Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 257. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach der Abgeordnete Hoppe für vier Wochen wegen Krankheit, die Abgeordneten Frau Dr. Weber ({0}) für drei Wochen, Dr. Schröder ({1}) für sechs Wochen und Dr. Pfleiderer für sechs Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme.
Ich darf unterstellen, daß das Haus mit der Erteilung des Urlaubs über eine Woche hinaus einverstanden ist. - Das ist der Fall.
Der Präsident hat für zwei Tage Urlaub erteilt den Abgeordneten Dr. von Merkatz, Löfflad, Frau Dr. Ilk, Dr. Keller, Freudenberg, Lemmer, Wallner, Lausen, Henßler, Meitmann, Dr. Königswarter, Dirscherl, Gockeln, Dr. Gülich, Dr. Veit, Wönner, Reimann, Frau Strohbach.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Kahn, Dr. Pünder, Frau Brauksiepe, Bauknecht, Kuhlemann, Ekstrand, Jaeger ({0}), Renner, Frau Thiele, Kiesinger und Dr. Orth.
Meine Damen und Herren, ich habe dem Herrn türkischen Botschafter das Beileid für die Opfer des Unglücks der Erdbebenkatastrophe in der Türkei ausgesprochen und darf auch hier der Verbundenheit mit dem türkischen Volk aus Anlaß dieser schweren Katastrophe Ausdruck geben.
({0})
Ich habe der Frau Abgeordneten Heiler zum 64. Geburtstag am 21. März herzliche Glückwünsche auszusprechen.
({1})
Es ist vorgesehen, daß die Abstimmungen zum Bundesvertriebenengesetz etwa um 12 Uhr stattfinden, daß ohne Mittagspause durchgetagt wird, aber von 13 bis 15 Uhr keine Abstimmungen stattfinden. Ich darf unterstellen, daß wir versuchen, bei den Abstimmungen zum Nachtragshaushalt darauf Rücksicht zu nehmen, daß ein größerer Teil der Abgeordneten an der Trauerfeier. für den verstorbenen Herrn Ministerialdirektor Graf teilnimmt. Ich nehme an, daß Sie auch damit einverstanden sind.
({2})
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 20. März 1953 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:
Gesetz über die Vereinbarung zur Ergänzung des Allgemeinen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die Soziale Sicherheit vom 10. Juli 1950 und das Zusatzprotokoll zur Vierten Zusatzvereinbarung zum Allgemeinen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die Soziale Sicherheit vom 10. Juli 1950;
Gesetz betreffend das Abkommen vom 10. September 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staate Israel;
Drittes Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts;
Gesetz zur Verlängerung des Gesetzes zur
Änderung des Mineralölsteuergesetzes;
Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin";
Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft;
Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer des Energienotgesetzes;
Zweites Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer von Vorschriften auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft;
Gesetz über die Kaufmannseigenschaft von Handwerkern.
Der Bundesrat hat in der gleichen Sitzung dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften nicht zugestimmt.
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 19. März 1953 die Kleine Anfrage Nr. 322 der Fraktion der SPD betreffend Reichsnährstandsvermögen - Drucksache Nr. 4097 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4213 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 16. März 1953 gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 243. Sitzung über die Schritte der Bundesregierung zur Preisfestsetzung für Zuckerrüben und Zucker berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4216 vervielfältigt.
Ich rufe auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952 ({3}) ({4});
Mündlicher Bericht ,des Haushaltsausschusses ({5}) ({6}).
({7});
dazu Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses ({8}) ({9}).
Zunächst zur allgemeinen Berichterstattung Herr Abgeordneter Schoettle.
({10})
- Der Bericht über das Haushaltsgesetz erfolgt wie üblich am Schluß.
Zunächst also die Einzelpläne. Ich rufe auf:
a) Einzelplan I - Haushalt des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamts ({11}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Bausch
Bausch ({12}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Nachtragshaushalt zum Haushalt des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamts für das Rechnungsjahr 1952 weist nur einige wenige, nicht sehr wesentliche Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Haushalt von 1952 auf. Der Haushaltsausschuß hat laut Drucksache Nr. 4101 beschlossen, die Anlage Nachtrag zum Einzelplan I - Haushalt des Bundespräsidenten und ,des Bundespräsidialamts für das Rechnungsjahr 1952 - unverändert nach der Vorlage anzunehmen.
Ich darf Sie bitten, sich diesen Beschluß des Haushaltsausschusses zu eigen zu machen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über den Antrag des Haushaltsausschusses, den der Abgeordnete Bausch begründet hat, abstimmen: Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 4101 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe auf
b) Einzelplan II - Haushalt des Deutschen
Bundestages ({0}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Jaffé.
Jaffé ({1}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Haushaltsplan des Bundestags - unseres eigenen Hauses - sind keine einschneidenden Änderungen beim Nachtragshaushalt vorgesehen. Ich darf Sie bitten,
einige wenige Punkte, die, da es sich um unser eigenes Haus handelt, besonderes Interesse beanspruchen können, mit mir durchzugehen.
Unter den Einnahmen erscheint erstmalig - Sie finden das auf Seite 3 der Vorlage - der Betrag von 46 000 DM, Einnahmen aus der Bundestagsgaststätte. Andererseits finden Sie auf Seite 15 unter den Ausgaben einen Betrag von 62 600 DM. Dieser Ansatz betrifft die Garantie für die Mindestlöhne der Bediensteten in der Bundestagsgaststätte. Nach dem Bruttoprinzip sind diese Ansätze zum erstenmal im Haushalt ausgewiesen.
Allgemein darf ich dazu nur sagen, daß auch im Haushaltsausschuß der unbefriedigende Zustand der Bundestagsgaststätte Gegenstand der Kritik war. Ihnen wird bekannt sein, daß inzwischen Verhandlungen über diese Frage erfolgreich zu Ende geführt worden sind, wodurch ein neuer Zustand hergestellt wurde. Auf den Haushalt 1952 haben diese Verhandlungen keine Auswirkungen; bei 1953 wird darüber noch zu sprechen sein.
Bei den Ausgaben personeller Art darf ich daran erinnern, daß das Gutachten des Bundesrechnungshofs den Anstoß zu einer Vorlage für den Organisations- und Stellenplan gegeben hat, der im allgemeinen den abgeschlossenen Aufbau der Organisation unseres Hauses widerspiegelte. Infolgedessen finden Sie hier nur geringe Änderungen. Die Vermehrung des Personals beschränkt sich auf 10 Stellen für Regierungsassistenten; das ist der Hausordnungsdienst in unserm Neubau. Außerdem schlägt Ihnen der Haushaltsausschuß die Bewilligung von zwei weiteren Leerstellen - einen Amtsrat und einen Regierungsinspektor - für Beamte, die in das Generalsekretariat des Europarats abgeordnet werden, vor.
Bei den Personaltiteln resultieren die Mehrausgaben in erster Linie aus der bekannten 20 %igen Zulage und der Umrechnung der Monatsbeträge des früheren Haushalts auf ein volles Jahr. Unter den Sachausgaben sind einige kleine Änderungen, auf die ich nicht näher einzugehen brauche.
Interessant ist der Wegfall des Postens von 496 600 DM für die Fahrtkosten. Nicht etwa, daß diese zurückgegangen wären, aber nach dem Bundesbahngesetz ist die Bundesbahn bekanntlich verpflichtet, die Abgeordneten kostenlos zu befördern. Andererseits ergibt sich durch den Hinzutritt der Berliner Abgeordneten während des letzten Jahres ein Mehrbedarf.
Bei den einmaligen Ausgaben - Sie finden das auf Seite 17 'der Vorlage - sind verschiedene neue Titel, die der Vervollständigung der Ausstattung des Hauses dienen. Dabei bitte ich, Ihre Aufmerksamkeit besonders auf den Tit. 18 zu richten. Dort sind 800 000 DM Zuschuß für die Jugendherberge in Bonn vorgesehen. Das entspricht der Erfüllung eines allgemeinen Wunsches aller Fraktionen des Hauses.
Schließlich darf ich Sie noch einmal auf die Schlußsumme hinweisen. Der Gesamtaufwand für den Deutschen Bundestag liegt nunmehr bei etwas über 18 Millionen. Ich darf Sie, meine Damen und Herren, im Namen des Haushaltsausschusses bitten, der Vorlage dieses Ausschusses auf Drucksache Nr. 4102 und damit dem Einzelplan des Deutschen Bundestages mit den eben erläuterten Änderungen Ihre Zustimmung zu geben.
Bitte auch gleich den nächsten Plan:
c) Einzelplan II b - Haushalt der Deutschen Vertreter in der Beratenden Versammlung des Europarats ({0}).
Herr Abgeordneter Jaffé!
Jaffé ({1}), Berichterstatter: Ich darf Sie gleichzeitig bitten, den Einzelplan der deutschen Vertreter in der Beratenden Versammlung des Europarats, Plan II b, nach unserm Vorschlag unverändert nach der Vorlage anzunehmen. Hier sind keine Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung, zunächst über den Antrag Drucksache Nr. 4102. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Gegen vier Stimmen angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache Nr. 4103. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die überwiegende Mehrheit; angenommen.
Zum nächsten Plan:
d) Einzelplan III - Haushalt des Deutschen Bundesrats ({0}), Herr Abgeordneter Bausch als Berichterstatter!
Bausch ({1}), Berichterstatter: Auch im Nachtragshaushalt des Deutschen Bundesrats, Einzelplan III, sind ursprünglich nach dem Entwurf keine
({2})
Änderungen von besonders wesentlicher Art enthalten gewesen. Bei den Beratungen des Haushaltsausschusses allerdings hat die Verwaltung des Bundesrats die Bewilligung einiger wichtiger zusätzlicher Planstellen, die auf der Drucksache Nr. 4104 aufgeführt sind, vorgeschlagen. Der Haushaltsausschuß ist diesem Wunsch der Verwaltung des Bundesrats entgegengekommen, hat diese Planstellen bewilligt und ist bei seinen Beratungen abschließend zu dem Ergebnis gekommen, den Bundestag zu ersuchen, die Anlage: Nachtrag zum Einzelplan III, Haushalt des Deutschen Bundesrats, für das Rechnungsjahr 1952, mit den aus der Zusammenstellung ersichtlichen Änderungen und den sich daraus ergebenden Änderungen der Abschlußsummen, im übrigen unverändert nach der Vorlage anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 4104 zu entsprechen wünschen, eine Hand zu erheben. -Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich schlage vor, daß der Herr Abgeordnete Dr. Blank die Berichterstattung über die Einzelpläne IV, IV a und IV b im Zusammenhang vornimmt, nämlich:
e) Einzelplan IV - Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes ({0});
f) Einzelplan IV a - Haushalt des Auswärtigen Amts ({1});
g) Einzelplan IV b - Haushalt für Angelegenheiten des Europarats und verwandte Gebiete ({2}).
Bitte, Herr Abgeordneter!
Dr. Blank ({3}) ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das erste Kapitel des Einzelplans IV umfaßt das Bundeskanzleramt im engeren Sinne. Der Nachtrag 1952 bringt hier eine Vermehrung von 13 Planstellen bei einem Abgang von 4 Stellen, so daß sich eine Nettovermehrung von 9 Beamtenstellen ergibt. Dabei ist zu bemerken, daß sich im Bundeskanzleramt für die Zukunft eine straffere Gliederung als bisher als erforderlich erwiesen hat. Das findet darin seinen Ausdruck, daß 3 Ministerialratsstellen in Dirigentenstellen umgewandelt werden sollen. Zwei Dirigenten sollen Leiter der neugeschaffenen Unterabteilungen werden, während die dritte Dirigentenstelle für den ersten persönlichen Referenten des Bundeskanzlers vorgesehen ist. Den Gründen, die seitens des Bundeskanzleramts für diese Erweiterung und Hebung der Planstellen vorgebracht worden sind, hat sich der Haushaltsausschuß nicht verschlossen und mit Mehrheit dem Regierungsvorschlag seine Zustimmung erteilt. Die Mehrzahl der neu zu schaffenden Planstellen entfällt im übrigen auf den mittleren und gehobenen Dienst. Bei den Stellen für Angestellte sind keine Neuanforderungen zu verzeichnen. Hier sind nur gewisse Hebungen in Übereinstimmung mit den Tätigkeitsmerkmalen nach TO.A erfolgt. Die Änderungen bei den einzelnen Ansätzen der Personaltitel ergeben sich
zwangsläufig aus den vorgesehenen Stellenänderungen, während die geringfügigen Änderungen im Bereich der sächlichen Ausgaben eingesetzt worden sind, weil der tatsächliche Bedarf sich gegen Ende des Haushaltsjahres natürlich mit hoher Genauigkeit ermitteln ließ.
Das Kap. 2 des Einzelplans IV, Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, hat den Haushaltsausschuß länger beschäftigt. Hier lag der Regierungsvorlage ein Gutachten des Beauftragten für Wirtschaftlichkeit zugrunde. Dabei ist es verständlich, daß zwischen den Auffassungen des „Sparkommissars" auf der einen Seite und der Dienststelle selber auf der andern Seite gewisse Unterschiede bestanden. Dem mit Hilfe der Haushaltsabteilung des Bundesfinanzministeriums zustande gekommenen Kompromiß hat der Ausschuß mit Mehrheit seine Zustimmung gegeben, nachdem Anträge aus den Kreisen der Opposition abgelehnt worden waren. Insbesondere ist ein Antrag abgelehnt worden, der dahin ging, daß die Besetzung der ausgebrachten B 4-Stelle, d. h. der Stelle des Leiters des Presseamts, der Zustimmung des Haushaltsausschusses bedürfen sollte. Diese Ablehnung im Haushaltsausschuß erfolgte mit großer Mehrheit, weil der Ausschuß sich auf den Standpunkt gestellt hat, daß er zwar für die Bewertung von Stellen, aber nicht für die Bewertung von Personen zuständig ist und darüber nicht beschließen kann.
Für den Stellvertreter des Bundespressechefs hielt die Mehrheit des Ausschusses die beantragte B 7 a-Stelle für angemessen. Der vorliegende Vorschlag des Haushaltsausschusses bringt insgesamt eine Vermehrung des Bestandes des Press und Informationsamtes um 8 Planstellen für Beamte und 44 Stellen für Hilfskräfte. Das entspricht dem bereits erwähnten Kompromißvorschlag des Bundesfinanzministeriums.
Bei den sächlichen Ausgaben haben sich Mehranforderungen ergeben, die aber durch Einsparungen bei anderen Titeln praktisch ausgeglichen werden konnten. Bei den allgemeinen Haushaltsausgaben hat sich, wie die Regierungsvorlage zeigt, eine wesentliche Steigerung der Ansätze ergeben, die sich in der Masse aus den gewachsenen Aufgaben der Dienststelle im Bereich der Publikation
- public relations, Auslandsarbeit, Bulletin usw.
- ergeben. Außerdem mußten die Mittel zur Verfügung des Bundeskanzlers zur Förderung des Informationswesens nennenswert erhöht werden. Unter den einmaligen Ausgaben ist Tit. 13 ({5}), Darlehen zum Ankauf und zur Herrichtung eines Hauses für Presseklubs, besonders eingehend erörtert worden. Der Ausschuß hat dem Gedanken grundsätzlich zugestimmt. Da noch nicht abzusehen war, in welchem Umfang Mittel benötigt werden - vielleicht kann für diesen Zweck ein bundeseigenes Gebäude zur Verfügung gestellt werden -, ist der Titel im Einverständnis mit der Regierung zunächst gesperrt worden.
Kap. 3 des Einzelplans IV 'betrifft die Dienststelle des Beauftragten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen. Ob die Bezeichnung dieser Dienststelle auf die Dauer so beibehalten werden soll, ist natürlich Sache der Bundesregierung. Aber ich glaube, man könnte überlegen - schon um der Einfachheit willen -, diesen Namen zu ändern. Der Haushaltsausschuß, der den größten Teil der Ansätze des Nachtrags bereits Monate vorher vor({6})
wegbewilligt hatte, hat den Nachtrag 1952 zu diesem Kapitel ohne Änderung mit Mehrheit angenommen. Die Vermehrungen erklären sich daraus, daß sich diese Dienststelle immer noch im Aufbau befindet.
({7})
Es ist damit zu rechnen, daß dieser Aufbau auch
im gegenwärtigen Stadium nicht abgeschlossen ist.
Der im außerordentlichen Haushalt des Einzelplans IV eingesetzte Betrag für einen Neubau des Bundeskanzleramts und des Presse- und Informationsamts wird bei der Berichterstattung über Einzelplan XXIII gesondert zur Sprache kommen. Soviel zum Einzelplan IV.
Einzelplan IV a betrifft das Auswärtige Amt. Hierzu ist folgendes zu berichten. Der Nachtragshaushalt 1952 für das Auswärtige Amt bringt den längst fälligen Niederschlag des weiteren dringend erforderlichen Ausbaus sowohl des Auswärtigen Amts in Bonn selbst wie auch des auswärtigen Dienstes, d. h. der deutschen Missionen im Ausland. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Professor Dr. Hallstein , hat dem Ausschuß über die Entwicklung der Auslandsbeziehungen der Bundesrepublik und die daraus abzuleitenden haushaltsmäßigen Konsequenzen sehr ausführlich berichtet. Viele Einzelfragen sind im Laufe langer Sitzungen mit ihm und seinen Mitarbeitern eingehend erörtert worden. Insbesondere hat die Frage der Besoldung der im Ausland tätigen Bundesbediensteten - wie schon in früheren Jahren - in den Verhandlungen des Ausschusses eine wesentliche Rolle gespielt. Es steht zu hoffen, daß die nunmehr gefundene Regelung mit zum Teil leider ziemlich komplizierten Richtlinien und Dienstanweisungen den tatsächlichen Erfordernissen entspricht und einen fairen Ausgleich zwischen den legitimen Bedürfnissen der Bediensteten einerseits und der Haushaltslage des Bundes andererseits darstellt. Bei aller gebotenen Sparsamkeit kann ein gewisses Mindestmaß von Aufwand nicht unterschritten werden, ohne daß daraus dem Ansehen des Bundes - und das ist wichtiger als das Ansehen und die Bewegungsfreiheit der Bundesbediensteten - effektiver Schaden erwächst. Vorschriften über Besoldung usw. liegen der Drucksache Nr. 4106 bei. Das System gestattet, neu erkennbaren Bedürfnissen jeweils Rechnung zu tragen. Ich darf empfehlen, daß diejenigen Damen und Herren, die sich für die Besoldung der Auslandsbediensteten interessieren, diese sehr aufschlußreiche Druckschrift einmal durchsehen.
Die Mehranforderungen im Nachtrag 1952/53 für Personal- und Sachausgaben sind sehr beträchtlich. Sie liegen in der Größenordnung von fast 50 Millionen DM, von denen allein die Personalausgaben beinahe 40 Millionen DM erreichen. Demgegenüber halten sich sowohl die Sachausgaben wie die allgemeinen Ausgaben in einem relativ bescheidenen Rahmen.
Wenige Worte zu den einzelnen Kapiteln. Kap 1, Auswärtiges Amt in Bonn: Hier ist zu sagen, daß der Aufbau der Zentrale im wesentlichen als abgeschlossen betrachtet werden kann. Es kann nicht meine Aufgabe sein, hier Einzelheiten vorzutragen. Dem Ausschuß wurden an Hand von Graphiken und schematischen Plänen genaue Aufschlüsse gegeben, die die Zweckmäßigkeit des Geplanten erkennen ließen. Lediglich die Aufteilung der Personalabteilung des Auswärtigen Amts in drei Unterabteilungen schien dem Ausschuß zu weit zu gehen; er konnte daher eine neu angeforderte Dirigentenstelle nicht bewilligen.
Die Schaffung der Inspekteurstellen - ein Botschafter und ein Gesandter zur besonderen Verwendung - wurde vom Ausschuß lebhaft begrüßt und dementsprechend bewilligt. Es handelt sich hier darum, daß durch diese beiden Diplomaten zur besonderen Verwendung, die die Aufgabe haben sollen, die einzelnen Missionen im Ausland zu besuchen, zu beraten und zu betreuen, eine einigermaßen einheitliche Grundeinstellung und ein einheitliches Handeln bei den deutschen Missionen im Ausland herbeigeführt werden sollen. Der Haushaltsausschuß ist überzeugt - diese Inspekteure sollen sich ja auch mit der kassenmäßigen Gebarung der deutschen Missionen befassen -, daß, wenn die richtigen Personen ausgewählt werden, hiermit auf die Dauer für den Bund eine Menge Geld gespart werden kann.
Insgesamt erwies sich eine Vermehrung des Personalstandes der Zentrale, also des Auswärtigen Amts hier in Bonn, um 50 % auf 1022 Bedienstete als erforderlich. Dabei entfällt allerdings ein sehr wesentlicher Teil dieser Stellen auf technische Dienste, Verwaltung, Chiffrierdienst, Kanzleidienst, vor allem auf Schreibkräfte, mit denen das Auswärtige Amt wie zahlreiche andere Bundesbehörden bisher nur völlig unzulänglich ausgestattet war. Erst jetzt konnten die handelspolitische Abteilung und die Rechtsabteilung in einen wirklich arbeitsfähigen Zustand versetzt werden, nachdem die Führung der Handelspolitik vom Bundeswirtschaftsministerium - wie in früherer Zeit - auf das Auswärtige Amt übergegangen ist.
Bei den deutschen Vertretungen im Ausland liegen die Dinge in vieler Hinsicht anders. Die personellen Veränderungen bei Kap. 2 ergeben sich zwangsläufig aus der Tatsache, daß nicht nur 13 weitere Vertretungen im Ausland errichtet wurden, sondern daß auch die schon bestehenden Vertretungen zum Teil beträchtlich verstärkt werden mußten. Ich bin überzeugt, daß das Hohe Haus voll zustimmt, wenn einem oft wiederholten Wunsche entsprechend die Zahl und die personelle Ausstattung der deutschen Vertretungen im Ausland so schnell wie möglich den tatsächlichen Erfordernissen angepaßt werden. Der Haushaltsausschuß teilt die vom Auswärtigen Amt vertretene Auffassung, daß nach und nach allen in den deutschen Auslandsvertretungen tätigen Angehörigen der Wirtschaftsabteilungen und den übrigen Fachreferenten - Sozial-, Presse-, Kulturreferenten - Beamteneigenschaft verliehen wird. Zunächst handelt es sich darum, daß etwa 200/o der in diesen Diensten beschäftigten Angestellten Beamteneigenschaft erhalten sollen. Die besondere Sorge des Ausschusses galt stets den Angehörigen der unteren Besoldungs- und Tarifgruppen in den deutschen Auslandsvertretungen. Es kann festgestellt werden, daß inzwischen wesentliche Verbesserungen eingeführt wurden. Hoffentlich erfahren sie im Laufe der Zeit noch eine Abrundung. Aber auch die zur Zeit geltenden allgemeinen Bestimmungen für die personelle Ausstattung der Vertretungen und sonstige Entschädigungen für dienstliche Tätigkeit sowie das Reise- und Umzugskostenrecht bedürfen noch laufender Überprüfung und Anpassung an die besonderen Erfordernisse des diplomatischen Dienstes.
Natürlich haben sich bei den allgemeinen Ausgaben gewisse Erhöhungen nicht vermeiden lassen. Bei den Ausgaben für kulturelle Zwecke hat sich der Haushaltsausschuß sogar einstimmig auf den
({8})
Standpunkt gestellt, daß die vorgesehenen Ansätze völlig unzulänglich sind. Für 1953 erwartet er von der Bundesregierung angemessene Vorschläge. Bezüglich der Verwendung von Kraftwagen bei den Auslandsvertretungen hat der Ausschuß gefordert, daß im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Vertretbaren deutsche Wagen eingesetzt werden . Ich darf dazu erläuternd bemerken, daß es noch Länder gibt, in denen deutsche Missionen unterhalten werden müssen, bei denen es aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu verantworten ist, einen deutschen Wagen einzusetzen, für den keinerlei Instandsetzungsmöglichkeiten usw. bestehen. Da muß dann eine Wagentype gewählt werden, wie sie ortsüblich ist.
Der außerordentliche Haushalt des Auswärtigen Amts bringt den dritten Teilbetrag für die Errichtung des dringend erforderlichen Neubaus eines Dienstgebäudes für das Auswärtige Amt, das zur Zeit - da schwanken die Zahlen etwas - in mindestens 16, wahrscheinlich aber in 19 verschiedenen Gebäuden untergebracht ist.
Ich darf dann gleich zum Einzelplan IV b übergehen und dem Hohen Hause berichten, daß der Haushaltsausschuß den Einzelplan IV b - Angelegenheiten des Europarats und verwandte Gebiete - mit einer einzigen Änderung angenommen hat, nämlich mit Änderung der Zweckbestimmung bei Titel 32 und Reduzierung des Ansatzes auf 10 000 DM. Die Herabsetzung konnte erfolgen, weil es möglich scheint, mit diesem Betrage auszukommen.
Bei der Beratung dieses Haushalts ist im Ausschuß eingehend die Frage der Beschäftigung deutschen Personals beim Europarat erörtert worden. Man ist im Ausschuß der Auffassung, daß der Anteil des deutschen Personals völlig ungenügend sei. Zwar sind, wie dem Ausschuß von Vertretern der Regierung erklärt wurde, gewisse Verbesserungen eingetreten, insbesondere dadurch, daß in den höheren Positionen erheblich mehr deutsches Personal beschäftigt wird; aber im allgemeinen ist der Zustand noch durchaus unbefriedigend. Dem Haushaltsausschuß hat auch eine Organisationsübersicht vorgelegen, und auch diese hat die Überzeugung des Haushaltsausschusses nicht ändern können, sondern ihn in der Auffassung bestärkt, daß hier eine angemessene Beteiligung der Deutschen an der Verwaltung sichergestellt werden muß. Zu diesem Zwecke wird der Herr Vorsitzende des Haushaltsausschusses dem Hohen Hause nachher noch die Entschließung vortragen, die der Haushaltsausschuß vorschlägt. Es wird zwar zugegeben, daß für eine Heranziehung deutscher Arbeitskräfte gewisse Schwierigkeiten vorhanden sind, die einmal schon sprachlich bedingt sind; aber wir glauben doch, daß sich mit etwas mehr Aktivität vieles ändern, und zwar zum Besseren ändern ließe. Die Frage der Beschäftigung deutschen Personals wird auch weiterhin die besondere Aufmerksamkeit des Haushaltsausschusses finden.
Zu einer Aussprache ist es im Haushaltsausschuß noch über die Zuschüsse an den Deutschen Rat der Europäischen Bewegung gekommen. Hier liegt ja gegenüber den vorjährigen Zuschüssen eine erhebliche Verminderung vor. Das ist erfreulich; denn der Ausschuß hat schon immer auf dem Standpunkt gestanden, daß der Deutsche Rat der Europäischen Bewegung versuchen solle, soweit wie möglich Dritte an der Finanzierung dieser Institution zu beteiligen.
In diesem Zusammenhang ist auch besonders über die Frage eines europäischen Kulturfonds gesprochen worden. Die Wichtigkeit eines solchen Fonds besonders im Hinblick auf die Betreuung von Emigranten ist vom Ausschuß anerkannt worden. Die Frage ist allerdings im Augenblick noch nicht spruchreif. Sie befindet sich im Stadium der Erörterungen.
Damit ist alles gesagt, was im Namen des Haushaltsausschusses zum Einzelplan IV b zu sagen ist. Ich darf dem Hohen Hause empfehlen, gemäß den Anträgen des Haushaltsausschusses über die Einzelpläne IV, IV a und IV b zu beschließen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Zunächst zum Einzelplan IV. Es liegt ein Änderungsantrag der Gruppe der KP auf Umdruck Nr. 790 vor. Auf Begründung wird verzichtet. Wird sonst das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich komme zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag der KP Umdruck Nr. 790. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist außer den Antragstellern niemand. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 4105. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Zu Drucksache Nr. 4106 liegt ein Änderungsantrag Umdruck Nr. 791 vor, der ebenfalls nicht besonders begründet werden soll. Auch sonst keine Wortmeldungen. - Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Umdruck Nr. 791 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. ({0})
- Es handelt sich um den Antrag der kommunistischen Gruppe, meine Herren, wenn Sie freundlichst aufmerken wollen!
({1})
Außer den Antragstellern nach berichtigter Abstimmung niemand.
Dann komme ich zur Abstimmung über den Antrag Drucksache Nr. 4106. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 4106 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Einzelplan IV b. Es liegt vor der Änderungsantrag Umdruck Nr. 792, der ebenfalls nicht begründet wird. Wird sonst das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der Gruppe der KP Umdruck Nr. 792 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist außer den Antragstellern niemand; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 4107. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, ihre Hand zu erheben. - Ich bitte um
({2})
die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Wir kommen zu
h) Einzelplan V - Haushalt des Bundesministeriums für den Marshallplan ({3}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Blachstein. Ich darf ihn bitten, gleichzeitig auch über den Einzelplan V a zu berichten. - Herr Abgeordneter Blachstein ist nicht anwesend. Wird auf die Berichterstattung verzichtet?
({4})
- Offenbar ist das der Fall.
({5})
- Es war beabsichtigt, jawohl. Ich danke für diese Absicht der Berichterstattung! !
({6})
Es liegt ein Änderungsantrag Umdruck Nr. 787 vor. Auch keine Begründung?
({7})
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag - ({8})
- Ich sehe eben, meine Damen und Herren, bei Umdruck Nr. 787 handelt es sich um eine Berichtigung, die ich bei der Abstimmung über den Antrag Drucksache Nr. 4108 zu berücksichtigen bitte. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 4108 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; Antrag Drucksache Nr. 4108 ist angenommen.
Ich komme zu
i) Einzelplan V a - Haushalt des deutschen Vertreters im Rat der Internationalen Ruhrbehörde und des Deutschen Delegationsbüros in Düsseldorf ({9}).
Die Berichterstattung entfällt auch hier. - Ebenfalls keine Wortmeldungen. - Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 4109 zuzustimmen wünschen, ihre Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf
j) Einzelplan VI - Haushalt des Bundesministeriums des Innern ({10}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Steinhörster. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Steinhörster ({11}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Haushalt des Bundesministeriums des Innern, Einzelplan VI, handelt es sich um einen sehr großen und umfangreichen Einzelplan. Ich darf zunächst einmal bitten, auf den Mündlichen Bericht Drucksache Nr. 4110 verweisen zu dürfen, und ich bitte ferner, mir zu gestatten, daß ich auf eine Berichterstattung über alle in diesem Einzelplan angeführten Änderungen verzichte. Aber ich glaube, es wird für das Hohe Haus von Interesse sein, einen kurzen Gesamtüberblick über die Entwicklung dieses Ministeriums zu erhalten.
An den Beginn darf ich die Bemerkung stellen, daß dieses Ministerium mit den vielen nachgeordneten Behörden doch einmal Überlegungen darüber anstellen sollte, ob das System der Behandlung der vielen nachgeordneten Behörden auf die Dauer aufrechterhalten werden kann. Im Haushaltsausschuß hat diese Frage eine Rolle gespielt. Wir meinen also, daß vielleicht Überlegungen am Platze sind, ein anderes System der Etatisierung der nachgeordneten Behörden zu finden.
Was nun den Entwurf des Nachtragshaushalts anbetrifft, so haben sich die Zahlen gegenüber dem Entwurf des Ministeriums geändert, sie sind von 64 Millionen auf rund 61 Millionen DM reduziert. Der Anteil der persönlichen Verwaltungsausgaben beträgt rund die Hälfte, etwa 30 Millionen DM. Um nun festzustellen, was hiervon echte Personalvermehrungskosten sind, muß man berücksichtigen, daß von diesen 30 Millionen DM etwa 6 Millionen DM als die 20 %ige Gehaltszulage zu verstehen sind, die j a damals im Wiederholungshaushalt nicht vorgesehen war. Wenn man noch die Jahresteilbeträge auf ein volles Jahr umrechnet, dann betragen die echten persönlichen Verwaltungsausgaben rund 11 Millionen DM, so daß also als echte Personalvermehrung unter Berücksichtigung der 20 %igen Gehaltszulage und der Jahresteilbeträge rund 13 Millionen DM anzusehen sind. Wenn man beide Pläne zusammenlegt, also wenn man den Wiederholungshaushalt und dazu den Nachtragshaushalt nimmt, dann ergibt sich insgesamt ein Zuschußbedarf von 226 Millionen DM für dieses Ministerium.
Mit Interesse und mit einer gewissen Genugtuung haben die Mitglieder des Haushaltsausschusses die Erklärung des Herrn Ministers zur Kenntnis genommen, daß mit den Veränderungen, die 1953 zu erwarten sein werden, die aber keinen wesentlichen und bedeutenden Umfang annehmen werden, die Entwicklung des Ministeriums nunmehr als abgeschlossen betrachtet werden. kann. Der Herr Minister hat erklärt, daß für 1953/54 wesentliche Erhöhungen nicht mehr zu erwarten sind.
Dann darf ich vielleicht noch einen Blick auf die Vermehrung der Stellen werfen. Gegenüber dem Wiederholungshaushalt betragen die echten Stellenvermehrungen für das Ministerium selbst und für die nachgeordneten Dienststellen und Einrichtungen rund 1900.
Und nun einige Bemerkungen zu den Beratungen des Haushaltsausschusses für die Teile des Einzelplanes, die von einer gewissen Bedeutung sind. Zunächst darf ich auf Kap. 1 Tit. 55 hinweisen - Kosten des Sachverständigenausschusses für die Neugliederung des Bundesgebiets. Es handelt sich hierbei um den sogenannten Luther-Ausschuß, der, wie Sie wahrscheinlich wissen, Überlegungen darüber anstellen soll, wie man im Bundesgebiet zu einer besseren Gebietseinteilung kommen kann. Hier war der Ausschuß der Meinung, daß der Apparat unter keinen Umständen zu groß gewählt sein dürfe, und er war von der Befürchtung getragen, daß man einen zu großen Apparat gewählt habe. Der Ausschuß hat dem Ministerium gegenüber die Bitte ausgesprochen, eine Prüfung nach dieser Richtung hin anzustellen. Die endgültige Stellungnahme hierzu behält sich der Ausschuß für die Beratungen des Haushaltsplanes 1953/54 vor.
({12})
Bei dem sogenannten Wiedergutmachungsreferat vertrat der Ausschuß - ich glaube mich zu erinnern, in der Gesamtheit - die Auffassung, daß dieses Referat personell besser ausgestattet sein müsse, weil die Befürchtung naheliegt, daß bei der jetzigen Personalausstattung etwa sieben Jahre nötig sein würden, um die vielen Anträge auf Wiedergutmachung, die vorliegen, überhaupt abwikkeln zu können.
Bei dem zivilen Bevölkerungsschutz hat der Ausschuß die Ansicht vertreten, daß, da ja ein Gesetz über den zivilen Bevölkerungsschutz - sprich Luftschutz - nicht vorliegt, zunächst auf eine Reihe von Ansätzen für diesen Zweck zu verzichten und eine endgültige Stellungnahme erst für 1953/54 herauszuarbeiten sei.
Einen breiteren Raum bei den Beratungen hat der Bundesjugendplan eingenommen. Insbesondere hat der Ausschuß nach Unterrichtung durch den Jugendfürsorgeausschuß die Auffassung vertreten, daß in den Bundesjugendplan auch die sittlich gefährdeten Gebiete Rheinland-Pfalz, Berlin usw. einbezogen werden sollten und daß man die Erläuterungen zum Bundesjugendplan ändern müsse. Auch hier war mit Rücksicht darauf, daß es sich ganz allgemein um Betrachtungen für eine zurückliegende Zeit handelt, eine endgültige Regelung im Nachtragshaushalt nicht möglich. Wir müssen für 1953 mit allem Ernst auf diese Fragen zurückkommen.
Der Einzelplan VI enthält eine Reihe sogenannter Dispositionsfonds. Hier hat die Opposition im Ausschuß den Wunsch und die Bitte ausgesprochen, eine stärkere Trennung beispielsweise der Verfassungsschutzmittel nach dem Zweck der Verausgabung durchzuführen. Die Mehrheit hat allerdings beschlossen - was ich hier objektiv zu berichten habe -, daß zunächst entsprechend der Vorlage beschlossen werden soll.
Dann darf ich auf das Statistische Bundesamt hinweisen. Dieses ist ja in jedem Jahre erneut Gegenstand der Kritik. Die Kritik im Ausschuß hat sich weniger oder gar nicht gegen das Amt und seine Arbeit gerichtet, im Gegenteil, die Ausschußmitglieder waren der Meinung, daß die vom Statistischen Bundesamt angeforderten Mehrstellen tatsächlich gebraucht werden; sie waren der Auffassung, daß die Frage eigentlich darin bestände, dem Bundesamt für Statistik nicht mehr in dem Umfange, wie es bisher geschehen ist, neue Aufträge zuzuweisen. Wenn also hier ein Stopp bei den Stellenvermehrungen eintreten soll, dann geht das nur auf die Weise, daß man sich in der Zuteilung von Aufträgen Beschränkungen auferlegt. Das gilt sowohl für die Ressorts als auch für das Parlament.
Dann darf ich abschließend noch sagen, daß die wissenschaftlichen Forschungsmittel, die in den verschiedenen Einzelplänen vorhanden sind, besser koordiniert und zweckmäßiger zusammengefaßt bei einem Ministerium untergebracht sein werden. Es liegt dem Hause zu dieser Frage heute ein interfraktioneller Antrag vor, in dem das zum Ausdruck kommt, was der Ausschuß schon gefordert hat. Der Ausschuß ist der Meinung, daß mit einer Zusammenfassung der wissenschaftlichen Forschungsmittel Überschneidungen vermieden werden und ein besserer, zweckmäßiger Einsatz gewährleistet ist.
Was die Auswanderungsfragen betrifft, so glaubt der Ausschuß vorschlagen zu sollen, daß auch in
den Fragen der Auswanderung eine Koordinierung zweckmäßig ist. Es müssen Überlegungen angestellt werden auch in der Richtung, ob die für die Auswanderung nach Übersee aufgewendeten Mittel in Hinsicht auf den Erfolg vertretbar erscheinen. Das gilt insbesondere für die Auswanderung von Landwirten nach Übersee.
Meine Damen und Herren! Das waren im wesentlichen die Punkte, die bei den Beratungen zu einer Kritik herausgefordert haben. Im übrigen darf ich im Hinblick auf den großen Umfang dieses Einzelplans noch einmal auf den Mündlichen Bericht verweisen.
Ich darf das Hohe Haus bitten, die Anlage Nachtrag zum Einzelplan VI mit den aus der Anlage ersichtlichen Änderungen entsprechend der Vorlage anzunehmen.
Ich darf das Hohe Haus noch darauf hinweisen, daß unter Ziffer 2 des Mündlichen Berichts beantragt ist,
den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Jugendschrifttum
- hier wird auf die Drucksache Nr. 3629 Bezug genommen -durch die Beschlußfassung über den Nachtrag zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952 für erledigt zu erklären mit dem Zusatz, daß für 1953 zu prüfen ist, ob Mittel zu den von den beteiligten Ausschüssen gebilligten Zwecken aus Einzelplan VI - Haushalt des Bundesministeriums des Innern - bereitgestellt werden können.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Das Wort wird nicht gewünscht, auch nicht zur Begründung des Umdrucks Nr. 797, Änderungsantrag der Gruppe der KPD.
Ich komme zunächst zur Abstimmung über diesen Änderungsantrag. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der KPD zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist außer den Antragstellern niemand. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Einzelplan VI, Drucksache Nr. 4110. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich unterstelle, daß über den Antrag zu 2. erst in der dritten Beratung abgestimmt werden soll. Herr Abgeordneter Steinhörster, das ist offenbar vom Ausschuß so gemeint?
({0}) Dann rufe ich auf:
k) Einzelplan VII - Haushalt des Bundesministeriums der Justiz ({1}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Erler. Bitte schön!
Erler ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Zahlenwerk auch dieses Einzelplanes liegt Ihnen vor. Ich kann es mir ersparen, auf all die Anpassungen einzugehen, die sich durch den vermehrten
({3})
Geschäftsumfang des Ministeriums ergeben haben, durch die Umrechnung von Ansätzen, die im vorigen Haushalt nur für einige Monate enthalten waren und nun auf ein volles Jahr umgerechnet werden mußten, durch Preissteigerungen für Bücher und ähnliche Dinge. Das alles können Sie der Drucksache entnehmen.
Einige Punkte verdienen aber Ihre Aufmerksamkeit. Ich darf bei der Einnahme zunächst auf den Bundesanzeiger hinweisen. Der Absatz des Bundesanzeigers und auch das Anzeigengeschäft, vor allem durch die Bekanntmachungen, die in diesem Blatt erscheinen müssen, hat sich so erfreulich entwickelt, daß der Bundesanzeiger nicht unerhebliche Überschüsse bringt. In Kap. 1 Tit. 4 sind 260 000 DM für die Überlassung von Druck und Vertrieb des Bundesanzeigers mehr angesetzt worden, so daß dieser Titel jetzt eine Einnahme von 1 210 000 DM aufweist. Außerdem ist in Tit. 7 der Gewinn aus der 70 %igen Bundesbeteiligung am Bundesanzeiger auch noch einmal um 40 000 DM auf nun zusammen 100 000 DM erhöht worden.
Ein Kapitel, das uns früher häufig zu Mißvergnügen Anlaß gab, weil es trotz der Abwicklung der betreffenden Dienststellen nie richtig geschlossen werden konnte, finden Sie in diesem Haushaltsplan nicht mehr: das deutsche Obergericht und die Generalanwaltschaft sind weggefallen. Im neuen Haushaltsplan wird auch der Name nicht mehr erscheinen.
Bei Kap. 5, Patentamt, ist die gleiche Beobachtung wie im vergangenen Jahre zu machen. Der wachsende Umfang der Tätigkeit des Patentamts führte selbstverständlich zu einer erheblichen Steigerung der Einnahmen aus Gebühren und Strafen. Der Ansatz ist um über 2 Millionen DM gestiegen und erreicht jetzt über 17 Millionen DM. Der Mehransatz entfällt fast ausschließlich auf die Jahresgebühren für die eingeräumten Schutzrechte. Auch die Ansätze aus Veröffentlichungen haben sich erhöht. Ich darf Ihnen bei dieser Gelegenheit in Erinnerung rufen, daß das Patentamt mit einer ordentlichen Einnahme von 20 949 200 DM und einer Ausgabe von 201/2 Millionen DM einen Überschuß von rund 450 000 DM erzielt. der zum Teil die einmaligen Ausgaben von 680 000 DM deckt. Außerdem gibt es für das Patentamt allerdings noch im außerordentlichen Haushalt einige Ausgaben. Wenn aber die notwendigen Investitionen zur Erweiterung des Amtes beendet sind. ist das eine Bundesbehörde, die sich nicht nur trägt, sondern wahrscheinlich sogar einen bescheidenen Überschuß abwerfen dürfte.
Unter den anderen Ausgabetiteln sind es vor allem drei, mit denen wir uns kurz befassen müssen. Das eine ist der Tit. 36 im Kap. 1 des Haushalts des Bundesjustizministeriums, die Ausgaben für den Rechtsschutz. Sie sind um 400 000 DM geringer veranschlagt, weil in den westlichen Ländern erheblich weniger Fälle zu bearbeiten sind.
Weiter verdient der Tit. 39 einige Aufmerksamkeit. Der Titel findet sich neu in diesem Haushaltsplan. Darin sind zunächst einmal 30 000 DM zur Vorbereitung einer großen Strafrechtsreform für die Zeit vom 1. bis zum 31. März angesetzt. Der volle Jahresansatz würde künftig für diese Arbeit 100 000 DM betragen. An diesen Arbeiten ist das Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg beteiligt. Der Betrag wird im wesentlichen für Sachverständigenhonorare und für die Arbeit einer ständigen Kommission von
10 bis 12 Mitgliedern verwendet werden. Der Haushaltsausschuß ging ursprünglich von der Vorstellung aus, daß der Herr Justizminister es sich nicht nehmen lassen würde, bei der Beratung seines Plans hierzu dem Hause einige Ausführungen zu machen. Das Haus ist sicherlich daran interessiert, wie an diese große gesetzgeberische Arbeit auf lange Sicht jetzt schon herangegangen werden soll.
Bei Kap. 2 hat sich im Haushaltsausschuß eine Debatte über die haushaltsrechtliche Stellung des Bundesverfassungsgerichts ergeben. Es ist die Frage erörtert worden, ob dem Bundesverfassungsgericht nicht ein besonderer, unabhängiger Einzelplan, also nicht lediglich ein Kapitel im Haushalt des Bundesjustizministeriums, eingeräumt werden sollte. Der Haushaltsausschuß hat diese Frage für den jetzt vorliegenden Nachtrag noch nicht entschieden, sondern hat sich vorbehalten, bei der Beratung des ordentlichen Haushaltsplans für das Jahr 1953 auf diese Frage zurückzukommen.
Ich darf meinen Bericht mit diesen wenigen Hinweisen schließen und Sie im Auftrage des Haushaltsausschusses bitten, der Drucksache Nr. 4111 Ihre Zustimmung zu geben.
Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Haushaltsausschusses auf Drucksache Nr. 4111, den Herr Abgeordneter Erler, dem ich für seinen Bericht danke, vorgetragen hat. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der Drucksache Nr. 4111 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich komme zu:
1) Einzelplan VIII - Haushalt des Bundesministeriums der Finanzen ({0}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Brandt. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Brandt ({1}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter Berücksichtigung der Änderungen, die Ihnen der Haushaltsausschuß vorschlägt, treten im Nachtrag zum Haushalt des Bundesfinanzministeriums auf der Einnahmeseite 13,2 Millionen DM, auf der Ausgabenseite rund 200 Millionen DM hinzu. Dabei fallen, was die Erhöhung der Ausgaben angeht, drei Hauptposten ins Auge. Ein Betrag von 113 Millionen DM ergibt sich automatisch als Auswirkung des Finanzverwaltungsgesetzes, die Erhöhung um 43 Millionen DM ergibt sich aus dem Ausbau der Zollverwaltung, 38 Millionen DM ergeben sich aus dem Ausbau der Bundesvermögens- und Bundesbauverwaltung.
Im Haushaltsausschuß hat es längere Erörterungen insbesondere darüber gegeben, ob den Mehranforderungen von Planstellen im Ministerium selbst stattgegeben werden soll. Angefordert waren im Nachtrag 1952 80 weitere Planstellen für Beamte, 62 Stellen für nichtbeamtete Hilfskräfte und 19 Arbeiterstellen.
Der Bundesrat hatte erhebliche Bedenken dagegen geltend gemacht. Die Vertreter des Bundesfinanzministers haben vor dem Haushaltsausschuß dargelegt, daß etwa 50 % des Personals des Bundesfinanzministeriums mit Aufgaben betraut seien, die es früher beim Reichsfinanzministerium nicht
({2})
gegeben habe, daß insofern Vergleiche mit damals kein richtiges Bild gäben und daß bei den neuen Aufgaben nicht zuletzt auch die Aufgaben internationaler Art berücksichtigt werden müßten. Im Zusammenhang mit dem Anwachsen der Aufgaben im innerdeutschen Bereich ist das Wort von einer Verneunfachung der Aufgaben geprägt worden, die sich aus der Struktur der Finanzverwaltung ergeben habe. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich entschlossen, gegenüber den Mehranforderungen des Ministeriums eine gewisse Zurückhaltung zu üben, zumal es sich um einen Nachtrag handele. Die Mehrheit des Ausschusses ist der Meinung, daß diese Fragen gegebenenfalls beim neuen Haushalt 1953 noch einmal zu erörtern sein werden. 19 der angeforderten Planstellen sind, wie Sie aus den Änderungsvorschlägen in der Drucksache Nr. 4112 ersehen können, vom Haushaltsausschuß nicht gebilligt worden, 7 weitere Stellen sind mit einem kw-Vermerk versehen worden, da es sich um Aufgaben handelt, die vorübergehenden Charakter haben dürften.
Für die Zollverwaltung hatte das Ministerium 873 neue Planstellen und noch einige Stellen für nichtbeamtete Kräfte erbeten. Insgesamt war ein Nettozuwachs von 964 Bediensteten beim Zoll vorgesehen. Diese Erweiterung wurde wegen des Anwachsens des Außenhandels und des Reiseverkehrs, wegen der Umstellung auf das Wertzollsystem, vor allen Dingen auch wegen des Ausbaus der Schmuggelbekämpfung und der Devisenüberwachung für erforderlich gehalten. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß die sich aus dem Nachtrag ergebenden Vermehrungen zu bewilligen seien. Die Zollverwaltung wird nach dem durch den Nachtrag gegebenen neuen Stand ein Personal von etwa 38 000 Personen haben.
Die Mehrheit des Ausschusses hat sich auch auf den Standpunkt gestellt, daß der Erhöhung der Stellenzahl bei der Vermögens- und Bauverwaltung zugestimmt werden solle, während die Minderheit des Ausschusses der Meinung gewesen ist, daß man mit der Beratung über diese Veränderungen bis zum ordentlichen Haushalt 1953 hätte warten sollen. Es handelt sich bei der Vermögens- und Bauverwaltung um eine zusätzliche Anforderung von 438 Planstellen, von denen jedoch eigentlich nur 135 tatsächlich neue Stellen sind, weil 303 Angestellte in Planstellen übernommen werden. Der Personalbestand - an die 4000 - bei der Vermögens- und Bauverwaltung ergibt sich unter anderem daraus, daß eine Reihe neuer Aufgaben hinzugetreten sind. In diesem Zusammenhang mag erwähnt werden, daß sich die Regierung auch entschlossen hat, etwa 50 000 ha des Waldbesitzes des Bundes selbst zu bewirtschaften und lediglich den Splitterbesitz den Ländern zur Bewirtschaftung zu überlassen.
Zu Kap. 7 der fortdauernden Ausgaben - Hauptamt für Soforthilfe - darf ich auf die jetzt hergestellte gegenseitige Deckungsfähigkeit mit dem neuen Kap. 8 - Bundesausgleichsamt - aufmerksam machen, für das in den Änderungen zum Nachtrag 1952 93 Planstellen sowie die übrigen persönlichen und sachlichen Verwaltungsausgaben eingesetzt sind. Beim Bundesausgleichsamt ist die Frage aufgeworfen worden, ob dem Personal die Ministerialzulage zu gewähren sei. Dieser Vorschlag wurde wegen der umfassenden Weisungsrechte und wegen der Verwaltung -der großen Summen erörtert, um die es sich bei diesem Amt
handeln wird. Der Ausschuß schloß sich der Meinung der Regierung und des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung an, daß dem aus grundsätzlichen Erwägungen nicht entsprochen werden sollte, da die Ministerialzulage bisher ausnahmslos auf oberste Bundesbehörden beschränkt ist.
Beim Bundesausgleichsamt, Tit. 1 Kap. E 18, sind in den Erläuterungen - das ergibt sich allerdings nicht aus den gedruckt vorliegenden Änderungen - Berichtigungen vorgenommen worden. Es waren dort für Büroeinrichtungen und Büromobiliar Beträge angesetzt worden, die nicht nur weitaus zu hoch, sondern zum Teil auch falsch angesetzt waren. In zwei Fällen handelt es sich dabei um Rechenfehler, indem jeweils eine Dezimale eingesetzt worden war. Die notwendigen Korrekturen sind, wie gesagt, erfolgt.
Schließlich ist eine Neufassung des Kap. 9, Amt für Wertpapierbereinigung, erfolgt, wie auch aus der Drucksache zu ersehen ist. 13 Planstellen sind jetzt vorgesehen, die aus den wesentlich erweiterten Aufgaben des Amtes zu erklären sind. Der Ausschuß kam zu der Auffassung, daß die Mehranforderungen im Interesse einer ordnungsgemäßen Erledigung der großen Aufgaben gerechtfertigt seien, die sich vor allen Dingen aus der Bereinigung der deutschen Auslandsbonds ergeben.
Ich habe den Auftrag, Sie zu ersuchen, der Vorlage mit den vom Haushaltsausschuß in der Drucksache Nr. 4112 vorgeschlagenen Änderungen zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Haushaltsauschusses Drucksache Nr. 4112 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Meine Damen und Herren, der Herr Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums hat mich an sich gebeten, den Einzelplan IX erst aufzurufen, wenn er nach Schluß der Trauerfeier für Herrn Ministerialdirektor Graf anwesend sein kann. Legen Sie Wert darauf, daß der Herr Staatssekretär hier ist, oder können wir jetzt weitermachen und den Haushaltsplan aufrufen?
({0}) - Dann rufe ich auf:
m) Einzelplan IX - Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft ({1}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Vogel. Bitte!
Dr. Vogel ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einen Überblick über die wichtigsten Veränderungen der Ziffern im Rahmen des Nachtragshaushalts des Bundeswirtschaftsministeriums geben. Das Bundeswirtschaftsministerium verfügt jetzt, nachdem der Haushaltsausschuß 58 neue Beamtenplanstellen bewilligt hat, über 509 Beamte. Außerdem sind 74 neue Angestelltenstellen bewilligt worden. Das Ministerium verfügt jetzt über 734 Angestellte und 198 Arbeiter, insgesamt also über 1441 Beamte, Angestellte und Arbeiter. Davon sind 8,2 % Schwerbeschädigte. Die Zahl der be({3})
schäftigten Schwerbeschädigten hat in diesem Hause erfreulicherweise zugenommen.
