Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 275. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es suchen um Urlaub nach für 14 Tage wegen Erkrankung die Abgeordneten Dr. Laforet, Schill, Tichi, Dr. Handschumacher.
Der Herr Präsident hat Urlaub erteilt für drei Tage den Abgeordneten Frau Strobel, Neubauer, Richter ({0}), Feldmann, Eberhard, ferner den Mitgliedern der Fraktionen, die an den Sitzungen des Europarates teilnehmen.
Der Herr Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Dr. Seniler, Frau Dr. Rehling, Jahn, Löbe, Lausen und Langer.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Dr. Bucerius, Kalbfell, Gockeln, Margulies, Kemper, Dr. von Brentano, Hilbert, PeLster, Frau Dr. Steinbiß, Dirscherl, Baur ({1}), Weltner, Dr. Henle, Wönner, Dr. Kopf, Aumer, Kahn, Dr. Koch, Frau Brauksiepe und Dr. Reismann.
Ich nehme an, daß das Haus mit der Erteilung des Urlaubs, soweit er über eine Woche hinausgeht, einverstanden ist.
Ich habe Glückwünsche auszusprechen dem Herrn Abgeordneten Dr. Etzel ({0}) zum 71. Geburtstage am 21. Juni
({1})
und der Frau Abgeordneten Wolff zum 65. Geburtstage am 22. Juni.
({2})
Zur heutigen Tagesordnung habe ich Ihnen gemäß einer Vereinbarung in der heutigen Sitzung des Ältestenrates vorzuschlagen, daß zusätzlich, und zwar in Verbindung mit dem Punkt 5 der Tagesordnung, die Elfte Verordnung über Zollsatzänderungen, Drucksache Nr. 4456, und die Zwölfte Verordnung über Zollsatzänderungen, Drucksache Nr. 4546, behandelt werden.
Wegen der Fragestunde ist eine Vereinbarung dahin zustande gekommen, daß wir die Fragestunde heute und morgen in der Dauer von je einer halben Stunde stattfinden lassen, da einige der Herren Minister heute nicht zur Verfügung stehen und die sie betreffenden Fragen, insbesondere die, die den Herrn Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen angehen, morgen behandelt werden.
Schließlich habe ich bekanntzugeben, daß der Herr Abgeordnete Hagge mir mitgeteilt hat, daß er aus der Fraktion der CDU/CSU ausgetreten und der Fraktion der Freien Demokratischen Partei beigetreten ist.
({3})
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 19. Juni 1953 den folgenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht gestellt:
Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr;
Gesetz über Sortenschutz und Saatgut von Kulturpflanzen - Saatgutgesetz -;
Gesetz zur Änderung von einzelnen Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze;
Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung;
Gesetz über die Verwaltung der Deutschen
Bundespost - Postverwaltungsgesetz -;
Flurbereinigungsgesetz; Bundesbeamtengesetz;
Gesetz über die Rechtsstellung der in den Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes;
Gesetz über die Anrechnung von Renten in der Arbeitslosenfürsorge;
Gesetz über den Finanzausgleich in den Ländern in den Rechnungsjahren 1953 und 1954..
Zu den folgenden Gesetzen hat der Bundesrat in seiner Sitzung vorn 19. Juni. 1953 den Vermittlungsausschuß angerufen:
Gesetz zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes;
({4})
Gesetz zum Ausgleich der von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherungen für das Rechnungsjahr 1953 zu tragenden Mehraufwendungen.
Der Vorsitzende des Vermittlungsausschusses hat unter dem 18. Juni 1953 mitgeteilt, daß der vom Deutschen Bundestag in seiner 262. Sitzung verabschiedete Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Lastenausgleich bestätigt wird.
Der Herr Bundesminister der Justiz hat unter dem 16. Juni 1953 die Kleine Anfrage Nr. 341 der Fraktion der SPD betreffend Ausschreitungen im Flugplatzgebiet im Kreis Wittlich, Bezirk Trier, - Drucksache Nr. 4414 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4531 vervielfältigt.
Meine Damen und Herren! Ich rufe also zunächst die erste Hälfte der
Fragestunde ({5})
auf, und zwar die erste Frage an den Herrn Bundesminister für Vertriebene. Wir beginnen mit der Fragestunde um 13 Uhr 36 Minuten.
Das Wort hat der Abgeordnete Ehren. Ehren ({6}), Anfragender:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher unternommen, um den Tausenden von deutschen Menschen in Oberschlesien, die mit Gewalt daran gehindert werden, zu ihren in Westdeutschland befindlichen Angehörigen überzusiedeln, die Wiedervereinigung mit ihren Angehörigen zu ermöglichen?
Welche Aussichten sieht die Bundesregierung zur Lösung dieser Frage, die viele Tausende Menschen aufs tiefste bewegt?
Zur Beantwortung der Anfrage hat das Wort der Herr Bundesminister für Vertriebene.
Die Zerreißung der Familien durch die Ereignisse des Jahres 1945 nicht nur in Oberschlesien, sondern in allen Gebieten, aus denen Deutsche vertrieben wurden, ist ein besonders tragisches Kapitel der Nachkriegsgeschichte. Die Bundesregierung hat sich mit allem Nachdruck für die Zusammenführung dieser Familien eingesetzt. Durch die Aussiedlung von über 60 000 Deutschen aus den Ostgebieten und aus der Tschechoslowakei ist es gelungen, viele Tausende Familien wieder zu vereinen.
Ich kenne die unbeschreibliche seelische Not jener Deutschen, die bisher noch nicht mit ihren Angehörigen zusammengeführt werden konnten. Sie dürfen versichert sein, daß sie nicht vergessen wurden. Die Bundesregierung hat allerdings keine Möglichkeit, die Frage der Wiedervereinigung der getrennten Familien unmittelbar mit der polnischen Regierung zu verhandeln. Die durch die Alliierte Hohe Kommission und das Internationale Rote Kreuz gegebenen Möglichkeiten zu Verhandlungen wurden ausgeschöpft. Von deutscher Seite sind alle Voraussetzungen für die Einreise dieser Menschen in das Bundesgebiet geschaffen worden. Die Verantwortung für die andauernde Trennung der Familien liegt allein bei der polnischen Regierung, die Genehmigungen für die Ausreise nicht erteilt, obwohl es ein Gebot der Menschlichkeit ist, die
Wiedervereinigung zu ermöglichen. Da sich die Lösung der Frage der Einwirkung durch die Bundesregierung entzieht, kann leider über die Aussichten nichts gesagt werden. Die Betroffenen dürfen aber die Gewißheit haben, daß die Bundesregierung auch in Zukunft nichts unversucht lassen wird, um das Schicksal der schwergeprüften Menschen zum Guten zu wenden.
Erst bei meinen letzten Besuchen in Genf habe ich bei allen überhaupt in Frage stehenden internationalen Stellen auf das dringlichste auf diesen Notstand hingewiesen und, um jede nur mögliche Hilfe gebeten. Ich darf erklären, daß es vielleicht in meinem Amt mir die größte Herzensangelegenheit ist; denn täglich kommen Briefe, aus denen das völlige Unverständnis der Situation hervorgeht. Diese armen Menschen können es nicht verstehen, daß es nicht gelingt, Kinder aus Oberschlesien hierher zu bringen, während der Vater hier ist. Aber ich darf bei dieser Gelegenheit betonen, daß alle internationalen Stellen, insbesondere das Rote Kreuz, und auch die Officers der alliierten Behörden von sich aus alles getan haben, und ich kann das Lob des Internationalen Roten Kreuzes und der Persönlichkeiten, deren Namen ich gern nennen würde, bei deren Nennung ich aber eine Hemmung der Bemühungen befürchte, nicht genug hervorheben.
Sehen Sie, in Jugoslawien ist es besser geworden, seitdem wir dort einen Botschafter haben. Eine Vertretung in Polen und in der Tschechoslowakei haben wir nicht.
Wenn Sie mich nach den Zahlen derer fragen, die schätzungsweise noch dort sind, so kann ich darauf antworten, daß die polnische Regierung in einer Verlautbarung 680 000, die tschechische Regierung etwa 180 000 angegeben hat. Ich darf aber betonen, daß es für uns das Gebot der Menschlichkeit ist, jeden Weg zu gehen.
Ehren ({0}), Anfragender: Recht schönen Dank.
Damit ist die Frage 1 erledigt.
Die Frage 2 wird morgen gestellt, ebenso die Frage 3.
Zur Frage 4 Herr Abgeordneter Niebergall.
Niebergall ({0}), Anfragender: Meine Frage lautet:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich allein in der Pfalz noch über 100 000 Doppelzentner Braugerste in den Lagerhäusern der Raiffeisen-Genossenschaft, beim Handel und auf den Speichern der Erzeuger befinden?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diesen unerträglichen Zustand im Interesse der Bauern sofort abzustellen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten!
({0})
- Herr Abgeordneter Horlacher, nicht Sie, sondern der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten soll antworten; er tut es.
Es ist richtig, daß vor einigen Wochen noch etwa 100 000 Doppelzentner Gerste in der Pfalz lagerten, und zwar beim Handel, bei Genossenschaften und vereinzelt auch bei den Bauern. Welche Mengen von dieser Gesamtmenge als Braugerste anzusprechen sind und welche anderen Mengen von diesem Gesamtbetrag inzwischen ihre Braugersteneigenschaft verloren haben, läßt sich noch nicht endgültig übersehen. Die Frage ist dadurch gelöst, daß die Braugerste, die noch wirklich als Braugerste verwendet werden kann, inzwischen von der Einfuhr- und Vorratsstelle aufgenommen worden ist.
Keine weitere Frage mehr.
Herr Staatssekretär, Sie hatten vorgeschlagen, daß wir die Frage 29 heute auch erledigen, da der Minister erkrankt ist und Sie morgen nicht zur Verfügung stehen. Herr Abgeordneter Kohl, können Sie die Frage bereits jetzt stellen? Ich greife das gleich heraus. Es geht ja von Gerste zu Hopfen auch sachlich richtig über.
({0})
Kohl ({1}) ({2}), Anfragender:
Ich frage den Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Ist es dem Herrn Bundesminister bekannt, daß infolge der im September 1952 von der Bundesregierung für die Monate November, Dezember und Januar ausgesprochenen Ausfuhrsperre für Hopfen, die laut Bericht der „Hopfenrundschau" vom 1. Mai 1953 auf Wunsch der deutschen Brauereien erfolgt sein soll, der Preis für Hopfen von 780.- DM pro Zentner auf 500,- DM gesunken ist?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diese als Folge der Exportbeschränkung eingetretene schwere Schädigung der Hopfenbauern und Hopfenpflücker wiedergutzumachen?
Der Herr Staatssekretär des Bundesernährungsministeriums!
Die Bundesregierung hat eine Ausfuhrsperre für Hopfen niemals angeordnet. Im Interesse der deutschen Hopfenausfuhr, auf längere Sicht gesehen, sind lediglich gewisse Lenkungsmaßnahmen durchgeführt worden, die in einer Besprechung mit den an der Hopfenwirtschaft beteiligten Kreisen am 4. September 1952 in Nürnberg erörtert worden waren und die Zustimmung aller Beteiligten gefunden hatten. Da die Hopfenernte des Jahres 1952 um 40 000 Zentner unter der des Vorjahres lag, stand zu befürchten, daß die Ernte nicht ausreichen würde, um Inlands- und Ausfuhrbedarf gleichzeitig zü decken. Der Vorschlag der Vertreter meines Amtes, Ausfuhrgenehmigungen zunächst nur bis zur Höhe der in den einzelnen Handelsverträgen vereinbarten Wertgrenzen zu erteilen, fand daher allgemeine Zustimmung. Entsprechend diesem Beschluß wurden im Dezember 1952 einige Ausfuhranträge nach Belgien und Frankreich mit einer Gesamtmenge von 628 Zentnern vorläufig zurückgestellt, von denen im Januar Anträge in Höhe von 580 Zentnern erneut eingereicht und auch genehmigt wurden, nachdem zu diesem Zeitpunkt die Lage sich überblicken ließ und von der weiteren Durchführung von Lenkungsmaßnahmen abgesehen werden konnte.
Das Absinken des Hopfenpreises im April 1953 ist nicht auf Maßnahmen der Bundesregierung zurückzuführen, sondern hat seine Ursache in den überhöhten Preisforderungen, die in vielen Fällen von den bisherigen ausländischen Interessenten für deutschen Hopfen abgelehnt wurden. Die Folge davon war, daß einmal die Ausfuhren nicht die Höhe erreichten wie im Jahre 1951, wo eine um 40 000 Zentner höhere Ernte bei einem während der ganzen Saison gleichbleibenden und angemessenen Preis von 500 bis 600 DM je Zentner ohne Schwierigkeiten abgesetzt werden konnte, und andererseits die deutschen Brauereien unter Verzicht auf eine sonst übliche Vorratshaltung ihre Käufe auf das Notwendigste beschränkten. Nur so ist es zu erklären, daß im Mai dieses Jahres noch 12 000 bis 15 000 Zentner Hopfen aus der Ernte 1952 vorhanden waren, die den Preisrückgang bewirkt haben.
Von einer Schädigung der Hopfenpflanzer und Hopfenpflücker als Folge einer Exportbeschränkung kann nicht die Rede sein, da eine Exportbeschränkung, wie soeben ausgeführt, nicht bestanden hat. Darüber hinaus befindet sich der weitaus größte Teil der noch vorhandenen Hopfenbestände nicht mehr beim Bauern, sondern beim Handel. Völlig abwegig ist es, von einer Schädigung der Hopfenpflücker zu reden, da diese ihren Pflücklohn unmittelbar nach der Ernte ausgezahlt bekommen haben.
Keine weitere Zusatzfrage.
Zu Frage 5 Herr Abgeordneter Niebergall!
Niebergall ({0}), Anfragender: Meine Frage lautet:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Saargrenzgänger aus Rheinland-Pfalz, die bisher ihren im Saargebiet bezogenen Lohn im Verhältnis von 84 frs. zu 1,- DM umwechseln konnten, jetzt für 125 frs. 1,- DM erhalten?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diese neuerdings dort aufgetretenen untragbaren Verhältnisse abzustellen und den Saargrenzgängern zu ihrem Recht zu verhelfen?
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft!
Im deutsch-französischen Zahlungsabkommen vom 10. Februar 1950 ist vorgesehen, daß Grenzgänger gewisse Teile ihres im andern Lande erworbenen Lohnes transferieren können. Die überwiegende Mehrzahl der Grenzgänger hat bisher die verdienten Löhne in französischen Franc-Noten nach Deutschland gebracht und hier in Deutsche Mark umgetauscht. Dieses Verfahren, das an sich in Widerspruch zu den Bestimmungen des Zahlungsabkommens steht, ist bis Ende Mai 1953 hingenommen worden, da die Bank deutscher Länder auf Grund einer Übereinkunft mit der Banque de France die Möglichkeit hatte, die erworbenen Franc-Noten zum Paritätskurs in Paris durch Gutschrift auf dem Abkommenskonto zu verwerten.
({0})
Mit Wirkung vom 1. Juni 1953 wurde unter anderem der Ankauf von französischen Franc-Noten durch das Zentralbanksystem eingestellt und die Kursgestaltung für die Franc-Noten dem freien Markt - wie auch für alle anderen Noten, ausgenommen US-Dollar - überlassen. Deshalb wird der Grenzgänger, welcher seinen Lohn jetzt noch in Franc-Noten über die Grenze bringt, durch den Umtausch eine gewisse Kurseinbuße hinnehmen müssen. Einen derartigen Kursverlust wird der Grenzgänger nicht erleiden, wenn er den im Zahlungsabkommen vereinbarten Weg der Überweisung benutzt.
Die deutschen Außenhandelsbanken haben im übrigen bereits alle Maßnahmen ergriffen, um die Dauer des Überweisungsweges soweit wie möglich abzukürzen. Zwischen deutschen und saarländischen Banken und . auch innerhalb des beiderseitigen Sparkassensystems sind bereits Vereinbarungen getroffen, die eine Überweisung innerhalb von 24 Stunden möglich machen.
Keine Zusatzfrage. Zur Frage 6 Herr Abgeordneter Freidhof! Freidhof ({0}), Anfragender:
Hat die Bundesregierung in der letzten Zeit mit dem Zentralverband des deutschen Handwerks Verhandlungen geführt, um die Voraussetzungen zu schaffen, daß auf dem Gebiet der Altersversorgung des deutschen Handwerks eine Möglichkeit zur Durchführung dieses Gesetzes erreicht wird?
Der Herr Bundesminister für Arbeit.
Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handwerksversorgungsgesetzes ist vom Deutschen Bundestag in erster Lesung am 11. September 1952 behandelt und dem Ausschuß für Sozialpolitik überwiesen worden. Da die Entscheidung über die weitere Behandlung des Gesetzentwurfs nunmehr beim Bundestag liegt, sind von der Bundesregierung in der letzten Zeit mit dem Zentralverband des deutschen Handwerks in dieser Angelegenheit keine offiziellen Verhandlungen mehr geführt worden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Freidhof!
Freidhof ({0}), Anfragender: Der Sozialpolitische Ausschuß hat in der letzten Sitzung beantragt, die Bundesregierung zu beauftragen, mit dem Zentralverband Verhandlungen durchzuführen. Ist die Bundesregierung bereit, in der nächsten Zeit diesem. Wunsche zu entsprechen?
Wenn der zuständige AussChuß mit einem derartigen Wunsch an uns herantritt, ist es eine Selbstverständlichkeit, daß die gewünschten Verhandlungen geführt werden.
Frage 6 ist erledigt.
Zu den Fragen 7 und 8 Herr Abgeordneter Ritzel!
Ritzel ({0}), Anfragender: Ich frage die Bundesregierung:
Entspricht es den Tatsachen, daß ein in der deutschen Presse als neofaschistisch bezeichneter Schriftsteller namens Heinrich Zillich aus Bundesmitteln unterstützt werden soll?
Wenn ja, bitte ich um Angabe der Gründe und der Höhe des Betrages, der zu Lasten des Bundes zugewandt werden soll.
Der Bundesminister für Vertriebene!
Das Südostdeutsche Kulturwerk erhält wie andere - ich glaube, es sind im ganzen vier - zur Wahrnehmung kulturpflegerischer Aufgaben der Heimatvertriebenen aus dem Südosten und zur Förderung von heimatvertriebenen Wissenschaftlern, Künstlern und Schriftstellern aus dem Südosten eine Unterstützung aus Bundesmitteln. Als das Bundesministerium für Vertriebene aus der Presse erfuhr, daß das Südostdeutsche Kulturwerk einen Literaturpreis 1952 in Höhe von 1000 DM an den aus Siebenbürgen stammenden Schriftsteller Dr. rer. pol. Dr. phil. h. c. Heinrich Zillich verleihen wollte, hat es aus grundsätzlichen Erwägungen bereits am 30. Mai dem Südostdeutschen Kulturwerk mitgeteilt, daß Bundesmittel dazu nicht verwendet werden dürften. Daraufhin stellte das Südostdeutsche Kulturwerk die Preisverleihung zurück. Es sind also keinerlei Bundesmittel zu einer Preisverleihung an Herrn Dr. Zillich verwendet worden.
Ritzel ({0}), Anfragender: Eine Zusatzfrage?
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel!
Ritzel ({0}), Anfragender: Ist dem Herrn Minister bekannt, daß der genannte Bund die Absicht hat, auf Umwegen aus angeblich eigenen Mitteln diese Preisverleihung doch noch zu vollziehen?
Das weiß ich nicht. Wenn er wirklich eigene Mittel hat, was mir nicht bekannt ist, dann könnte er das natürlich tun. Ein Antrag auf Bewilligung von Mitteln für einen Literaturpreis für Dr. Zillich ist nicht vorgelegt worden.
Ritzel ({0}), Anfragender: Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Zur Frage 8 ebenfalls Herr Abgeordneter Ritzel!
Ritzel ({0}), Anfragender: Ich frage die Bundesregierung:
Welches Ergebnis hatte der Steuerfahndungsdienst in den einzelnen Ländern der Bundesrepublik in den Rechnungsjahren 1951/ 52 sowie 1952/53 und in den ersten Monaten des Rechnungsjahres 1953/54?
Der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums!
Herr Abgeordneter, die Tätigkeit des
({0})
Steuerfahndungsdienstes ist nach der Aufgabenverteilung des Grundgesetzes Landessache. Die Länder sind nicht verpflichtet, die Ergebnisse der Tätigkeit ihres Steuerfahndungsdienstes dem Bunde bekanntzugeben.
({1})
Ich bedauere deshalb, über diese Ergebnisse der Länder keine Auskunft geben zu können.
Ritzel ({2}), Anfragender: Eine Zusatzfrage?
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel!
Ritzel ({0}), Anfragender: Ist dem Herrn Vertreter des Bundesfinanzministeriums bekannt, daß über die Ergebnisse des Steuerfahndungsdienstes in den einzelnen Ländern aufsehenerregende und die Bundeskasse stark interessierende Angaben öffentlich gemacht worden sind, und sieht sich der Herr Bundesfinanzminister veranlaßt, dem Bundestag über das auch die Bundeskasse interessierende Ergebnis Bericht zu erstatten?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, ich glaube, daß der Bundesfinanzminister, wenn der Bundestag den Wunsch äußert, den Versuch unternehmen kann, die Ergebnisse der Tätigkeit des Steuerfahndungsdienstes in den Ländern zu erhalten, und er wird dann selbstverständlich auch das Hohe Haus von dem Ergebnis seiner Bemühungen unterrichten. Ein Rechtsverlangen darauf hin kann er, glaube ich, nicht stellen. Ich werde aber auch diese Frage prüfen.
Ritzel ({0}), Anfragender: Eine Zusatzfrage?
Eine weitere Zusatzfrage!
Ritzel ({0}), Anfragender: Wird demnach von dem Herrn Bundesfinanzminister die Anfrage eines Abgeordneten nicht als der Wunsch des Bundestages betrachtet?
Herr Abgeordneter, ich glaube, damit kämen wir in eine Erörterung der Geschäftsordnung des Hohen Hauses. Das dürfte meine Zuständigkeit überschreiten.
({0})
Die Frage 9 wird an Stelle des Herrn Abgeordneten Dr. Decker Herr Abgeordneter Mayerhofer stellen.
Mayerhofer ({0}), Anfragender: Ich frage die Bundesregierung:
Ist es richtig, daß die Witwe des in Prag „tätig" gewesenen Heydrich eine Rente als Kriegerwitwe zugesprochen bekommen hat, während politische Gefangene des Dritten Reiches, die in osterreich inhaftiert waren, mit der Begründung, dieses Unrecht sei ihnen nicht in Deutschland zugefügt worden, keinerlei Entschädigung erhalten?
({1})
Ihre Frage möchte ich Ihnen in zwei Abschnitten beantworten.
Erstens. Frau Heydrich hat für sich und ihre Kinder Kriegsopferversorgung beantragt. Das zuständige Versorgungsamt hat mit Bescheid vom 31. März 1952 auf Weisung des Ministers für Arbeit, Soziales und Vertriebene des Landes Schleswig-Holstein den Antrag abgelehnt. Die Ablehnung wurde damit begründet, daß der Tod ides Ehemannes und Vaters weder die Folge unmittelbarer Kriegseinwirkung noch militärischen noch militärähnlichen Dienstes sei und auch sonstige, einen Versorgungsanspruch nach dem Bundesversorgungsgesetz rechtfertigende Umstände nicht vorlägen. Frau Heydrich hat daraufhin Einspruch beim Beschwerdeausschuß des Versorgungsamtes erhoben. Dieser hat den Einspruch am 21. Mai 1952 mit derselben Begründung abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat Frau Heydrich Berufung beim Oberversicherungsamt Schleswig eingelegt. Das Oberversicherungsamt hat durch Urteil vom 9. Februar 1953 eine Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz ab 1. Dezember 1950 mit der Begründung zuerkannt, daß die Attentäter nach England emigrierte tschechische Soldaten gewesen und dort eigens für die Aufgabe geschult worden seien, nach Fallschirmabsprung über idem Protektorat Heydrich aufzuspüren und zu beseitigen. Hiernach sei der Tod des Heydrich eine Schädigung durch unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne der Vorschriften des § 1 Abs. 2 Buchstabe a in Verbindung mit ,dem § 5 Abs. 1 Buchstabe a des Bundesversorgungsgesetzes. Der Minister für Arbeit, Soziales und Vertriebene des Landes Schleswig-Holstein hat auf unsere Anfrage mitgeteilt, daß er gegen dieses Urteil des Oberversicherungsamtes Schleswig Rekurs einlegen werde. Der Versorgungsfall Heydrich ist demnach noch nicht abgeschlossen.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage möchte ich Ihnen folgendes erklären. Nach den in den Ländern der Bundesrepublik bisher geltenden Rechtsvorschriften war bereits die Entziehung der Freiheit wiedergutzumachen, wenn ein Verfolgter in der Zeit zwischen dem 31. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 im Zuge der Verfolgung in politischer Haft gehalten wurde, gleichviel ob die Haft innerhalb oder außerhalb ides Landes verhängt ioder vollzogen wurde. Diese Regelung erstreckt sich jedoch nicht auf österreichische Staatsangehörige, wenn sie ihren Wohnsitz in Österreich haben. Es dürfte Aufgabe der österreichischen Regierung sein, für ihre eigenen Staatsangehörigen entsprechend zu sorgen.
Keine Zusatzfrage? - Danke.
Zur Frage 10 Herr Abgeordneter Walter!
Walter ({0}), Anfragender:
Was ist bisher unternommen worden, um die im ehemaligen U-Boot-Hafen in Finkenwärder bei Hamburg seit Jahren liegenden 50 bis 60 KF-Kutter, die von der englischen Besatzungsmacht beschlagnahmt wurden und nun langsam verrotten, vom Engländer zurückzubekommen, damit sie unserer Hochseefischerei dienstbar gemacht werden können?
Herr Abgeordneter, die KF-Kutter - Kriegs-Fisch-Kutter - der ehemaligen deutschen Kriegsmarine sind von der englischen Be({0})
satzungsmacht als Kriegsbeute in Anspruch genommen worden. Nach den alliierten Gesetzen - Kontrollratsgesetz Nr. 34, Verordnung Nr. 202 Art. II Abs. 1 f - ist das Eigentum in diesen Schiffen auf die Besatzungsmächte übergegangen, so daß dem Bund jedes Verfügungsrecht entzogen ist. Wie bekannt, ist aber Disposals Group in Hamburg ohne weiteres bereit, derartige Kutter an deutsche Interessenten zu verkaufen. Auf die Verwertung der Schiffe hat der Bund keinen Einfluß.
Walter ({1}), Anfragender: Danke schön.
Keine weitere Frage. -- Zur Frage 11 Herr Abgeordneter Bromme!
Bromme ({0}), Anfragender: Herr Staatssekretär!
Wann gedenkt der Herr Bundesfinanzminister den Beschluß des Bundestages in seiner Sitzung vom 1. Oktober 1952 zu verwirklichen, wonach die Priwallfähren entweder in das Eigentum des Bundes übergeführt werden oder aber durch eine Sonderregelung eine wesentliche Entlastung der Finanzlage der Hansestadt Lübeck herbeigeführt werden soll, nachdem das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen dankenswerterweise bisher die Kosten für die Priwallbewohner getragen hat, soweit diese Heimatvertriebene sind, aber wiederholt darauf aufmerksam gemacht hat, daß seine Mittel an sich für derartige Zwecke nicht vorgesehen sind?
Der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums!
Herr Abgeordneter, die Prüfung des Beschlusses des Hohen Hauses hat ergeben, daß für eine Überführung des Betriebes der Priwallfähren auf den Bund keine Rechtsgrundlage besteht. Da der Zuschußbedarf, der bei der Hansestadt Lübeck aus dem Betrieb der Priwallfähren entsteht, weder durch ein Bundesgesetz noch durch sonstige Maßnahmen des Bundes verursacht wird, besteht auch keine rechtliche Möglichkeit für den Bund, hierfür eine finanzielle Beihilfe an die Hansestadt Lübeck zu zahlen. Es handelt sich um einen Betrieb, der im Rahmen der kommunalen Aufgaben der Hansestadt Lübeck liegt. Eine ausführlich begründete Stellungnahme wird dem Herrn Präsidenten des Hohen Hauses in diesen Tagen zugehen.
Bromme ({0}), Anfragender: Ist dem Herrn Staatssekretär nicht bekannt, daß der Haushaltsausschuß neben der rechtlichen auch die politische Seite geprüft und festgestellt hat, daß besondere Umstände den Zuschuß von seiten des Bundes für wünschenswert erscheinen lassen?
Herr Abgeordneter, ich habe mich auf die Beantwortung der rechtlichen Seite der Frage beschränkt. In dem schriftlichen ausführlichen Bescheid wird selbstverständlich auch auf die anderen Gesichtspunkte eingegangen.
Bromme ({0}), Anfragender: Darf ich noch eine Zusatzfrage stellen?
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter!
Bromme ({0}), Anfragender: Ist dem Herrn Staatssekretär bekannt, daß der Bund erhebliche Vermögenswerte auf dem Priwall hat, die nur dadurch ausgenutzt werden können, daß die Hansestadt Lübeck die Fähren zum Priwall unterhält? Ergeben sich daraus nicht auch gewisse Verpflichtungen, von seiten des Bundes Entgegenkommen zu zeigen, zumal der Bundestag in seiner großen Mehrheit diese Gesichtspunkte 'der Hansestadt Lübeck befürwortete?
Herr Abgeordneter, auch diese Gesichtspunkte werden in der ausführlichen schriftlichen Stellungnahme abgewogen werden.
Bromme ({0}), Anfragender: Dann danke ich zunächst.
Zur Frage 13 Herr Abgeordneter Meyer ({0})!
Meyer ({1}) ({2}), Anfragender:
Welchen Standpunkt nimmt die Bundesregierung zu der Tatsache ein, daß diejenigen Bestimmungen der Notverordnung vom 8. Dezember 1931 weiter bestehen, die den Unfallverletzten ihre Rente aberkennt, wenn diese unter 20 % liegt und der Unfall vor dem 31. Dezember 1938 erfolgt ist, während die Verletzten, die einen Unfall nach dem 31. Dezember 1938 erlitten haben, durch die Änderung des § 559 a der Reichsversicherungsordnung in der Fassung vom 17. Februar 1939 ihre Rente erhalten?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß dadurch den Unfallverletzten ihr Recht weiter genommen wird, auch wenn sich eine Verschlimmerung inzwischen herausgestellt hat?
Aus welchem Grunde hat die Bundesregierung dem Wunsch des Hauptvorstandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften e. V. vom 16. Mai 1951, Nr. VB 57/51, der die Aufhebung dieser Notverordnungsbestimmung wünschte, nicht Rechnung getragen?
Ist die Bundesregierung mit Herrn Dr. Lautenberg vom Hauptvorstand der gewerblichen Berufsgenossenschaften der Auffassung, die er in ,seinem Kommentar zum 3. und 5. Buch der Reichsversicherungsordnung vertritt, daß der Gesetzgeber es bisher lediglich übersehen hat, die entsprechenden Bestimmungen der Notverordnung vom 8. Dezember 1931 aufzuheben?
Der Herr Bundesminister für Arbeit!
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Rentenbezieher der gesetzlichen Unfallversicherung, auf welche die Notverordnung vom 8. Dezember 1931 Anwendung findet, in rechtlicher Hinsicht anders zu behandeln wären als die Rentner, die einen Unfall nach dem 31. Dezember 1938 erlitten haben und die unter die Vorschriften des § 559 a der Reichsversicherungsordnung in der Fassung vom 17. Februar 1939 fallen. Tatsächlich aber ist dieser Unterschied seit dem Jahre 1951 nicht mehr vorhanden. Die Versicherungsträger wenden. auf Grund des Rundschreibens des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 16. Mai 1951 die
({0})
derzeit geltenden Vorschriften des § 559 a der Reichsversicherungsordnung uneingeschränkt auch auf die Fälle an, welche die Anfrage betreffen. Sollten Fälle bekannt sein, in denen die Gleichstellung ausnahmsweise noch nicht durchgeführt ist, so wäre das Bundesministerium für Arbeit für die Benennung dieser Fälle dankbar; es würde alsdann für Abhilfe sorgen.
Die gesetzliche Bereinigung wird bei der in Arbeit befindlichen Reform der Sozialversicherung vorgenommen werden. Ich glaube, daß dies verantwortet werden kann, weil den Versicherten dadurch kein Nachteil entsteht.
Keine Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen zur Frage 14!
Dr. Wellhausen ({0}), Anfragender: Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob und wann die in München seit Kriegsende bestehende Abteilung des amerikanischen Justizministeriums ({1}) und die in Neuenahr bestehende französische Stelle ähnlichen Charakters ({2}) ihre Tätigkeit einstellen werden?
Bitte, Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amtes.
Herr Abgeordneter, die Abteilung des amerikanischen Justizministeriums in München ist seit dem 21. April 1950 Bestandteil der amerikanischen Hohen Kommission in Deutschland und unterliegt den Bestimmungen des Besatzungsstatuts und der Satzung der Alliierten Hohen Kommission. Soweit sich diese Dienststelle mit der Erfassung deutscher Vermögenswerte zugunsten des amerikanischen Treuhänders für Feindvermögen beschäftigt, können diese Aufgaben gemäß der Presseverlautbarung des Weißen Hauses vom 17. April 1953, die die Beendigung des Programms für die Beschlagnahme deutscher Vermögenswerte bekanntgab, als beendet angesehen werden. Das Auswärtige Amt führt gegenwärtig Besprechungen mit der amerikanischen Hohen Kommission, um festzustellen, welche sonstigen Aufgaben dieser Abteilung jetzt noch verbleiben.
Die französische Dienststelle in Neuenahr wird als Zweig des Amtes für private Interessen und Vermögen mit dem Sitz in Paris bezeichnet und untersteht direkt dem französischen Außenministerium. Weitere Büros dieser Art bestanden, soweit im Auswärtigen Amt bekanntgeworden ist, in Mainz und Düsseldorf. Das Amt hat nach einer Auskunft der französischen Hohen Kommission die Aufgabe, die privaten französischen Interessen in den Ländern zu schützen, die sich mit Frankreich im Kriegszustand befanden, und soll das Vermögen derjenigen Franzosen erfassen, die während der Feindseligkeiten im Ausland Schaden erlitten haben. Die Einschränkung oder Beendigung der Tätigkeit der französischen Dienststelle bedarf noch besonderer Verhandlungen. Diese sind eingeleitet.
Dr. Wellhausen ({0}), Anfragender: Darf ich eine Zusatzfrage stellen?
Eine Zusatzfrage, bitte!
Dr. Wellhausen ({0}), Anfragender: Darf ich aus dieser Antwort schließen, Herr Staatssekretär, daß das Auswärtige Amt mit meinen Freunden und mir der Meinung ist, daß so schnell wie möglich Mittel und Wege gefunden werden müssen, um die Tätigkeit beider Stellen der inzwischen geänderten Situation mindestens anzupassen?
Ja, Herr Abgeordneter.
Dr. Wellhausen ({0}), Anfragender: Danke!
Meine Damen und Herren, damit ist die für heute vorgesehene halbe Fragestunde erledigt. Ich darf vorschlagen, daß wir den Rest der Fragen morgen vornehmen. - Sie sind mit dieser Regelung einverstanden, wie sie im Ältestenrat vereinbart war.
Ich rufe auf den Punkt 2:
Beratung des Zweiten Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit ({0}) über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Änderung von Bestimmungen in dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ({1}) vom 16. Juli 1927 ({2}) in der zur Zeit geltenden Fassung ({3}).({4})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Schuster. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Schuster ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In seiner 87. Sitzung am 21. September 1950 hat das Hohe Haus einen Gesetzentwurf der SPD, Drucksache Nr. 1322, dem Ausschuß für Arbeit überwiesen. Der Ausschuß hat sich mit diesem Entwurf befaßt und dem Hohen Hause den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, Drucksache Nr. 3730, zugeleitet. Das Hohe Haus hat diesen Entwurf behandelt und angenommen, und zwar am 30. Oktober 1952. Dieses Gesetz umfaßt 'allerdings nur einen Teil des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD, nämlich den, der die Arbeitslosenversicherung der Lehrlinge behandelt. Die übrigen Teile des von der SPD-Fraktion eingebrachten Entwurfs wurden vom Ausschuß zurückgestellt und sollten zusammen mit der in Aussicht gestellten Novelle zum AVAVG behandelt werden. Da diese Novelle bisher leider nicht vorliegt und auch in dieser Legislaturperiode nicht mehr vorgelegt werden wird, schlägt der Ausschuß dem Hohen Hause vor, den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf Drucksache Nr. 1322 bezüglich seiner unerledigten Teile der Bundesregierung als Material für die Erstellung der Novelle zum AVAVG zu überweisen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Aussprache über diesen Antrag des Ausschusses zu verzichten. Ich komme zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache
({0})
Nr. 4435, den der Herr Berichterstatter eben begründet hat, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 3:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Bundesfernstraßengesetzes ({1});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen ({2}) ({3}).
({4})
Es liegt ein Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen in der Drucksache Nr. 4474 vor. Soll er noch ergänzt werden, Herr Abgeordneter Juncker?
({5})
- Der Bericht hat eine kleine Änderung erfahren. Ich bitte das in Kürze vortragen zu wollen.
Juncker ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es erübrigt sich, den Bericht noch einmal zu wiederholen. Sie haben ihn alle schriftlich vorliegen*). Ich möchte nur kurz auf eine redaktionelle Änderung hinweisen. In § 17 Abs. 3 auf Seite 12 des Berichts muß es statt „straßenbaulichen Pläne" heißen „städtebaulichen Pläne".
In der ersten Zeile also?
Juncker ({0}), Berichterstatter: Jawohl, in der ersten Zeile auf Seite 12.
Des weiteren entfällt der § 20, und zwar mit folgender Begründung. Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung vom 11. Juni 1953 das Flurbereinigungsgesetz, Drucksache Nr. 4396, angenommen. Der Deutsche Bundesrat hat dem Gesetz in seiner Sitzung vom 19. Juni 1953 ebenfalls zugestimmt. Damit erübrigt sich eine besondere Regelung über die Flurbereinigung im Bundesfernstraßengesetz. Dies entspricht auch der Beschlußfassung im Ausschuß für Verkehrswesen. Ich bitte das Hohe Haus, entsprechend zu verfahren.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe auf die §§ 1, - 2, - 3, - 4, - 5, -6, - 7, - 8, ({0})
- Zu 6 ein Antrag des Herrn Abgeordneten Arnholz. Ich darf also zunächst die §§ 1 bis 5 in zweiter Beratung zur Abstimmung stellen. Ich bitte die Damen und Herren, die §§ 1 bis 5 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Zu § 6 Herr Abgeordneter Arnholz!
Meine Damen und Herren! In § 9 des Entwurfs, der uns für das Bundesfernstraßengesetz vorliegt, ist in Abs. 6 von den Außenwerbungen die Rede. Mit der Frage der Außenwerbungen hat sich der Bundestag bereits vor langer Zeit beschäftigt, und zwar auf Grund eines Antrags Drucksache Nr. 1688. Auf Drucksache Nr. 2350 ist
*) Siehe Anlage 1 Seite 13684 dem Hause ein ausführlicher Bericht über die Frage der Autobahnreklame vorgelegt worden. In diesem Bericht ist damals darauf hingewiesen worden, daß eine Beeinträchtigung der Landschaft dadurch verhindert werden könne, daß man die Durchführung einer solchen Reklame nach dem damals gültigen Autobahngesetz als Nebenbetrieb ansieht. Als Nebenbetrieb ist aber nach dem jetzt vorliegenden Entwurf die Autobahnreklame kaum noch anzusehen. Da in Abs. 3 des § 9 die Versagung der Zustimmung zur Errichtung von Nebenbetrieben an ganz bestimmte Bedingungen geknüpft und vor allen Dingen einschränkend festgelegt ist, erscheint es mir, um einer Beeinträchtigung der Landschaft vorzubeugen, notwendig, daß der Abs. 6 des §§ 9 durch folgende Worte ergänzt wird:
... unbeschadet weitergehender bundes- oder landesrechtlicher Bestimmungen ...
Dadurch werden die Bestimmungen, die sonst dem Schutz der Landschaft dienen, aber nicht ohne weiteres in diese Vorlage aufgenommen sind, ausdrücklich mit einbegriffen.
Ich würde also vorschlagen, den Abs. 6 wie folgt zu fassen:
Anlagen der Außenwerbung stehen den Hochbauten des Absatzes 1 und den Bauanlagen des Absatzes 2 unbeschadet weitergehender bundes- oder landesrechtlicher Bestimmungen gleich.
Es handelte sich also nicht um § 6, sondern urn § 9. Wir können also zunächst ungestört die §§ 6, - 7, - und 8 zur Debatte stellen. - Wortmeldungen erfolgen nicht.
Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist offenbar die Mehrheit; ist angenommen.
Zu § 9 Abs. 6 hat Herr Abgeordneter Arnholz eben einen Änderungsantrag gestellt, der darauf hinausläuft, hinter den Worten „Absatzes 2" die Worte einzufügen: „unbeschadet weitergehender bundes- oder landesrechtlicher Bestimmungen".
({0})
- Herr Abgeordneter Ewers, wenn Sie sich mit Herrn Abgeordneten Arnholz darüber einigen wollen! Zunächst lautet der Antrag: „weitergehender Bestimmungen". Ich bedaure sehr.
Herr Abgeordneter Ewers wünscht das Wort zur Kommentierung des Antrags.
({1})
- Zur Verbesserung des Antrags. Aber das ist auch wieder eine subjektive Auffassung, Herr Abgeordneter.
({2})
Der Satz sagt, daß sich zwei Sachen gleichstehen. Da gibt es keine „weniger weit oder weitergehende", sondern nur abweichende Bestimmungen. Es muß deshalb nicht „weitergehender", sondern „abweichender Bestimmungen" heißen, wenn der Gesetzestext einen Sinn haben soll.
Ich empfehle der SPD, den Antrag dahin zu ändern, daß es „abweichender Bestimmungen" heißt.
Herr Abgeordneter Arnholz, darf ich fragen, ob Sie damit einverstanden sind?
({0})
- Sie sind einverstanden. Es soll also „abweichender" statt „weitergehender" heißen. Jetzt ist es aber endgültig klar.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Arnholz in der vom Herrn Abgeordneten Ewers vorgeschlagenen Fassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 9 in der so geänderten Fassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich rufe auf die §§ 10,-11,-12,-13,-14,5, - 16, - 17, - 18, - 19, - 20 nach dem Antrag der Ausschusses wegfallend, - 21, - 22, - 23, -24, - 25, - 26, - 27, - 28, - Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine allgemeine Aussprache in der dritten Beratung zu verzichten. Einzelbesprechung entfällt, da Änderungsanträge nicht gestellt sind.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Entwurf eines Bundesfernstraßengesetzes in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich zu erheben.
- Das ist einstimmig angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses zu II b, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen durch die Beschlußfassung für erledigt zu erklären, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1953/54 sowie über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft ({1}) ({2});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({3}) ({4}).
({5})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Horlacher. - Er ist im Augenblick nicht anwesend. Ist ein anderes Mitglied des Ausschusses bereit und in der Lage, die Berichterstattung zu übernehmen? Oder verzichtet das Haus auf eine Berichterstattung?
({6})
- Das Haus verzichtet auf eine Berichterstattung.
({7})
- Meine Damen und Herren, ich muß die Herren Berichterstatter schon bitten, freundlicherweise anwesend zu sein, wenn ihre Sachen aufgerufen werden; wir kommen sonst in sehr große Schwierigkeiten. Ich stelle die Berichterstattung einen Augenblick zurück.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:
a) Beratung des Entwurfs einer Fünften Verordnung über Zollsatzänderungen ({8});
b) Beratung des Entwurfs einer Sechsten Verordnung über Zollsatzänderungen ({9});
c) Beratung des Entwurfs einer Achten Verordnung über Zollsatzänderungen ({10}) Beratung des Entwurfs einer Neunten Verordnung über Zollsatzänderungen ({11});
e) Beratung des Entwurfs einer Zehnten Verordnung über Zollsatzänderungen ({12});
Eingefügt worden sind noch:
f) Beratung des Entwurfs einer Elften Verordnung über Zollsatzänderungen ({13}) und
g) Beratung des Entwurfs einer Zwölften Verordnung über Zollsatzänderungen ({14}).
Begründung soll nicht gegeben werden. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Aussprache zu verzichten. Ich darf Ihnen vorschlagen, diese Verordnungsentwürfe dem Ausschuß für Außenhandelsfragen zu überweisen. - Sie sind damit einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Herr Abgeordneter Dr. Horlacher ist noch nicht anwesend.
Ich rufe zunächst Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes und des Feststellungsgesetzes ({15});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich ({16}) ({17}).
({18})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Kunze. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Kunze ({19}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann auf den Nachtrag zum Schriftlichen Bericht zu Drucksache Nr. 4460 verweisen*) und mich damit begnügen, nur noch ganz wenige Punkte kurz zu erläutern, um die Begründung verständlich zu machen. Zunächst schlage ich Ihnen, rein technisch, eine Änderung der Überschrift des Gesetzes vor. Da wir inzwischen ein Zweites. Gesetz verabschiedet haben, darf es nicht „Entwurf eines Zweiten Gesetzes", sondern es muß „Entwurf eines Dritten Gesetzes" heißen. Das ist eine rein technische Korrektur.
Ich darf darauf hinweisen, daß der Ausschuß für den Lastenausgleich bei seiner Gesamtberatung dieser Novelle, die als eine technische Novelle bezeichnet wird, zu der Überzeugung gekommen ist, man solle darauf verzichten, jetzt schon grundsätz-
*) Siehe Anlage 2 Seite 13687
({20})
liche Dinge zu ändern, weil die Zeit dafür noch nicht reif sei. Lieber solle man damit zuwarten, bis man größere Klarheit habe.
Wir haben die dem Ausschuß vorliegenden Drucksachen, die sich 'aus der Drucksache Nr. 4460 ergeben, zusammengefaßt. Dabei ist für uns maßgebend gewesen - wenn ich nur die wichtigsten Punkte anspreche -, im Gesetz einen Fehler zu beseitigen, der sich dadurch ergeben hat, daß wir die Spätheimkehrer nicht richtig rangiert haben. Wir waren der Meinung, daß jemandem, der am Währungsstichtag infolge Spätheimkehr noch nicht in der Lage war, die Übernahme des Vermögens zu vollziehen, daraus kein Schaden erwachsen dürfe. Daher haben wir im Ausschuß einstimmig beschlossen, Ihnen vorzuschlagen, daß für solche Fälle bei Übernahme innerhalb von 12 Monaten nach erfolgter Heimkehr die Auswirkungen des Stichtages zum Zuge kommen. Das heißt auf gut Deutsch: Kommt jemand 1951 zurück und übernimmt im Jahre 1951, dann wird unterstellt, er hätte bereits 1948 übernommen. Dadurch soll er in den Genuß der sozialen Vorteile gebracht werden, aus der Spätheimkehr soll kein Schaden erwachsen. Das ist der eine Punkt.
Dann haben wir gleichzeitig mit den übrigen Gesetzen, die wir schon im Währungsausgleich und im Altsparergesetz behandelt haben, die Frage der Anmeldung und Feststellung für den Personenkreis, der wegen Kriegsgefangenschaft, Verschollensein und Zwangsarbeit noch nicht hier ist, aufgeworfen. Wir haben festgelegt, daß bis auf die Hauptentschädigung die Familienangehörigen - die Ehefrau oder, wenn diese nicht da ist, die Kinder oder, wenn beide nicht da sind, die Eltern - die Anmeldung vornehmen können. Das entspricht dem Wunsch, der Lastenausgleichs-Gesetzgebung im ganzen einen gleichmäßigen Rahmen zu geben.
