Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 30. Sitzung des Deutschen Bundestages.
({0})
Zunächst bitte ich Herrn Schriftführer Karpf, die abwesenden Mitglieder des Hauses bekanntzugeben.
In der heutigen Sitzung fehlen infolge Krankheit die Abgeordneten Frau Brauksiepe, Frau Dr. Brökelschen, Dr. Weiß, Wagner, Hoecker, Dr. Gülich, Blachstein, Schönauer, Euler, Dr. Pfleiderer, Wittmann, Goetzendorff, Fisch. Auf Grund von Entschuldigungen fehlen die Abgeordneten Dr. Bucerius, Schmitt, Naegel, Dr. Henle, Birkelbach, Altmaier, Freiherr von Aretin, Weickert, Reimann, Harig, Nuding und Dr. Weber II.
Meine Damen und Herren! Ich habe weiter folgende Mitteilungen zu machen.
Gemäß einer Vereinbarung im Ältestenrat gelten die Gesetzentwürfe: Entwurf eines Gesetzes über die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung - Antrag der Fraktion der SPD -, Drucksache Nr. 248, und Entwurf eines Gesetzes über das Eigentum an Wohnungen und gewerblichen Räumen - Antrag der Abgeordneten Wirths, Dr. Schäfer und Fraktion -, Drucksache Nr. 252, mit der seitens beider Antragsteller in der 23. Sitzung des Deutschen Bundestags gegebenen Begründung in bezug auf die erste Beratung als erledigt und gelten gleichzeitig als überwiesen an folgende Ausschüsse: Drucksache Nr. 248 an den Ausschuß für Sozialpolitik ({0}) und an den Ausschuß für Arbeit; Drucksache Nr. 252 an die Ausschüsse für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({1}), für Wiederaufbau und Wohnungswesen, für Bau- und Bodenrecht.
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat am 20. Januar 1950 die Anfrage Nr. 23 der BayernPartei betreffend mangelnde Kohlenversorgung Bayerns, Drucksache Nr. 332, schriftlich beantwortet. Die Antwort ist im Druck und wird den Mitgliedern des Hauses zugehen.
Weiter habe ich folgendes mitzuteilen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten bittet um Bekanntgabe, daß die anberaumte Sitzung seines Ausschusses auf Freitag, den 27. Januar 1950, 9 Uhr 30 Minuten verlegt worden ist.
Herr Abgeordneter Erler hat mich gebeten, bekanntzugeben, daß die Zusammenkunft der Parlamentarischen Sektion der Europa-Union heute abend nicht stattfinden kann, weil Herr Abgeordneter Dr. von Brentano erkrankt ist. Die Zusammenkunft wird am 2. Februar stattfinden.
Ich darf dann noch folgende Bemerkung hinzufügen. Als Punkt 9 der Tagesordnung tritt noch hinzu der bekannte interfraktionelle Antrag der Sammelüberweisung einer Reihe von Anträgen an die zuständigen Ausschüsse. Dieser interfraktionelle Antrag liegt als Drucksache Nr. 454 der) Damen und Herren des Hauses vor.
Meine Damen und Herren! Wir kommen dann zu Punkt 1 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Umstellung der Renten- und Pensionsrentenversicherungen nach der Währungsreform ({2}) ({3}).
Die Herren Antragsteller haben erklärt: da eine schriftliche Begründung vorliegt, wird von einer mündlichen Begründung abgesehen. Der Ältestenrat hat beschlossen, daß damit die erste Beratung
als erledigt gilt und der Gesetzentwurf zu Punkt 1 der Tagesordnung, Drucksache Nr. 387, als dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik überwiesen gilt. Darf ich das Einverständnis des Hauses mit dieser Erledigung des Punktes 1 der Tagesordnung annehmen? - Ich höre keinen Widerspruch. Es ist demgemäß beschlossen.
Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
über den Lohnsteuer-Jahresausgleich für
das Kalenderjahr 1949 ({4}).
Ich darf vorausschicken, daß der Ältestenrat sich darüber einig geworden ist, daß lediglich die Ein, bringung durch die Regierung erfolgt, aber keine Debatte stattfindet, sondern dann die Überweisung an den zuständigen Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen vorgenommen wird.
Darf ich zur Einbringung der Vorlage dem Herrn Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums das Wort erteilen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf über den Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1949, den ich in Vertretung des verhinderten Herrn Bundesfinanzministers einzubringen die Ehre habe, ist keine politische Vorlage; es ist eine rein technische Vorlage. Sie ist aber von besonderer sozialer Bedeutung. Der Gesetzentwurf will erreichen, daß die Lohnsteuerpflichtigen in jeder Beziehung denjenigen gleichgestellt werden, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, und zwar nicht nur bei unständiger Beschäftigung oder bei schwankendem Arbeitslohn, sondern auch in den Fällen, wie Sie sie im § 1 Absatz 2 des Entwurfs aufgezeichnet finden.
Ich möchte mich auf diese Bemerkungen beschränken, da der weitere Inhalt des Entwurfs technischer Natur ist, darf aber der Hoffnung Ausdruck geben, daß es dem Finanzausschuß des Hohen Hauses möglich sein wird, die Beratung dieser Vorlage in die jetzt andauernden Beratungen über die Einkommensteuernovelle einzuschieben, damit das Gesetz möglichst schnell verabschiedet werden kann und die Lohnsteuerpflichtigen in den Genuß der Vorteile des Gesetzes kommen.
Ich darf Ihr Einverständnis mit der vom Ältestenrat vorgeschlagenen Regelung annehmen, daß die Einbringung des Gesetzentwurfes ohne Debatte entgegengenommen wird.
Ich erbitte nunmehr Ihre Zustimmung dazu, daß der Entwurf eines Gesetzes über den Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1949 an den zuständigen Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen überwiesen wird. - Ich höre keinen Widerspruch. Es ist demgemäß beschlossen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen damit zu Punkt 3 der Tagesordnung:
Zweite und Dritte Beratung des Entwurfs eines Notgesetzes für die deutsche Hochseefischerei ({0}).
Das Wort als Berichterstatter hat der Herr Abgeordnete Lübke.
Lübke ({1}), Berichterstatter: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Notgesetz für die deutsche Hochseefischerei, das Ihnen in dem
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Antrag Drucksache Nr. 221 vorliegt, entspricht wortwörtlich dem im Wirtschaftsrat bereits angenommenen Entwurf. In der Sitzung des Wirtschaftsrates vom 19./20. Juli 1949 wurde der Gesetzentwurf, der Ihnen heute vorliegt, einstimmig angenommen, und er hat dann auch die Zustimmung des Länderrates erhalten. Die Militärregierung hat aber die Genehmigung versagt, weil sie der Bundesregierung in dieser Materie nicht vorgreifen wollte.
Die Deutsche Partei hat nun in ihrem Antrage denselben Entwurf wieder aufgenommen, und der Ausschuß für Ernährung hat diesen Entwurf am 6. Dezember 1949 einstimmig angenommen, der wirtschaftspolitische Ausschuß am 19. Januar 1950, ebenfalls einstimmig. Da also auf allen Gebieten Einstimmigkeit bestand, ist eine weitere und ins einzelne gehende Begründung nicht nötig.
Ich darf nur kurz darauf hinweisen, daß die wirtschaftliche Notlage der Hochseefischerei im wesentlichen auf Kriegsfolgen zurückzuführen ist und auf die damit im Zusammenhang stehende Überalterung der Schiffe, die auf diesem Gebiet eingesetzt werden. Von meines Wissens etwa 275 Dampfern sind mindestens 125 bis 150 als völlig überaltert anzusehen; sie wären in normalen Friedenszeiten längst aus der Seefischerei herausgezogen worden.
Nun ist die Kostenlage der Seefischerei im wesentlichen durch den Preis der Bunkerkohle bedingt. Vor dem Kriege kostete eine Tonne Kohle 18 Mark. Über den Wettbewerb der ausländischen Konkurrenz war erreicht worden, daß die Bunkerkohle mit 10 Mark pro Tonne abgegeben wurde Da heute die Kohlenwirtschaft nicht in der Lage ist, der Hochseefischerei eine derartige Verbilligung zuzugestehen, hat man im Wirtschaftsrat beschlossen - und auch die Ausschüsse dieses Hauses haben sich dem angeschlossen -, daß heute jede in der Hochseefischerei verbrauchte Tonne Kohle mit 15 Mark aus Haushaltsmitteln verbilligt wird. Die dazu erforderlichen Mittel sind bereits in der Zeit des Wirtschaftsrats in den Haushalt eingestellt worden, so daß neue Mittel nicht benötigt werden.
Unter diesen Umständen, da auch das Verhältnis der Verbilligung dasselbe ist wie in Friedenszeiten - damals von 18 auf 10 Mark, heute von 37 auf 22 Mark pro Tonne -, außerdem die Verbilligung ganz eindeutig auf 15 Mark pro Tonne beschränkt worden ist, glaube ich, daß es möglich sein wird, diese Materie auch in zweiter und dritter Lesung ebenfalls einstimmig und endgültig zu erledigen und damit das Gesetz zu verabschieden.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.
Ich eröffne die Aussprache der zweiten Beratung. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Rische bitte!
Meine Damen und Herren! Über die Notwendigkeit einer Hilfe für die deutsche Hochseefischerei braucht, so glaube ich, von dieser Stelle aus nicht noch groß gesprochen zu werden;
({0})
diese Notlage ist gegeben. Wir haben uns im Wirtschaftsrat mit dieser Materie sehr gründlich beschäftigt.
({1})
Wir haben an Ort und Stelle, an der deutschen
Nordseeküste. die notwendigen Erkundigungen
eingezogen. Dabei ist mir jedoch eins aufgefallen: neben der großen Notlage der deutschen Dampferhochseefischerei besteht doch die Tatsache, daß der größte Teil der Betriebe heute noch immer stark monopolistischen Charakter trägt. Es handelt sich vielfach nicht mehr um wirklich echte deutsche Dampferhochseefischereibetriebe, sondern um Betriebe, die maßgeblich von dem bekannten Unilever-Konzern abhängig sind, und wir möchten nicht, daß auf dem Wege über die Bereitstellung einer Subventionssumme einem derartigen ausländischen Unternehmen auch noch die so bitter benötigten deutschen Steuergelder zugute kommen.
Deswegen hat meine Fraktion sozusagen noch in letzter Stunde - das nennen wir demokratische Wachsamkeit ({2})
einen Antrag eingebracht, um zu verhindern, daß derartige ausländische Gesellschaften mit deutschen Steuergeldern subventioniert werden. Wir schlagen vor, in § 1 des Gesetzes hinter „Betriebe der Dampferhochseefischerei" einzufügen: „soweit sie nicht monopolgebunden sind". Im Interesse einer wirklich unabhängigen Wirtschaft und im Hinblick auf die dringend notwendige Hilfe für die deutsche Hochseefischerei bitte ich Sie im Namen meiner Fraktion, diesem Antrage zuzustimmen.
Wird das Wort weiter gewünscht? - Ich stelle fest: das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache der zweiten Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung in der zweiten Beratung. Zu § 1 liegt der eben vorgetragene Abänderungsantrag vor, den Sie gehört haben. Ich lasse zunächst über diesen Abänderungsantrag abstimmen. Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. - Zweifelsfrei mit Mehrheit abgelehnt.
Wer für § 1 in der Fassung der Drucksache Nr. 221, für § 2, für § 3 und § 4 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die überwiegende Mehrheit.
Wir müssen dann noch über die Einleitung abstimmen, die auf Drucksache Nr. 221 nicht verzeichnet ist. Sie lautet: „Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen". Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke; das war die Mehrheit. Wer für die Überschrift des Gesetzes ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke; das war die Mehrheit. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich eröffne die Aussprache der
dritten Beratung.
Wird das Wort gewünscht? - Ich stelle fest: das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache der dritten Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für das soeben in zweiter Beratung angenommene Gesetz im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. - Einstimmig angenommen.
({0}) - Bei einigen Stimmenthaltungen.
Meine Damen und Herren, wir kommen damit zu Punkt 4 der Tagesordnung.
({1})
({2})
-- Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Dr. Oellers.
Meine Damen und Herren! Ich möchte mir den Vorschlag erlauben, daß wir Punkt 4 der Tagesordnung erst nach Punkt 5 behandeln. Nach den Erörterungen im Rechtsausschuß nehme ich an, daß sich die Debatte zu Punkt 5 im wesentlichen darum drehen wird, ob in dem Antrag der SPD ein Eingriff der Legislative in die Funktionen der Exekutive zu sehen sei. Ich kann mir vorstellen, daß der Antrag des Ausschusses für Kulturpolitik in der Form, in der er jetzt vorliegt, dieselbe Frage aufwirft. Um zu vermeiden, daß wir die gleiche Debatte zweimal führen müssen, schlage ich vor, Punkt 4 erst nach Punkt 5 zu behandeln.
Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Oellers zur Geschäftsordnung gehört. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann darf ich das Einverständnis des Hauses damit annehmen, daß wir gemäß diesem Antrag aus den vorgetragenen Gründen zunächst Punkt 5 und danach erst Punkt 4 behandeln. - Ich höre keinen Widerspruch.
Wir gehen demnach zu Punkt 5 der Tagesordnung über:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Einsetzung eines Ausschusses zur Prüfung der Auftragsvergebung für Bauten und Einrichtungen des Bundes im Raume der vorläufigen Bundeshauptstadt ({0}).
Ich erteile dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Kiesinger das Wort.
Kiesinger ({1}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hatte sich mit dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion betreffend Einsetzung eines Ausschusses zur Prüfung der Auftragsvergebung für Bauten und Einrichtungen des Bundes im Raume der vorläufigen Bundeshauptstadt zu befassen. Es ist nicht so sehr der Anlaß, der hier interessiert, sondern es ist vielmehr eine prinzipielle Frage, über die der Ausschuß zu befinden hatte. Die Frage, um die es geht, ist nämlich die, ob der Bundestag berechtigt ist, Ausschüsse einzusetzen, die nicht nur abgeschlossene Tatsachenkreise im Raume der Exekutive untersuchen, sondern die laufend neben der Exekutive zum Zwecke der Kontrolle einzelner Maßnahmen dieser Exekutive tätig werden sollen.
Die Mehrheit des Ausschusses hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß es wohl im Rahmen des Kontrollrechts des Parlaments liege, derartige Ausschüsse zum Zwecke der Untersuchung abgeschlossener Maßnahmen einzusetzen, daß es aber in der Tat einen Übergriff des Parlaments in den Bereich der Exekutive darstelle, wenn solche Ausschüsse gebildet würden, um zukünftige Maßnahmen der Exekutive laufend zu überwachen. Es bestand im Ausschuß Einigkeit darüber, daß es natürlich das unbestreitbare Recht des Parlaments ist, die gegenwärtigen wie auch die zukünftigen Maßnahmen der Exekutive zu kontrollieren, zu überwachen und sich über sie zu informieren. Der Streit ging um das Wie dieser
Kontrolle, also um die Frage, ob diese laufende Kontrolle dadurch ausgeübt werden könne, daß beliebig viele Ausschüsse dazu eingesetzt werden. Der Antrag der SPD-Fraktion sah einen derartigen Ausschuß vor, denn nach seinem Wortlaut sollte dieser Ausschuß auch die in den kommenden Wochen und Monaten erfolgenden Maßnahmen auf dem Gebiete der Auftragsvergebung und Durchführung von Bauten im Raume der Bundeshauptstadt überprüfen.