Von den neuen Stellen, die uns zur Bewilligung vorgelegt worden waren, fielen besonders zwei neue Dirigentenstellen auf; eine B7a-Stelle für das öffentliche Auftragswesen und eine zweite Dirigentenstelle für die Handelsabteilung, die Abteilung V, wo die mit den OEEC-Ländern zusammenhängenden Fragen zu einem neuen Aufgabenbereich zusammengefaßt worden sind. Ferner sind nicht weniger als 5 Ministerialratsstellen, 11 Oberregierungsratsstellen und 16 Regierungsratsstellen angefordert worden.
Wir haben uns im Haushaltsausschuß - obwohl einige etwas weitergehende Anträge vorlagen - entschlossen, nur fünf Stellen von dieser Anforderung zu streichen, weil wir die Notwendigkeit der Stellenvermehrung einsehen mußten. Es liegen eine ganze Reihe außerordentlich wichtiger Aufgaben vor, die zum Teil auf dringenden Wünschen dieses Hauses beruhen. So darf ich Sie vor allem darauf verweisen, daß die Unterabteilungen „Handwerk" und „Handel" auf Grund von Vorstellungen aus diesem Hause eine Vermehrung erfahren haben, die, glaube ich, den Wünschen des Hauses entspricht. Ferner ergaben sich nicht weniger als zehn neue Stellen allein bei der Schaffung des Verteidigungsgeneralreferats und eine ganze Reihe weiterer Stellen vor allen Dingen bei der handelspolitischen Abteilung. Ich darf Sie allerdings in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, daß es gerade in diesem Ministerium bei den Sachreferaten, z. B. beim Referat Chemie, Riesenreferate gibt, die nicht weniger als 19 Stellen allein in einem einzigen Referat umfassen. Ferner darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß nach dem jetzt vollzogenen notwendigen Aufbau der handelspolitischen Abteilung dort allein weit über 200 Stellen ausgebracht sind, deren Notwendigkeit nicht bestritten werden kann.
Bei der Debatte über diese Stellenneuanforderungen wurde vor allen Dingen auch von seiten des Ausschusses auf die Notwendigkeit einer besseren Vorsorge für den Nachwuchs hingewiesen. Unbestreitbar wird nicht nur das Bundeswirtschaftsministerium, sondern werden auch andere Stellen, in erster Linie das Bundesfinanzministerium und das Auswärtige Amt, in den nächsten zwei, drei, vier Jahren einen erheblichen Nachwuchsbedarf für die neugegründeten supranationalen Behörden haben, und wenn wir Wert darauf legen - und das ist auch die übereinstimmende Meinung des Haushaltsausschusses -, dort angemessen und durch gute Fachkräfte vertreten zu werden, wird rechtzeitig dafür Vorsorge getroffen werden müssen.
Was die Einzelfragen in Einnahmen und Ausgaben betrifft, so darf ich Sie darauf hinweisen, daß eine der früheren Haupteinnahmequellen dieses Ministeriums, die laufenden Einnahmen aus dem Zentralbüro für Mineralöl, jetzt zum Erliegen gekommen ist. Daraus resultiert auch, daß der Zuschuß für dieses Ministerium auf 126,5 Millionen DM angestiegen ist. Auf der anderen Seite sind so große Posten wie z. „B. der neu in Erscheinung tretende Posten von 150 Millionen im außerordentlichen Haushalt für die Finanzierung von Rohstoffeinlagerungen in Berlin nur als durchlaufender Posten zu bewerten.
Ein besonders interessantes Kapitel bei der Debatte über den außerordentlichen Haushalt waren
die dort ausgewiesenen Beträge betreffend die StEG. Und zwar handelt es sich bei den Einnahmeposten des außerordentlichen Haushalts, den Titeln 1 bis 3, um Verkaufserlöse der Staatlichen Erfassungsgesellschaft für öffentliches Gut ({4}), Rückzahlungen von StEG-Darlehen und Zinseinnahmen von StEG-Darlehen. Auf den einmütigen Wunsch des Haushaltsausschusses hat das Bundesfinanzministerium zugesagt, hierüber möglichst bald eine umfassende Darstellung, ich möchte sagen, eine Art Bilanz des bisherigen Ergebnisses vorzulegen. Bei dieser Gelegenheit wurde bekanntgegeben; daß noch ein sehr großer Posten von 23 Millionen an Zollrücklagen vorhanden ist, wovon 11 Millionen bereits ausgezahlt worden sind, daß allerdings um diesen Posten, wie wohl üblich, ein heftiger Streit zwischen Bund und Ländern entstanden ist. Bei der gleichen Gelegenheit ist auch auf die außerordentlichen Verluste hingewiesen worden, die rein haushaltsmäßig dadurch entstanden sind, daß 250 Millionen der ersten und wichtigsten Verkaufserlöse aus den StEG-Vorräten in die Zeit vor der Währungsreform gefallen und infolgedessen hier praktisch wertlos geworden sind. Dieses Kapitel gewinnt aber insofern eine besondere Bedeutung auch für den außerordentlichen Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums, als in den Londoner Schuldenverhandlungen von der amerikanischen Seite auf die Rückzahlung der sehr erheblichen Summen aus den StEG-Verkäufen gedrungen wird. Dieses Problem wird also das Hohe Haus in Zukunft noch ernstlich beschäftigen müssen.
Das sind im großen und ganzen die Bemerkungen, die zu diesem Haushalt von seiten des Haushaltsausschusses zu machen sind. Ich empfehle Ihnen den Antrag auf Drucksache Nr. 4113 auf Grund des Beschlusses des Haushaltsausschusses zur Annahme.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß Sie leider wegen der Entschließung bemühen, die in der Drucksache Ihnen zur Annahme empfohlen wird, nämlich den interfraktionellen Antrag Drucksache Nr. 3414 für erledigt zu erklären. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß es sich um einen Antrag auf einen Ausnahmetarif für Kohle nach Ostbayern handelt. Sie können verstehen, daß ich von diesem Antrag nicht begeistert bin, wenn ich von der Bundesbahn ausgehe. Aber ich bin der Meinung, daß für die ostbayerischen Gebiete unter allen Umständen etwas geschehen muß. Es wird gar nicht lange dauern, bis Sie in dieser Angelegenheit in größerem Umfange bemüht werden. Es dreht sich in erster Linie um Oberfranken, wo eine außerordentliche wirtschaftliche Umschichtung im Gange ist, die den meisten Leuten bisher verborgen geblieben ist.
Nun liegen die Dinge so, daß sich der Verkehrsausschuß für den Antrag ausgesprochen, aber die Bundesbahn gebeten hat, zu prüfen, ob sie in der Lage ist, den Ausnahmetarif zu akzeptieren, daß der Haushaltsausschuß beantragt hat, die Sache wegen der Konsequenzen abzulehnen, daß sich der Wirtschaftspolitische Ausschuß, dem die Angelegenheit auch zugewiesen war, aber überhaupt noch nicht geäußert hat. Infolgedessen ist die Angelegenheit nicht reif zur Beschlußfassung. Ich beantrage Zurückverweisung des Antrags Drucksache Nr. 3414
({0})
an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß. Denn da er ihm zugewiesen ist, muß er sich auch damit beschäftigen.
Meine Damen und Herren, sind Sie mit der Rückverweisung dieses Antrags Drucksache Nr. 3414 - an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß, Herr Abgeordneter Wellhausen, oder auch an den Haushaltsausschuß?
({0})
- an den Haushaltsausschuß als den federführenden Ausschuß und zur Mitberatung an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß einverstanden? - Keine Bedenken. Dann ist die Ziffer 2 des Ausschußantrags Drucksache Nr. 4113 durch Rückverweisung des Antrags Drucksache Nr. 3414 an die Ausschüsse erledigt.
Es liegt vor ein Änderungsantrag der Gruppe der KPD, Umdruck Nr. 798. Herr Abgeordneter Kohl? Keine Begründung? - Ach so, Sie wollten nur dafür stimmen; das wollte ich gerade fragen. Wer ist für den Antrag? - Das ist außer den Antragstellern niemand. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 4113 zum Einzelplan IX. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, ihre Hand zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? Das erste war die Mehrheit.
({1})
- Das war jedem im Hause hoffentlich klar, nachdem die Ziffer 2 erledigt war. - Angenommen.
Ich rufe auf:
n) Einzelplan X - Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({2}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Brese. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Brese ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Nachtrag zum Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten weist einen Einnahmeüberschuß in Höhe von 109,9 Millionen DM aus, der durch Mehreinnahmen entstanden ist. Durch die Beschlüsse des Haushaltsausschusses, die Sie in der Drucksache Nr. 4114 finden, ist dieser Einnahmeüberschuß auf 106,5 Millionen DM reduziert worden. Im besonderen ist diese Verminderung durch den Beschluß der Subventionen für den Hanf- und Flachsanbau hervorgerufen. Sie wissen, daß wir im Bundestag den Beschluß gefaßt haben, den Hanf- und Flachsanbau zu subventionieren; der Betrag von 3.8 Millionen DM ist dafür in Ansatz gebracht worden.
Die Stellenvermehrungen für Beamte und Angestellte sind nach eingehenden Beratungen, in denen das Für und Wider der Notwendigkeiten geprüft worden ist, sämtlich vom Haushaltsausschuß genehmigt worden, da das Ministerium eine Reihe neuer Aufgaben übernommen hat; ich denke da insbesondere an das Tabakforschungsinstitut in Forchheim.
Ein Wort möchte ich noch zu der Dienststelle für Sonderverpflegung in Hamburg - jetzt ist es die Dienststelle für besondere Verpflegungsaufgaben in Frankfurt am Main - sagen. Die Verhandlungen über diese Dienststelle haben in der Haushaltsberatung einen besonders großen Raum eingenommen. Das Für und Wider ist eingehend erörtert worden. Die Vertreter des Ministeriums haben zugesagt, daß diese Dienststelle nach Erledigung der Aufgaben so bald wie möglich aufgelöst werden soll und daß dann etwa anfallende neue Aufgaben vom Ministerium selbst übernommen werden sollen. Der Ausschuß hat die Vertreter noch besonders gebeten, möglichst bald für die Aufhebung dieser Stelle zu sorgen.
Das ist in aller Kürze ein Bericht über unsere Verhandlungen im Haushaltsausschuß. Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, dem Antrag des Haushaltsausschusses, wie Sie ihn in der Drucksache Nr. 4114 finden, zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich schlage Ihnen vor, meine Damen und Herren, daß wir die Abstimmung zu Ziffer 2 des Ausschußantrags in der dritten Beratung vornehmen. Zu Ziffer 1 des Antrags liegen keine Wortmeldungen vor.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Haushaltsausschusses zu Einzelplan X Drucksache Nr. 4114 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Einzelplan X ist in zweiter Beratung angenommen.
Ich rufe auf:
o) Einzelplan XI - Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit ({0}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Arndgen. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Arndgen ({1}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das wesentlichste Änderungsmerkmal des Nachtragshaushalts gegenüber dem ordentlichen Haushalt des Einzelplans XI ist eine Vermehrung der Planstellen um 44 Beamten-, 12 Angestellten- und 8 Arbeiterstellen. Diese Vermehrung der Planstellen war notwendig, weil erstens beim Bundesarbeitsministerium ein Nachholbedarf vorlag und zweitens die gesetzgeberischen Aufgaben in diesem Ministerium noch derartig groß sind, daß diese Arbeiten mit den bisherigen Kräften nicht erledigt werden konnten.
Ich halte es für notwendig, noch ganz kurz auf eine Entschließung einzugehen, die das Hohe Haus in seiner 225. Sitzung am 17. Juli 1952 gefaßt hat, in der die Bundesregierung ersucht wurde, mit Rücksicht auf die Errichtung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung eine Überprüfung bezüglich der Möglichkeit des Abbaus von Personal beim Bundesministerium für Arbeit vorzunehmen und über das Prüfungsergebnis dem Haushaltsausschuß Bericht zu erstatten. Diese Überprüfung ist durch das Bundesarbeitsministerium vorgenommen und dem Haushaltsausschuß darüber Bericht erstattet worden. Aus diesem Bericht ist ersichtlich, daß trotz der Errichtung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung die Kräfte, die
({2})
bisher in der Abteilung II dieses Ministeriums tätig waren, auch künftig benötigt werden. Der Haushaltsausschuß war mit diesem Bericht einverstanden. Ich glaube, daß mit diesem Bericht auch die Entschließung, die dieses Haus im vergangenen Jahr gefaßt hat, als erledigt betrachtet werden kann.
Ich habe daher die Ehre und den Auftrag, das Hohe Haus zu bitten, gemäß dem Antrag Drucksache Nr. 4115 dem Einzelplan XI in der vorliegenden Fassung zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 4115 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Haushalt ist angenommen.
Ich rufe auf:
p) Einzelplan XII - Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr ({0}); in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({1}) über den Antrag der Abgeordneten Leonhard, Frau Schanzenbach, Stahl, Neuburger, Morgenthaler und Genossen betreffend Weiterbau der Autobahn von Karlsruhe-Ettlingen bis zur Schweizer Grenze ({2});
q) Einzelplan XIII - Haushalt des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen ({3}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Bärsch.
Dr. Bärsch ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan XII - Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr - weist im Nachtrag eine Einnahmeerhöhung von 466 000 DM und eine Ausgabenerhöhung von 120 '782 000 DM aus, so daß wir es mit einer Netto-Mehrausgabe von 120 316 000 DM zu tun haben. Die Ausgabenvermehrung beschränkt sich im wesentlichen auf die Kap. 1, den eigentlichen Ministerialhaushalt, Kap. 2, die Binnenwasserstraßenverwaltung, Kap. 4, die Seewasserstraßenverwaltung, Kap. 12, die Bundesfernverkehrsstraßen, und ein neu hinzugekommenes Kap. 15, Flugsicherung.
Im eigentlichen Ministerialhaushalt, Kap. 1, ist gegenüber dem Wiederholungshaushalt von 1952 ein Zugang von 44 Beamtenstellen vorhanden. Diese Mehranforderung von Planstellen wird mit dem Aufbau einer neuen Abteilung, der Abteilung für Luftfahrt, und mit vermehrtem Arbeitsanfall bei verschiedenen anderen Abteilungen, aber auch den nachgeordneten Behörden und Mittelinstanzen des Ministeriums, begründet.
In Kap. E 11 Tit. 14 - ebenfalls neu - ist eine Summe von 340 000 DM für Aufklärungs- und Erziehungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Verkehrsunfälle eingestellt worden. Im Außerordentlichen Haushalt, Kap. E 11 Tit. 6 sind 3 Millionen DM als Beteiligung und Darlehen an verschiedenen Verkehrsflughäfen im Bundesgebiet vorgesehen. Damit soll Sorge dafür getragen werden, daß der Aufbau und Ausbau von Verkehrsflughäfen nicht ausschließlich nach lokalpolitischen Gesichtspunkten erfolgt, sondern auch die Interessen des Bundes dabei gebührend zur Geltung gebracht werden können.
Kap. E II Tit. 12 weist weitere zusätzliche 30 Millionen DM als Darlehen an die Bundesbahn zur Ausbesserung und Erneuerung von Anlagen und rollendem Material aus. Hierüber gab es im Ausschuß eine längere Debatte, die sich mit der Problematik dieser Zuschüsse an die Bundesbahn befaßte. Der Ausschuß kam schließlich einmütig zu der Überzeugung, daß man die Bundesregierung auffordern sollte, mit dem Haushalt 1953 dem Ausschuß für die Beratungen die notwendigen Unterlagen vorzulegen, damit diese ganze Frage einmal eingehender studiert und geprüft werden kann. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr beanstandet, entgegen dem Votum des Verwaltungsrats die Bundesanstalt für Güterfernverkehr nicht nach Frankfurt, sondern nach Köln zu legen.
In Kap. E 11 Tit. 13, der auch neu ist, finden sich erstmalig 8,7 Millionen DM für den Wiederaufbau der deutschen Zivilluftfahrt. Davon sind zunächst noch 8 Millionen DM gesperrt. Allerseits wurde anerkannt, daß mit dem Aufbau der Zivilluftfahrt so bald wie möglich begonnen werden sollte, einmal um Devisenersparnisse zu erreichen, zum andern, um geeignete Voraussetzungen für eine Exportförderung zu schaffen. Zweifellos wird für den Aufbau dieser Luftfahrt noch erhebliches Kapital notwendig sein. Wie man überschlagen hat, wird sich die Endsumme auf etwa 150 Millionen DM beziffern. Man gedenkt dieses Kapital einmal durch die Beteiligung privater Firmen und zum andern durch die Aufnahme einer Auslandsanleihe aufzubringen. Wenn hier zunächst auch keine Erträge erwirtschaftet werden können, ist man doch davon überzeugt, daß diese Zivilluftfahrt über kurz oder lang rentabel sein wird. Es wurde bei dieser Gelegenheit auch Bezug genommen auf einen Abschlußbericht des Vorbereitungsausschusses für Luftverkehr, in dem in außerordentlich unglücklicher Weise die Entwicklung des Luftverkehrs in den Jahren der Hitlerzeit dargestellt worden war. Der Ausschuß wies diese Darstellung energisch zurück, und der Bundesverkehrsminister hat seinerseits diesen Teil des Ausschußberichtes mit Bedauern zurückgenommen.
Bei Kap. 2 Tit. 31 kam es zu einer ausgedehnteren Aussprache in Anwesenheit und unter Anteilnahme des Berliner Verkehrssenators über die Frage der ehemaligen Reichswasserstraßen im Gebiet der Stadt Berlin. Diese Reichswasserstraßen im Gebiet der Stadt Berlin sind bisher mit Bundesmitteln nicht versehen worden. Der Berliner Senator forderte eine Summe von 5,6 Millionen DM. Der Ausschuß hat sich entschlossen, die Regierung zu ersuchen, für den Haushalt 1953 einen entsprechenden Vorschlag zu machen.
Im außerordentlichen Haushalt Kap. E 12 Tit. 34 ist eine Mehrsumme von 2,9 Millionen DM für den Ausbau . des Dortmund-Ems-Kanals eingestellt worden.
Im Extraordinarium - Kap. E 14 Tit. 30 - wurden die Ausgaben für den Ausbau des Sperrworks in der Leda um 1,6 Millionen DM erhöht.
Im Tit. 30 wurden 1,1 Millionen für den Wiederaufbau der Insel Helgoland, insbesondere zunächst für den Aufbau der Wasserbau- und Seezeichenanlagen, ausgebracht.
({5})
Kap. 12 Tit. 31, Unterhaltung und Ausbau der Bundesstraßen. Auch hier eine Erhöhung um nahezu 4 Millionen auf 117 Millionen.
Tit. 33, Bundesautobahnen, ebenfalls eine Erhöhung um 3 192 000 DM auf 24 833 000 DM.
Der Tit. 37 ist neu. Hier wurden 2 Millionen ausgebracht für Verbesserungen bei höhengleichen Kreuzungen von Bundesbahn und Bundesstraßen, um der Vielzahl von Verkehrsunfällen, die sich in den letzten Jahren durch unzureichende Sicherung dieser Bahn-Straßen-Übergänge ereignet haben, in Zukunft vorzubeugen.
Im Extraordinarium Kap. E 22 Tit. 1 finden wir dann für die Beseitigung von Kriegsschäden an Bundesfernverkehrsstraßen und Bundesautobahnen eine Erhöhung des bisherigen Titels um 5 380 000 DM auf 46 807 000 DM.
Im Tit. 3 sind 22 neue Bauvorhaben sowohl an Bundesstraßen als auch an Bundesautobahnen mit einem Mehraufwand von 36 Millionen DM aufgeführt.
Der Ausschuß hat sich auch mit den Bauvorhaben an den Bundesfernverkehrsstraßen und Autobahnen eingehend befaßt und ist zu der Überzeugung gelangt, daß das Bundesministerium versuchen sollte, hier in Zukunft etwas systematischer zu planen, als das offenbar bisher geschehen ist. Vor allem erscheint es dem Ausschuß erwägenswert, die Mittel statt auf eine Vielzahl neuer Bauvorhaben zu verteilen, deren Fertigstellung dadurch wesentlich längere Zeiträume erfordert, eher auf eine geringere Zahl von Vorhaben zu konzentrieren, diese aber dadurch in einem kürzeren Zeitraum fertigzustellen.
Kap. 14, Deutscher Wetterdienst. Auch da wurde eine erhebliche Änderung insofern vorgenommen, als die bisherigen Verfügungssummen durch eine reguläre titelmäßige Etatisierung dieses Deutschen Wetterdienstes ersetzt worden sind. Außerdem mußte hier eine Erhöhung der Mittel vorgenommen werden, weil durch das Gesetz über den Deutschen Wetterdienst vom 11. November 1952 nunmehr rückwirkend ab 1. April 1952 der gesamte Zuschuß für diesen Wetterdienst vom Bund übernommen worden ist, während der Bund früher nur 71 % des erforderlichen Zuschusses getragen hat.
Schließlich Kap. 15, Flugsicherung, das im Nachtrag vollkommen neu ist. Es handelt sich hierbei um die Übernahme des Flugsicherungsdienstes durch den Bund bei gleichzeitiger Übernahme der bereits von den Alliierten aufgebauten Organisationen. Diese Übernahme muß gemäß Generalvertrag bis zum 31. März erfolgt sein. Es war infolgedessen notwendig, schon im Nachtragshaushalt die erforderlichen Mittel einzustellen. Zunächst geht es um einen Jahresbedarf von 14,8 Millionen DM. Diese Summe soll dazu. dienen, eine Bundesanstalt für Flugsicherung und weitere Nebenstellen mit dem notwendigen Personal auszustatten. Die Aufgaben dieser Flugsicherung sind sehr vielfältig: Verkehrskontrolle und Bewegungslenkung auf den Flughäfen, Flugberatung, Betrieb von Funknavigationsanlagen, Funkfernsprech-, Fernschreibübermittlungsdienst und andere.
Das Kapitel Flugsicherung weist eine Stellenbesetzung von 44 Beamten, 621 Angestellten und 50 Arbeitern auf. Die Regierung hatte im Nachtragshaushalt 46 Beamte beantragt. Der Haushaltsausschuß hat zwei Stellen gestrichen, und zwar eine A 2 c 2 -, Regierungsbauratstelle und eine A 4 b 1 -, Regierungsoberinspektorstelle.
Ich darf Ihnen im Auftrag des Ausschusses empfehlen, den Einzelplan XII, Drucksache Nr. 4116, mit den durch den Ausschuß vorgenommenen Änderungen anzunehmen, und darf anschließend weiter empfehlen, den Einzelplan XIII, Haushalt des Bundesministeriums für das Post-und Fernmeldewesen, Drucksache Nr. 4117, unverändert anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für die Berichterstattung über die Einzelpläne XII und XIII. Ich schlage Ihnen auch hier vor, über die Ziffern 2, 3 und 4 des Antrags des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 4116 sowie über den Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 4167 in der dritten Beratung abzustimmen.
Es liegt ein Änderungsantrag der Gruppe der KP Umdruck Nr. 799 vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 4116 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Einzelplan XII ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses zum Haushalt des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen Drucksache Nr. 4117 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; auch dieser Haushalt ist angenommen.
Ich rufe auf
r) Einzelplan XIV - Haushalt des Bundesministeriums für Wohnungsbau ({0}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Hoffmann ({1}). Bitte!
Hoffmann ({2}) ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Nachtrag zum Haushalt des Bundesministeriums für Wohnungsbau, Einzelplan XIV, hat der Ausschuß mit den Änderungen angenommen, wie sie aus dem Mündlichen Bericht Drucksache Nr. 4118 hervorgehen, auf den ich verweise. Zu diesen Änderungen ist besonders hinsichtlich der Tit. 33 und 34 zu bemerken, daß hier die sogenannten Bindungsermächtigungen aufgenommen worden sind, die dem Ministerium die Möglichkeit geben sollen, schon jetzt in entsprechende Planungen einzutreten.
Darüber hinaus ist zu dem Einzelplan selbst folgendes zu bemerken. Der Ausschuß hat sich sehr eingehend mit der Stellenvermehrung, d. h. der Anforderung von 20 Stellen, und einzelnen Stellenhebungen befaßt und diese ohne Änderung genehmigt, weil er der Begründung des Ministeriums zustimmte, daß die Bedeutung der Aufgaben die Stellenhebung rechtfertige und das Ministerium durch den Zuwachs neuer Aufgaben seit zwei Jahren nicht mehr die Gelegenheit gehabt habe, die Stellen entsprechend ihrer Bedeutung zu bewerten. Insbesondere ist es noch zu einer Erörterung über die Frage der Förderung von Eigenheimbauten gekommen. Hier hat die Opposition die Auffassung vertreten, den ausgebrachten Tit. 40, der durch Abspaltung des Tit. 33 entstanden ist, zu
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streichen und die alte Fassung des Tit. 33 wiederherzustellen. Diese Auffassung wurde damit begründet, daß man evtl. mit der Einrichtung des Tit. 40 ein Präjudiz schaffe vor Verabschiedung der Novelle zum Wohnungsbaugesetz. Auch der Bundesrat hat sich für eine solche Regelung ausgesprochen. Die Mehrheit des Ausschusses glaubte jedoch, diesem Argument nicht zustimmen zu können, und hat daher beschlossen, es bei der Vorlage der Bundesregierung zu belassen.
Bemerkenswert ist noch die Erhöhung der Mittel für den Bergarbeiterwohnungsbau, die im Nachtrag 135 250 000 DM ausmacht, so daß sich der Gesamtbetrag auf 204 Millionen DM erhöht. Für Grundsteuerbeihilfen und sonstige Förderung des sozialen Wohnungsbaus durch Beteiligung an wohnungswirtschaftlichen Unternehmen werden ebenfalls Mittel zur Verfügung gestellt. Weitere Mittel in beträchtlicher Höhe zur Förderung des Wohnungsbaues bzw. zur Erhaltung von Wohngebäuden befinden sich im außerordentlichen Haushalt.
Durch diese zusätzlichen Beträge schließt der Nachtrag ab mit einem Zuschußbedarf in Höhe vom 214 346 000 DM. Im Auftrag des Ausschusses bitte ich das Hohe Haus um Annahme dieses Einzelplans.
Herr Abgeordneter Dr. Bertram, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn auch grundsätzlich beschlossen worden ist, zu den Einzelplänen heute nicht in eine Debatte einzutreten, so liegt doch beim Wohnungsbauministerium insofern ein Sonderfall vor, als hier eine grundsätzliche Umkehr in der Wohnungsbaufinanzierung alsbald beschlossen werden muß. Es ist nicht erträglich, daß die Wohnungsbaufinanzierung noch länger in der bisherigen Weise durchgeführt wird. Was wir auf dem Gebiet der Wohnungsbaufinanzierung sehen, ist nichts anderes als ein sozialistisches Experiment größten Ausmaßes,
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ein Experiment, das in eine Marktwirtschaft gar nicht hineinpaßt. Daß das richtig ist und daß die Finanzierungsart des Wohnungsbauministeriums dazu führt, daß bei weitem der größte Teil des hier neu geschaffenen Eigentums in der Hand weniger großer Wohnungsbauunternehmungen zusammengefaßt ist, ergibt ja die Statistik. Während vor dem Kriege 47,1 % Wohnungen in der Hand von Einzeleigentümern waren, werden heute nur 14,7 % Eigentumswohnungen gebaut. Das ist ein außerordentlich gefährliches Zeichen, und es beweist die Richtigkeit meiner Behauptung, daß wir es im Wohnungsbauministerium mit einem sozialistischen Einschiebsel in einer sonst marktwirtschaftlich orientierten Regierungspolitik zu tun haben.
({1})
- Ich wollte gerade darauf kommen, Herr Kollege Wuermeling. Ich wollte darauf hinweisen, daß im Lande Nordrhein-Westfalen dieser Weg schon seit einiger Zeit verlassen worden ist.
({2})
Das Ziel meiner heutigen Ausführungen ist, anzuregen, daß auch das Bundeswohnungsbauministerium endlich umdenkt und, dem Vorbild des Landes Nordrhein-Westfalen folgend, eine ähnliche Politik auch für den Bund durchführt. Daß die jetzige Politik zu außerordentlichen Gefahren führt, darüber sind wir uns ja weitgehend einig. Wir wissen, daß die Kleinstwohnungen bevorzugt werden; wir wissen, daß die Häuserblocks bevorzugt werden und daß es Wohnungsunternehmungen mit Wohnungsbeständen von 60- bis 70 000 Wohnungen in einer einzigen Unternehmung gibt. Ebenso ist bekannt, daß das bisherige Finanzierungssystem dazu führt, daß langsam aus Steuergeldern Eigentum auf diese Wohnungsunternehmungen übertragen wird. Wir können die Entwicklung auf diesem Gebiete so nicht weiter dulden; denn es kommt nicht nur darauf an, daß Wohnungen gebaut werden, sondern ebensosehr darauf, daß eine möglichst große Anzahl unserer Bürger Eigentum gewinnen; und diese Übertragung von Einzeleigentum und die Bildung von Einzeleigentum ist am ehesten im Wohnungsbau möglich. Meine Damen und Herren, gerade nachdem der Presseempfang, den gestern Herr Minister Neumayer gegeben hat, erneut eine Verteidigung der in meinen Augen fehlerhaften Kapitalmarktpolitik ergeben hat, ist es erforderlich, daß der Bundestag sich darüber klarwird, wie in Zukunft der Weg der Finanzierung gehen soll, ob der bisherige Weg weiter gegangen oder der Weg der Mietsubventionen und der Zinszuschüsse eingeschlagen werden soll.
({3}) - Das ist eine Sonderfrage. Hier hat ja gerade ein Land ein gutes Beispiel gegeben, und dieses gute Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen ist vom Bundeswohnungsbauministerium in der gestrigen Pressekonferenz nicht als beispielhaft angesehen worden, sondern man hat erklärt, daß die Kapital-hergabe der bessere Weg sei. Deshalb ist es meiner Ansicht nach erforderlich, daß der Bundestag sich darüber schlüssig wird, in welcher Weise der Wohnungsbau vorwärtsgetrieben werden soll. Es ist klar, daß gesetzliche Regelungen getroffen werden müssen. Sie werden j a auch schon in dem einschlägigen Ausschuß beraten. Aber eine entsprechende Meinungsäußerung des Bundestags dürfte das Wohnungsbauministerium veranlassen, seine Stellungnahme zu revidieren und damit dem Gedanken der Eigentumsbildung auf breitester Basis mehr Rechnung zu tragen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, daß die Debatte zu Ausführungen führte, wie sie soeben der Herr Kollege Bertram machte. Ich weiß nicht recht, ob es gut ist, wenn hier ein Sprecher auftritt, der sich offenbar nicht genügend informiert hat. Denn würde der Herr Kollege Bertram die Arbeit im Wiederaufbauausschuß kennen, die Beratungen, die zur Wohnungsbaunovelle, zum SPD-Initiativantrag und zu einem Gesetzentwurf, der von der CDU/CSU mit dem besonderen Anliegen einer starken Förderung von Eigentumswohnungen eingebracht worden ist, zur Zeit stattfinden, dann könnte er derartige Ausführungen hier nicht machen.
({0})
Er hätte sich zunächst einmal informieren müssen,
und dann wäre ihm aufgefallen - auch wenn er
nur die Berichte über die Plenardebatten gelesen
hätte -, daß in diesem Hause Einmütigkeit darüber besteht, daß alles geschehen muß, um dem
Eigentumsgedanken vor allen Dingen im Wohnungsbau mehr als bisher Gewicht zu verschaffen.
({1})
({2})
Und wenn er schon sachlich schlecht informiert ist, - was hat es denn für einen Sinn und wohin sollen wir denn kommen, wenn auf diesem Aufgabengebiet, zu dem in diesem Hause im wesentlichen immer einmütige Auffassungen vertreten wurden, auch noch Schlagworte wie „Sozialisierung des Wohnungsbaues" und Verdächtigungen gegenüber dem Wohnungsbauministerium vorgebracht werden?! Für wen werden eigentlich solche Ausführungen gemacht? Wir sollten uns doch weiß Gott davor hüten, nun an Stelle der Tatsachen, ihrer Erkennung und ihrer Wertung die Phrase zu setzen.
({3})
- Es ist eine Phrase, verehrte Anwesende, wenn man die Tätigkeit des Wohnungsbauministeriums zudem noch unter Herrn Neumayer sozialistischer Experimentierabsichten verdächtigt. Wir stehen auf dem Gebiet des Wohnungsbaues nach wie vor vor der Notwendigkeit, gemeinsam an die Aufgaben heranzugehen, und das kann nur nach sachlicher Prüfung der Fakten geschehen. Die Zahlen, die Herr Kollege Bertram nannte, sind gelegentlich in der Öffentlichkeit in ähnlicher Weise dargelegt worden. Sie haben einer sachlichen Nachprüfung nicht standgehalten. Ich betone dabei noch einmal, daß die Tendenz in diesem Hause Allgemeingut ist, alles zu tun, was möglich ist, um die Schaffung von Eigentumswohnungen nach wie vor zu fördern.
({4})
- Herr Kollege Wuermeling, „meine Baugenossenschaften"? Ich bin selbst kein Mitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft, und Sie können auch nicht der SPD unterstellen, daß sie in allem und jedem und bei jeder Frage sich identifiziert mit dem Streben dieser oder jener Wohnungsbaugenossenschaft.
({5})
Aber eine Tatsache kann nicht geleugnet werden: ohne die Wohnungsbaugenossenschaften hätten wir bei weitem nicht so viele Wohnungen, und sie haben ein Verdienst, das anerkannt werden muß.
({6})
Nebenbei bemerkt ist zwischen Wohnungsbaugenossenschaft und Wohnungsbaugenossenschaft ein Unterschied. In den verschiedenen Orten gibt es auch hierin verschiedene Tendenzen. Wir sollten allen Anlaß nehmen, den Willen, mitzuhelfen, unserer größten Not zu begegnen, durch keine oberflächlichen Werturteile zu schwächen. Wir haben in den Novellen, die zur Zeit zur Beratung stehen, eine Reihe von Wegen aufgezeigt, und wir sprechen zur Zeit im Ausschuß über die Einzelheiten, die durchaus dem Anliegen des Herrn Kollegen Bertram Rechnung tragen. Es scheint uns aber nicht richtig zu sein, hier nach irgendeiner Seite hin zu diffamieren. Vor allen Dingen sollten wir darauf verzichten, uns mit Phrasen zu einem Thema zu äußern, das viel zu ernst ist, um von uns nicht in jeder Weise sachlich aufgegriffen und gelöst au werden.
({7})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wohnungsbau.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Dr. B er t r am hat in zwei Punkten das Wohnungsbauministerium angegriffen. Er hat zunächst betont, die Wirtschaftlichkeit des Wohnungsbaues müsse wiederhergestellt werden. In meinen Ausführungen, die ich zu der Novelle zum Ersten Wohnungsbaugesetz gemacht habe, habe ich ausdrücklich erklärt, es müsse natürlich das Ziel jedes Wohnungsbauministers sein, die Wirtschaftlichkeit des Wohnungsbaues wiederherzustellen. Diese völlige Umschwenkung kann natürlich nicht von heute auf morgen erfolgen. Ich bin mir auch darüber im klaren, daß man allmählich daran denken muß, in irgendeiner Form, sei es durch Mietsubventionen, die an Stelle der Baudarlehenssubventionen treten, oder durch Zinsverbilligungen, also durch Zinssubventionen neue Wege einzuschlagen. Ich wiederhole: Das kann nur allmählich geschehen und das muß sehr sorgfältig abgewogen werden. Vor allen Dingen müssen die Folgen derartiger Maßnahmen geprüft werden. Ich darf Ihnen die Versicherung abgeben, daß in meinem Hause daran gearbeitet wird, die Voraussetzungen zu prüfen, die geschaffen werden müssen, wenn eine entsprechende Änderung der Wohnungsbaupolitik eintreten soll.
Zum zweiten hat der Herr Kollege Dr. Bertram kritisiert, es würden zu wenig Eigentumswohnungen gebaut und das Wohnungsbauministerium treibe somit eine sozialistische Politik. Meine Damen und Herren, ich glaube, dieser Vorwurf kann mir gegenüber nicht erhoben werden. Ich weise ausdrücklich darauf hin, daß wir in der Novelle versucht haben, gerade den Eigentumswohnungsbau besonders zu fördern. Ich mache darauf aufmerksam, daß Vorschriften aufgenommen werden sollen, in denen der Wohnungsbauminister verpflichtet wird, dafür zu sorgen, daß unter allen Umständen mindestens 50 % der vom Bund den Ländern überwiesenen Gelder zur Schaffung von Eigentumswohnungen verwendet werden. Ich glaube, mehr kann man auf diesem Gebiet heute noch nicht tun. Ich weise auch noch, wie es der Herr Kollege Jacobi bereits getan hat, auf den Entwurf der CDU/CSU hin, in dem besonderer Wert gerade darauf gelegt wird, daß die familiengerechte Wohnung und der Eigentumsgedanke besonders herausgestellt werden.
Infolgedessen muß ich mich dagegen verwahren, daß Vorwürfe erhoben werden, das Wohnungsbauministerium stelle den Eigentumsgedanken nicht genügend in den Vordergrund. Es ist behauptet worden, nur 14,7 % der Wohnungen seien Eigentumswohnungen. Auch diese Zahl scheint mir nicht richtig zu sein. Eine genaue Ziffer haben wir überhaupt nicht. Bei den Verhandlungen, die ich mit den Ländern geführt habe, ist mir ausdrücklich versichert worden, daß in einigen Ländern sogar mehr als 50 % für Eigentumswohnungen verwendet worden sind.
Des weiteren habe ich mich besonders bemüht, auch den Gedanken des Wohnungseigentums stärker zu fördern. Wenn es bisher noch nicht gelungen ist, diesem Gedanken bei uns entsprechend Raum zu verschaffen, so hängt das mit der ganzen Struktur zusammen, mit der Tatsache, daß es eine noch völlig neue Rechtsform ist, für die heute noch nicht, ich will einmal sagen, die Mittel der ersten Hypothek von den Kapitalsammelstellen so gern wie für ein ganzes Haus gegeben werden.
({0})
Sie dürfen aber überzeugt sein, daß ich meine ganze Kraft dafür einsetzen werde, gerade im Wohnungsbau den Eigentumsgedanken weiterhin zu stärken und zu fördern.
({1})
Damit scheint diese Aussprache erledigt zu sein. - Ja, meine Damen und Herren, Sie melden sich und winken dann wieder ab. Ich bin nicht Hellseher. - Also Herr Abgeordneter Lücke wünscht das Wort zur Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind im Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen gerade dabei, die Novelle zu beraten, die das Bundesministerium für Wohnungsbau eingebracht hat. Weiter beraten wir im Augenblick das von mir und meinen Freunden eingebrachte Gesetz zur Schaffung von Familienheimen. Wir sind mit Herrn Dr. Bertram der Meinung, daß manche Überlegungen angestellt werden müssen, um den Wohnungsbau stärker in eine eigentumsfreundliche Richtung zu bringen. Es ist jedoch unmöglich, diese Frage hier erschöpfend zu behandeln. Ich bitte deshalb, diese Frage meinetwegen anläßlich der Haushaltsdebatte demnächst erneut zur Beratung zu stellen, und bitte den Herrn Präsidenten, jetzt die Beratung abzubrechen.
Das kann ich nur als einen Antrag auf Schluß der Debatte verstehen. Dieser Antrag ist zulässig. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag auf Schluß der Debatte, den der Herr Abgeordnete Lücke in etwas freundlich eingekleideter Form gestellt hat ,
({0})
- Herr Abgeordneter Dr. Bertram hat sich gemeldet, ich sehe das etwas genauer als Sie, Herr Kollege Heiland, von dort aus -, zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist zweifellos die Mehrheit; damit ist die Besprechung zu diesem Punkt der Tagesordnung geschlossen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache Nr. 4118. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf:
s) Einzelplan XV - Haushalt des Bundesministeriums für Vertriebene ({1}).
Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Dr. Probst.
Frau Dr. Probst ({2}), Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Der Nachtrag zum Haushalt 1952 des Bundesministeriums für Vertriebene ist durch ein weiteres Anwachsen der Aufgaben gekennzeichnet. Der Flüchtlingsstrom nach Berlin umfaßte im Mai 1952 4400 Personen. Er wuchs im Oktober 1952 auf 16 230 Personen und im Februar 1953 auf 30 658 Personen an. In der ersten Hälfte des Monats März waren es bereits 23 224 Personen, die nach Westberlin flüchteten. Dieses Anwachsen des Flüchtlingsstroms verursacht notwendigerweise eine Ausweitung des Aufgabenbereichs und des Arbeitsvolumens der Vertretung des Bundesministeriums für Vertriebene in Berlin. Dieses Referat 1 in der Abteilung I war bisher besetzt mit 1 Ministerialrat, 1 Regierungsamtmann, 1 TOA V b-Stelle, 2 TOA VI b-Stellen und 1 TOA VII-Stelle. Im Nachtrag wird eine Oberregierungsratsstelle A 2 b ausgewiesen.
Von den Anträgen auf Notaufnahme wurden im Jahre 1952 29 108 Anträge von alleinstehenden Jugendlichen bis zu 24 Jahren gestellt. Zur Bewältigung der sich daraus ergebenden Aufgaben ist eine Hilfsreferentenstelle nach TOA III im Referat für Vertriebene, Jugendabteilung 4, Referat 4 b, notwendig geworden. Ebenso bedurfte das Notaufnahme-Referat IV, 2 einer Ausweitung durch einen Sachbearbeiter nach TOA V b infolge des Ansteigens der Gutachten, Beschwerden und Verwaltungsgerichtsklagen.
Eine weitere unmittelbare Folge des unvorhergesehenen Anwachsens des Flüchtlingsstroms nach Berlin ist die Personalverstärkung um insgesamt 348 Stellen in den Notaufnahmelagern Gießen und Uelzen selbst, einschließlich der Jugendlager Sandbostel und Westertimke, sowie in Außenstellen von Uelzen und Gießen in Berlin. In Berlin sind darüber hinaus noch 351 Aushilfsstellen bis zum 31. März 1953 vorgesehen. Dazu ist eine Hebung von 13 TOA IX-Stellen auf TOA VIII notwendig geworden.
Der Tit. 40, Überwachung der Flüchtlingsdurchgangslager, fällt weg im Zusammenhang mit dem Notaufnahmegesetz vom 11. Juni, nach dem das Vertriebenenministerium selbst für die Notaufnahme federführend ist.
Die Intensivierung der Durchführung insbesondere der vom Bundestag geforderten erweiterten Umsiedlung macht die Hebung der Referatsstelle im Umsiedlungsreferat - Abteilung IV, Referat 1 a - von A 1 b auf A 1 a und die Neueinstellung eines Sachbearbeiters nach A 4 b 1 notwendig.
Besondere Bedeutung kommt dem Kriegsgefangenenreferat zu. Die Vermehrung und Ausweitung der Betreuungsaufgaben und die Erweiterung der Dokumentation bedingt die Hinzuziehung eines Sachbearbeiters nach TOA V b im Referat 5 der Abteilung I.
Die Bearbeitung der Grundsatzfragen und der Gesetzgebung auf dem Gebiet der Betreuung der Heimkehrer und der Angehörigen von Kriegsgefangenen und Vermißten ist ebenso verantwortungsvoll wie umfassend. Eine Stellenanhebung von TOA III auf TOA II im Referat 5 a der Abteilung I ist daher vom Haushaltsausschuß als berechtigt anerkannt worden, ebenso die Anhebung der Stelle des Hilfsreferenten im Referat 5 der Abteilung IV - Arbeits- und soziales Recht - von TOA III auf TOA II.
Die Schaffung einer Sachbearbeiterstelle nach TOA VI b im Referat 3 der Abteilung IV - Aufnahme von vertriebenen Deutschen - entspricht einem dringenden Bedürfnis. Dieses Referat umfaßt nicht nur die Rückführung mit entsprechender Verteilung, sondern auch die Angelegenheiten der Deutschen in den Vertreibungsgebieten und der Vertriebenen im Ausland. Es umfaßt die so wesentliche Familienzusammenführung mit dem Suchdienst und erstreckt sich auch auf heimatlose Ausländer und nichtdeutsche Flüchtlinge.
Von großer Bedeutung ist das Referat 4 der Abteilung IV. Es umfaßt die Sorge für die ver({3})
triebenen Frauen, den Schutz der vertriebenen Familie, soziale und gesundheitliche Maßnahmen, die zur Erreichung dieses Zieles notwendig sind. Ferner unterhält dieses Referat die Verbindung zu den in- und ausländischen Hilfsorganisationen und zur UNICEF. Es umfaßt ferner das wesentliche Aufgabengebiet der Sorge für die vertriebene Jugend, insbesondere die Behebung ihrer Berufsnot. Die besondere Bedeutung der Betreuung von jugendlichen Sowjetzonenflüchtlingen ist schon eingangs besonders hervorgehoben worden. Es ist daher nur folgerichtig, wenn das Referat 4 der Abteilung IV durch einen Sachbearbeiter nach TOA II erweitert worden ist. Es muß aber gleichzeitig darauf hingewiesen werden, daß das Hauptreferat für Frauen und Jugendliche das einzige ist, für dessen Leitung nur eine A 2 b-Stelle vorgesehen ist. Der Haushaltsausschuß hat bereits bei der Beratung des Etats 1950/51 die Regierung ersucht, die Sozialreferentin für Frauen- und Jugendfragen höher einzustufen. Bis heute ist diesem Ansuchen des Haushaltsausschusses noch nicht entsprochen.
Im Zusammenhang mit der Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes ist für das zuständige Referat der Abteilung III die Hebung einer Sachbearbeiterstelle von A 4 b 1 auf A 3 b erforderlich.
Als vordringlich ist anzuerkennen die Berufung einer besonders qualifizierten Kraft zur Leitung des Referats Kulturangelegenheiten nach TOA I. Die erhöhten Mittel zur Pflege, Erhaltung und Auswertung des heimatlichen Kulturgutes müssen so sorgfältig wie möglich verwendet werden. Titelansatz 32 für kulturelle und sonstige Betreuung beinhaltet 75 000 DM.
Das sich ausweitende Referat Verbindung zum Bundestag erfordert eine neue Sachbearbeiterstelle nach TOA VI b. Verwaltungsmäßig hat sich der Ausbau der Registratur durch zwei Stellen nach der Vergütungsgruppe TOA VI b und drei Stellen der Vergütungsgruppe TOA VII als unabweisbare Notwendigkeit erwiesen.
Zum allgemeinen Haushalt möchte ich noch darauf hinweisen, daß im Tit. 32, Kulturelle und sonstige Betreuung, durch Intensivierung der Kulturarbeit eine Erhöhung um 150 000 DM vorgenommen worden ist und daß sich Tit. 36 - Unterstützung der Kriegsgefangenen usw. - durch den Zugang weiterer namentlich bekannter deutscher Gefangener und durch die Erhöhung des Betreuungssatzes von 10 auf 15 DM monatlich für jeden Kriegsgefangenen um 2 040 000 DM erhöht hat.
Der Tit. 37, Dokumentarische Erfassung des Schicksals der Kriegsgefangenen, hat sich durch einmalige Maßnahmen, Übernahme der Zuschüsse an das Evangelische Hilfswerk usw. um 492 000 DM erhöht.
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Dann: Kosten zur Durchführung der Maßnahmen zur Rückführung der in den Gebieten östlich der Oder-Neiße noch befindlichen Deutschen. Hier sind weitere Kosten in Höhe von 44 000 DM entstanden. Dieser Betrag fällt aber im Rechnungsjahr 1953 wieder weg.
Dokumentation des Schicksals der Zivilverschleppten. Durch einmalige Maßnahmen, Heranziehung des kirchlichen Suchdienstes und des Landes Berlin sind die Kosten dieses Titels um 361 000 DM erhöht worden. 134 000 DM davon fallen im Rechnungsjahr 1953 wieder weg.
Schließlich ist der Tit. 41 zu erwähnen: Gewährung von Beihilfen an Flüchtlinge und Vertriebene als Ersatz für den Fortfall der Begünstigungen nach §§ 7 e und 10 a des Einkommensteuergesetzes. Hierfür sind 7 Millionen DM eingesetzt.
Im ganzen ist zu sagen: Der sich aus dem Haushalt 1951 und der Ergänzung zum ersten Nachtrag zusammensetzende Wiederholungshaushalt für das Jahr 1952 schließt in Einnahme mit 15 700 DM, in Ausgabe mit 7 292 900 DM. Zu diesem Wiederholungshaushalt treten durch den Nachtrag 1952 in Ausgabe 12 580 700 DM hinzu, so daß die Gesamtausgabe 19 873 600 DM beträgt. Hiervon geht die Einnahme ab. Sie ermäßigt sich im Nachtrag um 10 700 DM und beträgt daher 5000 DM. Der Gesamtzuschuß für 1952 beträgt demnach 19 868 600 DM.
Ich bitte das Hohe Haus, dem Haushaltseinzelplan XV zuzustimmen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. Anträge liegen nicht vor. Wir können zur Abstimmung kommen. Wer für die Annahme des Einzelplans XV ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf:
t) Einzelplan XVI - Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen ({0}).
Das Wort hat der Abgeordnete Heiland als Berichterstatter.
({1})
- Es wird auf die Berichterstattung verzichtet. Das Haus ist damit einverstanden. Es liegt ein Antrag auf Umdruck Nr. 800 vor. Auch hier wird auf die Begründung verzichtet. Ich lasse zunächst über diesen Antrag Umdruck Nr. 800 abstimmen. Wer für den Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wer für die Annahme des Einzelplans XVI ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen angenommen.
({2})
- Herr Loritz, ich habe davon Kenntnis genommen, daß Sie dagegen gestimmt haben.
({3})
Ich rufe auf:
Einzelplan XVII - Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Bundesrates ({4}).
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Frühwald.
Frühwald ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bundesministerium für Angelegenheiten des Bundesrats hat keine zusätzlichen Aufgaben erhalten; wir haben deshalb auch keine zusätzlichen Stellen zu bewilligen gehabt. Die Zahl der Planstellen ist unverändert;
({6})
lediglich wurden je eine Stellenhebung von A3b nach Alb und A4b1 nach A3b vorgenommen. Die Zahl der nichtbeamteten Hilfskräfte, der Angestellten, ist auch unverändert. Hier erfolgte nur eine Hebung von Gruppe VIII nach Gruppe VII. Die ganze Erhöhung der Ausgaben ist im wesentlichen auf die 20%ige Zulage und auf die Tariferhöhung zurückzuführen.
Der Haushaltsausschuß hat ohne besondere Bemerkungen diesem Haushaltsplan die Zustimmung gegeben. Ich bitte, sich dem anzuschließen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wortmeldungen zu Einzelplan XVII liegen nicht vor; Anträge sind nicht angekündigt.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Einzelplans XVII ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Das erste war die Mehrheit; der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe auf:
v) Einzelplan XX - Haushalt des Bundesrechnungshofs ({0}).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Dr. Wuermeling.
Dr. Wuermeling ({1}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß empfiehlt Ihnen die unveränderte Annahme der Regierungsvorlage. Da alle in der Regierungsvorlage vorgeschlagenen Änderungen in der Drucksache schriftlich erläutert sind, darf ich das Einverständnis des Hohen Hauses annehmen, wenn ich auf eine mündliche Wiederholung der Begründungen verzichte.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Einzelplans XX ist, den bitte ich um ein Handzeichen.
- Gegenprobe! - Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Es folgt:
w) Einzelplan XXI - Haushalt der Bundesschuld ({0}).
Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Hilbert.
({1})
- Das Haus verzichtet ebenfalls auf Entgegennahme des mündlichen Berichts. Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wer für die Annahme des Einzelplans XXI ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; Einzelplan XXI ist angenommen.
Wir kommen zu:
x) Einzelplan XXII - Haushalt der finanziellen Hilfe für Berlin ({2}).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Brandt.
Brandt ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß schlägt vor, den Nachtrag zum Einzelplan XXII - Haushalt der finanziellen Hilfe für Berlin - unverändert nach der Vorlage anzunehmen. Im Ausschuß ist durch eine Berichtigung der Erläuterungen sichergestellt worden, daß die im Nachtrag vorgesehenen 600 Millionen als Zuschuß zum Landeshaushalt Berlin ungekürzt in monatlichen Teilbeträgen überwiesen werden bzw. wurden.
Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, daß sich aus der bedrängten Lage Berlins und aus der Eingliederung des Landes Berlin in das Finanzsystem des Bundes über den Zuschuß zum Landeshaushalt Berlin hinaus beträchtliche Verpflichtungen des Bundes ergeben haben. Es hat gelegentliche Meinungsverschiedenheiten darüber gegeben, die auch im Haushaltsausschuß zur Sprache gekommen sind, wie gewissermaßen die innerdeutsche Aufrechnung der so erfolgten Leistungen verbucht und eingesetzt werden sollte. Unbeschadet solcher Meinungsverschiedenheiten darf ich vielleicht nicht nur als Berichterstatter des Haushaltsausschusses, sondern auch in meiner Eigenschaft als einer der Abgeordneten aus Berlin zweierlei feststellen. Erstens. Die Bevölkerung von Berlin weiß gewiß jene Leistungen zu würdigen, die der Bund und der Steuerzahler im deutschen Westen für die in unverschuldeter Not befindliche deutsche Hauptstadt aufgebracht haben und weiterhin aufbringen. Zweitens. Bei den Leistungen des Bundes für Berlin, über den Haushaltszuschuß zum Berliner Landeshaushalt hinaus, handelt es sich zweifellos um einen echten Beitrag zur Verteidigung der freien Welt, um einen Beitrag, der als solcher auch international anerkannt werden sollte.
