Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 282. Sitzung des Deutschen Bundestages. Diese Sitzung findet nicht am gewohnten Ort statt. Sie wissen, aus welchem Grunde. Aber ich darf vielleicht zu Beginn der Sitzung dem Nordwestdeutschen Rundfunk, insbesondere dem Herrn Generaldirektor Dr. Grimme unseren herzlichen Dank dafür aussprechen, daß er in so liebenswürdiger Weise uns diesen Saal und alle Einrichtungen dieses Hauses für die letzte Sitzung des Bundestages zur Verfügung gestellt hat.
({0})
Ich bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es fehlen entschuldigt die Abgeordneten Dr. Koch, Freudenberg, Dr. Laforet, Schmitt ({0}), Dr. Handschumacher, Odenthal, Schröter ({1}), Margulies, Jahn, Pannenbecker, Jaeger ({2}), Dr. Kopf, Kalbfell, Lemmer, Dr. Henle, Dr. Bartram ({3}), Loritz,
Imig, Dr. Keller, Dr. Weiß, Dr. Bertram ({4}), Frau Strohbach, Reimann und Fisch.
Ich danke schön.
Meine Damen und Herren, auch in der letzten Sitzung des Deutschen Bundestages haben wir die Aufgabe, eines verstorbenen Kollegen zu gedenken.
({0})
Am späten Abend des 15. Juli ist der Herr Bundestagsabgeordnete Professor Erik Nölting während einer Wahlversammlung von einem Schlaganfall getroffen und kurz danach gestorben. Herr Kollege Nölting ist am 20. November 1892 in Plettenberg im Hochsauerland geboren. Er hat in Bielefeld die Schule besucht und hat an den Universitäten Halle, München, Berlin und Frankfurt am Main studiert. Er war Teilnehmer des ersten Weltkrieges, hat dann an der Universität Frankfurt am Main zum Doktor der Staatswissenschaften promoviert und wurde 1920 an die Landeshochschule für Staats-und Wirtschaftswissenschaften in Detmold und 1923 an die Akademie der Arbeit in Frankfurt am Main berufen. Seit 1928 gehörte er dem Preußischen Landtag an. Er, der 1933 aus allen Ämtern entlassen worden ist, hat sich sofort nach dem Zusammenbruch als Generalreferent für Wirtschaft am Oberpräsidium in Münster in Westfalen in den Dienst des Wiederaufbaues gestellt, ist 1946 Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen geworden und hat von 1947 bis 1950 das Amt des Wirtschaftsministers in Nordrhein-Westfalen unter den besonders schwierigen Umständen der damaligen Zeit bekleidet. In den Deutschen Bundestag ist er als Abgeordneter des Wahlkreises Iserlohn Stadt und Land gewählt worden. Er war Delegierter in der Beratenden Versammlung des Europarats und hat den Ausschüssen für Wirtschaftspolitik, für ERP-Fragen und dem Ausschuß gemäß Art. 15 des Grundgesetzes angehört.
Meine Damen und Herren, ich glaube in Ihrer aller Namen zu sprechen, wenn ich seiner Fraktion und seinen Angehörigen das herzliche Beileid des Deutschen Bundestages zu diesem schweren Verlust ausspreche. Wir werden der wertvollen Arbeit, die Herr Kollege Nölting in seinem politischen Leben, in seiner Lehrtätigkeit und in seiner vielfachen Arbeit im Deutschen Bundestag geleistet hat, in Dankbarkeit gedenken. Sie haben sich zu seinen Ehren von den Plätzen erhoben; ich danke Ihnen.
Ich habe Glückwünsche auszusprechen, meine Damen und Herren - infolge der längeren Sitzungspause in größerer Zahl -, Herrn Abgeordneten Dr. Handschumacher, der heute wegen Erkrankung fehlen muß, zum 66. Geburtstag am
5. Juli,
({1})
Herrn Abgeordneten Rath zum 61. Geburtstag am
6. Juli,
({2})
Herrn Abgeordneten Schill zum 65. am 7. Juli,
({3})
Herrn Abgeordneten Imig zum 60. am 23. Juli,
({4})
Herrn Abgeordneten Clausen zum 68. am 24. Juli.
({5})
({6})
Drei Abgeordnete haben sich den letzten Sitzungstag des Deutschen Bundestags für ihren Geburtstag ausgesucht. Ich darf zunächst, obwohl er der jüngste von diesen dreien ist, den Herrn Kollegen Görlinger als Bürgermeister der Stadt Köln, in der wir heute zu Gast sind, nennen und ihm herzliche Glückwünsche übermitteln.
({7})
Im Wettstreit, heute 69 Jahre alt geworden zu sein, stehen Herr Abgeordneter Dr. Dr. Müller
({8})
und Herr Abgeordneter Bundesminister Neumayer.
({9})
Ich habe all diesen Herren namens des Bundestages - in diesem Fall wirklich nur Herren -, herzlichste Glückwünsche ausgesprochen.
Ich habe folgendes bekanntzugeben: Herr Abgeordneter Dr. Leuchtgens hat mir mitgeteilt, daß er mit Wirkung vom 27. Juli aus der Fraktion der Deutschen Partei und aus der Deutschen Partei ausgeschieden ist.
({10})
An Stelle des Herrn Abgeordneten Nölting ist Herr Abgeordneter Heinen in den Deutschen Bundestag eingetreten. Ich heiße ihn herzlich willkommen. Eine ersprießliche Arbeit im Parlament ist ja nicht mehr möglich.
({11})
Aber wir freuen uns über Ihren Eintritt in den Bundestag, Herr Abgeordneter Heinen.
Ich habe weiter noch eine Kleinigkeit zu erledigen. In der 280. Sitzung des Bundestages ist ein Gesetz zur Änderung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenfürsorge verabschiedet worden, wobei in § 7 unterlassen worden ist, der Berlin-Klausel mit Rücksicht auf eine Bestimmung in § 3 des Gesetzes den an sich selbstverständlichen Satz einzufügen:
Rechtsverordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigung erlassen werden, gelten im Lande Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat schlage ich Ihnen vor, daß diese redaktionelle Änderung, die keine sachliche Veränderung bedeutet, kurzerhand durch die Bekanntgabe und die Billigung der amtlichen Mitteilungen erfolgt. - Ich stelle fest, daß das Haus damit einverstanden ist.
({12})
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seinen Sitzungen am 3. und 17. Juli den nachfolgenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag nach Art. 77 Abs. 2 nicht gestellt:
Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen;
Gesetz über die verstärkte Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung;
Gesetz zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin({13});
Jugendgerichtsgesetz;
Gesetz über die Erstattung von Gebühren für im Armenrecht beigeordnete Vertreter in Patent- und Gebrauchsmustersachen;
Fünftes Gesetz zur Änderung und Oberleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes;
Gesetz betreffend das Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge;
Gesetz über die Neufassung der Überschrift und die Verlängerung der Antragsfrist im Gesetz zur Änderung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes;
Gesetz über die Verlängerung der Antragsfrist im Gesetz zur Änderung des Knappschaftsversicherungs-Anpassungsgesetzes;
Bundesfernstraßengesetz;
Gesetz über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1953/54 sowie über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft - Getreidepreisgesetz 1953/54;
Drittes Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes und des Feststellungsgesetzes;
Wahlgesetz zum zweiten Bundestag und zur Bundesversammlung;
Gesetz über die Verteilung des Reingewinns der Bank deutscher Länder im Geschäftsjahr 1952 und in den folgenden Geschäftsjahren;
Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Bank deutscher Länder;
Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes;
Gesetz über das Abkommen vom 1. April 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über gewisse Angelegenheiten, die sich aus der Bereinigung deutscher Dollarbonds ergeben;
Gesetz über die Förderung des Wohnungsbaus für Umsiedler in den Aufnahmeländern und des Wohnungsbaus für Sowjetzonenflüchtlinge in Berlin;
Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland;
Gesetz über besoldungsrechtliche Rahmenvorschriften für Richter und Staatsanwälte;
Gesetz über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über den Betrieb gewisser Rundfunkanlagen innerhalb der Bundesrepublik vom 11. Juni 1952;
Gesetz über Versammlungen und Aufzüge -Versammlungsgesetz;
Drittes Strafrechtsänderungsgesetz;
Gesetz über die Änderung und Ergänzung fürsorgerechtlicher Bestimmungen;
Gesetz betreffend das Abkommen vom 27. Februar 1953 über deutsche Auslandsschulden;
Gesetz betreffend das Abkommen vom 27. Februar 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verschuldung Deutschlands aus Entscheidungen der deutschamerikanischen Gemischten Kommission;
({14})
Gesetz betreffend das Abkommen vom 27. Februar 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Regelung der Ansprüche der Vereinigten Staaten von Amerika aus der Deutschland geleisteten Nachkriegs-Wirtschaftshilfe ({15});
Gesetz betreffend das Abkommen vom 27. Februar 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Regelung der Verbindlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika aus der Lieferung von Überschußgütern an Deutschland;
Gesetz betreffend das Abkommen vom 27. Februar 1953 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und Ihrer Majestät Regierung im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland über die Regelung der Ansprüche des Vereinigten Königreichs aus der Deutschland geleisteten Nachkriegs-Wirtschaftshilfe;
Gesetz betreffend das Abkommen vom 27. Februar 1953 zwischen der Regierung der Bundesrepulik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die Regelung der Ansprüche der Französischen Regierung aus der Deutschland geleisteten Nachkriegs-Wirtschaftshilfe;
Gesetz betreffend das Abkommen vom 27. Februar 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über die Erstattung der Aufwendungen in Verbindung mit dem Aufenthalt deutscher Flüchtlinge in Dänemark von 1945 bis 1949;
Gesetz über die innerdeutsche Regelung von Vorkriegsremboursverbindlichkeiten;
Gesetz zur Ausführung des Abkommens über deutsche Auslandsschulden vom 27. Februar 1953;
Gesetz über die Verwaltung des ERP-Sondervermögens;
Gesetz über den Zollvertrag vom 20. März 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien;
Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 ({16});
Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes;
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr;
Kaffeesteuergesetz;
Teesteuergesetz;
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol;
Gesetz betreffend das Abkommen zwischen den Rheinuferstaaten und Belgien vom 16. Mai 1952 über die zoll- und abgabenrechtliche Behandlung des Gasöls, das als Schiffsbedarf in der Rheinschiffahrt verwendet wird;
Gesetz über die Verlängerung der im § 3 des Gesetzes über die drei Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die
deutschen Vermögenswerte in der Schweiz, über die Regelung der Forderungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen das ehemalige Deutsche Reich und zum deutschen Lastenausgleich vom 7. März 1953 ({17}) enthaltenen Fristen;
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über eine Bundesbürgschaft für Kredite zur Finanzierung der Lebensmittelbevorratung;
Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen;
Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes;
Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke ({18});
Gesetz über den Tag der deutschen Einheit; Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des
Bundes ({19});
Gesetz über die Errichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte;
Gesetz betreffend das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation vom 28. Juni 1951 ({20}) über die Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen in der Landwirtschaft;
Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Heimkehrergesetzes;
Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes;
Gesetz zur Änderung der Titel I bis IV, VII und X der Gewerbeordnung;
Gesetz zur Änderung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge;
Gesetz über den Vertrieb von Blindenwaren;
Gesetz über das Handelsabkommen vom 7. Oktober 1951 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Irak;
Gesetz über die Aufhebung der Allgemeinen Anordnung Nr. 3 zum Gesetz Nr. 52 der amerikanischen Militärregierung betreffend die Bank der Deutschen Arbeit A.G.;
Gesetz über die Ergänzung von Vorschriften des Umstellungsrechts und über die Ausstattung der Berliner Altbanken mit Ausgleichsforderungen ({21});
Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 13. April 1953 zur Revision und Erneuerung des Internationalen Weizenabkommens;
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die landwirtschaftliche Rentenbank;
Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuches ({22});
Gesetz zur Änderung der Verordnung zum Schutze der Wirtschaft;
Gesetz über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener;
Gesetz zur Ergänzung des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes;
({23})
Der Bundesrat hat in seinen Sitzungen am 3. und 17. Juli zu nachstehenden Gesetzen den Vermittlungsausschuß angerufen:
Arbeitsgerichtsgesetz;
Gesetz über Fremdrenten der Sozialversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Lande Berlin, über Leistungen der Sozialversicherung an Berechtigte im Ausland sowie über freiwillige Sozialversicherung ({24});
Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes;
Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung;
Gesetz über Straffreiheit;
Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes
über die Landeszentralbanken; Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung;
Sozialgerichtsgesetz.
Der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Landeszentralbanken ist vom Vermittlungsausschuß in der vom Deutschen Bundestag in seiner 277. Sitzung verabschiedeten Fassung bestätigt worden; der Bundesrat hat darauf in seiner Sitzung am 17. Juli 1953 dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt und erklärt, daß sein Beschluß als Einlegung des Einspruchs gelten solle, falls sich ergeben sollte, daß das Gesetz entgegen der Ansicht des Bundesrates nicht seiner Zustimmung bedarf.
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem 30. Juni 1953 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1953 übersandt. Der Plan liegt im Archiv zur Kenntnisnahme aus.
Der Herr Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat unter dem 27. Juli 1953 die Kleine Anfrage Nr. 346 der Fraktion der SPD betreffend Zuwendungen aus Bundesmitteln ({25}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4669 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für den Marshallplan hat unter dem 28. Juli 1953 die Kleine Anfrage Nr. 345 der Abgeordneten Rademacher, Dr. Schäfer und Fraktion der FDP betreffend Zinsen für ERP-Darlehen in der Schiffahrt ({26}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4668 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 27. Juli 1953 die Kleine Anfrage Nr. 349 der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, FU ({27}) betreffend Erhaltung der Schafzucht in der Bundesrepublik ({28}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4670 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 23. Juli 1953 mitgeteilt, daß das am 12. Juni 1953 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Regelung von Fragen des Hebammenwesens nach Auffassung der Amerikanischen Hohen Kommission das Besatzungsrecht der amerikanischen Zone hinsichtlich der Zulassung zur Ausübung des Hebammenberufs ändere und daher ein Verfahren gemäß Direktive Nr. 5 der Alliierten Hohen Kommission notwendig werde. Die Verkündung des Gesetzes müsse bis zur Einverständniserklärung der Alliierten Hohen Kommission hinausgeschoben werden.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 16. Juni 1953 gemäß § 2 des Gesetzes über die Errichtung einer Schuldenverwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes vom 13. Juli 1948 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 der Reichsschuldenordnung die Anleihedenkschrift für das Rechnungsjahr 1952 übersandt, die als Drucksache Nr. 4671 vervielfältigt wird.
Zur heutigen Tagesordnung wünscht das Wort Herr Abgeordneter Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion beantrage ich die Absetzung des Punktes 3 von der Tagesordnung. Wir haben einen ähnlichen Antrag bereits vor Beginn der 280. Sitzung gestellt. Diese Sitzung hat lebhafte Meinungsverschiedenheiten über den Punkt, der damit zur Beratung aufgerufen ist, gezeigt. Zum erstenmal erwies sich, daß in diesem Hohen Hause grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten über Fragen der Wohnungsbaupolitik - anscheinend unüberbrückbar - aufgetreten sind. Wir sind der Auffassung, daß die Beratung der umstrittenen Novelle leider nicht mit der nötigen Sorgfalt in diesem Hause hat vorgenommen werden können. Wir glauben, daß es zweckmäßig wäre, zu erwägen, ob diese Novelle nicht zu einem späteren Zeitpunkt den neuen Bundestag beschäftigen sollte mit der Aussicht, die aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten vorher auszugleichen. Wir bitten Sie auch mit Rücksicht darauf, daß es ausgeschlossen erscheint, die umstrittene Novelle noch für das laufende Baujahr zum Tragen zu bringen, unserem Antrag auf Absetzung von der Tagesordnung zuzustimmen.