Eine Minderheit des Ausschusses war der Meinung, daß derartige Ausschüsse durchaus in den Zuständigkeitsbereich des Parlaments fielen, und zwar entgegen der Stellungnahme, die seitens der Regierung, sowohl vom Herrn Bundesjustizminister als auch vom Herrn Bundesminister der Finanzen, vor diesem Hause schon dargelegt worden war. Zuzugeben ist: der Antrag ist so gefaßt, daß er hart an der Grenze dieser Problematik steht. Das, was die antragstellende Fraktion im konkreten Falle beabsichtigt, ließe sich nach Auffassung des Ausschusses ohne Zweifel mit der Einsetzung eines Ausschusses erreichen, der das bisherige Gebaren der Exekutive auf diesem Gebiet überprüfen und dem Parlament darüber Bericht erstatten würde. Dagegen glaubte der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht feststellen zu müssen, daß der Antrag der SPD dem einzusetzenden Ausschuß darüber hinaus die Zuständigkeit beimessen wolle, eine derartige Überwachung auch für die Zukunft auszuüben, und ihm das Recht zur Information, ja sogar zu Anregungen an die Regierung zubilligen wolle, daß also insoweit ein mit dem Grundgesetz nicht in Einklang stehender Eingriff in die Rechte der Exekutive vorliege. Wenn das Parlament eine derartige Kontrolle vornehmen will, kann es dies nach Auffassung der Mehrheit des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht nur tun, indem es einmal einen Untersuchungsausschuß mit all jenen behördenartigen Rechten einsetzt, die das Grundgesetz solchen Untersuchungsausschüssen zugesteht, wobei ebenfalls der Standpunkt vertreten wurde, daß auch diese Untersuchungsausschüsse nur abgeschlossene Tatsachenkreise untersuchen und prüfen könnten. Genau sowenig wie diese Untersuchungsausschüsse nun neben der Verwaltung her eine laufende Kontrolle einzelner Verwaltungsmaßnahmen vornehmen können, genau sowenig kann ein sonst nicht in der Form eines Untersuchungsausschusses eingesetzter Ausschuß nach der Meinung der Mehrheit des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht dies tun. Der Ausschuß glaubt nicht, daß damit das Kontrollrecht des Parlaments ungebührlich eingeschränkt wird. Neben der Möglichkeit, abgeschlossene Tatsachenkreise zu untersuchen und dem Hohen Hause darüber zu berichten, besteht ja auch noch die Möglichkeit, im Rahmen des Haushaltsausschusses eine derartige Untersuchung vorzunehmen. Im Haushaltsrecht selbst findet sich ja praktisch eine Übertragung von Exekutivaufgaben an das Parlament. Die Entschlußfreudigkeit und Beweglichkeit der Exekutive darf nach Meinung des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht durch eine dann mögliche Vielzahl derartiger Einzelausschüsse nicht ungebührlich eingeschränkt und gehemmt werden. Die Frage ist ja auch schon zur Zeit der Weimarer Verfassung im Zusammenhang mit der Problematik der Untersuchungsausschüsse behandelt worden. Auch damals ist das Hauptproblem., um das es dabei geht, die scharfe Agrenzung der Zustän({2})
digkeit des Parlaments und der Exekutive und der Gesichtspunkt, durch eine laufende Kontrolle und Überwachung der Exekutivfreudigkeit durch Ausschüsse die Entschlußfreudigkeit der Exekutive nicht zu hemmen, in der Literatur ausgiebig behandelt worden.
Die Mehrheit des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht kam daher zu folgendem Beschluß:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Antrag der Fraktion der SPD vom 15. November 1949 - Nr. 199 ({3}) der Drucksachen betreffend Einsetzung eines Ausschusses zur Prüfung der Auftragsvergebung für Bauten und Einrichtungen des Bundes im Raume der vorläufigen Bundeshauptstadt wird als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar abgelehnt.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen. Ich eröffne die Aussprache. Als erster hat Herr Abgeordneter Erler das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nun das dritte Mal, daß das Hohe Haus sich mit dieser gleichen Materie zu beschäftigen hat. Im Hintergrund dieses Antrags steht ja in Wirklichkeit nicht das sachliche Begehren der sozialdemokratischen Fraktion, das wohl von der Mehrheit des Hauses geteilt wird, daß es nämlich darauf ankommt, Klarheit über die Art und Weise zu schaffen, wie hier im Raume Bonn alle diejenigen großen öffentlichen Mittel verausgabt worden sind, die verausgabt werden mußten, um in Bonn den Bundessitz zu etablieren. Das ist der äußere Anlaß, hinter dem sich wie schon manches Mal sonst in Wirklichkeit ein ganz anderes Problem deutlich sichtbar abzeichnet: es ist das Problem der Trennung der Gewalten, das Problem der Stellung dieses Parlaments zur Regierung. Nachdem ich von den Ausführungen des Herrn Berichterstatters, aus denen sich sehr klar die Meinung der Regierungsparteien ergab, Kenntnis bekommen habe, möchte ich nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die sozialdemokratische Fraktion wie schon so oft auch in diesem Fall nicht nur ihre Rechte, nicht nur die Rechte der Minderheit wahrt, sondern die Rechte des gesamten Parlaments der Regierung gegenüber schlechthin.
Was wir jetzt hier machen, ist doch nichts anderes, als den Buchstaben des Grundgesetzes mit Fleisch und Blut zu erfüllen. Was jetzt hier geschieht, bildet künftig verfassungsrechtlich eine Art Gewohnheitsrecht. Deshalb ist es so wichtig, daß von Anfang an klargestellt wird, ob die Exekutive im neuen parlamentarischen Deutschland einer echten parlamentarischen Kontrolle unterliegt oder ob das nicht der Fall ist. Das ist das Problem, um das es hier geht. In sehr vielen anderen Fällen ist doch in diesem Hause sehr deutlich ein Hang dazu sichtbar geworden, aus der Struktur des Grundgesetzes in einem, bestimmten Einzelfall allgemein die Notwendigkeit herzuleiten, daß unsere Regierung eben eine sehr starke Regierung sein müsse und daß diese Regierung infolgedessen mehr Befugnisse gegenüber dem Parlament haben dürfe, als es im allgemeinen sonst in parlamentarisch-demokratisch regierten Staaten notwendig sei.
Man begründet das mit dem Hinweis auf gewisse Schwächen der Weimarer Republik. Ich
darf Ihnen ehrlich sagen, daß der Hinweis auf das konstruktive Mißtrauensvotum, das den Geist des Grundgesetzes darstelle und dem man folgen müsse, hier vollkommen fehl am Platze ist. Das Grundgesetz hat den Kanzler schwer stürzbar gemacht, und zwar aus wohlerwogenen Gründen. Auch wenn ein Kanzler nur mit einer Stimme Mehrheit gewählt worden ist, ist er Kanzler, und er bildet dann seine Regierung. Und diese Regierung ist nur dann aus dem Sattel zu heben, wenn sich eine geschlossene, ihrerseits regierungsfähige Mehrheit findet, die gleichzeitig mit einem Mißtrauensvotum auch den neuen Kanzler wählt. Das hat aber gar nichts mit dem Problem zu tun, ob dieser durch das Grundgesetz in seiner Stellung ohnehin gestärkte Kanzler nun in allen anderen Fragen deshalb, weil er sowieso stark ist, noch künstlich über den Rahmen des Gesetzes hinaus gestärkt werden muß.
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Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen immer noch einmal sagen: nach allen bisherigen Erfahrungen ist keine Regierung ewig, und keine Partei ist ewig an der Regierungsmacht. Die heutige Regierungspartei wird eines schönen Tages in Deutschland auch einmal Oppositionspartei sein. Dann müssen Sie sich doch darüber im klaren sein, daß unter Umständen einmal ein Wind, der gar nicht von unserer Seite her zu wehen braucht, sondern aus ganz anderen Lagern wehen kann, Sie in sehr unbequemer Weise in dieselben Fesseln schlägt, mit denen Sie sich heute selbst fesseln und das Parlament in Fesseln schlagen. Das ist doch die Frage, um die es hier geht.
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Ich möchte Ihn :n sagen, was zunächst der Anlaß dieses unseres Antrages war. Es ist darauf hingewiesen worden, daß wir ja diese Dinge im Haushaltsausschuß behandeln können. Ich bin Mitglied des Haushaltsausschusses. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn wir bei der sehr eingehenden Durcharbeitung der vielfältigen Probleme, die sich jetzt anläßlich der Aufstellung der neuen Haushaltspläne ergeben, an den merkwürdigsten Punkten immer wieder auf die Frage zurückkommen: Was ist hier im Raume Bonn eigentlich investiert worden? Wie ist das vergeben worden? Wie ist das anläßlich der Einrichtung der Bundesorgane in Bonn abgerechnet worden? Und das andere große Kapitel, was an Besatzungskosten und wie es verausgabt worden ist, ist im Haushaltsausschuß auch noch nicht einmal annäherungsweise erörtert worden. Es wäre wirklich von größter Bedeutung, wenn man da einmal hineinleuchten würde, wie die Auftragsvergebung auf diesem Gebiet gehandhabt worden ist. Aber damit Sie einmal wissen, um welche Probleme es sich technisch im einzelnen handelt, will ich Ihnen einzelne recht frappante Beispiele sagen.
Ich habe heute aus dem Munde eines Mitglieds der Regierungsparteien eine recht interessante Information erhalten, die schlagend beweist, wie notwendig es ist, daß hier einmal nach dem Rechten gesehen wird. Es herrscht in den Kreisen der deutschen Elektrofirmen eine gewisse Unruhe darüber, daß das „Büro Bundeshauptstadt", das seinerzeit die Vergebung der Aufträge im Raume Bonn gesteuert hat, eine Art Monopol begründet hat. Daraus erklärt es sich, daß bei der Einrichtung von Fernsprechanlagen, die wir ja in allen Ministerien hier brauchen, Preise gefordert und
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auch gezahlt werden, die in keinem angemessenen Verhältnis zu den gleichen Leistungen stehen, die man in anderen großen Städten des Bundes für ähnliche Leistungen fordert.
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Es ist nun noch ununtersucht geblieben, wieweit durch eine solche Monopolstellung möglicherweise verhindert worden ist, daß die in Frankfurt ja nun entbehrlich gewordenen Anlagen wirklich zweckentsprechend und sinnvoll nach Bonn übergeführt und hier verwendet worden sind. Das ist so ein Problem, mit dem man sich zu beschäftigen hätte, weil man dann ganz allgemein auf das Prinzip kommt: wieweit sind Ausschreibungen angewandt worden, wie ist dann außer durch Ausschreibung das Auftragsvergebungsverfahren hier im Raume Bonn gestaltet worden? Es sind uns einzelne Fälle zu Ohren gekommen, die nicht unbedingt von einer sehr sparsamen Bewirtschaftung der öffentlichen Mittel zeugen. Vielleicht nehmen sich außer den Mitgliedern des Haushaltsausschusses, die das getan haben, auch andere Kollegen die Mühe, die Einrichtung der neuen Räume in der Bundeskanzlei zu besichtigen. Sie werden dort zu der Überzeugung kommen, daß dort in ausgesprochenen Arbeitsräumen manches hingestellt worden ist, was in seiner Art nun doch für unsere heutigen Verhältnisse einen nicht unbedingt notwendigen Luxus aufweist. Es ist nicht unbedingt nötig, daß dort Röster- und Ahornmöbel aufgestellt werden, während man für einen erheblich geringeren Betrag ebenfalls recht ordentliches Arbeitswerkzeug hätte beschaffen können. Ich darf Sie einmal an die Dinge in unserem eigenen Bundeshaus erinnern, über die wir ja eines Tages auch sprachlos waren, als wir bemerkten, daß unsere Keramikaschenbecher fehlten und durch zehnmal so teure Metallschalen ersetzt worden waren, die sich erfreulicherweise nicht hier im Plenum befinden, was bei dem Temperament dieses Hauses nicht ganz ungefährlich wäre.
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Ich darf noch auf einen Fall anspielen, der sich anläßlich der Beschaffung eines Gobelins aus Privatbesitz abgespielt hat, der von einer Regierungsstelle in Bonn zu einem wesentlich, um viele Tausend Mark höheren Betrag angekauft worden ist, als er in Süddeutschland an einen Privatmann veräußert werden sollte. Alle diese Dinge geben uns zu denken.
Nun kommen Sie doch bitte nicht damit, es liege nur in der Befugnis des Parlamentes, lediglich rückschauend - retrospektiv - diese Dinge einmal zu untersuchen. Das Parlament kontrolliert die Regierung, und nicht umgekehrt! Die Regierung hat keine originäre Gewalt, sie stammt nicht von Gottes Gnaden. Auch dieser Kanzler ist in diesem Hause gewählt worden, und er ist mit seiner gesamten Regierung diesem Hause für jede seiner auch einzelnen Handlungen verantwortlich.
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Das ist das Prinzip der parlamentarischen Verantwortlichkeit.
Ich will nun nicht für diese Dinge hier den Herrn Kanzler persönlich verantwortlich machen - davon weiß er nämlich gar nichts -, sondern das sind Dinge, die sich innerhalb der Ministerialbürokratie abgespielt haben. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich sage, daß ein großer Teil unserer leitenden Ministerialbeamten einfach kraft ihrer Herkunft, ihrer bisherigen Tätigkeit und Erfahrung den ganzen parlamentarischen Betrieb von innen her noch nicht richtig bis ins Herz hinein begriffen hat.
({6})
Diese Männer waren es gewöhnt, verhältnismäßig autoritär zu regieren, sie unterstanden keiner parlamentarischen Kontrolle, sondern lediglich der Aufsicht des Vorgesetzten, und damit war Schluß. Aber diese Art des Regierens und Verwaltens ist nun vorbei. Auch die Verwaltung muß sich der parlamentarischen Kontrolle, nicht nur der Kontrolle durch den Rechnungshof, sondern auch der parlamentarischen Kontrolle stellen! Das ist das, was wir zur Herstellung einer echten parlamentarisch-demokratischen Staatsform wirklich mit Nachdruck betonen und auch durchsetzen müssen.
({7})
Ich kenne einen mir sonst sehr wohlgesonnenen und befreundeten Abgeordneten dieses Hauses aus den Regierungsbänken, der einmal das Wort geprägt hat, der Kanzler habe „eine bedauerliche Neigung zu einsamen Entschlüssen". Das Wort hat einen tiefen Sinn. Aber ich darf feststellen, daß nicht nur der Kanzler diese Neigung zu einsamen Entschlüssen hat, sondern nach dem, was wir jetzt bei diesen Dingen beim „Büro Bundeshauptstadt" und auch sonst beim Aufbau der Verwaltung in Bonn erlebt haben, scheinen sehr viele wesentlich niedriger gestellte Beamte auch eine Neigung zu einsamen Entschlüssen zu haben. Ich glaube, daß es notwendig ist, ihnen zu zeigen, daß sie ihre Entschlüsse weniger aus der Neigung zur Einsamkeit als vielmehr stärker unter der Kontrolle der Öffentlichkeit zu fassen hätten.
({8}) Das scheint mir auch sehr wichtig zu sein.
Nun darf ich zum Schluß noch gerade die Herren auf den Regierungsbänken doch darum bitten, wenn man nun schon hier das Prinzip der Gewaltenteilung reitet, doch dann wenigstens konsequent zu sein.. Ich möchte auf den Ausschuß für Außenhandelsfragen hinweisen. In diesem Ausschuß für Außenhandelsfragen, aus dessen Protokoll ich eine halbe Seite zu zitieren mir gestatte, ist seinerzeit genau das Gegenteil von dem verfochten worden, was Sie jetzt hier darstellen; Sie haben genau das in diesem Ausschuß durchgesetzt, wo es um die materiellen Interessen unter anderem auch der deutschen Ex- und Importeure ging, was Sie uns hier jetzt verweigern.