({4})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Der Antrag Umdruck Nr. 801 wird nicht begründet. Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung zunächst über den Antrag Umdruck Nr. 801. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich muß die Abstimmung wiederholen lassen. Es ist der Antrag der kommunistischen Gruppe Umdruck Nr. 801. Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. -({0})
- Ich habe es deutlich genug gesagt! ({1})
Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme des Einzelplans XXII ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Es folgt:
Einzelplan XXIII - Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung ({2}).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Wacker.
Wacker ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan XXIII
({4})
ist, wie ich schon beim letzten Male ausgeführt habe, bekanntlich das finanzielle Dach, das die gesamten Bundesausgaben überdachen soll. Als Deckungsmittel dienen in erster Linie die Umsatz- und Beförderungssteuer, die Zölle und Verbrauchsteuern sowie der Anteil des Bundes an der Einkommen- und der Körperschaftsteuer.
Ich will mich heute nicht mit Einzelfragen beschäftigen, aber auf einige grundsätzliche Probleme darf ich die Aufmerksamkeit des Hohen Hauses doch lenken.
Eines der wichtigsten Probleme dieses Einzelplans ist der Haushaltsausgleich. Es gibt einen echten Haushaltsausgleich, bei dem die Einnahmen so geschätzt sind, wie sie voraussichtlich auch tatsächlich eingehen werden; es gibt aber auch einen unechten, einen fingierten Haushaltsausgleich, bei dem die Einnahmen nur auf dem Papier stehen. Ob der im Haushaltsplan vorgesehene Haushaltsausgleich echt ist, kann man im allgemeinen erst nach Ablauf des Rechnungsjahrs an Hand der Jahresrechnung erkennen, nachdem man sieht, in welcher Höhe die Einnahmen tatsächlich eingegangen sind. Da das Rechnungsjahr 1952 nunmehr bald vorüber ist, ist ein Überblick möglich, inwieweit die im Einzelplan XXIII veranschlagten Einnahmen einen echten Haushaltsausgleich bilden werden und ob sie im wesentlichen zutreffend veranschlagt sind. Die Antwort ist hier leicht zu finden. Nachdem das Rechnungsjahr 1952 bald vorüber ist, brauchen wir uns nur die tatsächlichen Steuereinnahmen anzusehen. Die Steuern sind im Nachtrag zuzüglich Wiederholungshaushalt veranschlagt mit 19 425,8 Millionen DM; bis zum Abschluß des Rechnungsjahres werden nach den bisherigen tatsächlichen Einnahmen voraussichtlich eingehen 19 234,5 Millionen DM, also 191,3 Millionen DM weniger als veranschlagt. Daraus ist zu entnehmen, daß die Steuerschätzung der Regierung durchaus richtig war; denn das voraussichtliche Wenigeraufkommen beträgt nur 1%.
Nun darf ich ihre Aufmerksamkeit auf einige Einzelfragen lenken. Zunächst auf den ordentlichen Haushalt, und zwar hier auf die Einnahmen. Der Haushaltsausschuß hat davon abgesehen, die veranschlagten Steueransätze im einzelnen den bisherigen Aufkommen genau anzupassen. Alle Steueransätze zusammen müssen als eine Einheit angesehen werden; sie werden, wie gesagt, voraussichtlich rund 191 Millionen DM weniger als veranschlagt ergeben. Einzelne Steuern werden mehr, andere wieder weniger erbringen. Lediglich in zwei Fällen, in denen sich die gesetzliche Grundlage geändert hat, schlägt Ihnen der Haushaltsausschuß eine Änderung der Ansätze vor. Er empfiehlt Ihnen, den Ansatz der Zuckersteuer um 19 Millionen DM und den der Schaumweinsteuer um 5 Millionen DM zu senken.
Ich darf Ihre Aufmerksamkeit ferner auf den Anteil des Bundes am Reingewinn der Bank deutscher Länder lenken. Der Anteil, der im Wiederholungshaushalt mit 140 Millionen DM angesetzt war, ist im Nachtrag 1952 um 20 Millionen DM gesenkt worden. Die Höhe des Gewinns der Bank deutscher Länder hängt im wesentlichen von zwei Faktoren ab: Erstens von der Ertragslage der Bank deutscher Länder. Den größten Ertragsposten in der Gewinn- und Verlustrechnung der Bank deutscher Länder bilden die aus der Verzinsung der Ausgleichsforderungen erzielten Einnahmen. Auch die übrigen Einnahmen sind überwiegend in Ausübung des dem Bunde zustehenden Notenprivilegs entstanden. Die günstige Entwicklung der westdeutschen Wirtschaft, insbesondere die erfreuliche bteigerung des Exports, hat zu einer bemerkenswerten Erhöhung der Liquidität der Geschäftsbanken geführt. Dies ist der Grund für eine geringere Inanspruchnahme der Refinanzierungsmöglichkeiten bei der Notenbank. Das Aktivgeschäft der Bank deutscher Länder zeigt dmgemäß eine rückläufige Tendenz und hat im Laufe des Jahres 1952 eine Verringerung der Einnahmen aus dem Diskont- und Lombardgeschäft zur Folge gehabt.
Die Kassenlage des Bundes hat im Laufe des Jahres 1952 eine betragsmäßig geringere Inanspruchnahme des Kreditplafonds bei der Bank deutscher Länder erforderlich gemacht. Die hieraus entstandenen geringeren Zinseinnahmen bei der Bank deutscher Länder beeinflussen naturgemäß auch die Höhe des Jahresgewinns. Andererseits machen sich auf der Aufwandseite der Bank deutscher Länder die Ausgabenerhöhungen durch Erhöhung der Gehälter und Erweiterung der Pensionsverpflichtungen, insbesondere durch Hinzunahme von Berliner Verpflichtungen, bemerkbar.
Der zweite Faktor für die Höhe des Gewinns ist die Rückstellungspolitik der Bank deutscher Länder. Gewiß ist eine in bestimmten Grenzen sich haltende Rückstellung zur Deckung von Verlusten z. B. aus dem Exportgeschäft erforderlich. Allerdings hat der Haushaltsausschuß gewisse Bedenken gegen die Rückstellungspolitik der Bank deutscher Länder erhoben, da die Bildung hoher Rückstellungen zwangsläufig den an den Bund auszuschüttenden Gewinn verringert. Der Haushaltsausschuß hat für das laufende Rechnungsjahr seine Bedenken gegen die Senkung des Ansatzes um 20 Millionen DM zurückgestellt. Er hat jedoch die Bundesregierung ersucht, darauf hinzuwirken, daß sich im Rechnungsjahr 1953 der Anteil des Bundes am Reingewinn der Bank deutscher Länder erhöht.
Der Haushaltsausschuß hat sehr lange über Kap. 7 Tit. 3 der Einnahme - Rückzahlung von im Rechnungsjahr 1950 gewährter finanzieller Hilfe durch das Land Berlin in Höhe von 30 Millionen DM - beraten. Die Vertreter der Bundesregierung haben Bedenken gegen die Streichung vorgebracht, die hauptsächlich auf rechtlichen Gründen beruhten. Der Haushaltsausschuß glaubt dagegen, Ihnen besonders in Anbetracht der schwierigen finanziellen Lage Berlins durch den Zustrom der Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone die Streichung dieses Einnahmeansatzes für das Rechnungsjahr 1952 vorschlagen zu sollen. Zur Dekkung für diesen Einnahmeausfall konnte nur eine Erhöhung des bei Kap. 8 der Ausgaben vorgesehenen Globalabstrichs von 256 900 000 DM, des Ansatzes für Einsparungen bei den persönlichen und sächlichen Verwaltungsausgaben sowie den allgemeinen Haushaltsausgaben, um diesen Betrag von 30 Millionen vorgesehen werden.
Zusammenfassend habe ich zu den Einnahmen zu sagen: Im Nachtrag 1952 sind die konjunkturell bedingten Mehr- und Mindereinnahmen an Steuern veranschlagt. An Mehreinnahmen sind veranschlagt: Umsatz- und Umsatzausgleichsteuer 1864,2 Millionen DM, Beförderungssteuer 95,8 Millionen DM, Zölle und Verbrauchssteuern 308,8 Millionen DM, Notopfer Berlin 105 Millionen DM, Anteil des Bundes in der Einkommen- und Körperschaftsteuer 1912,1 Millionen DM; die Bundespost wird 10 Mil({5})
lionen DM mehr abliefern, aus dem zur Sanierung von Notstandsgebieten gewährten Darlehen werden zum erstenmal Zinsen mit 0,5 Millionen DM veranschlagt. Das ergibt zusammen 4296,4 Millionen DM.
Der Veranschlagung dieser Mehreinnahmen steht allerdings auch die Veranschlagung von Mindereinnahmen gegenüber und zwar: Münzprägung 235 Millionen, Anteil des Bundes am Reingewinn der Bank deutscher Länder - wie vorhin erwähnt - 20 Millionen DM, Interessenquote der Länder 112 Millionen DM. Bei diesen Posten handelt es sich darum, daß die von den Ländern als Interessenquote zu zahlenden Hundertsätze der von den Ländern im Auftrag des Bundes zu verwaltenden Bundeshaushaltsmittel für Besatzungskosten und soziale Kriegsfolgelasten weggefallen sind, seitdem hierfür die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch den Bund getreten ist.
Dazu kommt der Beitrag der Länder zur Deckung des Fehlbetrags aus dem Rechnungsjahr 1949 in Höhe von 129,8 Millionen DM. Ich darf dazu folgendes bemerken. Der Fehlbetrag des Bundes aus dem Rechnungsjahr 1949 ist nach dem Gesetz über die Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1949 vom 7. Juni 1950 von den Ländern zu erstatten. Für das Rechnungsjahr 1952 war nur noch der Betrag zu veranschlagen, der im Rechnungsjahr 1951 nicht eingegangen ist, das sind 76 Millionen DM.
Ferner Mehrertrag an Steuern. Hier war im Rechnungsjahr 1951 ein Globalansatz von 519 Millionen DM veranschlagt und infolgedessen auch im Wiederholungshaushalt noch eingesetzt worden.
Dieser Ansatz kann aber für das Rechnungsjahr 1952 nicht wiederholt werden, da der Ertrag der Steuern für das Rechnungsjahr 1952 im Nachtrag neu veranschlagt worden ist. Es mußten daher 519 Millionen DM abgesetzt werden.
Zusammen ergibt sich ein Betrag von 1015,8 Millionen DM.
Der Summe der Mehreinnahmen in Höhe von 4296,4 Millionen DM steht somit eine Mindereinnahme, wie ich eben erwähnte, von 1015,8 Millionen DM gegenüber, so daß die Summe der Mehreinnahmen 3280,6 Millionen DM beträgt.
Nun, meine Damen und Herren, komme ich zu den Ausgaben. Sie wissen, daß im Haushaltsplan der allgemeinen Finanzverwaltung im Prinzip diejenigen Ausgaben veranschlagt sind, die nicht einem einzelnen Verwaltungszweig zufallen, sondern die Gesamtheit der Bundesverwaltung betreffen. Gegenüber dem Vorjahr sind einige Ausgabenansätze erhöht, einige neu veranschlagt worden. Ich glaube, daß ich Ihnen nur das Wichtigste vortragen sollte.
An Mehrausgaben sind veranschlagt: Kosten der Erhaltung deutscher Kriegsgräber im Ausland bis zur Regelung durch den Friedensvertrag im Betrag von 0,5 Millionen DM.
Für Bewilligungen aller Art sind 0,5 Millionen DM veranschlagt. Hierbei handelt es sich um einen Verfügungsfonds des Bundespräsidenten, für dessen Verwendung der Bundesminister der Finanzen die verfassungsmäßige Verantwortung zu tragen hat.
Weiter sind an Mehrausgaben für Abgeltung niederländischer Ansprüche von Restitutionen von Aktien 10 Millionen DM veranschlagt; die rechtliche Verpflichtung zur Leistung dieser Zahlung findet sich im Gesetz betreffend deutsch-niederländische Vereinbarungen über Fragen der Restitution und über Freigabe von deutschen Reichsmark-Wertpapieren vom 23. Januar 1953.
Ein weiterer Posten betrifft die Zahlung an die USA auf Grund der Verbindlichkeiten aus der Lieferung von Überschußgütern in Höhe von 21 Millionen DM. Hier handelt es sich um eine Verpflichtung aus dem STEG-Abkommen. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben bekanntlich in den Jahren 1945 bis 1949 große Mengen von amerikanischen Heeresüberschußgütern zur Verfügung gestellt, welche durch die Staatliche Erfassungsgesellschaft für öffentliches Gut - genannt STEG - in München an die deutsche Wirtschaft verkauft worden sind. Im Rahmen dieses sogenannten Amerika-Geschäfts sind von deutscher Seite eine Reihe von Verpflichtungen übernommen worden. Auf Grund dieser Vereinbarungen wurde der deutschen Seite der Kaufpreis für die übernommenen Heeresgüter zunächst gestundet. Die Verpflichtungen sind nunmehr nach einem bestimmten Zahlungsplan von der Bundesregierung zurückzuzahlen.
Ein weiterer Posten sind die einmaligen Unterstützungen an die Verwaltungsangehörigen des Bundes einschließlich der Versorgungsempfänger und der 131er in Höhe von 40 Millionen DM. Es handelt sich hier um die Ihnen bekannten Weihnachtsunterstützungen.
Des weiteren ist der Fonds zur Sanierung von Notstandsgebieten zu nennen, der um 23 Millionen DM verstärkt worden ist.
Für den Rückkauf von durch die Besatzungsmacht beschlagnahmten Schwimmdocks wurde als erster Teilbetrag eine Summe von rund 5,9 Millionen DM veranschlagt.
Für den Fehlbetrag des Bundes aus dem Rechnungsjahr 1950 mußten endlich noch 94,5 Millionen DM veranschlagt werden.
Zusammen ergibt sich ein Betrag von 195,4 Millionen DM.
Glücklicherweise steht aber auch hier der Veranschlagung von Mehrausgaben die Veranschlagung von Minderausgaben gegenüber, und zwar für Versorgungsausgaben, das sind Pensionen, Witwengelder usw.: 1 Million DM, Hausratsdarlehen für die Verwaltungsangehörigen des Bundes: 2 Millionen DM, Kosten für die Münzprägung: 55 Millionen DM, beim Titel für unvorhergesehene Ausgaben: 11,6 Millionen DM, bei den sogenannten „Minderausgaben": 30 Millionen.
Dem vorher erwähnten Globalabstrich dieser Minderausgabe steht allerdings der Wegfall der Einnahme aus Berlin gegenüber.
Bei dem Ansatz „Verstärkung der Mittel für persönliche Verwaltungsausgaben": 5,5 Millionen.
Einsparung bei den einmaligen Ausgaben, die bei der Wiederholung des Haushaltsplans 1951 für das Rechnungsjahr 1952 entstanden ist: 283,1 Millionen.
Sonstige Einsparungen an verschiedenen Stellen: 1,2 Millionen.
An Minderausgaben konnten also zusammen veranschlagt werden: 389,4 Millionen DM.
({6})
Durch die Gegenüberstellung der Mehrausgaben in Höhe von 195,4 Millionen DM und der Minderausgabe in Höhe von 389,4 Millionen DM ergibt sich nicht eine Mehrausgabe, sondern eine Minderausgabe in Höhe von 193,8 Millionen DM.
Das war der Bericht über den ordentlichen Haushalt. Nun, meine Damen und Herren, darf ich Ihnen noch über den außerordentlichen Haushalt Bericht erstatten. Ich werde mich dabei sehr kurz fassen und zunächst die Einnahmen erläutern.
Erfreulicherweise werden Zinsen von Darlehen und Gewinne aus Beteiligungen des Bundes erwartet in Höhe von 2,4 Millionen DM. Im einzelnen darf ich hier auf die Erläuterungen zum Einzelplan XXIII hinweisen.
Der Beitrag der HICOG zur Bevorratung Berlins ist um 100 Millionen DM erhöht worden, so daß der Betrag für das Rechnungsjahr insgesamt 150 Millionen DM beträgt. Die entsprechenden Ausgaben für diesen Titel finden Sie im Einzelplan des Bundesministeriums für Wirtschaft.
Weiter die Ausgaben. An Ausgaben sind veranschlagt: Erhöhung der Beteiligung an der Süddeutschen Kalkstickstoff-Werke AG Trostberg: 10 Millionen DM; dann Ausgleichszuschüsse an überlastete Länder: 250 Millionen DM, Wohnungsfürsorge für die Angehörigen der Zollverwaltung: 13 Millionen DM, Neu- und Umbau von Dienstgebäuden in Bonn: 6,7 Millionen DM. Bei dem letzten Posten handelt es sich insbesondere um die Fortsetzung der Bundesbauten; und hierbei geht es insbesondere um das Vorhaben „Vergrößerung der Tribüne für Diplomaten und Presse im Plenarsaal und Schaffung von Arbeits- und Sitzungsräumen für die Bundesregierung". Die veranschlagten Baumittel bleiben, da die Planung noch nicht geklärt ist, zunächst gesperrt.
Dann wurde besonders der bisher beim Einzelplan IV des Bundeskanzlers veranschlagte Betrag für den Neubau eines Pressekonferenz- und Bildvorführungsraums gegenüber dem Bundeshause erörtert. Nach dem Beschluß des Haushaltsausschusses ist der Betrag beim Einzelplan IV gestrichen und nunmehr in diesen Einzelplan XXIII eingestellt worden. Die Entscheidung über die Durchführung dieses Projektes ist auch noch vorbehalten worden.
Weitere 30 Millionen DM sind als Darlehen an Schleswig-Holstein zur Steigerung seiner Wirtschaftskraft vorgesehen, so daß das Darlehen an Schleswig-Holstein für das Rechnungsjahr 1952 insgesamt 70 Millionen beträgt.
Als weiterer Posten ist vorgesehen der Betrag für den Beitritt der Bundesrepublik zum Internationalen Währungsfonds und zur Weltbank: 184 Millionen DM. Durch das Gesetz vom 28. Juli 1952 über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den Abkommen über den Internationalen Währungsfonds und über die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung hat der Bundestag dem Beitritt der Bundesrepublik zu dem Abkommen über den Internationalen Währungsfonds zugestimmt. Der Ausgabe steht eine gleich hohe Anleihe gegenüber, so daß es sich hier wiederum im Prinzip um einen durchlaufenden Posten handelt. Der Gesamtbetrag ist: 493,7 Millionen DM.
Dieser Ausgabenerhöhung steht eine Einsparung von 150,6 Millionen DM gegenüber. Es handelt sich um die Einsparung, die bei der Wiederholung des
Haushaltsplans 1951 für das Rechnungsjahr 1952 entstanden ist; Mehrausgabe also insgesamt 343,1 Millionen DM.
Der Einzelplan Allgemeine Finanzverwaltung schließt in der Regierungsvorlage ab im ordentlichen Haushalt mit einem Überschuß von 3 557 436 600 DM, im außerordentlichen Haushalt mit einem Zuschuß von 387 129 050 DM. Nach den Beschlüssen des Haushaltsausschusses schließt der Einzelplan nunmehr wie folgt ab: im ordentlichen Haushalt mit einem Überschuß von 3 474 472 350 DM, im außerordentlichen Haushalt mit einem Zuschuß von 240 622 050 DM.
Der Haushaltsausschuß empfiehlt dem Hohen Hause die Annahme des Einzelplans XXIII.
({7})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Den Antrag Umdruck Nr. 788 will Herr Abgeordneter Nöll von der Nahmer begründen. Ich erteile ihm das Wort.
Meine Damen und Herren! Meine Freunde haben auf Umdruck Nr. 788 beantragt, beim Einzelplan der Allgemeinen Finanzverwaltung eine Ausgabe des außerordentlichen Haushalts in Höhe von 10 Millionen DM zu streichen. Ich darf Sie bitten, sich einmal die Begründung für diese Ausgabe im Einzelplan XXIII des Nachtrags zum Haushalt anzusehen.
Das Grundkapital der Süddeutsche Kalkstickstoff-Werke AG von nominell 32 Millionen DM befindet sich zu 70 % in den Händen der Dachgesellschaft des Reichskonzerns, der VIAG, die übrigen 30 % befanden sich bisher im Portefeuille der IG Farben-Industrie. Nun wissen Sie ja, daß gerade in diesen Tagen die Entflechtung der IG Farben-Industrie durchgeführt wird. Das Aktienpaket im ungefähren Gegenwert von 10 Millionen DM kommt dadurch auf den Markt. Nun wird in der Vorlage ausgeführt, man wolle diese 10 Millionen DM aufwenden zum Erwerb dieses Paketes „zum Zwecke der Vereinfachung der Beteiligungsverhältnisse".
Meine Damen und Herren, hier können wir Dicht mit! Zunächst einmal rein technisch: Wir haben nun einmal dieses Warenhaus aller möglichen Werte, die VIAG. Wenn wir schon die wirtschaftlichen Unternehmungen in einem großen Bundeskonzern zusammenfassen mit einer Holding-Company, nämlich der VIAG, und wenn es wirklich aus irgendwelchen nicht sichtbaren Gründen notwendig ist, das neue Aktienpaket zu all den anderen Objekten, die wir schon in der VIAG haben, hinzuzuerwerben, dann fragen wir: Weshalb macht das nicht die VIAG unmittelbar? Dann kann das außerhalb des Haushalts geschehen. Wenn die VIAG überhaupt einen Sinn haben soll, dann muß sie ein derartiges Aktienpaket von sich aus finanzieren und übernehmen können.
({0})
Damit darf nicht der Steuerzahler und der außerordentliche Haushalt belastet werden!
Wir haben im Haushaltsausschuß gefragt, was denn nun eigentlich die VIAG als Beteiligungsgesellschaft bringe. Meine Damen und Herren, man hofft auf 3 % Dividende. Aber was kosten uns die Anleihen? Nun, jedes Mitglied des Haus({1})
haltsausschusses weiß: sie kosten, wenn man richtig rechnet, das Vielfache davon. Es soll also Geld aufgenommen werden, um ein Aktienpaket zu übernehmen, dessen Verzinsung überhaupt noch ungewiß ist. Wir haben also einmal rein haushaltstechnische Bedenken. Wenn so etwas gemacht wird, dann nicht über den Haushalt, sondern über die VIAG.
Aber meine Freunde haben auch darüber hinaus prinzipielle Bedenken. Wir sind nicht der Ansicht, daß es im gegenwärtigen Zeitpunkt besonders wünschenswert ist, wenn der Bund noch weitere Beteiligungen an Wirtschaftsunternehmungen erwirbt. Im Gegenteil, wir meinen, daß das Bundeskabinett einmal sehr gründlich das bunt zusammengewürfelte Portefeuille der VIAG daraufhin durchsehen sollte, ob darin nicht viele Aktienpakete enthalten sind, die man ohne weiteres abstoßen sollte und auch abstoßen könnte, um auf diese Weise auch einen Teil des außerordentlichen Finanzbedarfs des Bundes zu decken, ohne daß wir neue Schulden machen und damit eine hohe Verzinsung auf uns nehmen.
({2})
Denn, meine Damen und Herren, sehen Sie sich doch bitte einmal sehr gründlich den Haushalt der Bundesschuld an. Die wachsenden Zinslasten, die viel zu wenig beachtet werden, bilden allmählich eine ernste Sorge. Wir können in der Verschuldung nicht immer weitergehen, ohne schließlich einmal eine sehr hohe Zinsen- und Amortisationslast aus laufenden Einnahmen decken zu müssen.
Die FDP-Fraktion richtet daher den Wunsch an das Kabinett, insbesondere an den Herrn Bundesfinanzminister, einmal die Frage gründlich zu prüfen, nicht nur nicht neue Beteiligungen in irgendeiner Form zu übernehmen, sondern im Gegenteil aus dem vorhandenen Portefeuille die Werte abzustoßen, für die kein Grund vorliegt, daß sie vom Bund weiter gehalten werden, und deren Veräußerung eine Erleichterung unserer gesamten Finanzlage bedeuten würde.
({3})
Wir bitten deshalb das Hohe Haus, sich gegen die Aufnahme dieser 10 Millionen DM in Kap. 11 Tit. 10 im außerordentlichen Haushalt des Nachtragshaushalts auszusprechen und unserem Antrag auf Streichung zuzustimmen.
({4})
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich zu dem Antrag eine kurze Erklärung abgeben. Ich bemerke zunächst, daß ich im Grundsätzlichen mit dem Antragsteller ja einverstanden bin. Auch ich bin kein Freund einer übermäßigen Ausdehnung des Kapitals des Staates als Kapitalgeber.
({0})
Also grundsätzlich einverstanden. Aber auch wenn man im Grundsätzlichen einverstanden ist, kann im Einzelfall doch einmal ein Umstand vorliegen, der hier nicht zu einer schematischen Anwendung, sondern zu einer vernünftigen besonderen Handhabung Anlaß gibt. Die Süddeutschen Kalkstickstoff-Werke, das Inn-Werk und die Vereinigten Aluminium-Werke, sind wirtschaftlich eine Einheit. Es wäre wünschenswert, daß die Wirtschaftsführung dieser Einheit auch möglichst in einer Hand liegt. Deshalb ist in dem außerordentlichen Haushalt - ich unterstreiche -: außer ordentlichen Haushalt - dieser Betrag von 10 Millionen DM eingesetzt worden. Die VIAG hat nach meiner Kenntnis bisher im wesentlichen die, ich möchte sagen, betriebsfremden Vermögen abgestoßen. Was noch nicht abgestoßen ist - das liegt in unserem Wunsch -, soll abgestoßen werden.
({1})
Daß speziell dieses Dreieck - Inn-Werk, Aluminiumwerke und Kalkstickstoff-Werke - nicht getrennt werden kann und daß diese Werke für eine Reprivatisierung wohl in absehbarer Zeit nicht in Frage kommen können, das würde an sich nicht bestritten werden. Die Dinge sind aber in den außerordentlichen Haushalt eingesetzt worden, und der außerordentliche Haushalt bedeutet ja nicht, daß die darin eingesetzte Ausgabe gemacht werden m u ß , sondern daß sie unter bestimmten Voraussetzungen - a) wenn die Mittel vorhanden sind und b) wenn ein Anlaß noch besteht - gemacht werden kann. Ich gebe die Möglichkeit zu, daß vielleicht die VIAG über kurz oder lang imstande ist, die Frage von sich aus zu lösen; aber das ist nur eine Möglichkeit. Sollte sich die Möglichkeit ergeben, dann wird die VIAG von sich aus und auch sehr gern der Bundesfinanzminister diesen Weg gehen. Es war nur die Befürchtung, daß die VIAG nicht rechtzeitig zum Zuge kommt. Deswegen war der Antrag gestellt, und unter diesem Gesichtspunkt bitte ich den Antrag zu verstehen; vielleicht würden dann die Bedenken gegen ihn zurückgestellt werden können.
Weitere Wortmeldungen? - Das Wort hat Herr Abgeordneter Jaffé.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß trotz der durchaus verständlichen Stellungnahme des Herrn Bundesfinanzministers meinem Kollegen Dr. Nöll von der Nahmer in der Auffassung, die er vertreten hat, völlig recht geben. Nicht die Größenordnung von 10 Millionen DM ist es, die uns diese Dinge zu einer Grundsatzfrage werden läßt, sondern eben die grundsätzliche Frage, wieweit der Staat seine wirtschaftliche Betätigung ausdehnen sollte oder nicht. Und da darf ich Ihnen sagen, daß meine Fraktion auf dem Standpunkt steht, man sollte das mit allen Mitteln so weit zurückschrauben wie irgend möglich. Wenn nach dem, was der Herr Bundesfinanzminister uns eben gesagt hat, es inopportun ist, diese Beteiligung nicht zu übernehmen, so bin ich der Auffassung, daß wir zwar der VIAG nicht verbieten wollen, sich die Beteiligung an der Süddeutsche Kalkstickstoff-Werke AG anzugliedern und die 30 % des Kapitals, also rund 10 Millionen DM, die sich noch in der Hand der entflochtenen IG Farben befinden, ins Portefeuille zu nehmen. Aber wir müssen dann voraussetzen - und ich halte es auch für durchaus möglich -, daß die VIAG das kann. Kann sie das nicht, so stehen wir jedenfalls auf dem Standpunkt, daß der Steuerzahler zu solchen Transaktionen nicht herangezogen werden darf. Angesichts der überall und auch hier im Hause zum Allgemeingut gewordenen Tatsache, daß der Steuerzahler sowieso schon überlastet ist, darf man ihm nicht noch zumuten, Mittel für den Erwerb von Aktien zur Verfügung zu stellen, bloß weil die VIAG scheinbar zur Zeit nicht in der Lage ist, diese Mittel auf({0})
zubringen. Ich persönlich glaube unter allen Umständen, daß eine Holdinggesellschaft wie die VIAG durchaus in der Lage wäre, wenn es so notwendig erscheint, die Aktien aus eigener Finanzkraft zu übernehmen. Ich würde also dringend bitten und meine Kolleginnen und Kollegen ersuchen, dem Antrag des Herrn Dr. Nöll von der Nahmer zuzustimmen.
({1})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Antrag Umdruck Nr. 788 ist, den Herr Kollege Nöll von der Nahmer soeben begründet hat, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Darf ich bitten, die Abstimmung zu wiederholen und sich dabei von den Sitzen zu erheben. Wer für den Antrag ist, den bitte ich, sich zu erheben. - Bitte Gegenprobe! - Es bestehen Zweifel; wir müssen im Wege des Hammelsprungs die Mehrheit feststellen. Wer für den Antrag auf Streichung ist, den bitte ich, durch die Ja-Tür hereinzukommen.
({0}) Ich bitte, die Türen zu schließen. Ich bitte mit der Auszählung zu beginnen. ({1})
Die Auszählung ist beendet. Dies ist das Ergebnis der Abstimmung: an der Abstimmung haben sich beteiligt 300 Abgeordnete, mit Ja haben gestimmt 143, mit Nein 157, Enthaltungen null. Damit ist der Antrag Nöll von der Nahmer abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über Einzelplan XXIII. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; der Einzelplan XXIII ist angenommen.
Ich rufe auf:
z) Einzelplan XXIV - Haushalt der Verteidigungslasten einschließlich Besatzungskosten und Auftragsausgaben ({2}).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Horn.
({3})
- Auf Berichterstattung wird verzichtet? Ist das Haus einverstanden?
({4})
Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Einzelplans XXIV ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; Einzelplan XXIV ist angenommen.
Dann rufe ich auf:
aa) Einzelplan XXV - Haushalt der Auslaufzeit 1951 hinsichtlich der Verteidigungslasten einschließlich der Besatzungskosten und Auftragsausgaben ({5}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Horn.
({6})
- Wird auch in diesem Fall auf die Berichterstattung verzichtet? - Das Haus ist einverstanden. Keine Wortmeldungen? - Dann lasse ich abstimmen.
Wer für die Annahme von Einzelplan XXV ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; Einzelplan XXV ist angenommen.
Ich rufe auf:
bb) Einzelplan XXVII - Haushalt der sonstigen Verteidigungslasten ({7}).
({8})
- Dann ist das ein Druckfehler.
({9})
Auf meiner Vorlage steht unter bb: Einzelplan XXVII. Wir verfahren nach der gedruckten Vorlage. Wird auch hier auf Berichterstattung verzichtet?
({10})
- Ist das Haus einverstanden? - Das ist der Fall.
({11})
- Sie kommen noch dran, Herr Abgeordneter Gengler; bezähmen Sie Ihren Eifer!
Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer für die Annahme von Einzelplan XXVII ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ersteres war die Mehrheit; der Einzelplan XXVII ist angenommen.
Nunmehr rufe ich auf:
cc) Einzelplan XXVI - Haushalt der sozialen
Kriegsfolgelasten ({12}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Gengler. Ich erteile ihm das Wort.
Gengler ({13}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die im Nachtrag zum Einzelplan XXVI - Haushalt der sozialen Kriegsfolgelasten - ausgebrachten Haushaltsansätze beruhen auf gesetzlichen Verpflichtungen. Im wesentlichen handelt es sich um das Gesetz über den Lastenausgleich, das Gesetz über die Stellung des Landes Berlin im Finanzsystem des Bundes - Drittes Überleitungsgesetz -, das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen und das Bundesversorgungsgesetz. Ferner waren Mittel für folgenden Mehrbedarf vorgesehen: Mehraufwendungen für Erziehungsbeihilfen für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene, Mehraufwendungen bei der Berufsfürsorge für Kriegsbeschädigte, Mehraufwendungen infolge Erhöhung der Fürsorgeleistungen. Demgegenüber ergab sich aus dem Rückgang der Ausgaben im Bundesgebiet für die offene Fürsorge, die Heimkehrerhilfe und bei den Heilbehandlungskosten im Bundesversorgungsgesetz ein Minderbedarf. Auf dem Gebiete der Kriegsopferversorgung mußte eine Reihe von Ansätzen infolge Fortfalls der bisher für das Land Berlin vorgesehenen Titel berichtigt werden. Weitere Berichtigungen wurden durch die bei den Versorgungsbauten eingetretenen Preiserhöhungen notwendig.
Der Nachtrag zum Haushalt 1952 schließt wie folgt ab: Einnahme 17 387 900 DM, Gesamtausgabe 4 764 300 DM, mithin Überschuß 12 623 600 DM. Der Haushaltsausschuß hat die Ansätze mit Ergänzungen genehmigt und folgenden vom Bundesfinanzministerium beantragten Änderungen zugestimmt:
Ordentlicher Haushalt: Die Leertitel in Einnahme
({14})
Kap. 1 - Kriegsfolgenhilfe - Tit. 9, Einnahme Kap. '2 - Umsiedlung und Auswanderung - Tit. 12 und Einnahme Kap. 4 - Kriegsopferversorgung - Tit. 13 erhielten einen Ansatz von je 100 DM. Ausgaben: In Kap. 1 b - Leistungen des Bundes auf Grund des Lastenausgleichsgesetzes - wurde der vorgesehene Tit. 32 aufgeteilt in Tit. 32, Beitrag zu den Kosten der Verwaltung der Lastenausgleichsabgaben - Ansatz 40 000 000 DM - und Tit. 33, Anteilige Erstattung der Verwaltungskosten für die Ausgleichsleistungen - Ansatz 20 000 000 DM -. Die Aufteilung war notwendig, um eine klare Trennung der Leistungen des Bundes hinsichtlich des Beitrags für die Verwaltung der Lastenausgleichsabgaben und hinsichtlich der Verwaltungskosten für die Ausgleichsleistungen herbeizuführen. Die Summen des Lastenausgleichs selbst sind hier nicht enthalten. Im Kap. 4 der Ausgaben - Kriegsopferversorgung - erhielt der Leertitel 35 ebenfalls einen Ansatz von 100 DM.
Außerordentlicher Haushalt: Ausgabe Kap. 4, Kriegsopferversorgung. Infolge der eingetretenen Preiserhöhungen mußten bei einer Reihe von Bauvorhaben weitere Mittel vorgesehen werden. Ebenso waren auch Einsparungen möglich. Es handelt sich um die in der Drucksache Nr. 4128 unter B - Außerordentlicher Haushalt - verzeichneten Titel. Mehrausgaben und Einsparungen gleichen sich mit je 489 000 DM aus. Der im Wiederholungshaushalt 1952 ausgebrachte Ansatz in Höhe von 12 797 200 DM hat sich somit nicht erhöht.
Der Haushalt der sozialen Kriegsfolgelasten - Einzelplan XXVI - bildet zusammen mit den Kapiteln 1 a - Arbeitslosenhilfe -, 1 b - Betriebliche Altershilfe und 1 e - Sozialversicherung - des Einzelplans XI den eigentlichen Sozialhaushalt des Bundes. Der voraussichtliche Istbedarf im Einzelplan XXVI für das Haushaltsjahr 1952 beträgt 4 801 410 000 DM. Mit den Aufwendungen für Arbeitslosenhilfe - 1 147 595 000 DM -, Betriebliche Altersfürsorge - 10 000 000 DM -, Sozialversicherung - 1 785 110 000 DM -, zusammen 2 942 705 000 DM, stellt sich der Betrag des Sozialhaushalts auf 7 744 115 000 DM.
Als letztem im Reigen der Berichterstatter zum Bundeshaushalt fällt mir immerhin die Vertretung der größten Ausgaben außerhalb des Rahmens der Verteidigungslasten zu. Diese Sozialausgaben zeigen den hohen Grad der sozialen Leistungen, ebenso aber auch der Aufgaben der Bundesrepublik. Ich bitte, dem Nachtrag entsprechend dem Beschluß des Haushaltsausschusses nach Drucksache Nr. 4128 zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Meine Damen und Herren, ich werde unmittelbar nach der Abstimmung über Einzelplan XXVI die Schlußabstimmung des Heimatvertriebenengesetzes vornehmen.
({0})
- Ja, ja, das meine ich.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Nöll von der Nahmer.
Meine Damen und Herren! Bevor meine Freunde diesem großen Einzelplan zustimmen, haben wir an den Herrn Bundesfinanzminister noch eine Gretchenfrage zu richten. Nicht „Wie hältst du's mit der Religion?", aber eine andere Frage wollen wir an
ihn richten. Wir sind eigentlich etwas enttäuscht. Wir hätten nämlich erwartet, daß unsere Kollegen aus Bayern, die Herren der CSU oder der Bayernpartei einen Antrag auf Streichung der Einnahme in Kap. 4 Tit. 11 gestellt hätten, die immerhin die Erstattung von Versorgungsbezügen in Höhe von nicht weniger als 50 Millionen DM vorsieht. Ich bin Abgeordneter von Rheinland-Pfalz: Wir stellen immer wieder fest, wie sehr sich gerade die bayerische Regierung für unsere schöne Pfalz interessiert. Deswegen fühle ich mich auch berufen, hier gewissermaßen zum Dank dafür nun einmal die bayerischen Belange zu vertreten, dies um so mehr, als ich der Ansicht bin: Gleiches Recht für alle!
Wir haben neulich im Haushaltsausschuß dem Finanzministerium sehr erhebliche Schwierigkeiten gemacht; aber wir haben dann schließlich die 30 Millionen DM für unser liebes Preußisch-Berlin gestrichen. Und nun muß ich als alter Preuße schon sagen: „Suum cuique", und was uns alten Preußen recht ist, das soll auch unseren lieben weiß-blauen Bayern billig sein.
({0})
- Ja, natürlich, Gerechtigkeit für alle! Nun weiß ich nicht recht, was mit diesen 50 Millionen DM los ist. Wir haben immer wieder im Haushaltsausschuß darüber gesprochen: Hier zeigt sich deutlich, wie unerfreulich es ist, daß wir mit den Haushaltsrechnungen so weit im Rückstand sind. Wir hätten gerne einmal den Rechnungshof zu dieser ganzen Sache gehört; denn es ist eigentlich schwer zu verstehen, weshalb unsere bayerischen Landsleute diese 50 Millionen nicht zahlen, die als Einnahme seit 1950 bei diesem Einzelplan ausgebracht sind.
Erstaunlich ist, daß im bayerischen Staatshaushalt keine entsprechende Ausgabenposition vorgesehen ist. Da stimmt doch etwas nicht! Wenn der Bund von Bayern 50 Millionen DM zu bekommen hat, dann muß umgekehrt auch die bayerische Regierung in ihrem Haushaltsplan diese 50 Millionen DM zunächst einmal einstellen.
Welcher Tatbestand liegt den 50 Millionen zugrunde? Es handelt sich um unser Bundesversorgungsgesetz, eine Materie, die uns allen in diesem Hause besonders am Herzen liegt. Die Leistungen aus dem Bundesversorgungsgesetz sind seit dem 1. April 1950 auf den Bund übernommen worden. Bayern hatte die Leistungen für unsere armen Kriegsbeschädigten vor dem 1. April 1950 nicht in dem Umfang bezahlt, wie es gesetzlich notwendig war. Es waren Rückstände vorhanden; diese Rückstände hat dann der Bund bezahlt.
Nun gibt es, wie Ihnen allen bekannt ist, den § 18 des Ersten Überleitungsgesetzes. Da steht ganz klar drin, daß solche Zahlungen, die der Bund für diesen Zweck für die zurückliegende Zeit leistet, von den Ländern zu erstatten sind.
Sozialpolitsche Experten glauben, daß diese vom Bund bezahlten Rückstände nicht etwa nur 50 Millionen sind, eine Summe, die mir schon sehr erhebliche Ehrfurcht einflößt, sondern schätzen den Betrag auf 200 Millionen! Meine Damen und Herren, das ist immerhin Geld, das ist so viel Geld, daß man den Posten nicht einfach so fallenlassen kann und daß man hier zur Entlastung der Bundeskasse etwas tun muß. Ich habe vor Jahren einmal irgendwo geschrieben - man soll nicht soviel schreiben; das ist immer eine gefährliche Sache -,
({1})
({2})
man solle den Bundesfinanzausgleich so einfach wie möglich machen, und da wurde mir gesagt, das sei eine ganz utopische Forderung.
Nun kann es ja sein, daß der Herr Bundesfinanzminister uns mit diesem schwierigen Bundesfinanzausgleichsproblem nicht belästigen will und vielleicht glaubt, durch stillschweigenden Verzicht auf die von Bayern geschuldeten Beträge still, leise und heimlich etwas für Bayern tun zu können. Für Bayern etwas zu tun, ist sicherlich notwendig. Es gibt dort sehr viele Notstandsgebiete. Aber ich glaube, daß eine solche stille Hilfe wieder gegen die Interessen der anderen Länder verstößt. Wenn man die Wähler eines armen Landes vertritt wie ich, das selbst große Finanzschwierigkeiten hat, dann ist man für einen solch „stillen" Finanzausgleich nicht ganz zu haben.
Die Gretchenfrage, was mit diesen 50 Millionen ist, die hier im Haushalt stehen und, die wahrscheinlich in Wirklichkeit viel höher sind, muß geklärt werden. Willst du wissen, was sich ziemt, so frage nur bei edlen Frauen an! Das gilt ja wohl auch heute noch im Zeitalter der Gleichberechtigung! Neulich ist man im Haushaltsausschuß sehr böse gewesen, als der Bundesfinanzminister von Berlin 30 Millionen haben wollte, und es ist sogar das Wort gefallen, er sei wie ein Shylock, obgleich ich unserm Bundesfinanzminister nicht zutraue, daß er dem Senator Haas unmittelbar am Herzen ein Pfund Fleisch herausschneiden wollte. Aber, meine Damen und Herren, wenn wir nun einmal beim „Kaufmann von Venedig" sind, dann möchte ich daran erinnern, daß da eine sehr schöne Richtlinie enthalten ist. Da sagt nämlich die kluge Porzia:
Es darf nicht sein. Kein Ansehn in Venedig 1) Vermag ein gültiges Gesetz zu ändern.
Es würde als ein Vorgang angeführt,
Und mancher Fehltritt nach demselben Beispiel
Griff um sich in dem Staat! Es kann nicht sein!
Also entweder schuldet Bayern diese Summen, dann müssen sie auch gezahlt werden, und dann muß der Bund die nötigen Anstrengungen machen, um zu dem Geld zu kommen, oder die Münchner Regierung hat recht, und es ist keine Schuldverpflichtung da; dann soll man diese Einnahmeposition streichen. Aber, Herr Bundesfinanzminister, wir sind der Ansicht, daß Sie uns, wenn wir diesen großen Haushalt bewilligen sollen, Klarheit über diese Dinge geben müssen. Wie steht's damit, und was wollen Sie nun tun, um diese Beträge einmal beizutreiben?
({3})
Das Wort hat der Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin gern bereit, die gewünschte Klarheit zu geben. Es handelt sich um folgenden Tatbestand. Das Überleitungsgesetz beruht auf dem Kassenprinzip; es stellt also fest, daß die Einnahmen und Ausgaben vor oder nach dem 1. April 1950, je nach dem Tage der Auszahlung oder des Anfalls, auf den Bund oder auf die Länder entfallen. Es ist natürlich notwendig gewesen, im Überleitungsgesetz den Fall vorzusehen, daß nicht die normale, übliche Geschäftsführung, sondern eine Geschäftsführung, die die Auszahlungen verschiebt, um den andern Teil zu belasten, dieses Kassenprinzip für irgendeinen der Beteiligten schädlich macht.
In Bayern sind die Auszahlungen für die Kriegsbeschädigtenrenten langsamer erfolgt als in anderen Ländern. Infolgedessen ging auf den Bund eine auffallend hohe Last aus der früheren Zeit über, die in einer gewissen Diskrepanz zu anderen Ländern stand. Pflichtgemäß hat die Bundesfinanzverwaltung daher auf das Überleitungsgesetz hingewiesen. Im einzelnen Falle festzustellen, ob die Auszahlung schuldhaft oder ohne Verschulden, trotz gewissenhaftester Handhabung, verzögert erfolgt ist, ist sehr schwer. Deswegen wurde der Bundesrechnungshof mit einer Prüfung der Angelegenheit befaßt. Der Bundesrechnungshof hat vor einigen Wochen auf Grund der bisher vorgenommenen Erhebungen dem Bundesfinanzministerium vorgeschlagen, Vergleichsverhandlungen mit dem Land Bayern über die Festsetzung der Höhe und über die Auszahlung der Summe einzuleiten. Das hat das Bundesfinanzministerium getan. Die Vergleichsverhandlungen mit dem Land Bayern schweben infolgedessen. Es würde ein Vorgriff gegenüber den Vergleichsverhandlungen sein, wenn der Bundestag diesen Posten jetzt ohne weiteres striche, wobei ich bemerken darf, daß dieser Posten ja nicht im Nachtragshaushalt, sondern bereits im Wiederholungshaushalt enthalten war. Ich möchte also, damit kein Präjudiz für die Vergleichsverhandlungen, die zwischen Bayern und dem Bund schweben, ausgesprochen wird, bitten, es vorerst bis zum Abschluß der Vergleichsverhandlungen bei dem Haushaltsansatz zu belassen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Einzelplans XXVI ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Enthaltungen oder stimmen Sie dagegen?
({0})
- Gegen einige Stimmen angenommen. Wir kommen dann zur
Zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952 ({1}) ({2}),
Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses ({3}) ({4}).
Ich nehme an, daß es besser ist, das jetzt zu erledigen und dann erst die Abstimmung über das Vertriebenengesetz vorzunehmen.
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Schoettle.
Schoettle ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was ich zu sagen habe, ist weniger dramatisch als das, was mein Herr Kollege aus dem Haushaltsausschuß, Herr Dr. Nöll von der Nahmer, vorhin vorgetragen hat. Ich habe Bericht zu erstatten über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952 nach den Ergebnissen der Beratungen im Haushaltsausschuß, Drucksache Nr. 4100.
Ich darf zunächst einige Bemerkungen über das Endresultat dieser Beratungen machen, damit der Zusammenhang hergestellt wird. Der Nachtrag muß
({6})
ja im Zusammenhang mit dem Wiederholungshaushalt 1952 gesehen werden. Es ergeben sich hiernach als Schlußzahlen für das gesamte Haushaltsjahr 1952 - neben ,dem, was Sie jetzt auf der rechten Spalte bei der Zusammenstellung des Beratungsergebnisses finden - folgende Ziffern. Im Wiederholungshaushalt haben sich die Einahmen und Ausgaben ausgeglichen mit 21 073,1 Millionen, bestehend aus 17 363,4 Millionen im ordentlichen und 3709,6 Millionen im außerordentlichen Haushalt. Der Nachtrag umfaßt nach den jetzigen Beratungsergebnissen eine Gesamtsumme von 2281,8 Millionen, und zwar im ordentlichen Haushalt 3403,9 Millionen und einen Minderbetrag von 1122,0 Millionen, um den sich das Gesamtergebnis des außerordentlichen Haushalts 1952/53 vermindert. Die Gesamtsummen für 1952/53 sind also im ordentlichen Haushalt 20 767,3 Millionen, im außerordentlichen 2587,6 Millionen, so daß sich das Haushaltsvolumen 1952 auf 23 354,9 Millionen DM beläuft. Die Änderungen in der Vorlage des Entwurfs zum Nachtrag ergeben sich aus den Beratungen des Ausschusses.
Vielleicht noch eine Bemerkung über die Zahl der Beamten, Angestellten und Arbeiter in der Bundesverwaltung. Das ist ja auch etwas, was sich für diejenigen, die nicht unmittelbar an den Beratungen beteiligt sind, immer sehr schwer erschließt, weil es aus den verschiedenen Einzelplänen zusammengesucht werden muß. Auf Grund der Beratungsergebnisse beim Nachtrag 1952 ist festzustellen, daß in der gesamten Bundesverwaltung 53 750 Beamte, 19 520 Angestellte und 7326 Arbeiter beschäftigt sind; davon sind im Nachtrag 2979 Beamte, 1887 Angestellte und 779 Arbeiter veranschlagt. Diese Zahl mag manchem sehr groß erscheinen. Aber man darf feststellen, daß z. B das Finanzministerium allein 35 419 Beamte beschäftigt, wobei allerdings mit Nachdruck auf den Umfang des Apparats für die Zoll- und die Steuerverwaltung hinzuweisen ist, der den Hauptteil der Beamten umfaßt. Bei der Verwaltung des Ministeriums des Innern finden wir ebenfalls eine recht hohe Zahl von Beamten, nämlich 10 892. Auch hier entfällt der größte Teil dieser Summe auf unterstellte Verwaltungen, z. B. auf den Bundesgrenzschutz. Alle diese Zahlen muß man zueinander in Vergleich stellen, damit man eine richtige Vorstellung vom Umfang der Bundesverwaltung bekommt.
Nun einige Worte zum Gesetz. Der § 1 ist - wie gesagt - auf Grund der Ergebnisse nur in seinen Ziffern geändert worden.
Der § 2 ist unverändert. Er enthält die Bestimmungen, die sich mit der haushaltsrechtlichen Festlegung der Beamtenbesoldungen und der Zulagen, die im Jahre 1952 gewährt worden sind, befaßt.
Der § 3 ist ebenfalls unverändert. Hier gilt das, was ich eben gesagt habe, für die Ruhegehaltsempfänger und verwandte Gruppen.
Der § 4 bleibt unverändert. Auch das steht im Zusammenhang mit den Verschiebungen, die auf dem Gebiet der Beamtenbesoldung im Laufe des Haushaltsjahrs vor sich gegangen sind. Der § 4 erhält allerdings einen Abs. 2, in dem gesagt wird, daß übertragbare Ausgabemittel mit anderen Ausgabemitteln deckungsfähig sind, wenn dies bei einzelnen Ausgabetiteln im Haushaltsplan durch Haushaltsvermerk bestimmt ist. Das entspricht einer praktischen Notwendigkeit, die sich bei der Regelung dieser Fragen aufdrängt.
Der § 5 hat eine nicht unerhebliche Veränderung erfahren, die allerdings weniger in der Sache als vielmehr in der Formulierung liegt. Beim § 5 handelt es sich um die Regelung jener haushaltsmäßigen Folgen, die sich aus dem Wiedergutmachungsgesetz vom 11. Mai 1951 ergeben. Es bestanden im Haushaltsausschuß bei Mitgliedern verschiedener Fraktionen gewisse Bedenken dagegen, solche Regelungen in das Haushaltsgesetz hineinzunehmen. Man hat sich aber schließlich darauf geeinigt, daß es beim Nachtrag 1952 dabei bleiben soll, während bei künftigen Haushaltsgesetzen eine andere Regelung getroffen werden soll. Vermutlich muß das, was jetzt im § 5 niedergelegt ist, als eine besondere gesetzliche Regelung noch durch den Bundestag beschlossen werden. Wichtig ist, daß die Ermächtigung an den Herrn Bundesfinanzminister, Planstellen im Rahmen dieses § 5 zu schaffen, nach dem Wortlaut dieser Bestimmung an die Zustimmung des Haushaltsausschusses gebunden ist. Eine Änderung in Abs. 2 dieses § 5 bezieht sich auf die Reichshaushaltsordnung und stellt eine Sicherheitsmaßnahme dar.
Der § 6 ist unverändert. Das gleiche gilt für § 7. Dieser ist insofern interessant, als er den § 75 der Reichshaushaltsordnung für das Haushaltsjahr 1952 außer Kraft setzt. Eine ähnliche Bestimmung finden wir im Haushaltsgesetz 1953. Dieser § 75 schreibt vor, daß ein Haushaltsfehlbetrag spätestens im übernächsten Haushaltsjahr in den Ausgaben veranschlagt werden soll. Über die Zweckmäßigkeit dieses Verfahrens der Außerkraftsetzung des § 75 kann man verschiedener Meinung sein; aber der Haushaltsausschuß bittet das Haus, diese Regelung zu akzeptieren.
