Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 267. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Berlin, Schriftfüher: Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach der Abgeordnete Odenthal für vier Wochen wegen Krankheit, der Abgeordnete Schill für drei Wochen wegen Krankheit, die Abgeordnete Frau Krahnstöver für drei Wochen wegen Krankheit, der Abgeordnete Kalbfell für zwei Wochen wegen Krankheit und der Abgeordnete Dr. Pferdmenges für zwei Wochen wegen Krankheit.
Ich darf unterstellen, daß das Haus die Erteilung dieses Urlaubs genehmigt. - Das ist der Fall.
Der Herr Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Freitag, Dr. Koch, Dr. Miessner, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Dirscherl, Dr. Brönner, Huth, Stierle, Jacobi, Wirths, Lücke, Dr. Tillmanns, Dr. Fricke, Sander, Reimann, Paul ({0}), Harig, Wönner und Gockeln.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Dr. Dresbach, Dr. Kopf, Wittenburg, Kuhlemann, Dr. Horlacher, Hagge, Agatz, Rische, Frau Thiele, Even, Jaffe, Langer.
Ich danke schön.
Der Herr Abgeordnete Dr. Mühlenfeld, der zum Botschafter im Haag berufen ist, hat mir mitgeteilt, daß er sein Mandat mit sofortiger Wirkung niederlegt. An seiner Stelle ist der Herr Abgeordnete Dr. Woltje in den Bundestag eingetreten. Ich heiße ihn herzlich willkommen und wünsche ihm eine ersprießliche Arbeit.
Ich habe infolge der längeren Sitzungspause nachträglich Glückwünsche auszusprechen dem Herrn Abgeordneten Tichi zum 72. Geburtstag am 16. Mai.
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Ich darf diese Gelegenheit benutzen, dem seif langer Zeit schwer erkrankten Herrn Abgeordneten Tichi von Herzen eine gute und schnelle Besserung zu wünschen.
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Weiter habe ich Glückwünsche auszusprechen der Frau Abgeordneten Niggemeyer zum 65. Geburtstag am 18. Mai
({2})
und dem Herrn Abgeordneten Dr. Becker ({3}) zum 65. Geburtstag am 25. Mai.
({4})
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 5. Mai 1953 nach erneuter Beratung zu den Vertragsgesetzen eine Entschließung gefaßt, die als Drucksache Nr. 4356 vervielfältigt worden ist.
Der Bundesrat hat weiter in seiner Sitzung am 22. Mai 1953 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:
Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung ({5});
Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft;
Viertes Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft;
Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten;
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der tierischen Erzeugung ({6});
Gesetz zur Ergänzung des Selbstverwaltungsgesetzes;
({7})
Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter ({8});
Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften;
Gesetz zur Milderung von Härten der Währungsreform ({9});
Gesetz über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau;
Zweites Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft ({10}).
Zu folgenden Gesetzen hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 22. Mai 1953 den Vermittlungsausschuß angerufen:
Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften
und zur Sicherung der Haushaltsführung;
Gesetz über die Verwaltung der Deutschen Bundespost ({11});
Gesetz über „öffentliche Versammlungen und Aufzüge ({12}).
In der gleichen Sitzung hat er dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Lastenausgleich nicht zugestimmt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 21. Mai 1953 die Kleine Anfrage Nr. 335 der Fraktion der FU ({13}) betreffend Beschwerden über die Praxis der Betriebsprüfungs- und Dienstfahndungsstellen der Finanzverwaltung - Drucksache Nr. 4279 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4379 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 28. Mai 1953 die Kleine Anfrage Nr. 337 der Fraktion der FU ({14}) betreffend Wirtschaftliche Auswirkungen der Einfuhr von Glaserzeugnissen und ähnlichen - Nr. 4322 der Drucksachen - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4405 vervielfältigt.
Meine Damen und Herren, zur heutigen Tagesordnung habe ich Ihnen zunächst vorzuschlagen, daß die Abstimmung in der Dritten Beratung des Entwurfs eines Bundesbeamtengesetzes bis 19 Uhr zurückgestellt wird, da eine größere Zahl von Abgeordneten auf Einladung des Herrn englischen Hohen Kommissars an einer Veranstaltung teilnimmt, die anläßlich der Krönung der englischen Königin heute stattfindet. Durch ihre Teilnahme an dieser Veranstaltung drücken diese Abgeordneten die Anteilnahme des Hauses und der Fraktionen an diesem für das englische Volk bedeutsamen Ereignis aus.
Weiter darf ich zur heutigen Tagesordnung entsprechend einer Vereinbarung im Ältestenrat noch folgendes vorschlagen: Nach Punkt 3 der Tagesordnung - also nach der Dritten Beratung des Bundesbeamtengesetzes - sind die Zweite und die Dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, FU ({15}) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes - Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht Drucksache Nr. 4370 - und nach Punkt 6 die Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit - Drucksache Nr. 4357 - einzufügen. - Das Haus ist, wie ich sehe, mit dieser Veränderung der Tagesordnung einverstanden.
Ich darf nun Punkt 1 der Tagesordnung aufrufen:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({16}) zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von einzelnen Vorschriften der Reichsabgabenordnung und des Steueranpassungsgesetzes ({17}).
Berichterstatter ist Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann. Darf ich ihn bitten, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Ihnen als Drucksache Nr. 4363 vorliegenden Antrag des Vermittlungsausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes habe ich folgendes zu berichten.
Der Bundestag hatte mit Art. I Ziffer 6 des Gesetzes zur Änderung von einzelnen Vorschriften der Reichsabgabenordnung und des Steueranpassungsgesetzes dem § 131 der Reichsabgabenordnung, der vom Erlaß, von der Erstattung und von der Anrechnung von Steuern handelt, eine aus fünf Absätzen bestehende Neufassung gegeben. Der Bundesrat verlangte die Streichung der Sätze 2 und 3 des Abs. 3 dieser Neufassung und wollte dem Satz 4 folgende Fassung gegeben wissen:
Das Zweite Gesetz über die Finanzverwaltung vom 15. Mai 1952 ({0}) bleibt unberührt.
Das Verlangen des Bundesrates war damit begründet, daß die in den Sätzen 2 und 3 des Abs. 3 enthaltene Regelung der Erlaß-, Erstattungs- und Anrechnungsbefugnis hinsichtlich der in Auftragsverwaltung gegebenen Steuern, die ganz oder teilweise dem Bund zufließen, sich bereits aus dem § 1 des Zweiten Gesetzes über die Finanzverwaltung ergebe. Die Wiederholung erscheine nicht nur überflüssig, sondern könne, da auch im Bereich der Auftragsverwaltung eine Mischverwaltung grundsätzlich nicht zulässig ist, nur zu Mißverständnissen und falschen Schlußfolgerungen führen. Wenn für andere Steuern als die Einkommen- und Körperschaftsteuer eine den zu streichenden Sätzen 2 und 3 entsprechende Regelung erforderlich werden sollte, so müsse diese zweckmäßig in das Zweite Gesetz über die Finanzverwaltung und nicht in die Abgabenordnung aufgenommen werden. Aus dieser Erwägung müsse nicht nur der § 1 des Zweiten Finanzverwaltungsgesetzes, sondern das ganze Gesetz zitiert werden. Der Vermittlungsausschuß schloß sich diesen Gedankengängen an.
Außer der Streichung der Sätze 2 und 3 des Abs. 3 hatte der Bundesrat auch die Streichung der Sätze 5 und 6 des Abs. 3 verlangt, die von der Erlaß-, Erstattungs- und Anrechnungsbefugnis hinsichtlich der von Bundes- oder Landesbehörden zwar verwalteten, aber weder dem Bund noch den Ländern zufließenden Steuern handeln. Das Streichungsverlangen des Bundesrats gründet sich darauf, daß die Erlaß-, Erstattungs- und Anrechnungsbefugnis ein Ausfluß der Verwaltungshoheit sei und daß nach Art. 108 Abs. 3 des Grundgesetzes die Verwaltung von Steuern, die ganz oder teilweise den Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden zufließen, nur durch die Länder, nicht aber durch Bundesgesetz den Gemeinden und Gemeindeverbänden übertragen werden könne. Für Steuern, die
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weder dem Bund noch den Ländern zufließen, gelte die gemeinsame Regel des § 131 Abs. 3 Satz 1, wonach die Erlaß-, Erstattungs- und Anrechnungsbefugnis der obersten Finanzbehörde der Körperschaft, die die Steuer verwaltet, oder den von ihr bestimmten Stellen zustehe. Hiernach haben die Länder die Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, für deren Rechnung sie die Steuern erheben, die Befugnis zum Erlaß, zur Erstattung und zur Anrechnung der ihnen zufließenden Steuern einzuräumen.
Der Vermittlungsausschuß trat auch hinsichtlich der Streichung der Sätze 5 und 6 des Abs. 3 den Erwägungen des Bundesrates bei. Nun bestimmt aber § 203 des Lastenausgleichsgesetzes, daß für die Ausgleichsabgaben nach diesem Gesetz die Vorschriften der Reichsabgabenordnung vorbehaltlich der Absätze 2 bis 5 des § 203 gelten. Abs. 5 des
§ 203 des Lastenausgleichsgesetzes sagt jedoch:
Die Anwendung des § 131 der Reichsabgabenordnung wird durch besondere Verwaltungsanordnung des Bundesministers der Finanzen geregelt.
Wird nun § 131 der Reichsabgabenordnung in der vom Bundesrat und vom Vermittlungsausschuß vorgeschlagenen Fassung verabschiedet, so geht er als neueres Gesetz dem § 203 Abs. 5 des Lastenausgleichsgesetzes vor, womit die Erlaß-, Erstattungs- und Anrechnungsbefugnis der obersten Finanzbehörden der die Lastenausgleichsabgaben verwaltenden Körperschaft zustehen würde. Durch
§ 204 des Lastenausgleichsgesetzes ist die Verwaltung der Lastenausgleichsabgaben den Landesfinanzbehörden als Auftragsverwaltung übertragen. Mithin wären nicht der Bundesfinanzminister, sondern die obersten Finanzbehörden der Länder zur Bestimmung über den Erlaß, die Erstattung und die Anrechnung sowie zum Erlaß von Richtlinien für gleichartige Fälle zuständig. Bei den Verhandlungen im Vermittlungsausschuß kam man zu der Überzeugung, daß ein solches Ergebnis für die Durchführung der Lastenausgleichsabgabe nicht erwünscht wäre, sondern daß Zweckmäßigkeitsrücksichten für die Aufrechterhaltung des § 203 Abs. 5 des Lastenausgleichsgesetzes sprechen, der die einheitliche Bundesverwaltungsanordnung durch den Bundesminister der Finanzen vorsieht.
Aus diesem Grunde schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß unter Ziffer 2 Buchstabe b vor, den schon erwähnten Satz 4 des § 131 Abs. 3 wie folgt zu fassen:
Das Zweite Gesetz über die Finanzverwaltung vom 15. Mai 1952 . . . und § 203 Abs. 5 des Lastenausgleichsgesetzes vom 14. August 1952 . . . bleiben unberührt.
Endlich trat in diesem Zusammenhang auch die Frage auf, ob in das Zweite Gesetz über die Finanzverwaltung vom 15. Mai 1952 nicht noch ein neuer § 5 eingefügt werden solle, der den § 1 dieses Gesetzes auch für die Abgabe Notopfer Berlin gelten läßt. Der Vermittlungsausschuß bejahte im Einverständnis mit dem Bundesfinanzministerium diese Frage. Er schlägt Ihnen daher in Ziffer 6 seines Antrags die Einfügung eines neuen Art. III in den Gesetzentwurf des Bundestags mit der Folge vor, daß die bisherigen §§ 5 und 6 des Zweiten Gesetzes über die Finanzverwaltung nunmehr §§ 6 und 7 und die bisherigen Art. III bis V des vorliegenden Gesetzentwurfs nunmehr Art. IV bis VI werden.
Das ist die erste Gruppe von Anträgen.
Zu einer längeren Aussprache führte der Antrag des Bundesrats, die in Art. I Ziffer 7 der Gesetzesvorlage enthaltene Bestimmung zu streichen und damit die 6000-DM-Grenze des § 161 Ziffer 1 Buchstaben d und e der Abgabenordnung für die Verpflichtung zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und der Land- und Forstwirtschaft aufrechtzuerhalten. Der Bundesrat begründete die Ablehnung der Erhöhung der Grenze von 6000 DM auf 9000 DM damit, daß die Grenze für die Buchführungspflicht nicht nur für die Besteuerung, sondern auch für eine ordnungsgemäße Betriebswirtschaft Bedeutung habe. Eine Heraufsetzung der Grenze auf 9000 DM erscheine auch bei Berücksichtigung der Preisentwicklung nicht vertretbar. Für die Beibehaltung der bisherigen Grenze spreche, daß andernfalls die Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft vom 1. Juni 1949 geändert werden müßte, daß die Änderung der Zustimmung des Bundesrats bedürfe und kaum bis zum 1. Juli 1953 zu erholen sei. Im übrigen könne die landwirtschaftliche Besteuerung nicht durch eine Änderung der Buchführungsbestimmungen auf neue Grundlagen gestellt werden; man müsse ihre Reform der großen Steuerreform überlassen und das Ergebnis der neuen Einheitsbewertung abwarten.
Bei den Beratungen des Vermittlungsausschusses wurde von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen, daß es im wohlverstandenen Interesse der Landwirtschaft liege, wenn sie angehalten werde, Bücher zu führen. Von etwa zwei Millionen landwirtschaftlichen Betrieben sind nur etwa 25 bis 30 % tatsächlich einkommensteuerpflichtig. Von diesen unterliegen nur etwa 70 000 Betriebe einer Buchführungspflicht und werden demgemäß nach Maßgabe des wirklichen Reinertrags zur Steuer herangezogen. Von 677 000 forstwirtschaftlichen Betrieben haben nur etwa 1400 in der Größe von 200 ha und mehr eine Buchführung, die eine Gewinnermittlung nach § 34 des Einkommensteuergesetzes ermöglicht.
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Fast regelmäßig besteht außerdem bei ihnen eine Verbindung mit der Landwirtschaft. Schon daraus ergeben sich die mißlichen Folgen einer Heraufsetzung der Freigrenze der Buchführungspflicht von 6000 auf 9000 DM. Im übrigen liegt nach den Erfahrungen der Finanzverwaltung der nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen ermittelte Gewinn erheblich unter dem tatsächlichen Gewinn; der auf ein Zwölftel des Einheitswerts angesetzte Grundbetrag des Gewinns hätte für das Wirtschaftsjahr 1950/51 bereits auf ein Achtel des Einheitswerts und für das Wirtschaftsjahr 1951/52 auf ein Sechstel desselben erhöht werden können. Die Fortführung der Durchschnittssätze bedeutet also eine ganz erhebliche Begünstigung der nicht buchführenden Landwirte, die bei einer Erhöhung der Freigrenze von 6000 auf 9000 DM einem noch größeren Kreis von Landwirten als bisher zugute käme.
Die Anregung, Art. I Ziffer 7 des Gesetzes erst am 1. Juli 1954 in Kraft treten zu lassen, fand im Vermittlungsausschuß keine Gegenliebe.
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Auch der Gedanke einer unterschiedlichen Behandlung der Buchführungspflicht der Gewerbetreibenden und der Land- und Forstwirtschaft erschien nicht empfehlenswert.
Der Vermittlungsausschuß beschloß daher gleichfalls, die Streichung des Art. I Ziffer 7 vorzuschlagen. Das hat die Folge, daß die Ziffern 8 bis 11 des Art. I in Ziffern 7 bis 10 zu ändern sind.
Die vom Bundesrat zu Art. 1 Ziffer 8 des Gesetzentwurfs vorgeschlagene Neufassung des § 202 Abs. 2 der Abgabenordnung begegnete einem erheblichen Widerspruch, der sich insbesondere gegen die Umwandlung des Erzwingungsgeldes in eine Erzwingungshaft durch die Finanzgerichte statt durch die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit richtete. Der Hinweis auf § 16 des VerwaltungsVollstreckungsgesetzes vom 27. April 1953, der die Umwandlung des Zwangsgeldes in Ersatzzwangshaft durch das Verwaltungsgericht vorsieht, drang nicht durch. Es wurde geltend gemacht, daß den Finanzgerichten die Erfahrung für diese ihnen bisher fremde Aufgabe fehle. Ober die Freiheit der Person sollten grundsätzlich nur die ordentlichen Gerichte entscheiden. Es sei richtiger, den § 16 des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes zu ändern, als weitere Fälle dieser Art zu schaffen.
Der Vermittlungsausschuß beschloß, zunächst einen Formulierungsvorschlag des Bundesjustizministeriums einzuholen, der dann in der Sitzung des Ausschusses vom 21. Mai 1953 auch angenommen wurde. Er entspricht dem unter Ziffer 4 des Antrags des Vermittlungsausschusses enthaltenen Fassungsvorschlag. Hiernach wird das Erzwingungsgeld im Falle der Uneinbringlichkeit auf Antrag des Finanzamts durch Beschluß des Amtsgerichts nach pflichtgemäßem Ermessen in Erzwingungshaft
umgewandelt. Als zuständig ist das Amtsgericht erklärt, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat oder in Ermangelung eines Wohnsitzes sich aufhält. Für das Umwandlungsverfahren gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung, wobei das Zitat des § 911 ZPO weggelassen wurde, weil diese Bestimmung den Haftkostenvorschuß regelt, der im Verhältnis zu den Finanzbehörden nicht erhoben wird. Das Amtsgericht hat durch Beschluß zu entscheiden. Der Steuerpflichtige ist zu hören.
Eine ausführliche Erörterung ergab sich endlich zum letzten Antrag des Bundesrats, die in Art. I Ziffer 10 vorgeschlagene Neufassung des § 316 der Abgabenordnung insoweit zu ändern, als die Kostenerstattung im Einspruchsverfahren und im finanzgerichtlichen Verfahren in Betracht kommt. Der Bundesrat hat die Kostenerstattung im Einspruchsverfahren schlechthin abgelehnt, weil dieses Verfahren seinem Wesen nach ein verlängertes Veranlagungsverfahren darstellt, in dem die entscheidende Stelle ihre eigene Entscheidung überprüft.
Der Vermittlungsausschuß schloß sich insoweit der Stellungnahme des Bundesrats an, weil die Befürchtung, daß sich mit der Kostenerstattung im Einspruchsverfahren die Zahl der Einspruchsentscheidungen zuungunsten des Abschlusses des Einspruchsverfahrens durch eine Berichtigung nach § 94 der Abgabenordnung vermehren werde, nicht von der Hand gewiesen werden kann. Hingegen fand das auch in zahlreichen Eingaben aus Anwaltskreisen und aus den Kreisen der geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistenden Personen nachdrücklich bekämpfte Verlangen des Bundesrats, die Kostenerstattung im finanzgerichtlichen Verfahren im Hinblick darauf, daß die Erstattung der Kosten des Gegners in diesem Verfahren nicht in Frage kommt, auf ,die Gewährung nur einer Gebühr nach Maßgabe der Gebührenordnung für Rechtsanwälte zu beschränken, im Vermittlungsausschuß wenig Anklang. Man einigte sich auf die Ihnen in Ziffer 5 der Drucksache Nr. 4363 vorgeschlagene Regelung, wonach nur die im finanzgerichtlichen Verfahren entstandenen Kosten erstattet werden, und zwar, wenn Rechtsanwälte zugezogen sind, die vollen, also die drei Gebühren, und wenn andere Personen zugezogen werden, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, bis zum Erlaß amtlicher Gebührenordnungen für die Tätigkeit dieser Personen die von ihnen erhobene Gebühr bis zur Höhe der Anwaltsgebühren.
Ich bitte, nunmehr den Vorschlägen des Vermittlungsausschusses, hinsichtlich deren eine gemeinsame Abstimmung über die Änderungen vom Vermittlungsausschuß nicht für erforderlich erachtet wurde, Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Zur Abgabe einer Erklärung Herr Abgeordneter Schmücker.
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Der Bundestag hat am 25. März mit
einer sehr großen Mehrheit, nahezu einstimmig,
der Änderung der Reichsabgabenordnung die Zustimmung gegeben. Auch in der Einzelabstimmung
zur Erhöhung der Buchführungspflichtgrenze Art. I Ziffer 7 - war die Mehrheit recht beträchtlich. Trotzdem hat es der Bundesrat für richtig gehalten, den Vermittlungsausschuß anzurufen. Eine
Mehrheit im Vermittlungsausschuß gab den Bedenken der Finanzverwaltungen nach, so daß
wesentliche Teile der vom Bundestag gutgeheißenen Änderung der Reichsabgabenordnung in Gefahr geraten sind. Namens der Antragsteller
wiederhole ich als Erklärung die Stellungnahme,
die vor Beratung im Vermittlungsausschuß dessen
Mitgliedern von uns zugeleitet worden ist:
Die Erhöhung der Buchführungspflichtgrenze von 6000 auf 9000 DM ist nur eine sehr schwache Angleichung an die Währungsveränderungen. Für Betriebe mit einem Gewerbeertrag unter 9000 DM ist es nicht nur ausreichend, sondern für deren Übersichtlichkeit viel besser, wenn eine einfache Aufzeichnung entsprechend den Vorschriften vorgenommen wird. Übersichtliche Tatbestände sollte man nicht durch komplizierte Rechnungsmethoden unklar machen. Das gilt sowohl für das kontrollierende Finanzamt, vor allem aber für den selbständigen Gewerbetreibenden, der zwar sein Geschäft übersieht, aber nicht mehr die ihm zugemutete Buchführung. Die harten Anforderungen einer Buchführung mit Vermögensvergleich schwächen nicht nur die Produktionskraft des kleinen Unternehmers, sie nehmen ihm auch die Freude an seinem unternehmerischen Wagnis, bei dem er im Gegensatz zu vielen anderen sein ganzes Vermögen riskieren muß.
Wir möchten daraus schlußfolgern, daß gerade im Interesse einer ordnungsmäßigen Betriebswirtschaft, aber auch für die Aufrechterhaltung der Freude am selbständigen Unternehmen die Heraufsetzung der Buchführungspflichtgrenze
auf 9000 DM dringend erforderlich ist.
({0})
Hinweisen möchten wir noch darauf, daß die Befreiung von der Buchführungspflicht ja nur eine Befreiung von einem komplizierten Vermögensvergleich bringt. Die Aufzeichnungspflicht bleibt in vollem Umfange bestehen.
Was für die Gewerbetreibenden gilt, trifft auch für die Landwirtschaft zu. Gerade weil es sich um Durchschnittssätze handelt, dürfte eine Anpassung an die veränderten Währungsverhältnisse leichter möglich sein. Noch mehr aber gilt es für den Landwirt, daß er aus seinem Beruf heraus nicht in der Lage ist, eine Buchführung mit Vermögensvergleich durchzuführen. Eine solche Buchführung ist auch betriebswirtschaftlich nicht unbedingt erforderlich. Es ist bedauerlich, daß die Mentalität des kleinen Unternehmers und der mittleren Landwirte so wenig verstanden wird. Was für einen geübten Fachmann ein einfachster Fragebogen ist, das ist für den in der Landwirtschaft Tätigen immer noch eine greuliche Sache. Man sollte diese Menschen nicht mehr quälen, als es unvermeidbar ist. Wir fügen hinzu: Der vorliegende Vermittlungsvorschlag ist in Ziffer 3 leider eine Absage an die
mittelständischen Kreise, die um eine Erleichterung
in ihrer bürokratischen Belastung seit langem bitten. Wie dringend dieses Anliegen ist und wie berechtigt die Bitte um Abhilfe, dürfte keinem Kollegen entgangen sein, der noch Verbindung mit
diesen Kreisen hat. Da der Vorschlag des Vermittlungsausschusses eine Vertagung auf unbestimmte Zeit und damit eine Verlängerung der überhöhten verwaltungsmäßigen Belastung bedeutet, kann
er von uns nicht angenommen werden.
Wir bitten daher das Hohe Haus, Ziffer 3 des Vorschlages des Vermittlungsausschusses abzulehnen. Wir meinen, daß die Volksvertretung in dieser wichtigen Sache bei ihren Beschlüssen bleiben und der Verwaltung nicht nachgeben sollte.
Ich darf Sie also noch einmal namens der Antragsteller aus den Koalitionsparteien, der CDU/ CSU, der FDP und DP, sowie auch im Auftrage der Föderalistischen Union ({1}) bitten, Ziffer 3 der Drucksache Nr. 4363 abzulehnen und im übrigen der Vorlage zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Schoettle!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion ist zwar der Meinung, daß es auch den kleineren und mittleren Betrieben nicht schaden würde, wenn sie zu einer soliden Buchführung angehalten würden, und daß es keineswegs so ist, daß betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte gegen eine solche Verpflichtung zur Buchführung sprechen. Nachdem aber Herr Kollege Schmücker hier im Namen der Koalition die Erklärung abgegeben hat, daß seine Freunde gegen die Ziffer 3 des Vermittlungsvorschlages stimmen werden, sehen wir uns nicht in der Lage, für diese Ziffer 3 zu stimmen. Wir werden deshalb ebenso ablehnen.
({0})
Keine weitere Erklärung? - Meine Damen und Herren, ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses. Ich lasse ziffernweise abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die der Ziffer 1 der Drucksache Nr. 4363 zuzustimmen wünschen, um ein
Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; Ziffer 1 ist angenommen.
Ich stelle die gleiche Frage zu Ziffer 2. - Ziffer 2 ist angenommen.
Ziffer 3. Wer ist für Ziffer 3? - Niemand! Ich stelle fest, daß Ziffer 3 abgelehnt ist. Eine Gegenprobe erübrigt sich nach der Geschäftsordnung.
Ziffer 4. Wer ist für Ziffer 4? - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Wer ist für Ziffer 5? - Das ist die Mehrheit. Ziffer 6? - Das ist die Mehrheit.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses unter Berücksichtigung der Abstimmungsergebnisse bei den einzelnen Ziffern - das heißt also unter Wegfall der Ziffer 3, um es deutlich zu machen - zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die überwiegende Mehrheit; der Antrag des Vermittlungsausschusses ist in dieser Form angenommen.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Atzenroth, Dr. Schäfer und Fraktion der FDP betreffend Aufwertung von Anleihen der öffentlichen Hand ({0}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 10 Minuten und eine Aussprachezeit, falls eine Aussprache gewünscht wird, von 60 Minuten vor. - Das Haus ist damit einverstanden.
Zur Begründung Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth, bitte.
Dr. Atzenroth ({1}), Anfragender: Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage meiner Fraktion auf Drucksache Nr. 4305 ist aus der Sorge entstanden, daß die Lösung eines so wichtigen Problems in nicht zu vertretender Weise weiter verzögert wird. Ich darf daran erinnern, daß die Bundesregierung in ihrer Regierungserklärung eine gerechte Lösung des Sparerproblems versprochen hat und daß der Herr Bundesfinanzminister vor dem Unterausschuß für ein Altsparerentschädigung die Erklärung abgegeben hat, er werde dem Bundestag ein Gesetz vorlegen, nach dem eine entsprechende Regelung, wie sie für die aus dem Lastenausgleich zu bedenkenden Altsparer besteht, auch für die Gläubiger von Anleihen der öffentlichen Hand erfolgen solle. Das ist bisher nicht geschehen.
Ich habe dem Herrn Bundesfinanzminister am 27. März, also vor mehr als zwei Monaten, im Auftrage meiner Fraktion geschrieben und ihn um eine Mitteilung darüber gebeten, bis wann mit der Vorlage des angekündigten Entwurfs zu rechnen sei. Es tut mir leid, hier feststellen zu müssen, daß wir auf dieses Schreiben keine Antwort erhalten haben. Uns blieb daher nur der Weg dieser Großen Anfrage offen, um zu der Antwort zu gelangen, die von einem großen Teil der deutschen Wertpapiersparer so dringend gefordert wird.
Wenn überhaupt von. einem Unrecht bei der Währungsreform gesprochen werden kann, so ist es diesem durch unsere Anfrage angesprochenen Kreis zugefügt worden. Der kleinste Aufwertungssatz beträgt bekanntlich 5 %. Auf ihn müssen übrigens die in Westdeutschland lebenden Gläubiger von Berliner Sparkassen immer noch warten. Die Gläubiger des Reiches, der Reichsbahn, der Reichspost und des ehemaligen Landes Preußen sind aber bisher leer ausgegangen. Die Schuldner haben zwar beträcht({2})
liche Vermögenswerte übernommen, bisher jedoch in keiner Weise den Willen gezeigt, nun auch die darauf lastenden Schulden zu begleichen. Der Bund ist sogar so weit gegangen, die Verbindlichkeiten des Reiches gegenüber ausländischen Gläubigern anzuerkennen und zu regeln - ich erinnere an das Londoner Schuldenabkommen -, aber er versagt sich vorläufig der Regelung für seine inländischen Gläubiger. Soviel zu dem Punkt 1.
Zu dem Punkt 2 unserer Anfrage kann ich mich ganz kurz fassen. Die Forderung nach Gleichstellung mit den im Altsparergesetz berücksichtigten Gläubigern ist vom Herrn Bundesfinanzminister ausdrücklich als berechtigt anerkannt worden. Auch der Unterausschuß für eine Altsparerentschädigung war sich darüber einig, daß hier eine völlig analoge Regelung getroffen werden müsse. Voraussetzung dazu ist aber die in Punkt 1 unserer Anfrage geforderte Umstellung.
Nun wird man mir einwenden, daß unser Verlangen doch fast eine Utopie sei. Der Betrag der Reichsanleihen allein wird auf rund 400 Milliarden Reichsmark geschätzt. Dagegen verschwinden die übrigen Titel. Wenn man sich auf die in Publikumshand befindlichen Titel beschränken wollte, so käme bei einer 10 %igen Aufwertung immer noch die gewaltige Summe von etwa 5 Milliarden DM in Frage. Ich gestehe Ihnen ohne weiteres, daß ich mich für eine Regelung im jetzigen Zeitpunkt nicht einsetzen würde, wenn diese Beträge von den heutigen Steuerzahlern zusätzlich aufgebracht werden müßten. Das kann man von den so überlasteten Bürgern auf keinen Fall verlangen. Aber das ist auch nicht nötig. Selbst bei den sozial schwächsten Gruppen, die auf Wohlfahrtsunterstützung angewiesen sind, fordert der Staat, daß sie zunächst 31 ihre letzten Vermögensreste veräußern und einsetzen, bevor die Unterstützung wirksam wird.
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Warum kann man das gleiche nicht vom Staat verlangen?
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Es ist ein geradezu grotesker Zustand, daß derselbe Staat, der sich weigert, seine Schulden zu bezahlen, Vermögen über Vermögen anhäuft. In jedem Jahr werden Steuermittel dazu verwendet, das gewerbliche Vermögen von Bund und Ländern zu vergrößern, und niemand von uns hat eine klare Vorstellung darüber, wie groß dieses Vermögen inzwischen eigentlich geworden ist. Herr Minister Schäffer, ich weiß, daß man in Ihrem Ministerium stets über sehr gute Zahlenunterlagen verfügt und daß man diese Unterlagen immer im geeigneten Moment zur Hand hat, wenn man Argumente unangenehmer Anfragen entkräften will. Aber ich glaube, daß nicht einmal Sie exakt wissen, wie groß dieses Vermögen ist. Sie fordern von jedem Steuerzahler einen bis ins kleinste gehenden Nachweis über seinen Vermögensstand. Warum lassen Sie nicht dieselben Grundsätze auch für den Staat gelten?
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Warum verschanzen Sie ,sich hinter die kameralistische Buchführung, die mein Lehrer Professor Schmalenbach schon vor 30 Jahren als ein großes Übel bezeichnet hat? Geben Sie uns recht bald eine ordnungsmäßige Vermögensaufstellung und lassen Sie die durch eigene Buchprüfer überprüfen! Dann wird sich zeigen, daß es sich zu einem großen Teil um Vermögensanlagen handelt, die nicht unbedingt vom Staat betrieben werden müssen. Diese würden als Aktiengesellschaften oder in anderer privatrechtlicher Struktur wahrscheinlich viel wirkungsvoller arbeiten, wenn sie in den frischen Wind der Konkurrenz im Rahmen der Marktwirtschaft kämen, und wenn Sie diese Aktien oder Anteile Ihren Gläubigern übergäben, so ware die Finanzierungsfrage sehr leicht gelöst. Es entstehen nämlich kaum Schwierigkeiten in der Bewertung, denn der Markt sorgt schnell für die Feststellung des wahren Wertes, und Ihre Gläubiger, die durch den Besitz von Wertpapieren entschädigt werden sollen, werden sich mit einer solchen Regelung gern einverstanden erklären. Aber zu einer solchen Lösung muß man sich auch grundsätzlich durchringen.
Was haben Sie alles in Ihrem Besitz, angefangen von Industrieunternehmen wie Automobilfabriken - ich weiß, daß die Besitzverhältnisse hier noch nicht völlig geklärt sind - über Elektrowerke, Aluminiumfabriken, Stickstoffunternehmungen, Steinkohlenzechen, chemische Fabriken usw.! Mir wird auch von bundeseigenen Mühlen berichtet. Was wollen Sie damit eigentlich anfangen bei der Übersetzung, die gerade in diesem Gewerbe herrscht? Ich erinnere Sie daran, daß in der Presse vor noch nicht langer Zeit von einem staatlichen Warenhaus der Sozialisierung gesprochen worden ist. Aber die Tendenz in Ihrem Ministerium geht leider in entgegengesetzter Richtung. Wie könnte man sich sonst mit einer Beteiligung des Bundes an einer deutschsüdamerikanischen Handelsgesellschaft befassen? Ich habe auch Sorgen um die Entwicklung im Rahmen des EVG-Vertrages. Da sollen Pläne zur Errichtung staatlicher Kantinen gerade von Ihrem Ministerium gefördert werden. Ich glaube, meine Damen und Herren, hier ist größte Wachsamkeit am Platze. Wer auf einem Vermögen sitzt, will nur schwer wieder davon herunter, und gut bezahlte Aufsichtsratsposten locken sehr.
Im Haushaltsjahr 1951/52 sind auf dem gewerblichen Sektor ohne Verkehrsbetriebe 22,5 Millionen DM und im folgenden Haushaltsjahr sogar 45 Millionen DM aus Steuermitteln für solche Zwecke zur Verfügung gestellt worden. Und dann kommt gleich ein weiterer Schritt: Sie brauchen eine eigene Bank, um dieses Vermögen zu finanzieren. Die Öffentlichkeit hat diese Dinge bisher ohne große Anteilnahme verfolgt, weil sie sich im allgemeinen hinter einem Schleier von sehr dürftigen Mitteilungen abgewickelt haben. Sie müssen sich aber darüber klar sein, daß die große Masse des deutschen Volkes eine solche Politik scharf verurteilt. Sie entspricht nicht der Vorstellung, die sich die Mehrheit der Wähler von der sozialen Marktwirtschaft gemacht hat. Hier muß daher eine schnelle und radikale Umkehr erfolgen.
Finanziell kann sich eine solche Wandlung für den Staat nur günstig auswirken. Die Einnahmen, die der Bund aus dem gewaltigen Vermögen zur Zeit bezieht, sind mehr als dürftig. Das wird mit einem Schlage anders werden, wenn die Betriebe nunmehr konkurrenzfähig werden müssen und wenn sie das berechtigte Bestreben erhalten, Gewinne zu erzielen. Dann werden auch Sie und alle Finanzminister davon profitieren, denn es wird Ihnen ja bekannt sein, daß von den Gewinnen der Kapitalgesellschaften der weitaus größte Teil in Form von Steuern an den Staat fließt.
Wenden Sie mir bitte nicht ein, für viele in der Hand des Staates befindliche Unternehmungen sei ein solches Verfahren nicht möglich. Das gebe ich ohne weiteres zu. Aber es bleiben genügend Vermögenswerte. um die in den Punkten 1 und 2
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unserer Anfrage geforderten Leistungen zu er- i bringen. Gegen diese Pläne sind schon Vorwürfe erhoben worden, und man hat davon gesprochen, es werde wertvollstes Volksgut an Großspekulanten verschleudert. Das Gegenteil ist richtig. Nach unserem Plan soll eine große, ich glaube, MillionenZahl von deutschen Menschen diese Anteilsrechte erhalten. Dabei handelt es sich zum Teil um Personen, die bei allen unseren sozialen Maßnahmen am schlechtesten weggekommen sind. Die Sozialrenten haben eine Aufwertung erfahren, die vielleicht nicht voll befriedigend ist. Diejenigen Menschen aber, die die Sicherung ihres Lebensabends auf das Sparen in Wertpapieren aufgebaut haben, sind bisher leer ausgegangen. Sie stehen in vielen Fällen schlechter da als jeder Sozialrentner.
Ich glaube, Herr Bundesfinanzminister, daß Sie mit uns darin einig sind, daß etwas geschehen muß, denn Sie haben es ja selbst versichert. Aber handeln Sie schnell und so, wie man es von einer Regierung erwarten muß, die unter dem Aufruf zur sozialen Marktwirtschaft gewählt wurde und in der Durchführung der sozialen Marktwirtschaft ihre großen Erfolge errungen hat.
