zeit, seitdem die Beschaffungsstelle unter die Aufsicht des Bundesfinanzministeriums gestellt worden sei - werde zur Zeit durch den Rechnungshof des Vereinigten Wirtschaftsgebiets überprüft.
Der Ergänzungshaushalt zum Haushalt des Bundesministeriums der Finanzen wurde hiernach mit den aus der Drucksache Nr. 891 im einzelnen zu ersehenden Änderungen angenommen.
Beim Ergänzungshaushalt des Bundeswirtschaftsministeriums handelt es sich vor allem um die Bewilligung der Mittel für die Ausgaben der Internationalen Ruhrbehörde. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob die Etatisierung dieser Mittel beim Bundeswirtschaftsministerium vertretbar sei oder ob
diese Mittel nicht besser beim Bundesministerium
für den Marshallplan, beim Bundeskanzleramt oder beim Bundesministerium des Innern etatisiert werden sollten. Der Haushaltsausschuß sprach sich jedoch dahin aus, diese Mittel wie vorgesehen im Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft zu etatisieren.
In dem Ergänzungshaushalt zum Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit handelt es sich vor allem um die Bewilligung der Gehälter des Ministers und des Staatssekretärs. Dasselbe ist auch für den Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr zu sagen.
Im Ergänzungshaushalt des Ministeriums für das Post- und Fernmeldewesen wird ein Betrag von , 2 900 000 DM für die Einrichtung einer bundeseigenen Druckerei - entsprechend der früheren Reichsdruckerei - mit je einer Dienststelle in Berlin bzw. Frankfurt-Bonn angefordert. Die Leitung der Druckerei soll in Frankfurt liegen. Es war die Meinung des Ausschusses, daß Druckarbeiten, die trotz der bestehenden Verkehrsschwierigkeiten und der Entfernung zwischen Bonn und Berlin in der früheren Reichshauptstadt erledigt werden könnten, auf alle Fälle in Berlin ausgeführt werden sollen. Zur Zeit werden bei der Abteilung der Bundesdruckerei in Berlin etwa 800 Arbeiter beschäftigt, während in Bonn etwa 80 Köpfe beschäftigt sind.
Der Haushaltsausschuß faßte den Beschluß, dem Bundestag die Annahme dieser Ergänzungshaushalte und des Ergänzungsgesetzes mit den in Drucksache Nr. 891 verzeichneten Änderungen zu empfehlen.
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Wir danken dem Herrn Abgeordneten Bausch für seine Berichterstattung.
Ich erteile das Wort nunmehr dem Herrn Abgeordneten Dr. Blank zur Berichterstattung über die Ergänzung des Haushalts des Bundesernährungsministeriums.
Dr. Blank ({0}) ({1}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ergänzung zum Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, über die ich Ihnen zu berichten habe, enthält außer der Festsetzung der Bezüge für den Bundesminister und den Staatssekretär einige sehr bedeutungsvolle Posten, die mit der Einfuhr von Lebensmitteln in das Bundesgebiet im Zusammenhang stehen. Auf der Einnahmeseite ergeben sich namhafte Abschöpfungsbeträge, auf der Ausgabeseite finden sich Subventionsbeträge zum Preisausgleich für eingeführte Lebens-und Düngemittel. Beide Summen beziehen sich auf die Zeit vom 1. Oktober 1949 bis 31. März 1950. Dieses in der Öffentlichkeit zum großen Teil falsch beurteilte und auch im ganzen nicht leicht übersehbare Problem läßt es zweckmäßig erscheinen, etwas näher auf diese Angelegenheit einzugehen.
Wie allgemein bekannt, wird seit dem Zusammenbruch die Versorgung der Bevölkerung Westdeutschlands mit Lebensmitteln in erheblichem Umfang durch Einfuhr sichergestellt, die von den Besatzungsmächten in der Form von Hilfslieferungen zur Verfügung gestellt wird. Zunächst erfolgte dabei die Abrechnung in Deutschland auf der Grundlage der vergleichbaren deutschen Inlandspreise, so daß weder das Problem der Abschöpfung noch das der Subventionen auftauchte. Diese Handhabung änderte sich auf Grund einer Anordnung der Militärregierung vom 20. Januar 1949, durch die für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet grundsätzlich festgelegt wurde, daß die eingeführten Lebensmittel wie auch die eingeführten Düngemittel entgegen dem bisherigen Verfahren auf der Grundlage der Weltmarktpreise abzurechnen seien. Dabei trat zunächst für die Zeit vom 1. März bis 30. April 1949 ein Zwischenstadium in der Form ein, daß die sogenannten Warenbewegungskosten nicht mehr abzugsfähig waren, während vom 1. Mai 1949 an auch die Umrechnung auf den Weltmarktpreis durchgeführt wurde, und zwar auf der Grundlage von 1 DM gleich 30 Dollarcents. Um das inländische Preisgefüge aufrechtzuerhalten, wurde es nunmehr notwendig, daß bei den verschiedenen Importen auf der einen Seite der Preisunterschied bei denjenigen Waren abgeschöpft wurde, deren Auslandspreis niedriger als der deutsche Inlandspreis lag, während auf der anderen Seite der Unterschied zwischen den höheren Auslandspreisen und den niedrigeren Inlandspreisen durch Subventionen ausgeglichen werden mußte. Die hierfür erforderlichen Mittel wurden bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 1948/49, d. h. also bis zum 30. Juni 1949, von den Ländern des Vereinigten Wirtschaftsgebietes aufgebracht und zur Verfügung gestellt.
Mit dem Beginn des neuen Wirtschaftsjahres, das nicht mit dem Haushaltsjahr zu verwechseln ist, also ab 1. Juli 1949, wurden dann die erforderlichen Mittel im bizonalen Haushalt, und zwar im Haushalt der Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aufgebracht. Gleichzeitig wurden die Abschöpfungen und die Subventionen rechtlich durch das Gesetz des Wirtschaftsrates über die Festsetzung und die Verrechnung des Ausgleichs von Unterschiedsbeträgen für Einfuhrgüter der Ernährungs- und Landwirtschaft, also durch das sogenannte Importausgleichsgesetz, untermauert. Dieses Gesetz war zunächst bis zum 31. Dezember 1949 befristet; es ist durch das Bundesgesetz vom 17. 2. 1950 in seiner Gültigkeit bis zum 30. Juni dieses Jahres verlängert worden. Die Subventionen wurden überdies insofern noch bedeutungsvoller, als mit Wirkung vom 19. September 1949 infolge der Devalvation der D-Mark der Umrechnungskurs von 30 Dollarcents auf 23,8 Dollarcents je D-Mark gesenkt werden mußte. Natürlich mußte das eine er({2})
hebliche Verteuerung derjenigen Importe mit sich bringen, die aus Nicht-Abwertungs-Ländern kamen. Damit trat eine Erhöhung des Subventionsbedarfes ein, weil verhindert werden sollte, daß sich die Devalvation auf den Preisstand der Hauptnahrungsmittel auswirkte. Dementsprechend wurde in der Folgezeit in steigendem Maße versucht - und auch erreicht -, daß die Einfuhren ohne Inanspruchnahme von Dollars aus Ländern mit gleichfalls abgewerteter Währung vorgenommen wurden. In diesem Zusammenhang kommt dann der steigenden Zahl neu abgeschlossener Handelsabkommen und den individuellen Importen im Rahmen der Liberalisierung wachsende Bedeutung zu.
In den Haushaltsplan der bizonalen Verwaltung wurden zunächst nur die Beträge aufgenommen, die für das erste Quartal des neuen Wirtschaftsjahres, also für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 1949, erforderlich waren. Man ging dabei von einem Netto-Subventionsbedarf von 162 Millionen DM aus, der, wie uns die Verwaltung mitgeteilt hat, nicht voll in Anspruch genommen zu werden brauchte. In dem Ihnen jetzt vorliegenden Ergänzungshaushalt handelt es sich um die Abschöpfungsbeträge und um die Subventionen für die Sechsmonatsperiode vom 1. Oktober 1949 bis zum 31. März 1950. Es ist ganz klar, daß bei der Kompliziertheit dieser Dinge die Vorausschätzung des Abschöpfungsergebnisses und des Subventionsbedürfnisses mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden ist, und bei der auf diesem Gebiet gegebenen Dynamik können natürlich im Zeitpunkt der Schätzung weder die Einfuhrmengen noch die Inlands- und Auslandspreise für die Zukunft mit Aussicht auf Richtigkeit angegeben werden, so daß solche Schätzungen auch einen Anspruch auf Genauigkeit nicht erheben können. Für die vorliegende Subventionsperiode ging das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten von einem Nettobedarf von 350 Millionen DM aus. Dieser Ansatz konnte auf 310 Millionen DM ermäßigt werden, nachdem man sich darüber geeinigt hatte, daß bis zum Ende des Haushaltsjahres die Länder der französischen Zone den in ihrem Bereich anfallenden Subventionsbedarf selbst tragen wollten.
Diese jetzt von mir erwähnten Zahlen finden Sie in der Regierungsvorlage Drucksache Nr. 633, Anlage I e, Einzelplan X, Seite 5. Es ergibt sich, daß, wenn man von den Ausgaben, also von den Subventionen, die veranschlagten Einnahmen, also die Abschöpfungsergebnisse, abzieht, der Zuschußbedarf mit 310 410 000 DM anzunehmen war. Die Tatsache nun, daß das Rechnungsjahr 1949 inzwischen verstrichen ist und daß man tatsächlich den Ablauf weitgehend übersehen kann, hat zu dem Ergebnis geführt, daß die wirklichen Aufwendungen für Subventionen ohne die Leistungen der französischen Zone sich auf zirka 343 Millionen DM belaufen werden. Bei der Beurteilung dieser Ziffern muß allerdings in Betracht gezogen werden, daß gewisse Subventionszahlungen, also auf der Ausgabenseite, und auch gewisse Abschöpfungsbeträge auf der Einnahmenseite bis zu diesem Augenblick noch nicht endgültig abgerechnet werden konnten, so daß geringfügige Verschiebungen noch möglich sind.
In dem vom Haushaltsausschuß auf Vorschlag des Ministeriums vorgelegten Antrag - auf Seite 8 der Ihnen vorliegenden Drucksache Nr. 891 - werden die Abweichungen gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der Regierung ersichtlich. Es ergibt sich, daß die Abschöpfungsbeträge gegenüber dem ursprünglichen Ansatz von 25,5 Millionen DM erfreu- 0 licherweise eine nicht unbeträchtliche Erhöhung auf 96 Millionen DM erfahren haben. Nach Mitteilung des Ministeriums sind davon rund 70 Millionen DM bereits eingegangen. Diese vielleicht überraschende Zunahme der Abschöpfungsbeträge erklärt sich hauptsächlich aus der Steigerung der Individualeinfuhren und natürlich auch aus dem Fallen gewisser Weltmarktpreise. Der nunmehrige Betrag von rund 96 Millionen DM verteilt sich auf die in Betracht kommenden Güter wie folgt: Speck, Schmalz, Talg 9,37 Millionen DM; Dosenfleisch 2,2 Millionen DM; Kakao, Süßwaren 3,6 Millionen DM; Gartenbauerzeugnisse und Wein 2,4 Millionen DM; Fische 150 000 DM; Käse 1,6 Millionen DM; Eier rund 600 000 DM; Kartoffelerzeugnisse 74 000 DM; Sondereinfuhren 350 000 DM; Margarinerohstoffe 45 774 000 DM; Industriezucker 14 Millionen DM; eingegangene Beträge, die aber auf die Waren der vorstehenden Aufzählung noch nicht aufgeteilt wurden, 15,9 Millionen DM. Diese Posten zusammen ergeben den schon genannten Betrag von 96 Millionen DM, von denen 70 Millionen DM, wie ich schon erwähnte, eingegangen sind, während mit dem Eingang der weiteren 26 Millionen DM mit ziemlicher Sicherheit gerechnet werden kann.
Die Ausgaben betragen nach dem neuen Ansatz jetzt rund 343 Millionen DM. Sie haben sich also gegenüber dem ursprünglichen Voranschlag um rund 7 Millionen DM erhöht. Nach der Mitteilung des Ministeriums waren bis zum 31. März rund 250 Millionen DM ausgezahlt, während die restlichen Beträge von etwas mehr als 92 Millionen DM noch offenstehen.