§ 8 hat insofern eine Änderung erfahren, als nach den Vorschlägen des Bundesfinanzministeriums das Haushaltsgesetz 1952, also das Gesetz, das den Hauptplan umschließt, geändert wird, und zwar soll in § 6 Abs. 1 des Haushaltsgesetzes 1952 vom 25. Juni 1952 die dort genannte Zahl - es handelt sich um den Kreditplafond, der dem Bundesfinanzminister zur Verfügung steht - um 100 Millionen DM herabgesetzt werden. Eine ähnliche Änderung wird für Abs. 2 des Gesetzes vorgeschlagen, wo die Zahl von 2 243 708 650 DM um rund 1 Milliarde vermindert wird.
§ 9 ist unverändert.
Die letzte Änderung, auf die ich hinweisen möchte, ist die Einfügung eines § 9 a mit der Berlin-Klausel, wie sie sich in diesem Zusammenhang als notwendig erweist.
Meine Damen und Herren, ich darf doch auf einige Einzelheiten der Drucksache Nr. 4100 eingehen. Der Antrag des Ausschusses gliedert sich ja in drei Punkte. Der Punkt 1 betrifft den Antrag, der Vorlage mit den vom Ausschuß angebrachten Änderungen zuzustimmen, Punkt 2 den Vorschlag, die Anlage zum Nachtrag, nämlich den Gesamtplan, der diesem Druckstück anhängt, in der Ihnen vorliegenden Fassung anzunehmen. Der Punkt 3 beschäftigt sich mit einer Frage, über die sich das Haus klarwerden sollte. Der Ausschuß legt Ihnen darin eine Entschließung folgenden Inhalts vor: bei der Beratung der Einzelpläne des Nachtragshaushalts habe der Haushaltsausschuß feststellen müssen, daß die personelle Beteiligung der Bundesrepublik an der Verwaltung der verschiedenen internationalen und supranationalen Organisationen durchweg wesentlich unter dem materiellen deutschen Beitrag zu diesen Organisati({7})
onen liege. Der Ausschuß hat sich sehr eingehend mit dieser Frage beschäftigt. Er ist zu dem Entschluß gekommen, dem Hohen Hause vorzuschlagen, es möge sich sehr nachdrücklich auf den Standpunkt stellen, daß eine Fortdauer dieses Zustandes von uns nicht ertragen würde. Der Ausschuß schlägt dem Hohen Hause vor, zu beschließen:
Bei Fortdauer des gegenwärtigen, durchaus unbefriedigenden Zustandes würde der Haushaltsausschuß bei der Beratung künftiger Haushaltspläne prüfen müssen, ob er dem Bundestag die Bewilligung solcher Beiträge in Zukunft noch empfehlen kann.
Ich bitte das Haus, diesen Anträgen zuzustimmen. Ich glaube insbesondere, daß die Annahme des Antrags unter Ziffer 3 eine notwendige Korrektur des Zustandes einleiten würde, wie er sich im Laufe der letzten Jahre herausgebildet hat, daß wir nämlich hohe Beiträge an die internationalen Organe leisten, ohne daß der Anteil Deutscher an den Verwaltungen dieser Organe entsprechend steigt.
({8})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe § 1 auf. - Keine Wortmeldungen. Wer § 1 annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit.
§ 2. - Keine Wortmeldungen. Wer § 2 annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Ersteres war die Mehrheit.
§ 3. - Keine Wortmeldungen. Wer § 3 annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Ersteres war die Mehrheit.
§ 4. - Wer für die Annahme von § 4 ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Ersteres war die Mehrheit.
§ 5, - § 6, - § 7, - § 8, - § 9, - § 9 a, -§ 10, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Ersteres war die Mehrheit. Diese Bestimmungen sind angenommen worden. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Meine Damen und Herren! Nach einer Vereinbarung der Fraktionen soll nunmehr unterbrochen werden; es soll vor Eintritt in die dritte Beratung des Nachtragshaushaltes die Schlußabstimmung in der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge und die dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes stattfinden.
({0})
- Das Haus ist damit einverstanden? Ich rufe also auf:
Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge ({1}) ({2});
Zusammenstellung der Beschlüsse in dritter Beratung ({3}).
({4})
In der dritten Beratung in der 254. Sitzung ist über alle Bestimmungen des Entwurfs abgestimmt worden, ebenfalls über Einleitung und Überschrift. Lediglich bei § 65 ist eine Abstimmung zu wiederholen. Ausweislich des Stenographischen Berichts, 254. Sitzung, Seite 12268, ist über einen Änderungsantrag des Abgeordneten Struve abgestimmt worden, ehe dieser Antrag gedruckt vorlag. Nach § 87 der Geschäftsordnung, der dem Hause anläßlich dieser Abstimmung verlesen worden ist, ist wie folgt zu verfahren:
Sind in der einmaligen oder in der dritten Beratung Änderungsanträge angenommen worden, ehe sie gedruckt verteilt waren, so muß, wenn es von einer Anzahl von Abgeordneten, die einer Fraktionsstärke entspricht, verlangt wird, vor der Schlußabstimmung nochmals über die nun vorliegende Drucksache abgestimmt werden. Eine Beratung findet nicht statt.
Die Drucksache liegt nunmehr als Umdruck Nr. 833 vor. Kann über den Umdruck, d. h. über den Änderungsantrag, in dieser Form abgestimmt werden? - Kein Widerspruch.
({5})
- Es ist meines Erachtens nicht derselbe Wortlaut.
({6})
- Deshalb habe ich die Frage gestellt. Es hätte ja sein können, daß das Haus das ohne Widerspruch entgegennimmt.
Der Antrag, über den abgestimmt worden ist, lautete:
In § 65 werden folgende neue Absätze 2 und 3 eingefügt:
({7}) Wenn der Eigentümer sich verpflichtet, seinen landwirtschaftlichen Betrieb durch Umwandlung einer der in § 40 aufgeführten Flächen in Kulturland bis zur Größe eines Familienbetriebes binnen einer ihm von der Siedlungsbehörde gesetzten angemessenen Frist aufzustocken, so kann die Enteignung dieser Fläche erst stattfinden, wenn die Frist nicht gewahrt wird.
({8}) Die Vorschrift des Abs. 2 gilt entsprechend, wenn der Eigentümer sich verpflichtet, innerhalb einer ihm von der Siedlungsbehörde gesetzten angemessenen Frist eine Fläche bis zur Größe einer selbständigen Ackernahrung zur Errichtung einer Siedlung vom Hof aus zugunsten eines direkten Abkömmlings in Kulturland umzuwandeln.
Der bisherige Abs. 2 wird Abs. 4, der bisherige Abs. 3 wird gestrichen.
Über diesen Antrag ist abgestimmt worden.
({9})
- Er ist abgelehnt worden.
Der Umdruck Nr. 833 besagt:
§ 65 Abs. 4 und 5 erhalten folgende Fassung:
({10}) Absatz 3 gilt entsprechend, wenn der abgebende Betrieb die Zuteilung von kulti({11})
viertem Land bis zur Größe einer selbständigen Ackernahrung zur Errichtung einer Siedlung vom Hof aus zugunsten eines direkten Abkömmlings beantragt.
({12}) Die Zuteilungen gemäß Absätzen 3 und 4
werden auf den Anteil der einheimischen
Siedlungsbewerber gemäß § 38 angerechnet.
Das ist ein anderer Antrag als der, über den abgestimmt worden ist. .
Das Wort hat der Abgeordnete Merten. - Es kann also nur zur Geschäftsordnung debattiert werden, Herr Abgeordneter! Nach § 87 der Geschäftsordnung findet eine Beratung nicht statt.
Meine Damen und Herren! Die Unterschiede zwischen dem Antrag, den Herr Kollege Struve am 18. März gestellt hat, und dem Antrag, der uns heute auf Umdruck Nr. 833 vorliegt, sind allerdings erheblich. Man kann also kaum davon reden, daß es sich um denselben Antrag handelt. Ja, man kann noch nicht einmal sagen, es handle sich um eine redaktionelle Änderung des damals von Herrn Kollegen Struve gestellten Antrags. Ich glaube nicht, daß eine derartige Änderung, wie sie auf Umdruck Nr. 833 vorliegt, durch den § 87 der Geschäftsordnung gedeckt ist.
Im Antrag Struve vom 18. März ist erstens die Rede von Familienbetrieben. Das ist hier nicht mehr der Fall. Zweitens ist davon die Rede, daß bei der Aufstockung des eigenen Betriebes die Kultivierungseinrede gelten soll. Auch davon steht in dem Umdruck Nr. 833 kein Wort. Drittens ist gesagt, daß die Kultivierungseinrede bei der Siedlung vom Hof aus gelten soll. Auch das ist hier nicht wiederholt worden. Viertens schließlich hatte Kollege Struve beantragt, den bisherigen Abs. 3 des § 65 zu streichen. Auch davon ist keine Rede mehr; im Gegenteil, es wird auf diesen Absatz ausdrücklich Bezug genommen.
Ich bin der Auffassung, daß wir heute nach § 87 der Geschäftsordnung und nach den Abmachungen im Ältestenrat über den Antrag Struve, wie er am 18. März gestellt worden ist, reden können, nicht aber über den Antrag Umdruck Nr. 833. Da der Antrag Struve heute aber nicht schriftlich vorgelegt worden ist, können wir, glaube ich, jetzt auch nicht darüber abstimmen und müssen jetzt unmittelbar zur Schlußabstimmung über das ganze Gesetz kommen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Krone.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über diese Frage, Herr Kollege Merten, ist im Ältestenrat ausführlich gesprochen worden, und zwar im Beisein von Herrn Präsidenten Ehlers. Dabei ist festgelegt worden, daß zu diesem Paragraphen eine Neuformulierung durchaus möglich sei. Dagegen wurde kein Einspruch erhoben.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Menzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Krone hat insofern recht, als im Ältestenrat gesagt worden ist: da der Antrag des Herrn Kollegen Struve nur mündlich vorgetragen worden sei, solle er die Möglichkeit haben, den Antrag - wenn auch nicht in der gleichen Formulierung, wie er im Protokoll steht - noch einmal einzureichen. Aber es blieb dabei - und das war der Sinn der Verabredung -, daß in der Substanz, in der Sache selbst, eine Änderung nicht möglich sei. Da das aber der Fall ist, wie wir eben gehört haben, ist eine Abstimmung über den Antrag nicht möglich.
Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man muß eine Geschäftsordnung nach meiner Überzeugung auch sinngemäß auslegen.
({0})
Die Verhältnisse sind so: Wenn der Antrag nicht gedruckt vorliegt und infolgedessen in seiner sachlichen Tragweite auch nicht übersehen werden kann, muß er nach der Geschäftsordnung schriftlich vorgelegt werden, und nach der Geschäftsordnung habe ich das Recht, zu jedem vorliegenden Antrag Änderungsanträge zu stellen.
({1})
Man würde dem Abgeordneten ein Recht beschneiden, wenn er über den Antrag nicht so befinden könnte, wie es nach der Geschäftsordnung üblich ist. Ich bin deshalb der Meinung, daß der Antrag Umdruck Nr. 833 absolut zulässig ist, weil er nach meiner Überzeugung den Rechten der Abgeordneten bis zur Schlußabstimmung unbedingt Rechnung trägt.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Weber.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag Umdruck Nr. 833 entspricht der Geschäftsordnung. Er enthält lediglich eine Neuformulierung und eine Klarstellung des ersten Antrags Struve.
({0})
- Ja, hören Sie erst mal zu! - Der Antrag Struve behandelte zwei Probleme: erstens die Siedlung vom Hofe aus und zweitens die Aufstockung. Herr Struve hatte übersehen, daß in Abs. 3 die Aufstockung bereits behandelt war; er hatte deshalb eine neue Formulierung für die Aufstockung vorgelegt und die Streichung des Abs. 3, der bereits die Aufstockung enthielt, beantragt. Das ist ihm hinterher klargemacht und klargeworden.
({1})
Infolgedessen bleibt Abs. 3 in der Fassung der zweiten Lesung bestehen. Es bestand und besteht also für Herrn Struve keine Veranlassung, in dieser Hinsicht einen Änderungsantrag einzubringen.
Das zweite Problem, das er behandelt hatte, ist im jetzt vorliegenden Abs. 4 enthalten. Es ist neu formuliert und nicht etwa neu hineingebracht wor({2})
den, sondern es ist lediglich bestimmt, daß nunmehr auch die Siedlung vom Hofe aus unter den Voraussetzungen, wie sie in Abs. 4 niedergelegt sind, geschehen kann.
Abs. 5 stellt lediglich klar, was auch bereits im Antrag Struve enthalten war, daß nämlich diese Landzuteilungen auf den Anteil der einheimischen Siedlungsbewerber gemäß § 38 angerechnet werden müssen.
Infolgedessen enthält Umdruck Nr. 833 keinerlei neuen Antrag, sondern lediglich eine neue Formulierung des bereits von Herrn Struve gestellten Antrags.
({3})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schoettle zur Geschäftsordnung.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, der Wortlaut des § 87 der Geschäftsordnung ist sehr eindeutig. Es kann uns nicht klargemacht werden, daß der Antrag, der jetzt vorliegt, mit dem Antrag identisch sei, der aus dem Protokoll nach seinem Wortlaut klar und deutlich zu entnehmen ist. Sie können auch nicht, Herr Kollege Horlacher, damit kommen, daß Sie sagen: Man muß doch zu jedem Antrag, der hier zur Abstimmung steht, Änderungsanträge einbringen können! - Dann hat doch der Satz in § 87 gar keinen Sinn, daß eine Beratung nicht stattfindet; denn wenn Sie Änderungsanträge stellen, dann müssen doch wenigstens diese Änderungsanträge besprochen werden können.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten die Geschäftsordnung nicht deshalb jetzt zu interpretieren versuchen, weil Herrn Kollege Struve das Pech passiert ist, daß er sich im Augenblick seiner etwas überhasteten Antragstellung nicht ganz darüber klar war, was er eigentlich beantragte, und das nun nachträglich korrigieren möchte. So sollte man mit der Geschäftsordnung nicht verfahren.
({0})
Weitere Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Ewers zur Geschäftsordnung.
Meine verehrten Damen und Herren! Der in der letzten Sitzung nicht gedruckt vorliegende Antrag Struve ist, wenn ich mich nicht sehr irre, abgelehnt worden. Nach § 87 kommt eine Wiederholung aber nur in Betracht, wenn Anträge „angenommen" sind, ohne daß sie schriftlich vorlagen. Deshalb bin ich der Ansicht, daß überhaupt eine Wiederholung - man mag es beklagen oder begrüßen - gar nicht in Betracht kommen kann. Käme sie in Betracht, dann müßten die damals angenommenen Anträge nunmehr gedruckt vorliegen - „die" Anträge, die angenommen sind; nicht andere! Ich bedauere daher auch für den Fall, daß wir überhaupt hier abstimmen könnten, meinem verehrten Kollegen Weber nicht zustimmen zu können.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Struve zur Geschäftsordnung. Ich schlage vor, daß die Geschäftsordnungsdebatte nach dieser Rede abgeschlossen wird.
({0})
Wenn ich den Beschluß des Ältestenrats richtig verstanden habe, ist er der Auffassung, daß noch einmal über den Antrag, den ich eingebracht habe und der sich auf § 65 bezieht, abgestimmt werden kann.
({0})
Wenn wir uns darüber einig sind,
({1})
gibt es zwei Möglichkeiten: daß der genaue, von mir damals nur dem Herrn Präsidenten vorgeschlagene Wortlaut jetzt zur Abstimmung gestellt wird oder
({2})
der durch Umdruck Nr. 833 vorgelegte, der sinngemäß genau dasselbe enthält, aber auf Rat unserer Herren Juristen ohne Zweifel eine andere Formulierung erhalten hat.
({3})
Meine Damen und Herren, damit ist die Geschäftsordnungsdebatte erledigt. Ich sehe mich in Anbetracht des Wortlauts und des offenbaren Sinnes des § 87 der Geschäftsordnung nicht in der Lage, den Umdruck Nr. 833 zur Abstimmung zu stellen, ebenfalls nicht den schon abgelehnten Antrag Struve; denn § 87 erlaubt die Wiederholung einer Abstimmung nur, wenn ein Antrag angenommen worden ist.
Wir kommen also zur Schlußabstimmung. Zur Abstimmung sind einige Wortmeldungen erfolgt. Das Wort hat Herr Abgeordneter Müller.
Meine Damen und Herren! Zur Abstimmung über das sogenannte Vertriebenengesetz gebe ich namens der kommunistischen Fraktion
({0}) folgende Erklärung ab:
Millionen Flüchtlinge und Umsiedler haben sich der Erwartung hingegeben, daß mit diesem Gesetz ihre Forderungen auf Eingliederung, auf Beseitigung der Arbeitslosigkeit, die Schaffung selbständiger Existenzen, die Bereitstellung von Grund und Boden und auf Beschaffung von Wohnungen einer schnellen und praktischen Lösung entgegengeführt würden.
({1}) Wir stellen fest:
1. Die Forderung auf tatsächliche und rechtliche Eingliederung der Flüchtlinge und Ausgewiesenen wird durch dieses Gesetz nicht erfüllt. Der Antrag der kommunistischen Fraktion
({2})
auf rechtliche Gleichstellung der Flüchtlinge und Ausgewiesenen mit den Alteingesessenen wurde abgelehnt.
2. Nach wie vor beträgt der Anteil der Flüchtlinge und Ausgewiesenen an der Arbeitslosigkeit rund 40 %. In diesem Gesetz sind keine zwingenden Bestimmungen zur Beschaffung von neuen Ar({3})
beitsplätzen und zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit enthalten. Die Formulierung des Gesetzes ist eine zu nichts verpflichtende Deklaration.
3. Sowohl die Existenz der selbständigen Erwerbstätigen unter den Ausgewiesenen und Flüchtlingen wie auch die Möglichkeiten zur Neuschaffung selbständiger Existenzen werden durch dieses Gesetz nicht gefördert. Der Antrag meiner Fraktion
({4})
auf Gewährung von zinslosen Krediten aus Bundesmitteln sowie auf Umwandlung hochverzinslicher und kurzfristiger Kredite in zinslose Kredite zu günstigen Tilgungsmöglichkeiten wurde abgelehnt.
4. Die Forderung der 250 000 Flüchtlingsbauern auf Seßhaftmachung, d. h. die Beschaffung von Grund und Boden, wird durch dieses Gesetz nicht erfüllt. Der Antrag meiner Fraktion,
({5})
den Grundbesitz über 100 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche zu enteignen und für die Seßhaftmachung zur Verfügung zu stellen, wurde ebenso abgelehnt wie der Antrag meiner Fraktion, für diese Ansiedlungszwecke jährlich 2 Milliarden DM zur Verfügung zu stellen.
({6})
5. Die unwürdigen und skandalösen Wohnverhältnisse der Flüchtlinge und Ausgewiesenen werden mit diesem Gesetz nicht beseitigt. Meine Fraktion
({7})
beantragte, daß jährlich für den sozialen Wohnungsbau zusätzlich eine Milliarde für diese Zwecke zur Verfügung gestellt werden sollen. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.
6. In der Frage der Sozialversicherung stellten wir den Antrag, daß die Ansprüche und Anwartschaften der Flüchtlinge und Ausgewiesenen gegenüber nicht mehr vorhandenen Sozialversicherungsträgern anerkannt werden sollen. Damit verbunden stellten wir die Forderung, daß die entsprechenden Mittel vom Bund aus zu übernehmen sind. Auch dieser Antrag meiner Fraktion wurde abgelehnt.
7. Um zu verhindern, daß Entscheidungen aus diesem Gesetz nach rein bürokratischen Gesichtspunkten zuungunsten der Flüchtlinge und Umsiedler erfolgten, beantragten wir, daß in den Beiräten die Vertreter der Flüchtlinge und Ausgewiesenen das Mitbestimmungsrecht haben sollen. Auch diese Forderung meiner Fraktion wurde abgelehnt.
({8})
Ich stelle also fest, daß dieses Gesetz den Flüchtlingen und Ausgewiesenen entgegen ihren Forderungen und Erwartungen keine reale Grundlage zur Beseitigung ihrer Not gibt. Ich füge hinzu, daß die Bestimmungen in diesem Gesetz lediglich Kann-Bestimmungen sind, die die Bundesregierung zu nichts verpflichten. Die Erwartungen der Umsiedler und Flüchtlinge werden nicht erfüllt. Der Zweck dieses Gesetzes ist ganz eindeutig, diese Menschen zu täuschen und sie in ihrem Elend und in ihrem hoffnungslosen Zustand zu belassen. Die Absicht der Bundesregierung und der hinter ihr stehenden Parteien einschließlich der sogenannten Flüchtlingsvertreter ist, die dadurch erzeugte Stimmung unter den Flüchtlingen und Ausgewiesenen für ihre Politik, für ihre militärischen Absichten auszunutzen. Sie hoffen, durch die Verweigerung eines menschenwürdigen Daseins und durch den ständigen trügerischen Hinweis auf die Rückkehr in die alte Heimat die Flüchtlinge und Ausgewiesenen, insbesondere ihre Jugend, in die Arme der Anwerber für die Söldnerdivisionen zu treiben. Das ist die unmißverständliche Absicht dieses Gesetzes, und das ist die Politik der Bundesregierung gegenüber den Flüchtlingen und Ausgewiesenen.
({9})
Wir sind davon überzeugt, daß diese das Spiel der Bundesregierung durchschauen, daß sie sich gemeinsam mit allen Menschen in Westdeutschland gegen die Politik der Bundesregierung zur Wehr setzen, mit ihnen gegen die Kriegsabsichten, gegen die Durchführung der Kriegsverträge kämpfen und sich für die Wiedervereinigung Deutschlands einsetzen werden.
({10})
Die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes wird auch die Frage dieser Millionen Menschen lösen, ihnen Arbeit, Brot, Wohnung und eine gesicherte Existenz verschaffen.
({11})
Das Wort hat der Abgeordnete Reitzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion gebe ich folgende Erklärung ab.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird dem Bundesvertriebenengesetz trotz mancher Bedenken zustimmen. Bei ihrer Mitarbeit in den Ausschüssen und in der zweiten und dritten Lesung ist die sozialdemokratische Bundestagsfraktion von der Absicht geleitet gewesen, die Rechte der Heimatvertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge konsequent wahrzunehmen.
Wir Sozialdemokraten haben ein wirksames Gesetz gewollt. Die egoistischen Widerständler und Vertreter der sogenannten Grünen Front
({0})
konnten aber, unterstützt von der Mehrheit der Koalitionsabgeordneten, öfter ihren Willen durchsetzen. So wurden die berechtigten Forderungen der Vertriebenen und Flüchtlinge geschmälert. Bei diesem Widerstand handelte es sich weniger um die Wahrnehmung anerkannter Interessen breiter einheimischer Bevölkerungsschichten;
({1})
von den schutzbedürftigen Landarbeitern und Pächtern und ihrer Notlage sprach man, den Schutz der Besitzinteressen anderer aber meinte man.
({2})
Wie können wir Deutschen vor uns selber und vor dem Auslande bestehen, wenn wir im eigenen Entscheidungsbereich nicht Ordnung schaffen und Gerechtigkeit walten lassen?
Die Verantwortung für die Verschlechterungen im Gesetz tragen die Regierungsparteien, die es unterließen, geschlossen gegen die Verschlechterungen zu stimmen. Mit dieser Haltung haben sie das jetzt vorliegende Ergebnis herbeigeführt. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat ge({3})
wünscht, daß die Heimatvertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge bei der Neusiedlung so behandelt werden, wie es ihrer besonderen Lage entspricht. Aber die Beschränkung der Inanspruchnahme von Land für die Eingliederung durch die Siedlungsbehörden wird dazu führen, daß nicht genügend Land zur Neusiedlung zur Verfügung steht. Die sozialdemokratische Fraktion wird sich mit dem jetzigen Zustand nicht abfinden; sie wird die Regierung weiter drängen, Maßnahmen zur rascheren Eingliederung der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge zu treffen.
Wenn wir daher trotz der sichtbaren Mängel dem Gesetz zustimmen, so tun wir dies, um eine weitere Verzögerung der Verabschiedung zu verhindern. Unsere Zustimmung bedeutet keinen Abschluß. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird raschestens geeignete Vorschläge ausarbeiten und sie dem Bundestag zur Beschlußfassung vorlegen. Wir werden weiter energisch für die Verbesserung der Lebensbedingungen aller Bedürftigen, für soziale Gerechtigkeit und damit für eine echte demokratische Lebens- und Staatsform kämpfen.
({4})
Das Wort zur Abstimmung hat der Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe im Namen von 18 heimatvertriebenen Abgeordneten eine Erklärung zur Abstimmung zu verlesen, die sie unterzeichnet haben.
Die heimatvertriebenen Abgeordneten der Koalition haben sich überwiegend entschlossen, dem Bundesvertriebenengesetz ihre Zustimmung zu geben. Der landwirtschaftliche Teil des Gesetzes hat zwar in der zweiten und dritten Lesung gegenüber der Ausschußfassung Verschlechterungen erfahren, die es fraglich machen, ob das Gesetz insoweit den Erfordernissen genügen wird. Es darf trotzdem nicht. übersehen werden, daß auch dieser Teil des Gesetzes gegenüber der Vergangenheit im ganzen einen Fortschritt darstellt.
Die bestehenden Bedenken mußten aber deshalb zurückgestellt werden, weil die zahlreichen wertvollen Bestimmungen der übrigen Teile des Gesetzes nicht in Frage gestellt werden durften. Die Vereinheitlichung der Begriffsbestimmungen, die Gleichstellung der Sowjetzonenflüchtlinge, die Sicherung einer rechtzeitigen Planung und Finanzierung für die Umsiedlung, die Förderungsmaßnahmen für selbständige und unselbständige Erwerbstätige, die Regelung der Zulassungsbestimmungen, die Schuldenbereinigung und die steuerlichen Vergünstigungen für die gewerbliche Wirtschaft, alle diese Erfolge durften im Hinblick auf den überaus großen Personenkreis, der auf diese Maßnahmen seit langem wartet, nicht gefährdet werden.
Deshalb muß das Gesetz verabschiedet und müssen notwendige Verbesserungen der Zukunft überlassen werden.
Unterzeichnet ist die Erklärung von den Abgeordneten Dr. Kather, Ehren, Eplée, Friedrich, Dr. von Golitschek, Dr. Götz, Kühn, Kuntscher, Müller-Hermann, Pfender, Schütz, Dr. Seebohm, Graf von Spreti, Dr. Trischler, Dr. Vogel, Wackerzapp, Wittmann, Dr. Zawadil.
Das Wort zur Abstimmung hat der Abgeordnete Ewers.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Partei und Fraktion tritt in ihren Grundsätzen für das Recht jedes Menschen auf seine Heimat ein. Dieses Recht schließt das Recht auf Eigentum ein. Wer wider Recht und Gesetz aus Heimat und Eigentum vertrieben wurde, gewinnt gegenüber der Gemeinschaft seines Volkes das Recht auf Gleichstellung mit allen anderen .Menschen gerade wegen seiner Heimatlosigkeit. Bis die Vertriebenen und Flüchtlinge in Heimat und Eigentum zurückkehren können, muß für sie die Voraussetzung für ein lebenswertes Leben geschaffen werden. Das ist die Aufgabe des Staates, darüber hinaus die der gesamten Kulturmenschheit.
Kein Vertriebener hat Anspruch darauf, das persönliche Eigentum eines in seiner Heimat verbliebenen Menschen in Anspruch zu nehmen. Seine Ansprüche richten sich gegen die Gesamtheit des Volkes, gegen die Gesamtheit derjenigen, die nicht vertrieben sind, insbesondere gegen diejenigen, die die Verantwortung für die Austreibung tragen. Eine gesetzliche Grundlage für die Rechte der Vertriebenen und Flüchtlinge muß geschaffen werden. Sie hat aber, soweit irgend möglich, den Eigentumsbegriff zu schützen. Das vorliegende Gesetz enthält Formulierungen, die eine Handhabung des Gesetzes in diesem Sinne zum mindesten erschweren. Bei aller Anerkennung der grundsätzlichen Bedeutung des Gesetzes kann daher ein Teil meiner Fraktion dem Gesetz in dieser Form nicht zustimmen.
({0})
Meine Fraktion bedauert, daß die ursprünglich in der Regierungsvorlage vorgesehen gewesene Präambel nicht wiederhergestellt ist. Ungeachtet aller Bedenken wird ein anderer Teil meiner Fraktion dieser Magna Charta für die Vertriebenen, deren Eingliederung eine europäische Schicksalsfrage ist, zustimmen.
({1})
Das Wort zur Abstimmung hat der Abgeordnete Decker.
Für die Föderalistische Union - Bayernpartei/Zentrum - habe ich folgende Erklärung abzugeben.
Die schweren Kämpfe um das Flüchtlingsgesetz haben gezeigt, wie wenig es gelungen ist, in diesem Gesetz die notgedrungen einander widersprechenden Interessen der verschiedenen Bevölkerungsschichten auszugleichen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß den Heimatvertriebenen im Existenzkampf, in dem Bemühen, den Lebensunterhalt zu erwerben und zu sichern, die gleiche Chance wie den Einheimischen gegeben werden muß. Ein wichtiges, vielleicht das entscheidende Mittel ist, daß ihnen Kapital zur Verfügung gestellt wird, und dies - das muß wohl einmal gesagt werden - geschieht in einem Maße und unter so guten Vorzugsbedingungen für Neugründungen und Aufbau von Erwerbsunternehmungen, daß der Kapitalmarkt nahezu ausschließlich den Flüchtlingen zu erträglichen Bedingungen zur Verfügung steht.
({0})
Damit ist den Vertriebenen ein schon sehr schwer ins Gewicht fallender Ausgleich geboten. Darüber hinaus sind ihnen noch viele weitere Bevorzugungen gewährt. Es muß aber auch den Einheimischen eine echte Chance zur Existenzneugründung bleiben.
({1})
Der erbittertste Kampf ging um die Beschaffung von Grund und Boden für vertriebene Bauern. Dies ist auch tatsächlich die schwächste Stelle des Gesetzes und zugleich sein neuralgischer Punkt. Im Gesetz ist keine Rücksicht darauf genommen, daß Grund und Boden nur in einem ganz bestimmten und nicht vermehrbaren Bestande vorhanden sind. Wohnungen, Arbeitsplätze, alles das kann man vermehren, die Quadratmeter Boden, die wir haben, sind eine fest umrissene und fast unveränderliche Zahl, die eher im Absinken als im Zunehmen ist. Man muß auch dem wirklich ins Auge sehen, daß Grund und Boden, so wie er vorhanden ist, nicht ausreicht, um alle Wünsche - und seien sie noch so berechtigt - zu befriedigen. Das Gesetz hat seine Hauptschwäche darin, daß es Grund und Boden nur als Vermögenswert ansieht. Es ist aber ein wesentlicher Unterschied zwischen landwirtschaftlich genutztem Boden und Ware oder einem Aktienpaket. Die großen finanziellen Erleichterungen, die bei Abgabe von Grund und Boden an Vertriebene gewährt werden, blockieren praktisch Grund und Boden für Einheimische, insbesondere für die nachgeborenen Bauernsöhne und Landarbeiter, die einen landwirtschaftlichen Betrieb gründen wollen.
({2})
Es wurde davon gesprochen, daß das Gesetz die Verwurzelung der Entwurzelten zum Ziel habe. Dem können wir nur zustimmen. Wir können aber dem Gesetz nicht zustimmen, wenn seine Verwirklichung zur Entwurzelung der Verwurzelten, nämlich der einheimischen Bauern, führt.
({3})
Das ist keine echte Eingliederung.
({4})
Wir suchten mit unseren Änderungsanträgen eine für die Gemeinsamkeit erträgliche Lösung. Unsere Versuche zu Kompromissen sind abgelehnt worden. Von unserer Gegenseite ist gesagt worden, daß sie nicht mehr zu Kompromissen bereit sei. Dieser Kompromißlosigkeit ist die Verantwortung für das Nein zu dem Gesetz zuzuschreiben. Auch wir können bei aller Betonung des Willens, die Vertriebenen einzugliedern und ihnen zu helfen,
({5})
zu diesem Gesetz nicht ja sagen, weil es in einer nicht mehr tragbaren Weise das Privateigentum, zu dessen Begriff wir uns bekennen müssen, verletzt.
Wir beantragen namentliche Abstimmung und bitten den Herrn Präsidenten, die Unterstützung dieses Antrags festzustellen.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Goetzendorff.
Goetzendorff ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geist und materieller Inhalt der Ausschußvorlage wurden in den vorangehenden Beratungen durch eine Mehrheit der Regierungskoalition so entscheidend verwässert, daß ich in der zweiten Beratung meine Zustimmung zu diesem Gesetz nicht geben konnte. Nur der Umstand, daß Teile der DP und der Bayernpartei, deren Einstellung zum Vertriebenenproblem sattsam bekannt ist, gegen dieses Gesetz stimmen,
veranlaßt mich, in der dritten Beratung für das Gesetz zu stimmen.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
({0})
Loritz ({1}): Meine Damen und Herren! Es ist ein falscher Standpunkt, für ein schlechtes Gesetz nur deswegen zu stimmen - wie es heute schon der Sprecher einer großen Oppositionspartei angekündigt hat -, um den Boden für sofortige Änderungsanträge zu diesem Gesetz vorzubereiten.
Dieses Gesetz wird den Heimatvertriebenen in der Form, wie es jetzt in der dritten Lesung vorliegt, gar nichts außer einigen platonischen Versicherungen bringen. Sonst gar nichts! Es wird ihnen wie beim Lastenausgleichsgesetz -
Herr Abgeordneter Loritz, Sie halten eine Diskussionsrede, geben aber keine Erklärung zur Abstimmung ab.
Loritz ({0}): Ich halte keine Diskussionsrede.
Ich bitte Sie, sich an die Geschäftsordnung zu halten; sonst werde ich Ihnen das Wort entziehen.
Loritz ({0}): Ich weiß sehr wohl eine Erklärung zur Abstimmung von einer Diskussionsrede zu unterscheiden. Bei einer Erklärung zur Abstimmung muß man seine Stellungnahme noch kurz begründen können, warum man für oder gegen ein Gesetz stimmt.
({1})
Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz stellt nicht nur eine völlige Verwässerung der Forderungen der Heimatvertriebenen dar, sondern dieses Gesetz wird ihnen - ähnlich dem, was beim Lastenausgleichsgesetz geschehen ist - so gut wie nichts bringen. Umgekehrt: dieses Gesetz wird eine Unsumme von Rechtsstreitigkeiten bringen und wird auf diese Art und Weise einen Behördenapparat großzüchten helfen und eine Unsumme von Prozessen in Gang bringen, so daß die ganze Wirkung -
Herr Abgeordneter Loritz, was Sie hier reden, ist keine Erklärung zur Abstimmung mehr. Ich entziehe Ihnen das Wort.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen nunmehr zur Abstimmung. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich frage das Haus, ob 50 Mitglieder des Hauses bereit sind, diesen Antrag zu unterstützen. Wer das will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das sind zweifellos weniger als 50 Abgeordnete. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Wer für die Annahme des Gesetzes ist, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Das Gesetz ist gegen einige Gegenstimmen bei wenigen Enthaltungen angenommen.
({1})
Es ist nunmehr abzustimmen über Ziffer 2 des Ausschußantrags, zunächst Ziffer 2 a, folgender Entschließung zuzustimmen:
Die Bundesregierung wird ersucht, die Frage zu prüfen, ob die Bewohner der von der Oder und der Neiße geteilten Gemeinden in einer künftigen Rechtsverordnung den Vertriebenen im Sinne des § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes gleichgestellt werden können.
Wer für diese Entschließung ist, den bitte ich, die
Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Gegen einige Stimmen angenommen.
Ziffer 2 b:
Den Bundesländern wird empfohlen, von der Erhebung der Grunderwerbsteuer abzusehen, soweit Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtlinge zum Ersatz des durch die Vertreibung oder die Flucht verlorenen Grundeigentums solches wiedererwerben. Entsprechendes gilt, wenn Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtlinge Grundeigentum zum Zwecke ihrer Existenzgründung erwerben.
Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
- Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen angenommen.
Nun Ziffer 3:
den Antrag der Abgeordneten Goetzendorff und Genossen betr. Flüchtlingsgesetz - Nr. 114 der Drucksachen - durch die Beschlußfassung zu 1. für erledigt zu erklären.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen.
- Gegenprobe! - Das war die Mehrheit.
Es ist weiter eine Entschließung Umdruck Nr. 812 angekündigt. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Merten.
Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei dieser Entschließung um eine Maßnahme, die im Zusammenhang mit der Ausweisausgabe, die im Vertriebenengesetz vorgesehen ist, durchgeführt werden soll, und zwar die Feststellung der Bevölkerungsverluste im Osten und des Schicksals der noch dort verbliebenen Deutschen.
({0})
Wir haben bereits eine ähnliche Registrierung im Jahre 1950 versucht, die aber nicht zu dem gewünschten Erfolg führte, weil der Schwerpunkt damals auf dem Kriegsgefangenensektor lag. Die Gelegenheit, jetzt mit verhältnismäßig geringen Kosten im Zusammenhang mit der Ausweisausgabe die notwendige dokumentarische Erfassung der Vertriebenen durchzuführen, ist außerordentlich günstig. Ich bitte Sie daher, der Entschließung Umdruck Nr. 812 zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die der soeben begründeten Entschließung zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen mit überwiegender Mehrheit angenommen.
Wir kommen zu Punkt 3 b:
Dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU ({0}) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes ({1}).
({2})
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf § 1. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 810 vor.
Dazu hat Herr Abgeordneter Dr. Reismann das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wiederholen unseren Antrag auf Umdruck Nr. 810. Inzwischen hat die SPD Ihnen einen ungefähr gleichlautenden und dem Sinne nach entsprechenden Antrag vorgelegt. Wir freuen uns natürlich über das Einschwenken der SPD, die durch Herrn Abgeordneten Seuffert in der letzten Sitzung unseren Antrag so bekämpfen ließ; aber ein Unterschied besteht nun doch. Es wird von uns verlangt, diese Verbesserung des Gesetzes schon in der jetzigen Vorlage vorzunehmen. Dagegen wurde seinerzeit eingewendet, das sei unsystematisch, da es sich hier nur um Vertriebene und Ostzonenflüchtlinge handle. Ich habe schon damals darauf hingewiesen, daß das nicht zutrifft, da ja auch politisch Geschädigte im Flüchtlingsgesetz berücksichtigt worden sind. Es kommt weniger darauf an, ob es systematisch richtig ist, sondern vor allen Dingen darauf, daß es sachlich notwendig ist. Ich bitte deswegen die SPD, ihre lediglich formalen Bedenken zurückzustellen und für unseren Antrag zu stimmen.
Ich muß vor allen Dingen auf eines hinweisen. Es war doch noch vor wenigen Tagen, daß gerade der Kollege von der SPD, Herr Erler, bei den Vertragsberatungen darauf hingewiesen hat, wie wenig Wert und Gewicht solche Entschließungsanträge haben, und er hat erklärt, er erwarte nicht, daß sie überhaupt zur Durchführung gelangten. Weil gerade Ihre Fraktion diesen Gesichtspunkt vorgetragen hat, müssen Sie sich doch darüber klar sein, daß das ein Schlag ins Wasser ist. Ich hoffe nicht - ich nehme es auch nicht an -, daß Sie diesen Antrag in der Absicht eingebracht haben, er solle nicht realisiert werden. Wenn Sie aber die Absicht haben, Ihr Vorhaben zu realisieren, dann können Sie das nicht anders machen als gerade auf dem Weg, für den wir Ihre Unterstützung erbitten.
Die Ablehnung dieses unseres Antrages hat in den Kreisen der einheimischen Betroffenen schon große Verärgerung und Verbitterung hervorgerufen. Das Gefühl der Verlassenheit, das in den Kreisen der einheimischen Geschädigten besteht, würde noch verstärkt werden, falls Sie diesen Antrag trotz der Erkenntnis der Notwendigkeit, die sich aus dem SPD-Antrag ergibt, weiter ablehnen sollten. Ich bitte Sie deswegen dringend um Unterstützung unseres Antrags. Ich mache darauf aufmerksam, erstens, daß es sich hier nur darum handelt, die Selbsthilfemöglichkeit der Geschädigtenkreise zu unterstützen und anzuregen. Sie wollen vom Staat nichts, als daß man ihnen den eigenen Start und die Selbsthilfe erleichtert. Zweitens möchte ich darauf aufmerksam machen, daß der Kreis ja nicht alle Geschädigten umfaßt, sondern nur die, welche - genau wie die Vertriebenen - ihre Existenzgrundlage verloren haben. Der Verlust
({0})
der Existenzgrundlage ist die notwendige Voraussetzung für diese Steuervergünstigung, um die
wir Sie bitten. Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es bedarf gar keiner Frage, daß wohl die überwältigende Mehrheit dieses Hauses entsprechend den schon zweimal gefaßten Beschlüssen auf eine grundsätzliche Gleichbehandlung von Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten auch hier gewillt ist, die Angelegenheit zu prüfen. Aber so geht es nun doch nicht, daß man in dem Wissen, daß ein entsprechender Antrag bereits im Finanz- und Steuerausschuß vorliegt, jetzt einfach, ohne in irgendeine Einzelprüfung einzutreten, sagt: Wir beziehen die Kriegssachgeschädigten und die Evakuierten und die Heimkehrer ein. Wir stehen heute nachmittag oder morgen vor der Beratung des Evakuiertengesetzes. Wir müssen diese Dinge doch erst sorgfältig prüfen. Wir sollten uns daher heute zusammenfinden zu dem Entschluß, die Umdrucke Nrn. 810 und 794 - letzteres ist der Antrag der SPD - dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zur Prüfung zu überweisen. Ich erkläre namens meiner Freunde: wir erwarten, daß nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung die Prüfung insoweit zu einem positiven Erfolge führt. Ich beantrage die Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Strobel.
Meine Herren und Damen! Es ist nicht richtig, wie Herr Dr. Reismann gesagt hat, daß Kollege Seuffert sich in der zweiten Lesung gegen die Einbeziehung der Kriegssachgeschädigten in die für die Heimatvertriebenen zu treffende Regelung über die Gewährung von Steuerermäßigungen gewandt habe. Er hat sich nur dagegen gewandt, daß das in diesem Gesetz geschieht, weil dieses Gesetz in Zusammenhang mit dem Heimatvertriebenengesetz gemacht worden ist. Unser Anliegen war und ist, daß aus dem Akt der Gerechtigkeit heraus alle Einheimischen, die sich in der gleichen Situation befinden, also ihre Erwerbsgrundlage durch den Krieg verloren haben, in den Genuß der gleichen steuerlichen Begünstigungen kommen. Da das aber in diesem Gesetz nicht möglich ist, bitten wir Sie, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen und dadurch die Möglichkeit zu schaffen, daß in einem eigenen Gesetzentwurf den Einheimischen die gleichen Möglichkeiten gegeben werden wie den Vertriebenen. Das ist eine saubere und logische Erledigung der Angelegenheit. Wir wollen keine Wiederholung der ganzen Debatte und bitten Sie um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reismann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Der andere hört aus allem nur das Nein." Punkt! Das ist das Entscheidende. Die Damen und Herren, die dazu gesprochen haben, lehnen also ab.
({0})
Die Gründe überzeugen niemand. - Jawohl, Herr
Kollege Kunze! - Wir haben früher hier in diesem Hause beschlossen - und das war fast einstimmig -, daß wir keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Kategorien der Geschädigten machen wollen.
({1})
Wenn es einmal ernst damit werden soll, dann bitte hier. Die Gleichberechtigung muß durchgeführt werden, oder aber wir dokumentieren durch einen abweichenden Beschluß, daß jener Beschluß nur für die Propaganda nach draußen war, aber nicht Anspruch darauf erheben kann, realisiert zu werden. Ich warne Sie, erwecken Sie diesen Eindruck nicht in den Kreisen der Geschädigten, die viel zu groß dazu sind, als daß man riskieren soll, ihnen mit nichts anderem als mit der Zahl zu imponieren.
Im übrigen, der Hinweis auf das Evakuiertengesetz geht fehl. Was hat das mit dem Evakuiertengesetz zu tun? Es trifft die Existenzverlierer. Die Evakuierten sind aber nur ein Teil davon. Sicherlich wird ein relativ großer Teil von den einheimischen Geschädigten zu diesen Kreisen zählen. Aber mit dem Evakuiertengesetz als solchem, das die spezifischen Angelegenheiten der Evakuierten und ihre Sorgen betrifft, hat es nicht viel zu tun. Denn der Kreis der Personen, die die Existenz als Einheimische verloren haben, geht ja weit über diesen Kreis der Evakuierten hinaus.
Ich bitte Sie deshalb, trotz der Ausführungen,
die zur Begründung der Ablehnung nicht hinreichen, unserem Antrag zuzustimmen und die Gleichberechtigung der verschiedenen Kategorien zu
realisieren. Es besteht durchaus kein Bedürfnis, das
auf einen späteren Zeitpunkt aufzuschieben. Da
dieser Bundestag vor dem Ende seiner Tage steht,
können wir mit einiger Sicherheit annehmen, daß,
wenn diese Gelegenheit nicht wahrgenommen wird,
es nicht zu der auf diesem Gebiet so dringend notwendigen Gleichberechtigung kommt. Es sind doch
gerade die Verlierer ihrer Existenz die Personen,
denen am eiligsten, am dringendsten geholfen werden muß. Mit anderem könnte man warten, aber
mit diesem doch nicht. Deswegen bedeutet das Aufschieben in diesem Falle ein endgültiges Ablehnen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Abgeordneter Kunze, darf ich auf eines aufmerksam machen. Sie hatten eben einen Überweisungsantrag gestellt. Das geht in der dritten Beratung natürlich nicht.
({0})
Dann muß ja die ganze Beratung ausgesetzt werden. Etwas anderes ist es bei einer Entschließung zu einem Gesetz. Aber Sie können keinen Änderungsantrag dem Ausschuß überweisen. Dann müßte ja die dritte Beratung überhaupt ausgesetzt werden.
Meine Damen und Herren! Der Herr Präsident hat mich gerade belehrt, daß die Überweisung geschäftsordnungsmäßig nicht möglich ist. Ich beantrage daher Ablehnung und erkläre, daß meine Fraktion den Antrag in einer sinnvollen und vernünftigen Form diese Woche noch einreichen wird.
Ich muß aufs schärfste zurückweisen, daß der Kollege Reismann immer wieder den Eindruck zu
({0})
erwecken versucht, als ob er allein der Wahrer der Interessen der Kriegssachgeschädigten wäre. Wir sind nur dafür, daß diese Dinge mit Vernunft und mit steuerlicher Logik gemacht werden.
({1})
- Ich habe Ihnen gesagt, Herr Reismann, es ist bereits ein Antrag dieser Art in der Beratung des Ausschusses. Dort ist die Gelegenheit, die Sache zu prüfen und zu ordnen. Ich weise aber aufs schärfste zurück, als ob wir gegen die grundsätzliche Gleichbehandlung der Kriegssachgeschädigten und der Heimatvertriebenen wären.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kämen dann zur Abstimmung; aber es liegt im Hinblick darauf, daß heute mittag durchgetagt werden soll, die Vereinbarung vor, Abstimmungen nicht vor 3 Uhr stattfinden zu lassen. Ich kann nur dann abstimmen lassen, wenn die Antragsteller damit einverstanden sind.
({0})
Herr Dr. Reismann, sind Sie damit einverstanden, daß sofort abgestimmt wird, oder bestehen Sie darauf, daß wir die Sache nach 3 Uhr zur Abstimmung bringen?
({1})
- Unter diesen Umständen muß ich mich natürlich an die Vereinbarungen halten.
({2})
- Wozu wollen Sie sprechen?
({3})
- Die Abstimmung findet ja nicht statt; ich kann sie jetzt nicht stattfinden lassen. Ich muß mich an die Vereinbarung halten, nachdem die Antragsteller nicht einverstanden sind.
({4})
Meine Damen und Herren, die Vorlage gehört ja zum Vertriebenengesetz. Nur durch ein Versehen in der vorigen Sitzung, Herr Präsident, ist sie nicht mitberaten worden. Sie müßte schon beraten sein. Dieses Gesetz ist in das Bundesvertriebenengesetz in § 72 einbezogen. Wenn vereinbart worden ist, daß um 12 Uhr über das Vertriebenengesetz abgestimmt wird, so bezieht sich das auch hierauf.
Im übrigen geht es hier nicht um irgendwelche Antragsteller, sondern es handelt sich um ein Initiativgesetz sämtlicher Parteien. Wenn ein Änderungsantrag gestellt wird, kann es doch nicht in das Belieben dieses Antragstellers gestellt werden, ob die Abstimmung stattfindet.
Meine Damen und Herren, wir wollen nicht lange über die Frage der Abstimmung verhandeln. Ich bin selbstverständlich verpflichtet, mich an die Vereinbarung zu halten; es ist gesagt worden: zwischen 1 und 3 Uhr. Wenn die Antragsteller darauf bestehen, daß die Vereinbarung eingehalten wird, muß ich dem selbstverständlich stattgeben. Ich würde sonst absolut unbillig handeln. - Die Abstimmung über dieses Gesetz wird also ausgesetzt. Die zugehörige Entschließung ist bereits begründet. Wir können deshalb nach 3 Uhr sofort in die Abstimmung eintreten. Alles was zu den Änderungsanträgen zu sagen war, ist gesagt worden.
Ich rufe den nächsten Punkt der Tagesordnung auf:
Fragestunde ({0}).
Meine Damen und Herren, die Frage 1 ist, wie mir mitgeteilt worden ist, bereits schriftlich beantwortet worden. Besteht der Fragesteller noch auf einer mündlichen Behandlung?
({1})
Ritzel ({2}), Anfragender: Ich habe eine Frage gestellt, die in der Zwischenzeit zwar schriftlich beantwortet ist; da ich aber die Absicht habe, eine Zusatzfrage zu stellen, muß ich leider auf der mündlichen Beantwortung bestehen.
Die Frage lautet:
Nach welchen Gesichtspunkten werden deutsche Fernreisende bei der Rückkehr aus der Schweiz in die Bundesrepublik gezwungen, für eingeführte Tabakwaren ({3}), wenn die Zahl mehr als fünf beträgt, eine Gebühr von 20 Pf. pro Stumpen zu entrichten, und wie verteilt sich diese Gebühr auf die Tabaksteuer, Umsatzsteuer und den Zoll?
Das Wort hat Herr Staatssekretär Hartmann.
Herr Abgeordneter, Ihrem Wunsche entsprechend darf ich das Schreiben, das das Bundesfinanzministerium am 6. März dieses Jahres an Sie gerichtet hat, hier wiedergeben:
Auf die für die 250. Sitzung des Deutschen Bundestages am 25. Februar 1953 vorgesehene Mündliche Anfrage Nr. 26 ({0}) darf ich Ihnen das Folgende mitteilen:
In Deutschland ansässige Personen können bei ihrer Rückreise aus dem Ausland nach den zur Zeit geltenden Bestimmungen
- diese werden dann zitiert bis zu 10 Stück Zigarren ohne Entrichtung der Eingangsabgaben ({1}) einführen. Ich darf hierzu bemerken, daß die Bemessung der abgabenfreien Menge auf 10 Stück Zigarren eine Höchstgrenze darstellt und daß sich im übrigen der im einzelnen Fall abgabenfrei zu belassende Reisebedarf nach dem Reiseziel und der Reisedauer richtet.
Für Zigarren, die nicht abgabenfrei gelassen werden können, sind die Eingangsabgaben zu entrichten. Die steuerliche Belastung einer eingeführten Zigarre an Zoll, Tabaksteuer und Umsatzausgleichsteuer würde infolge des hohen Zollsatzes für Fertigerzeugnisse ({2}) und der hohen Tabaksteuer im günstigsten Falle etwa 1,71 DM für eine Zigarre betragen, nämlich 99 Pfennig Tabaksteuer, 60 Pfennig Zoll, 12 Pfennig Umsatzausgleichsteuer.
Um eine derartig hohe Abgabenbelastung für im Reiseverkehr eingeführte Tabakerzeugnisse zu vermeiden, wurde der. Bundesminister der Finanzen durch das Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes vom 28. Juni 1951 ermächtigt, für eingeführte Tabakerzeugnisse, die nicht zum Handel bestimmt sind, Pauschalabgaben festzusetzen. Nach der Verordnung des Bundesministers der Finanzen vom 21. März 1952 beträgt der Pauschalsatz bei Zigarren 40 Pfennig, bei Zigarillos und Stumpen
({3})
20 Pfennig. Bei Stumpen ist der pauschalierte Abgabenbetrag auf etwa den 8,5ten Teil der Eingangsabgaben bei der billigsten zum Handel eingeführten Zigarre festgesetzt worden. Dieser Pauschalbetrag ist nicht einzeln nach Zoll, Tabaksteuer und Umsatzausgleichsteuer aufgegliedert worden. Er wird kassenmäßig als Zoll vereinnahmt.
Ich glaube, den zweiten Teil der Antwort, der sich mit den Grenzbewohnern befaßt, brauche ich nicht zu verlesen.
Ritzel ({4}), Anfragender: Eine Zusatzfrage!
Bitte, Herr Abgeordneter Ritzel, noch eine Zusatzfrage.
Ritzel ({0}), Anfragender: Herr Staatssekretär, ich möchte einmal die Probe aufs Exempel machen. Ich habe bei meinem letzten Aufenthalt in der Schweiz die Grundlage für eine Zusatzfrage geschaffen, um dieses System einmal praktisch zu demonstrieren. Hier zeige ich Ihnen ein Päckchen Schweizer Stumpen, Herr Staatssekretär. Das Stück dieses „großen" Formats kostet 11 Rappen.