({0})
Meine Damen und Herren! Sie haben den Antrag auf Absetzung des Punktes 3, Schlußabstimmung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Wohnungsbaugesetzes, gehört Wird das Wort dazu gewünscht? - Herr Abgeordneter Renner wünscht das Wort. Zu diesem Punkt?
({0})
- Augenblicklich hat Herr Abgeordneter Renner das Wort, Frau Kalinke.
({1})
Wir schließen uns dem von der SPD gestellten Antrag auf Absetzung des Punktes 3 der heutigen Tagesordnung an und bitten den Bundestag, auf die heutige Tagesordnung noch folgen- den Antrag zu setzen:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Bundestag verpflichtet die Bundesregierung, sofort alle von der Bundesregierung, den Länderregierungen, den Leitern der Gemeinden, den Organen der Polizei und der Staatsanwaltschaft und den Gerichten der Bundesrepublik gegen Gesetz und Verfassung ergangenen Anweisungen und Handlungen aufzuheben bzw. einzustellen, die die Wahlarbeit der Kommunistischen Partei Deutschlands, einer legalen demokratischen Partei,
({0})
stören oder sie verhindern sollen.
Der Bundestag ist der Auffassung und fordert, daß die Bundesregierung dieser Auffas({1})
sung überall Geltung verschafft, daß die Kommunistische Partei Deutschlands sowie alle übrigen demokratischen legalen Parteien und Gruppen Deutschlands das uneingeschränkte Recht auf eine unbehinderte Wahlarbeit erhalten.
({2})
Insbesondere erwartet der Bundstag, daß die Bundesregierung dafür sorgt, daß den Organen der Polizei verboten wird, die Wahlarbeit der Kommunistischen Partei Deutschlands durch willkürliche Auflagen für die Durchführung der Wahlkundgebungen und durch die z. B. in Bayreuth geforderte Vorzensur des Wahlmaterials zu behindern.
Die Bundesregierung wird verpflichtet, zu verhindern,
daß die Polizeiorgane, zum Teil mit offensichtlicher Duldung, zulassen, daß die Kundgebungen der Kommunistischen Partei Deutschlands durch terroristische Banden gestört und dabei Sprecher der Partei tätlich angegriffen werden,
daß Polizeiorgane die Durchführung von Wahlkundgebungen der Kommunistischen Partei Deutschlands verbieten und sich dabei der Begründung bedienen, es bestehe die Gefahr der Störung der öffentlichen Ordnung,
daß die Gemeinden auf Anordnung von Länderregierungen die Freigabe öffentlicher Plätze und geschlossener Räume für Wahlkundgebungen der Kommunistischen Partei Deutschlands versagen,
daß offizielle Wahlkandidaten der Partei, wie das in Pirmasens geschehen ist, Redeverbot erhalten,
daß willkürlich legales Wahlmaterial der Partei von Organen der Polizei und der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wird,
daß die Druckmaschinen, auf denen Tageszeitungen der Kommunistischen Partei Deutschlands gedruckt werden, mit Beschlag belegt werden,
daß offizielle Wahlkandidaten der Kommunistischen Partei Deutschlands widerrechtlich in Haft gehalten werden.
Der Bundestag mißbilligt, daß der Rechenschaftsbericht der Bundestagsfraktion der Kommunistischen Partei Deutschlands beschlagnahmt wurde.
Der Bundestag weist darauf hin, daß diese einseitig gegen die Kommunistische Partei Deutschlands und alle entschlossen gegen die Adenauer-Politik kämpfenden Parteien und Gruppen angewendeten rechts- und verfassungswidrigen Maßnahmen mit dem Prinzip freier Wahlen unvereinbar sind.
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Frage zu stellen, ob unserem Antrag stattgegeben wird.
Nach § 26 Abs. 3 der Geschäftsordnung muß ich die Frage stellen, ob dem Antrag, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen, widersprochen wird.
({0})
- Damit kann dieser Punkt nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Zur Geschäftsordnung hat ,das Wort der Abgeordnete Lücke.
Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Antrag des Kollegen Jacobi abzulehnen.
Weitere Wortmeldungen zur Tagesordnung? - Wenn ich recht sehe, Herr Abgeordneter Goetzendorff!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Gruppe der WAV schließt sich dem Vertagungsantrag der SPD an. Sie ist der Meinung, daß das Wohnungsbaugesetz so wichtig ist, daß es unter unserer Würde sein müßte, dieses Gesetz hier am letzten Tag durchzupeitschen.
({0})
Meine Damen und Herren, darf ich Ihnen vorschlagen, die Beratung dieser letzten Sitzung, soweit es möglich ist, ruhig vonstatten gehen zu lassen.
Sie haben den Antrag auf Absetzung von der Tagesordnung gehört. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag auf Absetzung ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich rufe den Punkt 1 a auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich der von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherungen für das Rechnungsjahr 1952 zu tragenden Mehraufwendungen für Rentenzulagen ({1}).
Berichterstatter des Vermittlungsausschusses ist
Herr Abgeordneter Arndgen. Ich bitte ihn, das
Wort zu nehmen.
Arndgen ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner 110. Sitzung am 19. Juni 1953 in Sachen des Gesetzes zum Ausgleich der von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherungen für das Rechnungsjahr 1952 zu tragenden Mehraufwendungen für Rentenzulagen den Vermittlungsausschuß in zwei Punkten angerufen. Im ersten Punkt wünscht der Bundesrat, daß in § 2 Abs. 1 Zeile 10 die Worte „jedoch nicht mit mehr als 5 v. H." gestrichen werden. Im zweiten Punkt wünscht der Bundesrat, daß für § 2 Abs. 2 eine neue Fassung formuliert werde. Diese Fassung soll lauten:
Stellt die Aufsichtsbehörde fest, daß die Kassenlage des Rentenversicherungsträgers den Rückgriff auf die Schuldbuchforderung notwendig macht, um die gesetzlichen Pflichtleistungen zu decken, so kann auf Grund dieser Forderung der von der Aufsichtsbehörde des Rentenversicherungsträgers als notwendig bezeichnete Geldbetrag mit einer Frist von drei Monaten zurückgefordert werden.
Der Vermittlungsausschuß hat sich mit diesen Wünschen des Bundesrates eingehend beschäftigt und hat das gesamte Gesetz umgeformt, weil in der Zwischenzeit die Selbstverwaltung in der Rentenversicherung Tatsache geworden ist und der Vermittlungsausschuß mit dem Bundesrat der Meinung war, daß, nachdem wir in der Sozialversicherung
({3})
I wieder eine Selbstverwaltung haben, diese Selbstverwaltung bei den der Rentenversicherung an Stelle von Barleistungen zur Verfügung zu stellenden Schuldbuchverschreibungen mit eingeschaltet werden soll. Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen daher ein neues Gesetz vor, das Sie in der Drucksache Nr. 4636 finden.
In diesem Gesetz ist zunächst in § 2 vorgesehen, daß die Schuldbuchforderungen, die anstatt der Barleistungen an die Rentenversicherung abgeführt werden, veräußerlich sind und daß über die Tilgung und die Verzinsung dieser Schuldbuchforderungen Vereinbarungen mit den Organen der Rentenversicherungsträger zu treffen sind. § 3 bestimmt, daß, wenn bei diesen Verhandlungen zur Herbeiführung einer Vereinbarung keine Einigung erzielt wird, ein Einigungsausschuß in Funktion treten soll, der aus folgenden Personen bestehen soll: aus einem Vertreter der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter; soweit es sich um die Invalidenversicherung und soweit es sich um die Angestelltenversicherung handelt, aus einem Vertreter dieser Versicherung; weiter aus einem Vertreter des Bundesministers für Arbeit, einem Vertreter des Bundesministers der Finanzen und aus einem Vorsitzenden, der sachkundig sein muß und die Verhandlungen unparteiisch zu leiten hat.
Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in kurzen Zügen der Inhalt des Gesetzentwurfs, den Ihnen der Vermittlungsausschuß vorlegt. Ich bitte im Auftrage des Vermittlungsausschuses, den Antrag auf Drucksache Nr. 4636 anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort zu einer Erklärung wird offenbar nicht gewünscht.
({0})
- Herr Abgeordneter Renner zu einer Erklärung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der kommunistischen Bundestagsfraktion
({0})
habe ich zu diesem Bericht folgendes zu erklären. Wir lehnen die in den Mündlichen Berichten des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({1}) enthaltenen Gesetzentwürfe zum Ausgleich der von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherungen für die Rechnungsjahre 1952 und 1953 zu tragenden Mehraufwendungen für Rentenzulagen ab. Diese Gesetzentwürfe sanktionieren den durch Beschluß der Koalitionsparteien geschaffenen Tatbestand, daß der Bundesminister der Finanzen von der ursprünglich im Gesetz verankerten Verpflichtung befreit wird, den Trägern der gesetzlichen Sozialversicherungen die ihnen durch die Durchführung des Rentenzulagengesetzes vom 10. August 1951 entstehenden Mehrausgaben in der Form von Barzuwendungen zu ersetzen. Der Bundesminister der Finanzen wird ermächtigt, den Ersatzanspruch der gesetzlichen Versicherungsträger gegenüber dem Bund in Höhe von 159 Millionen DM für das Rechnungsjahr 1952 und in Höhe von 555 Millionen DM für das Rechnungsjahr 1953 statt in Barzuwendungen durch die Zuteilung von Schuldbuchforderungen des Bundes zu ersetzen.
Wir haben anläßlich der zweiten und dritten Beratung diese Gesetze in der 267. Sitzung des
Bundestags am 2. Juni 1953 aufs schärfste gegen diese Gesetze protestiert und ihre unheilvollen Auswirkungen aufgezeigt. Wir wiederholen heute diesen unseren so berechtigten Protest. Es handelt sich bei dieser Maßnahme um eine Zwangsanleihe der Bundesregierung bei den Versicherungsträgern, um die Inanspruchnahme von Mitteln der Rentenversicherung zur Entlastung des Bundeshaushalts und zur Finanzierung der Wiederaufrüstung. Wir weisen erneut auf die Tatsache hin, daß sich bereits Hitler im Jahre 1938 derselben Methode der Zwangsanleihe bedient und das Vermögen der Sozialversicherungsträger zur Finanzierung seiner Kriegsvorbereitung mit Beschlag belegt hat.
Unser Protest gegen diese Zwangsanleihe bei den Versicherungsträgern wird geteilt vom Deutschen Gewerkschaftsbund, von der Deutschen Angestelltengewerkschaft und vom Verband der Rentenversicherungsträger selber.
Mit voller Berechtigung ist am 2. Juni 1953 im Bundestag von den Gegnern dieser Gesetze darauf hingewiesen worden, daß die derzeitige Kassenlage der Versicherungsträger außerordentlich unsicher ist, daß selbst kleine Konjunkturschwankungen im Wirtschaftsleben dazu führen können, die Finanzkraft der Rentenversicherung schwer zu erschüttern, daß nach der Durchführung dieser Gesetze nur noch wenige Rentenversicherungsträger in der Lage sein werden, die Kann-Leistungen, die Heilverfahren und die Maßnahmen der vorbeugenden Gesundheitsfürsorge durchzuführen, und daß sie außerstande sein werden, die Wiederherstellung und den Ausbau der dringend erforderlichen Heilanstalten zu finanzieren. Dieser unverantwortliche Eingriff in die Liquidität der Versicherungsträger, dieser Zugriff auf ihr Vermögen, das die Versicherten in Jahrzehnten durch ihre Beitragsleistung aufgebaut haben, macht die so zwingend notwendige Erhöhung der Regelleistungen unmöglich.
Wir stehen auf dem Standpunkt, daß das Vermögen der Sozialversicherungsträger zu einer allgemeinen Erhöhung ihrer Leistung und nicht zur Deckung des Haushaltsdefizits des Bundes verwendet werden muß.
Abschließend sei noch festgestellt, daß der Vorschlag des Vermittlungsausschusses insofern noch eine Verschlechterung des ursprünglichen Beschlusses des Bundestags bedeutet, als nach ihm die Schuldbuchforderungen mit höchstens 2 v. H. jährlich zuzüglich der durch die Tilgung ersparten Zinsen zu tilgen sind. Der im Entwurf des Vermittlungsausschusses vorgesehene Einigungsausschuß, der, wie wir heute von dem Herrn Berichterstatter gehört haben, unterstreichen soll, daß inzwischen die Versicherungsträger die Eigenschaft als Selbsverwaltungskörperschaften zurückbekommen haben, ist ungeeignet, die Belange der Versicherungsträger und damit der Versicherten gegenüber dem Bund zu wahren. Den zwei Vertretern der gesetzlichen Rentenversicherungen stehen die zwei Vertreter der Bundesregierung gegenüber. Kommt es zu keiner Einigung über die Person des Vorsitzenden dieses Einigungsausschusses, der sachkundig und unparteiisch sein soll, so bestimmt der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts auf Antrag des Bundesministers der Finanzen diesen Vorsitzenden. Damit ist die Garantie dafür gegeben, daß die Bundesregierung in diesem sogenannten Einigungsausschuß die Entscheidung in der Hand hat, daß die Beschlüsse dieses Ausschusses auf jeden Fall den Interessen des Bundesfinanzministers gerecht werden.
({2})
Das sind die hauptsächlichen Gründe, die uns zur schärfsten Ablehnung dieses Gesetzentwurfs des Vermittlungsausschusses veranlassen. Wir sind dessen gewiß, daß unser Protest von der überwältigenden Mehrheit der versicherten Arbeiter und Angestellten gebilligt wird, weil er ihren wahren Interessen gerecht wird.
({3})
Weitere Erklärungen abzugeben, wird nicht gewünscht.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 4636. Der Vermittlungsausschuß hat beschlossen, daß über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem durch die Änderungen zustande gekommenen Text des Gesetzes zum Ausgleich der von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherungen für das Rechnungsjahr 1952 zu tragenden Mehraufwendungen für Rentenzulagen, und zwar den §§ 1 bis 5 in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Antrag des Vermittlungsausschusses ist angenommen.
Ich rufe Punkt 1 b auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz für das Rechnungsjahr 1953 ({1}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Arndgen.
Arndgen ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner 111. Sitzung am 26. Juni 1953 beschlossen, in Sachen des Gesetzes über die Dekkung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz für das Rechnungsjahr 1953 den Vermittlungsausschuß anzurufen und zu fordern, daß a) die Rechte der Selbstverwaltung gewährleistet bleiben, b) die Erstattung der Aufwendungen in der Form von Schuldbuchforderungen nur als vorübergehende Maßnahme in Betracht kommt und bei etwaiger künftiger Inanspruchnahme der Sozialversicherung der Weg der Vereinbarung mit den Versicherungsträgern beschritten wird, c) der Wohnungsbau keinerlei Beeinträchtigung erfährt.