Mit Nr. 48 des Zusatzberichts, betreffend § 296 - ich darf nur noch die wichtigsten Dinge herausgreifen -, haben wir eine Panne beseitigt, die dadurch entstanden war, daß wir, die Gesetzgeber, als wir diese Frage behandelten, nicht wissen konnten, welche Schwierigkeiten dadurch eintreten würden, daß wir festlegten: bei der Hausratentschädigung werden die Zahlungen aus sonstigen öffentlichen Kassen angerechnet, wenn sie den Betrag von 200 DM übersteigen. In der Praxis hat sich herausgestellt, daß dadurch eine erhebliche Verzögerung in der Abwicklung der Hausratentschädigung eintritt, weil nunmehr bei jedem Fall - es handelt sich um 6 Millionen Fälle! - erst durch Rückfragen bei den anderen Behörden festgestellt werden muß: Hat jemand etwas aus sonstigen Mitteln bekommen? Wann? Wenn Naturalleistungen: in welchem Wert? - Diese Bürokratie, die wir durch unsere Gesetzgebung hervorgerufen haben, weil wir die Dinge damals noch nicht übersehen konnten, möchten wir beseitigen. Wir sagen deshalb: da es sich in jedem Fall hier um den Kreis der Ärmsten der Armen handelt, wollen wir auf eine Anrechnung dieser Beträge zugunsten der Geschädigten generell verzichten. Der Ausschuß hat einstimmig beschlossen, Ihnen diese Änderung vorzuschlagen.
Mit der Änderung unter Nr. 50, betreffend § 301 in Verbindung mit § 323 - das ist das letzte, was ich ergänzend vorzutragen habe -, haben wir das leidige Problem des Kleinen Walsertals und der Gemeinde Jungholz gelöst, damit wir auch die
Menschen in den Härtefonds bringen können, die nicht durch eigene Schuld, sondern durch die merkwürdige Entwicklung in - formal - österreichisches Gebiet gekommen sind, ,das verwaltungsmäßig aber Bayern untersteht.
Ferner haben wir uns mit der Frage des Härtefonds befaßt, wobei folgendes Grundsätzliche für uns entscheidend war. Es erschien dem Ausschuß angesichts der gegenwärtigen außenpolitischen und gesamtdeutschen Lage nicht möglich, schon jetzt die Frage der Ostzonenflüchtlinge einer grundsätzlichen gesetzlichen Lösung zuzuführen. Um aber nicht zu versäumen, dieser Gruppe von Menschen zu helfen, haben wir erstens § 301 entsprechend geändert - den Personenkreis erweitert - und zweitens beschlossen, daß in § 323 zu den jetzt vorgesehenen 150 Millionen, von denen 50 Millionen für den Härtefonds bestimmt sind, für das Haushaltsjahr 1953 bis zu weiteren 100 Millionen genommen werden sollen. Im Ausschuß war man sich darüber einig, daß wir 'das Problem der Ostzonenflüchtlinge nicht kurzerhand auch noch dem Lastenausgleich materiell aufbürden dürften. Wir waren aber ebenso davon überzeugt, daß wir, weil das nicht möglich ist, nicht in der Lage sind, die Menschen warten zu lassen. Darum haben wir 'diesen Vorschlag gemacht, den Härtefonds für den Kreis der durch § 301 Betroffenen um bis zu 100 Millionen DM für das jetzt anlaufende Haushaltsjahr zu verstärken, damit wir entsprechend den Notwendigkeiten den berechtigten Forderungen der Ostzonenflüchtlinge Rechnung tragen können.
Im übrigen darf ich auf den Schriftlichen Bericht verweisen.
Ich darf Vielleicht, Herr Präsident, abschließend noch einen interfraktionellen Änderungsantrag erwähnen, der rein technischer Art ist und den ich bitte, mit aufzunehmen. Es muß in Nr. 51 -§ 302 - ein zweiter Satz angefügt werden:
Es muß gewährleistet sein, daß die Mittel ausschließlich den in Satz 1 genannten Personen zugute kommen.
Bei dieser Ergänzung handelt es sich um eine rein technische Klarstellung, um Irrtümer in der Verwaltung zu vermeiden. Ich habe diesen Antrag im Namen aller Fraktionen zu stellen und bitte, ihn anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren! Ich rufe zunächst auf Art. 1, und zwar die Ziffern 1 bis 15. Dazu liegen Änderungsanträge nicht vor. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Ziffern 1 bis 15 des Art. 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; die Ziffern sind angenommen.
Zu Ziffer 16 des Art. 1 liegt der Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 1002 vor, ein Antrag der Abgeordneten Dr. Kather, Wackerzapp und Dr. Trischler. Wünscht jemand, diesen Antrag zu begründen? ({0})
- Offenbar nicht! Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kather, Wackerzapp und Dr. Trischler auf Umdruck Nr. 1002 betreffend § 230 zu Ziffer 16 des Art. 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine
({1})
Hand zu erheben: - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Der Antrag ist gegen 3 Stimmen abgelehnt.
Nunmehr bitte ich die Damen und Herren, die der Ziffer 16 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf die Ziffern 17, - 18, - 19, - 20, -21, - 22 bis 30. - Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
- Das ist die Mehrheit; die Ziffern sind angenommen.
Zu Ziffer 31 liegt vor ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU ({2}) auf Umdruck Nr. 998 betreffend Fassung des § 267. Eine Begründung erfolgt nicht. Ich bitte also die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zustimmen wollen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; der Änderungsantrag ist angenommen. Damit ist Ziffer 31 in dieser Fassung beschlossen.
Ich rufe auf Ziffern 32 bis 59. Zu Ziffer 51 liegt ein Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Kunze vor, und zwar ein Antrag aller Fraktionen, den der Herr Abgeordnete Kunze soeben vorgelesen und begründet hat. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zu Ziffer 51 zustimmen wollen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Nunmehr bitte ich die Damen und Herren, die den aufgerufenen Ziffern 32 bis 59 unter Berücksichtigung der Änderung der Ziffer 51 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf Art. 2, - 3, - 4, - 5, - Einleitung und Überschrift - und bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Eine allgemeine Aussprache soll nach dem Vorschlag des Ältestenrates entfallen. Einzelanträge sind nicht gestellt worden.
Ich bitte ,die Damen und Herren, die dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes und des Feststellungsgesetzes insgesamt zustimmen wollen, sich von den Plätzen zu erheben. - Das ist die Mehrheit; das Gesetz ist in der Schlußabstimmung angenommen.
Es liegt noch vor ein Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU ({3}) auf Umdruck Nr. 999. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen wollen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; auch dieser Entschließungsantrag ist angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1953/54 sowie über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft ({4}) ({5});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({6}) ({7}).
({8}).
Ich begrüße den Herrn Berichterstatter, den Herrn Abgeordneten Horlacher, und bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Dr. Horlacher ({9}), Berichterstatter: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Getreidepreisgesetz 1953/54 hat den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in drei Sitzungen am 10., 1. und 12. Juni 1953 beschäftigt. Das Gesetz ist für die Sicherung der Brotversorgung der deutschen Bevölkerung sehr wichtig. Es ging also zunächst eine allgemeine Aussprache voraus. Bundesminister Niklas erklärte, daß sich die Von-bis-Preise im vergangenen Jahre bewährt hätten und daß man daher an ihnen festgehalten habe. Für Weizen ist der Vorschlag gegenüber dem vergangenen Jahre unverändert geblieben, während bei Roggen die Frühdruschprämie in Wegfall geraten ist. Der Minister erklärte, er habe für Roggen eine monatliche Ablieferungsprämie von 20 DM je Tonne für die Dauer des gesamten Wirtschaftsjahres vorgeschlagen. Das Kabinett hat aber die Prämie auf 10 DM je Tonne herabgesetzt. Für Hafer mußte aus den bekannten Gründen eine Preissenkung eintreten, da es sonst kein geeignetes Mittel gibt, den Anbau einzuschränken.
Von Herrn Ministerialrat D r. Winkelstern wurde darauf hingewiesen, daß die Frage der Reports durch eine entsprechende Erhöhung eine Lösung gefunden habe. In der allgemeinen Aussprache wurde besonders hervorgehoben, daß man der Frage der Reports erhöhte Aufmerksamkeit schenken müsse und daß die Reports sich weiter erstrecken sollten, damit hier die Garantie gegeben sei, daß eine Lagerung des Getreides bei den beteiligten Wirtschaftskreisen und auch beim Bauern selber erfolgen kann.
Es kam dann zu einer großen Debatte über die Sicherung der Mindest- und Höchstpreise. Hierzu liegt Ihnen ja noch ein Antrag vor. Ich brauche als Berichterstatter darauf im allgemeinen nicht nähr einzugehen. Die Frage wurde eingehend diskutiert, und es wurde verlangt, daß hier gewisse Sicherungen getroffen werden. Das CifPreis-System wurde so nebenbei erwähnt, weil es ja an anderer Stelle ausgiebig behandelt wird. Der Bundestag wird sich nächste Woche mit der Frage noch beschäftigen müssen.
Es wurde besonders hervorgehoben, daß die zusätzliche Berlin-Reserve nicht zur normalen Vorratshaltung gehört; sie soll daher mit Hilfe anderer Mittel geschaffen werden. Die Spanne von 20 DM zwischen Von- und Bis-Preisen sollte man zusammenrücken und die Reports von 4 DM nicht nur bis November, sondern bis März gewähren. Die Lieferprämie für Roggen sollte man von 10 DM wieder auf 20 DM erhöhen. Bundesminister Niklas erwiderte darauf, daß die mengenmäßige Entwicklung bedeutend günstiger sei als im Vorjahr. Die Finanzierung des Getreides und der Futtermittel ist durch ein Bankenkonsortium bisher äußerst zufriedenstellend durchgeführt worden. Der Bundestag wird sich ja vor dem Auseinandergehen noch mit einer Gesetzesvorlage beschäftigen müssen, die die Ermächtigungen für die Kredite auf 1,2 Milliarden DM erhöht.
Nach der allgemeinen Aussprache wurde in die Behandlung der einzelnen Paragraphen eingetreten.
Zu § 1 fand eine ausgedehnte Debatte über die Gestaltung der Preise statt. Man einigte sich schließ({10})
lich dahin, daß die Reports von dem Monat September ab bis Februar so gestaltet werden, daß sich der Getreidepreis von Monat zu Monat um je 4 DM erhöht, bei Roggen sowohl wie bei Weizen. Aus der Tabelle im Ausschußbericht, in der diese Änderungsvorschläge fett gedruckt sind, ersehen Sie das ganze System, wie es sich nach den Ausschußbeschlüssen gestaltet. Ich darf hervorheben, daß diese Preise vom Ausschuß einstimmig angenommen worden sind.
Zu § 2 wurde bedauert, daß nach den Ausführungen des Ministeriums die Tauschaktion in diesem Jahr nicht mehr durchgeführt werden soll.
Bezüglich des Verhältnisses des Roggenpreises zum Futtergetreidepreis wurde von einer Seite beantragt, eine Erhöhung des Bis-Preises bei Futtergerste und Futterhafer um 15 DM vorzuschlagen. Dieser Antrag wurde mit 10 gegen 8 Stimmen angenommen.
Es wurde dann, was besonders bemerkenswert ist, auch darauf hingewiesen, daß eine künstliche Verbilligung des Futtergetreides nicht ratsam sei. Es ist anzunehmen, daß billigeres Futtergetreide aus dem Ausland zu bekommen sein wird.
Die Roggen-Situation hat sich gegenüber den vergangenen Jahren geändert. Während man bisher Mittel und Wege suchte, um den Roggen vom Landwirt herauszubekommen, ist nun die Frage, wie der Roggen verwertet werden soll. Bei großen Ernten lag der Roggenpreis immer näher am Futtergetreidepreis als am Weizenpreis.
Zu § 3 ist nichts zu bemerken. Er wurde ebenso einstimmig angenommen wie die §§ 4 bis 6.
In § 7 wurde eine Erhöhung der monatlichen Lieferprämie für Roggen von 10 DM auf 20 DM beantragt. Bundesminister Niklas hat dazu mitgeteilt, daß er selber im Kabinett für 20 DM eingetreten sei. Diese Frage ist auch im Ausschußbericht niedergelegt. Nur muß hier eine Berichtigung vorgenommen werden; es gehört in Abs. 1 bei den Beschlüssen des Ausschusses folgender Satz herausgerückt:
Um die Verwendung von Roggen als Brotgetreide zu sichern, wird dem Erzeuger für Roggen der Ernte 1953, der zur Verwendung als Brotgetreide geeignet ist und den der Erzeuger an vom Bundesminister bestimmte Betriebe und Stellen liefert, zu den Preisen des § 1 Abs. 1 als Lieferprämie ein Zuschlag von 20 Deutsche Mark je 1000 Kilogramm gezahlt.
Das ist eine Berichtigung; denn im Ausschuß wurde angenommen, daß diese Prämie bei Roggen von 10 auf 20 DM erhöht wird.
§ 8 wurde ebenfalls einstimmig angenommen.
Es ist vielleicht interessant, daß bei der Beratung auch eine Übersicht über die Subventionen, die die Landwirtschaft erhält, gefordert wurde. Diese Übersicht nach dem heutigen Stand ist folgendermaßen:
Bei Getreide beträgt der Subventionsbetrag jetzt, im Haushaltsjahr 1953, 119,4 Millionen DM. Das sind teilweise Getreidepreise für bessere Sorten, die herabgeschleust werden, und die Lagerkosten, das, was mit der Tätigkeit der Einfuhr- und Vorratsstelle zusammenhängt. Dazu kommen noch Subventionen von 3,8 Millionen aus Förderungsmitteln für Hanf und Flachs. Auf der andern Seite nimmt das Bundesfinanzministerium hier Abschöpfungen vor, d. h. wenn das Auslandsgetreide billiger als das Inlandsgetreide ist, werden Abschöpfungsbeträge genommen, deren Betrag im Haushaltsjahr 1953 nach den Schätzungen 91,2 Millionen und bei Zucker 18,5 Millionen ausmacht, so daß aus dem Subventionsbetrag 10 Millionen übrigbleiben. Mit der Subvention des Treibstoffs von 20 Millionen ist der Subventionsbetrag für die Landwirtschaft unmittelbar 30 Millionen. Bei dem zustimmenden Beschluß zur Erhöhung der Roggenprämie auf 20 DM wurde im Ausschuß besonders darauf hingewiesen, daß die Landwirtschaft früher beim Treibstoff eine Subvention von 54 Millionen DM hatte und daß diese dann verkürzt wurde, weil man aus den 54 Millionen die entsprechenden Beträge für die Frühdruschprämie abgezweigt hat.
§§ 9 und 10 wurden einstimmig angenommen.
Ich darf noch darauf hinweisen, daß das Gesetz in der Schlußabstimmung einstimmig angenommen wurde. Es wurde dazu noch eine Entschließung angenommen, die durch die Beratungen des Wirtschaftspolitischen Ausschusses nicht dem Sinne nach, sondern textlich geändert worden ist. Sie finden diese Entschließung auf Drucksache Nr. 4475 abgedruckt. Ich brauche sie nicht zu verlesen. Die Bundesregierung wird darin ersucht, entsprechende Maßnahmen zu treffen, damit die Mindest- und Höchstpreise bei Getreide eingehalten werden können. Diese Korrektur durch den Wirtschaftspolitischen Ausschuß wurde vom Ernährungsausschuß einstimmig gebilligt. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß ist den Beschlüssen des Ernährungsausschusses im übrigen einstimmig beigetreten. Ich bitte, das Gesetz entsprechend den Beratungen des Ausschusses anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe auf § 1, dazu Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 1004. Zur Begründung Abgeordneter Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat in der Öffentlichkeit, in den beteiligten Wirtschaftskreisen, aber auch in diesem Hause gelegentlich Kritik an den Marktordnungsgesetzen und an ihren Einrichtungen und nicht zuletzt an der Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide gegeben. Sie erinnern sich vielleicht daran, daß hier einmal der Herr Kollege Margulies im Namen seiner Fraktion eine Große Anfrage begründet hat, in der es sich im wesentlichen darum gedreht hat, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle überflüssigerweise in nicht marktkonformer Weise in den Marktablauf eingreift. Wir werden über diese Geschichte wiederum zu reden haben, wenn dem Hause über die Tätigkeit einiger Ausschüsse dieses Hohen Hauses in dieser Frage Bericht erstattet wird.
Vielleicht sind die Klagen, die von den Erzeugern über das Nichtfunktionieren oder das nicht befriedigende Funktionieren der Einfuhr- und Vorratsstellen laut geworden sind, nicht in dem gleichen Maße hier beachtet worden, wie es die andere Seite der Sache immerhin für sich verbuchen konnte, obwohl auch mehr als einmal von dieser Stelle her von den Sprechern der verschiedensten Fraktionen darauf aufmerksam gemacht worden ist, daß die. Einfuhr- und Vorratsstellen nicht funktionieren und gerade dann nicht funktionieren, wenn ihr Funktionieren am meisten erforderlich wäre, d. h. wenn es darauf ankommt, durch Maßnahmen der Einfuhr- und Vorratsstellen
({0})
das zu erreichen, was der Sinn der Marktordnung ist.
Wir haben uns in diesem Jahr im Ernährungsausschuß mehr als einmal mit der Tatsache befassen müssen, daß es zwar in dem Getreidepreisgesetz einen Mindestpreis, z. B. auch für Hafer, gibt, daß aber Hafer vom Erzeuger zu diesem Mindestpreis nicht verwertet werden konnte. Von seiten der Regierung ist durch ihre Vertreter, die über diese Fragen im Ausschuß gesprochen haben, den Antragstellern immer nur lakonisch mitgeteilt worden: Ja, das ist nun einmal so, aber ein Rechtsanspruch besteht nicht!
Meine Damen und Herren! Sie - auch diejenigen, die sich nicht ständig mit diesen Dingen auseinanderzusetzen haben - empfinden es sicherlich als höchst merkwürdig, daß in diesem Hause Preisgesetze für das Getreide verabschiedet werden, daß manchmal um diese Preise sogar mit großer Leidenschaftlichkeit gekämpft wird und daß dieses Gesetz trotzdem zu nichts verpflichtet. Wenn einmal der Preis auf dem Markt nicht erzielt werden kann und wenn, wie das ja immer der Fall gewesen ist, die Einfuhr- und Vorratsstelle außerdem noch die schöne Entschuldigung hat, daß sie vom Herrn Finanzminister nicht genügend Geld mit auf den Weg bekommen habe, dann bleibt es eben bei dem, was auf dem Papier steht, und der Hafer hat den Mindestpreis nicht erzielen können. Bei der Gerste haben wir - Sie haben heute in der Fragestunde etwas zu diesem Punkt hören können - praktisch schon genau die gleiche Gefahr kennengelernt.
Meine Damen und Herren, wenn es in beiden Fällen noch einigermaßen gut gegangen ist und wenn nur einige unter Preis verkaufen mußten, dann deutet das doch auf den entscheidenden Mangel in unserer Marktordnungsgesetzgebung hin, daß das Preisgesetz einen echten Rechtsanspruch nicht gibt. Bisher hat es doch wohl jeder von Ihnen für den eigentlichen Sinn der Marktordnung gehalten, daß der Erzeuger den Mindestpreis, den er nirgendwo mehr für sein Produkt erhält, immer noch bei der Einfuhr- und Vorratsstelle bekommt; denn dazu ist sie da. Ebenso können die Verarbeiter von Getreide - also z. B. die Mühlen - oder die Verbraucher von Futtergetreide, also die Bauern, eigentlich darauf' rechnen, daß, wenn es nirgendwo mehr im Markt Getreide zum Höchstpreis zu kaufen gibt, die Einfuhr- und Vorratsstelle ihnen immer noch davon abgeben kann. Aber, wie gesagt, das, was uns allen als eine Selbstverständlichkeit erschien, ja geradezu als der Sinn und das Wesen der Marktordnung, - das ist in dem Gesetz nicht vorgesehen. Ganz offenbar hat sich auch die Bundesregierung diese Logik niemals zu eigen gemacht; denn sonst hätte man auf gar keinen Fall sagen können, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle schon deshalb den Mindestpreis z. B. für Hafer nicht garantieren könne, weil sie gar kein Geld dafür zur Verfügung habe.
Diese Unsicherheit möchten wir mit dem Antrag Umdruck Nr. 1004, der Ihnen jetzt vorliegt, aus der Welt schaffen. Wir glauben gar nicht, daß es eine furchtbar neue Erfindung ist, sondern es handelt sich nach unserer Ansicht nur um die Schließung einer Lücke im Gesetz, eigentlich nur um die schriftliche Fixierung einer glatten Selbstverständlichkeit. Deshalb soll mit diesem Zusatz zu § 1, in dem von den Preisen die Rede ist, nur das zum Ausdruck gebracht werden, was ich hier schon anzudeuten mir erlaubt habe.
Wenn man das erzeugte Getreide nirgendwo zum Mindestpreis loswerden kann, hat man diese Möglichkeit immer noch bei der Einfuhr- und Vorratsstelle. Darin, und nur darin, liegt die Garantie, die dem Erzeuger mit diesen Preisen gegeben werden soll. Das gleiche gilt natürlich auch für die Abgabe von Getreide zum Höchstpreis, wenn im freien Verkehr Höchstpreise nicht mehr eingehalten werden oder Getreide zum Höchstpreis nicht mehr zu erstehen ist.
Meine Damen und Herren! Wir haben diesen Antrag natürlich schon im Ausschuß gestellt, und er ist uns dort abgelehnt worden - abgelehnt werden mit höchst merkwürdigen Argumenten. Es war der Herr Minister selbst, der sagte, wenn man also dem Erzeuger einen Rechtsanspruch darauf geben wolle, bei der Einfuhr- und Vorratsstelle sein Getreide immer noch zum Mindestpreis verkaufen zu können, wenn kein anderer mehr Getreide zum Mindestpreis haben wolle, dann müßte man eigentlich in jedem Dorf eine Außenstelle der Einfuhr- und Vorratsstelle einrichten. Ich will nicht hoffen, daß diese Argumente hier heute noch einmal gebraucht werden; sie scheinen mir doch dem Niveau, das man für dieses Haus in Anspruch nehmen sollte, nicht ganz zu entsprechen.
Wahrscheinlich wird mir jeder zugeben, daß im Wege der Durchführungsverordnungen auch ein intelligenteres Verfahren entwickelt werden könnte, als es dem Herrn Minister neulich offenbar vorgeschwebt hat, als er meinte, man müsse nun einen Riesenapparat aufbauen, der von den einzelnen Bauern das Getreide wegholt. Kein Bauer wird auf die Idee kommen, sein Getreide der Einfuhr- und Vorratsstelle zum Mindestpreis anzubieten, wenn er es noch irgendwo anders, d. h. auf dem normalen Wege beim Handel und bei seiner Genossenschaft verwerten kann, und niemand wird auf die Idee kommen, Getreide von der Einfuhr- und Vorratsstelle zum Höchstpreis zu kaufen, wenn er noch in der Lage ist, es auf Grund normaler Handelsbeziehungen und möglicherweise auch noch unter dem Höchstpreis auf dem freien Markt zu beziehen.
Zugleich hat diese Festlegung auch noch den Sinn, daß der Einfuhr- und Vorratsstelle noch einmal ganz deutlich gesagt wird, was nun ihres Geschäftes ist, welche Funktionen sie zu erfüllen hat, wann sie in Erscheinung treten muß; nämlich dann, wenn der Mindestpreis unterschritten wird und wenn der Höchstpreis überschritten wird.
Meine Damen und Herren, es ist dann, nachdem unser Antrag abgelehnt worden ist - ich darf ruhig sagen -, einigen Kollegen gar nicht wohl dabei gewesen, als sie gegen diesen Antrag stimmten. Denn auch in ihrer Vorstellung ist das geradezu der Sinn der Marktordnung, der Sinn eines Preisgesetzes, daß die Preise dann aber auch nicht nur auf dem Papier stehen, sondern mit organisatorischen Mitteln abgesichert sind.
Als dann die Resolution vorgelegt wurde, von der der Herr Berichterstatter hier schon gesprochen hat und die Sie hier auf der Drucksache Nr. 4475 unten abgedruckt finden, habe ich schon gesagt - und offenbar nicht ohne Eindruck; denn es haben sich längst nicht alle an der Abstimmung beteiligt -, daß es wahrlich kein Ersatz für diese Rechtsvorschriften, für diesen Rechtsanspruch ist, wenn man so in Form dieser Resolution das, was
({1})
im Getreidegesetz schon drinsteht und was dieses Haus schon vor Jahren beschlossen hat, nun noch einmal als eine freundliche Empfehlung an die Regierung heranbringt. Ich glaube, auch das entspricht nicht der Würde dieses Hauses, daß es die Gesetze gelegentlich in die Erinnerung zurückruft mit der freundlichen Bitte, diesmal möchten sie aber dann gefälligst auch beachtet werden.
Wir haben es uns schon verschiedentlich mit Resolutionen leicht zu machen versucht, und die Erinnerung z. B. an so etwas wie einen Mehrheitsbeschluß zugunsten der Fortführung der Phosphorsäure-Subventionen sollte eigentlich jedem das Zweifelhafte, um nicht zu sagen das Unwürdige einer solchen papiernen Deklamation deutlich vor Augen führen. Im Grunde geht es hier eben darum, ob wir uns ausdrücklich zur Marktordnung mit allen ihren Konsequenzen bekennen wollen, ob wir also den Beteiligten diesen Rechtsanspruch geben wollen. Angesichts der vielen schlechten Erfahrungen erwartet man das wahrscheinlich, und wir, die wir diese Gesetze gemacht haben und die wir heute wieder ein Preisgesetz verabschieden sollen, sind es uns selbst schuldig. Oder sollen wir es uns ein bißchen leichter machen im Wege dieser Entschließung, die niemanden zu etwas verpflichtet? Wenn wir die Regierung wirklich binden wollen, dann ist das nur dadurch möglich, daß wir ins Preisgesetz diese zwingende Vorschrift aufnehmen. Dazu gehört vielleicht ein bißchen Mut. Aber wer mit gutem Gewissen diese Preise beschließt, wer mit gutem Gewissen Mindest- und Höchstpreise festlegt, der sollte auch alles tun, damit diese Mindest- und Höchstpreise realisiert werden.
Ich bitte also im Namen meiner Fraktion, unserem Antrag auf Umdruck Nr. 1004 zuzustimmen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden da etwas aneinander vorbei.
({0})
- Nein, nein, wir reden aneinander vorbei!
Zunächst einmal folgende Feststellung: Die Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel ist - das darf ich wohl aussprechen - diejenige Einfuhr- und Vorratsstelle, die im letzten Wirtschaftsjahr am besten funktioniert hat. Bei Brotgetreide und Futtergetreide, mit Ausnahme des Hafers, haben sich keine Beanstandungen ergeben. Auch die damalige Umtauschaktion ist hier ziemlich reibungslos verlaufen.
Bei den Getreidesorten, die ich genannt habe, wurden auch die Mindestpreise gehalten. Nur beim Hafer gab es Schwierigkeiten. Aber daraus, .daß beim Hafer solche Schwierigkeiten aufgetreten sind, darf man meines Erachtens nicht zu weitgehende Schlüsse ziehen; denn das war eine anomale Lage, die sich nur einmal ergeben hat. Ich komme später noch darauf zu sprechen, wie die Verhältnisse beim Hafer sind.
Und nun, Herr Kollege Kriedemann, kommt der wesentliche Unterschied zwischen Ihrer und unserer Auffassung. Wir sind durchaus der Meinung, daß
Handel und Genossenschaft verpflichtet sind, zu den festgelegten Preisen einzukaufen, und daß die Vorrratsstelle eingreifen muß, wenn die Mindestpreise nicht erreicht oder wenn die Höchstpreise überschritten werden. Das ist auch in unserer Entschließung festgelegt worden, und man hat deshalb auch eigens den Ausdruck gewählt, daß das Ministerium die Einfuhr- und Vorratsstelle rechtzeitig anweisen muß.
Aber diese Bestimmung ist eigentlich keine Bestimmung für das Getreidepreisgesetz, und deshalb ist das in die Form einer Entschließung gekleidet. Das Getreidepreisgesetz gilt ja nur für ein Wirtschaftsjahr, und das, was Sie hier vorschlagen, ist eine Dauervorschrift und gehört, wenn es überhaupt gemacht werden soll, als Änderungsgesetz in das Getreidegesetz selber hinein und nicht in das Getreidepreisgesetz. Ich erkläre auch, daß wir uns vorbehalten, später noch einmal auf diese Dinge zurückzukommen; denn die Verhältnisse sind noch lange nicht ausdiskutiert.
Aber eines ist ganz unmöglich, Herr Kollege Kriedemann: daß die Verhältnisse so manipuliert werden, daß der Erzeuger das Recht hat, seine Ware direkt an die Einfuhr- und Vorratsstelle zu verkaufen. Damit werfen wir ja das ganze System des Getreidegesetzes über den Haufen; denn hier ist es notwendig, daß die Beteiligten, die im Austausch zwischen Erzeuger und Einfuhr- und Vorratsstelle stehen - nämlich Handel und Genossenschaften -, verpflichtet sind, gegenüber dem Bauern die entsprechenden Preise einzuhalten. Wenn das auf den einzelnen Erzeuger verlagert würde, gäbe es, wenn gewisse Schwankungen eintreten, einen solchen Verwaltungsapparat, daß es nicht mehr auszuhalten wäre. Dazu sind ja die regulären Vermittler da, um die Verhältnisse in Ordnung zu halten.
Beim Hafer sind die Verhältnisse jetzt auch so geregelt, daß wir eine ziemlich weite Preisspanne zwischen Höchst- und Mindestpreisen haben. Die Verhältnisse haben sich nach dieser Richtung hin gebessert. Ich komme bei dem Antrag, den ich in der Angelegenheit des Hafers noch zu stellen habe, darauf zurück.
Ich bitte die Damen und Herren, dem Antrag nicht zuzustimmen, weil er nicht hierhergehört. Sein Inhalt gehört nicht in das Getreidepreisgesetz, sondern in das Getreidegesetz.
Ich bitte, es bei der vom Ausschuß angenommenen Entschließung zu belassen.
Herr Abgeordneter Fassbender!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Grundsatz hat Herr Kriedemann recht, wenn er sagt, das ganze Getreidegesetz und das Getreidepreisgesetz seien geschaffen worden, um der erzeugenden Wirtschaft auf der einen Seite Mindestpreise zu garantieren, um auf der anderen Seite jedoch zu verhindern, daß die Preise in Zeiten der Verknappung ins Uferlose gehen und damit den Konsum unnötig belasten. Ich glaube nur, Herr Kollege Kriedemann - das hat wohl Horlacher gesagt -, die Verpflichtung der Vorratsstelle zur Aufnahme von Getreide zu den Mindestpreisen gehört nicht in das Getreidepreisgesetz, sondern in das Getreidegesetz. Ich darf für meine Fraktion erklären, daß wir jederzeit bereit sind, einem Gesetz im Rahmen des Getreidegesetzes zuzustimmen, das
({0})
die Vorratsstelle verpflichtet, jederzeit zu den Mindestpreisen Getreide aufzunehmen. Es nützt uns nichts, Gesetze zu schaffen, die durchlöchert werden können, wenn die Stelle, die wir dafür eingerichtet haben, die Preisstabilität zu gewährleisten, nicht verpflichtet werden kann, die Preise auch zu garantieren.
Ich halte es allerdings für unglücklich, Herr Kollege Kriedemann, vom Erzeuger zu sprechen; denn ich kann mir schlecht vorstellen, wie sich eine Vorratsstelle mit dem letzten Erzeuger, der 10 oder 20 dz abzugeben hat, ins Benehmen setzen will. Ich glaube, wir müssen die Dinge doch auf den Nenner bringen, daß man Handel und Genossenschaft das Recht gibt, die Vorratsstelle jederzeit aufzufordern, zu den Mindestpreisen plus den sogenannten Handelsspannen abzunehmen. Wir kommen sonst in -eine unmögliche Situation. Wir sehen den Sinn des ganzen Getreide- und des Getreidepreisgesetzes darin, daß die Einfuhr- und Vorratsstellen gesetzlich verpflichtet sind, wenn die Preise die Mindestpreise zu unterschreiten drohen, Getreide zu den Mindestpreisen aufzunehmen. Auf der andern Seite haben sie selbstverständlich die Verpflichtung, den Markt zu beschicken, wenn die Preise nach oben auszubrechen drohen. Das ist unsere Feststellung.
Ich bitte Sie, meine Herren von der Sozialdemokratie, ihren Antrag, der im Grundsatz berechtigt ist und auch unsere Zustimmung findet, hier zurückzuziehen und im Getreidegesetz die zwingende Verpflichtung für die Einfuhr- und Vorratsstellen zu verankern, Getreide zu den Mindestpreisen aufzunehmen. Das wäre der richtige Weg, Herr Kollege Kriedemann. Im Getreidegesetz ist diese Bestimmung deplaciert. Das ist unsere Auffassung. Wir lehnen es hier nur aus technischen Gründen ab. In der Sache stimmen wir völlig mit Ihnen überein.
Herr Abgeordneter Dr. Baade.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind in einer merkwürdigen Situation. Es sieht so aus, als wären wir alle darüber einig, daß unsere Getreidewirtschaft endlich einmal ehrlich gemacht werden muß, und zwar dadurch, daß das, was der Gesetzgeber den Erzeugern im Getreidepreisgesetz in Aussicht gestellt hat, auch wirklich ein Recht des Erzeugers werden soll. Aber, weswegen scheuen Sie davor zurück, das, was Sie - wie Sie sagen - ebenso ehrlich wollen wie wir, nun auch ehrlich in das Gesetz hineinzuschreiben?
({0})
- Herr Fassbender, wenn es ein Gesetz gibt, in das diese Ehrlichkeit hineingehört, dann ist es das Gesetz, über das wir heute diskutieren. Dieses Gesetz ist die ganzen Jahre leider nur unvollkommen ehrlich gewesen. In diesem Gesetz steht nämlich bezüglich der Preise: „Die Höchstpreise dürfen nicht überschritten werden, die Mindestpreise dürfen nicht unterschritten werden". Aber bisher hat kein Mensch den Mut gehabt, zu sagen, wer nun eigentlich dafür bestraft wird, wenn dieses „Dürfen" nicht eingehalten wird. Wir können uns doch schließlich in der Getreidewirtschaft nicht mit dem alten Vers von Christian Morgenstern begnügen: „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf", sondern hier muß einmal „messerscharf" in das Gesetz hineingeschrieben werden, wer Rechte und wer Pflichten hat. Die Pflichten hat die Einfuhr- und Vorratsstelle, denn dazu haben wir sie gegründet. Das Recht, daß der Höchstpreis nicht überschritten wird, hat der Verbraucher, und das Recht, daß der Mindestpreis nicht unterschritten wird, hat der Erzeuger.
Wenn Sie unsere Getreidepreisgesetzgebung wirklich ehrlich machen wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu.
Herr Abgeordneter Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Ausführungen meines Fraktionskollegen Baade noch in einigen Punkten ergänzen. Herr Horlacher hat hier davon gesprochen, daß der Handel und die Genossenschaften verpflichtet seien, diese Preise zu bezahlen.
({0})
- Das haben Sie gesagt; wir können es ja nachlesen. Handel und Genossenschaften sind gar nicht verpflichtet, Getreide zu Mindestpreisen aufzukaufen, wenn sie glauben, daß sie es nicht mehr verwerten können oder wenn sonstwie ihr Bedarf gedeckt ist. Dann sitzt aber der Erzeuger immer noch auf seinem Getreide. Eine solche Geschichte sollte doch nicht damit abgetan werden, daß man sagt: „Es ist ja bisher noch ganz gut gegangen." Diese Sorte von Optimismus ist, glaube ich, der Bedeutung der Sache auch nicht angepaßt. Sie, Herr Horlacher, haben selbst laut geweint, als es diese furchtbare Haferpanne bei Ihnen in Bayern gegeben hat., Sie haben doch selbst bedauert, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle nicht eingreifen könne, weil sie kein Geld habe. Sie haben sich im Ernährungsausschuß ebenso wie ich - sogar von einigen Kollegen, die meinen, daß sie ganz besonders viel von Landwirtschaft verstehen - sagen lassen müssen: ;,Einen Rechtsanspruch gibt es nicht; die Leute hätten eben weniger Hafer anbauen sollen." Sie müssen also das dringende Bedürfnis haben, die Frage jetzt zu regeln, und nicht immer erst versuchen, den Brunnen zuzudecken, wenn das Kind hineingefallen ist. Sie wissen ganz genau, daß wir, wenn nicht irgendwelche neuen großen Schwierigkeiten in der Welt auftreten, in zwei Jahren mit dem Roggen in der gleichen Situation stehen können, in der wir diesmal mit dem Hafer gestanden haben. Und wenn jetzt nicht gerade der Wahlkampf so dicht vor der Tür stünde, wäre es mit der Braugerste auch anders gegangen, als es dieses Jahr noch einmal gegangen ist.
Wir möchten aber so etwas wie die Marktordnung nicht von Zufälligkeiten abhängen lassen. Denn in diesem einzigen Punkt sind die Preise für die Landwirtschaft stabilisiert. Es gibt ohnehin nur ein Marktordnungsgesetz, in dem Sicherheit für den Erzeuger in Form von Preisbindungen festgelegt wird. Da möchten wir keine Unklarheiten bestehen lassen, wenn wir schon die Möglichkeit haben, hier klar und 'deutlich zu sagen, was wir wollen, zumal wir Hunderte von Beweisen dafür haben, daß die Regierung das bequemerweise bisher immer noch anders ausgelegt hat.
Ich gebe Ihnen ohne weiteres zu, daß der Herr Finanzminister die Einfuhr- und Vorratsstellen eigentlich so hätte dotieren müssen, daß sie den Aufgaben, die nach Maßgabe der Marktordnungsgesetze auf sie zukommen, hätten gerecht werden können. Gerade Sie, Herr Horlacher, haben mehr
({1})
als jeder andere in diesem Hause von dieser Stelle aus Klage darüber geführt, daß die Einfuhr- und Vorratsstellen nicht entsprechend ausgerüstet waren. Sie werden mir nicht widersprechen, wenn ich Ihnen sage, daß dieses Beklagen und diese Proteste und diese Resolutionen auch in Zukunft zu nichts weiterem führen, als sie in der Vergangenheit geführt haben, nämlich eben nur dazu, daß man Versprechungen macht und dabei um so großzügiger und bereitwilliger ist, je weniger man darauf festgelegt wird. Darum sage ich: an Stelle der Deklamation, die Sie vorgeschlagen haben, ist die klare Formulierung eines Rechtsanspruches notwendig.
Noch ein Wort zu dem Einwand, man könne nicht jedem Erzeuger die Möglichkeit geben, mit seinen zehn Doppelzentnern zur Einfuhr- und Vorratsstelle zu reisen. Ich sage: Sie müssen diesen Rechtsanspruch dem Erzeuger geben; denn die Einfuhr-und Vorratsstelle hat natürlich keinerlei Möglichkeit, jedem Händler das Getreide abzunehmen, der sich etwa von seinen Lagerbeständen entlasten will, die er sich in Verkennung der Tatsachen angelegt hat. Dem Erzeuger wird der Mindestpreis garantiert und niemand anderem. Sie werden mir nicht widersprechen, wenn ich sage, daß es ein kleines Kunststück ist, Herr Horlacher, ein solckes Verfahren zu entwickeln, das erlaubt, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle unter Einschaltung von Handel und Genossenschaften das Getreide vom Erzeuger abnimmt, das der Erzeuger ohne diese Rückversicherung bei der Einfuhr- und Vorratsstelle eben zum Mindestpreis nicht mehr los würde.
Noch einmal, meine Damen und Herren, lassen Sie mich sagen: Jetzt sollte die Sache beschlossen werden. Der Einbau in das Getreidegesetz hätte natürlich den großen „Vorteil", daß man heute mit einer bloßen Versprechung davonkäme, .die man nicht in die Praxis umzusetzen brauchte.
({2})
- Herr Fassbender, Sie sagen nein. Sie wissen ganz genau, daß es diesem Bundestag doch einfach nicht mehr möglich ist, das Getreidegesetz in dem Sinne zu ergänzen, wie wir es nach unserem Antrag Umdruck Nr. 1004 wünschen. Nach der ganzen Geschäftslage geht das gar nicht mehr. Es besteht deshalb leider der Verdacht, daß das, was hier zugestanden werden soll, in die Reihe der Wahlversprechen gehört. Es wird gegeben, weil man es jetzt nicht mehr realisieren kann.
Wir machen die Gesetze doch auch nicht bloß wegen der Schönheit. Bei allem Respekt vor der Gesetzessystematik muß ich doch sagen, daß es sich hier um einen sehr wesentlichen Bestandteil, um eine hochnotwendige Klarstellung handelt. Von mir aus können Sie sagen, daß es die Klarstellung einer Selbstverständlichkeit wäre. Sie ist aber so dringend, daß wir sie nicht auf eine Zeit vertagen sollten, die wir gar nicht mehr festlegen können. Wir müssen jetzt handeln, solange wir es tun können. Wenn Sie an sich bereit sind, dem Erzeuger den Rechtsanspruch zu geben, dann stimmen Sie doch mit uns. Jetzt haben wir die Gelegenheit. Lassen Sie sich nicht von einer Formalie abhalten. Der Einwand ist nicht stichhaltig, daß die Sache in das Getreidegesetz gehöre. In dem Getreidepreisgesetz sollen ja die Preise festgelegt werden. Dann soll aber auch bestimmt werden, wer dafür verantwortlich ist, daß diese Preise nicht auf dem Papier stehen, sondern, wie auch immer der Marktablauf ist, realisiert werden. Erst dann hat das ganze Getreidepreisgesetz Sinn und Bestand.
Wenn Sie also bereit sind, das, was Sie gesagt haben, in der Praxis zu beweisen, dann stolpern Sie nicht über einen Zwirnsfaden, Herr Abgeordneter Fassbender, sondern stimmen Sie unserem Antrag zu.
Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich könnte Ihnen einiges zur Antwort geben.
({0})
- Das tue ich nicht; das spare ich mir für einen anderen Zeitpunkt auf. Denn wir wollen schauen, daß wir die Gesetze, die jetzt noch auf der Tagesordnung stehen, zu Rande bringen. ({1})
Es handelt sich um folgendes. Dies Getreidepreisgesetz kommt jetzt wieder in letzer Minute zur Verabschiedung. Wie oft habe ich beanstandet, daß die Regierung diese Gesetze, die Termingesetze sind, zu spät einbringt! Am 1. Juli muß das Gesetz an sich in Kraft sein. Glauben Sie, ich möchte Gefahr laufen, daß wir hier 'in einen gesetzlosen Zustand hineinkommen, nur weil wir das Getreidepreisgesetz in einer Frage, wo wir grundsätzlich etwa gleicher Auffassung sind, beim Bundesrat unter Umständen nicht rechtzeitig durchschleusen können?!
({2})
Da hätten wir einen gesetzlosen Zustand. Ich mußte ja hier schon einmal ein Übergangsgesetz beantragen; ein solches kann ich jetzt gar nicht mehr machen, weil unterdes der ganze Mechanismus des Getreidepreisgesetzes ein anderer geworden ist. Das wissen Sie genau so gut wie ich. Mir kommt es darauf an, daß das Getreidepreisgesetz rechtzeitig durch den Bundestag verabschiedet wird und es keine Komplikationen beim Bundesrat mehr gibt.
Der zweite Gesichtspunkt ist der, daß im Getreidepreisgesetz selber genügend Vorschriften enthalten sind. Deswegen haben wir uns bei mancher Gelegenheit dafür eingesetzt, daß diese selbstverständlichen Vorschriften, die zum Funktionieren der Einfuhrschleuse und zur Sicherung des Inlandspreises angewendet werden müssen, auch durchgeführt werden. Das ist eine Frage, der wir uns im kommenden Bundestag mit besonderer Energie widmen müssen. Dazu gehört auch, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle über genügend eigene Mittel verfügt und daß sie von den Aufgaben finanzieller Art entlastet wird, die eigentlich zu den Hoheitsaufgaben des Staates gehören: die entsprechenden Vorräte zu halten, die entsprechenden Sicherungen für Berlin zu treffen. Es kommt darauf an, daß die Einfuhr-und Vorratsstelle durch die Verfügung über genügend finanzielle Mittel in der Lage ist, diesem Gesetz die entsprechenden Garantien zu verschaffen.
Aber etwas ist ganz unmöglich - ich habe mit den Sachen unmittelbar auch praktisch zu tun -: Sie können doch keine Vorschriften erlassen, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle verpflichtet ist, direkt vom Erzeuger angebotenes Getreide aufzunehmen. Da liefert der eine zwei Zentner, der andere drei Zentner, der andere fünf Zentner, der
({3})
andere tausend Zentner, der andere wieder einen halben Zentner; da kriegen Sie ein solches Tohuwabohu und ein solches Durcheinander, daß jeder Mensch anerkennen muß: diejenigen, die den Aufkauf draußen bei der Millionenzahl von Landwirten betätigen, müssen das Getreide erst zusammenfassen, sonst können sie die Frachtbewegung gar nicht durchführen. Was Sie hier eingebracht haben, ist ein schöner, origineller Antrag für die Leute, die von der Sache nichts verstehen.
({4})
Herr Abgeordneter Fassbender!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten diese Dinge sehr kühl und nicht so stürmisch betrachten, wie sie hier betrachtet worden sind. Ich stelle noch einmal fest: im Grundprinzip ist dem Antrag Kriedemann absolut nicht zu widersprechen. Ich glaube nicht, daß ich bei Ihnen, meine Herren von der Linken, in den Verdacht komme, etwas gegenüber der landwirtschaftlichen Erzeugung zu sagen, von dem ich nicht überzeugt bin. Ich bin mir bloß über eines nicht im klaren: sind diese Dinge überhaupt im Getreidepreisgesetz zu behandeln, laufen sie nicht dem Getreidepreisgesetz schlechthin zuwider? Das ist die Frage, die ich als Nichtjurist nicht zu beantworten vermag.
Den Erzeugern zu garantieren, Herr Kriedemann, wird wohl nicht möglich sein. Wir können die Sache so handhaben, daß wir Genossenschaften und Handel garantieren: die Vorratsstelle ist jederzeit verpflichtet, zu Mindestpreis plus Handelsspanne aufzunehmen.
({0})
- Entschuldigen Sie, Herr Kollege Baade, das räumen wir doch alles aus.
({1})
Glauben Sie doch nicht, daß Handel und Genossenschaften so unkaufmännisch sein würden, Getreide nicht aufzukaufen, wenn die Sicherheit des Absatzes zu den Spannen, die nun einmal üblich sind, gewährleistet ist. Für so dumm müssen Sie die Kaufleute nicht halten. Ich habe zu den kaufmännischen Leitern der Genossenschaften das Vertrauen, daß sie auch hier kaufmännisch handeln werden.
Es ist also zu überlegen, ob wir es hier in diesem Gesetz einbauen können. Darüber vermag ich mir heute kein endgültiges Urteil zu erlauben, da ich nicht Jurist bin und deshalb die Gesetze in ihren Auswirkungen nicht so zu übersehen vermag wie ein Jurist. Ist es möglich, so habe ich sicherlich nichts dagegen, daß für die Einfuhr- und Vorratsstelle die Pflicht besteht, von Handel und Genossenschaften zu den Mindestpreisen plus Handelsspanne jederzeit auf Andienung hin abzunehmen. Dann haben wir das erreicht, Herr Kollege Kriedemann, was im Interesse einer Stabilität der Erzeugerpreise einerseits und der Verbraucherpreise andererseits erreicht werden muß.
Das ist Ihr Wille, und das ist auch unser Wille. Ich bitte Sie aber, uns nicht unterstellen zu wallen, wir führten hier Theatermusik, etwa aus Wahlkampfrücksichten auf. Mein Kampf um diese Preise - das wissen Sie, Herr Kollege Kriedemann, schon
aus jenen Tagen des Wirtschaftsrats - ist alt genug, als daß ich unter Beweis stellen müßte, wie ernst es mir mit dem ist, was ich will.
Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, daß die Debatte mehr Zeit in Anspruch nimmt, als sie vielleicht dem einen oder anderen wert erscheint. Es ist aber keine Angelegenheit der Damen und Herren, die hier sprechen, sondern eine Angelegenheit der Marktordnung und der Getreidepreise, und das ist wahrlich der Mühe wert, wie mir scheint.
Es ist sehr angenehm, zu hören, daß wir also alle einer Meinung sind, daß wir uns in unseren Zielen gar nicht »unterscheiden. Leider bleibt eben der kleine Unterschied, daß wir - meine Freunde und ich - nun auch gerne das in die Tat umsetzen wollen, während Sie glauben, es diesmal noch verschieben zu müssen.