Diese Subventionen verteilen sich nach der dem Haushaltsausschuß vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vorgelegten Aufstellung auf die einzelnen Warengruppen wie folgt: Weizen und Weizenmehl 105 649 000 DM; Roggen, Roggenmehl 11 773 000 DM; Mais und Milokorn 59 Millionen DM; Hafer, Gerste 10 Millionen DM; Zucker 10,9 Millionen DM; Ölkuchen 4 Millionen DM; Margarine-Rohstoffe 30,3 Millionen DM; Düngemittel 52 Millionen DM; Fische 1,4 Millionen DM; Bergbauaktion 10 238 000 DM; Sojamehl 97 000 DM; Hülsenfrüchte 144 000 DM; Käse 680 000 DM; Warenbewegungskosten für Getreide 5,7 Millionen DM. Dann ,kommen noch einige vorsorgliche Posten: Weltmarktpreisdifferenz für Getreide im März 1950 21,7 Millionen DM; Reports für Getreide 5,4 Millionen DM; Hafenkosten für Getreide 8,6 Millionen DM; Frachten für fob-Käufe bei Getreide 1 Million DM; Warenbewegungskosten für andere Waren 1 Million DM; allgemeine Rückstellungen für Endabrechnungen 3 Millionen DM.
Aus dem Charakter der sechs zuletzt genannten Posten ersehen Sie, daß es sich hier um vorsorglich eingestellte Beträge handelt, die vielleicht durch die Endabrechnung nicht einmal ganz erreicht werden. Vielleicht ist es dem einen oder anderen der Anwesenden aufgefallen, daß sich für zwei Positionen sowohl bei den Abschöpfungsbeträgen als auch bei den Subventionen Erfordernisse ergeben haben, und zwar gilt das für Margarine und für Käse.
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- Bei Zucker ist die besondere Situation, daß auf der einen Seite der Industriezucker bekanntlich belastet wird, während auf der anderen Seite der eingeführte Zucker für den Konsum der Bevölkerung verbilligt werden mußte. Bei den Margarinerohstoffen handelt es sich darum, daß für Margarine bekanntlich verschiedene Arten von Rohstoffen ein({4})
geführt werden müssen, von denen die einen über dem vergleichbaren Inlandpreis lagen, und infolgedessen verbilligt werden mußten, während andere darunter lagen. Im ganzen ergibt sich auf dem Margarinesektor ein Überschuß von etwa 15 Millionen DM, der den Abschöpfungsbeträgen zugeflossen ist.
Bei Käse handelt es sich um verschiedene Länder und Provenienzen. Es spielt auch da eine Rolle, daß zum Teil in Hartwährungsländern gekauft werden mußte, zum Teil aus Ländern mit abgewerteten Währungen gekauft werden konnte. Stellen wir die beiden Bruttosummen, Subventionen rund 343 Millionen DM, und Abschöpfungsbeträge rund 96 Millionen DM einander gegenüber so ergibt sich ein Netto-Subventionsbedarf von rund 247 Millionen DM, während dieser Bedarf bisher mit 310,4 Millionen DM veranschlagt war. So gesehen ergibt sich für die vom 1. Oktober 1949 bis zum 31. März 1950 laufende zweite Subventionsperiode eine Ersparnis gegenüber dem Voranschlag von 63,4 Millionen DM.
Namens der Mehrheit des Haushaltsausschusses bitte ich Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, um die Annahme dieses Ergänzungshaushaltsplanes.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Seuffert als Berichterstatter.
Seuffert ({0}), Berichterstatter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen namens des Haushaltsausschusses über die Ergänzungen zum Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung, Einzelplan XXIII nach der neuen Zählung, zu berichten, d. h. über denjenigen Einzelplan, in dem praktisch der Ausgleich des Haushalts vorgenommen wird. Es ist natürlich keine sehr dankbare Aufgabe, in dieser Stunde
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und bei der aus mehreren Gründen schlechten Besetzung des Hauses Ihre Aufmerksamkeit hierfür in Anspruch zu nehmen. Ich werde mehr oder weniger fürs Protokoll sprechen müssen; aber die Dinge müssen j a dargelegt werden.
Die Abschlußsumme dieser Ergänzung zum Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung und des Gesamtabschlusses der Ihnen hier vorgelegten Einzelpläne ist eine mehr oder weniger zufällige Ziffer, weil sie nur einen Ausschnitt aus der Gesamthaushaltsrechnung des Jahres 1949 darstellt. Materiell handelt es sich im ganzen darum, daß diese Abschlußsumme von nunmehr ungefähr 506 Millionen DM dadurch zustande kommt, daß Mehrbeträge an Lebensmittelsubventionen, über die Ihnen soeben vorgetragen worden ist, und Mehrbeträge an Kredithilfe für Berlin, die zusammen ungefähr 528 Millionen DM ausmachen würden, nunmehr nachgefordert werden müssen. Diese Mehrbeträge werden durch ein zu erwartendes, praktisch schon eingetretenes Mehraufkommen an Verbrauchssteuern und Zöllen, durch Länderzuschüsse sowie durch Einsparungen gedeckt, die sich ergeben haben, wobei der Saldo zwischen Mindereinnahmen und Minderausgaben die Differenz zwischen dem Abschluß von 506 Millionen DM und den Subventionen und der Berlin-Hilfe in Höhe von etwa 528 Millionen DM ausmacht. Das ist der materielle Gehalt des Ihnen vorliegenden Ergänzungshaushalts.
Was die einzelnen Posten des Einzelplans XXIII anlangt, so sehen Sie zunächst bei den Einnahmen, die gegenüber der Regierungsvorlage durch die
Ausschußberatung in den Zahlen nicht verändert wurden, daß wir bei der Kaffeesteuer 25,5 Millionen DM, bei der Teesteuer 14,2 Millionen DM, beim Notopfer Berlin 134,5 Millionen DM und bei den Zöllen 174 Millionen DM mehr erwarten dürfen, als bisher im Haushalt des Vereinigten Wirtschaftsgebietes für 1949 veranschlagt war. Das ist eine außerordentlich bemerkenswerte Entwicklung. Trotz der vielfacher Kritik unterliegenden heutigen Gestaltung gerade der Kaffeesteuer und der Teesteuer hat sich das Aufkommen bereits günstiger entwickelt, als man angenommen hat. Auch die Entwicklung des Notopfers Berlin ist günstiger gewesen. Daß die Zölle mehr gebracht haben, als man ursprünglich vorsichtigerweise ansetzen zu sollen glaubte, ist bei dem Anwachsen des Außenhandels und des ganzen Handelsverkehrs verständlich. Jedenfalls wird dieses Mehraufkommen von immerhin rund 210 Millionen DM allein bei Verbrauchssteuern und Zöllen ein Punkt sein, den man bei der Erörterung dieser Steuern und Zölle im Auge behalten muß.
Ich gehe über das Kapitel 5, Länderbeiträge, zunächst hinweg, weil es sich hier praktisch um den Ausgleichsposten handelt, der sich aus verschiedenen Gründen verändert hat.
Die Mindereinnahmen, die Sie in der Regierungsvorlage mit 64,3 Millionen DM und jetzt mit 0,5 Millionen DM weniger veranschlagt sehen, rühren in der Hauptsache daher, daß Gebühren aus Veröffentlichungen und Verwaltungsgebühren beim Statistischen Bundesamt, bei den Verkehrsbetrieben und beim Wirtschaftsministerium - hier für Markenverkäufe, die inzwischen gegenstandslos geworden sind - weggefallen sind. Der Grund für die Verminderung um 0,5 Millionen DM liegt darin, daß sich herausgestellt hat, daß mit einer Mindereinnahme an Gebühren des Patentamts nicht zu rechnen ist. Man hatte diese Mindereinnahme befürchtet, weil das Patentamt erst später als ursprünglich vorausgesehen seine Tätigkeit aufnehmen konnte. Es ist aber eine Mindereinnahme gegenüber den geschätzten Ergebnissen nicht eingetreten, es ist im Gegenteil mehr zu erwarten, als ursprünglich geschätzt war. So stoßartig und lebhaft hat sich der Verkehr am Patentamt entwickelt. Der Hauptposten der nunmehr 63,8 Millionen DM sind die 58,3 Millionen DM, die wir als Mindereinnahme bei den Ablieferungen der Deutschen Bundesbahn einsetzen mußten. Ich möchte auf diesen Punkt am Ende beim Ausgleich zurückkommen, möchte ihn hier nur festgehalten haben.
Bei den Ausgaben sehen Sie in Tit. 1 die sogenannten Beihilfen in Notfällen, die der Ausschuß gegenüber dem ursprünglichen Ansatz von 261 300 DM auf 490 000 DM ansetzen mußte. Diese Beihilfen in Notfällen sind von den Unterstützungen im Einzelfall, die aus den Unterstützungsfonds der einzelnen Ressorts gegeben werden, zu unterscheiden. Die hier veranschlagten Beihilfen sind Beihilfen für Krankheiten und andere Notfälle, die an Arbeiter, Angestellte und Beamte nach gewissen, seit langem bestehenden Richtlinien der Verwaltung gegeben werden, wobei diese Richtlinien bedeuten, daß eintretendenfalls praktisch ein Anspruch des in Not geratenen Verwaltungsangehörigen auf derartige Beihilfen besteht.
Aus den Erläuterungen ersehen Sie, daß diese Beihilfen nach Kopfsätzen, und zwar verschieden für Beamte, Angestellte und Arbeiter, veranschlagt sind. Ich bitte Sie, daraus nicht schließen zu wollen, daß die Arbeiter hier schlechter behandelt werden. Der niedrigere Kopfsatz für Arbeiter ist zunächst
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'darauf zurückzuführen, daß die Arbeiter immer und die Angestellten in der Regel in einer Pflichtversicherung sind und daß die Notfälle, die hier Voraussetzung sind, bei ihnen erfahrungsgemäß weniger häufig eintreten. Jedenfalls hat der Ausschuß in seinen Beschlüssen festgelegt und die Zusicherung erhalten, daß eine irgendwie schlechtere Behandlung von Arbeitern und Angestellten gegenüber Beamten auch bei der künftigen Gestaltung dieser Methode der Unterstützung nicht in Frage kommen wird.
Weiter ist hierbei die Frage angeschnitten worden, ob nicht die Unterstützung an Beamte davon abhängig zu machen ist, daß der Nachweis geführt wird, der Beamte sei eine ihm zumutbare freiwillige Versicherung für derartige Fälle, zum Beispiel Krankenversicherung, eingegangen. Erst wenn trotzdem Notfälle vorliegen, hätte ein solcher Unterstützungsfonds einzuspringen. Der Ausschuß hat sich in diesem Sinne ausgesprochen und eine entsprechende Anregung an die Verwaltung gegeben. Die Verwaltung hat die Überprüfung der Frage in diesem Sinne auch zugesagt.
Der ursprüngliche Tit. 1 des Kapitels 3, 6,2 Millionen DM Kosten der Verlegung der Verwaltungen, ist nunmehr - das entspricht seinem sachlichen Inhalt - als Mehrkostenbetrag gegenüber den bisherigen Haushaltsansätzen bei den von Frankfurt am Main nach Bonn verlegten Verwaltungen bezeichnet und als Tit. 5 dieses Kapitels eingestellt. Es handelt sich um den Mehraufwand für Reisekosten, Telefon- und Briefgebühren, Trennungszulagen usw., der bei den alten Frankfurter Verwaltungen durch die Verlegung des Bundessitzes nach Bonn in diesem Resthaushaltsjahr entstanden ist.
Die Darlehen an Verwaltungsangehörige zur Beschaffung von Hausrat in besonderen Fällen - eine Übergangsmaßnahme, die immer noch nicht ganz abgeschlossen werden kann angesichts der Notlage insbesondere der vertriebenen Beamten, die nunmehr wieder in den Dienst kommen - sind weiter mit 1 Million DM ausgewiesen.