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Zur Beantwortung der Großen Anfrage der Herr Bundesminister der Finanzen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung ist sich dessen bewußt, daß die in London erfolgte Regelung der deutschen Auslandsverbindlichkeiten der öffentlichen Hand nunmehr die gesetzliche Regelung auch der Gesamtfrage der deutschen inneren Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand, insbesondere des Reiches und des ehemaligen Landes Preußen, erforderlich macht. Der Herr Bundeskanzler hat in der 262. Sitzung des Bundestags am 29. April 1953 anläßlich der Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Londoner Schuldenabkommen bereits auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung der deutschen Inlandsschulden der öffentlichen Hand hingewiesen, dabei aber auch zum Ausdruck gebracht, daß eine Regelung der deutschen Inlandsschulden ohne die vorausgegangene Regelung der deutschen Auslandsschulden bisher nicht möglich gewesen sei. Eine gesetzliche Regelung des Problems der inneren Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand ist nunmehr auch deshalb dringlich geworden, weil in der Anlage I Ziffer 6 zum Londoner Schuldenabkommen die ausländischen Reichsbankgläubiger des Reiches, der Reichsbahn, der Reichspost und des ehemaligen Landes Preußen sich bereit erklärt haben, sich hinsichtlich ihrer Forderungen der InländerBehandlung zu unterwerfen, sofern eine gesetzliche Regelung dieser Verbindlichkeiten bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres erfolgt. Schließlich mag auch noch darauf hingewiesen werden, daß die a ußerordentlichen Kapitalaufwertungskonten, die nach § 37 des D-Mark-Bilanzgesetzes in die D-Mark-Eröffnungsbilanz eingestellt werden konnten, sofern in der Bilanz erhebliche Vermögensteile mit Erinnerungsposten, im wesentlichen mit Erinnerungsposten für Forderungen gegen das Reich angesetzt waren, binnen sechs Jahren auszugleichen sind. Es ist für die bilanzierenden Kaufleute von wesentlicher Bedeutung, baldmöglichst einen Überblick zu erhalten, in welchem Umfang ein solcher Ausgleich durch Umstellung der Forderungen gegen das Reich erfolgen kann.
Es ist allerdings nicht möglich, entsprechende Gesetzentwürfe noch so rechtzeitig vorzulegen, daß eine Verabschiedung noch in dieser Wahlperiode erfolgen kann.
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Eine solche Zusage ist von mir auch nicht gegeben worden. In der dritten Sitzung des Unterausschusses Altsparerentschädigung des Bundestages, auf welche die Große Anfrage Bezug nimmt, habe ich lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Regelung der Verpflichtungen der öffentlichen Hand Aufgabe der allgemeinen Haushalte sei und besonderer gesetzlicher Regelung vorbehalten bleibe. Es wird jedoch angestrebt, schon im Hinblick auf den erwähnten, zugunsten der ausländischen Reichsmark-Gläubiger in London vereinbarten Termin, noch dem derzeitigen Kabinett den Entwurf über eine gesetzliche Regelung der verbrieften Schulden des Reiches, der Reichsbahn, Reichspost und des ehemaligen Landes Preußen vorzulegen sowie ein Ergänzungsgesetz zum Wertpapierbereinigungsgesetz, durch das auch die erwähnten titulierten Forderungen in das Bereinigungsverfahren einbezogen werden. Mit einer gesetzlichen Regelung dieser verbrieften Schulden ist dem Verlangen der ausländischen Gläubiger im wesentlichen Genüge getan, da die nicht verbrieften Forderungen ausländischer Gläubiger zum ganz überwiegenden Teil auf Grund des Pariser und Potsdamer Reparationsabkommens sowie der von den Alliierten mit Italien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Finnland geschlossenen Friedensverträgen abgegolten sind.
Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang auch die weitere Frage zu prüfen haben, ob und in welchem Umfang eine Gleichstellung der Gläubiger von Anleihen der öffentlichen Hand mit den Altsparern, die aus dem Lastenausgleichsgesetz befriedigt werden, möglich ist. Ich darf darauf hinweisen, daß gerade die Altsparerregelung eine besonders schwerwiegende Problematik in bezug auf das Gebiet der Anleihen des Reiches und des Landes Preußen aufgeworfen hat und daß die Frage einer etwaigen Aufstockung des hinsichtlich der Reichsanleihen noch festzusetzenden allgemeinen Umstellungssatzes deshalb einem weiteren Gesetz überlassen bleiben muß. Die Bundesregierung ist sich aber darüber klar, daß eine Vorwegnahme der verbrieften Reichsschulden jedenfalls nur dann vertretbar ist, wenn gleichzeitig auch ein Weg eröffnet wird, bei Vorliegen besonderer Härten auch den Personen zu helfen, die als Gläubiger nicht verbriefter Forderungen gegen das Reich oder das Land Preußen durch die Nichtumstellung dieser Forderungen oder den Wegfall des Schuldners in eine besondere Notlage geraten sind. Im übrigen wird daran festgehalten, was ich schon wiederholt erklärt habe, daß der Gesamtkomplex der nicht verbrieften Forderungen gegen das Reich und sonstige öffentliche Rechtsträger abschließend erst nach Durchführung eines entsprechenden Anmeldegesetzes, das sich bereits in Ausarbeitung befindet, geregelt werden kann.
Zu der Frage, in welcher Form Mittel für die Aufwertung der Anleihen der öffentlichen Hand bereitzustellen sein werden, kann erst im Zusammenhang mit der Vorlage der Gesetzentwürfe und im Zusammenhang mit der Beratung der künftigen
({1})
I Bundeshaushalte Stellung genommen werden. Schon jetzt halte ich mich allerdings für verpflichtet, auf folgendes aufmerksam zu machen. Die Frage der inneren Schulden des Reiches, des Landes Preußen und sonstiger öffentlicher Rechtsträger kann aus finanzpolitischen Erwägungen nur im Zusammenhang mit allen anderen bei der Liquidation des Krieges sich ergebenden Entschädigungen gesehen werden. Ein Teil dieser Fragen hat zwar bereits mit dem Inkrafttreten des Bundesversorgungsgesetzes, des Ausführungsgesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes und des Lastenausgleichsgesetzes einschließlich der Altsparerregelung seine Lösung gefunden. Ein weiteres wichtiges Teilgebiet ist von der Bundesregierung in dem soeben dem Bundesrat zugeleiteten Entwurf eines Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung behandelt worden. Einer Regelung bedürfen jedoch noch vor allem die Probleme der Reparations- und Restitutionsschäden sowie der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Reiches. Nur wenn man sich die Tragweite all dieser Entschädigungsprobleme vor Augen hält, wird man entscheiden können, welche Lösung hinsichtlich der inneren Reichsverbindlichkeiten ohne Gefährdung unserer Finanzstabilität und damit unserer Währung möglich ist.
Meine Damen und Herren! Sie haben die Beantwortung der Großen Anfrage gehört. Ich frage, ob eine Aussprache gewünscht wird.
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- Jetzt werden es langsam 30 Abgeordnete. Also die Aussprache findet statt. Wer wünscht das Wort? - Herr Abgeordneter Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Großen Anfrage möchte ich namens meiner Freunde folgendes sagen. Wir haben uns in dem Ausschuß für den Lastenausgleich bei den Beratungen über das Altsparerproblem sehr eingehend und gründlich mit der Frage der Anleihen der öffentlichen Hand befaßt. Wir waren uns vollkommen dessen bewußt, daß es nicht möglich sein würde, diese Frage der Anleihen der öffentlichen Hand und ihrer Behandlung im Sinne einer Entschädigung aus Mitteln des Lastenausgleichsfonds zu lösen. Darum haben wir den Herrn Bundesfinanzminister gebeten, uns Auskunft zu geben, welche Lösung die Bundesregierung für diese Frage sehe, und erst als die Bundesregierung durch den Mund des Herrn Bundesfinanzministers, wie das mein Kollege Atzenroth bereits begründet hat, erklärte, daß sie die Forderungen der Gläubiger der öffentlichen Hand auf Entschädigung für ihre untergegangenen Forderungen aus Mitteln des öffentlichen Haushalts regulieren wolle, war für uns der Weg frei für die Lösung der Frage der Altsparerregelung als solcher.
Nachdem das Altsparergesetz vom Bundestag wie vom Bundesrat einstimmig angenommen worden ist, ist selbstverständlich die Regelung der anderen heute zur Aussprache stehenden Frage von vordringlicher Bedeutung; denn die breite Masse derer, die früher in gutem Glauben Reichsanleihen oder preußische Anleihen irgendwelcher Art, die ja auch als mündelsicher galten, gezeichnet haben, um eine Reserve für ihre alten Tage zu haben, wartet jetzt schmerzlich auf die Regelung dieser Frage. Bei allem Verständnis, das ich für den Herrn Bundesfinanzminister habe, wenn er darstellt, welch
großen Komplex an sonstigen Fragen wir im Zusammenhang auch mit dieser Frage zu lösen haben, ist es mir doch ein Bedürfnis, auszusprechen, daß auch wir dringendst bitten, die Arbeiten der Vorbereitung für die Vorlage entsprechender Gesetzentwürfe tunlichst zu beschleunigen und vor allen Dingen der Öffentlichkeit einmal Auskunft zu geben, welche Fragen in diesem Zusammenhang noch geregelt werden müssen, damit die Öffentlichkeit sieht, daß es uns nicht auf allgemeine Vertröstungen ankommt, sondern daß wir bereit sind zur Tat. Das heute nur zu dieser Großen Anfrage.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bedauern es, den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers entnehmen zu müssen, daß der Entwurf eines Gesetzes zur Aufwertung von Anleihen der öffentlichen Hand nicht mehr so rechtzeitig fertiggestellt wird, daß er noch vor Ablauf der Legislaturperiode vom Hohen Haus verabschiedet werden kann.
Wir bedauern die Verzögerung der Arbeiten um so mehr, weil der Entwurf seit fast einem dreiviertel Jahr uns verbindlich in Aussicht gestellt wurde, und wir sind im Gegensatz zu dem Herrn Bundesfinanzminister der Auffassung, daß es bei einigem guten Willen möglich gewesen wäre, den Entwurf noch rechtzeitig fertigzustellen.
Wir bedauern die Verzögerung auch insbesondere deswegen - und darin stimme ich mit dem Herrn Kollegen Kunze völlig überein -, weil eine große Zahl von kleinen Wertpapiersparern in ihren Entschädigungshoffnungen wiederum auf eine unbestimmte Zeit vertröstet wird.
Zur Materie selbst. Wir sind der Meinung, daß es notwendig ist, dem Anleihebesitzer eine angemessene Entschädigung zuteil werden zu lassen. Über die Höhe der Entschädigung kann man erst reden, wenn die Unterlagen über die Summe aller Forderungen und über die Möglichkeiten der Mittelbeschaffung vorliegen.
Es erscheint uns aber notwendig, heute schon darauf hinzuweisen, daß in dem Gesetzentwurf für die Altbesitzer von Anleihen die gleiche Behandlung vorgesehen werden sollte, wie sie im Altsparergesetz festgelegt worden ist.
Wir wollen in diesem Zusammenhang ein Weiteres tun und nochmals daran erinnern, daß wir anläßlich der Verabschiedung des Altsparergesetzes dem Hohen Hause eine Entschließung vorgelegt haben, in welcher von uns gefordert wurde, daß im Zuge der Aufwertung der öffentlichen Anleihen auch die Sparkonten angemessen entschädigt werden, die nach dem 1. Januar 1940 angelegt worden sind, weil es sich hier um eine Millionenzahl von Menschen handelt, die ebenfalls im guten Glauben gespart haben, um sich für die Fälle der Not etwas zurückzulegen. Unsere Entschließung ist seinerzeit vom Hohen Hause einstimmig gebilligt worden. Wir erwarten, daß der Grundsatz der Entschließung in dem Gesetzentwurf seine Berücksichtigung findet.
Hinsichtlich der Notwendigkeit einer Regelung sind wir mit dem Inhalt der Großen Anfrage der FDP einverstanden. Wir sind allerdings etwas anderer Meinung als die Interpellanten hinsichtlich der Bereitstellung der erforderlichen Mittel
({0})
für die Entschädigung der Anleihegläubiger. Wir werden hierauf noch sehr ausführlich zu sprechen kommen, wenn der Gesetzentwurf zur Beratung ansteht. Für heute erwarten wir, daß der Herr Bundesfinanzminister seine Vorarbeiten sobald wie möglich abschließt und den Gesetzentwurf möglichst schnell dem Hohen Hause vorlegt.
Das Wort hat der Abgeordnete Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bedauern nicht nur die Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers, daß die Bundesregierung nicht mehr in der Lage und gewillt sei, noch vor Ablauf der Legislaturperiode dieses Bundestags das in Aussicht gestellte Gesetz vorzulegen; wir müssen auch aussprechen, daß wir damit gar nicht gerechnet haben. Was heute hier abrollt, ist nichts anderes als eine Vorwegnahme von Wahlkundgebungen. Ja, warum haben Sie denn dreieinhalb Jahre gewartet, um diese Verpflichtung, die auch wir bejahen, zu erfüllen? Warum haben Sie denn nicht sofort zugegriffen, nachdem diese Bundesregierung, in deren Programm ja stand: „so sozial wie irgend möglich", an die Macht gekommen war? Warum haben Sie sich denn fast vier Jahre Zeit gelassen? Darauf werden Sie mir keine Antwort geben können. Aber jetzt, wo wir vor der Wahl stehen, kommen Sie mit solchen „Großen Anfragen", hinter denen gar nichts steckt, und da kommt die bestellte Antwort des Herrn Bundesfinanzministers, der sagt: Es tut mir sehr leid, wir können dem jetzigen Bundestag keinen Gesetzentwurf mehr vorlegen, aber wir werden im kommenden Bundestag die Sache zu regeln versuchen. - Das ist doch offenbar nichts anderes als eine Vertröstung der Altsparer und Altanleihe-Inhaber, die einmal mehr auf die Einlösung ihres Rechtsanspruches warten sollen.
Nun zur Sache selber. Wir sind nicht der Auffassung, daß sich die Regelung dieser Frage nach den Gesichtspunkten vollziehen darf, die in den Ziffern 2 und 3 der Großen Anfrage festgehalten sind. Wir sind also nicht der Meinung, daß die Mittel für die Abdeckung dieser Verpflichtungen aus dem Lastenausgleichsfonds herausgenommen werden sollen.
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Wir sind ferner auch nicht der Auffassung, daß die Mittel in der Form beschafft werden sollen, daß man erneut Zugriffe auf das Vermögen der Länder und der Gemeinden vornimmt. Wir sind der Auffassung, daß diese Bundesregierung in der Lage ist, diese Verpflichtungen aus Mitteln des ordentlichen Haushalts laufend nach und nach zu erfüllen. Wir bejahen den Rechtsanspruch der Altanleihe-Inhaber. Aber wir weisen das Hohe Haus und die Bundesregierung auf einen Tatbestand hin: Man kann derartige Verpflichtungen nicht realisieren, wenn man gleichzeitig die Kriegsvorbereitung finanziert.
({1})
Das mußte Ihnen auch an dieser Stelle und im Zusammenhang mit diesem innerlich so unwahrhaftigen Antrag gestellt werden. Der Antrag bezweckt nichts anderes, als die in Frage kommenden Altsnarerkreise auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu vertrösten. Sie wollen ihnen ja gar nicht helfen. Sonst hätten Sie in den vier Jahren Zeit genug dazu gehabt.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Meine Verbindungen mit dem Herrn Bundesfinanzminister sind leider nicht so gut, wie es von Herrn Abgeordneten Renner erwartet wird.
({0})
In die Genugtuung über die Bereitwilligkeit, die der Herr Bundesfinanzminister erklärt hat, die Punkte 1 und 2 unserer Großen Anfrage zu erfüllen, mischt sich auch bei uns das Bedauern, daß er eine solche Vorlage diesem Bundestag nicht mehr unterbreiten will. Ich habe es auch bedauert, daß er die Begründung für die Entschädigung dieser Gläubiger im wesentlichen auf die Entschädigung der Auslandsgläubiger abgestellt hat. Die Pflicht besteht auch ohne die Verbindung mit den Auslandsgläubigern. Auch das Anmeldegesetz hätte uns doch schon vorgelegt werden können. Wir haben ja die Erfahrung beim Lastenausgleichsgesetz gemacht, daß man ein Anmeldegesetz viel früher bringen muß, um die erforderlichen Grundlagen zu schaffen. Ich bin mit dem Herrn Bundesfinanzminister der Meinung, daß man, wenn man diesen Fragenkomplex nunmehr regeln will, ihn mit all den anderen Entschädigungen zusammenbringen soll. Dabei habe ich aber ein Wort über die Demontageschäden vermißt, und ich möchte die Einbeziehung auch dieser Gruppen hier ausdrücklich anmelden.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Großen Anfrage stelle ich den Antrag:
Der Bundestag wolle beschließen,
die Bundesregierung wolle dem Bundestag ein der Großen Anfrage auf Drucksache Nr. 4305 entsprechendes Gesetz alsbald vorlegen.
Damit soll erreicht werden, daß diese Angelegenheit nicht nur deklamatorisch besprochen, sondern dieser Antrag auch im Hause, und zwar durch die Ausschüsse behandelt werden kann.
Ich bitte, diesen Antrag, wenn er von der erforderlichen Anzahl von Mitgliedern dieses Hauses unterstützt werden sollte, dem Ausschuß für Geld und Kredit zu überweisen. Die ganze Frage hat ja nicht nur ein sozialpolitisches, sondern ebensosehr ein kreditpolitisches und kapitalmarktmäßiges Gesicht. Solange der Bundesfinanzminister die Hoffnung hat, sich auf dem Steuerweg oder, wie wir gleich sehen werden, auf dem Wege der Änderung des Ersten Überleitungsgesetzes die erforderlichen Gelder beschaffen zu können, und den Kapitalmarkt nicht nötig zu haben, so lange wird er natürlich mit einer solchen Gesetzesvorlage außerordentlich zögern und zurückhalten. Es ist deshalb erforderlich, daß er durch den Ausschuß für Geld und Kredit dieses Hauses darauf hingewiesen wird, daß alsbald eine entsprechende Vorlage erforderlich ist.
Darf ich den Antrag haben, Herr Abgeordneter?
({0})
Meine Damen und Herren, keine weiteren Wortmeldungen. Sie haben den Antrag, den Herr Abgeordneter Dr. Bertram gestellt hat, gehört. Anträge bei Beratung Großer Anfragen bedürfen der
({1})
k) Unterstützung von 30 Abgeordneten. - Dieser Antrag wird offenbar hinreichend unterstützt.
Es ist beantragt worden, diesen Antrag dem Ausschuß für Geld und Kredit zu überweisen. Darf ich fragen, wer für die Überweisung ist. ({2})
- Der Ausschuß für Lastenausgleich möchte den Antrag zusätzlich haben. Ich nehme an, daß dagegen keine Bedenken bestehen. Federführend ist der Ausschuß für Geld und Kredit? ({3})
- Die Überweisung ist erfolgt. ({4})
- Das ist die Frage, Herr Abgeordneter Renner, ob wir uns 1954 wiedersehen!
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- Ja sicher, gern!
({6})
- Das verstehe ich.
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Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Dritte Beratung des Entwurfs eines Bundesbeamtengesetzes ({8}); Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung ({9}).
({10})
Die Beschlüsse der zweiten Lesung sind in Um-.
druck Nr. 921 zusammengefaßt worden. Damit sollte die Zweite und Dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, FU ({11}) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes verbunden werden. Wünschen Sie die Beratung dieses Entwurfs mit der Beratung des Bundesbeamtengesetzes zu verbinden, oder soll sie nachher erfolgen?
({12})
- Nachher! Dann würden wir jetzt zunächst zur allgemeinen Aussprache der Dritten Beratung des Entwurfs eines Bundesbeamtengesetzes kommen. Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Redezeit von 60 Minuten vor. - Das Haus ist mit dieser Regelung einverstanden.
Das Wort hat Herr Staatssekretär Bleek vom Bundesinnenministerium.
Black Staatssekretär im Bundesministerium des
Innern: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich in Vertretung des erkrankten Herrn Bundesministers des Innern zu Beginn der dritten Lesung des Entwurfs eines Bundesbeamtengesetzes das Wort ergreife, so geschieht das nicht etwa, um zu den in der zweiten Lesung beschlossenen Änderungen der Regierungsvorlage Stellung zu nehmen. Diese Änderungen der Regierungsvorlage sind, so weit sie im einzelnen auch gehen mögen, nicht grundlegender Art. Ich möchte aber zu Beginn dieser dritten Lesung den Dank der Bundesregierung und namentlich des Herrn Bundesministers des Innern dafür zum Ausdruck bringen, daß die hingebende Arbeit des Beamtenrechtsausschusses
dieses Hohen Hauses es ermöglicht hat, die umfangreiche Vorlage sicher durch alle Fährnisse hin-durchzubringen und die Beratungen so rechtzeitig abzuschließen, daß das Plenum das Gesetz heute verabschieden kann. Ein besonderer Dank gilt dem Vorsitzenden und Berichterstatter des Ausschusses, Herrn Abgeordneten D r. Kleindinst.
({13})
Sein umfasender Bericht zeigt, wie zahlreich die Probleme waren, mit denen sich der Ausschuß auseinandersetzen mußte, und wie sorgfältig das Für und Wider abgewogen worden ist.
Wenn das Gesetz verkündet ist, wird der Bundestag auf eine Leistung hinweisen können, die dem Reichstag der Weimarer Zeit versagt geblieben ist. Trotz aller Vorarbeiten kam das deutsche Beamtengesetz erst im Jahre 1937 zustande. Auf den Regelungen dieses Gesetzes, das durch das vorläufige Bundespersonalgesetz vom Jahre 1950 von seinen nationalsozialistischen Schlacken gesäubert worden war, konnte bei der Konzeption des endgültigen Bundesbeamtengesetzes weitgehend aufgebaut werden. Es galt aber noch, die aus dem früheren Recht überkommenen, in verfassungsrechtlichem Sinn hergebrachten Grundsätze für die Regelung der Rechtsverhältnisse des Berufsbeamtentums wieder schärfer herauszuarbeiten. Es galt weiter, der modernen Entwicklung des Personalwesens Rechnung zu tragen und schließlich die Versorgung den finanziellen Möglichkeiten entsprechend zu gestalten.
Der Geltungsbereich des Bundesbeamtengesetzes erstreckt sich zwar nur auf die Bundesbeamten und
- bis zum Inkrafttreten des Bundesrichtergesetzes
- auf die Bundesrichter. Die versorgungsrechtlichen Regelungen des Gesetzes greifen aber schon heute weit über diesen Personenkreis hinaus. Sie gelten für alle Versorgungsempfänger, deren Versorgung der Bund zu tragen hat, einerlei, auf welchem Rechtsgrunde diese Versorgung beruht.
Zugleich ist das Gesetz die Grundlage für ein später zu erlassendes Rahmengesetz, durch das die seit 1945 verlorengegangene Übereinstimmung des Beamtenrechts in Bund, Ländern und Gemeinden im Grundsätzlichen wiederhergestellt werden soll. Damit ist keineswegs gesagt, daß etwa sämtliche Regelungen des Bundesbeamtengesetzes Rahmenregelungen werden müßten. Den besonderen Erfordernissen des Landes- und des Gemeindedienstes wird bei der Schaffung des Rahmengesetzes weitgehend Rechnung zu tragen sein.
Besonders zu begrüßen ist es, daß die in § 78 des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes vorgeschriebene Anpassung seiner versorgungsrechtlichen Grundlagen an die versorgungsrechtlichen Regelungen des Bundesbeamtengesetzes bereits in dem § 185 a dieses Gesetzes vollzogen und damit die rechtzeitige Durchführung mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbeamtengesetzes sichergestellt ist. Die unter das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen brauchen sich nun nicht mehr hinsichtlich des für sie geltenden Versorgungsrechts zurückgesetzt zu fühlen. Die Beseitigung der noch verbleibenden Härten im Rahmen des finanziell Möglichen wird im übrigen zu gegebener Zeit Aufgabe einer Novellierung des Gesetzes sein.
Meine Damen und Herren! Es darf der Hoffnung Ausdruck gegeben werden, daß mit dieser in Zusammenarbeit aller demokratischen Parteien dieses Hohen Hauses fertiggestellten großen gesetzgebe({14})
rischen Arbeit, die - das möchte ich auch namens der Bundesregierung gegenüber Äußerungen in der Öffentlichkeit erklären - nicht unter dem Gesichtspunkt der Interessenvertretung zustande gekommen ist, sondern die eine parlamentarische Arbeit zur Schaffung eines neuen demokratischen Beamtentums darstellt, eine wahrhafte Magna Charta für das Berufsbeamtentum im Sinne einer demokratischen Gestaltung dieses Fundaments des Staates geschaffen wird.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache der dritten Beratung.
Herr Abgeordneter Gundelach wünscht das Wort.
({0})
- Sie sind immer etwas vorlaut. Sie sollten lieber schweigen und etwas mehr zu Ihren Worten stehen.
({0})
Meine Damen und Herren! Die KPD-Fraktion
({1})
lehnt das vorliegende Beamtengesetz ab, weil es, wie ich bereits bei der zweiten Lesung wiederholt festgestellt habe, ein Gesetz der politischen Entrechtung ist und dem Beamten Rechte vorenthält, auf die jeder Staatsbürger außerhalb des Behördendienstes Anspruch hat. So beantragten wir zum Beispiel in der zweiten Lesung, dem § 53 folgende Fassung zu geben:
Der Beamte hat das Recht, sich wie jeder andere Staatsbürger politisch zu betätigen. Dieser von meiner Fraktion gestellte Antrag entspricht einer grundsätzlichen Forderung, die auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund erhoben wird. In einer Stellungnahme - ich verweise besonders darauf - des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Bundesbeamtengesetz wird in der Einleitung zu dieser Frage unter anderem folgendes gesagt:
Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage
der politischen Rechtsstellung der Beamten.
Die Auffassung, daß ein parteipolitisch neutralisiertes Beamtentum möglich ist, stellt eine
Selbsttäuschung dar.
An einer anderen Stelle wird dann weiter gesagt:
Das Verbot der politischen Betätigung würde
auch einen Verstoß gegen die verfassungsmäßigen Grundrechte bedeuten. Aus den gleichen Gründen ist auch eine Beschränkung des
passiven Wahlrechts grundsätzlich abzulehnen.
Das ist also auch die Meinung des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Leider muß ich hier von dieser
Stelle aus feststellen, daß selbst die Mehrzahl der
im Deutschen Gewerkschaftsbund organisierten
sozialdemokratischen Abgeordneten diesen von uns
gestellten Antrag, der dem Beamten das volle
gleiche politische Recht gibt wie jedem anderen
Staatsbürger, abgelehnt hat. Wir Kommunisten
sind nicht so leichtgläubig, anzunehmen, daß außer
den unteren und mittleren Beamten auch die zahlreichen ehemaligen aktiven Nationalsozialisten, die
heute bereits wieder führende Positionen in Ministerien innehaben, ihren Beamtenpflichten unpolitischh nachkommen. Insofern ist das Gesetz, das hier verabschiedet werden soll, ein Gesetz, das sich besonders gegen die Interessen der unteren und mittleren Beamten richtet.
Aber auch in gewerkschaftlichen Fragen sind die Beamten nach diesem Gesetz minderen Rechts; sie haben nicht das Recht auf Dienstverweigerung oder Arbeitsniederlegung zum Zwecke der Durchsetzung ihrer berechtigten Forderungen. Wie notwendig gerade dieses Recht ist, geht aus Zuschriften des Eisenbahnerverbandes hervor, der in diesen Tagen alle Mitglieder des Hauses darauf aufmerksam gemacht hat, daß das hier beschlossene Gesetz zur Änderung des Besoldungsrechts betreffend die 20 %ige Erhöhung der Beamtengehälter bisher auf die Eisenbahner keine Anwendung findet. Hätten die Eisenbahner das gesetzlich sanktionierte Recht des Streiks, dann könnten sie mit gewerkschaftlichen Maßnahmen ihre Forderungen gegenüber denjenigen durchsetzen, die dafür verantwortlich sind, daß ihnen die 20 %ige Gehaltserhöhung bisher nicht gewährt wird.
Auch in der Frage der Arbeitszeit verstößt das Beamtengesetz gegen gewerkschaftliche Grundsätze, weil die Regelung der Arbeitszeit zu einer Ermessensfrage gemacht wird.
Es kommt hinzu, daß eine so wichtige Frage wie die des Mitbestimmungsrechts der Beamten in allen sie betreffenden Angelegenheiten in diesem Gesetz keine Berücksichtigung gefunden hat. Ebenso ist es mit der Forderung der Versorgungsberechtigten auf eine gerechte Behandlung in der Frage ihrer Bezüge.
Dem Beamten werden aber andererseits Verpflichtungen auferlegt, die klar erkennen lassen, daß die derzeitige Regierung bemüht ist, sich mit gesetzlichen Maßnahmen eine Beamtenschaft zu sichern, die unter Zwang und ohne Widerspruch eine gegen die Interessen der Mehrheit unseres Volkes gerichtete Politik unterstützt.
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- Sie lachen, Herr Wuermeling. Es ist aber doch so!
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Wir sind uns darüber klar, daß Sie dafür eines Tages die Quittung bekommen.
Im Zuge dieser Politik der derzeitigen Regierung sind zwei weitere Gesetze in Vorbereitung, die gegen die Interessen der im öffentlichen Dienst stehenden Personen gerichtet sind, nämlich das sogenannte Personalvertretungsgesetz und das Treuepflichtgesetz.
Es kann nicht bestritten werden, daß das Beamtengesetz auf dem Gebiet der Entrechtung und Unterwerfung der Beamten und aller anderen im öffentlichen Dienst beschäftigten Personen ein Vorläufer ist. Weil das so ist, lehnen wir Kommunisten das vorliegende Gesetz ab.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen? - Abgeordneter Arnholz!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Verabschiedung des vorliegenden Entwurfs eines Bundesbeamtengesetzes soll der Auftrag ausgeführt werden, den Art. 33 Absätze 2 bis 5 des Grundgesetzes dem Gesetzgeber gestellt hat. Die Meinungen darüber, wie diese Aufgabe zu lösen ist, sind nicht einheitlich. Das Grundgesetz schreibt vor: „Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln." Über die Frage, welches die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums seien, herrscht keine volle Übereinstimmung. Das scheint mir aber nicht von besonderer Bedeutung zu sein, da bei der Schaffung des Grundgesetzes nient die lückenlose
({0})
Beachtung oder gar Einhaltung der Grundsätze festgelegt, vielmehr ganz bewußt ihrer Entwicklung Raum gelassen worden ist. Damit hat der Grundgesetzgeber nicht nur eine fortschrittliche Tendenz verfolgt, sondern zweifellos dringenden Forderungen weitester Kreise unseres Volkes entsprochen. Denn wenn das deutsche Volk, wie ich glaube, in seiner Mehrheit eine in jeder Beziehung einwandfreie, insbesondere unparteiische und unbestechliche Verwaltung am besten im Berufsbeamtentum gewährleistet sieht, so würde es ebenso entschieden eine Beamtenschaft ablehnen, die mit ihren staatspolitischen und gesellschaftlichen Auffassungen in mehr oder weniger weit zurückliegenden und, wie wir hoffen, überwundenen Zeiten steckengeblieben ist.
Ebenso bejahen wir - das ist von dieser Stelle wiederholt festgestellt worden - ein fortschrittliches Berufsbeamtentum, dessen Grundlagen aus dem Herkommen nach neuzeitlichen Gesichtspunkten und Erfordernissen weiterzuentwickeln sind. Wir wünschen nicht eine Beamtenschaft, die, in gesellschaftlichen Vorurteilen befangen, breitesten Schichten unseres Volkes fremd und ohne oder mit nur geringem Verständnis für ihre Sorgen und ihre Nöte gegenübertritt. Wir erwarten von jedem Beamten der Bundesrepublik, daß er sich dem Staatsbürger, der ihm seine Not und Sorgen offenbart, als mitfühlender Mensch zeigt, ihm im Rahmen von Gesetz und Recht Helfer und Berater ist. Lebens- und Menschenkenntnis des Beamten und die Vertrautheit mit seinen Aufgaben und ihren Grundlagen müssen ihm Entscheidungsfreudigkeit und Mut zur eigenen Verantwortung, dem Vorgesetzten aber Verständnis dafür geben, wenn einmal eine Entscheidung, die aus bester Absicht und verständlichen Überlegungen getroffen wurde, nicht nach jeder Richtung voll vertretbar ist. Wer in dieser Weise schnell handelt, ist meines Erachtens wertvoller und arbeitet rationeller als derjenige, der vor lauter Bedenken aus den Erwägungen nicht herauskommen würde und hilflos wäre ohne das früher mitunter so beliebte simile.
Zweifellos aus solcher Unsicherheit heraus ergab und ergibt sich zuweilen auch heute noch Schroffheit und ein Hervorkehren des sogenannten Autoritätsstandpunkts, der in Wirklichkeit immer das gerade Gegenteil erreichen muß: die Vernichtung wahrer Autorität. Diese echte Autorität wird der Beamte sich erwerben, der eine notwendige Ablehnung neben sachlich korrekter Begründung in eine höfliche Form zu kleiden weiß. Dazu gehört nur etwas Takt und ein wenig psychologische Schulung, die bei der Ausbildung nicht vergessen werden sollte.
Wir wollen auch nicht den Typ des Vollzugsbeamten, der früher durch sein herrisches und herausforderndes Wesen den Staat in weitesten Kreisen des Volkes verhaßt gemacht hat. Wir verlangen vielmehr, daß dort, wo der Beamte dem Staatsbürger zur Wiederherstellung oder Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung gegenübertritt und er dessen Ungebundenheit in die im Interesse der Allgemeinheit gezogenen Grenzen verweisen muß, bei aller etwa erforderlichen Bestimmtheit und notfalls Härte des Auftretens der Beamte bis zur äußerst möglichen Grenze der Höflichkeit die Formen wahrt, die in einem neuzeitlichen Staatswesen anzuwenden sind.
Was hier gefordert ist - und nicht Anspruch auf Vollständigkeit erhebt -, setzt hohe charakterliche
und ethische Eigenschaften voraus. Diese müssen durch ein gleich hohes fachliches Können ergänzt werden. Beide, charakterliche Eignung und fachliche Leistungsfähigkeit, müssen die Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit bilden.
Die Ergänzung des Verwaltungskörpers darf aber nicht durch ein starres Berechtigungswesen, das sich ausschließlich auf bestimmte Schulzeugnisse stützt, auf einen je nach der Laufbahn mehr oder weniger eng begrenzten Personenkreis beschränkt werden. Eine solche Regelung im Bundesbeamtengesetz würde gegen die Vorschrift des Abs. 2 des Art. 33 des Grundgesetzes verstoßen. Daher setzen wir uns nach wie vor für die Wiederherstellung der Regierungsvorlage bezüglich der freien Bewerber ein. Nicht nur wir Sozialdemokraten fürchten von der so gut wie völligen Ausschließung freier Bewerber, wie sie durch den Beschluß in der zweiten Beratung erreicht wird, eine ungesunde Abkapselung der Verwaltung; vielmehr spricht man auch in politisch uns fernstehenden Kreisen sehr eindeutig von dem Kastengeist, der die Vorschläge der Mehrheit des Beamtenrechtsausschusses in dieser Beziehung formuliert habe.
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- Ich komme noch darauf! - Wir werden heute dem Hause durch unseren Antrag noch einmal Gelegenheit geben zu zeigen, ob das Abstimmungsergebnis der zweiten Beratung nur ein Zufall war, oder ob die Mehrheit des Hauses - entgegen der Volksmeinung und zweifellos nicht zur Erhöhung des Ansehens des Berufsbeamtentums und nicht zur Steigerung von dessen Leistungsfähigkeit durch den Wettbewerb zwischen Laufbahn- und freien Bewerbern - dem Kastengeist Rechnung zu tragen entschlossen ist.
Es wäre auf das tiefste zu bedauern, wenn der erste Deutsche Bundestag in dieser für die Entwicklung eines neuzeitlichen Berufsbeamtenrechts wichtigen Frage versagen würde. Ihnen, meine Damen und Herren der Regierungskoalition, sei der Schlußsatz eines Artikels einer auf Ihrem Boden stehenden Zeitung ins Gedächtnis gerufen. Ich bitte den Herrn Präsidenten um sein Einverständnis, diesen Satz wörtlich zu verlesen. Er lautet:
Mit einiger Beschämung muß verzeichnet werden, daß in den Ausschußberatungen des Bundestages offenbar gerade die Vertreter der Regierungsparteien für die Abänderung des Regierungsentwurfs zugunsten des Kastengeistes eingetreten sind.
Die deutsche Öffentlichkeit wird heute sicher mit großem Interesse verfolgen, wie die Regierungsparteien zu dem Vorschlag ihrer Regierung und ob die Herren Bundesminister selbst zu ihrem eigenen geistigen Kind, dem § 21 des Regierungsentwurfs, sich bekennen werden.
Es ist bezeichnend, meine Dame und Herren der rechten Mitte und der Rechten dieses Hauses, daß fast jeder kleine Fortschritt Ihnen förmlich abgerungen werden muß. Ich erinnere an die Beseitigung der Ausnahmebestimmungen für die verheirateten Beamtinnen, an die langen Auseinandersetzungen, die es im Ausschuß gegeben hat, um die Verbesserung der Vorschriften über die Arbeitsdauer und die Verminderung der Wochenarbeitszeit von 48 Stunden um 8 Stunden für jeden anerkannten Wochenfeiertag wie über die Begrenzung
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des Bereitschaftsdienstes. Ich muß ferner erinnern an die langen Auseinandersetzungen um die Anrechnung der sogenannten Verdienstzeiten auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit, also um die Anrechnung der Zeiten, die Angehörige des öffentlichen Dienstes unter gewissen Voraussetzungen vor ihrer Berufung ins Beamtenverhältnis im Arbeiter- oder Angestelltenverhältnis im Dienste einer Behörde oder einer öffentlich-rechtlichen Betriebsverwaltung verbracht haben. Erinnert sei auch daran, daß selbst die Klarstellung, daß die Versorgungsbezüge entsprechend zu regeln sind, wenn die Dienstbezüge der aktiven Beamten infolge Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse allgemein erhöht oder vermindert werden, nur gegen den starken Widerstand der Regierung zu erreichen war und daß sogar eine Verbesserung der Vorschriften über die Einsichtnahme in die vollständigen Personalakten einer besonderen Aussprache bedurfte.