Herr Horlacher hat in einem Punkt recht. »Das ist allerdings eine Sache, die auch wieder völlig in seine Verantwortung fällt. Wie das nun schon zur Tradition geworden ist, kommt auch in diesem Jahr das Getreidepreisgesetz auf den allerallerletzten Augenblick. Es unterscheidet sich aber wohltuend von den vorhergehenden Getreidepreisgesetzen dadurch, daß es wenigstens noch vor Abschluß des alten Getreidewirtschaftsjahres eingebracht worden ist. Es hat ja schon Gesetze gegeben, die erst nach Abschluß des Getreidewirtschaftsjahres überhaupt in die Debatte gebracht worden sind. Und diese Trödelei hat es gegeben, obwohl im Getreidepreisgesetz steht, daß jedes Jahr das Getreidepreisgesetz rechtzeitig vorgelegt und verabschiedet werden muß. Man könnte in dem Bemühen, auch die Marktordnungsvorschriften möglichst marktkonform zu gestalten, sogar auf dem Standpunkt stehen, die Getreidepreise müßten festgelegt werden, ehe der Bauer das Getreide bestellt, damit er sich auch in etwa nach den Preisen orientieren kann. Meiner Überzeugung nach ist es eine außerordentlich schlechte Praxis, den Mann erst einmal bestellen zu lassen und ihm hinterher, wenn man die Preise bekanntgibt, erst zu sagen, ob es richtig gewesen ist. Das trifft auch auf die Zuckerrübenpreise zu, eine ganz und gar schlechte Sache! Man sollte das aber nicht als Vorwand oder als Entschuldigung dafür nehmen, im alten Schlendrian fortzufahren. Noch sitzen wir hier heute beisammen und können das ohne Schwierigkeiten ins Gesetz hineinschreiben. Wir können dieses Gesetz sogar zum Unterschied von allen seinen Vorgängern nicht nur besser, geschlossener, sondern auch rechtzeitiger verabschieden.
Machen wir uns doch keine Angst mit dem Bundesrat! Gibt es für den Bundesrat irgendeinen vernünftigen Grund, die Aufnahme dieser Selbstverständlichkeit ins Gesetz zu verhindern? Im übrigen haben wir alle heute schon gehört, an welchem Tage wir uns nach dem offiziellen Schluß unserer Arbeit hier noch einmal zusammenfinden müssen, um Meinungsverschiedenheiten mit dem Bundesrat auszuräumen. An diesem Tage könnte dann auch gleich diese Meinungsverschiedenheit ausgeräumt werden, wenn sie überhaupt bestehen sollte.
Meine Damen und Herren, ich frage mich, was wohl die Zuhörerschaft sagen würde, wenn wir hier vor einer Bauernversammlung diskutierten. Die würden doch überhaupt nicht begreifen, um was
({0})
wir streiten. Die würden vor allen Dingen nicht begreifen, wie sich überhaupt jemand dagegen wehren kann, ausdrücklich zu sagen, daß der Erzeuger sein Getreide zum Mindestpreis bei der Einfuhr- und Vorratsstelle immer loswerden wird. Oder haben Sie den Leuten immer nur etwas von der Einfuhr- und Vorratsstelle als Grenzschleuse erzählt, so daß ihnen die Funktion der Einfuhr-. und Vorratsstelle auf dem innerdeutschen Markt gar nicht mehr geläufig ist? Sie haben wieder gesagt, es sei unmöglich, daß der Erzeuger diesen Rechtsanspruch 'bekomme. Wir haben die Marktordnung nicht gemacht, um Handel und Genossenschaften in ihrem Geschäftsumfang zu sichern. Wir haben dieses Gesetz doch gemacht, damit der Erzeuger für eine Ware wenigstens einen garantierten Preis bekommt. Nun appelliere ich noch einmal an Ihre Phantasie, Herr Kollege Horlacher - Sie sind ein alter erfahrener Mann, und Sie berufen sich ja auch immer wieder auf Ihre Erfahrung aus der Vergangenheit -: Können Sie sich denn nicht vorstellen, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle in den Verfahrensvorschriften folgendes sagt: Wenn Handel und Genossenschaften nicht mehr auf ihr eigenes Risiko vom Erzeuger übernehmen, funktionieren sie sozusagen als Empfangsstellen für Rechnung der Einfuhr- und Vorratsstelle? Das ändert aber doch nichts an der Tatsache, daß es sich dann immer noch um Getreide handelt, das 'der Erzeuger nicht anders loswerden kann. Ich würde nie auf die Idee kommen, Ihnen hier vorzuschlagen, daß ein Händler und eine Genossenschaft es einfach auf die Einfuhr- und Vorratsstelle abladen können, Wenn sie das Getreide, das sie in der Hoffnung, es weiterverkaufen zu können, gekauft haben, nicht mehr loswerden. Das würde ich Ihnen auch 'deshalb nicht vorschlagen, weil es eben nicht Sinn der Marktordnung ist, Handel und Genossenschaften ihr kaufmännisches Risiko abzunehmen.
({1})
Dem Erzeuger muß aber die Garantie gegeben werden, 'daß er wenigstens für dieses Produkt - und ich sage Ihnen noch einmal: das ist das einzige landwirtschaftliche Produkt neben Zuckerrüben - den ihm vom Gesetz versprochenen Mindestpreis bei der Einfuhr- und Vorratsstelle als Erlös erhält, ganz gleich, wie der Markt auch laufen mag. Das ist etwas, was ins Gesetz hineingehört und was nach unser aller Vorstellung auch unbedingt hätte drinstehen müssen. Keiner wäre auf die Idee gekommen, das zu bezweifeln, wenn wir es uns nicht im Ernährungsausschuß bei der Haferpanne hätten anhören müssen: ein Rechtsanspruch bestehe ja gar nicht. Das muß ein für allemal aus der Welt geschafft werden, und zwar heute, wo wir es noch können. Niemand von uns kann für den nächsten Bundestag reden. Es ist im übrigen dem Erzeuger nicht damit gedient, daß der kommende Bundestag für das nächste Getreidewirtschaftsjahr ein Gesetz macht, wenn in diesem Getreidewirtschaftsjahr in den nächsten Wochen und Monaten nach der Ernte die Geschichte schon wieder schiefgegangen ist. Darum heute! Darum jetzt, meine Herren! Hier ist Rhodus! Hier kann und muß jetzt 'bewiesen werden, wie weit Sie nun gehen wollen. Wenn Sie wirklich weit genug gehen wollen, dann stimmen Sie mit uns 'dem Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 1004 zu.
Herr Abgeordneter Dannemann!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von verschiedenen Vorrednern ist bereits zum Ausdruck gebracht worden, daß rein rechtlich gesehen der von Herrn Kollegen Kriedemann gestellte Antrag Angelegenheit des Getreidegesetzes und nicht Angelegenheit des Preisgesetzes sei. Auf der andern Seite wissen wir aber aus der Erfahrung des letzten Jahres, daß alles, was wir im Preisgesetz festgelegt haben, so lange illusorisch war, solange tatsächlich nach dem bisherigen Wortlaut des Getreidegesetzes seitens der Regierung keinerlei Verpflichtung bestand, zu den vorgeschriebenen Preisen das Getreide abzunehmen. Da wir von uns aus auch nicht die absolute Gewißheit haben, daß das Getreidegesetz noch in dieser Legislaturperiode rechtzeitig verabschiedet wird, möchten wir sowohl im Interesse der Verbraucher als auch der Erzeuger bereits in diesem Gesetz eine Bestimmung treffen, durch die verhindert wird, daß das, was im letzten Jahr schiefgelaufen ist, sich wiederholt.
Auf der andern Seite, glaube ich, Herr Kollege Kriedemann, werden Sie mit mir der Auffassung sein, daß die Formulierung, wie Sie sie gebraucht haben, etwas unglücklich ist. Sie haben darin zum Ausdruck gebracht, daß jeder Erzeuger jederzeit das von ihm erzeugte Getreide der Einfuhr- und Vorratsstelle anbieten könne und diese Einfuhr- und Vorratstelle dann verpflichtet sei, das Getreide abzunehmen. Ich möchte Ihren Antrag im Prinzip bejahen und bin auch der Meinung, daß wir auch in diesem Gesetz eine diesbezügliche Sicherung sowohl im Interesse der Erzeuger als auch der Verbraucher einbauen müssen.
Ich möchte nur Ihren Antrag entsprechend ändern und schlage daher vor, folgende Formulierung zu wählen:
Zur Sicherung der Mindest- und Höchstpreise hat die Einfuhr- und Vorratsstelle ihr direkt vom Erzeuger angebotenes Brot- und Futtergetreide zum Mindestpreis zu übernehmen, sofern eine anderweitige Unterbringung bei Handel und Genossenschaften zu dem vorgeschriebenen Preis nicht möglich ist ....
Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der eben von Herrn Kollegen Dannemann vorgeschlagenen Änderung kommen wir der Sache natürlich schon wesentlich näher. Trotzdem möchte ich ihn bitten, zu überlegen, ob man denn diesen Zusatz noch machen soll, daß unter dieser Voraussetzung die Einfuhr- und Vorratsstelle verpflichtet ist, das Getreide vom Erzeuger zu übernehmen. Aber auf eine intelligente Weise, Herr Abgeordneter Horlacher, nicht so, daß der Mann da hinkommen muß. Wir wollen doch die Bauern nicht für so dumm halten, wie man glaubt in der Propaganda mit ihnen umgehen zu können. Sie denken gar nicht daran, an die Einfuhr- und Vorratsstelle heranzutreten, wo sie nur Mindestpreise erhalten, solange sie eine Chance haben, irgendwoanders in ihrer Nähe den Mindestpreis zu erzielen. Da wird sich niemand an die Einfuhr- und Vorratsstelle wenden. Überlegen Sie doch einmal, wie die Dinge auf dem Markt ablaufen. Wir rechnen doch nicht damit, daß die Getreidepreise das ganze Jahr hindurch oder nur einen entscheidenden Teil des Jahres hindurch sich in der Höhe des Mindestpreises bewegen. Es
({0})
ist doch eine alte Erfahrung - und bildet auch die Grundlage unserer Preisüberlegungen -, daß sie sich etwa in der Mitte zwischen Mindestpreis und Höchstpreis bewegen werden. In diesen Zeiten wird niemand von den Erzeugern und auch niemand von denen, die Getreide brauchen oder verarbeiten wollen, sich an die Einfuhr- und Vorratsstelle wenden, weil sie bei ihr das Getreide immer nur billiger verkaufen können und bei ihr billiger unterbringen können als sonst im freien Markt oder umgekehrt Getreide immer nur teurer kaufen können als sonst im freien Markt.
Die Bestimmung, die wir hier vorgeschlagen haben, paßt überhaupt nur auf den echten Katastrophenfall, auf den Fall nämlich, in dem der Mindestpreis anders nicht mehr zu erlösen ist. Machen wir Ihren Zusatz, Herr Kollege Dannemann, dann hat die Einfuhr- und Vorratsstelle und damit der Finanzminister - Sie müssen doch immer bedenken, gegen wen wir uns eigentlich hier verteidigen müssen: gegen die Auffassung, daß man das alles, weil es im Gesetz nicht ausdrücklich darinstehe, nicht tragisch zu nehmen brauche; es verpflichte auch niemanden dazu, eine entsprechende Überlegung bei der Dotierung der Stellen anzustellen -, dann haben diese Leute wieder ein Hintertürchen offen, dann muß nämlich erst einmal wieder festgestellt werden - wahrscheinlich von einigen der 10 000 Beamten, von denen der Minister neulich im Zusammenhang mit diesem Antrag gesprochen hat -, ob denn wirklich keine Möglichkeit mehr besteht, das Getreide anderweitig loszuwerden. Das würde dann wohl so lange dauern, bis der Betreffende mit seinem Getreide, und seien es nur zehn Doppelzentner - es sind vielleicht die einzigen, die er auf den Markt bringen kann -, hängengeblieben ist; er muß dann einfach das akzeptieren, was man ihm als Preis anbietet.
Was wir gemacht haben, ist auf den ausgesprochenen Katastrophenfall abgestellt, auf den Ernstfall im ganzen Sinne des Wortes, und bedarf keiner Einschränkungen und keiner Erweiterungen.
Herr Horlacher hat gesagt, im übrigen stehe ja schon alles im Gesetz. Im Gesetz steht nur das, was er hier dem Bundestag zu deklamieren vorgeschlagen hat. Im Gesetz steht aber gerade das nicht, worauf es uns ankommt, nämlich der Rechtsanspruch. Nachdem wir nun darüber belehrt worden sind, daß es nicht im Gesetz steht - jedenfalls nicht wörtlich - und daß die- Verantwortlichen ganz offenbar nicht bereit sind, es dem Sinn und Geist der Marktordnung nach als im Gesetz stehend zu empfinden, liegt uns gar nichts daran, das Gesetz hier noch einmal zu wiederholen. Es geht uns darum, das Gesetz nun in der Weise zu ergänzen, wie es notwendig ist, damit es überhaupt ein echtes Stück der Marktordnung ist. Schließlich ist ja das Getreidepreisgesetz ein Stück der Marktordnung. Daß es ein Getreidepreisgesetz überhaupt gibt, liegt ja in den Vorschriften des Getreidegesetzes begründet.
Noch einmal, meine Damen und Herren: Hier fällt jetzt die Entscheidung darüber, und auf uns kommt die Verantwortung zu - und auf Sie alle mit. Wir können das nicht vertagen, wir können das nicht verschieben, wenn wir uns nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, daß wir zwar Mindestpreise festsetzten, aber gar nichts Ernsthaftes unternähmen, um diese Mindestpreise dann auch zu garantieren. Wenn wir das nicht wollen, dann müssen Sie halt so beschließen, wie wir es Ihnen vorschlagen!
Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher.
({0})
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein offenes Wort: vor Ihrem Antrag habe ich keine Angst, denn von der Praxis her haben Sie nicht das Richtige getroffen. Sonst könnten Sie nicht hineinschreiben: „direkt vom Erzeuger angebotenes". Das habe ich vorhin doch schon geschildert. Das ist ganz unmöglich.
({0})
Wer soll die Frachtkosten tragen? Wer soll das denn machen? Das ist doch ein Ding der Unmöglichkeit! Dann müssen Sie die alte Kommunalverbandswirtschaft einführen, wenn Sie mit den Erzeugern in Beziehung treten wollen. Das wissen Sie genau so gut wie ich.
({1}) Damit aber Ihr Antrag marschierfähig wird, ({2})
schlage ich Ihnen etwas anderes vor. Mit Ihrem Antrag ändern Sie doch an dem bestehenden Zustand gar nichts, weil nicht der individuelle Rechtsanspruch des einzelnen hier stipuliert wird, sondern bloß eine Verpflichtung der Einfuhr- und Vorratsstelle, daß sie etwas tut. Aber der individuelle Rechtsanspruch der einzelnen ist damit auch noch nicht garantiert.
({3})
Ich möchte aber bitten, in dem Antrag die Worte „ihr direkt vom Erzeuger angebotenes" herauszustreichen, weil das, was da steht, ein Ding der Unmöglichkeit ist. In Ihrem Antrage muß es heißen:
Zur Sicherung der Mindest- und Höchstpreise hat die Einfuhr- und Vorratsstelle Brot- und Futtergetreide zum Mindestpreis zu übernehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Lampl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf sieht wiederum Mindest- und Höchstpreise für Getreide vor. Es sieht zunächst so aus, als ob die Preise für den Erzeuger die gleichen wie im Vorjahre wären. Es ist aber leider nicht so. In Wirklichkeit zeigt die Entwicklung der letzten Monate eindeutig, daß in diesem Jahre kaum Aussicht für den Bauern bestehen wird, an die Höchstpreise heranzukommen; vielmehr wird er wahrscheinlich froh sein müssen, wenn er die Mindestpreise erzielt. Um so wichtiger ist es unseres Erachtens, daß man die Mindestpreise sichert, damit es nicht wieder so geht wie in diesem Jahr bei Hafer und Braugerste. Es hat keinen Zweck, ein Gesetz zu machen, das Mindest- und Höchstpreise vorsieht, wenn vielleicht die Höchstpreise durch Preisbehörden gesichert werden, sich um die Einhaltung der Mindestpreise aber praktisch, wie wir es erlebt haben, niemand kümmert. Es hat natürlich auch keinen Zweck, wenn der
({0})
Ernährungsausschuß eine Entschließung vorlegt, die nur theoretischen Wert hat. Es ist nicht mehr! Hier ist eine Lücke vorhanden, die geschlossen werden muß. Dabei Ist es gleich, ob das im Getreidegesetz oder im Getreidepreisgesetz geschieht. Weil es notwendig ist, die Mindestpreise zu sichern, deswegen stimmen meine politischen Freunde und ich den beiden Anträgen Kriedemann und Dannemann zu.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn das Haus dem Vorschlag des Herrn Dr. Horlacher folgte, dann würde das an dem bestehenden Zustand allerdings gar nichts ändern. Das hat er ja außerdem selbst gesagt. Es gibt jedoch einige im Hause, die ganz genau wissen, warum diese Verpflichtung, diese ausdrückliche Übernahme einer Verpflichtung als so unbequem empfunden wird. Es ist natürlich eine ganz bestimmte Sorte von „Agrarpolitik", erst etwas zu versprechen und dann, wenn es nicht gehalten wird, zu sagen: „Dann haben eben die, die daran geglaubt haben, Pech gehabt!".
Herr Professor Baade hat den Ausdruck gebraucht, man solle doch endlich einmal eine ehrliche Getreidepolitik machen. Wir, die wir uns mit der Marktordnung beschäftigen, wissen, wie wesentlich sie für die Landwirtschaft ist. Wir wissen, daß der Landwirt schließlich ein paar feste Punkte braucht, ein paar feste Punkte in dem wilden Auf und Nieder der Entwicklung der Preise auf den Märkten und auf den Weltmärkten, in dem von uns nicht zu beeinflussenden Durcheinander von Unsicherheiten und anderen Faktoren, dem Verlauf der Witterung usw. usw. Wir wissen außerdem, daß nur das Marktordnungsgesetz für Getreide die Sicherheit gibt, die als ganz natürlich von allen Beteiligten empfunden wird, nämlich die Sicherheit der Mindestpreise. Wir wissen ferner, daß das, was man sich unter Marktordnung vorstellt, mit den bisherigen Gesetzen nicht erreicht werden konnte. Deswegen muß dem Erzeuger ein Rechtsanspruch gegeben werden.
Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen, Herr Horlacher - ich verspreche, nicht wieder darauf zurückzukommen, wie oft Sie auch darauf herumreiten -: ich halte die Landwirte nicht für so primitiv, daß sie mit ihrem Getreide zur Einfuhr- und Vorratsstelle hinwandern, solange sie irgendwo anders auch den Mindestpreis noch erzielen können. Ich bin überzeugt, wenn Sie nicht die anderen Bedenken gegen den Rechtsanspruch hätten, würden selbst Sie wissen, wie man so ein Verfahren wesentlich eleganter machen kann.
Wir sind gern bereit, den Vorschlag von Herrn Dannemann aufzugreifen. Er ändert gar nichts an der Substanz der Formulierungen auf Umdruck Nr. 1004. Er sagt zur Sicherung der Mindestpreise nur das, was wir auch schon zur Sicherung des Höchstpreises gesagt haben, das heißt, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle nur dann in Funktion treten soll, wenn anders, d. h. im normalen Marktablauf, das gewünschte Resultat nicht erreicht werden kann. Der Antrag würde also, wenn ich Herrn Dannemann richtig verstanden habe, lauten:
Zur Sicherung der Mindest- und Höchstpreise
hat die Einfuhr- und Vorratsstelle ihr direkt
vom Erzeuger angebotenes Brot- und Futtergetreide zum Mindestpreis zu übernehmen, soweit diese Preise im freien. Verkehr nicht mehr zu erzielen sind.
Und dann geht es weiter wie bisher. Wir ergänzen also unseren Antrag und bitten um namentliche Abstimmung darüber;
({0})
denn es handelt sich hier wirklich um das Kernstück der Marktordnung und um nichts anderes.
Herr Abgeordneter Kriedemann, da bitte ich freundlichst, mir den Antrag, soweit Sie ihn abändern, schriftlich heraufzugeben. Es wird langsam schwierig, die verschiedenen Formulierungen auseinanderzuhalten.
Herr Abgeordneter Dr. Dr. Müller! - Meine Damen und Herren, ich erinnere Sie daran, daß wir die Absicht haben, heute noch mit der Beratung des Haushaltsplanes zu beginnen.
Meine Damen und Herren! Ich habe mich in die Debatte nicht eingemischt, weil wir im Ernährungsausschuß absolut klar waren und gegen die Stimmen der SPD den gleichen Antrag abgelehnt haben.
Es trifft nicht alles zu, was Herr Kriedemann zur Begründung gesagt hat. Die Einfuhr- und Vorratsstelle hat nach der Richtung der Mindestpreisgarantie im letzten Jahr ausgezeichnet gearbeitet. Es ist kein Fall bekanntgeworden, in dem diese Mindestpreise unterschritten worden sind.
Wir wollen aber die Diskussion nicht länger belasten, und ich habe zu erklären, daß wir dem Antrage der SPD mit der Änderung, die Herr Dannemann beantragt hat, zustimmen. Herr Kriedemann, ich bitte davon abzusehen, den Antrag auf namentliche Abstimmung zu stellen. Ich glaube, die Fronten sind jetzt klar.
({0})
Meine Damen und Herren, die geschäftsordnungsmäßige Möglichkeit, einen Antrag auf namentliche Abstimmung zurückzuziehen, besteht natürlich.
({0})
- Ich frage: Wird der Antrag auf namentliche Abstimmung aufrechterhalten?
({1})
- Meine Damen und Herren, auf welche Art und Weise die Abstimmungen stattfinden, ergibt sich aus der Geschäftsordnung; ich kann es von mir aus nicht ändern. Also ich stelle fest, daß jetzt jedenfalls ein Antrag der SPD vorliegt, in dem nach dem Wort „übernehmen" eingefügt wird:
soweit dieser Preis im freien Verkehr nicht erzielt werden kann.
Deckt sich das mit dem, was Herr Abgeordneter Dannemann vorschlägt? Ist der Antrag Dannemann damit erledigt?
Herr Abgeordneter Horlacher hatte beantragt, den Antrag der SPD abzuändern durch Wegfall der Worte „ihr direkt . . ." usw. Auch dieser Antrag wird zurückgezogen.
({2})
Es gibt also nur einen Antrag, meine Damen und Herren. Da darüber namentliche Abstimmung beantragt ist, muß ich die Herren Schriftführer bitten, die Stimmkarten einzusammeln. Ich schlage vor, daß wir diese Abstimmung beschleunigt vornehmen und in der Beratung des § 2 dann sofort fortfahren. ({3})
Meine Damen, und Herren! Nachdem die Einsammlung im wesentlichen beendet ist, bitte ich, die Plätze wieder einzunehmen. Ich schlage Ihnen vor, in der Beratung fortzufahren. Zu § 2 hat der Abgeordnete Horlacher einen Änderungsantrag gestellt.
Ich bitte, Platz zu nehmen oder dringende Unterhaltungen draußen zu führen. Das Wort hat Herr Abgeordneter Horlacher zur Begründung seines Änderungsantrags zu § 2.
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
({0})
Meine Damen und Herren! Ich wiederhole meine Bitte, dringende Gespräche draußen zu führen oder Platz zu nehmen.
Ich begründe jetzt meinen Antrag, in § 2 bei Futterhafer, wo es nach den Beschlüssen des Ausschusses 280 bis 365 DM pro Tonne heißt, zu setzen:
({0})
300 bis 365 DM. Jetzt kommen wir zur Praxis, Abgeordneter Kriedemann, nicht mehr zur Theorie. Grau ist alle Theorie. Jetzt handelt sich's nur darum: Hic Rhodus, hic salta. Ob Sie bereit sind, den armen Haferbauern entsprechend zu helfen, das werden wir jetzt einmal .auf die Probe stellen.
Bei Hafer haben wir eine besondere Situation; das wissen Sie alle miteinander. Deswegen haben wir heute hübsch aneinander vorbeigeredet. Die Besonderheit liegt einmal in der Veränderung der Konjunktur in der Nährmittelindustrie und in der Veränderung, die sich durch den Rückgang des Pferdebestandes als Folge der Motorisierung ergeben hat. Wir haben daher immer gefordert, erst den notwendigen Rückgang der Haferanbaufläche anzustreben, und zwar dort, wo es möglich ist. Aber der Rückgang der Haferanbaufläche ist dort nicht zu erzwingen, wo es einfach nicht möglich ist. Da kommen die reinen Hafernanbaugebiete in Betracht.
({1})
Wir haben's an der ganzen bayerischen Ostgrenze. Es gibt auch noch kleinere Gebiete im übrigen deutschen Bundesgebiet, wo der Haferanbau 30, 34 bis 48 % der Getreidefläche beträgt. Die Gebiete können sich nicht -umstellen, weil sie auf diese Sommerfrucht angewiesen sind und schon Gefahr laufen, daß der Roggen, der die Winterfrucht darstellt, oft nicht so über den Winter hinwegkommt, wie es wünschenswert ist. Deswegen ist es eben notwendig, auf diese Gebiete Rücksicht zu nehmen.
Deshalb habe ich auch im Zusammenhang mit der Hafergeschichte den Antrag gestellt, beim Roggen
({2})
die Ablieferungsprämie von 10 'auf 20 DM zu erhöhen, damit diese Gebiete wenigstens einigermaßen in den Genuß der Erträgnisse kommen, die zu ihrer Lebensexistenz notwendig sind. Das hängt miteinander zusammen.
Auch hat sich die Lage geändert. Zwar wissen wir jetzt noch nicht, wie in den Flachlandgebieten, die eine gewisse Umstellung zu einer anderen Frucht vornehmen können, die Haferanbaufläche aussieht. Dazu liegen die notwendigen statistischen Angaben noch nicht vor. Ich nehme aber an, daß ein Rückgang der Haferanbaufläche erfolgt ist, so daß es hier eine Erleichterung auf dem Hafermarkt gibt.
Ferner hat die Einfuhr- und Vorratsstelle in der letzten Zeit Futtergerste in Mischung mit Hafer abgegeben, und zwar 80 zu 20 %, so daß auch hierdurch eine Erleichterung des Hafermarktes eingetreten ist und die bedeutenden Bestände, die die Einfuhr- und Vorratsstelle hatte, doch wesentlich vermindert worden sind. Auch hat sich am Ende des Wirtschaftsjahres eine Erleichterung der Situation ergeben. Wenn die Einfuhr- und Vorratsstelle an, dem System der Haferbeimischung festhält, werden wir auch diese Erhöhung des Haferpreises mit der Einfuhr- und Vorratsstelle und unter der Garantie des Mindestpreises durchhalten können.
Ich bitte also, meinem Antrag entsprechen zu wollen.
Meine Damen und Herren! Ich frage zunächst - ich bitte auch die Damen und Herren, die sich dringend unterhalten müssen, auf diese Frage zu hören -: Sind noch Abgeordnete vorhanden, die zur namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der SPD zu § 1 ihre Stimme abzugeben wünschen? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die namentliche Abstimmung über den Änderungsantrag zu § 1.
({0})
Wird das Wort gewünscht zum Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse zunächst über diesen Änderungsantrag abstimmen und bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Meine Damen und Herren! Die namentliche Abstimmung hat folgendes vorläufiges Ergebnis*). Beteiligt haben sich 312 stimmberechtigte Abgeordnete. Davon haben 309 mit Ja gestimmt bei drei Enthaltungen.
({1})
Von den Berliner Abgeordneten haben 14 mit Ja gestimmt. Der Antrag ist mit mehr als verfassungändernder Mehrheit angenommen.
({2})
Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 1 in der so geänderten Fassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 2 in der durch die Annahme des Antrags Dr. Horlacher geänderten Fassung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf §§ 3,-4,-5,-6,-7,-8,9, - 10, - Einleitung und Überschrift. -({3})
- Zu § 7 ist die Korrektur, die auf Umdruck Nr. 1000 verteilt ist, berücksichtigt. -
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 13700
({4})
Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache soll entfallen. Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1953/54 sowie über besondere Maßnahmen in der Getreide- und Futtermittelwirtschaft ({5}) in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Das Gesetz ist einstimmig
({6}) - gegen wenige Stimmen angenommen.
({7})
- Meine Herren, wenn Sie sich jetzt über den Hafer nicht einig sind, dann bitte ich, das nicht nachträglich im Bundestag zu klären!
Ich darf unterstellen, daß durch die Annahme des Änderungsantrags der Fraktion der SPD der Entschließungsantrag des Ausschusses sich sachlich erledigt hat. - Das ist auch die Meinung des Ausschusses. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren! Ich komme zu Punkt 7 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ({8}) und des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Bundesentschädigungsgesetzes ({9}).
Die schriftliche Begründung der Bundesregierung ist Ihnen bekannt, ebenso die Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf des Bundesrats. Wird das Wort gewünscht? - Bitte schön, Frau Abgeordnete Wolff! - Dann schlage ich Ihnen entsprechend dem Vorschlag des Ältestenrats vor, nicht mehr als 40 Minuten für die Aussprache zu verwenden. - Sie sind damit einverstanden.
Bitte, Frau Abgeordnete Wolff!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrage der Fraktion der Sozialdemokraten habe ich folgende Erklärung abzugeben:
Die sozialdemokratische Fraktion hat im Ältestenrat widersprochen, daß jetzt noch eine erste Lesung des Entwurfs eines Bundesentschädigungsgesetzes stattfindet, nachdem die Ausschußberatungen in der Sache bereits abgeschlossen sind. Sie wird sich deshalb heute zur Sache selbst nicht äußern. Sie weist darauf hin, daß auf ihren Antrag bereits im Dezember 1950 die Bundesregierung ersucht worden ist, den Entwurf eines Gesetzes zur Entschädigung von Opfern der nationalsozialtstischen Verfolgung vorzulegen. Sie stellt weiterhin fest, daß im Sommer 1951 mit Drucksache Nr. 1828 die Bundesregierung erneut auf sozialdemokratische Initiative hin verpflichtet wurde, einen solchen Gesetzentwurf in den Bundestag zu bringen. Schließlich hat die sozialdemokratische Fraktion, als diese beiden Versuche erfolglos blieben, durch die Drucksache Nr. 3472 am 18. Juni 1952 einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, der dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen wurde.
Über diesen Antrag hat der Ausschuß unter Zugrundelegung der jetzt in der Drucksache Nr. 4527 enthaltenen Vorlage sowie unter Beachtung der Fassung des Bundesrates vom November 1952 und des Bundesratsbeschlusses vom 20. Februar 1953 bereits wochenlang verhandelt. Im Ausschuß ist eine Vereinbarung über die Erledigung der Vorlage erfolgt. Der heutigen ersten Lesung kommt mithin nicht mehr als eine rein formale Bedeutung zu. Wir empfangen diese Vorlage mit den Worten: Spät kommt ihr, doch ihr kommt!
In den nächsten Tagen ist das Gesetz in zweiter und dritter Lesung gemäß dem Ausschußvorschlag zu verabschieden. Wir Sozialdemokraten sehen in diesem außerordentlichen Verfahren nur eine durch die Notlage der in- und ausländischen Opfer, besonders der jüdischen Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung verursachte unbedingt notwendige Maßnahme und werden im nächsten Bundestag durch einen Antrag nach den geeigneten Mitteln suchen, um die Frage der Wiedergutmachung in jeder Beziehung zufriedenstellend zu lösen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Müller ({0}).
Meine Damen und Herren! Bei der damaligen Lesung des Gesetzentwurfs, den die sozialdemokratische Fraktion hier eingebracht hatte, hatte ich bereits die ernstesten Bedenken meiner Fraktion hinsichtlich einer bundesgesetzlichen Regelung, eines Bundesentschädigungsgesetzes für die vom Nationalsozialismus Verfolgten angemeldet. per jetzt vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung schafft diese Bedenken nicht nur nicht aus der Welt, sondern verstärkt sie noch.
Ich möchte zunächst einmal darauf hinweisen, daß nach den Erklärungen und Beschlüssen im Bundestag das zur Zeit in der amerikanischen Zone geltende Gesetz die Basis für ein Bundesentschädigungsgesetz abgeben sollte. Soweit die Möglichkeit besteht - ich kann mich in diesen paar Minuten nur auf einzelne Bestimmungen einlassen -, einen Vergleich zwischen dem Entschädigungsgesetz der US-Zone und dem jetzt von der Regierung vorgelegten Entwurf anzustellen, ergibt sich ganz zweifellos, daß wesentliche Bestimmungen eine Verschlechterung, und zwar eine sehr ernste Verschlechterung gegenüber dem in der US-Zone geltenden Gesetz bedeuten.
Bezüglich des Anspruchs auf Entschädigung verweise ich auf § 1, in dessen Abs. 4 Ziffer 4 es heißt: Ausgeschlossen soll u. a. sein, „wer die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft". Was das bedeutet, erhellt ohne weiteres daraus, was z. B. der Herr Bundesinnenminister Dr. Lehr unter „freiheitlicher demokratischer Grundordnung" versteht.
({0})
Die ganze Praxis dieser Bundesregierung beweist ja nur das eine, daß sie mit dem Begriff der freiheitlich demokratischen Grundordnung auf schärfstem Kriegsfuß steht. Diese Tatsache wird durch die ganze Praxis dieser Bundesregierung unterstrichen.
({1})
Oder soll die Feststellung darüber vielleicht den Richtern überlassen werden, die bei den Wiedergutmachungskammern tätig sind und von denen ein erheblicher Teil zu jenen gehört, die in der Zeit des „Dritten Reichs" die Urteile gegen Verfolgte und Widerstandskämpfer erlassen haben?
({2})
Diese Bestimmung besagt wohl, daß Verfolgte - seien es Kommunisten, Sozialdemokraten oder Gewerkschaftler -, die sich gegen die Politik dieser Bundesregierung wenden, unter diese Bestimmung fallen und daher von jedem Anspruch auf Wiedergutmachung ausgeschlossen werden. § 2 Ziffer 2 unterstreicht diese Auffassung noch einmal.
Eine weitere Frage ist in § 3 enthalten, dessen Abs. 3 lautet:
Für Schaden, der auch ohne die Verfolgung entstanden wäre, wird keine Entschädigung gewährt, soweit in diesem Gesetz nicht Abweichendes bestimmt ist.
Die Praxis - vor allen Dingen der Renten-Verfahren - beweist, daß die Vertrauensärzte den Verfolgten die Rente mit der Behauptung absprechen, diese Leiden wären zwangsläufig auch dann eingetreten, wenn der Betreffende nicht im Zuchthaus oder Konzentrationslager gewesen wäre. Mit dieser Begründung hat man eine große Anzahl der Verfolgten von. dem Rentenbezug ausgeschlossen.
Ich möchte dann noch auf den § 78 verweisen, der besagt:
Soweit es sich nicht um wiederkehrende
Leistungen für zukünftige Zeitabschnitte handelt, werden alle Ansprüche spätestens bis zum
Ablauf des Rechnungsjahres 1962 befriedigt. Das heißt, da sich ein erheblicher Prozentsatz, ja der größte Teil der Verfolgten in einem vorgerückten Alter befindet und als Folge der Haft die Sterblichkeitsziffer bei einem sehr großen Teil der Verfolgten besonders groß ist, kommt der größte Teil der Anspruchsberechtigten nicht mehr in den Genuß der Haftentschädigung oder der Wiedergutmachung wirtschaftlicher Schäden. Ich wundere mich an und für sich darüber, daß die sozialdemokratische Fraktion bereit ist, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen und ihn zu übernehmen, ohne Änderungsanträge zu stellen. Ich wundere mich darüber, daß dieses Gesetz offenbar mit Zustimmung der sozialdemokratischen Fraktion ohne Aussprache bzw. ohne Änderungsanträge über die Bühne des Hauses laufen soll.
Ich möchte noch einmal betonen, daß wir die ernstesten Bedenken gegenüber dieser Regierungsvorlage haben. Wir werden sie in der zweiten und dritten Lesung noch einmal konkret und substantiiert vorbringen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung der ersten Beratung. Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu überweisen. Ich darf unterstellen, daß die Überweisung erfolgt. - Das ist der Fall.
Damit kommen wir zu Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1953 ({0}) ({1}); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) ({3}); dazu Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses ({4}) ({5}).
Ich bin gebeten worden, vorher bekanntzugeben, daß der Ausschuß für Wirtschaftspolitik eine halbe Stunde nach Beginn dieser Beratung im Zimmer 02 Süd neben dem Plenarsaal zur Fortsetzung seiner heutigen Sitzung zusammentritt. Das wäre also Jim 16 Uhr 30. Ich bitte freundlichst, davon Kenntnis zu nehmen.
Der Rechtsausschuß tritt, wie mir von Herrn Abgeordneten Dr. Arndt gesagt wird, um 17 Uhr zur Beratung des Wiedergutmachungsgesetzes zusammen. Von beiden Mitteilungen hat das Haus Kenntnis genommen.
Generalberichterstatter für den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans ist Herr Abgeordneter Schoettle.
({6})
- Ich wollte dasselbe vorschlagen. Wir werden genau so wie bisher verfahren, daß Wir zunächst die Einzelpläne behandeln und die Berichterstattung über das Gesetz erst am Schluß vornehmen.
Dann darf ich aufrufen:
a) Einzelplan 01 - Haushalt des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamtes - ({7}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Bausch. Er hat das Wort. Bitte schön!
Bausch ({8}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat sich die in dem Entwurf des Haushaltes des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamtes von der Bundesregierung gemachten Vorschläge vollinhaltlich zu eigen gemacht. Er hat beschlossen, dem Bundestag zu empfehlen, die Anlage Einzelplan 01 - Haushalt des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamts für das Rechnungsjahr 1953 mit den aus der Zusammenstellung Drucksache Nr. 4501 sich ergebenden Änderungen und Abschlußsummen, im übrigen unverändert nach der Vorlage anzunehmen.
Ich darf Ihnen empfehlen, sich diesen Beschluß des Haushaltsausschusses zu eigen zu machen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses betreffend Einzelplan 01 - Drucksache Nr. 4501 - zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Der Einzelplan 01 ist gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich komme zu
b) Einzelplan 02 - Haushalt des Deutschen Bundestages - ({0}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Jaffé.
Herr Abgeordneter Jaffé wünscht, gleich auch den Einzelplan 49 - Haushalt der Deutschen Vertreter in der Beratenden Versammlung des Europarates - ({1})
({2})
vorzutragen. Ich bitte, das zu konzedieren, da es sich um einen Haushalt handelt, der in einer sachlichen Beziehung zu dem Haushalt des Deutschen Bundestages steht.
Bitte schön, Herr Abgeordneter Jaffé.
Jaffé ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Haushalt des Deutschen Bundestages, unseres eigenen Hauses, habe ich Sie zunächst darauf aufmerksam zu machen, daß bei den Einnahmen - Seite 4 der Drucksache Nr. 4000 - bei Tit. 1 eine Verminderung von 29 500 DM angesetzt ist. Es liegt hier folgender Tatbestand zugrunde. Wie Ihnen bekannt ist, ist in der Verpachtung der Bundestagsgaststätte eine Veränderung insofern eingetreten, als der Vorstand dieses Hauses, vertreten durch den Herrn Präsidenten, einen neuen Pachtvertrag mit neuen Pächtern abgeschlossen und damit Dinge bereinigt hat, die in der Vergangenheit zu mancher Kritik Anlaß gegeben haben. Die neue Pacht ist eine Umsatzpacht. Es ist vorgesehen, daß in den ersten beiden Jahren, um den Übergang zu erleichtern, keine Pacht gezahlt wird. Auf der anderen Seite fällt dafür die bisherige belastende Verpflichtung dieses Hauses fort, daß zur Garantie der Mindestlöhne der Bediensteten der Bundestagsgaststätte ein erheblicher Betrag - im letzten Jahr waren es über 60 000 DM - aufgewendet werden muß. Auf der einen Seite werden also die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung entsprechend niedriger angesetzt werden, auf der anderen Seite fällt die Garantiesumme, die mit 42 600 DM angesetzt war, fort.
Ich darf ergänzend berichten, daß im Ausschuß eine gewisse Kritik an der Bundestagsgaststätte, insbesondere in der Frage der Benutzung der Gaststätte durch die Öffentlichkeit, geübt worden ist.
Bei den Personaltiteln - Sie finden das auf Seite 6 und den folgenden Seiten der Drucksache Nr. 4000 - sind keine wesentlichen Veränderungen vorgesehen. Bei den Angestellten gibt es einige Stellenhebungen, bei den Beamten eine gewisse Veränderung in der Bibliothek bzw. dem Archiv. Ferner ist eine weitere Leerstelle für einen Oberregierungsrat vorgesehen; sie gehört in die Kategorie der Stellen für abgeordnete Beamte beim Büro des Europarats.
In den Sachausgaben habe ich nur auf die bei. Tit. 201 auf Seite 2 der Drucksache Nr. 4502 vorgesehene Erhöhung zur Anschaffung von 20 elektrischen Schreibmaschinen aufmerksam zu machen. Man ist der Auffassung, daß damit nicht nur die Arbeitskraft der betreffenden Angestellten geschont, sondern auf die Dauer auch eine Ersparnis erreicht wird.
In Tit. 202 sind bei der Bücherei zusätzlich 50 000 DM für laufende Ergänzungen vorgesehen. Auf Seite 3 der Drucksache Nr. 4502 findet sich unter Tit. 870 ein weiterer Teilbetrag für Bücherei. Das ist eine Angelegenheit, die uns allen sehr am Herzen liegt. Es sind zur Erstausstattung 100 000 DM als dritter Teilbetrag angesetzt.
Bei den allgemeinen Ausgaben ist die Verbesserung der Unfallversicherung bei Tit. 307 zu erwähnen.
Ich mache weiter auf den Ausgabetitel 309 für parlamentarische Kongresse und Gesellschaften aufmerksam. Hier soll in Beziehung auf die Frage der Prüfung dieser Ausgaben eine Verwaltungsvereinbarung mit dem Bundesrechnungshof getroffen werden, um die Dinge zu vereinfachen.
Bei den einmaligen Ausgaben handelt es sich bei Tit. 850 nur um Ersatz von verwaltungseigenen Kraftwagen. Ich darf Sie darauf hinweisen, daß der Vergleich der einmaligen Ausgaben im gesamten mit den Ausgaben des Vorjahres interessant ist. Sie werden finden, daß die Ausgaben in diesem Jahr zurückgegangen sind. Überhaupt liegt der Gesamtzuschuß für den Deutschen Bundestag in diesem Jahre niedriger als im Vorjahr.
Ich habe Sie noch auf ein Problem aufmerksam zu machen. Es handelt sich um die Frage der Erweiterung unseres Plenarsaales. Die Kosten dafür sind nicht im Haushalt des Deutschen Bundestags, sondern im Einzelplan 60 der Allgemeinen Finanzverwaltung veranschlagt. Der Haushaltsausschuß war der Auffassung, daß die Erweiterung des Plenarsaales und die Schaffung von Arbeitsräumen für das Präsidium, für die Mitglieder der Bundesregierung und für den Stenographischen Dienst erforderlich sei, auch im Hinblick auf die bevorstehende erhebliche Vermehrung der Zahl der Abgeordneten. Die Mittel dazu werden nicht überwiegend dem Haushalt 1953, sondern durch Heranziehung anderer Ansätze aus 1952 für ein weniger vordringliches Bauvorhaben bzw. einem für den Erweiterungsbau bereits im Jahre 1952 vorgesehenen Betrag entnommen, so daß der Haushalt 1953 von dem Projekt, das etwa 3 1/2 Millionen DM kostet, nur mit etwa 350 000 DM belastet wird.
Im Haushaltsausschuß herrschte innerhalb der Fraktionen Übereinstimmung darüber, daß das Bauvorhaben nur genehmigt werden sollte, wenn zu gleicher Zeit - und ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu diesem Vorschlag - Sorge dafür getragen würde, daß für etwa eine Million DM - dieser Betrag ist als Verfügungssumme gleichfalls im Einzelplan 60 vorgesehen - bessere Arbeitsmöglichkeiten für die Abgeordneten und Fraktionen geschaffen würden.
Das ist alles, was ich Ihnen über den Einzelplan 02 zu berichten habe. Ich bitte Sie daher, dem Vorschlag des Haushaltsausschusses zuzustimmen, die Drucksache Nr. 4000, soweit sie den Deutschen Bundestag betrifft, mit den Änderungen, die sich aus der Drucksache Nr. 4502, dem Bericht des Haushaltsausschusses, ergeben, im übrigen unverändert anzunehmen.
Ich darf Ihnen mit Genehmigung des Herrn Präsidenten anschließend über den Einzelplan 49, den Haushalt der deutschen Vertreter in der Beratenden Versammlung des Europarats, berichten, daß dort keine sachlich wesentlichen Änderungen gegenüber der ursprünglichen Vorlage vom Haushaltsausschuß Ihnen vorgeschlagen werden außer einer geringen Erhöhung der Sachausgaben für Geschäftsbedürfnisse und allgemeinen Ausgaben. Wesentlich ist nur, daß wir Sie bitten, den Titel dieses Einzelplans zu ändern und statt „Haushalt der deutschen Vertreter in der Beratenden Versammlung des Europarats" zu benennen „Haushalt der deutschen Vertretung in der Beratenden Versammlung des Europarats und der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl". Auch im ordentlichen Haushalt unter dem Kap. 4901 ist der entsprechende Titel so zu formulieren. Ich bitte Sie, auch diesen Einzelplan mit den Ihnen vorgeschlagenen Änderungen, ersichtlich aus der Drucksache Nr. 4524, im übrigen unverändert nach der Vorlage anzunehmen.
Ich bitte freundlichst, Herr Abgeordneter Jaffé, mir die Änderung betreffend die Neuformulierung des Titels schriftlich zu übergeben. - Ich sehe, es ist auf Seite 2 vermerkt.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Bericht über den Haushalt Einzelplan 02 gehört. Zu diesem Haushalt liegen Änderungsanträge der kommunistischen Gruppe auf Umdruck Nr. 1001 unter den Ziffern 1 bis 5 vor. Herr Abgeordneter Gundelach wünscht, sie zu begründen.
Meine Damen und Herren! Unter Abschnitt „Allgemeine Ausgaben" im Einzelplan 02 - ({0})
- Was wollen Sie? Ich habe genau das gleiche Recht wie Sie, als gewählter Abgeordneter meiner Partei und meiner Fraktion zu der hier anstehenden Frage des Haushalts meine Meinung zum Ausdruck zu bringen.
Herr Abgeordneter Gundelach, es bestreitet Ihnen niemand dieses Recht.
Es gibt einen Abgeordneten dieses Hauses -
Ein Abgeordneter hatte einen Zweifel daran, ob dieser Punkt schon erledigt sei. Er ist es noch nicht, Herr Abgeordneter.
Dann soll er nachher weiterschlafen.
Herr Abgeordneter Gundelach, ich glaube nicht, daß es Ihnen zusteht, derartige Vorwürfe gegen Abgeordnete zu erheben. Ich rufe Sie zur Ordnung!
Gundelach ({0})': Meine Damen und Herren! Unter Abschnitt „Allgemeine Ausgaben" des Einzelplans 02 finden sich u. a. 21 600 DM für die Präsidenten des Bundestages, des weiteren für jeden Abgeordneten dieses Hauses ein monatlicher Pauschalbetrag von 600 DM und zusätzlich ein fester Unkostenbeitrag von monatlich 100 DM für jeden Abgeordneten und ein weiterer nachweisbarer Unkostenbeitrag für die Abgeordneten dieses Hauses in Höhe von monatlich 200 DM. Insgesamt werden unter Tit. 300 der Vorlage 4 618 000 DM für das Jahr 1953 gefordert. Wir Kommunisten beantragen, daß diese Summe um ein Drittel herabgesetzt wird. Bereits bei der Beratung des Diätengesetzes haben wir von dieser Stelle aus den Standpunkt vertreten, daß es angesichts der Notlage insbesondere der Rentner lind Kriegsopfer nicht zu verantworten ist, derart hohe Ausgaben, wie sie hier für die Präsidenten und die Abgeordneten des Bundestages gefordert werden, zu machen.