Die Kürzungen bei den Ausgaben, die ursprünglich mit 34 Millionen DM eingesetzt waren, finden Sie nunmehr im Ausschußbericht mit 59 Millionen DM, also mit rund 26 Millionen DM höher eingesetzt. Diese Kürzungen ergeben sich zum großen Teil daraus, daß insbesondere bei den einmaligen Ausgaben der Verkehrsverwaltung leider eine ganze Reihe von Bauprojekten, die man in diesem Jahre durchführen zu können glaubte und für die man die Mittel veranschlagt hatte, nicht zur Durchführung gekommen sind. Leider können wir es uns bei dem knappen Ausgleich unseres Haushalts nicht leisten, das, was früher selbstverständlich gewesen wäre, zu tun, nämlich derartige Ausgabetitel weiterzuführen. Wir müssen sie aus diesem Haushalt herausnehmen, um ein einigermaßen ausgeglichenes Bild zu bekommen, und wir müssen sehen, wie wir sie im nächsten Haushalt neu unterbringen. Die Gründe, aus denen diese Projekte nicht zur Ausführung gekommen sind, sind selbstverständlich außerordentlich verschieden. Sehr oft handelt es sich darum, daß Länderzuschüsse, die mit einkalkuliert waren, nicht geleistet werden konnten, daß Planungen nicht fertiggestellt wurden usw.
Die Ersparnisse bei den alten Frankfurter Verwaltungen, die in Abwicklung getreten sind oder nunmehr wegfallen sollen, betragen 4,8 Millionen DM bei einem ursprünglichen gesamten Haushaltsansatz von 12,6 Millionen DM. Von einem Jahresansatz von 12,6 Millionen DM bei diesen Titeln Wirtschaftsrat, Länderrat und Verwaltungsrat der Frankfurter Verwaltung, Personalamt, Rechnungsamt und Obergericht sind also 4,8 Millionen DM weggefallen. Dagegen ist die Einsparung durch den Wegfall von Verwaltungsausgaben zum Beispiel des Bundeswirtschaftsministeriums durch den Übergang von Aufgaben an das ERP-Ministerium, insgesamt 1,1 Millionen DM, im Haushaltsausschuß allgemein als unbefriedigend gering empfunden worden.
Ein Punkt, der noch der Erwähnung bedarf, ist, daß durch den Wegfall des Obersten Finanzgerichtshofs, dessen Übergang auf die Bundesebene bereits im Haushalt in Frankfurt am Main vorgesehen war, aber nicht zustandegekommen ist, während des Haushaltsjahrs auf der Einnahme- und Ausgabenseite Posten von ungefähr 600 000 DM weggefallen sind.
Die Erhöhung der Minderausgaben gegenüber dem ursprünglichen Ansatz erklärt sich zunächst dadurch, daß mindestens 25 Millionen DM an Ausgaben für Subventionen, die aus den Ablieferungen aus dem Benzinverkauf zu leisten waren, in diesem Jahre nach der eingetretenen Benzinpreiserhöhung, insbesondere nach dem Preisstand, der vom 1. Januar bis zum Ende des Rechnungsjahres gegolten hat, schon als wegfallend betrachtet werden können.
Ein weiterer Betrag von 816 000 DM ist als Einsparung zu erwarten, weil Planstellen nicht besetzt oder aus sonst einem Grunde offengeblieben sind.
Die Gesamtauswirkung finden Sie nun - ich darf darauf zurückkommen - in Kapitel 5 der Einnahmen, wo die Beiträge der Länder, die ursprünglich mit 215,5 Millionen DM angesetzt waren, nunmehr nur mit 125 990 DM angesetzt sind. Das ist also der Betrag, in dem der Haushalt sich praktisch ausgleicht. Sie sehen, daß wir damit schon wesentlich näher an die von den Länderfinanzministern als höchstmöglich bezeichnete Summe von 100 Millionen insgesamt herangekommen sind.
Die Verminderung von 215 auf 125 Millionen DM ist, wie Sie soeben gehört haben, darauf zurückzuführen, daß sich der Bedarf für die Lebensmittelsubventionen per saldo um rund 63 Millionen niedriger ansetzen läßt und daß der Saldo der Mindereinnahmen und Minderausgaben sich um etwa 26 bis 27 Millionen verbessert hat, insbesondere durch die Einsetzung von 25 Millionen DM Minderausgaben bei der Benzinsubvention.
Wenn nun der Haushalt in diesem Betrag ausgeglichen erscheint, so ist allerdings darauf aufmerksam zu machen, daß dieser Ausgleich eine einigermaßen unsichere Grundlage hat. Die Bundesbahn hat laut ursprünglichem Haushalt in diesem Rechnungsjahr 174,5 Millionen an die Bundeskasse abzuliefern gehabt; sie hat davon 29 bis 30 Millionen gezahlt. Wir haben lediglich 58,5 Millionen als Mindereinnahmen in Ansatz gebracht; ein Betrag von rund 87 Millionen schwebt also noch. Es hätte zweifellos einer vorsichtigen Haushaltsgestaltung entsprochen - rein vom Standpunkt der Sicherheit des Haushaltsausgleichs -, auch diese 87 Millionen als Mindereinnahme in Abgang zu bringen, wodurch sich das Defizit des Haushalts und die Länderbeiträge selbstverständlich entsprechend erhöht hätten.
Allerdings ist dieses unsichere Fundament nicht etwas, was wir hier bei diesem Haushalt neu aufgebaut haben. Wir haben das aus den Fundamenten des Frankfurter Haushalts übernommen und, wie ich Ihnen soeben sagte, vorerst nur teilweise und
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einstweilen berichtigt. Dabei ist zuzugeben, daß die Verhältnisse bei der Aufstellung des Frankfurter Haushalts doch nicht so zu übersehen waren, daß man einen Ausfall in diesem Umfange hätte erwarten müssen.
Wenn Ihnen trotzdem der Haushalt durch den Ausschuß in dieser Form, also mit einem zweifellos unsicheren Posten von 87 Millionen vorgelegt wird, so geschieht das aus zwei Gründen. Einmal besteht zweifellos ein Rechtsanspruch gegen die Bundesbahn auf Zahlung dieses Postens. Bei der immer noch recht undurchsichtigen Lage der Bundesbahn, deren Schwierigkeiten von allen Seiten gewürdigt werden, erschien es dem Ausschuß doch richtig, darzutun, daß dieser Posten, wenn irgend möglich, beigebracht werden muß und daß keineswegs leichten Herzens auf ihn verzichtet werden kann.
Auf der anderen Seite findet der Posten sein Gegenspiel, wie ich Ihnen sagte, in dem Beitrag der Länder. Dieser Beitrag der Länder wird sich nach der endgültigen Haushaltsrechnung und nicht nach dem Haushaltsplan bemessen. Es bestehen immerhin noch Hoffnungen - in einigen Punkten sehr begründete Hoffnungen -, daß die Haushaltsrechnung noch ein etwas günstigeres Bild geben wird als der Ihnen jetzt vorliegende Haushaltsplan und daß der Länderbeitrag durch weitere, jetzt noch nicht angesetzte Ausfälle bei den Zahlungen der Bundesbahn zwar vielleicht höher, nach dem Rechnungsergebnis dagegen etwas niedriger anzusetzen ist, so daß es nur einen mehr oder weniger theoretischen Sinn hat, den Länderbeitrag heute genau festzulegen.
Die Mehrheit des Ausschusses empfiehlt Ihnen deswegen, den Ergänzungsplan XXIII und damit den Abschluß des Ihnen vorgelegten Nachtragshaushalts in der vorgelegten Form zu genehmigen.
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Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen und erteile als nächstem und letztem Berichterstatter Herrn Abgeordneten Dr. Krone das Wort.
Dr. Krone ({0}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen nur einen kurzen Überblick über die Haushaltshilfe zu geben, die der Bund und vorher das Vereinigte Wirtschaftsgebiet der Stadt Berlin gegeben hat. Von seiten des Vereinigten Wirtschaftsgebietes waren für 1949 250 Millionen als Haushaltshilfe für Berlin vorgesehen. Diese Mittel sind deshalb bald erschöpft gewesen, weil nach Aufhebung der Blockade die Mittel der Alliierten an Berlin, ihre Kredite aus GARIOA-Mitteln schnell wegfielen. Sie hörten Ende Oktober 1949 ganz auf, so daß neue Mittel beschafft werden mußten. Diese sind von seiten des Bundes, und zwar nach Rücksprache mit den Ländern, in Höhe von rund 37 Millionen DM monatlich beschafft und von Oktober bis Ende März dieses Jahres gezahlt worden; dazu dann noch einmalig 15 Millionen DM. Es ergab sich aber, daß weitere Hilfe notwendig war. Diese ist auf dem Kreditwege beschafft worden, indem die Stadt Berlin dem Bunde Schatzwechsel gab und dieser sich auf dem gleichen Wege den Betrag von 62 Millionen DM als Haushaltshilfe für Berlin geben ließ und der Stadt aushändigte.
Der Haushaltsausschuß hat es bei dieser Art der Finanzierung für richtiger gehalten, von dem Voranschlag der Regierung, der in Drucksache Nr. 633 vorlag, abzusehen, und zwar unter den Einnahmen die „Kreditrückzahlung von Berlin" zu streichen und entsprechend auch die Ausgaben zu ermäßigen, so daß im ganzen der Betrag von 184 500 000 DM zu Buche steht.
Meine Damen und Herren! Noch ein Wort besonderer Art. Heute ist der 12. Mai. Heute vor einem Jahre endete die Blockade Berlins. Ein Jahr der Not und des Opfers, der Sorge und der Dunkelheit war damit beendet. Es ist, glaube ich, ein Symbol, daß wir heute an dem gleichen Tage hier im Plenum die Mittel bewilligen, die von seiten des Vereinigten Wirtschaftsgebietes und vom Bund gegeben worden sind. Ich kann diesen Tag nicht vorübergehen lassen, ohne in Achtung und Dankbarkeit der Männer und Frauen Berlins zu gedenken, die dieses Jahr tapfer überstanden und damit gezeigt haben, daß die Freiheit ein hoher sittlicher und nationaler Wert ist.
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Meine Damen und Herren! Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Damit ist die Berichterstattung erledigt.
Wir kommen zur Aussprache. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß der Ältestenrat Ihnen nach 88 eine Gesamtredezeit an 120 Minuten vorschlägt. Ich darf das Einverständnis des Hauses erbitten, möchte aber darauf hinweisen, falls von einer Fraktion mehrere Damen oder Herren sprechen, daß wir die einzelnen Zeiten dann in die Gesamtredezeit hineinnehmen.
Im übrigen - ehe wir in die Aussprache eintreten - möchte ich noch folgende Mitteilung zur Tagesordnung machen. Auf Grund inzwischen gepflogener interfraktioneller Besprechungen ist geplant, im Anschluß an Punkt 4 der Tagesordnung die dritte Beratung des Gesetzes über die Finanzverwaltung fortzusetzen. Ich darf das Einverständnis des Hauses dafür erbitten. - Ich höre keinen Widerspruch. Wir brauchen keine neue Sitzung zu machen und unterbrechen, falls nötig, für vielleicht 10 Minuten. Wir können ja sehen, wie lange die Haushaltsberatung dauert.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als erster Redner Herr Abgeordneter Loibl im Rahmen einer Redezeit von 25 Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Einzelplan XIII, Anlage I h zur Drucksache Nr. 633, Ergänzung zum Haushalt des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen, steht ein Posten von 2,9 Millionen DM zur Errichtung einer bundeseigenen Druckerei. Die Erläuterung, die beigefügt ist, erscheint wohl im ersten Augenblick durchaus einleuchtend; ich muß aber sagen, daß sie mir bei genauerem Durchsehen erhebliche Bedenken verursacht hat.
Wenn man sich überlegt, daß für den Wiederaufbau der ehemaligen Reichsdruckerei in Berlin 1,7 Millionen DM und für den Ausbau einer Drukkerei von Frankfurt/Bonn 1,2 Millionen DM vorgesehen sind, so kann man sich ausrechnen, was für eine erhebliche Druckkapazität hier tatsächlich geschaffen werden soll. Es ist selbstverständlich nichts dagegen einzuwenden, daß die Post sich um eine Druckerei umschaut, in der sie die Sachen selbst herstellt, deren Herstellung in privaten Druckereien unerwünscht oder unmöglich ist, in erster Linie also alle Verschlußsachen, zum Beispiel Briefmarken, Stempelmarken, Postscheckformulare usw. Es liegt aber meines Erachtens und auch nach Ansicht meiner Freunde keinerlei Grund vor, hier einen Apparat als Regiebetrieb aufzuziehen, in dem auch die
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Aufträge ausgeführt werden sollen oder können, die bisher an das private Druckgewerbe gegeben worden sind.