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- Bitte welcher? ({4})
- Ja, das habe ich auch gar nicht bestritten. Ich habe nur gesagt, daß es eines besonderen Kampfes gegenüber den Vertretern der Bundesregierung bedurfte. Ich habe nicht bestritten, daß der Antrag von Ihnen war. Ich bestätige das hier sehr gern. 'Wir haben sehr gern diesem Antrag zugestimmt, wie wir auch anderen Anträgen zugestimmt haben, die wir von anderen haben stellen lassen, weil das taktisch zweckmäßiger war. Daß auch die eindeutige Feststellung des Rechtes der Beamten zum Zusammenschluß in Gewerkschaften oder Berufsverbänden nicht kampflos zu erlangen war, ist bei der „Gewerkschaftsfreundlichkeit" dieser Regierung für die Eingeweihten nicht verwunderlich. Als Fortschritt sei anerkannt, daß es uns gelungen ist zu gewährleisten, daß kein Beamter wegen Betätigung für seine Gewerkschaft oder seinen Berufsverband dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden darf.
Wir betrachten es als Voraussetzung für die Berufung ins Beamtenverhältnis, daß der Bewerber jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Daß er sich mit seiner ganzen Persönlichkeit und aus vollem Herzen für unsere freiheitliche Demokratie einsetzt, braucht nicht besonders hervorgehoben und begründet zu werden.
Indem wir die oben erwähnten Verbesserungen, soweit wir sie nicht selbst beantragt haben, durchgesetzt haben, glauben wir wesentlich zur fortschrittlichen Gestaltung des Beamterechts beigetragen zu haben. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion erwartet, daß die Beschlüsse der zweiten Beratung nicht verschlechtert werden, und sie hofft, daß ihre zwei Änderungsanträge, die beide eine Wiederherstellung der Regierungsvorlage erstreben, angenommen werden. Dadurch, daß wir im Ausschuß für Beamtenrecht in dem hier dargelegten Sinne intensiv mitgearbeitet und die Entwicklung des Beamtenrechts in fortschrittlichem Geiste vorwärtszutreiben uns bemüht haben, haben wir, nicht nur nach unserer Überzeugung, im wohlverstandenen Interesse des Berufsbeamtentums gehandelt und haben darüber hinaus - und das werden wir auch in Zukunft in dem gleichen Geiste tun - auch den Verwaltungen der Bundesrepublik wie dem Wohl des deutschen Volkes gedient.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kleindinst.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Das Bundesbeamtengesetz, das zur Beschlußfassung in dritter Lesung vorliegt, ist nach seiner Anlage und nach dem Willen des Ausschusses kein Standesrecht, sondern ein Staatsrecht. Es ist auch kein Versorgungsgesetz, sondern ein Gesetz, das die Pflichten und die Rechte der Beamten und ihr Rechtsverhältnis zum Staat im Interesse des Staates ordnet und festlegt. So hat der Beamtenausschuß diese seine Aufgabe auch aufgefaßt, und er war weit entfernt davon, hier Beamteninteressen den Interessen der Allgemeinheit und des Staates im besonderen voranzustellen. Er ist der Ausschuß, der am wenigsten den Vorwurf verdienen könnte, Standes- oder Berufsinteressen vertreten zu haben.
In den öffentlichen Erörterungen sind nun andere Anschauungen hervorgetreten. Demgegenüber muß gesagt werden, daß diejenigen, die solche Anschauungen vertreten, keine Kenntnis der Verhältnisse, der Arbeit und der Zusammenhänge besitzen. Es wäre besser gewesen, wenn die Urheber mancher dieser Äußerungen sich eine bessere staatsbürgerliche Ausbildung verschafft hätten.
Wir haben die Pflichten der Beamten in starkem Maße erweitert. Herr Kollege Arnholz hat auch anerkannt, daß wir den Schutz des Grundgesetzes und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung so weit wie nur irgend möglich vorgesehen haben. Wir haben weiterhin das Amtsgeheimnis allgemein neu gesichert. Wir haben das Wohl der Allgemeinheit und die Rechtmäßigkeit, nicht nur die Gesetzmäßigkeit, als Grundlage und Richtschnur für das Handeln des Verwaltungsbeamten festgesetzt und haben ferner die Verpflichtung aufgenommen, daß der wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzte Beamte, sobald er wieder dienstfähig geworden ist, in den Dienst zurückkehren muß. Insbesondere haben wir Verpflichtungen auf die Ruhestandsbeamten ausgedehnt und sie im Interesse der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unter das Disziplinarrecht gestellt. Es ist nur ein Korrelat, wenn die Versorgung des Beamten in der Weise erfolgt, daß seine wirtschaftliche und damit innere Unabhängigkeit sichergestellt ist, und zwar im Interesse des Staates und im Interesse der Allgemeinheit, damit er seine Aufgaben nach Gesetz und Recht erfüllen kann. Wir haben aber auch die zehnjährige Anwartschaftszeit auf das Ruhegehalt wiederhergestellt, weil das zur Zeit im Interesse des Staates und seiner Finanzen notwendig ist.
Nun hat Kollege Arnholz gesagt, wir brauchten ein fortschrittliches Beamtentum, kein Beamtentum, das den Staatsbürger als Untertanen behandle. Hier haben ihm offenbar Verhältnisse vorgeschwebt, die uns völlig fremd gewesen sind.
({0})
Wir haben immer, jedenfalls solange ich im öffentlichen Dienst gestanden bin, gerade das Gegenteil für unsere Pflicht gehalten und in jeder Weise danach gehandelt, ob das polizeiliche Aufgaben, Aufgaben der Fürsorge oder Aufgaben der Kulturpflege waren. Ich gebe zu, daß es nicht in allen Teilen Deutschlands immer so gewesen ist; aber ich nehme an, daß sich hierin seit 1919 eine fortschrittliche Entwicklung angebahnt hat. Für uns im Süden hat nie etwas anderes gegolten.
({1})
Dann ist davon gesprochen worden, wir sollten keinen Kastengeist pflegen. Nun, den wollen auch wir nicht pflegen.
({2})
Ich glaube, auch das sind nur Gespenster, die sich längst in Dunst und Wolken aufgelöst haben.
({3})
- Das ist schon möglich, daß in den Zeitungen so etwas steht.
({4})
Herr Kollege Arnholz hat weiter erklärt, wir hätten so lange über die Fragen der Arbeitszeit und der Vordienstzeiten bei der Bundesbahn verhandelt. Das ist richtig; wir haben lange darüber beraten, aber deshalb, weil hier neue Verhältnisse vorlagen, weil hier grundsätzlich Neues geschaffen worden ist, auch bezüglich der Unfallfürsorge. Diese lange Beratung war erforderlich um einer genauen Klarstellung willen. Wir haben uns ja sogar die neuen Reichsbahnanlagen in Nürnberg angesehen, um uns einen Eindruck zu verschaffen von den Fortschritten, die erzielt worden sind in bezug nicht nur auf die Technik, sondern auch auf das Beamtenverhältnis, d. h. das Aufsteigen aus dem Arbeiter- und Angestelltenstand in das Beamtenverhältnis.
({5})
- Die Betriebsverwaltungen der Bundesbahn, Herr
Kollege, darf ich da in Schutz nehmen; denn sie sind uns eigentlich mehr entgegengekommen, als von allen Seiten erhofft oder gar gewünscht worden ist. Ich will mich sehr vorsichtig ausdrücken, um den Herren nicht etwa Nachteile zu bereiten.
({6})
Nun das berühmte Problem „andere Bewerber"! Ich glaube, wir haben gegenüber den anderen Bewerbern keine Türen zugemacht. Aber wir haben nun einmal - ich habe das schon bei der zweiten Lesung ausgeführt - in den Mittelpunkt die Vorschrift des Berliner Beamtengesetzes gestellt, die uns von Ihnen ({7}) empfohlen worden ist und die wir in der ersten Ausschußlesung einstimmig angenommen haben.
({8})
- Nein, nein; es war genau so, Herr Kollege Arnholz! In der zweiten Lesung sind dann Ihrerseits Bedenken erhoben worden, und dann ist die Berliner Vorschrift durch Mehrheitsbeschluß von uns in das Gesetz hineingekommen.
({9})
Alles andere hängt damit zusammen. Wenn man hier eine Masche lockert, dann löst man natürlich das ganze Gewebe auf. Deshalb bin ich nicht dafür, daß wir in der dritten Lesung eine dieser Maschen lockern.
Aber wir sind absolut nicht dagegen, daß Leute, die aus anderen Berufen kommen, auch in die Verwaltung und in den Richterstand - soweit sie für den Richterstand die Voraussetzungen haben -eintreten.
({10})
Ich muß jedoch auf eines hierbei aufmerksam machen. In der Verwaltung, und zwar in den leitenden Stellen der Verwaltung, handelt es sich nicht nur um Rechtskenntnisse oder um wirtschaftliche oder technische Fachkenntnisse, sondern es handelt sich um die Übersetzung dieser Kenntnisse in die Wirklichkeit im Staate. Dazu bedarf es einer umfassenden Beurteilung der Zusammenhänge und einer Verwaltungserfahrung, die nur durch eine lange Dienstzeit erworben werden kann.
({11})
Ich könnte Ihnen Beispiele nennen - ich habe es ja im Ausschuß getan -, aus denen hervorgeht, daß, lange bevor das Problem bei uns gesetzespolitisch eine Bedeutung bekam, in manchen Fällen eine Einstellung in den öffentlichen Dienst weder diesen anderen Anwärtern noch dem Dienst selber zum Vorteil gereicht hat und daß sie sich enttäuscht zurückgezogen haben, weil es sich im öffentlichen Dienst eben um ganz andere Aufgaben als etwa in einem industriellen oder in einem rein technischen Betrieb handelt. Das haben wir bei unseren Festsetzungen in Zusammenhang mit der Berliner Fassung hervorgehoben.
Ich bin veranlaßt worden, hier noch einzelne Fragen zu behandeln, über die eine Unklarheit entstehen könnte. Zunächst einmal die Frage der Volkswirte und ihrer Ausbildung in einer Referendartätigkeit sowie die Frage einer zweiten Staatsprüfung der Volkswirte. Es ist selbstverständlich, daß diese Vorschrift erst angewendet werden kann und angewendet werden wird, wenn die Regelung der Referendarausbildung und eines zweiten Examens erfolgt ist. Auch hinsichtlich der Regelung der Referendarausbildung der Rechtswissenschaftler haben die entsprechenden Verordnungen immer festgelegt: „Diese Verordnung tritt von dem und dem Tage an in Kraft", und erst nach diesem Zeitpunkt werden die Referendare von der neuen Bestimmung über ihre Ausbildung und Prüfung erfaßt. Darüber besteht bei erfahrenen Verwaltungsbeamten gar kein Zweifel. Er besteht nur bei denjenigen, die die Verwaltung und die Grundsätze der Verwaltung nicht kennen.
Zweitens bin ich durch Ländervertreter, die gestern bei uns waren, veranlaßt worden, darauf hinzuweisen, daß Prüfungsakten nicht Bestandteile der Personalakten sind. Prüfungsakten stammen ja aus ganz anderen Vorgängen und liegen in ganz anderen Registraturen. Sie sind nicht Bestandteile der Personalakten.
Dann wurde ich daran erinnert, daß wir im Ausschuß über die Frage der Amtstitel gesprochen haben. Diese Frage wurde auch unter Bezugnahme auf das Vorbild amerikanischer Verhältnisse erörtert. Man hat die Frage gestellt, ob es überhaupt noch zeitgemäß sei, Amtstitel zu führen. Wir haben doch feststellen müssen, daß diese Amtstitel notwendig sind, erstens aus der Ordnung des Dienstes heraus, zweitens aus der nach außen dringenden Hervorhebung der Verantwortung und dann in Zusammenhang mit dem Besoldungsrecht. Es ist klar, daß niemand einen Anspruch darauf hat, mit dem Amtstitel in der Öffentlichkeit aufzutreten oder mit ihm genannt zu werden. Niemand, der eine Behörde angeht, hat die Verpflichtung, den Amtstitel anzuwenden, auch nicht ein Beamter innerhalb der Behörde.
Meine Fraktion hat einen Antrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 4 gestellt, die Vorschrift für Beamte im aktiven Dienst, bei politischer Betätigung die Mä({12}).
ßigung und Zurückhaltung zu wahren, die ihnen mit Rücksicht auf die Interessen und Aufgaben des Amtes obliegt, auch auf Ruhestandsbeamte zu übertragen. Es sind Bedenken geltend gemacht worden, ob die Behandlung der Ruhestandsbeamten mit ebenso starken Maßstäben gemessen werden soll wie die der aktiven Beamten. Wir sind gern bereit, diesen Antrag zurückzustellen, bis darüber Einigung erzielt ist, insbesondere nachdem die Tendenz des Antrages bejaht wird und nur seine Fassung und sein Inhalt noch eine stärkere Konkretisierung erfordert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz legt die Pflichten und die Rechte der Beamten fest. Aber eines kann das Gesetz nicht bieten, was nur die Praxis bieten kann. Zunächst einmal das Vorbild hervorragender Beamter für den Nachwuchs und dessen Heranbildung, die innere Haltung des Beamten und die ständige Ausdehnung seiner Fortbildung auf allen Gebieten. Das trifft nicht nur für die leitenden Beamten, sondern auch für die Beamten des gehobenen Dienstes zu. Nur auf Grund einer größtmöglichen Allgemeinbildung und Erfahrung ist der Beamte imstande, mit den Mitteln, die ihm die Gesetzgebung und die Verordnung bieten, das Höchste zu leisten. Deshalb bitte ich, die Haltung, das Vorbild leitender Beamter, auch solcher im gehobenen Dienst, und vor allem die Bedeutung der Erfahrung nicht zu übersehen; denn nur daraus entwickelt sich die Kunst, die in der Verwaltungsgeschichte große Verwaltungsmänner geübt haben, deren Beispiel und Wirken ihren Erfolg oft auf ein Jahrhundert ausgestrahlt haben. So haben wir das Beamtengesetz aufgefaßt, und so glauben wir, daß es auch vollzogen werden muß.
({13})
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die allgemeine Aussprache der dritten Beratung.
Damit kommen wir zur Einzelberatung. Ich verweise darauf, daß nach unserer Vereinbarung die Abstimmungen zur Einzelberatung und die Schlußabstimmung um 19 Uhr stattfinden sollen.
Ich rufe nun die Paragraphen auf, zu denen Änderungsanträge gestellt sind. Zu § 7 liegt der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck Nr. 928 Ziffer 1 vor. Ich darf gleich darauf hinweisen, daß sich ein Schreibfehler eingeschlichen hat. Der Antrag muß heißen:
In § 7 Abs. 13b in der Fassung der zweiten Lesung wird Satz 2 gestrichen.
Buchstabe b wird also nicht gestrichen, sondern Satz 2 von Abs. 13b. Soll zur Begründung etwas gesagt werden? - Herr Abgeordneter Kleindinst, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe schon in der zweiten Lesung darauf hingewiesen, daß der Absatz, der hier in Frage steht, systematisch an eine andere Stelle gehört; er geht auch insoweit zu weit, als jetzt das Wort „sollen" eingefügt werden soll. Wir haben deshalb den Antrag gestellt, diesen Satz systematisch richtiger an den § 21 als Abs. 3 anzufügen und ihn dort in der hier vorgesehenen Weise festzulegen.
Ich darf unterstellen, daß damit gleichzeitig der Antrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 2 begründet ist.
({0}) - Ich bin ja noch nicht so weit, Herr Abgeordneter Matzner; nur langsam! Ich wollte erst einmal feststellen, daß der Antrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 2 damit begründet ist.
Zu § 7 liegt ferner ein Antrag der Fraktion der Deutschen Partei, Umdruck Nr. 925 Ziffer 1. vor.
Herr Abgeordneter Farke, bitte!
Der Antrag der Fraktion der Deutschen Partei zu § 7 Abs. 1 Nr. 3b deckt sich mit dem Antrag der CDU. Es handelt sich um die Wiederherstellung der Ausschußfassung. Allerdings muß ich hier betonen, daß die Fraktion der Deutschen Partei nicht damit einverstanden ist, daß dieser Passus, dessen Anfügung an § 7 Abs. 1 Nr. 3 b auf Vorschlag der SPD in der zweiten Lesung beschlossen worden ist, nun entsprechend dem Antrag der CDU in etwas abgewandelter Form an § 21 angehängt wird. Wir sind grundsätzlich der Auffassung, daß Angestellte ohne weiteres in das Beamtenverhältnis gelangen können, wenn sie den Laufbahnvorschriften entsprechen und die entsprechenden Prüfungen ablegen. Außerdem sind in § 21 ja weitgehende Ausnahmen zugelassen. Wir können nicht zugeben, daß hier in irgendeiner Form eine Masche aufgerissen wird, die das ganze System des Berufsbeamtentums unter Umständen zerstört.
({0})
Herr Abgeordneter Matzner, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben mit großem Interesse den Änderungsantrag der CDU/CSU gelesen und ihn auch hinsichtlich seiner Auswirkungen geprüft. Wir müssen feststellen, daß die Annahme dieses Antrags eine Verschlechterung des in der zweiten Lesung beschlossenen Rechtszustandes für die Angestellten bedeuten würde.
({0})
Wir können auch nicht einsehen, daß die Fassung, die in der zweiten Lesung zu § 7 beschlossen worden ist, systematisch bedenklich wäre; denn § 7 spricht von der Begründung des Beamtenverhältnisses, und wir sehen nicht ein, daß eine Vorschrift über die Übernahme von Angestellten in das Beamtenverhältnis hier nicht an der richtigen Stelle stehen soll. Wir bitten daher, § 7 in der jetzigen Form bestehen zu lassen, und behalten uns vor, bei der Behandlung des § 21 einen Eventualantrag zu stellen.
Meine Damen und Herren, ich darf weiterhin folgendes berichtigen. Ich habe vorhin gesagt, in dem Antrag der CDU/CSU müsse es heißen: „Satz 2 gestrichen". Es muß, da es tatsächlich zwei Sätze sind, heißen: „die Sätze 2 und 3". Ich bitte, das freundlichst vorzumerken.
Zu § 7 keine weiteren Wortmeldungen. Dann schließe ich die Einzelbesprechung zu § 7. Die Abstimmungen nehmen wir später vor.
Zu § 21 ist der Antrag der CDU/CSU Umdruck Nr. 928 Ziffer 2 bereits begründet. Weiter liegt der Antrag der SPD Umdruck Nr. 927 Ziffer 1 vor.
Herr Abgeordneter Dr. Menzel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Wiederherstellung des § 21 der Regierungsvorlage ist, um das gleich vorweg klarzustellen, nichts über die Prinzipien und nichts über
({0})
die Grundlagen des Berufsbeamtentums gesagt. Der § 21 in der Fassung der Regierungsvorlage berührt die Grundlagen des Berufsbeamtentums überhaupt nicht. Ich darf das, was ich im Auftrage meiner Fraktion bei den 'damaligen Lesungen zum vorläufigen Bundesbeamtengesetz gesagt und in der ersten Lesung dieses Gesetzes wiederholt habe, noch einmal bestätigen: Wir anerkennen die besonderen Bindungen des Staates an den Beamten und die besonderen Bindungen des Beamten an den Staat. Wir anerkennen seine Treuepflicht, die dadurch bedingt ist, daß er Hoheitsaufgaben erfüllt und in vielen Fällen Recht zu setzen hat. Wir anerkennen auch die besondere Fürsorgepflicht des Staates gegenüber den Beamten als Äquivalent dieser Treuepflicht. Wir wünschten nur, daß die Dienstherren, der Bund, die Länder oder die Gemeinden, es hierbei nicht so häufig nur bei einem theoretischen Lippenbekenntnis hätten bewenden lassen. Das alles ist unstreitig.
Wenn wir heute die Wiederherstellung der Regierungsvorlage zu § 21 mit einem solchen Nachdruck fordern, dann liegen die Gründe auf einem ganz anderen Gebiet.
Die Exekutive ist seit je in jeder Gesellschaft das vitale Nervenzentrum des öffentlichen Lebens gewesen. Man mag diese Übermacht der Bürokratie bedauern, aus vielen guten Gründen bedauern, aber das schafft die Tatsache, daß es so ist, und das schafft die Notwendigkeit, daß wir uns mit diesem - und zwar einem der wichtigsten - Problem des Verhältnisses von Parlament und Bürokratie befassen, doch nicht aus der Welt. Träger dieser Exekutive ist in besonderem Maß der Beamte, dem damit sehr wichtige Funktionen des Staates anvertraut werden. Aber gerade wenn dem so ist, dann darf man sich nicht der Erkenntnis entziehen, daß diese staatliche Institution, nämlich das Berufsbeamtentum, genau den gleichen Wandlungen unterliegt und unterliegen muß wie der Staat selbst, will diese Institution den Anforderungen des modernen Staates gerecht werden und nicht in eine hoffnungslose Isolierung geraten. Wer aber wollte leugnen, daß sich der politische und geistige Inhalt des Staates seit der Geburtsstunde des Berufsbeamtentums in Deutschland und in Preußen erheblich geändert hat? Es ist ein weiter und nicht immer geradliniger, es ist ein dorniger Weg, der von dem alten Obrigkeits- und Polizeistaat zu den modernen Wirtschafts-, Kultur- und Sozialwesen, von der absoluten Monarchie zu einer demokratischen Republik geführt hat.
Diese grundlegenden Änderungen im Wesen unseres Staates konnten natürlich auch an der Entwicklung des Beamtentums nicht vorbeigehen. Was noch vor Jahrzehnten Ausfluß militärischer Kategorien oder Vorrechte war, ist längst untergegangen, wenn ich von einigen ewig Gestrigen einmal absehe. Wo gibt es heute noch eine Verwaltung, die wie in der Zeit der absoluten Monarchie nur auf königlichen Reskripten, Kabinettsordern oder Erlassen beruht? Bürger und Staat, einst zwei sich gegenüberstehende Faktoren, sind heute doch weitgehend eine Einheit geworden oder sollten es wenigstens sein. So sieht der Beamtenkörper in seinem Aufbau, in der Herkunft der einzelnen Männer und Frauen, die zu diesem Beamtenkörper gehören. mit Recht und Gott sei Dank ganz anders aus als noch vor fünfzig oder hundert Jahren. Wer von uns wollte leugnen, daß sich das nur zugunsten der Beamtenschaft und, was noch wichtiger ist, vor allem auch zugunsten des Staates ausgewirkt hat?
Aber lassen wir einmal alle Theorie beiseite und schauen wir uns doch in der Praxis um! Denken Sie bitte an die zunehmende Betätigung der öffentlichen Hand auf vielen Gebieten der Wirtschaft, denken Sie vor allem an die gemeindlichen Betriebe, sei es in der Form von Handelsgesellschaften oder Regiebetrieben, denken Sie an die Verkehrsunternehmungen oder an die Energiewirtschaft! All diese Unternehmungen sind doch nicht möglich ohne die Anregungen und Impulse von Menschen aus dem freien Erwerbsleben. Denken Sie ferner an die Männer und Frauen, die wir in den letzten Monaten für die neuen europäischen Gemeinschaften, wie z. B. für die Montan-Union, nötig gehabt haben und auch künftig noch nötig haben werden. Hat da jemand nach Laufbahnrichtlinien fragen können? Wollen Sie denn diejenigen Deutschen, die in diesen Einrichtungen als Beamte einen schweren Stand haben, als Beamte zweiter Kategorie ansehen? Das hieße doch ihre Arbeitskraft von vornherein lähmen.
Schon das alte Reichsfinanzministerium oder auch das preußische Finanzministerium - seinerzeit unter einem der besten preußischen Finanzminister, die wir hatten, Herrn Höpker-Aschoff - hatte Männer aus diem Bankleben und aus der Wirtschaft hereingeholt, um über die Kreditgewährung der öffentlichen Hand und über die Bewilligung von Bürgschaften an industrielle Unternehmungen entscheiden zu können.
Ich habe Herrn Kollegen Kleindinst in einem Zwischenruf auf das Düsseldorfer „Handelsblatt" hingewiesen, ein Organ der Regierungsparteien, das unter dem 4. Mai 1953 unter der Überschrift „Berufsbeamtentum mit Kastengeist?" unter anderem folgendes ausführt, was ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten kurz verlesen darf. Das Düsseldorfer „Handelsblatt" schreibt zu diesem Thema:
Zum anderen ist aber einzuwenden, welch auch finanziell günstige Wirkungen gerade an entscheidenden Stellen durch das Hereinnehmen von hervorragenden Außenseitern erzielt werden können. Jeder, der die Verhältnisse beispielsweise im Wirtschaftsministerium oder im Ernährungsministerium oder an sonst entscheidender Stelle der Bundesregierung kennt, weiß, wie häufig der deutschen Wirtschaft und damit dem deutschen Staat durch die Arbeit erster Experten Millionen- und Milliardenbeträge gewonnen wurden.
Wäre übrigens der Herr Bundesfinanzminister nicht sehr glücklich, z. B. Wirtschaftsprüfer aus der Praxis draußen hereinnehmen zu können, die ihm einmal verraten würden, wie man am besten eine Steuerbilanz aufbaut? Er müßte nur die Gehälter für solche Leute bezahlen dürfen. Oder nehmen Sie, um in dem Bereich des Herrn Bundesministers des Innern zu bleiben, einmal zwei seiner Einrichtungen, das Bundesverfassungsschutzamt oder das Bundeskriminalamt mit den erforderlichen Chemikern, Technikern, Apothekern, Naturwissenschaftlern und dergleichen. Für die moderne Verbrechensbekämpfung brauchen wir doch eine mühselig auf umfangreicher wissenschaftlicher Grundlage aufgebaute Arbeit. Ohne sie ist eine moderne Kriminalpolizei überhaupt nicht denkbar. Wäre es nicht ein bedauerlicher und gefährlicher Rückschritt gegenüber den modernen Kriminalpolizeien in den übrigen Ländern, wenn wir keine Männer aus der freien Wissenschaft aufnehmen könnten? Aus welchen Gründen hat denn Herr Dr. Lehr seinerzeit einen nicht unbekannten Kriminalwissenschaftler
({1})
Schweden geholt, -um den Grundstein für das neue Bundeskriminalamt zu legen?
({2})
Doch nicht, weil er gegen das Berufsbeamtentum auf dem Gebiete der Kriminalpolizei war, sondern ganz einfach deshalb, weil er einen solchen freien Bewerber brauchte!
({3})
Die Beispiele ließen sich beliebig vermehren, ja sogar für den Bereich des Herrn Bundesjustizministers Dr. Dehler, der vor noch nicht allzu langer Zeit hier im Plenum die Juristen seines Hauses geradezu als Künstler des Rechtes bezeichnete. Nun, die Eigenschaft eines Künstlers erwirbt man nicht durch die Erfüllung von Laufbahnrichtlinien. Das ist eine angeborene Eigenschaft, und sie entfaltet sich zumeist doch erst im freien Kampf der Kräfte draußen.
({4})
Und wenn Sie schließlich noch an das Arbeitsministerium mit seinen großen Aufgaben auf dem Gebiete der Sozialpolitik denken, so müssen Sie doch zugeben, daß diese Aufgaben geradezu gebieterisch die Berücksichtigung von Männern und Frauen fordern, die nicht nur in den Amtsstuben die Erfahrung haben sammeln können und in ihnen groß geworden sind, sondern die sich draußen, in dem rauhen, wirklichkeitsnahen Leben der sozialen Arbeit, sei es in den Fabriken, sei es im Gemeindeleben, ihre Kenntnisse erworben haben.
Das, meine Damen und Herren, sind die Gründe, deretwegen wir Sie bitten, § 21 der Regierungsvorlage wiederherzustellen.
({5})
Meine Damen und Herren, es ist noch Ziffer 1 des Antrags Umdruck Nr. 930 zu begründen. Das Wort hat der Abgeordnete Naegel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon in der zweiten Lesung hinsichtlich der Möglichkeit, auch Außenseiter in die Beamtenlaufbahn zu übernehmen, den Versuch unternommen, einige Änderungen durchzusetzen. Leider sind unsere Anträge in der zweiten Lesung nicht durchgegangen, da sich nicht die notwendige Stimmenzahl dafür fand. Ich darf mir deshalb erlauben, namens der Mitunterzeichner des Umdrucks Nr. 930 diese Anträge zu wiederholen und zunächst zu § 21 in gleicher Weise, wie es der Herr Vertreter der Opposition getan hat, beantragen, daß die Vorlage der Regierung wiederhergestellt wird.
Es ist zu manchem, was der Herr Kollege Dr. Menzel gesagt hat, in vollem Umfang ja zu sagen. Auch wir sind der Meinung, daß besonders die Fachressorts, die noch keinen eigenen Unterbau haben und dementsprechend auch noch keine eigene Ausbildungsmöglichkeit für den Nachwuchs besitzen, darauf angewiesen sind, aus der freien Wirtschaft fachlich vorgebildete Menschen in ihre Arbeit mit zu übernehmen. Es geht aber nicht nur um den Nachwuchs; es geht auch um die Herstellung einer Brücke zwischen der Verwaltung der Ministerien und der Wirtschaft selbst. Das gilt insbesondere für das Wirtschaftsministerium, aber auch für das Arbeitsministerium, für das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für das Finanzministerium, für das Ministerium für den Marshall-plan und einige andere Ressorts.
Darf ich mir erlauben, Herr Präsident, auch gleich die anderen Punkte zu begründen?
Ja, bitte schön!
Da unser Antrag auf Umdruck Nr. 930 das gesamte Problem der Außenseiterhereinnahme berührt, darf ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten auch die weiter von uns in dieser Angelegenheit gestellten Anträge begründen; zunächst den Antrag auf Wiederherstellung der Fassung der Regierungsvorlage des § 24, wie sie dort unter § 23 verankert ist. Es liegt ein dringendes Bedürfnis vor, doch auch die Einstufung so zu gestalten, daß einmal den Belangen der Laufbahnbeamten klar Rechnung getragen wird, daß aber andererseits bei Entscheidungen des Bundespersonalausschusses im Falle der Ablehnung die Möglichkeit gegeben ist, eine Entscheidung der Bundesregierung anzurufen. Wir glauben, daß diese von uns aufgestellte Forderung berechtigt ist, damit nicht einseitige Entscheidungen des Bundespersonalausschusses rechtskräftig werden und die letzte Entscheidung darstellen. Wir stellen diese Forderung auch deshalb, weil man ja doch wohl mit Recht annehmen darf, daß sich dieser Bundespersonalausschuß überwiegend - wenn nicht ausschließlich - aus Laufbahnbeamten zusammensetzt, und weil es nach demokratischer Auffassung richtig ist, wenn dann auch die Außenseiter entsprechend vertreten werden oder aber die Möglichkeit haben, gegen diese Entscheidung des Bundespersonalausschusses im Ablehnungsfall die Entscheidung der Regierung, des Kabinetts anzurufen.
In gleicher Weise sind wir der Meinung, daß wir im Zuge dieser Überlegungen dann den § 107 streichen sollten. Ich weiß, daß dies ein umstrittener Punkt ist und daß auch in den Diskussionen, die bisher innerhalb und außerhalb der Ausschüsse und der Fraktionen geführt wurden, Divergenzen der Meinungen aufgetreten sind. Durch die Verabschiedung des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes sind Vorkehrungen getroffen worden, daß die Zeitberechnung von sechs Jahren je Beförderung die Grundlage für die weiteren Entwicklungen darstellt. Nun ist der Gedankengang wohl klar zu ersehen, daß man die in dem 131er-Gesetz verankerte Zeitbestimmung in das Beamtengesetz übernehmen will. Wir sind der Meinung, daß man diese Überlegung ganz klar und offen aussprechen muß, und wir sind der Auffassung, daß man dieses Prinzip nicht übernehmen sollte, sondern daß man den § 107 streichen sollte, und zwar selbst auf die Gefahr hin, daß sich daraus Konsequenzen in Form einer etwa notwendig werdenden Änderung des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes ergeben könnten, die wir dann nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ohne § 107 logischerweise schnell in Angriff nehmen müßten. Wir meinen, daß der Beförderungsschnitt nicht nur - wie es durch den Antrag der SPD in der zweiten Lesung schon erreicht worden ist - für die bereits im Dienst befindlichen Beamten nicht mehr gelten sollte, sondern wir sind der Meinung, daß er auch für die Zukunft 'ausgespart werden sollte. Durch die Annahme des Antrags der SPD in der zweiten Lesung über die Nichtanwendung dieser Bestimmung auf die bereits im Dienst befindlichen Beamten ist bereits der Grundsatz durchbrochen, so daß hier keine Grundsatzfrage neu aufgeworfen wird. Es soll lediglich das, was
({0})
für die bereits im Dienst befindlichen Beamten gilt, auch für die in Zukunft hinzukommenden Außenseiter in Kraft treten.
Der Punkt 4 unseres Antrags bezieht sich auf den § 175 und behandelt das Problem, dem auch mein Herr Vorredner bereits einige Gedanken gewidmet hat. Bei den Ausbildungsgängen für Sozialwissenschaftler, Finanzwissenschaftler, Betriebswissenschaftler und andere Gruppen war bisher keine Referendarzeit und keine zweite Staatsprüfung vorgesehen. Wir sind der Meinung, es sollte mit Rücksicht auf die von mir genannten Gruppen und vielleicht auch noch mit Rücksicht auf andere Personen, die aus der Ausbildungsstätte der technischen Hochschulen in die Beamtenlaufbahn kommen, eine Übergangsregelung getroffen werden. Wir beantragen, einen § 175 a folgenden Wortlauts einzufügen:
Solange für Bewerber noch keine gesetzlichen Vorschriften über die Ableistung eines Vorbereitungsdienstes und die Ablegung einer zweiten Staatsprüfung bestehen ({1}), können diese unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 zur Laufbahn des höheren Dienstes zugelassen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, unseren Anträgen auf Umdruck Nr. 930 in den einzelnen Punkten zuzustimmen, und ich bitte den Herrn Präsidenten, nachher punktweise abzustimmen.
Das Wort zur Begründung des Antrags Umdruck Nr. 931 hat der Abgeordnete Matzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin schon angekündigt, daß wir, falls in § 7 die Streichung der möglichen Überführung der Angestellten ins Beamtenverhältnis erfolgt, sozusagen einen Zusatzantrag zum Antrag der CDU/CSU stellen, den Sie in Umdruck Nr. 931 lesen können. Ich habe mir vorhin auch erlaubt, darauf hinzuweisen, daß dieser Antrag der CDU/CSU gegenüber dem Beschluß in der zweiten Lesung eine Verschlechterung darstellt. Wir haben deshalb diesen Antrag in der in Umdruck Nr. 931 vorliegenden Form nach zwei Richtungen hin erweitert. Einmal wird grundsätzlich ausgesprochen, daß Angestellte berücksichtigt werden sollen, wenn sie sich im öffentlichen Dienst durch eine entsprechende Tätigkeit in den letzten drei Jahren als befähigt erwiesen haben. Das ist die grundsätzliche Feststellung. In Erweiterung dieser Bestimmung wiederholen wir die bereits in der zweiten Lesung zu § 7 beschlossene Fassung:
Angestellte, die mindestens 10 Jahre im öffentlichen Dienst tätig waren und das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können
- so hatten wir es damals konzediert; nicht
sollen -,
sofern eine entsprechende Planstelle zu besetzen ist, auf ihren Antrag in das Beamtenverhältnis überführt werden, das der von ihnen in den letzten drei Jahren ausgeübten Tätigkeit entspricht. Künftige Beförderungen sind von der Ablegung der vorgeschriebenen Prüfung abhängig. Abs. 2 Satz 1 findet sinngemäß Anwendung.
Wir glauben, daß der Antrag hinsichtlich des Prinzips und der Konzedierung einer Kann-Bestimmung so gefaßt ist, daß er dem Willen des Hohen Hauses, den es in der zweiten Lesung bekundet hat, entspricht, und hoffen, daß das Haus diese endgültige Fassung zugunsten der Angestellten übernimmt.
Erlauben Sie mir noch, daß ich zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Farke Stellung nehme, der sich vorhin grundsätzlich gegen die Übernahme der Angestellten gewandt, diese Einstellung allerdings mit der Erklärung etwas beschönigt hat, daß seine Partei selbstverständlich auch dafür sei, daß Angestellte in das Beamtenverhältnis übernommen werden könnten.
({0}) Wer die Verhandlungen im Beamtenrechtsausschuß kennt, weiß, was hinter diesen Worten steht. Wir möchten alle, die die Angestellten des öffentlichen Dienstes in irgendeiner Weise hier zu berücksichtigen gewillt sind, bitten, die Anträge der Deutschen Partei auf absolute Streichung abzulehnen und unserem Antrag auch in der dritten Lesung ihre Zustimmung zu geben.
Damit sind sämtliche Anträge zu § 21 begründet.
Wir kommen zu § 36. Herr Abgeordneter Matzner, begründen Sie den Antrag Umdruck Nr. 927 Ziffer 2?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bezüglich des Antrags auf Umdruck Nr. 927 Ziffer 2 kann ich mich auf die Ausführungen berufen, die ich in der zweiten Lesung im Plenum gemacht habe. Inzwischen hat die CDU/ CSU-Fraktion einen teilweise gleichlautenden Antrag vorgelegt, nämlich den, in Nr. 1 die Worte „und Ministerialdirektoren" anzufügen. Danach können also auch diese in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Ich habe namens meiner Fraktion zu erklären, daß wir unseren Antrag zugunsten des CDU-Antrags zurückziehen, d. h. auf die Anfügung der Worte „und Bundesanwälte" in Nr. 5 verzichten. Bei Verzicht auf diese Worte wäre also unser Antrag gleichlautend mit dem der CDU/ CSU.
Ich bitte das Hohe Haus, dies zur Kenntnis zu nehmen und für die Abstimmung vorzumerken.