Auch mit den Wünschen des Bundesrats zu diesem Gesetz hat sich der Vermittlungsausschuß eingehend beschäftigt, und er schlägt Ihnen zur Erledigung dieser Angelegenheit ein neues Gesetz vor. Dieses neue Gesetz ist in den Grundzügen genau so aufgebaut wie das Gesetz über die Dekkung für das Jahr 1952, so daß ich es mir ersparen kann, auf den Inhalt dieses Gesetzes näher einzugehen.
Nur gestatte ich mir, darauf aufmerksam zu machen, daß in der Drucksache Nr. 4637 ein Schreibfehler insofern entstanden ist, als in § 2 Abs. 1 Satz 2 das Wort „nur" anstatt nach den Worten „vom Ersterwerber" vor den Worten „vom Ersterwerber" gesetzt worden ist. Ich bitte, das zu berichtigen und zur Kenntnis zu nehmen, daß nach dieser Berichtigung der § 2 Abs. 1 Satz 2 in der Drucksache Nr. 4637 wie folgt lauten muß:
Diese Schuldbuchforderungen dürfen vom Ersterwerber nur im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen veräußert werden.
Ich habe die Ehre, Sie zu bitten, auch den neuen Gesetzentwurf nach der Drucksache Nr. 4637 entsprechend dem Vorschalg des Vermittlungsausschusses anzunehmen.
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Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Herr Abgeordneter Richter wünscht das Wort zu einer Erklärung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat uns mitgeteilt, daß der Gesetzentwurf in der Form, wie er uns heute vorgelegt ist, vollständig geändert ist und von dem Entwurf abweicht, wie ihn der Bundestag in dritter Lesung beschlossen hat. Das mag hinsichtlich des Aufbaus des Gesetzentwurfs zutreffen; man hat aber die Zwangsanleihe belassen, die 75 % der Mehraufwendungen, die durch das Rentenzulagengesetz vom 10. August 1951 entstanden sind. Die 75 % will nicht der Bund tragen, sondern die sollen die Rentenversicherungsträger selber zahlen, und dafür bekommen sie Schuldbucheintragungen in Höhe von rund gerechnet 555 Millionen DM.
Da das Gesetz dem Grunde nach gleichgeblieben und von der Zwangsanleihe bei den Sozialversicherungsträgern nicht abgewichen ist, da die Finanzlage der Sozialversicherungsträger bekannt ist und bei der Beratung im Bundestag ausgiebig behandelt wurde, ist die SPD-Fraktion nicht in der Lage, diesem Gesetz zuzustimmen. Sie wird es ablehnen.
({0})
Keine weiteren Erklärungen? - Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 4637, dem Entwurf eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz für das Rechnungsjahr 1953, §§ 1 bis 6, in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Antrag des Vermittlungsausschusses ist angenommen.
Ich rufe Punkt 1 c auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes ({1}).
Berichterstatter ist wiederum Herr Abgeordneter Arndgen.
Arndgen ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner 110. Sitzung vom 19. Juni 1953 beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes den Vermittlungsausschuß anzurufen und zu beantragen, daß erstens die Rechte der Selbstverwaltung besser zu gewährleisten seien und daß zweitens die Erstattung der Aufwendungen in der Form von
({3})
Schuldbuchforderungen nur als vorübergehende Maßnahme in Betracht kommen darf. Bei etwaiger künftiger Inanspruchnahme der Sozialversicherung soll der Weg der Vereinbarung mit den Versicherungsträgern beschritten werden.
Auch mit diesen Wünschen des Bundesrates hat sich der Vermittlungsausschuß eingehend beschäftigt und macht Ihnen den Vermittlungsvorschlag, ein ähnliches Gesetz zu beschließen, wie es der Vermittlungsausschuß bei den vorhin beratenen Gesetzen vorgeschlagen hat. Auch nach diesem Gesetz sollen Verhandlungen mit der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung über Tilgung und Deckung der Beträge geführt werden, und wenn keine Einigung zustande kommt, soll sich ein Einigungsausschuß mit den Streitfragen beschäftigen.
Dann hat sich in der Drucksache Nr. 4638 der gleiche Schreibfehler eingeschlichen, den ich schon bei dem vorhin beratenen Gesetz erwähnt habe. Um die Sache zu klären, stelle ich fest, daß Satz 2 des Art. I § 16 a Abs. 1 in Drucksache Nr. 4638 wie folgt lauten muß:
Diese Schuldbuchforderungen dürfen vom Ersterwerber nur im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen veräußert werden.
Auch bezüglich dieses Gesetzes habe ich den Auftrag, Sie zu bitten, dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Zu einer Erklärung hat Herr Abgeordneter Richter das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion ist nicht in der Lage, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, da er in seinen Grundzügen genau mit dem übereinstimmt, was der Bundestag beschlossen hatte. Auch hier fordert man von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung 185 Millionen DM als Zwangsanleihe. Der Ausschuß, der gebildet werden soll, hat lediglich die Aufgabe, sich über die Zins- und Tilgungsbeträge zu verständigen. Das ist nebensächlich. Entscheidend ist, daß der Bundesanstalt 185 Millionen DM genommen werden, über die sie bisher selbst verfügen konnte. Die Selbstverwaltung über diese Summe ist ausgeschaltet. Wenn dann noch ein Paragraph hinzugesetzt wurde, wonach, soweit die Bundesanstalt aus ihren Mitteln zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues beizutragen hat, nun der Bund an ihre Stelle treten soll, so haben wir die stärksten Zweifel an der Verwirklichung dieser Regelung. Das ist eine der Bestimmungen, deren Einfügung man vielleicht zur Beruhigung und in Anbetracht des Wahlkampfes für notwendig gehalten hat, die aber praktisch ohne Bedeutung ist. Es ist bedauerlich, daß sich auch im Vermittlungsausschuß keine Mehrheit fand, um diese Zwangsanleihe bei der Bundesanstalt zu verhindern.
Wir werden gegen diesen Gesetzentwurf stimmen.
Herr Abgeordneter Kohl zu einer Erklärung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die kommunistische Fraktion gebe ich folgende Erklärung ab: Dieser Gesetzentwurf zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes beseitigt nicht den durch Beschluß der
Koalitionsparteien des Bundestages vom 2. Juni 1953 geschaffenen unverantwortbaren Tatbestand, daß die ursprüngliche gesetzlich verankerte Verpflichtung des Bundes aufgehoben wird, der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung die Mehraufwendungen der Arbeitslosenfürsorge im Rechnungsjahr 1953 in Höhe von 185 Millionen DM in Form einer Barzuwendung zu ersetzen. Auch in diesem Fall wird der Bundesminister der Finanzen ermächtigt, an Stelle von Barzuwendungen der Bundesanstalt Schuldbuchforderungen gegen den Bund zuzuteilen, die nur vom Ersterwerber mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen veräußert werden dürfen und die nur mit zwei v. H. jährlich zuzüglich der durch die Tilgung ersparten Zinsen zu tilgen sind.
Auch in diesem Fall handelt es sich um eine Zwangsanleihe des Bundes bei der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zur Abdeckung des als Folge der Aufrüstungspolitik der Adenauer-Regierung entstandenen Haushaltsdefizits. Diese Maßnahme bedeutet eine schwere Gefährdung der Finanzlage der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Sie macht die so dringend notwendige Erhöhung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenfürsorge unmöglich.
Wir sind der Auffassung, daß das Vermögen der Bundesanstalt ausschließlich zur Verbesserung der Leistungen in der Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenfürsorge verwendet werden muß. Erfüllt der Bund seine gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, dann ist diese Leistungssteigerung bei gleichzeitiger Senkung der Beiträge der Arbeiter und Angestellten zur Arbeitslosenversicherung durchaus möglich.
Wir lehnen aus den angeführten Gründen den Gesetzentwurf des Vermittlungsausschusses ab.
Meine Damen und Herren! Sie haben die Erklärung gehört. Weitere Erklärungen werden nicht abzugeben gewünscht.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses. Auch hier ist beschlossen, gemeinsam abzustimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 4638 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; damit ist der Antrag des Vermittlungsausschusses angenommen.
Ich rufe weiter auf die
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Entwurf eines Gesetzes über Fremdrenten der Sozialversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Lande Berlin, über Leistungen der Sozialversicherung an Berechtigte im Ausland sowie über freiwillige Sozialversicherung ({1}) ({2}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Arndgen.
Arndgen ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner 112. Sitzung am 3. Juli
({4})
beschlossen, in Sachen des Gesetzes über Fremdrenten der Sozialversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Lande Berlin, über Leistungen der Sozialversicherung an Berechtigte im Ausland sowie über freiwillige Sozialversicherung den Vermittlungsausschuß anzurufen. Bei den Punkten, in denen der Bundesrat den Vermittlungsausschuß angerufen hat, handelt es sich nur um solche, die sich mit Klarstellungen des Gesetzes beschäftigen, so daß ich es mir ersparen kann, auf die einzelnen Vorschläge einzugehen. Der Sinn und der materielle Inhalt des Gesetzes werden durch die Vorschläge des Bundesrates nicht geändert.
Ich verweise daher bei diesem Gesetzentwurf auf die Drucksache Nr. 4658 und bitte, entsprechend dem Beschluß des Vermittlungsausschusses dem Vermittlungsvorschlag zuzustimmen.
Wird gewünscht, Erklärungen abzugeben? - Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung. In diesem Falle braucht wohl nicht über die einzelnen Punkte abgestimmt zu werden.
({0})
Ist das Haus der Auffassung, daß über die Ziffern I und II insgesamt abgestimmt werden soll? Oder soll einzeln abgestimmt werden?
({1})
- Meine Damen und Herren, wenn Einzelabstimmung gewünscht wird, kann ich mich dem nicht entziehen. Wir wollen es dann so machen.
Ich komme zur Abstimmung über I Ziffer 1. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit.
Ziffer 2. Ich bitte um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit.
Ziffer 3. - Auch das ist die Mehrheit. Ziffer 4. - Ich bitte um die Gegenprobe.
({2})
- Sie legen Wert auf die Gegenprobe bei Ziffer 3. Die Gegenprobe ist nach der Geschäftsordnung nur erforderlich, wenn die Mehrheit nicht klar ist. Aber da einige Damen und Herren offenbar Wert darauf legen, daß ihre Nein-Stimmen festgehalten werden, bitte ich zu Ziffer 3 um die Gegenprobe. - Auch das ändert das Ergebnis der Abstimmung nicht.
Zu Ziffer 4 bitte ich die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit.
Ziffer 5. Ich bitte um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit.
Darf ich zu II insgesamt abstimmen?
({3})
- Das vereinfacht die Sache. Ich bitte die Damen und Herren, die II Ziffern 1 bis 7 insgesamt zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit.
Ich bitte die Damen und Herren, die den vorn Vermittlungsausschuß vorgelegten Änderungen auf
Drucksache Nr. 4658 insgesamt zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. ({4}) Das ist die Mehrheit.
({5})
Dieser Antrag des Vermittlungsausschusses ist bei einigen Enthaltungen angenommen worden.
({6})
- Herr Abgeordneter Wellhausen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin der Auffassung, daß eine Schlußabstimmung nicht in Frage kommt, wenn eine Einzelabstimmung vorhergegangen ist. Das würde der Geschäftsordnung, die sich der Vermittlungsausschuß gegeben hat, widersprechen.
Meine Damen und Herren! Nach der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses muß ich so abstimmen lassen. Ich glaube nicht, daß es zweckmäßig ist, in der letzten Sitzung noch eine Debatte über die Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses anzufangen.
({0})
Vielleicht überlassen wir das dem zweiten Deutschen Bundestag, Herr Kollege.
({1})
- Einverstanden!
Ich komme weiter zur
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({2}) zu dem Entwurf eines Sozialgerichtsgesetzes ({3}) ({4}).
Berichterstatter ist zum letzten Male Herr Abgeordneter Arndgen.
({5}) - In dieser Legislaturperiode!
({6})
Arndgen ({7}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Sachen des Sozialgerichtsgesetzes hat der Bundesrat, und zwar in 24 Punkten, den Vermittlungsausschuß angerufen. Dabei mache ich von vornherein darauf aufmerksam, daß es sich bei dem größten Teil der Punkte, wegen deren der Vermittlungsausschuß angerufen wurde, um Klarstellungen und redaktionelle Änderungen des Gesetzentwurfs handelt, die seinen materiellen Inhalt nicht berühren.
In der Hauptsache sind es einige Fragenkomplexe, die im Vermittlungsausschuß nach seiner Anrufung durch den Bundesrat behandelt werden mußten. Zuerst handelte es sich um die Frage der Bestellung der Sozialrichter. Hier war der Bundesrat der Meinung, daß die Sozialrichter in der gleichen Weise berufen und ernannt werden sollen wie die Richter nach dem Arbeitsgerichtsgesetz. Der Vermittlungsausschuß ist dieser Auffassung des Bundesrats beigetreten. Er schlägt Ihnen in der Drucksache Nr. 4667 entsprechende Formulierungen vor.
({8})
Zweitens hatte sich der Vermittlungsausschuß mit der Frage der Zuständigkeit zu beschäftigen. Während der Bundestag die Ansicht vertreten hat, daß Streitigkeiten aus dem Schwerbeschädigtengesetz und aus den §§ 25 bis 27 des Bundesversorgungsgesetzes wie bisher von den Verwaltungsgerichten entschieden werden sollten, ist der Bundesrat der Meinung gewesen, daß die genannten Streitigkeiten zur Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit gehören sollen. Der Vermittlungsausschuß hat sich mit dieser Zuständigkeitsfrage sehr lange beschäftigt und ist in seiner Mehrheit der Auffassung des Bundesrats beigetreten. Sie finden in der Drucksache Nr. 4667 entsprechende Vermittlungsvorschläge.
Der Bundesrat ist ferner der Meinung gewesen, daß in das Sozialgerichtsgesetz ein formloses Vorverfahren in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung eingebaut werden solle, um die Gerichte zu entlasten. Er hat entsprechende Vorschläge gemacht. Der Vermittlungsausschuß ist diesen beigetreten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind die wesentlichsten materiellen Änderungen nach den Vermittlungsvorschlägen in Drucksache Nr. 4667.
Bei der Zusammenstellung der Vermittlungsvorschläge ist übersehen worden, daß durch die Streichung des § 6 Abs. 2 und die Übernahme dieses Absatzes in § 9 in § 211 das Zitat „§ 6 Abs. 2" umgeändert werden muß in „§ 9 Abs. 2". Ich bitte um diese Berichtigung und im übrigen um Zustimmung zum Vorschlag des Vermittlungsausschusses.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort zu einer Erklärung hat der Abgeordnete Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der CDU/CSU habe ich vor der Abstimmung kurz folgende Erklärung abzugeben.