Nun heißt es in den Erläuterungen, auch diese Maßnahme stelle eine Berlin-Hilfe dar. Meine Damen und Herren, es ist selbstverständlich, daß der Stadt Berlin geholfen werden muß. Ob aber nun gerade der Aufbau eines Regiebetriebes dafür das richtige ist, das möchte ich doch sehr bezweifeln. Ich glaube, eine sehr viel wirksamere, bessere und erwünschtere Berlin-Hilfe würde dadurch erreicht werden, daß man eine Anzahl von Druckaufträgen an private Druckereien nach Berlin gibt. In diesem Zusammenhang möchte ich nur feststellen, daß ich vor. wenigen Tagen einen Notschrei Berliner privater Druckereien Herrn Minister Kaiser übergeben habe mit der Bitte, sich doch einmal zu überlegen, was hier getan werden könne.
In den Erläuterungen heißt es weiter, die frühere Reichsdruckerei sei ein Überschußbetrieb gewesen, und auch die geplante Bundesdruckerei werde ein Überschußbetrieb sein. Meine Damen und Herren, ich möchte hier vor einem verhängnisvollen Irrtum warnen. Man muß bedenken, daß die private Drukkerei eine unendliche Menge von Steuern bezahlt. Wenn man den „tatsächlichen" Überschuß der Bundesdruckerei dem bei den privaten Druckereien entstehenden Steuerausfall gegenüberstellen würde, würde sich, glaube ich, erweisen, daß es sich hier wirklich nur um einen Scheinüberschuß handelt.
Nun traue ich es dem Herrn Bundespostminister selbstverständlich keineswegs zu, daß er hier das erste Glied einer verhängnisvollen Kette schmieden möchte. Vielmehr glaube ich der Versicherung, die mir der Herr Bundespostminister vor etwa einem halben Jahr gegeben hat, daß er nicht beabsichtige, an der dezentralisierten Vergebung der Postaufträge - ich möchte hier einschalten: die Post benötigt für ihren internen Betrieb etwa 2500 verschiedene Formulare - etwas zu ändern. Aber der Herr Postminister kann ja nun nicht alles machen, und es ist immerhin nicht ausgeschlossen, daß sich z. B. in der Abteilung IV des Postministeriums Herren befinden, die gegen die Versuchung, bei einer so groß en Druckkapazität eine Zentralisierung durchzuführen, nicht hundertprozentig gefeit sind. Bekanntlich soll man aber niemanden in Versuchung führen.
Infolgedessen bitte ich im Namen meiner Freunde Sie, meine Damen und Herren, einem hier formulierten Antrag zuzustimmen, der besagt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Zu Kap. 2 Tit. 31 des Einzelplanes XIII - Seite 4 der Anlage I h zur Drucksache Nr. 633 - ist als Fußnote anzufügen:
Diese Mittel dürfen nur insoweit in Anspruch genommen werden, als sie unumgänglich zum Ausbau der bundeseigenen Druckerei auf einen Stand nötig sind, der es ermöglicht, die aus zwingenden Gründen in einer bundeseigenen Druckerei auszuführenden Arbeiten ({1}) dort herzustellen. Die bisherige Auftragsvergebung offener Druckarbeiten an private Druckereien darf dadurch nicht nennenswert geschmälert werden.
Ich darf dem Herrn Präsidenten diesen Antrag übergeben und Sie alle, meine Damen und Herren, bitten, diesem Antrag zur Sicherung gegen einen möglichen bürokratischen Eingriff in das private Gewerbe Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schoettle im Rahmen einer Redezeit von 25 Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist im Rahmen dieser Beratung nicht notwendig, alle die Fragen wieder aufzuwerfen, die wir bereits bei der Beratung des Haushaltsgesetzes 1949 hier in diesem Hause besprochen haben. Immerhin, das Gesamtvolumen dieses Ergänzungshaushaltes ließe es gerechtfertigt erscheinen, sich mit den Einzelheiten der dahinterstehenden Einzelpläne etwas genauer zu beschäftigen, wenn nicht der entscheidende Teil bereits bei den Beratungen des Frankfurter Wirtschaftsrates besorgt worden wäre, deren Ergebnis ja die Grundlage der gesamten Haushaltsgesetzgebung für die hier vorliegenden Einzelpläne der sogenannten alten Ministerien ist.
Es ist außerordentlich schwierig, ein Gesamtbild von der Haushaltslage zu gewinnen, da die ganzen Beratungen sich in einer sehr verzettelten Weise abgespielt haben und kaum der Abgeordnete, geschweige denn der außerhalb dieses Hauses stehende Staatsbürger sich eine Gesamtvorstellung machen kann. Wenn Sie die Endzahlen des Haushaltsplanes analysieren, kommen Sie zu dem Ergebnis, daß im Grunde genommen diese starke halbe Milliarde, mit der der Ergänzungshaushalt ' abschließt, sich im wesentlichen aus zwei Positionen zusammensetzt, nämlich aus den Subventionsbeträgen und aus der Berlin-Hilfe. Das übrige, was sich für den Aufbau der neuen Verwaltungen oder vielmehr die Ergänzung der bereits bestehenden Verwaltungen angesammelt hat, schlägt nicht sehr zu Buche.
Nun haben wir bereits aus dem Munde des Berichterstatters zum Einzelplan XXIII gehört, daß der scheinbar ausgeglichene Haushalt doch insofern eine Fiktion ist, als die Bundesbahn ihren Ablieferungsverpflichtungen gegenüber dem Bundeshaushalt nicht nachkommen kann. Wir möchten mit allem Nachdruck - das sage ich im Namen meiner Fraktion - darauf hinweisen, daß die Bundesbahn bei ihrer Verpflichtung gegenüber dem Bund bleiben muß und daß Wege gefunden werden müssen, die wirtschaftliche Lage der Bundesbahn zu verbessern und auf einen gesunden Stand zu bringen, ohne daß sie die Verpflichtungen gegenüber dem Bundeshaushalt auf die Dauer vernachlässigen muß.
Eine andere Frage müssen wir uns ebenfalls noch mit aller Deutlichkeit vor Augen halten. Wir haben bei der Beratung im Haushaltsausschuß an einem einzigen Punkt eine Probe aufs Exempel gemacht, inwieweit der Aufbau der Verwaltung, wie er sich seit der Etablierung des Bundes hier in Bonn entwickelt hat, rationell ist und inwieweit Doppelarbeit oder sogar Mehrfacharbeit geleistet wird. Der Herr Berichterstatter hat schon an einem Punkt auf die vom Haushaltsausschuß verlangte und dann auch fertiggestellte Synopsis für eine einzige Aufgabe im Bundesfinanzministerium hingewiesen, und es ist bei dieser Gelegenheit absolut klar geworden, daß sich an zahllosen Stellen in den Ministerien noch solche Überschneidungen befinden.
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Soweit es bei den Methoden des Verwaltungsaufbaus seit September 1949 unvermeidlich war, aber auch soweit es im Wesen jeder Verwaltung und jeder Behörde, ich möchte sagen, beinahe in ihrer Konstitution liegt, sich Aufgaben anzueignen und sich auf Gebieten zu betätigen, auf denen andere
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schon tätig sind, glauben wir, daß es aus dieser Gesamtsituation heraus absolut notwendig wird, daß wir so schnell wie möglich zu einer gründlichen Überprüfung des gesamten Behördenaufbaus durch eine Behörde kommen, die von den bestehenden Ministerien unabhängig ist.
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Dazu haben wir den Rechnungshof.
Wir haben in Frankfurt mit einer systematischen Überprüfung der Verwaltungen, die im Rahmen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes aufgebaut worden sind, gute Erfahrungen gemacht. Gegenwärtig ist das Bundesverkehrsministerium beim Rechnungshof dran, und wir glauben, daß diese Arbeit auf alle Ministerien ausgedehnt werden muß. Das liegt im Interesse der Verwaltung selber. Das liegt im Interesse des Parlaments, das auf diese Weise einen unmittelbaren Überblick bekommt und seine Kontrollaufgabe besser erfüllen kann. Das liegt im Interesse des gesamten Staatslebens und der Öffentlichkeit.
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Wir glauben, daß, nachdem das Verkehrsministerium durch den Rechnungshof geprüft worden ist, das Bundesfinanzministerium als nächstes her ankommen müßte.
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Nicht etwa, weil wir mit dem Herrn Bundesfinanzminister besonders böse wären! Aber bei verschiedenen Gelegenheiten hat er uns gesagt, wir hätten ihn eigentlich doch sehr glimpflich behandelt, und das komme doch wohl daher - ich zitiere jetzt nicht wörtlich, sondern nur dem Sinne nach Äußerungen des Herrn Bundesfinanzministers -, daß die Bundesfinanzverwaltung außerordentlich sparsam aufgebaut worden sei. Nun haben wir in Frankfurt allerdings mit einigem Recht auf Grund unserer Erfahrungen sagen können, daß die Finanzverwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes mit außerordentlicher Sparsamkeit gearbeitet hat; aber wir sind dessen beim Bundesfinanzministerium nicht mehr ganz so sicher, nachdem es uns bei der Beratung dieses Ergänzungshaushalts seinen Stellen- und Geschäftsverteilungsplan vorgelegt hat.
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Da haben wir doch gefunden, daß man sich die Armel hochgestülpt und etwas tiefer hineingegriffen hat, und wir glauben, daß diese Tendenz beizeiten einer Prüfung unterzogen werden soll. Nicht aus Feindschaft, sondern aus einer Art von inniger Zuneigung zu einem Ministerium,
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das ja im Namen der Sparsamkeit gegenüber den anderen Ministerien auftreten soll. Man soll also hier die Wohltätigkeit zu Hause beginnen lassen, und der Herr Bundesfinanzminister wird mir zweifellos zustimmen, wenn ich wünsche, daß das Bundesfinanzministerium als nächstes an der Reihe ist, wenn der Rechnungshof losgelassen wird.
Meine Damen und Herren! Darf ich im Namen meiner Fraktion gleich noch hinzufügen, daß wir dem Bundesfinanzminister, wenn der Haushalt 1950 herankommt - und wir hoffen alle, daß das recht bald der Fall ist -, unter keinen Umständen eine Rechtsabteilung, wie sie uns vorgeschlagen worden ist, sondern höchstens ein Justitiariat bewilligen wollen, das im Rahmen des Ministeriums die ihm zufallenden Aufgaben erledigt, ohne daß es alle
anderen Aufgaben, die bereits bei anderen Ministerien behandelt werden, noch einmal übernimmt.
Nun möchte ich noch ein Wort zu dem sagen, was der Herr Kollege Loibl hier zur Frage der Bundesdruckerei ausgeführt hat. Im Ergänzungshaushalt des Ministeriums für Post stehen ja die 2,9 Millionen, die für die Errichtung eines Zweigbetriebes der noch in Berlin befindlichen ehemaligen Reichsdruckerei in Frankfurt oder im Raum von Bonn gedacht sind. Abgesehen davon, daß die 2,9 Millionen, soweit ich unterrichtet bin, zu einem erheblichen Teil oder schon beinahe ganz ausgegeben worden sind, scheint es mir doch ein etwas altertümliches Bemühen zu sein, Dinge rückgängig zu machen, die man immerhin schon in den Zeiten vor dem ersten Weltkrieg für éine glatte Selbstverständlichkeit gehalten hat, nämlich eine leistungsfähige Reichsdruckerei, in diesem Falle eine leistungsfähige Bundesdruckerei zu errichten, die unabhängig von privaten Unternehmungen diejenigen Aufträge übernimmt, welche im Rahmen einer großen parlamentarischen Demokratie von seiten der Regierung und des Parlaments laufend und häufig mit großer Dringlichkeit anfallen.
Herr Kollege Loibl, Sie haben hier im Namen des privaten Druckgewerbes gesprochen. Ich hoffe, daß Sie dabei auch daran gedacht haben, daß nicht nur das private Druckgewerbe Steuer bezahlt. Wenn Sie die Haushalts- und die Wirtschaftsordnung kennen, müssen Sie wissen, daß die Reichsdruckerei bzw. die Bundesdruckerei ein Wirtschaftsbetrieb ist, der genau so wie ein privater Betrieb Steuern bezahlt.
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Das ist nicht etwa ein Regiebetrieb in dem von Ihnen erwähnten Sinne.