Ich bitte den Herrn Präsidenten um die Erlaubnis, ganz kurz etwas zu dem Änderungsantrag zu § 24 auf Umdruck Nr. 930 sagen zu dürfen, damit kein Mißverständnis entsteht. Der § 24 war früher, d. h. in der Regierungsvorlage, § 23. Es würde jetzt eine Verschlechterung erreicht, weil wir in der zweiten Lesung das Wort „dürfen" durch „sollen" ersetzt, also eine etwas weichere Form gewählt haben. Durch den Bundespersonalausschuß können Ausnahmen zugelassen werden. Ich möchte erklären, daß der größere Teil meiner Fraktion hier auf der Beschlußfassung der zweiten Lesung beharrt. Wir haben dem Bundespersonalausschuß - und das ist durch die gesamten Beratungen über das Bundesbeamtengesetz gegangen - eine recht starke Stellung einräumen wollen. Wir sind nicht der Meinung, daß wir in diesem Falle die Bundesregierung sozusagen als Schiedsrichter oder übergeordnete Instanz über den Bundespersonalausschuß setzen sollten. Deswegen werden wir dem Antrag auf Umdruck Nr. 930 Ziffer 2 nicht zustimmen.
({0})
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Kühn!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben soeben die Begründungen der verschiedenen Änderungsanträge zu § 21 gehört. Es ist bisher aber keine Gelegenheit gewesen, zu den Änderungsanträgen Stellung zu nehmen. Man ist nämlich sogleich zu den Änderungsanträgen zu § 36 übergegangen. Ich würde es für gut halten, wenn diejenigen Abgeordneten, die zu den einzelnen Änderungsanträgen der einzelnen Paragraphen etwas zu sagen haben, gleich zu Worte kämen, sobald diese Änderungsanträge begründet sind.
Ich danke schön! Sie haben vollkommen recht. Ich hatte nur angenommen, daß kein Bedürfnis zur Diskussion dieser Änderungsanträge bestehe, da sich niemand zum Wort gemeldet hat. Ich scheine mich aber geirrt zu haben.
Wir kehren daher zurück zu § 21. Ich bitte um Wortmeldungen zu den gestellten Anträgen. - Niemand meldet sich zum Wort.
({0})
Dann ist die Beratung über § 21 geschlossen.
Der Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 927 Ziffer 2 zu § 36 ist zurückgezogen.
Antrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 3. Wird der Antrag besonders begründet, Herr Dr. Kleindinst?. - Er wird nicht besonders begründet, wird aber aufrechterhalten. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Damit ist die Beratung über § 36 abgeschlossen.
§ 39. Hierzu Antrag Umdruck Nr. 929 Ziffer 1. Wer begründet diesen Antrag? - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Meitinger.
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! In Abs. 1 des § 45 ist die Möglichkeit, einen wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten nach Besserung seines Gesundheitszustandes wieder in das Beamtenverhältnis zu berufen, insofern eingeschränkt worden, als sie nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren seit der Versetzung in den Ruhestand nur mit Zustimmung des Beamten wahrgenommen werden kann. Der Beamte soll nach Ablauf dieser Frist von fünf Jahren die Gewißheit haben, daß eine nach der Versetzung in den Ruhestand begründete Veränderung seiner Lebensverhältnisse nicht mehr durch die ihm obliegende Verpflichtung zur Rückkehr in das Beamtenverhältnis beeinflußt wird. Dadurch soll eine Härte vermieden werden.
Beamte, die vor Inkrafttreten des Bundesbeamtengesetzes in den Ruhestand versetzt worden sind, d. h. die ihre Lebensverhältnisse zu einem Zeitpunkt änderten, wo ihnen die Möglichkeit einer späteren Wiedereinberufung nach § 39 bzw. § 45 gegen ihren Willen gar nicht bekannt sein konnte, muß dies besonders hart treffen, wenn sie einen zu ihrem früheren Beamtenverhältnis artfremden Beruf gewählt haben. Durch die begehrte Änderung soll diese Härte einigermaßen abgemildert werden. Am ehesten gerecht würde dieser Situation eine Änderung des § 176 Abs. 2 Ziffer 1 dergestalt, daß § 45 Abs. 1 und § 103 keine Anwendung finden. Diejenigen, zu deren Schutz aber § 45 Abs. 1 und § 103 in § 176 Abs. 2 Ziffer 1 eingefügt worden sind, sind die mehreren und gleich schutzbedürftig.
Mit Rücksicht hierauf wurde der Weg der Änderung des § 39 beschritten. Ich bitte das Hohe Haus, meinem Antrag zuzustimmen.
Wird das Wort zu diesem Antrag gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Damit ist die Beratung über § 39 geschlossen.
Wir kommen zum nächsten Änderungsantrag, der zu § 76 gestellt ist. - Umdruck Nr. 928 Ziffer 4. Wer begründet den Antrag? - Das Wort hat Herr Abgeordneter .Dr. Kleindinst.
Ich möchte mich hier auf die Erklärung beschränken, daß wir ja diesen Antrag zurückgestellt haben, bis wir uns, nachdem wir über die Tendenz einig sind, über den konkreten Inhalt noch verständigt haben. Ich möchte deshalb jetzt von einer Begründung absehen und nur das noch einmal klarstellen, was ich schon vorhin vorgetragen habe.
Aber der Antrag bleibt eingebracht?
({0})
Wird das Wort hierzu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Beratung über § 76 abgeschlossen.
Der nächste Änderungsantrag ist zu § 103 gestellt. Umdruck Nr. 928 Ziffer 5. Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst, wollen Sie den Antrag begründen?
({1}) - Das Wort hat der Abgeordnete Matzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch hier konnten wir nicht wissen, daß ein derartiger Antrag im Plenum vorliegen I wird, und deshalb müssen wir zu diesem Antrag Stellung nehmen und einen Änderungsantrag hierzu stellen, indem wir vorschlagen, zu sagen:
In § 103 Abs. 2 Satz 2 werden nach § 111 a die Worte eingefügt „und § 112".
Es handelt sich hier nur darum, daß im Antrag der CDU eine Ausnahme für öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften bzw. deren Schulen gemacht werden soll. Wir sind der Meinung, wenn diese Ausnahme gemacht wird, kann sie nur unter der Voraussetzung gemacht werden, daß auch das nicht als öffentlicher Dienst gelten kann. Das war im Ausschuß nie ein Streitpunkt. Wenn man hier die Ausnahme macht, dann muß man sie auch bei allen anderen Bewerbern nach § 112 vorsehen, und deswegen muß der ganze § 112 im § 103 angeführt werden. Das heißt also, daß auch die ruhegehaltsfähige Dienstzeit auf die Wartezeit angerechnet werden muß. Sie wissen, daß wir im § 151 festgelegt haben, daß diese Einrechnung bei der Übernahme erfolgen soll. Der Dienstherr und der Bewerber, der ein anderer als ein Laufbahnbewerber ist, haben es also in der Hand, zu dieser Frage noch einmal persönlich Stellung zu nehmen unter dem Grundsatz, was angerechnet werden soll. Wenn der Dienstherr und der Nicht-Laufbahnbewerber die Entscheidung treffen, ob der Betreffende in den öffentlichen Dienst gehen will, und wenn die in Frage kommende Zeit nach beiderseitigem Übereinkommen einmal eingerechnet ist, dann muß es auch auf die sogenannte Wartezeit angerechnet werden. Deswegen stellen wir diesen Erweiterungsantrag, wie ich ihn eben vor Ihnen zitiert habe.
Herr Abgeordneter Matzner, am besten doch wohl in der Form, daß Sie beantragen, in Umdruck Nr. 928 Ziffer 5 die Worte „Nr. 1 b" zu streichen?
({0})
Wird das Wort dazu gewünscht? - Herr Abgeordneter Kleindinst.
Die Frage, die der Antrag der Fraktion der CDU/CSU zum Inhalt hat, hat ja im Ausschuß und in der zweiten Lesung schon eine Rolle gespielt. Ich muß mitteilen, daß der Ausschuß eine dreimalige Eingabe, die gemacht worden ist, einstimmig abgelehnt hat. In der zweiten Lesung hat sich der Bundestag auch nicht auf den Standpunkt gestellt, der hier im Antrag enthalten ist. Aber nun den ganzen § 112 einzubeziehen-Rechtsanwälte, Verwaltungsrechtsräte, Beamte oder Notare, dann den öffentlichen Dienst in einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen öffentlichen Einrichtung und besonders auf wissenschaftlichem, künstlerischem, technischem oder wirtschaftlichem Gebiet -, würde doch zu weit gehen. So weit können wir nicht mitgehen. Wir haben den Antrag gestellt, weil wir angenommen haben und in dieser Annahme bestärkt worden sind, daß er eine breite Zustimmung finde. Ich bitte, daß der weitergehende Antrag nicht zur Annahme kommt, sondern lediglich der, den die Fraktion der CDU/ CSU gestellt hat. Ich möchte mich auf diesen Bericht beschränken.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Punkt? - Herr Abgeordneter Matzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Kleindinst hat betont, daß sie nicht so weit gehen können, das auf den § 112 auszudehnen. Wenn man eine derartige Feststellung macht, so muß man auch sagen, was hier das Zuweitgehen bedeutet. Es bedeutet nichts anderes - ich muß es noch einmal wiederholen -, als daß die bei der Einstellung in beiderseitiger Absprache festgestellte Dienstzeit in die Wartezeit eingerechnet werden kann; und das muß man dem Mann, der vom Dienstherrn gebraucht wird, doch zubilligen können. Wir haben ja außerdem auch eine gewisse Ausnahme in § 177 Abs. 11 gemacht. Also ist diese Ausnahme, die hier gemacht werden soll, durchaus. gerechtfertigt. Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß diese Anrechnung ja nach unserem Willen, nach Ihrem Beschluß in der zweiten Lesung sehr beschränkt ist; denn bei diesen - gegenüber den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften - kann nur die Hälfte angerechnet werden. Außerdem besteht doch eine Begrenzung auf zehn Jahre.
Deswegen möchte ich Sie nochmals dringend bitten, unserem Antrag zuzustimmen. Ich glaube, daß Sie ihm, nachdem Sie nun die materielle Auswirkung dieser Sache kennen - das heißt, daß eine festgestellte Anrechnung dann auch für die Wartezeit eingerechnet wird -, unter diesem Gesichtspunkt wohl die Zustimmung geben können.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schröter.
Meine Damen und Herren! Wir werden bei der Entscheidung über diese Fassung doch ein wenig zurückgehen müssen auf das, was im Ausschuß vorgegangen ist. Herr
Abgeordneter Kleindinst hat hier auf diese Dinge hingewiesen. Aber ich glaube, es ist etwas vergessen worden: die Beratung über den § 103. Bei der Beratung dieses Paragraphen haben wir sehr eindeutig festgelegt, was wir wollten. Ich wundere mich zu hören, daß von seiten der Regierungsvertreter, die uns im Ausschuß beraten haben, plötzlich eine andere Auffassung dahingehend vertreten wird, daß den Betreffenden, die in § 112 genannt sind, ihre Zeit auf die Wartezeit nicht eingerechnet werden soll. Erinnern Sie sich, meine Damen und Herren, der doch etwas sehr ausgedehnten Debatte über die Fassung des § 103 Abs. 2. Da haben wir ausdrücklich die Formulierung „einzurechnen" und nicht „anzurechnen" gewählt. Wir haben mit dem Regierungsvertreter - wenn ich mich nicht irre, war es wohl Herr Dr. Anders vom Innenministerium - sehr genau über diese Frage diskutiert und dann also die neue Formulierung gebracht. Das Wort „einzurechnen" würde seinen Sinn völlig verlieren, wenn wir das jetzt etwa nicht anrechnen wollten. Wir wurden dahin beschieden, daß selbstverständlich alle Betroffenen damit rechnen können.
Nachher wurde nur noch eine besondere Debatte über den § 111 a geführt; wir hielten es nämlich für nötig, auf diesen Paragraphen zu verweisen, weil es sich dort um Arbeiter handelt, die nachher ins Angestelltenverhältnis übernommen werden. Dankenswerterweise ist Herr Dr. Kleindinst auf diese Frage schon im besonderen eingegangen. Wir haben die Dinge sehr sorgfältig geprüft und glauben, für die Auslegung diese Handhabe bieten zu können. Jetzt aber wird umgekehrt der Schluß daraus gezogen: Weil § 111 a genannt wird, werden die anderen ausgeschlossen. Das ist nicht der Sinn. Deshalb wird es nötig sein, wenn schon von der Regierungsseite keine Klarheit über die Auslegung und die Beantwortung, die sie uns hat zuteil werden lassen, geschaffen wird, den § 112 hier zu nennen.
Ich glaube, meine Ausführungen haben etwas zur Klarstellung beigetragen, und die Dinge sind so deutlich angesprochen, daß wir eine einwandfreie Stellungnahme dazu erwarten dürfen.
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Weiter Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung zu § 103 und § 107 abgeschlossen.
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Soeben wird mir ein Antrag Umdruck Nr. 932 der Fraktion der Föderalistischen Union zu § 106 und gleichzeitig zu § 112 übergeben. Das Wort zur Begründung beider Anträge hat der Abgeordnete Dr. Reismann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere beiden Anträge zu § 106 und zu § 112 haben den Zweck, die Benachteiligung der freien Berufe, insbesondere der Rechtsanwälte und Notare, die in den öffentlichen Dienst treten, auszugleichen. In § 112 tritt diese Benachteiligung noch viel deutlicher als in § 106 in Erscheinung.
Die Übernahme von Personen, die bisher nicht im Staatsdienst gestanden haben, als Beamte in den öffentlichen Dienst ist doch deshalb vorgesehen, um damit wertvolle Kräfte mit neuen Gesichtspunkten in den Behördenbetrieb hineinzubringen. Dieser § 112 sieht jedoch geradezu wie dazu gemacht aus, solche Leute abzuschrecken. Herr Kleindinst hat
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eben gesagt, es sei beabsichtigt gewesen, keine Türen zuzuschlagen. Aber hier werden sie zugeschlagen! Wertvolle Kräfte können Sie jedenfalls nicht kriegen, wenn Sie bei völlig gleichwertiger Vorbildung und bei gleichartiger bisheriger Beschäftigung die darin verbrachte Arbeitszeit nur zur Hälfte „und in der Regel nicht über 10 Jahre hinaus", wie es dann heißt, anrechnen. Was hat das für einen Sinn? Der Dienst, die Arbeit ist gleichwertig! die Erfahrungen, die dafür gesammelt wurden, sind gleich wertvoll; die Vorbildung ist dieselbe gewesen. Was denkt man sich dabei, wenn man hier ausgerechnet die Rechte der Rechtsanwälte so einschränkt, nicht aber alle anderen, die aus ganz anderen Berufen mit weniger wertvollen und gleichartigen Erfahrungen und mit anderer Vorbildung kommen? Was hat man sich eigentlich dabei gedacht?
Es besteht jedenfalls die Möglichkeit, daß man sich im Ausschuß - ich gehöre dem Ausschuß leider nicht an - gesagt hat: die haben bis dahin gut verdient. Wollen wir einmal für einen Augenblick unterstellen, daß das der Fall gewesen ist! Dann würden wir das, anders ausgedrückt, als Neidkomplex betrachten müssen. Ein solcher Neidkomplex gäbe dann Anlaß, sie schlechter als andere Bewerber und Anwärter auf das öffentliche Amt zu behandeln. So etwas dürfte doch nicht gelten, so etwas dürfte doch nicht durchziehen! Wenn es aber so wäre, dann könnten zu den gut Verdienenden doch nur die gerechnet werden, die sich auch im freien Berufsleben bewährt und ihren Mann besonders gut gestanden haben. Sonst wären sie nämlich nicht bei denen, die sich besser als die Beamten ständen. Wenn man die aber haben will, darf man sie nicht abschrecken. Bei der Übernahme von
Leuten aus diesen Berufen ist doch wohl nicht daran gedacht, die Leute, die nicht zurecht gekommen sind, die schlechter weggekommen sind, zu versorgen, sondern daran, wertvolle Kräfte für den öffentlichen Dienst zu gewinnen. Aber dann muß man sich eben gefallen lassen, sie gleichwertig zu behandeln.
Zum andern: Ist es denn richtig, daß in den freien Berufen so viel mehr verdient wird, so daß man glauben könnte, sie seien abgegolten und hätten die volle Anrechnung nicht nötig? Das im gegenwärtigen Augenblick zu sagen, ist eigentlich grotesk, nachdem zwei Währungsreformen im Laufe einer Generation alle Vermögen und alle Ersparnisse vernichtet haben; bei denen, die allerdings noch nicht alt genug sind, kommt nur die zweite Währungsreform in Frage. Aber was allein schon mit dem Krieg und seinen Folgen zusammenhängt, ist auch für diese schlimm genug.
Doch sehen wir uns einmal die Statistik der freien Berufe an, vor allem der Rechtsanwälte, um die es sich hier ja in erster Linie handelt! Die Notare, soweit sie staatliche Beamte sind, fallen aus; das gilt für den Süden. Soweit sie im freien Beruf sind, wie das in Westfalen der Fall ist, spielt es aber auch bei ihnen eine Rolle. Nach den statistischen Erhebungen sind diese Berufe in ihren Einkünften keineswegs so gestellt, daß diese Annahme richtig und die Begründung durchschlagend wäre. Nur 5 % von ihnen haben ein überdurchschnittliches Einkommen, etwa 20 % befinden sich in einer mittleren Einkommenslage - die aber auch keineswegs besser ist als die eines gleichrangigen Beamten -, und 70 % erreichen nicht einmal das Einkommensniveau von Facharbeitern und qualifizierten Handwerkern. Ich will es mir versagen, auf persönliche Erfahrungen
in meiner Bekanntschaft zurückzugreifen und auf die zu verweisen, die kaum das Existenzminimum erreichen, so daß sie noch ihre Familienangehörigen in Arbeit bringen müssen. Wenn man also so argumentiert, man könne diese Leute schlechterstellen, weil sie bisher gut verdient hätten, dann ist das eine völlig ungerechtfertigte Argumentation.
Aber eine solche Annahme läßt sich auch auf keine andere Art und Weise begründen. Wenn man tüchtige und wertvolle Kräfte gewinnen will - auch unter den schlecht verdienenden Angehörigen des Anwaltsstandes, der bekanntlich stark übersetzt ist, sind wertvolle Kräfte, zumal solche, die nach ihrer verwaltungsmäßigen Eignung und ihren juristischen Fähigkeiten nicht gerade typische Anwaltsnaturen sind -, darf man sie nicht abschrekken, sondern dann muß man sie begünstigen. Man darf nicht Leute, die von anderen Berufen in den öffentlichen Dienst kommen, so schlecht behandeln; eine Ausnahmevorschrift ist hier keineswegs berechtigt. Deswegen beantragen wir, diese Ausnahmevorschrift zu streichen. Dasselbe gilt für Personen, die aus wissenschaftlichem, künstlerischem, technischem oder wirtschaftlichem Gebiet besonders qualifiziert und mit besonderen Fachkenntnissen ausgestattet sind. Auch für diese besteht kein Grund zur Benachteiligung. Außerdem, ich kann mir nicht helfen, macht es auch rein optisch einen schlechten Eindruck, alle Personen ausgerechnet dieser beiden Kategorien schlechter zu behandeln.
Wir beantragen deswegen, in § 106 Abs. 1 Satz 2 hinter den Worten „gleichwertiges Amt" die Worte einzufügen: „oder als Rechtsanwalt oder Notar". Ferner beantragen wir, in § 112 Abs. 1 die Worte „die Zeit zu Nr. 1 a und 3 jedoch höchstens bis zur Hälfte und in der Regel nicht über zehn Jahre hinaus" zu streichen.
Das Wort hierzu hat der Abgeordnete Dr. Kleindinst.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Reismann hat gefragt, was wir uns bei der Beratung des § 112 wohl gedacht haben. Dieser § 112 ist ja nicht neu. Er geht zurück auf die Erfahrungen einer langen Zeit und ist aus früheren Gesetzen, wie sich aus einem Vergleich des Entwurfs und des Ausschußbeschlusses ergibt, lediglich übernommen worden. Aber dem § 112 liegt folgender Gedanke zugrunde: Ruhegehaltsfähige Dienstzeit gibt es nur im öffentlichen Dienst, und Ruhegehalt wird auch nur für die Tätigkeit im öffentlichen Dienst gewährt. Lediglich bei der Übernahme einzelner Anwärter kann man, um ihnen entgegenzukommen, einen Teil der früheren Zeit ihrer Tätigkeit in die ruhegehaltfähige Dienstzeit noch mit hineinrechnen. Aber jede vorherige Dienstzeit außerhalb des öffentlichen Dienstes anzurechnen, würde doch bedeuten, daß Ruhegehälter für eine Zeit gezahlt werden, in der die Arbeit außerhalb des öffentlichen Dienstes und ohne Beziehung zum öffentlichen Dienst geleistet worden ist.
Wenn davon gesprochen worden ist, daß sich die Einkommensverhältnisse verschlechtert haben, so muß ich - so bedauerlich es ist - aber doch darauf hinweisen, daß es nicht die Aufgabe des Bundesbeamtengesetzes ist, das auszugleichen.
({0})
Das Bundesbeamtengesetz ist nicht ein Aufwertungsgesetz in diesem Sinne.
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Nun kommt eine sehr wesentliche Bemerkung, die ich machen muß. Man übt ständig Kritik an dem öffentlichen Aufwand für die Verwaltung und für das Beamtentum. Wenn es sich aber darum handelt, sich im einzelnen Fall die Vorteile des Gesetzes zunutze zu machen, oder wenn es sich darum handelt, das Gesetz auch noch auf einzelne Stände auszuweiten, da gibt es keine Bedenken mehr über den öffentlichen Aufwand!
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Wenn Kritik am öffentlichen Aufwand geübt wird, so muß ich sagen, daß wir Kritik auch daran üben müssen, das Gesetz für Fälle auszuweiten, für die es nicht vorgesehen ist.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Arnholz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen, die der Herr Kollege Dr. Kleindinst zu Umdruck Nr. 932 Ziff. 2 bezüglich der Anrechnung gemacht hat, gehen doch an der Tatsache vorbei, daß es sich bei all diesen Fällen der Anrechnung nur um Ausnahmefälle handelt. Sie gehen ferner an der Tatsache vorbei, daß wir gegenüber der früheren Rechtslage nunmehr in § 151 Abs. 2 den Satz 2 eingefügt haben, der die Absicht verfolgt, bereits bei der Einstellung eines solchen Bewerbers die Entscheidung darüber zu treffen, ob und in welchem Maße Anrechnungen erfolgen. Denn der § 112 enthält ja eine Kann-Bestimmung. Nach früherem Recht war es so, daß die Entscheidung über die Anrechnung erst in dem Zeitpunkt erfolgte, in dem der betreffende Beamte
in den Ruhestand trat. Dadurch, daß diese Entscheidung jetzt in den Zeitpunkt des Eintretens des Bewerbers verlegt wird, hat es die Verwaltung vollkommen in der Hand zu entscheiden, in welchem Maße sie anrechnet und ob sie überhaupt anrechnet. Der Bewerber hat seinerseits dann natürlich die Entscheidungsfreiheit, zu sagen: Das, was mir angeboten wird, genügt mir nicht, und infolgedessen komme ich nicht.
Es handelt sich, wie gesagt, um Ausnahmefälle; insofern geht die Begründung des Herrn Kollegen Kleindinst an den Tatsachen vorüber. Es kann sich hier gar nicht darum handeln, daß in sehr wesentlichem Maße eine Ausweitung der Pensionslasten entsteht, sondern es handelt sich hier nur um Ausnahmefälle, um Bewerber, auf deren Einstellung die Verwaltung in ganz besonderem Maße aus den Gründen, die im Verlauf der Diskussion wiederholt angeführt worden sind, besonderen Wert legt.
Das Wort hat der Abgeordnete Reismann.
Ich möchte dem Herrn Abgeordneten Kleindinst nur kurz folgendes erwidern. Natürlich dreht es sich hierbei nicht darum, daß ein Ausgleich für Vermögensverluste stattfinden soll. Das kommt ja gar nicht in Frage, davon habe ich auch nicht gesprochen. Es dreht sich lediglich um die Frage, ob man einen Mann, der Beamter werden soll, vorbelasten soll mit dem Einkommen, das er nicht gehabt oder nicht behalten hat. Das ist die Sache, und alle Ausführungen, die Sie gemacht haben, verehrter Herr Kollege Kleindinst, stellen keine Rechtfertigung dafür dar, daß man hier für die Anwälte eine Ausnahme macht. Denn Sie sagen ja nichts dagegen, daß die Personen nach 1 b und
nach 2 des § 112 besser behandelt werden als diese. Sie haben vielleicht im öffentlichen Dienst gar nicht gearbeitet, sie haben z. B. im Dienst der Kirchen gearbeitet, nicht im Dienste des Staates. Sie haben jedenfalls nicht die Dienste der Körperschaften in Anspruch genommen, die ihnen das ruhegehaltfähige Dienstalter gewähren, die also für die Pension aufkommen sollen. Das ist eben das Wesentliche dabei, daß Sie eine bewußte Zurücksetzung einer bestimmten Berufsschicht, eines bestimmten Standes hervorrufen, der die gleiche Vorbildung hat - während bei den anderen nicht die gleiche Vorbildung vorliegt -, der bisher sogar die gleiche Arbeit geleistet hat, nur von einer anderen Seite her. Das veranlaßt mich, einmal darauf aufmerksam zu machen, daß gerade die Arbeit des Anwaltes Dienst am Recht ist, wenn auch für Private. Das Recht des Privaten ist für den Staat genau so wichtig wie das Recht des Staates. Würde das Recht der Privaten mit Füßen getreten wie in der Hitlerzeit, dann sähen wir, wohin der Staat in seiner Gesamtheit kommt. Die Wahrnehmung des Rechts der Privaten als Aufgabe der Anwälte verdient auch dadurch anerkannt zu werden, daß man sie hier nicht zurücksetzt. Dasselbe gilt auch bei der Verwaltung; denn auch gegenüber der Verwaltung darf in der Bürgerschaft nicht das Gefühl der Ohnmacht, der Verlassenheit aufkommen. Hier wird von diesem Stande eine öffentliche Funktion erfüllt. Die Anwälte treten mit gleicher Vorbildung, mit gleicher Erfahrung in den Beamtenberuf ein, und sie sollen dann schlechter behandelt werden als die ebenfalls Berufsfremden, die in den Beruf aufgenommen werden sollen, die sich aber mit weniger geeigneter Vorbildung und Erfahrung für diese Zwecke zur Verfügung stellen. Das ist eine Zurücksetzung, die - ich kann mir nicht helfen, Herr Kollege Kleindinst, trotz aller Ihrer Ausführungen - entweder auf Neidkomplexen oder auf einer anderen Voreingenommenheit beruht, die auszuräumen ich mich hier bemühe. Ich bitte Sie deshalb dringend: steuern Sie der Ungerechtigkeit, die sich hier anbahnt, und stimmen Sie für unsere Änderung.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann ist die Beratung der §§ 106 und 112 abgeschlossen. Für § 169 sind zwei Änderungsanträge angekündigt.
({0})
- § 107 ist schon begründet.
({1})
Zu § 107 sind die Anträge begründet. Ich habe um Wortmeldungen gebeten; es hat sich niemand zum Wort gemeldet. Ich habe die Beratung abgeschlossen.
§ 169; zunächst Umdruck Nr. 926. Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Schröter.
({2})
Wer begründet dann?
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- Das ist ein anderer Antrag.
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- Es ist derselbe? Gut, dann erteile ich Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe ebenfalls, auch namens meiner politischen Freunde, den Antrag gestellt, den § 169 in der Fassung des Ausschusses wiederherzustellen.
({0})
Herr Kollege Dr. Weber - ich bedaure, daß er im Augenblick nicht da ist - hat sich in der zweiten Lesung zur Begründung seines Antrags, für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten den ordentlichen Rechtsweg vorzusehen, in erster Linie auf Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes berufen; der ordentliche Rechtsweg entspreche den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, nach denen das Recht des öffentlichen Dienstes zu regeln sei.
Diese Behauptung ist aber nicht zutreffend. Es entspricht lediglich den hergebrachten Grundsätzen, daß der Rechtsweg vor unabhängigen Gerichten eröffnet wird;
({1})
Art. 129 Abs. 1 Satz 4 der Weimarer Verfassung lautet denn auch nur: „Für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten steht der Rechtsweg offen".
({2})
Zur Zeit der Weimarer Verfassung kam allerdings ein anderer als der ordentliche Rechtsweg nicht in Frage, da es außer den ordentlichen Gerichten keine unabhängigen Rechtsprechungsorgane gab. Das hat sich seit 1946 - ich habe das schon in der zweiten Lesung ausgeführt - grundlegend geändert. Nunmehr steht für alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten der Rechtsweg vor den unabhängigen Verwaltungsgerichten zur Verfügung. Daß die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten zu diesen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten gehören, ist - auch in der Wissenschaft - ohne jeden Streit. Alle Staatsrechtslehrer und namhafte Zivilprozeßlehrer haben sich daher dafür ausgesprochen, die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten in den Verwaltungsrechtsweg zu ver- weisen. Ich möchte ausdrücklich daran erinnern, daß der Stuttgarter Juristentag 1951 mit überwältigender Mehrheit einen entsprechenden Beschluß gefaßt hat. Im übrigen stellt sich das Problem des Rechtswegs für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten nicht so sehr als ein verfassungsrechtliches und wissenschaftliches als ein eminent praktisches Problem dar.
({3})
Diese Seite der Angelegenheit ist von dem Kollegen Dr. Weber und meinem Fraktionskollegen Dr. Schneider in ihren Ausführungen nur ganz nebenbei erörtert worden.
({4})
Es handelt sich dabei um die zwingende Notwendigkeit, eine „Doppelspurigkeit" zwischen dem ordentlichen Rechtsweg für vermögensrechtliche Ansprüche der Beamten und dem Verwaltungsrechtsweg für Anfechtungsklagen zu vermeiden. Diese Doppelspurigkeit hat es bis zur Einführung der Generalklausel in der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Jahre 1946 nicht gegeben. Bis dahin waren die beamtenrechtlichen Entscheidungen der Verwaltungsbehörden von keinem Gericht nachprüfbar. Es gab nur die Rechtsprechung der Zivilgerichte über vermögensrechtliche Ansprüche. Dieses Bild hat sich seit 1946 grundlegend geändert. Nunmehr kann der Beamte jeden Verwaltungsakt, wie z. B. die Festsetzung des Besoldungsdienstalters oder die Entlassung aus nicht disziplinarrechtlichen Gründen, mit der verwaltungsgerichtlichen Klage anfechten. Daneben kann er wegen seiner vermögensrechtlichen Ansprüche das Zivilgericht anrufen. Das führt zu folgenden sehr unerfreulichen Ergebnissen.
Einmal liegt die Grenze zwischen der Anfechtungsklage gegen einen beamtenrechtlichen Verwaltungsakt und der Klage über einen vermögensrechtlichen Anspruch nicht eindeutig fest. Der Schwerpunkt aller vermögensrechtlichen Ansprüche des Beamten liegt praktisch bei der öffentlich-rechtlichen Vorfrage der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes.
({5})
Damit der Beamte die Klagefrist nicht versäumt, falls er von einem Gericht wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges abgewiesen wird, muß er notgedrungen häufig beide Zweige der Gerichtsbarkeit zu gleicher Zeit anrufen. Dabei muß er in Kauf nehmen, mit einer der beiden Klagen kostenpflichtig abgewiesen zu werden.
Außerdem muß fast jedes angerufene Verwaltungs- oder Zivilgericht zunächst zeitraubende Untersuchungen darüber anstellen, ob die Klage nicht zu dem andern Zweig der Gerichtsbarkeit gehört; die berühmte Frage der Zuständigkeit! Die Gerichte werden dadurch unnötig belastet und die Prozesse in die Länge gezogen.
Schließlich bildet sich bei den Zivilgerichten und den Verwaltungsgerichten in beamtenrechtlichen Fragen eine unterschiedliche Rechtsprechung heraus, die zu einer Rechtsunsicherheit und zu neuen unnötigen Prozessen führt.
Alle diese überflüssigen Erschwerungen der Rechtsprechung können nur dadurch überwunden werden, daß die wohlüberlegte Vorlage des Beamtenrechtsausschusses wiederhergestellt und der Verwaltungsrechtsweg auch für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten eröffnet wird. Der Beamte weiß dann eindeutig, bei welchem Zweig der Gerichtsbarkeit er sein Recht zu suchen hat, der lästige Zuständigkeitsstreit der Gerichte fällt weg, und es bildet sich nur noch eine ständige Rechtsprechung in Beamtenfragen. Daß die Verwaltungsgerichte zu dieser Rechtsprechung in der Lage sind und daß sie die gleiche Unabhängigkeit wie die Zivilgerichte besitzen, ist heute eine unumstößliche Tatsache. Ein Zwischenruf des Kollegen Dr. Wuermeling und meine Ausführungen in der zweiten Lesung haben dies ja schon besonders unterstrichen.
Der Rechtsschutz für den Beamten ist beim Verwaltungsgericht noch dadurch stärker als beim Zivilgericht, daß die Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, z. B. die Entlassung mit Entziehung des Gehalts, aufschiebende Wirkung hat. Diese aufschiebende Wirkung kann zwar von der Behörde aus Gründen des öffentlichen Interesses beseitigt werden; das Verwaltungsgericht kann aber in diesem Falle auf Antrag des Beamten die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beschließen.
Die vom Kollegen Dr. Weber behauptete Doppelspurigkeit in der Verschiedenheit der Rechtswege bei Bundes- und Länderbeamten tritt ganz in den Hintergrund. Einmal haben neuere Landesbeamtengesetze, wie das Berliner, bereits den Verwaltungsrechtsweg vorgesehen. Außerdem wird in absehbarer Zeit die gleiche Regelung wie für die Bundesbeamten im Wege eines Rahmengesetzes nach Art. 75 des Grundgesetzes für die übrigen Beamten getroffen werden können. Dieses Bundesgesetz würde die letzten Reste der etwa noch in der Frage des Rechtsweges bestehenden Doppelspurigkeit beseitigen; es würde auch entgegenstehende Vorschriften der Länderverfassungen auf({6})
heben. Die Länder sind gewillt - und das möchte ich besonders hervorheben -, diesen Weg mitzugehen; das beweist ein Beschluß des Bundesrates, der beim ersten Durchgang den Verwaltungsrechtsweg für die vermögensrechlichen Ansprüche der Bundesbeamten empfohlen hat. Den Ländern ist es so ernst mit ihrem Anliegen, daß sie sich dem Vernehmen nach sogar zur Anrufung des Vermittlungsausschusses entschließen werden,
({7})
falls nicht das Hohe Haus die Entscheidung der zweiten Lesung in der dritten Lesung revidiert und der Ausschußvorlage folgt.
Meine Damen und Herren, ich erwähne das nicht etwa aus dem Grunde, um damit irgendeinen besonderen Druck auszuüben; aber es ist doch wichtig, daß bei dieser Gelegenheit die Stellungnahme des Bundesrates hier vorgetragen wird.
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Der Verwaltungsrechtsweg sieht auch, entgegen der Behauptung des Kollegen Dr. Weber, eine uneingeschränkte Revision an das Bundesverwaltungsgericht vor, so daß die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gewährleistet bleibt. Denn die Klagen auf Grund von vermögensrechtlichen Ansprüchen der Bundesbeamten sind stets gegen eine oberste Bundesbehörde zu richten. Sobald aber eine solche am Verfahren als Partei beteiligt ist, muß das Oberverwaltungsgericht die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zulassen.
Ebensowenig spricht die örtliche Lage der Gerichte gegen den Verwaltungsrechtsweg. Denn auch im ordentlichen Rechtswege wäre stets das für den Sitz der obersten Bundesbehörde zuständige Landgericht anzurufen, das für den Kläger keineswegs leichter erreichbar ist als das zuständige Verwaltungsgericht. Im Zeitalter unserer Verkehrstechnik sollte man solche Gründe nicht zur Ablehnung eines Paragraphen, der uns außerordentlich wichtig erscheint, heranziehen.
Kein Argument gegen den Verwaltungsrechtsweg für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten ergibt sich endlich daraus, daß die Zivilgerichte nach Art. 34 des Grundgesetzes über Schadensersatzklagen wegen Amtspflichtsverletzung eines Beamten, sogenannte Amtshaftungsklagen, und im Zusammenhang damit über den Rückgriff gegen den schuldigen Beamten zu entscheiden haben. Die Amtshaftungsklage berührt nur das Verhältnis eines durch die Handlung eines Beamten in seinen Rechten verletzten Dritten zum Staat und die Rückgriffsklage die Abwälzung des auf Grund einer solchen Klage geleisteten Schadensersatzes auf den Beamten. Von beiden Ansprüchen könnte ausschließlich der Rückgriffsanspruch mit einem sonstigen vermögensrechtlichen Streit zwischen Beamten und Dienstherren kollidieren. Es gehört schon einige Phantasie dazu, derartige Beispiele zu konstruieren. Die Zahl der im Klagewege geltend gemachten Rückgriffsansprüche ist ohnehin minimal. Daß etwa der Beamte selbst einen Amtshaftungsanspruch gegen den Staat mit der Begründung erhöbe, ein anderer Beamter habe die ihm gegenüber bestehende Amtspflicht verletzt, kommt ernstlich überhaupt nicht in Frage. Früher sind solche Versuche im materiellen Ergebnis erfolglos unternommen worden, weil gegen die Verwaltungsakte selbst nicht vorgegangen werden konnte. Heute unterliegen alle diese Akte der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung, so daß der Beamte, wenn er sich in seinen Rechten beeinträchtigt glaubt, die Akte im Verwaltungsrechtswege anfechten wird.