Ich frage nun nach der Moral und auch nach der Grundlage vom Standpunkt der Staatsfinanzen und der Vernunft: Wie ist es zu rechtfertigen, daß die deutsche Bundesregierung und der zu diesen Festsetzungen bevollmächtigte Herr Bundesfinanzminister für einen kleinen Stumpen, der im Einkauf 11 Rappen gleich 11 Pfennig kostet, einen Betrag von 20 Pfennig erheben, der nach Ihrer dankenswerten Auskunft als Zoll verrechnet wird, und von jedem Fernreisenden, der also mehr als die berühmten 10 Zigarren bei sich hat, für dieses Päckchen, das, wie die Quittung hier zeigt, 1,10 Franken kostet, 2 Mark Zoll verlangen?
Ich wäre für eine Auskunft in bezug auf den Inhalt dieser Disposition nach der moralischen, nach der fiskalischen und sonstigen Seite hin von Herzen dankbar.
({1})
Herr Staatssekretär Hartmann.
Herr Abgeordneter, ich glaube, es müssen hier zwei Tat- und Rechtsbestände auseinandergehalten werden. Das eine sind die Eingangsabgaben, also Zoll, Tabaksteuer, Umsatzausgleichsteuer, die nach den entsprechenden Gesetzen zu erheben sind. Ich hatte mir erlaubt, anzuführen, daß sie bei Zigarren 1,71 Mark betragen würden.
Das zweite ist die Pauschalierung, die eine Vergünstigung für das reisende Publikum darstellt. Hier bei den Stumpen wird nämlich nur der achte Teil der gesetzlich geschuldeten Eingangsabgaben erhoben. Ich glaube, das ist eine besondere Großzügigkeit, gegen die von Ihrer Seite Bedenken nicht erhoben werden.
Was dann an Bedenken übrigbleibt, bezieht sich auf die im Zollgesetz, im Tabaksteuergesetz, im Umsatzausgleichsteuergesetz festgesetzten Abgaben; die sind aber durch Gesetze des Hohen Hauses festgelegt, und der Bundesfinanzminister ist verpflichtet, diese Gesetze durchzuführen.
Ritzel ({0}), Anfragender: Noch eine Zusatzfrage!
Herr Abgeordneter, das geht nicht. Wir können im Rahmen der Fragestunde keine Debatte über ein Steuerproblem führen. Sie haben nun schon so viele Fragen gestellt. Es müssen nun auch noch andere Kollegen eine Frage stellen.
({0})
- Es ist aber vorher schon eine schriftliche Antwort erteilt worden. Sie nehmen zum Schaden der Kollegen, die nachher nicht mehr herankommen, etwas zu viel Zeit der Fragestunde in Anspruch. Würden Sie diese Frage nicht zurückstellen können?
({1})
- Ich wäre Ihnen dankbar.
Das Wort zur Frage 2 hat der Abgeordnete Baur ({2}).
Baur ({3}) ({4}), Anfragender: Herr Bundespostminister!
Wieviel Wiedergutmachungsanträge wurden im Dienstbereich des Bundespostministeriums bisher gestellt, wieviel davon wurden anerkannt und bisher erledigt, und wieviele Anträge wurden abgelehnt?
Das Wort hat der Herr Bundespostminister.
Im Bereich des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen sind bisher 2427 Wiedergutmachungsanträge gestellt worden. Davon wurden anerkannt und erledigt 531, abgelehnt wurden 918.
Baur ({0}) ({1}), Anfragender: Herr Bundespostminister! Ist Ihnen der Schnellbrief des Herrn Bundesinnenministers vom 12. Oktober 1951 Nr. 252327 bekannt, und haben Sie diesen Schnellbrief an alle Ihre Dienststellen, die Wiedergutmachungsanträge zu bearbeiten haben, weitergegeben?
Zur Beantwortung der Herr Bundespostminister!
Ich kann darüber im Augenblick keine Auskunft geben.
Noch eine Zusatzfrage?
Baur ({0}) ({1}), Anfragender: Ja! - Herr Bundespostminister, haben Sie alle Voraussetzungen getroffen, daß nur solche Beamte damit betraut wurden, die sachlich-objektiv und mit der notwendigen loyalen Gesinnung die Wiedergutmachungsfälle zu bearbeiten und zu entscheiden in der Lage sind?
Der Herr Bundespostminister!
Ich habe keinen Anlaß, an diesen Eigenschaften der mit der Aufgabe betrauten Beamten irgendwie zu zweifeln.
Baur ({0}) ({1}), Anfragender: Herr Bundespostminister, halten Sie einen Beamten für fähig, Wiedergutmachungsanträge objektiv zu bearbeiten, der den Antragsteller beispielsweise fragt: Wenn Ihre Frau keine Jüdin gewesen wäre, wären Sie dann auch nicht der NSDAP beigetreten?
Der Herr Bundespostminister!
Ich kann Ihnen darüber keine Auskunft geben; denn dieser Fall ist mir nicht bekannt.
Baur ({0}) ({1}), Anfragender: Noch eine weitere Frage!
Ich muß die Zahl der Fragen begrenzen; Sie können hier keine Debatte führen!
Baur ({0}) ({1}), Anfragender: Das gibt keine Debatte, das sind nur Fragen! - Herr Bundespostminister, haben Sie Anweisung gegeben, daß sich die Ihnen unterstellten Beamten in persönlichen Beschwerden nicht an Abgeordnete wenden dürfen?
Keineswegs!
({0})
Das Wort zur Frage 3 hat Herr Abgeordneter Maier ({0}).
Maier ({1}), ({2}), Anfragender:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß geworbene deutsche Fremdenlegionäre in französischen Besatzungskasernen in französische Uniformen gesteckt und als französische Soldaten über die Grenze gebracht werden?
Welche Informationen hat die Bundesregierung darüber, daß angeworbene deutsche Fremdenlegionäre mittels Flugzeug im Wege der Luftbrücke vom Flugplatz Baden-Baden aus über die Grenze geflogen werden?
Das Wort hat Herr .Staatssekretär Hallstein.
Herr Abgeordneter! Der Bundesregierung ist bekannt, daß geworbene deutsche Fremdenlegionäre in französischen Besatzungskasernen in französische Uniformen gesteckt und als französische Soldaten über die Grenze gebracht worden sind. Die Bundesregierung hat, wie dem Hohen Hause bereits am 29. Januar dieses Jahres von dem Herrn Bundeskanzler mitgeteilt worden ist, mit Schreiben vom 21. November 1952, vom 4. Dezember 1952 und vom 10. Januar 1953 hiergegen Verwahrung eingelegt. Die Verwahrung ist inzwischen nochmals wiederholt worden.
Der Bundesregierung ist eine Nachricht zugegangen, derzufolge angeworbene deutsche Fremdenlegionäre mittels Flugzeugs vom Flugplatz Baden-Baden aus über die Grenze geflogen werden sollen. Es ist der Bundesregierung nicht bekannt, ob diese Nachricht zutrifft. Ermittlungen sind eingeleitet.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter!
Maier ({0}) ({1}), Anfragender: Seit dieser Fragestellung sind Nachrichten in der Presse veröffentlicht worden, nach denen der französische Hohe Kommissar erklärt habe, daß die Werbung deutscher Fremdenlegionäre auf deutschem Boden eingestellt worden sei. Ist der Bundesregierung bekannt, daß Werbungen auch nach diesem Zeitpunkt fortgesetzt worden sind?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Hallstein.
Nein, das ist der Bundesregierung nicht bekannt.
({0})
Zur Frage 4 hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Mommer.
Dr. Mommer ({0}), Anfragender: Diese Frage geht auf ein Erlebnis zurück, bei dem ein Berliner sagen würde: „Ick wunderte mir!", nämlich darüber, daß man durch eine Zollkontrolle muß, wenn man aus dem Bundesgebiet nach Westberlin fliegt, in dem man sich ja auf jeden Fall im Zoll- und Währungsgebiet der Bundesrepublik befindet. Ich frage deshalb:
Warum müssen auf unseren Flughäfen Fluggäste, die nach West-Berlin fliegen, durch eine Zollkontrolle?
Das Wort hat Herr Staatssekretar Hartmann.
Herr Abgeordneter! Auf den Flughäfen des Bundesgebiets erfolgt die Zollkontrolle der Fluggäste, die nach Westberlin fliegen, auf Grund des Gesetzes Nr. 53 der Militärregierung betreffend Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs in Verbindung mit dem Gesetz Nr. 33 der Alliierten Hohen Kommission über Devisenbewirtschaftung. Westberlin gehört devisenrechtlich gemäß Gesetz Nr. 53 nicht zu dem devisenrechtlichen Gebiet der Bundesrepublik. Nach Art. 1 Abs. 2 dieses Gesetzes dürfen ferner, abgesehen von üblicher persönlicher Habe Vermögenswerte, und das sind ja auch Waren, nur über die zugelassenen Grenzübergangsstellen und nur mit Ermächtigung der Militärregierung oder einer von ihr bestimmten Stelle in das Gebiet eingebracht oder aus dem Gebiet ausgeführt werden. Mit der Überwachung dieses die Grenzen des Gebiets überschreitenden Verkehrs sind die Zollstellen des Bundesgebiets auf Grund dieses Gesetzes der Alliierten Hohen Kommission beauftragt. Die Zollbeamten sind befugt, das Gepäck jeder in das Gebiet einreisenden oder aus dem Gebiet, also auch nach Westberlin, ausreisenden Person zu kontrollieren.
Ich darf also nochmals zusammenfassen: Devisenrechtlich und im Sinne dieser Militärregierungsgesetze ist leider Berlin noch nicht eins mit dem Gebiet der Bundesrepublik. Es handelt sich hier um alliierte Gesetze, nicht um deutsches Recht.
Eine Zusatzfrage?
Dr. Mommer ({0}), Anfragender: Darf ich fragen, ob Sie mit mir einer Meinung darüber sind, daß diese Gesetze praktisch jeden Sinn verloren haben und dementsprechend auch die Zollkontrolle
({1})
nur als eine Formalität gehandhabt wird? Es wird ein Stempel aufgedrückt, aber nichts kontrolliert; es ist also nur eine Beschäftigung von Beamten mit Stempelaufdrücken. Im übrigen sehe ich keinen Sinn in dieser Maßnahme, durch die - darin, so darf ich fragen, sind Sie doch mit mir einer Meinung - nur der Eindruck erweckt wird, daß auch wir und unsere Beamten Berlin als Ausland behandeln.
Herr Abgeordneter, ich bin mit Ihnen der Meinung, daß von uns aus alles geschehen soll, um so bald wie möglich diesen Rechtszustand, der zur Zeit noch nach den Militärregierungsgesetzen besteht, aufzuheben und durch eine deutsche Regelung zu ersetzen.
Dr. Mommer ({0}), Anfragender: Ich danke.
({1})
Zur Frage 5 auch wieder Herr Abgeordneter Dr. Mommer.
Dr. Mommer ({0}), Anfragender: Ich frage:
Hat die Bundesregierung Schritte gegen das Verbot der Zeitung „Rheinpfalz" im Saargebiet und gegen die Ausweisung ihrer Korrespondenten unternommen?
Das Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Dr. Hallstein.
Ja. Gegen das Verbot der Zeitung „Rheinpfalz" im Saargebiet und gegen die Ausweisung ihres Korrespondenten durch die Saarregierung sind durch Schreiben vom 23. Februar 1953 Vorstellungen bei der französischen Hohen Kommission erhoben worden.
Dr. Mommer ({0}), Anfragender: Darf ich zusätzlich fragen, warum diese Vorstellungen nicht bei der Hohen Kommission erhoben werden, die insgesamt für die Zustände auf dem deutschen Staatsgebiet in den Grenzen von 1937 verantwortlich ist?
Um das Verfahren abzukürzen!
Dr. Mommer ({0}), Anfragender: Darf ich fragen, ob eine Antwort auf den Protest eingegangen ist?
Nein!
Dr. Mommer ({0}), Anfragender: Ich danke sehr! Darf ich noch eine kleine Zusatzfrage stellen: Hat die Bundesregierung Maßnahmen geprüft, die auf andere Weise den deutschen Journalisten an der Saar mehr Freiheit verschaffen könnten, z. B. Vergeltungsmaßnahmen?
Nein!
Dr. Mommer ({0}), Anfragender: Ich danke sehr!
Frage 6. Das Wort hat wieder Herr Abgeordneter Dr. Mommer.
Dr. Mommer ({0}), Anfragender: Ich frage:
Welche Fälle von Ausweisungen aus dem Saargebiet, von Maßregelungen von Beamten und anderen gegen Personen gerichteten Unterdrückungsmaßnahmen sind der Bundesregierung seit den jüngsten Saarwahlen bekanntgeworden?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Dr. Hallstein.
Soweit der Bundesregierung bekanntgeworden ist, ist die Saarregierung seit den Saarwahlen am 30. November 1952 in vier Fällen zu Ausweisungen geschritten. Es handelt sich um folgende Personen:
1. Dipl.-Volkswirt Walter Schütz, Angestellten der Kreissparkasse in Saarbrücken. Schütz hatte sich zunächst für die Demokratische Partei des Saargebiets, später für die Christlich-Demokratische Union des Saarlandes eingesetzt.
2. Günther Cronenberger. Cronenberger war Vorsitzender der Fachgruppe Angestellte des am
5. Februar 1953 von der Saarregierung aufgelösten Industrieverbandes Bergbau in der saarländischen Einheitsgewerkschaft und Redakteur ,der Zeitschrift „Der Bergbauangestellte".
3. Knappschaftsoberinspektor Ernst Rettigau. Rettigau hat sich im Sinne der Deutschen Sozialdemokratischen Partei betätigt.
4. Schriftleiter Paul Kaps. Kaps war Saarbrücker Vertreter der in Ludwigshafen erscheinenden Zeitschrift „Rheinpfalz" und hat neben seinem Hauptwohnsitz in Kaiserslautern einen zweiten Wohnsitz in Saarbrücken.
Die Saarregierung hat diese Ausweisungen auf das Gesetz über den Aufenthalt im Saarland vom 29. Juli 1948 gestützt. Den Betroffenen wurde mitgeteilt, daß ihre Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr verlängert werde. Nach den der Bundesregierung zugegangenen Mitteilungen haben die Ausgewiesenen gegen ihre Ausweisung Klage bei dem zuständigen saarländischen Gericht erhoben.
Der Bundesregierung ist des weiteren bekanntgeworden, daß die Saarregierung in einer Reihe von Fällen Maßnahmen gegen Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes ergriffen hat oder hat ergreifen lassen, die sich im Sinne der nicht zugelassenen Oppositionsparteien betätigt oder geäußert haben. Hierbei handelt es sich um Entlassungen von Beamten auf Widerruf und Angestellten sowie um Suspendierungen und um Versetzungen aus der Zentrale an nachgeordnete Behörden. Im Interesse der Betroffenen sieht die Bundesregierung davon ab, die Namen hier bekanntzugeben.
Keine Zusatzfrage. -Wir kommen zu Frage 7. Das Wort hat Herr Abgeordneter Niebergall.
Niebergall ({0}), Anfragender: Meine Frage lautet:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bauern und ihre Organisationen in Baumholder und Umgebung öffentlich gegen die viel zu geringen Pachtsätze protestieren, die ihnen für das zu militärischen Zwecken entzogene Land gezahlt werden?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den Bauern zu ihrem Recht zu verhelfen?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Hartmann.
Herr Abgeordneter, der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß die Bauern oder ihre Organisationen in Baumholder und Umgebung öffentlich gegen die viel zu geringen Pachtsätze protestieren. Zur Sache darf ich Ihnen folgendes mitteilen: Die Zahlung einer Nutzungsvergütung für das von den Besatzungsmächten in Baumholder und Umgebung in Anspruch genommene landwirtschaftliche Gelände erfolgt unter der Geltung des Besatzungsstatuts nach den einschlägigen besatzungsrechtlichen Vorschriften. Nach diesen Vorschriften der Besatzung ist eine Zahlung von Entschädigungsbeträgen für Wirtschaftserschwernis nicht zulässig.
Niebergall ({0}), Anfragender: Eine Zusatzfrage!
Eine Zusatzfrage.
Niebergall ({0}), Anfragender: Herr Staatssekretär, wie ist es möglich, daß die Pacht- und Nutzungsentschädigung für die Bauern im Durchschnitt von 82 DM pro Morgen und Jahr auf 32 DM heruntergegangen ist? Wie ist das möglich?
Herr Abgeordneter, davon ist mir nichts bekannt. Ich darf bitten, die Frage schriftlich zu stellen.
Frage 8. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Besold.
Dr. Besold ({0}), Anfragender: Ich erlaube mir die Frage:
Wie weit sind die Vorbereitungen zum Erlaß eines Reichsnährstandsabwicklungsesetzes gediehen, und bis wann kann spätestens mit der Vorlage dieses Gesetzes gerechnet werden?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Herr Abgeordneter! Der Entwurf des Gesetzes über die Abwicklung des Reichsnährstandsvermögens wurde unmittelbar nach dem Erlaß des Gesetzes zu Art. 133 des Grundgesetzes vom 11. Mai 1951, das nur die Rechte der Reichsnährstandsbeamten der Hauptabteilung II regelte, im Einvernehmen mit den obersten Landesbehörden und den Spitzenorganisationen der deutschen Landwirtschaft, d. h. mit den Landwirtschaftskammern, dem Bauernverband und der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, ausgearbeitet. Der Entwurf sieht u. a. die Übernahme der Versorgungslasten für die verdrängten Dienstangehörigen der Hauptabteilungen I und III des Reichsnährstandes sowie der vom Reichsnährstand von Vorgängerorganisationen übernommenen Bediensteten auf den Bund als Kriegsfolgelast vor. Der Entwurf fand nicht die Zustimmung des Bundesinnenministeriums und des Bundesfinanzministeriums, die an Stelle des Bundes eine Haftungsgemeinschaft sämtlicher Funktionsnachfolger des Reichsnährstandes, d. h. des Bundes, der Länder, der Landwirtschaftskammern und der
Spitzenorganisationen der deutschen Landwirtschaft anstreben. Wegen der zur Zeit noch ungeklärten verschiedenen Auffassungen über diese Frage konnte der Gesetzentwurf nicht mehr im Laufe dieser Legislaturperiode den gesetzgebenden Organen des Bundes vorgelegt werden.
Auf Anregung des Bundesernährungsministeriums ist inzwischen auch die Regelung der Rechte der Reichsnährstandsbeamten der Hauptabteilungen I und III durch die vom Bundesinnenministerium vorgelegte Novelle zum Gesetz gemäß Art. 131 des Grundgesetzes angestrebt worden. Da diese Novelle erst abgewartet werden muß, wird schon aus diesem Grunde das Reichsnährstands-Abwicklungsgesetz voraussichtlich erst in der nächsten Legislaturperiode vorgelegt werden können. Die Verhandlungen mit den Bundesressorts werden jedoch fortgeführt. Auch mit den obersten Landesbehörden sind zur Zeit über den Agrarausschuß neue Verhandlungen wegen der Übernahme der Versorgungslasten für die verdrängten Dienstangehörigen des Reichsnährstandes aufgenommen worden.
Abschließend wird auf die Antwort des Bundesernährungsministeriums auf die Kleine Anfrage der SPD-Fraktion in der gleichen Sache vom 19. März 1953, insbesondere auf den Abschnitt zu Frage 3, Bezug genommen.
Dr. Besold ({0}), Anfragender: Danke schön!
Keine Zusatzfrage.
Zu Frage Nr. 9 Herr Abgeordneter Dr. Bergstraeßer!
Dr. Bergstraeßer ({0}), Anfragender: Meine Frage lautet:
Warum ist die Bundesregierung der Revidierten Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst ({1}) nicht beigetreten, obwohl diese Fassung den Urheber wesentlich besser schützt als die alte Fassung und das alte deutsche Urheberrecht, und gedenkt die Bundesregierung dieser Konvention bald beizutreten?
Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister.
Ich wäre geneigt, eine Vorfrage zu stellen, die über Ihre Frage hinausgeht: die Frage nach dem Sinn der Fragestunde, wenn die anwesenden Abgeordneten an Zahl geringer sind als die Anfragenden. Aber das mag auf sich beruhen.
Herr Bundesminister, das steht hier jetzt nicht zur Debatte.
Urheberrechtlich kann man das auch nicht klären.
Die Frage, die Sie stellen, Herr Kollege Dr. Bergstraeßer, habe ich bereits schriftlich beantwortet. Ich weiß nicht, ob Ihnen meine Antwort genügt hat.
Dr. Bergstraeßer ({0}), Anfragender: Die Antwort ist mir zugegangen. Ich hätte eine Zusatzfrage zu stellen.
Wir haben das Problem des Beitritts der Bundesrepublik zur
({0})
Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst natürlich geprüft. Wir haben zunächst erwogen, sofort beizutreten. Es ergaben sich aber erhebliche Schwierigkeiten, weil die Brüsseler Fassung von dem zur Zeit geltenden deutschen Urheberrecht in verschiedenen Punkten abweicht. Sie gibt den Urhebern mehr Rechte als das geltende deutsche Urheberrecht. Auf dieses Mehr an Rechten könnte sich nach der jetzigen Gesetzeslage nur der ausländische Urheber, nicht dagegen der inländische Urheber berufen. Würden wir also beitreten, bevor das deutsche Urheberrecht geändert ist, so würde der ausländische Urheber bevorzugt werden. Das wollten wir natürlich auf jeden Fall vermeiden.
Die andere Möglichkeit war, durch eine Novelle unser Urheberrecht der Brüsseler Fassung anzupassen. Bei der Prüfung dieser Frage haben sich derart große Schwierigkeiten ergeben, daß fast alle befragten Sachverständigen sich gegen eine Novellengesetzgebung ausgesprochen haben.
Die Situation ist also folgende: Wir sind damit beschäftigt, das Urheberrechtsgesetz zu ändern, und sind der Meinung, daß der Beitritt zur Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft bis zum Erlaß dieser Urheberrechtsnovelle zurückzustellen ist. Obwohl bereits an der Änderung des Urheberrechtsgesetzes gearbeitet wird, ist allerdings nicht mehr damit zu rechnen, daß sie in dieser Legislaturperiode noch behandelt wird. Die Vorarbeiten sind aber so weit gediehen, daß schon zu Beginn der Legislaturperiode des neuen Bundestages die Vorlage in den Gesetzgebungsgang gegeben werden kann.
Noch eine Zusatzfrage?
Dr. Bergstraeßer ({0}), Anfragender: Ja. Sie sagen selber, Herr Minister, daß die Verbesserung für den Urheber bedeutsam sei. Nun möchte ich fragen: Besteht nicht die Möglichkeit, daß man dieser Übereinkunft beitritt und es so macht, daß man in einem einzigen Gesetzgebungsartikel sagt: Auch der deutsche Urheber darf sich auf all dies beziehen? Damit könnte man die Frage vorläufig lösen, gerade weil es doch längere Zeit dauern wird, bis die andere Gesetzgebung in Ordnung kommt.
Leider läßt sich diese Regelung auch nicht durchführen. Die Punkte, in denen die Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft vom deutschen Urheberrecht abweicht, betreffen grundsätzliche Fragen, die ihrerseits wieder mit anderen urheberrechtlichen Problemen zusammenhängen, so daß, wenn wir pauschal eine Anpassung vornähmen, eine Reihe von Unklarheiten und sehr viele Streitfragen auftreten würden. Wir haben also auch diese Möglichkeit erwogen, sind jedoch zu dem Ergebnis gekommen, daß das nicht möglich ist. Die Fragen sind eben viel zu komplex, als daß man sie durch eine nur generelle Änderung unseres Urheberrechtsgesetzes in Anpassung an die Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft ordnen könnte.
Dr. Bergstraeßer ({0}), Anfragender: Ich bin zwar nicht befriedigt, aber ich danke.
Damit ist diese Frage erledigt.
Ich rufe die Frage 10 auf. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Meyer ({0}).
Meyer ({1}) ({2}), Anfragender: Meine Frage lautet:
Welche Schritte hat" der Herr Bundesminister für Arbeit unternommen, um die Rechtslage in der Knappschaftsversicherung wiederherzustellen, nach der nicht beanstandet wird, wenn von den Knappschaften bei Staublungenerkrankten, die auf Grund der Berufskrankheitenverordnung eine Unfallrente beziehen, die Ruhensbestimmungen nach §§ 1274/75 der Reichsversicherungsordnung nicht angewendet werden ({3})?
Schließt sich der Herr Minister dieser Rechtsentscheidung an, die unterstellt, daß die bergmännische Berufsunfähigkeit bzw. Invalidität bei Beginn der entschädigungspflichtigen Silikose bereits vorgelegen hat?
Billigt der Herr Minister die Aufhebung dieser Rechtslage nach dem 8. Mai 1945, obwohl keine Umstände eingetreten sind, die diese Maßnahme rechtfertigen?
Das Wort hat Herr Staatssekretär Sauerborn.
Die Ruhensvorschriften nach §§ 1274, 1275 der Reichsversicherungsordnung finden keine Anwendung, wenn das Unfallereignis nach dem Beginn der Invalidität eintritt. Im Falle von Silikose als Berufskrankheit hatte die Reichsknappschaft vor dem 8. Mai 1945 in wohlwollender Weise, aber ohne Rechtsgrundlage unterstellt, daß von der Anwendung der Ruhensbestimmungen dann abzusehen ist, wenn die Silikose ihren schwersten Stand nach dem Beginn der Knappschaftsrente erreicht hatte. Diese über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Vergünstigung wurde regelmäßig gewährt.
Nach dem 8. Mai 1945 fanden mit Rücksicht auf die finanziellen Schwierigkeiten die betreffenden Rundschreiben der Reichsknappschaft keine Anwendung mehr. Gegenwärtig gelten für alle Berechtigten die Vorschriften der §§ 1274, 1275 RVO einheitlich, die aber insoweit gemildert worden sind, als nur noch höchstens ein Viertel der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum Ruhen gebracht werden kann. Die abschließende Regelung dieser Vorschriften wird mit der vorgesehenen Neuordnung, die in Vorbereitung ist, erfolgen.
Eine Zusatzfrage?
Meyer ({0}) ({1}), Anfragender: Ich habe eine kurze Zusatzfrage dahingehend, ob diese „wohlwollende" Einbeziehung der Berufskrankheit Silikose nach dem alten Zustand vor dem 8. Mai 1945 wenigstens in absehbarer Zeit angestrebt wird. Wir können ja jetzt nicht auf die Neuordnung der Reichsversicherungsordnung warten.
Herr Abgeordneter, wenn ich Ihnen sage, daß die Vorschriften dann keine Anwendung finden, wenn das Unfallereignis nach dem Beginn
({0})
der Invalidität eingetreten ist, so muß der gleiche Gedanke natürlich auch bei der Silikose gelten. Wir werden alles tun, um in dieser Angelegenheit zu einer befriedigenden Regelung zu kommen.
Zur Frage 11 hat das Wort Herr Abgeordneter Parzinger.
Parzinger ({0}), Anfragender: Ich frage die Bundesregierung:
Bis wann ist mit der endgültigen Vorlage eines Entschädigungsgesetzes für die Heimkehrer zu rechnen, nachdem der Bundestag hierzu einen einstimmigen Beschluß gefaßt hat?
Der Referentenentwurf des Gesetzes über die Entschädigung der ehemaligen deutschen Kriegsgefangenen gemäß dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 27. November 1952 ist fertiggestellt. Ich werde jetzt die Ressortbesprechung mit allen Mitteln beschleunigen und alles tun, um den Gesetzentwurf so bald als möglich dem Bundestag vorzulegen.
Parzinger ({0}), Anfragender: Ich danke Ihnen.
Frage 12 Herr Abgeordneter Kuntscher!
Kuntscher ({0}), Anfragender: Meine Frage:
Entspricht es den Tatsachen, daß auf Grund eines alliierten Befehls noch in allerjüngster Zeit von den Landeszentralbanken Wertpapiere sudetendeutscher Unternehmungen an die tschechoslowakische Regierung ausgeliefert wurden?
Wenn diese Pressemeldungen stimmen, so frage ich:
1. Um was für Wertpapiere handelt es sich?
2. Ist die Höhe der Nominalbeträge dieser Wertpapiere bekannt?
3. Sind die Inhaber Privatpersonen, die nach dem alliierten Gesetz Nr. 63 die Papiere entschädigungslos abführen mußten?
4. Sind die Alliierten noch im Jahre 1953 der bolschewistischen Prager Regierung gegenüber an das Reparationsabkommen von 1946 zum Nachteil deutscher Staatsbürger gebunden?
Der Herr Staatssekretär Hartmann!
Herr Abgeordneter, es ist der Bundesregierung nicht bekannt, ob auf Grund eines alliierten Befehls noch in allerjüngster Zeit von den Landeszentralbanken Wertpapiere sudetendeutscher Unternehmungen an die tschechoslowakische Regierung ausgeliefert wurden. Sollten diese Pressemeldungen richtig sein, so würde folgendes gelten:
Zu Frage 1: Es könnte sich bei den abgelieferten Papieren nur um nicht auf deutsche Währung lautende Wertpapiere handeln, die auf Grund des Militärregierungsgesetzes Nr. 53 vom 20. Juli 1945 beschlagnahmt worden waren und von den deutschen Eigentümern abgeliefert werden mußten. Diese Papiere wurden von den Alliierten ungeachtet deutschen Widerspruchs als deutsches Vermögen im Ausland angesehen und demgemäß behandelt. Ihre Beschlagnahme und Wegschaffung ist durch das Gesetz Nr. 63 der Alliierten Hohen Kommission vom 31. August 1951 bestätigt worden.
Zu Frage 2: Die Höhe der Nominalbeträge dieser Wertpapiere ist nicht bekannt. Die meisten dieser Papiere, insbesondere die im Staatsgebiet der Tschechoslowakei ausgegebenen Aktien, werden jetzt wertlos sein, da die Unternehmungen, welche diese Papiere ausgegeben haben, entweder als deutsches Vermögen oder im Zuge der Verstaatlichung enteignet worden sein werden.
Zu Frage 3: Es gilt das vorstehend zu Frage 1 Gesagte. Die bisherigen Inhaber der in Betracht kommenden Wertpapiere werden nach Maßgabe des in Vorbereitung befindlichen deutschen Gesetzes über die Regelung von Reparationsschäden entschädigt werden.
Zu Frage 4: Es ist der Bundesregierung nicht bekannt, ob sich die Alliierten gegenüber der Tschechoslowakei an das auch von dieser am 14. Januar 1946 unterzeichnete Pariser Reparationsabkommen nicht mehr gebunden erachten.
Kuntscher ({0}), Anfragender: Eine Zusatzfrage?
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kuntscher!
Kuntscher ({0}), Anfragender: Den ersten Abschnitt der hier gestellten Frage beantworten Sie, Herr Staatssekretär, dahin, es sei der Bundesregierung nicht bekannt, daß in allerjüngster Zeit Wertpapiere abgeliefert worden seien. War es nicht möglich, hier ganz konkret von den Landeszentralbanken eine Auskunft zu erhalten?
Herr Abgeordneter, die Fragen bekommen wir erst wenige Tage vor den Plenarsitzungen. Die Landeszentralbanken sind Institutionen der Länder, die der Bundesregierung nicht unterstehen. Wir werden gern ihrem Wunsch entsprechend eine Rückfrage an die Landeszentralbanken richten.
Kuntscher ({0}), Anfragender: Vielleicht noch eine Frage?
Ja.
Kuntscher ({0}), Anfragender: Besteht die Aussicht, daß für die Zukunft solche Auslieferungen nicht mehr möglich sind, oder hat die Bundesregierung die Absicht, hier einzuschreiten?
Ich habe mir erlaubt, zur Frage 1 zu sagen, daß diese Paniere von den Alliierten ungeachtet deutschen Widerspruchs als deutsches Vermögen im Ausland angesehen worden sind. Die Bundesregierung wird nicht verfehlen, auch ihren Rechtsstandpunkt gegenüber den Alliierten nachdrücklich zu vertreten.
Kuntscher ({0}), Anfragender: Danke.
Zur Frage 13 hat das Wort Frau Abgeordnete Albertz. - Die Fragestellerin ist nicht anwesend; ein Vertreter auch nicht. Infolgedessen stelle ich die Frage zurück.
Zur Frage 14 hat Herr Abgeordneter Niebergall das Wort.
Meine Frage lautet:
Wieviel Hektar Weinanbaufläche gab es im Jahre 1952 in der Bundesrepublik?
Wieviel Hektar davon sind reblausverseucht und wieviel Hektar wurden auf reblausfeste Pfropfreben umgestellt oder neu angebaut?
Wie hoch ist der Schaden, den diese Verseuchung in den Jahren 1950, 1951 und 1952 angerichtet hat, und wie hoch sind die Mittel, die Bund und Länder zum Kampf gegen die Seuche und für den Wiederaufbau verausgabt haben?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den Winzern eine wirksame Hilfe zu gewähren?
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Von einer Weinbaufläche von rund 65 000 ha waren 1952 im Ertrag 53 000 ha. Der Mostertrag hiervon betrug je Hektar 50,8 hl. Insgesamt wurden 2 713 000 hl geerntet. Die gesamte im Ertrag befindliche Weinbaufläche muß auf reblausresistente Sorten um gestellt werden. Zur Zeit sind etwa rund 35 000 ha mehr oder weniger verseucht. Stark verseucht sind rund 16 000 ha, schwach verseucht 19 000 ha. Die Verseuchung ist in den letzten 70 Jahren seit Auftreten der Reblaus trotz aller Bemühungen ständig gestiegen. Im Jahre 1884 waren 15 ha verseucht, im Jahre 1943 3292 ha. Da während des Krieges und nach dem Kriege die Reblausbekämpfung nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt werden konnte, stieg die Verseuchung katastrophal auf obige Fläche an.
Der Schaden, den diese Verseuchung anrichtete. läßt sich nicht genau berechnen. Er geht aber daraus hervor daß der Wiederaufbau eines Hektars rund 18- bis 20 000 DM kostet. Die gesamte Umstellung für die Zwecke der Bekämpfung der Reblaus würde danach etwa 1,3 Milliarden DM kosten. Jedoch sind hierin auch die Kosten der beim Weinbau turnusmäßig alle 30 bis 40 Jahre erforderlichen Umstellung enthalten.
In der Zeit vom 1. Januar 1950 bis zum 31. Dezember 1952 wurden rund 4000 ha wiederaufgebaut. Hieran beteiligten sich die Winzergenossenschaften, die Länder und der Bund. Die Durchführung des Reblausgesetzes obliegt den Ländern, die entsprechend ihren Mitteln Zuschüsse für den Wiederaufbau zur Verfügung stellten. Von der Bundesregierung wurden aus dem Haushalt jährlich rund 500 000 DM zur Verfügung gestellt. Hinzu kommt noch, daß jährlich rund 300 000 DM aus den Mitteln des Pflanzenschutzes für die Beschaffung von chemischen Bekämpfungsmitteln bereitgestellt werden.
Die Bundesregierung bemüht sich ständig, die Winzerschaft auf die Notwendigkeit der Umstellung auf reblauswiderstandsfähige Sorten hinzuweisen. Im Rahmen dieser Maßnahme wird ab 1953 das Institut für Rebenzüchtung auf dem Geilweilerhof - Kreis Landau, Pfalz - in den Haushalt des Bundes übernommen. Das Institut Geilweilerhof hat vornehmlich die Aufgabe, eine reblauswiderstandsfähige und pilzimmune Rebe heranzuziehen, deren Ertrag den Charakter eines guten deutschen Konsumweines haben soll. Die Aussichten hierfür sind günstig. Dringend erforderlich ist die Errichtung von Winzergenossenschaften, um einmal die Winzer zu einer ordnungsmäßigen Bebauung ihrer Weinberge anzuhalten und ihnen zum andern durch gemeinsamen Ausbau und Lagerung ihres Mostes bzw. Weines die Möglichkeit zu geben, sich der neuesten kellerwirtschaftlichen Erkenntnisse zu bedienen.
Weiter ist für eine Regelung und Beschränkung des Anbaues der Reben Vorsorge getroffen. Die Sortenwahl wird nach den Weinbaugebieten festgelegt. Die Reben müssen besonders anerkannt werden. Zur Herstellung widerstandsfähiger Pfropfreben wird die Winzerschaft in der Rebenveredlung unterrichtet, damit sie in der Lage ist, ihre Weinberge planmäßig wiederaufzubauen. Dem gleichen Ziel dient die Organisation des Rebschutzes wie auch die Belehrung der Winzerschaft über Aufziehen, Erziehungsarten, Rebenernährung, alle Fragen der Rebenzüchtung.
Die Arbeit der Winzerschaft im Weinberg wie auch in der Kellerwirtschaft soll durch weitgehende Mechanisierung unterstützt werden, um Arbeitskraft und Geld zu sparen. Für die Beratung stehen den Winzern die Weinbauämter wie auch die Weinbauschulen zur Verfügung. Für den Absatz der deutschen Weine wirkt vorzüglich die deutsche Weinwerbung. Sämtliche Maßnahmen werden, da leider nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen, durch entsprechende Maßnahmen der Verwaltung unterstützt.
Niebergall ({0}), Anfragender: Eine Zusatzfrage!
Eine Zusatzfrage!
Niebergall ({0}), Anfragender: Herr Bundesminister, die Bundesregierung ist also, abgesehen von den Mitteln, die genannt wurden, nicht gewillt, eine zusätzliche Hilfe zu gewähren? Habe ich so richtig verstanden?
Die Bundesregierung ist geldlich in der Lage, die von mir erwähnten rund 500 000 DM jährlich für die Bekämpfung der Reblaus sowie die ebenfalls von mir erwähnten 300 000 DM für die chemische Bekämpfung zu geben. Darüber hinaus ist es vor allem Aufgabe der Länder, hier den Winzern zur Seite zu stehen.
Zu Frage 15 hat das Wort Frau Abgeordnete Dr. Probst.
Frau Dr. Probst ({0}), Anfragende: Herr Staatssekretär!
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den durch die Umsiedlung im Zusammenhang mit der Verstärkung der alliierten Streitkräfte in Bayern betroffenen landwirtschaftlichen Siedlern auf ehemaligem Wehrmachtgelände ({1}) Ersatzsiedlerstellen möglichst bald zur Verfügung zu stellen, damit die Frühjahrsbestellung noch rechtzeitig getätigt werden kann?
({2})
Ist es der Bundesregierung bekannt, daß durch die Verzögerung in der Gewährung von Bundesdarlehen Ersatzsiedlerstellen, die von den Siedlern selbst ermittelt wurden, wieder verlorengehen, da die bedingt und befristet abgeschlossenen Verträge von den Siedlern nicht eingehalten werden können?
Ist die Bundesregierung sich im klaren darüber, daß durch diese Verzögerung die Siedler gezwungen werden, in den ungenügenden Zwischenquartieren unter Substanzverlust an ihrem landwirtschaftlichen Inventar ein weiteres Jahr bleiben zu müssen, wenn die Umsiedlung nicht zum Frühjahr noch getätigt werden kann, und daß dies neben den bedauerlichen persönlichen Auswirkungen eine erhebliche zusätzliche Aufwendung von Bundesmitteln für die Weitergewährung von Überbrückungshilfe, Ernteausfallentschädigung, Futterbeihilfe usw. bedeutet?
Das Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Hartmann.
Frau Abgeordnete! Das Bundesministerium der Finanzen hat bereits mit Schreiben vom 17. November 1952 an das Bayerische Staatsministerium der Finanzen seine grundsätzliche Bereitwilligkeit erklärt, Bundesmittel für die Beschaffung von Ersatzanwesen zur anderweitigen Unterbringung von betroffenen landwirtschaftlichen Pächtern auf ehemaligem Wehrmachtgelände - Wildflecken, Landshut-Auloh, Augsburg-Kriegshaber, Schweinfurt und Urlas bei Ansbach - zur Verfügung zu stellen. In diesem Schreiben hat das Bundesministerium der Finanzen aber darauf hingewiesen, daß das Land Bayern noch erhebliche Beträge zur Schaffung von ordnungsmäßig ausgestatteten Siedlerstellen hätte aufbringen müssen, wenn die durch die Vermehrung der alliierten Streitkräfte veranlaßten Umsiedlungsmaßnahmen die Entwicklung nicht unterbrochen hätten. Das Land Bayern ist deshalb gebeten worden, sich an den Kosten für die Wiederansetzung - Beschaffung von Ersatzanwesen - von Pächtern, die auf dem eben genannten ehemaligen Wehrmachtgelände angesetzt waren, in einem Umfang zu beteiligen, der den Aufwendungen entspricht, die das Land Bayern ohne die Inanspruchnahme der nunmehr zu räumenden Pachthöfe hätte aufwenden müssen. Das Bundesministerium der Finanzen hat ferner darauf hingewiesen, daß es sonst nur in der Lage wäre, den betroffenen Pächtern a) eine Ernteentschädigung, b) eine Investitionserstattung und c) eine Pachtaufhebungsentschädigung zu gewähren.
Eine Entscheidung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen zu diesen Vorschlägen steht trotz mehrfacher mündlicher und schriftlicher Erinnerungen bis zur Stunde noch aus. Unabhängig davon hat sich das Bundesministerium der Finanzen in Einzelfällen, die als dringend an uns herangetragen wurden, bereit erklärt, Bundesmittel für den Erwerb von Ersatzanwesen oder zur Schaffung einer anderweitigen Existenz zur Verfügung zu stellen.
Dem Bundesministerium der Finanzen sind keine Fälle bekannt, in denen Ersatzhöfe, die von Räumungsbetroffenen selbst ermittelt wurden, deshalb verlorengegangen sind, weil Bundesmittel für den Ankauf nicht zur Verfügung gestanden hätten. In
dem einzigen Fall, in dem bisher der Ankauf eines Ersatzanwesens, das sich ein ehemaliger Pächter von Wildflecken selber ermittelt hatte, nicht zustande gekommen ist, ist der Abschluß des Kaufvertrags nicht deshalb gescheitert, weil Bundesmittel nicht rechtzeitig bereitgestellt worden sind. Vielmehr ist der Verkäufer von seinem Verkaufsangebot zurückgetreten, weil er selber keinen geeigneten Ersatzhof gefunden hat. Die Ermittlungen haben in diesem Fall ergeben, daß die Kaufpreisforderung von 49 000 DM weit übersetzt war und daß sich das Objekt in einem außerordentlich schlechten Zustand befunden hat.
Im Interesse der Betroffenen wird das Bundesministerium der Finanzen nochmals bei dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen um eine beschleunigte Entscheidung wegen der Mitfinanzierung zur Beschaffung von Ersatzanwesen für die räumungsbetroffenen landwirtschaftlichen Betriebe nachsuchen. Dabei wird das Bundesministerium der Finanzen darauf hinweisen, daß es weder aus wirtschaftlichen noch aus finanziellen Gründen vertretbar ist, den Betroffenen auf unbestimmte Zeit Überbrückungsbeihilfen, Ernteausfallentschädigungen und Futtermittelbeihilfen weiter zu zahlen.
Zu Frage 16 hat das Wort Herr Abgeordneter Wahl.
Dr. Wahl ({0}), Anfragender:
Herr Staatssekretär, was ist aus dem 75Millionen-Programm, das die Erstellung von Bauten für die Besatzungsangehörigen Zug um Zug gegen die Freigabe beschlagnahmten privaten Wohn- und Gewerberaumes durch die Besatzungsmächte zum Ziele hat, für Heidelberg verplant?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Hartmann.
Herr Abgeordneter, auf Grund des Ergebnisses der Besprechungen zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und dem Hauptquartier der amerikanischen Armee in Heidelberg ist damit zu rechnen, daß in Heidelberg erstens 48 Austauschwohnungen, zweitens ein Ersatzhotel für die amerikanische Besatzungsmacht mit Mitteln des Einzelplans XXVII oder künftig mit entsprechenden Mitteln des Einzelplans XXXV erstellt werden. Nach Fertigstellung dieser Bauten wird es möglich sein, erstens 48 Wohnungen in privaten requirierten Wohngebäuden, insbesondere in Ein- und Zweifamilienhäusern, und zweitens vier requirierte Privathotels freizugeben. Die Verhandlungen wegen des Baues von Austauschwohnungen werden voraussichtlich noch im Laufe dieses Monats abgeschlossen werden. Es dürfte dann zu Anfang des Monats Mai mit den Bauarbeiten zur Erstellung der Austauschwohnungen in Heidelberg begonnen werden können. In der Frage der Errichtung des Ersatzhotels ist ein grundsätzliches Einverständnis mit den amerikanischen Dienststellen erzielt worden. Es ist daher damit zu rechnen, daß mit dem Bau dieses Hotels im Laufe des Monats Juni begonnen werden kann.
Dr. Wahl ({0}), Anfragender: Danke sehr!
Frage 17. Ist die nicht teilweise schon beantwortet?
Dr. Wahl ({0}), Anfragender: Nein, noch nicht.
Wie weit sind die Verhandlungen zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und dem US-Hauptquartier auf Grund des Memorandums vom 17. August 1951 gediehen?
Wann ist mit der im Memorandum angeregten Einrichtung gemischter Ausschüsse zur Überprüfung des zur Zeit beschlagnahmten privaten Wohn- und Gewerberaumes zu rechnen?
Während in den übrigen Ländern der amerikanischen Zone zumindest auf Landesebene bereits gemischte amerikanisch-deutsche Ausschüsse eingerichtet worden sind, die sich u. a. mit der Freigabe von requirierten Liegenschaften befassen, ist dies, soweit uns bekannt ist, im amerikanisch besetzten Gebiet des Landes Baden-Württemberg nicht der Fall. Das Bundesministerium der Finanzen wird diese Angelegenheit in den Verhandlungen mit dem Hauptquartier der amerikanischen Armee nochmals zur Sprache bringen und Sie über das Ergebnis schriftlich unterrichten. Bei der Auswahl der nach Erstellung der Austauschwohnungen freizugebenden requirierten Wohnungen wird dem Ortsverband der Besatzungsverdrängten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.
Dr. Wahl ({0}), Anfragender: Danke schön.
Zur Frage 18 hat das Wort Herr Abgeordneter Jahn.
Jahn ({0}), Anfragender: Meine Frage lautet:
Wie hoch belaufen sich die ungefähren Kosten, die zur Wiederherstellung der durch Frostschäden und Schwerverkehr beschädigten Straßen erforderlich sind?
In welchem Ausmaß und in welcher Form soll der Schwerlastwagenverkehr zur Deckung der durch ihn verursachten Kosten herangezogen werden?
Soweit sich bisher übersehen läßt, betragen die Kosten, die zur Wiederherstellung der durch Frost im Winter 1952/53 teilweise beschädigten Bundesstraßen erforderlich sind, etwa 35 Millionen DM. Über die Höhe der Schäden an den in Unterhaltung der Länder befindlichen Landstraßen I. und II. Ordnung liegen bisher noch keine Angaben vor. Die endgültige Höhe der Frostschäden läßt sich auch erst nach Abschluß der Tauperiode des Frühjahrs feststellen. Über die Ursachen und Entstehung der Frostschäden, über die Möglichkeiten, sie zu verhindern, habe ich im Bulletin vom 12. März 1953 eingehend berichtet. Ich darf darauf verweisen.
Eine Aufteilung der Schäden nach Ursachen ist nach Lage der Verhältnisse unmöglich. Niemand kann mit Sicherheit sagen, ob und in welchem Umfange die Schäden eingetreten wären, wenn man die betreffenden Straßenzüge in der Tauperiode für den Schwerlastverkehr gesperrt hätte. Wem man aber die Verursachung eines Schadens nicht nachzuweisen vermag, den kann man auch nicht dazu heranziehen, die Kosten für die Beseitigung der Schäden zu übernehmen.
Jahn ({0}), Anfragender: Eine Zusatzfrage.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter!
Jahn ({0}), Anfragender: Würde unter die letzte Voraussetzung auch die Bundesbahn fallen?
Wenn sie Schwerlastwagen auf der Straße laufen läßt, dann gehört sie auch zu den Schädigern, denen man die Schädigung im einzelnen nicht nachweisen kann.
Jahn ({0}), Anfragender: Das war sehr gut geantwortet. Aber ich meine die Schienenbahn, Herr Minister.
Die Schiene wird ja glücklicherweise für diese Lasten nicht herangezogen werden können. Es handelt sich hier doch nur darum, den Schwerlastverkehr auf der Straße heranzuziehen, der diese Schäden verursacht. Ich hoffe, daß wir bald eine Bestimmung erlassen können, die grundsätzlich das Sperren der Straßen in der Tauperiode für den Schwerlastverkehr erlaubt und dann zwingend vorschreibt, wenn die Gefahr für Frostschäden gegeben ist, so daß wir damit die Schäden weitestgehend vermeiden können.
Jahn ({0}), Anfragender: Ich danke sehr.
Zu Frage 19 hat das Wort der Herr Abgeordnete Hilbert. - Der Herr Fragesteller scheint nicht anwesend zu sein; damit ist die Frage nicht erörterungsfähig.
Zu Frage 20 ist mitgeteilt worden, daß die mündliche Fragestellung wegen der schriftlichen Beantwortung zurückgestellt ist.
Ich rufe Frage 21 auf. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schellenberg.
Dr. Schellenberg ({0}), Anfragender:
Auf Grund welcher Rechtsvorschriften wurden die an die Rentenversicherungen zu leistenden Mehraufwendungen für Rentenzulagen des Monats April 1953 auf einen Barbetrag von 25 %, also um rund 45 Mill. DM gekürzt?
Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Haushaltsgesetzes 1953 leistet der Bund gemäß Art. 111 des Grundgesetzes die Ausgaben, die nötig sind,
a) um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen,
b) um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen,
c) um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren, sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge bewilligt worden sind.
Soweit die Ansätze der Regierungsvorlage des Bundeshaushaltsplanes 1953 niedriger sind als die Ansätze im Bundeshaushaltsplan 1952, können Ausgaben nur im Rahmen der Ansätze der Regierungsvorlage geleistet und dementsprechend auch nur Betriebsmittel in dieser Höhe zur Verfügung gestellt werden.
({0})
Die Höhe der für die Erstattung von Leistungen der Rentenversicherungsträger bereitzustellenden Betriebsmittel für den Monat April 1953 ergab sich aus folgender Berechnung:
Rentenzulagen:
Knappschaftliche Rentenversicherung voll = 14,0 Mill. DM
Invalidenversicherung und Angestelltenversicherung 25 % von
61,5 Millionen DM = 15,375 Mill. DM
zusammen = 29,375 Mill. DM
Flüchtlingsrenten:
statt des angeforderten Betrages von 2,6 Millionen DM wurden bereitgestellt = 33,0 Mill. DM
Gesamtbetrag 62,375 Mill. DM
Da rund 77 Millionen DM angefordert und etwas über 62 Millionen DM bereitgestellt worden sind, ergibt sich nicht eine Differenz von 45 Millionen DM, sondern nur eine solche von rund 15 Millionen DM.
Eine Zusatzfrage?
Dr. Schellenberg ({0}), Anfragender: Ich habe eine Zusatzfrage. Die Frage, Herr Staatssekretär, wurde meines Erachtens nicht entsprechend beantwortet. Sie zielte darauf ab, weshalb die Mehraufwendungen für Rentenzulagen gekürzt wurden, und nicht darauf, welche anderen Beträge, für die eine gesetzliche Grundlage meines Erachtens noch nicht vorhanden ist, gewährt wurden. Aber ich habe eine Zusatzfrage. Ist es richtig, daß die Rentenversicherungen nur durch einen Telefonanruf eines Sachbearbeiters von der beabsichtigten Kürzung unterrichtet wurden und daß eine schriftliche Mitteilung über die erhebliche Kürzung erst nach der Durchführung der Kürzung und nach einem schriftlichen Protest der Rentenversicherungsträger erfolgte?
Herr Abgeordneter, davon ist mir nichts bekannt.
({0})
- Bitte schön!
Damit dürfte diese Frage erledigt sein.
Ich rufe nun Frage 22 auf. Zur Fragestellung hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg.
Dr. Schellenberg ({0}), Anfragender:
Warum wurde das Grundbetragserhöhungsgesetz, das vom Bundestag am 11. Dezember 1952 und vom Bundesrat am 18. Dezember 1952 verabschiedet wurde, bis jetzt nicht veröffentlicht?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Sauerborn.
Das Grundbetragserhöhungsgesetz, das vom Bundestag am 11. Dezember 1952 beschlossen worden ist und zu dem der Bundesrat einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt hat, bedarf nach Art. 113 des Grundgesetzes der Zustimmung der Bundesregierung, da es neue Ausgaben in sich schließt.
Der Bundesarbeitsminister hat im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzminister veranlaßt, daß die Zustimmungserklärung der Bundesregierung zum Grundbetragserhöhungsgesetz nach Abschluß der Verhandlungen auf die Tagesordnung der nächsten Kabinettsitzung gesetzt worden ist. Unverzüglich nach der Zustimmungserklärung der Bundesregierung wird das Grundbetragserhöhungsgesetz verkündet werden.