Im übrigen ist folgendes zu sagen. Wir haben uns im Haushaltsausschuß sehr gründlich mit dep 2,9 Miillionen beschäftigt und haben mit den Herren der künftigen Bundesdruckerei, Zweigstelle Bonn, sehr, sehr nachdrücklich über die Frage der Auftragsvergebung gesprochen und keinen Zweifel darüber gelassen, daß wir hier nicht die Entstehung eines Großbetriebes wünschen, der dem in Berlin bereits vorhandenen Betriebe die Aufträge wegnimmt, die zweckmäßigerweise dort erledigt werden können, weil sie nicht so dringlich sind, daß man sie unter allen Umständen hier unterbringen müßte. Aber wir möchten hier mit aller Klarheit sagen, daß wir die Bundesverwaltung und das Parlament, das ja auch in einem großen Umfang als Auftraggeber in Frage kommt, nicht als Auftraggeber für die private Druckindustrie wünschen, allerdings auch nicht unbedingt für die Berliner. Wir brauchen uns da gegenüber den Berlinern nicht zu legitimieren. Wenn es sich darum handelt, einen Betrieb wie die ehemalige Reichsdruckerei in Berlin mit seinen Einrichtungen, die zu einem erheblichen Teil erhalten geblieben und betriebsfähig sind, weiter am Leben zu erhalten, dann scheint uns diese Aufgabe doch interessanter zu sein als die Beschäftigung mit den Kalkulationen einzelner Berliner Betriebe, die glauben, im Namen der Hilfe für Berlin mit Kalkulationsforderungen auftreten zu müssen, die - dafür gibt es Beweise - nicht mit dem konkurrieren können, was im Westen auch bei weitherziger Kalkulation üblich geworden ist. Ich glaube also, man sollte hier nicht mit falschen Fronten kämpfen. Man sollte vor allem nicht verhindern, daß wieder der Zustand eintritt, in dem sich die Bundesorgane darauf verlassen können, daß
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A) die anfallenden Druckarbeiten in einem bundeseigenen Wirtschaftsunternehmen erledigt werden.
Zum Schluß, meine Damen und Herren, noch eine Bemerkung zu einer Intention, die im Rahmen der Haushaltsberatungen von seiten des Finanzministeriums geäußert und in diesem Ergänzungshaushalt zurückgestellt worden ist, nachdem darüber im Haushaltsausschuß eine Debatte stattgefunden hatte. Es ist die Idee der Einrichtung eines Sozialhaushalts im Rahmen des Gesamthaushaltsplans, die Einrichtung eines Einzelplans XXIV, in dem alle sozialen Kriegsfolgelasten zusammengefaßt werden sollen,
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damit die Öffentlichkeit, damit das Ausland und die interessierten Kreise in Deutschland - und zu diesen gehören ja wohl alle Staatsbürger - sehen können, welche Lasten der unnötigerweise vom Zaun gerissene, verlorene Krieg des Nationalsozialismus dem deutschen Volk aufgebürdet hat.
Im Namen meiner Fraktion muß ich sagen, daß die Idee eines solchen Sozialhaushalts gut ist und daß man den Versuch machen sollte. Man sollte sich dabei aber vor der Versuchung hüten, dem Herrn Bundesfinanzminister eine allzu große Gewalt über die Sozialaufgaben und die Sozialausgaben zu geben, wenn sie auch aus optischen Gründen in einem Einzelplan zusammengefaßt sein mögen. Die Verwaltung dieser Mittel muß nach unserer Meinung unbedingt in der Hand der beteiligten Ressortministerien liegen, wenn sich der Herr Bundesfinanzminister nun nicht plötzlich sozusagen zum arbiter in allen Fragen aufschwingen soll, die mit der Erfüllung der unserem Staatswesen obliegenden sozialen Verpflichtungen im Zusammenhang stehen.
3) Meine Damen und Herren, ich möchte mich auf diese Bemerkungen beschränken, obwohl unter normalen Umständen im Rahmen einer solchen Beratung weit mehr zu sagen wäre. Aber eine Bemerkung möchte ich doch noch zur Frage der Beitragsverpflichtungen der Länder zur Deckung des Ausgabenüberschusses, wie wir ja neuerdings an Stelle des Wortes Defizit zu sagen pflegen, hinzufügen. Die Beitragsverpflichtung der Länder ist jetzt im Wege von rechnerischen Reduzierungen der verschiedenen Etatspositionen auf 125 900 000 DM herabgesetzt worden. Wir können die Theorie der Länderfinanzminister und des Finanzausschusses des Bundesrats nicht akzeptieren, wonach die Verpflichtungen der Länder von den Ländern festgesetzt, d. h. auf eine bestimmte Höhe fixiert werden. Ich glaube nicht, daß sich die Länder auf die Weise aus ihrer Verpflichtung heraushalten können, daß sie erklären: wir sind bereit, bis zu 100 Millionen zu geben. Wir sind überzeugt, und ich sage das _ebenfalls im Namen meiner Fraktion, daß die Länder die Verpflichtung haben, das tatsächliche Haushaltsdefizit auszugleichen, wie es sich nach Abschluß der Haushaltsrechnung ergibt. Die jetzigen 125 Millionen sind ein rechnerisches Ergebnis. Der eigentliche Umfang der Ausgleichsbedürfnisse wird sich zeigen, wenn nach Abschluß der Haushaltsrechnung klar zu übersehen ist, welche Ist-Beträge in Einnahmen und Ausgaben tatsächlich erreicht sind. Ich glaube, man muß da den Ländern ganz eindeutig sagen: hier ist eure Verpflichtung in toto, und darum könnt ihr euch nicht herumdrücken. Wir sollten uns überhaupt nicht an den Zustand gewöhnen, daß die Länder von vornherein erklären: hier ist eine Grenze für unsere Verpflichtungen. Wir sind alle daran interessiert, daß die
Belastung der Länder nicht größer wird, als es unbedingt notwendig ist; aber wir wollen uns auch nicht den Entscheidungen der Länderfinanzminister ausliefern, die wir dann einfach zu akzeptieren hätten.
Ich komme nun zum Schluß. Meine Damen und Herren, die sozialdemokratische Fraktion hat das Haushaltsgesetz 1949/50 und die damit zusammenhängenden Einzelpläne abgelehnt. Die sozialdemokratische Fraktion wird auch diesen Ergänzungshaushalt ablehnen, und zwar, wie Ihnen bekannt sein dürfte, nicht in erster Linie seines sachlichen Inhalts wegen, an dessen Gestaltung wir weitgehend mitgearbeitet haben, sondern aus politischen Gründen, weil wir eine politische, eine wirtschaftspolitische, eine sozialpolitische Auffassung vertreten, die mit den Methoden der Aufbringung der Mittel und der Verteilung der Lasten, wie sie die gegenwärtige Regierung in ihrer Politik anwendet, nicht in Einklang zu bringen ist. Wir werden also gegen dieses Gesetz und gegen die Einzelpläne aus politischen Gründen stimmen.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Ehlers. Sie haben für die CDU noch 18 Minuten Redezeit, zusammen mit einem weiteren Redner, einer Dame. Ich bitte, danach zu verfahren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Schoettle hat in seinen Ausführungen darauf hingewiesen, daß die sozialdemokratische Fraktion den Haushalt aus politischen Gründen ablehnen würde. Es ist das gute Recht der Sozialdemokratie, den politischen Kampf in dieser Weise zu führen. Wir aber haben allen Anlaß, diese Gelegenheit zu ergreifen, um deutlich zu machen, daß wir auch den Ergänzungshaushalt und die Beschlußfassung darüber dazu benutzen, um die Politik der von uns gebildeten Regierung zu unterstützen und ihr den Dank für ihre Arbeit auszusprechen.
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In dem Ihnen vorgelegten Ergänzungshaushalt erscheinen zum erstenmal die Gehälter der Minister, welche die Ministerien leiten, die aus den früheren Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets hervorgegangen sind. Wir denken daran, daß es noch nicht drei Jahre her ist, als im Gesetzblatt des Vereinigten Wirtschaftsgebiets die Bildung der verschiedenen Verwaltungen mitgeteilt wurde, und ich glaube, es ist die Pflicht eines deutschen Parlaments, in dem Augenblick, in dem diese Verwaltungen auch haushaltsmäßig als Ministerien des Bundes erscheinen, zum Ausdruck zu bringen, daß die Leistung, die damals von den Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, von dem Oberdirektor und den Direktoren sowie dem Parlament, dem Wirtschaftsrat, unter dem Vorsitz des jetzigen Herrn Bundestagspräsidenten begonnen worden ist, ein ausgezeichneter Beitrag zur Wiedergewinnung deutscher Freiheit und Souveränität ist.
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Wir haben Anlaß, allen, die diese Arbeit geleistet und zur Durchführung dieser Aufgaben beigetragen haben, einen sehr herzlichen und warmen Dank auszusprechen.
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Ich möchte das hier getan haben.
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- Als die Spaltung Deutschlands begann, da waren andere Dinge geschehen, Herr Renner, und ich glaube, daß Sie darüber besser unterrichtet sind, was zu dieser Spaltung geführt hat und weiterhin führt.
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Meine Damen und Herren! Wir haben keine ausführlichen Darlegungen zu der Vorlage zu machen. Ich möchte Sie nur darauf hinweisen - Herr Kollege Schoettle und die Herren Berichterstatter haben bereits darauf aufmerksam gemacht -, daß die Hauptpositionen auch dieses Haushalts zwangsläufige Ausgaben sind, über deren Notwendigkeit auch im Haushaltsausschuß eine Meinungsverschiedenheit nicht bestanden hat. Man ist in der Arbeit des Haushaltsausschusses manchmal
bedrückt, wenn man die Positionen des Haushalts
Punkt für Punkt durchgeht und versucht, an einzelnen Stellen zu sparen, also etwa an dem von Herrn Kollegen Schoettle auch bereits erwähnten Stellenplan des Finanzministeriums. Sie ersehen aus der Ihnen vorliegenden Drucksache, an welchen Stellen bestimmte Abstriche in diesem Stellenplan vorgenommen wurden. Wenn man das Fazit zieht, stellt man fest, daß das Ergebnis dieser Ersparnisbemühungen außerordentlich gering ist und daß das finanzielle Gewicht an ganz anderer Stelle liegt. Ich meine aber, daß diese Erwägungen uns nicht davon befreien, an jeder Position eines Haushalts mit großer Sorgfalt und dem Bemühen zu äußerster Sparsamkeit zu arbeiten. Darum bin ich durchaus der Meinung, daß der von Herrn Kollegen Schoettle gemachte Vorschlag angenommen werden sollte, etwa durch Einschaltung des Bundesrechnungshofes zu prüfen, welche Organisationsveränderungen und Einsparungen bei einzelnen Verwaltungen gemacht werden könne.
Wir sind allerdings nicht der Meinung - und das darf ich hier aussprechen -, daß die Bundesregierung im Aufbau ihrer Verwaltung in irgendeiner Weise unnötig aufgebläht ist, und ich glaube auch nicht, daß die Organisation der Verwaltung dazu geführt hat, daß unnötigerweise Überschneidungen stattfinden. Daß tatsächlich bei verschiedenen Ministerien und bei verschiedenen Aufgaben Überschneidungen sich nicht haben vermeiden lassen, wissen wir auch; aber wir sind nicht der Meinung, daß man in diesem Zusammenhang nur das Negative sehen darf. Wir haben auch die Verpflichtung, auszusprechen, daß bei der Notwendigkeit, fast aus dem Nichts heraus eine Bundesverwaltung zu bauen und Aufgaben überhaupt erst wieder in eigene Regie zu übernehmen, wir dankbar dafür sind, daß diese Aufgaben in dieser Form, mit dieser Tatkraft und diesem Erfolg gelöst worden sind.
Meine Damen und Herren, ich habe überhaupt den Eindruck, daß wir selbst und daß nicht geringe Teile des deutschen Volkes aus einer vielleicht übertriebenen Objektivität viel zu leicht bereit sind, das festzustellen, was nicht geschehen ist oder was noch hätte geschehen müssen, und daß wir darüber allzusehr vergessen, was tatsächlich in dieser Zeit geleistet worden ist.
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Wir dürfen doch feststellen, daß dieses halbe Jahr, für das wir nun den Ergänzungshaushalt beschließen sollen, die Anlaufzeit einer deutschen Bundesregierung und einer deutschen Bundesverwaltung geworden ist, von der wir nicht zu hoffen gewagt hätten, daß wir in diesem Tempo und mit diesem Erfolg zu einer funktionsfähigen Regierung und Verwaltung kommen würden.
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Wir glauben auch, daß der Auftakt dieser Arbeit und alles, was von diesem Parlament und von der Regierung in dieser Zeit geschehen ist, sich vor dem deutschen Volk und der Geschichte sehen lassen kann und daß wir keine Veranlassung haben, diese Leistungen in irgendeiner Weise unterzubewerten.