Ich fasse zusammen: Das Hohe Haus steht hier vor einer grundsätzlichen Entscheidung. Läßt man den ordentlichen Rechtsweg für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten bestehen, so bedeutet dies eine Verewigung des völlig unhaltbaren Zustandes der Spaltung des Rechtsweges für einheitliche Tatbestände. Denn es wird sobald keine Gelegenheit mehr kommen, die einmal getroffene Entscheidung zu revidieren. Ich beantrage deshalb, auch namens des größten Teils meiner politischen Freunde, die Ausschußfassung wiederherzustellen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Weber.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hohe Haus hat in zweiter Lesung, wie es im Protokoll heißt: „mit überwiegender Mehrheit", den Antrag, die Regierungsvorlage und damit den ordentlichen Rechtsweg für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten wiederherzustellen, angenommen. Ich glaube nicht, daß in den inzwischen vergangenen drei Wochen überzeugende und überwiegende Gründe aufgetreten sind, die uns Veranlassung geben sollten, die damals getroffene Entscheidung heute wieder abzuändern. Ich war leider nur zum Teil in der Lage, die Ausführungen des Herrn Kollegen Kühn anzuhören. Er hat sich mit meinen Ausführungen aus der zweiten Lesung auseinandergesetzt, und ich bin nicht davon überzeugt worden, daß irgendeines der von mir vorgebrachten Argumente hier widerlegt worden sei. Ich kann im großen und ganzen auf das verweisen, was ich in der zweiten Lesung ausgeführt habe, und möchte Ihnen nur noch einmal die Argumente kurz zusammengefaßt vorführen.
Ich habe zunächst darauf verwiesen, daß in Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes bestimmt ist, daß das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln ist, und habe Sie darauf verwiesen, daß schon jetzt der ganz überwiegende Teil der Rechtsprechung sowohl wie auch der Rechtslehre auf dem Standpunkt steht, daß zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums auch der ordentliche Rechtsweg gehöre, und habe Ihnen das daran klargemacht, daß ich Ihnen gesagt habe, zur Einführung des ordentlichen Rechtsweges sei es deshalb gekommen, weil man dem Beamten bereits damals eine Garantie habe geben wollen, daß er auch für seine Ansprüche gegen seinen Dienstherrn, seine vorgesetzte Behörde einen völlig unabhängigen Richter finden könnte.
Ich verkenne durchaus nicht, daß in der Struktur und der Stellung der Verwaltungsgerichte in den letzten Jahren eine grundlegende Änderung eingetreten ist und die Verwaltungsgerichte jetzt auch gegenüber den Behörden unabhängig sind, genau wie das ordentliche Gericht. Es ist ja hier schon mehrfach ausgeführt worden, daß es an sich bedauerlich ist, daß wir überhaupt im Grundgesetz diese Spaltung der Rechtsprechung festgelegt haben, und daß es eigentlich zu begrüßen wäre, wenn eine Einheitlichkeit in der Rechtsprechung
({0})
Platz griffe, so daß man sich schlechthin an das Gericht wenden könnte und das Gericht dann sachund fachgemäß besetzt wäre.
({1})
Aber nachdem es einmal so geschehen ist, werden wir uns ernstlich die Frage zu stellen haben, ob wir nicht gegen den Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes verstoßen, wenn wir jetzt von der bestehenden Regelung - Garantie des ordentlichen Rechtsweges für vermögensrechtliche Ansprüche - abgehen.
Ich habe Sie weiter darauf 'hingewiesen, daß in einer Reihe von Länderverfassungen bereits zwingend der ordentliche Rechtsweg für die Ansprüche der Länderbeamten vorgesehen ist, z. B. in der bayerischen Verfassung, in der württembergischen Verfassung und in der badischen Verfassung. In einer Reihe von Verfassungen ist also bereits zwingend der ordentliche Rechtsweg vorgeschrieben, und wenn Sie den jetzigen Zustand abänderten und für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Bundesbeamten den Verwaltungsrechtsweg eröffneten, dann würde wiederum eine weitere Zersplitterung eintreten. Wir haben uns doch nun wahrhaftig in den letzten vier Jahren bemüht, das, was auseinandergelaufen war, wieder zusammenzufügen, und wir würden etwas Entgegengesetztes tun, wenn wir den Antrag, der jetzt zur Debatte steht, und damit der Ausschußfassung zustimmten.
Ich habe Sie schließlich darauf hingewiesen, daß im Art. 34 des Grundgesetzes der ordentliche Rechtsweg für den Anspruch auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung und für den Rückgriffsanspruch gegen den Beamten garantiert ist. Daß also beamtenrechtliche Fragen - und dazu zählt nach der Rechtsprechung unter Umständen auch die Entscheidung über vorliegende Verwaltungsakte; der Bundesgerichtshof hat noch letzthin ausgesprochen, daß er im Rahmen einer Prüfung der Frage, ob eine Amtspflichtverletzung vorliege, auch berechtigt sei, den zugrunde liegenden Verwaltungsakt als solchen nachzuprüfen - von den ordentlichen Gerichten behandelt werden, werden Sie also nie verhindern können. Es bleibt eine Doppelspurigkeit. Das ist nicht aus der Welt zu schaffen, indem man einfach sagt: das wird nicht eintreten. Ich wäre in der Lage - aber damit möchte ich Sie nicht aufhalten -, Ihnen hier eine ganze Reihe von Entscheidungen zu zitieren, in denen diese Frage behandelt worden ist. Die Doppelspurigkeit, die auf der anderen Seite befürchtet wird, wird also gar nicht zu vermeiden sein, wenn Sie der Ausschußfassung zustimmen. Ein Anspruch kann einmal als vermögensrechtlicher Anspruch oder als Fürsorgeanspruch begründet werden. Dann handelt es sich um echte Beamtenansprüche, die nach Ihrem Vorschlag vor das Verwaltungsgericht gehören würden. Der Beamte kann aber den gleichen Anspruch als Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung geltend machen. Auch diese Fälle sind nicht selten. Dann wäre es, nachdem das Verwaltungsgericht über die beiden ersten Klaggründe entschieden hat, kraft der im Grundgesetz gegebenen Garantie gar nicht zu vermeiden, daß nunmehr der ordentliche Rechtsweg beschritten würde, die Sache also nochmals anhängig würde. Die Revisionsmöglichkeit besteht bestimmt und garantiert, wenn das ordentliche Gericht angerufen werden kann. Beim Verwaltungsgericht muß die Revision stets besonders zugelassen werden.
({2})
Ich habe Sie darauf hingewiesen, daß die ordentlichen Gerichte auf diesem Gebiet eine so ausgezeichnete und ausgewogene Rechtsprechung praktiziert und hervorgebracht haben, daß nach meiner Meinung keine sachliche Veranlassung besteht, von der bisherigen Regelung abzuweichen. Wenn Herr Kollege Kühn schließlich darauf hingewiesen hat, daß zu befürchten sei, daß die Länder den Vermittlungsausschuß anriefen, so meine ich, daß das das geringere Übel wäre verglichen mit dem, daß wir eventuell Gefahr laufen, daß das Bundesverfassungsgericht diese Bestimmung wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für verfassungswidrig erklärt.
Das Wort hat der Abgeordnete Wuermeling.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte nach den sehr überzeugenden Darlegungen des Herrn Kollegen Kühn das Gefühl, daß wir weitere Ausführungen zur Begründung des Verwaltungsrechtswegs in diesen Fällen nicht mehr zu machen brauchten. Aber nun sagt mein verehrter und geschätzter Kollege Weber, daß ihn diese Ausführungen in keiner Weise überzeugt und seine Darlegungen in der vergangenen Lesung nicht entkräftet hätten.
Nun, um was für eine Vorschrift handelt es sich denn hier bei der Frage, welcher Rechtsweg - der vor den ordentlichen Gerichten oder der vor den Verwaltungsgerichten - zugelassen werden soll? Es handelt sich dabei um eine Schutzvorschrift für die Beamtenschaft, deren finanzielle Ansprüche durch unabhängige Gerichte garantiert werden sollen. Da es sich um eine Schutzvorschrift für Beamte handelt, fragt man natürlich ganz gern nach der Stellungnahme der Verbände der Beamten. Ich muß sagen, daß ich aus dem, was mir in den letzten Wochen von den Beamtenorganisationen zugegangen ist, nicht eine einzige Stimme gehört habe, die sich dagegen wendet, daß der Verwaltungsrechtsweg für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten sichergestellt werden soll. Wenn die Verbände der Beamten diese Schutzvorschrift für die Beamten in der Form wünschen, wie sie der Ausschuß auch aus seiner Sachkunde heraus vorgeschlagen hat, dann frage ich mich, warum nun ausgerechnet die durch die verschiedenen Fraktionen verteilten Rechtsanwälte einen gegenteiligen Standpunkt zugunsten der Zivilgerichte geltend machen. Ich glaube, daß wir uns ruhig - ganz abgesehen von den Gründen, die ja in rein sachlicher und rechtlicher Hinsicht hier erörtert worden sind - den Wünschen der Verbände anschließen können.
Dann möchte ich noch zwei Gesichtspunkte erwähnen in bezug auf das, was Herr Kollege Weber vorgetragen hat. Es war von einer Spaltung oder Doppelspurigkeit des Rechtswegs die Rede. Ja, diese Doppelspurigkeit in der Behandlung von Beamtenrechtsfragen wird ja gerade dadurch geschaffen, daß man die vermögensrechtlichen Ansprüche auf die Zivilgerichte verlagert und alle übrigen beamtenrechtlichen Fragen vor den Verwaltungsgerichten behandelt! Gerade dieser Gesichtspunkt sollte also für den Vorschlag des Ausschusses sprechen.
({0})
Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit möchte ich folgendes erklären: Wer sich auf den Standpunkt stellt, daß der Verwaltungsrechtsweg kein ordentlicher Rechtsweg sei, der zweifelt die Ordnungsmäßigkeit des Verwaltungsrechtswegs an.
({1})
Und ich möchte doch eigentlich für die Verwaltungsgerichte und für die Verwaltungsrichter Einspruch dagegen einlegen, daß die Ordnungsmäßigkeit dieser nunmehr in ihrer Unabhängigkeit doch in den letzten Jahren völlig ausgebauten Verwaltungsgerichte irgendwie angezweifelt wird.
({2})
Ich bitte also das Hohe Haus darum, diese Vorlage in der Fassung anzunehmen, wie sie seinerzeit der Fachausschuß des Hauses beschlossen hat.
Das Wort hat der Abgeordnete Baur.
Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Dr. Weber legt die Forderung des Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes nach Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sehr schief aus. Die hergebrachten Rechte des Beamten bestehen doch in erster Linie darin, daß ihm ein eindeutiges Rechtsmittel zur Verfügung gestellt wird, mit dem er seine Rechte gegenüber dem Dienstherrn wahrnehmen kann. Der Ausschußbeschluß sieht ausdrücklich den Verwaltungsrechtsweg und damit die Eingleisigkeit des Rechtswegs vor. Der Gedanke des Herrn Dr. Weber ist auch im Ausschuß zur Diskussion gestanden. Man hat sich aber einmütig zu der Auffassung bekannt, daß mit der vom Ausschuß getroffenen Regelung die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in jeder Weise gewahrt sind. Man kann also mit einer solchen Argumentation die Dinge nicht anders darstellen, als sie sich in der Praxis auswirken werden.
Herr Dr. Weber sagt weiter, daß die Ländergesetze schon den zweigleisigen Rechtsweg vorschreiben. Auch diese Begründung ist nicht anzuerkennen. Wenn manche Länder sich noch nicht zu einem moderneren und vereinfachteren Gesetzesweg haben entschließen können, so besagt das in keiner Weise, daß auch der Bundestag diesen rückständigen Weg beschreiten muß. Das Ziel, das sich der Ausschuß für Beamtenrecht bei dieser Bestimmung gesetzt hat, war, eine eindeutige Vereinfachung zu schaffen. Die vorgeschlagene Fassung bringt nicht nur eine eindeutige Vereinfachung, sondern noch mehr. Sie erspart viele Streitigkeiten darüber, wer bei den einzelnen Fragen zuständig sein soll. Sie bringt die Ersparnis von Kosten für kleine Beamte, namentlich des technischen Dienstes, die keine juristische Vorbildung haben und sich deshalb in jedem Falle erst einen Rechtsbeistand suchen und ihn bezahlen müssen, um ausfindig zu machen, welchen Rechtsweg sie beschreiten sollen. Schließlich bringt sie auch noch eine Vereinfachung und Klarstellung des Rechtes überhaupt.
Wie ist das Verhältnis bei den Arbeitern und Angestellten? Sowohl die Arbeiter als auch die Angestellten kennen einen Rechtsweg für alle ihre Arbeitsstreitigkeiten. Das ist das Arbeitsgericht. Für die Beamten haben wir leider noch kein Arbeitsgericht. Unser Antrag im Wirtschaftsrat, bei den Arbeitsgerichten Beamtenkammern zu errichten, ist damals nicht durchgegangen. Wir konnten uns aber diesmal wenigstens zur Eingleisigkeit des Rechtsweges entschließen.
Wenn Sie den Beamten dasselbe Recht zugestehen wollen, wie es Arbeiter und Angestellte haben, dann können Sie nach der Auffassung meiner Fraktion kaum anders entscheiden, als der Ausschuß beschlossen hat. Ich bitte Sie deshalb im Namen meiner Fraktion, die Wiederherstellung der Ausschußvorlage zu beschließen, nach unserer Auffassung nicht zuletzt deshalb, weil, wenn der Vermittlungsausschuß angerufen werden wird - und das ist mit Sicherheit zu erwarten -, dadurch nur noch eine unnötige Verzögerung eintritt, die, wenn man guten Willens ist, vermieden werden kann. In diesem Sinne bitte ich Sie zu beschließen, die Ausschußfassung wiederherzustellen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung des § 169 abgeschlossen.
Meine Damen und Herren, wir müssen noch einmal zu § 107 zurückkehren. Infolge eines Versehens hatte ich angenommen, daß der Antrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 6 schon begründet sei. Das ist aber nicht der Fall. Wird dieser Antrag noch besonders begründet, oder wird das Wort dazu gewünscht?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär Bleek.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 6 sieht insofern eine Abweichung von der allgemeinen Regelung des Beförderungsschnitts vor, als in dem dort genannten Fall die Anstellung in einem Amt mit höherem Endgrundgehalt als dem der Eingangsbesoldungsgruppe der Laufbahn nicht als Beförderung gelten soll. Diese Ausnahme von der allgemeinen Regelung des § 107 wird für Personen vorgeschlagen, die wegen ihrer Berufserfahrung im höheren Dienst bei den obersten Bundesbehörden angestellt werden sollen.
Ich bin verpflichtet, zum Ausdruck zu bringen, daß wir gegen eine derartige Regelung nicht unerhebliche verfassungsrechtliche Bedenken haben.
({0})
Die Gewährung der Versorgung ist ein Ausfluß der Fürsorgepflicht des Staates. Es ist meines Erachtens nicht möglich, daß diese in der Versorgung liegende Fürsorge des Staates verschieden geregelt wird, je nachdem, ob es sich um Laufbahnbewerber oder um freie Bewerber, je nachdem, ob es sich um Beamte der Ministerien oder der nachgeordneten Behörden, je nachdem, ob es sich um den höheren Dienst oder um andere Dienstzweige handelt.
({1})
Diese Ausnahmevorschrift wäre unseres Erachtens ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Im übrigen bitte ich noch folgendes zu berücksichtigen. Die Annahme dieses Antrags hätte nicht unbeträchtliche und sehr bedenkliche Rückwirkungen auf die Regelung des 131er Gesetzes. Im Hinblick auf die Gleichstellung der 131er Pensionäre mit den übrigen Bundespensionären gälte also das, was hier vorgeschlagen ist, dann auch für die Personen, die in den höheren Dienst der Ministerien
({2})
I während der Jahre 1933 bis 1945 gekommen sind. Damit würde den hervorragendsten Vertretern des nationalsozialistischen Regimes zunächst ein Rechtsanspruch auf Zahlung von Versorgungsbezügen ohne Rücksicht auf den Beförderungsschnitt gegeben, und es bliebe der Behörde überlassen - das wäre nämlich der einzige Ausweg -, sich in dem Verfahren nach § 7 des 131er Gesetzes mit diesen mehr oder weniger makabren Persönlichkeiten vor den Verwaltungsgerichten herumzustreiten und ihnen nachzuweisen, daß sie wirklich makabre Persönlichkeiten gewesen sind.
({3})
Herr Dr. Kleindinst, wollen Sie das Wort haben? - Sie wollen es nicht. Also keine besondere Begründung.
Weitere Wortmeldungen zu diesem § 107 liegen nicht vor. Dann ist die Beratung dieses Paragraphen abgeschlossen.
Die nächsten Änderungsanträge sind nach § 175 angekündigt. Es ist die Einfügung eines § 175 a verlangt; aber der Antrag auf Umdruck Nr. 930 Ziffer 4 ist schon begründet, ebenso der auf Umdruck Nr. 930 Ziffer 3, dagegen nicht zu § 176 auf Umdruck Nr. 929 Ziffer 2. Wird dieser Antrag besonders begründet? - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Meitinger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Umdruck Nr. 929 Ziffer 2 liegt Ihnen unser Änderungsantrag vor. Ich nehme Bezug hierauf. Zur Begründung führe ich folgendes aus.
Die auf Grund der genannten Vorschriften rechtmäßig erworbenen Versorgungsansprüche können aus allgemeinen rechtsstaatlichen Gesichtspunkten - Eigentumsgarantie des Art. 14 des Grundgesetzes, Schutz der wohlerworbenen Beamtenrechte - nicht rückwirkend entzogen werden. Hierfür fehlt auch jeder überzeugende Grund. § 27 a des Wehrmacht-Einsatzfürsorge- und -versorgungsgesetzes ist durch das Kontrollratsgesetz Nr. 34 nicht beseitigt, da es sich nicht um eine Vorschrift handelt, die den Angehörigen der ehemaligen Wehrmacht Vorrechte zubilligte. Aber selbst wenn die Vorschrift nachträglich beseitigt worden wäre, wären die dadurch rechtmäßig erworbenen Ansprüche nicht rückwirkend vernichtet worden.
Es fehlt jeder Grund, weswegen die Leistung der auf Grund der Zweiten Kriegsmaßnahmeverordnung rechtmäßig erworbenen Ansprüche verweigert werden sollte. Die genannte Verordnung ist erst durch die Erste Durchführungsverordnung zum Bundespersonalgesetz mit Wirkung vom 18. Mai 1950 aufgehoben worden. Diese Aufhebung hat keinerlei rückwirkende Kraft.
§ 27a des Wehrmacht-Einsatzfürsorge- und -versorgungsgesetzes vom 6. Juli 1939 in der Fassung der Änderungs- und Ergänzungsgesetze vom 20. August 1940 bzw. 7. Mai 1942 - eine Vorschrift rein beamtenrechtlichen Charakters - wird infolge ihrer, rechtssystematisch gesehen, zufälligen Einfügung in das Wehrmacht-Einsatzfürsorge- und -versorgungsgesetz von einer weitverbreiteten Auffassung als durch das Kontrollratsgesetz Nr. 34 beseitigt angesehen.
Diese Auffassung trifft jedoch nicht zu. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
Wird ein Beamter einer Zivilverwaltung, der als Soldat oder Wehrmachtsbeamter verwundet oder durch einen Unfall, der als Beschädigung bei besonderem Einsatz anerkannt wird, verletzt, so wird ihm und seinen Hinterbliebenen Unfallfürsorge nach dem deutschen Beamtengesetz gewährt.
Schon daraus ergibt sich, daß es sich um eine ergänzende Vorschrift handelt, die dem Unfallfürsorgerecht der Beamten angehört. Aus dieser Vorschrift haben zahlreiche kriegsverletzte Beamte und Hinterbliebene im Kriegsdienst gefallener oder verstorbener Beamter rechtmäßige Ansprüche auf die erhöhten Leistungen der Beamtenunfallversorgung erworben. Diese erhöhten Leistungen haben ihren rechtspolitischen Grund darin, daß das normale Beamtenversorgungsrecht die Versorgungsbezüge nur sehr langsam mit dem Dienstalter anwachsen läßt, da ja die Beamten normalerweise erst im höheren Lebensalter der Versorgungsleistungen bedürfen.
Abweichend davon sieht das Unfallversorgungsrecht Leistungen vor, die auf dem Gedanken basieren, daß der Beamte, der im Dienst seine körperliche Unversehrtheit einbüßt, versorgungsmäßig möglichst so sichergestellt werden soll, wie er beim normalen Durchlaufen der Beamtenlaufbahn im Alter gestellt wäre, jedoch ohne Berücksichtigung von Beförderungen.
Nach § 27 a des Wehrmacht-Einsatzfürsorgeund -versorgungsgesetzes sollen dieselben Rechtsansprüche auch den Beamten zustehen, die in pflichtmäßiger Ausübung ihrer staatsbürgerlichen Pflichten als Soldaten verwundet wurden oder ums Leben gekommen sind. Zahlreiche öffentliche Dienstherren haben die rechtlich unklare Situation nach Beseitigung des deutschen Wehrmachtsrechts durch das Kontrollratsgesetz Nr. 34 zum Nachteil der Betroffenen interpretiert und die Verpflichtungen aus § 27 a einfach annulliert. Dagegen spricht schon die einfache rechtsstaatliche Überlegung, die selbst die Alliierten bei ihrer Aufhebungsgesetzgebung durchaus anerkannt haben, daß auf in der Vergangenheit rechtmäßig erworbene Ansprüche nicht verzichtet werden sollte. Eine solche rückwirkende Beseitigung erworbener Rechtsansprüche wäre zudem nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten eine entschädigungslose Enteignung, im speziellen Fall des Beamtenrechts zudem eine Entziehung wohlerworbener Beamtenrechte, die, wie der Bundesgerichtshof in letzter Zeit in einer vielbeachteten Entscheidung festgestellt hat, auch über den Zusammenbruch hinaus durch Art. 29 der Weimarer Reichsverfassung rechtlich geschützt blieben und daher unantastbar waren.
Es handelt sich aber bei der hier in Rede stehenden Norm gar nicht um eine solche militärrechtlichen Charakters. Sie ist also von der summarischen Aufhebungsanordnung durch Art. III des Kontrollratsgesetz Nr. 34 überhaupt nicht betroffen. Diese Vorschrift besagt lediglich, daß die Gesetze und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen über die rechtliche und wirtschaftliche Stellung und die Vorrechte von Angehörigen der ehemaligen Wehrmacht und ihrer Hinterbliebenen aufgehoben werden. In diesem Zusammenhang ist nicht die Rede von allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften.
Für die Richtigkeit der Rechtsauffassung, daß diese Vorschrift fortzugelten hat, gibt es zahlreiche Belege. So hat z. B. das bayerische Beamtengesetz
({0})
in Art. 174 diese Vorschrift besonders außer Kraft gesetzt, woraus sich ergibt, daß der bayerische Gesetzgeber der Auffassung war, daß sie nicht durch das Kontrollratsgesetz getroffen sei. Diese Rechtsauffassung erfährt eine Bestätigung auch durch die Praxis der bayerischen Staatsverwaltung, die auf einer Entschließung des bayerischen Staatsministers der Finanzen vom 1. Dezember 1951 beruht. Darin ist den Pensionsfestsetzungsbehörden zur Kenntnisnahme und Beachtung mitgeteilt worden, daß bei Versorgungsfällen in der Zeit bis zum Ablauf des 6. November 1948 - das ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens des bayerischen Beamtengesetzes - die Bestimmung anzuwenden ist. In Rheinland-Pfalz soll durch die zuständigen Ministerien im Wege eines Erlasses verbindlich festgestellt worden sein, daß § 27 a anzuwenden ist.
Auch rechtspolitisch ergibt sich aus der Nichtberücksichtigung dieser Ansprüche eine Fülle unbilliger Härten. So werden im Dienst erworbene Beschädigungen der sogenannten „blauen Eisenbahner", die z. B. die Eisenbahnstrecken in den Ostgebieten befuhren, als Dienstbeschädigungen anerkannt, nicht aber die der gleichen Dienst tuenden feldgrau uniformierten Eisenbahnertruppe. Ähnliche Unzuträglichkeiten ergeben sich bei der Bewertung des truppenmäßigen Einsatzes von Polizeieinheiten, etwa zur Bandenbekämpfung.
Entscheidend ist aber hier die Rechtsfrage. Die auf Grund des § 27 a erworbenen Ansprüche von Kriegsversehrten und ihren Hinterbliebenen müssen daher auch seitens des Bundes Anerkennung finden. Der Abschluß der Beamtengesetzgebung des Bundes durch das Bundesbeamtengesetz erscheint als ein geeigneter Zeitpunkt, der Periode der Rechtsunsicherheit in der Anerkennung beamtenrechtlicher Ansprüche ein Ende zu machen.
Bedauerlich ist, daß der Personenkreis der Witwen von Freiberuflichen in diesem Zusammenhang nicht behandelt werden kann. Die Regelung dieses Fragenkomplexes bleibt einem gesonderten Initiativantrag vielleicht im nächsten Bundestag vorbehalten.
Der gleiche Gesichtspunkt gilt übrigens auch für den § 4 Abs. 2 der Zweiten Maßnahmeverordnung vom 9. Oktober 1942. Danach sind Beamte auf Widerruf mit Dienstbezügen auch dann in den Ruhestand zu versetzen, wenn ihre Dienstunfähigkeit auf Krankheit, Verwundung oder sonstiger Beschädigung beruht, die sie sich im Wehrdienst zugezogen hatten. Die danach in den Ruhestand versetzten Beamten haben also einen Rechtsanspruch auf Hinterbliebenenversorgung. Infolge der Aufhebung der Zweiten Maßnahmeverordnung ist diese Regelung entfallen, obschon sie einen berechtigten Rechtsgedanken enthält.
Als besonders gravierend und verfassungsrechtlich bedenklich muß es bezeichnet werden, daß die bereits erworbenen Rechte der infolge Kriegsbeschädigung dienstunfähig gewordenen Beamten beziehungsweise der Hinterbliebenen der gefallenen Beamten auf diese Weise rückwirkend vernichtet werden sollten. Es bedarf daher aus rechtsstaatlichen Gründen für die Vergangenheit der Wiederherstellung der zu Unrecht geschmälerten Rechtsstellung.
Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Wortmeldungen hierzu? - Es liegen keine Wortmeldungen vor. Dann ist die Beratung zu § 176 abgeschlossen.
Es wird soeben ein Antrag zur Änderung des § 177 vorgelegt. Herr Abgeordneter Kühn, wollen Sie den Antrag begründen?
({0})
- Dann erteile ich Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der zweiten Lesung ist für § 177 Abs. 4 eine neue Fassung gewählt worden. In ihr stehen noch die Worte: „oder bei dem früheren Forschungsamt RLM". Ich beantrage, daß diese Worte, die ich eben verlesen habe, aus folgenden Gründen gestrichen werden. Bis zur zweiten Lesung waren wir uns im Ausschuß noch nicht genau darüber klar und konnten es auch nicht sein, wie denn dieses Forschungsamt RLM früher eigentlich gestaltet war. Inzwischen haben wir Gelegenheit gehabt, an Hand eines Gutachtens, das beim Bundesverfassungsgericht liegt, uns über die Frage eingehend zu orientieren, so daß der Beamtenrechtsausschuß einmütig der Meinung war, daß das Forschungsamt RLM in den § 177 Abs. 4 nicht mehr hineingehört. Ich bitte deshalb, dem Antrag auf Streichung der Worte „oder bei dem früheren Forschungsamt RLM" zuzustimmen.
Zur Begründung des Antrags in Umdruck Nr. 925 Ziffer 2 hat das Wort Abgeordneter Farke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Umdruck Nr. 925 habe ich in Übereinstimmung mit meinen Fraktionsfreunden den Antrag gestellt, im Übergangsparagraphen 177 die Absätze 11 und 12 zu streichen. Der Abs. 11 bezieht sich auf eine Regelung, die im § 103 Abs. 1 getroffen ist. Dort ist nämlich für die Gewährung eines Ruhegehaltes die Voraussetzung der zehnjährigen Dienstzeit festgelegt und damit für alle verbindliche Rechtsgrundlage geworden. Ich persönlich war mit dieser Regelung nicht einverstanden und habe im Ausschuß auch gegen sie gestimmt. Nachdem sie aber nun Rechtsgrundlage geworden ist, ist es selbstverständlich, daß sie für alle zu gelten hat. In Abs. 11 wird eine Ausnahme für diejenigen verlangt, die in der Zeit von 1945 bis zum 1. Juli 1953 oder bis zum Erlaß des Gesetzes in den Dienst eingetreten sind. Es ist für uns undenkbar - und ich kann mir auch nicht vorstellen, daß die Mehrheit des Hauses dem zustimmt -, daß man eine Regelung trifft, die nicht für alle gültig sein soll. Dann hätte man von vornherein § 103 Abs. 1 nicht formulieren sollen. Es gibt hier, glaube ich, nur ein Entweder-Oder. Entweder man streicht § 103 Abs. 1 - dann ist Abs. 11 überflüssig -, oder aber man beläßt ihn, wie es nun von der Mehrheit gewünscht und durchgesetzt worden ist. Dann kann man den Abs. 11 mit dem besten Willen nicht formulieren und hier eine Ausnahme schaffen. Wenn von 1933 an Ausnahmen geschaffen worden sind, so verurteilen meine Freunde und ich sie ebenso, wie das die Opposition tut. Aber es ist doch einfach unmöglich, daß man heute praktisch dasselbe tut und das für Recht ansehen will.
Dasselbe gilt für Abs. 12. In § 107 ist der Beförderungsschnitt festgelegt. Er ist rechtsverbindlich für alle und muß das auch sein. Nach Abs. 12
({0})
soll er nun für diejenigen, die von 1945 bis zum Erlaß dieses Gesetzes in den Dienst getreten sind, nicht maßgebend sein. Das ist wiederum zweierlei Recht, das wir grundsätzlich in jedem Gesetz, ganz gleich, wo es ist, ablehnen und ablehnen müssen.
({1})
Entweder man streicht den § 107, wie es der Kollege Naegel soeben verlangt hat - dann ist Abs. 12 überflüssig -, oder aber man streicht Abs. 12, um eine einheitliche Rechtsgrundsage beizubehalten.
Ich möchte das Hohe Haus bitten, nicht zuzulassen, daß in dem vorliegenden Berufsbeamtengesetz zweierlei Recht geschaffen wird, und dem Antrag, den ich auf Umdruck Nr. 925 gestellt habe, zuzustimmen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wuermeling.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Beratung von Gesetzen hat man sich schon mehrfach auf den Grundsatz der Rechtsgleichheit berufen. Man zieht diesen Grundsatz vielleicht öfter ins Gespräch, als es sachlich geboten ist. Aber in diesem Falle bin ich wirklich der Meinung - auch vom politischen Standpunkt aus -, daß der Grundsatz der Rechtsgleichheit verletzt wird, wenn für die Beamten unserer Bundesrepublik ein anderes Recht gesetzt wird als für die Beamten der Weimarer Republik. Bei beiden Staatsformen handelt es sich um Demokratien mit ordnungsmäßigen demokratischen Regierungen. Wir können meines Erachtens auf die in unserer Bundesrepublik angestellten Beamten jetzt nicht andere Rechtsgrundsätze anwenden als diejenigen, die wir rückwirkend zudem für die Beamten der Weimarer Republik beschließen.
Im übrigen haben wir ja die Anstellungen und Beförderungen aus der Nazizeit in Abänderung des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes bewußt unter die gleichen Rechtsgrundsätze gestellt.
Ich möchte deswegen den Streichungsantrag, der bezüglich der Absätze 11 und 12 gestellt wurde, aus Gründen notwendiger rechtlich gleicher Behandlung der Beamten nachdrücklich unterstützen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung des § 177 abgeschlossen.
Zu § 184 Umdruck Nr. 928 Ziffer 7. Wer begründet diesen Änderungsantrag? - Herr Dr. Kleindinst, begründen Sie den Antrag auf Umdruck Nr. 928 Ziffer 7? Oder wollen Sie auf Begründung verzichten?
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kleindinst.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag in Ziffer 7 ist nur die Konsequenz des Antrages in Ziffer 6, weil die Bundesrichter hier in § 184 stehen. Für sie gilt das gleiche, was ich hinsichtlich der Verwaltungsbeamten und hinsichtlich der Absicht der CDU gesagt habe, festzulegen, daß für diese Verwaltungsbeamten und Richter der Maßstab der Beförderung erst mit ihrer Anstellung angelegt wird.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung des § 184 abgeschlossen.
Zu § 185 a liegt der Antrag Umdruck Nr. 929 Ziffer 3 vor.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Meitinger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme Bezug auf den Änderungsantrag Umdruck Nr. 929 Ziffer 3. Der Änderungsantrag bezweckt eine Klarstellung der Rechtslage. Der § 35 Abs. 3 muß eingefügt werden, damit den in § 64 genannten Beamten, wie wohl allgemein gebilligt wird, auch die Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 31. März 1951 zweifelsfrei als ruhegehaltfähig angerechnet wird. In der Fassung des § 185 a des Bundesbeamtengesetzes ist der § 35 Abs. 3 des 131er Gesetzes zwar etwa wörtlich enthalten. Um aber alle Zweifel zu beheben, ist die Einfügung und
Nennung des § 35 Abs. 3 noch gesondert notwendig. Ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen.
Wortmeldungen hierzu liegen nicht vor. Dann ist die Beratung auch dieses Paragraphen abgeschlossen.
Nunmehr kommen wir zu dem letzten Änderungsantrag, dem Antrag zu § 189 auf Umdruck Nr. 928 Ziffer 8. Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst, wollen Sie ihn begründen?
({0}) Sie wollen, daß das Gesetz nicht am 1. Juli, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft tritt,
({1})
nämlich zum 1. September. - Wortmeldungen hierzu liegen nicht vor. Damit ist die Beratung auch dieses Paragraphen abgeschlossen.
Meine Damen und Herren, weitere Änderungsanträge sind in der dritten Beratung nicht gestellt worden. Liegen weitere Wortmeldungen in der Einzelberatung vor? - Das ist nicht der Fall; damit ist die Einzelberatung abgeschlossen.
Die Abstimmung soll verabredungsgemäß erst um 7 Uhr erfolgen. Ich setze daher die dritte Beratung bis zu diesem Zeitpunkt aus.
Auf Grund einer weiteren Vereinbarung ist die Tagesordnung ergänzt worden. Es sollen die
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU CSU, FDP, DP und FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes ({2})
durchgeführt werden. Der Bericht des Ausschusses
liegt schriftlich vor.*) Legt das Haus Wert darauf,
daß ein mündlicher Bericht erstattet wird?
({3})
- Es scheint allgemein verzichtet zu werden. Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst, Sie kommen damit um die Freude, mündlich berichten zu dürfen.
Ich rufe auf in zweiter Beratung § 1, zu dem auf Umdruck Nr. 933 ein Änderungsantrag vorliegt. Danach sollen in § 1 nach den Worten „Beamter oder Richter" die Worte „des Bundes" eingefügt werden. Offenbar ist damit bezweckt, die Länderbeamten und die Gemeindebeamten auszunehmen. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
({4})
*) Siehe Anlage 1 Seite 13163
({5})
Der Antrag gilt als eingebracht. Ich schließe damit die Beratung zu § 1.
§ 2. - § 3. Dazu ist der Änderungsantrag gestellt, statt „Beamte" zu setzen „Bundesbeamte". Auch dieser Antrag wird offenbar nicht besonders begründet. Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich schließe die Beratung zu § 3.
§§ 4, - 5, - 6, - 7, - 8 und 9, - Einleitung und Überschrift. - Wir können verabredungsgemäß nicht abstimmen, - oder besteht die Wahrscheinlichkeit, daß das Haus mit dem Ausschußantrag einverstanden ist?
({6})
- Ich muß dann schon darüber abstimmen lassen, denn es wird damit gegen eine Vereinbarung gehandelt.
({7})
- Die Vereinbarung bezog sich auf sämtliche Abstimmungen. Wir können nicht davon ausgehen, daß das eine Gesetz wichtiger ist als das andere. Wenn also eine Abstimmungssperre vereinbart ist, dann gilt sie allgemein, es sei denn, das Haus beschließt - was es ja kann -, anders zu verfahren. Ich würde es aber nicht für ganz fair halten, wenn wir einen solchen Beschluß faßten, solange eine Reihe von Kollegen abwesend ist und wir gerade wegen ihrer Abwesenheit vereinbart haben, nicht abzustimmen. Ich glaube, mit Ihrem Einverständnis zu handeln, wenn ich auch hier die Abstimmung zurückstelle. Aber wir sind damit nicht sehr viel weiter gekommen, als wir waren.
Aber vielleicht können wir in die allgemeine Aussprache der dritten Beratung eintreten, falls eine allgemeine Aussprache gewünscht wird.
({8})
- Es wird keine gewünscht? Das Haus verzichtet auf die allgemeine Aussprache. Dann können wir das schon als vom Hause für die dritte Beratung beschlossen annehmen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung nationalsozialistischer Kampfmaßnahmen gegen die nichtgewerbsmäßige Arbeits- und Lehrstellenvermittlung der freien Wohlfahrtspflege ({9}).
Hierzu hat Ihnen der Ältestenrat vorzuschlagen, auf eine Begründung und Aussprache zu verzichten und sofort zu beschließen, den Antrag an den Ausschuß für Arbeit zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? - Kein Widerspruch; dann ist so beschloss en.
Ich rufe die Punkte 5 a und 5 b der Tagesordnung auf:
a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Ausgleich der von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherungen für das Haushaltsjahr 1952 zu tragenden Mehraufwendungen für Rentenzulagen ({10});
Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses ({11}) ({12}).
({13})
b) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz in den Rechnungsjahren 1953, 1954 und 1955 ({14});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({15}) ({16}).