({1})
Unter Tit. 303 der gleichen Vorlage sind die Tagegelder für die Abgeordneten mit einer Gesamtsumme von 2 194 000 DM aufgeführt. Wir beantragen, daß auch diese Summe um ein Drittel gekürzt wird, da wir der Meinung sind, daß die Volksverteter mit einem Tagessatz von 20 DM neben ihren sonstigen Einkünften in der Lage sind zu leben und nach unserer Auffassung nicht schlecht davon leben können.
Unter Tit. 305 der Vorlage sind 45 000 DM zur Verfügung des Präsidenten des Hauses eingesetzt. Wir beantragen die Streichung dieser Position, weil wir dagegen sind, daß eine doppelte Aufwandsentschädigung gezahlt wird. Daß es sich hierbei um eine solche handelt, geht aus der Begründung in der Vorlage hervor. Dort wird gesagt:
Die Mittel sind zur Bestreitung von Ausgaben erforderlich, die dem Präsidenten für außergewöhnlichen Aufwand im dienstlichen Interesse entstehen und deren Deckung ihm aus der persönlichen Aufwandsentschädigung nicht zugemutet werden kann.
Diese Begründung, meine Damen und Herren, wird von uns nicht- anerkannt. Deshalb beantragen wir die Streichung.
Unter Tit. 306 sind Aufwendungen für besondere Veranstaltungen des Bundestages in Höhe von 10 000 DM vorgesehen. Da wir von der Notwendigkeit derartiger Veranstaltungen, wie sie in der Vergangenheit hier durchgeführt wurden, nicht überzeugt sind, beantragen wir die Streichung des Titels 306.
Tit. 309 sieht Ausgaben in Höhe von 180 800 DM für parlamentarische Kongresse und Gesellschaften vor. Wir beantragen die Streichung des genannten Titels, weil wir nicht davon überzeugt sind, daß die Gelder, die in der Vergangenheit für derartige Zwecke verausgabt worden sind, nutzbringend für unser Volk gewesen sind.
Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich bei dieser Gelegenheit zu den Änderungsanträgen der kommunistischen Gruppe eine Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion abgeben. Wir werden alle Anträge der kommunistischen Gruppe auf Umdruck Nr.1001 ablehnen. Wir werden sie deshalb ablehnen, weil wir keinerlei Zweifel daran lassen möchten, daß die Opposition, die die kommunistische Gruppe in diesem Hause zu treiben vorgibt, in Wirklichkeit nichts als eine theatralische Demonstration ist, die kaum den Zweck erreichen dürfte, den die Herrschaften vielleicht im Sinn haben: die Einbußen, die sie durch die Ereignisse in Berlin und in der Ostzone erlitten haben, durch solche Demonstrationen wieder gutzumachen.
({0})
Auf welches Niveau diese angebliche politische Partei gesunken ist, zeigt sich nirgends deutlicher als an dem Antrag zum Kap. 6002, nach dem die Bewilligungen über die Wiedergutmachung an Israel zu streichen sind.
({1})
Ich könnte die ganzen Anträge durchgehen - aber es wäre zuviel der Ehre -, um zu beweisen, wie wenig Sachkenntnis, wie wenig Bereitschaft, sich überhaupt mit dem Problem des Haushalts zu beschäftigen, bei diesen Anträgen vorliegt und wie sehr es den Herrschaften darauf ankommt, einfach so zu tun, als ob sie sachlich zu dem Problem Stellung nähmen. Jedermann in diesem Hause weiß, daß dies nicht der Fall ist. Wir sehen deshalb keinen Grund, uns mit diesen Anträgen ernsthaft und sachlich auseinanderzusetzen.
({2})
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Besprechung zum Haushaltseinzelplan 02.
Ich kann über die Änderungsanträge der kommunistischen Gruppe wohl in der Gesamtheit abstimmen lassen. Ich bitte die Damen. und Herren, die den Anträgen Umdruck Nr. 1001 Ziffern 1 bis 5 zu Einzelplan 02 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Diese Anträge sind gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Einzelplan 02, Haushalt des Deutschen Bundestages, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses; gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 03 - Haushalt des Bundesrates ({0}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Bausch.
Bausch ({1}), Berichterstatter: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat auch den Haushalt des Bundesrats - Einzelplan 03 -eingehend beraten. Er hat nur an zwei Punkten Änderungen vorgenommen, die nicht von erheblicher Bedeutung sind. Er hat sich damit begnügt vorzuschlagen, daß an Stelle von 7 A-1 a-Stellen nur 4 A-1 a-Stellen eingestellt werden und daß an Stelle von 2 A-2 b 'Stellen 5 A-2 b-Stellen in den Haushaltsplan aufgenommen werden.
Im übrigen hat der Ausschuß beschlossen:
Der Bundestag wolle beschließen, die Anlage
Einzelplan 03 - Haushalt des Bundesrats für
das Rechnungsjahr 1953 - mit den aus der Zusammenstellung in Drucksache Nr.4503 ersichtlichen Änderungen, im übrigen unverändert
nach der Vorlage anzunehmen.
Ich darf Ihnen empfehlen, sich diesen Beschluß des Haushaltsausschusses zu eigen zu machen.
Zu dem Änderungsantrag der Gruppe der KP Herr Abgeordneter Gundelach!
Meine Damen und Herren! Im Abschnitt Allgemeine Ausgaben des Einzelplans 03 - Bundesrat - sind unter Tit. 302 für Tagegelder für die Mitglieder des Bundesrates und deren Kraftfahrer insgesamt 240 000 DM vorgesehen. Wir beantragen, daß in diesem Titel der Anteil, der auf die Tagegelder für die Mitglieder des 'Bundesrates und seiner Ausschüsse entfällt, um ein Drittel gekürzt wird. Ich habe bereits bei der Beratung des Haushalts für den Bundestag eine Kürzung der Tagegelder von 30 DM auf 20 DM gefordert. Dem entspricht auch hier die Forderung, den Tagessatz von 30 DM auf 20 DM herabzusetzen.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Änderungsantrag gehört. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der KP zu Einzelplan 03. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Einzelplan 03 - Haushalt des Bundesrates - zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die überwiegende Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 04 - Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes - ({0}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Blank ({1}).
Dr. Blank ({2}) ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan 04 - Haushalt des Bundeskanzlers und Bundeskanzleramtes - weist im ordentlichen und außerordentlichen Haushalt 1953 gegenüber 1952 eine Ausgabenerhöhung von 3 570 000 DM aus. Die Ausgabenvermehrung beschränkt sich auf Kap. 0403 - Presse- und Informationsamt der Bundesregierung -, auf Kap. 0404 - Dienststelle Blank - und das neu hinzugekommene Kap. 0405 - Außenabteilung Koblenz der Dienststelle Blank.
In Kap. 0401, dem Haushaltskapitel des Bundeskanzleramtes im engeren Sinne, ist eine Personalvermehrung nicht eingetreten. Hier ist nur die Hebung der Hausinspektorenstelle, entsprechend einer Anregung von mehreren Mitgliedern des Haushaltsausschusses, und einer Angestelltenstelle in Übereinstimmung mit den Tätigkeitsmerkmalen erfolgt. Die Ausgabenansätze bei den sächlichen und besonders bei den einmaligen Ausgaben konnten gegenüber 1952 um 42 600 DM gesenkt werden.
Kap. 0403 - Presse- und Informationsamt der Bundesregierung - bringt gegenüber 1952 eine Vermehrung um 5 Planstellen für Beamte, davon 2 für Beamte des höheren, 3 für Beamte des gehobenen bzw. 'mittleren Dienstes und um 63 Stellen für Angestellte, davon 11 für den höheren Dienst.
Bei der Bemessung des Kräftebedarfs des Presse- und Informationsamtes für 1952/53 bildete das Gutachten des Bundesrechnungshofes die Grundlage. Die bei den sächlichen Ausgaben mehr angesetzten 242 000 DM sind insbesondere bedingt durch den verstärkten Luftpostversand von eiligem Nachrichtenmaterial ins Ausland und durch die Zunahme der Ferngespräche, Fernschreiben zur Nachrichtenübermittlung sowie durch die Notwendigkeit der Beschaffung zusätzlich benötigter Arbeitsräume.
Die allgemeinen Haushaltsausgaben weisen eine Erhöhung um 1 033 500 DM für die Public-relations- Arbeit im Ausland, Veröffentlichungen der Bundesregierung, Pressefunksendungen und Gebühren für den Bezug von Nachrichtenagenturdiensten auf. Das Mehr ergibt sich durch die Zunahme dieser Aufgaben. Die Aufwendungen stehen in einem bescheidenen Verhältnis zu den Ausgaben, die in anderen Ländern für gleichartige Zwecke geleistet werden. Die einmaligen Ausgaben konnten um 318 000 DM gesenkt werden.
Die Kapitel 0404 und 0405 betreffen die Dienststelle des Beauftragten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen. Wie schon in dem Vorwort zu Einzelplan 04 in Abs. 7 zum Ausdruck gebracht, ist die Dienststelle des Beauftragten des Bundeskanzlers für die Vermehrung - usw. usw. - im Laufe des Jahres weiter mit den Arbeiten für die Verstärkung der alliierten Besatzungstruppen beschäftigt worden. Die Aufgaben haben eine wesentliche Vermehrung erfahren. Darüber hinaus wurden Planungen für die Europäische Verteidigungsgemeinschaft in Zusammenarbeit mit den beteiligten Staaten fortgeführt. Trotz dieser erheblichen Aufgabensteigerung ist eine Personalvermehrung
({4})
bei der Dienststelle Blank im wesentlichen nicht eingetreten. Einige Angestellte niedriger Vergütungsgruppen wurden neu gefordert, die vornehmlich für die inneren Verwaltungsaufgaben der Dienststelle erforderlich waren. Durch die Aufgabenvermehrung sind die Sachausgaben der Dienststelle Blank etwas angestiegen. Die Erhöhung beträgt rund 200 000 DM. Bei den allgemeinen Ausgaben ist gegenüber dem Rechnungsjahr 1952 eine Erhöhung des Betrages um 150 000 DM erforderlich geworden, die, wie die Beratungen im Haushaltsausschuß ergeben haben, als dringend notwendig angesehen werden müssen. Die einmaligen Ausgaben wurden gegenüber dem Vorjahre um rund 240 000 DM gesenkt.
Als neues Kapitel ist bei der Dienststelle Blank das Kap. 0405 hinzugekommen. Die bisher beim Bundesminister der Finanzen befindliche Sonderabteilung „Besatzungslastenverwaltung" mußte aus organisatorischen Gründen aufgeteilt werden. Die dazu gehörige Unterabteilung dieser Sonderabteilung, die sich mit den Beschaffungen für die britische Besatzungsmacht beschäftigt, wurde als Außenabteilung mit dem Sitz in Koblenz der Dienststelle Blank zugeordnet. Dafür sprachen gleichermaßen politische wie auch organisatorische Gründe. Erfreulicherweise hat die britische Besatzungsmacht im Laufe des Rechnungsjahres 1952 immer mehr Beschaffungsaufgaben dieser deutschen Dienststelle übertragen. Auch die französische Besatzungsmacht geht immer mehr dazu über, Beschaffungen für ihren Bedarf durch die Außenabteilung durchführen zu lassen.
Diese sehr umfangreiche Aufgabensteigerung machte es zwingend notwendig, das Personal der Außenabteilung entsprechend zu verstärken. Es ist auch vorgesehen, die Außenabteilung mit Vorarbeiten für zukünftige Aufgaben zu betrauen. Im Hinblick auf spätere Erfordernisse erschien es zweckmäßiger, dieser Außenabteilung ein eigenes Kapitel, nämlich, wie schon erwähnt, die Bezeichnung 0405, zu geben.
Bei dem Übergang der früheren Unterabteilung, die Beschaffungen für die britische Besatzungsmacht vorzunehmen hatte, sind 20 Planstellen der Besoldungsgruppe B4 in A 5 b aus dem Einzelplan des Bundesministeriums der Finanzen in dieses neue Kapitel übernommen worden. Im Rechnungsjahr 1953 werden weitere 14 Planstellen gefordert. Es wurden ferner vom Bundesministerium der Finanzen 88 Stellen für Angestellte und 15 Stellen für Arbeiter übertragen. Da sich, wie schon ausgeführt, die Arbeiten bei der Außenabteilung wesentlich vermehrt haben, wurde es notwendig, die Stellen für Angestellte auf insgesamt 167 und die für Arbeiter auf 25 zu erhöhen. Die Sachausgaben bei dem Kap. 0405 halten sich unter Berücksichtigung, der gesteigerten Aufgaben im Rahmen der allgemein üblichen Ansätze. Die Personalvermehrung und die Verlegung der Außenabteilung von Bad Homburg vor der Höhe nach Koblenz erfordern an einmaligen Ausgaben insgesamt 209 000 DM, die für die Beschaffung von zwei weiteren Kraftfahrzeugen, weiteren Dienstzimmereinrichtungen und einer Fernsprechzentrale erforderlich geworden sind.
Ich darf das Hohe Haus namens des Haushaltsausschusses bitten, diesen Vorschlägen der Regierung mit den in der Drucksache Nr. 4504 aufgeführten Änderungen, denen der Haushaltsausschuß beim Einzelplan 04 zugestimmt hat, seine Zustimmung zu geben.
President D. Dr. Ehlers: Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Einzelbesprechung. Das Wort hat der Abgeordnete Brandt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß die sozialdemokratische Fraktion den Etat für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes ablehnt, weil sie in entscheidenden Fragen die Innen- und Außenpolitik des Bundeskanzlers ablehnt. Aber nicht dazu möchte ich etwas bemerken, sondern zu zwei Fragen, die durch den Einzelplan 04 aufgeworfen werden.
Zunächst einiges zur Frage der Geheimfonds. Wir wissen natürlich, daß in fast allen Staaten in den Haushaltsplänen Mittel ausgebracht werden, die der Regierung für besondere Zwecke zur Verfügung stehen.
({0})
Es wird auch kaum etwas dagegen einzuwenden sein, daß der Regierungschef über gewisse Mittel verfügt, die nicht der parlamentarischen Einzelberatung unterliegen.
({1})
Das würde etwa für die 200 000 DM gelten, die in Kap. 0401 als Tit. 300 ausgebracht sind. Im übrigen aber kommt es unserer Meinung nach auch bei den Geheim- oder Dispositionsfonds sehr wohl darauf an, in welcher Form sie bewirtschaftet werden und ob die demokratische Kontrolle zum mindesten in der Form gewährleistet wird, daß Vertrauensleute des Parlaments über die Verwendung der Mittel unterrichtet werden. Die gegenwärtige Bundesregierung hat sich zu einer solchen parlamentarischen Minimalkontrolle nicht bereit gefunden. Sie hat damit nur das bestätigt, was Herr D r. Vialon in seinem Buch über Haushaltsrecht ausgeführt hat. Dieser schreibt - ich zitiere -:
Regelmäßig begründet die Exekutive mit erhöhter Staatsraison die Fernhaltung des kritischen Prüfers von den oben genannten gefährlichen Fonds ({2}).
({3})
Es stellt sich aber oft heraus, daß diese Tendenz nur den Versuch zur Aufrechterhaltung eines Mysteriums oder den Wunsch nach ganz selbständiger Bewirtschaftung bedeutet.
({4})
Ich möchte die Aufmerksamkeit des Hauses auf die 4,5 Millionen DM lenken, die in Kap. 0403 Tit. 300 „Zur Verfügung des Bundeskanzlers zur Förderung des Nachrichtenwesens" ausgebracht sind. Ferner möchte ich auf die 700 000 DM verweisen, die in Kap. 0404 als Tit. 301 dem LangnamBeauftragten des Herrn Bundeskanzlers „für außerordentliche und unvorhergesehene Aufgaben" zur Verfügung stehen. Ich denke auch an die 3 Millionen DM „für Zwecke des Verfassungsschutzes", auf die wir noch beim Innenministerium zu sprechen kommen werden.
Die Regierung hat sich dagegen gewehrt, daß einige hierfür besonders geeignete Mitglieder des Hauses laufend über die Vergabe von Mitteln aus solchen Fonds informiert würden. Der Präsident
({5})
des Rechnungshofs hatte vorgeschlagen, den Bundesschuldenausschuß als Informationsorgan zu wählen. Dadurch wäre auch der Bundesrat immer auf dem laufenden. In den abgeänderten Texten zu den fraglichen Titeln heißt es jetzt, daß die Jahresrechnung über die Ausgaben nur der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofs unterliegt und daß seine Erklärung die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung bildet. Das reicht unserer Meinung nach nicht aus. Das entspricht nicht jenem Verhältnis zwischen Regierung und Parlament, das wir im Interesse einer gedeihlichen Entwicklung der Demokratie für erforderlich halten.
Die Zeiten des Welfenfonds, meine Damen und Herren, liegen weit zurück, und heute bleibt es wohl auch im wesentlichen der Wirtschaft vorbehalten,
({6})
die Mittel aufzubringen, aus denen, wie seinerzeit beim Welfenfonds, Presseorgane subventioniert und propagandistische Angriffe auf die Nichtregierungsparteien finanziert werden.
({7})
Immerhin, wenn Klarheit über die Geheimfonds bestünde, hätten wir der Regierung jene Kleine Anfrage Drucksache Nr. 4461 vom 10. Juni 1953 ersparen können, durch die wir z. B. darüber Auskunft erbitten, ob die sogenannte „Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise" Zuwendungen aus Bundesmitteln oder aus Fonds erhält, denen auch Bundesmittel zufließen, und ob an Zeitungen oder Zeitschriften Zuwendungen aus Bundesmitteln unmittelbar oder über Organisationen wie die eben genannte Arbeitsgemeinschaft gewährt werden.
Damit komme ich nun zum zweiten Punkt.
({8})
Wir wissen natürlich, daß es eines Organs der Bundesregierung bedarf, das sich der Presse- und Informationsaufgaben annimmt. Wir sind jedoch nicht ohne weiteres davon zu überzeugen, daß die starke Aufblähung des Presse- und Informationsamtes sachlich unumgänglich war. Es handelt sich ja schließlich fast um eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Zu den 31 Planstellen, die der Haushalt ausweist, kommen über 300 weitere Stellen; also an die 400 Köpfe sind jetzt schon im Presse- und Informationsamt beschäftigt,
({9})
und dabei sind die Pressestellen der verschiedenen Fachministerien überhaupt noch gar nicht berücksichtigt.
({10})
- Erwarten Sie nicht, daß ich auch nur mit einer Bemerkung heute in dieser Situation und nach dem, was mein Kollege Schoettle ausgeführt hat, zu Ihren Zwischenrufen Stellung nehme!
Ich will durchaus anerkennen, daß im Presse-und Informationsamt und in manchen seiner Abteilungen auch eine gute und sachliche Arbeit geleistet wird. Aber wir können uns nicht des Eindrucks erwehren - und dem möchte ich hier Ausdruck geben -, daß in führenden Stellen der Regierung und in der Auswirkung dann im Presse-und Informationsamt nicht immer genügende Klarheit darüber herrscht, wo die Grenze zwischen einem staatlichen Informationsorgan und dem Propagandaapparat von Parteien verläuft. Wir haben uns bei früherer Gelegenheit dagegen gewehrt und tun es auch heute, daß mit Steuermitteln nicht Aufklärung, sondern parteipolitische Propaganda getrieben wird. In einem demokratischen Staat geht es unserer Meinung nach z. B. nicht an, daß das Nachrichtenblatt, das Bulletin der Regierung, der Opposition schulmeisterlich Zensuren erteilt und nicht oder nicht immer zwischen Verlautbarungen der Regierung sowie Äußerungen von Mitgliedern der Regierung und solchen Äußerungen zu unterscheiden vermag, die Regierungsmitglieder in ihrer Eigenschaft als Parteifunktionäre oder Wahlredner von sich geben.
({11})
Im Interesse einer einigermaßen fairen Austragung der Gegensätze, über die und zwischen denen sich das Volk orientieren will, muß auch gegen solche Formen einer regierungsoffiziellen Plakatierung ein ernster Einwand erhoben werden, die die Begriffe zu verwirren und die Atmosphäre zu vergiften geeignet sind. Das Geld der Steuerzahler und die Mittel der staatlichen Informationspolitik sind nicht für eine Suggestivpropaganda da,
({12})
mit deren Hilfe erreicht werden soll, was in der echten politischen Auseinandersetzung mißlingt.
({13})
Meine Herren auf der Regierungsbank und meine Damen und Herren von der Mitte und von der rechten Seite dieses Hauses, fassen Sie diese Bemerkungen bitte nicht als bloße Kritik auf, sondern fassen Sie sie als ein echtes und ernstes Anliegen der demokratischen Opposition in diesem Hause auf!
Im übrigen wiederhole ich: Wir lehnen den Einzelplan für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes ab.
({14})
Herr Abgeordneter Bausch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage, über die Herr Abgeordneter Brandt soeben gesprochen hat, wurde bei den Beratungen im Haushaltsausschuß sehr eingehend erörtert. Meine Fraktion hat zu dieser Frage im wesentlichen folgende Stellung eingenommen: Wir waren der Auffassung, daß keine Regierung darauf verzichten kann, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß sie über solche Fonds verfügen - und frei verfügen kann. Es konnte auch von dem Vertreter der Opposition nicht bestritten werden, daß, wenn ihre politischen Sachwalter einmal die Regierungsgewalt ausüben würden, auch sie Wert darauf legen müßten, über solche Fonds zu verfügen, und daß auch sie dann Wert darauf legen würden, völlig frei und entsprechend ihren politischen Einsichten die Gelder solcher Fonds verwenden zu können. Weiter wurde festgestellt, daß die Methode, die jetzt im Haushaltsplan hinsichtlich der Kontrolle über diese Fonds festgelegt ist, im wesentlichen die gleiche ist, die schon in der Weimarer Zeit angewandt wurde.
Wir haben uns aber durchaus nicht dagegen gewehrt, daß Überlegungen darüber angestellt wer({0})
den, ob die Prüfung der Verwendungsart dieser Fonds nicht auf eine breitere parlamentarische Basis gestellt werden soll. Aber wir haben darauf hingewiesen, daß, wenn schon ein solcher neuer Weg beschritten werden solle, dieser Weg dann von allen politischen Vertretungskörperschaften, nicht etwa nur von der Bundesregierung, sondern auch von den Regierungen der Länder beschritten werden müßte. Man müßte sich also auf ganz breiter Basis darüber einig werden, einen solchen Weg zu wählen und eine solche neue Methode anzuwenden. Aber der Weg dahin ist noch weit.
Genau dieselbe Methode, an der der Herr Kollege Brandt Kritik geübt hat, wird von den sozialdemokratisch regierten Länderregierungen bis zum heutigen Tag angewandt. Es ist uns bisher nichts darüber bekanntgeworden, daß sie bereit gewesen wären, diese Methoden zu ändern.
({1})
- Ich lade Sie sehr herzlich dazu ein, dahin zu wirken, daß die Länderregierungen in dieser Hinsicht vorausgehen. Dann werden wir gern bereit sein, zu überlegen, ob auch bei uns eine Änderung angemessen und vertretbar ist.
({2})
- Wenn es sich darum handelt, einen guten Weg zu wählen - und Sie scheinen j a der Auffassung zu sein, daß das ein guter Weg ist -, dann ist es jedenfalls kein Fehler, wenn man vorausgeht.
({3})
Man kann doch vernünftig miteinander reden. Ist das nicht möglich? Das kann man doch tun! Warum wollen wir das nicht tun?
({4})
Nun möchte ich doch noch eine Bemerkung zu einem kritischen Satz machen, den Herr Brandt von hier aus gesprochen hat. Er hat davon geredet, daß diese Fonds, um die es sich hier handelt, dazu benützt würden, eine politische Suggestivpropaganda der Bundesregierung zu finanzieren. Ich wüßte nicht, wo und an welchem Punkt Mittel dieser Fonds für eine Propaganda dieser Art verwendet worden wären. Ich weiß aber sehr genau, daß in dem Lande, aus dem ich komme und dessen Bevölkerung ich hier zu vertreten die Ehre habe, Mittel aus dem Haushalt, Steuermittel, nicht nur einmal, sondern wiederholt und fortlaufend dazu verwendet worden sind, die parteipolitischen Meinungen der sozialdemokratisch beherrschten Regierung im Lande zu verbreiten.
({5})
Man hat sehr, sehr hohe Summen im Lande BadenWürttemberg aus Steuermitteln dazu verwendet, Flugblätter mittelst Postwurfsendung zu verbreiten, die Parteimeinungen der SPD und der FDP wiedergaben.
({6})
- Jedenfalls beherrscht Ihre Partei diese Regierung.
({7})
- Bis vor kurzem saßen fünf sozialdemokratische Minister in der Regierung
({8}) und nur vier Minister anderer politischer Couleur.
Die Sozialdemokratische Partei hat also die Verantwortung für die Politik dieses Landes getragen.
({9})
Wenn Sie Wert darauf legen, daß nicht aus Steuermitteln eine Suggestivpropaganda getrieben wird, dann, meine verehrten Herren Kollegen, sorgen Sie dafür, daß solche nach meiner Ansicht schlechten Methoden dort abgestellt werden, wo Sie Träger der Regierungsgewalt sind!
({10})
Herr Abgeordneter Greve, das hat Herrn Bausch noch niemand vorgeworfen, daß er zum Talmud besondere Beziehungen hätte! Vielleicht zu Caux, aber nicht zum Talmud!
({0})
Herr Abgeordneter Schoettle hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, mich mit Herrn Bausch in eine Auseinandersetzung über die Praxis im Lande Baden-Württemberg einzulassen. Das werden wir an anderer Stelle tun.
({0})
- Ach, manche Dinge erscheinen Ihnen nur sehr interessant aus der Ferne; zu Hause sehen sie sich viel natürlicher an.
Ich möchte mich nur auf den Punkt konzentrieren, den Herr Bausch zu Anfang behandelt hat, und zwar die Frage, die mein Freund Brandt hier aufwarf: die parlamentarische Kontrolle der sogenannten Geheimfonds. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, das, was ich sage, sehr ernst zu nehmen. Man kann sich nicht damit helfen, daß man sagt: Ja, aber die sozialdemokratisch beeinflußten Regierungen üben dieselbe Praxis aus wie die Bundesregierung! - Ich erkläre Ihnen in aller Form, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion in diesem und in jedem künftigen Bundestag darum kämpfen wird, daß die Methoden der parlamentarischen Kontrolle der Geheimfonds in einer Weise entwickelt werden, die es der Regierung nicht unmöglich macht, über diese Fonds zu verfügen, die es ihr aber zur Pflicht macht, eine parlamentarische Körperschaft sauber zu informieren, so daß die Informierten ihren Fraktionen gegenüber mit gutem Gewissen sagen können: die Mittel, die wir unter diesem Titel auswerfen, werden anständig und sauber verwandt! - Das wollen wir, und das sollten Sie auch wollen.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst ein Wort an Herrn Kollegen Schoettle.
({0})
({1})
- Trotzdem sage ich das. Als Sie noch ein junger Schoettle und Mitglied einer marxistischen Arbeiterpartei waren, da hat man Ihnen, als Sie auf der unteren Ebene ihre ersten Gehversuche als Haushaltsfachmann gemacht haben, todsicher das gesagt, was Sie uns heute gesagt haben. Da hat man Ihnen gesagt: Ihre Vorstellungen von Haushaltsaufstellung, Haushaltsplanung entbehren jeder Sachkenntnis!
({2})
Sehen Sie, inzwischen sind Sie jetzt ein wohlbestallter Herr Schoettle geworden,
({3})
und nun benutzen Sie die Argumente, die damals genau so lächerlich waren, wie sie heute sind, gegen uns.
({4})
Ich habe mir nicht eingebildet, daß wir für diese Änderungsanträge zum Etat etwa vom Herrn Bundeskanzler oder vom Herrn Ehlers, unserem Herrn Bundestagspräsidenten, einen roten Rosenstrauß bekämen. Das habe ich mir nicht eingebildet.
({5})
Herr Abgeordneter Renner, Sie wollten mir ja den Dispositionsfonds streichen. Schon deshalb wäre es nicht möglich gewesen.
({0})
Ich habe sogar die verwegene Idee gehabt, Sie hätten das aus Ihrer Tasche bezahlt. Also dann war die Liebe doch geringer, als ich annehmen mußte. Es war eine sogenannte „staatlich bezahlte" Liebe. Vielen Dank für die Aufklärung!
({0})
Aber nun zur Sache! Herr Schoettle, Haushaltspläne, das ist das in Zahlen 'ausgedrückte Bild der Politik, die die Kräfte machen, die in dem jeweiligen parlamentarischen Gremium dominieren.
({1})
Das ist eine Binsenweisheit, werden Sie sagen. Man muß also, wenn man Opposition ist oder Opposition zu sein vorgibt, man muß also, wenn man nicht nur redet, um zu reden, sondern um etwas Gegensätzliches zum Ausdruck zu bringen, sich schon von diesem Gesichtspunkt aus den Haushaltsplan vorknöpfen. Tut man das und macht man sich dann auch noch eine in den letzten Wochen bei Ihnen oft ausgedrückte Meinung von der Adenauer-Regierung als der Klassenregierung zu eigen, dann bekommt man einen Blickpunkt, von dem aus man an die Etatzahlen herangehen muß, um zu erkennen, daß diese Zahlen nichts anderes sind als ein Beweis für die Klassenpolitik dieser Regierung. So muß man die Dinge anpacken. Wenn man die Zahlen ansieht und ihre Verteilung auf die einzelnen Aufgabengebiete betrachtet, wenn man überlegt, aus welchen sozialen Schichten die Mittel herausgepreßt werden, um diese Adenauersche Klassenpolitik zu ermöglichen und zu finanzieren, dann bekommt dieser Etat noch mehr den Anblick eines ausgesprochenen Klassenetats.
Sehen Sie, Herr Schoettle, von dem Gesichtspunkt aus sind wir an den Etat herangegangen, also doch immerhin beherrscht von der Klassenerkenntnis und geführt von unserer Klassenerkenntnis, die Ihnen in der Zwischenzeit abgegangen ist.
({2})
- Primitivität, das ist eine subjektive Auffassung. Wenn ich das zurückgäbe, könnte ich, Herr Schoettle, - -. Sehen Sie, das gebe ich nicht zurück. Überlassen wir das Urteil über Primitivität oder „hohes geistiges Führertum" der Nachwelt oder unserer Klasse, Herr Schoettle.
({3})
- Ich bin jetzt mit Ihnen fertig. Ich gehe jetzt zum Etat über.
({4})
Wir haben mit unserem Antrag auf Streichung des Amtsgehalts des Herrn Bundeskanzlers und seines Staatssekretärs natürlich nicht nur die Höhe dieser Gehälter unterstreichen wollen, die Höhe dieses Gehaltes für den Herrn 'Bundeskanzler, das um 9000 DM niedriger liegt als das des Herrn Bundespräsidenten, aber immerhin noch über 61 000 DM pro Jahr beträgt und das, mit Zustimmung auch der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion vor einigen Wochen hier im Hohen Hause genehmigt worden ist. Also es kam uns nicht nur darauf an, das herauszustellen, sondern wir wollten mit unserem Antrag einmal mehr vor dem Forum dieses Bundestages die wahre Politik dieser AdenauerRegierung herausstellen.
({5})
Wir wollten als Kommunisten im Interesse Deutschlands, im Interesse des Friedens, im Interesse der Wiedervereinigung Deutschlands
({6})
diese von dem Herrn Bundeskanzler Adenauer betriebene Innen- und Außenpolitik betrachten und beweisen, daß sie eine Politik gegen die Interessen unseres Volkes ist. So wie Adenauers Machtfülle aus dem amerikanischen Auftrage resultiert, den er erhalten hat, so ist seine gesamte Politik nichts anderes als die Durchführung dieses amerikanischen Auftrags auf deutschem Boden.
({7})
Er hat den Auftrag, als Statthalter des amerikanischen Imperialismus in Westdeutschland die Interessen - -
Herr Abgeordneter Renner, das Wort „Statthalter des amerikanischen Imperiialismus in Deutschland" ist eine Beleidigung. Ich rufe Sie zur Ordnung.
- die Interessen der amerikanischen Imperialisten und Kriegstreiber wahrzunehmen.
Herr Abgeordneter Renner, ich rufe Sie wegen der Formulierung, daß der Bundeskanzler den Auftrag habe, die amerikanischen Interessen der Kriegstreiber wahrzunehmen, zur Ordnung, und zwar zum zweitenmal, und mache Sie auf die Folgen eines dritten Ordnungsrufes aufmerksam.
({0})
Nun, jedenfalls hat seine Tätigkeit - das darf man ja ohne Gefährdung des Rech({0})
tes, hier aufzutreten, aussprechen - die Privilegien der imperialistischen Kräfte in der Welt, in Deutschland vor allem, wesentlich gesteigert. Er ist der Mann, durch dessen Politik bei uns im Westen die Macht der Kräfte wieder stabilisiert wurde, die Hitler seinerzeit an die Macht gebracht haben.
({1})
Er, Adenauer, hat den Schuman-Plan unterschrieben, der die deutsche Industrie dem amerikanischen Kriegskurs unterordnet. Er hat damit entscheidende deutsche Hoheitsrechte beseitigt. Er hat dadurch praktisch das Saargebiet von Deutschlandwegreißen lassen.
({2})
Im Auftrag dieser Hintermänner und gegen den klaren Willen des deutschen Volkes hat er den Generalvertrag und den EVG-Vertrag unterschrieben, durch den er die Jugend den internationalen Kriegstreibern eines Tages als Kanonenfutter ausliefern will, der die Herrschaft der Besatzungsmächte auf deutschem Boden verewigen soll und der die Spaltung Deutschlands praktisch und faktisch vertieft.
({3})
Adenauers Politik nach innen und außen, Adenauers Politik der Einbeziehung Westdeutschlands in den atlantischen Kriegsblock hat zu einem nationalen und sozialen Notstand weiter Bevölkerungskreise in Westdeutschland geführt. Während die Reichen immer reicher wurden, wuchs die Arbeitslosigkeit und sind heute bereits mehr als 14 1/2 Millionen Menschen - und die zu ihnen gehörenden Familienangehörigen - bei Elendslöhnen, Hungerrenten und Unterstützungssätzen, die unter dem Existenzminimum liegen, verurteilt, zu vegetieren. Durch seine Politik der Wiederaufrüstung, die der Bevölkerung in Form von direkten und indirekten Steuern Milliardenlasten auferlegt, verelendeten weite Kreise des Mittelstandes, des Klein- und Einzelhandels und des Bauernstandes. Der 'Staatsapparat und die Führungspositionen der Wirtschaft befinden sich heute ausnahmslos in der Hand der Kräfte, die Hitler an die Macht gebracht haben. Hitlers Wehrwirtschaftsführer und Großbankiers, die Abs und Pferdmenges spielen in Westdeutschland heute die große Geige. Faschistische Organisationen und Soldatenverbände schießen wie Pilze aus dem Boden.
({4})
Die Kräfte, die für den Frieden und für die Einheit Deutschlands kämpfen, werden systematisch der im Grundgesetz verankerten Grundrechte beraubt. Adenauers Hauptaufgabe besteht darin, die friedliche Verständigung der vier Großmächte zu hintertreiben und die friedliche Wiedervereinigung Großdeutschlands auf der Basis gesamtdeutscher Verhandlungen zu verhindern. Adenauer spielt in Europa dieselbe Rolle, die Syngman Rhee in Südkorea spielt. Er will, nach dem Scheitern der amerikanischen Kriegspläne in Asien, seinen imperialistischen Auftraggebern in Europa eine neue Basis für deren Angriffskrieg gegen die Friedensmacht der Sowjetunion -
Herr Abgeordneter Renner, die Behauptung, daß der Bundeskanzler amerikanischen imperialistischen Auftraggebern eine neue Basis für einen Angriffskrieg bieten wolle, ist eine Beleidigung. Ich rufe Sie zum dritten Male zur Ordnung und entziehe Ihnen das Wort.
({0})
Liegen weitere Wortmeldungen vor? - Herr Abgeordneter Loritz!
Meine Damen und Herren! Haushaltsberatungen sollten eigentlich in jeder richtig funktionierenden Demokratie das Wichtigste sein und sollten namentlich auch von seiten der Regierungsparteien die größte Anteilnahme finden. Haushaltsdebatten dienen ja allgemein in Demokratien dazu, die Gesamtpolitik der Regierung kritisch zu durchleuchten. Man merkt bei uns noch sehr wenig von einem solchen Willen der Volksvertreter, ihr oberstes Recht auszuüben. Darum sind die Regierungsbänke und die Bänke ,der Regierungsparteien auch so weitgehend leer.
({0})
Darf ich bitte noch kurz einige Bemerkunngen zu diesem Etatartikel machen:
Zunächst die Geheimfonds! Es müßte wirklich eine Möglichkeit geben, hier eine parlamentarische Kontrolle durchführen zu lassen. Eine Kontrolle durch wenige ausgewählte Abgeordnete, ein Gremium von drei, höchstens fünf Personen genügte dazu, die man zu strenger Geheimhaltung - meinetwegen auch gegenüber der eigenen Partei - verpflichten könnte. Sie müßten nur eines tun: sie müßten als Männer sagen können: „Wir haben diese Etatpositionen genau durchleuchtet; wir können es auf unsere Kappe nehmen, unseren Parteien zu empfehlen, sich für diese Geheimfonds einzusetzen." Das geschieht aber nicht. Die Herren von den Regierungsparteien wissen ganz genau, warum sie uns so etwas nicht vorschlagen. Schärfster Widerspruch gegen diese Geheimfonds, das müßte die Aufgabe jedes demokratischen Parlaments sein! Schärfster Widerspruch dagegen, daß Plakate herausgehängt werden, die nicht etwa den Namen der politischen Partei tragen, deren Ziele mit diesen Plakaten gefördert werden sollen, nämlich der CDU, sondern die sich so neutral gebärden wie das schöne Hutreklameplakat für den Herrn Bundeskanzler mit dem vollendet entwickelten und gezeichneten Herrenhut des Herrn Adenauer usw. usw. Alles das sind Dinge, die sich eine Regierung nicht erlauben sollte!
({1})
Es wäre außerordentlich interessant, einmal diese Geheimfonds näher daraufhin zu untersuchen, inwieweit hier Dinge gefördert werden, die geradezu jeder demokratischen Regelung in diesem Lande ins Gesicht schlagen.
Meine Damen und Herren, nun allgemein zum ganzen Haushaltsplan für den Bundeskanzler und sein Amt: Ein Bundeskanzler, der solch eine Politik macht wie Adenauer in den letzten fast vier Jahren, hat das Recht verwirkt, daß wir ihm zu seinem Etat zustimmen können.
({2})
Ein Schumanplan wurde uns hier von Herrn Adenauer und seiner CDU in den leuchtendsten Farben angepriesen. Dieser Plan hat heute schon dazu geführt, daß größte Schwierigkeiten für den deutschen Eisenbergbau entstanden sind.
({3})
({4})
Eine ganze Reihe von Spezialstählen können heute kaum mehr abgesetzt werden, weil sie auf Grund des Schumanplanes in den Preisen von Frankreich oder von Belgien her unterboten werden.
({5})
Lesen Sie doch bitte einmal reine Wirtschaftszeitungen, wie die „Deutsche Handelszeitung" oder den Handelsteil anderer großer Tageszeitungen. Lesen Sie doch bitte, was darin über die Auswirkungen des Schumanplans geschrieben wird! Sie selbst mußten ja, um diese infamen, diese skandalösen Auswirkungen ein wenig korrigieren zu können, neulich durch den Mund des Abgeordneten Preusker einen Antrag befürworten lassen, der für Erzeugnisse der französischen Schwerindusrtie eine Sonderbesteuerung vorsieht, - eine Sache, die vielleicht demnächst vom Montanunions-Gericht aufgehoben werden soll. Ich glaube, die Herren in Straßburg und Luxemburg wollen nur so lange warten, bis die Bundestagswahlen vorüber sind, um Ihnen, meine Herren von der CDU, damit gegenüber Ihren eigenen Wählern nicht allzusehr die Maske vom Gesicht zu nehmen.
({6}) Ein solcher Schumanplan,
({7})
für den Herr Dr. Adenauer die Verantwortung vor dem deutschen Volke trägt, der allein müßte es schon jedem von Ihnen unmöglich machen, für den Etat des Bundeskanzlers zu stimmen.
Dann, die ganzen Dinge, die sich um das Saargebiet abgespielt haben! Diese Niederlagen am laufenden Band für Herrn Dr. Adenauer und seine Saarpolitik, all das müßte ebenfalls in dieser Richtung liegen, die Zustimmung zu diesem Etat zu verweigern.
Meine Damen und Herren, es ist wirklich traurig genug, wenn Herr Dr. Adenauer in einer Zeitung wie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung", und zwar durch die Feder eines Mannes, der ja dafür bekannt ist, daß er immer Adenauer-freundliche Artikel schreibt, sich in einer Weise hat beweihräuchern lassen, daß er gar nicht einmal gemerkt hat, wie er seiner selbst damit gespottet hat. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" hat nämlich anlich anläßlich der Amerikareise des Herrn Adenauer durch ihren Herrn Dr. Werner Richter - Sie können den Artikel auf Seite 2 der betreffenden Nummer nachlesen - geschrieben, daß Herr Dr. Adenauer eine sehr große Ähnlichkeit mit Syngman Rhee hat und daß dies in den Vereinigten Staaten allgemein festgestellt worden ist! Sie spotten ihrer selbst und wissen nicht wie, möchte man den Adenauer-Leuten hier ins Stammbuch schreiben!
Meine Damen und Herren, die Politik Adenauers wird in wenigen Wochen noch jedem einzelnen zeigen, was hinter ihr steckt. Darüber sind wir uns klar. Es ist deswegen der Gruppe der WAV unmöglich,
({8})
für den Haushaltsplan des Herrn Adenauer als Bundeskanzler zu stimmen. Wir lehnen deshalb diesen Etat auf das entschiedenste ab als Zeichen dafür, daß wir mit der Politik Adenauers nicht bloß nicht konform gehen, sondern sie schärfsten bekämpfen im Interesse des gesamten deutschen Volkes.
({9})
Keine weitere Wortmeldung? - Ich schließe die Besprechung zu diesem Einzelplan.
({0})
- Meine Damen und Herren, ich bitte freundlichst um Ihre Aufmerksamkeit.
Zum Einzelplan 04 liegt der Änderungsantrag der kommunistischen Gruppe Umdruck Nr. 1001 mit 12 Ziffern vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Der Änderungsantrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Einzelplan 04 gemäß Drucksache Nr. 4504 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan ist angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 05 - Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes ({1}).
Berichterstatter ist wiederum Herr Abgeordneter Dr. Blank ({2}). Der Einzelplan 50 wird von Herrn Dr. Blank gleich mit behandelt. - Sie sind damit einverstanden. Es handelt sich dabei um den
Einzelplan 50 - Haushalt für Angelegenheiten des Europarats und verwandte Gebiete ({3}).
Dr. Blank ({4}) ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt 1953 für das Auswärtige Amt stellt auf weiten Gebieten nur eine Wiederholung der bereits im Nachtragshaushalt für 1952 festgestellten Anforderungen dar. Sie werden sich vielleicht entsinnen, daß schon seinerzeit bei der Verabschiedung des Nachtrags 1952 die wesentliche Erweiterung und Umorganisation im Bereich des Auswärtigen Amtes und des Auswärtigen Dienstes vorgenommen wurde. Insofern handelt es sich also nur um die Fortsetzung des von Ihnen bereits Beschlossenen.
Der Herr Staatssekretär Hallstein hat dem Ausschuß über den Stand der Auslandsbeziehungen der Bundesrepublik und über die daraus abzuleitenden haushaltsmäßigen Konsequenzen ausführlich berichtet. Der Zuschußbedarf für das Auswärtige Amt errechnet sich für das Haushaltsjahr 1953 auf 103 Millionen DM gegenüber 72,2 Millionen DM im Haushaltsjahr 1952. Dieser nicht unbeträchtliche Mehrbedarf ist teilweise eine Folge der weiteren Ausdehnung des Netzes der auswärtigen Vertretungen, aber zum größeren Teil ist er auf eine Erhöhung der allgemeinen Ausgaben zurückzuführen, die sich aus der Aktivierung der auswärtigen Politik des Bundes überhaupt ergeben. Darüber wird noch zu sprechen sein.
Der Inlandsstellenplan ist gegenüber dem Nachtrag 1952 nicht vermehrt worden; aber die Entwicklung zeigt, und von den Vertretern des Auswärtigen Amtes ist das im Haushaltsausschuß dargelegt worden, daß die Anforderungen an die zentralen
({6})
Dienststellen in ständigem Wachsen begriffen sind. Organisatorisch wurde inzwischen, entsprechend einem Wunsch, den unser Kollege Erler im Haushaltsausschuß bei der Beratung des Nachtragsplans 1952 vorgebracht hat, die bisherige Eingliederung des Saarreferats in Abteilung II berichtigt. Es wurde aus der Unterabteilung B 2, Zwischenstaatliche und überstaatliche Organisationen, herausgenommen und in die Unterabteilung A, Friedensregelung, übertragen. Umgekehrt ist das ursprünglich in der Unterabteilung A der Abteilung II geführte Referat A 10, Vereinte Nationen und Beziehungen zu internationalen Organisationen, in die Unterabteilung B übergeführt worden. Dem Auswärtigen Amt in Bonn stehen nunmehr insgesamt 1022 Bedienstete zur Verfügung.
Beim Auslandsstellenplan haben sich infolge der bereits angedeuteten Entwicklung und der weiteren Ausdehnung und Vervollständigung unseres Auswärtigen Dienstes Stellenvermehrungen nicht vermeiden lassen. Der Haushaltsausschuß hat sie auch als berechtigt anerkannt.
Der Ausbau unserer Auslandsvertretungen hat inzwischen weitere Fortschritte gemacht. Die Zahl der bereits in Tätigkeit befindlichen Vertretungen hat zu Beginn des Haushaltsjahres 74 betragen, und zwar 24 Botschaften, 17 Gesandtschaften, 15 Generalkonsulate und 18 Konsulate. Bei 19 Auslandsvertretungen ist nach den Erklärungen der Vertreter des Auswärtigen Amts mit der unmittelbar bevorstehenden Eröffnung, bei weiteren 12 Vertretungen mit der Eröffnung im Laufe der nächsten Monate zu rechnen. Es kann angenommen werden, daß der Rest der 134 Vertretungen im Laufe des Rechnungsjahres 1953 errichtet werden wird. Zu den im Nachtragshaushalt 1952 ausgebrachten 120 Vertretungen treten also noch 14 neue hinzu. Die Zahl der im Ausland tätigen Angehörigen des Auswärtigen Dienstes ist um 79 Beamte, 227 Angestellte und 136 Arbeiter erhöht worden. Demnach sind insgesamt im Auswärtigen Dienst nunmehr 2388 Bedienstete tätig bzw. werden tätig sein nach Durchführung des Ausbaus. Hervorzuheben ist insbesondere die Vermehrung der Stellen für Schreibund Registraturkräfte, der Amtsgehilfen, Kraftfahrer und sonstigen Arbeitskräfte. Ich darf annehmen, daß auch den verschiedenen Kollegen in dieser Beziehung gelegentlich Klagen von unseren Auslandsvertretungen zugegangen sind. Der Haushaltsausschuß hat sich seinerseits bemüht, diesen Beschwerden Rechnung zu tragen, und hat darauf gedrungen, daß eine entsprechende Vermehrung dieses Hilfspersonals stattfindet, um die Arbeitskraft der leitenden Persönlichkeiten auf diesem Weg überhaupt erst zur eigentlichen Auswirkung zu bringen.