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Meine Damen und Herren! Ich möchte zu einzelnen Positionen des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfs noch wenige Anmerkungen machen. Sie finden in dem Haushaltsplan des Bundesministeriums des Innern unter Kap. E 12 den Tit. 10, die Vorbereitung und Durchführung einer Erhebung über die unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen. Sie wissen, daß diese Erhebung inzwischen durchgeführt worden ist, und daß sie zum ersten Mal verläßliche Unterlagen über diesen Personenkreis gegeben hat. Wir sind außerordentlich dankbar, daß diese Mittel für diesen Zweck angewandt worden sind, weil wir glauben, daß, nachdem diese Unterlagen vorliegen und die zahlenmäßigen
und finanziellen Verhältnisse übersehen werden
können, eine der wesentlichen Voraussetzungen
dafür geschaffen ist, daß die Gesetzgebung auf Grund des Art. 131 des Grundgesetzes möglichst bald praktisch wird. Hierin liegt eine der wesentlichsten und dringendsten Aufgaben, und weder Regierung noch Bundestag können irgendeine Verzögerung in der Erfüllung dieser Verpflichtung weiterhin hinnehmen. Es ist so, daß die Menschen im Lande - das darf man doch hier einmal aussprechen - und die Hunderttausende von unmittelbar Betroffenen einen nicht geringen Teil ihrer Würdigung der Arbeit von Bundestag und Bundesregierung von der Erfüllung dieser Verpflichtung abhängig sehen.
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Ich glaube, daß wir das hier aussprechen müssen und den festen Willen der Regierungskoalition und der Regierung zum Ausdruck bringen dürfen, diese Frage ohne jede Verzögerung zu einer Lösung zu führen, die den Grundsätzen der Gerechtigkeit, die wir in diesem Falle in erster Linie zu vertreten haben, gerecht wird.
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Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch noch etwas zum Haushalt des Bundesministeriums der Finanzen sagen. Herr Kollege Schoettle hat davon gesprochen, daß der Stellenplan des Bundesministeriums der Finanzen gegenüber der außerordentlich sparsamen Verwaltung der
Finanzen im Vereinigten Wirtschaftsgebiet eine erhebliche Ausweitung erkennen lasse. Es hat sich in den Beratungen des Haushaltsausschusses gezeigt, daß diese Ausweitung von der Sache her geboten war. Ich glaube, daß gerade auf dem Gebiet
2350 Deutscher Bundestag -64. sitzeng. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1950
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des Finanzwesens des Bundes die an uns herantretenden Aufgaben in ihrer Vielfältigkeit und in ihrer Schwere ein solches Gewicht haben, daß sie nur mit einem ausgezeichneten, sachverständigen, aber auch hinreichend ausgebauten Apparat im Bundesministerium der Finanzen gelöst werden können.
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Wir haben trotz aller Bemühungen - das sehen Sie aus dem Stellenplan, meine Damen und Herren - irgendwie ins Gewicht fallende Abstriche nicht vornehmen können.
Wir wehren uns auch dagegen, daß der Blick auf den Stellenplan irgendeines Ministeriums doch bei diesem und jenem innerhalb und außerhalb des Hauses vielleicht den Eindruck erweckt, als ob wir dabei wären, eine Bürokratie zu erziehen. Wenn man die erforderlichen Sachverständigen und notwendigen Beamten in die Aufgaben hineinstellt, die wirklich vor uns stehen, dann ist das nicht Bürokratie, sondern dann ist das die Erfüllung der Verpflichtungen, die ein Staat hat, um seinen Aufgaben gerecht zu werden. Wir haben auch keine 'Veranlassung, die Leistung der Beamten in der Bundesverwaltung und in allen in Frage kommenden Stellen in irgendeiner Weise durch solche Vorwürfe herabsetzen zu lassen. Ganz im Gegenteil! Wir wissen, daß eine Unzahl von Beamten unter außerordentlichen Schwierigkeiten, insbesondere unter sehr schwierigen Unterbringungs- und finanziellen Verhältnissen hier eine Aufbauarbeit geleistet hat, für die wir nur dankbar sein können und die wesentlich dazu geführt hat, daß dieser deutsche Staat in diesem halben Jahr wirklich ein Gesicht bekommen hat.
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Zum Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums ist von dem Herrn Berichterstatter bereits auf die Position des Beitrages zur Internationalen Ruhrbehörde von 412 000 1)M hingewiesen worden. Es sind sicher nicht wenige Damen und Herren in diesem Hause, die diesen Beitrag mit einem etwas gemischten Gefühl gesehen haben. Ich glaube, daß wir mit großer Freude feststellen können, daß sich aus der Initiative des Herrn französischen Außenministers Entwicklungen anbahnen, die uns diese Position wesentlich erträglicher und hoffnungsvoller erscheinen lassen.
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Meine Damen und Herren! Ich hatte vor, anläßlich der Genehmigung des Gehalts des Herrn Postministers einige Ausführungen über die öffentlichen Wirkungen der Post hinsichtlich der Briefmarken und ähnlicher Dinge zu machen. Meine verehrte Kollegin Frau Heiler wird dazu noch einiges zu sagen haben.
Ich habe es begrüßt, daß der Herr Berichterstatter, Herr Kollege Seuffert, darauf hingewiesen hat, daß dieser Ergänzungshaushalt ein etwas anderes Gesicht bekommen hat durch die außerordentlich erfreuliche Veränderung mancher Einnahmepositionen hinsichtlich der Zölle und hinsichtlich der Steuern. Es ist gar kein Zweifel, daß sich hinter diesen Zahlen eine außerordentlich erfreuliche Verbesserung unseres gesamten Wirtschaftslebens verbirgt. Wir haben keine Veranlassung, davon nicht zu sprechen, sondern haben auch hier für diesen deutschen Staat und für seine Regierung in Anspruch zu nehmen, daß sie zu einem wesentlichen Teil dazu beigetragen haben, uns eine völlig neue Wirtschaft zu schaffen und damit ein ganz anderes
Bild der dem Staat aus Zöllen und Steuern zufließenden Erträge.
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Herr Kollege Seuffert hat auch davon gesprochen, daß das Bild der Ablieferungen der deutschen Bundesbahn ein unerfreuliches sei und daß wir darauf bestehen müßten, daß diese Ablieferungen tatsächlich hereinkommen. Es ist auch der Wunsch meiner politischen Freunde, daß der Regelung der Rechtsverhältnisse der deutschen Bundesbahn durch Gesetz möglichst bald erfolgt, damit wir hier klare Verhältnisse haben.
Wir sind ebenfalls der Auffassung, daß es erwünscht ist, einen Haushalt über die sozialen Kriegsfolgelasten zu schaffen, weil wir glauben, daß es für unser Volk und für die Welt gut wäre, ständig daran erinnert zu werden, welche Lasten und welche Nöte uns auferlegt sind und uns daran hindern, in vielen anderen Dingen Ausreichendes zu tun, weil wir in diese Vernichtung und Zerstörung hineingebracht worden sind.
Ich möchte mir überhaupt die Anregung gestatten - ich hätte beinahe gesagt: zum Gebrauch für das Volk -, viele Positionen des Haushalts, wenn nicht in besonderen Einzelplänen, aber in Veröffentlichungen einmal zusammenzufassen, damit diese Haushaltspläne nicht eine Geheimwissenschaft für einige wenige interessierte und viele nichtinteressierte Parlamentarier sind, sondern wirklich eine Sache, die für die Gesamtheit unseres Volkes verständlich ist.
Herr Abgeordneter, selbstverständlich ist jedes Mitglied des Hauses am Haushaltsplan interessiert.
Der Herr Präsident stellt fest, daß jedes Mitglied des Hauses interessiert sei. Ich habe bis jetzt nicht so genau gewußt, daß man sein Interesse durch Nichtanwesenheit bekundet..
Meine Damen und Herren! Ich empfehle also unter diesen Gesichtspunkten die Annahme dieses Ergänzungshaushalts und glaube, daß wir ihn vor unserem Gewissen und vor dem deutschen Volk verantworten können.
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Herr Abgeordneter Dr. Leuchtgens! 5 Minuten bitte.
({0})
Dr. Leuchtgens ({1}): Meine Damen und Herren! Sie können angesichts der geringen Zeit, die mir zu meinen Ausführungen zur Verfügung gestellt worden ist, nicht verlangen, daß ich auf Einzelheiten der Drucksache Nr. 633 mit ihren 10 oder 12 Sondervorlagen eingehe.
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Ich möchte nur ganz kurz die Stellung meiner Gruppe und meine eigene Stellung zu dem vorliegenden Ergänzungsetat ausführen.
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Ich bin nicht in der Lage, diesem Ergänzungsetat zuzustimmen.
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Vielleicht werden Sie darauf auch gar keinen Wert legen, da ja die Regierungsparteien ohne weiteres den Karren schon durchziehen werden.
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Es ist aber immerhin doch sehr wichtig, zu dieser Frage Stellung zu nehmen.
Ich lehne diesen Ergänzungsetat nicht aus politischen Gründen ab, wie das die Sozialdemokratie tut, sondern ich lehne ihn aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen ab. Er ist nach meinem Ermessen zu hoch. Wir können uns in der wirtschaftlichen und finanziellen Lage, in der wir heute sind, einen solchen Etat mit über 500 Millionen DM als Ergänzungsetat nicht mehr leisten. Ich hätte es begrüßt, wenn das Finanzministerium und auch der Haushaltsausschuß dieser unserer wirtschaftlichen Lage mehr Rechnung getragen und die Ansätze niedriger gestaltet hätten.
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Ich möchte weiter auch keine Anträge im einzelnen stellen.
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Auch das verbietet mir zunächst die Zeit zur Begründung. Immerhin wird sich ja in der nächsten Zeit Gelegenheit finden, beim Haushaltsplan 1950 auf diese Dinge zurückzukommen.
Gestatten Sie mir nur einige allgemeine Ausführungen. Zunächst ist die tatsächliche wirtschaftliche und finanzielle Lage im Bundesetat durch die eingebrachten Ergänzungsetats dadurch gekennzeichnet, daß wir das Kreditwesen überspannen. Wir glauben, alles heute noch mit Kredit machen zu können. Ich bin der Überzeugung, und zwar bin ich der Überzeugung als Aufsichtsratsvorsitzender einer Bank, mit der ich seit 20 Jahren zu tun habe - ({9}) - Warum lachen Sie darüber?
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Ich bin Aufsichtsratsvorsitzender einer Bank.
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Herr Abgeordneter, darf ich Sie bitten, vor das Mikrophon zu treten, damit nichts von Ihren Ausführungen verlorengeht.
Dr. Leuchtgens ({0}): Ich habe infolgedessen über die Kredit- und Bankverhältnisse einigermaßen klare Vorstellungen, die vielleicht sehr vielen anderen abgehen. Aber das kommt ja hier nicht so genau darauf an.
Ich bin der Meinung, daß wir das Kreditwesen in unseren Voranschlägen allzusehr überspannen. Auf der anderen Seite bin ich der Meinung, daß unsere gesamte Wirtschaftslage heute eine Verlagerung der Geld- und Kapitalverhältnisse von der Privatwirtschaft auf die öffentliche Wirtschaft herbeigeführt hat. Ich darf mir mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten gestatten. aus den Monatsberichten der Bank deutscher Länder ein paar Sätze vorzulesen.
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In der Märzausgabe steht ausdrücklich geschrieben:
Wohl am stärksten wurde die Konjunkturentwicklung in den letzten Monaten aber durch die übermäßige Steuer- und Abgabenlast beeinträchtigt.
Ich darf darauf aufmerksam machen, daß diese Monatsberichte äußerst vorsichtig und in der Darstellung äußerst zurückhaltend gegeben werden. Man muß also schon etwas mehr von seinem Gefühls- und Willensleben hineinstecken, als darin geschrieben steht.