Meine Fraktion hat in der bisherigen Praxis zu wiederholten Malen zum Ausdruck gebracht - in Übereinstimmung mit den übrigen Regierungsparteien -, daß in der künftigen Gestaltung der sozialen Gesetzgebung auf eine klare Trennung von Versicherung, Versorgung und Fürsorge Bedacht zu nehmen ist. In unserem Antrag, den das Hohe Haus im Februar 1951 zum Beschluß erhoben hat und der die Grundlage der nachfolgenden Erhöhung der Sozialversicherungsrenten geworden ist, ist dieser Grundsatz auch klar und eindeutig zum Ausdruck gekommen. Wir haben uns auch bei der Beratung dieser Gesetzesvorlage genau nach diesem Grundsatz verhalten, und das Hohe Haus hat in zweiter und dritter Lesung die Angelegenheiten nach den §§ 25 bis 27 des Bundesversorgungsgesetzes, die einen klaren Fürsorgecharakter haben, von der Zuständigkeit der Sozialgerichte ebenfalls ausgenommen, desgleichen die Angelegenheiten aus dem Schwerbeschädigtengesetz, was wirklich nur eine Konsequenz, eine Ausführung der vorhin erwähnten Paragraphen darstellt.
Der Bundesrat hat beantragt, diese Beschlüsse zu ändern und auch für diese fürsorgerechtlichen Fragen die Zuständigkeit der Sozialgerichte zu bestimmen. Wir bedauern, daß mit diesem Antrag und dem Beschluß des Vermittlungsausschusses die klare Trennung in diesem Punkt verlassen worden ist. Wir sind auch für die zukünftige Entwicklung darum besorgt, daß Streitigkeiten in fürsorgerechtlichen Fragen zur Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte gehören, wie es heute Rechtens ist.
Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß sich auch der Deutsche Städtetag in Eingaben an die Fraktionen des Bundestages und an die Mitglieder der Ausschüsse gegen dieses Ergebnis des Vermittlungsausschusses gewandt hat und sehr darüber besorgt ist, daß in der Zukunft in dieser Frage eine dem Fürsorgecharakter und -recht widersprechende Entwicklung eintreten könnte.
Ich habe deshalb namens meiner Fraktion zu beantragen, daß über die Punkte 9, 10 und in Auswirkung davon auch über Punkt 14 der Vorlage getrennt abgestimmt wird. Gegen eine gemeinsame Abstimmung im übrigen haben wir nichts einzuwenden. Ich stelle hiermit diesen Antrag und bitte den Herrn Präsidenten, entsprechend zu verfahren.
Ich muß hinzufügen, daß unsere Fraktion natürlich das größte Interesse daran hat, daß dieses Gesetz über die Sozialgerichtsbarkeit beschleunigt zum Zuge kommt, muß aber erklären, daß ein nicht unerheblicher Teil meiner Fraktion sich außerstande sieht, den Punkten 9, 10 und 14 zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Richter, auch zu einer Erklärung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere außerordentlich die Erklärung, die Herr Abgeordneter Horn im Namen der CDU/CSU-Fraktion abgegeben hat. Das Sozialgerichtsgesetz entspricht nicht unseren Auffassungen. Trotzdem haben wir im Bundestag zugestimmt, weil wir endlich eine obere Entscheidungsstelle haben müssen,
({0})
die über die Tausende und aber Tausende von Fällen für die Kriegsopfer, Unfallverletzten usw., die ruhen, die also keine Ansprüche geltend machen können, entscheiden soll.
Nun hat der Vermittlungsausschuß beschlossen, daß auch die Schwerbeschädigten und auch die Betreuung der Kriegsopfer unter dieses Gesetz fallen sollen. Der Herr Abgeordnete Horn hat angeführt, daß es gegen das Prinzip der Trennung von Versicherung, Versorgung und Fürsorge verstoßen würde. Meine Damen und Herren, das Reichsversicherungsamt, das vor 1933 an Stelle der Sozialgerichte als oberste Instanz entschieden hat, hatte neben den Streitigkeiten aus dem gesamten Gebiet der Sozialversicherung auch alle Streitigkeiten aus dem Gebiet der Kriegsopferversorgung einschließlich der Schwerbeschädigten
({1})
an besondere Kammern abgegeben, genau so wie hier in besonderen Kammern abgestimmt und geurteilt werden soll. Wir sind deshalb der Auffassung, daß es mit dem Prinzip der Versicherung, Versorgung oder Fürsorge gar nichts zu tun hat; denn der Schwerbeschädigte ist Arbeitnehmer. Es handelt sich um ein Eingliederungsgesetz. Die Frage, ob der Arbeitgeber den Betreffenden noch einstellen soll oder nicht, ob er ihn zu Recht oder zu Unrecht entlassen hat, hat doch nichts mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu tun.
({2})
Deshalb sind wir nicht in der Lage, den Argumenten des Vertreters der CDU/CSU-Fraktion zu folgen, und bitten Sie, die betreffenden Bestimmungen unter Ziffer 9 usw. so, wie vom Vermittlungsausschuß beantragt, zu akzeptieren.
Meine Damen und Herren, ich appelliere an Sie, auch in der letzten Sitzung die Bemühung, zwischen Erklärungen und Diskussionsbeiträgen zu unterscheiden, fortzusetzen. Wir werden es nicht ganz schaffen; darüber bin ich mir klar.
({0})
Frau Abgeordnete Kalinke, bitte!
({1})
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Fraktion der Deutschen Partei hat dem Gesetzentwurf schon in seiner bisherigen Form, wie ihn der Bundestag beschlossen hat, nur mit großen Bedenken zugestimmt, um das Sozialgerichtsgesetz als solches zu verabschieden. Nach der weiteren grundsätzlichen Veränderung dieses Gesetzes sieht sich die Fraktion der Deutschen Partei nicht in der Lage, dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen.
({0})
Weitere Erklärungen werden nicht gewünscht.
Meine Damen und Herren, darf ich fragen, wegen welcher Bestimmungen Einzelabstimmung gewünscht wird?
({0})
Ich komme also zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 4667.
Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 2 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 3 zuzustimmen wünschen, ihre Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 4 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich stelle die gleiche Frage für Ziffer 5. Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Angenommen!
Ziffer 6. Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Wer ist für Ziffer 7? - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Angenommen.
Wer ist für Ziffer 8? - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Angenommen.
Wer ist für Ziffer 9? - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Meine Damen und Heren, wir wollen versuchen, es im Wege des Aufstehens eindeutiger zu machen. Ich bitte die Damen und Herren, die für Ziffer 9 sind, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; Ziffer 9 ist abgelehnt.
({1})
- Meine Damen und Herren, der Sitzungsvorstand ist einmütig der Auffassung, daß das Ergebnis der Abstimmung klar ist.
({2})
Ich bitte die Damen und Herren, die für Ziffer 10 sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die gleiche Mehrheit; abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die für Ziffer 11 sind, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die für Ziffer 12 sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die für Ziffer 13 sind, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die für Ziffer 14 sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite ist die Mehrheit; abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die für Ziffer 15 sind, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich stelle die gleiche Frage für Ziffer 16. - Angenommen.
Ziffer 17. - Angenommen. Ziffer 18. - Angenommen. Ziffer 19. - Angenommen. Ziffer 20. - Angenommen.
({3})
- Bei einigen Gegenstimmen ist Ziffer 20 angenommen.
Ziffer 21. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen?
- Mit Mehrheit angenommen.
Ziffer 22. Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Ziffer 23. Wer ist dafür? - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ziffer 24. Wer ist dafür? - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ziffer 25. - Das ist die Mehrheit; angenommen. Ziffer 26. - Ist von der Mehrheit angenommen.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Schlußabstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 4667. Da Zweifel aufgetaucht sind, weise ich darauf hin, daß diese Schlußabstimmung naturgemäß die gleiche Bedeutung hat wie eine Schlußabstimmung bei einem Gesetz: daß die Punkte, die in der Einzelberatung an({4})
genommen sind, zur Schlußabstimmung stehen. Ich glaube, das ist klar. Es wird durch die Schlußabstimmung nicht etwa die Einzelabstimmung korrigiert. Ich glaube, darüber darf kein Zweifel bestehen. Er tauchte jedoch auf, und darum wollte ich es sagen.
Ich bitte die Damen und Herren, die den Änderungen, die der Vermittlungsausschuß zum Entwurf eines Sozialgerichtsgesetzes vorgeschlagen hat, in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Antrag des Vermittlungsausschusses ist in der Schlußabstimmung angenommen.
({5})
- Herr Abgeordneter Renner?
({6})
- Eine Erklärung zu diesem Punkt der Tagesordnung? Der ist erledigt!
({7})
- Ich bitte freundlichst, da es sich nicht um eine namentliche Abstimmung handelt, die Erklärung zu Protokoll zu geben; sie wird in den Stenographischen Bericht aufgenommen.*)
({8})
- Herr Abgeordneter Wellhausen, wozu wünschen Sie das Wort?
({9})
- Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Wellhausen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe es vorhin auf mich genommen, hier eine Anregung vorzutragen, die sich, wie inzwischen festgestellt, mit der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses nicht deckt. Das hat der Herr Präsident inzwischen klargestellt, und meine Anfrage von vorhin ist erledigt. Aber ich möchte sagen: natürlich gilt die Schlußabstimmung dann nur über das Gesetz in der Form, die es durch die Einzelabstimmung über die Anträge des Vermittlungsausschusses bekommen hat.
({0})
- Das war nach meiner Ansicht mißverständlich.
({1})
Meine Damen und Herren, ich frage, ob außer Herrn Abgeordneten Wellhausen noch jemand Zweifel hat.
({0})
- Auch einige Herren von der Freien Demokratischen Partei. - Bestehen noch Zweifel?
({1})
- Ich glaube, jetzt ist es endgültig klar. ({2}) `) Siehe Anlage Seite 14279
Ich rufe auf Punkt 1 f der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({3}) zu dem Entwurf eines Arbeitsgerichtsgesetzes ({4}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Greve.
Dr. Greve ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat am 17. Juni 1953 das Arbeitsgerichtsgesetz in dritter Lesung verabschiedet. Der Bundesrat hat am 3. Juli 1953 beschlossen, den Vermittlungsausschuß mit dem Ziele der Änderung dieses vom Bundestag beschlossenen Gesetzes in vier Punkten anzurufen.
Es handelt sich zunächst um § 18 Abs. 1. Nach dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz sollte der Vorschlag für die Besetzung der Stellen der Vorsitzenden bei den Arbeitsgerichten von einem Ausschuß, dessen Zusammensetzung im einzelnen in § 18 Abs. 2 festgelegt ist, gemacht werden. Es sollte das Benehmen mit der obersten Arbeitsbehörde des Landes und der Landesjustizverwaltung vor der Ernennung von der nach Landesrecht zuständigen Stelle eingeholt werden. Der Bundesrat hat in seinem Vorschlag ein anderes Verfahren gewählt, und zwar soll der Vorschlag von der obersten Arbeitsbehörde kommen, dann soll das Benehmen mit der Landesjustizverwaltung hergestellt werden, und die Beratung soll mit einem Ausschuß erfolgen, der nach dem Vorschlag des Bundesrats in seiner Zusammensetzung in § 18 nicht näher fixiert werden soll. Die Bestellung soll dann entsprechend den landesrechtlichen Vorschriften erfolgen.
Ich kann in diesem Zusammenhang gleich auf § 18 Abs. 2 eingehen. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, daß der Ausschuß von der obersten Arbeitsbehörde des Landes zu errichten ist und daß ihm in angemessenem Verhältnis Vertreter der Gewerkschaften und der Vereinigungen von Arbeitgebern sowie der Arbeitsgerichtsbarkeit angehören sollen. Der Vermittlungsvorschlag geht nun dahin, daß dem Ausschuß in gleichem Verhältnis Vertreter der Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern angehören müssen. Im Gesetz ist es etwas anders formuliert; es heißt, daß ihm in gleichem Verhältnis Vertreter der in § 14 Abs. 1 genannten Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie der Arbeitsgerichtsbarkeit angehören müssen. Damit entfällt die Bestimmung über die Zusammensetzung des Ausschusses im einzelnen, wie sie in der vom Bundestag beschlossenen Fassung in § 18 Abs. 2 enthalten ist.
Die Änderung war auch noch aus einem anderen Grunde notwendig, und zwar deshalb, weil es in einigen Ländern, z. B. in Hessen und in Hamburg, auch bei der Besetzung der Stellen der Richter bei den Arbeitsgerichten und Landesarbeitsgerichten der Mitwirkung eines Richterwahlausschusses nach landesverfassungsrechtlichen Grundsätzen und nach landesgesetzlichen Bestimmungen bedarf. Die Bestellung erfolgt, wie jetzt im Vermittlungsvorschlag vorgesehen ist, entsprechend den landesrechtlichen Vorschriften, so daß insoweit auch nach diesem Gesetz die Mitwirkung des nach Landesgesetz vorgesehenen Richterwahlausschusses ohne weiteres möglich ist.
({6})
Dieselbe Veränderung hat der Bundesrat bei der Besetzung der Stellen der Vorsitzenden bei den Landesarbeitsgerichten in § 36 Abs. 1 Satz 1 vorgeschlagen. Hier gilt als Begründung dasselbe, was ich zu § 18 Abs. 1 und Abs. 2 gesagt habe. Der Antrag des Vermittlungsausschusses geht dahin, daß der Vorschlag für die Bestellung der betreffenden Richter von der obersten Arbeitsbehörde ausgeht, daß dann das Benehmen mit der Landesjustizverwaltung herzustellen ist, darauf die Anhörung der in § 1.4 Abs. 1 genannten Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände und schließlich wiederum die Bestellung nach landesrechtlichen Vorschriften erfolgt.
Die letzte Änderung, die der Bundesrat beantragt und die der Vermittlungsausschuß ebenfalls beschlossen hat, ist die Rücksichtnahme auf zwei Richter in Berlin, denen es nach der vom Bundestag verabschiedeten Fassung des Gesetzes nicht möglich gewesen wäre, im Amt zu bleiben. Das Land Berlin hat eine entsprechende Änderung des Gesetzes beantragt, nach der die Richter, auch wenn sie in diesem Falle die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 nicht erfüllen, im Amt bleiben können. Der Vermittlungsausschuß hat sich dem Antrag des Bundesrats angeschlossen und schlägt Ihnen auch in diesem Falle vor, das Gesetz in der Weise zu ändern, wie es in Drucksache Nr. 4657 seinen Niederschlag gefunden hat.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Das Wort wird nicht gewünscht.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, über die Punkte einzeln abzustimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 4657 Ziffer 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 2 zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen einige Stimmen bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 3 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 4 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses insgesamt zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen ist dieser Antrag des Vermittlungsausschusses ebenfalls angenommen.
Ich rufe auf Punkt 1 g der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes ({1}).
Berichterstatter ist Herr Senator Dr. Klein. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vermittlungsausschuß war hinsichtlich des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes in acht Punkten angerufen warden. Ich darf Ihnen nachstehend die Beschlüsse des Vermittlungsausschusses unterbreiten:
1. Der Bundesrat hatte beantragt, Art. 1 Ziffer 1 - das ist § 3 Ziffer 3 des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes - ersatzlos zu streichen. In § 3 des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes werden die Aufgaben des Jugendamts aufgezählt und durch die Neufassung der Ziffer 3 des § 3 über die bisherige Fürsorge für hilfsbedürftige Minderjährige hinaus dem Jugendamt die berufliche Förderung Jugendlicher überwiesen, die zwar nicht hilfsbedürftig im Sinne der Fürsorgepflichtverordnung sind, die aber insoweit der Betreuung des Jugendamts bedürfen, als andere Stellen dafür nicht in Frage kommen.