Durch diese nach dem Grundgesetz bedingte Verzögerung der Verkündung sind allerdings die Versicherten nicht geschädigt worden. Die Rentenerhöhungen nach dem Grundbetragserhöhungsgesetz sind für die ersten vier Monate, nämlich für Dezember 1952 bis März 1953, Ende Januar 1953 in einem Betrag zusammen mit den Renten für Februar 1953 ausgezahlt worden und werden ab April 1953 allmonatlich laufend im voraus gezahlt werden.
Eine Zusatzfrage?
Dr. Schellenberg ({0}), Anfragender: Ich habe eine Zusatzfrage. Warum hat die Bundesregierung die Verkündung nicht besonders beschleunigt, nachdem sowohl das Hohe Haus als auch der Bundesrat dieses Gesetz mit besonderer Beschleunigung verabschiedet haben?
Die Bundesregierung hat alles getan, um die Beschlußfassung zu beschleunigen. Es handelt sich allerdings hier um sehr wichtige und sehr schwierige Fragen betreffend die Deckung der großen Beträge.
Damit ist die Frage wohl erledigt. Dann kommt Frage Nr. 23, auch Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg.
Dr. Schellenberg ({0}), Anfragender:
Warum wurde dem Bundestag noch nicht der Entwurf für ein Fremdrentengesetz, das am 1. April 1953 in Kraft treten soll, vorgelegt und auf Grund welcher Rechtsvorschriften wurden im März 1953 Erstattungen für Fremdrenten in Höhe von rund 30 Millionen DM geleistet?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Sauerborn.
Der Entwurf des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes ist am 16. März dieses Jahres vom Staatssekretär des Bundeskanzleramtes dem Bundestag zusammen mit den Empfehlungen des Bundesrats und der Stellungnahme der Bundesregierung hierzu zugeleitet worden. Was die Rechtsfrage über den Grund der Zahlung angeht, so nehme ich Bezug auf die Antwort, die der Herr Staatssekretär Hartmann soeben zur Frage 21 gegeben hat. Die 30 Millionen sind für den Postvorschuß bestimmt, der für die Rentenzahlung am 1. April benötigt wird.
Noch eine Zusatzfrage?
Dr. Schellenberg ({0}), Anfragender: Hätte der Gesetzentwurf nicht trotz der Änderungsanträge des Bundesrats beschleunigter vorgelegt werden können, nachdem das Gesetz ursprünglich bereits am 1. September 1952 in Kraft treten sollte und dann eine Verschiebung auf den 1. April 1953 erfolgte?
Die Vorlage des Entwurfs dieses Gesetzes hatte für den Bundesarbeitsminister zur Voraussetzung, daß die Übereinkunft mit dem Bundesfinanzminister über die Finanzierung des Gesetzes abgeschlossen war.
({0})
Damit, meine Damen und Herren, sind wir an der Zeitgrenze für die Fragestunde angekommen.
Wir treten wieder in die Tagesordnung ein und schalten wieder zurück auf Punkt 1 der Tagesordnung. Dort war noch die dritte Beratung des Nachtragshaushalts übriggeblieben. Der Ältestenrat hat für die allgemeine Aussprache eine Gesamtredezeit von 60 Minuten vorgeschlagen. Ich nehme die Zustimmung des Hauses an und eröffne also die Aussprache der
dritten Beratung.
Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben bereits bei der ersten Beratung des Nachtragshaushalts festgestellt, daß insgesamt 1 238 Millionen DM - das sind 57,5 % aller Nachforderungen dieses Plans - für direkte Zwecke der Aufrüstung und der Kriegsvorbereitung verausgabt worden sind. In unseren heutigen Anträgen haben wir den genauen Nachweis dafür erbracht, daß außerdem viele Millionen DM für die psychologische Vorbereitung des Krieges, für die Faschisierung des Verwaltungsapparats, für die Förderung der neofaschistischen Verbände, für die Unterdrückung der demokratischen Kräfte, die für die Einheit Deutschlands und für den Frieden kämpfen, sowie für gewerkschaftsfeindliche Maßnahmen verausgabt werden. Da sind Millionenbeträge, über die der Bundeskanzler, der Polizeiminister und der sogenannte Minister für gesamtdeutsche Fragen ohne Kontrolle des Bundestages zur Vergiftung der Volksmeinung, zur Erzeugung einer Angst- und Kriegspsychose und zur Organisierung der Spionage- und Zersetzungsarbeit in der Deutschen Demokratischen Republik verfügen.
Da werden Millionenbeträge für Adenauers Außenamt, das Blanksche Kriegsministerium, für das Bundesamt für Verfassungsschutz, für den Bundesgerichtshof und das Bundeskriminalamt verausgabt. In all diesen Bundesdienststellen dominieren die alten faschistischen Spitzenbeamten, die ihre in der Zeit der Hitlerdiktatur erworbenen Erfahrungen heute erneut auswerten zur Unterdrückung der deutschen Patrioten, die es wagen, sich dem Adenauer-Regime des Krieges zu widersetzen. Mit den Steuergroschen des Volkes wird die Technische Nothilfe organisiert, damit sie als Streikbrechergarde in den Lohnkämpfen gegen die Arbeiterschaft eingesetzt wird.
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Millionen werden verausgabt für die Errichtung von Prachtbauten und für Ministerien und für die Spitzenbeamten in den Verwaltungsstellen. Der Verwaltungsapparat schwillt immer mehr an. Dr. Adenauer etabliert sich hier in Bonn, als ob seine Herrlichkeit tausend Jahre dauern sollte und Bonn ewig Deutschlands Hauptstadt bleiben würde. All diese Millionen können von der Regierung vergeudet werden, weil Adenauers Koalition sie im Haushaltsausschuß im Wege der Vorwegbewilligung zur Verfügung gestellt hat. Unter Hitler im
Dritten Reich wurde mit den Steuergroschen des Volkes ebenso Schindluder getrieben wie jetzt.
In dem Mündlichen Bericht zum Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung werden zwei Anträge vom Februar 1951, in denen wir Sonderhilfsmaßnahmen für die langfristig Erwerbslosen im Kreise Wilhelmshaven und die Durchführung einer Hilfsaktion für die Stadt Wilhelmshaven fordern, als durch bereits getroffene Maßnahmen der Bundesregierung erledigt erklärt. Noch vor wenigen Stunden habe ich mich über die Lage der Erwerbslosen in Wilhelmshaven erkundigt. Nichts hat sich geändert. 9800 Menschen sind nach wie vor in Wilhelmshaven erwerbslos. Die Hilfe der Regierung steht auf dem Papier. Es werden keine Absatzmöglichkeiten für die Wilhelmshavener Fischerei geschaffen. Das ist das wahre Gesicht des Adenauer-Regimes: Milliarden für die Kriegsvorbereitung, für das Volk riesige Steuerlasten und gesteigerte Not, ständiges Absinken des Lebensstandards!
Darum lehnen wir Kommunisten den Nachtragshaushalt ab.
Das Wort ist weiter nicht gewünscht. Damit ist die allgemeine Aussprache zur dritten Beratung des Nachtragshaushalts geschlossen.
Ich bin jetzt allerdings nicht in der Lage, in die Abstimmung einzutreten, weil die Zeit von 3 Uhr noch nicht erreicht ist. Ich kann also die einzelnen Haushaltspläne jetzt nicht aufrufen.
({0})
Wir gehen dann über zu Punkt 4 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({1}) über den Entwurf eines Gesetzes zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens ({2}).
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schneider als Berichterstatter.
Dr. Schneider ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und ,Herren! Der Bundestag hat in seiner 226. Sitzung am 18. Juli 1952 den Entwurf eines Gesetzes zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens angenommen. Durch Beschluß vom 31. Juli 1952 hat der Bundesrat wegen dieses Entwurfs den Vermittlungsausschuß angerufen, und zwar vor allem mit dem Ziel, eine Änderung in der personellen Zusammensetzung des Abwicklungsausschusses zu erreichen, der künftig das maßgebliche Gremium für die Durchführung der Abwicklung im einzelnen sein soll.
Für die Zusammensetzung des Abwicklungsausschusses sind im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschiedene Vorschläge gemacht worden. Nach der Regierungsvorlage sollten dem Ausschuß insgesamt vier Vertreter von Bundesministerien und insgesamt drei Ländervertreter aus Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen angehören. Außer diesen sieben stimmberechtigten Mitgliedern waren mit beratender Stimme ein Vertreter Berlins, drei Vertreter der Filmwirtschaft und ein Vertreter der Gewerkschaften vorgesehen. Nach den Beschlüssen des Bundesrats im ersten Durchgang sollten die vier Vertreter der Bundesministerien doppeltes
({4})
Stimmrecht haben. Für die Ländervertreter sollte von der Regierungsvorlage nicht abgewichen werden, jedoch sollten auch die drei Vertreter der Filmwirtschaft und der Vertreter der Gewerkschaften stimmberechtigt sein. Mit beratender Stimme sollten dem Ausschuß außer einem Vertreter Berlins noch zwei weitere vom Bundesrat ernannte Ländervertreter angehören.
Der bisherige Beschluß des Bundestags übernimmt den Vorschlag des Bundesrats bezüglich des doppelten Stimmrechts der Vertreter der vier Bundesministerien. Auch daran, daß die Länder Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen mit je einem Vertreter im Ausschuß Sitz und Stimme haben sollen, hat der Bundestag nichts geändert. Nach seinen Beschlüssen sollte jedoch nach Einführung des Gesetzes in Berlin auch ein Vertreter Berlins im Ausschuß stimmberechtigt sein. Weiterhin sollten vier erfahrene Kenner des Wirtschaftslebens oder Filmsachverständige stimmberechtigte Mitglieder des Ausschusses werden, die aber nicht Mitglieder von Regierungen oder Angehörige von Verwaltungen des Bundes oder der Länder sein dürfen. Nach dem bisherigen Beschluß des Bundestags sollten sodann mit beratender Stimme im Ausschuß noch mitwirken zwei weitere vom Bundesrat ernannte Ländervertreter, drei Vertreter der Filmwirtschaft und ein Vertreter der Gewerkschaften.
Nach den vom Bundesrat bei der Anrufung des Vermittlungsausschusses vorgetragenen Änderungswünschen soll die Bundesregierung den Vorsitzenden des Ausschusses ernennen, dem weiterhin je ein Vertreter von nunmehr fünf Bundesministerien, nämlich Bundeswirtschafts-, Bundesfinanz-, Bundesfinnen-, Bundesvertriebenen- und Bundesratsministerium angehören sollen. Auch die Zahl der stimmberechtigten Ländervertreter soll nach diesem Vorschlag auf fünf erhöht werden, so daß nicht nur Bayern, Hessen und NordrheinWestfalen, sondern auch Niedersachsen und Hamburg im Ausschuß vertreten sind. Nach Einführung des Gesetzes in Berlin soll auch Berlin Sitz und Stimme haben. Die „vier erfahrenen Kenner des Wirtschaftslebens oder Filmsachverständige" sollen dem Ausschuß nur noch mit beratender Stimme angehören. Sie dürfen aber weder Mitglieder von Regierungen oder Angehörige von Verwaltungen des Bundes oder der Länder noch Mitglieder von gesetzgebenden Körperschaften sein.
Der Vermittlungsausschuß hat sich entschlossen, Ihnen diese soeben dargelegten Änderungswünsche des Bundesrats zur Annahme zu empfehlen. Die Zusammensetzung des Ausschusses ist damit einfacher geregelt als in den anderen Vorschlägen. Die Unterteilung in stimmberechtigte und nur beratende Mitglieder soll für die Vertreter der Länder entfallen. Bund und Länder sind im Ausschuß paritätisch vertreten. Die letzte Entscheidung liegt aber beim Bund, da die Bundesregierung den Vorsitzenden stellt, dessen Stimme bei Stimmengleichheit den Ausschlag gibt. Die Vertreter der Wirtschaft oder des Films sollen auf eine Beratung beschränkt werden, weil es sich in erster Linie um die Liquidation fiskalischen Vermögens handelt.
Der Bundesrat hat weiterhin den Wegfall von § 8 Abs. 3 des Entwurfes vorgeschlagen. Nach dieser Vorschrift konnten bestimmte Vermögensgegenstände von größerem Wert nur mit Genehmigung des Bundestags und des Bundesrats freihändig veräußert werden. Auch insofern schlägt der Vermittlungsausschuß vor, dem Änderungswunsch des Bundesrats Rechnung zu tragen. Die weiteren Änderungswünsche des Bundesrats sind von geringerer Bedeutung.
Namens des Vermittlungsausschusses bitte ich Sie, die aus der Drucksache Nr. 4157 im einzelnen ersichtlichen Änderungen zu beschließen. Der Vermittlungsausschuß hat gemäß seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über seine Vorschläge gemeinsam abzustimmen ist.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Da es sich um einen Bericht des Vermittlungsausschusses handelt, gibt es keine Debatte. Die Abstimmung kann nicht stattfinden, weil bis drei Uhr Abstimmungssperre ist.
({0})
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat Herr Abgeordneter Schöne.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion habe ich folgende Erklärung abzugeben:
Das ehemalige reichseigene Filmvermögen ist ein Komplex von erheblichem Wert. Seine wirtschaftliche Bedeutung wird noch dadurch erhöht, daß es in gewissem Sinne Grundlage und Ausgangspunkt einer gesunden deutschen Filmproduktion bilden kann. Darüber hinaus jedoch wird mit dem Komplex reichseigenes Filmvermögen nur ein relativ kleiner Teil des gesamten ehemaligen Reichs- und Preußenvermögens erfaßt, dessen Neuordnung und Neuregelung zumindest ebenso eilig gewesen ist wie die Abwicklung des Filmvermögens, dessen Neuordnung und Neuregelung jedoch nicht in einer besonderen Art und Weise geschehen darf. Es wäre daher erforderlich gewesen, reichseigenes Filmvermögen und gesamtes Reichsvermögen nach einheitlichen Vorstellungen gesetzlich zu ordnen, zumindest jedoch für das reichseigene Filmvermögen einen Weg zu wählen, der das übrige Reichsvermögenproblem nicht präjudiziert.
Diese Überlegungen veranlaßten seinerzeit die SPD, das in dem Regierungsentwurf betreffend Filmvermögen vorgesehene Übergewicht von Vertretern der Bürokratie und der unmittelbaren Filminteressenten aus dem vorgeschlagenen Beirat zu beseitigen. Nach langer Verhandlung in den Ausschüssen für Filmwesen und für Wirtschaftspolitik wurde eine für die SPD tragbare Lösung dadurch gefunden, daß der Abwicklungsausschuß um vier erfahrene Kenner der Wirtschaft und des Filmwesens erweitert und die freihändige Veräußerung von Vermögensgegenständen über 250 000 DM von der Genehmigung durch den Bundestag abhängig gemacht wurde. Nach dem Beschluß des Vermittlungsausschusses wird der mit weitgehenden Vollmachten ausgestattete Abwicklungsausschuß wiederum ausschließlich aus Vertretern der Verwaltungen besetzt, außerdem noch um einen von der Bundesregierung ohne Mitwirkung irgendwelcher parlamentarischer Stellen zu ernennenden Vorsitzenden vergrößert. Liquidation und Privatisierung des großen und bedeutsamen Volksvermögenskomplexes sind nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses fast völlig der Kontrolle der Volksvertretung, des Parlaments, entzogen. Die SPD sieht sich daher nicht in der Lage, dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses ihre Zustimmung zu geben.
Die Abstimmung über den Punkt 4 der Tagesordnung wird entsprechend der getroffenen Vereinbarung bis nach 15 Uhr ausgesetzt.
Ich rufe Punkt 5 des Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Förderung des Kapitalmarkts ({0}).
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({1}) ({2}).
({3})
Zur Berichterstattung hat das Wort Herr Abgeordneter Scharnberg. - Meine Damen und Herren, ich glaube, wir warten einen Augenblick. Der Herr Berichterstatter konnte nicht anwesend sein, weil nicht mit einer so schnellen Erledigung der Tagesordnung gerechnet werden konnte. Wir können daher schon zu Punkt 6 der Tagesordnung übergehen:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von einzelnen Vorschriften der Reichsabgabenordnung und des Steueranpassungsgesetzes ({4}).
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({5}) ({6}).
({7})
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dr. Miessner.
Dr. Miessner ({8}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zur Änderung von einzelnen Vorschriften der Reichsabgabenordnung und des Steueranpassungsgesetzes stellt den Entwurf eines ersten Gesetzes dar, das einige wichtige, besonders dringliche Fragen neu regelt. Es handelt sich dabei nicht etwa nur um Verfahrensfragen, sondern auch um recht bedeutsame materiellrechtliche Änderungen.
Der neu gefaßte § 3 regelt den Geltungsbereich der Reichsabgabenordnung unter Berücksichtigung der veränderten staatsrechtlichen Verhältnisse neu. Dem Bundesrat hat das sehr begrüßenswerte Ziel vorgeschwebt, die Rechtsanwendung weitgehend zu vereinheitlichen. Der Bundesrat glaubte das am besten dadurch erreichen zu können, daß er den Geltungsbereich der Reichsabgabenordnung auf alle öffentlich-rechtlichen Abgaben ausgedehnt hat, die dem Bund, den Ländern oder den Gemeinden zufließen und durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Eine solche Regelung würde bedeuten, daß auch solche Steuern, die nicht der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, wie z. B. Gemeindesteuern, also Steuern mit örtlich begrenztem Wirkungskreis, einbezogen werden, sofern sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Dagegen sind jedoch ernste verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden. Deshalb hat der Finanzausschuß, wenn auch nicht ohne Bedauern, den Geltungsbereich der Reichsabgabenordnung gegenüber der Regierungsvorlage auf die öffentlich-rechtlichen Abgaben eingeschränkt, die nach Art. 105 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Infolge dieser Neufassung des § 3 konnten die §§ 4, 6 und 7 der Reichsabgabenordnung wegfallen.
Die Neufassung des § 14 warf wieder eine staatsrechtliche Frage auf, nämlich die Frage, wieweit die Rechtsverordnungen des Bundesministers der Finanzen, die bei geringfügigen Beträgen bis zu 20 DM die Erstattung, Vergütung oder Abrundung von steuerrechtlichen Geldleistungen regeln, der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Nach dem Standpunkt des Bundesrates bedarf jede Rechtsverordnung, die auf Grund einer in der Reichsabgabenordnung - also einem Zustimmungsgesetz - enthaltenen Ermächtigung ergeht, ihrerseits auch der Zustimmung des Bundesrates. Der Finanzausschuß des Bundestages folgte der Auffassung der Bundesregiernug in ihrer Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates. Danach bedürfen die Rechtsverordnungen nur insoweit der Zustimmung des Bundesrates, als ein Steuergesetz selbst, also z. B. das Einkommensteuergesetz, nach Art. 105 Abs. 3 des Grundgesetzes der Zustimmung des Bundesrates bedürfen würde. Diese Regelung ist allein befriedigend. Der Ausschuß hält sie nach Art. 80 Abs. 2 des Grundgesetzes auch für zulässig, da dieser Artikel die Möglichkeit solcher „anderweitiger" bundesgesetzlicher Regelungen ausdrücklich vorsieht.
Gegenüber dem bisherigen § 86 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung ist die „Gewährung von Nachsicht" wegen Versäumung einer Frist im Hinblick auf Anträge zwecks Steuervergütungen erweitert worden. Dies war erforderlich, da nach der Rechtsprechung der Steuergerichte in diesen Fällen bisher „Nachsicht" nicht gewährt werden konnte.
Der Gesetzentwurf sieht weiter in § 123 Abs. 2 die Angleichung an die Neufassung des § 202 der Reichsabgabenordnung über Erzwingungsgelder vor. Dem konnte unbedenklich zugestimmt werden.
Eine wichtige und wohl die wesentlichste Neuregelung dieser Regierungsvorlage ist die Neufassung des § 131 über den Steuererlaß. Zwar hat sich der Ausschuß nicht entschließen können, eine Ausweitung der bisherigen Praxis bei Einzelfällen zuzubilligen. Deshalb stellt § 131 Abs. 1 Satz 1 auch in seiner neuen Fassung für den Erlaß in Einzelfällen wie bisher darauf ab, daß die Einziehung der Steuer „nach Lage des einzelnen Falles" unbillig wäre. Insoweit weicht die Ausschußfassung von der Regierungsvorlage ab.
In den weiteren Teilen des Abs. 1 werden Dinge, die von der Rechtsprechung bereits herausgearbeitet sind, klargestellt, so die Möglichkeit, daß die Steuer aus Billigkeitsgründen niedriger festgesetzt wird oder daß einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuer erhöhen, bei deren Festsetzung nicht berücksichtigt werden. Vor allem kommen dabei die Fälle der sogenannten Sonderabschreibungen in Betracht. Hier sei auf die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Band 18 Seite 120, Band 19 Seite 247, Band 28 Seite 93 verwiesen. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen auch zugelassen werden, daß einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer vermindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden. Auch das war bei besonders gelagerten Fällen, insbesondere bei größeren Betriebsprüfungen, schon Praxis der Finanzämter.
({9})
Die Neufassung des § 131 ist aber vor allem deshalb erforderlich geworden, weil die Vorschriften der §§ 12 und 13 mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr vereinbar erschienen und daher aufgehoben werden mußten. An ihre Stelle treten nunmehr die Absätze 2, 3 und 5 des § 131, die den Kernpunkt der Neuregelung darstellen. Abs. 2 gibt jetzt die Möglichkeit, für bestimmte Gruppen von gleichgelagerten Fällen aus Billigkeitsgründen Richtlinien aufzustellen. Durch das Wort „entsprechende" ist seitens des Ausschusses klargestellt worden, daß die Unbilligkeit der Steuereinziehung in den Fällen des Abs. 2 nicht für den einzelnen Fall, sondern für bestimmte Gruppen von gleichgelagerten Fällen gegeben sein muß. Die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 sind seitens der obersten Finanzbehörde übertragbar. Bei Steuern, die ganz oder zum Teil dem Bund zufließen und deren Verwaltung vom Bund insoweit den Ländern als Auftragsverwaltung übertragen worden ist, können die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 nur mit Zustimmung des Bundesfinanzministers ausgeübt werden, soweit dieser nicht auf das Recht der Zustimmung verzichtet. Nach Abs. 5 können für bestimmte Gruppen Bleichgelagerter Fälle die Oberfinanzdirektionen und die Finanzämter zu Maßnahmen nach Abs. 1 Sätze 2 und 3 auch durch eine allgemeine Verwaltungsanordnung der Bundesregierung ermächtigt werden.
Eine wichtige Änderung ist ferner für den § 161 beschlossen worden. Nach § 161 Abs. 1 Ziffer 1 d) und e) sind Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirte erst bei einem Gewinn von mehr als 6000 DM verpflichtet, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen. In Drucksache Nr. 3964 ist von den Abgeordneten Schmücker, Stücklen, Dirscherl, Eickhoff und Genossen beantragt worden, die Buchführungspflicht erst bei Einkommen über 12 000 DM vorzuschreiben. Als Begründung wurde vor allem angegeben, daß Gewerbetreibende und Landwirte mit einem Einkommen bis zu 12 000 DM meist nicht in der Lage seien, die Erfordernisse der Buchführungspflicht zu erfüllen. Der Ausschuß hat in zwei Sitzungen, an denen auch die Herren Antragsteller beteiligt waren, über diese Frage sehr eingehend beraten. Der Ausschuß schlägt Ihnen auf Grund dieser Beratungen vor, in § 161 Abs. 1 Ziffer 1 d), also bei den Gewerbetreibenden, die Zahl „6000" durch die Zahl „9000" zu ersetzen.
Im Hinblick darauf, daß die Betragsgrenze von 6000 DM bei der Landwirtschaft gleichzeitig die Grundlage für die steuerliche Erfassung der Landwirte bildet, konnte der Ausschuß sich nicht entschließen, die Betragsgrenze auch für die Landwirtschaft zu erhöhen. Er hat die Frage besonders eingehend erörtert und ist in seiner Mehrheit zu der Auffassung gelangt, daß es für die Landwirtschaft selber untunlich sei, im Augenblick an dieser Grenze zu rütteln. Der Ausschuß hat jedoch eine Entschließung ausgearbeitet, deren Annahme er dem Plenum des Bundestags vorschlägt. Die Entschließung lautet:
Die Bundesregierung wird ersucht, die nötigen Schritte zu ergreifen, um die in § 161 Abs. 1 Ziffer 1 Buchstabe e) der Reichsabgabenordnung für die Reineinkünfte aus Land- und Forstwirtschaft festgesetzte Grenze von 6000 DM zu dem nächsten geeigneten Zeitpunkt zu erhöhen und die damit zusammenhängenden Anpassungsmaßnahmen vorzubereiten.
Auch die Vorschriften des § 202 der Reichsabgabenordnung über Erzwingungsmittel bedürfen einer Änderung. Bei den Erzwingungsmitteln handelt es sich nicht um „Geldstrafen", sondern um Erzwingungsgeld. Zur Vereinheitlichung der Vorschriften war die Regierungsvorlage dahin zu ergänzen, daß die Erzwingungsbefugnis bei der Verwaltung der Realsteuern auch den Gemeinden zusteht.
Der § 202 Abs. 2 mußte den veränderten staatsrechtlichen Verhältnissen, insbesondere hinsichtlich der Vorschrift über die Erzwingungshaft dem Art. 104 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes angepaßt werden. Den Bedenken des Bundesrates aus Art. 104 Abs. 2 des Grundgesetzes hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates durch den Vorschlag einer Neufassung Rechnung getragen. Durch sie wird klargestellt, daß über die Zulässigkeit der Erzwingungshaft das Amtsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet. Das Gericht ist deshalb, wenn es auch an die rechtskräftige Festsetzung des Erzwingungsgeldes seitens der Finanzbehörde oder der Finanzgerichte gebunden ist, dennoch in der Lage, die Umwandlung des Erzwingungsgeldes in eine Erzwingungshaft abzulehnen. Der Ausschuß hat sich diesem Standpunkt angeschlossen.
Der Ausschuß hat es weiter für erforderlich gehalten, dem § 217 der Reichsabgabenordnung einen Abs. 3 anzufügen. Der Bundesminister der Finanzen beabsichtigt, im Rahmen der kommenden Steuerreform vorzuschlagen, daß Steuerpflichtige mit einem Einkommen bis zu einer bestimmten Höhe - gedacht ist wohl an die Grenze von etwa 4000 DM - von der Abgabe einer Steuererklärung befreit werden. Sofern diese Steuerpflichtigen keine Erklärung abgeben, sollen sie zur Besteuerung in der gleichen Höhe wie im Vorjahr herangezogen werden.
Schließlich ist der § 316 ebenfalls auf Grund des Antrags auf Drucksache Nr. 3964 einer wesentlichen Änderung unterzogen worden. Ich glaube, dies ist die zweite sehr bedeutsame grundsätzliche Neuerung. Die Frage der Auslagenerstattung an den im Steuerrechtsstreit obsiegenden Steuerpflichtigen bedurfte seit langem einer gesetzlichen Regelung auf rechtsstaatlicher Grundlage. Die Verpflichtung zu einer derartigen Erstattung, die seinerseit durch Änderung des § 316 der Reichsabgabenordnung fast ausgeschaltet worden war, mußte wiederhergestellt werden. Der Ausschuß hat dabei berücksichtigt, daß in mancher Hinsicht eine Angleichung an die Regelung der entsprechenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung angebracht ist, aber auch, daß eine solche Angleichung nicht voll vorgenommen werden kann, da das Rechtsmittelverfahren nach der Reichsabgabenordung dem Rechtsmittelverfahren der Zivilprozeßordnung in vielem doch nicht voll entspricht. Den Grundsatz gibt § 316 Abs. 1 neuer Fassung wieder. Es heißt dort:
Soweit einem Beteiligten, der nicht Finanzbehörde ist, die Kosten nicht auferlegt werden, sind ihm seine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu erstatten.
Die Kosten der Zuziehung von Rechtsanwälten, Steuerberatern usw. sind im Verfahren vor den Finanzgerichten voll erstattungsfähig. Hinsichtlich dieser Kosten im Einspruchsverfahren ist seitens
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der Vertreter des Finanzministeriums geltend gemacht worden, daß diese nicht erstattungsfähig sein könnten, weil es sich bei dem Einspruchsverfahren praktisch nur um ein verlängertes Veranlagungsverfahren handele. Der Ausschuß hat sich dieser Meinung aber nicht anschließen können, da das Veranlagungsverfahren durch den Steuerbescheid formell abgeschlossen wird. Der Einspruch zählt also bereits zum Rechtsmittelverfahren. Das ist formell unbestreitbar. Andererseits wollte der Ausschuß die Dinge auch nicht überspitzen und kam so einmütig zu folgender Kompromißlösung: Im Einspruchsverfahren sollen künftig Kosten nur dann erstattet werden, wenn es durch Einspruchsbescheid abgeschlossen wird, nicht jedoch in den Fällen, in denen der Steuerbescheid nach § 92 oder § 94 der Reichsabgabenordung ohne Einspruchsbescheid berichtigt wird.
Auch hinsichtlich der Höhe der Kostenerstattung hielt der Ausschuß im Einspruchsverfahren eine Einschränkung für erforderlich. Nach der Vorlage sind die Kosten eines Rechtsbeistandes in diesem Verfahren auf eine Gebühr begrenzt. Auch dieser Vorschlag fand die nahezu einmütige Billigung des Ausschusses.
Der Ausschuß hat natürlich nicht die besondere Problematik dieser Materie verkannt. Er war sich darüber im klaren, daß die Auswirkungen in der Praxis noch nicht mit letzter Klarheit zu übersehen sind. Er hat auch erörtert, daß sich durch diese Regelung eventuell eine Erschwerung in der Verwaltungsarbeit der Finanzämter ergeben könnte, die dann möglicherweise zu einer Revision der Bestimmung führen könnte.
Der Ausschuß war in diesem Zusammenhang ferner einhellig der Meinung, daß dieses Gesetz nicht die richtige Stelle für eine Regelung der berufsrechtlichen Fragen ist. Die Frage der Angemessenheit der Gebührensätze nach den berufsständischen Gebührenordnungen konnte daher nicht anläßlich dieses Gesetzes diskutiert und geregelt werden, sondern vielmehr nur die Frage der Erstattung selbst.
Schließlich ist bei der Zwangsvollstreckung noch eine Bestimmung eingefügt worden. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluß vom 21. Oktober 1952 entschieden, daß für die Steueransprüche verschiedener Steuergläubiger - auch wenn sie von demselben Finanzamt verwaltet werden - eine einheitliche Zwangshypothek im Grundbuch nicht eingetragen werden kann. Der Bundesgerichtshof selbst hat aber die gegenteilige Lösung der Frage de lege ferenda als erwünscht bezeichnet. Der Ausschuß schlägt daher zu § 372 Abs. 1 eine entsprechende gesetzliche Änderung vor.
Endlich liegen auch noch einige Änderungen zum Steueranpassungsgesetz vor. Es sei insbesondere auf die Erteilung der Ermächtigung an die Bundesregierung verwiesen, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Begriffe „gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke" im Sinne der §§ 17 bis 19 und die Voraussetzungen der damit verbundenen Vergünstigungen näher zu bestimmen. Eine solche Ermächtigung wurde insbesondere deshalb notwendig, weil im Wege der Auslegung einzelne Bestimmungen der Gemeinnützigkeitsverordnung für unwirksam angesehen worden sind, mit der Folge, daß in den einzelnen Ländern verschieden verfahren wird. Die beabsichtigte Änderung soll wieder eine bundeseinheitliche Regelung herbeiführen, ohne aber die
Bestimmungen etwa fiskalisch zu verschärfen. Das wurde ausdrücklich klargestellt.
Schließlich ist die Berlin-Klausel, wie üblich, eingefügt worden.
Der Ausschuß schlägt Ihnen vor, dem Gesetzentwurf mit den aus der Drucksache Nr. 4179 zu ersehenden Änderungen des Ausschusses zuzustimmen. Er schlägt ferner vor, die Entschließung zu § 161 der Reichsabgabenordnung, die ich vorhin schon verlesen habe, anzunehmen und den Antrag der Abgeordneten Schmücker und Genossen sowie die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Damit kommen wir zur zweiten Beratung. Ich rufe auf Art. I. Zu Art. I liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Schmücker, Dr. Frey und Genossen auf Umdruck Nr. 834 vor.
Herr Abgeordneter Schmücker bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksache Nr. 4179 wird dem Titel nach von der Regierungsvorlage Drucksache Nr. 3926 bestimmt, aber was den Inhalt angeht, so dürfte unsere Drucksache wohl einen nicht minder attraktiven Teil der Neuerungen abgeben. Leider liegt Ihnen diese Drucksache in Ihrer Mappe nicht vor. Auch ist sie in der Ausschußvorlage nicht abgedruckt, so daß ich Ihnen noch einmal sagen möchte, daß es uns in unserem Antrag darum ging, die Suchführungspflichtgrenze heraufzusetzen und in Streitverfahren, in denen der Steuerzahler obsiegt, diesen von den Kosten zu entlasten. Diese Vorschläge sind weitgehend akzeptiert; nur die Verhältnisse, die für mich persönlich der Anreiz waren, den Antrag einzureichen, wurden nicht geändert. Man hat die Landwirtschaft in die Erhöhung der Buchführungspflichtgrenze nicht hineingenommen und sich darauf beschränkt, in einem Entschließungsantrag die_ Regierung aufzufordern, die Landwirtschaft möglichst bald nachzuziehen. Wir haben nun mit dem Umdruck Nr. 834 einen Änderungsantrag eingebracht, der die in der Entschließung gewünschte Regelung sofort vornimmt.
Ich darf mich zur Begründung mit den Argumenten kurz auseinandersetzen, die wohl die Ausschußmehrheit bewogen haben, die Landwirtschaft nicht sofort in dieses Gesetz aufzunehmen, sondern es bei der Entschließung bewenden zu lassen. Man sagt, daß die Buchführung aus betriebswirtschaftlichen Gründen notwendig sei; ich glaube aber, das stimmt nur zu einem Teil. Dort, wo übersichtliche Tatbestände vorhanden sind, mache ich sie durch die Buchführung nicht übersichtlicher, sondern höchstens komplizierter. Im übrigen muß ich darauf hinweisen, daß ein Unterschied darin besteht, ob ich eine Aufzeichnungspflicht erfülle oder eine Buchführungspflicht mit Vermögensvergleich, wie das vorhin der Herr Berichterstatter geschildert hat. In der Tat ist diese Buchführungspflicht eine sehr komplizierte Sache, und ich glaube, Sie werden mir sehr schnell recht geben, wenn ich Ihnen sage, daß den Landwirten in der Mehrzahl der Finger eben nicht nach dem Federhalter steht. Wenn ich einmal etwas über den Rahmen hinausgehen darf, dann möchte ich auch sagen: hier in diesem Raum werden nicht sehr viele sein, die ihre Steuererklärungen selber machen, und so finden wir bei den Landwirten auch nicht sehr viele, die das können. Die Steuererklärung ist zu kompli({0})
ziert. Dadurch bringt sie einen großen Zeitverlust für den Bauern, der sich zu seinem Steuerberater begeben muß. Im übrigen setzt sie ihn auch so unter Druck, daß er in seiner Produktivkraft leidet.
Der zweite Grund, der die Mehrheit wohl bewogen haben mag, unsern Antrag abzulehnen, ist die Behauptung, daß die Landwirte zu wenig Steuern zahlten. Wir haben ja noch vor etwa einem Monat von dieser Stelle aus gehört, daß die einzigen ehrlichen Steuerzahler die Lohn- und Gehaltsempfänger seien.
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- Ja, ich höre schon: es wird hier wieder bestätigt. Aber ich möchte einmal folgendes sagen. Die Abwälzbarkeit von Steuern ist doch eine reine Theorie zum mindesten für die Kreise, deren Einkommen so groß ist, daß sie gerade davon leben können, und die sich zur Ausweitung ihres Betriebes einen Konsumverzicht auferlegen müssen. Für diese Kreise stimmt die Abwälzbarkeit auf keinen Fall. Wir müssen hier nach meiner Meinung die umgekehrte Rechnung vornehmen und fragen, wieviel Geld nach all den Steuern, die gezahlt worden sind, noch übrigbleibt. Ich glaube, dann sieht das Bild wesentlich anders aus. Bedenken Sie einmal, was alles diejenigen, die ein eigenes Unternehmen, sei es gewerblicher oder agrarischer Art, haben, zahlen: Einkommensteuer, Umsatzsteuer, dann auch die Grundsteuer, die doch eigentlich für den Bauern nur eine Berufssteuer ist. Vom Lastenausgleich will ich gar nicht reden; aber ich möchte an die vielen und umfangreichen Wegelasten und Wasseracht-Gebühren usw. erinnern. Sie sehen also, daß tatsächlich der kleinere gewerbliche und agrarische Unternehmer bedeutend mehr Steuern zahlt als ein anderer. Ich weiß, daß meine Rechnung etwas extrem dargestellt ist. Aber sie soll ja nur beweisen, daß die andere Behauptung nicht richtig ist, die einzigen ordentlichen Steuerzahler seien die Lohn- und Gehaltsempfänger. Ich meine, daß auch dieser Punkt nur ein Beweis dafür ist, daß die Befreiuung von der Buchführungspflicht keine unverdiente Besserstellung bedeutet, sondern eine notwendige Entlastung bringt.
Es werden ja auch nicht Großgrundbesitzer betroffen, wie behauptet worden ist, sondern nur mittlere Landwirte.
Bei der Höhe der Einkommensteuer spricht man immer von einer Berechnung nach einem Zwölftel, früher von einem Achtzehntel. Das hat nichts mit einem Gewinn auf den Einheitswert zu tun, sondern ist eine Grundlagenberechnung, zu der noch sehr viele Um- und Zurechnungen hinzukommen, die schließlich damit enden, daß die tatsächliche Besteuerung bei rund einem Fünftel liegt.
Die Regierung hat den Wunsch geäußert, sie möchte aus technischen Gründen etwas Zeit haben, um diese Änderung vorbereiten zu können. Das ist verständlich; aber wir möchten ja nicht eine völlig neue Verordnung, sondern wir möchten nur eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der bestehenden Bestimmungen bis auf 9000 DM. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das soviel Zeit in Anspruch nimmt. Wir haben auf vielen anderen Gebieten die Höchstgrenzen den veränderten Währungsverhältnissen angepaßt, so etwa in der Sozialpolitik - ich wies schon in der ersten Begründung darauf hin -, und ich sehe nicht ein, warum wir das in der Finanzpolitik unterlassen sollten.
Ich bitte Sie dringend, unseren Änderungsantrag anzunehmen. Die Entschließung würde damit entf allen.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zu dem eben genannten Antrag Stellung nehmen, insbesondere soweit er sich darauf bezieht, daß die Grenze der Buchführungspflicht auch bei der Landwirtschaft von 6000 auf 9000 DM erhöht werden soll. Ich darf darauf verweisen, daß diese Frage im Ausschuß bereits besprochen worden ist und daß man auch dort zu der Überzeugung gekommen ist, es liege nicht im Interesse der Landwirtschaft, diese Bestimmung einzuführen. Übereinstimmend hat sich zwischen der Bundesfinanzverwaltung und den Länderfinanzverwaltungen ergeben, daß, wenn diese Frage angeschnitten würde, der ganze Komplex der Landwirtschaftsbesteuerung, auch der Freigrenze wahrscheinlich, aufgerollt werden müßte.
Darf ich fragen, ob der Antrag der Fraktion der FU auch noch besonders begründet werden soll? - Herr Abgeordneter Dr. Bertram!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Ergänzung der Ausführungen des Herrn Abgeordneten Schmücker möchte ich noch einige Gesichtspunkte vortragen, die uns zu dem mit dem Antrag des Herrn Kollegen Schmücker und seiner Freunde gleichlautenden Antrag veranlaßt haben.
Zunächst einmal ist es nichts Neues, daß der Satz von 6000 auf 9000 Mark erhöht werden soll. Bereits 1942, während des Krieges, hat die Finanzverwaltung den Satz von 6000 auf 12 000 Mark erhöht. Dieser Satz von 12 000 Mark hat ohne die geringsten Schwierigkeiten in der britischen Zone bis 1946 und in der amerikanischen Zone, ich weiß nicht wie lange, gegolten. Außerdem besteht zwischen dem Satz von 6000 Mark für Gewerbetreibende und von 6000 Mark für landwirtschaftliche Betriebe nicht nur ein äußerer Zusammenhang, sondern das ist auch ein innerer Zusammenhang. Gleiche Sachverhalte müssen gleich behandelt werden. Wenn wir für die Gewerbetreibenden die Grenze für die Buchführungspflicht in irgendeiner Höhe festsetzen, so müssen wir sie in gleicher Höhe für die Landwirtschaft einsetzen. Welche Grenze wir wählen, sie muß zumindest gleichmäßig gelten. Wenn wir also jetzt dazu kommen, 9000 Mark für die Gewerbetreibenden festzusetzen, dann gilt dasselbe für die Landwirtschaft. Es kommt hinzu, daß die effektiven Schwierigkeiten bei der Führung der Bücher für die Landwirte eher noch größer sind als für die Gewerbetreibenden. Wenn das Finanzministerium anerkennt, daß für die Gewerbetreibenden mit einem Jahreseinkommen von 9000 DM die Verpflichtung zur Führung von Büchern a) zu schwierig und b) zu kostspielig sei - denn der Betreffende muß sich einen Steuerberater nehmen, der wahrscheinlich so viel kostet, wie er überhaupt an Steuern zu zahlen hat -, dann gilt dasselbe mindestens für die Landwirte, die doch gar keine Beziehung zum Buchführen haben - jedenfalls in der Allgemeinheit - und mehr davon verstehen, mit ihren Geräten umzugehen.
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Der Grund, den der Herr Bundesfinanzminister vorbrachte, daß nämlich das Verhältnis zwischen Bund und Ländern neu aufgerollt werden müsse, scheint mir gerade hier nicht stichhaltig zu sein. Es handelt sich nicht darum, daß der Gesamtsteuerertrag für Bund oder Länder irgendwie eingeschränkt würde. Ganz im Gegenteil, es kann durchaus sein, daß auf Grund einer Buchführung das Ergebnis für den Staat geringer ist als auf Grund der Verordnung über Durchschnittsbesteuerung. Denn bei der Durchschnittsbesteuerung wird ein durchschnittlich arbeitender Richthof zur Grundlage genommen. Wer also sehecht wirtschaftet, kann bei einer Steuererklärung Steuern sparen, wer besser wirtschaftet, wird weniger Steuern zu zahlen haben. Aber das ist ja gerade der Vorteil der Durchschnittsbesteuerung, daß die Leistung belohnt und der schlecht Wirtschaftende bestraft wird. Aus diesem Grund ist also per saldo eine Änderung des Steueraufkommens nicht zu erwarten. Deshalb ist auch von dieser Seite her eine Aufrollung des Verhältnisses Bund und Länder nicht zu befürchten.
Die Verordnung über die Durchschnittsbesteuerung selbst bedeutet außerdem, daß der Bundesfinanzminister immer schon die besonderen Verhältnisse bei der Landwirtschaft anerkannt hat. Er sieht selbst Pauschsätze für den Eigenverbrauch vor; er sieht vor, daß die Fernbuchführung zugelassen wird. Alle diese Ausnahmen, die jetzt schon für die Landwirtschaft zugelassen sind, bedeuten praktisch, daß die Finanzämter anerkennen, welche besonderen Verhältnisse und besonderen Schwierigkeiten gerade in der Landwirtschaft gegeben sind.
Ich würde Sie deshalb bitten, den Antrag der Föderalistischen Union und der Abgeordneten Schmücker und Genossen anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herrr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Schmücker ist über die Motive und die Überlegungen des Ausschusses vollkommen falsch unterrichtet. Er hat bedauerlicherweise auf Grund seiner schlechten Unterrichtung auch dem Hause über die Überlegungen des Ausschusses durchaus falsch berichtet.
Es ist keine Rede davon, daß aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder weil nach Ansicht des Ausschusses die Bauern zu wenig Steuern zahlen, die Erhöhung in diesem Gesetz abgelehnt worden ist. Das sehen Sie aus der Entschließung, Herr Kollege Schmücker. Wenn das der Grund gewesen wäre, dann hätte man ja die Entschließung mit dem Ziele der Erhöhung der Buchführungspflichtgrenze nicht dem Hause vorschlagen können.
Man kann durchaus zweierlei Meinung darüber sein, wann und in welcher Höhe Buchführungspflicht angemessen ist und ob man den Leuten - auch den kleinen Leuten - nicht etwas Gutes damit tut, daß man sie zur Buchführung bringt. Aber die Meinung des Ausschusses war in diesem Falle, daß aus betriebswirtschaftlichen und anderen Gründen in der Tat nichts gegen und aus steuerlichen Gründen eher etwas für eine Erhöhung spreche. Deswegen hat er die Erhöhung vorgeschlagen.
Was die technischen Gründe anlangt, Herr Kollege Schmücker, so waren sie auch wieder falsch unterrichtet, wenn Sie darüber mit der einfachen Bemerkung hinweggehen, es handle sich doch nur um die Einfügung einer neuen Zahl in einem bestehen- I den System. Der Ausschuß hat sich vollkommen klargemacht - ich glaube, dieser Beschluß war sogar einstimmig; ich hätte sogar gemeint, daß die vertretenen Antragsteller ihm damals zugestimmt haben -, daß die Grenze für die Buchführungspflicht bei der Landwirtschaft etwas anderes bedeutet als die Grenze der Buchführungspflicht beim Gewerbe. Das hat auch der Kollege Bertram in seinen Ausführungen zu erwähnen durchaus vergessen. Die Buchführungspflichtgrenze bei der Landwirtschaft bedeutet nämlich den Übergang von der Richtsatzbesteuerung zum normalen Besteuerungssystem. Dieser Übergang bedeutet die Abänderung einer ganzen Reihe von Rechtsverordnungen, Richtlinien usw. Sie können ja nicht mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes von der Buchführungspflicht, die bei der Landwirtschaft - in der Regel mit abweichenden Wirtschaftsjahren - etwa in der Mitte des Jahres endet, zu einer Richtsatzbesteuerung für das Kalenderjahr übergehen und ähnliche Dinge machen. Der Ausschuß hat klipp und klar gesagt, daß er diese Erhöhung will, daß er sie aber in der technisch allein möglichen Weise will. Es ist bedauerlich, daß das Haus mit derartigen Dingen aufgehalten wird, weil es wegen mangelnder Beschäftigung mit den Problemen über die Überlegungen des Ausschusses mangelhaft unterrichtet wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kneipp.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Seuffert können nicht unwidersprochen bleiben.
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Im Ausschuß ist der Beschluß, beim Gewerbe die Erhöhung vorzunehmen, mit 9 gegen 7 Stimmen gefaßt worden. Als es sich um die Erhöhung der Buchführungspflichtgrenze für die Landwirtschaft handelte, ist das Verhältnis gerade umgekehrt gewesen, d. h. der Vorschlag Schmücker und Genossen ist mit 2 Mehrstimmen abgelehnt worden.
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Sachlich muß ich aber noch einiges zu dieser ganzen Frage darlegen. Warum ist denn gefordert worden, daß auch bei der Landwirtschaft die Buchführungspflichtgrenze von 6000 auf 9000 DM erhöht wird? Weil eben der Satz von 6000 DM infolge der Geldentwertung heute nicht mehr gerechtfertigt ist, weil infolge der Erhöhung der Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die leider durch die Erhöhung der Preise der landwirtschaftlichen Bedarfsartikel restlos kompensiert worden ist, praktisch eine ganze Menge Landwirte in die Buchführungspflicht hineingekommen sind.
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Gestern hörte ich aus Niedersachsen, daß dort allein im Bezirk Hildesheim praktisch jeder landwirtschaftliche Betrieb von 60 bis 70 Morgen Buch führen müsse und daß im Landwirtschaftskammerbezirk Hannover, also in einem großen Teil des Landes Niedersachsen über 40 000 buchführungspflichtige landwirtschaftliche Betriebe seien. Ich hörte weiter - und das muß in diesem Zusammenhang auch einmal erörtert werden -, daß die meisten Buchführungsergebnisse von den Finanzämtern verworfen wurden, die Finanzämter zu Schätzungen übergegangen seien, wodurch natür({3})
lich eine außerordentlich große Mißstimmung bei den betreffenden Betrieben eingetreten sei.
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Wie ist es denn? Betriebe von 60 bis 70, von 80 bis 90 und mehr Morgen sind ja noch ausgesprochen bäuerliche Betriebe. Wenn diese Leute abends heimkommen, haben sie weder Zeit noch Lust, Aufzeichnungen zu machen. Aus dieser Perspektive muß man die ganze Sache beurteilen. Ich muß schon sagen, der Herr Bundesfinanzminister Schäffer hat hier leicht gedroht. Niemand von den Antragstellern will den Betrieben von 6000 bis 9000 DM die Freigrenze von 1000 DM irgendwie konzedieren; die sollen meinetwegen nach einem auszuhandelnden System ordnungsgemäß besteuert werden. Ich lehne es ausdrücklich ab, mich mit dem Gedanken der Gewährung. besonderer Vergünstigungen zu beschäftigen.
Wie wird es denn jetzt? Auf jeden Fall werden Sie heute die Erhöhung der Buchführungspflichtgrenze beim Gewerbe beschließen. Wenn Sie den Antrag Schmücker und Genossen und den Antrag der FU ablehnen, wird es sich draußen schließlich herumsprechen, daß man das Gewerbe von der Buchführungspflicht bis zu 9000 DM entbunden hat, und eine ganze Menge bäuerlicher Betriebe werden sagen: Was dem Gewerbe recht ist, ist uns billig.
Wir kommen also auf diesem Weg nicht weiter. Wir müssen beide gleichstellen. Ich bitte Sie, das zu tun.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe ja als Berichterstatter ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sich der Ausschuß deshalb nicht zu der sofortigen Erhöhung entschließen konnte, weil bei der Landwirtschaft die Besteuerungsgrundlagen im engsten Zusammenhang mit dieser Grenze stehen. Das ist der Unterschied zum Handwerk. So, wie es hier jetzt versucht wird, sollte man die Dinge daher wirklich nicht behandeln. Insofern kann ich die Ausführungen des Kollegen Seuffert nur voll bestätigen. Meine Damen und Herren, ich glaube aber, Ihnen noch warnend sagen zu müssen, daß die Annahme des Antrages nach meiner Kenntnis der Dinge, wie sie wohl laufen werden, wenn man bei der Landwirtschaft an der Grenze rüttelt, sicherlich nicht zum Besten der kleinen Landwirte wäre.
Zum Schluß nur noch das eine Wort besonders an die Mitglieder der Koalition. Diese Frage ist keineswegs etwa eine Frage zwischen der Opposition einerseits und den Regierungsparteien andererseits gewesen, sondern die Fronten gingen - wenn wir hier schon so viel den Ausschuß zitieren - durchaus quer durch die Fraktionen. Es war nun einmal so, daß die Mehrheit des Finanzausschusses nach Abwägung aller Umstände und unter Zustimmung des Vertreters des Landwirtschafts- und Ernährungsministeriums der Meinung war, der Landwirtschaft durch Heraufsetzung der Grenze keinen guten Dienst zu erweisen. Ich jedenfalls möchte die Verantwortung dafür, diese Dinge durch Annahme des Antrages vorzeitig ins Rollen gebracht zu haben, nicht tragen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich manchmal einigermaßen schwer, sich hier verständlich zu machen. Ich möchte nur noch einmal wiederholen, daß der Ausschuß, dessen Bericht wir hier verteidigen, ja genau dasselbe will, was die Petenten wollen, nämlich die Erhöhung der Buchführungsgrenze. Er will das nur in der einzig möglichen technischen Form, weil es durch einfache Änderung dieses Gesetzes nicht geht, sondern eine Reihe von Rechtsverordnungen im gleichen Zuge mit geändert werden müssen.
Abgeordneter Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war zufällig auch im Finanzausschuß dabei,
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und ich kann Ihnen nur sagen: Ich komme mir wieder zurückversetzt vor in die Angelegenheit des Mineralölsteuergesetzes. Damals haben wir auch Seelenforschung betrieben. Es wäre wieder mal sehr viel richtiger, Interessenforschung zu treiben.
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Die wird augenblicklich auch wieder betrieben.
Wer dabei war, und dazu gehört auch mein Freund Kneipp, der weiß genau, daß wir zweimal über diese Angelegenheit verhandelt haben, und zwar mit Abständen von ungefähr einer Woche. Das erstemal haben wir in der Tat den Antrag für die Landwirtschaft kurzerhand abgelehnt. Ob das richtig war, das steht auf einem anderen Blatt. Das zweitemal ist die Angelegenheit von meinem Kollegen Neuburger wieder aufgegriffen worden, und man hat sich ganz allgemein der Auffassung des Finanzministeriums angeschlossen, daß die Heraufsetzung der Grenze in der Landwirtschaft nicht mit einem Federstrich, sondern unter Erwägung verschiedener Umstände erfolgen muß.
Es kann doch nicht immer ein Mißverständnis über die Sitzungen des Finanzausschusses vorhanden sein. Lesen Sie doch die Protokolle nach; dann sehen Sie es doch. Ich möchte Ihnen also sehr empfehlen, die Entschließung anzunehmen und es dabei zu belassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Fassbender.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war nicht Mitglied des Finanzausschusses, bin auch nicht vorbelastet, um über diese Frage urteilen zu sollen.