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Eine besondere Rolle spielte in diesem Zusammenhang die seit Ende Oktober 1949 in Gang befindliche Soforthilfeaktion. Wie im Abschnitt über die öffentlichen Finanzen ausgeführt, hatte die Wirtschaft in den Monaten Oktober bis Februar nicht weniger als 6 Milliarden DM an regulären Steuern und daneben noch etwa 1 Milliarde DM an Soforthilfeabgaben aufzubringen. Eine derartig massierte Einkommensumschichtung hätte wahrscheinlich schon fühlbare Störungen zur Folge gehabt, wenn die betreffenden Mittel sofort wieder verausgabt worden wären. Nun floß aber, wie die Analyse der öffentlichen Haushalte zeigte, ein erheblicher Teil der der Wirtschaft entzogenen Beträge nicht einmal alsbald wieder in den Verkehr zurück, sondern er schlug sich vielmehr in einem beträchtlichen Anstieg der öffentlichen Einlagen im Banksystem bzw. in einer zumindest vorläufigen Schuldentilgung der öffentlichen Hand durch Ankauf von Ausgleichsforderungen nieder.
Ich hebe nur diese wenigen Sätze hervor. Ich hätte eigentlich - dazu brauchte ich aber mehr Zeit - auch noch auf andere Anregungen dieser Monatsberichte zurückgehen sollen. Ich hebe also hervor, hier liegt eines der großen Gefahrenmomente, in denen wir uns befinden. Die öffentliche Hand hat großenteils Geld zur Verfügung, und die Privatwirtschaft weiß nicht, womit sie ihre Bedürfnisse decken soll. Und wer in der praktischen Bankpolitik steht, der weiß, daß heute die Privatwirtschaft von einem geradezu unendlichen Durst nach Krediten genährt wird.
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Das ist ein lapsus linguae; das kann jedem passieren.
Dr. Leuchtgens ({0}): Jawohl, das ist so! - Meine Damen und Herren! Wenn Sie daran Anstoß nehmen, dann tragen Sie es in Ihre Sammlung von Entgleisungen ein, zu der Sie ja auch gelegentlich Beiträge liefern.
Die Regierung muß nun weiter zu einer Vereinfachung der Verwaltung und einer Herabsetzung der Staatsausgaben und -aufgaben kommen. Das muß sie als ihr vornehmstes Prinzip ansehen. Wir haben nach meiner Auffassung immer noch zuviel Staatsaufgaben und infolgedessen zuviel Beamte und zuviel Staatsausgaben. Die Ausgaben des Bundes, der Länder und der Gemeindebehörden müssen allmählich unter Führung der Bundesregierung herabgesetzt werden.
Wir können weiter, wenn wir uns fragen, wie wir denn aus der Finanzmisere herauskommen sollen, nur immer wieder darauf aufmerksam machen, daß die grundlegenden Quellen unseres Finanzelends beseitigt werden müssen. Ich sehe sie hauptsächlich in der Heimatvertriebenen- und Flüchtlingsfrage. Wenn wir diese Fragen nicht international lösen und wenn die Bundesregierung nicht mit allem Nachdruck auf diesem Gebiet vorstößt, dann wird es vergeblich sein, einen ausgeglichenen Haushalt für die nächsten Jahre herzustellen.
Das Zweite wird sein, daß wir die Zahl der Länder - ich muß es immer wieder sagen, das ist nicht zu vermeiden, - censeo -
Ceterum censeo!
({0})
Dr. Leuchtgens ({1}): Ceterum censeo! Im übrigen halte ich dafür: wir wollen es deutsch sagen, damit es auch jeder Deutsche versteht.
Das Haus ist so gebildet, daß es auch Lateinisch versteht.
({0})
Dr. Leuchtgens ({1}): Gut! Ich sage, daß die Zahl der 11 Länder auf die Zahl 5 zurückgeführt werden muß, weil andernfalls unsere Wirtschaft die Staatsausgaben auf den verschiedenen Gebieten nicht mehr durchhält.
Herr Abgeordneter, ich
darf Sie darauf aufmerksam machen, daß ich bereits 60 % zugegeben habe.
Dr. Leuchtgens ({0}): Ich bin gleich fertig; ich habe nur noch zwei Sätze zu sagen.
Im übrigen stehen wir - und das ist das Entscheidende - doch vor zwei großen Gefahren: entweder rutschen wir in die Inflation hinein - das wollen wir festhalten -, oder wir bringen die Wirtschaft mit unserer staatlichen Ausgabenwirtschaft zum Zusammenbruch und kommen zum Staatsbankrott. Vielleicht haben sich die verschiedenen Volksvertreter diese Möglichkeiten noch nicht mit der genügenden Deutlichkeit vor Augen geführt.
({1})
Wir müssen versuchen, auf dem Gebiete der gesamten Haushaltswirtschaft zu einer entscheidenden, durchgreifenden Sparsamkeit zu kommen, oder wir reiten die Wirtschaft zusammen.
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Eine solche Charakteristik ist unzulässig, Herr Abgeordneter.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Krause. 10 Minuten bitte!
Meine Damen und Herren! Mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Zeit wollen auch wir dem Beispiel anderer Fraktionen folgen und auf unsere Erklärung zu dieser Vorlage verzichten.
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Ich will aber nur anläßlich einer Bemerkung des Kollegen Ehlers von vorhin über den Art. 131 noch einmal, mit einem Satz, die dringende Bitte an die Bundesregierung richten, sich doch unter allen Umständen und allen Widerständen zum Trotz an den gestern abend im Beamtenrechtsausschuß gefaßten Beschluß zu halten, spätestens bis zum 1. Juli dieses Jahres das Gesetz vorzulegen, das für diejenigen Personengruppen bestimmt ist, die unter den Art. 131 des Grundgesetzes fallen.
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Meine Damen und Herren! Ich habe soeben eine sehr erfreuliche Mitteilung erhalten. Durch Rückfrage des Herrn Schriftführers bei den einzelnen Fraktionen hat sich ergeben, daß nur noch von einer einzigen Fraktion wenige Sätze gesagt werden, so daß wir also jetzt kurz vor dem Schluß der Aussprache und infolgedessen vor der Abstimmung stehen. - Bitte, fangen Sie deshalb an zu klingeln.
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Der nächste Redner ist eine Dame. Frau Abgeordnete Heiler, bitte! Durch die langen Reden Ihrer Fraktionsfreunde sind Ihnen nur drei Minuten geblieben. Sie werden mich aber loyal genug finden, Ihnen noch eine Minute zuzugeben, also vier Minuten.
Ich möchte die Haushaltsberatung als Anlaß nehmen, um für die Ministerien der Finanzen und des Post- und Fernmeldewesens eine Sache zur Sprache zu bringen, die mir wichtig erscheint, nämlich die Frage der Geldscheine, der Münzen und der Briefmarken.
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Was bisher von diesen Ministerien gebracht worden ist, das genügt einfach nicht den Anforderungen, die wir an diese Dinge stellen müssen, um sie als eine Visitenkarte unseres Volkes - das sind sie doch - der Öffentlichkeit vorlegen zu können. Das gilt sowohl von den 50-Pfennigstücken mit ihrer unpraktischen Größe als auch von den 5- und 10-Pfennigstücken mit ihrer gedankenarmen Rückseite. Das gilt vor allem von dem 5-DM-Schein, der in weiten Kreisen sowohl wegen des mythologischen Motivs, das natürlich von den meisten überhaupt nicht verstanden wird, als auch wegen der völlig unkünstlerischen Ausführung abgelehnt wird. Wir haben darin schon Besseres gehabt.
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Von den Briefmarken möchte ich sagen: wenn das ausgeführt wird, was jetzt bei dem Wettbewerb preisgekrönt ist, dann sollten wir es lieber überhaupt aufgeben, Künstler zu Entwürfen heranzuziehen. Denn wenn wir wirklich keine Graphiker haben sollten, die brauchbare Ideen in einer besseren Ausführung bringen können, dann sollten wir unsere Armut auch auf diesem Gebiet eingestehen und einfach nur den Wert der Marke aufdrucken und damit zufrieden sein. Aber ich glaube, es fehlt uns gar nicht an besseren Künstlern. Wir haben früher Besseres gekonnt und können es auch heute noch.
Bei der Herstellung von Münzen, Geldscheinen sowie Briefmarken geht es auch um Gelder, über deren Verwendung der Bundestag zu befinden hat. Darum ersuchen wir die Herren Minister der Finanzen und des Post- und Fernmeldewesens, die Ansprüche an derartige Entwürfe recht hoch zu stellen und die ästhetischen Bedürfnisse unseres Volkes doch nicht ganz so niedrig einzuschätzen und uns in Zukunft auf diesem Gebiete nur solche Entwürfe zu bescheren, mit denen wir vor uns selbst und vor der Öffentlichkeit bestehen können.
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Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Meine Damen und Herren! Nur einen Satz oder zwei Sätze. Erstens: Ich möchte feststellen, daß die Bank deutscher Länder die Münzen und die Banknoten in voller eigener Verantwortung und ohne Anhören und ohne vorherige Verständigung der Bundesregierung gedruckt, geprägt und in Umlauf gesetzt hat.
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Zweitens: Ich möchte feststellen, daß bei der künftigen Ausprägung der Münzen, soweit diese
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Münzen nicht aus technischen Gründen sofort in Umlauf gesetzt werden müssen, ein öffentliches Ausschreiben, insbesondere für Fünfmarkstücke, erfolgen wird. Ich hoffe, daß sich die Künstler daran erinnern, daß wir in der deutschen Geschichte und in der deutschen Kunst Vorbilder wie z. B. den Kopf des Reiters von Bamberg haben,
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die wertvoller wären als das, was bisher auf dem Gebiet erschienen ist.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Blank als letzter.
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei stimmt dem Ergänzungshaushaltsplan Drucksache Nr. 633 mit den Abänderungen, wie sie der Haushaltsausschuß gemäß Drucksache Nr. 891 vorgeschlagen hat, zu.
Wir sind auch der Meinung, daß eine Ablehnung
eines für das Funktionieren des Staatsapparates so wichtigen Gesetzes wie des Haushaltsgesetzes aus
grundsätzlichen Erwägungen eigentlich nicht so ganz den Gedanken von konstruktiver Opposition, die wir uns bisher gemacht hatten, entspricht. Wir glauben allerdings auch, daß es nicht notwendig ist, über den Ergänzungshaushalt eines Haushaltsjahres, das nun bereits vor 6 Wochen abgelaufen ist, noch große Debatten zu führen. Wir begrüßen es, daß die haushaltsrechtlichen Grundlagen für das vor 6 Wochen abgelaufene Haushaltsjahr nun tatsächlich vollständig vorhanden sind, und hoffen, daß die Bundesregierung diesem Hohen Hause und damit auch dem Haushaltsausschuß die Voranschläge für das neue Haushaltsjahr 1950 so zeitig vorlegen wird, daß wir nie wieder in eine Lage kommen, wie wir sie jetzt aus Anlaß des Übergangszustandes erleben mußten.
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Wir begrüßen unsererseits auch den Plan des Bundesfinanzministers, in einem Einzelplan sämtliche Kriegsfolgelasten sichtbar zu machen.
Was die Überlegungen des Herrn Kollegen Dr. Leuchtgens betrifft, so glaube ich, mir Einzelheiten der Erwiderung darauf ersparen zu können. Es verdient aber vielleicht anerkannt zu werden, daß er. aus sachlichen und nicht aus grundsätzlichen Erwägungen den Haushalt ablehnen zu müssen glaubt.
Meine Damen und Herren! Die Rednerliste ist erschöpft. Ich schließe die Aussprache der zweiten Beratung des Ergänzungshaushalts, nämlich die Beratung zu Drucksache Nr. 633.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, sich die Haushaltspläne in der Reihenfolge VI, VIII, LX, X, XI, XII, XIII, XXIII, XXV und Drucksache Nr. 891 bereitzulegen.
Ich rufe auf: Wer für Einzelplan VI - Anlage 1 b - ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Damit ist Einzelplan VI angenommen.
Wer für den Einzelplan VIII ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Wer für Einzelplan IX ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Wer für Einzelplan X ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. -- Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Wer für Einzelplan XI ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Wer für Einzelplan XII ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Herr Finanzminister, Sie schauen mich so böse an. Sind Sie mit der Abstimmung nicht einverstanden?
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Wer für Einzelplan XIII ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
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- Halt, Verzeihung, jetzt ist es zu schnell gegangen.
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- Nein, nein! Es liegt zu Einzelplan XIII der von den Herren Abgeordneten Loibl, Schmücker und Genossen vorhin eingebrachte Abänderungsantrag vor, dessen Wortlaut das Haus ja gehört hat. Ich lasse also zunächst über den Abänderungsantrag zum Einzelplan XIII - Anlage 1 h - Kap. 2 Tit. 31 abstimmen. Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Zweifelsfrei mit Mehrheit abgelehnt.