Der Vermittlungsausschuß ist den Einwänden des Bundesrats gefolgt und hält wie dieser eine weitere verwaltungsmäßige Zersplitterung auf dem Gebiet der Erziehung und der Berufsfürsorge nicht für vertretbar. Der Vermittlungsausschuß empfiehlt Ihnen deshalb, Art. I Ziffer 1 - § 3 Ziffer 3 des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes - zu streichen.
2. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, § 8 Abs. 1 zu streichen, der vorsieht, daß die Jugendwohlfahrt eine Pflichtaufgabe der Selbstverwaltungskörperschaften sei. Der Bundesrat hat gegen den § 8 zwar verwaltungsrechtliche Bedenken geäußert. Der Vermittlungsausschuß empfiehlt Ihnen aber, über diese Bedenken hinwegzugehen und es bei der Bestimmung zu belassen, die der Bundestag beschlossen hat.
3. Der Bundesrat hat beantragt, § 8 Abs. 3 des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes in der Fassung der Regierungsvorlage wieder in das Gesetz aufzunehmen, jedoch eine Ergänzung zu beschließen, die sicherstellt, daß die Errichtung mehrerer Jugendämter in Großstädten möglich ist. Die vom Bundestag verabschiedete Fassung des § 8 sah in Abs. 3 genaue Einzelbestimmungen für die Anzahl der zu errichtenden Jugendämter vor, während die Regierungsvorlage die Errichtung mehrerer Jugendämter im wesentlichen der Landesgesetzgebung überlassen will.
Um einen fühlbaren Eingriff in die Kommunalgesetzgebung der Länder zu vermeiden, glaubte der Vermittlungsausschuß, den § 8 Abs. 3 des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes so fassen zu sollen, daß die Länder eine den örtlichen Bedürfnissen entsprechende Handlungsfreiheit erhalten. Ich darf auf den Vorschlag des Vermittlungsausschusses verweisen.
4. Die nächsten Punkte beschäftigen sich mit den §§ 9, 9 a und 12 Abs. 1. In allen Fällen hat der Bundesrat vorgebracht, durch die Fassung einer Satzung und einer Zuständigkeitsregelung werde zu sehr in die Kommunalgesetzgebung der Länder eingegriffen. Der Vermittlungsausschuß ist nach eingehender Beratung, auch nach Überprüfung der Auswirkungen des Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zu der Überzeugung gekommen, daß den verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesrats Rechnung getragen werden müsse und hat deshalb beschlossen, Ihnen vorzuschlagen, die von mir unter a bis c aufgeführten Änderungsvorschläge
({0})
des Bundesrats zu akzeptieren, nämlich die §§ 9, 9 a und 12 so zu ändern, wie es aus der Bundestagsdrucksache Nr. 4654 hervorgeht.
5. Der Vermittlungsausschuß hatte ferner über den Antrag des Bundesrats auf Streichung des § 15 zu befinden. Dieser Paragraph sieht vor, daß zur Sicherung einer tunlichst gleichmäßigen Erfüllung der Aufgaben der Jugendämter die Reichsregierung mit Zustimmung des Reichsrats Ausführungsvorschriften erlassen kann.
Die Novelle sah lediglich redaktionelle Änderungen vor, indem die Worte „die Reichsregierung" und „des Reichsrats" durch die Worte „die Bundesregierung" und „des Bundesrates" ersetzt werden sollten. Der Vermittlungsausschuß konnte sich dem Ersuchen des Bundesrats zur Streichung dieser Bestimmung nicht anschließen. Wenn auch der Bundesrat zur Begründung ausführte, daß kein Bedürfnis für eine Einschaltung der Bundesregierung hier besteht, so hat das Vorhandensein dieser Bestimmung seit 1922 zu keinen Beanstandungen geführt. Eine Beseitigung dieser Bestimmung erschien daher nicht notwendig. Es wird deshalb empfohlen, den § 15 im Gesetz zu belassen und infolgedessen auch die Parallelbestimmung in § 11 nicht zu ändern.
6. Art. II der Novelle bestimmt, daß Art. 8 des Einführungsgesetzes zum Reichsjugendwohlfahrtsgesetz bis auf die Vorschrift der Ziffer 2 Satz 2 aufgehoben wird. Der Bundesrat wollte aber auch den Satz 3 von der Aufhebung ausnehmen. Es handelt sich hier nur um eine Klarstellung der Zuständigkeitsfrage. Der Bundesrat wünscht, daß auch Satz 3 bestehenbleibt, damit nach § 77 des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes jeder Landesregierung überlassen bleibt, nicht nur zu bestimmen, welche Behörde die im Gesetz der obersten Landesbehörde übertragenen Aufgaben wahrzunehmen hat, sondern auch, welcher Behörde die dem Landesjugendamt zukommenden Aufgaben obliegen sollen.
Der Vermittlungsausschuß hat anerkannt, daß die Entwicklung in einzelnen Ländern unterschiedlich war. Er glaubt aber, hier den Ländern bei der Festsetzung der Zuständigkeiten eine Freizügigkeit belassen zu sollen. Deshalb soll auch Satz 3 des Einführungsgesetzes zu Art. 8 erhalten bleiben.
Als letzten Punkt hatte der Vermittlungsausschuß über den Antrag des Bundesrates auf Aufnahme eines neuen Art. III a, der die Stadtstaaten-Klausel behandelt, zu befinden. Durch diese Stadtstaaten-Klausel soll sichergestellt werden, daß in den drei Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin die Vorschriften dieser Novelle mit den Verfassungen der Stadtstaaten in Einklang gebracht werden.
Das Für und Wider hinsichtlich der Aufnahme einer Stadtstaaten-Klausel in der Novelle ist bei der Beratung im Bundestag in zweiter und dritter Lesung eingehend erörtert worden. Ich kann es mir ersparen, sämtliche Argumente hier zu wiederholen. Das Abstimmungsergebnis im Bundestag war etwa gleich für und gegen die Stadtstaaten-Klausel.
Der Vermittlungsausschuß hat die Überzeugung gewonnen, daß die durch die Nichtaufnahme einer Stadtstaaten-Klausel entstehenden verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten in den Stadtstaaten doch schwererer Natur sind, als es ursprünglich erschien. Es muß einer späteren Neufassung des
Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes überlassen bleiben, die Frage noch einmal aufzunehmen. Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen vor, einen neuen Art. III a mit der Stadtstaaten-Klausel in die Novelle einzufügen.
Im Auftrag des Vermittlungsausschusses habe ich die Ehre, dem Hause die Zustimmung zu den Empfehlungen des Vermittlungsausschusses vorzuschlagen. Ich darf bemerken, daß eine einheitliche Abstimmung vom Vermittlungsausschuß nicht vorgesehen ist.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter des Vermittlungsausschusses.
Zur Abgabe einer Erklärung hat das Wort Herr Abgeordneter Kemmer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion habe ich folgende Erklärung abzugeben.
Die CDU/CSU-Fraktion bedauert es außerordentlich, daß durch den Einspruch des Bundesrates im Vermittlungsausschuß einige Bestimmungen der Novelle gestrichen bzw. wesentlich geändert wurden. Insbesondere der Wegfall der beruflichen Förderung jener bedürftigen Jugendlichen durch das Jugendamt, die von der bisherigen Gesetzgebung nicht erfaßt wurden, sodann die Möglichkeit, durch landesrechtliche Regelung die Aufgaben des Landesjugendamtes auch anderen oder mehreren Behörden zuzuweisen, und die Einfügung der Stadtstaaten-Klausel haben das Gesetz in wichtigen Punkten bedauerlicherweise verschlechtert. Gegen diese Änderungen hat die CDU/CSU aus grundsätzlichen Erwägungen schwerste Bedenken. Wenn dem Vermittlungsvorschlag dennoch zugestimmt wird, so nur deshalb, weil die Novelle eine dringende Notwendigkeit ist und ein Scheitern dieses Gesetzes im Interesse der Jugend nicht verantwortet werden kann.
Weitere Erklärungen werden nicht gewünscht.
Wird gewünscht, daß einzeln abgestimmt wird?
({0})
- Offenbar nicht.
{Zurufe: Doch!)
- Von wem? - Ich komme dann zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses auf Drucksache Nr. 4654. Ich bitte die Damen und Herren, die der Ziffer 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die für Ziffer 2 sind, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wer ist für Ziffer 3? - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wer ist für Ziffer 4? - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wer ist für Ziffer 5? - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wer ist für Ziffer 6? - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wer ist für Ziffer 7? - Das ist die Mehrheit; angenommen.
({1})
Ich bitte die Damen und Herren, die in der Schlußabstimmung dem Antrag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei einigen Enthaltungen ist dieser Antrag des Vermittlungsausschusses angenommen.
Ich komme zum nächsten Punkt der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({2}) zu dem Entwurf eines Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ({3}) ({4}).
Zur Berichterstattung hat das Wort Herr Senator Dr. Klein.
Meine Damen und Herren! Der § 77 des Entwurfs des Bundesentschädigungsgesetzes bürdet die Entschädigungslasten zu mehr als neun Zehnteln den Ländern auf, und zwar endgültig. Der Vermittlungsausschuß erkennt mit der Bundesregierung, dem Bundestag und dem Bundesrat die Notwendigkeit an, daß die Entschädigung der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, was die materielle Seite angeht, sofort geregelt wird. Dagegen sieht der Vermittlungsausschuß keine Veranlassung, über die Verteilung der Lasten zwischen dem Bund und den Ländern jetzt schon endgültig zu entscheiden. Über die Höhe der Lasten gibt es nur unsichere Schätzungen. Die Prüfung, ob nicht der Bund einen größeren Anteil tragen sollte, als der Entwurf vorsieht, ist bei der Dauer und der Höhe der Belastung nach Meinung des Vermittlungsausschusses eine Aufgabe, die zur Zeit nicht gelöst werden kann und die dem neuen Bundestag vorbehalten bleiben muß. Ihm darf man nicht schon jetzt die Hände binden. Deshalb soll nach Abs. 1 der Neufassung des § 77 bis zum 31. Dezember 1954 ein zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz die Entschädigungslasten auf Bund und Länder endgültig verteilen. Bis dahin haben die Leistungen der Länder vorläufigen Charakter.
Soweit der Abs. 2 der Neufassung des § 77 des Entwurfs schon jetzt 90 °/o der Lasten für die besonderen Verfolgtengruppen dem Bund auferlegt, entspricht das der vom Entwurf vorgesehenen Regelung. Völlig gleiche Gesichtspunkte sprechen aber dafür, daß der Bund auch die Entschädigungslasten für die sogenannten DP-Verfolgten, die Verschleppten, für den Transferverlust sowie für die Erstattung der Sonderabgaben und der Reichsfluchtsteuer trägt. Insbesondere bei diesen kann nicht beiseitegeschoben werden, daß das Reich sie seinerzeit vereinnahmt hat. Dafür, daß jemand anders als der Bund sie erstattet, ist kein Grund zu finden. Daraus folgt die vom Vermittlungsausschuß vorgeschlagene Neufassung des zweiten Absatzes des § 77.
Weiter schlägt der Vermittlungsausschuß vor, den Abs. 5 des § 79 des Entwurfs zu streichen. Dieser ermächtigt die Bundesregierung, für die Bewilligung von Mitteln aus dem Härtefonds den obersten Landesbehörden in besonderen Fällen Einzelweisungen zu erteilen. Dafür glaubt der Vermittlungsausschuß keine Möglichkeit sehen zu können, solange die Länder den weitaus größten Teil der
Entschädigungslasten zu tragen haben. Der Abs. 5 des § 79 des Entwurfs soll deshalb ersatzlos fortfallen.
Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung hat der Vermittlungsausschuß beschlossen, daß über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Zu einer Erklärung Herr Abgeordneter D. Dr. Gerstenmaier.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU/ CSU legt Wert darauf, daß der erste Deutsche Bundestag nicht auseinandergeht, ohne den bundeseinheitlichen Rahmen für die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in Deutschland geschaffen zu haben.
({0})
Wir müssen eine Gewißheit dafür haben, daß wir nicht auseinandergehen, ohne daß dieser Rahmen auch wirklich gezogen ist. Infolgedessen sehen wir davon ab, zu den Vorschlägen des Bundesrates bzw. des Vermittlungsausschusses im einzelnen Stellung zu nehmen. Uns liegt, wie gesagt, daran, die Gewißheit zu haben, daß hier etwas wenigstens zunächst Ausreichendes geschehen ist.
Zweitens, meine Damen und Herren, erinnern wir daran, daß wir uns bei der Behandlung im Plenum und auch in den Ausschüssen des Bundestags darüber geeinigt haben, daß wir dieses Gesetz nicht als perfekt und völlig befriedigend betrachten können. Wir sind deshalb übereingekommen, unverzüglich nach dem Zusammentritt des nächsten Bundestags an die Erarbeitung einer ausreienden Novelle zu gehen. Unter diesem Gesichtspunkt stimmen wir dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zu und bitten, ihn hier anzunehmen.
Zu einer weiteren Erklärung Herr Abgeordneter Müller!
Meine Damen und Herren! Die kommunistische Bundestagsfraktion
({0})
hatte am 2. Juli 1953 das Bundesentschädigungsgesetz für die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung mit der Begründung abgelehnt, daß dieses Gesetz gegenüber dem in der US-Zone geltenden Gesetz eine Reihe schwerwiegender Verschlechterungen für die Verfolgten des Naziregimes bringt, dem im Grundgesetz verankerten und unabdingbaren Grundrecht der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz widerspricht und große Teile der Verfolgten des Naziregimes von der Wiedergutmachung ausschließt. Diese unsere Auffassung wird von dem Bundestagsabgeordneten Dr. Arndt unterstrichen, der in seiner schriftlichen Erklärung zum Ausdruck bringt, daß dieses Bundesgesetz in der verabschiedeten Fassung im höchsten Maße unzulänglich sei und daß auch schwerwiegende Bedenken gegen seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu erheben seien.
Die kommunistische Fraktion steht auf dem Standpunkt, daß die finanziellen Leistungen für die Wiedergutmachung an den Opfern des Nationalsozialismus ausschließlich Sache des Bundes und
({1})
nicht der Länder sind. Während auf der einen Seite die Bundesregierung gewaltige Milliardenbeträge für die Aufrüstung,
({2})
für die Finanzierung von unter dem Befehl von Hitler-Generälen beabsichtigten Söldnerformationen, für hohe Pensionen an Hitler-Generäle und Naziverbrecher sowie für die Finanzierung und Unterstützung faschistischer Terrororganisationen ausgibt,
({3})
will sie sich der Verpflichtung zur materiellen Wiedergutmachung an denjenigen entziehen, die einen heroischen Kampf gegen Faschismus und Krieg, für den Frieden und die Freiheit unseres Volkes geführt haben.
({4})
Angesichts der Tatsache, daß die Finanzpolitik der Bundesregierung die finanziellen Grundlagen der Länder immer mehr einengt
({5})
und ihnen die Möglichkeit zur Erfüllung dringender sozialer Aufgaben beschränkt, würde die Annahme des Vermittlungsvorschlags bedeuten, daß die Erfüllung der sich aus den Ländergesetzen ergebenden Wiedergutmachungsverpflichtungen gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus weit über das bisherige Maß hinaus eingeschränkt und hinausgezögert wird.