Der Haushaltsausschuß hat auch anerkannt, daß es notwendig war, eine ständige Vertretung des Bundes bei den Vereinten Nationen in New York zu schaffen. Die Aufgaben eines ständigen Vertreters bei den Vereinten Nationen wurden bisher vom deutschen Generalkonsul in New York wahrgenommen. Im Hinblick auf die wachsende Bedeutung der Vereinten Nationen konnte dieser Zustand, daß die Funktion des ständigen Vertreters nur als Nebenamt wahrgenommen wurde, nicht weiter aufrechterhalten werden. Ferner hat der Haushaltsausschuß nach einer positiven Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten die Errichtung einer ständigen Vertretung beim Europarat in Straßburg gebilligt und dafür drei Beamtenstellen und zwei Stellen für Angestellte genehmigt. Schließlich hat der Haushaltsausschuß bei der diplomatischen Vertretung in Washington eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 1 a für einen Botschaftsrat genehmigt, der als Hauptaufgabe die public relations in Washington wahrnehmen soll. Auch hat sich der Haushaltsausschuß damit einverstanden erklärt, daß entsprechend dem Wunsch des Auswärtigen Amtes die Planstellen für die drei ständigen Vertreter der Missionschefs in London, Washington und Paris als Gesandte nach Besoldungsgruppe A 1 a in die Besoldungsgruppe B 7 a gehoben werden.
Der Haushaltsausschuß hat in bezug auf die Beteiligung der Bundesrepublik an internationalen Organisationen - ich darf dabei an die Entschließung erinnern, die dieses Hohe Haus praktisch einstimmig anläßlich der Verabschiedung des Nachtragshaushalts 1952 angenommen hat - erneut darauf hinweisen müssen, daß den finanziellen Lasten, also den Beiträgen des Bundes, die sich ja im allgemeinen auf einer prozentualen Grundlage, gemessen an den Gesamtkosten dieser Organisationen, errechnen, eine entsprechende personelle Beteiligung, d. h. also die Anstellung Deutscher im Ausmaß der deutschen finanziellen Beteiligung, gegenüberstehen müsse. Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat dem Haushaltsausschuß über das derzeitige Verhältnis des Beitrags zur personellen Beteiligung in den internationalen Organisationen vorgetragen, daß dieser Zustand, wie er augenblicklich erreicht sei, immer noch sehr unbefriedigend sei. Der Ausschuß hat daher der Erwartung Ausdruck gegeben, daß die personelle Beteiligung nach Überwindung der Anfangsschwierigkeiten in steigendem Maße den Beitragsleistungen gerecht wird.
Zu den einzelnen Kapiteln des Einzelplans 05 ist folgendes zu sagen. Die Zentrale in Bonn, also das Auswärtige Amt selbst, ist im Kapitel 0501 enthalten. Der Ausschuß hat die Ausgaben in diesem Kapitel ohne Änderungen gebilligt. Bei Titel 960, Einladung von Persönlichkeiten der USA als Gäste der Bundesrepublik, hat der Ausschuß das Auswärtige Amt gebeten, zu prüfen, ob nicht künftig die Beschränkung auf Persönlichkeiten der USA fallengelassen werden könne; von verschiedenen Seiten im Ausschuß war nämlich die Meinung vertreten worden, daß es sehr wohl nützlich und angebracht sein könnte, auch Angehörige anderer Staaten als der USA einzuladen, besonders wenn sie Interesse für Deutschland bewiesen hätten oder sich um Deutschland verdient gemacht hätten.
Im Kapitel 0502 sind die sogenannten allgemeinen Bewilligungen zusammengefaßt. Dieses Kapitel enthält in der Hauptsache die Mehrausgaben des Einzelplans 05. Sie sind für die Pflege kultureller, humanitärer und wissenschaftlicher Beziehungen zum Ausland 3,5 Millionen DM, zur Förderung des deutschen Schulwesens im Ausland 1,5 Millionen DM und für geheime Ausgaben 3 Millionen DM ausgebracht worden. Weitere 1,2 Millionen DM sind für Unterstützungen und Beihilfen für Deutsche im Ausland bestimmt. Erstmalig erscheinen die Ausgaben für die zentrale Rechtsschutzstelle, die bisher im Einzelplan 7, im Haushalt des Bundesjustizministeriums geführt wurde, mit einem Betrag von 1,5 Millionen DM. 1,8 Millionen DM, d. h. 300 000 DM mehr als im vergangenen Haushaltsjahr, hat der Bund an die UNESCO zu zahlen. Zur Erstattung der während
({7})
des Krieges entstandenen Kosten für die Betreuung deutscher Kriegsgefangener müssen dem Internationalen Roten Kreuz 1,2 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden.
Der Fonds, der der Förderung des deutschen Schulwesens im Ausland dienen soll - Titel 303 -, bedarf künftig nach Ansicht des Haushaltsausschusses - das ist von allen Seiten betont worden - einer wesentlichen Erhöhung im Interesse der Stärkung des Deutschtums. Die Bundesregierung wird diesem Fonds im Haushaltsjahr 1954 eine erhöhte Beachtung schenken müssen. Der Haushaltsausschuß hat den für 1953 von der Regierung vorgeschlagenen Ansatz urn 80 000 DM erhöht und dafür eine entsprechende Kürzung beim Titel 307, Kosten für Sonderaufträge, vorgenommen. Zu Titel 676 hat der Ausschuß beschlossen, den Beitrag für die internationale Rechenzentrale in Höhe von 42 300 DM vorerst zu sperren, da er sich von der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der vorgesehenen Maßnahmen nach nicht hat überzeugen können. Daß man auch das Rechnen in der höheren Mathematik international organisieren will, ist vielleicht eine sehr löbliche Absicht, daß aber die unendliche Anzahl von Organisationen, die sich schon auf dem internationalen Gebiet teils sehr spezialisiert, teils sehr allgemein beschäftigen, nun um eine weitere höchst spezialisierte Angelegenheit verstärkt werden sollte, davon hat sich der Haushaltsausschuß noch nicht überzeugen können. Die Mittel sind bis auf weiteres gesperrt.
Zum Kap. 0503, Auslandsvertretungen, hat der Haushaltsausschuß auch den Ansätzen der Bundesregierung seine Zustimmung gegeben. Hier verdient hervorgehoben zu werden, daß zur Errichtung von Wahlkonsulaten beim Tit. 322 wiederum 350 000 DM vorgesehen sind. Der Bund unterhält zur Zeit nur ein Wahlkonsulat in St. Gallen. Wenn in absehbarer Zeit die Einrichtung der Wahlkonsulate wieder anlaufen wird, wird mit einer Erhöhung dieses Ansatzes gerechnet werden müssen, da es im Gegensatz zu früher erforderlich sein wird, den Wahlkonsuln Berufsbeamte beizugeben.
Schließlich ein Wort zu den einmaligen Ausgaben. Sie betragen im Inlandskapitel 13,5 Millionen DM und im Auslandskapitel 6,5 Millionen DM. Für die weitere Ausstattung des Amtes in Bonn sind 0,4 Millionen DM angefordert. Ein Betrag von 6,2 Millionen DM ist für die Umzugs- und Reisekosten, die infolge der Neuerrichtung von Auslandsvertretungen entstehen, vorgesehen.
Die Kosten der deutschen Beteiligung an der EVG, d. h. vorläufig an den Verhandlungen darüber, sind mit 2,4 Millionen DM, die der Fortführung der Verhandlungen über die europäische Einigung mit 1,4 Millionen DM und die der Beteiligung am technischen Beistandsprogramm der Vereinten Nationen für unterentwickelte Länder mit 0,8 Millionen DM angesetzt worden. Weitere 0,9 Millionen DM sind für die deutsche Beteiligung an dem gemischten deutsch-alliierten Ausschuß nach Art. 6 des Ersten Teils des Vertrages zur Regelung der aus Krieg und Besatzung entstandenen Fragen vorgesehen.
Weiter sind noch die Kosten für die Rückführung und Nutzbarmachung des Archivs des alten Auswärtigen Amtes in Höhe von 0,5 Millionen DM zu erwähnen. Die Höhe dieses Ansatzes erklärt sich daraus, daß die alliierte Hohe Kornmission die sofortige Rückgabe der Akten zwar in Aussicht gestellt hat, sie aber davon abhängig macht, daß die Bundesregierung alle erforderlichen Maßnahmen trifft, um den ungestörten Fortgang der Publikationen der Alliierten zu gewährleisten. Dies bedeutet nicht nur die Zurverfügungstellung von Personal für die Historiker-Kommission, sondern auch von Arbeits- und Büroräumen sowie auch der Mittel für die Aktenpublikation, die bisher aus Besatzungskosten gezahlt wurden.
Für die Regelung der Auslandsschulden sind 0,3 Millionen DM und für die Einladung von Persönlichkeiten des öffentlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens der Vereinigten Staaten 0,4 Millionen DM veranschlagt worden.
Von den 6,5 Millionen DM einmalige Ausgaben des Auslandskapitels entfallen 5,4 Millionen DM auf die Kosten der Fortführung der räumlichen Unterbringung der Auslandsvertretungen und ihrer erstmaligen Ausstattung mit Einrichtungsgegenständen, Büromaschinen usw. Die restlichen 1,5 Millionen DM dienen in der Hauptsache der Förderung der Wiedereinrichtung von Hilfsvereinen im Ausland und der abschließenden Durchführung von Heimschaffungsaktionen von Deutschen, die seit 1933 hilfsbedürftig geworden sind.
Der außerordentliche Haushalt bringt in Kap. A 0501 den vierten Teilbetrag für den Neubau eines Dienstgebäudes für das Auswärtige Amt. Die ursprünglich auf 9 Millionen DM veranschlagten Baukosten werden sich um etwa 4,3 Millionen DM erhöhen.
Ich darf darauf aufmerksam' machen, daß die Drucksache Nr. 4505 in großer Ausführlichkeit nicht nur die gegenüber der ursprünglichen Regierungsvorlage - aber durchweg im Einverständnis mit der Regierung, größtenteils sogar auf Vorschlag der Regierung - beschlossenen Änderungen enthält, sondern auch sehr interessante Aufschlüsse über die Besoldung der Auslandsbediensteten gibt und weitere Angaben enthält, aus denen sehr viel mehr zu ersehen ist, als das häufig genug bei derartigen Unterlagen der Fall ist.
Ich darf namens des Haushaltsausschusses dem Hohen Hause vorschlagen, dem Einzelplan 05 nach der Regierungsvorlage mit den in der Drucksache Nr. 4505 enthaltenen Änderungen zuzustimmen.
Sodann darf ich mit der Genehmigung des Herrn Präsidenten kurz auf den Einzelplan 50 eingehen. Dieser Einzelplan wird ebenfalls vom Auswärtigen Amt verwaltet. Es handelt sich um den „Haushalt für Angelegenheiten des Europarates und verwandte Gebiete". Einige wenige Posten sind, wie sich die Damen und Herren überzeugen werden, da sie zweckmäßigerweise anderswo nicht unterzubringen waren, in diesem Einzelplan ausgebracht worden. Der Haushaltsausschuß hat der Regierungsvorlage zugestimmt, ohne Änderungen zu beschließen. Ich darf daher dem Hohen Hause vorschlagen, auch den Einzelplan 50 anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache der zweiten Beratung zu diesem Einzelplan.
Herr Abgeordneter Dr. Greve, bitte!
Meine Damen und Herren! Es wäre außerordentlich interessant, sich mit dem Haushaltsplan des Auswärtigen Amts nicht nur in der Weise zu beschäftigen, wie es der Herr Be({0})
richterstatter tun mußte. Denn wenn man eine solche Art von Berichterstattung hört, meint man, im Auswärtigen Amt sei alles in Ordnung und es könne überhaupt nicht besser sein, auch nicht mit den Zahlen. Es wäre ferner sehr interessant, sich bei der Beratung des Haushalts des Auswärtigen Amts mit der Außenpolitik der Regierung und insbesondere des zuständigen Herrn Ministers zu befassen. Das alles will ich nicht tun. Ich möchte mich nur mit einer einzigen Frage beschäftigen, um dem Hohen Hause einmal Gelegenheit zu geben, darüber nachzudenken, warum sich das Auswärtige Amt in einer ganz bestimmten Frage so benimmt, wie es sich benimmt, und daraus Schlüsse und möglicherweise auch Folgerungen für die Zukunft zu ziehen.
Auf der Drucksache Nr. 3465 ist dem Bundestag der Schriftliche Bericht des Untersuchungsausschusses Nr. 47 vorgelegt worden, in dem das Ergebnis der Prüfung enthalten ist, ob durch die Personalpolitik Mißstände im Auswärtigen Dienst eingetreten sind. Mit diesem Schriftlichen Bericht hat sich der Bundestag in seiner 234. Sitzung am Mittwoch, dem 22. Oktober 1952, befaßt. In dem Bericht ist über eine ganze Reihe von Angehörigen des Auswärtigen Amts etwas ausgesagt, das dem Herrn Bundesminister des Auswärtigen und seinem - hier heute allerdings wohl nur im Hintergrund anwesenden - Herrn Staatssekretär Veranlassung geben sollte, etwas zu tun. In diesem Bericht und in der Beratung über diesen Bericht im Bundestag ist nicht nur aus den Reihen der Opposition, sondern auch aus den Reihen der Regierungskoalitionsparteien heftige Kritik an der Personalpolitik des Auswärtigen Amts im allgemeinen und im besonderen geübt worden. Ich erinnere nur an Zwischenrufe und Bemerkungen, die beispielsweise der Herr Abgeordnete Dr. Horlacher gemacht hat.
In dem Bericht des Untersuchungsausschusses ist z. B. auch von einem gewissen Herrn Herbert Dittmann die Rede. Jetzt bitte ich Sie, Herr Staatssekretär, sehr gut zuzuhören, was ich sage, und mich möglicherweise in dem, was ich zu sagen habe, gleich zu berichtigen bzw. die Richtigkeit dessen zuzugeben, was ich sage. Herr Dittmann gehörte zu einer Gruppe von drei Beamten des Auswärtigen Amtes. Der Untersuchungsausschuß hat ihn nach seinem Auftreten und seinem Verhalten vor dem Ausschuß, insbesondere in dem sogenannten Rademacher-Komplex, für nicht würdig erachtet, im Auswärtigen Amt weiter beschäftigt zu werden. Es heißt wörtlich - der Ausschuß hat unter dem Vorsitz des Herrn Kollegen Dr. Becker getagt; sein Stellvertreter war der Herr Abgeordnete Dr. Köhler -:
Der Ausschuß ist der Auffassung, daß Dr. Dittmann nicht in der Personalabteilung, aber wegen seines Verhaltens vor dem Ausschuß hinsichtlich des Rademacher-Prozesses auch nicht im Auswärtigen Amt weiter beschäftigt werden soll. Gegen seine Verwendung in einer anderen Bundesverwaltung bestehen keine Bedenken.
Es war damals die allgemeine Auffassung, daß es besser sei, Herrn Dittmann nicht nur nicht in der Personalabteilung, sondern überhaupt nicht im Auswärtigen Amt mehr zu beschäftigen, und er aus dem Auswärtigen Amt zu verschwinden habe. Der Herr Bundeskanzler hat dann allerdings in der Sitzung des Bundestages, in der er selbst auf Herrn Dittmann zu sprechen kam, bemerkt, daß der Ausschuß Herrn Dittmann wegen seines Verhaltens vor dem Ausschuß als ungeeignet bezeichnet habe, nicht etwa deshalb, weil Herr Dittmann in der nationalsozialistischen Zeit etwas getan habe. Nun, ganz richtig wird der Herr Bundeskanzler dabei auch nicht informiert gewesen sein, und man konnte damals auch nicht alles sagen. Aber vielleicht nimmt der Herr Staatssekretär im Bundesministerium des Auswärtigen Gelegenheit, sich einmal danach zu erkundigen, was an dem Tage, an dem Herr Hitler sich das Leben genommen hat, auf einem Schiff im Hafen von Lissabon passiert ist,
({1})
als zu Ehren des Herrn Hitler, der sich das Leben genommen hatte, von Beamten des damaligen Außenministeriums, die sich auf diesem Schiff auf der Fahrt von der Türkei nach Deutschland befanden, eine Totenfeier veranstaltet wurde.
({2})
Vielleicht erkundigt sich der Herr Staatssekretär im Bundesministerium des Auswärtigen auch einmal danach, ob dieser gewisse Herr Herbert Dittmann, von dem ich hier spreche, bei dieser Totenfeier anwesend gewesen ist und ob dieser gewisse Herr Dittmann nicht vielleicht der Inspirator dieser Totenfeier gewesen ist und wie dieser gewisse Herr Dittmann sich gegenüber denjenigen benommen hat, die an dieser Totenehrung für den Herrn Hitler nicht teilnehmen wollten. Herr Staatssekretär, es gibt in Ihrem Amt genügend Herren, die Ihnen darüber bessere Auskunft geben können als ich, weil sie an dieser Totenfeier teilgenommen haben.
({3})
Meine Damen und Herren! Also, so ganz trifft es ja nun nicht zu, daß der Herr Dittmann, der ja bis zum Jahre 1944 Generalkonsul in Izmir gewesen ist und sich dann schnell auf den Weg nach Deutschland machte, als es brenzlig wurde, so unbelastet ist. Immerhin, wir wollen einmal davon absehen, daß der Herr Bundeskanzler das damals so gesagt hat, wie er es tat, weil er eben über die politische Vergangenheit des Herrn Dittmann nicht besser informiert war. Aber inzwischen hätte der Herr Staatssekretär als der leitende Beamte des Auswärtigen Amtes sich doch. etwas mehr um sein Amt und um seine Leute kümmern und dafür sorgen sollen, daß dem Wunsche des Untersuchungsausschusses Rechnung getragen würde, eben diesen Herrn Herbert Dittmann, wenn überhaupt, dann jedenfalls nicht im Auswärtigen Amt, sondern in einer anderen Bundesverwaltung zu beschäftigen.
Offenbar hat man sich im Auswärtigen Amt auch sehr eingehend mit Herrn Herbert Dittmann befaßt. Aber in welcher Weise man sich mit diesem Herrn Herbert Dittmann befaßt hat, der aus dem Auswärtigen Amt verschwinden sollte, mögen Sie daraus ersehen, daß dieser Herr Herbert Dittmann sich zur Zeit bei dem Beobachter der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen, Herrn Generalkonsul Dr. Riesser in New York, befindet,
({4})
von dessen Dienststelle der Herr Berichterstatter eben sagte, daß sie in eine Botschaft bei den Vereinten Nationen umgewandt werden solle. Hoffentlich kommen Sie nicht auf den Gedanken, Herrn Dittmann zum Botschafter bei den Vereinten Nationen zu machen.
({5})
({6})
Sie haben ja allerdings zur Zeit vor, Herr Staatssekretär, ihn, um ihn aus der Feuerlinie herauszunehmen, in der er sich in der Bundesrepublik befindet, als Generalkonsul nach Hongkong zu schikken.
({7})
Aber da es zur Zeit noch unmöglich ist - oder unmöglich sein soll -, ihn als Generalkonsul nach Hongkong zu schicken, läßt man ihn vorübergehend in New York bei den Vereinten Nationen, von denen man offenbar annimmt, daß sie nicht so sehr im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen -jedenfalls der Beobachter der Bundesrepublik Deutschland dort nicht -, verschwinden und beschäftigt ihn offenbar mit nichts. Denn er wird ja nicht die Tätigkeit eines Beobachters ausüben, sondern er ist beim Beobachter der Bundesrepublik bei den Vereinten Nationen untergekrochen und soll nun irgendwie und irgendwann nach Hongkong eingeschifft werden, um dort dann die Bundesrepublik Deutschland als Generalkonsul zu vertreten. Ich habe in der Drucksache gelesen, daß die Bundesrepublik in Hongkong einen Generalkonsul der Besoldungsgruppe B 7a mit dem entsprechenden Gehalt und einem Grundbetrag der Aufwandsentschädigung von 15 000 DM unterhalten will. Das möchte ja auch ganz gut und schön sein; aber warum ausgerechnet dieser Herr Herbert Dittmann ein im. Auswärtigen Amt so sehr bevorzugtes diplomatisches Kind ist, das muß uns, glaube ich, doch etwas erläutert werden, - warum ausgerechnet ein solcher Mann - den, ich wiederhole es noch einmal, der Untersuchungsausschuß außer nur zwei anderen für unwürdig befunden hat, im auswärtigen Dienst weiter beschäftigt zu werden -, warum ausgerechnet ein solcher Mann es ist, an dem unser Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten ein so großes Wohlgefallen findet, und warum das Auswärtige Amt der Meinung ist - das ist ja auch interessant -, daß er sich hier in der Feuerlinie befindet, aus der er besser verschwindet, und auf dem Umwege über die Vereinten Nationen in den Genuß der Stelle des Generalkonsuls in Hongkong kommen soll.
({8})
Herr Ageordneter Fisch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin nicht der Auffassung, daß die Frage der Gehälter und die der Dispositionsfonds für die Beurteilung der Politik des Auswärtigen Amtes ausschlaggebend ist. Aber es ist vielleicht doch angebracht, heute bei der Gelegenheit der Etatberatung einige typische Zahlen aus diesem Komplex herauszugreifen, damit die Öffentlichkeit einmal eine hübsche Zusammenstellung zu erfahren bekommt. Ich möchte einmal die Gelder zusammenstellen, die dem Herrn Bundeskanzler und Außenminister in einer Person zur Verfügung stehen. Wenn man die beiden Einzelpläne des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Bundesministers des Auswärtigen in dieser Frage zusammenstellt, dann ergibt sich folgendes.
Dem Herrn Außenminister steht zur Verfügung ein Gehalt von 61 800 DM in seiner Eigenschaft als Kanzler. Es steht ihm zur Verfügung eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von 24 000 DM, ebenfalls in seiner Eigenschaft als Bundeskanzler. Hinzukommen die tarifrechtlichen Zuschläge, hinzukommen die Amtswohnung, die Ausstattung dieser Amtswohnung und ähnliche Kleinigkeiten. Weiterhin steht ihm zur Verfügung ein Fonds von 200 000 DM für allgemeine Zwecke, der nicht der parlamentarischen Prüfung unterliegt, sondern lediglich der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Außerdem stehen dem Herrn Dr. Adenauer in seiner Eigenschaft .als Bundeskanzler 50 000 DM für außergewöhnlichen Aufwand und in seiner Eigenschaft als Außenminister 70 000 DM für außergewöhnlichen Aufwand zur Verfügung. Hinzukommt noch eine Summe von 150 000 DM für repräsentativen Aufwand aus Anlaß bestimmter außenpolitischer Gelegenheiten, nicht etwa im Ausland, sondern hier in Bonn. Das alles macht zusammen die hübsche Summe von 555 800 DM aus, die dem Herrn Bundeskanzler persönlich oder auf jeden Fall zu seiner Disposition stehen.
Herr Kollege Greve hat sich eingehend mit den Personalfragen befaßt. Ich bin auch hier der Auffassung, daß die Personalfragen, isoliert betrachtet, für die Charakterisierung der Außenpolitik des Bundeskanzlers nicht ausschlaggebend sein können. Natürlich hat der Kollege Greve recht, wenn er den Außenminister und seinen Staatssekretär an gewisse Verhandlungen eines gewissen Ausschusses des Bundestages erinnert, wenn er sie erinnert an bestimmte Empfehlungen und Aufträge, die an den Bundesaußenminister ergangen sind, Aufträge in der Weise, daß bestimmte Personen für die Außenpolitik des Bundes nicht mehr oder zumindest nicht in exponierter Stellung tragbar seien. Der Hinweis ist durchaus angebracht, daß die Bundesregierung diese Empfehlungen und Aufträge in keiner Weise beachtet hat und daß sich an dem damals gerügten Zustand bis heute nichts geändert hat.
Aber was soll man sich darüber wundern? Wer die alte Politik eines Ribbentrop pflegt, der braucht auch die alten Ribbentröpler im Auswärtigen Amt von heute. Man kann die alte Politik nicht ohne die alten Spezialisten machen, und darum legt die Bundesregierung so großen Wert auf die Weiterbeschäftigung solcher im Tausendjährigen Reich so bewährter Persönlichkeiten wie des Herrn Dittmann und einiger anderer derartiger Herren.
Es ist auch nicht entscheidend für die Charakterisierung der Außenpolitik, wie in einzelnen Titeln des uns vorliegenden Haushaltsplans mit Geldern der Steuerzahler für eine volksfeindliche Außenpolitik umgegangen wird. Trotzdem lohnt es sich, einzelne dieser Titel hier zu erwähnen, weil auch sie für die Außenpolitik der Bundesregierung als typisch angesehen werden können. Da ist unter 0501 der Titel 937, in dem 1,4 Millionen DM als Kosten der Delegation für die Verhandlungen über die europäische Einigung angegeben sind. Dieses Unternehmen für „europäische Einigung" hat zu allem anderen als zur europäischen Einigung geführt; sie führt immer mehr, je weiter die Tätigkeit dieser Organe sich ausbreitet, zur Spaltung Europas und auch zur Spaltung des Landes, das inmitten Europas liegt, nämlich Deutschlands. Aufgabe dieser Organe waren die Vorarbeiten für den Schumanplan, waren die Vorarbeiten für den EVG-Vertrag, waren die Vorbereitungen für die sogenannte europäische Agrarunion, alles Institutionen, die zum Schaden unseres Volkes und zum Schaden aller Völker Europas eingerichtet sind oder werden, lediglich zur Mehrung der Macht und des Einflusses, zur Mehrung des Profits einer außer({0})
europäischen Gewalt, nämlich des amerikanischen Imperialismus.
({1})
Nehmen wir weiter den Titel 960. Hier heißt es: 400 000 DM sind auszugeben für Kosten der Einladung von Persönlichkeiten des öffentlichen, politischen und wissenschaftlichen Lebens der Vereinigten Staaten von Amerika als Gäste der Bundesregierung. Offensichlich war es auch den Mitgliedern des Ausschusses nicht ganz wohl bei diesem Titel. Sonst hätten wir heute nicht eine solche eigenartige Entschuldigungsrede des Berichterstatters Dr. Blank gehört, der da erklärt hat, es sei doch etwas peinlich, wenn derartige Einladungen auf Kosten des Bundessteuerzahlers allein an Persönlichkeiten aus den USA ergingen.
({2})
- Aber offensichtlich ist Ihre Kritik, Herr Kollege Dr. Blank, an taube Ohren gegangen. Offensichtlich kennt die Bundesregierung in ihrer auswärtigen Politik nur sehr einseitige Verpflichtungen; denn Ihre frommen Wünsche blieben unbeachtet, und es bleibt der Betrag von 5000 DM pro Kopf dieser wertvollen Persönlichkeiten allein für Leute, die aus Amerika hierherkommen sollen. Ich weiß nicht, ob Herr Staatssekretär Hallstein schon Herrn McCarthy eingeladen hat. Es läge durchaus in der Linie der Politik der Bundesregierung, wenn man sich diesen ehrenwerten Herrn für einen direkten und persönlichen Anschauungsunterricht für bestimmte Lehrseminare hierher verpflichtete. Allerdings müßte man dann etwas mehr als 5000 DM pro Kopf ausgeben; denn eine solche repräsentative Persönlichkeit wird sich die Bundesregierung wahrscheinlich doch etwas mehr kosten lassen wollen.
({3})
Im Tit. 961 sollten für Zwecke der Beteiligung der Bundesregierung an dem „erweiterten technischen Beistandsprogramm der Vereinten Nationen für die wirtschaftliche Entwicklung unterentwickelter Länder" ursprünglich 200 000 DM zur Verfügung gestellt werden. Meine Fraktion ist über die offenbar sehr eingehende Aussprache im Haushaltsausschuß oder im Auswärtigen Ausschuß über diese Frage nicht orientiert. Ich bin also auch nicht in der Lage, über die Gründe zu sprechen, die den Ausschuß dazu veranlaßt haben, die zuerst vorgesehene Summe von 200 000 DM auf 825 000 DM zu erhöhen. Wir möchten gern wissen, woher diese plötzlich vervierfachte Anforderung kommt und welches die Gründe für die Bundesregierung und auch für den Ausschuß sind. Was sollen wir eigentlich verstehen, meine Damen und Herren vom Haushaltsausschuß und vom Auswärtigen Ausschuß, unter einem „Beistandsprogramm für die wirtschaftliche Entwicklung unterentwickelter Länder"? Ich denke, wir haben in unserem eigenen Gebiet Landesteile genug, die der Hilfe bedürfen. wir haben Notstandsgebiete genug,
({4})
die der finanziellen Unterstützung der Bundesregierung bedürfen. Welches sind die eigenartigen Interessen, die da plötzlich für die „Entwicklung unterentwickelter Länder" angemeldet werden?
({5})
Denken Sie bereits wieder an Kapitalexport in
koloniale oder halbkoloniale Länder? Denken Sie
an die Unterstützung solcher Großkonzerne wie Krupp und Henschel, die in Afrika und Südamerika neue Werke errichten? Es wäre notwendig, über die Summe von fast einer Million hier näher Auskunft zu geben. Mir scheint, es geht nicht um die Interessen unterentwickelter Länder, sondern um die Hilfe für einige Großkonzerne der Bundesrepublik, die eine lohnende Anlage ihrer Kapitalien im Ausland suchen, nebenbei auch zu dem Zweck, ihre Kriegsproduktion in solchen Gebieten unterzubringen, die nicht von der durch die Westmächte gezogenen Pulverlinie beeinflußt sind.
({6})
Meine Damen und Herren! Schließlich wäre in dieser Reihe Titel 963 zu erwähnen, bei dem der Ausschuß eine Summe von 4 923 000 DM festgesetzt hat für Kosten der deutschen Beteiligung an dem ständigen Interimsausschuß der Konferenz zur Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Ursprünglich war dieser Titel in Wegfall gekommen. Sie haben aber dann nach eingehenden Beratungen den im vergangenen Jahr angesetzten Betrag in gleicher Weise für dieses Jahr übernommen und wieder eingesetzt. Ich glaube, die Frage ist angebracht, welche Überlegungen die Bundesregierung und den Ausschuß zu dieser wiederholten Einsetzung des Betrages von 4,9 Millionen DM veranlaßt haben. Uns wird doch ständig gesagt, die Verträge seien längst abgeschlossen. Der Bundeskanzler hat seine Unterschrift darunter gesetzt, und dieses Haus hat sich zur Zustimmung zwingen lassen. Was sind das also noch für Verhandlungen im gleichen Ausmaß und mit den gleichen Kosten wie im vergangenen Jahr? Welche weitergehenden militärischen Pläne werden da erörtert, von denen dieses Haus nicht das geringste erfährt?
Wenn man schon von einem Budgetrecht des Bundestages spricht, so hat dieser das Recht, nicht bloß globale Ziffern vorgesetzt zu bekommen, unter denen sich keiner etwas vorstellen kann, sondern er hat das Recht auf Auskunft über die Verwendung dieser Beträge im einzelnen, insbesondere dann, wenn diese Beträge in verfassungswidrigem Sinn verwendet werden sollen, und insbesondere, wenn sie verwendet werden sollen, um ein kriegerisches Abenteuer hinter dem Rücken des Volkes vorzubereiten.
({7})
Ich sagte schon, diese Einzeltitel sind wohl für sich genommen interessant und meist auch typisch für den Kurs der Außenpolitik der Bundesregierung, aber sie sind nicht das Ausschlaggebende. Ich habe mit Verwunderung vernommen, daß der Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion gerade über den Kurs der Bundesregierung in ihrer auswärtigen Politik kaum etwas zu sagen gehabt hat. Ich glaube, daß gerade in dieser Situation, in der wir heute stehen, anläßlich der Beratung des Etats des Bundesaußenministers einiges gesagt werden muß,
({8})
auch dann, wenn die außenpolitische Debatte aus gewissen Zweckmäßigkeitsgründen von Tag zu Tag und von Woche zu Woche hinausgeschoben wird.
Meine Damen und Herren, Sie sollten daran denken, daß sich in den letzten Wochen und Monaten in der Welt etwas geändert hat! Sie sollten auch in diesem Hause davon Kenntnis nehmen, daß den
({9})
Kräften. die den Frieden und die friedliche Regelung aller Probleme wollen, ein großer Fortschritt gelungen ist!
({10})
Sie sollten daran denken, daß es als eine reale
Möglichkeit vor uns liegt, daß der kalte Krieg zu
Ende geht und daß der heiße Krieg verhindert wird.
({11})
Sie sollten, wenn Sie über die Außenpolitik der Bundesregierung diskutieren, daran denken, daß man sich ein Konzept machen muß angesichts einer Lage, die durch eine bevorstehende Verständigung der Großmächte in wesentlichen Dingen gekennzeichnet ist. Sie sollten sich überlegen, ob es angebracht ist, dem Bundeskanzler und Außenminister noch einen Tag länger zu erlauben, eine Politik der völligen Isolierung, eine Politik des Abenteuers und des Wahnsinns zu betreiben.
({12})
Die Vorgänge um den Waffenstillstand in Korea haben nicht nur bewiesen, daß sich Verhandeln letzten Endes lohnt und daß zwischen den beiden großen Weltblöcken im Osten und Westen bei beiderseits gutem Willen eine Verständigung möglich ist. Die Verhandlungen um den Waffenstillstand in Korea haben auch erwiesen, daß es sich bei den Ereignissen, die zu einem vorläufigen Abkommen geführt haben, keineswegs um einen lokalen, um einen auf Ostasien isolierten Akt handelt. Sie sollten daraus lernen, daß die Vorgänge in Korea, soweit sie eine Annäherung der Großmächte in wesentlichen internationalen Fragen zum Ausdruck bringen, in Bälde vielleicht auch schon eine Nachahmung hier in der Deutschlandfrage nach sich ziehen können. Sie sollten auch etwas daraus lernen, welches Schicksal ein Mann wie Syngman Rhee zu erwarten hat, der seine einzige Hoffnung noch darin sieht, die sich anbahnende Verständigung zu verhindern und seinen Privatkrieg fortzusetzen mit dem einzigen Ziel, seine längst unterhöhlte Machtposition gegen den Willen des ganzen Volkes aufrechtzuerhalten. Sie sollten etwas lernen aus den Vorgängen in Frankreich, wo es seit Wochen niemandem mehr möglich ist, sich auf den Stuhl des Ministerpräsidenten zu setzen, der eine amerikanische Ausstattung in der Tasche hat. Sie sollten aus den Vorgängen in Italien lernen, wo es dem außenpolitischen Freund des Bundeskanzlers trotz aller Wahlmachinationen und Tricks und Drehs nicht gelungen Ist, der Politik des Atlantikpaktes zum Siege zu verhelfen. Sie sollten aus den Vorgängen in England etwas lernen, und Sie werden daraus schließlich den Schluß ziehen müssen, daß der Bundeskanzler der Bundesrepublik heute in Europa der einzige Staatsmann ist, von dem die Amerikaner annehmen können, daß er eine für ihre Interessen zuverlässige Rolle spielt.
({13})
Überall in der Welt war Freude über die vielen Anzeichen einer internationalen Entspannung. Allein hier in den Räumen des Bundeskanzleramts und des Auswärtigen Amts ist eine Panik ausgebrochen über die neue Wendung der Dinge.
({14})
Und warum? Weil der Bundeskanzler und seine
Getreuen genau wissen: In einem einigen Deutschland wird es keine Adenauer-Regierung mehr
geben,
({15})
In einem demokratischen Deutschland werden die Freunde des Herrn Außenministers, die Konzernherren und die Großbankiers, nichts mehr zu sagen haben.
({16})
In einem friedlichen Deutschland werden diejenigen, die gewohnt sind, an Rüstungen zu verdienen, keine Chancen mehr haben. Darum torpediert der Bundesaußenminister Dr. Adenauer jeden Versuch - oder vielmehr er versucht ihn zu torpedieren; seine Kraft. ist ja viel zu schwächlich, um sich durchzusetzen -, jede Bemühung, zu einer friedlichen Verständigung über die deutsche Frage zu gelangen. Darum schickt er seine Telegramme, seine Staatssekretäre und Ministerialdirektoren in die Hauptstädte der westlichen Welt, um sich dagegen zu stemmen, was wirklich nicht mehr aufzuhalten ist. Darum stellt er immer neue Bedingungen für eine Viermächtekonferenz, vor allem die Bedingung, es könne nur verhandelt werden, wenn von vornherein garantiert werde, daß der Standpunkt ausgerechnet des Herrn Dr. Konrad Adenauer zum Siege geführt werde.
({17})
So geht es nicht, meine Damen und Herren, daß sich die große Welt nach dem kleinen Bundeskanzler im Schaumburgpalais richtet. Die Dinge werden etwas anders gehen, und nicht der Größenwahn eines Mannes wind die Politik entscheiden, sondern die realen Verhältnisse in der Welt.
({18})
Daran wird auch nichts ändern, daß Herr Dr. Adenauer auf alle internationalen Ereignisse, auf alle neuen Beweise einer sich anbahnenden internationalen Entspannung immer nur die stereotype Antwort bereit hat: „Und die Verträge von Bonn und Paris, sie müssen doch durchgeführt werden!" In der ganzen Welt lacht man ja schon über diese Einfallslosigkeit eines Regierungschefs und Außenministers. Man kann heute sagen: Dieser Außenminister ist nicht nur zum Repräsentanten der Politik des Unglücks für unser eigenes Volk geworden, sondern er ist bereits zu einem internationalen Ärgernis geworden
Herr Abgeordneter Fisch, die Behauptung, daß der Bundeskanzler zu einem internationalen Ärgernis geworden sei, geht über die Kritik in parlamentarischen Formen hinaus. Ich rufe Sie zur Ordnung.
({0})
- für die Völker und für alle Regierungen, die sich ernstlich um eine Politik der Verständigung und des Friedens bemühen.
({0})
Der Herr Bundesaußenminister spricht davon, ihm sei der Gedanke an Potsdam ein Alpdruck. Das kann man verstehen, wenn man den Inhalt des Potsdamer Abkommens tatsächlich kennt. Im Potsdamer Abkommen findet sich die Bestimmung, daß ganz Deutschland als eine politische und wirtschaftliche Einheit zu behandeln ist. Im Potsdamer Abkommen findet sich die Bestimmung, daß
({1})
Deutschland einen demokratischen Charakter
haben muß. Und im Potsdamer Abkommen findet
sich die Bestimmung, daß aus dem politischen
Leben die faschistischen Kräfte ausgeschaltet werden müssen. Jawohl, wir verstehen, solche Bestimmungen sind für den Bundeskanzler unannehmbar.
({2})
Solch ein Deutschland will er nicht. Er will ein Deutschland, das am amerikanischen Schleppseil hängt. Er will ein Deutschland, auf dessen Boden fremde Divisionen sich kriegsfertig machen, um die Welt erneut in eine Katastrophe zu stürzen,
({3})
die fürchterlicher sein müßte als alles, was die Menschheit bisher erlebt hat.
({4})
Wohin diese Politik des Bundeskanzlers zielt, das hat er selbst von dieser Stelle aus bei der Beratung der Verträge von Bonn und Paris erklärt. Er sagte, sie ziele darauf ab, die Vereinigten Staaten von Amerika zu stärken. Wer so spricht, der macht keine deutsche Politik, sondern der macht Politik im Interesse einer fremden Macht.
({5})
Darum sagen wir: mögen der Bundeskanzler und seine Getreuen auch dem Vorbild eines Syngman Rhee nachzueifern versuchen, mögen sie versuchen, so wie dieser dort den Waffenstillstand zu torpedieren versucht, hier in Deutschland die Verständigung zu hintertreiben, indem man in Berlin und in der Deutschen Demokratischen Republik einen Tag X organisiert,
({6})
indem man Deutsche gegen Deutsche hetzt und das ganze Volk in eine Panikstimmung treibt - ({7})
Herr Abgeordneter Fisch, der Deutsche Bundestag hat seine Einstellung zu den Ereignissen der letzten Woche in Berlin eindeutig bekundet. Die Unterstellung, die Sie gemacht haben, beleidigt nicht nur die daran Beteiligten, sondern den Deutschen Bundestag. Ich rufe Sie zur Ordnung und mache Sie auf die Folgen eines dritten Ordnungsrufs aufmerksam.
({0})
Ich möchte zum Schluß sagen: alle solche Versuche werden nicht verhindern können, daß sich eine für unser Volk positive Politik durchsetzen wird, nämlich die Verständigung der vier Mächte über Deutschland und mit Deutschland,
({0})
eine Verständigung auf der Grundlage eines Friedensvertrags mit Deutschland und des Abzugs der Besatzungsmächte. Es wird sich trotz Adenauer eine Politik durchsetzen, nach der es nicht mehr möglich sein wird, daß auf unserem Boden fremde militärische Stützpunkte existieren
({1})
und daß wir an Militärbündnisse gefesselt werden, die uns nur ins Unglück stürzen.
({2})
Wir sind davon überzeugt, daß sich auch die Deutschen in Ost und West verständigen werden, um die nächsten Maßnahmen zur friedlichen Lösung der deutschen Frage zu treffen,
({3})
nämlich die Voraussetzungen für gesamtdeutsche Wahlen und die Bedingungen zu schaffen, unter denen wir in Kürze zur Bildung einer gesamtdeutschen, freien Regierung kommen können. Dies wird der Weg sein, auf dem Deutschland aufhören wird, ein Herd der Zwietracht und der Kriegsgefahr zu sein.
({4})
Das Wort hat der Staatssekretär des Auswärtigen Amts.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Greve hat mich aufgefordert, mich zu dem Fall Dittmann und insbesondere zu den Folgerungen, die das Auswärtige Amt aus den Empfehlungen des Ausschusses Nr. 47 gezogen oder nicht gezogen hat, zu äußern. Ich komme dieser Aufforderung nach.
Es ist richtig, daß der Untersuchungsausschuß, der eingesetzt war, um festzustellen, ob das Auswärtige Amt Beamte angestellt hat, deren nationalsozialistische Vergangenheit einer solchen Einstellung entgegensteht, sein Gutachten dahin abgegeben hat, daß der Vortragende Legationsrat Dittmann im Auswärtigen Amt nicht länger beschäftigt werden möge. Was bedeutet ein solches Gutachten? Die Bundesrepublik ist ein Rechtsstaat, und das heißt unter anderem, daß Beamte - und ich wiederhole: der Vortragende Legationsrat Dittmann war zu jener Zeit ein Beamter - aus ihrem Dienst nicht entfernt werden können außer aus den Gründen und in den Formen des Disziplinarrechts. Ich glaube, es ist unzulässig, dem Beschluß des Untersuchungsausschusses eine Deutung zu geben, die darauf hinauslaufen würde, daß ein solcher Beamter auch entfernt werden muß, wenn diese Entfernung eine Verletzung der geltenden Rechtsordnung bedeuten würde.
Selbstverständlich war das Gutachten des Ausschusses für das Auswärtige Amt ein ernster Anlaß, zu prüfen, ob nach den geltenden Gesetzen ein Grund für die Entfernung dieses Beamten aus dem Dienst vorlag.
({0})
- Nein, Pardon, das ist ein Irrtum. Ich komme gleich darauf zu sprechen. Der Vorwurf, der gegen Herrn Dittmann erhoben worden ist, hatte zur Begründung - ich wiederhole hiermit die Erklärung, die der Herr Bundeskanzler zu diesem Fall bereits abgab und auf die sich der Herr Abgeordnete Greve bezog - nicht ein Verhalten vor seiner Einstellung in den Auswärtigen Dienst der Bundesrepublik. Insbesondere war die Begründung jenes Ausschusses nicht etwa der Vorfall, auf den der Herr Abgeordnete Greve vorhin in seinen Ausführungen anspielte, also ein Verhalten des Herrn Dittman bei der hier erwähnten Totenfeier. Von dieser Totenfeier und von jenem ganzen Vorfall ist
({1})
nach meiner Kenntnis vor dem Untersuchungsausschuß niemals die Rede gewesen. Ich habe jedenfalls in den Akten nicht ein Wort über diesen Vorfall gefunden.
({2})
Ganz sicher ist die Empfehlung des Ausschusses auf diesen Vorfall nicht gegründet worden. Ich habe auch den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Greve insoweit nichts Gegenteiliges entnommen. Ich stelle also fest, daß das Auswärtige Amt und ich selber von diesem Vorfall, der hier behauptet worden ist, in dieser Stunde in diesem Hohen Hause zum ersten Mal Kenntnis erlangen.
Das Ersuchen des Ausschusses war vielmehr auf einen Vorgang gegründet, der sich während der Vernehmung des Vortragenden Legationsrats Dittmann in dem Ausschuß abspielte und aus dem der Ausschuß folgern zu müssen glaubte, daß der Vortragende Legationsrat Dittmann es mit seiner Wahrheitspflicht nicht genau genommen habe.
Ich wiederhole: Was bedeutet die Empfehlung, die auf diese Begründung gestützt ist, für das Auswärtige Amt? Die Notwendigkeit, unter Anwendung der disziplinarrechtlichen Vorschriften zu prüfen, ob eine Entlassung des Beamten geboten war, d. h. zu prüfen, ob ein Disziplinarverfahren zu eröffnen war. Diese Prüfung hat stattgefunden. Ich habe, um uns nicht dem Vorwurf, den ich befürchten mußte, auszusetzen, daß diese Vorprüfung. ob ein Disziplinarverfahren zu eröffnen ist, in einer Atmosphäre der Befangenheit stattgefunden habe, fremde, unbefangene, an den Vorgängen unbeteiligte Ressorts gebeten, diese Prüfung vorzunehmen.
({3})
Es haben zwei solcher Prüfungen stattgefunden, eine durch einen hohen Beamten der Justizverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz, eine andere durch das Bundesministerium des Innern.
({4})
Beide Untersuchungen haben mit dem Votum abgeschlossen, daß ein Grund für die Eröffnung des Disziplinarverfahrens nicht vorliege, sondern allenfalls ein Anlaß dafür gegeben sei, den Beamten zu vermahnen oder zu verwarnen.
Ich habe auf Grund dieser Gutachten in den beiden Vorverfahren selber den Vorgang noch einmal gewissenhaft geprüft und bin zu derselben Schlußfolgerung gekommen. Es ist eine Vermahnung an den Beamten ausgesprochen worden.
({5})
Damit war die Frage, ob er weiter zu beschäftigen sei, entschieden, und zwar in dem Sinne, daß ein Grund und eine Möglichkeit, ihn von dieser Beschäftigung fernzuhalten, nicht gegeben war.
Ich weiß nicht, ob es in dieser Lage und angesichts der Vorgeschichte des Falles dem Auswärtigen Amt zum Vorwurf gereicht, daß es Herrn Dittmann nicht in der Zentrale beschäftigt hat. Ich bin jedenfalls sicher, daß die Kritik, die an dem Vorgang geübt worden wäre, wenn ich das getan hätte, sehr viel schärfer ausgefallen wäre als die, die wir heute zu hören bekommen haben. Daß sich Herr Dittmann im Augenblick in New York bei unserem Ständigen Vertreter bei den Vereinten
Nationen befindet, hat seinen Grund nicht darin, daß ihm eine Gelegenheit gegeben werden sollte, unbeschäftigt zu sein - ich glaube, es ist gesagt worden: mit nichts beschäftigt zu sein -, sondern hat seinen Grund darin, daß diese Behörde außerordentlich überlastet ist und daß die Gelegenheit der Ausreise von Herrn Dittmann auf seinen Posten nach Hongkong benutzt werden sollte, um dieser Überlastung eine gewisse Abhilfe zuteil werden zu lassen. Verborgen haben wir in dieser ganzen Angelegenheit nichts. Die Entscheidung des Bundeskabinetts, daß Herrn Dittmann, einem erfahrenen und fähigen Beamten, das Generalkonsulat in Hongkong übertragen werden soll, ist bekanntgemacht worden.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Greve.
Meine Damen und Herren! Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat es leider unterlassen, uns zu sagen, auf welchen Gebieten er die Erfahrung und Bewährung des Herrn Dittmann sieht. Ich möchte ihm aber, um auf den Vorgang zurückzukommen, noch einmal das ins Gedächtnis bringen, was der Ausschuß zum Anlaß genommen hat, zu empfehlen, daß der Herr Herbert Dittmann nicht im Auswärtigen Amt weiterbeschäftigt bleibt. Der Ausschuß hat die Tatsache zum Anlaß genommen, daß der Herr Dittmann vor dem Untersuchungsausschuß wahrheitswidrige Aussagen gemacht hat. Auf diesem Gebiet scheint Herr Dittmann erfahren zu sein und seine Bewährung bewiesen zu haben. Wir brauchen ja nur den Vorsitzenden und die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zu befragen, ob das, was in dem Bericht des Untersuchungsausschusses steht, richtig ist, ob es insbesondere richtig ist, daß Herr Dittmann, wie es hier heißt, der frühere Oberlandesgerichtsrat - er war nämlich vor seiner Verwendung im Auswärtigen Amt Oberlandesgerichtsrat in Hamm -, nach einstimmiger Auffassung des Ausschusses diesem in einer absichtlich verschleierten Darstellung Tatsachen vorenthalten hat, worüber er sich, wie vom Ausschuß erwartet werden konnte, notwendig klar war.