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Ich kann aber doch wohl eines hier einmal ganz eindeutig feststellen. Wie muß das draußen auf den Dörfern wirken, wenn Arbeiter - beiderseits, der Handwerker und der Bauer - jetzt nach verschiedenen Grundsätzen besteuert werden sollen? - Ich halte es für einen unmöglichen Zustand, und es würde den Frieden auf den Dörfern weiß Gott nicht fördern, sondern würde der Gegensätzlichkeit Tür und Tor öffnen, woran wir kein Interesse haben, wenn hier zweierlei Besteuerungsgrundsätze Platz greifen sollen. Das, was der Kollege Kneipp eindeutig erläutert hat, sollte Ihnen doch zu denken geben. 6000 Mark waren es früher. Ja, meine sehr
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verehrten Damen und Herren, durch die allgemeine Preissteigerung aller Produkte sind die 6000 Mark von früher ja doch heute nicht dasselbe geblieben. Es sind wirklich Kleinbauern, die auf Grund der allgemeinen Erhöhung aller Preise unter Umständen über 6000 Mark herausrutschen, und dann stehen diese armen Teufel, die mit Finanzbeamten nicht fertig zu werden wissen, - ({2})
- Entschuldigen Sie, diese Leute haben keine Zeit, Bücher zu führen; denn infolge einer Agrarpolitik, die uns das platte Land langsam entvölkert, sind unsere Bauern und ihre Frauen gezwungen, in so starkem Maße selbst mit Hand anzulegen, daß ihnen nach einer nicht 8stündigen, sondern nach einer 10-, 12- und 14stündigen Arbeitszeit weiß Gott die Lust fehlt, sich dann noch mit diesen Dingen zu befassen.
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Ich bitte Sie, dafür zu sorgen, daß unsere Bauern hier gleich behandelt werden. Es dreht sich um Kleinbauern, nicht um Großgrundbesitzer! Sorgen Sie dafür, daß der Friede auf dem platten Lande erhalten bleibt!
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Bezüglich der Rechtstechnik insbesondere ist doch zu sagen, daß die Durchschnittsbesteuerung für Landwirte in einer Rechtsverordnung enthalten ist. Diese Rechtsverordnung kann aber erst ergehen, wenn zuvor das zugrunde liegende Steuergesetz, die Reichsabgabenordnung, geändert worden ist. Das ist doch der übliche und gewöhnliche Weg. Man kann doch nicht zuerst die Verordnung ändern und dann erst anfangen, die Gesetze zu ändern! Warum gehen wir nicht den üblichen Weg, zunächst einmal in der Reichsabgabenordnung den Betrag von 6000 DM einheitlich auf 9000 DM heraufzusetzen und dann - das ist absolut richtig - abzuwarten, bis das Bundesfinanzministerium die Verordnung über Durchschnittssätze und Buchführungspflicht in der Landwirtschaft entsprechend ändert und ergänzt? Ich sehe darin keine technischen Schwierigkeiten, sondern im Gegenteil den allein richtigen Weg.
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Meine Damen und Herren, diese lebendige Aussprache scheint nun beendet zu sein? - Ja. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über die sachlich übereinstimmenden Anträge der Abgeordneten Schmücker, Dr. Frey, Revenstorff, Tobaben und Genossen bzw. der Fraktion der FU, Umdrucke Nrn. 834 bzw. 835. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Anträgen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Es bedarf keiner Gegenprobe. Das ist die Mehrheit; diese Anträge sind angenommen.
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Ich bitte die Damen und Herren, die dem Art. 1 in der so geänderten Fassung zuzustimmen wünschen, ihre Hand zu erheben. - Auch das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf Art. 2, - Art. 3, - Art. 3 a, - Art. 4, - Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Auch das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Eine allgemeine Besprechung in der
dritten Beratung
soll nach dem Vorschlag des Ältestenrates nicht stattfinden. Änderungsanträge sind nicht gestellt. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz zur Änderung von einzelnen Vorschriften der Reichsabgabenordnung und des Steueranpassungsgesetzes in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Das Gesetz ist mit überwiegender Mehrheit angenommen.
Die Entschließung zu Ziffer 2 des Antrags Drucksache Nr. 4179 ist durch die Annahme dieses Antrags sachlich erledigt.
Ich bitte die Damen und Herren, die der Ziffer 3 des Antrags Drucksache Nr. 4197, den Gesetzentwurf der Abg. Schmücker und Genossen für erledigt zu erklären und ebenfalls die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; auch dieser Punkt ist damit erledigt.
Meine Damen und Herren, ich kehre dann zurück zunächst zu Punkt 3 b, der noch ausstehenden Abstimmung zur dritten Beratung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes, Drucksache Nr. 3806.
Es ist abzustimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der FU, Umdruck Nr. 810. Sind die Antragsteller einverstanden, daß über diesen Antrag insgesamt abgestimmt wird? - Das ist der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag Nr. 810 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist außer den Antragstellern fast niemand.
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- Meine Damen und Herren, ich hatte mir gestattet, Umdruck Nr. 810 aufzurufen. Die Damen und Herren Abgeordneten haben den Umdruck vor sich. Es ist nicht üblich, daß wir verteilte Umdrucke und Drucksachen noch verlesen. Der Antrag ist in der zweiten Beratung auch abgelehnt worden. Ich darf also feststellen, daß der Antrag abgelehnt worden ist.
Damit komme ich zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist das Gesetz angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 794 betreffend Kriegssachgeschädigte. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; der Entschließungsantrag ist angenommen. Damit ist Punkt 3 b der Tagesordnung ebenfalls erledigt.
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Ich kehre zurück zur Einzelberatung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952.
Zu Einzelplan I - Drucksache Nr. 4101 - liegen keine Änderungsanträge vor. Ich komme zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, meine Damen und Herren, daß wir die Abstimmungen zu den Einzelplänen durch Handaufheben und nicht durch Erheben von den Plätzen vornehmen, weil das eine sehr einseitige Strapazierung des Hauses wäre.
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Ich bitte die Damen und Herren, die dem Einzelplan I zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses; ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Einzelplan II - Drucksache Nr. 4102 - zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die überwiegende Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan II b - Drucksache Nr. 4103 -. Ich bitte um ein Handzeichen. - Das ist die überwiegende Mehrheit; angenommen.
Einzelplan III, Haushalt des Deutschen Bundesrats - Drucksache Nr. 4104. Ich bitte ebenfalls um ein Handzeichen. - Ist auch mit überwiegender Mehrheit angenommen.
Einzelplan IV, Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes - Drucksache Nr. 4105. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan IV a, Haushalt des Auswärtigen Amts - Drucksache Nr. 4106. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan IV b, Haushalt für Angelegenheiten des Europarats und verwandte Gebiete - Drucksache Nr. 4107. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Einzelplan V, Haushalt des Bundesministeriums für den Marshallplan - Drucksache Nr. 4108. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan V a, Haushalt des deutschen Vertreters im Rat der Internationalen Ruhrbehörde und des Deutschen Delegationsbüros in Düsseldorf - Drucksache Nr. 4109. Ich bitte um ein Handzeichen. - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Einzelplan VI, Haushalt des Bundesministeriums des Innern - Drucksache Nr. 4110. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 4110 Abs. 2 betreffend Jugendschrifttum zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen ist auch dieser Antrag angenommen.
Einzelplan VII, Haushalt des Bundesministeriums der Justiz - Drucksache Nr. 4111. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, ({4})
-Bitte, Herr Abgeordneter Schoettle!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unglücklicherweise ist, offenbar durch ein Mißverständnis, die Generalaussprache über Gebühr abgekürzt worden. In der Absicht, uns kurz zu fassen, waren wir alle uns einig; aber daß die Kürzung gleich so vorgenommen würde, daß nur der Vertreter der kommunistischen Gruppe spricht, das war wohl nicht gemeint. Wir hatten verabredet, die dritte Lesung auf 15 Uhr festzulegen. Aber das hat hier oben - ich wage die Weisheit des Präsidiums sonst nicht anzuzweifeln - offenbar nicht ganz eingeschlagen.
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Nach dieser Vorbemerkung muß ich einige Bemerkungen zum Einzelplan VII machen.
Herr Abgeordneter, darf ich berichtigen, da ich selbst ja nicht hier saß. Es ist im Ältestenrat vereinbart worden, zwischen 13 und 15 Uhr keine Abstimmungen vorzunehmen. Von einem Wegfall der Aussprache ist nicht die Rede gewesen. Es hatte also insofern doch eingeschlagen.
Ich wage nicht, dem Präsidenten zu widersprechen. Ich bin gegen die These von der Kollektivschuld, auch wenn sie das Präsidium des Bundestages betreffen sollte. Aber ich habe mit Herrn Vizepräsidenten Schmid eine solche Verabredung getroffen und mit Herrn Bausch und in der Annahme, daß das weitergegeben würde, mich darauf verlassen.
Und jetzt einige Bemerkungen zu dem Haushalt des Justizministeriums. Meine Fraktion hat zu diesem Haushalt einen Antrag eingebracht, der sich allerdings auf das Rechnungsjahr 1953/54 und die künftigen Haushaltspläne bezieht. Ich muß ihn hier zur Sprache bringen. Wir beantragen, daß der Bundestag beschließen wolle, im Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1953/54 und künftig für das Bundesverfassungsgericht einen gesonderten Haushaltsplan einzurichten. Ich darf in diesem Zusammenhang auf den § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesverfassungsgericht verweisen, das am 17. April 1951 in Kraft getreten ist. In diesem § 1 Abs. 1 heißt es:
Das Bundesverfassungsgericht ist ein allen übrigen Verfassungsorganen gegenüber selbständiger und unabhängiger Gerichtshof des Bundes.
„Allen übrigen Verfassungsorganen gegenüber selbständig und unabhängig"! Nun, das wird wohl in keinem Gesetz, das die Grundlage für irgendeine andere Bundesbehörde ist, in dieser eindeutigen und unbezweifelbaren Weise ausgeführt.
Wenn man auf der anderen Seite die politischen und verfassungspolitischen Kontroversen im Auge hat, die in der letzten Zeit zwischen dem Herrn Bundesjustizminister auf der einen und dem Herrn Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtshofes auf der anderen Seite öffentlich ausgetragen wurden, dann kann man, glaube ich, die Berechtigung einer selbständigen Haushaltsveranschlagung des Bundesverfassungsgerichtshofes nicht gut bestreiten. Ich glaube, wir sollten nicht nur aus diesen
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politischen Gründen - es wäre vermutlich falsch, nur einer temporären Spannung wegen wichtige hauhaltsrechtliche und haushaltsmethodische Veränderungen zu treffen -, sondern aus grundsätzlichen Erwägungen eine saubere Trennung zwischen dem Justizministerium und diesem obersten Bundesverfassungsgericht schaffen. Das kann man am besten dadurch, daß man dem Bundesverfassungsgerichtshof einen eigenen Einzelplan mit der Möglichkeit gibt, die in diesem Einzelplan ausgebrachten Mittel auch selbst zu bewirtschaften.
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Wenn man sich ansieht, wie manche Leute - etwas leichtfertig nach unserer Meinung und manchmal auch etwas ungebeten - sich nun ihrerseits zum Richter über das Bundesverfassungsgericht aufwerfen und dabei den Spuren der Vorbilder in der Bundesregierung folgen - wie z. B. der Herr Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen -, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß eine starke Unterstreichung der Unabhängigkeit und Selbständigkeit des Bundesverfassungsgerichtshofs in erster Linie aus rechtspolitischen Gründen durchaus zweckmäßig ist. Wenn Herr Dr. Franz Meyers, Innenminister des größten deutschen Bundeslandes und des zugleich finanziell am besten gestellten Bundeslandes - aber das ist nur eine etwas boshafte Nebenbemerkung, über die gelegentlich nachzudenken sich vielleicht verlohnt -, am 24. dieses Monats anläßlich einer Studienwoche für staatswissenschaftliche Fortbildung in Düsseldorf erklärt, das Bundesverfassungsgericht habe seine Urteile als politische Entscheidungen bezeichnet, und wenn er dann behauptet, diese Entscheidungen machten den Staat funktionsunfähig, wenn er gar so weit geht, zu behaupten, durch das Bundesverfassungsgericht würden Parlamentsbeschlüsse in ihr Gegenteil verkehrt, dann muß man doch beinahe schlußfolgern, daß sogar Länderminister - ich will dabei gar nicht auf Parteizugehörigkeit abheben - vielleicht selber eine Studienwoche für staatswissenschaftliche Fortbildung notwendig hätten.
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Ich komme zum Schluß. Ich bitte das Hohe Haus, dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion zuzustimmen und die Unabhängigkeit und Selbständigkeit des Bundesverfassungsgerichtshofs dadurch zu unterstreichen, daß es beschließt, künftig soll das Bundesverfassungsgericht einen eigenen, einen gesonderten Haushaltsplan bekommen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Laforet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß der Standpunkt, den ich am 11. Juni 1952 eingenommen habe, daß das Bundesverfassungsgericht einen selbständigen Etat haben soll, über unsere Juristenkreise hinaus jetzt auch in weiteren Kreisen Anerkennung gefunden hat.
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Meine Fraktion ist grundsätzlich einverstanden. Sie haben schon ohnehin einen ganz besonderen Fall beim Rechnungshof, der einen selbständigen Haushalt hat.
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Wenn wir jetzt dem obersten Verfassungsorgan diese besondere Rechtsstellung geben, so geben wir ihm - nur aus dem Willen heraus, dieses Organ völlig unabhängig zu machen - auch nach der Haushaltsseite die richtige Stellung. Es wird sich nur darum drehen, ob man den Antrag dem Haushaltsausschuß überweist, der über den Haushalt 1953/54 beschließt, oder ob Sie einen selbständigen Beschluß des Bundestags erwirken wollen. Es würde meiner Ansicht nach vollständig entsprechend gehandelt, wenn der Antrag dem Haushaltsausschuß überwiesen wird, der seine Verhandlungen für das Rechnungsjahr 1953/54 schon begonnen hat. Ich bin jedoch auch mit einer Loslösung von einem Überweisungsbeschlusse und mit einer selbständigen Fassung einverstanden; es kommt auf das gleiche hinaus.
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Herr Abgeordneter Schoettle!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke dem Herrn Kollegen Laforet für seine Mitteilung. Sie erfüllt uns mit einigem Zutrauen, daß die Entscheidung, die der Bundestag zu treffen hat, tatsächlich eine echte und unumstößliche Konsolidierung der selbständigen Position des Bundesverfassungsgerichtshofs mit sich bringt.
Wir legen in der Tat Wert auf eine Entscheidung des Bundestags, nicht auf eine Überweisung an den Haushaltsausschuß. Die Konsequenzen aus einem solchen Beschluß des Bundestagsplenums haben die Regierung bei der Aufstellung künftiger Haushaltspläne und der Haushaltsausschuß bei der Beratung des jetzigen Haushaltsplans zu ziehen.
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- Ja, schon für 1953. Ich verstehe das so, wenn das Plenum heute im Sinne unseres Antrages beschließt, daß es einerseits den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages beauftragt, bei der Beratung des Haushalts 1953 diesen Beschluß zu realisieren, und andererseits die Bundesregierung beauftragt, bei der Aufstellung künftiger Haushaltspläne so wie beschlossen zu verfahren. Ich glaube, in diesem Punkt sind wir einer Meinung.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Becker.
Meine Damen und Herren, nur ein kurzes Wort zur sachlichen Erledigung dieser Frage! Ob Sie einen gesonderten Haushalt aufstellen wollen oder nicht, das ist eine Frage, die man unter sachlichen Gesichtspunkten prüfen kann. Aber - und nun kommt das Politikum, das Ihrem Antrag zugrunde liegt - der Schlag gegen einen Minister gelingt Ihnen bei der Affäre nicht. Denn genau so wie der Rechnungshof, der einen selbständigen Etat hat, hier von dem Herrn Finanzminister vertreten wird - gegenüber dem Parlament können nur verantwortliche Minister die Haushaltsfragen verantworten -, wird es wahrscheinlich künftig so laufen, daß auch ein selbständig formulierter Etat, wenn Sie so beschließen wollen, hier von dem Herrn Justizminister vertreten und verantwortet werden müßte.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage der hauhaltsmäßigen Behandlung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Teilausschnitt aus dem Problem des Status des Bundesverfassungsgerichts. Darüber schweben eingehende Erörterungen. Es liegt eine Denkschrift des Bundesverfassungsgerichts vor, weiterhin eine von dieser Denkschrift abweichende Meinung des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts und eine abweichende Meinung eines Richters des Bundesverfassungsgerichts. Es handelt sich nach meiner Meinung nicht nur um eine haushaltsmäßige Frage, sondern auch um eine verfassungsrechtliche Frage. Um die Dinge zu objektivieren, hat die Bundesregierung sich entschlossen, das Gutachten eines angesehenen Staatsrechtslehrers einzuholen. Dieses Gutachten wird in den nächsten Tagen vorliegen. Ich glaube, daß man diese Frage nicht ohne die sonst doch übliche Vorbereitung im Ausschuß - meines Erachtens nicht nur im Haushaltsausschuß, sondern auch im Rechtsausschuß - behandeln und entscheiden sollte. Ich beabsichtige, Ihnen das gesamte Material zuzuleiten. Deswegen rege ich an, nicht jetzt durch einen Beschluß im Hause - ich darf das vielleicht sagen -, ohne hinreichende Betrachtung der maßgebenden Grundlagen zu entscheiden, sondern die Angelegenheit den beiden genannten Ausschüssen, dem Haushaltsausschuß und dem Rechtsausschuß, zu überweisen.
Damit ist die Aussprache erledigt. Ich verstehe den Hinweis des Herrn Bundesministers der Justiz als einen Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Dehler auf Überweisung an den Haushaltsausschuß und den Rechtsausschuß.
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Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag auf Überweisung an den Haushaltsausschuß und den Rechtsausschuß zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, es geht über die Fähigkeiten des Sitzungsvorstandes hinaus, zu entscheiden, wo in diesem Falle die Mehrheit ist. Ich bitte, im Wege des Hammelsprungs zu entscheiden. Wer für die Überweisung an die Ausschüsse ist, begibt sich durch die JaTür.
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Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen. ({2})
Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen. - Ich bitte, die Türen zu schließen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Für die Überweisung an die Ausschüsse haben gestimmt 157 Abgeordnete, dagegen 132, bei keiner Enthaltung. Damit ist die Überweisung dieses Entschließungsantrags erfolgt. Ich weise ausdrücklich darauf hin, daß dadurch nicht endgültig die Frage präjudiziert worden ist, ob überhaupt Entschließungsanträge einem Ausschuß überwiesen werden können. Darüber könnten nach § 95 der Geschäftsordnung einige Erwägungen angestellt werden. Aber da es sich hier um eine konkrete Anweisung für die Aufstellung des Bundeshaushalts handelt, werden sich zunächst der Haushaltsausschuß und der Rechtsausschuß damit befassen.
Ich komme dann zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 4111, Haushalt des Bundesministeriums der Justiz, mit dem Appell an die Damen und Herren, doch ihre Plätze einzunehmen und sie nach Möglichkeit während der Abstimmung innezuhalten, damit diese gute Besetzung des Hauses uns die Abstimmungen erleichtert. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrage auf Drucksache Nr. 4111 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Haushalt ist angenommen.
Einzelplan VIII, Bundesministerium der Finanzen, Drucksache Nr. 4112. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan IX - Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft -. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 4113 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen. Der Antrag der Abgeordneten Dr. Solleder, Höhne, Dr. Wellhausen und Genossen ist in der zweiten Beratung an den Ausschuß zurückverwiesen worden. Es erübrigt sich also eine Abstimmung darüber.
Einzelplan X - Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten -. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 4114 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag unter Ziffer 2 dieser Drucksache den Antrag der Fraktion der FU ({3}) Drucksache Nr. 3632 für erledigt zu erklären, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Einzelplan XI - Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit -. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag auf Drucksache Nr. 4115 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Einzelplan XII - Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr -. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 4116 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag
zu 2, eine Reihe von Anträgen für erledigt zu erklären, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag
zu 3, einen Antrag der Fraktion der Bayernpartei abzulehnen, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich bitte nun die Damen und Herren, die dem Antrag zu 4, zwei Anträge der Bundesregierung als Material zu überweisen, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
In Verbindung damit der Mündliche Bericht des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 4167 betreffend Weiterbau der Autobahn von Karlsruhe-Ettlingen bis zur Schweizer Grenze. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
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Als nächster Einzelplan XIII: Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Haushalt zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan XIV: Haushalt des Bundesministeriums für Wohnungsbau. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Haushalt zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag zu 2, einen Antrag der Fraktion der FU für erledigt zu erklären, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan XV: Bundesministerium für Vertriebene. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Einzelplan zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Einzelplan XVI: Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen, Drucksache Nr. 4120. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Haushalt zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Einzelplan XVII: Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Bundesrats, Drucksache Nr. 4121. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Haushalt zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan XX: Haushalt des Bundesrechnungshofs, Drucksache Nr. 4122. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan XXI: Haushalt der Bundesschuld, Drucksache Nr. 4123. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan XXII: Haushalt der finanziellen Hilfe für Berlin, Drucksache Nr. 4124. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan XXIII: Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung; dazu der wiederholte Antrag der Fraktion der FDP Umdruck Nr. 788 zur dritten Beratung. Soll er noch besonders begründet werden?
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Es wird beantragt: die Erhöhung der Beteiligung des Bundes an der Süddeutsche KalkstickstoffWerke AG Trostberg in Oberbayern wird gestrichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die überwiegende Mehrheit; der Antrag ist in dritter Beratung abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung gemäß
Drucksache Nr. 4125 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag, die beiden Anträge betreffend Wilhelmshaven für erledigt zu erklären, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Einzelplan XXIV: Haushalt der Verteidigungslasten einschließlich Besatzungskosten und Auftragsausgaben, Drucksache Nr. 4126. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Einzelplan zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Ist mit Mehrheit angenommen.
Einzelplan XXV, Drucksache Nr. 4127, Haushalt der Auslaufzeit 1951 hinsichtlich der Verteidigungslasten einschließlich der Besatzungskosten und Auftragsausgaben. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Haushalt Einzelplan XXV zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Einzelplan XXVI, Haushalt der sozialen Kriegsfolgelasten, Drucksache Nr. 4128. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Ist mit Mehrheit angenommen.
Einzelplan XXVII, Haushalt der sonstigen Verteidigungslasten, Drucksache Nr. 4129. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über das Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952, Drucksache Nr. 4100. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Die Anlagen zum Nachtrag sind in den Einzelplänen angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die der Entschließung unter Ziffer 3 der Drucksache Nr. 4100 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses; diese Entschließung ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dr. Nöll von der Nahmer und Genossen, Umdruck Nr. 789, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit des Hauses; angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Vogel, Ritzel, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Jaffé und Genossen betreffend wissenschaftliche Forschung, Umdruck Nr. 796, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich kehre jetzt zurück zu Punkt 4 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes
({6})
({7}) über den Entwurf eines Gesetzes zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens ({8}).
Die Berichterstattung ist erfolgt. Erklärungen sind abgegeben, weitere sollen nicht abgegeben werden.
Der Vermittlungsausschuß hat beschlossen, daß über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses, Drucksache Nr. 4157 in vier Ziffern in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Antrag des Vermittlungsausschusses ist angenommen.
Ich rufe auf den Punkt 5:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Förderung des Kapitalmarkts ({9}).
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({10}) ({11}).
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Berichterstatter ist der jetzt anwesende Herr Abgeordnete Scharnberg. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Scharnberg ({13}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Beratung des Ersten Gesetzes zur Förderung des Kapitalmarkts, das der Bundestag in seiner 236. Sitzung in zweiter und dritter Lesung verabschiedet hat, hat sich ein Fehler eingeschlichen. Die Steuerbegünstigung der festverzinslichen Wertpapiere, die gemäß dem neuen § 3 a des Einkommensteuergesetzes völlig steuerfrei sind, bezieht sich auch auf das Notopfer Berlin, die Kirchensteuer und die Gewerbeertragsteuer. Dies trifft jedoch nicht zu für die Wertpapiere, deren Erträge mit einer 30 %igen Kapitalertragsteuer belastet sind. Dieser Zustand führt zu einer ungewollten Verschiebung der Nettorenten, die zur Folge hat, daß die Wertpapiere, die mit einer 30 %igen Kapitalertragsteuer belegt sind, zu höheren Bruttozinssätzen herauskommen müßten, um mit den voll steuerbefreiten Wertpapieren konkurrenzfähig zu sein.
Ich habe in meinem schriftlichen Bericht über das Kapitalmarktförderungsgesetz seinerzeit ausgeführt, daß wir bei den Beratungen im Ausschuß davon ausgegangen sind, vorläufig sei ein Nettozinsniveau von etwa 5 bis 51/2 % zu erwarten; dadurch seien sowohl die bisher am Markt befindlichen festverzinslichen Wertpapiere gegen Kurseinbrüche geschützt, wie auch die Fortsetzung des sozialen Wohnungsbaues ermöglicht. Ich habe weiter darauf hingewiesen, daß wir damit rechnen, kapitalertragsteuerpflichtige Pfandbriefe und Industrieobligationen würden mit etwa 7 bis 71/2 % herauskommen, was dem erwähnten Nettozins von 5 bis 51/2 % entsprochen hätte. Ein 7 %iges Wertpapier würde aber in der Hand desjenigen, der Gewerbeertragsteuer zahlen muß, nur eine Nettoverzinsung von 4,15 % erbringen. Bei einem 71/2 %igen Wertpapier würde ein Nettozins von 4,44 % verbleiben. Das 8 %ige Papier hat einen solchen von 4,74, und erst beim 9 %igen würde sich die Nettorente auf 5,34 % belaufen. Dies müßte nun dazu führen, daß Pfandbriefe und Industrieobligationen mit Zinssätzen von 81/2 %, 9 % oder sogar 10 % herausgebracht werden müßten, um mit den steuerbefreiten Wertpapieren, insbesondere auch mit der neu herausgebrachten Bundesanleihe konkurrenzfähig zu sein.
Der Gesetzentwurf, den die drei Regierungsfraktionen dem Bundestag der Beschleunigung halber initativ vorgelegt haben, enthält die notwendigen bisher fehlenden Ergänzungen des Gewerbesteuergesetzes und des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin". Die Ausschüsse für Finanz- und Steuerfragen und Geld und Kredit, denen dieses Gesetz überwiesen ist, haben zwei Änderungen vorgenommen, die lediglich technische bzw. redaktionelle Bedeutung haben.
Die Ausschüsse haben auch die Frage erörtert, ob eine Befreiung von der Kirchensteuer vorgenommen werden kann. Dies ist nicht möglich, da der Bund hierfür keine Zuständigkeit hat. Die Kirchensteuer hat im übrigen auch nicht die prozentuale Bedeutung, welche Gewerbeertragsteuer und Notopfer Berlin haben.
Die Ausschüsse haben mit Mehrheit beschlossen, dem Hohen Hause die Annahme der Gesetzentwürfe mit den aus dem Bericht hervorgehenden Abänderungen vorzuschlagen.
Ich danke dem Herrn Be-richtersatter. Ich rufe auf Art. 1.
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Kapitalmarktförderungsgesetz war, das haben wir immer gesagt, von Anfang an nicht funktionsfähig. Die Annahme, daß es auf diesem Wege funktionsfähig gemacht werden könnte, scheint mir ein weiterer Irrtum zu sein. Als Begründung für das, was hier beantragt wird, wird angeführt, man habe sich die Rendite auf Grund der geltenden Steuersätze anders ausgerechnet, d. h. die Nettorendite der fraglichen Papiere würde durch Steuern stärker vermindert als angenommen worden sei. Es ist schon eine kühne Argumentation, daß man, wenn man für 30 % Kuponsteuer neben der Einkommen- und Körperschaftsteuer nun auch noch die Gewerbesteuer und das Notopfer Berlin erlassen haben will, nicht wenigstens etwas mehr zu bieten hat als diese 30 %. Vor allen Dingen geht das, was man jetzt haben will, nämlich ein weiterer Gewerbesteuererlaß, auch zu Lasten der Gemeinden. Was für deren Haushalte gilt, wissen wir ja.
Man kann sich ausrechnen, daß das, was jetzt an weiteren Steuererleichterungen gefordert wird, ungefähr 8 Millionen DM pro Milliarde DM gezeichneter Wertpapiere ausmachen würde. Man kann sich schon schwer vorstellen, daß der deutsche Kapitalmarkt an einem derartigen Betrag hängen sollte, und vor allen Dingen muß man ja einmal fragen: Wer ist denn an dem Erlaß der Gewerbesteuer interessiert? - Doch nur die, die Gewerbesteuer zahlen, und das sind die Unternehmen, die aus dem Vermögen des Unternehmens Papiere zeichnen wollen, und allenfalls die Banken. Die Banken werden aber sowieso kein großes Interesse und keine große Neigung haben, jetzt in eigenen Wertpapierbesitz zu gehen.
Wir haben hier also die merkwürdige Argumentation: die Gesundung des Kapitalmarkts
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hängt davon ab, daß die Unternehmer, über deren hohe Steuerbelastung man die ganze Zeit klagt und von denen man vorträgt, daß sie kaum die Gelder aufbringen, um die Abschreibungen und Steuern zu decken, nicht in der Lage sind, in größerem Umfange direkt aus den Unternehmen Wertpapier-Ankäufe auf dem Kapitalmarkt zu machen. Eine solche Argumentation hätte man sich auch von seiten der Initiatoren dieses Gesetzes in bezug auf die Auswirkungen einmal überlegen sollen. Im ganzen bleibt es doch dabei, daß das Prinzip dieses Gesetzes, der Versuch einer Verkoppelung von Renditenüberlegungen, die auf dem Kapitalmarkt und bei Emissionsbedingungen gelten, mit der Steuergesetzgebung von Anfang an falsch ist. Nicht nur berechnet sich nach diesem Gesetz die Rendite für den, der Gewerbesteuer zahlt, anders als für den, der sie nicht zahlt, sondern es ist auch so: Der Hebesatz der Gewerbesteuer in einer Gemeinde wäre für diese Renditenberechnung von Bedeutung, und wenn Sie den Gedankengängen der Initiatoren des Gesetzes folgten, kämen Sie dahin, daß Veränderungen im Handel mit Wertpapieren, je nachdem, ob in der einen oder anderen Gemeinde ein Gewerbesteuersatz erhöht oder erniedrigt wird, zu erwarten wären.
Dazu kommt - und das ist der Grundfehler -, daß man diese ganzen Renditenberechnungen auf einer bestimmten Steuergesetzgebung aufbaut. Auf diese Tatsache, daß alle diese Kapitalmarktmanipulationen auf einer außerordentlich politischen Grundlage, nämlich auf der Voraussetzung, daß die Steuerpolitik der derzeitigen Regierungsmehrheit fortgeführt wird, beruhen, haben wir ja sattsam und deutlich genug aufmerksam gemacht.
Es bleibt nun einmal dabei, daß Sie keinen Kapitalmarkt aufbauen können, wenn Sie gleichzeitig - und das ist ja der erklärte Sinn all dieser Dinge - die großen Kapitalsammelstellen, die entweder nicht oder nach einem andern System besteuert werden, von dem Kapitalmarkt ausschließen. Die Folge Ihrer Behauptung, daß Sie deren Anteil, deren Funktion auf dem Kapitalmarkt, ausgerechnet mit der Anlage von Mitteln gewerbesteuerpflichtiger Unternehmungen ersetzen könnten, sollten Sie sich wirklich selber überlegen.
Ich glaube, der einzige Rat, den man zu diesem Gesetz geben kann - und er ist von sehr beachtlicher Seite gegeben worden: bitte, lesen Sie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 14. Februar dieses Jahres nach -, ist, einen Paragraphen einzufügen, daß auf Antrag des Emittenten, der auf dem Kapitalmarkt Geld sucht, die Bestimmungen des Gesetzes nicht Anwendung finden, mit anderen Worten, die Möglichkeit zu schaffen, daß sich die Leute verbitten können, auf diese Art und Weise gefördert zu werden.
Zu Art. 1 keine weiteren Wortmeldungen? - Es liegt zu Art. 1 der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, FDP, DP Umdruck Nr. 839 vor, in Art. 1 und in Art. 2 jeweils im letzten Satz nach dem Wort „Einkommensteuer" einzufügen: „({0})". Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zu Art. 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Der Änderungsantrag zu Art. 1 und 2 ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über Art. 1. Ich bitte die Damen und Herren, die Art. 1 mit dieser
Änderung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Ich rufe auf Art. 2. Keine Wortmeldungen. -Ich bitte die Damen und Herren, die Art. 2 mit der vorhin angenommenen Änderung im letzten Satz zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Art. 2 ist angenommen.
Es liegt mir ein Änderungsantrag der Abgeordneten Neuburger und Fraktion vor, hinter Art. 2 einen Art. 3 einzufügen:
In § 5 Abs. 3 des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft vom 7. Januar 1952 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft ({1}) werden die Worte „der Einkommen- und Körperschaftsteuer" ersetzt durch die Worte „den Steuern vom Einkommen und Ertrag."
Soll zur Begründung dieses Antrages etwas gesagt werden, Herr Abgeordneter Neuburger? - Nein.
Wünscht jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrage, diesem Einfügungsantrage, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Der Änderungsantrag ist angenommen.
Ich rufe auf Art. 3, der dann jetzt Art. 4 würde, - Art. 5, den jetzigen Art. 4, - Art. 6, den jetzigen Art. 5, - Einleitung und Überschrift. - Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Artikeln, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Die aufgerufenen Artikel, Einleitung und Überschrift sind angenommen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Änderungsanträge werden nicht gestellt. Einzelberatung der einzelnen Artikel entfällt. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Förderung des Kapitalmarktes in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen, bitte? - Das erste war die Mehrheit. Das Gesetz ist in der Schlußabstimmung in der Gesamtheit angenommen.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Tabaksteuergesetzes ({2}).
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({3}) ({4}).
({5})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Peters.
Meine Damen und Herren, es liegt ein Antrag der Abgeordneten Dr. Brönner, Even, Lenz, Naegel
({6})
und Genossen vor, die Beratung des Entwurfs eines Tabaksteuergesetzes von der heutigen Tagesordnung abzusetzen und das Gesetz an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und zur Mitberatung an den Ausschuß für Jugendfürsorge zu überweisen.
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Darf ich zunächst den Absetzungsantrag durch Herrn Abgeordneten Dr. Brönner begründen lassen. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Tabaksteuergesetz enthält nicht nur steuerliche und wirtschaftliche Fragen, sondern es berührt auch sehr die Volksgesundheit und den Jugendschutz. Diese beiden Seiten sind in dem Gesetzentwurf nicht hinreichend berücksichtigt worden. Es wird daher von meinen Freunden und mir der Antrag gestellt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Beratung des Entwurfs eines Tabaksteuergesetzes wird von der heutigen Tagesordnung abgesetzt und der Entwurf an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und zur Mitberatung an den Ausschuß für Jugendfürsorge überwiesen.
Im Namen der Unterzeichner bitte ich, diesen Antrag anzunehmen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Anlaß zur Vorlage dieses Gesetzes ist folgender gewesen: Wir waren im Vorjahre infolge der wirtschaftlichen Entwicklung gezwungen, für die Erhebung der Tabaksteuer einen bestimmten Prozentsatz regelmäßig zu stunden. Es ist ein rein wirtschaftlicher Anlaß gewesen, der bereinigt werden muß, weil es gesetzlich ein unmöglicher Zustand ist, daß der Gesetzgeber eine Steuer festsetzt und diese Steuer im Wege der Verwaltungsanordnung nicht voll zur Eintreibung bringt.
Ich darf außerdem bemerken, daß die gesamte Wirtschaft nun einmal mit dem neuen TabaksteuerGesetzentwurf rechnet und ihre Vorbereitungen getroffen hat, daß also wirtschaftliche Gründe zwingend dafür sprechen, diesen Gesetzentwurf endlich zu verabschieden.
Meine Damen und Herren, wenn ein Finanzminister eine Steuersenkung auf dem Gebiet der Verbrauchsteuer bringt, kann man ihm nicht den Vorwurf machen, er vermehre dadurch leichtsinnig die Suchtgefahr. Betriebe ich die Steuergesetzgebung vom Standpunkt des Kampfes gegen Suchtgefahr, dann
({0})
würde ich prohibitiv wirkende Steuern auf eine ganze Reihe von Genoß- und Verbrauchsmitteln legen müssen, die beim Wein und Branntwein beginnen und sich in unendlicher Reihe fortsetzen würden.
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Der Finanzminister ist gern bereit, den Organisationen, die gegen die Suchtgefahr arbeiten, eventuell Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie innerhalb der Bevölkerung, insbesondere der Jugend, aufklärend wirken können. Aber der Finanzminister ist leider Gottes Finanzminister und nicht Erziehungsminister.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Peters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei möchte ich ebenfalls gegen den Antrag sprechen. Der Herr Finanzminister hat schon darauf hingewiesen, daß der gesamten Tabakwarenindustrie seit dem 31. Oktober 1951 Vollstreckungsaufschub für einen Teil der Banderolensteuer gewährt worden ist. Dieser Aufschub umfaßt zur Zeit schon mehr als 200 Millionen DM, die seitdem gestundet worden sind.
({0})
Es ist nunmehr an der Zeit, diesen Vollstreckungsaufschub, der ohnehin schon genügend Kopfschmerzen bereitet hat, durch eine gesetzliche Regelung der Erlösberichtigung abzulösen. Eine weitere Verzögerung des Gesetzes - und nur um eine Verzögerung würde es sich handeln - ist schon aus diesem Grunde nicht tragbar. Außerdem ist über die Senkung der Preise für Tabakwaren in der Öffentlichkeit schon so lange und so viel geredet worden, daß sie auch endlich kommen muß.
Ich darf vielleicht noch darauf hinweisen, daß dieses Hohe Haus bereits im Jahre 1950 vom Bundesminister der Finanzen einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Senkung der Preise für Tabakwaren in fast einmütiger Beschlußfassung gefordert hat und daß wir diesen Beschluß heute nicht durch eine andere Beschlußfassung rückgängig machen können.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Bausch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz ohne Zweifel gibt es sehr gewichtige finanzpolitische Gründe, die für die gesetzliche Regelung der Tabakbesteuerung sprechen. Der Herr Finanzminister hat einige dieser Gründe schon vorgetragen. Es gibt auch wirtschaftspolitische und volkswirtschaftliche Gründe, die für die vorgeschlagene Regelung der Materie sprechen. Kein Mensch wird das Gewicht dieser Argumente bestreiten. Ohne Zweifel haben unsere Tabakbauern recht, wenn sie sich mit Nachdruck dafür einsetzen, daß ihnen auch in der Zukunft eine Existenzmöglichkeit bleibt. Auch die Arbeiter, die in der Zigarrenindustrie beschäftigt sind, haben sehr gute Gründe dafür, wenn sie im Interesse der Erhaltung ihrer Existenz eine Überprüfung der Besteuerung des Tabaks fordern. Aber, meine Damen und Herren, jede Angelegenheit, zu der wir in diesem Hause und auch sonst in dieser Welt Stellung nehmen müssen, hat zwei Seiten.
({0})
Was ich zu beanstanden habe, ist die Tatsache, daß man bei der Prüfung dieses Gesetzes ganz ohne Zweifel nur die eine Seite, eben die finanzpolitische, die volkswirtschaftliche und die wirtschaftspolitische, gesehen hat,
({1})
während doch dieses Gesetz Probleme aufwirft, die auch noch unter einer ganz anderen Sicht gesehen werden müssen.
({2})
({3})
Meine Damen und Herren! Als dieses Gesetz zur Debatte gestellt wurde, bekam ich eines Tages von den Sachwaltern großer Zigarettenkonzerne eine auf wunderschönem Kunstdruckpapier gedruckte Drucksache zugeschickt. Es war eine teure Drucksache.
({4})
Die Versender dieser Drucksache haben offensichtlich sehr viel Geld zur Verfügung gehabt. In dieser Drucksache war dargelegt,
({5})
daß der Zigarettenkonsum in Belgien und in Frankreich viel, viel größer, ja fast doppelt so groß sei wie der Zigarettenkonsum in Deutschland und daß man deshalb so schnell wie möglich dafür sorgen müsse, daß der Zigarettenkonsum auch in Deutschland auf das Niveau von Belgien heraufgesetzt werde, daß man also dafür sorgen müsse, daß durch die Herabsetzung der Steuern in Deutschland der Konsum an Zigaretten auf das Doppelte gesteigert werde. Aber, meine Damen und Herren, wenn dies schon eines der Ziele dieses Gesetzentwurfs ist, dann sind wir doch verpflichtet, zu fragen, ob eine solche Gesetzgebung dann auch unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes
({6})
und unter dem Gesichtspunkt der Volksgesundheit und der Sozialhygiene verantwortet werden kann. Wir haben im Bundesministerium des Innern eine besondere, sehr reichlich mit Personal ausgestattete Gesundheitsabteilung, an deren Spitze ein Ministerialdirektor steht. Warum ist uns nicht mit den Drucksachen, die wir hier bekommen haben, auch eine Äußerung dieser Gesundheitsabteilung des Bundesministeriums des Innern darüber vorgelegt worden, welche Auswirkungen eine solche Gesetzgebung, welche Auswirkungen eine Verdoppelung des Zigarettenverbrauchs in der Bundesrepublik auf die Volksgesundheit, insbesondere auf die Gesundheit der Jugend unseres Volkes haben wird?
({7})
Wir müssen deshalb darauf bestehen, daß die Prüfung des vorliegenden Gesetzentwurfs auch noch von dieser andern Seite her vorgenommen wird. Es gibt in dieser Welt nicht nur wirtschaftliche und finanzpolitische Gesichtspunkte. Wir haben als Bundestag den Auftrag, die Gesetze, die wir hier beschließen, in erster Linie unter den großen sittlichen, moralischen und ethischen Gesichtspunkten zu überprüfen.
({8})
Es geht bei der Gesetzgebung nicht nur um das Geld, sondern auch um diese großen und vielfach entscheidenden Anliegen.
({9})
Ich sage gar nichts dagegen, daß man die wirtschaftlichen Gesichtspunkte achtet und respektiert. Aber ich wehre mich dagegen, daß man nur diese Gesichtspunkte im Auge hat. Ich verlange, daß man auch diese anderen Gesichtspunkte, denen nach meiner Überzeugung in vieler Hinsicht die Priorität zukommt, überprüft und hier mit zur Erwägung stellt.
({10})
Ich will noch gar nicht sagen, zu welchem Ergebnis wir dann kommen werden. Aber nachdem feststeht, daß diese für uns dominierenden Anliegen überhaupt nicht beachtet und überhaupt nicht in den Bereich der Erwägung gezogen worden sind,
({11})
muß ich verlangen, daß dieses Gesetz noch einmal zurückverwiesen wird an den Ausschuß für Jugendschutz und an den Ausschuß für Volksgesundheit. Wenn diese beiden Ausschüsse sich dann zu der Materie geäußert haben werden, dann werde ich bereit sein, dieses Gesetz erneut zu prüfen und zur Behandlung zu stellen.
Ich stimme deshalb dem Antrag, den Herr Kollege Dr. Brönner gestellt hat, zu und bitte Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit mir dasselbe zu tun.
({12})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur auf die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers einiges erwidern. Zunächst muß einmal festgestellt werden, daß der vorliegende Gesetzentwurf wesentlich darüber hinausgeht, nur den Unterschied in den Produktionskosten auszugleichen. Es wird hier viel mehr verlangt; das dürfen wir zunächst einmal nicht übersehen. Es läßt sich auch nicht leugnen, daß die Gesichtspunkte, die Herr Dr. Brönner und auch Herr Kollege Bausch eben betont haben, bei der Behandlung dieser Frage bisher leider keine Berücksichtigung erfahren haben.
({0})
Ich bin überzeugt, der Finanzminister ist kein Erziehungsminister; darin stimme ich Ihnen zu. Aber auch er kann an der Meinung derjenigen nicht vorbeigehen, er kann die Meinung derjenigen nicht ignorieren, die sich nun einmal um Probleme des Jugendschutzes und um Gesundheitsfürsorge kümmern. Nun weiß ich, meine Herren von der Linken, daß doch von Organisationen aller Richtungen hier Wünsche vorgetragen worden sind. Ich meine, die Probleme des Jugendschutzes und der Gesundheitsfürsorge sind nicht Probleme, die nur von einer Seite behandelt werden. Ich kann mich erinnern, gerade von Organisationen, die zu Ihnen tendieren, eine ganze Reihe von Stellungnahmen erhalten zu haben, die auch dafür plädieren, daß man sich hier einmal ernstlich überlegt, ob nun nicht diese Probleme - Jugendschutz, Gesundheitsfürsorge - bei dieser Frage auch einmal diskutiert werden sollten. Ich glaube, es ist keine Angelegenheit einer Gruppe; ich bin der Meinung, es ist eine gemeinsame Angelegenheit, um die es hier geht.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So nahe ich den Wohlfahrtsverbänden stehe, die diesen Antrag inauguriert haben, möchte ich doch darauf aufmerksam machen, daß es nicht zutrifft, daß der Ausschuß für Finanzen und Steuern sich mit dieser Frage nicht beschäftigt habe.
({0})
({1})
Herr Abgeordneter Morgenthaler von der CDU hat zu Beginn der zweiten Lesung diese Angelegenheit ausdrücklich zur Debatte gestellt. Es ist länger darüber gesprochen worden. Insbesondere ist darüber gesprochen worden - das ist bisher überhaupt noch nicht gesagt worden -, daß es in erster Linie die Tendenz des ganzen Gesetzes ist, den bisherigen Schmuggel ganz erheblich einzuschränken und ihn unrentabel zu machen. Das ist ein Gedankengang, der mit der Angelegenheit, die hier jetzt aufgeworfen wird, gar nichts zu tun hat.
Ich möchte deswegen bitten, davon abzusehen, dem Antrag des Herrn Brönner zu entsprechen.
({2})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Hammer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Bausch hat noch den zusätzlichen Antrag gestellt, die Drucksache dem Ausschuß für Volksgesundheit zu überweisen. Da ein solcher Ausschuß hier nicht existiert, nehme ich an, - ({0})
- Gibt es bei uns nicht! - Ich nehme an, es ist der Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens gemeint, Herr Kollege.
({1})
- Ich weiß, was Sie meinen. Ich widerspreche Ihnen, Herr Kollege Bausch. Meine Damen und Herren, der Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens könnte nichts anderes tun, als ein Fakultätsgutachten über die Wirkungen des Nikotins oder der Rauchwaren anzufordern.
({2})
- Die Gesundheitsabteilung ist gar nicht in der Lage, ein wissenschaftliches Gutachten abzugeben. Ich würde mich für ein derartiges Gutachten bedanken. Eine Verwaltungsbehörde gibt kein wissenschaftliches Gutachten ab; das machen unsere Fakultäten, Herr Kollege Bausch, nicht nur in Fragen der Volksgesundheit.
({3})
- Bitte lassen Sie mich doch ausreden, meine Damen und Herren; das ist die Sache doch nicht wert.
({4})
Herr Abgeordneter Bausch, lassen Sie doch freundlichst Herrn Abgeordneten Hammer reden und sprechen Sie nachher.
Wenn es nur auf das Gutachten ankommt, dann ist auch der Finanzausschuß in der Lage, dieses Gutachten einer Fakultät anzufordern.
({0})
Ich mache Sie allerdings darauf aufmerksam, daß Sie wahrscheinlich zu diesem Gutachten auch ein Gegengutachten erhalten werden, weil nichts strittiger ist als das Ausmaß der Giftwirkung des Tabaks.
Ich bitte Sie als Vorsitzender, diesen Antrag abzulehnen und die Drucksache keinesfalls unserem Ausschuß zu überweisen.
({1})
Herr Abgeordneter Bausch!
Meine Damen und Herren! Ich sehe mich leider genötigt, zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Hammer noch eine Bemerkung zu machen. Er hat gemeint, wenn wir die Sache an den Ausschuß, dessen Vorsitzender er ist - Herr Kollege Dr. Hammer, ob dieser nun „Gesundheitsausschuß" oder anders heißt, ist doch gleichgültig; Sie haben ja ganz genau gewußt, welchen Ausschuß ich meine -, überwiesen und von diesem Ausschuß ein Urteil über die Frage anforderten, welche gesundheitlichen Auswirkungen dieses Gesetz auf unser Volk hat, dann würde dieser Ausschuß nichts anderes tun, als eine Reihe von Gutachten von Universitäten einfordern. Diese Gutachten könnten wir im Bundestag dann studieren. Nein, Herr Kollege Dr. Hammer, so einfach liegen diese Dinge nicht. So gering sollten Sie auch die Aufgabe Ihres Ausschusses nicht einschätzen.
Die Fragen der Volksgesundheit sind Fragen von grundlegender Bedeutung. Zu diesen soll doch Ihr Ausschuß eine politische Stellung beziehen!
({0})
Es gibt in einer ganzen Reihe von europäischen Völkern für die Angelegenheiten der Volksgesundheit besondere Ministerien. Wir erwarten von der Bundesregierung, daß sie ein selbständiges politisches Urteil zu diesen Fragen herausarbeitet und dieses Urteil dem Parlament vorlegt.
Weil wir kein selbständiges Ministerium für die Angelegenheiten der Volksgesundheit haben, müssen wir uns an dasjenige Ministerium wenden, das für diese Fragen verantwortlich und zuständig ist. Dieses zuständige Ministerium ist das Bundesministerium des Innern. Von ihm erwarten wir ein Urteil, und zwar ein politisches Urteil über eine gesundheitspolitische Frage von größter Bedeutung. Das Ministerium verfügt über eine Gesundheitsabteilung. Sie ist - ich sage es nochmals - personell sehr gut ausgestattet. Ich sehe nicht ein, wozu wir ein für Fragen der Volksgesundheit zuständiges Bundesministerium und in ihm eine personell so ausgezeichnet ausgestattete Gesundheitsabteilung haben, wenn es nicht imstande ist, uns zu einer solchen Frage der Volksgesundheit ein eindeutiges, klares, auf politischer Überzeugung beruhendes Urteil vorzulegen.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dresbach.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine heisere Stimme kommt nicht vom Rauchen her; ich habe diesem Laster vor 14 Monaten abgesagt.
({0})
Aber ich darf eine kleine Geschichte aus meiner
Primanerzeit vortragen. Damals hatte der Herr
({1})
Direktor der höheren Schule in jenem Kleinstädtchen, in dem ich zur Schule ging, das Zigarettenrauchen verboten; das Zigarrenrauchen und das Tabakrauchen waren erlaubt. Die Herren Lehrer gingen über die Buden und schnüffelten in den Kästen nach, ob Zigarettenasche darin vorhanden war. Der Schüler wurde nach Strafmaßstäben der Schule bestraft, wenn er eine Zigarette geraucht hatte. Zigarren und Tabak waren erlaubt, lange Pfeifen besonders bevorzugt und privilegiert. Die Zigarette hat sich trotz der Maßnahmen des Herrn Direktors und trotz der prohibitiven Besteuerung, die im Anfang auf der Zigarette lag, durchgesetzt.
Lieber Herr Kollege Bausch, und nun im Ernst: die Dinge, die Sie zum Jugendschutz haben wollen, würden sich faktisch auf ähnlichen Bahnen bewegen müssen. Sie gehören in das Gebiet des Polizei- oder des Gewerberechts; sie haben mit Abgabenrecht gar nichts zu tun. Ich bitte deshalb meine Freunde, die noch einen Sinn für einen systematischen Rechtsaufbau haben, den Antrag abzulehnen.
({2})
Ich will zunächst über den Absetzungsantrag abstimmen lassen und die Frage der Überweisung an die Ausschüsse offenlassen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der Abgeordneten Dr. Brönner, Even und Genossen auf Absetzung und Rücküberweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen usw. zu entsprechen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist eindeutig die Mehrheit; der Absetzungsantrag ist abgelehnt.
Damit treten wir in die Einzelberatung ein. Sie haben von den Berichtigungen auf Umdruck Nr. 731 Kenntnis genommen. - Ich bitte um Entschuldigung, die lebendige Aussprache hat mich veranlaßt, zu übersehen, daß wir zu dem Gesetz auch eine Berichterstattung brauchen. Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Peters. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Herr Abgeordneter Lücke teilt mit, daß der Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen zu einer vorgesehenen kurzen Sitzung um 17 Uhr in Zimmer 03 Südflügel zusammentritt.
Peters ({0}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, den Schriftlichen Bericht*), der auf Drucksache Nr. 4182 vorliegt, hier noch lange mündlich zu ergänzen. In der Zusammenstellung des Entwurfs sind jedoch einige Mängel enthalten, die beseitigt werden müssen und die mich leider zwingen, hier noch das Wort zu nehmen. Ich darf Sie, Herr Präsident, und Sie, meine Damen und Herren, bitten, diese Mängel in Ihrer Vorlage zu beseitigen und bei der Beschlußfassung zu berücksichtigen.
1. Die Überschrift zu § 6 auf Seite 15 der Vorlage muß statt „Verpackung" „Verpackungszwang" lauten. Der § 6 wurde vom Ausschuß in dieser Fassung verabschiedet.