Die kommunistische Bundestagsfraktion lehnt infolgedessen den Vorschlag des Vermittlungsausschusses ab.
Es wird nicht gewünscht,
weitere Erklärungen abzugeben.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 4666. Dabei soll gemeinsam abgestimmt werden. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses insgesamt zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist gegen wenige Stimmen bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich komme zu Punkt 1 i:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung ({1}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Maier ({2}). Bitte!
Maier ({3}) ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner 112. Sitzung vom 3. Juli wegen einer Bestimmung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung den Vermittlungsausschuß angerufen. Der Bundesrat wünscht, in § 882 a Abs. 1 die Worte „einen Gemeindeverband und eine Gemeinde" zu streichen. Er ist in seiner Begründung davon ausgegangen, daß die Frage der Zwangsvollstreckung in Sachen von Gemeinden in den meisten Ländern befriedigend geregelt ist und daß bei der Zwangsvollstrekkung gegen ein Land oder den Bund, wie sie im Gesetzentwurf des Bundestags vorgesehen ist, zwar ein Minister zu hören sei, für die Gemeinden dagegen eine solche Anhörungspflicht nicht bestehe. Der Bundesrat sieht deshalb in dieser vom Bundestag beschlossenen Bestimmung des Gesetzentwurfs einen Nachteil für die Gemeinden.
Die Bundesregierung ist davon ausgegangen, daß die Gemeinden sowohl im Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit als auch im Gesetz über die Sozialgerichtsbarkeit in die Zwangsvollstreckung einbezogen würden, hatte aber gegen den vom Vermittlungsausschuß einstimmig beschlossenen Vorschlag, die Gemeinden aus dem Bundesgesetz herauszulassen, der Ihnen auf Drucksache Nr. 4655 vorliegt, keine Einwendungen zu erheben. Der Vermittlungsausschuß sah deshalb die Erfüllung kommunalpolitischer Aufgaben in stärkerem Maße gewährleistet, wenn es bei der bisherigen Regelung des § 114 bleibt und auf eine bundesrechtliche Regelung verzichtet wird.
Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen deshalb vor, zu beschließen:
Der vom Deutschen Bundestag in seiner 273. Sitzung am 18. Juni 1953 verabschiedete Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung wird nach Maßgabe der in der Anlage zusammengefaßten Beschlüsse geändert.
Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung hat der Vermittlungsausschuß beschlossen, daß im Deutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.
Ich bitte, entsprechend zu beschließen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wird die Abgabe von Erklärungen gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung, und zwar gemeinsam über die Änderungsanträge auf Drucksache Nr. 4655. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses insgesamt zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag des Vermittlungsausschusses ist gegen wenige Stimmen angenommen worden.
Ich komme zu Punkt 1 k der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Entwurf eines Gesetzes über Straffreiheit ({1}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Hoogen. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Hoogen ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat am 18. Juni 1953 den Entwurf eines Gesetzes über Straffreiheit verabschiedet. Gegen diesen Gesetzentwurf hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuß angerufen, und zwar mit dem Ziel der Beseitigung des Gesetzes. Diesem Verlangen zu entsprechen, sah der Vermittlungsausschuß sich außerstande. Er hat vielmehr einen entsprechenden Antrag im Vermittlungsausschuß selbst abgelehnt. Der Vermittlungsausschuß war nämlich der Meinung, daß dieses Gesetz nicht nur grundgesetzlich, d. h. verfassungsrechtlich zulässig, sondern auch
({3})
politisch notwendig sei. In Verfolg dieses Standpunktes hat der Vermittlungsausschuß dann den § 1 des Gesetzentwurfes verbessert und erweitert. Er hat den Begriff „Beamte" durch die Worte „Bedienstete des öffentlichen Dienstes" ersetzt und weiter die Tatbestände der Anstiftung und der Beihilfe in den § 1, so wie ihn der Bundestag beschlossen hatte, eingefügt.
Aus allen diesen Erwägungen, meine Damen und Herren, habe ich die Ehre, Sie zu bitten, dem Antrage des Vermittlungsausschusses zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses auf Drucksache Nr. 4656. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag des Vermittlungsausschusses insgesamt zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag des Vermittlungsausschusses ist angenommen.
Ich komme zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Einspruch des Bundesrates zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Landeszentralbanken ({0}).
Das Wort wünscht zunächst der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag hat 'am 26. Juni 1953 folgende Gesetze beschlossen: 'erstens das Gesetz über die Verteilung des Reingewinns der Bank deutscher Länder im Geschäftsjahr 1952 und in den folgenden Geschäftsjahren und zweitens das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Landeszentralbanken. Beide Gesetze begründen einen Fonds zum Ankauf der in der Währungsreform entstandenen Ausgleichsforderungen der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen in vordringlichen Fällen. Nach beiden Gesetzen fließen Teile des Währungsbankgewinns in diesen Fonds, und zwar nach dem ersten Gesetz Teile des dem Bunde zustehenden Gewinns der Bank deutscher Länder, nach dem zweiten Gesetz entsprechende Teile der den Ländern zustehenden Gewinne der Landeszentralbanken. Beide Gesetze hängen daher eng miteinander zusammen.
Der Bundesrat hat dem ersten, die Bundeseinnahmen schmälernden Gesetz zugestimmt, aber gegen das zweite, die Ländereinnahmen schmälernde Gesetz den Vermittlungsausschuß angerufen und
nach Bestätigung des Bundestagsbeschlusses durch den Vermittlungsausschuß - die Zustimmung versagt und für den Fall, daß das Gesetz der Zustimmung nicht bedarf, vorsorglich Einspruch eingelegt.
Die Bundesregierung billigt die vom Bundestag gefundene Gesamtregelung, würde es aber für unbillig halten, wenn nur der Bund und nicht auch die Länder Mittel zum Ankauf der überwiegend von den Ländern geschuldeten Ausgleichsforderungen dem gemeinsamen Fonds zur Verfügung stellen müßte. Die Bundesregierung legt daher Wert darauf, daß, nachdem das erste Gesetz vom Bundesrat nicht beanstandet worden und demnach zustande gekommen ist, nun auch das von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und DP gemeinsam eingebrachte und vom Bundestag fast einstimmig beschlossene sowie vom Vermittlungsausschuß gutgeheißene zweite 'Gesetz zustande kommt. Die Bundesregierung ist mit dem Bundestag der Auffassung, daß dieses Gesetz nicht der Zustimmung des Bundesrats bedarf.
Die Bundesregierung bittet daher den Bundestag, den Einspruch des Bundesrats zurückzuweisen.
Wird weiter das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Schneider!
Namens meiner Fraktion gebe ich zu diesem Punkt der Tagesordnung folgende Erklärung ab.
Die FDP schließt sich der soeben gehörten Regierungserklärung in vollem Umfang an und wird für die Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrats stimmen. Die bei diesem Gesetz eingetretene verfassungsrechtliche Situation ist die beste Rechtfertigung für die von der FDP gegen den Bundesrat angestrengte Verfassungsklage wegen des Umfanges der Rechte des Bundesrates beim Erlaß des Bundesnotenbankgesetzes. Sollte diese unsere Klage in Karlsruhe zur Zeit noch nicht die dringend erwünschte Klärung der Rechtsfolge bringen, so wird der heute zur Entscheidung anstehende Fall - möglicherweise mit umgekehrten Parteirollen - eine Klärung erzwingen.
Wegen der Wichtigkeit des Gesetzes habe ich weiter den Antrag auf namentliche Abstimmung zu stellen und bitte das Hohe Haus, diesen Antrag zu unterstützen, zumal wir zur Überstimmung des Einspruchs des Bundesrats - weil er mit 30 zu 8 Stimmen erfolgt ist - die qualifizierte Mehrheit benötigen.
Meine Damen und Herren, das Wort wird weiter nicht gewünscht.
Damit die geschäftsordnungsmäßige und verfassungsmäßige Lage klar ist: die Ihnen vorliegende Drucksache Nr. 4659 enthält die Mitteilung des Vermittlungsausschusses, daß er das Gesetz bestätigt. Gemäß § 11 der gemeinsamen Geschäftsordnung würde sich dadurch eine nochmalige Abstimmung des Bundestags erübrigen. Weiter liegt Ihnen die Drucksache Nr. 4660 vor, in der der Präsident des Bundesrats mitgeteilt hat, der Beschluß, dieses Gesetz bedürfe der Zustimmung des Bundesrats und dem Gesetz werde nicht zugestimmt, solle als Einlegung des Einspruchs gelten, falls sich ergeben sollte, daß dieses Gesetz entgegen der Ansicht des Bundesrats nicht seiner Zustimmung bedürfe.
Die bevorstehende Abstimmung findet also auch unter dem Gesichtspunkt der Eventualität statt, daß das Gesetz zustimmungsbedürftig ist - was der Bundesrat behauptet. Für diesen Fall soll über den Einspruch abgestimmt werden. Da der Einspruch mit 30 Stimmen, also mit einer Zweidrittelmehrheit der Stimmen des Bundesrats erfolgt ist, kann dieser Einspruch - eventuell, sage ich noch einmal - mit einer Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder des Bundestags zurückgewiesen werden, mindestens aber mit der Mehrheit des Bundestags. Es müßten also mindestens 202 Abgeordnete, Verzeihung: 201 Abgeordnete - Herr Abgeordneter Dr. Doris ist nicht mehr dabei - gegen den Einspruch des Bundesrats stimmen. Es ist namentliche Abstimmung beantragt worden.
({0})
Im übrigen empfiehlt sich das auch zur Feststellung des tatsächlichen Stimmverhältnisses.
Ich komme also zur Abstimmung über den Einspruch des Bundesrats. Wer den Einspruch des Bundesrats verwerfen, als gemäß Art. 77 des Grundgesetzes zurückweisen will, muß mit Ja stimmen.
({1})
- Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist kein Zweifel: wer den Einspruch des Bundesrats zurückweisen will, muß mit Ja stimmen; wer dem Einspruch des Bundesrats stattgeben will, muß mit Nein stimmen. Wir sind hier bei einer Entscheidung des Bundestags.
({2})
Meine Damen und Herren, die namentliche Abstimmung ist im wesentlichen beendet. Ich bitte Sie, Ihre Plätze wieder einzunehmen.
({3}) Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Schlußabstimmung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Wohnungsbaugesetzes ({4}).
({5})
({6})
- Zu einer Erklärung Herr Abgeordneter Jacobi!
({7})
- Meine Damen und Herren, ich bitte Sie freundlichst, Ihre Plätze wieder einzunehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe zur Schlußabstimmung namens der sozialdemokratischen Fraktion folgende Erklärung abzugeben.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat sowohl in den Ausschußberatungen als auch anläßlich der zweiten und dritten Lesung der Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz ihrer ernsten Sorge um die Weiterführung des sozialen Wohnungsbaues Ausdruck gegeben. Ihre Sprecher haben darauf hingewiesen, daß vor allem die Bestimmungen der Novelle über den sogenannten gehobenen Wohnungsbau - also ihr § 21 e - mit dem Geist des Ersten Wohnungsbaugesetzes nicht vereinbar sind. Nachdem sämtliche Änderungsanträge der sozialdemokratischen Fraktion der Ablehnung verfallen waren, ohne daß ein ernsthaftes Bemühen der Regierungsmehrheit zu verspüren war, diese Anträge auch nur einer sachlichen Prüfung zu unterziehen,
({0})
hat sich die sozialdemokratische Fraktion außerstande gesehen, an der Schlußabstimmung der nach ihrer Auffassung für den sozialen Wohnungsbau schädlichen Vorlage mitzuwirken.
Wegen dieses Vorgehens ist die sozialdemokratische Fraktion, wie sich aus den Protokollen der 280. und 281. Sitzung ergibt, scharf kritisiert worden. Man hat ihr den Vorwurf gemacht, sie treibe eine „unwürdige Obstruktion". Diese Obstruktion, so wurde erklärt, gelte einem Gesetz, „das dem sozialen Wohnungsbau diene", ja, einem „Gesetz zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues".
({1})
Das Verhalten der sozialdemokratischen Fraktion I wurde darüber hinaus als eine „Methode von Totengräbern an der Demokratie" bezeichnet.
({2})
Die sozialdemokratische Fraktion bedauert die Unsachlichkeit derartiger Anwürfe aus dem Mund führender Politiker einer großen Fraktion dieses Hauses. Es ist Aufgabe der hinter einer Regierung stehenden Parteien, die Voraussetzungen für die Verabschiedung einer Vorlage der Regierung -ihrer Regierung - aus eigener Verantwortung sicherzustellen, wie es das Recht der Opposition ist, sich aller parlamentarisch zulässigen Mittel zu bedienen, um eine bedenkliche Regierungsvorlage zu Fall zu bringen.
({3})
Die sozialdemokratische Partei hat es nicht nötig, sich gegen den Vorwurf der Totengräberei an der Demokratie zur Wehr zu setzen.
({4})
- Sie hat, Kollege Kunze, in einer langen Tradition für eine wahrhaft demokratische Ordnung unendliche Opfer gebracht,
({5})
Opfer, deren sie sich in dieser Stunde nicht rühmen will, die jedoch groß und sichtbar genug sind, um die Sozialdemokratie vor Schmähungen und Verdächtigungen zu schützen.
({6})
Auch die Erregung einer leidenschaftlichen Stunde und ein bevorstehender Wahlkampf sind kein Freibrief für Erklärungen diffamierenden Charakters,
({7})
für Erklärungen, die zudem politischen Kräften nicht anstehen, in deren unmittelbarer Nachbarschaft zur Zeit ein förmliches Buhlen um die wirklichen „Totengräber der Demokratie",
({8})
nämlich führende Kräfte der früheren nationalsozialistischen Partei, der Verderberin Deutschlands, eingesetzt hat.
({9})
Zur Novelle selbst wiederholen wir, daß wir ihr nicht zuzustimmen vermögen. Sie ist nach unserer Auffassung kein Mittel, den sozialen Wohnungsbau zu fördern, sie führt vielmehr den Wohnungsbau für die breiten Schichten der Bevölkerung in unübersehbare neue Schwierigkeiten. Die Abzweigung öffentlicher Mittel für den sogenannten gehobenen Wohnungsbau bringt zwangsläufig eine Minderung der Finanzmittel für den sozialen, d. h. den der Versorgung der minderbemittelten Schichten zugedachten Wohnungsbau mit sich.
({10})
Die SPD kann diesen gehobenen Wohnungsbau mit Mieten von 1,65 DM für den Quadratmeter und der weiterhin möglichen Ausbeutung wohnungsuchender Mieter durch überwiegend verlorene Baukostenzuschüsse unter gleichzeitiger Verwendung öffentlicher Mittel nicht mehr als sozialen Wohnungsbau ansehen.
({11})
({12})
Sie befürchtet zudem, daß die in der Novelle vorgesehenen Ermächtigunegn zur Erhöhung der Richtsatzmieten für den sozialen Wohnungsbau mangels genauer Konkretisierung der objektiven Voraussetzungen zu einer schematischen, allgemeinen Erhöhung der Mieten des sozialen Wohnungsbaues führen werden.