Ich möchte einmal folgendes verlesen:
Der stellvertretende Vorsitzende, Abgeordneter Freudenberg,
- er ist unabhängig, gehört aber als Hospitant der FDP-Fraktion an brachte sodann die Sprache auf die Arbeitsmethode des Ausschusses, die ihn nicht befriedige. Er schlug vor, mit den Ministern für Wirtschaft und Ernährung darüber zu sprechen, daß der Ausschuß nicht genügend Gelegenheit zur Mitarbeit geboten bekomme, sondern erst nach Abschluß der Verhandlungen über die verschiedensten Gebiete unterrichtet worden sei. Es müsse aber dem Ausschuß die Mitwirkung insofern gegeben werden, daß er seine Gedanken und Absichten
- verehrter Kollege Kiesinger! ({9})
den Herren der Ministerien mit auf den Weg geben könne.
({10})
Das ist dort ausgesprochen und von keinem Mitglied des Ausschusses irgendwie beanstandet worden; der Abgeordnete Faßbender unterstützte die Forderung sehr nachdrücklich. Es wurden verschiedene Minister für alle möglichen Teilfragen eingeladen. Der Abgeordnete Spies bat gleich um die Bekanntgabe künftiger Einfuhrprogramme, weil ihn das lebhaft interessierte. Der Abgeordnete Wacker von der CDU wünschte speziell im Hinblick auf die Belange der Landwirtschaft, daß die Handelsvertragsverhandlungen mit Frankreich nicht abgeschlossen würden, bevor dem Ausschuß die Zielsetzung bekannt sei.
({11})
Meine Damen und Herren! Was dem einen Ausschuß recht ist, das muß dem andern Ausschuß billig sein.
({12})
Sie können nicht einmal mit verfassungsrechtlichen Bedenken bestreiten, daß ein Ausschuß das Recht habe, auch seine Meinung zu bestimmten Fragen der Regierung mit auf den Weg zu geben, und gleichzeitig dieses selbe Recht in anderen Dingen für einen Ausschuß beanspruchen, wenn Ihnen das paßt. So geht es nicht! Also entweder machen wir es für alle Ausschüsse oder für keinen; aber irgendeine Trennung ist hier beim besten Willen nicht möglich und nicht erträglich.
({13})
- Ich höre eben, daß es auch noch andere Ausschüsse gibt, in denen es so zugeht.
Es kommt wirklich entscheidend darauf an, daß wir mit diesem Ausschuß ja gar nicht in die Exekutive eingreifen wollen. Der Ausschuß hat nicht das Recht, der Exekutive Weisungen zu erteilen. Darüber sind sich alle Gelehrten und darüber ist sich auch die sozialdemokratische Fraktion mit ihnen einig. Aber der Ausschuß muß das Recht haben, wenn er feststellt, daß bestimmte Dinge nach seiner Meinung den Bedürfnissen und Wünschen sowohl der Volksvertretung als auch des Steuerzahlers nicht entsprechen, das der Regierung zu sagen und ihr bestimmte Vorschläge zu unterbreiten, wobei es vollkommen Sache der Exekutive ist, wieweit sie diesen Vorschlägen Rechnung trägt. Das ist etwas ganz anderes. Der Ausschuß kann keine bindenden Richtlinien aufstellen und die Regierung an die Leine legen; aber es muß einem Ausschuß des Parlaments als der höchsten politischen deutschen Körperschaft. der die Regierung verantwortlich ist und von der die Regierung ihre Macht herleitet, möglich sein, die Fragen, die ich hier gestreift habe und die Sie im einzelnen in unserer Drucksache finden, zu untersuchen und bis zur Verabschiedung eines Haushaltsgesetzes für das Jahr 1950/51 auch dem Hause in bestimmten Abständen darüber zu berichten.
Warum sagen wir: bis zur Verabschiedung eines Haushaltsgesetzes für 1950/51? Weil dann diese sehr schwierige Übergangsperiode vorbei ist, weil dann der Kollege Kiesinger bzw. die Mehrheit des Rechtsausschusses vollkommen recht hat, daß
es dann Sache des Haushaltsausschusses ist, die Dinge vorher zu prüfen und die Mittel zu bewilligen, eine Aufgabe, die jetzt der Haushaltsausschuß auch bei diesem Haushaltsplan gar nicht bewältigen kann; denn bis der Haushaltsplan unter Dach und Fach ist, ist das Haushaltsjahr 1949/50 im wesentlichen vorbei. Mit dem Abschluß der Haushaltsberatungen 1950/51 durch Sie selbst hat der Ausschuß seine Mission erfüllt, und dann soll er seine Tätigkeit einstellen. Es ist kein Ausschuß, der die Regierung auf ewige Zeit an die Leine legen soll; aber für die Zeit, in der wir noch keine ordentliche Haushaltsaufstellung haben, in der die Exekutive bisher weitgehend unkontrolliert gewirtschaftet hat und weiter wirtschaftet, muß sich das Parlament auf seine Rechte besinnen und sich selber verpflichtet fühlen, seinen eigenen Beschluß, den Bundessitz nach Bonn zu verlegen, auch in der Durchführung auf Sparsamkeit in der Verwendung öffentlicher Mittel zu überwachen.
Meine Damen und Herren! Wenn Sie nicht wenigstens Ihren eigenen Wählern und den Steuerzahlern gegenüber diese Pflicht erfüllen, dann, fürchte ich, werden Sie hiermit eine sehr wesentliche Aufgabe der Exekutive gegenüber preisgegeben haben, was Sie später noch einmal bitter bereuen würden. Deshalb bitte ich Sie, diesem Antrag in der vorliegenden Form zuzustimmen. Ich teile die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsausschusses nicht. Sonst kommen Sie doch zu einer Anwendung des berühmten Lassalleschen Wortes; Sie sagen dann einfach: Verfassungsfragen sind Mehrheitsfragen, nicht Machtfragen. Verfassungsfragen sollten aber doch auch Rechtsfragen sein ! Die „Rechtsausführungen" des Rechtsausschusses waren politische und keine Rechtsausführungen.
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Ich bin ihnen daher mit politischen Argumenten entgegengetreten. Helfen Sie uns, Ihre eigene Position als Abgeordnete des Parlaments zu verteidigen! Darauf kommt es an.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Aufwand am Bonner Bau hat eine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung aufgerollt, die bei jedem anderen Gegenstand der Verwaltung auftreten kann. Ich nehme nur zur Rechtsfrage Stellung. Wenn auch nach dem Wunsche meines Herrn Vorredners dieser Ausschuß nur für einen Einzelzweck beantragt wird und der Ausschuß dann wieder verschwinden soll, so ist doch die Entscheidung bei dem entstehenden Verfassungsgewohnheitsrecht, worin wir uns befinden, für jeden andern Fall von größter Bedeutung. Der Herr Bundesjustizminister hat am 2. Dezember 1949 seine Anschauung dahin ausgesprochen, daß es rechtlich völlig unzulässig sei, einen Überwachungsausschuß einzusetzen, der laufend Maßnahmen der Exekutive überwacht. Wir sind uns im Rechtsausschuß alle darüber einig gewesen, daß die Rechte des Parlaments von allen Mitgliedern in gleicher Weise nachdrücklich betont werden, und zwar insbesondere das bedeutsame Recht der Kontrolle. Es unterliegt auch keinem Zweifel - ich habe meinen Vorredner auch so verstanden -, daß die Rechte des Parlaments in haushaltsrechtlicher Hinsicht von dieser Frage gar nicht berührt werden und außer jedem Zweifel stehen. Es dreht sich auch nicht um die augenblickliche Regierung. Es dreht sich vielmehr um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich gegen jede Regierung richten kann, und zwar ist sie zu entscheiden in einer
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Zeit, in der wir die ersten Pfeiler eines Verfassungsgewohnheitsrechts setzen. Es dreht sich, a u ch Rechtsfragen sein! Die „Rechtsausführungen" wie der Herr Berichterstatter zutreffend ausgeführt hat, um die Frage: Ist es zulässig, einen Ausschuß einzusetzen, der sich nicht nur mit abgeschlossenen Tatsachenkreisen aus dem Bereiche der Exekutive befaßt und diese zu prüfen hat, sondern der darüber hinaus gegenwärtige und künftige Einzelmaßnahmen der Exekutive laufend überwacht, um selbstverständlich dadurch im Einzelfall bestimmenden Einfluß auszuüben? Es ist gemeinsame Auffassung aller Mitglieder des Ausschusses gewesen, daß das Kontrollrecht nicht angerührt werden darf. Es handelt sich auch nicht um ein In-Fesseln-Schlagen durch eine augenblickliche Mehrheit der Koalitionsparteien, sondern um die dürre juristische Untersuchung der Frage, ob nach dem grundsätzlichen Bau unseres Gesetzes die Scheidung der Gewalten der Legislative und Exekutive eine klare Stellungnahme verlangt und welche.
Es ist sehr bedeutsam, daß der Herr Vorredner erklärt hat, ein solcher Ausschuß könne niemals bindende Richtlinien, also niemals Sachweisungen geben. Ich habe aber bei dem neuen Antrag Drucksache Nr. 443, den wir jetzt bekommen haben, noch erhebliche Zweifel darüber, ob denn die Bedenken beseitigt sind, die wir gegen den zuerst gestellten Antrag gehabt haben; denn was bedeutet dann das Wort „Unterrichtung", wenn jede Mitwirkung ausgeschlossen und verboten ist? Ich möchte aber auf der andern Seite als Jurist dem nicht das Wort reden, eine derartige grundsätzliche Frage durch Mehrheit entscheiden zu lassen. ohne daß die Frage vorher noch einmal gründlich geprüft wird. Die Drucksache Nr. 443 ist uns erst in letzter Minute zugegangen. Wir wollen auch das, was der Herr Vorredner eben von anderen Ausschüssen mitgeteilt und geltend gemacht hat, noch einmal zusammengefaßt an uns vorüberziehen lassen. Ich bin deshalb der Meinung, daß der Ernst und die Bedeutung des Gegenstandes und die Rücksicht auf die Antragsteller uns dazu bestimmen sollten, den Antrag auf der neuen Drucksache Nr. 443 noch einmal in den Ausschuß zurückzuverweisen. Die Sache ist so bedeutsam, daß sie eine gründliche und klare Behandlung unerläßlich macht.
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Wird das Wort weiter gewünscht? - Meine Damen und Herren, ich stelle fest: das Wort wird nicht gewünscht. Dann schließe ich die Aussprache über Punkt 5 der Tagesordnung.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über
den Abänderungsantrag Drucksache Nr. 443 - ({0})
- Das ist richtig. Der Herr Abgeordnete Dr. Laforet hat nochmalige Rückverweisung an den Ausschuß beantragt. Nach allgemeinem Usus ist das der weitestgehende Antrag, über den ich zunächst abstimmen lassen werde. Wer für die nochmalige Zurückverweisung der Anträge Drucksachen Nr. 374, 199 und 443 an den zuständigen Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Ich danke. Ich stelle fest: mit eindeutiger Mehrheit ist die Rückverweisung an den zuständigen Ausschuß beschlosssen.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt abredegemäß zu Punkt 4 der Tagesordnung zurück:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kulturpolitik über den Antrag der Fraktion der BP betreffend Amtliche Graphik, Münzen, Siegel usw. des Bundes ({1}).
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Zunächst hat zur Geschäftsordnung der Herr
Abgeordnete Dr. Oellers das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf noch einmal auf die Begründung meines Vorschlages, den Tagesordnungspunkt 4 nach dem Punkt 5 zu behandeln, zurückkommen. Nach dem Ergebnis der Besprechungen über Punkt 5 der Tagesordnung erlaube ich mir den Vorschlag, die Tagesordnungspunkte 4 und 6 an den Ausschuß für Kulturpolitik zurückzuverweisen. Ich stelle anheim, auch den Rechtsausschuß mit dieser Frage zu befassen. Ich glaube, mit Recht behaupten zu können, daß die beiden Themen der Punkte 4 und 6 genau dasselbe Problem enthalten, über das wir uns soeben ausgesprochen haben, nämlich das Problem eines Eingriffs der Legislative in exekutive Funktionen der Regierung. Ich möchte also bitten, diese beiden Punkte heute nicht zu behandeln und so lange zu warten, bis die Grundsatzfrage geklärt ist.
Meine Damen und Herren! Sie haben den Antrag des Abgeordneten Dr. Oellers zur Geschäftsordnung gehört, der dahin geht, die Tagesordnungspunkte 4 und 6 ebenfalls an den zuständigen. Ausschuß zurückzuverweisen. Wird das Wort zu diesem Geschäftsordnungsantrag gewünscht?
Herr Abgeordneter Dr. Seelos hat das Wort zur Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag des Abgeordneten Oellers kam überraschend und wollte im letzten Moment die Tagesordnung ändern. Wir waren uns völlig darüber klar, daß die Punkte 4 und 6 mit Punkt 5 nichts zu tun haben. Wir sind also der Auffassung, daß man nicht die ganze Arbeit des Parlaments dadurch verlangsamen und verhindern kann, daß immer, wenn Ausschüsse zu einem Ergebnis gekommen sind, nochmals über irgendeine Ecke versucht wird, die Anträge zurückzuverweisen. Ich bin deshalb der Auffassung, man soll an der Tagesordnung so festhalten, wie wir sie einmal beschlossen haben.
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Wenn- das Wort weiter nicht gewünscht wird - und ich stelle fest: das ist der Fall -, dann lasse ich über den Geschäftsordnungsantrag des Herrn Abgeordneten Oellers auf Zurückverweisung der Punkte 4 und 6 der Tagesordnung an den zuständigen Ausschuß abstimmen. Wer für diesen Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Oellers ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. -({0})
Wir müssen die Abstimmung wiederholen. Wer für den Geschäftsordnungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Oellers ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Es bleibt uns nichts anderes übrig, als auszuzählen.
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- Dann bitte ich um die Gegenprobe. - Nach Ansicht des Präsidiums war das erste die Mehrheit.
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Wenn die Abstimmung angezweifelt wird,
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- dann lasse ich auszählen; es bleibt nichts anderes übrig.
Ich bitte die beiden amtierenden Schriftführer, abzuzählen. Ich bitte dazu die beiden weiteren Schriftführer, die Herren Kollegen von Aretin und Gundelach, mitzuhelfen. Wer für den Geschäftsordnungsantrag ist, den bitte ich, jetzt aufzustehen, damit wir besser abzählen können. - Meine Damen und Herren, Sie dürfen wieder Platz nehmen. Ich bitte jetzt diejenigen Damen und Herren, die gegen den Rückverweisungsantrag sind, sich von ihren Plätzen zu erheben. Ich bitte die Herren Schriftführer, ihres Amtes zu walten. Die Abstimmung ist beendet. Für die Rücküberweisung sind 101 Stimmen, gegen die Rücküberweisung 128 Stimmen. Damit ist die Rücküberweisung abgelehnt.
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Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zur sachlichen Beratung des Punktes 4 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kulturpolitik über den Antrag der Fraktion der BP betreffend Amtliche Graphik, Münzen, Siegel usw. des Bundes ({6}).
Ich erteile der Frau Abgeordneten Dr. Gröwel als Berichterstatterin das Wort.
Frau Dr. Gröwel ({7}), Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nach der Aussprache, die wir soeben gehabt haben, darauf hinweisen, daß der Ausschuß für Kulturpolitik sich immer bewußt war, daß die Kulturpolitik Sache der Länder ist. Wenn er sich heute nicht nur in empfehlender Weise, sondern diesmal mit einem Antrag an das Hohe Haus wendet, so ist es eine Sache, die von allgemeiner Bedeutung zu sein scheint. Ein Staat, dem das Wort Kultur nicht nur eine rhetorische Vokabel ist, kann sich eigentlich der Verantwortung für die künstlerische Gestaltung seiner Graphik, seiner amtlichen Glyptik in den vielfältigen Formen nicht entziehen. Es ist ein grober Irrtum, in einer Briefmarke, in einer Münze nur eine wirtschaftliche Erscheinung zu sehen. Diese Dinge sind ebenso - und beinahe noch gewichtigere - staatliche Repräsentationen eines Kulturniveaus, die eigentlich nicht ernst genug genommen werden können.