({17})
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, daß zunächst die zweite Lesung der Gesetze unter 5 a und 5 b durchgeführt werden und dann die allgemeine Aussprache zu beiden Vorlagen gemeinsam erfolgen soll.
Ich rufe auf zur zweiten Beratung und erteile das Wort dem Abgeordneten Arndgen als Berichterstatter zu Punkt 5 a der Tagesordnung.
Arndgen ({18}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den Bestimmungen des Rentenzulagengesetzes vom 10. August 1951 ist festgelegt, daß die durch die Rentenzulagen entstehenden Mehraufwendungen der Bund zu 80 % und die Versicherungsträger zu 20% zu tragen haben. Diese Regelung sollte nach dem Gesetz bis zum 31. März 1952 gelten. Nach einem weiteren Gesetz vom 13. August 1952 wurde diese Regelung auch für das Haushaltsjahr 1952 beibehalten, allerdings mit der Maßgabe, daß der Bund berechtigt ist, anstatt der Barzuwendungen Vermögensübertragungen an die Rentenversicherungsträger vorzunehmen, und zwar Übertragungen von Vermögenswerten, die irgendwelche Einkünfte bringen.
Zunächst war daran gedacht, den Versicherungsträgern Darlehensforderungen des Bundes für den Wohnungsbau zu übereignen; auch sollten die Zinsen, die aus diesen Darlehensforderungen fließen, den Versicherungsträgern zugewiesen werden.
Bei den Überlegungen nach dieser Seite tauchten Bedenken auf, weil die Rückflüsse aus den Darlehen für den sozialen Wohnungsbau erneut in den Wohnungsbau hineinfließen sollten. Weitere Bedenken waren aufgetaucht, weil diese Darlehen nur mit 1 °/o verzinst werden.
Nun ist, um diese Vermögensübertragungen in einer anderen Form zu regeln, dem Hause von der Regierung mit Drucksache Nr. 4033 ein Gesetzentwurf vorgelegt worden, in dem die Sozialversicherungsträger an Stelle der Barleistungen Schuldbuchverschreibungen bekommen sollen, die nach dem Wechseldiskont der Bank deutscher Länder, aber nicht höher als mit 5% verzinst werden sollen. Diesem Gesetzentwurf haben im Grundsatz sowohl der Ausschuß für Sozialpolitik als auch der Haushaltsausschuß zugestimmt; nur ist dem § 2 ein neuer Absatz eingefügt worden, der bestimmt, daß ab 1. 4. 1956 diese Schuldbuchverschreibungen mit 3 % und den ersparten Zinsen getilgt werden sollen. Ich habe die Ehre, Sie im Namen der beiden Ausschüsse zu bitten, dem Gesetzentwurf, der Ihnen mit Drucksache Nr. 4341 vorliegt, mit einer Berichtigung, die Ihnen mit Umdruck Nr. 924 vorgelegt ist, zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. In zweiter Beratung rufe ich auf §§ 1, - 2, - 3, - 4, - 5, - Einleitung und Überschrift. Wir können auch hier nach der getroffe({0})
nen Vereinbarung nicht abstimmen. Oder besteht Einmütigkeit im Hause?
({1})
- Einmütigkeit?
({2})
- Ja, das ist geschehen; es liegt hier schon im Original vor. Das Haus will auf der Vereinbarung beharren und in zweiter Lesung nicht abstimmen. Dann setze ich insoweit die zweite Beratung aus. Ich rufe Punkt 5 b auf und erteile zur Berichterstattung dem Abgeordneten Freidhof das Wort.
Freidhof ({3}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Der Sozialpolitische Ausschuß hat sich in mehreren Sitzungen mit dem Gesetzentwurf Drucksache Nr. 4005 beschäftigt und dabei einer Anzahl von Sachverständigen Gelegenheit gegeben, die Auffassung der von ihnen vertretenen Organisationen zu dem Gesetzentwurf vorzutragen. Im Rentenzulagengesetz vom 10. August 1951, das soeben auch der Herr Kollege Arndgen begründet hat, ist in § 3 bestimmt, daß die durch die Zulagen entstehenden Mehraufwendungen der Bund zu tragen hat. Gleichzeitig wurde in dieses Gesetz eine Regelung aufgenommen, nach welcher die Rentenversicherungsträger für die Zeit vom Inkrafttreten des Gesetzes bis zum 31. März 1952 20 % der Aufwendungen selbst zu tragen haben. Auch für das Rechnungsjahr 1952/53 wurde in das Gesetz vom 13. August 1952 diese Regelung aufgenommen mit der Maßgabe, daß der Bund den Versicherungsträgern für die von ihnen zu tragenden Mehraufwendungen solche Vermögenswerte überträgt, die laufende Mehreinnahmen bringen.
In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung Drucksache Nr. 4005 wurde verlangt, daß für drei Jahre, nämlich vom 1. April 1953 bis zum 31. März 1956, ,die Rentenversicherungsträger der Arbeiter und der Angestellten getrennt für jeden der beiden Versicherungszweige 75 % der Mittel bereitzustellen haben, die durch die Zulagen nach dem Rentenzulagengesetz vom 10. August 1951 entstehen. Für die bereitgestellten Mittel sollten den einzelnen Versicherungsträgern Schuldbuchverschreibungen in das Bundesschuldbuch eingetragen werden. Außerdem war vorgesehen, daß die Schuldbuchforderungen mit dem jeweiligen Wechseldiskont der Bank deutscher Länder, jedoch nicht höher als mit 5 °/o, zu verzinsen sind. Die Bundesregierung begründet ihren Gesetzentwurf mit der ungünstigen Finanzlage des Bundes und der günstigen Kassenlage der Rentenversicherungsträger. Der aufzubringende Betrag würde die Rentenversicherungsträger in den kommenden drei Jahren mit etwa 1,8 Milliarden DM belasten.
Bei den Beratungen im Sozialpolitischen Ausschuß wurde sowohl von den Rentenversicherungsträgern als auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund sowie der Deutschen Angestelltengewerkschaft der Gesetzentwurf abgelehnt. Von den Sprechern dieser Organisationen wurde zugegeben, daß sich die Kassenlage der Rentenversicherung gebessert habe, jedoch geltend gemacht, daß eine geringfügige Konjunkturschwankung die Situation vollständig verändern könne. Die Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion lehnten den Gesetzentwurf ab, weil nach ihrer Auffassung die Mittel der Sozialversicherung nicht für den allgemeinen Finanzbedarf des Bundes herangezogen werden sollten; außerdem würden besonders bei den finanzschwachen Landesversicherungsanstalten die Heilverfahren erheblich eingeschränkt werden müssen, weil diese nicht in das Gemeinlastverfahren einbezogen sind. Ebenso dürfe man nicht vergessen, daß die Rentenversicherungsträger erhebliche Mittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt haben, die nach der Durchführung dieses Gesetzes wahrscheinlich nicht mehr in derselben Höhe zur Verfügung stehen werden. Der Vertreter der Regierung erklärte zu diesen Einwendungen, daß der Bund verpflichtet sei, bei einem Defizit der Rentenversicherungsträger mit Bundesmitteln einzuspringen. Außerdem habe der Bund zu den Mitteln des Heilverfahrens bereits einen Zuschuß von 50 Millionen DM gegeben. Nach den voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherungsträger im Rechnungsjahr 1953 einschließlich Berlins verbleibe nach der Barzahlung von 75% der Rentenzulagen immer noch ein Überschuß von etwa 414 Millionen DM.
Nach eingehender Beratung stellte ein Sprecher der CDU den Antrag, das Gesetz auf ein Jahr zu beschränken und in § 1 statt „bis zum 31. März 1956" zu setzen „bis zum 31. März 1954". Ein Antrag der Sozialdemokraten, den § 1 zu streichen, wurde mit 8 gegen 7 Stimmen bei einer Stimmenthaltung abgelehnt. In § 1 Abs. 2 wurde Satz 2 gestrichen und dafür die vom Bundesrat vorgeschlagene Fassung angenommen. Zu § 2 beantragten die Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion, „Schuldbuchforderungen" durch „Bundesanleihen" zu ersetzen sowie die Worte „jedoch nicht mehr als 5 vom Hundert" zu streichen. Beide Anträge wurden abgelehnt. In § 2 wurde ein neuer Abs. 2 eingefügt, der folgenden Wortlaut hat:
Nach Ablauf von drei Jahren sind die Schuldbuchforderungen mit 3 vom Hundert zuzüglich der durch die Tilgung ersparten Zinsen zu tilgen. Die Tilgungsbeträge sind halbjährlich nachträglich jeweils am 31. März und am 30. September eines jeden Kalenderjahres, erstmalig am 30. September 1957, zu zahlen.
Die übrigen Paragraphen wurden unverändert angenommen.
Der Haushaltsausschuß hat als mitberatender Ausschuß ebenfalls zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen und mit 15 gegen 11 Stimmen seine Zustimmung erteilt.
Im Namen des Sozialpolitischen Ausschusses ersuche ich das Hohe Haus, den vorgelegten Gesetzentwurf in der jetzigen Fassung anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe auf in zweiter Beratung die §§ 1, - 2, -3, - 4, - 5, - Einleitung und Überschrift. - Auch hier können wir gemäß der getroffenen Vereinbarung nicht abstimmen. Dagegen können wir wohl in die allgemeine Aussprache der
dritten Beratung
eintreten, und zwar zu den beiden Ziffern 5 a und b gemeinsam. Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Gesamtaussprachezeit von 90 Minuten vor.
Ich erteile das Wort Frau Abgeordneter Korspeter.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wir haben zu zwei Gesetz({0})
entwürfen Stellung zu nehmen, die für die Rentenversicherungsträger und damit für die Versicherten selbst von wesentlicher Bedeutung sind. Aus den ersten Lesungen zu diesen Gesetzentwürfen und aus den Beratungen im Sozialpolitischen Ausschuß kennen Sie unsere ablehnende Haltung zu diesen Gesetzen. Sie hat sich auch nicht geändert, obwohl durch die Beratungen im Ausschuß einige Abschwächungen in die Gesetze hineingebracht worden sind. Nach wie vor finden diese Gesetzentwürfe unseren stärksten Protest. Die Gründe für unsere Ablehnung sind auch nach wir vor die gleichen. Sie werden sowohl vom Deutschen Gewerkschaftsbund als auch von der Deutschen Angestelltengewerkschaft und vom Verband der Rentenversicherungsträger geteilt. Obwohl § 3 des Rentenzulagengesetzes vom 10. August 1951 bestimmt, daß die durch dieses Gesetz entstehenden Mehraufwendungen vom Bund getragen werden sollen, versuchte die Bundesregierung schon sehr bald, sich diesen Verpflichtungen in ihrer vollen Höhe zu entziehen
({1})
und sie den Rentenversicherungsträgern zuzuschieben. Zuerst geschah dies für 1952 durch ein Gesetz, das den Sozialversicherungsträgern 20 % der Barleistungen entzog, die der Bund für die Aufwendungen zum Rentenzulagengesetz zu machen hatte, allerdings damals mit der Maßgabe, daß durch Übertragung solcher Vermögenswerte, die laufende Einnahmen erbringen, ein Ausgleich herbeigeführt werden sollte. Schon damals haben wir gegen diese Regelung gestimmt, weil es uns als ein unmöglicher Zustand erschien, daß der Gesetzgeber die Aufbringung der Mehraufwendungen für die Rentenzahlungen in Aussicht stellt, sich dann aber dieser Verpflichtung praktisch wieder entzieht.
Mit der Vorlage der beiden Gesetzentwürfe, die heute zur Debatte stehen, wird aber der Versuch unternommen, die Finanzkraft der deutschen Rentenversicherungsträger noch viel weiter einzuschränken. Rückwirkend für das damals schon beinahe abgelaufene Etatjahr 1952 wurde uns in der Drucksache 4033 ein Gesetz vorgelegt, das vorsieht, daß die Verpflichtungen des Bundes zu 20% in Schuldbuchforderungen abzugelten sind, da, wie es in der Begründung heißt, andere zur Übertragung geeignete Vermögensobjekte nicht zur Verfügung stehen, Schuldbuchforderungen, die nicht beliehen und die nicht veräußert werden dürfen!
Durch den Gesetzentwurf Drucksache Nr. 4005 ist die Bundesregierung dann aber noch einen wesentlichen Schritt in der Einschränkung der Finanzkraft der Rentenversicherungsträger weitergegangen. Sie hat für die Rechnungsjahre 1953/54 und 1955 gefordert, jetzt nicht mehr nur 20 %, sondern 75 % der Zahlungsverpflichtungen für die Rentenzulagen durch unveräußerliche Schuldbuchforderungen abgelten zu können. Wenn auch diese Regelung in den Ausschußberatungen auf ein Jahr begrenzt wurde, so bleiben unsere Bedenken doch nach wie vor dieselben. Es sind eine Reihe guter, nicht wegzudiskutierender Gründe, die uns zu dieser Haltung veranlassen und die heute noch einmal ausgesprochen werden müssen, und zwar deshalb, weil diese Regelung uns mit ernster Sorge erfüllt. Zum anderen müssen die Bedenken, die der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Deutsche Angestelltengewerkschaft und der Verband der Rentenversicherungsträger haben, hier von der Tribüne des Hauses in aller Öffentlichkeit noch einmal zum Ausdruck gebracht werden.
In der Begründung der Bundesregierung heißt es, daß es gesamthaushaltswirtschaftlich nicht verantwortet werden könne, daß mit Hilfe von Bundesleistungen an anderen öffentlichen Stellen Kassenüberschüsse angesammelt würden,
({2})
während der Bund nicht in der Lage sei, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Wir sind der Meinung, daß es nicht angeht, durch solche Maßnahmen die Finanzkraft der Rentenversicherungsträger zu schwächen. Wir sind weiterhin der Ansicht, daß man Mittel, die zweckgebunden sind und die für die Altersversorgung der Rentner gegeben werden, nicht zweckentfremden kann.
Wir alle wissen, daß sich eine gewisse Verbesserung der Kassenlage der Rentenversicherungsträger ergeben hat. Sie ist darauf zurückzuführen, daß die Beiträge infolge von Lohnerhöhungen höher geworden sind, ohne daß dem sofort höhere Leistungen der Rentenversicherungsträger gegenüberstehen. Diese werden erst bei der Rentenzahlung fällig werden. Ferner ist eine aber nur scheinbare Besserung der Kassenlage darauf zurückzuführen, daß es den freiwillig Versicherten zur Pflicht gemacht wurde, ihre alten Anwartschaften durch Beitragszahlung in Ordnung zu bringen. Das sind also absolut zeitbedingte Umstände, die keine Gewähr dafür bieten, daß die Kassenlage auf die Dauer verbessert bleibt. Außerdem erscheint es uns völlig abwegig, in dieser Situation von Überschüssen im üblichen Sinne zu reden und diese Gelder zu beschlagnahmen. Es handelt sich im Höchstfalle nur um Betriebsmittel für allenfalls zwei Monate. Eine geringfügige Konjunkturschwankung mit einem damit verbundenen Rückgang der Beschäftigtenzahl, ein längerer Winter, eine größere Anzahl arbeitsunfähig Erkrankter würden sofort eine andere Situation ergeben. Wir alle sollten uns darüber klar sein, daß Betriebsmittel von zwei Monaten nicht ausreichen, die Schwankungen des Wirtschaftslebens auszugleichen. Wir sollten im Gegenteil alles tun, um die Finanzkraft der Rentenversicherungsträger laufend zu stärken.
({3})
Statt dessen versucht die Bundesregierung aber, durch diese beiden Gesetze weitere Betriebsmittel abzuschöpfen.
Ein weiterer Einwand, den wir gegen die Schwächung der Finanzkraft der Rentenversicherungsträger vorzubringen haben, ist der, daß die Anforderungen - durch den Altersaufbau unseres Volkes bedingt - von Jahr zu Jahr erheblich größer werden. Der Verband der Rentenversicherungsträger hat nachgewiesen, daß die Rentenanforderungen jährlich um 200 Millionen DM anwachsen werden, auch wenn keine Konjunkturschwankungen eintreten. Er hat weiterhin nachgewiesen, daß die Rentenversicherungsträger eine Aufgabe zu erfüllen haben, die für die Gesundheit unseres Volkes von außerordentlich großer Bedeutung ist, nämlich die Wiederherstellung und den Ausbau einer Reihe von Heilanstalten. Diese Kosten werden von den Rentenversicherungsträgern für das Jahr 1953 auf ungefähr 80 Millionen DM geschätzt. Wie aber soll diese Aufgabe geleistet werden, wenn der Bund seinen Verpflichtungen nicht in Barleistungen, wie ursprünglich vorgesehen war, sondern zu 75 % in Schuldbuchforderungen, die nicht
({4})
veräußert und nicht beliehen werden dürfen, nachkommen will?
({5})
Auch wenn diese Regelung heute nur für ein Jahr vorgesehen ist, muß das für die Versicherungsträger zu Konsequenzen führen, die wir nicht gutheißen können und ,die die notwendigen Verbesserungen der Leistungen für die Versicherten blockieren.
Eine andere Tatsache kann man nicht oft genug in das Blickfeld der Betrachtungen stellen. Herr Kollege Richter hat in der Haushaltsdebatte bereits darauf hingewiesen, daß infolge dieser Regelung nur noch wenige Rentenversicherungsträger in der Lage sein werden, ihre Kann-Leistungen - und das sind vor allen Dingen die Heilverfahren, die der vorbeugenden Gesundheitsfürsorge dienen - durchzuführen. Für die Kann-Leistungen gilt bekanntlich nicht der Ausgleich nach § 6 des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes innerhalb der Rentenversicherung der Arbeiter, und die schwachen Rentenversicherungsträger werden ihre wertvollen vorbeugenden Gesundheitsmaßnahmen erheblich einschränken müssen. Das gilt ganz besonders für die Flüchtlingsländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern, bei denen die Kassenlage der Rentenversicherungsträger durch größere Arbeitslosigkeit und durch niedrigere Löhne schlechter ist als in den anderen Ländern.
({6})
Mit allem Nachdruck muß aber noch weiter darauf hingewiesen werden, daß die Rentenversicherungsträger nicht mehr in der Lage sein werden, sich an der Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus zu beteiligen, und daß es eine erhebliche Beeinträchtigung der Volksgesundheit, auch der Gesundung der Familie im allgemeinen, bedeuten würde, wenn die Mittel, die für Wohnungsbauzwecke vorgesehen waren, nun für den ordentlichen Haushalt des Bundes beansprucht würden. Der Verband der Rentenversicherungsträger hat uns durch seine Zuschriften davon in Kenntnis gesetzt, daß bei Inkrafttreten einer solchen Regelung bereits gegebene Zusagen zurückgezogen werden müssen und daß diese Einschränkungen auf die Bauwirtschaft mit ihrer Schlüsselstellung weitgehende Auswirkungen haben müssen. Diese sind der Auffassung, daß die Rücklagen in den Bezirken der einzelnen Versicherungsanstalten selbst verwaltet und auch zur Hebung der Volksgesundheit im sozialen Wohnungsbau angelegt werden sollten.
Die Rentenversicherungsträger sind weiter der Ansicht - und diese Meinung deckt sich auch mit der unsrigen -, daß man durch diese staatliche Maßnahme weitgehend die Selbstverwaltung einschränkt. Die neu gewählten Organe kommen vor leere Kassenschränke, und man beraubt sie einer Aufgabe, die von den Sozialpartnern als eine ihrer Hauptaufgaben angesehen wird. Selbstverwaltung bedeutet, daß man es den Vertretern der Versicherten möglich machen muß, an einer der für sie wesentlichsten Aufgaben mitzuwirken.
Ein solcher Eingriff muß das Bemühen, den Versicherten durch die Selbstverwaltung wieder so nahe wie möglich an seine Versicherung heranzuführen, geradezu zunichte machen. Die Versicherten, die Rentner, betrachten diese Maßnahme mit äußerstem Mißtrauen. Während der Herr Bundesarbeitsminister immer wieder auf die gesundheitlichen Nachwirkungen des Krieges und die zunehmende Überalterung unseres Volkes hingewiesen und betont hat, daß die Anforderungen an die Versicherungsträger steigen werden und die Finanzlage der Rentenversicherungsträger weiterhin bedenklich bleibt, hat der Herr Bundesfinanzminister erklärt, daß die Versicherungsträger zur Aufrechterhaltung ihrer Leistungsfähigkeit nicht einer Vermehrung ihres veräußerlichen Vermögens bedürfen, denn sie würden diese Werte nicht verbrauchen. Dieses Verhalten in einer solchen Situation muß geradezu das Mißtrauen der Beitragszahler gegen eine Regierung, die ihnen heute vom Zusammenbruch der Altersversicherung und morgen von unverbrauchbaren Überschüssen erzählt, hervorrufen. Wir sind der Ansicht, daß der Herr Bundesfinanzminister mit dieser Maßnahme auf dem besten Wege ist, die im Grundgesetz verankerte Garantiestellung des Bundes gegenüber der Sozialversicherung geradezu in das Gegenteil zu verkehren.
({7})
Es tut nicht gut - und das sollten wir uns merken -, die Gelder der Sozialversicherung allzu nahe an die Staatsfinanzen heranzuführen. Die Bundesregierung tut auch der Demokratie einen schlechten Dienst, wenn sie Selbstverantwortung und Selbstvertrauen von Millionen von Arbeitern und Angestellten einem augenblicklichen Vorteil opfert.
({8})
Sie fördert damit eine Entwicklung, die sie sonst zu bekämpfen vorgibt. Wir sollten nach den zweimaligen Erfahrungen und - lassen Sie mich das bitte sagen - auch nach der Praxis, die in der Sowjetzone mit den Geldern der Sozialversicherung geübt wird
({9})
- die Gelder der Sozialversicherung sind dort völlig in den Staatshaushalt eingebaut -,
({10})
alles daransetzen, der Sozialversicherung ihre finanzielle Unabhängigkeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu erhalten.
({11})
Unsere Haltung zu diesem Gesetz deckt sich mit dem Antrag des Landes Bayern, der beim ersten Durchgang in der 98. Sitzung des Bundesrates mit 19 gegen 19 Stimmen der Ablehnung verfiel. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten gestatte ich mir, einen Teil der Ausführungen des Herrn bayerischen Arbeitsministers zu dieser Frage dem Hause zur Kenntnis zu geben. Er führte damals aus:
Ich möchte aber noch ganz allgemein folgendes
zu diesem Problem sagen. Selbst unter der
Annahme einer schwierigen Kassenlage des
Bundes vermag Bayern die Vorlage der Bundesregierung nicht zu billigen, Mittel der Rentenversicherung zur Entlastung des Bundeshaushalts in Anspruch zu nehmen. Die Vorlage beweist, wie bedenkenlos man Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen trachtet und
den Weg des vermutlich geringsten Widerstands zu gehen gewillt ist.
({12})
Diese Gesetzesvorlage ist aber um so bedenklicher, als gegenüber der Sozialversicherung ein Weg eingeschlagen wird, der aus 1938 in bitterer Erinnerung ist.
({13})
({14})
Wenn auch nicht entfernt unterstellt werden soll, daß die Motive die gleichen sein könnten, so muß doch ernsthaft vor dem Beschreiten eines solchen Weges gewarnt werden, da nicht abzusehen ist, wo er endet. Heute sind es die Sozialversicherungsträger und die Arbeitslosenversicherung, morgen schon können es die privaten Kapitalsammelstellen, also die Privatversicherungen, die Banken und eines Tages auch die Sparkassen sein, denen mit Zwangsauflagen ein Beitrag zur Finanzierung von Bundesaufgaben abgefordert wird.
({15})
Wir schließen uns diesen Ausführungen des bayerischen Arbeitsministers an und betonen nochmals, daß wir nicht gewillt sind, mit Ihnen diesen Weg zu gehen. Unsere vordringlichste Aufgabe ist es, die Leistungen der Rentenversicherungsträger zu verbessern,
({16})
die zu niedrigen Renten zu erhöhen,
({17})
nicht aber einen Eingriff in die Liquidität der So-sozialversicherungsträger vorzunehmen. Wir lehnen deshalb die beiden Gesetzentwürfe ab.
({18})
Das Wort hat als Berichterstatter Abgeordneter Freidhof.
Freidhof ({0}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie als Berichterstatter bitten, in der Drucksache Nr. 4338 eine Berichtigung vorzunehmen. In § 2 Abs. 2 heißt es in der zweitletzten Zeile: „und am 30. September 1957". Das Wörtchen „und" muß gestrichen werden; es muß heißen: „erstmalig am 30. September 1957",
Das Wort hat der Abgeordnete Willenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Gesetzentwürfe der Bundesregierung stellen zweifellos einen Eingriff in die Finanzgebarung der Rentenversicherungsträger dar und haben nicht nur bei diesen, sondern auch nicht minder bei den Versicherten allerstärkstes Befremden hervorgerufen. Mit der beabsichtigten Zuteilung von Schuldbuchforderungen des Bundes wird, wenn sie erfolgt, eine einseitige Festlegung der Rücklagen der Rentenversicherungsträger herbeigeführt. Versicherungsträger und Versicherte wehren sich dagegen, daß Mittel der Sozialversicherung im politischen Raum Verwendung finden sollen. Die Erfahrungen mit Kriegsanleihen und Reichsschatzanweisungen erinnern uns an vergangene Zeiten. In beiden Fällen blieben für die Versicherungsträger und damit auch für die Versicherten nur Zusammenbrüche übrig. Nun sollen die vorhandenen Geldreserven wieder herhalten, um die Lücken des Haushalts zu decken.
({0})
Es wäre nicht richtig, wenn man den vorhandenen Reserven die Funktionen sonst üblicher Geldreserven zuschreiben wollte. Die Geldreserven der Versicherungsträger haben sich erst infolge der erhöhten Löhne und Gehälter bilden können. Den Erhöhungen der Beitragsleistungen werden in
kurzer Zeit erhöhte Rentenzahlungen folgen, da höhere Beiträge höhere Renten bedingen.
Die Lage der Rentenversicherungsträger wird sehr kritisch, wenn infolge einer Wirtschaftskrise die Zahl der Beschäftigten sinkt und damit auch die Einnahmen geringer werden. Wenn die Bundesregierung schon jetzt nicht in der Lage ist, auf Grund des Rentenzulagengesetzes den Versicherungsträgern die notwendigen Barmittel zur Verfügung zu stellen, was soll dann geschehen, wenn bei rückläufiger Wirtschaftsentwicklung auch geringere Bundeseinnahmen vorhanden sind! Dann haben wir die Schwierigkeiten von 1932. Damals war die Invalidenversicherung nicht mehr in der Lage, die Renten in voller Höhe auszuzahlen, und es mußten nicht unerhebliche Rentenkürzungen vorgenommen werden. Die Nationalsozialisten haben die damalige Notlage der Rentenempfänger gründlich ausgenutzt, um gegen den demokratischen Staat zu hetzen. Die Möglichkeit einer solchen Entwicklung sollten wir auch sehen, und wir sollten die notwendigen Nutzanwendungen daraus ziehen.
Die vorliegenden Gesetzentwürfe gefährden aber auch die Möglichkeit der Versicherungsträger, Mittel bereitzustellen, um die Renten zu erhöhen. Meine Damen und Herren, beachten Sie bitte, daß die Durchschnittsrenten in der Angestelltenversicherung etwa um 123 DM und in der Invalidenversicherung 78 DM betragen. Bei Witwen und Waisen liegen die Durchschnittssätze ganz erheblich niedriger. Es liegt Veranlassung vor, den Versicherungsträgern die Möglichkeit zu geben, hier zu helfen und hier ihre Reserven einzusetzen, anstatt ihnen diesen Weg zu verbauen.
Die Gesetzentwürfe gefährden meines Erachtens auch den Finanzausgleich der Landesversicherungsanstalten. Seit 1949 haben die beiden großen Versicherungsträger Nordrhein-Westfalens, die Landesversicherungsanstalten Düsseldorf und Münster, etwa 600 Millionen DM Zuschuß für die übrigen, nicht leistungsfähigen Bundesanstalten geleistet. Diese Gemeinlast der beiden Anstalten wird stärkstens gefährdet, wenn diese Gesetzentwürfe zur Annahme kommen. Das wird zur Folge haben, daß dann die leistungsschwachen Versicherungsanstalten nicht mehr in der Lage sind, die fälligen Renten an die Bezugsberechtigten zur Auszahlung zu bringen.
Das sind die Bedenken, die meine politischen Freunde veranlassen, diese Gesetzentwürfe abzulehnen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Hammer.
Meine Damen und Herren! Nach den Reden meiner sehr verehrlichen beiden Vorredner hätte man den Eindruck gewinnen können, als würde durch diese Gesetzesvorlagen die Rentenzahlung in Deutschland bedroht.
({0})
Es ist doch angebracht, darauf aufmerksam zu machen, daß der Garant für die Rentenzahlung in Deutschland der Bund ist, so wie es früher das Reich gewesen ist.
({1})
Also diese Gefährdung der Rentenzahlung existiert
nicht, und wer von diesem Rednerpult aus etwa in
({2})
Deutschland die Meinung verbreiten wollte, daß die Rentenzahlung durch diese Vorschläge der Regierung bedroht sei, der würde betrügen.
({3})
Meine Damen und Herren! Es gibt eine zweite Leistung unserer Rentenversicherungsträger, das Heilverfahren. Darauf hat Frau Kollegin Korspeter hingewiesen, und sie hat den Herrn Kollegen Richter zitiert. Sie hat aber vergessen, darauf hinzuweisen, jedenfalls im ersten Teil ihrer Rede, daß bei den Beratungen zu diesem Gesetz Herr Kollege Preller darauf aufmerksam gemacht hat, daß die Versicherungsträger der Rentenversicherung im Augenblick an dem sozialen Wohnungsbau interessiert seien. Gegen Ende ihrer Rede hat sie selbst diesen sozialen Wohnungsbau als eine Aufgabe der Versicherungsträger angesprochen. Ich weiß nicht, wo dieser soziale Wohnungsbau in unserer Gesetzgebung als Pflichtleistung der Krankenversicherung erwähnt sein sollte.
({4})
Ich kenne ihn im Katalog der erlaubten Anlagemöglichkeiten an letzter Stelle.
({5})
- Gerade, weil ich das weiß, lieber Freund, möchte ich Ihnen nämlich sagen, daß es in der Frage der Gesundheit eine gewisse Rangfolge und Dringlichkeitsstufe gibt. Ich stehe auf dem Standpunkt: erst das Heilverfahren und dann die verbilligten Klosettdeckel!
({6})
Sie wollten es j a so deutlich haben!
({7})
- Durchaus treffend!
Ein Auftrag an die Rentenversicherung lautet, Kranke gesund zu machen und vor Invalidität zu bewahren, etwa durch Heilverfahren beim Tuberkulösen oder beim chronischen Arthritiker. Das ist der Auftrag gemäß der Reichsversicherungsordnung, aber nicht die Beteiligung am Wohnungsbau. Das haben andere Leute zu machen, dafür haben wir sogar ein eigenes Ministerium.
Noch etwas zur Frage der Beteiligung am Wohnungsbau, so wie sie in der Reichsversicherungsordnung vorgesehen ist, also als Anlagemöglichkeit. Sie reden von den Interessen der Versicherten. Die Interessen der Versicherten machen es notwendig, eine Anlage zu treffen, die die entsprechende Rendite auf dem Kapitalmarkt erbringt.
({8})
Seit wann ist der soziale Wohnungsbau eine Anlage für ein Kapital, das Erträge liefern soll?
Sie sprachen davon, daß unter Umständen diese Mittel in einer Krise im Interesse der Versicherten mobilisiert werden müssen. Ja, wer kann sich denn vorstellen, daß im Palle einer Krise ausgerechnet die Kapitalien, die in den sozialen Wohnungsbau hineingesteckt wurden, verflüssigt werden können? Das ist doch sehr häufig gerade ein Argument von Ihnen gewesen, meine Damen und Herren von der Linken, wenn Sie unseren Gedanken des Kapitaldeckungsverfahrens in der Öffentlichkeit attackiert haben.
Wir stehen auf dem Boden der Regierungsvorlage, halten sie für richtig und sind bereit, sie überall zu vertreten. Die FDP stimmt diesem Gesetz zu.
({9})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich nach den treffenden Ausführungen der Sprecherin der SPD und des Sprechers des Zentrums angesichts der mir zur Verfügung stehenden nur sehr knappen Zeit darauf beschränken, einmal aus dem Gestrüpp des Gesetzestextes die Zahlen herauszuarbeiten, die hinter dieser Materie stecken.
Durch diese Manipulation, hinter der ja nicht der Arbeitsminister, sondern der Herr Bundesfinanzminister Schäffer steht, werden im Rechnungsjahr 1952, also in dem Jahr, das Ende März abgeschlossen hat, 159 Millionen DM Verpflichtungen des Bundes in der Form von Schuldbuchforderungen abgedeckt. Für das Geschäftsjahr 1953 beträgt die Summe, um die es geht, 555 Millionen DM, also mehr als eine halbe Milliarde DM. Das bekommen nun die Sozialversicherungsträger statt in Barzuwendungen in Schuldbuchforderungen. Der Herr Bundesfinanzminister sagt: Die Finanzlage macht das notwendig. Ich werde am Schluß auf seine Methoden der Finanzierung anderer Probleme kurz eingehen. Wie die berufenen Hüter der Rentenversicherung, die Versicherungsträger selbst, die Auswirkungen beurteilen, hat Ihnen Frau Korspeter richtig aufgezeigt; ich kann dem nichts mehr hinzufügen. Aber daß hier ein Arzt sich hinstellt und die Auswirkungen dieses Raubbaues an den Sozialversicherungsträgern so zu minimalisieren versucht, ist wirklich erstaunlich, und ich habe Ihnen eben den Zuruf gemacht, ob Sie Ihren Standpunkt auch z. B. Ihren Kollegen Krankenkassenärzten gegenüber zu verteidigen bereit sind, die ja vollkommen zu Recht auch seit Jahr und Tag eine Aufbesserung ihrer Bezüge verlangen.
({0}) - Von Ihnen natürlich abgelehnt wird.
({1})
Hier ist - nur zur Verwirrung des Tatbestandes - das Problem „sozialer Wohnungsbau" hineingeworfen worden. Wir sind der Meinung, daß mit den Geldern der Sozialversicherungsträger der soziale Wohnungsbau nicht gefördert werden soll, daß dafür Bundesmittel genommen werden sollen, die Sie heute für andere Zwecke verplempern.
Nun etwas an die Adresse der Frau Korspeter. Sie konnte sich wieder einmal bei der Betrachtung dieser so nüchternen Materie den üblichen kleinen Seitenblick nach der DDR nicht ersparen.
({2})
- Frau Korspeter, im Gegensatz zu der Währungsreform, die hier im Westen vorgenommen worden ist, sind in der DDR die Vermögen der Sozialversicherungsträger und der öffentlichen Hand 100 zu 100 aufgewertet worden.
({3})
({4})
- Da können Sie schreien, wie Sie wollen. Mit Ihrem Schreien schaffen Sie den Tatbestand nicht aus der Welt.
({5})
- Hören Sie auf! Ich habe jetzt keine Zeit, auf faule Witze einzugehen.
({6})
Nun zur Frage der Aufwertung. Warum macht man denn hier nicht ganze Arbeit und geht an die Aufwertung der Milliardenbeträge der Sozialversicherung heran, die durch zwei Kriege verludert worden sind? Warum geht man nicht daran, diese Beträge, die mehr als 40 Milliarden DM ausmachen, endlich aufzuwerten?
Zur Frage der Sicherheit der Schuldbuchforderungen! Ich erlaube mir, die Frage zu stellen: Was steckt denn an Stabilität hinter diesem Bund? Sieht man denn nicht die Gefahr? Hier wendet man doch eine Methode an, die Hitler auf die Sozialversicherung angewandt hat. Hitler war es doch, der den Sozialversicherungsträgern Reichsschuldverschreibungen statt baren Geldes gegeben hat.
({7})
- Damals stand ja noch ein realer Wert dahinter, lieber Freund!
({8})
Der steht heute nicht mehr dahinter. Wenn Sie Ihre
Adenauersche-amerikanische Kriegspolitik zum
Zuge bringen, dann ist die Stabilität dieses Bundes
keinen Pfennig wert.
({9})
Aber Sie müssen ja dieselbe Spur gehen. Wie zur Zeit Hitlers diese Methode angewandt wurde, um den Krieg zu finanzieren, so greift Ihre Regierung heute zu derselben Methode zurück, um den Krieg zu finanzieren.
({10})
Das muß ausgesprochen werden.
Ein abschließendes Wort. Wir haben bereits bei den voraufgegangenen Diskussionen diese Manipulationen abgelehnt. Wir lehnen sie auch heute ab, obwohl Sie das Pflästerchen „nur für 1954" draufgeklebt haben. Bleibt diese Regierung am Ruder, dann wird dieselbe Methode im Jahre 1955 nur noch verschärft durchgesetzt werden. Je mehr Sie in das Stadium der vollen Aufrüstung hineingeraten, desto mehr werden Sie die Gelder der Sozialversicherungsträger benutzen, um diesen verbrecherischen Krieg zu finanzieren.
({11})
Das ist die Lage, all Ihr Geschrei ändert am Tatbestand nichts. Der Herr Schäffer bedient sich wie Hitler ein und derselben Methode der Finanzierung des Krieges, und das steckt hinter diesem Gesetzentwurf.
({12})
Darum lehnen wir ihn ab. An dieser berechtigten
Ablehnung ändern auch Ihre Zwischenrufe wie
„Unverschämtheit" nichts. Damit schafft man Tatbestände wirklich nicht aus der Welt.
({13})
Das Wort hat der Abgeordnete Arndgen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Je näher dieses Haus dem Ende der Arbeiten kommt, um so mehr scheint auf der linken Seite das Wahlfieber anzusteigen.