({13})
Eine solche Entwicklung aber muß um so bedenklicher stimmen, als mit ihr die Spanne zwischen Althaus- und Neubaumieten weiter anwächst, ohne daß ein gangbarer Ausweg zur Lösung dieses wirtschafts- und sozialpolitisch in gleicher Weise schwierigen Problems gewiesen wird.
Auch die Streichung der bisherigen Begrenzung der Mietsätze für den steuerbegünstigten Wohnungsbau in § 27 des Wohnungsbaugesetzes gibt zu Bedenken Anlaß, zumal sie rückwirkend für alle im Wege der Steuerbegünstigung finanzierten Wohnungen gilt.
Im übrigen ist die SPD bei den Beratungen der Novelle nachdrücklich dafür eingetreten, der Parole von der Förderung des Eigenheimbaus die reale Fundierung durch Bereitstellung von Sondermitteln zu geben. Obwohl ihr Antrag, hierfür 200 Millionen DM freizustellen, auf das Haushaltsjahr 1954/55 abgestellt war, ist ihm von den Regierungsparteien schon jetzt der Einwand der mangelnden Deckung entgegengehalten worden. Die mit diesem erstaunlichen Argument begründete Ablehnung unseres Antrages machte offenbar, daß einer wirklich sinnvollen und praktisch anwendbaren Förderung des Eigenheimbaus von den Regierungsparteien ausgewichen wird.
({14})
Selbst in einer späteren amtlichen Presseveröffentlichung hat der Herr Bundesminister für den Wohnungsbau das unbegründete Argument der mangelnden Haushaltsdeckung wiederholt und damit eine wenig sorgfältige Prüfung des SPD-Antrags kundgetan.
Nach allem sieht sich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion gezwungen, die nach ihrer festen Überzeugung für den sozialen Wohnungsbau verderbliche Novele abzulehnen.
Im übrigen beantrage ich namens meiner politischen Freunde namentliche Abstimmung.
({15})
Meine Damen und Herren! Des Antrags auf namentliche Abstimmung bedarf es nicht. Der Antrag ist schon vor der letzten Schlußabstimmung gestellt worden; er bleibt sowieso aufrechterhalten.
({0})
- Zunächst Herr Abgeordneter Lücke, Herr Abgeordneter Paul.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, im Namen der CDU/ CSU-Fraktion, der FDP-Fraktion, der DP-Fraktion und der FU-Fraktion zur Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz folgende Erklärung abzugeben.
({0})
Die Beratung der Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz ist bis zur dritten Lesung des Entwurfs im Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen in weitgehender sachlicher Übereinstimmung geführt worden, wie wir das in diesem Ausschuß bisher nicht anders gewöhnt waren. Wie bei allen vorhergehenden Gesetzen, die in diesem Ausschuß beraten wurden, ergaben sich auch hier Meinungsverschiedenheiten, deren Überbrückung jedoch keineswegs unüberwindlich schien. Erst nach Abschluß der Einzelberatung in der zweiten Ausschußlesung brachte die SPD-Fraktion plötzlich zur dritten Ausschußberatung 48 Änderungsanträge ein.
({1})
Trotz dieses geschäftsordnungsmäßig ungewöhnlichen Vorgehens und trotz des starken Zeitdrucks, unter dem alle Ausschüsse des Hohen Hauses in den letzten Wochen zu arbeiten gezwungen waren,
({2})
sind diese Anträge im einzelnen sehr gründlich beraten worden.
({3})
- Sie wurden zum Teil sogar angenommen, Herr Kollege Jacobi. Ich darf Sie bitten, die Protokolle nachzusehen. Zum Teil wurden sie vom Kollegen Meyer zurückgezogen. Ein großer Teil der Anträge, der unbrauchbar war, wurde abgelehnt.
Das Verhalten der SPD-Fraktion bei der dritten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag machte sichtbar, daß dieses ungewöhnlich bedeutende Sozialgesetz zu Fall gebracht werden sollte.
({4})
Seitdem wurde in der Öffentlichkeit der Versuch unternommen, den Gesetzentwurf als sozial untragbar hinzustellen.
({5})
Hierzu stelle ich fest: Eine generelle Erhöhung der Richtsatzmiete ist in der Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz nicht vorgesehen.
({6})
Die Novelle gibt lediglich den Ländern die Möglichkeit, in eigener Zuständigkeit und Verantwortung die seit Erlaß des Ersten Wohnungsbaugesetzes eingetretenen Preis- und Lohnerhöhungen
({7}) in eng begrenztem Ausmaß zu berücksichtigen.
({8})
Damit wird der bereits in einigen - darunter auch in sozialistisch geführten - Ländern geübten Praxis entsprochen,
({9})
die eine teilweise Angleichung der Richtsatzmieten an die veränderten Preis- und Lohnverhältnisse bereits vorgenommen und sich damit in Widerspruch zum Ersten Wohnungsbaugesetz begeben haben.
({10})
Der Deutsche Gewerkschaftsbund bringt in seinem Schreiben an die Bundestagsabgeordneten vom
({11})
24. Juli zum Ausdruck, daß die Verabschiedung des Gesetzentwurfs in der vorliegenden Fassung einen starken Druck auf die Lohn- und Gehaltspolitik ausüben werde.
({12})
Diese Behauptung entbehrt jeder sachlichen Grundlage.
({13})
Auch die sozialdemokratische Opposition hat in ihrem Initiativgesetzentwurf der Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz in ähnlicher Form eine Korrektur der Richtsatzmiete gefordert, wie sie jetzt in der Vorlage enthalten ist.
({14})
Die SPD begründet nunmehr ihre Ablehnung des vorliegenden Gesetzentwurfs insbesondere mit der Behauptung, daß die vorgesehene Möglichkeit einer selbstverantwortlich gebildeten Miete eine Gefährdung des sozialen Gehalts des Ersten Wohnungsbaugesetzes bedeute.
({15})
Diese Bedenken sind im Ausschuß eingehend geprüft worden. Wir halten danach die Sorge der Opposition für unbegründet, und zwar vor allem deshalb, weil eine Nachprüfung der selbstverantwortlich gebildeten Miete vom Mieter jederzeit gefordert werden kann.
({16})
Das schließt automatisch eine willkürliche
Festsetzung der Miete durch den Hausbesitzer aus.
Die Sozialdemokratische Partei hat in ihrer Erklärung darauf hingewiesen, daß die Koalition und die FU den Antrag auf Bereitstellung der 200 Millionen DM zur Vorfinanzierung der Eigenmittel zur Förderung des Eigenheimbaues abgelehnt haben. Jawohl, diesen Antrag haben wir abgelehnt,
({17})
weil kein Versuch zur Deckung dieser Ausgabe unternommen worden ist.
({18})
Ich brauche für die Parteien, für die ich spreche, nicht besonders zum Ausdruck zu bringen, daß uns das Anliegen des Eigenheimbaues viel zu wertvoll ist, als daß wir es in dieser Weise behandeln lassen wollen.
({19})
Die von mir genannten Fraktionen stimmen der Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz zu.
({20})
Es handelt sich hier um eine wahrhaft fortschrittliche, soziale Tat,
({21})
die die Wohnungsbaupolitik dieses Hauses krönen
soll und die würdig ist, als letzter Punkt der Tagesordnung von diesem Parlament behandelt zu wenden.
({22})
Wir begrüßen es vor allem, daß der Entwurf eine Steigerung des sozialen Wohnungsbaus von 1,8 auf 2 Millionen Wohnungseinheiten innerhalb von fünf Jahren ermöglicht.
({23})
In diesem Jahre - die Zahlen liegen vor - haben wir nicht 400 000, sondern 500 000 Wohnungen gebaut.
({24})
Erstmals in der Geschichte des Wohnungsbaus ist auch ein fester Betrag in Höhe von mindestens 500 Millionen DM für die Dauer von vier Jahren in den ordentlichen Haushalt des Bundes eingesetzt worden.
Die Koalition gibt dem Entwurf vor allem deshalb ihre Zustimmung, weil er die Möglichkeit schafft, größere Wohnungen für kinderreiche Familien zu errichten,
({25})
und unserer ständig wiederholten Forderung nach einer vorrangigen Förderung des Eigentums weitgehend Rechnung trägt.
Für die CDU/CSU-Fraktion - und ich darf das wohl auch im Namen der FDP-, der DP- und der FU-Fraktion aussprechen - bedeutet die Novelle nur einen weiteren Schritt zur Förderung des Wohnungsbaus. Ich betone: nur einen weiteren Schritt.
({26})
Diese Gesetzgebungsarbeit wird ihren endgültigen Abschluß in der Verabschiedung des von mir und meinen Freunden eingebrachten Gesetzentwurfs zur Schaffung von Familienheimen bilden. Es war nicht möglich, diesen Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode zur Verabschiedung zu bringen. Erst damit wird den breiten Schichten unseres Volkes die echte Chance gegeben werden, über den Wohnungsbau auch persönliches Eigentum an Haus und Boden zu erwerben. Darum haben meine Freunde, hat der größte Teil der Koalition dem Baulandbeschaffungsgesetz zugestimmt.
Vielleicht wird der Opposition die Zustimmung zu diesem Gesetz in letzter Minute durch die Erklärung des Gesamtverbandes gemeinnütziger Wohnungsunternehmen, der Ihnen ja nicht unbekannt sein dürfte und der das größte deutsche Wohnungsunternehmen darstellt, in den „Wohnungswirtschaftlichen Informationen" vom 11. dieses Monats erleichtert; sie ist also nach der Bonner Abstimmung herausgegeben. Es heißt darin wörtlich - die Erklärung stammt von einem maßgebenden Sprecher der gemeinnützigen deutschen Wohnungswirtschaft -:
Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft wird es bedauern, daß die Novelle nicht mehr zustande kam, sei es mit oder gegen die Stimmen der Opposition.
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({28})
- Sie können ihn gern lesen! Der Artikel ist sehr umfangreich. Ich habe Ihnen ja die Nummer der Zeitschrift gesagt.
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- Man kann durch Lautstärke Argumente nicht zugkräftiger machen.
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Die Verabschiedung dieses Gesetzes darf keine Minute weiter verzögert werden. Die Beratungsdauer war ungewöhnlich lang. Ich richte deshalb auch von hier aus im Namen der genannten Parteien an den Bundesrat den dringenden Appell, dem Gesetz seine Zustimmung zu geben.
Die genannten Fraktionen stimmen dem Gesetz zu.
({31})
Das Wort hat der Abgeordnete Paul.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz ist ein weiterer Schritt der Adenauer-Regierung auf dem Wege zur Durchsetzung des kapitalistischen Rentabilitätsprinzips
({0})
und der Aufhebung aller Mietpreisbestimmungen. Von einem sozialen Wohnungsbau kann nicht mehr gesprochen werden. Neubauwohnungen stehen nur noch für die zur Verfügung, die hohe Mieten zahlen können. Die Politik der Bundesregierung hat zu einer enormen Steigerung der Baukosten geführt. Der größte Teil der Wohnungssuchenden, insbesondere die Flüchtlinge und Sozialempfänger, sind nicht in der Lage, die in vielen Fällen geforderten Baukostenzuschüsse oder Mietvorauszahlungen aufzubringen. Von der Regierung wurde nichts unternommen, diesen untragbaren Zustand zu ändern. Im Gegenteil, sie hat durch ihre Politik diesen unsozialen Zustand gefördert. Auf dem Gebiete des Wohnungsbaues will die Bundesregierung die Kostenmiete durchsetzen, wie mehrfach erklärt wurde. Nach ihrer Meinung sollen 20 bis % des Bruttoeinkommens der Arbeiter und Angestellten als Mietpreis gelten.
({1})
Nach der vorliegenden Novelle sollen in der Zukunft noch weniger Mittel für den Bau von Wohnungen für die arbeitende Bevölkerung bereitstehen. Die bisher schon ungenügenden Mittel sollen in den sogenannten „gehobenen Wohnungsbau" gehen. Die minderbemittelten Schichten der Bevölkerung haben dann noch geringere Aussichten, eine menschenwürdige Wohnung zu erhalten. Nach der Novelle kann nämlich die Richtsatzmiete um 33 1/3, sogar bis zu 50 % überschritten werden. Das bedeutet demnach, daß eine 60 qm große Wohnung rund 100 Mark kosten wird. Die unsoziale Wohnungsbaupolitik der Adenauer-Regierung wird damit vor jedem westdeutschen Wohnungssuchenden sichtbar.
In der Novelle wird kein bestimmter Prozentsatz der Neubauwohnungen festgelegt, für die keine Finanzierungsbeiträge zu leisten sind. Das kennzeichnet den unsozialen Charakter der Vorlage. Nach § 21 e kann unter nicht näher bezeichneten Merkmalen für Neubauwohnungen der Bauherr die selbstverantwortlich gebildete Miete beantragen. Dieser Begriff wird zur weiteren Erhöhung der Mieten führen.
Befriedigt schreibt dazu das „Handelsblatt" vom 8. Juli dieses Jahres:
Der § 21 e ist mit dem Willen geschaffen, eine Annäherung an echte Kostenverhältnisse zu ermöglichen.
Damit dürfte es jedem klarwerden, was die Adenauer-Regierung auf dem Gebiete des Wohnungsbaues will. Dieser Kurs ist unsozial und richtet sich gegen die arbeitende Bevölkerung. Er liegt im Interesse der kapitalistischen Kreise, die hohe Gewinne aus dem Wohnungsbau herausholen wollen.
({2})
Die Gesetzesvorlage, die heute hier zur Schlußabstimmung steht, steht in schroffem Widerspruch zu dem Wahlversprechen des Herrn Dr. Adenauer. In seiner Wahlrede in der Westfalenhalle versprach er, daß in den nächsten vier Jahren jährlich 500 000 Wohnungen gebaut werden sollen.
({3})
Aber zur gleichen Zeit hat die Regierungskoalition im Bundestag alle Anträge der SPD und KPD, größere Mittel für den sozialen Wohnungsbau bereitzustellen, rücksichtslos abgelehnt. Herr Dr. Adenauer hat es in seiner Wahlrede unterlassen, seinen Zuhörern darüber Auskunft zu geben, daß während seiner vierjährigen Regierungstätigkeit die Baukosten um 20 bis 25 % gestiegen und die Mieten hochgetrieben wurden.
({4})
Kein Wort hat er davon gesagt, daß die Regierungsparteien das Ziel verfolgen, jegliche Mietpreisbindungen und alle restlichen Mieterschutzbestimmungen zu beseitigen. Mit billigen Wahlversprechungen will die Adenauer-Koalition die Wähler über ihre volksfeindliche Politik täuschen.
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Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren von der Adenauer-Koalition: Das wird Ihnen diesmal nicht gelingen.
({6})
Die kommunistische Fraktion lehnt die Gesetzesvorlage ab. Wir befinden uns dabei in Übereinstimmung mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund, den Mieterverbänden und den Millionen Wohnungsuchenden. Die KPD verlangt, daß mehr Mittel, und zwar 10 % des Bundeshaushalts, für einen echten sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Wir fordern den Bau von mehr Wohnungen zu sozial tragbaren Mieten für die Minderbemittelten. Insbesondere ist es notwendig, daß Klein- und Mittelwohnungen gebaut werden, damit sehr bald die Elendsquartiere und Bunker geräumt werden können. Man darf nicht zulassen, daß die im Ersten Wohnungsbaugesetz festgelegte Richtsatzmiete durch diese Novelle überschritten wird. Wir Kommunisten haben in den vergangenen 4 Jahren versucht, Ihnen Vorschläge für die Förderung eines wirklichen sozialen Wohnungsbaues zu unterbreiten.