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Frau Abgeordnete, darf ich Sie einen Moment unterbrechen. - Ich appelliere an die Ritterlichkeit der Herren, einer Frau Abgeordneten das Sprechen leichter zu machen.
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- Bitte, Frau Abgeordnete!
Frau Dr. Gröwel ({1}), Berichterstatterin: Mag auch neben den großen Kulturaufgaben des Bundes und der Länder die Pflege der Münzkunst oder der Briefmarkengraphik als relativ unerheblich erscheinen, so darf doch nicht übersehen werden, daß Siegel, Münzen, Geldscheine und Briefmarken in ihrer ungeheuren Verbreitung eigentlich die weitreichendste Äußerung des kulturellen Lebens eines Volkes sind. Die Rückschlüsse von der Gestaltung dieser Dinge auf das Gesicht der Kunst eines Volkes überhaupt liegen nahe und sind zwingend. Was bisher auf diesem Gebiete geschehen ist, lief oftmals auf nichts Geringeres als auf eine unverantwortliche Entstellung des künstlerischen Schaffens in unserem Volke hinaus. Man hat den Eindruck, daß das Geschäft der Auftragserteilung oder der Begutachtung oftmals von Leuten betrieben wurde, die künstlerisch überhaupt nicht zuständig waren, sondern die vielleicht nur zufällig an jenen Amtsstellen saßen, die solche Aufträge im Augenblick zu vergeben hatten.
Beispiele dafür ließen sich in diesem Zusammenhang leicht nennen. Ich will nur auf eines hinweisen, das mir in diesen Tagen in die Hände kam. Es handelt sich um den Entwurf für das neue Markstück, das auf der Rückseite eine leicht aus den Fugen geratene Säerin darstellt. Peinlich ist nur, daß dieser Entwurf eine schwächliche Neuauflage eines in Frankreich durch Jahrzehnte hindurch verbreiteten und fast klassisch zu nennenden Münztyps, nämlich der Säerin von Roty war. Die Blamage ist eigentlich kaum auszudenken, daß sich die neue Bundesrepublik als ihre erste Visitenkarte ein Geldstück ausgesucht hätte, das das Münzbild Frankreichs reichlich schlecht nachgeahmt hat. Man darf also nicht versäumen, die seit vielen Jahren auf dem Gebiete der Medaillen, der Münzen und der Glyptik tätigen Künstler aufzurufen, damit das Beste, was in Deutschland geboten werden kann, erreicht wird.
Was hat alles Gespräch über die Kunsterziehung eines Volkes denn für einen Sinn, wenn der Staat mit schlechtem Beispiel vorangeht? Nur durch das gute Beispiel kann tatsächlich das Volk erzogen werden. Die Dinge, die jeder jeden Tag tatsächlich in die Hand nimmt, wirken sich in einem guten Sinn aus, wenn sie künstlerisch wertvoll gestaltet sind.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf das Goethe-Plakat hinweisen. Ich finde, eine solche internationale Blamage dürften wir uns nicht noch ein zweites Mal leisten. Wir müssen uns darüber klar sein, daß das Beispiel des Staates auch in die privaten Bezirke hineinwirkt. Der sagenhafte Kitsch, der von wirtschaftlichen Unternehmungen und von den verschiedensten Vereinigungen bei der Vergebung von sogenannten Ehrenmedaillen und Diplomen verbrochen wird - von Reklamegraphik und von Plakaten hier gar nicht zu sprechen -, ist eigentlich ungeheuer und sollte wirkungsvoll durch das gute Beispiel des Staates bekämpft werden. Das wäre praktische Kulturpolitik. Das ist Kulturpolitik, die auch eine soziale Seite hat, nämlich die Auftragserteilung an die wirklich befähigten Künstler durch die Öffentliche Hand.
Darum stellt der Ausschuß für Kulturpolitik den Antrag, die Gestaltung der amtlichen Graphik des Bundes durch einen öffentlich auszuschreibenden Wettbewerb zu bestimmen und die Entscheidung einem wirklichen Fachgremium zu übertragen, an dem - das ist der Wunsch des kulturpolitischen Ausschusses - auch die Mitglieder des kulturpolitischen Ausschusses als Sachverständige angemessen zu beteiligen sind.
Ich danke der Frau Berichterstatterin für ihre Ausführungen und eröffne die Aussprache über die Drucksache Nr. 336.
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Wer wünscht das Wort? - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Decker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die amtliche Graphik, die Münzen, Siegel, die Briefmarken und Wappen sind das sichtbare und augenfällige Zeichen eines Staates. Sie sind der Weltöffentlichkeit gegenüber die Visitenkarte des Staates. Es ist nicht gleichgültig, wie eine Visitenkarte aussieht. Einen fremden Menschen wird man, wenn man die Visitenkarte in die Hand bekommt, nach dieser Karte beurteilen.
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Dasselbe geschieht bei diesen Zeichen, die in fremde Länder hinausgehen und dort als Signum eines Landes den ersten Eindruck machen. Sie sind deshalb von hoher politischer und wirtschaftlicher Bedeutung.
Deutschland hat mit diesen Zeichen bis heute, abgesehen von wenigen Ausnahmen, keine glückliche Hand gehabt. Die Pechsträhne hat schon mit der berühmten Germaniabriefmarke angefangen, die diese gepanzerte Frau in Jugendstilumrahmung gezeigt hat.
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Am Ende der Pechsträhne stand das Goethejahr mit dem „meisterhaften" Plakat, mit dem Deutschland im Goethejahr vor die Öffentlichkeit getreten ist.
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Mit- zuckersüßen Farben ist in „meisterhafter" Weise gezeigt worden, daß wir in Deutschland entweder nicht mehr fähig sind, gute Plakate zu machen, oder nicht fähig sind, gute Plakate auszuwählen. Daran ist nicht der Bund schuld, sondern das ist schon vorher geschehen.
Aber wie sieht es denn heute aus? Meine Vorrednerin hat schon auf eine Münze hingewiesen, auf das Markstück. Ich tue es billiger und weise auf das 50-Pfennig-Stück hin. Wie sieht die Vorderseite dieses 50-Pfennig-Stücks aus? Genau wie seit langen Jahrzehnten die Ziffernseite der deutschen Münzen künstlerisch steril war - ich habe ihre Langweiligkeit immer bewundert -, so ist es auch hier.
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Auf der Rückseite befindet sich ein äußerst dünn bekleidetes Mädchen, das einen Eichenbaum pflanzt.
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Was soll dieses Symbol nun bedeuten? Soll es
vielleicht - ich hoffe es nicht - die Bundesrepublik bezeichnen, die da eine Eichenplantage
pflanzt für einen späteren Bedarf an Eichenlaub?
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Der Deutsche Werkbund hat zu dem 50-PfennigStück Stellung genommen, und ich darf aus seiner Stellungnahme ein paar Zeilen anführen. Der Werkbund schreibt:
Der Werkbund kann sich nicht vorstellen, daß jenes in der Presse veröffentlichte Modell das Resultat des Wettbewerbs sei. Es ist schon in den formalen Einzelheiten anfechtbar, und es ist in der Konzeption so traurig, als sollte unsere Zeit noch immer in fragwürdiger Münze ihren Tribut entrichten an ein Gestern, dessen spekulatives Exerzieren mit überlebten Formen endlich einmal überwunden werden müßte. Der Werkbund fordert, daß die Bank deutscher Länder über die
Vorgeschichte des neuen 50-Pfennig-Stücks Auskunft erteilt und daß die Modelle und Entwürfe der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Ich habe dieses Beispiel gebracht, um zu zeigen, wie plötzlich solche Zeichen auftauchen, von denen niemand weiß, woher sie kommen. Plötzsind sie da, und man steht vor vollendeten schlimmen Tatsachen.
Nun geht die Sache leider im Bund noch weiter. Es ist jetzt ein Rundschreiben für Entwürfe von Briefmarken der Bundesrepublik Deutschland herausgekommen, und zwar anscheinend in größter Eile; denn man hat auf Tendenzen unseres Antrages in keiner Weise Rücksicht genommen. Das Interessante ist auch das Ergebnis. Der Berufsverband bildender Künstler und der Deutsche Werkbund lehnen dieses Preisausschreiben wegen verschiedener Mängel ab. Sie überlegen, ob sie nicht ihren Mitgliedern empfehlen sollten, sich überhaupt nicht an diesem Preisausschreiben zu beteiligen.
Gerade bei den Briefmarken wäre es wirklich besonders wichtig, daß einmal etwas Gutes geschaffen wird; denn bisher hat sich Deutschland - auch hier von wenigen Ausnahmen abgesehen - durch besonders wenig populäre und wenig gefällige Briefmarken ausgezeichnet.
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Der Antrag soll sich durchaus nicht gegen die
Mitwirkung der Fachkreise wenden. Was von der
Post, vom Münzwesen her fachmännisch einzuwenden, zu beraten und zu entscheiden ist, das
sollen diese Fachleute machen. Aber auf der andern Seite sollen auch für die künstlerischen Belange Fachleute zugezogen werden. Es darf gerade auf diesem Gebiet nicht immer wieder zu
einer Zuständigkeit der Unzuständigen kommen.
Ich kann aus diesem Grunde auch nicht verstehen, warum dieser Antrag mit Rücksicht auf den vorhergehenden Antrag erst noch einmal an den Ausschuß verwiesen werden soll; denn der Antrag will ja nichts anderes, als daß hier vorbeugend gearbeitet wird und nicht nach der Methode des berühmten Schimmels, dem man als er verhungert war, Heu vorgelegt hatte.
Die Bedeutung des Antrages geht aber noch weit über das rein Äußerliche, über das rein Sichtbare hinaus. Man spricht doch so viel von der Erziehung des Volkes zur Kunst. Hier handelt es sich um praktische Kunstpflege. Die Münzen, die Briefmarken, die Siegel sind Dinge, die als Symbole des Staates dauernd in die Hände des ganzen Volkes kommen, auch in die Hände der Jugend. Gerade mit diesen Symbolen, diesen Zeichen, mit diesen Gegenständen müssen wir dem Volke einen hohen Maßstab für die Beurteilung anderer künstlerischer Erzeugnisse an die Hand geben.
Ich möchte Sie deshalb bitten, dem Antrag zuzustimmen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Meine Damen und Herren! Obwohl uns lebensentscheidende Probleme bedrängen und der Lösung harren, wäre es natürlich reizvoll, über Kitsch, Nichtkitsch usw.
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I hier etwas zu sagen. Ich möchte dies aber nicht tun, sondern an das anschließen, was wir vorhin zu Punkt 5 der Tagesordnung besprochen haben. Ich möchte der Meinung Ausdruck geben, daß Absatz 2 des Ihnen vorliegenden Antrages einen offensichtlichen Eingriff der Legislative in die Exekutive bedeutet.
({1})
Wenn Sie einen Ausschuß für Kulturpolitik geschaffen haben - und wir haben uns daran beteiligt -, dann wüßte ich wichtigere Dinge, die ihn beschäftigen könnten, als diese Angelegenheit, die Sie sich hier ausgewählt haben. Er ist nämlich „angemessen" zu beteiligen; so schreiben Sie in Ihrem Antrag. Er hat also eine Mitentscheidung; denn dieses Fachgremium, von dem Sie im ersten Absatz sprechen, soll ja eine absolute Entscheidung treffen. Ich bin also der Meinung, daß der Absatz 2 eine Unmöglichkeit ist.
Darüber hinaus vertrete ich die Auffassung, daß der Absatz 1 aus den Grundgedanken heraus. die vorhin die Herren Kiesinger, Erler und andere Kollegen hier erörtert haben, nicht möglich ist, daß wir uns vielmehr darauf beschränken sollten, der Bundesregierung eine Empfehlung zu geben. In einer Angelegenheit, die wahrlich nicht von ausschlaggebender Bedeutung im Verhältnis zu anderen Angelegenheiten ist, will es mir, von den verfassungsrechtlichen Bedenken ganz abgesehen, zu weitgehend erscheinen, der Regierung derartige Vorschriften über öffentliche Wettbewerbe zu machen - der Ton liegt auf Vorschrift - und Vorschriften über ein Fachgremium. Ich halte es für durchaus ausreichend, sich auf eine Empfehlung zu beschränken.
Da aber mit dieser Erörterung von mir grundlegende Dinge aufgeworfen worden sind, die mit Punkt 5 der Tagesordnung und unserem Entschluß dazu in unmittelbarem Zusammenhang stehen, halte ich es für richtig, jetzt nicht eine neue Fassung des Antrages vorzuschlagen, sondern den Antrag an den Rechtsausschuß zu überweisen. Diesen Antrag stelle ich hiermit.
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Das ist ein Abänderungsantrag zur Geschäftsordnung.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bergstraeßer.
Meine Damen und Herren! Ich glaube. nach den Erfahrungen, die wir mit amtlicher Graphik usw. gemacht haben, wäre es dringend notwendig, diese Dinge auf eine andere Basis zu stellen. Wir haben in dieser Beziehung soviel Schund gehabt, daß einem wirklich graust; und wenn der Herr Vorredner dies etwas ins Lächerliche gezogen und gesagt hat, das sei unwichtig, so glaube ich nicht, daß es unwichtig ist, derartige Dinge einmal in die Hand zu nehmen. Es ist nicht unwichtig, daß ein Volk, das doch auch mancherlei Künstler hat und gehabt hat, im Bereich der amtlichen Graphik so dasteht, als habe es von Kunst überhaupt noch nie etwas gehört oder gesehen.
Und nun die Bürokratie. Ich will mich über die Frage der Bürokratie nicht auslassen. Aber daß die Verbindung zwischen Bürokratie und Kunst etwas Sonderbares ist, wissen wir auch, und deswegen erscheint es mir wichtig, daß dieser Ausschuß aus Leuten zusammengesetzt wird,
die nicht gerade der Bürokratie mit Leib und Seele verfallen sind. Das wäre das erste, was zu sagen wäre.
Das zweite, was zu sagen wäre - ich will über die Einzelheiten, die die Herren Vorredner behandelt haben, nicht sprechen -, ist etwas ganz anderes. Nehmen Sie die Briefmarken. Man ist in allen Ländern jetzt eigentlich dazu übergegangen, die Briefmarke als ein sehr geschicktes und geeignetes Werbemittel zu betrachten, und zwar als ein Werbemittel, sagen wir einmal: für den Fremdenverkehr. Nehmen Sie die Briefmarken, die Frankreich gemacht hat, sehen Sie die schönen Städte und Landschaften; oder nehmen Sie die Briefmarken anderer Länder. Wenn wir nun gerade vom Fremdenverkehr Petitionen bekommen, daß wir ihm helfen sollen, so könnten die Regierung und dieses Gremium in dieser Beziehung dem Fremdenverkehr etwas Hilfe bringen.