Also, der Tatbestand einer wahrheitswidrigen Darstellung eines Vorgangs vor dem Untersuchungsausschuß scheint für den Herrn Staatssekretär im Auswärtigen Amt kein genügender Grund zu sein, gegen einen Beamten ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wie es erforderlich gewesen wäre, wenn man dem Wunsch des Ausschusses wirklich hätte Rechnung tragen wollen. Aber daran liegt es, daß das Auswärtige Amt gar nicht die Absicht hatte, dem Ausschußbericht zu folgen und Herrn Dittmann aus dem Auswärtigen Dienst zurückzuziehen.
({0})
Das haben wir heute aus den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs Dr. Hallstein klar entnommen.
Ich weiß nicht, ob man die politische Seite dieses Falles Dittmann nun so völlig außer acht lassen kann, wie der Herr Staatssekretär Hallstein es tut, der hier meint, uns klarmachen zu können, daß ohne ein abgeschlossenes Disziplinarverfahren keine Möglichkeit besteht, Herrn Dittmann in einer anderen Bundesverwaltung, wie es der Untersuchungsausschuß gewünscht hat, zu verwenden.
({1})
Herr Staatssekretär, Ihre Aufgabe ist es nicht, dem Bundestag gegenüber etwas zum Ausdruck zu bringen, was bekannt ist, sondern Ihre Aufgabe als Staatssekretär im Auswärtigen Amt ist es zumindest - ob Sie das allerdings in dem gewünschten Umfang können, vermag ich nicht zu beurteilen -, die politische Seite des Falles politisch zu behandeln. Das haben Sie hier nicht getan. Wir sind der Auffassung, daß das, was Sie getan haben, ein Ausweichen war und nichts weiter.
Im übrigen scheint es uns eine Zumutung zu sein, einen Beamten wie den Herrn Dittmann ausgerechnet zur Dienstleistung bei den Vereinten Nationen abzustellen, als ob man dort jedenfalls Beamte verwenden kann, die es mit ihrer Pflicht zur Wahrheit
({2})
nicht so genau nehmen, wie es wünschenswert und notwendig ist.
Weiter: Glauben Sie denn, daß der Herr Dittmann ein geeigneter Generalkonsul in Hongkong ist? Auch darüber haben Sie uns nichts gesagt. Sie sind all den Dingen ausgewichen. Wir können uns mit Ihrer Antwort nicht zufrieden geben und werden versuchen, auf andere Weise, wenn es so nicht möglich ist, den Weg zu finden, der unseres Erachtens gefunden werden muß, um Herrn Dittmann aus dem auswärtigen Dienst zum Verschwinden zu bringen.
({3})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Ich schließe die Besprechung zu diesem Einzelparagraphen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der kommunistischen Gruppe Drucksache Nr. 1001 zu Einzelplan 05 auf Streichung des Haushalts mit 117 924 200 DM. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt worden.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Einzelplan 05 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Einzelplan ist angenommen.
Ich rufe den Einzelplan 06 auf:
Einzelplan 06 Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern ({0}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Steinhörster. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsplan einschließlich des Organisations- und Stellenplanes des Bundesministeriums des Innern und seiner nachgeordneten Dienststellen ist außerordentlich umfangreich. Mit Rücksicht auf die Zeitschwierigkeit, in der sich das Parlament befindet, möchte ich mich daher auf einen zusammenfassenden Überblick und auf die Hervorhebung einiger wichtiger Positionen beschränken, die im Haushaltsausschuß zu besonderen Erörterungen geführt haben.
Der Haushaltsplan 1952 enthält 15 501 Bedienstete. Der Organisations- und Stellenplan für 1953 bringt eine Vermehrung um 144 Beamte, eine Verminderung um 34 Beamte zur Hilfeleistung und eine Vermehrung um 466 Angestellte, 119 Arbeiter und 15 Beamte im Vorbereitungsdienst, insgesamt also eine Vermehrung um 710 Bedienstete. Während der Soll-Bestand 1952 15 501 Bedienstete betrug, steigt er nach dem Entwurf für 1953 um diese 710 auf 16 211 Bedienstete. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß 239 Angestellte und 37 Arbeiter des technischen Hilfswerks im Haushaltsplan 1953 als neu ausgewiesen sind. Diese Angestellten und Arbeiter waren bereits 1952 vorhanden, wurden aber damals aus dem globalen Zuschuß für das technische Hilfswerk bezahlt. Wenn man die 239 plus 37 gleich 276 Bedienstete bei der Personalvermehrung abzieht, ergibt sich eine echte Personalvermehrung von 1952 auf 1953 nicht von 710, sondern von 434 Bediensteten.
Von den wichtigsten und umfangreichsten Personalvermehrungen seien nachstehend folgende erwähnt. Das Personal des Innenministeriums selbst steigt von 764 auf 886, also um 122 Bedienstete. Die Personalvermehrung bei den Beamten beträgt hierbei 55. Der Zustimmung zu dieser Vermehrung lag ein Mehrheitsbeschluß zugrunde. An der Personalvermehrung ist besonders die Unterabteilung beteiligt, welche die Wiedergutmachung für den öffentlichen Dienst zu bearbeiten hat. Das Innenministerium hat ungefähr 13 000 zum Teil komplizierte Wiedergutmachungsfälle selbst zu bearbeiten und selbst zu entscheiden. Hiervon sind noch nicht 2000 erledigt. Der Haushaltsausschuß hält es für erforderlich, für die Wiedergutmachung so viel Personal bereitzustellen, daß die letzten Wiedergutmachungsfälle in etwa zwei Jahren erledigt sein können. Alle Beamtenstellen der Unterabteilung für Wiedergutmachung sind mit einem k.w.-Vermerk versehen.
Auch in der Abteilung für zivilen Bevölkerungsschutz ergab sich eine starke Personalvermehrung insbesondere aus der Bearbeitung der Luftschutzfragen und aus der gesetzgeberischen Arbeit für die Frage der Landbeschaffung und des Bundesleistungswesens.
Bei den nachgeordneten Dienststellen des Innenministeriums seien folgende auffallende Personalvermehrungen erwähnt.
Das Statistische Bundesamt mußte um 14 Beamte und 54 Angestellte vermehrt werden. Der Haushaltsausschuß war sich darüber im klaren, daß ein weiteres Ansteigen des Personals gerade bei dieser Behörde besonders unerfreulich ist, und hat daher für seine Entscheidung ein Gutachten des Herrn Beauftragten für die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung herbeigezogen. Auf Grund dieses Gutachtens mußte sich der Haushaltsausschuß zu der Personalvermehrung entschließen, da andernfalls das Statistische Bundesamt die ihm durch Gesetz und Verordnungen übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß nicht erfüllen könnte.
({0})
- Ja, leider.
Für das Bundesamt für Verfassungsschutz ist eine Personalvermehrung um 53 Kräfte, und zwar um 9 Beamte, 39 Angestellte und 5 Arbeiter, vorgesehen. Im Haushaltsausschuß waren sich alle Fraktionen darüber einig, daß das Bundesamt für Verfassungsschutz personell in die Lage versetzt werden muß, die ihm übertragenen Aufgaben zum Schutze des demokratischen Staates durchführen zu können.
Das Bundeskriminalamt wurde um 40 Beamte und 11 Arbeiter vermehrt. Die Vermehrung der Beamtenstellen wurde von allen Fraktionen für die
({1})
Aufgabe der Sicherungsgruppe und für das Hilfspersonal des Oberbundesanwalts beim Bundesverfassungsgericht gebilligt.
Bei den Gesundheitsinstituten in Berlin und bei dem im Aufbau befindlichen Bundesgesundheitsamt wurde eine Umwandlung von 17 Angestelltenstellen in Planstellen für Beamte und eine Vermehrung um 19 Arbeiter für erforderlich gehalten.
Das Bundesarchiv erhält durch diese Vorlage 49 Bedienstete mehr, da es mehrere Außenstellen in Berlin, Göttingen und Frankfurt übernehmen muß, die bisher von den Ländern bearbeitet wurden. Ebenso wurden vom Haushaltsausschuß idem Institut für angewandte Geodäsie 23 Kräfte mehr zugebilligt, weil auch hier Aufgaben auf den Bund übergegangen sind, die bisher von anderer Stelle bearbeitet worden sind.
Der Personalbestand des zu bildenden Bundesamtes für Landbeschaffung wurde mit 13 Beamten, 13 Angestellten und 6 Arbeitern neu eingesetzt. Dieses Kapital wurde, wie Sie aus der Vorlage ersehen können, mit einem Sperrvermerk versehen, da das Gesetz über Landbeschaffung noch nicht verabschiedet worden ist.
7 Bedienstete für das Deutsche Historische Institut in Rom wurden neu eingesetzt, da dieses Institut nunmehr wieder in die deutsche Bearbeitung Übergehen soll. Zunächst wurde jedoch noch ein Sperrvermerk angebracht, da die Verhandlungen noch nicht als abgeschlossen angesehen werden können.
Bei der Bundeszentrale für Heimatdienst ergibt sich eine Vermehrung von einem Beamten, 10 Angestellten und einem Arbeiter, um diese nach Auffassung aller Fraktionen notwendige Einrichtung voll leistungsfähig zu machen.
Über die Bundesausgleichsstelle ist zu sagen, daß nach der Regierungsvorlage 7 Beamtenstellen angefordert wurden, daß sich der Ausschuß aber nur bereit finden konnte, 2 Neubewilligungen zuzustimmen.
Die erwähnten einzelnen Personalvermehrungen zuzüglich geringer Vermehrungen bei weiteren nachgeordneten Dienststellen des Innenministeriums ergeben die Gesamtvermehrung um 434 Kräfte auf insgesamt 16 211 Kräfte. Der Haushaltsausschuß hat mit Genugtuung aus den Ausführungen des Herrn Ministers des Innern bei der ersten Lesung und des Herrn Staatssekretärs von Lex im Haushaltsausschuß zur Kenntnis genommen, daß mit diesen Personalvermehrungen der Aufbau der inneren Verwaltung nunmehr im wesentlichen als abgeschlossen zu gelten hat. Weitere Personalvermehrungen werden daher nur in Frage kommen können, wenn das Ministerium oder nachgeordnete Dienststellen neue Aufgaben zu erfüllen haben, die im Wege des Personalaustausches nicht zu erledigen sind.
Bei den Geldansätzen des Einzelplans 06 ergibt der Vergleich des Rechnungsjahres 1952 mit dem Haushaltsjahr 1953 folgendes: Die Gesamtausgaben, also einschließlich der einmaligen Ausgaben, betrugen für das Rechnungsjahr 1952 234 713 200 DM, die Gesamtausgaben des Haushaltsplans 1953 sehen Ansätze von 243 507 300 DM vor; der Haushaltsplan 1953 enthält also gegenüber dem des Jahres 1952 eine Mehrausgabe von rund 8,8 Millionen DM gleich 3,7 %. Nach Abzug der veränderten Einnahmen beträgt der Zuschußbedarf des Haushaltsplans 1953 235 365 700 DM gegenüber 225 654 500 DM des
Rechnungsjahres 1952. Der Zuschußbedarf ist also um rund 9,7 Millionen DM, d. h. um etwa 4,3 % gestiegen. Bei dieser Feststellung muß man bemerken, daß sich die Erklärungen, die der Herr Minister bei der Lesung des Nachtragshaushalts vor diesem Hause abgegeben hat, nicht bewahrheitet haben. Er hat damals zum Ausdruck gebracht, der Zuschußbedarf für das Jahr 1953 werde etwa auf gleicher Höhe liegen.
Eine Gegenüberstellung der Veränderungen bei den einzelnen Kapiteln ergibt beim Ausgabenbedarf folgendes. Das Innenministerium selbst braucht 580 000 DM mehr, was aus den aufgeführten und von mir aufgezeigten Personalvermehrungen einschließlich der Inbetriebnahme von weiteren Gebäuden zu erklären ist. Der in der Regierungsvorlage für den Ausschuß zur Neugliederung des Bundesgebiets angeforderte Betrag wurde von 153 400 DM auf 75 000 DM reduziert, weil der Ausschuß in seiner Gesamtheit nicht davon überzeugt war, daß eine Mitgliedschaft von 40 Personen diesen Ausschuß besonders arbeitsfähig gestalten könne.
Kap. 2 mit den umfangreichen Fonds und sonstigen Bewilligungen enthält insgesamt eine Steigerung von 66,7 Millionen DM auf rund 85 Millionen DM, also um rund 18,3 Millionen DM. Die Erhöhung der Fonds und der Bewilligungsmittel hat den Ausschuß eingehend beschäftigt.
Eine Reihe von Mehrausgaben, so z. B. für die Bundestagswahlen in Höhe von 2 300 000 DM, waren unvermeidlich. Der Ansatz für die Entschädigung ehemaliger Bediensteter der jüdischen Gemeinden wurde von 0,5 Millionen DM auf 2 Millionen DM erhöht. Ob dieser Betrag ausreicht, ist noch nicht zu übersehen, da die Richtlinien über die Entschädigung erst vor einigen Monaten bekanntgegeben wurden und zudem die Anträge - wie dem Ausschuß erklärt wurde - zwar eingelaufen, aber zum großen Teil noch nicht entschieden worden sind.
Der Fonds zur Förderung von Schwerpunkten in der deutschen wissenschaftlichen Forschung wurde um 5 Millionen DM auf 10 Millionen DM erhöht. Der Haushaltsausschuß hat dieser Erhöhung gern zugestimmt. Er ließ sich von dem Gesichtspunkt leiten, daß nach diem Rückgang in der wissenschaftlichen Forschung seit 1933 und besonders seit dem Krieg ein Anschluß an den Stand der wissenschaftlichen Forschung in den übrigen Kulturstaaten gesucht werden muß.
({2})
Es werden solche Schwerpunkte der Forschung gefördert, die sich später in einer Verstärkung der Ausfuhr und damit rentabel auswirken. Der angesetzte Betrag von 10 Millionen DM wird durch den Innenminister auf Vorschlag der Deutschen Forschungsgemeinschaft, also der Spitzenkräfte der deutschen Wissenschaft, vergeben.
Der Zuschuß für die Studienstiftung des deutschen Volkes ist um rund 100 000 DM auf 600 000 DM erhöht worden, um nach einem zu erhoffenden Nachziehen der Länder begabte und nach ihrer Gesamtpersönlichkeit geeignete Studenten in ihrer Ausbildung fördern zu können.
Für das Kunsthistorische Institut in Florenz, das wieder in deutsche Hände übergeht, wurde ein zunächst geschätzter Zuschuß von 50 000 DM bei den einmaligen Ausgaben von 20 000 DM neu, und zwar erstmalig, eingesetzt.
({3})
Der Zuschuß für die „Neue Deutsche Wochenschau" und für die Wochenschau „Welt im Bild" wurde von 650 000 DM auf 300 000 DM herabgesetzt, da nach dem bisherigen Ergebnis der herabgesetzte Zuschuß ausreicht. Der Haushaltsausschuß hat der Erwartung Ausdruck gegeben, daß sich die beiden Wochenschauen am Ende des Rechnungsjahres 1953 selbst tragen, um in Zukunft einen weiteren Zuschuß vermeiden zu können.
Die Zuschüsse an die UNESCO-Jugend-Institute in München, Hamburg und Köln einschließlich der deutschen UNESCO-Kommission in Köln mußten entsprechend den internationalen Vereinbarungen von 280 000 DM auf 370 000 DM erhöht werden.
Alle Fraktionen waren sich im Haushaltsausschuß ferner darüber einig, daß die Zuschüsse für Bestrebungen zur Bekämpfung des Rassenhasses und für die Wiederherstellung jüdischer Friedhöfe auf insgesamt 150 000 DM erhöht werden müßten, um alte Schäden wiedergutzumachen und eine positive Entwicklung im christlich-jüdischen Verhältnis zu fördern.
Die Mittel zur Förderung der volksgesundheitlichen Bestrebungen und zur Bekämpfung von Krankheiten wurden von 200 000 DM um 490 000 DM auf 690 000 DM erhöht, ebenso der Fonds zur Bekämpfung der Suchtgefahren von 60 000 DM auf 150 000 DM.
Die Mittel für zentrale Maßnahmen auf dem Gebiete der Fürsorge, also insbesondere an karitative Spitzenverbände wurden um 300 000 DM auf 2 600 000 DM erhöht, ebenso die Zuschüsse an zentrale Hilfsorganisationen zur Vorbereitung allgemeiner Maßnahmen bei Katastrophen von 1,6 Millionen DM auf 2,4 Millionen DM.
Für den Bundesjugendplan wurden im Einzelplan des Innenministeriums 30 Millionen DM gegenüber 20 Millionen DM im Vorjahre eingesetzt. Allerdings liegt hierin - das muß ich bemerken - nicht eine volle Erhöhung um 10 Millionen DM, weil dem Bundesjugendplan bisher zusätzliche Mittel, wie Sie wissen, zur Verfügung standen, die sich aus Einsparungen im Haushalt der sozialen Kriegsfolgelasten ergaben und die nunmehr für diesen Zweck nicht mehr vorgesehen sind. Durch die Einsetzung von 30 Millionen DM für den Bundesjugendplan wurden die Mittel effektiv zwar nur um 3,8 Millionen DM erhöht; es wurde aber erreicht, daß der Mehrbetrag von 10 Millionen DM unbedingt auch dann zur Verfügung steht, wenn sich bei den Ausgaben für Kriegsfolgelasten keine Einsparungen gegenüber den Haushaltsansätzen ergeben.
Für die Erforschung, Entwicklung und Erprobung im Luftschutzwesen und für den Luftschutzwarndienst wurde der Zuschuß von 3,2 Millionen DM um 1,8 Millionen DM auf 5 Millionen DM erhöht.
Meine Damen und Herren, dies sind die wesentlichsten Veränderungen bei den Fonds und sonstigen Bewilligungen des Innenministeriums, die mit einigen weiteren, aber geringen Änderungen die Erhöhung des Ansatzes von bisher 66,7 Millionen DM auf 85 Millionen DM rund ergeben.
Von den nachgeordneten Dienststellen des Bundesinnenministeriums möchte ich nur einzelne herausgreifen, bei denen die Änderung der Ansätze besonders ins Gewicht fällt oder bei denen im Haushaltsausschuß grundsätzliche Fragen zu Erörterungen geführt haben. Bei dem Bundesverwaltungsgericht erhöhen sich die Ausgaben von 871 000 DM auf 1,57 Millionen DM, da im Haushalt für 1952 nur der Bedarf für 6 Monate angesetzt war. Aus dem gleichen Grunde erhöht sich der Ansatz für die Ausgaben des Oberbundesanwalts beim Bundesverwaltungsgericht von 73 000 DM auf 116 000 DM. Ich glaube, es ist notwendig, daß man auf den Umstand hinweist, es habe sich im Haushaltsjahr 1952 nur um einige Monate gehandelt.
Die Ausgaben für den Bundesdisziplinarhof, für den Generalanwalt beim Bundesdisziplinarhof und für die Bundesdisziplinarkammern haben sich um insgesamt etwa 360 000 DM erhöht, da auch in diesem Falle die Mittel nur für 9 Monate im Jahre 1952 veranschlagt worden waren.
Das Bundesverwaltungsgericht, der Disziplinarhof und die Disziplinarkammern und die Anwälte für die beiden Obersten Gerichte haben die Tätigkeit inzwischen, wie Sie alle wissen, voll aufgenommen, so daß der Ansatz für 1953 für das ganze Jahr berechtigt erscheint.
Die Ansätze für das Statistische Bundesamt konnten von 18 823 000 auf 18 017 000 DM gesenkt werden. Aber dies, meine Damen und Herren, ist keine echte Senkung der Ausgaben, weil im Rechnungsjahr 1952 für den Neubau des auf zwölf Gebäude zerstreuten Statistischen Bundesamtes unter den einmaligen Ausgaben eine erste Baurate von 3 000 000 DM eingesetzt war, während für das Haushaltsjahr 1953 eine zweite Baurate mit 2 000 000 DM vorgesehen ist. Durch die eingangs von mir erwähnte erhebliche Personalvermehrung entstehen sogar personelle und sächliche Ausgaben in größerer Höhe als 1952. Diese höheren Ausgaben werden jedoch dadurch ausgeglichen, daß einige statistische Erhebungen mit Ansätzen bei den allgemeinen Ausgaben im Haushaltsjahr 1953 auslaufen. Der Neubau des statistischen Bundesamts, für den bisher in den Haushaltsjahren 1952 und 1953 insgesamt 5 000 000 DM eingesetzt wurden, wird nach den vorliegenden Kostenberechnungen insgesamt einen Aufwand von 14,5 Millionen DM erfordern. Die Restsumme von 9,5 Millionen DM wird voraussichtlich in den Haushalt 1954 eingesetzt werden müssen, wie uns Vertreter des Innenministeriums erklärt haben.
Der Ansatz für das Bundesamt für Verfassungsschutz ist von 5 220 000 auf 6 826 000 DM erhöht worden. Die Erhöhung ist zunächst auf die personelle Vermehrung, sodann aber auch darauf zurückzuführen, daß für das Bundesamt für Verfassungsschutz ein Neubau errichtet wird. Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist in Köln in unmittelbarer Nähe der Hohen Straße, also der Hauptgeschäftsstraße mit sehr hohen Grundstückspreisen, untergebracht. Bei der personellen Ausdehnung im Haushaltsjahr 1953, die nach den Auslassungen des Ministeriums wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren fortgesetzt werden muß, war es nicht zweckmäßig, das Dienstgebäude an dem bisherigen Standort zu erweitern. Es ist ein Neubau am Stadtrand mit genügender Erweiterungsmöglichkeit vorgesehen, der insgesamt 2 830 000 DM kosten wird. Als erste Baurate wurde ein Betrag von 1,5 Millionen DM eingesetzt, der aber in der von mir genannten Zahl von 6 826 000 DM enthalten ist.
Eine längere Diskussion im Ausschuß hat es um den Titel 300 - Geheimfonds - gegeben. Es gab im Haushaltsausschuß eine Meinung, wonach eine Prüfung durch den Herrn Präsidenten des Bundesrechnungshofes nur für den Teil, der vom Bundes({4})
amt für Verfassungsschutz selbst verwendet und selbst verwaltet wird, angebracht erscheint. Wenn dagegen das Ministerium in Verfassungsschutzfragen selbst tätig werden will, also den sogenannten konstruktiven Verfassungsschutz selbst betreiben will, dann müßte nach der Auffassung des Ausschusses für diesen Teil dasselbe Prüfungssystem gelten, wie es im allgemeinen angewendet wird.
Die Senkung des Ansatzes für das Bundesamt für Auswanderung von 2 082 000 DM auf 463 000 DM ist nur eine scheinbare Senkung. Ich muß darauf aufmerksam machen, daß ein Teil der Sachausgaben auf den Einzelplan für Kriegsfolgelasten verlagert wurde. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß der Ausschuß einen Beschluß gefaßt hat, der wünscht, daß eine Zusammenfassung aller mit Auswanderungsfragen beschäftigten Dienststellen und Behörden im Sinne einer Rationalisierung dieser ganzen Angelegenheit erfolgt. Der Haushaltsausschuß hat den nachdrücklichen Wunsch ausgesprochen, daß schon im nächsten Haushalt zu erkennen ist, daß man in Fragen der Auswanderung eine echte Koordinierung will.
Beim Bundesarchiv wurde der Ansatz von 632 000 auf 946 000 DM erhöht, da die Zweigstellen in Berlin, Frankfurt und Göttingen hinzukommen, was zur Erhöhung der personellen und sächlichen Ausgaben führt.
Ebenso ergab sich bei dem Institut für angewandte Geodäsie eine Steigerung um rund 300 000 auf 898 000 DM, da, wie ich schon bei den Bemerkungen zu den personellen Vermehrungen ausgeführt habe, auch dieses Institut Aufgaben übernehmen mußte, die bisher von anderer Stelle durchgeführt wurden.
Das Technische Hilfswerk erhielt im Haushaltsjahr 1952 einen globalen Zuschuß von 4 Millionen. In wiederholten Diskussionen im Haushaltsausschuß ebenso im Ausschuß für innere Angelegenheiten, wie ich erfahren habe, über die Frage der Aufgabenstellung und des Aufbaus 'des Technischen Hilfswerks konnte keine Einigung erzielt werden. Von der Mehrheit des Haushaltsausschusses wurde beschlossen, dem Bundestag die Aufnahme eines besonderen Kapitels mit einer detaillierten Aufschlüsselung der Stellen und der Ausgaben vorzuschlagen und einen Gesamtbetrag von 5 290 000 DM einzusetzen. Die Unkosten des Technischen Hilfswerks insgesamt erhöhen sich damit von 1952 auf 1953 um 1 290 000 DM.
Das Bundesamt für Landbeschaffung wurde mit 410 000 DM erstmalig neu in den Haushalt eingesetzt, aber wegen der noch fehlenden gesetzlichen Grundlage mit einem Sperrvermerk versehen.
Bei dem Bundespaßkontrolldienst ist der Ansatz mit rund 6,8 Millionen gegenüber dem Vorjahr fast gleichgeblieben. Der Haushaltsausschuß' hält es für richtig, vom Rechnungsjahr 1954 ab den Paßkontrolldienst nicht mehr in einem besonderen Kapitel des Haushaltsplans auszuweisen, sondern ihn nunmehr auch haushaltsmäßig voll in den Bundesgrenzschutz einzugliedern.
Nach dem Verwaltungsabkommen mit den Ländern trägt der Bund für die Bereitschaftspolizei der Länder die Kosten für die Beschaffung der Nachrichtengeräte, Kraftfahrzeuge, Waffen, Munition. Die Ausgaben hierfür, die 1951 noch sehr beträchtlich waren, konnten 1952 auf 3,5 Millionen und für den Haushaltsplan 1953, also für unseren jetzigen
Haushaltsplan, auf 1 818 000 DM heruntergesetzt werden, da die Anschaffungen nunmehr durchgeführt sind.
Die Ausgaben für den Bundesgrenzschutz konnten von 81 466 000 DM im Jahre 1952 auf 71 929 000 DM für 1953 heruntergesetzt werden, da die einmaligen Ausgaben für die erste Welle des Bundesgrenzschutzes auslaufen. Aus dem gleichen Grunde konnten die Gesamtausgaben für den Seegrenzschutz von 15,5 Millionen auf 10 584 000 DM heruntergesetzt werden.
Das Deutsche Historische Institut in Rom erscheint im Haushaltsplan 1953 erstmalig mit 147 500 DM.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß meines Berichts. Die Ansätze für die Bundeszentrale für Heimatdienst sind von 2 388 000 auf 3 371 000 DM erhöht worden. Diese Erhöhung ist überwiegend darauf zurückzuführen, daß der Betrag für die Sacharbeit der Bundeszentrale von 2 auf 3 Millionen erhöht und von allen Mitgliedern des Haushaltsausschusses im wesentlichen auch gebilligt wurde.
Mit geringeren Änderungen der Ansätze bei anderen als den von mir jetzt genannten Dienststellen ergibt sich in der Zusammenstellung die Erhöhung der Ausgaben für 'den ordentlichen und außerordentlichen Haushalt von 234 713 200 DM im Rechnungsjahr 1952 auf 243 507 300 DM im Jahre 1953. Die Erhöhung der Ausgaben um rund 8,8 Millionen DM wurde im wesentlichen gebilligt, wobei aber zu berücksichtigen ist, daß der Ansatz für das Technische Hilfswerk von 5 290 700 DM mit einer in dieser Zahl steckenden Erhöhung von 1 290 700 DM nicht von der Gesamtheit des Haushaltsausschusses, sondern nur von der Mehrheit gebilligt wurde.
Der Haushaltsauschuß gewann den Eindruck, daß nunmehr nicht nur der personelle Aufbau .der inneren Verwaltung abgeschlossen ist und sein muß, sondern daß auch die Ausgaben, wenn nicht grundsätzlich neue Aufgaben hinzukommen, in den nächsten Jahren ungefähr gleichbleiben müssen. Ich darf Sie, meine Damen und Herren, nunmehr im Namen des Ausschusses bitten, entsprechend dem Antrag des Ausschusses diesen Einzelplan anzunehmen:
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Maier.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat schon auf den Umfang des Haushalts des Bundesministeriums des Innern hingewiesen. Er hat auch schon zum Teil die Kritik zum Ausdruck gebrach die im Haushaltsausschuß bei der Beratung dieses Haushalts seitens der Opposition geübt wurde. Gestatten Sie mir nun, zu einzelnen Kapiteln dieses Haushalts noch Stellung zu nehmen.
In seinem Bericht hat der Herr Berichterstatter darauf hinweisen können, daß es dank der Initiative des Haushaltsausschusses gelungen ist, die in den Haushalten der verschiedenen Ministerien ausgebrachten Mittel zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung erstmals beim Etat des Bundesministeriums des Innern zusammenzufassen, wenngleich das Verfügungsrecht heute noch bei den Ressorts verblieben ist. Wir bedauern, daß gerade
({0})
diese Fonds keine höhere Dotation erfahren konnten, wo es doch bei dem Vorsprung der wissenschaftlichen Forschung in der übrigen Welt schwer ist, den Anschluß zu finden. Die für die Schwerpunkte wissenschaftlicher Forschung vorgesehenen 10 Millionen DM stehen in keiner Relation zur Aufwendung von Mitteln, die beispielsweise für den Wehrbeitrag benötigt werden. Wir möchten anregen, daß diese Mittel zur planvollen Verwendung nicht nur in einem Haushalt zentralisiert, sondern darüber hinaus von der zuständigen Abteilung des Bundesinnenministeriums auch bewirtschaftet werden. Wie man hört, hat man die Absicht, diese Förderungsmittel beim Bundeskanzleramt unterzubringen. Wir möchten dringend davon abraten, sie aus dem Ressort des Innenministeriums herauszunehmen. Insbesondere aber scheint uns wichtig, daß im nächsten Haushalt ein der Bedeutung der Aufgaben entsprechender Betrag zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung unter besonderer Beachtung der biologischen Grundlagenforschung eingesetzt wird.
Nur einige wenige Bemerkungen zum Bundesjugendplan. Wie der Herr Berichterstatter betont hat, sind im Haushalt 1953 30 Millionen gegenüber 20 Millionen DM im Jahre 1952 ausgewiesen. Es muß darauf hingewiesen werden, daß es sich dabei nicht um eine echte Vermehrung von 10 Millionen DM handelt, weil aus diesem Betrag Anträge befriedigt werden sollen, die mit dem eigentlichen Charakter des Bundesjugendplans nichts zu tun haben. Es handelt sich hierbei um 1 Million DM zur Förderung des Jugendschrifttums und 2 1/2 Millionen DM für die Beseitigung der die Jugend gefährdenden Zustände in den Großbaugebieten der Pfalz. Wir sind gegen eine Kürzung der Jugendplanmittel um diese 3,5 Millionen DM und beantragen deshalb, die ausgewiesene Summe von 30 Millionen um 3,5 Millionen aufzustocken.
Meine Fraktion sieht in der Einrichtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz als Institution eine Einrichtung, der sie durchaus positiv gegenübersteht. Sie hat sowohl den personellen als auch den sachlichen Ausgaben für den entsprechenden Etattitel ihre Zustimmung gegeben.
Ernste Differenzen ergaben sich erst, als bekanntwurde, daß aus dem Titel 300 für Zwecke des Verfassungsschutzes Zahlungen geleistet wurden, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Aufgaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz stehen. Ferner fehlte offenbar dem auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes im Bundesinnenministerium tätigen Referenten die Qualifikation, die die ihm gestellte Aufgabe verlangte. Bei wiederholten Beratungen dieses Gegenstandes sowohl im zuständigen Fachausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung als auch im Haushaltsausschuß gaben Mitglieder dieser Ausschüsse ihrer großen Sorge über die nicht sachgemäße Verwendung der in Tit. 300 ausgewisenen zweckgebundenen Mittel Ausdruck. Das Bundesinnenministerium begegnete der ernsten Kritik mit dem Einwand; daß die im Tit. 300 ausgebrachten Mittel für Verfassungsschutz der Erfüllung einer doppelten Aufgabe dienten, nämlich dem Nachrichtenbeschaffungsdienst für das Bundesverfassungsschutzamt und einem sogenannten konstruktiven Verfassungsschutz, dessen Aufgaben vom Bundesministerium des Innern selbst wahrgenommen würden und der in der Hauptsache in der Unterstützung von Organisationen bestehe, die sich die Festigung des demokratischen Staates zum Ziele gesetzt hätten. Die Tatsache, daß Mittel ohne vorausgegangene gründliche Prüfung der Würdigkeit solcher sogenannten Verbände oder Vereine zum Schutz der Demokratie, wie etwa des BDJ, gegeben wurden und die, wie man nach der Prüfung durch den Rechnungshof hörte, im Bericht dieser Kontrollinstanz erhobenen Beanstandungen waren Anlaß genug, zu fordern, daß nur für den Teil des Tit. 300 auf eine haushaltsrechtliche Kontrolle verzichtet werden kann, der ausschließlich vom Bundesamt für Zwecke der Nachrichtenbeschaffung verausgabt wird, daß aber, falls überhaupt noch ein Betrag für den sogenannten konstruktiven Verfassungsschutz abzuzweigen wäre, dieser unter einem eigenen Titel ausgebracht werden muß, der dann der allgemeinen Haushaltskontrolle unterliegt. Für den Fall, daß die Bundesregierung dem Hohen Hause nicht eine Erklärung abgeben kann, daß der Tit. 300 im neuen Haushaltsjahr ganz vom Bundesamt für Verfassungsschutz in Anspruch genommen wird, stelle ich den Antrag:
Der Bundestag wolle beschließen:
Das Kap. 0609 wird so geteilt, daß der für Aufgaben der Nachrichtenbeschaffung auszuwerfende Betrag unter dem seitherigen Zwecktitel
300 ausgebracht wird. Der für Zwecke des konstruktiven Verfassungsschutzes vorgesehene Betrag ist in einem neuen Tit. 300 a auszuweisen. Tit. 300 unterliegt nach wie vor der alleinigen Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Tit. 300 a hingegen fällt unter die allgemeine Haushaltskontrolle.
Wenn auch wegen der umfangreichen Organisationsarbeiten in diesem Haushalt eine Änderung der Organisation der Auswanderungsbehörden nicht mehr erreicht werden kann, so möchten wir doch für die Aufstellung des nächsten Haushaltsplans heute schon anregen, der Zersplitterung des Auswanderungswesens in den verschiedenen Ressorts dadurch entgegenzuwirken, daß man ähnlich wie bei den Förderungsmitteln für die wissenschaftliche Forschung eine Zusammenfassung des gesamten Auswanderungswesens beim Bundesamt für Auswanderung vornimmt.
Ohne ihre ablehnende Haltung zu den Verträgen aufzugeben, bejahen meine politischen Freunde die Einrichtung des zivilen Luftschutzes und bedauern nur, daß die Bundesregierung, die durch die Unterzeichnung des EVG-Vertrags dem deutschen Volk nicht nur eine monatliche finanzielle Belastung von mehr als '700 Millionen DM, sondern auch das Risiko kriegerischer Auseinandersetzungen aufgeladen hat, nicht auch die Mittel für das Mindestmaß an Schutz für die Zivilbevölkerung bereitstellt. Selbst wenn man alle für den zivilen Luftschutz im Haushalt 'ausgewiesenen Positionen zusammennimmt, so betragen sie weniger als etwa 2 % der Ausgaben für den Wehrbeitrag. Gewiß würde bei der Bedeutung der Luftwaffe in einem modernen Krieg ein wirksamer Schutz der Zivilbevölkerung Milliardenaufwendungen notwendig machen, für die kein Finanzminister eine Deckungsvorlage zur Verfügung hätte. Aber wenn man schon Risiken für ein Volk eingeht, dann sollte man wenigstens versuchen, die noch vorhandenen etwa 3 000 Luftschutzbunker wieder instandzusetzen.
Es kommt noch hinzu, daß im EVG-Vertrag auch kein entsprechender aktiver Luftschutz vorgesehen ist. So muß man bezweifeln, daß die Aufgabe des sogenannten Katastrophenschutzes, von dem der
({1})
passive Luftschutz nur ein Teilgebiet darstellt, von der Bundesregierung mit dem gleichen Interesse angepackt wurde, das sie bei der Behandlung der Verträge zeigte.
Schon bei der Behandlung des Nachtrags zum Haushalt 1952 hat der Herr Bundesinnenminister ein Luftschutzgesetz noch für diese Legislaturperiode in Aussicht gestellt, das besonders im Hinblick auf die Schaffung der erforderlichen Schutzeinrichtungen in Neubauten dringend notwendig geworden ist. In der Ankündigung der noch zu verabschiedenden Gesetze fehlt ein Hinweis auf ein Luftschutzgesetz, so daß der unbefriedigende Zustand auf dem Gebiet des passiven Luftschutzes fortbesteht. Ein Antrag auf eine wesentliche Erhöhung der Mittel für den passiven Luftschutz würde bei der augenblicklichen Finanzlage des Bundes wenig Aussicht auf Annahme haben. Wir richten aber an die Bundesregierung die ernste Mahnung, dem neuen Bundestag unverzüglich ein Luftschutzgesetz vorzulegen und bei der Aufstellung des Haushalts 1954/55 ausreichende Mittel für die Durchführung eines solchen Gesetzes auszubringen, damit die Bevölkerung auch das Gefühl haben kann, daß alles nur Mögliche zu ihrem Schutz getan wird.
Als vor mehr als Jahresfrist der Herr Bundesinnenminister dem Ausschuß für innere Verwaltung seine Absichten über die Schaffung eines Katastrophenschutzes vortrug, haben meine politischen Freunde ihre positive Mitarbeit für den Fall angeboten, daß mit der für die Zwecke eines solchen Katastrophenschutzes zu schaffenden Organisation nicht die „Technische Nothilfe" unseligen Angedenkens wieder erstehe, die als ehemalige „Streikbrechergarde" - wie sie im Volksmund genannt wurde - insbesondere in der Arbeiterschaft eine absolute Ablehnung erfahren hat und auch heute wieder erfahren würde. In einer Reihe von Ausschußberatungen und interfraktionellen Gesprächen im Beisein des Herrn Bundesinnenministers war unsererseits immer wieder zum Ausdruck gekommen, daß ein wirksamer Katastrophenschutz auf breitester Basis errichtet werden müsse. Die Grundlage für den Aufbau sollte eine gemeindliche Organisation sein, die von allen demokratischen Kräften getragen würde, die als Mitglieder der Gewerkschaften, der Feuerwehr, der Polizei, des Roten Kreuzes, des Arbeitersamariterbundes, der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und endlich als Bedienstete von gemeindlichen Einrichtungen heute schon praktischen Katastrophenschutz betreiben. Dabei sollte ein örtlicher Ausschuß die Auslese der Funktionäre treffen. In diesem Falle wäre die Gewähr geboten, daß sich nicht unerwünschte Elemente in eine Organisation einschleichen könnten, die man, wie die Vergangenheit lehrt, nur allzuleicht für politische Zwecke mißbrauchen kann. Die Mittelinstanz sollte von den Regierungspräsidenten oder den Landesinnenministern wahrgenommen werden, während die letzte und Hauptinstanz der Bundesinnenminister sein sollte.
In diesem Sinne fanden zahlreiche Verhandlungen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund, den kommunalen Spitzenverbänden, mit Mitgliedern des Deutschen Bundestages und den fachlich zuständigen Herren des Bundesministeriums des Innern statt. Dabei war in zwei wesentlichen Punkten eine Übereinstimmung erzielt worden. Man war sich einig über den Einsatz der zu schaffenden Organisation bei Naturkatastrophen und technischen Katastrophen wie Bergwerksunglükken, Eisenbahnunglücksfällen, Explosionskatastrophen usw. und im zivilen Luftschutz. Mit den Verhandlungspartnern war auch der DGB der Auffassung, daß die Aufgabenstellung die Möglichkeit gibt, daß sich alle Bevölkerungskreise - gleich welcher ideologischen Anschauung - an dieser Organisation beteiligen könnten.
Differenzen zwischen dem Bundesministerium des Innern und den genannten Verbänden ergaben sich erst, als das Bundesministerium als dritte Aufgabe den Einsatz des Technischen Notdienstes auch bei Streiks verlangte,
({2})
um die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern zu gewährleisten. Dabei erklärten die Vertreter der Bundesregierung, daß Pin Streik - aus absolut gewerkschaftlichen Gründen durchgeführt - den Gewerkschaften entgleiten könnte. Wenn dann diese Dinge auf örtlicher Ebene nicht zu bereinigen wären, müsse das Technische Hilfswerk zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern eingesetzt werden.
({3})
Wenn eine solche Situation eingetreten sei, bleibe letztlich die Entscheidung und Verantwortung des Bundesministeriums bestehen. Nach den für alle Gewerkschaften und Gewerkschaftsmitglieder verbindlich geltenden Richtlinien zur Durchführung gewerkschaftlicher Kampfmaßnahmen sind laut §§ 6 und 7 die Gewerkschaften verpflichtet, für die Sicherung der lebensnotwendigen Versorgung der Bevölkerung Sorge zu tragen. Die Einstellung des Bundesinnenministeriums würde dazu führen, daß die Gewerkschaften gezwungen werden könnten, Partner einer Organisation zu sein, die legale gewerkschaftliche Streiks zu brechen versuchen würde.
Der Einwand, daß solche Streiks der Kontrolle der Gewerkschaften entgleiten könnten, ist nicht stichhaltig. Es ist weder vor 1933 noch nach 1945 jemals ein solcher Fall eingetreten. Wo wilde Streiks stattfanden, wurden sie in ganz kurzer Zeit von den Gewerkschaften selbst beendet. Sollte aus irgendwelchen noch nicht erfindlichen Gründen jemals ein solcher Fall eintreten und über den Rahmen eines kleinen Bezirks hinaus Bedeutung gewinnen, so würde es sich um eine revolutionäre Situation handeln, in der das THW machtlos wäre. Die Niederwerfung solcher revolutionärer Bewegungen - denn um solche würde es sich ja handeln - kann nicht durch solche Organisationen, sondern nur mit ganz anderen staatlichen Mitteln erreicht werden. Die Konstruktion des Bundesinnenministeriums ist also sehr weit hergeholt und hat mit dem Gedanken des Katastrophenschutzes und zivilen Luftschutzes nicht mehr das geringste zu tun.
({4})
Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß die Verhandlungen mit dem DGB scheitern mußten. Da auch die kommunalen Spitzenverbände die Auffassung des Bundesinnenministeriums nicht teilten, waren alle Versuche, den Katastrophenschutz auf eine breite Grundlage zu stellen, gescheitert. Interessant ist, daß auch der Bundesrat in einem Beschluß seines Finanz- und seines Innenausschusses zu der Auffassung gekommen ist, daß, solange eine Verständigung über Aufgaben und Organisationen
({5})
des Technischen Hilfswerkes nicht erreicht sei, der den seitherigen Betrag von einer Million DM übersteigende Teil von 4,284 Millionen DM gesperrt werden sollte.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Verbände haben dem Innenministerium schließlich einen Vergleichsvorschlag gemacht, das Technische Hilfswerk auf die beiden Katastrophenschutzmaßnahmen zu beschränken und auf der kommunalen und Landesebene besondere Verhandlungen mit den zuständigen Behörden mit dem Ziele aufzunehmen, auf der Grundlage eines Streikreglements die von den Behörden gewünschten Einrichtungen, die der Versorgung der Bevölkerung in Streikfällen dienen, besonders zu behandeln. Dieser Vorschlag ist gemacht worden, um unabhängig von dem Technischen Hilfswerk dem Begehren des Bundesinnenministeriums entgegenzukommen. Acht Monate nach dem Empfang dieses Briefes hat der Herr Bundesinnenminister dem DGB mitgeteilt, daß er auf die dritte Aufgabe nicht verzichten könne.
Obgleich die Verhandlungen im Juni vergangenen Jahres noch schwebten und trotz vieler Beschwerden der genannten Organisationen über kommissarische Besetzungen von leitenden Posten innerhalb des THW hat das Bundesinnenministerium den Aufbau des Technischen Hilfswerks im ganzen Bundesgebiet energisch weitergetrieben. Es hat dies fast überall ohne Mitwirkung und ohne Billigung der Landesregierungen und der kommunalen Verbände getan und leitende Posten vorwiegend mit Leitern der ehemaligen Technischen Nothilfe besetzt, die vor 1933 von den Gewerkschaften und Arbeitern, wie ich schon gesagt habe, als Streikbrecherorganisation verhaßt war.
Die Tatsache, daß eine Anzahl dieser hohen Funktionäre in Besprechungen antigewerkschaftliche Tendenzen laut werden ließen, ohne daß das Bundesinnenministerium den Mahnungen vieler ehrlicher Kritiker Rechnung getragen hat, verstärkt auch unsere Bedenken. Da wir zu der nunmehr geschaffenen Einrichtung des Technischen Hilfswerkes kein Vertrauen haben, sind wir mit den genannten Ausschüssen des Bundesrats der Auffassung, daß die im Haushalt 1953 ausgewiesenen Mittel nicht zweckmäßig verwendet werden. Wir beantragen deshalb Streichung des Kap. 0619 des Einzelplans 06.
Der Bundespaßkontrolldienst gehört zu den unerfreulichsten Kapiteln der Haushaltsberatung. Sie erinnern sich, soweit Sie den Haushaltsausschußberatungen beiwohnten, noch jener monatelangen Diskussionen, die um dieses Kapitel geführt werden mußten. Wenn ich mich trotz der inzwischen getroffenen Regelung noch einmal mit diesem Thema befassen muß, so deshalb, weil die beim Aufbau dieses Dienstes angewandten Methoden typisch sind für die im Bundesministerium des Innern herrschende politische Atmosphäre und für die dort betriebene Personalpolitik.
Der Bundespaßkontrolldienst ist hervorgegangen aus dem in der britischen Zone seit dem Jahre 1947 bestehenden besonderen Paßkontrolldienst, der bis Ende September 1951 unmittelbar der Hohen Alliierten Kommission unterstand. Leiter dieses Dienstes war ein alter Berufsbeamter, der auf deutscher und alliierter Seite nicht nur den Ruf eines ausgezeichneten Fachmanns genießt, sondern auch in der Hitler-Zeit seine Bewährungsprobe bestanden hat. Er ist, ohne einer Partei angehört zu haben, 1933 wegen antinazistischer Haltung entlassen worden und nur durch einen großen glücklichen Zufall der Bestrafung durch ein Sondergericht entgangen. Diesen Beamten hat der Herr Bundesinnenminister mit dem Aufbau des Bundespaßkontrolldienstes beauftragt. Es ist klar, daß ein Mann von solch „anrüchiger" politischer Vergangenheit den neudemokratischen Gefolgsmännern Adolf Hitlers, die wie in anderen Ministerien auch in das Bundesinnenministerium Eingang gefunden haben, ein Dorn im Auge sein mußte, um so mehr, als er auch beim Aufbau des Paßkontrolldienstes demokratischen Grundsätzen Geltung zu verschaffen suchte. Seine Gegner bemühten sich, durch Einsatz aller Möglichkeiten der bürokratischen Heimtücke diesen Beamten zu Fall zu bringen und den Bundespaßkontrolldienst in seinem Aufbau zu hemmen. Während man auf dem Sektor des Bundesgrenzschutzes schon nach drei Monaten so weit war, eine Parade abhalten zu können, hat man vergessen, den Haushalt des Bundespaßkontrolldienstes rechtzeitig dem Parlament zur Genehmigung zuzuleiten.