Wer für Einzelplan XIII in der vorliegenden Fassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. Danke! Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Demgemäß beschlossen.
Wer für Einzelplan XXIII ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. -Das erste war die Mehrheit. So beschlossen.
Einzelplan XXV. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen nunmehr zu Drucksache Nr. 891, und zwar zunächst zu der Anlage auf Seite 2: Anlage zum Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes pp. Wer für diese Anlage ist. den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Es ist demnach beschlossen.
Wer für die §8 1, - 1 a, - 2 - und 3 - gemäß der Drucksache Nr. 891 ist, den bitte ich. die Hand zu erheben. - Ich danke und bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit angenommen.
Wer für Einleitung und Überschrift ist, den bitte ich, r ie Hand zu erheben. - Ich danke und bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Damit erkläre ich die zweite Beratung des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949 für beendet.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht
gewünscht. Dann darf ich das Einverständnis des
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Hauses feststellen, daß wir in die Abstimmung der dritten Beratung eintreten.
Wer für die Haushaltspläne, die ich vorhin aufgerufen habe, ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich danke und bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Wer für die Anlage zu dem Gesetz gemäß Drucksache Nr. 891 und für die §§ 1, 1 a, 2 und 3 einschließlich Einleitung und Überschrift ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich danke und bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Wir kommen nunmehr zur Schlußabstimmung. Wer für die Drucksache Nr. 891 nebst sämtlichen Anlagen und Einzelhaushaltsplänen, wie soeben beschlossen, im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich danke und bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Ich erkläre hiermit die dritte Beratung der Drucksache Nr. 891 nebst sämtlichen Anlagen für beendet und das Gesetz für endgültig verabschiedet.
Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Aufhebung des § 4 der Verordnung der Bundesregierung vom 17. Februar 1950 ({4}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Antrag lediglich entgegenzunehmen und ihn dann ohne Debatte an den Ausschuß für Beamtenrecht zu überweisen. Für die Einbringung des Antrags schlägt der Ältestenrat eine Redezeit von 5 Minuten vor.
Zur Einbringung des Antrags hat das Wort der Herr Abgeordnete Renner.
Meine Damen und Herren! Der Inhalt unseres Antrages ist folgender:
Der § 4 der Verordnung der Bundesregierung vom 17. Februar 1950 über Maßnahmen gegen dienstlich ungeeignete Beamte und Angestellte wird wegen seiner Verfassungswidrigkeit aufgehoben.
Lassen Sie mich unseren Antrag kurz begründen.
Der Art. 132 Abs. 1 des Grundgesetzes läßt die Versetzung von Beamten und Richtern, die auf Lebenszeit angestellt sind, in den Ruhestand oder in den Wartestand oder in ein Amt mit niedrigerem Diensteinkommen nur zu, wenn ihnen die persönliche oder fachliche Eignung für ihr Amt fehlt. Es heißt weiter: „Auf Angestellte, die in einem unkündbaren Dienstverhältnis stehen, findet diese Vorschrift entsprechende Anwendung." Die Anwendung des Art. 132 des Grundgesetzes ist also davon abhängig gemacht, daß die eine oder die andere Eignung, die persönliche oder die fachliche, für die Ausübung des Amtes fehlt.
Der Art. 132 Abs. 2 des Grundgesetzes schafft aber für Angehörige des öffentlichen Dienstes, soweit sie anerkannte Verfolgte des Nationalsozialismus sind, ein Sonderrecht. Der Abs. 1 des Art. 132 darf für diesen Personenkreis keine Anwendung finden, sofern nicht ein wichtiger Grund in ihrer Person vorliegt. Der Mangel der fachlichen Eignung läßt also bei diesem Personenkreis die Anwendung des Abs. 1 des Art. 132 nicht zu.
Der § 4 der angezogenen Verordnung der Bundesregierung vom 17. Februar 1950 hebt aber das in Art. 132 Abs. 2 des Grundgesetzes verankerte Sonderrecht für Angehörige des öffentlichen Dienstes, die anerkannte Verfolgte des Nationalsozialismus sind, auf. Nach § 4 der besagten Verordnung finden die Maßnahmen des Art. 132 Abs. 1 bei Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die anerkannte Verfolgte des Nationalsozialismus sind, auch dann bereits Anwendung, wenn ihnen die fachliche Eignung für das Amt in einem solchen Maße fehlt, daß die ordnungsmäßige Erledigung ihrer Aufgaben ausgeschlossen ist.
Der Sinn unseres Antrages ist der, zum Ausdruck zu bringen, daß wir darin eine Verletzung des Grundgesetzes erblicken. Das Grundgesetz hat dieses Sonderrecht den anerkannten Verfolgten des Nationalsozialismus ausdrücklich zugebilligt, weil ihre Fortbildung infolge der erlittenen Verfolgung oder Inhaftierung und infolge der damit verbundenen körperlichen und seelischen Schädigung naturnotwendig leiden mußte. Es erscheint uns einfach als eine unerträgliche Zumutung, die Beurteilung der fachlichen Eignung eines anerkannten Opfers des Faschismus von der Meinung übergeordneter Beamter abhängig zu machen, die Faschisten waren.
Meine Damen und Herren! Sie haben die Ausführungen des Herrn Antragstellers gehört. Gemäß dem vorhin genannten Beschluß gilt die Drucksache Nr. 827 als an den Ausschuß für Beamtenrecht überwiesen.
Wir kommen damit zur
Dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
über die Finanzverwaltung ({0}).
Ich eröffne die Beratung. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Koch bittet
Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen den Abänderungsantrag begründen, der Ihnen unter Drucksache Nr. 941 zugegangen ist. In der gestrigen Sitzung, in der wir den Antrag auf Offenlegung der Steuerlisten begründet hatten, war verschiedentlich von den Diskussionsrednern auf die Möglichkeit hingewiesen worden, Einfluß auf die Steuerveranlagung und auf die Einsprüche durch die Steuerausschüsse zu nehmen.
Das Recht der Steuerausschüsse ist in § 25 des Gesetzes über die Finanzverwaltung geregelt. Wir lesen in Abs. 1, daß das Finanzamt sich durch den Steuerausschuß beraten lassen kann. Wir möchten dieses Recht des Ausschusses verstärken, indem wir diese Worte ersetzen durch die Worte:
Der Steuerausschuß hat das Recht, jederzeit beratend mitzuwirken.
Wir möchten es also nicht mehr in das Ermessen des Finanzamtsleiters, der auch Vorsitzender des Steuerausschusses ist, gesetzt sein lassen, ob er in diesem Stadium des Verfahrens den Steuerausschuß beratend heranzieht, sondern wir möchten dem Steuerausschuß selber das Recht einräumen, sich in die Veranlagung schon in diesem Stadium des Verfahrens einzuschalten.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir hatten unter diesen Umständen alle Veranlassung, heute vormittag der dritten Lesung zu widersprechen. Ich darf auch darauf aufmerksam machen, daß das Gesetz keinerlei materielles Recht enthält, so daß es unseres Erachtens nicht darauf ankam, hier eine besondere Eilbedürftigkeit festzustellen. Unter diesen Umständen besteht, glaube ich, auch keine Veranlassung, eine besondere Sitzung des Bundestages auf den kommenden Dienstag zu beantragen.
Erlauben Sie mir zum Schluß noch ein Wort an den Herrn Bundesfinanzminister. Wir haben eine
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Geschäftsordnung. Diese Geschäftsordnung enthält Vorschriften über Beachtung der Minderheitsrechte. Wenn die Minderheit von einem in dieser Geschäftsordnung garantierten Recht Gebrauch macht, so steht es meines Erachtens dem Herrn Bundesfinanzminister schlecht an, von mangelnder Courtoisie zu sprechen.
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Ich bin zu höflich, und wir alle halten zuviel von der Courtoisie, als daß wir dem Herrn Finanzminister die Aktivlegitimation bestreiten wollen, sich mit irgendeiner Gruppe hier im Hause über Courtoisie zu unterhalten.
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Aber ich glaube, mit Recht feststellen zu können, daß jedenfalls meine Fraktion für derartige Unterhandlungen passiv nicht legitimiert ist. Ich glaube, wir sollten alle zur Courtoisie bekennen, und ich möchte Ihnen auch im Namen meiner Fraktion versprechen, in Minderheitscourtoisie mit Ihnen zu wetteifern, wenn wir leichte Anzeichen einer Mehrheitscourtoisie bemerken sollten.
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Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
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Meine Damen und Herren! Ich möchte im Namen des Bundesministeriums der Finanzen erklären, daß gegen den Antrag Drucksache Nr. 941 Bedenken nicht bestehen.
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Ich gebe diese Erklärung voller Courtoisie ab.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bertram.
Meine Damen und Herren! Namens der Zentrumsfraktion wiederhole ich die bereits in zweiter Lesung gestellten Anträge in Drucksache Nr. 925 Ziffer 1 und Ziffer 4. Es handelt sich bei dem Antrag, die Ortsinstanzen für die Bundesfinanzverwaltung einzuführen, nicht um eine Frage, die man unter parteipolitischen Gesichtspunkten sehen kann. Nichts kann für die Gesamtexistenz des Bundes in Zukunft von solcher Bedeutung werden wie gerade der Umstand, daß der Bund selber über seine eigenen Gelder an der Quelle verfügen kann. Wenn Sie sich gerade diesen Gesichtspunkt einmal überlegen, so werden Sie vielleicht doch die Sorgen, die uns erfüllen, wenn das Gesetz in der bisher vorgesehenen Fassung angenommen werden würde, verstehen. Ich weise noch darauf hin, daß wir dann gezwungen sein werden, beim Bundesverfassungsgerichtshof die Verfassungswidrigkeit eines derartigen Gesetzes feststellen zu lassen.
Wird das Wort weiter gewünscht? - Herr Abgeordneter Euler bitte!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten wird den sozialdemokratischen Antrag unterstützen, weil die Stärkung des Beratungsrechtes der Steuerausschüsse sachlich wünschenswert ist.
Wird weiter das Wort ge- a wünscht? - Ich stelle endgültig fest: das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache der dritten Beratung.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe die Drucksache Nr. 888 auf. Wir haben zunächst über den Abänderungsantrag des Zentrums Drucksache Nr. 925 Ziffer 1 abzustimmen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. -Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Abänderungsantrag ist abgelehnt.
Wer für § 1 in der vorliegenden Fassung, - für § 2, - für das Entfallen des § 3, - für § 4, - für § 5, - für § 6, - für § 7, - für § 8, - für § 9 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich danke. Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit zweifelsfreier Mehrheit bei Enthaltungen angenommen.
Wer für den Abänderungsantrag zu § 10 nach der Drucksache Nr. 925 Ziffer 4 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich danke. Ich bitte um die Gegenprobe. - Da's letztere war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für 6 10 in der vorliegenden Fassung,- für
§ 11 in der Fassung der zweiten Beratung, - §§ 12, -13, -14, -15,-16,-17,-18,-19,-20,21, - 22, - 23, - 24 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit zweifelsfreier Mehrheit bei Enthaltungen angenommen.
Zu § 25 liegt der Abänderungsantrag Drucksache Nr. 941 vor. Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wer nunmehr für § 25 unter Berücksichtigung
der soeben durch Annahme des Antrags Drucksache Nr. 941 herbeigeführten Veränderung, - für die §§ 26, - 27, - 28, - 29, - 30, - 31, - 32, -33,-34,-35,-36,-37,-38,-39,-40,41, - das Entfallen des § 42, - für § 43 - sowie Einleitung und Überschrift ist, den bitte ich, die Hand erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - probe. - Mit eindeutiger Mehrheit bei Enthaltungen angenommen.
Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zur Schlußabstimmung. Wer für den Gesetzentwurf auf Drucksache Nr. 888 in der bisher beschlossenen Form im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Ich erkläre hiermit die dritte Beratung des Gesetzentwurfs nach Drucksache Nr. 888 für geschlossen und das Gesetz für verabschiedet.
Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende der Tagesordnung. Ich habe noch folgende geschäftliche Mitteilung zu machen. Der Herr stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten hat mich gebeten, Ihnen bekanntzugeben, daß die für heute nachmittag 15 Uhr anberaumte Sitzung nicht stattfindet; Termin und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden den Mitgliedern rechtzeitig bekanntgegeben.
Ich berufe die 65. Sitzung des Deutschen Bundestages auf den 1. Juni 1950, 14 Uhr 30, und erkläre die heutige, die 64. Sitzung, für geschlossen.