Dazu kommt noch etwas anderes. Ich bin immer darüber erstaunt gewesen, daß ein Volk, das so viel Historik gepflegt und so viel Historiker hervorgebracht hat, doch im Grunde genommen in manchen Dingen ein geradezu traditionsloses Volk ist. Wir sind ein traditionsloses Volk in allen Dingen der eigentlichen Innenpolitik, indem wir die Leute, die Vorkämpfer der Neugestaltung gewesen sind, nicht geachtet oder nicht in genügendem Maße geachtet haben. Wie wäre es, wenn eine neue Briefmarkenserie einmal die Köpfe von Männern oder auch Frauen brächte, die sich um derartige Dinge verdient gemacht haben? Das ist keine Parteiangelegenheit, sondern das ist eine Angelegenheit von allgemeinem Interesse. Wie wäre es, wenn wir überhaupt in unsere Vergangenheit etwas hineingingen? Wir haben jetzt Goethe-Briefmarken gehabt. Sie waren sogar gut. Ich nehme an, daß sie nicht von der Postverwaltung, sondern vom Freien Deutschen Hochstift entworfen worden oder wenigstens von ihm die Vorlagen gegeben worden sind. Aber die Wohlfahrtsbriefmarken, die wir jetzt bekommen haben, kann man überhaupt nicht ansehen, ohne daß es einem graust. Denn da ist soviel drauf und so wenig Klarheit der Darstelstellung, daß sie überhaupt nicht wirken. Auch etwas politische Erziehung kann man auf diese Weise machen, und zwar gerade durch Briefmarken. Denn die Sammelwut bei Briefmarken ist a immer größer geworden. Sehen Sie sich einmal die russischen Briefmarken an; sie sind natürlich sehr tendenziös, aber sie sind im Sinne der Entwicklung der russischen Kultur zum Teil geradezu vorbildlich. Sehen Sie sich die französischen Briefmarken an. Bei denen ist es ebenso.
({0})
Nun möchte ich noch ein Wort zu der Zuständigkeit dieses Ausschusses sagen. Ja, meine Damen und Herren, das scheint mir einfach davon abzuhängen, ob Regierung und Parlament in diesen Dingen ohne unbedingte Bindung an Paragraphen zusammenarbeiten wollen oder ob sie das nicht tun wollen. Wenn wir der Meinung wären, daß wir die Regierung, sagen wir einmal: zwingen wollen, dann müßten wir ein Gesetz machen. Wenn wir so formuliert haben, dann heißt das: bitte, Regierung, sei vernünftigt und ziehe diese Leute herbei! Dabei haben wir eben von uns aus gedacht, daß die Regierung vernünftig sei, wobei ich allerdings, nachdem ich meinen Herrn Vorredner gehört habe, nicht recht weiß, ob er maßgeblich für die Regierung ist.
({1})
1 Denn das, was er gesagt hat, wäre durchaus nicht im Sinne einer vernünftigen Zusammenarbeit.
So stehen die Dinge, und ich glaube, wenn man vernünftige Leute dazu hinzuzieht, kann man dahin kommen, daß wir die eklatante Schwäche, die wir bisher gehabt haben, überwinden. Das war der Sinn dessen, was der kulturpolitische Ausschuß wollte. Deshalb, glaube ich, wäre es richtig, wenn man diesen Antrag annehmen würde.
Darf ich mir nach dem bisherigen Zeitablauf dieser Debatte noch einmal den Hinweis erlauben, daß wir im Ältestenrat für diesen Gegenstand etwa 20 Minuten vorgesehen hatten. Das ist keine Beeinflussung der folgenden Redner.
Das Wort hat nunmehr der Herr Abgeordnete Kiesinger.
Meine Damen und Herren! Ich will nicht zur Sache sprechen, sondern nur auf ein verfassungsrechtliches Bedenken hinweisen, das irgendwie geklärt werden muß. So wie der Antrag lautet: „Der Bundestag wolle beschließen", und dann kommt das, was beschlossen werden soll, geht es nicht; denn das ist eine reine Exekutivmaßnahme.
({0})
Der Antrag muß, um angenommen werden zu können, etwa lauten: „Der Bundestag wolle beschließen: Der Regierung wird empfohlen"
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oder: ,.Die Regierung wird ersucht", und dann muß das Petitum kommen.
Ich habe aber auch Bedenken - und meine politischen Freunde teilen sie - hinsichtlich des Absatz 2: „An dieser Körperschaft ist der Ausschuß für Kulturpolitik angemessen zu beteiligen". Eine Rechtspflicht der Regierung, dies durchzuführen, kann nicht begründet werden, ist aber wohl auch nicht gewollt.
({2}) Ich schließe mich da den Ausführungen des Herrn Professors Bergstraeßer an. Wenn auch dies in die Form einer Empfehlung gekleidet wird, dann habe ich keinen Zweifel daran, daß die Regierung es tatsächlich als ein nobile officium betrachten wird. Mitglieder dieses Ausschusses an ihrer Arbeit zu beteiligen. Aber um dies alles in die richtige Form zu bringen, glaube ich doch, mich dem Antrag anschließen zu sollen, die Sache an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht, nicht an den Ausschuß für Kulturpolitik, zu verweisen. Wir haben dann in der nächsten Woche die Dinge da und können dann darüber entscheiden. Ich glaube, bis dahin hat diese Angelegenheit noch Zeit.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Merkatz.
({0}) Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist erschöpft. Ich schließe die Aussprache.
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Sie haben sich zum Wort gemeldet? Dann erteile ich Ihnen das Wort.
Meine Damen und Herren! Ich möchte namens meiner Fraktion als Antragsteller darauf hinweisen, daß in dem ursprünglichen Antrag der Bayernpartei der Schlußsatz, der jetzt im Antrag des Ausschusses vorliegt: „An dieser Körperschaft ist der Ausschuß für Kulturpolitik angemessen zu beteiligen", nicht enthalten war.
({0})
Namens der antragstellenden Fraktion kann ich mich damit einverstanden erklären, daß dieser vom Ausschuß hier angefügte Schlußsatz entfällt. Wir können uns auch damit einverstanden erklären, daß man den Antrag dergestalt umformuliert, daß es heißt: „Die Bundesregierung wird ersucht, die Gestaltung amtlicher Graphik des Bundes durch öffentlich ausgeschriebenen Wettbewerb und durch die Entscheidung eines Fachgremius zu bestimmen, die für die zuständigen Vergebungsstellen bindend sind." In dieser Form können wir uns mit einer Abänderung einverstanden erklären. Wir bitten aber das Haus, daß darüber abgestimmt wird und keine Überweisung an den Ausschuß, auch nicht an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht erfolgt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Ich ziehe meinen Antrag zugunsten des Antrages, der soeben formuliert worden ist, zurück, weil er inhaltlich genau dasselbe bedeutet, was wir gewünscht haben.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; das stelle ich ausdrücklich fest. Die Aussprache ist geschlossen.
Folgende Abänderungsanträge sind gestellt. Erstens wird beantragt, hinter den Worten: „Der Bundestag wolle beschließen", zu sagen: „Die Bundesregierung wird ersucht", und in den dann folgenden Absatz 1 des Ausschußantrags das Wort „ist" zwischen „Bundes" und „durch" zu streichen. Zweitens soll der letzte Absatz des Ausschußantrags Nr. 336 gestrichen werden: „An dieser Körperschaft ist der Ausschuß für Kulturpolitik angemessen zu beteiligen". Ich glaube, die erste Änderung ist keine Änderung rechtlicher Natur, sondern die Erfüllung einer selbstverständlichen Formalität. Sind Sie damit einverstanden, daß wir darüber nicht abstimmen?
({0}) - Dann bitte ich die Damen und Herren, die für den ersten Abänderungsantrag sind, nämlich zu sagen: „Die Bundesregierung wird ersucht" und das Wort „ist" in Absatz 1 zu streichen, die Hand zu erheben. - Ich danke; das ist die Mehrheit. Gegenprobe! - Der Antrag ist mit eindeutiger Mehrheit angenommen.
Der zweite Abänderungsantrag geht dahin, den zweiten Absatz: „An dieser Körperschaft ist der Ausschuß für Kulturpolitik angemessen zu beteiligen" zu streichen. Wer für die Streichung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Damit ist dieser Abänderungsantrag, den Absatz 2 des Antrags Drucksache Nr. 336 zu streichen, angenommen.
Wer nunmehr für die Drucksache Nr. 336 unter Berücksichtigung der soeben beschlossenen Abänderungen im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich danke. Ich bitte um die Gegenprobe. - Das ist mit eindeutiger Mehrheit beschlossen.
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Wir kommen dann zum sechsten Punkt der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kulturpolitik über den Antrag der Fraktion der BP betreffend Beteiligung bildender Künstler an den Aufträgen des Bundes ({2}).
Nach der Aussprache im Ältestenrat ist etwa
eine Viertelstunde einschließlich Berichterstattung
vorgesehen. Darf ich mir erlauben, diesen Hinweis zu machen.
Als Berichterstatter erteile ich dem Herrn Abgeordneten Hennig das' Wort.
Hennig ({3}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Der Antrag, wie ihn der Ausschuß auf Drucksache Nr. 337 vorlegt, ist aus einer eingehenden Beratung eines Antrages der Bayernpartei hervorgegangen, den Sie in Drucksache Nr. 157 finden. Man hat im Einverständnis mit den Antragstellern aus diesem Antrag alle Wünsche herausgenommen, die. Steuervergünstigungen vorsehen oder die soziale Gesichtspunkte mit Rücksicht auf die Lage der Künstler betreffen. Soviel ich höre, haben die Antragsteller diesen Punkt zu einem besonderen Antrag verarbeitet und. diesen Antrag bereits eingereicht.
Wieder Antrag jetzt vorliegt, gilt für ihn wohl dasselbe, was im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Kiesinger soeben hier beschlossen worden ist. Es müßte eingangs hinter den Worten: „Der Bundestag wolle beschließen", heißen:
Die Bundesregierung wird ersucht:
Um die bildende Kunst zu fördern, ist bei allen Bauaufträgen ({4}) des
0 Bundes, soweit Charakter und Rahmen des Einzelbauvorhabens dies rechtfertigen, grundsätzlich ein Betrag von mindestens 1 Prozent der Bauauftragssumme für Werke bildender Künstler vorzusehen. Diese Kunstwerke müssen zur Ausstattung der vergebenen Bauten verwendet werden.
Bei der Verteilung der Aufträge sind Künstler aller deutschen Länder, zu berücksichtigen. Die Auswahl der . Kunstwerke im einzelnen obliegt einer Körperschaft, in der der Ausschuß für Kulturpolitik ausreichend vertreten sein muß.
Die Berufsvertretung der bildenden Künstler soll bei der Vergebung der Aufträge gehört werden.
Meine Damen und- Herren! Es gibt gegenwärtig keine-Mäzene mehr, es gibt kaum noch Sammler. Die Künstler haben zwar den Tiefstand der Kulturkrise auf diesem Gebiet ersichtlich durchschritten. Die künstlerische Hervorbringung ist auch qualitativ wieder im Ansteigen begriffen. Aber diese Menschen schaffen in tiefster Vereinsamung. Es ist außerordentlich bedenklich, wenn das zeitgenössische Künstlerschaffen verborgen bleibt und mit dem Volk kaum in ernsten Kontakt tritt. Auch ist das museale Dasein zeitgenössischen . künstlerischen Schaffens nur ein mehr oder -weniger trauriger Notbehelf. Kunst gehört ins Volk, Kunst gehört dorthin, wo Menschen zusammenkommen. Es ist außerordentlich wichtig, wenn an Straßenecken und Brücken, wo tagtäglich Tausende von Menschen vorübergehen, Kunstwerke hohen Ranges aufgestellt sind und sie zum Erlebnis. besonders. der heranwachsenden Generation gemacht werden.
Wir im kulturpolitischen Ausschuß wissen, daß dieser unser Antrag nicht ohne Bedenken ist. Wir könnten uns zum Beispiel vorstellen, daß es vielleicht nicht immer so viel gute Kunst gäbe, wie der vorgesehene Betrag von 1 Prozent der Bauauftragsumme eigentlich zur Voraussetzung hätte, und wir wollen nach der Richtung auch kein Schema entworfen haben. Wir wissen aber, daß wir heute, in einer Zeit, in der es keine Mäzene und kaum noch Sammler gibt, in die Bresche springen müssen und daß die öffentliche Hand als Auftraggeber auftreten muß. Es ist zwar ein Glücksfall, wenn Athen oder Florenz oder das gute München von 1840 so entstanden sind, daß kühne Planer der öffentlichen Hand mit hochrangigen Künstlern zusammenwirkten. Das läßt sich durch Anträge nicht gewährleisten, aber wir wollen das Unsrige getan haben, um wenigstens die Wege freizumachen, wollen den Versuch wagen, damit uns keine Verantwortung treffe, wenn einmal eine kommende Zeit feststellen müßte, daß wir künstlerisch unproduktiv gewesen seien, weil es bei der entscheidenden Stelle des deutschen Volkes an Verständnis für dieses Problem gefehlt habe.
In diesem Sinne - mit allen Bedenken, die dieser Antrag umschließen mag - sind wir im kulturpolitischen Ausschuß einmütig dazu gelangt, die Annahme dieses Antrags zu empfehlen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat zunächst der Herr Abgeordnete Dr. Besold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der ursprüngliche Antrag der Fraktion der Bayernpartei - Drucksache Nr. 157 - betreffend Förderung bildender Künstler war weiter gefaßt als der jetzt vorliegende Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 337. Der Antrag des Ausschusses befaßt sich ausschließlich mit der Beteiligung bildender Künstler an den Aufträgen des Bundes. Unsere weiteren Anträge auf Anregung der privaten Initiative zur Förderung der bildenden Kunst haben wir auf Anregung des behandelnden Ausschusses abgetrennt; sie harren ncch der Verabschiedung durch den Finanzausschuß.
Der Gedanke, der in dem Antrag des Ausschusses und insbesondere in den eben erwähnten, noch nicht behandelten Anträgen zum Ausdruck kommt, ist nicht neu; er stammt schon aus der Zeit vor 1933. Mit der Wiederaufnahme, Durchführung und Erweiterung dieses Gedankens nach den Anträgen der Bayernpartei ist es in der für die Künstler heute verzweifelteren Situation möglich, die Kunst- und Handwerkszweige vor dem Untergang zu retten. Die kurze Zeit nach der Währungsreform hat schon erschreckend deutlich gemacht, wie schnell höchstqualifizierte Künstler und Kunsthandwerker durch den Zwang, das Lebensnotwendigste zu verdienen, von ihren Berufen abgedrängt werden.
Die Folgen liegen klar auf der Hand: Alle mühsam errungenen Fortschritte zu einer handwerklich wohlfundierten angewandten Kunst, zu deren Förderung der Staat, die Länder, die Gemeinden in Kenntnis ihrer Wichtigkeit durch Errichtung von Fachschulen, Meisterschulen und Hochschulen beigetragen haben, werden in kürzester Zeit in Frage gestellt, wenn der Boden praktischer Be({0})
tätigung entzogen wird, ja es wird sogar so weit kommen, daß die Tradition in verschiedenen unentbehrlichen Kunsthandwerkszweigen zerreißt und damit der Nachwuchs ausbleibt. Staat und Gemeinden müssen nach dem A auch B sagen; denn es ware gerade mit Rücksicht auf die kulturschöpferische Begabung des deutschen Volkes unverantwortlich, junge Leute für Berufe zu erziehen, von denen von vornherein bekannt ist, daß man durch sie später nicht das Salz zur Suppe verdienen kann. Die praktische Kunstförderung, das heißt die Förderung der angewandten Künste, die den Bedürfnissen des Lebens dienen, ist der einzig gangbare Weg einer Regenerierung von Kunst und Handwerk.
Als Ziel muß vor uns stehen die Wiedererweckung einer wahren Bauhüttengesinnung, die in der Gegenwart mit den hier entsprechenden Mitteln angestrebt .werden muß. Lassen Sie mich daher, meine Damen und Herren, Ihnen die Beweggründe und Erkenntnisse ganz kurz zusammengefaßt vor Augen führen, die die Fraktion der Bayernpartei diese Anträge stellen ließen.
Der erste äußere Anlaß zur Stellung dieses Antrages war wohl die allgemein sichtbare Not der Kunstschaffenden. Dieser Not soll aber nicht durch eine Unterstützung, durch ein Almosen oder durch die Art der unproduktiven Arbeitslosenversicherung gesteuert werden, sondern durch die Leistungen - die hochwertigen Leistungen! -, die dei Allgemeinheit und späteren Generationen zum Nutzen und zur Ehre gereichen. Wir müssen uns also darüber im klaren sein, daß solche Maßnahmen, wie wir sie hier zur Beschlußfassung vorlegen, keine verlorenen Aufwendungen sind.