({7})
({8})
Wir treten nach wie vor für den wirklichen sozialen Wohnungsbau im Interesse der breiten Volksmassen ein; und weil wir das tun, lehnen wir diese mietverteuernde Novelle, diese volksfeindliche Regierungsvorlage ab.
({9})
Meine Damen und Herren! Bevor ich zur Schlußabstimmung komme, gebe ich das vorläufige Ergebnis *) der Abstimmung über den eventuellen Einspruch des Bundesrats betreffend den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Landeszentralbanken bekannt. Es haben sich beteiligt 367 stimmberechtigte Abgeordnete und 17 Berliner Abgeordnete. Für die Zurückweisung des Einspruchs haben gestimmt 331 stimmberechtigte Abgeordnete und 17 Berliner Abgeordnete, gegen die Zurückweisung des Einspruchs 24 Abgeordnete; 12 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Der
eventuelle Einspruch des Bundesrats ist mit der in Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes vorgeschriebenen Mehrheit zurückgewiesen.
({0})
Meine Damen und Herren, ich komme zur Schlußabstimmung, und zwar im Wege der namentlichen Abstimmung, über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Wohnungsbaugesetzes. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln.
({1})
Meine Damen und Herren, ich frage: Sind noch Abgeordnete vorhanden, die die Stimme abzugeben wünschen? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die namentliche Abstimmung.
({2})
Ich wäre den Abgeordneten, die an den äußersten rechten und linken Flügeln sitzen, dankbar, wenn sie etwas nach innen rücken würden, damit die Herren Abgeordneten, die in den Gängen stehen, die Möglichkeit haben, sich hinzusetzen.
Meine Damen und Herren, ich darf die Pause des Auszählens zu einer Mitteilung benützen. Es ist für die Mitglieder des Hauses die Möglichkeit vorgesehen, nach Schluß der Sitzung mit Omnibussen nach Bonn zurückzufahren. Ein Omnibus wird 1 Stunde nach Sitzungsschluß fahren, zwei weitere 11/2 Stunden nach Sitzungsschluß, und zwar vom Seiteneingang des Funkhauses.
Außerdem bitte ich Sie dringend, beim Tagungsbüro im Hause vorbeizugehen, um die Post und die noch vorhandenen für Sie vorgesehenen Gegenstände abzuholen.
Meine Damen und Herren, ich gelbe das vorläufige Ergebnis **) der Abstimmung über den Entwurf
eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Wohnungsbaugesetzes, und zwar der Schlußabstimmung, bekannt. Es haben sich 368 stimmberechtigte Abgeordnete beteiligt und 17 Berliner
Abgeordnete. Mit Ja haben gestimmt 220 stimmberechtigte Abgeordnete und 9 Berliner Abgeordnete, mit Nein 143 stimmberechtigte Abgeordnete
und 8 Berliner Abgeordnete bei 5 Enthaltungen
von stimmberechtigten Abgeordneten. Damit ist
das Gesetz in der Schlußabstimmung angenommen.
({3})
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 14283, 1. Abstimmung
**) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 14283, 2. Abstimmung
Ich komme zur Abstimmung über die vom Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen vorgelegten Entschließungen unter Ziffer II 2 des Antrags des Ausschusses auf Seite 7 der Drucksache Nr. 4593. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Entschließungen zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag, die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich komme zum vierten und letzten Punkt der Tagesordnung:
Beratung der Übersicht Nr. 69 über Anträge
von Ausschüssen des Deutschen Bundestages
betreffend Petitionen ({4}).
Ich bitte die Damen und Herren, die den Anträgen in der Übersicht Nr. 69 Umdruck Nr. 1075 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wir sind am Ende der Tagesordnung. Das Wort hat der Abgeordnete Löbe erbeten.
Werte Abgeordnete des ersten Deutschen Bundestages! Am Ende einer vierjährigen Wahlperiode voll reicher Arbeit geziemt es sich, ein Wort des Dankes zu richten an den Herrn Präsidenten und die Vizepräsidenten für die Umsicht und Energie, mit der sie unsere Arbeiten geleitet und gefördert haben.
({0})
Manchmal, wenn wir auf unseren Tischen die Tagesordnung fanden - 12 Punkte, 20 Punkte, 30, auch 40 sind es manchmal gewesen -, da beschlich uns die Sorge, wie wir diese Flut würden bewältigen können. Es ist jedesmal gelungen, dank der gewandten Geschäftsführung durch den jeweiligen Präsidenten.
Manchmal, wenn die Meinungen hart aufeinanderprallten und die Temperamente etwas zu lebhaft ausbrachen, konnte die Sorge entstehen, ob nicht unsere Beratungen dauernd dadurch geschädigt und im Ansehen herabgesetzt werden konnten. Auch diese Klippen sind umschifft worden. Nicht daß jeder einzelne mit jeder einzelnen Anordnung immer einverstanden gewesen wäre - aber wir kennen doch das alte Sprichwort: Allen Leuten recht getan, ist eine unerreichbare Kunst. Und dem Kritiker möchte ich nur sagen: erst besser machen, dann bemängeln.
({1})
Ich darf den Dank des Hauses auch den Herren und Damen Schriftführern ausdrücken, die bei den etwas häufigen namentlichen Abstimmungen und Auszählungen ihres Amtes gewaltet haben, und ich darf den Herrn Präsidenten bitten, allen Mitarbeitern in den vielen Büros bis zu den bescheidensten Bediensteten unseren Dank zu sagen. Sie haben in schweren Tagen und gar manchmal in Nachtarbeit unsere Arbeit gefördert.
({2})
Deshalb allen Genannten unseren aufrichtigen Dank.
({3})
Mein sehr verehrter Herr Kollege Löbe! Meine Damen und Herren! Ich bin bewegt durch das, was Sie gesagt haben. Ich darf mich wohl auch zum Sprecher der Herren Vizepräsidenten, der Herren Schriftführer und aller anderen, die Sie so freundlich erwähnt haben, machen, wenn ich Ihnen für die Worte und für die Art und Weise, wie Sie sie gesagt haben, danke.
({0})
Ich darf aber diesen Dank zurückgeben in großer Bewegung darüber, daß wir in Ihrer Person, sehr verehrter Herr Alterspräsident Löbe, den lebendigen Repräsentanten einer freien demokratischen Tradition in unserem Parlament gehabt haben.
({1})
Ich hoffe, daß Sie, selbst wenn Sie dem neuen Bundestag nicht angehören sollten, wie ich es zu meinem Bedauern als Ihren Plan gehört habe, auch dem zweiten Deutschen Bundestag Ihren wertvollen Rat nicht versagen werden.
({2})
Meine Damen und Herren! Wir sind am Schluß der voraussichtlich letzten Sitzung des Bundestages. Ich glaube, daß es unsere Pflicht ist, in diesem Augenblick noch einmal der Kollegen zu gedenken, die uns im Tod vorangegangen sind.
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Ich nenne die Namen der 28 Abgeordneten, die in diesen vier Jahren durch den Tod abgerufen worden sind, im Jahre 1949 die Abgeordneten Dr. Linnert, Sewald, Klinge, Dr. Ziegler, im Jahre 1950 die Abgeordneten Schönauer, Krause, Dr. Falkner, Klabunde, im Jahre 1951 die Abgeordneten Rüdiger, Leddin, Loibl, Roth, Dr. Hamacher, Fischer und Brunner, im Jahre 1952 die Abgeordneten Stopperich, Kohl ({4}), Knothe, Schröter ({5}), Bundesminister Wildermuth, Lohmüller, Weickert, Pascheck, Dr. Schumacher, Dr. Povel, Mayer ({6}), im Jahre 1953 die Abgeordneten Freiherr von Rechenberg und Professor Dr. Erik Nölting. Jeder dieser Kollegen steht uns und insbesondere den Freunden seiner eigenen Fraktion lebendig vor Augen. Wir, die wir heute versammelt sind, haben die Zeit dieser vier Jahre durchstehen können. Sie sind uns vorangegangen und haben uns und, ich hoffe, auch künftigen deutschen Parlamenten ein Beispiel des Einsatzes für die Aufgaben eines deutschen Parlamentes und einer deutschen Demokratie gegeben. Wir denken in dieser Stunde dankbar an sie und werden ihrer in dieser Dankbarkeit auch in unserer politischen Arbeit, wo sie denn sein mag, in der Zukunft gedenken. Ich danke Ihnen, daß Sie sich von Ihren Plätzen erhoben haben.
In einer Zeitung habe ich gelesen, daß geplant sei, im übrigen „preisend mit viel schönen Reden" der verflossenen vier Jahre zu gedenken. Ich habe nicht diese Absicht. Ich möchte die Beurteilung der Arbeit des Bundestages, des ersten Deutschen Bundestages, der Geschichte und dem deutschen Volk überlassen. Wir helfen nichts dazu, wenn wir hier lobende Worte über uns selbst sagen. Aber es scheint mir notwendig zu sein, einige Daten zu nennen, die auch uns in Erinnerung rufen, was in diesen Jahren geschehen ist. Es sind registriert worden 282 Plenarsitzungen, 5470 Ausschußsitzungen und 1768 Fraktionssitzungen, mit den Sitzungen des Vorstandes und des Ältestenrates zusammen 7734 Sitzungen. Ich glaube, daß für jeden, der ein nüchternes Urteil über ein Parlament fällt, damit ein Hinweis auf eine eminente Arbeit gegeben ist, und ich brauche nicht einmal noch die Zahl, die einer der Herren Schriftführer ausgerechnet hat, zu nennen, daß wir in den Plenarsitzungen dieser Jahre 1542 Stunden, d. h. pausenlos 64 Tage zusammengewesen sind.
Was mir wichtiger ist-und ich sage das deshalb heute sehr betont -, ist die Frage, ob diese Arbeit des deutschen Parlaments, unseres Bundestags, bei dem deutschen Volk, das die Abgeordneten hierhergesandt hat, ein Echo und eine Anteilnahme gefunden hat. Wenn wir in diesen Jahren im Parlament 920 000 Besucher gehabt haben, dann ist das jedenfalls nicht ein Beweis dafür, daß die Arbeit dieses Bundestages sich unter Ausschluß der Öffentlichkeit vollzogen hätte. Ich sage das mit besonderer Freude darüber, daß wir in einem erstaunlichen Maße die Anteilnahme und den Besuch der Jugend gehabt haben. Es sind kürzlich Parlamentarier aus einem anderen europäischen Staate hiergewesen, die gesagt haben, daß nach ihrer Meinung sicher noch niemals eine Schulklasse in ihrem Parlament gewesen sei. Ich möchte hier aussprechen, es ist der Stolz und die Freude des Deutschen Bundestages, daß die deutsche Jugend in diesem Maße an der parlamentarischen Arbeit und somit am Aufbau ihres Staates einen lebendigen Anteil genommen hat.
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Es ist in diesen vier Jahren an den Gesetzen viel gearbeitet worden. Meine Damen und Herren, Sie alle haben 4767 Drucksachen in die Hand bekommen. Ich weiß nicht, wie viele von Ihnen sie als Erinnerung an diese vier Jahre aufbewahren werden
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und auch nur den Platz haben, sie aufzubewahren.
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Wir haben 765 Gesetzentwürfe bekommen und haben über 500 verabschiedet.
Meine Damen und Herren, erlassen Sie mir, weitere Zahlen zu nennen. Jeder von Ihnen, der in der Arbeit dieses Hauses gestanden hat, weiß um die Überforderung, die an dieses Parlament in der Fundamentierung eines neuen deutschen Staates gestellt worden ist. Es ist nicht mein Auftrag, in diesem Hause über Erfolg oder Mißerfolg zu sprechen. Aber daß alle Menschen, die in diesem Hause versammelt waren, ihre ganze Kraft darangesetzt haben, dem neuen deutschen Staat eine Grundlage des Rechtes und des Gesetzes zu geben und diese Grundlage auch handhaben zu lassen, das darf doch wohl als unsere gemeinsame Überzeugung ausgesprochen werden.
Wir wissen nicht, meine Damen und Herren, wie der zweite Deutsche Bundestag aussehen wird. Das eine wissen wir aber, daß dieser zweite Deutsche Bundestag nicht minder als der erste vor ungeheuren Aufgaben stehen wird, die alle Kräfte erfordern werden, alle Kräfte des Geistes, des Körpers, aber auch der inneren Verantwortung.
Wir wissen, in wie starkem Maße wir von der Entwicklung der Weltverhältnisse abhängig sind. Es ist beinahe symbolhaft, daß am Ende der Arbeit des ersten Deutschen Bundestages der Abschluß des
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Waffenstillstands in Korea steht. Wir haben in diesen ganzen Jahren fast in jeder einzelnen Frage lernen müssen, wie stark wir gerade mit dieser Auseinandersetzung und den dadurch hervorgerufenen Weltverhältnissen in Verbindung gestanden haben. Ich halte es für meine Pflicht, in diesem Augenblick, gerade nachdem dieser Waffenstillstand abgeschlossen ist, in Ehrfurcht der Opfer zu gedenken,
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die das koreanische Volk hat bringen müssen, und der Toten vieler, vieler Nationen, die in diesen bitteren Kämpfen ihr Leben gelassen haben. Ich glaube, daß auch dieses Bezeugen unseres Mitgefühls ein Ausdruck der Tatsache ist, daß wir uns nicht isoliert, sondern in einer inneren Verbindung mit den in Freiheit lebenden Völkern dieser Erde wissen. Ich danke Ihnen.
Am Ende dessen, was ich zu sagen habe, meine Damen und Herren, und am Ende dessen, was wir, glaube ich, in diesem Augenblick zu bedenken haben, steht aber unser eigenes Volk und Land. Wir haben die Grundlage für die Bundesrepublik Deutschland legen müssen. Wir haben unsere Arbeit - und ich meine, das für alle Mitglieder dieses Hauses sagen zu müssen und zu dürfen - verstanden als eine Verantwortung für ganz Deutschland, die wir in der Arbeit an dieser Bundesrepublik wahrgenommen haben.
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Unsere Gedanken beim Schluß der letzten Sitzung des ersten Deutschen Bundestages gelten allen Deutschen, insbesondere denen, die in Not und Unterdrückung leben. Ich hoffe, daß der zweite Deutsche Bundestag, wenn er seine Arbeit beginnt und tut, den Tag mit herbeiführen kann, daß er, wenn er seine Arbeit abschließt, nicht mehr von einem geteilten Deutschland, sondern von einem einigen und freien Deutschland sprechen kann.
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Ich danke Ihnen allen für Ihre Mitarbeit, insbesondere denen, die in den Ausschüssen dieses Bundestags in besonderer Weise beansprucht gewesen sind. Ich hoffe, daß wir in diesen Wochen vor der Wahl von dem, was wir gemeinsam getan haben, etwas bewähren können, und ich wünsche dem zweiten Deutschen Bundestag, daß er seine Arbeit für Deutschland erfolgreich und in Segen tun kann.
Ich schließe die 282. Sitzung des Deutschen Bundestags.
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