({0})
Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, auszurechnen, welche Finanzmittel die Anträge, die Sie in den letzten Wochen gestellt haben, beanspruchten, wenn sie verwirklicht würden.
({1})
Dabei habe ich nur sieben Anträge zugrunde gelegt. Wir müßten dann zu dem, was in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung zur Zeit zur Verfügung gestellt wird, noch 2 Milliarden und hundert soundso viel Millionen Mark bewilligen. Diese Anträge werden von der linken Seite gestellt, ohne daß auch nur der leiseste Versuch gemacht wird, irgendwie nach Deckungsmäglichkeiten zu suchen.
({2})
Wenn die Regierung versucht, all das, was auf dem sozialpolitischen Sektor beschlossen worden ist, auch finanziell so zu decken, daß wir nicht nach und nach in eine Inflation hineinschliddern, dann sind Sie, meine Damen und Herren von der Linken. diejenigen, die sich gegen solche Deckungsmöglichkeiten stemmen.
({3})
Frau Korspeter hat von Verpflichtungen gesprochen, denen sich der Bund entziehen wolle. Diese Behauptung stimmt nicht. Sie kann nicht stimmen, weil wir im Grundgesetz einen Art. 120 haben, der bestimmt, daß der Bund die Leistungen der Sozialversicherung zu garantieren hat.
({4})
Also kann nicht davon die Rede sein, daß mit diesen Deckungsvorschlägen auch nur der leiseste Versuch gemacht werde, den Bund von der Verpflichtung zu befreien, die ihm auf Grund des Art. 120 des Grundgesetzes obliegt.
({5})
Dann ist von Einschränkungen und von Schwächungen der Leistungen gesprochen worden. Ich habe hier eine Aufstellung vor mir liegen, die Sie genau so gut kennen, meine Damen und Herren von der Linken, wie ich. Aus dieser Aufstellung geht hervor, daß trotz der Schuldverschreibungen, die den Rentenversicherungsträgern zugingen, in diesem Haushaltsjahr noch ein Überschuß von 414 Millionen DM verbleibt.
({6})
Herr Kollege Schellenberg, Sie haben nicht nur heute, sondern schon mehrfach davon gesprochen, daß, wenn der Bund den Rentenversiche({7})
rungsträgern statt Barzuwendungen Schuldverschreibungen gibt, das Heilverfahren und die freiwillige Leistung gefährdet seien.
({8})
Meine Damen und Herren, sehen Sie sich einmal die Aufstellung an, die Sie genau so gut in Händen haben wie ich! Dann werden Sie feststellen, daß ebenso wie in früheren Jahren die Rentenversicherungsträger etwas über 200 Millionen DM für Heilverfahren usw. zur Verfügung haben. Das wird auch im Haushaltsjahr 1953 so sein, so daß die Rentenversicherungen ihre Kann-Leistungen, ihre Heilverfahren usw., in genau derselben Höhe werden durchführen können wie bisher. Also alle Einwendungen, die hier gegen das Gesetz erhoben worden sind, sind so weit hergeholt, daß sie nicht überzeugen können.
({9})
Dann hat Frau Korspeter gesagt, es sei nicht mehr möglich, die gleichen Mittel in den sozialen Wohnungsbau hineinzustecken, wenn die Barleistungen nicht mehr in vollem Umfang fließen. Ich habe schon ausgeführt, daß noch ein Überschuß von 414 Millionen DM verbleibt. Ich habe eben beim Wohnungsbauministerium feststellen lassen, daß in den bisherigen Haushaltsjahren, also auch im vergangenen Haushaltsjahr, von den Rentenversicherungsanstalten direkt nur 35 Millionen DM in den Wohnungsbau hineingesteckt worden sind.
({10})
- Auch darauf komme ich.
({11})
-Warten Sie doch, bis ich fertig bin! - Es werden auch, wie bisher, noch genügend Mittel der Rentenversicherungsanstalten in die Pfandbriefe hineingeleitet werden können, so daß durch diese Deckungsgesetze, und zwar sowohl dasjenige für 1952 als auch das für 1953, der soziale Wohnungsbau, soweit er bisher von den Rentenversicherungsträgern gefördert wurde, in keiner Weise beeinträchtigt werden wird.
Es ist auch von der Selbstverwaltung gesprochen worden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das Gesetz über die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung so durchgeführt worden wäre, wie sie das Gesetz vorsieht, dann hätten wir eine echte Selbstverwaltung. Aber große Teile der Versicherten haben es abgelehnt, zu wählen. Sie haben sich berufen lassen. Es ist also trotz des Selbstverwaltungsgesetzes eine echte Selbstverwaltung. wie sie das Gesetz wollte, nur bei einigen Versicherungsträgern Tatsache geworden. Wie dort, wo gewählt wurde, die Selbstverwaltung aussieht, darüber, meine sehr verehrten Herren von der Linken, brauche ich Ihnen nichts zu sagen. Dort haben sich die Versicherten gegen Ihre Politik ausgesprochen.
({12})
Ich glaube, wenn wir in diesem Hause auf der einen Seite Beschlüsse fassen, die die Leistungen der Sozialversicherung erhöhen sollen, dann sind wir auf der andern Seite auch verpflichtet, dafür die notwendige Deckung zur Verfügung zu stellen. Darüber, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Linken, haben Sie sich niemals Kopfschmerzen gemacht. Wenn nun die Deckungsvorschläge von anderer Seite gemacht werden, dann
glauben Sie, die Dinge kritisieren zu müssen, weil Sie der Meinung sind, daß Sie daraus irgendeinen Wahlerfolg mit nach Hause nehmen können.
({13})
Weitere Wortmeldungen? - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur einige Bemerkungen zu dem, was Herr Kollege Arndgen bezüglich des Heilverfahrens gesagt hat: Schon heute ist das Heilverfahren als Kann-Leistung der Rentenversicherung je nach der Finanzlage der einzelnen Renten-. versicherungsträger höchst unterschiedlich. Für die Landesversicherungsanstalten Westfalen und Rheinprovinz, die bekanntlich die leistungsstärksten Rentenversicherungsträger sind, werden heute 10 % der Rentenausgaben für Heilverfahren ausgegeben, für die leistungsschwachen Anstalten, beispielsweise für die Landesversicherungsanstalten Oberfranken und Schwaben, aber nur 5 oder 4 %.
({0})
Das heißt, daß bereits unter den gegenwärtigen Umständen die leistungsschwachen Versicherungsträger nur die Hälfte dessen an Heilverfahren durchführen, was die leistungsstarken Versicherungsträger gewähren. Wenn die Abschöpfung der Barmittel der Rentenversicherung verstärkt wird, so ergibt sich daraus als unabweisbare Folge, daß die Maßnahmen des Heilverfahrens bei leistungsschwachen Versicherungsträgern noch weiter eingeschränkt werden müssen, weil - und das ist auch den Vertretern der Regierungsparteien bekannt - das Heilverfahren ausschließlich aus den finanziellen Mitteln des einzelnen Versicherungsträgers bestritten werden kann.
Herr Kollege Arndgen, in diesem Zusammenhang darf ich an die offiziellen Erklärungen erinnern, die gerade der Vertreter Ihrer Partei anläßlich der Regierungserklärung am 23. September 1949 über die Finanzen und über die Selbständigkeit der Sozialversicherung abgegeben hat. Damals hat der Abgeordnete Blank zur Regierungserklärung über die Sozialversicherung gesprochen und laut Protokoll der 7. Sitzung, das ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten hier verlesen darf, folgendes erklärt:
Wir wollen weg von der staatlichen Einflußnahme auf diese Dinge.
Und weiter:
Grundsatz aber bleibt bei uns, das Vermögen
der Versicherungsträger vor Zugriffen eines
geldgierigen Staates sicherzustellen . . .
({1})
Und das Protokoll verkündet: „Beifall in der
Mitte". Das waren Ihre Auffassungen, die Sie bei
Übernahme der Regierung vertreten haben; und
was Sie heute durchführen, ist das Gegenteil davon!
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die letzten, mit so viel Leidenschaft vorgetragenen Ausführungen des Kollegen Schel({0})
lenberg bedürfen nur einer kurzen, knappen
Berichtigung. Das, was Herr Professor Schellenberg hier soeben behauptet hat, ist nicht richtig.
({1})
Er hat auf die leistungsschwächeren Versicherungsträger verwiesen und behauptet, daß diese infolge dieses Gesetzes dann nicht mehr in der Lage wären, auf dem Gebiete des Heilverfahrens Leistungen in der bisherigen Form und Höhe zu bewilligen. Ich darf Sie, meine Damen und Herren, auf § 1 Abs. 2 der Vorlage aufmerksam machen; darin heißt es - ich darf wörtlich zitieren -:
Die nach Absatz 1 bereitzustellenden Mittel
werden von sämtlichen Versicherungsträgern,
getrennt für jeden der beiden Versicherungszweige, nach Maßgabe ihrer Beitragseinnahmen
jeweils für ein Kalenderjahr gemeinsam aufgebracht.
Jetzt kommt das Entscheidende:
Wenn hiernach einzelnen Versicherungsträgern von ihren Gesamteinnahmen für das Kalenderjahr weniger Mittel verbleiben, als zur Dekkung ihrer Gesamtausgaben
- ich unterstreiche Gesamtausgaben für das Kalenderjahr erforderlich sind, so werden die auf diese Versicherungsträger nach Satz i entfallenden Aufbringungsanteile entsprechend gekürzt; die ausfallenden Teile der Aufbringungsanteile werden auf die anderen Versicherungsträger nach Maßgabe ihrer Beitragseinnahmen für das Kalenderjahr verteilt, das Nähere bestimmt der Bundesminister für Arbeit.
({2})
- Nein, da haben wir es nicht, Kollege Richter!
({3}) Gerade das Gegenteil von dem, was Herr Kollege Schellenberg hier vorgetragen hat, steht in diesem Absatz. Wenn die erwähnten leistungsschwächeren Versicherungsträger eben nicht in der Lage sind, ihre Gesamtausgaben aus dem verbleibenden Teil ihrer Beitragseinnahmen zu decken, dann werden ihre Aufbringungsanteile nach Maßgabe dieses Gesetzes entsprechend gekürzt. Herr Kollege Schellenberg hat auf die finanzstarken Träger in Rheinland und Westfalen etc. hingewiesen; dann haben diese Träger für die leistungsschwächeren miteinzutreten. Sie werden dann, ohne irgendwie in ihrem Leistungsvermögen auch hinsichtlich des Heilverfahrens eingeschränkt zu werden, immer noch in der Lage sein, den an sie zu stellenden Anforderungen gerecht zu werden.
Ich stelle also ausdrücklich fest, daß dieses Argument nicht sticht, und kann mich deshalb auch nur gegen eine solche Darstellung aussprechen.
({4})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unzweifelhaft hat der Bundestag heute eine sehr wichtige Entscheidung zu treffen, und ich bedauere außerordentlich, daß dieses Problem nicht vor einer größeren Zahl von Bundestagsabgeordneten diskutiert wird, damit sie bei der
Abstimmung auch wissen, um welches Problem von grundsätzlicher Bedeutung, um welche wichtige Frage für die Versicherten und für die Versicherungen es sich hier handelt.
Herr Kollege Arndgen hat behauptet, die SPD habe Anträge auf sozialpolitischem Gebiet eingebracht, die eine Mehrausgabe von 2,1 Milliarden DM erforderlich machten. Ich weiß nicht, wie er dies berechnet hat, ob er addiert oder multipliziert hat, welche Ausgaben er als sozialpolitische Ausgaben ansieht; all das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich will deshalb nur die Anträge nehmen, die zu diesem Thema gehören, d. h. zu den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten. Anträge auf Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung gehören zum nächsten Punkt der Tagesordnung, wo wir sie behandeln werden; darauf können Sie sich verlassen!
Wir haben beantragt, daß der Steigerungsbetrag in der Angestelltenversicherung von 0,7 auf 1% erhöht wird, und wir haben festgestellt, daß dafür etwa 200 Millionen DM Mehrausgabe erforderlich sind. In unserem Antrag und in unseren Reden haben wir zum Ausdruck gebracht, daß diese 200 Millionen DM Mehrausgabe zur Zeit durch Beiträge von den Versicherten in der Angestelltenversicherung aufgebracht werden, die Mittel für diese Rentenerhöhung also vorhanden sind. Wir haben weiter beantragt, daß die Grundbeträge in der Rentenversicherung der Arbeiter erhöht werden. Wir werden feststellen, daß dies etwa 300 Millionen DM ausmacht. Aus den Ausführungen des Kollegen Arndgen bzw. aus den Berechnungsgrundlagen der Bundesregierung wissen Sie, daß diese Mittel vorhanden sind, daß sie also von der Versicherung getragen werden können und der Bundeshaushalt durch beide Anträge in ganz minimaler Höhe, und zwar nur durch die Angestelltenversicherung, belastet wird. Wenn Sie jetzt diese Zwangsanleihe in Höhe von 555 Millionen DM sowohl für die Angestelltenversicherung wie für die Invalidenversicherung beschließen, dann machen Sie es kaum möglich, daß diese Versicherungszweige in der Lage sein werden, die Mittel aufzubringen, um die von uns gestellten Anträge zu realisieren. Sie werden dann sagen, wir sollten Deckungsvorschläge machen, denn die Versicherungsträger hätten selbst keine Mittel. Trotzdem wollen Sie heute den Versicherungsträgern die Mittel wegnehmen, indem Sie sie für eine Zwangsanleihe zum Ausgleich des Bundeshaushalts verwenden. Dagegen wehren wir uns mit aller Entschiedenheit. Wir sind der Auffassung, daß unsere Anträge durch das Beitragsaufkommen der Versicherungszweige hinreichend gedeckt sind, so daß die Vorwürfe, die Sie, Herr Kollege Arndgen, ständig erheben, in jeder Beziehung sachlich unberechtigt sind.
Aber sachlich unberechtigt ist auch Ihr Vorgehen gegenüber der Selbstverwaltung. Sie schließen hier die Aktivität und den Einsatz der Selbstverwaltung aus. Sie kritisieren, daß die einzelnen Versicherungsträger nur in ganz bescheidenem Maße zur Wahl geschritten sind. Sie kritisieren nicht, daß die Arbeitgeber bei allen Versicherungsträgern nur eine Vorschlagsliste einbringen. Das ist selbstverständlich, daß sich die Arbeitgeber vorher verständigen; dafür haben Sie kein Wort der Kritik. Wenn sich aber die Versicherten auf eine Vorschlagsliste verständigen, dann stellen Sie sich hier her und reißen ... - also schön, ich will den Satz nicht fortsetzen
({0})
({1})
und erzählen hier Märchen; denn etwas anderes ist es nicht!
({2})
Wenn der eine Sozialpartner, der Arbeitgeber, das Recht hat, sich zur Wahrung seiner Interessen auf eine Vorschlagsliste zu verständigen, hat auch der andere Partner, die Versicherten, das Recht, sich zu verständigen, und Sie sollten es endlich unterlassen, mit diesem Ladenhüter hier aufzutreten.
({3})
- Daß so wenig Interesse vorliegt, ist ganz erklärlich; denn Sie schalten ja die Selbstverwaltung in jedem Fall von Bedeutung aus. Sie tragen die Verantwortung dafür, wenn die Versicherten an ihren Einrichtungen kein Interesse mehr haben.
({4})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es ganz kurz machen. Ich will mich nur mit Herrn Horn, dem Hauptgeschäftsführer der Barmer Ersatzkasse, auseinandersetzen. Herr Horn, es ist gut, daß ich kein Hauptgeschäftsführer bin, sondern klar denken kann. Wie wollen Sie mit dieser Ihrer Argumentation einen Tatbestand aus der Welt schaffen, der hier richtig aufgezeigt wird? Es ist Tatsache, daß heute schon die verschiedenen Sozialversicherungsträger, je nach ihrer finanziellen Stärke prozentual gesehen, verschieden hohe Ausgabensätze für die Heilbehandlung aufweisen. Nun sagen Sie - und Sie begrüßen das als eine wundervolle Regelung -: Jetzt werden aber die finanzschwachen Länder dadurch bessergestellt, daß wir bei den finanzstarken die entsprechenden Kürzungen vornehmen.
({0})
Herr Horn als Versicherungsfachmann sollte begreifen, daß, wenn man beim Stärkeren abbaut, um den Schwächeren zu stützen, im Resultat die Leistungen im allgemeinen heruntergehen. Die Folge der Politik, die in diesem Gesetz verankert ist, ist also die, daß in den Ländern, wo heute auf diesem Sektor noch etwas mehr geleistet wird als in den finanzschwächeren, die Leistungen ebenfalls heruntergehen müssen. Das ist die zwingende Logik ihrer eigenen Ausführungen.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Horn hat die Behauptung aufgestellt, die Leistungsgewährung auch für die Maßnahmen des Heilverfahrens sei unbedingt gesichert. Herr Kollege Horn, ich frage Sie und Ihre Kollegen: weshalb hat dann Ihre Fraktion bei den Ausschußberatungen den Vorschlag des Bundesrats, den meine Fraktion aufgenommen hat, abgelehnt? Er hatte folgenden Inhalt:
§ 2 Abs. 2 erhält folgende Fassung: ... Stellt die Aufsichtsbehörde fest, daß die Kassenlage des Rentenversicherungsträgers den Rückgriff auf die Schuldbuchforderung notwendig macht, um die gesetzlichen Leistungen zu decken, so kann auf Grund dieser Forderung der von der Aufsichtsbehörde des Rentenversicherungsträgers als notwendig bezeichnete Geldbetrag mit einer Frist von drei Monaten zurückgefordert werden.
Diesen Änderungsantrag zu § 2 Abs. 2 hat die Regierungskoalition bei den Ausschußberatungen abgelehnt und damit nicht die Sicherung der Leistungen gewährleistet.
({0})
Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist erschöpft, aber auch die Redezeit bis zur Neige ausgekostet. Wir können also deswegen die Debatte jetzt einstellen. Die Abstimmung wird auf Grund der getroffenen Vereinbarung vertagt.
Ich rufe Punkt 6 auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes ({0}).
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({1}) ({2}).
({3})
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Kuntscher.
Kuntscher ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vom Ausschuß für Arbeit liegt ein schriftlicher Bericht*) über den Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes vor. Ich kann mich deshalb sehr kurz fassen.
Das Erste Überleitungsgesetz vom August 1951 bestimmt, daß der Bund die Lasten für die Arbeitslosenfürsorge zu tragen hat. Die Leistungen für die Arbeitslosenfürsorge werden von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung bevorschußt und vom Bund zurückerstattet. Nach dem vorliegenden Ergänzungsgesetz soll ein Teil dieser rückzuerstattenden Beträge nicht in bar, sondern in Schuldbuchforderungen abgestattet werden. Nach dem Regierungsentwurf soll der Refundierungsbetrag, der auf diese Weise zur Abstattung kommt, 12,5% des Beitragsaufkommens der Arbeitslosenversicherung betragen und auf die Dauer von drei Jahren gesetzlich geregelt werden. In Zahlen ausgedrückt ist die Leistung für die Arbeitslosenfürsorge für das Haushaltsjahr 1953 mit 946 Millionen DM veranschlagt, so daß eine Schuldbuchfestschreibung von rund 185 Millionen DM vorgesehen ist.
Der Ausschuß für Arbeit hat sich in fünf Sitzungen sehr eingehend mit der Gesamtmaterie beschäftigt, sie nicht nur vom rein fiskalischen Standpunkt, sondern ganz besonders vom arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkt aus geprüft. Die Grundeinstellung des Ausschusses bezüglich der Verwendung von Prämienreserven der Bundesanstalt geht dahin, daß diese Prämienreserven in erster Linie zur Arbeitsbeschaffung, zur Schaffung von Dauer-
*) Siehe Anlage 2 Seite 13165
({5})
arbeitsplätzen, für Notstandsarbeiten und für den sozialen Wohnungsbau verwendet werden sollen. Mit der Bereitstellung des Betrages von 200 Millionen DM für diese Zwecke, gleichfalls aus Mitteln der Bundesanstalt, sind im Vorjahr die besten Erfahrungen gemacht worden. Denn mit diesem Betrag von 200 Millionen DM konnten Arbeitsmaßnahmen mit einem Gesamtwert von 680 Millionen DM mobilisiert werden. Dadurch war es möglich, die Zahl der Arbeitslosen wesentlich herabzudrücken, andererseits aber durch die Beschäftigung von Arbeitslosen auf diesen neugeschaffenen Arbeitsplätzen große Einsparungen für die Bundesanstalt zu erzielen und den Bund wesentlich zu entlasten. Ich verweise auf das Zahlenmaterial im schriftlichen Bericht.
Die Sorge, diese im Vorjahr zum Teil begonnenen Arbeitsprogramme könnten nicht weitergeführt werden, hat im Ausschuß zu außerordentlichen Bedenken geführt. Diese Bedenken konnten erst durch neuerliche Verhandlungen mit dem Finanzminister und nach Anhörung des Präsidenten der Bundesanstalt und des Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Bundesanstalt durch die Feststellung zerstreut werden, daß von den im Vorjahr für das Sofortprogramm zur Verfügung gestellten 200 Millionen DM für das Jahr 1953 noch ein Überhang von 56 Millionen DM vorhanden sei, daß im Haushaltsplan der Bundesanstalt für das Jahr 1953 60 Millionen DM für die gleichen Zwecke vorgesehen seien und daß nach vorsichtigen Schätzungen über das Aufkommen an Beiträgen für die Bundesanstalt ohne Gefährdung der Liquidität der Bundesanstalt noch weitere 100 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden könnten.
Nach weiteren Verhandlungen mit dem Finanzminister, die zu einer Abschwächung der Fassung des Regierungsentwurfs geführt haben, hat dann die Mehrheit des Ausschusses für Arbeit für die Ihnen in Drucksache Nr. 4337 vorliegende Fassung gestimmt, ein Teil der Mitglieder hat sich der Stimme enthalten, und ein Mitglied des Ausschusses hat sich gegen die Fassung ausgesprochen.
Nach der vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung soll der Abs. 1 des § 16 a dahingehend geändert werden, daß die Festschreibung nicht nach einem Prozentsatz des Beitragsaufkommens für die Arbeitslosenversicherung, sondern in einem fixen Betrag erfolgt. Dieser Betrag ist mit 185 Millionen DM fixiert worden. Ferner wird bestimmt, daß diese Maßnahme nicht für drei Haushaltsjahre, sondern lediglich für das Haushaltsjahr 1953 gelten soll. In Abs. 2 wird die Verzinsung der auf diese Art und Weise festgeschriebenen Forderung der Bundesanstalt bestimmt. Absätze 3, 4 und 5 bleiben unverändert. Nach dem Beschluß des Ausschusses wird ein neuer Abs. 6 hinzugefügt, in dem ein Tilgungsplan für die festgeschriebenen 185 Millionen DM in der Weise festgelegt wird, daß eine dreiprozentige Tilgung mit dem 31. März 1955 einzusetzen hat und daß diese Tilgung in den folgenden Jahren zuzüglich der ersparten Zinsen vor sich gehen soll. Soweit die Änderungsanträge des Ausschusses, die Ihnen in Drucksache Nr. 4337 vorliegen.
Ich bitte Sie noch, einer Änderung des Abs. 2 zuzustimmen, da sich dort ein sinnstörender textlicher Fehler eingeschlichen hat. Dieser Absatz soll nunmehr lauten:
Die Schuldbuchforderungen sind jeweils vom
ersten Tag des Monats an, für den die Aufwendungen von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu tragen sind, in der Höhe des jeweiligen Wechseldiskontsatzes der Bank deutscher Länder, jedoch nicht höher als mit 5 v. H. zu verzinsen.
Ich bitte Sie, diese vom Ausschuß für Arbeit vorgenommenen Änderungen anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die zweite Beratung ein. Meine Damen und Herren, abgesehen von dem Berichtigungsvorschlag des Herrn Berichterstatters, zu dem ich die Zustimmung des Hauses annehmen kann, sind Änderungsanträge nicht eingegangen. Ich darf daher diese wenigen Artikel zusammen aufrufen. Artikel I bis III, - Einleitung und Überschrift. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Abstimmung wird ausgesetzt. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Dafür ist vom Ältestenrat eine Gesamtredezeit von 60 Minuten vorgesehen.
({0})
- Was heißt „zu lang"? Wollen Sie kürzen, meine Damen und Herren? - Das scheint nicht der Fall zu sein; also bleibt es dann bei 60 Minuten.
({1})
- Ach, lassen wir es doch! Ich glaube, es wird sich schon so zurechtlaufen.
({2})
Bitte schön, Herr Abgeordneter Keuning!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Punkt 6 der Tagesordnung hat ja schon durch den Bericht des Kollegen Kuntscher die Nähe zu dem Punkt 5 aufgezeigt. Das Problem liegt hier ähnlich wie bei dem Punkt 5, daß nämlich der Bundesfinanzminister in einen Säckel greift, der ihm normalerweise nicht zur Verfügung steht. Wir haben schon bei der ersten Lesung bemerken können, daß der Bundesminister für Arbeit zu diesem Punkt keine Ausführungen gemacht hat, und ich glaube, wir nehmen mit Recht an, daß es ihm sehr unbehaglich ist, zu dieser Vorlage zu sprechen. Im Vergleich zu der vorher beratenen Vorlage wird es ihm darum noch unbehaglicher sein, weil es bei der vorhergehenden Vorlage darum ging, einen Griff in den Rentenstock zu tun, der auf lange Zeit irgendwie die Sicherheit der Rentenzahlungen gewährleisten soll, während es hier ja darauf ankommt, aus den laufenden Beiträgen die Sicherheit zu haben, die Unterstützungen zu zahlen und in Notzeiten auch die Mittel zur Verfügung und greifbar zu haben, um dann in einem aktuellen Fall wirksamer zugreifen zu können. Ich glaube, daß wir das so auslegen dürfen, Herr Minister. Ich kann aber wohl auch sagen, daß der Bericht des Kollegen Kuntscher ebenfalls eine große Unsicherheit zum Ausdruck bringt. Auch der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit ließ diese im Ausschuß erkennen. Es war einwandfrei festzustellen, wie unbehaglich es all den Mitgliedern des Ausschusses für Arbeit,
({0})
die diese Dinge aus der Praxis heraus kennen, war, einen solchen Beschluß zu fassen.
Ich darf vielleicht aus dem Bericht des Kollegen Kuntscher die beiden letzten Absätze der Seite 2 zitieren, die folgendermaßen lauten:
Die große Sorge um die Möglichkeit der Fortführung dieser Arbeiten, die in vielen Fällen eine Planung auf Jahre bedeuten, stand so im Mittelpunkt der Ausschußberatungen.
Sie stand auch im Mittelpunkt Ihres Berichts, den
Sie hier noch einmal gaben. Sie sagen dann weiter: Vom Ausschuß wurde auch nicht übersehen, daß die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung kraft Gesetzes eine Körperschaft des öffentlichen Rechts geworden ist und ihr durch eigene Organe die Selbstverwaltung gegeben ist.
Es ist verständlich, daß es Ihnen unbehaglich geworden ist. Auch der Ausschuß des Bundesrates schlug dem Plenum des Bundesrates vor, man möge der Bundesregierung empfehlen, diese Vorlage zurückzuziehen, weil sie ein Schlag in das Gesicht der Selbstverwaltung sei und eine Sonderbesteuerung für den Kreis der Beitragszahler darstelle.
Bemerkenswert ist, daß in den Beratungen des Ausschusses für Arbeit die Vertreter der Bundesanstalt, sowohl der Herr Präsident Scheuble wie der damalige Vorsitzende des Verwaltungsrats, Herr Direktor Wiacker, und auch der Vorsitzende des Vorstandes, der Kollege Richter, der in diesem Hause hier mitwirkt, gleicher Meinung waren, daß dieser Schritt sehr bedenklich sei. Der Herr Präsident S c h e u b 1 e sagte, daß es zweckmäßiger sei, Beträge, die über das hinaus anfielen, was normalerweise zur Beitragszahlung benötigt werde, für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einzusetzen. Er wies dabei darauf hin, welche Wirkung das Arbeitsbeschaffungsprogramm von 1951 hatte. Es wurde auch eben wieder vom Kollegen Kuntscher erläutert, daß mit den 200 Millionen DM praktisch 680 Millionen DM in Bewegung gesetzt wurden. Sie schütteln den Kopf, Herr Finanzminister. Manches, was von Ihrem Referenten im Ausschuß vorgetragen wurde, ist von den Herren der Bundesanstalt auch kopfschüttelnd aufgenommen worden.
({1})
Es ist dann weiter festgestellt worden, daß durch die Zurverfügungstellung von 200 Millionen DM der Bund Einsparungen von über 200 Millionen DM macht. Auch das wurde eben von dem Kollegen Kuntscher herausgestellt.
Von dem Präsidenten wurde auch mit großer Sorge hervorgehoben, daß der Bundesanstalt, die doch ein Organ der Selbstverwaltung sei, nun die Möglichkeit genommen würde, Selbstverwaltungsmaßnahmen durchzuführen. Wenn ihr nämlich die Überschüsse in dieser Form weggenommen würden, dann bliebe ihr nichts anderes übrig, als die Auszahlung der Unterstützungen vorzunehmen. Das könnte man sicher mit einem billigeren Apparat machen.
Aber auch Herr Direktor Wiacker als Vorsitzender des Verwaltungsrats hat sehr starke Bedenken geäußert. Er hat vor allen Dingen die Ausführungen Ihres Referenten, Herr Minister der Finanzen, kopfschüttelnd angehört und hat unge-. fähr ausgeführt, daß diese ganze Finanzaufstellung zu sehr unter haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten dargeboten wurde; tatsächlich müßten aber
die wirtschaftlichen Überlegungen und die Entwicklung, die in diesem Jahre höchstwahrscheinlich feststellbar sein werde, in den Vordergrund gerückt werden. Er wies darauf hin, daß in der MontanUnion heute bereits eine gewisse Zurückhaltung bemerkbar sei, so daß also die gesamte wirtschaftliche Entwicklung nicht unter einem solch rosigen Aspekt zu sehen sei, wie sie von Ihrem Referenten im Ausschuß betrachtet wurde. Von Herrn Direktor Wiacker wurde darauf hingewiesen, das dieser Zugriff einer Zwangsanleihe gleichkomme und daß es sich für den Kreis derjenigen, die Beiträge zur Bundesanstalt zu zahlen haben, praktisch um eine Sondersteuer handle.
Es war sehr interessant, daß bei den Beratungen im Ausschuß für Arbeit diese neue Einrichtung der Bundesanstalt zum ersten Male in die Debatte eingreifen konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt war dieses Selbstverwaltungsorgan gar nicht angesprochen, wie es denn selber über die Verwendung solcher Mittel denke. Darin kommt sicher kein großer Respekt vor dieser Einrichtung zum Ausdruck.
Die Folge dieser Ausschußberatungen war, daß sich der Vorstand der Bundesanstalt in einer Sitzung am 19. Februar eingehend mit der Lage beschäftigte und eine Entschließung faßte, in der zusammenfassend gesagt wird, die Regierung möge darauf verzichten, auf diesem Wege ihren Finanzausgleich durchzuführen. In dieser Entschließung wurde festgestellt, daß das Vermögen praktisch festliege und die Spekulation der Bundesregierung darauf, daß hier ein großes Vermögen verfügbar sei, nicht zutreffe. Das vorhandene Vermögen liegt zu mehr als 50 % im sozialen Wohnungsbau fest, und zwar wurden diese Maßnahmen schon vor Errichtung der Bundesanstalt getroffen. Die Bundesanstalt hätte also praktisch nur bezüglich der Verwendung der Überschüsse eine Beweglichkeit. Die Überschüsse wurden unterschiedlich hoch geschätzt. Die Schätzungen bewegen sich zwischen 250 und 350 Millionen DM. Die Entschließung des Vorstandes wurde in einer späteren Sitzung des Verwaltungsrats auch von diesem angenommen. Beide Organe der Bundesanstalt empfahlen also der Regierung, diese Vorlage zurückzuziehen. Da diese Empfehlungen keinen Erfolg hatten, beschloß man am 22. Mai im Vorstand der Bundesanstalt wieder einstimmig, den Bundeskanzler anzuschreiben und ihn zu bitten, seinen Einfluß geltend zu machen, damit diese Vorlage zurückgezogen werde. Dieses Schreiben wurde dem Bundeskanzler am 27. Mai zugesandt.
Wir können daraus feststellen, daß hier ein sehr verzweifelter Kampf von einem Selbstverwaltungsorgan geführt wird. Alle, die es mit der Einrichtung der Selbstverwaltung ernst meinen, sollten diesen Kampf unterstützen. Es ist nicht ein Kampf irgendeines Interessenverbandes, wie wir hier schon viele erlebt haben - ich denke an die Mineralölsteuer, an den Aufmarsch des Verkehrs zu einer bestimmten Gesetzesvorlage und an andere -, sondern hier handelt es sich um den Kampf einer Einrichtung des öffentlichen Rechts um ihre Grundrechte.
Die Beratung dieses Punktes wäre aber eigentlich unvollständig, wenn nicht auch die Drucksache Nr. 4301, die augenblicklich im Ausschuß für Arbeit behandelt wird, mindestens erwähnt würde. Ich greife damit ein wenig vor, meine aber, daß es dringend erforderlich ist. In der Drucksache Nr. 4301 wird eine Höherstufung der einzelnen
({2})
Unterstützungssätze in der Arbeitslosenunterstützung gefordert. Darüber wurde in diesem Hohen Hause letztmalig in der 127. Sitzung am 15. März 1951 gesprochen. Bei der Kritik der damals vorgelegten Tabelle gab der Herr Bundesminister für Arbeit, Herr Storch, der auch heute hier anwesend ist, zu, daß die vorgelegte Tabelle wohl in einigen Punkten reformbedürftig oder verbesserungsfähig sei. Er sagte auch, daß er seine Zustimmung dazu gebe, und schlug damals vor, diese Verbesserungen dann eventuell im Ausschuß vorzunehmen. Das Plenum beschloß damals aber, die Vorlage am gleichen Tage in erster, zweiter und dritter Lesung zu verabschieden, um schnell zu helfen. Dadurch kam es nicht zur Beratung im Ausschuß und dadurch vor allem auch nicht zur Höherstufung der Sätze der Arbeitenden mit hohem Einkommen, bei denen die Unterstützungssätze besonders niedrig sind. Der Herr Arbeitsminister hat damals hier dann erklärt, daß ja die Novelle zu dem Gesetz über Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung kurz vor der Fertigstellung sei. Das war am 15. März 1951, und er erwartete für den 4. April desselben Jahres die endgültigen Berichte der einzelnen Landesarbeitsämter usw., um hier dann endgültig die Novelle vorlegen zu können. Das war vor zwei Jahren! Mit dieser Novelle sollten dann eventuell auch diese Sätze geregelt werden und andere anstehende Fragen eine grundlegende Änderung erfahren. Zwei Jahre haben wir darauf gewartet. Wenn in der letzten Zeit irgendwelche Vorstöße gemacht wurden, hat man uns gesagt, wir sollen mit der Novelle warten, bis die Bundesanstalt errichtet ist. Das ist auch nach unserer Meinung richtig gewesen, weil dieses Organ gleich mit eingeschaltet werden sollte. Aber nicht als richtig kann angesehen werden, daß zwei Jahre verstrichen sind, ohne daß die damals schon erkannten Mängel behoben wurden. Diese notwendigen Korrekturen sind unterblieben, daß sie nötig sind - jetzt noch nötiger als damals -, ist heute allgemeine Auffassung aller Beteiligten bei den Beratungen, die im Ausschuß stattfanden.
Die sozialdemokratische Fraktion hat ja die Vorlage Drucksache Nr. 4301 eingebracht und dabei auch gewisse Vorstellungen über die Auswirkung der Erhöhungen gehabt. Nach unserer Meinung werden die notwendigen Erhöhungen einen Betrag von 200 Millionen DM erfordern. Diese 200 Millionen DM sind da, denn die Überschüsse bewegen sich, wie ich eben schon sagte, zwischen 250 und 300 Millionen DM, so daß dieses Programm ohne weiteres durchgeführt werden könnte. Über den Satz, den wir bei ungefähr 60 % vom Nettolohn in der Spitze sehen, war man sich im Ausschuß auch in etwa einig, ohne sich festzulegen. Bei diesem Satz von 60 % würde eine Summe von 200 Millionen DM nötig sein. Es wäre aber nicht möglich, diese notwendige Erhöhung durchzuführen, wenn die 185 Millionen abgezweigt würden.
Ich sagte, daß darüber weitgehend eine einheitliche Auffassung bestanden hat. Wir wissen - das sollen wir hier nüchtern sagen -, daß ein Anreiz erforderlich ist, um die Arbeit wieder aufzunehmen. Es ist immer die Frage, wo die Grenze dabei liegt. Die Arbeitslosigkeit darf den arbeitslos Werdenden nicht gleich in die tiefe Hoffnungslosigkeit stürzen. Das ist heute bei den jetzt üblichen Sätzen der Fall, wobei Spitzenverdiener, welche arbeitslos werden, auf 27 % des bisherigen Einkommens absinken. Ich glaube, es ist leicht vorstellbar, was das für den Betroffenen bedeutet.
Wir wissen - darin ist ja Herr Wuermeling ein Spezialfachmann in diesem Hause -, daß hier manche Wunderzahlen über die Erfolge der sozialen Marktwirtschaft präsentiert worden sind, und man hat immer geschrien, wenn wir einmal den Finger auf irgendwelche Wunden dieser sozialen Marktwirtschaft gelegt haben. Hier ist nun eine solche Wunde. Ein großer Kreis in unserem Lande ist einfach nicht in der Lage, ein einigermaßen normales Leben zu führen, und die Arbeitslosen sind nicht in der Lage, ihre Arbeitskraft zu erhalten, um nachher wieder zu vollem Arbeitseinsatz imstande zu sein. So ist interessant, daß eine führende CDU-Zeitung Ende Januar einen Artikel brachte, daß eine Werbeaktion für höheren Fleischverbrauch durchgeführt werden sollte - eine Werbeaktion für höheren Fleischverbrauch, weil man weiß, daß heute im Durchschnitt nur 38 kg pro Kopf verbraucht werden gegenüber 51 kg im Jahre 1936 pro Kopf der Bevölkerung.