Ich darf zweitens wohl feststellen, daß 1 Prozent der Bausumme für die künstlerische Ausgestaltung von Bauten eine minimale Belastung der gebenden Seite ist, daß gleichwohl aber andererseits dadurch für die kulturelle Belebung ergiebige Beträge geschöpft werden können.
Drittens: Wir dürfen auch nicht vergessen, daß diesen hier beabsichtigten Maßnahmen starke erzieherische Kräfte innewohnen. Das Studium an Kunsthandwerks- und Kunstschulen hat erst wieder einen Sinn, wenn die Ausübung einem Zweck und einem Bedarf dient. Da öffentliche Bauten einer besonders scharfen Kritik ausgesetzt zu sein pflegen, werden auch die mitarbeitenden Künstler und Kunsthandwerker zu einer besonderen Leistung verpflichtet und erzogen werden.
Viertens: Gegenüber der Größe und der Bedeutung der konkreten Aufgaben, wie sie die künstlerische Mitarbeit am Bauwerk stellt, werden sich alle Schlagworte, alle Ismen-Diskussionen über die verschiedenen Kunstrichtungen und Kunstauffassungen allmählich. verflüchtigen. Der heutige Ausstellungsbetrieb, der einen großen Teil der einschlägigen öffentlichen Mittel verschlingt, ist durch die Gefahr der Zweckentbundenheit und der Zweckentleerung allein nicht geeignet, die Gestaltungskraft unserer Begabten und unserer Künstler zu entwickeln. Dies ist zuvörderst allein möglich durch 'die praktische Zielsetzung, durch konkret gestellte Aufgaben an Künstler und Kunsthandwerker, eben durch den Auftrag.
Beachten wir weiterhin, daß eine öffentliche aktive Kunstpflege, die am Bau beginnt, ansteckend wirkt und auch den Privaten dazu anreizt, seinem eigenen Heim durch Heranziehung der Kunstschaffenden eine besondere Note zu verleihen! Dieser Geist hat d'en Städtebau früherer
Jahrhunderte beeinflußt, dessen Schönheit nicht
nur uns erfreut, sondern auch das Ausland erbaut
Zur Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen sind in Absatz 2 unseres Antrages Sicherungen eingebaut. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß es sich hier nur um eine Sachverständigentätigkeit handelt, lediglich um eine Beratung bei der Auswahl. Die Bundesregierung ist an diese Auswahl in keiner Weise gebunden, weder beim Ankauf noch bei der Auftragserteilung. Der Bundesregierung ist völlige Freiheit gegeben, erneut eine andere Auswahl zu verlangen. Weiter heißt es in dem Antrag, daß die Berufsvertretung der bildenden Künstler bei der Vergebung der Aufträge gehört werden soll. Auch dabei handelt es sich nur um eine Sachverständigenberatung, die die Entscheidung der Bundesregierung in keiner Weise bindet.
Lassen Sie mich zum Schluß Ihnen noch das Bekenntnis eines maßgebenden Münchener Künstlers, des Herrn Professors Grassmann bekanntgeben. Er hat in einer öffentlichen Versammlung zu der gleichen Frage erklärt:
Der verantwortungsbewußte Teil der Künstlerschaft will nicht Unterstützung, sondern Arbeit. Damit allein kann die Beziehung der Kunst zum Menschen und ihre Funktion in der Gesellschaft wiederhergestellt werden.
Meine Damen und Herren, wir haben uns gefreut, daß der Ausschuß mit solchem Ernst und auch mit solcher Gewissenhaftigkeit an die Behandlung unseres Antrages herangegangen ist. Unsere Gründe zur Stellung dieses Antrages haben wir Ihnen dargelegt. Wir bitten Sie um Annahme des Antrages.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Oellers.
Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde stimmen dem materiellen Inhalt des Antrages der Bayernpartei durchaus zu, und auch die Begründung, die Herr Kollege Besold soeben gegeben hat, wird von uns durchaus akzeptiert. Unsere Bedenken sind die gleichen, die bereits bei dem vorhergehenden Punkt der Tagesordnung aufgetreten sind. Das, was der kulturpolitische Ausschuß als Antrag vorgelegt hat, ist in dieser Form nicht annahmefähig. Es heißt hier: „Um die bildende Kunst zu fördern, i s t bei allen Bauaufträgen ({0}) des Bundes" usw. Auch hier müßte es lauten, wie Herr Kollege Besold bereits angeregt hat: „Die Bundesregierung wrd ersucht", das und das zu tun. Des weiteren steht in Absatz 7: „Die Auswahl der Kunstwerke im 'einzelnen obliegt einer Körperschaft, in der der Ausschuß für Kulturpolitik ausreichend vertreten sein muß." Wenn man das so auslegen könnte, daß die Bundesregierung in den Beschlüssen dieses Ausschusses nur eine Empfehlung zu sehen brauchte, würden dagegen keine Bedenken bestehen. Aber das kann man bei dieser Fassung leider nicht annehmen, der Ausdruck „obliegt" beinhaltet eine Entscheidung. Infolgedessen muß auch hier wieder die Funktion des Ausschusses für Kulturpolitik aus dieser Körperschaft herausgenommen werden, wenn wir nicht Legislative und Exekutive vermischen wollen.
({1})
) Ich würde also den Herren der Bayernpartei vorschlagen, daß wir hier genau so verfahren wie bei dem vorhergehenden Punkt.
({2})
- Ich habe schon einen Antrag formuliert, und ich
möchte Sie fragen, ob er Ihre Zustimmung findet:
Um die bildende Kunst zu fördern, wird die Bundesregierung ersucht, bei allen Bauaufträgen ({3}) des Bundes, soweit Charakter und Rahmen des Einzelbauvorhabens dies rechtfertigen, grundsätzlich einen Betrag von mindestens 1 Prozent der Bauauftragssumme für Werke bildender Künstler vorzusehen.
Bei der Verteilung der Aufträge sollen Künstler aller deutschen Länder berücksichtigt werden.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete 'Dr. von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Oellers kann ich mich ganz kurz fassen. Ich möchte nur namens meiner Fraktion hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Legislative und Exekutive auf einen Grundsatz hinweisen. Die Form, in der die Legislative auf die Exekutive einzuwirken in der Lage ist und grundsätzlich einwirkt, ist nämlich das Gesetz, aber nicht der Beschluß. Bei dem Beschluß kann die Regierung aus ihrem eigenen Recht als Exekutive ihren Weg gehen. Ein Beschluß ist immer nur eine Empfehlung. Soll die Empfehlung bindend gemacht werden, dann ist eben die Form des Gesetzes erforderlich.
({0})
Die hier dankenswerterweise von der Fraktion der Bayernpartei vorgelegten Anträge sind materiell ihrem Inhalt nach nämlich Gesetze, besonders in der ursprünglichen Fassung.
Das zur formellen Seite. Meine Fraktion stimmt den Vorschlägen des Herrn Abgeordneten Dr. Oellers vollkommen zu.
Was die Sache selbst betrifft, so sollte man doch mit der Frage des Anhörens der Berufsvertretung etwas vorsichtig sein. Das Problem, das hier bei Kunstfragen und Exekutivfragen zur Debatte steht, liegt doch darin: Wer Kunstwerke für ein öffentliches Bauwerk auszuwählen hat, muß selbst über künstlerische Fähigkeiten und einen hohen künstlerischen Geschmack verfügen, was normalerweise bei einem Exekutivbeamten nicht vorauszusetzen. ist. Kann aber nun durch das Einschalten von -„Kulturkammern", Berufsvertretungen und jener Verzunftung unserer deutschen Kunst so geholfen werden, wie das erforderlich ist? Was ist es denn überhaupt, was uns in unserem grauen Dasein, in unserem Elend überhaupt vielleicht noch etwas aus diesem Leben emporheben kann? Das ist doch die Kunst, der Geist und die Wissenschaft! Je weniger Staat und je weniger Regulative in diesen Dingen da sind, um so besser. Der Staat soll für die jungen Künstler zahlen, damit sie ihre Aufträge bekommen, aber er soll sich - und mit ihm auch die berühmten Berufsvertretungen - möglichst einer gestaltenden Einflußnahme enthalten. Es kommt darauf an, daß sich Menschen finden - es ist Sache der Exekutive, daß zu ermitteln -, die wirklich nun einmal bei einem öffentlichen
Bauwerk den Geschmack der Allgemeinheit zur Geltung bringen können und die es verhindern, daß an öffentlichen Bauwerken extravagante, vielleicht hochwertige, aber für die Menge des Volkes unverständliche Kunstwerke angebracht werden. All dies sind Fragen, die größten Takt voraussetzen. Ich glaube, daß die Umwandlung dieser Anträge der Bayernpartei gerade den Interessen der Kunst und der werdenden jungen Künstler sehr dienlich ist. Es hat sich also hinter dieser formellen Frage et was versteckt, was durchaus der Sache gemäß und förderlich ist.
({1})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Seelos.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, materiell herrscht größte Einmütigkeit über den Antrag; nur die Form ist vom Ausschuß für Kulturpolitik nicht so präzis festgelegt worden, daß der Antrag sofort zur Annahme kommen kann. Um die Prozedur zu erleichtern, möchte ich folgendes vorschlagen.
Wir stimmen dem ersten Teil des Antrags Dr. Oellers wie das vorige Mal zu, daß es heißen soll: „Um die bildende Kunst zu fördern, wird die Bundesregierung ersucht". Aber ich glaube, man sollte den Antrag nicht so weit ändern, daß der gesamte zweite Teil in eine andere Form gebracht wird. Wir schlagen vielmehr die Änderung vor, daß es im zweiten Satz von Absatz 2 heißen soll: „Die Auswahl der Kunstwerke im einzelnen obliegt einem Fachgremium." Dann: „Es wird empfohlen, die Berufsvertretung der bildenden Künstler bei der Vergebung der Aufträge zu hören."
Ich glaube, damit sind alle Giftzähne ausgezogen, die etwa in der Formulierung vermutet werden könnten. In dieser Form kann der Antrag wohl angenommen werden.
Es liegt keine weitere Wortmeldung vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich stelle zuerst den Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Seelos zum Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Oellers zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Abänderungsantrags Dr. Seelos ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe. - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Dann stelle ich den abgeänderten Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Oellers zur Abstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe. Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Ott und Genossen betreffend Beseitigung der Zuzugsbestimmungen ({0}).
Ich erteile dem Berichterstatter Herrn Abgeordneten Erler das Wort.
Erler ({1}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 29. September 1949 haben der Herr Abgeordnete Dr. Ott und eine Anzahl von Kollegen den Antrag eingebracht, die Bundesregierung zu ersuchen, die in den einzelnen Ländern bestehenden Zuzugsbestim({2})
mungen zu lockern bzw. zu beseitigen. Familienangehörige müßten unter allen Umständen zusammengeführt werden können.
Der Ausschuß für innere Verwaltung hat sich sehr eingehend in zwei Sitzungen mit dem ganzen weitschichtigen Problem befaßt. Wir haben zunächst einmal eine Art Bestandsaufnahme all dessen vorgenommen, was es an Zuzugsbestimmungen und -beschränkungen heute in Deutschland gibt, obwohl es zu einem großen Teil mit der im Grundgesetz verbrieften Freizügigkeit nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Es hat sich dabei schon aus der unmittelbaren Sachkunde der Ausschußmitglieder, aber auch aus den Darlegungen der Vertreter sowohl des Innenministeriums als auch des Ministeriums für Angelegenheiten der Heimatvertriebenen ergeben, daß dieses ganze Gebiet sehr, sehr buntscheckig geregelt ist. Es ist kaum zu übersehen, wie Landesrecht, Besatzungsrecht und zum Teil auch die Bestimmungen des Wohnungsgesetzes des Kontrollrats mit den durch die Länder bzw. auf Antrag der Länder durch die Militärregierungen erfolgten Erklärungen ganzer Städte und Gebiete zu Brennpunkten des Wohnbedarfs ineinander verschachtelt sind.
Der Ausschuß stand und steht auch heute noch grundsätzlich auf dem Standpunkt, daß es Aufgabe der Gesetzgebung ist, möglichst bald in vollem Umfange die im Grundgesetz verbriefte Freizügigkeit effektiv zu machen. Dieser Zustand muß erreicht werden. Natürlich stehen eine ganze Reihe ernsthafter Schwierigkeiten einer Bereinigung auf diesem komplizierten Rechtsgebiet im Wege. Die eine Schwierigkeit hat neulich schon den Bundestag beschäftigt: das ist die Tatsache, daß zwar das Grundgesetz für alle Deutschen die Freizügigkeit etabliert hat, daß es aber doch offenbar nicht so ganz einfach ist, diese Freizügigkeit ohne weiteres auch auf die deutschen Einwohner der Ostzone zu erstrecken. Wir haben im Ausschuß davon Kenntnis bekommen, daß ein Verordnungsentwurf der Bundesregierung, der dieses Thema behandelt, im Bundesrat aus verfassungsrechtlichen Gründen, betreffend die Zuständigkeit, sehr heftig umkämpft worden und nicht zur Verabschiedung gelangt ist. Sie haben dann neulich hier in erster Lesung den Gesetzentwurf der Sozialdemokratischen Partei über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet behandelt, der materiell ja die gleiche Frage betrifft. Wir haben dann weiterhin erfahren, daß neben dieser Vorschrift, die das eine Teilgebiet regelt, eine weitere gesetzliche Regelung sehr weit vorangetrieben worden ist, sowohl im Innenministerium als auch im Ministerium für die Angelegenheiten der Heimatvertriebenen, welche die Wiederherstellung der Freizügigkeit innerhalb der Westzonen, also innerhalb des Bundesgebiets, zum Gegenstand hat.
Es herrschte Übereinstimmung darüber, daß die Wiederherstellung der Freizügigkeit im Hinblick auf den zu erwartenden Flüchtlingsausgleich nicht selbständig und automatisch alle Ausgleichsfragen löst. Es ist nach der Meinung des Ausschusses unwürdig, nach der zusammengebrochenen Sachbewirtschaftung nun noch Menschen weiter zu bewirtschaften. Man sollte den Menschen die Wahl ihres Wohnsitzes selbst überlassen. Sie wüßten besser als die Regierung und auch besser als die einzelnen Landesbehörden, wo ihnen eine bessere Wohnung oder ein besserer Arbeitsplatz winkt. Sie werden nicht ohne Grund diesen ihren bisherigen Wohnort verlassen, wenn sie nicht wissen,
daß es im neuen Wohnort bessere Unterbringungsmöglichkeiten gibt. Der Ausschuß sprach sich also gegen alle Vorstellungen aus, die kommende Umsiedlung der Flüchtlinge zwischen den verschiedenen deutschen Ländern in irgendeiner Weise mit Zwang verkoppeln zu wollen, was ja auch von der Regierung keineswegs beabsichtigt ist.
Übrig bleibt aber noch ein weiteres Problem, das in diesem Zusammenhang gelöst werden muß, nämlich das, daß dann zur Freizügigkeit für diejenigen Gebiete, die heute noch nicht in dem im allgemeinen sonst in Deutschland erreichten Ausmaß Heimatvertriebene haben aufnehmen müssen, ein Aufnahmezwang - der Zahl nach - für Heimatvertriebene hinzukommt, deren Zahl ihnen dann zugewiesen wird, wobei es dann den betreffenden Familien selbst überlassen bleibt, ob sie von der Möglichkeit, dorthin zu gehen, Gebrauch machen oder nicht.