({6})
Verantwortlich für das Paßwesen im Ministerium war ein Beamter, der im Hinblick auf seine politische Vergangenheit Anlaß zu besonderer Zurückhaltung gehabt hätte. Dieser Beamte aber muß von dem besonderen Ehrgeiz geplagt sein, seinen jeweiligen Minister zu bevormunden. Wenn ich nun gezwungen bin, ein wenig aus der Schule zu plaudern, so bitte ich Sie, Herr Minister, jetzt ganz besonders gut zuzuhören, damit Sie wissen, wer in Ihrem Hause Politik macht.
({7})
Kurz vor seinem Abschied hatte im Mai vergangenen Jahres Mr. McCloy im Namen der drei Hochkommissare eine Note über den Bundespaßkontrolldienst an die Bundesregierung gesandt, die, wie ich von alliierter Seite erfahren habe, trotz Erinnerung bis heute noch nicht beantwortet ist. Nach einer Äußerung Ihres Paßreferenten ist Ihnen, Herr Minister, diese Note beim Eingang absichtlich nicht vorgelegt worden,
({8})
um Sie nicht in Ihrer zentralistischen Haltung zu bestärken. Es ist dies aber nicht das einzige Mal, daß sich Ihr Paßreferent als Vormund seines Ministers betätigte. Bereits im Jahre 1950 konnte ich Ihrem Vorgänger ein Schreiben an eine alliierte Stelle übergeben, in welchem der gleiche Paßreferent eine Meinung zum Ausdruck brachte, die nicht mit der Auffassung des Ministers in Einklang stand. Daß Herr Minister Dr. Heinemann damals keine Konsequenzen mehr ziehen konnte, hing mit seinem Rücktritt zusammen.
({9})
Obwohl der genannte Beamte schon vor zwei Jahren die Altersgrenze erreicht hat, tut er noch heute unangefochten Dienst in Ihrem Ministerium. Man weiß in Ihrem Haus, was man gewissen Leuten schuldig ist.
({10})
Das Verhalten dieses Herrn ist meiner Ansicht nach nicht nur innenpolitisch, sondern in besonderem Maße auch außenpolitisch von Bedeutung,
({11})
denn es ist geeignet, Zweifel an der Loyalität und Vertragstreue des deutschen Partners zu erwecken. Es ist mir nicht unbekannt, daß man dem erwähnten Herrn auf alliierter Seite aus sachlichen und persönlichen Gründen mit nicht unerheblichen Vorbehalten gegenübersteht. Ich nehme an, es wäre Ihnen nicht angenehm, wenn Sie, Herr Minister, einmal hören müßten, man hätte mit den Herren vom Bundesministerium des Innern ein Gentleman's Agreement abgeschlossen, es schiene aber, als ob nur auf einer Seite Gentlemen gesessen hätten.
Während man so dem Pg. freie Hand gewährte, verfuhr man mit dem eingangs erwähnten alten Demokraten wesentlich anders. Als dieser, der als Sachverständiger ins Ministerium berufen worden war, sich vermaß, seine sachverständige Meinung zu vertreten und wider den Stachel lökte, ordnete man ihn dem im gleichen Range mit ihm stehenden alten Pg. unter. Den von ihm in fünfjähriger mühevoller Arbeit aufgebauten Dienst übergab man einem berufsfremden fachunkundigen ehemaligen Wehrmachtoffizier.
({12})
- Das ist meine Angelegenheit. ({13})
- Das ist nicht unerhört, das ist die Kritik, die mir als Redner meiner Partei zusteht.
({14})
Der Erfolg war, daß dieser Herr Anordnungen erlassen hat, die den größten amerikanischen Automobilklub zu einer geharnischten Beschwerde veranlaßten. Da dieser angesehene Klub der. Vereinigten Staaten mit dem Abbruch der touristischen Beziehungen zur Bundesrepublik drohte, weil sein Vizepräsident auf Grund der von dem Herrn im Bundesinnenministerium erlassenen Anordnungen an der Grenze in unglaublich schikanöser Weise behandelt worden war, hat man schließlich gegen diesen Beamten zwar keine Disziplinarmaßnahmen ergriffen, aber man hat ihn die Treppe hinaufsteigen lassen und verwendet ihn heute im Paßkontrolldienst als Sachbearbeiter für Paßkontrollangelegenheiten im Bundesinnenministerium weiter, während der demokratische Beamte, der nach der Meinung des Ministeriums von seinem Recht der freien Meinungsäußerung unziemlich Gebrauch gemacht hatte. krank genug war, wie man sagte, um sich mit 56 Jahren pensionieren zu lassen. Wir stehen also vor dem Paradoxon, daß man einen alten Pg. zwei Jahre über das Pensionsalter hinaus weiterbeschäftigt, während man den bewährten Demokraten, dessen fachliche Qualifikation - das möchte ich besonders unterstreichen - auch vom Ministerium anerkannt wurde, aus dem Dienst zu entfernen versuchte. Als der Beamte sich aber nicht einschüchtern ließ und eine amtsärztliche Untersuchung beantragte, die seine völlige Dienstfähigkeit ergab, sah man lange von einer Beschäftigung ab und ließ ihn auf Kosten der Steuerzahler spazierengehen.
({15})
Nach siebeneinhalb Monaten hat man jetzt eine Beschäftigung für ihn gefunden, um den gesetzwidrigen Zustand zu beenden.
Dieses Beispiel, eines von vielen aus der Personalpolitik des Ministeriums, glaubte ich Ihnen nicht vorenthalten zu dürfen. Das Urteil darüber überlasse ich dem Hohen Hause.
({16})
Das Wort hat der Abgeordnete Huth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Ausführungen des Herrn Vorredners möchte ich feststellen, daß er als Vorsitzender des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung dem Ausschuß bei der Beratung des Haushaltsplans und des Stellenplans von diesen Dingen in keiner Weise Kenntnis gegeben hat.
({0})
Wenn er über Briefe, die inzwischen mit Mr. McCloy usw. gewechselt worden sind, unterrichtet ist, dann finde ich es unverständlich, daß er seinen Ausschuß davon nicht in Kenntnis gesetzt hat.
Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß Herr Minister Lehr es bis zur Stunde noch niemals versäumt hat, wenn irgendeine Angelegenheit zur Debatte stand, im Ausschuß persönlich zu erscheinen und Rede und Antwort zu stehen.
({1})
Ich finde es nicht schön, daß man im geheimen derartige Dinge sammelt und sie bei Gelegenheit der Haushaltsdebatte vorzutragen versucht. Ich werde diese Angelegenheit demnächst im Ausschuß selbst, falls noch eine Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung stattfindet, zur Sprache bringen. Ich finde es nicht richtig, daß das hier erfolgt.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.
Meine Damen und Herren! Ich kann nicht umhin, auf eine Äußerung unseres Kollegen Maier einzugehen, die den Bundesjugendplan betrifft und die mir den Sachverhalt nicht ganz richtig darzustellen scheint, wie er sich dem Haushaltsausschuß geboten hat. Ich möchte hier vor allen Dingen einen Irrtum korrigieren. Es ist nicht so, daß die erwähnte Summe, die für Baumholder und für die dort notwendigen Jugendwohlfahrtsmaßnahmen vorgesehen war, in den Neubewilligungen, die in der Zwischenzeit geschehen sind, etwa gefehlt hätte; es ist vielmehr genau umgekehrt so, daß nicht nur die von dem Jugendwohlfahrtsausschuß angeforderte höhere Summe zur Behebung der Notstände unter den Jugendlichen in der Pfalz in Höhe von 2,5 Millionen DM und außerdem noch die eine Million zur Förderung des Jugendschrifttums bewilligt worden sind, sondern daß darüber hinaus noch über 6,5 Millionen DM zusätzlich vom Haushaltsausschuß für den Jugendplan. beschlossen wurden.
({0})
Es ist also nicht so, wie es nach der Darstellung des Herrn Abgeordneten Maier ausgesehen hätte, daß sich eine neue zusätzliche Anforderung von 3,5 Millionen als notwendig erweisen würde. Nicht nur diese 3,5 Millionen DM sind in den bis jetzt
({1})
bereitgestellten Mitteln enthalten, sondern darüber hinaus sind noch 6,5 Millionen DM zusätzlich bewilligt worden. Ich möchte das hier ausdrücklich feststellen, damit nicht etwa der Verdacht auftaucht, wir hätten im Haushaltsausschuß nicht das Notwendige für den von uns allen als förderungswürdig angesehenen Jugendplan getan. Ich möchte vielmehr ausdrücklich betonen: im Haushaltsausschuß ist einmütig die Überzeugung vertreten worden, daß mehr getan werden müsse, als es die ursprünglichen Ansätze vorsahen. Dieser einmütigen Überzeugung hat der Haushaltsausschuß durch das, ich möchte einmal sagen: Zusammenkratzen aller nur denkbaren oder noch ausschöpfbaren Titel in der Aufstockung der Gesamtmittel um 10 Millionen DM Ausdruck verliehen. Das muß hier um der Wahrheit willen festgehalten werden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist nun „der Minister, der berufen ist, die demokratische Ordnung und die Rechtsstaatlichkeit in dieser Bundesrepublik zu sichern, zu verteidigen und auszubauen"!
({0})
Wir haben hier in den drei hinter uns liegenden Jahren oft Einzelheiten über gewisse Zustände in den einzelnen Abteilungen „seines Hauses", wie er sein Ministerium zu nennen beliebt, erfahren. Er ist nämlich der einzige Minister, der hier immer in einer gewissen Abwandlung eines bekannten Wortes sagt: „Ich und mein Haus". Die Zustände in seinem Haus sind nur erklärlich aus seiner eigenen politischen Vergangenheit, aus seiner eigenen politischen Haltung,
({1})
aus der Tatsache, daß er ja, wie er in seiner berühmten Entschuldigungsschrift aus dem Jahre 1933 selber erklärt hat, „schon immer im Geist dabei war".
({2})
- Aber Sie wollen doch wohl die Echtheit dieses seines Schreibens von damals nicht bestreiten?
({3})
- Das Schreiben, das er damals, als er im Jahre 1933 als Beweis dafür, daß er „immer schon im Geist dabei gewesen ist", an das Gericht geschickt hat, seine berühmte Verteidigungsrede, in der er an einigen seiner Taten aus der Zeit seiner Oberbürgermeister-Tätigkeit in Düsseldorf beweist, daß er schon immer dabei war. Da steht z. B. der eine lapidare Satz drin: man solle einmal seine Reden überprüfen, die bewiesen, daß er schon immer im Geist des neuen Reiches geredet und gehandelt habe.
({4})
- Wo war ich dabei? Erlauben Sie mal, reden Sie doch nicht alles durcheinander! Wo war ich denn Minister? Da war die Trauerfeier für Hitler schon vorüber, als ich Minister war.
({5}) - Also nicht solche Zwischenrufe machen! Oder meinen Sie die kommende Trauerfeier?
({6})
Ich will mich nicht weiter auf das Thema einlassen.
({7})
Mich wundert 'an Herrn Lehr nichts; es wundert mich nur, daß Sie einem Mitglied des Hauses zumuten. er hätte seine heutigen Angaben im Ausschuß machen müssen. Das ist eine wirklich starke Zumutung, die Sie nur gemacht haben, weil Sie verhüten wollten, daß in der Öffentlichkeit über diese zustände gesprochen wird. Darum Ihre große Empörung und Ihre große Aufregung! Ihnen ware lieber gewesen, Sie hätten diese Angelegenheit im Ausschuß „bereinigen" können, wie an diesem Ministerium ja schon so vieles bereinigt worden ist. Aber ich will mich heute nicht streiten über den Herrn Verfassungshüter und Polizeiminister und „Träger der Wohlfahrt" in diesem Staat.
Ich möchte einige konkrete Fragen stellen. Eine Frage an den Herrn Minister: Ist das, was hinsichtlich der Behinderung unserer Wahlkundgebungen jetzt geschieht, eine Auswirkung der seinerzeitigen Verordnungen, der alten Verordnungen Ihres Ministeriums, die durch die verschiedenen Länderminister des Innern aufgegriffen worden sind und gegen unsere Partei und unsere Organisationen bzw. gegen die Organisationen, die Sie damals als „staatsgefährdend" angesprochen haben, angewandt werden? Konkrete Frage: Ist das, was draußen jetzt am laufenden Band in der Linie der Verhinderung von Wahlkundgebungen unserer Partei geschieht, eine Auswirkung der alten Verordnungen, oder haben Sie in dieser Richtung eine neue Verordnung erlassen? Wir müssen beinahe annehmen, daß Sie Ihre damaligen grundlegenden Anweisungen durch eine neuerliche unterstrichen haben. Denn in Hessen, in Wiesbaden z. B., wurde - was ich jetzt vortrage, sind Ergebnisse der letzten acht Tage - eine Kundgebung von uns für den 25. Juni durch die Stadtverwaltung verboten. Sie bezog sich in der Begründung für ihr Vorgehen auf eine Verfügung des hessischen Innenministers vom 8. Juni - also vom 8. Juni 1953, nach der unserer Partei keine Säle zur Verfügung gestellt werden dürfen. Unsere Partei durfte diese Kundgebung auch nicht auf einem öffentlichen Platz durchführen, weil sich die Anweisung des Herrn hessischen Innenministers angeblich - oder nach der Art, wie man sie anwendet - auch auf öffentliche Plätze erstreckt.
Ein zweiter Fall. Drei Stunden vor Beginn einer Kundgebung, die am 20. Juni in Trier stattfinden sollte, wurde diese Kundgebung von der Polizeidirektion mit der Begründung verboten - nun hören Sie gut zu! -, einige Organisationen hätten sich beschwert. Sie würden - so heißt es in der Begründung für die Ablehnung - nicht dulden, daß die Kommunisten diese Kundgebung durchführten. Ich frage: Gibt es für diese Fälle der Bedrohung einer Kundgebung, einer Wahlkundgebung einer legalen demokratischen Partei eine Anweisung an die Polizei, alles zu tun, um die Durchführung dieser Kundgebungen zu verhindern, oder gibt es Anweisungen an die Polizei, die Durchführung dieser Kundgebungen nicht so zu sichern, wie man
({8})
die Durchführung jeder anderen demokratischen Wahlkundgebung zu sichern außerordentlich bemüht ist? Das ist eine Frage, die ich den Herrn Minister mir zu beantworten bitte.
({9})
- Nein, Herr Zinnkann ist ja nur der kleine Arm, der Unterarm, der Hilfsarm, - der große Arm sitzt hier, neben uns!
({10})
Das ist der Mann, der die Anordnungen Adenauers, also die Anordnungen, die dem Geist und Willen Adenauers entspringen, in die Praxis umsetzt. Ein Werturteil darüber, wie er das macht, bringt mir einen Ordnungsruf ein, und den muß ich mir nach Lage der Dinge ersparen.
({11})
Aber zurück zur Sache. Wir haben in den letzten acht Tagen in steigendem Maße erlebt, daß mit Duldung der Polizeiorgane organisierte Gruppen von Provokateuren, die zum Teil in geschlossenen Kolonnen, in Autobussen herangebracht werden, unsere Versammlungen systematisch stören und zu sprengen versuchen. Haben wir - so frage ich Sie
- einen minderen oder gar keinen demokratischen Schutz durch diesen „Hüter der Verfassung", oder haben wir denselben demokratischen Schutz zu genießen wie jede andere demokratische Partei auch? Das heißt also, konkret gefragt: Ist der Herr Minister endlich 'bereit, seine damaligen verfassungswidrigen Verordnungen zurückzuziehen, durch die er Tatsachen geschaffen hat, die nur auf Grund eines ordentlichen Urteils des Bundesverfassungsgerichts hätten statuiert werden können? So liegen die Geschichten.
({12})
Daß uns in den Gemeinden die Gemeindesäle abgetrieben werden, daß uns die Benutzung der Plakatwände verboten wird, das sind bereits Selbstverständlichkeiten.
({13})
- Sollten gerade Sie und Ihre Gemeinden eine rühmliche Ausnahme machen? Wo wohnen Sie denn?
({14})
- Von Niedersachsen will ich erst gar nicht anfangen zu reden. Da müßte ich reden von Braunschweig, wo man uns erst am vergangenen Samstag eine Versammlung wegen angeblicher Gefährdung der öffentlichen Ordnung verboten hat.
({15})
Niedersachsens Innenminister ist einer der lammfrommsten Durchführer der verfassungswidrigen Anordnungen des Herrn Lehr.
({16}) Das ist also ein klarer Fall.
Aber ich erinnere an das, was in Aachen geschehen ist. Messerhelden haben unsere Redner mit offenen Messern bedroht,
({17}) und zwar unter den Augen der Polizei. Soll so etwas geduldet werden, oder sind Sie der Auffassung, daß durch den zuständigen Minister derartige Verbrechen grundsätzlich unterdrückt werden sollen?
({18})
- Wir haben, wenn wir demonstrieren, in unseren Taschen keine Flaschen mit Benzin; wir denken gar nicht daran. Wir stecken keine öffentlichen Gebäude in Brand!
({19})
- Ach, kommen Sie mir doch nicht mit solchen blöden Zwischenrufen!
Herr Abgeordneter Renner, ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß - Renner ({0}): Wir führen alle Kundgebungen als demokratische Partei in Ruhe und Ordnung durch.
({1})
Also machen Sie nicht solche blöde Zwischenrufe! Ich habe noch keinen Arbeiter gesehen, der, um seine Rechte zu verteidigen und dabei eine Benzinflasche in der Tasche hat, zu einer Demonstration geht, um Häuser in Brand zu stecken. Diejenigen, die das machen, sind Faschisten!
({2})
Herr Abgeordneter Renner, Sie haben eben von „blöden Zwischenrufen" gesprochen. Ich rechne das Ihrer Erregung zugute. Aber das ist doch kein Ausdruck in solchen Fällen.
({0})
- Nein! Ich wollte Ihnen gar keinen Ordnungsruf erteilen; aber ich wollte Sie warnen, damit Sie vielleicht in Ihren Ausdrücken etwas zurückhaltender sind.
Vielleicht bitten Sie den Kollegen, seine Zwischenrufe auf ein gewisses Niveau zu bringen. Dann ist es mir eventuell leichter, solche „Entgleisungen" zu vermeiden. Ich bin ja doch im allgemeinen bekannt als ein höflicher Mann.
({0})
Nun zu dem Etat selber! Daß wir in diesem Falle eine besondere Veranlassung hatten, die Streichung des Amtsgehalts des Herrn Bundesministers und seiner beiden Staatssekretäre nicht nur wegen der Höhe dieser Gehälter, sondern auch wegen der ganzen politischen Konzeption, mit der dieser Dreibund
- Minister und Staatssekretäre-an die Durchführung seiner Aufgaben herangeht, zu verlangen', braucht in dem besonderen Falle Lehr nicht bewiesen zu werden. Dieser Auffassung bin ich, und das, was auch von seiten der sozialdemokratischen Sprecher zum Teil hierzu gesagt worden ist, ist ja eine wohltuende Ergänzung, eine leider von dieser Seite nur sehr selten kommende Ergänzung im Sinne einer richtigen, ehrlichen und offenen Kritik an der Person und der Amtstätigkeit des Herrn Lehr.
Aber nun zurück zu den wichtigsten unserer Streichungs- oder Verbesserungsanträge. Wir haben verlangt, daß genau wie im übrigen bei dem Herrn Bundeskanzler und beim Herrn Bundesaußenminister die Fonds, die dem Herrn Minister ohne öffent({1})
liche demokratische Kontrolle zur Verfügung stehen, die in dem Falle zwar nur 70 000 DM ausmachen, gestrichen werden müssen, ebenso wie die 6,2 Millionen DM beim Herrn Bundeskanzler. Wir sind der Meinung, daß diese Dispositionsfonds zu streichen sind. Normalerweise und nach den Erfahrungen, die wir in der .Arbeiterbewegung gemacht haben, sind die Träger, die Personen, die solche Instanzen, solche Ämter, wie das Bundesverfassungsamt und die anderen Dienststellen des Herrn Lehr mit Nachrichten versorgen, keine anständigen Elemente. Das sind die, die man in der Arbeiterbewegung als Acht-Groschen-Jungen zu bezeichnen gelernt hat, und leider ist das auch heute noch die Regel. Wir sind der Meinung, daß eine saubere Regierung mit wirklich demokratischem Inhalt auf die Mitarbeit und das Mitwirken derartiger Spitzel und Acht-Groschen-Jungen verzichten kann. Außerdem sind wirr der Meinung, daß es auch für das Amt eine große Gefährdung bedeutet, wenn solche Summen ohne demokratische Kontrolle verausgabt werden können.
Nun im Zusammenhang damit gleich unsere Stellungnahme zu dem Problem „Bundesamt für Verfassungsschutz". Der Sprecher der SPD hat gesagt, daß er im allgemeinen dieser Einrichtung zustimmt. Er hat dabei aber an der Etatposition unter Titel 300 eine beachtliche Kritik geübt und hat hier - das war für mich etwas Neues -, wenn ich ihn richtig verstanden habe, durchblicken lassen, daß der BDJ nicht nur aus Lehrs eigenem Dispositionsfonds und aus Herrn Kaisers eigenem Dispositionsfonds Subventionen erhalten hat, sondern auch aus diesem Titel 300 beim Bundesamt für Verfassungsschutz noch unterstützt worden ist. Das habe ich wenigstens aus den Worten des Herrn
I Sprechers der SPD entnommen. Wenn dem aber so ist, wie kann man dann den Ausweg vorschlagen - als Nutzanwendung dieser ganzen Kritik -, diesen Titel in zwei Titel zu teilen, einen Titel 300 a, dessen Mittel unter öffentlicher Kontrolle verwendet werden sollen, und einen Titel 300, der, wie üblich, allein durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes kontrolliert werden soll? Diese Auffassung widerspricht doch Ihrer vorher zum Ausdruck gebrachten grundsätzlichen Auffassung über die Art, in der solche Fonds kontrolliert werden sollen; ich muß mich deshalb ein wenig darüber wundern.
Aber nun noch etwas anderes. Wir haben in den letzten Monaten erfahren, daß die Schwindeleinrichtungen des sogenannten Herrn Dr. Meincke ein besonderes Wohlwollen seitens zweier Minister genossen haben. Bei dem einen ging es so weit, daß er polizeilichen Schutz gestellt hat gegen obskure Gefahren, die diesem Diamantenmacher, weiß der Teufel woher, gedroht haben; das andere war, daß er das Personal, das bei diesem Schwindler „Dr. Meincke" beschäftigt war, durch das Bundesamt für Verfassungsschutz hat überprüfen lassen. Frage aufs Gewissen, Herr Minister - also entschuldigen Sie diese Redensart; in dem Falle kann man das nicht machen -,
({2})
Frage an den Herrn Minister: Geben Sie die Gewähr, oder sind Sie bereit, eine Erklärung in der Richtung abzugeben, daß, das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht auch für private Firmen Kontrollen in politischer Linie des Personals durchführt? Sind Sie bereit, diese Erklärung abzugeben? Ich würde Ihnen für diese Erklärung danken, damit ich Ihnen dann das Material für den Gegenbeweis erbringen kann. Also nicht so voreilig mit einem Ja!
({3})
Aber nun an die Adresse des sozialdemokratischen Sprechers. Ich habe vorhin einen Zwischenruf gemacht. Ich glaube, wenn Sie wüßten, wieviel Karteikarten in dem Bundesamt für Verfassungsschutz über Mitglieder Ihrer Partei und der Gewerkschaften von oben bis unten schon bestehen und geführt werden, wenn Sie wüßten, wie das „Material" auf diesen Karten zustande gekommen ist,
({4})
dann würden Sie genau wie wir der Auffassung sein, daß nicht nur die Karteikarten verbrannt werden müßten, sondern daß dieses ganze Amt aufgelöst werden muß, verschwinden muß. Deshalb wundere ich mich, weshalb Sie aus Ihrer halben Erkenntnis nur einen halben Schluß gezogen und nicht, wie wir das in unserem Antrag tun, die Streichung der gesamten Mittel für dieses Amt verlangt haben.
Nun noch, um Ihre Geduld nicht allzu sehr in Anspruch zu nehmen, einige kurze Feststellungen zu einigen anderen Streichungs- bzw. Änderungsanträgen, die wir gestellt haben. Da ist der Titel 617 „Zur Förderung von Schwerpunkten in der deutschen wissenschaftlichen Forschung" mit 10 Millionen DM. Wir haben Streichung dieser 10 Millionen DM beantragt. Der Herr Sprecher der SPD hat gesagt, daß sie die Funktion, die Tätigkeit dieser Organisation bejahe, und ich lese aus der Begründung, die die Regierung, das zuständige Ministerium zu diesem Titel gegeben hat, daß u. a. die Kenntnis von Verbrennungsturbinen und die Nutzbarmachung der Atomenergie im Frieden gefördert werden soll. Im Frieden! Da steht nicht „für den Frieden", da steht nur „im Frieden". Darf ich daraus den richtigen Schluß ziehen, daß das heißen soll: Schon im Frieden wollen wir die notwendigen Kenntnisse sammeln, damit wir bei Kriegsbeginn auch Atombomben haben!? Das hätten Sie sagen sollen. Das sagen Sie doch sonst: „Atomenergie für den Frieden". Wenn es sich darum handelte, dann hätte das auch hier gestanden. Sie lassen sich solche Reklamemöglichkeiten doch nicht entgehen. Hier ist Ihnen ungewollt einmal die Wahrheit entschlüpft. Hier handelt es sich darum, die deutsche Wissenschaft ebenfalls zur Förderung der Kenntnisse von den Atomen in Bewegung zu setzen mit dem einen Zweck, diese Atomwirkung zu Kriegszwecken auszunutzen. Sie wollen konkurrenzfähig dem Amerikaner gegenüber werden, und Sie wollen auch Ihren eigenen Anteil dazu beitragen, daß auf dem Gebiet „die deutsche Wissenschaft wieder ihren Ehrenplatz in der Welt erobert". So heißt doch die übliche Phrase sonst bei Ihnen.
({5})
- Ach so, ist es ernst gemeint? Ich habe immer gemeint, wenn Sie so reden, reden Sie Phrase und meinen es selber nicht ernst.
Aber etwas anderes. Da ist z. B. das Deutsche Institut für Geschichte der nationalsozialistischen Zeit in München erwähnt. Berühmt ist das Institut geworden durch die Herausgabe der Hitlerschen Tischgespräche.
({6})
({7})
- Ja, ja, also um unser Volk über die Schädlichkeit der Nazi-Ideologie aufzuklären, präsentiert man uns diese - nach Ihrer eigenen Kritik ({8})
durchaus lächerlichen, idiotischen Tischgespräche eines Hitler. Diese Charakterisierung habe ich dem „Rheinischen Merkur" entnommen. Aber dafür haben Sie immer noch 192 000 DM übrig. Wir sind der Meinung, das ist überflüssig, das muß gestrichen werden.
Eine andere Sache: Förderung der Osteuropaforschung. Die Osteuropainstitute waren laut Erläuterung im Haushaltsplan vordem „im deutschen Osten", und jetzt heißt es in der Begründung, daß diese Institute die Aufgabe haben sollen - jetzt zitiere ich wörtlich -:
Der politische Abwehrkampf macht es notwendig, die Forschung auf den Gebieten Recht, Wirtschaft, soziale Ordnung und Geschichte fortzusetzen.
({9})
Der „Abwehrkampf" macht das notwendig.
({10})
Wieso? Ist das Wissenschaft im Sinne einer Abwehr oder ist das reine Wissenschaft? Was ist das denn eigentlich?
({11})
Das sind Institute, die Ihnen die Unterlagen liefern sollen für Ihre an der Wahrheit und an der Wissenschaft vorbeigehenden Hetzmaterialien gegen die Entwicklung in den Ländern des Friedens.
({12})
Darum ziehen Sie diese Institute auf. Es ist ein Propagandainstrument, was Sie damit schaffen wollen für Ihre Ideologie, für die gute amerikanisch-westdeutsche demokratische Konzeption. Das sind Organisationen, die Ihnen helfen sollen. die Integrierung Europas bis zum Ural vorwärtszutreiben. Darum sind sie Ihnen auch einiges Geld wert, z. B., um nur zwei zu nennen: Osteuropainstitut in München 50 000 DM, Osteuropainstitut - halten Sie sich fest - an der Freien Universität Berlin 80 000 DM.
({13})
Titel 632 betrifft Förderung der staatsbürgerlichen Bildung mit 250 000 DM. Wir sind der Meinung, daß dieser Betrag gestrichen werden sollte. Was ist das? Was haben wir unter dem Titel „Förderung der staatsbürgerlichen Bildung" erlebt? Es kam immer darauf an, welches Regime gerade im Augenblick an der Macht war. Welches Regime an der Macht war, das bestimmte auch den Inhalt und das Wesen des Begriffs „staatsbürgerliche Bildung". Waren Sie daran, dann war das eine - also ich rede von der Vergangenheit - Westarp-zentrümliche Konzeption
({14})
oder eine brav Deutsche Volkspartei-Konzeption oder eine deutschnationale. Oder wo waren Sie sonst? Bei Ihnen weiß man nie ganz genau, wo Sie vorher waren. Sie waren in der Vergangenheit verteilt auf die verschiedenen Gruppen, so daß man ohne direkte persönliche Kenntnis bei Ihnen keine genaue Feststellung machen kann, wes Geistes Kind Sie vordem waren. Deshalb tut man gut,
Sie alle unter den Sammelbegriff „bürgerliche Reaktion" zu bringen; dann geht man niemals falsch.
({15})
- Ja, das war ich einmal.
({16})
Da ist der Titel 633: Förderung des europäischen Gedankens auf kulturellem Gebiet mit 100 000 DM. Was das ist, „europäische Kultur", das hat sich Ihnen ja in den letzten Jahren dokumentiert. Und zur Förderung dieser „Kultur" sollen in die alten Kanäle, in die Taschen der alten Verfechter dieser Kultur - sie sind alle noch da - erneut die 100 000 DM hineingegeben werden.
Ein anderes Kapitel: 634. Zuschuß für die „Neue Deutsche Wochenschau" und die „Welt im Bild" mit 300 000 DM. Ich bin der Meinung, daß ein derartiges Organ aus eigener Kraft existieren sollte.
({17})
Ich bin auch nicht der Meinung, daß wir aus Geldern des Bundes die Propaganda und Reklame für die CDU und ihren Adenauer finanzieren sollen. Ich bin der Meinung, daß es Sache dieser Organe ist, sich selber durchzubringen. Schließlich haben diese Stellen doch auch ihre Hintermänner aus der Industrie, die für solche Zwecke immer Geld haben. Beweis: die 34 Millionen für Ihren kommenden Wahlkampf!
({18})
- Ja, sicher, Pferdmenges! Spannen Sie doch den vor! Für den ist es eine Kleinigkeit, diese Beträge aufzubringen. Die 300 000 DM zahlt e r aus der Westentasche.
Nun zum Kapitel „Förderung der volksgesundheitlichen Bestrebungen und der Forschung zur Bekämpfung menschlicher Krankheiten". Das ist die Förderung von Organisationen, die sich die Aufgabe der Bekämpfung menschlicher Krankheiten gestellt haben. Das sind Organisationen, die sich mit der Bekämpfung etwa der spinalen Kinderlähmung und des Krebs beschäftigen, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Sterblichkeit von Säuglingen usw. erproben und herausarbeiten sollen. Für diesen Zweck haben Sie ganze 690 000 DM übrig! Wir stellen den Antrag, diesen Betrag auf drei Millionen DM zu erhöhen.
Ein anderer Punkt: Zentrale Maßnahmen auf dem Gebiet der Fürsorge, d. h. zur Unterstützung der karitativen Verbände, die Sie doch sehr gut brauchen können, die Ihnen doch wesentliche politische Dienste leisten, die Sie in den Gemeinden lieben, weil sie Ihnen eine Arbeit abnehmen bzw. die Aufbringung von Geldern aus öffentlichen Mitteln ersparen
({19})
und weil Sie auch die politischen Tendenzen und
die politische Zielsetzung dieser karitativen Organisationen bejahen. Für diese Verbände, d. h. auch
als Darlehen und als Zuschüsse für Darlehensbeschaffung für Baulichkeiten dieser Organisationen,
stellen Sie nun, wie aus dem Ausschußbeschluß
hervorgeht, ganze 2,6 Millionen DM zur Verfügung.
({20})
({21})
Wir wollen für diese Organisationen mehr haben, einmal weil infolge Ihrer Politik der Abdrosselung der Gelder für die Länder und Gemeinden diese Organisationen in der Zukunft eine weit größere Rolle spielen müssen - notgedrungen spielen müssen -, an der wir auch nicht vorbeikommen.
Aber auch wir wollen auf dem Gebiet mitarbeiten, d. h. wir wollen, daß das verfassungswidrige Verbot gegen die „Gemeinschaftshilfe" endlich aufgehoben wird. Wir haben immerhin das Recht, auf Grund unserer Haltung und unserer Solidarität gegenüber den armen Menschen zu behaupten, daß wir mindestens dasselbe Maß an Leistungsfähigkeit aufbringen wie Ihre Organisationen. Das haben wir ja in Jahrzehnten bei allen Kämpfen der Arbeiterschaft bewiesen.
({22})
Also Aufhebung des verfassungswidrigen Verbots, durch das die „Gemeinschaftshilfe" ausgeschaltet wird aus dem Kreis der Organisationen, die aus öffentlichen Mitteln bedacht werden, obwohl man z. B. in Essen der „Gemeinschaftshilfe" nach wie vor öffentliche Fürsorgeaufgaben anvertraut und durch sie durchführen läßt. Weil und solange also diese Organisation praktische Arbeit leistet, denkt niemand daran, die „Gemeinschaftshilfe" wirklich auszuschalten. Nur bekommt sie natürlich auch in Essen deshalb, weil wir einen Vertreter der CDU als Oberbürgermeister haben, für diese Tätigkeit kein Geld. Das ist das Eigenartige: Arbeiten dürfen sie, aber Geld bekommen sie nicht; jedoch ihre Arbeit wird anerkannt. Kein Mensch wagt Kritik zu üben an der Arbeit dieser fortschrittlich demokratischen Organisation „Gemeinschaftshilfe".
({23})
Als ich Oberbürgermeister war, gab es den Herrn Innenminister Lehr noch nicht.
({24})
Sie werfen alles durcheinander; jetzt werfen Sie schon die Jahreszahlen durcheinander!
Ein anderes Kapitel, um zum Schluß zu kommen. Wir sind der Meinung, daß die Mittel für die Jugendwohlfahrt, die Sie hier mit 30 Millionen DM eingesetzt haben, angesichts der riesigen Jugendnot in Westdeutschland auf den Betrag von mindestens 100 Millionen DM erhöht werden müssen. Das beantragen wir.
Wir haben ferner den Antrag gestellt, die Position Tit. 662 für zentrale Maßnahmen auf dem Gebiete des Sports und der Leibesübungen, die heute mit 600 000 DM ausgestattet ist, auf 10 Millionen DM zu erhöhen. Wir sind der Meinung, daß die Anlage von Steuergeldern, die unser Volk aufbringen muß, für derartige Zwecke tausendmal richtiger, tausendmal wertvoller und tausendmal mehr im echten Interesse unserer Jugend liegt, als wenn wir das Geld verplempern, wie Sie das planen und wie Sie das auch seit langem praktisch durchführen, für die Anlage von Kasernen, für die Anlage von Flugplätzen und Exerzierplätzen. Wir sind der Meinung: Wirkliche echte vorbeugende Jugendhilfe auch für die sportlich sich betätigende
Jugend! Damit dienen wir unserer Jugend. Mit Ihren Kriegsvorbereitungen, mit Ihrem Kasernenbau
({25})
vernichten Sie nur die Jugend!
Eine sachliche Feststellung nur zu dein Problem Luftschutz und Luftabwehr usw. usw. Ich glaube, es ist wirklich fruchtlos, hier Diskussionen in der Richtung anzustellen, ob angesichts der derzeitigen Entwicklung der Luftwaffe eine Möglichkeit besteht, einen „ausreichenden" Luftschutz zu organisieren. Ich meine, das ist abwegig. Wir hatten auch angeblich 1939 einen ausreichenden Luftschutz. Und da gab es einmal einen Göring, der lief auch gern in Uniform herum, der hat einmal gesagt: „Ich heiße Meier, wenn ein feindliches Flugzeug über deutschen Boden kommt!" Na, ich weiß nicht, ob der Herr Lehr stärker ist als der Herr „Meier" trotz der Gemeinschaftlichkeit in puncto Liebe zur Uniform. Das ist aber vollkommen unwesentlich. Wir haben das Faktum vor uns, daß bereits heute für eine verfassungsmäßig nicht einmal erlaubte, also gegen die Verfassung verstoßende Arbeit 11 Millionen DM in den Haushalt eingesetzt sind. Sich damit zu begnügen, nur die Sperrung eines Teiles dieser Ausgaben. zu fordern, das scheint unseres Erachtens nicht ausreichend zu sein. Deshalb bitten wir Sie, unserem Antrag zuzustimmen, diese Summe zu streichen.
Lassen Sie mich noch ein letztes Wort zum Technischen Hilfswerk sagen.
({26})
- Wenn Sie mich ärgern, kommt noch mehr! ({27})
Es war direkt interessant, wie der Sprecher der SPD hier das Hin und Her der Verhandlungen dargestellt hat zwischen den Gewerkschaften, den kommunalen Verbänden, den heute schon in diesen Dienststellen sitzenden alten Größen aus der Nazizeit und dem Herrn Minister. Das war direkt aufschlußreich, eine direkte Lektion über praktische Demokratie. Da sind die Gewerkschaften, die sagen
- und sie sagen das zu Recht -, daß diese Organisationen heute sind, was sie immer waren: Streikbrechergarden. Da sind die Gewerkschaften, die zu Recht sagen, und zwar zusammen mit der ganzen Arbeiterschaft, daß diese Organisationen nicht etwa nur da sind, um Katastrophenschutz zu machen, sondern daß sie da sind, um Streikkämpfe, Lohnkämpfe der Arbeiter, Kämpfe der Arbeiter um Verbesserung ihrer Lebenshaltung zu unterbinden, niederzukämpfen.
({28})
Arbeiter haben noch nie bei ihren Lohnkämpfen, bei ihren Streiks die Durchführung wirklicher echter Notstandsarbeiten verweigert
({29})
- auch noch nie etwas angesteckt; das ist von mir vorhin schon festgestellt worden.
({30})
Also wenn man auf der einen Seite den Arbeiter bejaht, wenn man, wie es in Ihrem Sozialprogramm von Aalen stand, die Arbeiter in den Mittelpunkt des Geschehens stellen will, dann muß man ihnen auch zutrauen, daß sie bei ihren Kämpfen um die Verbesserung ihrer Lebenshaltung nicht derartig
({31})
unverantwortliche Dinge begehen, wie sie nur Faschisten begehen können.
({32})
- Ich habe auch noch nie etwas angesteckt! ({33})
- Gehen Sie nicht auf diese Ebene mit mir! Sie sollten sich ein bißchen höher achten, als das, was Sie jetzt sagen, uns im Ernst nachzusagen. Wer heute Arbeitereigentum ansteckt, das sind dieselben Elemente, die seinerzeit den Reichstag angesteckt haben. Damit Sie Bescheid wissen!
({34})
Aber zum Thema. Ich stelle nur fest, daß der Herr Lehr gegen die Konzeption der Gewerkschaften seine „Technische Nothilfe" unter neuem Namen, der nichts anderes als der alte beinhaltet, durchgesetzt hat. Wir haben jetzt diese Organisation, die uns im Augenblick bereits rund 5,3 Millionen kostet, diese Stelle, die also heute, was doch nicht abgestritten werden kann, in der Hand der alten Führerschaft und unter Lehr nichts anderes ist als eine Streikbrecherorganisation gegen das werktätige Volk. Wir haben deshalb verlangt, daß nicht nur ein gewisser Bruchteil dieser Etatposition, sondern daß der ganze Titel gestrichen wird.
Nun noch ein letztes Wort zum Bundesamt für Landesbeschaffung, zu „der Hilfsstelle für die Besatzerarmee", wie ich sie zu nennen pflege. Da stehen heute im Haushalt 410 400 DM. Laut Ausschußbericht ist allerdings der Betrag vorläufig gesperrt. Gesperrt ist er, weil für die Funktion dieses Amtes keine gesetzliche und keine verfassungsmäßige Grundlage besteht. Wenn das der Fall ist - was Sie ja gar nicht bestreiten können -, wie kommen Sie dann dazu, hier zur Durchführung der amerikanischen Befehle in puncto Landbeschlagnahme heute schon gegen Gesetz und Verfassung eine derartige Position in den Etat zu setzen? Wie kommen Sie dazu? Daraus geht doch zweierlei hervor: Erstens einmal, daß Sie diese Stelle für notwendig erachten, daß Sie bereit sind, die amerikanische Funktion zu übernehmen, und daß Sie bereit sind, auch die entsprechenden Gelder auszugeben. Mit dieser Position dokumentieren Sie also Ihre Verbundenheit mit den amerikanischen Plänen auf deutschem Boden. Und weil das so ist, müssen Sie die Position halten, in der berechtigten Hoffnung - das gebe ich Ihnen zu -, daß Ihnen der Amerikaner in einigen Wochen die Genehmigung geben wird, das Amt aus dem scheinbaren Schlaf zu erwecken und es in volle Funktion treten zu lassen. Denn den Amerikanern ist es natürlich auch lieber, wenn deutsche Beamte und deutsche Dienststellen sich mit dem Odium beladen, den deutschen Bauern das Land wegzunehmen, den Bauern das Land zu rauben. Die Amerikaner begrüßen das; sie brauchen es. Daß Sie diese Position in diesen Etat eingesetzt haben, ist, wie gesagt, nur ein Beweis dafür, wie sehr Sie bereit sind, die Dienste der Amerikaner auszuüben und ihre Befehle auszuführen.
Das zu sagen im Zusammenhang mit diesem Etat dieses „Rechtshüters", dieses „Wahrers der Rechtsstaatlichkeit" war eine zwingende Notwendigkeit. Wir bitten Sie, unseren Anträgen auf Verbesserung gewisser Etatpositionen zuzustimmen. Wir bitten Sie aber ebenso dringlich und eindringlich, auch unseren Anträgen auf Streichung dieser zum Teil verfassungswidrigen Positionen zuzustimmen.
({35})
Das Wort hat der Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu zwei wichtigen Punkten der Ausführungen und den dazu gegebenen Anregungen des Herrn Redners der SPD zum Etat möchte ich erklären, daß ich beabsichtige, diesen Anregungen zu entsprechen. Es handelt sich einmal um den Wunsch, daß alle die für Auswanderung zuständigen Stellen im Innenministerium zusammengefaßt werden. Das ist bereits beabsichtigt und wird in der allernächsten Zeit durchgeführt. Besondere personelle Maßnahmen habe ich gerade gestern veranlaßt.
Zweitens wurde gewünscht, .daß der Paßkontrolldienst nicht mehr als Sondertitel, sondern beim Bundesgrenzschutz aufgeführt wird. Auch das ist beabsichtigt und wird durchgeführt.
Ich darf weiter zu zwei wesentlichen Punkten, die der Herr Vorsitzende des Ausschusses für innere Verwaltung in der Diskussion angesprochen hat, Stellung nehmen. Der eine Punkt ist die schon oft in diesem Ausschuß vorgetragene Frage, ob der Tit. 300, der einen besonderen Fonds für den Verfassungsschutz vorsieht, teilweise dem Hohen Hause zur Rechnungslegung vorgelegt wird. Der Verfassungsschutz zerfällt in zwei Teile, in einen repressiven und in einen konstruktiven Teil.
({0})
Was man im Wege des konstruktiven Verfassungsschutzes tun kann, das soll man tun. Es ist besser, es hier zu tun als im repressiven Teil. Beide Teile gehören aber zusammen und in die Hand des verantwortlichen Ministers, damit er entscheiden kann, wie es im einzelnen gemacht werden soll.
Nun haben Sie im Haushaltsplan festgelegt, daß dieser Gesamtbetrag durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes, eine mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattete Persönlichkeit, nachgeprüft wird. Damit haben Sie gar nichts Abweichendes oder Verfassungswidriges getan. Denn fast alle Länder mit geringen Ausnahmen - und, meine Herren von der SPD, gerade die von Ihnen regierten Länder - machen genau dasselbe. Ich darf Ihnen hier anführen, daß im Haushaltsplan von Niedersachsen im Einzelplan 03 im Kapitel 01 Tit. 312 ein Betrag von 400 000 DM nur durch den Präsidenten und Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes geprüft wird. Ebenso ist in Hessen bestimmt, daß ein Betrag von 300 000 DM im Einzelplan 03 Kapitel 25 Tit. 871 nur der Prüfung durch den Präsidenten des Rechnungshofes des Landes Hessen unterliegt. Ich könnte Ihnen noch eine ganze Reihe andere Länder aufzählen; ich will das wegen der Kürze der Zeit nicht tun.
({1})
Die Fragen des Technischen Hilfswerks kennen Sie ja beinahe bis zum Überdruß. Es besteht aus drei Funktionen. Die erste Funktion ist der Katastrophenschutz, wie er sich beispielsweise durch die Entsendung entsprechender technischer Einheiten nach Holland bewährt hat, die dort sechs Wochen mit dem größten Erfolg tätig waren. Weiter obliegt dem Technischen Hilfswerk der Hilfsdienst im Luftschutz. Endlich kommt der dritte Punkt - die ersten Punkte sind überhaupt nicht bestritten -, bei dem ich in dauerndem Widerspruch zu den Gewerkschaften stehe, nämlich die Frage des Schutzes
({2})
der für die Versorgung unserer Bevölkerung lebensnotwendigen Betriebe.
Dieser Schutz durch das Technische Hilfswerk tritt nur subsidiär ein, wenn nämlich die primär zuständigen Stellen nicht mehr in der Lage sind, diesen Schutz durchzuführen. Gemeint sind hier in erster Linie die Gemeinden und in den Gemeinden die Verbände der Arbeitgeber und Arbeitnehmer - also auch die Gewerkschaften - sowie die Regierungen der Länder. Wenn sie alle versagen, dann erst tritt subsidiär das Technische Hilfswerk ein, weil der Bund einfach nicht auf das Recht verzichten kann, für den Schutz lebensnotwendiger Betriebe einzutreten, wenn alle anderen Stellen versagen. Das ist eine Unmöglichkeit. Ich habe eineinhalb Jahre mit den Gewerkschaften und mit Ihnen, meine Herren von der Opposition, über diesen Punkt verhandelt. Aber nun mußte endlich einmal etwas geschehen, damit wir nicht bloß verhandelten und nicht nachher im Falle der Not nichts da ist. Wir denken gar nicht daran, hier eine Streikbrecherbrigade aufzustellen.
({3})
Vom Standpunkt des Technischen Hilfswerkes aus ist es uns ganz egal, wie die Verhandlungen über Löhne und Arbeitszeit geführt werden. Aber nicht egal ist es uns, wenn im Verlaufe von Auseinandersetzungen die Versorgung durch lebenswichtige Betriebe gefährdet ist. Nur für den äußersten Fall, daß die Stellen, die zu ihrem Schutz berufen sind, versagen, sind wir da. Davon kann ich leider nicht abgehen. Im Interesse der Staatssicherheit kann ich keine Konzessionen machen, wenn es sich um den Lebensnerv des Staates handelt.
({4})
Die von Herrn Kollegen Maier aufgeworfenen Personalfragen kann ich aus dem Gedächtnis und ohne Rücksprache mit meinen Mitarbeitern, die für diesen Fall zuständig, aber heute hier nicht anwesend sind, nicht beantworten.
Es ist nicht richtig, Herr Kollege Maier, daß mir irgendeine amerikanische Note, eine Note des Herrn McCloy, verheimlicht worden ist; denn ich kann sie Ihnen aus dem Gedächtnis zitieren. Es handelte sich bei dieser Note um Beanstandungen von Grenzübertritten nach Österreich, bei denen ich persönlich eine etwas entgegenkommendere, ich kann ruhig sagen: großzügigere Auffassung hatte, als sie in der Note des Herrn McCloy festgelegt war. Darüber kamen wir in Meinungsverschiedenheiten. Diese legten wir in Sachlichkeit und in Ruhe bei und brachten die Angelegenheit in Ordnung. Es war da von irgendeiner Dienststelle mir gegenüber gar nichts zu verheimlichen. Das würde auch keine Dienststelle wagen. Das kann ich Ihnen versichern.