({3})
- Ja, Herr Kollege Sabel, es ist doch eigentlich nicht richtig, mit einem solch platten Zuruf zu kommen. Ich hatte ihn auch nicht von Ihnen erwartet. Herr Kollege Sabel, man kann doch nicht von 1945 ausgehen.
({4})
- Ja, sicher. Es hat sich aber doch unterschiedlich etwas geändert. Im Vorjahr sind in der Bundesrepublik z. B. 800 Pelzmäntel mit einem Wert zwischen 10 000 und 15 000 DM pro Stück verkauft worden. Es hat sich auch etwas geändert, Herr Kollege Sabel. Es hat sich unterschiedlich geändert.
({5})
- Das können Sie ja prüfen. Man kann nachprüfen, was daran richtig ist oder nicht.
Ich möchte sagen, daß hier eine wunde Stelle ist. Herr Finanzminister, Sie haben bei Ihren Ausführungen das Beispiel von einer Gratwanderung gebraucht, der Gratwanderung zwischen Deflation und Inflation. Ich möchte dieses Bild etwas ausmalen. Bei vielen Vorlagen in der letzten Zeit haben Sie sich mit Menschen beschäftigen müssen, die teils nicht aus Sportbegeisterung solche Gratwanderungen machen, die aber unwegsames Gelände benutzen oder sonstige Wege, um unbemerkt in anderes Gebiet zu kommen, in dem sie nichts zu suchen haben, Herr Bundesfinanzminister, ich möchte Ihnen sagen: auch Sie sind bei Ihrer Gratwanderung in ein Gebiet gelangt, in dem Sie nichts zu suchen haben;
({6}) denn dieses Gebiet sollte für Sie tabu sein.
({7})
Es handelt sich hier um Gelder, deren Bestimmungszweck klar festgelegt ist.
Ich möchte abschließend sagen, daß wir Sozialdemokraten gegen die Vorlage stimmen werden, weil sie einmal einen Schlag ins Gesicht der Selbstverwaltung bedeutet, weil sie zweitens eine Sondersteuer für alle diejenigen festlegt, die die Beiträge zur Arbeitslosenunterstützung zahlen, weil sie drittens die Durchführung der dringendst notwendigen Aufgaben und die Durchführung der
({8})
dringendst notwendigen Unterstützungen gefährdet,
zu denen ich eben hier meine Ausführungen machte.
Wir werden dieser Vorlage nicht zustimmen.
({9})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß auch meine Freunde starke Bedenken gegen die ursprüngliche Vorlage hatten, die Ihnen in der Drucksache Nr. 4007 vorliegt. Wir haben uns in der Ausschußarbeit damit beschäftigt, diese Vorlage wesentlich zu ändern, von unserem Gesichtspunkt aus gesehen wesentlich zu verbessern. Ich glaube, das darf nicht übersehen werden. Sicher, auch wir sind der Meinung, daß dieser Weg der Haushaltsfinanzierung nicht gerade der beste ist. Hier kann man beachtliche Bedenken haben.
({0})
Auf der andern Seite wissen wir um die Notwendigkeit der Balancierung des Haushalts und das hat uns dazu bewogen, letztlich dieser verbesserten Regelung zuzustimmen. Ich sage aber noch einmal: auch wir betrachten diese Lösung nicht als ein Ideal.
Ich darf darauf hinweisen, daß die Regelung, die ursprünglich für drei Jahre vorgesehen war. nun auf ein Jahr beschränkt worden ist und daß die Summe niedriger liegt als die ursprünglich geforderten 121/2 % der Einnahmen. Die feste Summe wird unter diesem Prozentsatz bleiben. Ich darf ferner darauf hinweisen, daß wir nun Tilgungsbeträge festgelegt haben. Eins müssen wir natürlich deutlich sagen: Hier wird nichts à fonds perdu gegeben, sondern hier erfolgt eine Anlage von Vermögen zu normalen Zinssätzen und zu, sagen wir ruhig, ganz entsprechenden Tilgungssätzen. Das muß deutlich gemacht werden, damit nicht der Anschein erweckt wird, als würde nun das Geld der Bundesanstalt, das Geld der Arbeitslosenversicherung verschenkt.
Nun möchte ich noch folgendes bemerken. Man sollte es bei dieser einmaligen Verwendung der Mittel für Haushaltszwecke belassen. Im nachsten Jahr sollte dem Herrn Finanzminister etwas Besseres einfallen als diese Regelung; denn im allgemeinen müssen wir ja folgende Forderung vertreten. Wenn die Beitragseinnahmen der Arbeitslosenversicherung höher liegen, als Ausgaben notwendig sind, muß man entweder daran denken, diese Mittel für die Arbeitsbeschaffung zu verwenden, soweit notwendige Rücklagen erfolgt sind, oder man muß sich überlegen, ob die Beiträge gesenkt werden können oder inwieweit Leistungssteigerungen notwendig und vernünftig sind.
Ich möchte nicht zu den Ausführungen des Kollegen Keuning Stellung nehmen, die sich mit einer anderen Drucksache, die heute nicht zur Diskussion steht, beschäftigen. Ich möchte aber eins betonen: Die Bundesanstalt wird durch diese Inanspruchnahme nicht zugrunde gehen. Die Finanzverhältnisse sind nicht so schlecht, daß hier unabsehbarer Schaden entstehen könnte. Ich darf auch daran erinnern, daß die Entwicklung des Arbeitsmarktes in diesem Jahr sehr erfreulich war. Gott sei Dank werden die Unterstützungsmittel ja auch nicht so stark in Anspruch genommen, wie wir
etwa Dezember und Januar befürchten mußten. Die Situation hat sich doch besser entwickelt, als wir glaubten, und das führt auch zu einem besseren finanziellen Status der Bundesanstalt.
Ich bin ferner der Auffassung, daß noch Möglichkeiten für die Reformen verbleiben, die durch die Novelle zum AVAVG durchgeführt werden sollen. Es ist also nicht so, als wären die letzten Mittel genommen. Nach meiner Ansicht verbleiben auch im erforderlichen Maße noch Mittel für notwendige Aufgaben der Arbeitsbeschaffung. Hiermit hat sich ja der Ausschuß schon beschäftigt.
Alles in allem genommen sage ich noch einmal: Wir möchten wünschen, daß diese Regelung nur einmal, in diesem Jahr, praktiziert wird. Wir glauben aber nicht, daß durch diese Regelung ein großer Schaden entsteht.
Das Wort hat der Abgeordnete Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Arbeitsamtsdirektor Sabel aus Fulda - ({0})
- Ach so, ich wollte noch hinzufügen: Gewerkschaftler Sabel
({1})
und trotzdem Bundestagsabgeordneter!
({2})
Aber was soll denn das? Was sollen Ihre frommen Wünsche an die Adresse dieses Herrn Bundesfinanzministers: Wir möchten wünschen, daß das auf dieses Jahr beschränkt wird!
({3})
- Der tut das schon? Wie ich ihn kenne, tut er das Gegenteil. Und solche Andeutungen: Die Arbeitslosenversicherung bricht nicht zusammen; man wird auch noch die Novelle zum AVAVG unterbringen können! Was sollen denn solche Behauptungen angesichts folgender Tatsache. „Welt der Arbeit" vom 10. Oktober 1952 sagt:
Die Arbeitslosen sind nicht ausreichend versorgt. Die heutigen Unterstützungssätze reichen zum großen Teil nicht mehr aus, um das Existenzminimum der Arbeitslosen zu sichern. Als Mindestunterstützung ist 50 v. H. des bisher erzielten Lohnes zu fordern. Daneben muß ein vernünftiger Ausgleich erfolgen.
Wo sollen denn die Mittel dafür hergenommen werden, wenn Sie jetzt auch noch diese 185 Millionen DM statt in Bargeld in unverwertbaren Schuldbuchverschreibungen überweisen? Wie soll denn die von den Gewerkschaften geforderte Erhöhung der Arbeitslosenunterstützungssätze überhaupt effektuiert werden? Darauf können Sie mir keine Antwort geben!
({4})
Nun der Arbeitsstock und seine „Sicherung". Darüber sagt das DGB-Organ „Soziale Sicherheit" im Novemberheft vorigen Jahres unter der Überschrift „Handelt es sich wirklich um Überschüsse?":
Die Kapitalien der Bundesanstalt, wie sie heute
vorhanden sind, sind demnach keine Überschüsse. Vielmehr handelt es sich hier um Un({5})
terstützungsanteile, die den Arbeitslosen vorenthalten wurden.
({6})
Das sagt das Organ des DGB zu der Geschichte!
Was hier exerziert wird, ist übrigens keine erstmalige Angelegenheit. Schon im Herbst 1951 - ich erinnere daran mit Absicht - hat man aus dem Arbeitsstock zur sogenannten Arbeitsbeschaffung einmal 200 Millionen DM wegeskamotiert, um nicht zu sagen, gestohlen. Nun kommt bekanntlich der Appetit beim Essen. Der Herr Bundesfinanzminister braucht für seine Aufrüstung Gelder, und nun geht er dazu über, diese 185 Millionen DM auch noch wegzunehmen.
Wegen der Kürze der Zeit - ich werde schon wieder vorgewarnt - nur ein Wort noch an die Adresse des sozialdemokratischen Sprechers. Was haben denn die sozialdemokratischen Minister im Bundesrat überhaupt an Änderungen verlangt? Da muß man auf die Vorlage zurückgehen, in der es heißt:
Im Interesse der Liquidität der Bundesanstalt muß die Möglichkeit zur Kündigung der Schuldbuchforderungen vorgesehen werden.
Die Antwort der Bundesregierung enthüllt, was die von ihr angewendete Methode überhaupt bedeutet. Und nun hören Sie gut zu:
Um jedoch die Schuldbuchforderungen
- sagt die Regierung in ihrer Antwort an den Bundesrat der Bundesanstalt nicht zu einer ewigen Schuld des Bundes werden zu lassen, ist die Bundesregierung bereit, die Schuldbuchforderungen nach Ablauf von drei Jahren mit 1 v. H. zu tilgen.
Das ist ihr wunderbarer Tilgungs- und Deckungsvorschlag: nach drei Jahren 1 v. H.! Wir Kommunisten sind der Auffassung, daß die Gelder der Arbeitslosenversicherung zu keinem anderen Zweck verwendet werden dürfen als zu dem der Sicherung der Unterstützung. Wir sind der Auffassung, daß jeder freie Pfennig zu einer Erhöhung der völlig ungenügenden derzeitigen Sätze verwendet werden muß. Wir sind ferner der Auffassung, daß, wenn überhaupt ein Überschuß vorhanden ist, man an die Frage der Senkung der Beiträge herangehen sollte, die heute bekanntlich 4 % aller Gehälter und Löhne ausmachen. Das ist unsere Meinung zu diesen Dingen.
Abschließend möchte ich sagen: auch diese Maßnahme läuft darauf hinaus, dem Herrn Bundesfinanzminister die Gelder zu sichern, die er zur Finanzierung seiner Kriegsvorbereitungen braucht.
({7})
Es geht nicht darum, den Haushalt auszubalancieren, wie heute hier gesagt worden ist, sondern es geht darum, den Krieg zu finanzieren.
({8})
Um das zu erreichen, greifen Sie jetzt auch auf die Beiträge der Arbeiter zur Arbeitslosenversicherung, auf die Gelder der Arbeitslosen zurück. Im normalen Leben nennt man das Diebstahl. Dieses Wort darf ich Ihnen gegenüber ja nicht anwenden; aber der Tatbestand dessen, was Sie hier durchführen, ist in Wirklichkeit gar nichts anderes als ein Diebstahl an Geldern, die die Arbeiter aufbringen, um ihre Arbeitslosenunterstützung zu sichern.
({9})
Herr Abgeordneter Renner, Sie haben eben den Ausdruck „Diebstahl" in bezug auf eine Maßnahme der Regierung gebraucht. Ich rufe Sie zur Ordnung.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit wäre auch die allgemeine Aussprache der dritten Beratung geschlossen, und wir kämen zur Einzelberatung. Änderungsanträge liegen nicht vor.
Ich rufe auf die Artikel I, - II, - III, - Einleitung und Überschrift. Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Die Abstimmung war vertagt. Da wir allerdings jetzt die Zeit, die vorgesehen war, überschritten haben, glaube ich, können wir eigentlich zur Abstimmung zunächst einmal über Punkt 6 der Tagesordnung übergehen, damit wir ihn noch unter dem unmittelbaren Eindruck der Debatte erledigen können. Also bitte zunächst die Abstimmung zur zweiten Beratung des Punktes 6 der Tagesordnung.
Ich rufe auf die Artikel I bis III, - Einleitung und Überschrift und bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, es bestehen Zweifel über den Umfang der Beteiligung an dieser Abstimmung. Wir müssen eine Auszählung vornehmen. Ich bitte Sie, den Saal sehr schnell zu räumen. Die Schriftführer darf ich bitten, ihre Plätze an den Türen einzunehmen.
({0})
Ich bitte, die Einmarschgeschwindigkeit zu erhöhen; wir müssen die Abstimmung schließen.
({1})
Die Abstimmung ist beendet. Ich bitte, die Türen zu schließen.
Das Ergebnis der Abstimmung: Mit Ja haben gestimmt 191, mit Nein 144, enthalten haben sich 2 Abgeordnete. Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen.
Die Aussprache zur dritten Beratung haben wir bereits gehabt. Wir veranstalten also jetzt die
Abstimmung zur dritten Beratung.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz - ({2})
- Herr Abgeordneter Richter zur Abstimmung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage namentliche Abstimmung.
Ich nehme an, daß der Antrag auf namentliche Abstimmung ausreichend unterstützt ist. Dann bitte ich die Schriftführer, die Abstimmungskarten einzusammeln.
({0})
Hat von den Damen und Herren noch jemand den Wunsch, die Stimmkarte abzugeben? - Das scheint nicht der Fall zu sein; dann ist die Abstimmung geschlossen.
Bis zur Beendigung der Auszählung können wir zu den Abstimmungen zu Punkt 3 der Tagesord({1})
nung, die ebenfalls zurückgestellt worden sind,
übergehen. Es handelt sich da um die Abstimmungen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Bundesbeamtengesetzes ({2}).
Ich beschränke mich darauf, lediglich diejenigen Paragraphen aufzurufen, zu denen Anträge gestellt sind. Wir treten also nochmals in die dritte Beratung des Bundesbeamtengesetzes ein, da die Abstimmung zurückgestellt worden war.
({3})
- Ja, natürlich! Ich habe ja gesagt: die Abstimmung zur dritten Beratung. Ich rufe also diejenigen Paragraphen auf, zu denen Änderungsanträge vorliegen.
Zu § 7 liegen die Änderungsanträge auf Umdruck Nr. 925 Ziffer 1 und Nr. 928 Ziffer 1 vor. Diese Änderungsanträge sind gleichlautend. Ich bitte also diejenigen, die dem Antrag auf Umdruck Nr. 925 Ziffer 1 zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist angenommen. Der Antrag auf Umdruck Nr. 928 Ziffer 1 ist mit dieser Abstimmung erledigt.
Dann bitte ich diejenigen, die § 7 mit der soeben beschlossenen Änderung zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - § 7 ist angenommen.
Ich rufe nun § 21 auf. Dazu liegt der Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 927 Ziffer 1 vor. Ich bitte diejenigen, die diesem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ferner liegt hierzu ein Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 928 Ziffer 2 vor. Ich bitte diejenigen, die dieser Änderung zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit.
({4})
- Darf ich um etwas Aufmerksamkeit bitten! Ich bitte diejenigen, die dem Antrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 2 zustimmen, die Hand zu heben.
({5})
- Es ist also zunächst über den Antrag Umdruck Nr. 930 Ziffer 1 abzustimmen. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. -- Gegenprobe! -Das erste war die Mehrheit; angenommen. Damit ist der Änderungsantrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 2 erledigt.
Änderungsantrag Umdruck Nr. 931. Ich bitte diejenigen, die dieser Änderung zustimmen, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; abgelehnt.
Dann bitte ich diejenigen, die § 21 mit der beschlossenen Änderung zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Zu § 24 liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 930 Ziffer 2 vor. Ich bitte diejenigen, die dieser Änderung zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Zu § 36 liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 928 Ziffer 3 vor. Der Änderungsantrag Nr. 927 Ziffer 2 ist zurückgezogen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag Nr. 928 Ziffer 3 zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist abgelehnt.
({6})
- Ist da ein Irrtum in der Abstimmung? ({7})
Ich meine, bin ich da falsch verstanden worden?
- Es handelt sich um den Umdruck Nr. 927 Ziffer 3, nachdem der Antrag auf Umdruck Nr. 927 Ziffer 2 zurückgezogen worden ist. Da offenbar ein Irrtum vorgekommen ist, wiederhole ich die Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag auf Umdruck Nr. 928 Ziffer 3 zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
({8})
Meine Damen und Herren, wir sind bei der Abstimmung über den Antrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 929 Ziffer 1 betreffend § 39. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der Föderalistischen Union zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 39 in der Fassung der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; § 39 ist angenommen.
Meine Damen und Herren, darf ich die Abstimmung einen Augenblick unterbrechen zur Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses*) der namentlichen Abstimmung in der dritten Beratung des Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes. Abgegebene Stimmen: 343; mit Ja haben gestimmt 178, mit Nein 157, Enthaltungen 8, insgesamt 343. Von den Berliner Abgeordneten haben mit Ja 6, mit Nein 9 gestimmt bei einer Enthaltung.
Meine Damen und Herren, ich bin mir, da ich nicht im Saale war, nicht im klaren darüber, ob dieses Gesetz damit in der Schlußabstimmung angenommen worden ist.
({0})
- Also in der dritten Beratung.
({1})
Sind Sie einverstanden, daß wir dann die notwendige Schlußabstimmung jetzt vornehmen?
({2})
- Hat jemand „Nein" gerufen?
({3})
- Also, meine Damen und Herren, die Meinungen gehen etwas auseinander. - Herr Vizepräsident Schäfer, bitte!
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 13171
Dr. Schäfer ({4}), Vizepräsident: Meine Damen und Herren, dies war die Abstimmung zur dritten Beratung. Die Schlußabstimmung muß noch erfolgen, sie hat nicht stattgefunden.
({5})
Meine Damen und Herren, es wird Ihnen bereits aufgefallen sein, daß die verschiedenen Präsidenten dieses Hauses eine verschiedene Praxis in der Frage der Schlußabstimmung haben. Ich halte eine Abstimmung in der dritten Beratung nur über die Punkte für nötig, für die die Einzelberatung stattfindet, und meine, daß dann die Schlußabstimmung zu folgen hat. Da der Herr Vizepräsident Schäfer, der die Abstimmung leitete, eine andere Meinung vertritt, füge ich mich ihm selbstverständlich.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Ergänzung des Ersten Überleitungsgesetzes. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, ausweislich der vor mir liegenden Ziffern war das erste die Mehrheit. Das Gesetz ist in der Schlußabstimmung angenommen.
({0})
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie jetzt, zur
Abstimmung in der dritten Beratung des
Entwurfs eines Bundesbeamtengesetzes zurückzukehren. Wir haben einen Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu § 76 auf Umdruck Nr. 928 Ziffer 4. Herr Abgeordneter Kleindinst zur Abstimmung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir ziehen den Antrag unter Ziffer 4 des Umdrucks Nr. 928 in diesem Zusammenhang und für heute zurück. Er hat zwar in der Tendenz eine breite Zustimmung. Er soll aber noch im Zusammenhang mit der kommenden Strafrechtsnovelle geprüft und mit ihr in Einklang gebracht werden.
Der Antrag ist zurückgezogen. Da zu § 76 kein Änderungsantrag vorliegt, erübrigt sich die Einzelberatung.
Ein weiterer Änderungsantrag zu § 103 auf Umdruck Nr. 928 Ziffer 5. Der Herr Staatssekretär des Bundesinnenministeriums wünscht dazu eine Erklärung abzugeben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Beratung der Ziffer 5 des Umdrucks Nr. 928 hat der Herr Abgeordnete Schröter auf Erklärungen der Regierungsvertreter im Beamtenrechtsausschuß hingewiesen und der Auffassung Ausdruck gegeben, daß diese Erklärungen nicht mit der Sachund Rechtslage in Übereinstimmung stünden. Ich war nicht in der Lage, unmittelbar nach den Ausführungen des Herrn Abgeordneten dazu Stellung zu nehmen, weil ich mich erst bei den Herren, die die Regierung im Beamtenrechtsausschuß vertreten haben, erkundigen mußte. Nachdem dies geschehen ist, darf ich folgendes zum Ausdruck bringen.
Der Sinn der zehnjährigen Wartezeit des § 103 ist der, die Versorgung der Beamten in ein richtiges Verhältnis zum erdienten Gehalt und zur Dauer der im öffentlichen Dienst verbrachten Zeit zu setzen. Demgemäß ist bereits in der Begründung des Regierungsentwurfs - ich darf auf Seite 47 der Drucksache Nr. 2846 verweisen - ausgeführt, daß auf die Wartezeit nur angerechnet werden die im Beamtenverhältnis abgeleistete Dienstzeit, soweit sie ruhegehaltfähig ist, sowie andere Zeiten des öffentlichen Dienstes, die kraft gesetzlicher Vorschrift als ruhegehaltfähige Dienstzeit gelten. Es handelt sich hierbei um die §§ 110 und 111, den berufsmäßigen und nicht berufsmäßigen Wehrdienst. Weiter werden auf die Wartezeit angerechnet nur Zeiten des öffentlichen Dienstes, die in Ausübung der für Beamtendiensttuerzeiten - so sagt die Begründung wörtlich - erteilten Ermächtigung als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Es handelt sich hier um den § 112 Nr. 4 der Regierungsvorlage, den jetzigen § 111 a.
Aus dieser Formulierung ergibt sich ganz klar, daß Zeiten im Sinne des § 112 Nr. 1 bis 3 nicht in die Wartezeit einzurechnen sind. Über die Auslegung des § 103 Abs. 2 konnte also niemals ein Zweifel bestehen, und insofern konnten die Regierungsvertreter eine abweichende Erklärung im Ausschuß nicht abgeben. Sie haben es auch, wie ich mich vergewissert habe, nicht getan. Ich bitte um freundliche Nachsicht, falls die Erklärungen im Ausschuß nicht völlig eindeutig abgegeben worden sein sollten und etwa infolgedessen das vom Herrn Abgeordneten Schröter zur Sprache gebrachte Mißverständnis entstehen konnte.
Herr Abgeordneter Schröter!
Ich bedaure, nicht anerkennen zu können, daß durch diese Erklärung eine andere Lage geschaffen worden ist. Herr Staatssekretär, Sie haben sich auf die schriftliche Begründung, die uns eingereicht wurde, bezogen. Das war es ja gerade, daß der Ausschuß im Laufe der Beratungen - Sie werden das an vielen Stellen des Gesetzes bemerkt haben - immerhin sehr wesentliche Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage vorgenommen hat. Wir haben diese Besprechungen geführt, und man hat uns zumindest in der Auffassung bestärkt, daß unsere Auslegung die richtige sei. Wir haben ja unsere bestimmten Wünsche gehabt. Wir haben ausdrücklich darauf hingewiesen, daß den betreffenden Leuten eine andere Möglichkeit gegeben werden muß. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen, daß es notwendig ist, daß der Betreffende, der unter diesen besonderen Umständen jetzt ins Beamtenverhältnis berufen wird, zunächst eine völlige Aufklärung über seine Zukunft erhält und daß er nicht nach 15 oder 20 Jahren oder noch später plötzlich vor eine Sachund Rechtslage gestellt wird, die ihm bei seinem Eintritt nicht bekannt war. Wir haben infolgedessen bei der Ausschußberatung veranlaßt, daß diese Bedingungen dem Betreffenden schon bei seiner Einstellung klargestellt werden. Es muß dann eben notwendig werden, auf den § 112 besonders zu verweisen.
Offenbar werden keine weiteren Erklärungen zu diesem Punkt gewünscht. Wir können dann in der Abstimmung fortfahren. Meine Damen und Herren, es liegt Ihnen also der
({0})
Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU unter Ziffer 5 des Umdrucks Nr. 928 vor.
({1})
- Ich wollte das gerade zu Ende führen, entschuldigen Sie vielmals. - Es ist von Ihnen dazu ein Änderungsantrag gestellt worden, die Worte „Nr. 1 b" zu streichen. Ich frage das Haus, ob sich jeder über den Inhalt der Abstimmung im klaren ist.
({2})
- Meine Damen und Herren, zu Ziffer 5 des Änderungsantrags der CDU/CSU auf Umdruck Nr. 928, wonach in § 103 Abs. 2 Satz 2 nach § 111 a „und § 112 Nr. 1 b" eingefügt werden sollte, hat die SPD beantragt, die Worte „Nr. 1 b" zu streichen, so daß es jetzt, wenn der Antrag angenommen würde, hieße:
In § 103 Abs. 2 Satz 2 werden nach § 111 a die Worte eingefügt „und § 112".
Jetzt ist es hoffentlich klar.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der SPD zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck Nr. 928 Ziffer 5. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, es haben sich diesmal wieder eine ganze Reihe von Abgeordneten nicht an der Abstimmung beteiligt. Dann ist es völlig unmöglich, zu erkennen, wer nun eigentlich wofür gestimmt hat. Gestatten Sie mir, daß ich die Abstimmung noch einmal wiederhole, um zu erkennen, wo nun wirklich die Mehrheit liegt. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 5 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
({3})
Da beide Änderungsanträge abgelehnt worden sind, bedarf es keiner weiteren Abstimmung über die Ausschußfassung.
Ich komme zu § 106, dazu Änderungsantrag der Fraktion der Föderalistischen Union Umdruck Nr. 932 Ziffer 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 106 in der Fassung der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Gegenprobe? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich komme zu § 107, dazu Änderungsanträge der Fraktion der CDU/CSU Umdrucke Nrn. 928 Ziffer 6 und 930 Ziffer 3.
({4})
Der weitgehendste Antrag ist der Antrag Umdruck Nr. 930 Ziffer 3 der Abgeordneten Neuburger, Sabel, Naegel, Eplée und Genossen, den § 107 zu streichen. Für den Fall, daß dieser Antrag abgelehnt werden sollte, würde sich die Abstimmung über die übrigen Sätze erledigen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag in Umdruck Nr. 930 Ziffer 3 betreffend § 107 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite war die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 6 betreffend Einfügung eines Abs. 7 in § 107. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 107 in der Fassung der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 107 ist angenommen.
Ich rufe § 112 auf, dazu Änderungsantrag Umdruck Nr. 932 Ziffer 2 der Fraktion der Föderalistischen Union zu § 112 Abs. 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 112 in der Fassung der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich komme zu § 169. Dazu Änderungsanträge, einmal Antrag der Abgeordneten Schröter ({5}) und Genossen Umdruck Nr. 926 auf Wiederherstellung der Fassung der Beschlüsse des 25. Ausschusses, weiter Änderungsantrag Umdruck Nr. 934 der Abgeordneten Kühn, Gaul und Fraktion der FDP, das ist ein gleichlautender Antrag auf Wiederherstellung der Ausschußfassung. Das Haus ist sich im klaren über die Abstimmung? - Das ist der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die den gleichlautenden Anträgen Umdrucke Nrn. 926 und 934 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Dieser Änderungsantrag ist angenommen. Damit ist § 169 in der Ausschußfassung wiederhergestellt, und es erübrigt sich eine weitere Abstimmung.
Änderungsantrag der Abgeordneten Neuburger, Sabel, Naegel, Eplée, Umdruck Nr. 930 Ziffer 4 auf Einfügung eines § 175 a. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit, ist angenommen.
Zu § 176 einmal der Änderungsantrag der Föderalistischen Union, Umdruck Nr. 929 Ziffer 2, weiter der Änderungsantrag der Abgeordneten Neuburger - ({6})
- Dieser Antrag ist durch die Ablehnung des Antrags, der zu § 107 auf Umdruck Nr. 930 Ziffer 3 gestellt ist, erledigt. Es dreht sich also nur um den Änderungsantrag der Föderalistischen Union Umdruck Nr. 929 Ziffer 2. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen
({7})
wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 176 in der Fassung der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen, - Das ist die Mehr heit; ist angenommen.
Zu § 177 Änderungsanträge, einmal Umdruck Nr. 925, Ziffer 2 auf Streichung der Absätze 11 und 12, Änderungsantrag der DP, weiterhin der Änderungsantrag der Abgeordneten Kühn, Gaul und Fraktion der FDP Umdruck Nr. 935, in Abs. 4 die Worte „oder bei dem früheren Forschungsamt RLM" zu streichen. Der Änderungsantrag Umdruck Nr. 930 Ziffer 3 zu § 177 hat sich durch die vorhergegangene Abstimmung erledigt.
Ich komme zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 935. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag der Abgeordneten Kühn, Gaul und Fraktion der FDP zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der Deutschen Partei Umdruck Nr. 925 Ziffer 2 auf Streichung der Absätze 11 und 12 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite war die Mehrheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 177 in der Fassung der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich komme zu § 184: Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck Nr. 928 Ziffer 7 auf Anfügung eines Halbsatzes betreffend § 107 Abs. 7. Ist sich das Haus über die Abstimmung im klaren?
- Das ist der Fall.
({8})
- Der Antrag Umdruck Nr. 928 Ziffer 6 auf Einführung eines Abs. 7 ist abgelehnt. Dann kann also sinngemäß der Abs. 7 nicht in § 184 angeführt werden. Der Antrag hat sich damit erledigt. Es bedarf also keiner weiteren Abstimmung über § 184.
Ich komme zu § 185 a. Änderungsantrag Umdruck Nr. 929 Ziffer 3, Antrag der Fraktion der Föderalistischen Union. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag Umdruck 929 Ziffer 3 betreffend § 185 a zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 185 a in der Fassung der zweiten Beratung zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit.
Ich rufe auf § 189. Dazu der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck Nr. 928 Ziffer 8 wegen des Inkrafttretens des Gesetzes am 1. September 1953. Ich bitte die Damen und Herren,
die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Meine Damen und Herren; damit sind die Änderungsanträge in der dritten Beratung erledigt. Ich komme zur Schlußabstimmung eines Bundesbeamtengesetzes auf Grund der Ergebnisse der Einzelberatung der dritten Beratung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Bundesbeamtengesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist das Gesetz gegen die Stimmen der kommunistischen Gruppe angenommen worden.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie freundlichst, die erste Seite der Drucksache Nr. 4246 zur Hand zu nehmen. Der Ausschuß hat in Ziffer 2 einen Entschließungsantrag gestellt. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag .zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
In Ziffer 3 und 4 hat der Ausschuß beantragt, bestimmte Anträge für erledigt zu erklären und ebenfalls die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Eingaben und Petitionen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrage Ziffer 3 und 4 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz ist eines der umfangreichsten, das der Deutsche Bundestag beschlossen hat. Es betrifft die Verhältnisse zahlloser Bediensteter des Bundes. Ich glaube, in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich der Arbeit des Beamtenrechtsausschusses bei diesem Gesetz besonders dankbar gedenke.
({9})
Wir kommen jetzt zur
Abstimmung der zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP und FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes ({10}).
Es liegen keine Änderungsanträge vor. Ich kann also aufrufen Drucksache Nr. 4306 §§ 1, - 2, -3,-4,-5,-6,-7,-8,-9.-Keine Wortmeldungen? - Ich rufe gleichzeitig auf Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift zustimmen wollen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Eine allgemeine Aussprache der
dritten Beratung
war nicht vorgesehen. Änderungsanträge sind nicht gestellt.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz über die Rechtsstellung der in den Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Gesetz in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Ich stelle fest, daß das Gesetz - soweit ich sehe, einstimmig - angenommen worden ist.
({11})
- Ich frage: Wer ist dagegen? - Wer enthält sich?
- Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. ({12})
({13})
Meine Damen und Herren, ich darf freundlichst bitten, im Interesse der Förderung unserer Arbeit sich auf Ihre Plätze zu begeben, vielleicht sogar die Glückwünsche nachträglich zu erledigen.
Wir kommen nun zu den Abstimmungen in der zweiten und dritten Beratung über die beiden Gesetze unter Punkt 5 a und 5 b der Tagesordnung; zunächst zur
Abstimmung in der zweiten Beratung über den Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich der von den Trägern der .gesetzlichen Rentenversicherungen für das Haushaltsjahr 1952 zu tragenden Mehraufwendungen für Rentenzulagen ({14});
Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses ({15}) ({16}).
Ich rufe auf die §§ 1, - 2, - 3, - 4, - 5, -Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; die aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift sind angenommen.
Ich habe die Bitte, daß die Abgeordneten sich freundlichst auf ihre Plätze begeben. Sie erleichtern uns damit die Abstimmung.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Änderungsanträge sind nicht gestellt. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz zum Ausgleich der von den Trägern der gesetzlichen
Rentenversicherungen für das Haushaltsjahr 1952 zu tragenden Mehraufwendungen für Rentenzulagen in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist in der Schlußabstimmung angenommen.
Meine Damen und Herren, Ihnen ist deutlich geworden, daß die in Umdruck Nr. 924 enthaltene Berichtigung vorgenommen und zum Gegenstand der Abstimmung gemacht worden ist. Darüber hat kein Zweifel bestanden.
({17})
Ich komme zur
Abstimmung in der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz in den Rechnungsjahren 1953, 154
und 1955 ({18}); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({19}).
Drucksache Nr. 4338 ist der Ausschußbericht. Ich rufe auf die §§ 1, - 2, - 3, - 4, - 5, - Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; die aufgerufenen Paragraphen, die Einleitung und die Überschrift sind angenommen.
Zur dritten Beratung Herr Abgeordneter Richter.
({20})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich über das Verständnis, das Sie für unseren Antrag auf namentliche Abstimmung, den ich hiermit im Auftrage der SPD-Fraktion stelle, haben.
Meine Damen und Herren! Sie haben den Antrag gehört. Der Antrag ist hinreichend unterstützt. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln zur Schlußabstimmung über das Gesetz über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz in den Rechnungsjahren 1953, 1954 und 1955.
({0})
Darf ich unterstellen, daß die Einsammlung der Stimmkarten zunächst abgeschossen ist? Ich schließe die Abstimmung, wenn die Auszählung beendet wird. Ich darf die Herren Abgeordneten bitten, sich auf ihre Plätze zu begeben, - auch die Damen.
Meine Damen und Herren, ich darf während der Auszählung in der Tagesordnung fortfahren. Ich bitte Sie freundlichst, Ihre Plätze einzunehmen. Nach Punkt 6, der erledigt ist, haben wir eingeschoben:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit ({1}) ({2}).
Es wird auf die schriftliche Begründung verwiesen.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine allgemeine Aussprache in der ersten Beratung zu verzichten. - Das Haus ist damit einverstanden.
Meine Damen und Herren, ich möchte die alte Frage: Ausschuß für Arbeit oder Ausschuß für Sozialpalitik? nicht in meinem Vorschlag vorweg entscheiden. Darf ich die Sachverständigen der verschiedenen Fraktionen um ihre freundliche Meinung bitten.
({3})
- Ich höre nur das Wort „Sozialpolitik". Ich darf unterstellen, daß das Haus mit der Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Sozialpolitik einverstanden ist. - Das ist der Fall. Damit ist der eingeschobene Punkt erledigt.
Ich rufe auf Punkt 7:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes ({4}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen hierfür vor, auf Begründung und Aussprache zu verzichten. - Sie sind damit einverstanden. Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzenwurf dem Ausschuß für den Lastenausgleich zu überweisen. - Das Haus ist damit einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe auf Punkt 8:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betreffend Verkauf des Grundstücks ehem. Finanzschule Mölln in Holstein an die Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein ({5}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen hier ebenfalls vor, auf Begründung und Aussprache zu verzichten, und schlägt ferner vor, diesen Antral" dem Haushaltsausschuß zu überweisen. Das Haus ist mit der Überweisung einverstanden.
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Ich komme zu Punkt 9:
Beratung der Übersicht Nr. 66 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betreffend Petitionen ({7}).
Es ist heute keine ausführliche Begründung vorgesehen. Ich bitte die Damen und Herren, die den auf Umdruck Nr. 917 gestellten Anträgen zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich komme zu Punkt 10:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse ({8}).
Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für Bau- und Bodenrecht zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Meine Damen und Herren, ich frage, ob noch Abgeordnete vorhanden sind, die zur namentlichen Abstimmung über das Gesetz über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz in den Rechnungsjahren 1953, 1954 und 1955, Schlußabstimmung, ihre Stimme noch abzugeben wünschen.
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- Es sind nun keine Abgeordneten mehr vorhanden, die noch abzustimmen wünschen. Ich schließe damit die namentliche Abstimmung und bitte Sie, etwas Geduld zu haben, bis das Ergebnis bekanntgegeben werden kann.
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Meine Damen und Herren, ich darf inzwischen vorweg schon bekanntgeben, daß im Anschluß an das Plenum eine Sitzung der Fraktion der FDP stattfindet.
Meine Damen und Herren, ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung bekannt: es haben teilgenommen 340 Abgeordnete, mit Ja haben gestimmt 162, mit Nein 171 bei 7 Enthaltungen. Von den Berliner Abgeordneten haben mit Ja gestimmt 7, mit Nein 9, insgesamt 16. Das Gesetz ist in der Schlußabstimmung abgelehnt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestags auf Mittwoch, den 3. Juni, 9 Uhr, und schließe die 267. Sitzung.