Nach all den Erklärungen, die wir im Ausschuß von der Regierung über die in Bälde zu erwartende gesetzliche Regelung dieses Problems bekommen haben, glaubte der Ausschuß, dem Hohen Hause vorschlagen zu können, den Antrag der Abgeordneten Dr. Ott und Genossen über die Beseitigung der Zuzugsbestimmungen als erledigt anzusehen. Der Antrag selbst hätte das Gebiet ohnehin nicht geregelt; er enthielt ja nur ein Ersuchen an die Regierung, sich dieser Frage anzunehmen. Die Regierung hat sich dieser Frage angenommen; sie ist im Begriff, das Problem in einer, wie wir hoffen, zufriedenstellenden Weise zu regeln, so daß es einer ausdrücklichen Annahme des Antrags nicht bedarf.
Es bleibt mir nur noch übrig zu bemerken, daß auch Herr Dr. Ott selbst als Vertreter der Antragsteller sich mit dieser im Ausschuß vereinbarten Regelung einverstanden erklärte. Wenn also das Hohe Haus dem Antrag des Ausschusses entsprechend beschließt, dann sind auch die Antragsteller mit dieser Regelung einverstanden.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Ott.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Los Millionen Heimatvertriebener, Fliegergeschädigter und Heimkehrer hat mich bewogen, diesen Antrag zu stellen.
Das Abkommen von Potsdam und Jalta war in seinen Folgen so verheerend, daß die unglückseligen Zuzugsbestimmungen die Härten dieses Abkommens noch vermehrten. Man muß bedenken, daß Orts- und Stadtgemeinschaften gesprengt, daß ganze Familien zerrissen wurden. Arbeitsfähige Männer wurden in das Innere der Länder verschleppt, Mütter wurden von ihren Söhnen und Töchtern getrennt, in die verschiedenen Zonen Deutschlands verschickt, und dort wurden sie ohne Unterschied des Berufs abgeladen, ohne nur irgendwie darauf Rücksicht zu nehmen, ob sie Akademiker oder landwirtschaftlicher Arbeiter waren; sie kamen an und wurden dort einfach seßhaft gemacht. Professoren bekamen keinen Arbeitsplatz, Lehrer bekamen keinen, landwirtschaftliche Arbeiter mußten sich in Städten niederlassen, suchten nach Beschäftigung; sie fanden keine. Nun ging die Suche los. Erst einmal wollten, wie es selbstverständliches Naturgefühl ist, die Väter, die Mütter wieder zu ihren Familienangehörigen, soweit sie überhaupt noch hier waren; Heimkehrer kamen heim, sie mußten sich irgendwo in irgendeine Stadt entlassen lassen und
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haben dort am Bestimmungsort erst erfahren, daß die Angehörigen da und dort sind; sie konnten nicht hin. Warum? Weil das die Zuzugsbestimmungen verhinderten! Menschen, die Arbeit, die Wohnung gefunden hatten, sie konnten nicht hin, weil das die Zuzugsbestimmungen verhinderten. Ja, es wollten sich ganze Betriebe, zum Beispiel in Bayern, in Städten niederlassen; sie bekamen keine Genehmigung, weil man fürchtete, es würden zuviel Menschen in diese Städte kommen. Die Zuzugsbestimmungen ließen es nicht zu, obwohl dort auch der einheimischen Bevölkerung dadurch Arbeitsmöglichkeiten gegeben worden wären. Kurz und gut: diese Zuzugsbestimmungen und dazu noch das sture Verhalten der ausführenden Organe haben das Unglück dieser Millionen von Menschen nur noch vermehrt.
Es wäre höchste Zeit, daß nach 5 Jahren endlich einmal diese unglückseligen Bestimmungen fallen würden. Ich vertrete die Ansicht, daß durchaus kein Wirrwarr entstehen, daß durchaus keine, sagen wir einmal, Überströmung von Städten erfolgen würde; denn das würde schon durch die Wohnungsämter verhindert werden. Wenn sich heute jemand irgendwo niederläßt, wo er Arbeit und Brot gefunden hat, wird er nicht irgendwoanders hinziehen, wo er keine Wohnung und keine Arbeitsmöglichkeit hat. Wenn aber jemand auf Arbeitsuche ist und irgendwo Wohnung und Arbeit findet, dann sollte man es ihm nicht durch sogenannte Zuzugsbestimmungen erschweren, daß er sich dort niederlassen kann. Nicht in einzelnen, sondern in sehr vielen Fällen sind Unternehmer zu mir gekommen und haben mich gebeten, ich möchte mich dafür einsetzen, daß sich die Arbeitsuchenden, die die Unternehmer so notwendig gebraucht hätten, insbesondere Facharbeiter, in ihrer Stadt niederlassen können. An den sturen Zuzugsbestimmungen war das gescheitert.
Man fragt zum Beispiel nach Landarbeitern. Ich habe selbst hier im Hause gehört, wie groß der Mangel an landwirtschaftlichen Arbeitskräften ist. Ich habe Flüchtlingen, Heimatvertriebenen usw. Posten in landwirtschaftlichen Betrieben verschafft; aber die Polizei ist gekommen und hat sie ihres Postens wieder verwiesen, weil die Zuzugsbestimmungen das nicht zulassen würden. Ich glaube, dieser Zustand ist auf die Dauer wirklich unhaltbar. Ich habe mich deshalb im Ausschuß mit der Auffassung meines Vorredners einverstanden erklärt, daß endlich, und zwar baldigst gesetzliche Bestimmungen kommen, die diesem unglückseligen Zustand ein Ende bereiten, damit jeder wieder frei dorthin ziehen kann, wo er Wohnung und Arbeit gefunden hat, und damit die Familienangehörigen wieder zusammenfinden_ können.
Dazu noch ein kurzes Wort. Ich kenne Fälle, daß Mütter zum Beispiel aus Bayern nach Württemberg kommen wollten. Sie können alleinstehend von ihrer kargen Rente nicht leben; sie würden aber eine Existenz haben, wenn sie zu ihren Söhnen oder Töchtern ziehen könnten, in deren Haushalt sie ihren Lebensabend verbringen würden. Sie konnten es nicht, weil diese überholten Zuzugsbestimmungen das verhinderten. Sch on aus diesem Grunde, aus Gründen der Menschlichkeit, bitte ich das Hohe Haus, alles daran zu setzen, damit diese unvernünftigen - ich nehme da kein Wort zurück - und in der Auswirkung so unheilvollen Zuzugsbestimmungen endlich fallen.
Selbstverständlich müßten da neue Weisungen gegeben und Unterschiede zwischen den Personen,
die als Heimatvertriebene, als Fliegergeschädigte, als Wohnungsvertriebene, Heimkehrer usw. bereits im Bundesgebiet wohnen, und Flüchtlingen, die aus der Ostzone kommen, gemacht werden. Ich weiß ganz genau, daß diese Menschen nicht auf einmal in Einzelwohnungen untergebracht werden können. Man soll diese Menschen also vorübergehend in Lagern unterbringen, bis sich eine andere Möglichkeit ergibt. Ferner müßten auch für die Volksdeutschen, die noch in den östlichen Ländern als Sklavenarbeiter bleiben müssen, Bestimmungen getroffen werden.
Ich bitte deshalb, mit meinem Antrag in der Weise, wie der Ausschuß entschieden hat, verfahren zu wollen, und ich bitte vor allem, daß sich das Ministerium der Ausgewiesenen wirklich baldigst dieser unglückseligen Menschen annehmen und diesen ohnehin mehr als hart gestraften Menschen ihr Los erleichtern möge, indem endlich wenigstens die Familienangehörigen zusammenfinden und, wenn dies noch möglich wäre, vielleicht auch Dorfgemeinschaften und Stadtgemeinschaften wieder zusammenkommen könnten. Dies war mein Antrag.
Herr Dr. Ott, habe ich Sie recht verstanden: auch Sie wollen also den Antrag für erledigt erklärt wissen?
Ja, im Sinne des Ausschusses.
Der Antragsteller selbst ist der Meinung, daß sein Antrag für erledigt erklärt werden soll. Ich nehme an, das das Hohe Haus mit der Empfehlung des Ausschusses einverstanden ist; dann brauchen wir nicht abzustimmen.
({0})
Ich habe noch ein Versäumnis nachzuholen: ich habe bei Punkt 6 versäumt, das Ergebnis der Abstimmung festzustellen. Die Abstimmung hat die Annahme des Ausschußantrags Nr. 337 der Drucksachen unter Berücksichtigung der angenommenen Abänderungsanträge ergeben.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Abgeordneten Renner und Genossen betreffend strafbare Handlungen gegen Besatzungsinteressen ({1}).
Ich schlage vor, daß sich die Fraktionen auch hier auf eine bestimmte Zeit für die Begründung des Antrages und die Aussprache einigen. Für die Begründung des Antrages schlage ich 10 Minuten vor und für die Aussprache für alle Fraktionen insgesamt 30 Minuten, verteilt nach dem bekannten Schlüssel.
({2})
- Das Haus ist damit einverstanden.
Das Wort zur Begründung des Antrages hat der Abgeordnete Leibbrand.
Leibbrand ({3}), Antragsteller: Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Drucksache Nr. 293 ist von meiner Fraktion bereits am 1. Dezember des vergangenen Jahres gestellt worden. Er bezweckte eine Erklärung der Bundesregierung zu dem Gesetz der alliierten Hohen Kommission vom 25. November 1949 über strafbare Handlumen gegen Besatzungsinteressen noch in der 19. Tagung des Bundestags. Meine Fraktion war der Meinung, daß dieses Gesetz von so weittragender Bedeutung ist, daß es eine sofortige Stellungnahme der
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Bundesregierung und des Bundestages notwendig machte. Zu unserem Bedauern steht unser Antrag erst heute auf der Tagesordnung. Ich brauche wohl nicht besonders zu betonen, daß unser Antrag, auch wenn darin von der 19. Tagung des Bundestags die Rede ist, heute noch bezwecken soll, daß die Bundesregierung eine Erklärung über ihre Stellungnahme zu diesem Gesetz abgibt.
Der Herr Bundesminister hat auf Drucksache Nr. 369 zwischenzeitlich zu unserem Antrag und damit auch zu dem Gesetz der Hohen Alliierten Kommission eine Stellungnahme gegeben, die uns keineswegs befriedigen kann. Der Herr Bundesjustizminister ist in dieser Stellungnahme der Auffassung, daß das Gesetz einen erheblichen Fortschritt gegenüber der früheren Regelung darstelle. Als Beispiel dafür führt er an, daß nur noch fünf Straftatbestände mit dem Tode bedroht werden.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, einmal dieses Gesetz anzuschauen. Sie werden dann feststellen, daß nach dem jetzigen Gesetz mit der Todesstrafe nicht nur etwa Spionage, bewaffneter Widerstand und ähnliche Straftaten bedroht werden, sondern daß schon dann jemand mit dem Tode bestraft wird, wenn er Nachrichten, die geeignet sind, das Vermögen der alliierten Streitkräfte zu gefährden, in Besitz bekommt und die Kenntnis dieser Nachrichten unbefugt für sich behält. ohne sie unverzüglich an die Besatzungsbehörden weiterzugeben. Wenn ein solcher sehr vager Tatbestand bereits mit der Todesstrafe bedroht wird, dann kann man doch wohl nicht einer Formulierung beipflichten, die besagt: Gott sei Dank werden jetzt nur noch fünf Straftatbestände mit dem Tode bedroht.
Ich bitte Sie, auch einmal anzusehen, was nach Artikel 2 dieses Gesetzes mit zehn Jahren Gefängnisstrafe oder mit Geldstrafe bis zu 50 000 D-Mark bzw. mit beiden Strafen zusammen bedroht wird. Wer an einer öffentlichen Versammlung, die von den Besatzungsbehörden verboten worden ist, passiv teilnimmt, kann nach diesem Gesetz mit zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Ich glaube, daß man da kaum mit den Worten des Herrn Bundesjustizministers von einem erheblichen Fortschritt gegenüber den bisherigen Bestimmungen sprechen kann.
Die Damen und Herren von der Rechten des Hauses dürfte es vielleicht mehr interessieren, daß mit fünf Jahren Gefängnis bestraft werden kann, wer einen Plan, eine Niederschrift oder einen Bericht privater Art verheimlicht, der sich auf Vermögensrechte oder -interessen eines nichtdeutschen Staates oder seiner Staatsangehörigen bezieht. Das bedeutet also: ein Schutz ausländischer Kapitalinteressen. Es ist ebenfalls ein sehr vager Tatbestand, der mit dieser sehr schweren Strafe von fünf Jahren Gefängnis bedroht ist. Oder wer nur den Versuch macht, sich einer von einem Beauftragten der Besatzungsbehörden angeordneten Festnahme oder Haft zu entziehen, wer also einen ganz einfachen Fluchtversuch gegenüber irgendeiner Verhaftung unternimmt, den kostet das nach diesem Gesetz fünf Jahre Gefängnis. Wer eine falsche Nachricht über eine Handlung oder Absicht der Besatzungsbehörden oder Besatzungsstreitkräfte oder in ihrem Auftrag handelnder Personen verbreitet, die geeignet wäre, Mißtrauen gegen solche Behörden hervorzurufen, wird ebenfalls mit einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren bedroht. Meine Damen und Herren, denken Sie nur einmal an das, was gegenwärtig nicht bloß in
Deutschland, sondern in der ganzen Welt an Remilitarisierungsgesprächen über Deutschland geführt wird! Wer kann im einzelnen feststellen, ob hier die Absicht einer bestimmten Behörde oder ihres Beauftragten vorliegt, ob es sich um eine verantwortliche oder unverantwortliche Äußerung handelt? Schon wer eine solche Äußerung verbreitet, läuft Gefahr, nach diesem Gesetz mit fünf Jahren Gefängnis bestraft zu werden. Das macht den Kampf gegen solche Militarisierungsbestrebungen, solange sie nicht feste Formen angenommen haben und damit eine große Gefahr geworden sind, einfach unmöglich.
Diese wenigen angeführten Beispiele ließen sich noch vermehren. So kostet zum Beispiel nach diesem Gesetz eine bloße achtungswidrige Handlung gegenüber den alliierten Streitkräften - und was kann man darunter alles verstehen! - immerhin ein Jahr Gefängnis. Nach alledem kann man wirklich dieses Gesetz nicht bagatellisieren. Und daß ich keineswegs den schwarzen Mann an die Wand male, zeigen ganz konkrete Tatsachen. Diese beweisen, was mit solchen äußerst dehnbaren Gesetzesbestimmungen alles angefangen werden kann. Ich verweise hierbei auf das Beispiel des Demontagestop-Prozesses in Hannover vor einem britischen Militärgericht. Dort sind acht Deutsche wegen eines Aufrufs gegen die Demontage der ehemaligen Reichswerke Watenstedt-Salzgitter angeklagt, und zwar nicht nur der Redakteur, sondern auch der Herausgeber, der Geschäftsführer und der Drucker. Sie sind angeklagt wegen Widerstandes bzw. Beeinträchtigung der Interessen der Besatzungsmacht. Man hat dabei sogar nicht einmal die Immunität eines niedersächsischen Landtagsabgeordneten geachtet.