({5})
Dann dieser eine Fall! Herr Kollege Maier, Sie wissen so gut wie ich, daß Sie mit diesem ehemaligen Dienststelleninhaber persönlich sehr befreundet sind, daß er Ihnen besonders nahesteht. Vielleicht darf ich Ihnen ein Beispiel sagen. Er hat Sie einmal eingeladen, seine Dienststelle selbst zu besehen. Sie sind auch dagewesen und haben Einrichtungen besehen. Der zuständige Minister war von diesem
Besuch nicht benachrichtigt. Ich habe es erst hinterher erfahren. Herr Maier, ich hätte Sie gerne selbst geführt. Sie hätten von mir jede Auskunft haben können. Ich hielt es für inkorrekt, daß dieser Beamte in solcher Eigenmacht vorgeht. Wohin soll denn die Ordnung in einem Ministerium kommen, wenn jeder auf eigene Faust handelt und wenn jeder tut, wie er will! Das gibt es allerdings bei mir nicht.
({6})
Und dann darf ich Ihnen noch eines sagen. Sie wissen auch selbst so gut wie ich, Herr Maier, daß dieser Mann hochgradig nervös ist, so daß ich ernste Besorgnisse hatte, ob ich ihn überhaupt noch im Dienst verwenden könne. Ich habe aus besonderem Entgegenkommen eine Dienststelle für ihn ausgesucht, bei der man auch mit etwas empfindlicheren Nerven seinen Dienst noch versehen kann. Aber die Frage bleibt, ob der Gesundheitszustand noch ausreicht.
Ich stehe Ihnen also in dem zuständigen Ausschuß zu allen Einzelheiten Rede und Antwort, wenn Sie das wollen. Bitte, haben Sie die Güte, mich rechtzeitig auf Einzelfälle aufmerksam zu machen. Ich habe ein sehr großes Personal in meinem Ministerium. Da ist es schwer, über jeden einzelnen etwas aus dem Handgelenk zu sagen. Aber Sie sehen, wie ich unterrichtet bin, daß ich ohne Rückfrage in meinem Ministerium habe Bescheid geben können.
Herr Renner, ich habe keine Veranlassung, Ihnen hier viel zu erwidern. Sie haben mir Schauermärchen von Karteien erzählt. Ich will Ihnen ganz offen sagen: In meiner Kartei stehen Sie als völlig harmlos.
({7})
- Das weiß ich, und Sie haben auch Ursache, Herr Renner; wenn alle illegal oder legal der KPD Angehörenden sich so verhielten wie Sie und bloß hier polterten, würde mich das überhaupt nicht kümmern.
({8})
Herr Renner, es geht um etwas anderes. Es stehen im Hintergrunde ganz andere und ernstere Dinge. Seit anderthalb Jahren habe ich das Bundesverfassungsgericht mit einer Fülle von Material versorgt, aus dem einwandfrei hervorgeht, daß sich Ihre Partei
({9})
und die, die hinter ihr stehen, verfassungswidrig verhalten und daß alle Ursache besteht, ihnen das Auftreten in der Bundesrepublik unmöglich zu machen. Das erspart uns auch die beschämende Tatsache, daß im Deutschen Bundestag von Ihrer Seite solche Reden gehalten werden, die mit den jüngsten Ereignissen überhaupt nicht in Einklang zu bringen sind.
({10})
Nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich mich hier für Sie im Namen des Volkes schäme!
({11})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Menzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte dem Herrn Bundesinnenminister nur noch einige Worte zu der Frage des Technischen Hilfswerkes erwidern. Diese Frage hat nicht nur eine politische Bedeutung, sie hat gerade im Hinblick auf die Etat- und Haushaltssituation auch eine organisatorische und - gerade Sie sollten das beachten, Herr Verfassungsminister - auch eine verfassungsrechtliche Bedeutung. Uns würde interessieren, Herr Bundesinnenminister, in welchem Verfassungsartikel oder in welchem Gesetz die rechtliche Grundlage für das Technische Hilfswerk gegeben ist. Ihre Absichten gehen lediglich dahin, eine lose Vereinigung zu schaffen, nicht einmal einen eingetragenen Verein zu errichten. Das wäre durchaus akzeptabel, wenn die Mitglieder dieser Vereinigung lediglich im Bereich ihrer persönlichen privatrechtlichen Sphäre handeln würden. Wenn aber das Technische Hilfswerk Rechte auf dem Gebiet des Katastrophenschutzes und des Luftschutzes und, wie Sie ferner wünschen, auf dem Gebiet der Behandlung - ich will mich absichtlich neutral ausdrücken - von Streiks und der Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Lebensmitteln bekommen soll, dann müssen die Mitglieder, wenn die Einrichtung überhaupt wirksam sein soll, rechtliche Befugnisse erhalten, um in die Privatsphäre des Staatsbürgers, also der anderen eingreifen, d. h. gewisse Beschränkungen des Eigentums vornehmen oder auch die persönliche Freiheit des anderen, gegen den oder für den sie einschreiten sollen, vorübergehend einengen zu können. Wie soll z. B. das Technische Hilfswerk beim Katastrophenschutz die erforderlichen Hilfsgeräte - um einen ganz einfachen und alltäglichen Fall zu nehmen - herbeischaffen, wenn seine Mitglieder nicht das Recht haben, sich diese Werkzeuge notfalls an Ort und Stelle sofort selber zu beschaffen? Wir halten es für notwendig, daß diese Frage geklärt wird, und wir vermissen, daß Sie das bisher nicht getan haben.
Sie wissen, Herr Bundesinnenminister - ich kann es nur wiederholen -, daß wir seit eh und je bereit waren, für die wichtige Frage des Katastrophenschutzes und notfalls des Luftschutzes gewisse Vorkehrungen zu treffen und denen, die sich dann entweder hauptamtlich oder ehrenamtlich dafür zur Verfügung stellen, auch die rechtliche Grundlage für ihre Tätigkeit zu geben, damit sie nicht Unrecht im Sinne des Verfassungsrechts oder vielleicht sogar des Strafrechts begehen. Unser Vorschlag - auch das hat der Herr Bundesinnenminister leider heute nicht gesagt -, der in Verbindung mit sämtlichen Länderregierungen unabhängig von ihrer politischen Zusammensetzung und in Verbindung mit den kommunalen Spitzenverbänden zustande gekommen ist, ging dahin, daß Sie, Herr Bundesinnenminister, auf den sogenannten kleinsten Zellen des Staates, nämlich den Selbstverwaltungskörperschaften, aufbauen sollten.
Es sind doch in erster Linie die großen Städte mit ihren Versorgungsbetrieben, mit den Zentralen für die Energie- und Wasserversorgung und dergleichen mehr, die, wenn wir überhaupt noch etwas von der Selbstverwaltung halten und an sie glauben wollen, in erster Linie daran interessiert sind, sich diese Werke zu erhalten und ihr Funktionieren zu garantieren. D a sollten wir den Staatsbürger, den Gemeindebürger unmittelbar ansprechen und ihm sagen, daß es sein Werk ist, das in erster Linie er zu schützen hat. Deshalb hat dieses Technische Hilfswerk davon auszugehen, daß in erster Linie die Gemeindebürger dazu heranzuziehen sind. Die Gemeinden, ganz gleich, wie sie zur Zeit noch durch die Kommunalgesetzgebung in den verschiedenen Ländern und Zonen organisiert sind, haben zumeist auch die Polizeigewalt, ihnen untersteht die Feuerwehr, sie haben in der Regel die karitativen Verbände zu einem Gremium zusammengefaßt. All diese Hilfsmittel des gemeindlichen Selbstverwaltungslebens würden damit effektiv werden und - auch das soll man nicht verkennen - finanziell für den Bund sehr billig zur Verfügung stehen. Und da, wo die Kräfte in einem gemeindlichen Gebiet allein nicht ausreichen, würden in den Ländern die Mittelinstanzen zur Verfügung stehen, die zugleich die Polizeigewalt haben und so auch den Helfern und Helferinnen des Technischen Hilfswerks die erforderliche rechtliche Vollmacht zum Eingreifen geben würden.
Der Herr Bundesinnenminister hat ferner erklärt, er könne doch nicht die Gefahr für den Bund auf sich nehmen, daß ein Land oder eine Stadt vielleicht versage und damit die Versorgung der Bevölkerung mit den notwendigen Lebensmitteln nicht mehr garantiert sei. Herr Kollege Maier hat inzwischen darauf hingewiesen, daß - vielleicht von den ersten Tagen nach 1918 und einer kurzen Zeitspanne im Kapp-Putsch abgesehen - es eine solche Situation in Deutschland bisher nicht gegeben hat. Herr Bundesinnenminister, Sie können doch dann, über die staatlichen Mittelinstanzen hinausgehend, auch noch die Länder als eine weitere Instanz einschalten, die, ausgestattet mit allen Rechten des Grundgesetzes, der Verfassungen der Länder und mit allen Polizeigewalten, diesen Katastrophenschutz stellen könnten. Sie sagen, auch da bleibe ein Unsicherheitsfaktor, aber wo kommen wir denn in Deutschland hin, wenn wir jetzt schon von den Möglichkeiten sprechen, daß die Länder nicht mehr gewillt sind, den Katastrophen- und Luftschutz ordnungsmäßig im Interesse des Gesamtbundes auszuüben!
({0})
Herr Bundesinnenminster, wenn das alles versagte, dann hätten Sie noch die Befugnis aus dem Art. 91 des Grundgesetzes.
Aber das, was Sie hier schaffen, ist doch ein stumpfes Schwert, das - ich kann es nur noch einmal wiederholen - deshalb stumpf ist, weil diese Männer und Frauen keinerlei Befugnisse von Ihnen bekommen können, weil Sie einfach nicht die gesetzlichen Kompetenzen haben.
({1})
- Aber Herr Kollege Dresbach, entschuldigen Sie: Sie sind doch ein viel zu alter Kommunalpolitiker, als daß Sie einen solchen Zwischenruf machen könnten! Meinen Sie, ich sei der Auffassung, man mache das mit Hand- und Spanndiensten? Sie wissen doch genau so wie ich, Herr Kollege Dresbach, daß wir in den großen Städten im allgemeinen jetzt wieder die staatliche Polizei haben.
({2})
- Entschuldigen Sie, auch Sie wissen, daß in Nordrhein-Westfalen die staatliche Polizei in den näch({3})
sten Monaten wieder errichtet werden wird. Auch Sie wissen, daß die Städte Polizeibefugnis haben, die Feuerwehr und alles, was dazu gehört, bei den Gemeinden liegt.
Herr Kollege Dresbach, beantworten Sie mir bitte die Frage, mit welchen rechtlichen Befugnissen denn die Mitglieder des THW ausgestattet sind. Wir müssen doch auch an diese Menschen denken, die wir in eine solche Situation bringen, und müssen dafür sorgen, daß sie nachher nicht die Dummen sind.
Meine Damen und Herren, auf diese für uns sehr ernsten Erwägungen - die finanzielle Seite spielt dabei gar nicht eine solch große Rolle, obwohl auch sie zu beachten ist - ist es auch zurückzuführen - das müßte doch auch Sie, meine Damen und Herren, stutzig machen und Ihnen zu denken geben-, daß nicht nur der DGB, sondern auch alle Länderinnenminister, alle Länderregierungen, nicht nur die kommunalen Spitzenverbände, sondern auch die großen Städte, selbst da, wo die Bürgermeister oder Oberstadtdirektoren Ihrer politischen Richtung angehören, es abgelehnt haben, das Technische Hilfswerk anzuerkennen und mit einzubauen. Meine Damen und Herren, das sind die Gründe, warum wir die Streichung der Mittel beantragen - nicht weil wir den Katastrophen- und Luftschutz ablehnen, sondern weil wir ernste Sorgen haben, daß hier mit viel Geld ein völlig stumpfes Schwert geschmiedet wird.
({4})
Der Herr Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Menzel, die Frage nach der Rechtsgrundlage des Technischen Hilfswerks aus Ihrem Munde überrascht mich etwas. Sie müßten eigentlich im Hause Ihres von mir hochverehrten bereits verstorbenen Schwiegervaters schon Bescheid wissen; denn er hat ja in seiner Ministertätigkeit von dem Technischen Hilfswerk genau so Gebrauch gemacht, wie ich es auch zu tun gedenke.
({0})
- Nein, es war und ist in der Rechtsgrundlage genau dasselbe.
({1})
Ich beabsichtige, dem Technischen Hilfswerk den Charakter einer nichtrechtsfähigen Bundesanstalt zu geben, einer Organisationsform, die praktisch bereits besteht. Eine Kabinettsvorlage ist in dieser Hinsicht in Vorbereitung.
Ich bitte Sie noch eimal, meine Damen und Herren, kämpfen Sie doch nicht gegen eine so notwendige Einrichtung! Unterstützen Sie mich doch darin mit Ihrem Einfluß!
({2})
- Ich habe doch eben die Rechtsgrundlage genannt.
({3})
Ich habe ein Weiteres getan. Ich habe den Gewerkschaften einen Notversorgungsplan übersandt und sie gebeten, dazu Stellung zu nehmen. Ich habe ihnen zwei Sitze im Aufsichtsrat, im obersten Gremium, eingeräumt, damit sie bei allem dabei sind.
Mehr kann ich nun wirklich nicht tun. Jetzt ist es Ihre Sache, mich zu unterstützen.
({4})
Meine Damen und Herren, keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung. Es liegt vor der Änderungsantrag der kommunistischen Gruppe zum Einzelplan 06 Ziffern 1 bis 38. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Weiter liegt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu Kap. 602 Tit. 661, den für Zwecke des Bundesjugendplans vorgesehenen Betrag von 30 Millionen DM um 3,5 Millionen DM auf 33,5 Millionen DM aufzustocken. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ferner liegt der Antrag der Fraktion der SPD vor, Kap. 619, Einzelplan 06 - Technisches Hilfswerk - zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
In Kap. 609 soll nach dem Antrag der SPD der Tit. 300 so geteilt werden, daß der für Aufgaben der Nachrichtenbeschaffung auszuwerfende Betrag unter dem seitherigen Zwecktitel 300 ausgebracht wird, der für Zwecke eines konstruktiven Verfassungsschutzes vorgesehene Betrag soll in einem Tit. 300 a ausgewiesen werden. Tit. 00 unterliegt nach wie vor der ausschließlichen Kontrolle des Präsidenten des Bundesrechnungshofs, Tit. 300 a fällt unter die allgemeine Haushaltskontrolle. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nachdem die Änderungsanträge abgelehnt worden sind, bitte ich die Damen und Herren, die dem Einzelplan 06 zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Einzelplan 06 ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich schlage vor, da der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erkrankt ist und der Herr Staatssekretär aus triftigen persönlichen Gründen morgen nicht zur Verfügung stehen kann, den Einzelplan 10 vorzuziehen:
j) Einzelplan 10 - Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - ({0}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Brese. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Brese ({1}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Berichterstattug über den Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bin ich in der glücklichen Lage, mich angesichts der vorgeschrittenen Zeit kurz fassen zu können.
({2})
Der Haushalt ist auch im Rechnungsjahr 1953 sparsam und wirtschaftlich aufgestellt. Bei Berücksich({3})
tigung des Antrags des Haushaltsausschusses zu Einzelplan 10, wie er in der Bundestagsdrucksache Nr. 4510 niedergelegt ist, ergibt sich ein Zuschußbedarf von 383 Millionen DM. Das ist eine Minderung gegenüber dem vorhergehenden Rechnungsjahr 1952 von 259 Millionen DM. Diese Verbesserung erklärt sich im wesentlichen daraus, daß sich die Subventionen für Lebensmittel und Futtergetreide um 349,6 Millionen DM vermindert haben und sich jetzt nur auf 119,2 Millionen DM belaufen. Sie finden diese Position in Kap. 1002 Tit. 951. Dabei ist festzustellen, daß die Konsumbrotverbilligung 1952 noch mit 250 Millionen DM veranschlagt war. Sie ist weggefallen, und bei der heutigen Weltmarktlage ist auch der Subventionspreis für Getreide ermäßigt worden. Bei Zucker ist von der Veranschlagung eines Subventionsbetrages überhaupt abgesehen worden.
Diese Verbesserung des Haushalts von 349,6 Millionen DM erhöht sich noch dadurch, daß auf der Einnahmenseite die Abschöpfungen bei den Lebensmittel- und Futtermitteleinfuhren um 17 Millionen DM erhöht werden konnten und weiter eine erhöhte Einnahme von rund 24 Millionen DM zu erwarten ist. Insgesamt machen daher die Verbesserungen im Haushalt 1953 390,6 Millionen DM aus.
An wesentlichen Mehrausgaben stehen auf der anderen Seite folgende Beträge gegenüber. Nachdem bereits im ordentlichen Haushalt eine Erhöhung der Siedlungsmittel von 25 Millionen DM um 3 Millionen DM für Vermittlungs- und Bearbeitungsgebühren - siehe Kap. 1002 Tit. 661 - vorgesehen war, ergab sich im Haushaltsausschuß eine eingehende Aussprache über die finanziellen Auswirkungen, die sich auf Grund des Bundesvertriebenengesetzes vom 19. Mai 1953 und des Siedlungsförderungsgesetzes vom 15. Mai 1953 für die Siedlung ergeben. Der Haushaltsausschuß entschloß sich zu der Auffassung, daß für die Zwecke der beiden genannten Gesetze insgesamt 75 Millionen DM zusätzlich ausgebracht werden, und zwar im Hinblick auf die Deckungsfrage im außerordentlichen Haushalt, siehe Kap. A 1002 Tit. 533, 605, 890 und 891.
Weiter ist zu erwähnen, daß sich die Kosten für die Vorratshaltung von Getreide, Futtermitteln und Fetten um rund 22 Millionen DM vergrößert haben. Dazu war die Einstellung eines besonderen Betrages von 30 Millionen DM als Betriebsmittelverstärkung für die Einfuhr- und Vorratsstellen erforderlich. Ferner wurde für den Bau der bereits im Haushalt 1952 vorgesehenen Bundesanstalt für Viruskrankheiten der Tiere ein weiterer Teilbetrag von 3,95 Millionen DM veranschlagt. Das bedeutet ein Mehr von 3,35 Millionen DM gegenüber dem Vorjahr. Schließlich ist noch hervorzuheben, daß die Vereinigung der Biologischen Zentralanstalt in Berlin-Dahlem mit der Biologischen Bundesanstalt Braunschweig-Gliesmarode vorgenommen werden soll. Sie stehen bereits unter einheitlicher Leitung. Hierfür ist eine Verfügungssumme von 835 000 DM ausgebracht worden. Im übrigen ergibt sich der Ausgleich dadurch, daß noch eine Reihe von Positionen Veränderungen durch Erhöhungen oder Verminderungen erfahren haben. Es würde zu weit führen, sie hier im einzelnen aufzuzeigen.
In personeller Hinsicht hat der Stellenplan nur geringfügige Ausweitungen erfahren. Im Ministerium selbst ist bei einer Zahl von bisher 290 Beamten nur eine Erhöhung um 9 Beamte und bei einer Angestelltenzahl von bisher 365 nur eine Erhöhung um 4 Angestellte festzustellen. Im gesamten Ministerium ergibt sich eine Erhöhung um 13 Stellen. Hinsichtlich der vorgenommenen Stellenhebungen ist besonders zu erwähnen, daß eine Ministerialdirigenten-Stelle zu einer MinisterialdirektorenStelle und zwei Ministerialrats-Stellen zu Ministerialdirigenten-Stellen erhoben worden sind.
Damit habe ich die Beschlüsse des Haushaltsausschusses, die in dem Antrag Bundestagsdrucksache Nr. 4510 enthalten sind - soweit ihnen eine besondere Bedeutung zukommt -, durch meine Ausführungen erläutert.
Es kann noch herausgestellt werden, daß die Zuweisung aus dem Lastenausgleichsfonds für Aufbaudarlehen zur Eingliederung von Vertriebenen, die ursprünglich mit 120 Millionen DM vorgesehen war, eine Erhöhung auf 180 Millionen DM erfahren konnte.
Sie finden diesen durchlaufenden Posten unter Kap. 1001 Tit. 64 und Kap. 1002 Tit. 530. Im Namen des Haushaltsausschusses bitte ich Sie, den Anträgen auf Bundestagsdrucksache Nr. 4510 Ihre Zustimmung zu geben.
({4})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, es liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Frühwald und Genossen auf Umdruck Nr. 1012 schriftlich vor. Wer will diesen Antrag begründen? - Offenbar Herr Abgeordneter Trischler, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 1012, der unter „Frühwald und Genossen" läuft, bezieht sich gleichzeitig auf mehrere Einzelpläne, und zwar auf die Einzelpläne 10, 32 und 60. Ich will an dieser Stelle die Begründung zu allen Punkten geben.
Es handelt sich um den schwierigen Fragenkomplex unserer landwirtschaftlichen Siedlung. Sie wissen, daß es im Bundestag kaum ein Problem gegeben hat, das die Gemüter so erregte wie die Behandlung dieses Fragenkomplexes bei der Beratung des Bundesvertriebenengesetzes und des Gesetzes zur Förderung der ländlichen Siedlung. Wir haben uns immerhin in mehr als eineinhalbjähriger Arbeit in den verschiedenen Ausschüssen dazu durchgerungen, daß wir die Grundlage dafür schaffen müssen, die landwirtschaftliche Siedlung besonders zu fördern. Es fand dieses Bestreben seinen Niederschlag in dem Bundesvertriebenengesetz und in dem Gesetz zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung. Im Bundesvertriebenengesetz sind in § 46 100 Millionen vorgesehen, allerdings mit dem Vermerk „soweit haushaltsmäßige Deckung vorhanden ist". In dem Gesetz über die Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung ist jeweils die Hälfte von dem vorgesehen, was für die Siedlung im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes vorgesehen wird. Es wären also, wenn wir uns an diese Gesetze genau halten würden, 150 Millionen DM notwendig. Wenn wir aber noch darauf hinweisen, daß in einer ganzen Reihe anderer Paragraphen das Bundesvertriebenengesetz ebenfalls Mittel für Darlehen, für Beihilfen, für Moor- und Ödlandkultivierung usw. vorsieht, so würde der gesamte Etat, wollten wir ihn 100%ig verwirklichen, etwa 215 Millionen DM ausmachen.
({0})
Wir haben nach der Verabschiedung dieser Gesetze vergeblich darauf gewartet, daß das Bundesfinanzministerium mit einer entsprechenden Vorlage in den Haushaltsausschuß kommt. Es hieß immer: es gebe keine Deckung dafür, und deswegen auch keine Vorlage. Der Haushaltsausschuß hat sich aber mit dem Problem des öfteren sehr eingehend befaßt. Es wurde auch einmal mit Mehrheit der Beschluß gefaßt, daß man 150 Millionen DM vorsehen solle. Bei den Anträgen für die Deckung kam dann keine Mehrheit zustande. Darum hat man das Problem nochmals aufgegriffen und sich dann in einem neuerlichen Mehrheitsbeschluß auf 75 Millionen DM geeinigt: 50 Millionen für Vertriebene, 25 Millionen für Einheimische, aber leider im außerordentlichen Haushalt. Wir wissen, glaube ich, alle, was der außerordentliche Haushalt in einem solchen Falle bedeutet. Er bedeutet, daß die Mittel wahrscheinlich nicht zur Verfügung stehen werden.
Was bedeutet aber die Tatsache, daß wir die Mittel nicht im ordentlichen Haushalt sicherstellen? Sie bedeutet die völlige Lahmlegung unserer Siedlung überhaupt. Dann waren die ganzen Auseinandersetzungen der eineinhalb Jahre zwecklos, möchte ich behaupten. Ich glaube nicht, daß es in diesem Hause auch nur ein Mitglied gibt, das der Ansicht sein könnte oder das damals den Eindruck gehabt hätte, als wir die beiden Gesetze verabschiedeten, der angeführte Passus: „soweit haushaltsmäßige Deckung vorhanden ist" würde bedeuten, daß in den ordentlichen Etat gar nichts hineinkommen solle. Wir, die Betroffenen, haben uns damals mit diesem Passus einverstanden erklärt, weil es auch ähnliche Bestimmungen für andere Mittel gibt. Ich erwähne z. B. die Mittel für Wohnungsbau. Auch da würde wohl niemand von uns daran denken, daß es möglich wäre, keine Mittel in den ordentlichen Etat einzusetzen, alles dem außerordentlichen Etat zu überlassen. Ist es nicht selbstverständlich, daß die Betroffenen sich Hoffnungen machen, wenn wir zwei Gesetze verabschieden, in denen wir feststellen, daß 150 Millionen DM für diesen Zweck aus ordentlichen Mitteln des Bundeshaushalts freigestellt werden sollen? Es ist selbstverständlich, daß diese Menschen sich mit Recht Hoffnungen machen. Welche ungeheure Enttäuschung bedeutet es dann für sie, wenn praktisch nichts herauskommt!
Man muß sich darüber im klaren sein, daß die Siedlung total zum Stocken kommen würde, wenn wir diese Mittel nicht sichern. Man muß sich das Verfahren bei solchen Siedlungsvorhaben vor Augen halten. Es handelt sich hier um eine komplementäre Finanzierung. Es sind ja bereits Mittel aus dem Lastenausgleich sichergestellt - und zwar 280 Millionen DM - und weitere 100 Millionen Darlehen aus denselben Quellen für die Länder, damit diese die Möglichkeit haben, die Landesmittel, die zur landwirtschaftlichen Siedlung notwendig sind, bereitzustellen. Wir können auch diese Mittel nicht voll verwerten, wenn keine Bundesmittel zur Verfügung stehen. Denn es gehören eben sowohl Lastenausgleichsmittel wie Bundesmittel wie Landesmittel zur praktischen Durchführung der ländlichen Siedlung.
Unser Antrag geht also dahin, daß wir den größten Teil dieser 75 Millionen DM, die, wie uns eben der Herr Berichterstatter ausgeführt hat, in Kap. A 1002 auf die Titel 533, 605, 890 und 891 verteilt waren, in den ordentlichen Haushalt haben möchten. Wir sind damit einverstanden, daß die beiden letzten Titel, 890 - Erhöhung des Grundkapitals
der Deutschen Landesrentenbank und der Deutschen Siedlungsbank - mit 6 Millionen DM und 891 - Beteiligung des Bundes an Siedlungsunternehmen - mit 400 000 DM, im außerordentlichen Haushalt bleiben. Dann würden von den vorgesehenen 75 Millionen 68,6 Millionen DM übrigbleiben, und diese Mittel wollen wir herüber haben in den ordentlichen Haushalt. Wir haben zwar vorgeschlagen, unter welche Kapitel und Titel sie kommen sollen. Ich möchte aber hier ausdrücklich sagen, daß das für uns nicht das Entscheidende ist. Das Entscheidende für uns ist, daß diese Mittel in den ordentlichen Haushalt kommen und daß sie im Sinne der beiden Gesetze, des Bundesvertriebenengesetzes und des Gesetzes zur Förderung der ländlichen Siedlung, verwendet werden.
Die rein formelle Seite dieses Antrags müßte wahrscheinlich vom Finanzministerium noch überarbeitet werden. Wir sind nach nachträglicher Prüfung der Meinung, daß wahrscheinlich die Ziffer 4 entfallen könnte.
Und nun ist die große Frage, die immer gestellt wird: Woher nehmen wir die Deckung für diese Mittel? Nun, meine Damen und Herren, man hat nicht bei allen Positionen des Haushalts immer so strikt danach gefragt, woher man die Mittel nehmen kann, wie gerade bei diesem außerordentlich wichtigen Punkt. Wir haben im ordentlichen Haushalt in Kap. 6001 den Titel 99: „Beitrag des außerordentlichen Haushalts zur Deckung des ordentlichen Haushalts 907 Millionen DM". Nun sagen wir uns, wenn man für andere Ausgaben 907 Millionen DM gefunden und noch in der letzten Woche neue Bewilligungen, z. B. die 14 Millionen DM für Berlin, beschlossen hat, wo keine gesetzliche Grundlage in dem Sinne vorhanden war wie gerade bei den Mitteln für die ländliche Siedlung, wo wir gemeinsam zwei Gesetze verabschiedet haben, in denen diese Mittel verankert waren, so sagen wir uns: Wenn diese 907 Millionen DM auch auf die Art gedeckt werden, daß sie aus dem außerordentlichen Haushalt genommen werden können, so glaube ich, daß auch noch die 68,6 Millionen DM für die ländliche Siedlung unter diesem Titel untergebracht werden können.
Ich bitte dringend: Denken Sie daran, wie all die Betroffenen auf uns schauen und was sie denken müssen, wenn sie, nachdem wir nach harten, harten Kämpfen zu diesem Ergebnis in den beiden schon erwähnten Gesetzen gekommen sind, nicht erfahren könnten, daß wir uns wenigstens die Hälfte des vorgesehenen Betrages in diesem Jahr zur Verfügung stellen. Wir begnügen uns in diesem Haushaltsjahr bewußt mit der Hälfte, weil die Zeit schon so vorgeschritten ist und wir wissen, daß die vollen Mittel wahrscheinlich nicht mehr ganz verwendet werden könnten. Wir wollen aber jetzt schon die Beschlüsse und Entscheidungen in diesen beiden Gesetzen in dem Sinne auffassen, daß in den nächsten vier Jahren der volle Betrag in den ordentlichen Haushalt eingesetzt wird.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß dringendst bitten, es bei dem Beschluß des Haushaltsausschusses zu belassen und den vorliegenden Antrag Frühwald und Genossen abzulehnen. Der Herr Vorredner hat ja selbst jetzt in einem Satz bemerkt, er glaube nicht, daß die Mittel voll ver({0})
wendet werden können. Er hat in seinen Ausführungen betont, daß der Einsatz der Mittel notwendig sei, weil sonst die komplementären Mittel nicht fließen würden. Das ist mir unerfindlich. Es stehen an komplementären Mitteln, wie er gesagt hat, 280 Millionen aus dem Lastenausgleichsfonds und 100 Millionen von den Ländern zur Verfügung.
Ich bemerke, daß in dem ordentlichen Haushalt das ganze Emslandprojekt mit Siedlungen in erster Linie enthalten ist, daß wir wegen Schleswig-Holstein hier Vorsorge wegen des sogenannten Nordprogramms getroffen haben, und ich darf darauf verweisen, daß auch noch 28 Millionen im ordentlichen Haushalt daneben zur Förderung der Siedlung stehen.
Alles braucht seine Vorbereitung. Wenn im Bundesvertriebenengesetz diese Richtlinie aufgestellt worden ist, so war ,man sich sicher bei der Verabschiedung des Bundesvertriebenengesetzes schon klar, daß nicht der ganze Umfang des Plans in diesem Haushaltsjahr überhaupt in Bewegung gesetzt werden kann. Es ist heute so, daß ich auf die Frage, welche einzelnen Projekte, Siedlungsprojekte, liegen denn vor, überhaupt noch nicht in der Lage wäre, eine Antwort zu geben, weil das Programm, das doch im Frühjahr aufgestellt werden muß, jetzt technisch noch gar nicht vollendet sein kann.
Aber was mich insbesondere bewegt und was für uns eine sehr ernste Frage aufwirft, das ist, wie hier die Deckung vorgenommen wird. Ich erinnere daran: Wir haben den Art. 110 des Grundgesetzes, der den Abgleich der Einnahmen und Ausgaben des Haushalts vorsieht und der das ernstlich meint. Ich habe seinerzeit bei der Beratung des Einkommensteuergesetzes darauf hingewiesen, daß hier eine außerordentliche Kreditoperation gemacht werden muß und daß sie ihre Rechtfertigung darin hat, daß dasselbe Gesetz die Rückzahlungsmöglichkeiten bereits geschaffen hat, wenn auch der Vermittlungsausschuß jetzt die Regelungen für das Jahr 1953 und noch nicht für das Jahr 1954 angenommen hat: Diese Rückzahlungsverpflichtungen aus dem Jahre 1954, aus dem Mehrerträgnis, das infolge der Einkommensteuerreform zu erwarten ist, werden im nächsten Jahr bestimmt wiederkommen. Es ist also in diesem Falle wieder so, daß wir hier eine Kreditoperation aus zwingenden staatspolitischen Überlegungen gemacht haben, aber gleichzeitig verbunden mit der Sicherung der Rückzahlung.
Wir haben daneben, und so setzen sich die 907 Millionen zusammen, noch einen Posten von 249 Komma soundso viel Millionen. Das ist die Anleihe an das ERP-Vermögen, auch ein Betrag, der völlig gesichert ist.
Aber nun soll ein Vorschlag gemacht werden, aus dem außerordentlichen Etat eine Einnahme von rund 150 oder 70 Millionen - in dem Fall 70 Millionen - in den ordentlichen Haushalt einzusetzen, ohne daß für die Beschaffung überhaupt die geringste Unterlage gegeben ist. Ich habe dem Hohen Hause erklärt, als ich bei der Einkommensteuer diese Deckung suchte, daß ich vorher meine Verhandlungen mit der BDL geführt habe und daß die BDL damals die Erklärung abgegeben hat: Dieser Betrag wird an Schatzanweisungen bis zu der Zeit, wo die Rückzahlung, die gesetzlich gesichert war, möglich ist, aufgebracht werden können, abervoraussichtlich nicht mehr. Und dieses „nicht mehr" muß ich heute unterstreichen, denn inzwischen ist der Bedarf im außerordentlichen Haushalt auch schon erhöht worden.
Wenn wir heute den Ausweg immer darin suchen, daß wir eine Einnahme aus dem außerordentlichen Haushalt in den ordentlichen Haushalt einsetzen, meine Damen und Herren, dann begehen wir eine ganz bewußte Umgehung des Art. 110 des Grundgesetzes, unserer Verfassung, die uns bindet, und beschreiten einen gefährlichen Weg, einen Weg, den ich nicht für verantwortlich halte. Denn die Vorsorge, die getroffen worden ist, in den außerordentlichen Haushalt den Betrag einzusetzen, damit dann, wenn wirklich in diesem Jahr ein Bedarf vorhanden ist, versucht wird, im Wege der Anleihe diesen Bedarf zu decken, dieser Weg entspricht den Verhältnissen viel mehr als ein Einsetzen in den außerordentlichen Haushalt. In den ordentlichen Haushalt kann ich bestimmte Ausgaben einsetzen, in den außerordentlichen Haushalt solche, die vielleicht und dann in einem noch unbestimmten Umfang anfallen.
Ich bitte deshalb dringend, es bei dem Beschluß des Haushaltsausschusses zu belassen und diesen Antrag abzulehnen, den ich weder mit dem Geist der Verfassung für vereinbar halte noch mit unserer Pflicht, den Haushalt aufrechtzuerhalten.
({1})
Herr Abgeordneter Nöll von der Nahmer.
Meine Damen und Herren! Ich habe mich bemüht, ganz objektiv den Ausführungen des Herrn Ministers zu folgen. Aber ich muß sagen, Herr Minister, ich bin dieses Mal von Ihren Ausführungen nicht überzeugt worden, so gern ich mich sonst von besseren sachlichen Gründen überzeugen lasse.
Zunächst sagen Sie - und dafür habe ich durchaus Verständnis -, daß wahrscheinlich Ihr Herr Kollege im Landwirtschaftsministerium noch gar nicht genügend Siedlungsprojekte vorliegen hätte, um im Laufe des Jahres diese Mittel in Anspruch nehmen zu können. Aber wenn das so ist, Herr Finanzminister, dann riskieren Sie eigentlich nichts bei Annahme dieses Antrages. Denn solange der Herr Landwirtschaftsminister die Projekte nicht vorliegen hat, für die er das Geld braucht, kann er auch die Gelder nicht abfordern. Ich verstehe Ihren Standpunkt, Herr Finanzminister, nicht recht. Die Projekte sind noch nicht spruchreif, wie Sie uns versichern. Auf der anderen Seite aber sagen Sie uns: Ihr dürft den Antrag nicht annehmen, denn daraus könnten haushaltsmäßige Schwierigkeiten entstehen! - Das scheint mir ein Widerspruch zu Sein.
Nun zur Frage der Deckung. Ich habe im Haushaltsausschuß schwere Sorgen gehabt, als der nicht von uns erfundene, sondern aus Ihrem Haus stammende Deckungsvorschlag unterbreitet wurde, einen Betrag von rund 907 Millionen DM aus dem außerordentlichen Haushalt in den ordentlichen Haushalt zum Ausgleich des Ordinariums zu übernehmen. Eines ist jedenfalls klar: Das Geld wird, wenn es der Landwirtschaftsminister abrufen sollte zur Durchführung entscheidungsreifer Projekte - das ist ja immer die Voraussetzung -, auf alle Fälle gepumpt. Wenn die Beträge im außerordentlichen Haushalt stehen, werden die erforderlichen Mittel durch Anleihen flüssig gemacht. Wenn wir
({0})
die Transaktion durchführen, die Ihnen im Antrag Umdruck Nr. 1012 vorgeschlagen wird, dann werden ebenfalls aus Anleihemitteln die sonst im Ordinarium fehlenden Gelder genommen, die notwendig sind, um die Siedlungsvorhaben durchzuführen. Aber es besteht eben doch der Unterschied, daß bei Einstellung der Beträge ins Ordinarium der Fachminister tatsächlich über den Betrag wie über andere Beträge des ordentlichen Haushalts effektiv verfügen kann. Dagegen muß beim außerordentlichen Haushalt - ich habe im Haushaltsausschuß dafür gestimmt, daß wir eine entsprechende Klausel in das Haushaltsgesetz aufnehmen! - immer erst der Finanzminister zustimmen, wenn der Fachminister über Mittel des außerordentlichen Haushalts verfügen will. Wir haben die begründete Sorge, daß im vorliegenden Fall bei diesem Verfahren Schwierigkeiten entstehen könnten, die wir dem Kabinett ersparen möchten. Deshalb möchten wir gern dem Herrn Landwirtschaftsminister die Möglichkeit geben, im Rahmen des Ordinariums seines Hauses über die vorgesehenen Mittel zu verfügen.
Der in dem Antrag erwähnte Titel 0199 ist nach der Ausschußvorlage mit 907 Millionen DM dotiert. Er würde nach dem vorliegenden Antrag also auf 975 Millionen kommen. Das ist mir auch nicht sympathisch. Aber es ist hier wie in allen menschlichen Dingen: Es müssen eben Auswege gesucht werden! Es ist Ihnen, Herr Minister, im letzten Haushaltsjahr gelungen, 893 Millionen DM Anleihemittel zu bekommen, wie ich aus der Aufstellung über Einnahmen und Ausgaben im März 1953 gesehen habe. Ich bin mit Ihnen derselben Ansicht, wie Sie sie in Ihrem dieser Aufstellung beiliegenden Exposé zum Ausdruck gebracht haben, daß der in dieser Übersicht ausgewiesene Überschuß des Ordinariums 1952 von 2.492.666.000 sich zwangsläufig verringern wird, weil ja noch die Auslaufbeträge berücksichtigt werden müssen. Andererseits ist aber gegenwärtig die Haushalts- und Kassenlage nicht derartig schlecht, daß man bei richtiger Abwägung der politischen Momente, die für die Einstellung der Siedlungsbeträge in den ordentlichen Haushalt des Landwirtschaftsministers sprechen, und der Kassenlage nicht doch zu einem positiven Urteil gegenüber dem Antrag auf Umdruck Nr. 1012 kommen kann, wobei auch ich der Ansicht bin, daß Ziffer 4 wohl überflüssig ist. Die technischen Fragen müßten noch einmal von den Ressorts überprüft werden.
Ich bitte Sie, den Antrag auf Umdruck Nr. 1012 anzunehmen.
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.
Meine Damen und Herren! Nur damit sich in der Welt kein Mißverständnis festsetzt: Wenn ich den Herrn Vorredner richtig verstanden habe, dann sprach er davon, daß sich im Vorjahr ein Überschuß von etwa 2,4 Milliarden DM errechnet. Das ist mir unverständlich. Tatsächlich ist es so: Das vorige Jahr wird mit vieler List und etwas Glück ungefähr mit plus minus Null abschließen. Also von 2,4 Milliarden DM ist gar keine Rede. Ich bemerke, was ich vielleicht morgen deutlich auseinandersetzen kann: Wenn ich die rückständigen Besatzungskosten, die jeden Tag abgerufen werden können, einmal als Verpflichtung einsetze, dann habe ich heute bereits eine schwebende Schuld von wenigstens 1300 Millionen DM. So ungefähr liegen die Dinge tatsächlich.
Zweitens. Wenn es gelungen ist, im Vorjahr 839 Millionen DM als neue schwebende Schuld aufzunehmen, - welche Aufgabe steht in diesem Jahr vor uns, in dem wir den außerordentlichen Haushalt mit 1245 Millionen und daneben die Beträge haben, die wir bei der Bank deutscher Länder als Kreditoperation in Form von Schatzanweisungen im Zusammenhang mit der Einkommensteuerreform aufzunehmen haben, also insgesamt einen Betrag von rund 1900 Millionen DM? Sie werden es einem Finanzminister nicht übelnehmen, wenn er dieser Aufgabe, die vor .ihm steht, mit großer Sorge entgegensieht und deswegen davor warnt, einen Weg zu beschreiten, der mit unserem Verfassungsrecht über die Haushaltsgestaltung nichts mehr zu tun hat. Es war berechtigt, eine Kreditoperation zu machen, wenn ich die Sicherung hatte, daß die Kreditoperation gelingt, und wenn ich gesetzlich Vorsorge für die Rückzahlung getroffen hatte. Aber in das Blaue hinein den außerordentlichen Etat immer aufzuschwellen, nur damit wie hier ein Betrag aus dem außerordentlichen Haushalt in den ordentlichen Haushalt kommen kann, widerspricht dem Geist der Verfassung.
Ich bemerke außerdem: Es liegt auch sachlich ein anderer Irrtum vor. Es handelt sich nicht darum, den Herren von der Landwirtschaft im Bundesministerium die Dinge zu erleichtern. Man muß wissen, daß diese ganzen Planungen von den Ländern vorgenommen werden. Und wenn die Länder glauben, falls der Betrag in den ordentlichen Etat kommt, einen Rechtsanspruch haben, sich immer auf Kosten des Bundes, sagen wir einmal, großzügig zu zeigen, dann wird die Gefahr durch die Übernahme verdoppelt - ich glaube, daß an diesen Gesichtspunkt gar nicht gedacht worden ist -, wenn die Dinge im außerordentlichen Haushalt liegen.
Sie können überzeugt sein, daß die Bundesregierung für die Siedlung im Rahmen des Möglichen und im Rahmen dessen, was beschafft werden kann, ohnehin tut, was sie kann. Ich hoffe, daß auch in den kommenden Jahren für die Siedlung im ordentlichen Haushalt eine Regelung getroffen werden kann. Aber im ersten Jahr, in dem das Bundesvertriebenengesetz kam, nachdem der Haushalt schon aufgestellt war, den vollen Betrag oder meinetwegen auch den halben Betrag sofort in den ordentlichen Etat einzustellen, den Weg halte ich für unmöglich und muß deshalb nach wie vor bitten, den Antrag abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Niebergall.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Etat trägt der Lage unserer Landwirtschaft nicht Rechnung. In den letzten zwölf Monaten, aber besonders in dem letzten halben Jahr hat sich die Lage der Landwirtschaft bedeutend verschlechtert. An dieser Tatsache ändern auch nichts die Reden des Herrn Bundesministers für Landwirtschaft und Forsten und seiner Vertreter auf den verschiedensten Tagungen.
Heute steht einwandfrei fest, daß keines all der Versprechen des Herrn Bundeskanzlers, die er in Rhöndorf vor Bauern gemacht hat, eingehalten wurde. Gerade das Gegenteil ist eingetreten. Wäh({0})
rend die Landwirtschaft im Dezember 1952 noch eine Indexzahl von 201 aufwies, ist diese Zahl heute auf 191 gesunken. Bei Milch und anderen Produkten ist das in noch stärkerem Maße der Fall. Während die Preise für landwirtschaftliche Produkte sinken, ohne daß die Verbraucher etwas davon haben, steigen die Industriepreise fortgesetzt.
Die Gründe für diese Entwicklung liegen in der Preispolitik, wie sie durch die Bundesregierung und ihre Organe zugunsten der Großindustrie und zum Schaden der Landwirtschaft betrieben wird. Sie liegen weiter in der steuerlichen Belastung und der lächerlichen Hilfe für die Landwirtschaft und nicht zuletzt in der Liberalisierungspolitik der Bundesregierung. Das geht aus allen Entschließungen des Bauernverbandes, aus allen Tagungen der Bauern klipp und klar hervor.
({1})
Die Auswirkung dieser Politik ist katastrophal für unseren Obst- und Gemüsebau, für unseren Weinbau und unsere Milchwirtschaft. Das alles wird noch durch die Naturkatastrophe verschärft, die hinter uns liegt. Die Verschuldung nimmt zu. Die Bankrotte in der Landwirtschaft vermehren sich - das können Sie doch nicht bestreiten! -, und die Landflucht geht weiter vonstatten.
Die volle Verantwortung für diese Politik tragen die Bundesregierung und die Mehrheit dieses Hauses. Sie macht ja die Gesetze, die dann die Landwirtschaft treffen. Das geht auch klipp und klar aus dem Ansatz der Mittel hervor, die im Etat für bestimmte Zwecke vorgesehen sind. Was soll z. B. ein solch lächerlicher Betrag von 100 000 DM zur Förderung des Gemüse-, Obst- und Gartenbaues, der doch gewissermaßen vor dem Bankrott steht, wie die Leiter der betreffenden Organisationen auf den einzelnen Tagungen zum Ausdruck gebracht haben? Diese 100 000 DM reichen noch nicht einmal aus für die Obstbau- und die Gemüsebaugegenden der Stadt Ingelheim! Was soll man mit diesen 100 000 DM beginnen können? Oder was soll die lächerliche Summe von 500 000 DM zur Förderung des Weinbaues, oder was soll eine Summe von 4 520 000 DM zur Bekämpfung der pflanzlichen und tierischen Schädlinge einschließlich der Reblausbekämpfung in Anbetracht der Tatsache, daß wir für den Wiederaufbau und den ernsthaften Kampf gegen die Reblaus mehr als 600 Millionen DM brauchen? Was soll da ein solcher Betrag?
Die Länder sind nicht in der. Lage, von sich aus genügend Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Bund versagt diese Mittel und setzt eine solche geringe Position ein. Deshalb sind wir der Meinung, daß unsere Landwirte gut daran tun, wenn sie sich nicht auf die neuen Versprechungen, die man ihnen gegenwärtig gemacht hat, einlassen, sondern sich ernsthaft gegen eine solche Politik wehren. Außerdem haben unsere Landwirte die Möglichkeit, bei der kommenden Wahl ihre Stimmen für eine Änderung der Politik in die Waagschale zu werfen.
({2})
Meine Damen und Herren! Ich habe heute die Aufgabe gehabt, 7 1/2 Stunden diese Sitzung zu leiten, da die Herren Vizepräsidenten nicht anwesend sind. Ich bitte freundlichst, davon Notiz zu nehmen, daß ich mich nicht mehr imstande sehe, die Sitzung fortzusetzen.
({0})
Ich bitte, diese Beratung zu unterbrechen. Im übrigen empfehle ich dem Haus dringend, morgen vormittag Erwägungen darüber anzustellen, ob nicht auch in der zweiten Beratung des Etats Begrenzungen der Redezeit stattfinden müssen.
({1})
Ich habe bekanntzugeben, daß die für heute abend 21 Uhr 15 festgesetzte Sitzung des 26. Ausschusses, des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen, ausfällt.
Die Herren Abgeordneten Hedler und Ott haben die Zustimmung des Bundestages erbeten, in einer gegen den Abgeordneten Goetzendorff vor dem Schöffengericht Koblenz am 25. Juni anhängigen Strafsache wegen Beleidigung und Übertretung der Eisenbahnbetriebsverordnung als Zeugen vernommen werden zu können. Nach der Strafprozeßordnung ist diese Genehmigung nötig, da die Verhandlung außerhalb des Sitzes des Bundestages stattfinden soll. Ich schlage dem Bundestag vor, sich mit dieser Vernehmung einverstanden zu erklären. - Es bestehen dagegen keine Bedenken.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Donnerstag, den 25. Juni, 9 Uhr, und schließe die 275. Sitzung.