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Der Abgeordnete ist auf Grund eines Beschlusses des Ältestenrats des niedersächsischen Landtags nicht zu der Verhandlung gekommen; und auch fast alle westdeutschen Landtage haben sich hinter die Auffassung des niedersächsischen Landtags gestellt und ebenfalls den Standpunkt vertreten, daß die Immunität eines Abgeordneten auch vor dem Militärgericht gelten müsse. Trotz aller dieser Kundgebungen hat jetzt das britische Militärgericht einen Haftbefehl gegen diesen Abgeordneten erlassen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, das zeigt doch, was mit diesem Gesetz beabsichtigt ist und welche Waffe gegen die deutsche Bevölkerung es tatsächlich darstellt. Der Herr Bundesjustizminister meint aber in seiner Stellungnahme, daß dieses Gesetz immerhin schon gelinder sei als die Bestimmungen vom Jahre 1945. Aber ich glaube, daß man einen solchen Vergleich nicht anstellen kann. Wenn im Jahre 1945, im Moment des Einrückens der Besatzungstruppen, im Zustand also der Beendigung des Krieges scharfe Strafbestimmungen erlassen worden sind, so sind doch immerhin jetzt vier Jahre vergangen. Man spricht immer soviel davon, daß die deutsche Bevölkerung eine Selbstverwaltung erhalten werde, daß wir ein Selbstregierungsrecht bekommen sollten. Man hat uns Verfassungen für die Länder gegeben, man hat ein Grundgesetz für den westdeutschen Bund gemacht, und nun zeigt die Tatsache eines solchen Gesetzes der alliierten Kommissare, daß die wirkliche Regierung in Deutschland nach wie vor die Besatzungsmächte und ihre Hohen Kommissare sind und daß es nach wie vor ihre Politik ist - das kommt in diesem Gesetz sehr deutlich zum
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Ausdruck -, den westdeutschen Bundesstaat zu einem wirtschaftlichen, politischen und militärischen Vorposten ihrer Politik zu machen und ihn mit allen Mitteln zu sichern.
({7})
Wenn nun die Bundesregierung, die einer solchen Politik durch die Anerkennung von Besatzungsstatut und Ruhrstatut, durch den wiederholt ausgesprochenen Wunsch, daß die Besatzung noch jahrelang verlängert werden und in Westdeutschland bleiben soll, selber ihre Zustimmung gibt, ein Interesse daran hat, ein solches Gesetz wie das der Hohen Kommissare zu bagatellisieren, so mag das verständlich sein. Das deutsche Volk kann kein Interesse daran haben, ein solches Gesetz zu bagatellisieren, sondern es ist notwendig, auf dessen ganze Tragweite hinzuweisen, und es wäre eine einmütige Stellungnahme aller deutschen Parteien gegen ein solches Gesetz und eine einmütige Bekundung gegenüber den Hohen Kommissaren notwendig, daß ein solches Gesetz zu all den Versprechungen, die uns in den letzten Jahre gemacht worden sind, in Widerspruch steht.
Aus diesen Gründen kann meine Fraktion die Stellungnahme des Herrn Bundesjustizministers keineswegs als befriedigend betrachten, und wir ersuchen das Hohe Haus, unserm Antrag zuzustimmen, der eine Erklärung der Bundesregierung zu diesem Gesetz ganz klar in dem Sinn fordert, eine einmütige und eindeutige Stellungnahme von Bundesregierung und Bundestag gegen dieses Gesetz. das die Interessen der deutschen Bevölkerung so schwer beeinträchtigt, zu erreichen.
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Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Greve.
Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde und ich sind der Auffassung, daß die Antwort, die der Herr Bundesjustziminister auf die Anfrage der Fraktion der Kommunistischen Partei gegeben hat, nicht befriedigend ist. Wenn ich kurz zu dem Vorgang Stellung nehmen möchte, dann allerdings nicht mit der Tendenz, die immer in den Ausführungen zu finden ist, die die Vertreter der kommunistischen Fraktion hier machen.
({0})
Meine Damen und Herren! Es ist nicht zu verkennen, daß wir in Deutschland nun einmal unter einer Besatzung leben und daß jede Besatzungsmacht ihre eigenen Rechtsgrundsätze entwickelt und sie auch zur Anwendung bringt. Wir bedauern das außerordentlich. Wir sind allerdings zur Zeit nicht in der Lage, von uns aus daran etwas zu ändern. Auch die Bundesregierung wird von sich aus nicht in der Lage sein, auf diesem Gebiet irgendwie Wandel zu schaffen. Was wir bedauern, ist, daß die Alliierte Hohe Kommission das Gesetz Nr. 14 erlassen hat, ohne sich vorher mit der Bundesregierung bzw., solange die Bundesregierung noch nicht bestand, mit deutschen Stellen in Verbindung zu setzen. Wir können uns mit Form und Inhalt des Gesetzes Nr. 14 nicht einverstanden erklären.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf einige Beispiele hinweisen, die mit dem, was in Deutschland Rechtsgrundsatz ist, nicht ohne weiteres vereinbar sind. In Artikel 2 ist gesagt, daß, „wer sich bemüht, unbefugt Nachrichten zu erhalten.
deren Weitergabe voraussichtlich die Sicherheit oder die Interessen der Besatzungsbehörden oder Besatzungsstreitkräfte beeinträchtigen würde", mit Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren usw. bestraft wird. Es ist weiterhin in Artikel 3 Ziffer 11 gesagt, daß, „wer eine falsche oder absichtlich entstellte Nachricht über eine Handlung oder Absicht der Besatzungbehörden oder Besatzungsstreitkräfte oder einer in ihrem Auftrage handelnden Person in der Absicht mitteilt oder verbreitet, Mißtrauen oder Feindseligkeit gegen solche Behörden oder Streitkräfte hervorzurufen oder dazu anzureizen", mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf . Jahren usw. bestraft wird. Meine Damen und Herren, das sind keine Normen, nach denen irgendwie Recht gesprochen werden kann, weder von einem Gericht der Alliierten noch von einem deutschen Gericht.
Was aber besonders bedauerlich ist, ist, daß die Alliierte Hohe Kommission sich mit einem im Grundgesetz niedergelegten Faktum nicht hat abfinden können, sondern daß sie darüber hinweggegangen ist: nämlich daß in Artikel 102 des Grundgesetzes die Todesstrafe in Deutschland abgeschafft worden ist. Das sollte auch von der Alliierten Hohen Kommission berücksichtigt werden, wenn nach einem Gesetz, das von ihr erlassen wird, ein Tatbestand mit dem Tode bestraft werden soll. Wir hätten gewünscht, daß die Alliierte Hohe Kommission dem, was in Deutschland Verfassungsrecht ist, etwas mehr Achtung und Respekt entgegenbringt, als es hier der Fall gewesen ist.
({1})
Der Zeitpunkt einer voraussetzungslosen Gesetzgebung sollte auch nach dem Rechtsdenken der Besatzungsmächte, nachdem das Besatzungsstatut in Geltung gekommen ist, in einem etwas größerem Umfange nicht mehr gegeben sein, als es ohne das Besatzungsstatut leider der Fall war.
Der Antrag der KPD, sagte ich, ist für meine Freunde und mich in der Fassung, wie er vorliegt, nicht annehmbar. Ich schlage Ihnen zur Annahme einen Abänderungsantrag vor, in dem das Berücksichtigung findet, was unseres Erachtens noch geschehen muß. Der Abänderungsantrag, den ich Ihnen vorzulegen habe, lautet:
Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, zu erklären, ob sie bereit ist, mit dem Rat der Alliierten Hohen Kommission darüber zu verhandeln, das Gesetz Nr. 14 in Form und Inhalt dahin zu modifizieren, daß es den verfassungsmäßigen deutschen Rechtsgrundsätzen Rechnung trägt.
Ich glaube, daß die Aufforderung, die meine Fraktion in dieser Form an die Bundesregierung richtet, die Zustimmung des Hohen Hauses finden kann, und bitte Sie aus diesem Grunde um die Annahme unseres Abänderungsantrages.
({2})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe gegen die Form des Antrag es der kommunistischen Fraktion Bedenken anzumelden. Tatsächlich beinhaltet er 'eine große Anfrage, für die nach der Geschäftsordnung eine qualifizierte Unterstützung erforderlich ist. Wenn wir auf dem Wege fortschreiten, inhaltlich große Anfragen in der Form von Anträgen einzubringen,
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umgehen wir die aus gutem Grunde von der Geschäftsordnung festgelegte Regel. Ich halte mich für verpflichtet, auf dieses Umgehungsverfahren hinzuweisen, damit diese Praxis sich in der Zukunft nicht wiederholt.
Die von der kommunistischen Fraktion gegen die Antwort des Herrn Justizministers an den Herrn Präsidenten des Bundestags gemachten Ausführungen halte ich für sehr abwegig. Es wäre eine große Verkennung der wirklich eingehenden Bemühungen aller deutschen Politiker, aller deutschen Parteien und der deutschen Wissenschaft, in dieser Hinsicht eine Klärung des Rechtszustandes herbeizuführen, wenn man diese Bemühungen derart entwerten wollte. Im letzten Absatz der Antwort des Herrn Justizministers ist ein sehr entscheidender Satz, ein wirklich praktischer Satz enthalten. Es heißt dort: .
Insbesondere sind ungeachtet der Verbesserungen die strafrechtlichen Tatbestände zum Teil noch nicht mit der Genauigkeit festgelegt, die der Überlieferung der deutschen Gesetzgebung entspricht. Die Bundesregierung wird bemüht sein, in geeigneter Weise, insbesondere gegebenenfalls durch Herbeiführung eindeutiger Auslegungen, weitere Fortschritte herbeizuführen.
Es bedarf keiner Worte, daß es eine sehr schwer zu tragende Hypothek für ein Land ist, auf seinem Boden und über seine Staatsangehörigen eine fremde Gerichtsbarkeit dulden zu müssen. In der von der Besatzungsmacht angedeuteten Linie, binnen 12 Monaten, spätestens binnen 18 Monaten, das Besatzungsstatut zu revidieren und mehr Verantwortlichkeiten auf die deutschen Schultern zurückzugeben, ist der Weg angedeutet, auf dem auch diese Hypothek weiter abgetragen werden kann.
Von meinem Herrn Vorredner ist sehr richtig formuliert worden, daß der Zeitpunkt einer voraussetzungslosen Gesetzgebung für die Besatzungsmacht vorüber sein sollte. Ich kann den von der sozialdemokratischen Fraktion gestellten Antrag in seinem Inhalt nur begrüßen, indem gesagt ist, daß die verfassungsmäßigen Rechtsgrundsätze auch von der Besatzungsmacht bei ihrer Gesetzgebung beachtet werden sollten, die Rechtsgrundsätze des Grundgesetzes, das ja auf der Genehmigung der Besatzungsmächte beruht. Ich darf aber zugleich auch darauf hinweisen, daß man nur dann praktisch .zu Erfolgen und zu einem Ziel kommt, das zur Befriedung beiträgt, wenn man in diesen Dingen geduldig, praktisch und am konkreten Fall orientiert vorgeht, so wie es der Herr Justizminister in seinem Schreiben getan hat, wo er von einer Konkretisierung der Tatbestände spricht. Man wird dabei nicht umgehen können, daß die Besatzungsmacht in geeigneten Verhandlungen darauf hingewiesen wird, inwieweit und in welchen Formen sie sich durch ihre eigene Genehmigung an die Grundsätze unseres Verfassungsrechts gebunden hat und bei ihrer Gesetzgebung auf diese Grundsätze Rücksicht nehmen sollte.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
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Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister.
Meine Damen und Herren! Durch das Gesetz Nr. 14 des
Hohen Alliierten Rates sichern die Besatzungsmächte sich, das heißt ihre Angehörigen, und ihre Interessen. Dieses Recht kann man ihnen nicht verweigern; das folgt aus der Tatsache der Besatzung. Das Gesetz Nr. 14 enthält gegenüber der vorausgehenden Regelung Fortschritte, die wir feststellen müssen. Die Tatbestände sind zahlenmäßig verringert, sie sind etwas straffer gefaßt. Die Strafrahmen sind milder geworden und sind auch im einzelnen abgestuft. Sie entsprechen nicht unseren Rechtsvorstellungen, auch nicht unserer Rechtssprache. Die Kritik, die insoweit, auch von den Antragstellern, geübt worden ist, ist zutreffend. Es ist eine bittere politische Tatsache, aus der rechtliche Folgerungen entstehen. Es ist nicht sehr sinnvoll, dagegen anzurennen. Ich bin aber durchaus bereit, wie ich schon in meiner schriftlichen Erklärung dargelegt habe, eine Auslegung dieses Gesetzes zum Zwecke der Präzisierung durch Verhandlungen mit den zuständigen Stellen der Hohen Alliierten anzustreben. Ich nehme aber auch gern den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Greve auf, in Verhandlungen mit den Hohen Alliierten mit dem Ziel einzutreten, zu erreichen, daß diese Strafbestimmungen mit den Bestimmungen unseres Grundgesetzes, mit unserer verfassungsmäßigen Lage in Einklang gebracht werden.
Der Herr Abgeordnete Leibbrand hat das Schlußwort.
Leibbrand ({0}), Antragsteller: Der Herr Abgeordnete Dr. von Merkatz meinte, daß in der Schlußbemerkung der Stellungnahme des Herrn Justizministers bereits gesagt werde, daß die Bundesregierung, bemüht sein werde, in geeigneter Weise weitere Fortschritte herbeizuführen. Ja, so begrüßenswert das ist, so ist doch in der Stellungnahme, wie sie in dem ganzen übrigen Teil der Antwort des Herrn Bundesjustizministers zum Ausdruck kommt, kein Fortschritt zu sehen. Ich bestreite nicht, daß gegenüber den Gesetzen von 1945 Fortschritte erzielt worden sind. Aber man muß doch das, was in der Zeit von 1945 bis 1950 in Deutschland geschehen ist, zu den Versprechungen, die uns gemacht worden sind, in Verhältnis stellen. Daran gemessen sind diese Fortschritte äußerst ungenügend und nicht zufriedenstellend.
Darum scheint es uns doch notwendig zu sein, stärker zu betonen, daß ein Vorstelligwerden der Bundesregierung erforderlich ist, um mehr zu erreichen, als tatsächlich bisher erreicht wurde. Meine Fraktion ist bereit, ihren Antrag zugunsten des Antrags zurückzuziehen, der von dem Herrn Abgeordneten Dr. Greve vorgetragen worden ist und der das, was wir erreichen wollen, im wesentlichen ebenfalls formuliert.
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Ich glaube, daß dem Antrag, den Herr Abgeordneter Dr. Greve begründet hat, durch die Erklärung des Herrn Justizministers Genüge getan worden ist. Der Herr Justizminister hat erklärt, daß er bereit sei, mit der Hohen Kommission in dem beantragten Sinne zu verhandeln. Wird unter diesen Umständen der Antrag nicht zurückgezogen?
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- Sie ziehen ihn nicht zurück?
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- Dann lasse ich abstimmen.
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Ich lese den Antrag Dr. Greve noch einmal vor. Er lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, zu erklären, ob sie bereit ist, mit dem Rat der Alliierten Hohen Kommission darüber zu verhandeln, das Gesetz Nr. 14 in Form und Inhalt dahin zu modifizieren, daß es den verfassungsmäßigen deutschen Rechtsgrundsätzen Rechnung trägt.
Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe. - Einstimmig angenommen.
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Ich rufe auf als Punkt 9 der Tagesordnung, den
Interfraktionellen Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse ({5}).
Es ist der übliche Sammelantrag, der die Anträge
betrifft, die keiner besonderen Aussprache bedürfen. Wer für den Überweisungsantrag Drucksache Nr. 454 an die vorgeschlagenen Ausschüsse ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe. - Einstimmig angenommen.
Ich habe dann noch einiges bekanntzugeben und bitte noch einen kurzen Augenblick um Gehör.
Die Fraktion der SPD hat eine Stunde nach der Plenarsitzung eine Fraktionssitzung. Außerdem läßt der Vorsitzende des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen bitten bekanntzugeben, daß die nächste Sitzung des Ausschusses am Donnerstag, dem 26. Januar, 18 Uhr, im Zimmer 10, Südflügel, stattfindet mit der Tagesordnung: Abschließende Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung von Leistungen an Kriegsopfer. Die FDP hat ebenfalls Fraktionssitzung um 18 Uhr.
Ich berufe die 31. Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Donnerstag, den 26. Januar, nachmittags 14 Uhr 30 und schließe die 30. Sitzung des Deutschen -Bundestages.