2. In der Ermächtigung des § 15 a auf Seite 21 der Vorlage fehlen die Worte „durch Rechtsverordnung". Aus Gründen der Gleichmäßigkeit ist es erforderlich, zum Ausdruck zu bringen, daß der Bundesminister der Finanzen die Bestimmung nur durch Rechtsverordnung treffen kann. Der Text
*) Vgl. Anlage 1 Seite 12498 muß also lauten: „Der Bundesminister der Finanzen ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung . . .".
3. In der Überschrift und im ersten Satz des § 45 auf Seite 31 der Vorlage ist jeweils das Wort „sollen" zu streichen. Diese Streichung entspricht der Beschlußfassung des Ausschusses. Es heißt also richtig: „Erzeugnisse, die zur Linderung von Asthmabeschwerden geraucht werden".
Im übrigen habe ich Sie im Auftrag des Ausschusses zu bitten, dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Sie haben von den Berichtigungen Kenntnis genommen. Ich kann also zur Einzelberatung zurückkehren.
Ich rufe auf § 1, - Abschnitt I, - § 2. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die den beiden aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die überwiegende Mehrheit; angenommen.
Ich rufe § 3 auf.
({0}) - Herr Abgeordneter Niebes, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 3, der sich mit dem Problem der Steuersenkung befaßt, ist wohl der entscheidende Paragraph. Der vorliegende Entwurf des Tabaksteuergesetzes hat recht lange auf sich warten lassen. Er ist wiederholt und nachdrücklich gefordert worden, insbesondere von allen Konsumenten von Tabakwaren. Nun hat uns zwar der Herr Finanzminister vorhin darüber belehrt, daß er von seinem Standpunkt aus dieses Gesetz deswegen vorlegt, weil er die schon auf eine erhebliche Summe aufgelaufenen Schulden der Tabakwarenfabrikanten irgendwie gesetzlich geregelt haben möchte. Wir sind aber der Meinung, daß man dieses Gesetz so gestalten muß, daß es den Interessen der Konsumenten entspricht. Wir haben zu dieser Frage schon vor Jahren einen entsprechenden Antrag gestellt. Ich muß zunächst feststellen, daß diese Vorlage bisher immer verzögert worden ist. Warum ist das geschehen? Die Schuld trägt die Bundesregierung, die sich bisher nachdrücklich geweigert hat, dem in diesem Hause am 2. Juni 1950 gefaßten Beschluß zu entsprechen. Offenbar wollte der Herr Finanzminister auf die erheblichen Einnahmen aus dieser Steuer bisher nicht verzichten.
Wenn man aber glaubt, die Regierung ermögliche jetzt durch die Herabsetzung der Steuer eine wesentliche Preisermäßigung für Tabakwaren, dann sieht man sich getäuscht. Man muß das Preisbeispiel bei den Zigaretten heranziehen, wenn man den viel zu geringen Steuernachlaß richtig erkennen will. Wie sieht die Sache aus? Die billigste Zigarette soll jetzt für 7 1/2 Pfennig in den Handel kommen. Man nennt diese Notierung einen Vorschaltpreis. Diese „vorgeschaltete Zigarette" soll aber im Format und Gewicht so viel verringert werden, daß der sogenannte vorgeschaltete Preis in Wirklichkeit relativ dem Preis der nächsten Preisklasse entspricht, das bedeutet 81/3 Pfennig. Wir haben es tatsächlich nur mit einer Preissenkung auf 8 1/3 Pfennig zu tun. Die Preisermäßigung würde also günstigstenfalls 1 2/3 Pfennig betragen, vorausgesetzt daß Qualität und Gewicht nicht verringert werden; sonst würde der Raucher sogar noch geschädigt. Wir können also von einer Preis({0})
ermäßigung durch die beabsichtigte Steuersenkung nicht viel entdecken.
Ich sehe mich daher veranlaßt, auf den Antrag meiner Fraktion zurückzukommen, den diese am 27. April 1950 hier im Hause gestellt hat und der folgendermaßen lautet:
Die Bundesregierung wird ersucht, baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die Tabaksteuer so weit gesenkt wird, daß eine Zigarette zu einem Kleinverkaufspreis von 6 Pfennig in den Handel gebracht werden kann.
Die Tabaksteuer ist bekanntlich sehr unpopulär.
({1})
Unter dem Druck der Öffentlichkeit mußten sich zunächst der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und später der Bundestag selber mit unserem Antrag befassen. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen empfahl dem Plenum schließlich in der Sitzung vom 2. Juni 1950, zu beschließen, daß die Bundesregierung ersucht wird, den gesetzgebenden Körperschaften bis zum 1. Juli 1950 - dieser Termin ist später auf den 1. August verlegt worden - Gesetzentwürfe über eine ausreichende Senkung der Tabak-, Tee- und Kaffeesteuer vorzulegen. Herr Bundesfinanzminister Schäffer bangte jedoch um seine Besatzungskosten, und er versuchte, die Vorlage eines solchen Gesetzes zu verhindern.
({2})
Er erklärte:
Ich halte es technisch nicht für möglich, den Termin vom 1. Juli 1950 einzuhalten. Ich muß darauf hinweisen, daß die Tabak- und Kaffeesteuer mit einem Betrag von fast 2 1/2 Milliarden DM im Haushalt des Bundes steht und daß eine Gesetzgebung, die diese Milliardeneinnahmen des Bundes plötzlich durch eine Steuersenkung einem großen Risiko aussetzt, zunächst genau überlegt werden muß.
In ähnlicher Weise hat sich der Stellvertreter des Bundeskanzlers, Herr Minister Blücher, in einem Schreiben vom 26. Juli 1950 geäußert, welches er an den Präsidenten des Bundestages gerichtet hat. Darin sagt er u. a., man müsse erst die weitere Entwicklung der Bundesfinanzen abwarten, ehe die Gesetzentwürfe zur Senkung der Tabak-, der Kaffee- und Teesteuer vorgelegt werden könnten. Es wurde aber kein Wort darüber gesagt, daß neue Massensteuern geplant waren und daß insbesondere Hunderte von Millionen für die damaligen Besatzungskosten und die in Aussicht stehenden Milliarden der jetzigen Aufrüstung gebraucht würden.
Alles in allem muß festgestellt werden, daß die Regierung dem Antrag des Bundestags nicht entsprechen wollte und daß es ihr aufs „Abwarten" ankam mit dem Ziel, die Steuersenkung nach Möglichkeit zu verhindern. Das finden wir heute durch die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers bestätigt, der uns erklärt hat, er wolle dieses Gesetz haben, um die Steuerschulden der Produzenten zu regeln.
Inzwischen hat sich nun die Sachlage etwas geändert. Die Wahlen stehen vor der Tür, und da will die Regierung doch auch etwas tun. Nunmehr bietet sie den Rauchern eine Steuersenkung an, wenn es sich dabei auch nur um Illusionen, also gewissermaßen um „blauen Dunst". handelt. Ist denn die Regierung nicht in der Lage, eine wirkliche Ermäßigung der Tabaksteuer vorzunehmen? Das wäre sie durchaus, wenn sie ihre Ausgaben für Verpflichtungen aus den in der vorigen Woche angenommenen Verträgen einstellte.
({3})
Die Tabaksteuer hat im Jahre 1949/50 eine Einnahme von 2 190 Millionen DM erbracht, und im Haushalt 1952 ist diese Steuer mit 120 Millionen DM Mehreinnahmen veranschlagt.
({4})
- Bitte, sehen Sie sich den Haushaltsplan an. Dann werden Sie feststellen, daß es doch stimmt. Sie haben das aber offenbar nicht getan.
Wir sind der Auffassung, daß es durchaus vertretbar ist, dem Zigarettenraucher eine billige Konsumzigarette zu verschaffen. Wir schlagen vor, für eine solche Zigarette die Banderolensteuer überhaupt zu streichen und den Verkaufspreis für eine solche Zigarette auf höchstens 4 Pfennige festzusetzen.
({5})
Damit würde sich einesteils die allein wirkungsvolle Waffe gegen den Tabakwarenschmuggel ergeben,
({6})
anderseits würde der minderbemittelte Raucher zu einem erschwinglichen Preis eine Konsumzigarette erhalten, und der großen Zahl von Rentenempfängern, Kriegsgeschädigten und Erwerbslosen, die nur über ein geringes Einkommen verfügen, würde der Genuß einer zusätzlichen Zigarette ermöglicht.
({7})
Namens meiner Freunde beantrage ich daher, den Abschnitt B des § 3 des Gesetzes wie folgt zu ändern:
a) Zigaretten mit mindestens 50 vom Hundert Inlandstabak
das Stück
1. von 4 Pf.
Hierfür wird keine Steuer erhoben.
b) Andere Zigaretten
2. von 4 Pf.
Hierfür wird keine Steuer erhoben. Die anderen Sätze bleiben bestehen.
Herr Präsident, ich habe noch einen Antrag zu § 18.
Wir sind zwar erst bei § 3, Sie können aber den Antrag vorsorglich gleich jetzt stellen, dann brauchen Sie zu § 18 nicht besonders zu sprechen.
Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich dann gleich den Änderungsantrag meiner Freunde zu § 18 begründen. Hier handelt es sich um die Besteuerung von Zigarettenpapier in Form von Hüllen, Hülsen und Blättchen. Der jetzt gültige Steuersatz beträgt 4,50 DM je 1000 Stück, dessen Ermäßigung auf 1 DM erst vom Ausschuß in Aussicht genommen war, aber nachträglich wurde der Steuersatz wieder auf den alten Satz von 4,50 DM erhöht. Zigarettenpapier ist nun tatsächlich ein Artikel, der nur von den Minderbemittelten verwendet wird, um sich eine noch billigere Zigarette herzustellen, weil sie für die teueren kein Geld haben. Im Interesse dieser Min({0})
derbemittelten bitten wir, unserem Antrag auf
Steuerbefreiung für Zigarettenpapier zuzustimmen.
({1})
Auch hier wird von der Regierung immer wieder der aussichtslose Kampf gegen den Schmuggel beklagt; der Schmuggel würde sich aber nicht mehr rentieren, wenn das Zigarettenpapier steuerfrei gestellt werden würde. Mein Antrag lautet daher:
§ 18 erhält folgende Fassung:
Zigarettenhüllen ({2}) unterliegen keiner Besteuerung.
Ist dieser Antrag neu gestellt worden? Er liegt mir offenbar nicht vor.
Wird zu § 3 noch das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall.
Der Änderungsantrag ist nicht nur zu § 18, sondern auch zu § 3 gestellt. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
- Gegenprobe. - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für § 3 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - § 3 ist angenommen.
Zu § 4 liegt ein Änderungsantrag Umdruck Nr. 842 vor.
Das Wort hat der Abgeordnete Pelster.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben den § 4 in der Fassung des Ausschusses vorliegen. Unsere Freunde haben sich nun veranlaßt gesehen, einen Antrag zu stellen, den ich dem Herren Präsidenten überreichen muß, weil es angesichts der vielen Anträge, die im Umdruckverfahren hergestellt werden mußten, nicht möglich war, ihn rechtzeitig fertigzustellen. Er ist bereits in Arbeit und wird den Mitgliedern des Hohen Hauses in aller Kürze überreicht werden.
Wir bitten, § 4 Abs. 3 folgendermaßen zu gestalten:
In der Steuerklasse 1 § 3 Abs. 1 Abteilung C
- das ist die Vorschaltpreisklasse darf feingeschnittener Rauchtabak ({0}) nur von Feinschnittherstellern versteuert werden,
- soweit stimmt der Text mit der Ausschußfassung überein die als solche im Kalenderjahr 1951 zollamtlich angemeldet waren und Feinschnitt versteuert haben.
Nun sagt die Ausschußfassung, daß die Menge mindestens 100 und höchstens 500 kg zu betragen hat. Wir sind der Meinung, daß hier eine zu starke Verengung eintritt und daß eine mehr gleitende Basis für diese Vorschaltpreisklasse eingeführt werden muß. Deshalb bitten wir, das Vergleichsjahr so zu gestalten, daß entweder die Monate April 1950 bis März 1951 oder die Monate April 1951 bis März 1952 gewählt werden können. Der diesbezügliche Antrag muß von dem einzelnen Interessenten innerhalb eines Monats nach Erlaß des Gesetzes gestellt werden.
Von dieser Vergleichsmenge sollen nun die Betriebe mit einer monatlichen Durchschnittsmenge bis zu 50 kg 50 kg, von 51 bis 250 kg 100 % der Menge verarbeiten dürfen, die sie im Vergleichszeitraum verarbeitet haben. Von 251 bis 500 kg - diese Menge steht als Höchstgrenze in der Ausschußfassung - sollen 100 % in der Vorschaltpreisklasse verarbeitet werden können. Meine Freunde und ich beantragen, daß 75 % verarbeitet werden dürfen. Für die Mengen, die mehr als 500 kg betragen haben, soll ein Prozentsatz von 30 v. H. gelten, mindestens aber eine Menge von 375 und höchstens von 2000 kg. Dann würden wir wesentlich mehr streuen.
Das andere entspricht der Fassung, die bereits im Ausschuß vorgesehen worden ist. Ich darf den Antrag dem Herrn Präsidenten überreichen.
Ferner bitten wir, dem § 4 Abs. 3 noch folgenden Zusatz zuzufügen:
Der Bundesminister der Finanzen kann im Verwaltungswege für Betriebe, die in den Vergleichsjahren ohne ihr Verschulden infolge besonderer Umstände ...
Das kann eine vorübergehende Abmeldung des Gewerbes aus bestimmten Verhältnissen, an denen der betreffende Hersteller schuldlos war, sein. Die Abmeldung kann etwa durch den Tod des Inhabers begründet gewesen sein, dessen Sohn damals noch in der Gefangenschaft war und dessen Witwe den Betrieb nicht weiterführen konnte. Die Schließung des Betriebs kann auch, wie es in einzelnen Fällen vorgekommen ist, durch obrigkeitliche Maßnahmen auf Verlangen Außenstehender erfolgt sein, ohne daß überhaupt Gründe dafür angegeben worden sind, und nach zwei oder drei Jahren hat man, wieder ohne Angabe von Gründen, die Weiterarbeit gestattet. Diesen Firmen gegenüber, die im Vergleichszeitraum überhaupt keine Produktion hatten, soll der Finanzminister berechtigt sein, im Rahmen der Sätze, wie ich sie eben verlesen habe, eine Produktionsmenge zuzugestehen. Diesen Absatz bitte ich ebenfalls annehmen zu wollen.
Das ist also der Änderungsantrag Umdruck Nr. 842; der ist ja da. Wenn ich Sie recht verstanden habe, Herr Abgeordneter Pelster, besteht Ihr Änderungsantrag nunmehr aus dem alten Antrag Umdruck Nr. 842 und dem mir neu übergebenen Antrag, der im Umdruck noch nicht numeriert ist.
Der Antrag Umdruck Nr. 842 bringt eine Anfügung in Abs. 3, der neue Antrag eine Umformulierung.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Änderungsantrag, soweit er in § 4 Abs. 3 eine neue Härteklausel einfügen will, stehen Bedenken nicht entgegen. Dagegen tut es mir leid, dem Antrag Pelster, soweit er diese Staffelung der Durchschnittsmenge einführen will, widersprechen zu müssen. Ich muß widersprechen, weil damit auch ein ziemlicher Ausfall verbunden ist. Der Sinn des Gesetzes ist nicht, Ausfälle herbeizuführen, sondern das mögliche Aufkommen zu erreichen. Wir dürfen auch Standesgesichtspunkte nicht zu sehr übertreiben. Es handelt sich hier ja um einen Kampf - das dürfte jedem bekannt sein - zwischen zwei Verbänden, von denen der eine dem andern vorwirft, daß er auf den Mittelstand nicht genügend Rücksicht nimmt. Schwer zu entscheiden, welcher von den beiden Verbänden recht hat. Sicher ist, daß der neue Antrag einen Steuerausfall von wenigstens 3 Millionen bedeuten würde. Infolgedessen muß ich bitten, davon abzusehen. Im Ausschuß wurde vom Finanzministerium die
({0})
Erklärung abgegeben, der Antrag sei nur dann tragbar, wenn die Kleinverkaufspreise, wie früher vorgesehen, mit 25 und 28 DM wieder eingesetzt würden; wenn es aber bei den neuen Festsetzungen von 24 und 27 DM bleibt, muß ich mich des Ausfalls wegen gegen den Antrag aussprechen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Peters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Härteklausel, die Herr Pelster auf Umdruck Nr. 842 beantragt hat, können wir unsere Zustimmung geben. Soweit Herr Pelster aber eine Ausdehnung der Vorschaltpreislage bei Feinschnitt verlangt, müssen wir dem widersprechen. Die Vorschaltpreislage sowohl bei der Zigarette als auch bei dem Feinschnitt wird mit diesem Gesetz völlig neu eingeführt, und zwar, um den kleineren Betrieben in diesen beiden Branchen neben den bereits gewährten Steuererleichterungen eine sichere Absatzmöglichkeit zu bieten. Anders als bei der Zigarette wird die Vorschaltpreislage bei Feinschnitt den Absatz in der regulären Hauptpreislage schmälern. Da die Hauptpreislage monatlich nur etwa 700 000 Kilo umfaßt, bedeutet die vorgesehene Herstellungsmenge von mindestens 100 Kilo und höchstens 500 Kilo Vorschaltpreislage pro Betrieb schon etwa 10 % der Hauptpreislage. Es läßt sich leicht ermessen, daß sich eine weitere Ausdehnung der Vorschaltpreislage bei Feinschnitt in einem ganz erheblichen Umfange auf den Absatz der Hauptpreislage auswirken müßte. Während bei einer Höchstmenge von 500 Kilo pro Betrieb in der Vorschaltpreislage die Absatzbelastung der Hauptpreislage als tragbar angesehen werden kann, würde eine Ausdehnung in der beantragten Höhe bis 2000 Kilo praktisch keine Vorschaltpreislage mehr darstellen und die für die kleineren Betriebe gedachte Absatzhilfe illusorisch machen. Was bei einer Höchstbegrenzung von 500 Kilo neben der Steuererleichterung eine soziale Hilfe für den kleinen Betrieb bedeutet, gestaltet sich bei einer beantragten Höhe von 2000 Kilo weitgehend zu einer Subvention, die zudem noch einem Teil der Industrie schadet.
Gewiß muß die Schaffung einer Vorschaltpreislage grundsätzliche Bedenken hervorrufen, da sie immerhin eine versteckte Subvention darstellt und einen gespaltenen Markt schafft. Jedoch waren die Ausschußmitglieder bereit, diese Bedenken zugunsten der kleinen Betriebe in Kauf zu nehmen. Folgt man dem hier gestellten Antrag, so wird eine gewisse Gruppe von mittleren Betrieben in den Schutzbereich dieser Vorschaltpreislage zu Lasten der kleineren Betriebe und einer großen Anzahl von mittleren Betrieben einbezogen. Die kleineren Betriebe kommen selbst in der Vorschaltpreislage in Absatzschwierigkeiten, und den nicht geschützten Mittelbetrieben wird im Kampf gegen oben und unten dann die Existenzgrundlage gefährdet. Sie würden einem zerstörenden Wettbewerbskampf mit dem Großbetrieb um den Anteil an der Hauptpreislage ausgeliefert sein.
Die Grenze von 500 Kilo für die Vorschaltpreislage für Feinschnitt ist im Ausschuß nach zwar kurzer Diskussion, aber reiflicher Überlegung aller Mitglieder mit großer Mehrheit beschlossen worden. Die Meinungen und Vorschläge der beiden Verbände sind dabei wohl erwogen worden. Mit dieser Menge wird vielen Betrieben geholfen und keinem Schaden zugefügt.
Ich bitte, den hier gestellten Antrag abzulehnen und der Ausschußfassung zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete PeLster.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte dem, was der Herr Kollege Peters gesagt hat, widersprechen. Bei der vorliegenden Struktur des Tabakgewerbes haben wir 46 Hersteller, die ganze 10 Kilo, und 24, die 11 bis 25 Kilo herstellen. Wir haben bei 12 Betrieben eine Verarbeitung von 26 bis 50 Kilo. Bis zu 50 Kilo verarbeiten also 82 Betriebe. Das steigert sich langsam. Worauf es mir und meinen Freunden ankommt, ist, daß nicht nur die allerkleinsten Betriebe, sondern auch ein Teil der mittleren Betriebe in diese Vorschaltpreisklasse hineinkommen. Wenn wir uns die Entwicklung im Tabakgewerbe ansehen, dann stellen wir fest, daß wir 1935/1936 2219 Betriebe und 1951 noch 565 Betriebe hatten. Wir sehen also, daß die Betriebe langsam zugrunde gegangen sind. Nehmen wir weiter die Zahlen des Umsatzes. Von den 1949 im ganzen Bundesgebiet, ohne Bremen, vorhandenen Betrieben - gleich hundert gerechnet - hatten wir 1952 noch 45,8 %; 55 % der Produktion sind also verlorengegangen. Wenn wir Bremen allein nehmen und dann die im Jahre 1949 vorhandenen Betriebe gleich hundert setzen, hatten wir in der Zeit vom 1. April bis 3. November 1952 170,89 %. Diese Dinge möchte ich sich nicht weiter entwickeln lassen. Deshalb wünsche ich, daß nicht nur die allerkleinsten Betriebe, sondern auch das, was darüber hinausgeht, langsam und ausgleichend an der Vorschaltpreisklasse beteiligt wird. Ich glaube nicht, daß es richtig wäre, wenn jetzt mit Hilfe von Steuermitteln die Betriebe, die ganz klein sind. heraufkommen, während wir dafür die mittleren Betriebe restlos zusammendrücken. Ich bitte also, meinem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Freunde schließen sich ebenfalls Antrag Umdruck Nr. 842 an, stehen aber hinsichtlich des noch nicht verteilten Antrags des Herrn Pelster. den er zuerst begründet hat, auf dem Standpunkt, den der Kollege Peters hier vorgetragen hat. Es ist durchaus richtig, daß überhaupt gegen Vorschaltklassen Bedenken erhoben werden können: aber wenn man sie überwindet und zu einer Vorschaltklasse kommt, soll man sich der größten Beschränkung befleißigen. Nach unserer Auffassung ist es ein ausgesprochener Mißbrauch des Mittelstandsgedankens, was gestern geschehen ist. Sämtlichen Abgeordneten ist in die Fächer ein Panier mit der Überschrift gelegt worden: „Notschrei des Mittelstandes in letzter Stunde!" Ich möchte wissen. was diese Leute wohl tun wollen, wenn andere Notstände eintreten sollten.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Es dürfte wohl richtig sein, über den Antrag Umdruck Nr. 842 und den neuen Änderungsantrag getrennt abzustimmen. Der sachlich richtigen Reihenfolge halber lasse ich zunächst über den neu gestellten Antrag und nachher über den Antrag Umdruck Nr. 842 abstimmen.
({0})
Wer für die Annahme des von dem Abgeordneten Pelster begründeten neuen Antrags zu § 4 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist unzweifelhaft die Mehrheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 842 betreffend die sogenannte Härteklausel abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Das ist unzweifelhaft die Mehrheit. Dieser Antrag ist angenommen.
Nunmehr lasse ich über § 4 in der veränderten Fassung abstimmen. Wer für die Annahme dieses Paragraphen in der veränderten Fassung ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Der Paragraph ist angenommen.
§ 5. - Keine Anträge. Wer für die Annahme von § 5 ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - § 5 ist angenommen.
Zu § 6 sind Änderungsanträge angekündigt, nämlich auf Umdruck Nr. 836 unter Ziffer 1 und Umdruck Nr. 840.
Zunächst hat das Wort zum Antrag Umdruck Nr. 836 unter Ziffer 1 der Abgeordnete Peters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie finden auf dem Umdruck Nr. 836 unter Punkt 1 den Antrag, dem § 6 Abs. 2 eine neue Nr. 2 mit folgendem Wortlaut einzufügen:
Aufrundungen der in § 3 Abs. 1 Abteilung C festgesetzten Kleinverkaufspreise und Steuersätze vornehmen, wenn dies erforderlich ist, um Verpackungen zu ermöglichen, für die ein wirtschaftliches Bedürfnis besteht.
Die bisherigen Ziffern 2 und 3 würden danach Ziffern 3 und 4.
Die Tabakindustrie erachtet es für notwendig, in Zukunft Möglichkeiten für das Anbieten kleinerer Packungen als die üblichen zu 50 Gramm zu bekommen. Der Absatz von Rauchtabak leidet zweifelsohne darunter, daß die Verkaufseinheit im Vergleich zu den Zigaretten zu groß ist. Wenn die Zigarettenindustrie in Zukunft Viererpackungen zu 30 Pfennig anbieten kann, sollte die Tabakindustrie 25-Gramm-Packungen zu beispielsweise 70 Pfennig anbieten können. Um das zu ermöglichen, ist dieser Passus für § 6 vorgesehen. Ich bitte um Zustimmung.
Wer begründet den Antrag Umdruck Nr. 840? - Das Wort hat der Abgeordnete Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir ziehen diesen Antrag zugunsten des Antrags der SPD, der eben begründet wurde, zurück.
Es ist nun weiter der Antrag Umdruck Nr. 843 zu begründen. Herr Abgeordneter Pelster, Sie haben den Antrag Umdruck Nr. 843 zurückgezogen und durch einen anderen Antrag ersetzt. Wollen Sie diesen begründen? - Das Wort hat der Abgeordnete Pelster. - Es handelt sich um den Antrag, die Regierungsvorlage wiederherzustellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Regierungsvorlage stand in § 6 Abs. 3 eine Bestimmung, daß bei Feinschnitt der
Steuerklassen 1 bis 3 des § 3 Abs. 1 Abteilung C - das ist wieder diese Vorschlags-Preisklasse - weder auf noch in den Kleinverkaufspackungen Hinweise irgendwelcher Art über die Eignung des Inhalts zu einem anderen als dem Rauchgenuß aus der Pfeife vorhanden sein dürfen. Derartige Hinweise dürfen auch in die Firmenbezeichnung oder in Rechnungen, Preisverzeichnissen, Ankündigungen oder dergleichen nicht aufgenommen werden.
Wir halten das für notwendig; denn wenn wir schon diese allerkleinsten Betriebe schützen wollen, und zwar sowohl nach der Rauchtabakseite als auch nach der Zigarettenseite hin, dann können wir nicht zulassen, daß auf diese Weise auf dem Tabaksektor von oben herunter, aus der Produktion noch darauf aufmerksam gemacht wird: du kannst das und das damit erreichen. Wir schädigen damit die kleineren Betriebe.
Es gilt, dann noch den Zusatz hineinzubringen:
Entsprechendes gilt auch für den Kau-Feinschnitt mit der Maßgabe, daß auf keinen anderen als den Kaugenuß hingewiesen werden kann.
Ich bitte Sie, im Interesse der kleineren und kleinsten Firmen diesem Antrage zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Peters.
Meine Damen und Herren! Ich bitte, diesen Änderungsantrag abzulehnen. Hier wird völlig willkürlich der freie Wettbewerb zugunsten der Zigarette eingeschränkt. Man tut so, als sei die Zigarette ein Naturschutzgebiet. Dafür ist gar keine Veranlassung vorhanden. Im Gegenteil ist es so, daß der Umsatz der Zigarette ständig steigt und der Umsatz für Feinschnitt rückläufig ist. Wenn man aber die kleineren Betriebe schützen will, dann ist es doch so, daß diese gerade in der Tabakindustrie sind, viel mehr als in der Zigarettenindustrie. Wir bitten also,. es bei der Ausschußfassung zu belassen.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte das Hohe Haus ersuchen, den zu § 6 Abs. 3 gestellten Antrag, also Werbeverbot bezüglich des Feinschnitts und seiner Verwendung, anzunehmen.
Der innere Grund ist nämlich folgender: Im Gegensatz zu dem ausländischen Recht ist dem Feinschnitt im deutschen Tabaksteuerrecht eine Steuerbegünstigung gegeben. Diese Begünstigung ist gegeben, obwohl jede Begünstigung des Feinschnitts steuerlich Bedenken hat, da die Steuer der Fabrikzigarette viel ertragreicher ist als die Steuer der selbstgedrehten Zigarette. Es ist aber unmöglich, daß ich dem Feinschnitt noch das Recht gebe, mit der Steuervergünstigung und dem daraus gewonnenen niedrigeren Preis eine Reklame gegen den Staat zu machen, der ihm die Steuerbegünstigung gibt. Das war bisher immer so, und das muß dringend beibehalten werden. Sonst könnte der Staat auf die Dauer die Steuerbegünstigung des Feinschnitts nicht aufrechterhalten.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung zunächst über den Antrag auf Umdruck Nr. 836 Ziffer 1, wobei ich feststelle, daß der Antrag auf
({0})
Umdruck Nr. 840 zurückgezogen ist. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. ({1})
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Nunmehr lasse ich abstimmen über den Antrag, den der Abgeordnete Pelster gestellt hat.
({2})
Umdruck Nr. 843 ist zurückgezogen; statt dessen ist dieser neue von mir eben erwähnte Antrag gestellt worden,
({3})
- ja, der gemeinsame Antrag der CDU/CSU, FDP und DP. Er hat noch keine Nummer.
Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr lasse ich über § 6 in der veränderten Fassung abstimmen. Wer für § 6 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 6 ist angenommen.
Ich rufe auf § 7,-§ 8,-§ 9,-§ 10,-§ 11,§ 12, - § 13, - § 14, - § 15, - § 15 a, - § 16, - § 17. Es sind keine Änderungsanträge angekündigt. Das Wort wird nicht verlangt.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Zu § 18 hat die kommunistische Gruppe einen Änderungsantrag gestellt, der schon begründet ist. Danach soll § 18 folgende Fassung erhalten:
Zigarettenhülsen und -blättchen unterliegen
keiner Besteuerung.
Das Wort wird dazu nicht gewünscht. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Weiter ist zu § 18 noch ein Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 836 Ziffer 2 angekündigt.
Das Wort hat der Abgeordnete Peters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben unter Ziffer 2 unseres Antrags Umdruck Nr. 836 beantragt:
Die . Steuer beträgt 1,- DM für 1000 Stück Zigarettenhüllen ({0}).
Dieser Antrag bezweckt eigentlich nur, die Fassung wiederherzustellen, die der Finanzausschuß in der ersten Lesung des Gesetzes gegen nur drei Stimmen beschlossen hatte. In dieser ersten Lesung war man den guten Gründen gefolgt, die für eine radikale Senkung der Zigarettenpapiersteuer vorgetragen worden waren. In der zweiten Lesung jedoch stand die Mehrheit von 11 gegen 10 Stimmen noch unter dem Einfluß des Herrn Finanzministers, der am Abend zuvor seinen Koalitionsfreunden klargemacht hatte, daß er ausgerechnet auf diese verhältnismäßig kleine Steuereinnahme nicht verzichten könne,
({1})
daß er ausgerechnet dieses Geld von den geringstverdienenden Menschen in der Bundesrepublik zum Ausgleich seines Etats brauche.
Daß ausgerechnet Sie, Herr Abgeordneter von Fürstenberg, dazu auserkoren waren, den Antrag auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage zu stellen, mutet wie Hohn an. Sie waren es doch, der in Verbindung mit dem Freiherrn von Aretin und neun weiteren Abgeordneten aus dem schönen Bayernlande am 9. Februar 1950 den Antrag auf Senkung der Zigarettenpapierpreise stellte und ihn damit begründete, daß man der arbeitenden Bevölkerung billige Tabakwaren vermitteln müsse.
({2})
Das Antragsdatum liegt allerdings weit zurück. Sie haben inzwischen sicherlich eingesehen, daß Sie zu anderen Aufgaben berufen sind, als hier im Hause die Interessen der arbeitenden Bevölkerung zu vertreten.
({3})
Vielleicht hatte Herr Freiherr von Fürstenberg damit gerechnet, daß sein Antrag längst vergessen sei.
({4})
Aber wie Sie sehen, existiert der Antrag Drucksache Nr. 538 immer noch. Ihr Antrag wurde am 16. Mai 1950 nur durch den einhelligen Beschluß dieses Hohen Hauses für erledigt erklärt, daß die Bundesregierung bis zum 1. Juli 1950 entsprechende Gesetzentwürfe für die Senkung der Tabak-, Tee- und Kaffeesteuer vorlegen soll. In dem uns nun vorliegenden Gesetzentwurf sollte dieser Ihr Antrag in § 18 verwirklicht werden. Und ausgerechnet Sie sind dagegen! Ja, Sie bringen Ihre bereits verankerte Forderung durch einen Gegenantrag im Ausschuß zu Fall! Man muß das mit Bedauern im Interesse der Menschen feststellen, die Sie in Ihrem Antrag einstmals angesprochen haben. Ob auch die anderen Herren wenigstens noch zu Ihrem damaligen Antrag stehen, wird die Abstimmung wohl gleich erweisen.
Das neue Tabaksteuergesetz bringt Steuerermäßigungen für fast alle erfaßten Produkte, und da kann man, so meinen wir, das Zigarettenpapier nicht ausnehmen. Keiner der Millionen Zigarettenselbstdreher würde dafür Verständnis aufbringen können. Zigarettenselbstdreher aber sind die Menschen, die sich keine fertige Fabrikzigarette leisten können. Das bleibt auch dann wahr, wenn im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen unglücklicherweise ein mittlerer oder gar höherer Beamter Selbstgedrehte rauchte. Dieser Unglücksrabe mußte leider
- es war sicher sehr gegen seinen eigenen Willen
- als Beweis dafür herhalten, daß die Selbstdreher nicht nur in den unteren Schichten des Volkes zu finden sind.
({5})
- Nein, das war hier. - Dabei weiß jeder, daß die rund sechs Milliarden Blättchen der Inlandsproduktion und die vier bis fünf Milliarden geschmuggelten Blättchen nicht von den mittleren und höheren Beamten des Bundes, sondern von den Millionen kleiner Beamten und Angestellten, Arbeitern, Rentnern, Arbeitslosen und sonstigen Unterstützungsempfängern verbraucht werden. Diese sind es, die von der ungerecht hohen Zigarettenpapiersteuer betroffen wurden und weiterhin betroffen bleiben, wenn unser Antrag, der im Ausschuß schon einmal eine große Mehrheit fand, abgelehnt würde.
Der Herr Finanzminister begründet die Vorlage des ganzen Gesetzes mit der Schmuggelbekämpfung. Entsprechen Sie in diesem Fall unserem
({6})
Antrag, ist der umfangreiche Schmuggel mit Zigarettenpapier völlig erledigt. Wenn in den letzten Tagen darauf hingewiesen wurde, daß der Papierschmuggel bereits nachgelassen habe, so wird diese Behauptung dadurch widerlegt, daß der legale Absatz 1952 noch gesunken ist. Gerade der Papierschmuggel ist j a kinderleicht und kann nur durch eine drastische Senkung der Steuer bekämpft werden.
Die Besteuerung von Zigarettenpapier wird allgemein als so unsozial und ungerechtfertigt empfunden, daß sie in fast allen Kulturstaaten völlig abgelehnt wird. Das Hohe Haus sollte gerade in dieser Frage nicht den fiskalischen Interessen-Rechnungen des Herrn Finanzministers folgen; folgen wir lieber seiner Gesetzesbegründung betreffs Schmuggelbekämpfung und handeln wir steuerlich gerecht, indem wir nicht ein Produkt für den sozial Schwächsten von der Steuer- und Preissenkung in diesem Gesetz ausnehmen.
Ich bitte Sie, unserem Antrage auf Senkung der Zigarettenpapiersteuer zuzustimmen. Der Steuersatz für 50 Blättchen soll dadurch von 24 Pfennig auf 5 Pfennig herabgesetzt werden.
({7})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Volkholz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß wir als Urheber des Antrags Drucksache Nr. 538 vom 9. Februar 1950 auch weiterhin zu unserer Forderung stehen, daß die Zigarettenpapiersteuer gesenkt wird. Es ist selbstverständlich, daß die Antragsteller von damals heute dem Antrag der SPD zustimmen, daß der Steuersatz für Zigarettenpapier auf 1 DM für 1000 Stück herabgesetzt wird.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Antrag Umdruck Nr. 836 Ziffer 2 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Es ist nicht festzustellen, wo die Mehrheit liegt; wir müssen durch Hammelsprung entscheiden.
({0})
Meine Damen und Herren, ich bitte den Saal zu verlassen!
Ich bitte, die Türen zu schließen. - Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({1})
Ich bitte die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
Meine Damen und Herren, dies ist das Ergebnis der Abstimmung: an der Abstimmung haben sich beteiligt 275 Abgeordnete, mit Ja haben gestimmt 138, mit Nein 134, 3 haben sich der Stimme enthalten.
({2})
Damit ist der Antrag zur Freude der Selbstdreher angenommen. Somit braucht über § 18 nicht mehr gesondert abgestimmt zu werden.
Ich rufe auf die §§ 19, - 20, - 21, - 22, - 23, 24, - 25, - 26 entfällt, - 27. - Wer für die Annahme der Paragraphen bis einschließlich § 27 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen!
Zu § 28 ist ein Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 836 Ziffer 3 angekündigt. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Peters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir schlagen Ihnen auf Umdruck Nr. 836 eine neue Fassung des § 28 vor. Wir sind der Auffassung, daß die jetzige Fassung des § 28 ein Ausnahmerecht gegen die Konsumgenossenschaften darstellt, weil man ihnen verweigert, was man jedem anderen Unternehmer gestattet, nämlich das Recht, die Erübrigungen nach Maßstäben zu verteilen, die als gerecht angesehen werden müssen.
Die Rückvergütungen der Konsumgenossenschaften können nicht mit Rabatten verglichen werden. Das Mitglied der Konsumgenossenschaft muß beim Einkauf von Tabakwaren den vollen Preis zahlen, und zwar ohne Vorbehalt und ohne Gewähr für eine Rückvergütung nach dem Jahresabschluß. Das Mitglied trägt darüber hinaus ein echtes unternehmerisches Risiko, da ihm eventuell noch eine Nachzahlungspflicht erwächst. Diesem Risiko muß hier wie überall die Gewinnchance gegenüberstehen. Bei der Rabattgewährung ist es im Gegensatz zu der Rückvergütungsmöglichkeit so, daß der Käufer sofort einen niedrigeren Barpreis zahlt oder einen Rechtsanspruch auf einen Preisnachlaß erhält. Die Rückvergütung der Konsumgenossenschaft ergibt sich aus der Gesamterübrigung des Unternehmens und wird erst nach Erfüllung aller Verbindlichkeiten ausgeschüttet. Insofern steht sie auch nicht im Gegensatz zu dem eigentlichen Sinn des § 28 dieses Gesetzes, der das Steueraufkommen sicherstellen will.
Der § 28 in der beschlossenen Fassung greift in die Grundlagen des genossenschaftlichen Wirtschaftsprinzips insofern ein, als dem Mitglied der Genossenschaft in bezug auf Tabakwaren der gerechte Ausgleich für die Übernahme unternehmerischer Funktionen verweigert wird. Es wäre auch verhängnisvoll, wenn in Anbetracht der Neufassung des Genossenschaftsgesetzes im Tabaksteuergesetz eine Vorwegentscheidung getroffen würde. Wenn wir heute schon die Gewißheit hätten, daß das Genossenschaftsgesetz bezüglich des Verkaufs an Nichtmitglieder in der Fassung der Regierungsvorlage beschlossen würde, hätten wir keinen Anlaß gehabt, diesen Antrag zu stellen. Die von mir vorgeschlagene Fassung des § 28 entspricht auch der bisherigen Handhabung und dem jetzigen Recht. Der jetzige Gleichgewichtszustand zwischen Genossenschaften und Einzelhandel ist also unter Nichtanwendung des einmal im Dritten Reich eingeführten Rückvergütungsverbots für Rauchwaren erreicht worden. Wenn Sie nicht altes Naziunrecht wieder einführen wollen, können Sie der von der Regierung und der Ausschußmehrheit vorgeschlagenen Fassung nicht zustimmen. Ich bitte Sie, den Grundsatz der Wettbewerbswirtschaft, dem unternehmerischen Risiko die Chance des Vorteils gegenüberzustellen, nicht gerade dann zu verlassen, wenn das Unternehmen eine Genossenschaft ist. Zur Vermeidung dieses Ausnahmerechts bitte ich, unserem Antrag zuzustimmen.
({0})
Das Wort wird nicht weiter gewünscht? - Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer für diesen Änderungsantrag ist - ich wiederhole, es handelt sich um Umdruck Nr. 836 Ziffer 3 -, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Ersteres war die Mehr({0})
heit; der Antrag ist angenommen. Damit ist § 28 in neuer Fassung beschlossen.
Von §§ 29 bis 81 sind keine Änderungsanträge angekündigt. Ich frage das Haus, ob es damit einverstanden ist, daß ich diese Paragraphen summarisch und nicht jeden Paragraphen einzeln aufrufe. - Das Haus ist damit einverstanden. Ich rufe §§ 29 bis 81 auf, wobei ich feststelle, daß die §§ 33 und 78 entfallen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Bestimmungen sind angenommen.
Zu § 82 hat das Wort der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß auf folgendes aufmerksam machen. Der Beschluß, die Besteuerung des Zigarettenpapiers von 4,80 DM auf 1 DM zu senken, hätte, wenn er bleibt, Rückwirkungen auf die Bestimmungen in §§ 82 ff. Die Steuererleichterungen bei der Herstellung von Zigarettenhülsen sind natürlich auf der Grundlage des alt e n Preises berechnet, wie er sich aus der Besteuerung mit 4,80 DM ergibt. Wenn die neue Besteuerung käme, müßten in die §§ 82, 83 usw. neue Sätze eingesetzt werden. Vielleicht können wir uns in der dritten Lesung über die Konsequenz einigen.
Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Auch hier schlage ich vor, mir zu gestatten, daß ich die §§ 82 bis 100 a summarisch aufrufe. Für diese Paragraphen sind keine Änderungsanträge angekündigt. Ist das Haus einverstanden? - Das ist der Fall. - Dann rufe ich auf die §§ 82 bis 100 a, wobei ich feststellen darf, das § 99 entfällt. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
§ 101. Hier sind Änderungsanträge angekündigt, zunächst auf Umdruck Nr. 836 Ziffer 4 und dann auf Umdruck Nr. 845. Zu dem Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 836 Ziffer 4 hat das Wort der Abgeordnete Peters.
({0})
- Wer begründet den interfraktionellen Antrag?
({1})
- Der Antrag auf Umdruck Nr. 836 Ziffer 4 ist also zurückgezogen. Statt dessen ist der interfraktionelle Antrag, Umdruck Nr. 845, gestellt worden, der lautet:
Der Bundestag wolle beschließen, im § 101 die Sätze 2 und 3 zu streichen.
({2})
- Keine Wortmeldungen. Dann stimmen wir ab. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrages ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich lasse abstimmen über § 101 in der nunmehr geänderten Fassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Ich stelle die Annahme fest.
§§ 102 und 103. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Die Bestimmungen sind angenommen.
Zu § 103 a ist ein Änderungsantrag angekündigt
- Umdruck Nr. 841 -, der lautet:
In § 103 a Abs. 1 Satz 1 wird das Wort „zwei" durch das Wort „drei" ersetzt.
({3})
- Ohne Begründung. Keine Wortmeldung. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrages ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Ich stelle die Annahme fest.
§ 103 a in der geänderten Fassung, - § 103 b,
- § 103 c, - § 104, - Einleitung und Überschrift.
- Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle die Annahme dieser Bestimmungen fest.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Das Wort hat der Abgeordnete Neuburger zur allgemeinen Aussprache.
({4})
- Sie wollen Anträge stellen? Zunächst eröffne ich die allgemeine Aussprache.
({5})
- Das Wort hat der Abgeordnete Bausch zur Geschäftsordnung.
Meine Damen und Herren, ich widerspreche der dritten Lesung dieses Gesetzes.
({0})
Wird dieser Widerspruch unterstützt?
({0})
- Jawohl, diese Unterstützung genügt. Damit können wir nicht in die dritte Lesung eintreten.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Kather, Wackerzapp, Dr. von Golitschek und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener und des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener ({1}).
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich ({2}) ({3}).
({4})
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Gesamtaussprache auf 40 Minuten zu begrenzen. Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Wackerzapp.
Wackerzapp ({5}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Es handelt sich um die Drucksache Nr. 4183. Sie bringt eine Novelle zum Währungsausgleichsgesetz für die Sparguthaben Vertriebener. Sie geht zurück auf einen Initiativantrag Dr. Kather, Wackerzapp, Dr. von Golitschek und
({6})
Genossen - Drucksache Nr. 4183 - sowie auf eine Regierungsvorlage, Drucksache Nr. 4023. Das Währungsausgleichsgesetz, das wir im vorigen Jahr angenommen haben, enthält eine Reihe von Härten und Unvollkommenheiten. Als wir es erließen, haben wir Neuland betreten, ohne daß wir so recht wußten, wie groß eigentlich der Interessentenkreis sein wird, welche finanziellen Anforderungen gestellt werden und ob wir ein praktisch durchführbares Verfahren haben. Infolgedessen war es notwendig, in dem Gesetz sehr klare und scharfe Begriffsformulierungen zu bringen und strenge Beweisvorschriften einzufügen.
Nun hat sich in der Praxis herausgestellt, daß damit eine Reihe von Härten verbunden war, die nicht beabsichtigt waren. Es hat sich weiter ergeben - die Vielfalt des Lebens ist ja unerschöpflich -, daß die Bestimmungen des bestehenden Gesetzes nicht alle die Fälle umfaßt haben, die wir eigentlich ihrem inneren Gehalt nach begünstigten wollten. Ich darf mich auf den vorliegenden Schriftlichen Bericht*) in Drucksache Nr. 4183 beziehen, wobei ich allerdings eine Berichtigung insofern einfügen muß, als auf Seite 2 unter Ziffer 6 des Abschnitts IV die Ziffern 7 a, 9 und 9 a durch die Ziffern 10, 12 und 13 ersetzt werden müssen. Es handelt sich im wesentlichen um folgende Dinge.
Die Oder-Neiße-Linie stellt eine primitive politische Grenzziehung dar. Sie hat keine Rücksicht darauf genommen, daß durch sie wirtschaftliche und politische Einheiten zerschnitten wurden, wie etwa die Städte Görlitz und Frankfurt an der Oder. Nach dem Wortlaut unseres derzeitigen Währungsausgleichsgesetzes konnten die Vertriebenen, die rechts der Oder-Neiße-Linie wohnten, aber ihr Sparinstitut links dieser Linie hatten, mit ihren Ansprüchen nicht zum Zug kommen. Diese ungewollte Härte soll durch eine entsprechende Änderung, die das neue Gesetz bringt, beseitigt werden.
Weiter hat sich herausgestellt, daß die Bestimmung im Währungsausgleichsgesetz, daß nur der berechtigte Inhaber oder sein Erbe die Ansprüche aus dem Sparbuch geltend machen darf, sehr lästig und unbequem werden kann in all den Fällen, in denen sich der berechtigte Ostsparer etwa in Gefangenschaft oder in Internierung befindet oder wenn er im Arbeitszwang irgendwo zurückgehalten wird oder verschollen ist. In solchen Fällen können seine Angehörigen, auch wenn sie im Besitz seines Sparbuchs sind, die darin beschlossenen Rechte nicht geltend machen. Auch diese Härte soll beseitigt werden.
Schließlich haben sich insbesondere dann Beweisschwierigkeiten ergeben, wenn es darum ging, die Erbeneigenschaft nachzuweisen. Hier will die Novelle dadurch helfen, daß sie eine Reihe von Vermutungen aufstellt.
Im Währungsausgleichsgesetz wird grundsätzlich ein strenger Urkundenbeweis gefordert. Die Praxis hat jedoch dahin geführt, daß auch andere Beweismittel für den Nachweis der Berechtigung geeignet sein können. Um hier einen größeren Spielraum zu schaffen, soll die Möglichkeit zum Erlaß einer entsprechenden Rechtsverordnung eröffnet werden. Dies ist insbesondere für die sudetendeutschen Vertriebenen bedeutungsvoll, weil sie dem Zwang zu einer besonders rigorosen Ablieferung ihrer Sparbücher unterworfen waren.
*) Siehe Anlage 2 Seite 12504
Die Anmeldungsfrist für die Aufwertung soll bis zum 31. August dieses Jahres - eventuell auch noch länger - erstreckt werden.
Bei den bisher behandelten Bestimmungen geht es um Verbesserungen und Ergänzungen, die Wesen und Struktur des alten Währungsausgleichsgesetzes nicht berühren. Dies tut jedoch der Antrag Dr. Kather und Genossen insofern, als er die Aufwertungsansprüche objektivieren will. Er will die Bestimmung beseitigen, daß nur derjenige ein Ostsparguthaben geltend machen kann, der gleichzeitig auch die subjektive Voraussetzung erfüllt, ein Vertriebener im Sinne des Lastenausgleichsgesetzes zu sein. Hierdurch sollte insbesondere denjenigen Heimatvertriebenen geholfen werden, die aus den Gebieten östlich der Oder und der Neiße stammen, zunächst aber in der Sowjetzone ihren Wohnsitz genommen hatten und nun unter dem Druck der politischen Ereignisse von dort in die Bundesrepublik kommen müssen. Diese können nach der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes mit ihren Sparbüchern, die auf Institute lauten, die östlich der Oder-Neiße-Linie ihren Sitz haben, nicht zum Zuge kommen, weil sie nicht Vertriebene im Sinne des Lastenausgleichsgesetzes sind. Der Lastenausgleichsausschuß war jedoch der Meinung, daß eine derartige Bestimmung an die Grundprinzipien des Lastenausgleichsgesetzes rühre und daß eine so wichtige, weittragende Frage nur im Gesamtkomplex der Regulierung des Sowjetzonenproblems gelöst werden könne und nicht in einem Spezialgesetz, das sich nur auf einen relativ kleinen Bereich erstreckt.
Der Bundesrat hat zu dem Regierungsentwurf Stellung genommen. Der Ausschuß hat die Vorschläge des Bundesrats als wesentliche und wertvolle Verbesserungen angesehen und sie vollständig übernommen.
Ich kann Ihnen daher folgenden Antrag des Ausschusses vorlegen:
Der Bundestag wolle beschließen,
1. dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Nr. 4023 der Drucksachen - in der anliegenden Fassung zuzustimmen;
2. den Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Kather, Wackerzapp, Dr. von Golitschek und Genossen - Nr. 3836 der Drucksachen - durch die Beschlußfassung zu 1 für erledigt zu erklären.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten ein in die zweite Beratung. Ich rufe auf Art. I - Keine Wortmeldung -, Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift. Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Wir treten ein in die
dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir treten ein in die Einzelberatung. Ich rufe auf Art. I bis III, Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
({0})
Wir haben noch über den Antrag des Ausschusses unter Ziffer 2 abzustimmen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Ich stelle die Annahme fest. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/DPB, FU ({1}) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Lastenausgleich ({2});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich ({3}) ({4}).
({5})
Das Wort als Berichterstatter hat in Vertretung des erkrankten Abgeordneten Kunze der Abgeordnete Farke.
Farke ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der auf Drucksache Nr. 4184 vorliegende Gesetzentwurf war bei der Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes im Bundestag Bestandteil dieses Gesetzes; im Vermittlungsausschuß wurde er aber abgelehnt und durch den § 38 in der Fassung des Regierungsentwurfs zum Lastenausgleichsgesetz ersetzt. Die Annahme des Lastenausgleichsgesetzes nach Beseitigung des § 47 durch den Vermittlungsausschuß erfolgte jedoch seitens der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der FU, wie erklärt wurde, nur unter der Voraussetzung, daß durch eine Novelle die vom Bundestag angenommene Fassung des § 47 wiederhergestellt würde. Die Novelle wurde demgemäß in Drucksache Nr..3844 eingebracht und vom Plenum in der ersten Lesung dem Lastenausgleichsausschuß überwiesen. Im Lastenausgleichsausschuß wurde auf eine Behandlung dieser Gesetzesnovelle verzichtet, da ihr Inhalt den Ausschußmitgliedern bekannt und unter ihnen ausdiskutiert war. Mit den Stimmen der antragstellenden Parteien CDU/ CSU, FDP, DP und FU gegen die Stimmen der SPD wurde die Gesetzesnovelle angenommen.
Demnach bittet der Ausschuß, der Bundestag möge beschließen, dem Gesetzentwurf mit den aus der Zusammenstellung in Drucksache Nr. 4184 ersichtlichen Änderungen zuzustimmen. Ebenso bitten die Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP und FU, den Änderungsantrag Umdruck Nr. 837 im Zusammenhang mit der vorliegenden Novelle anzunehmen. Der Änderungsantrag enthält die notwendige Berlin-Klausel, die die Gültigkeit - und das ist für Berlin außerordentlich wichtig - des § 47 auch für Berlin sicherstellt.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf: Einziger Paragraph. - Das Wort hat der Abgeordnete Ohlig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von den Regierungsparteien und der Föderalistischen Union eingebrachte Antrag auf Drucksache Nr. 3844 und der Mündliche Bericht auf Drucksache Nr. 4184 bringen das erste der Novellengesetze, von denen in der zweiten und dritten Lesung zum Lastenausgleichsgesetz in diesem Hause soviel die Rede war. Der § 47 des Lastenausgleichsgesetzes regelt die Berücksichtigung von Kriegssachschäden bei der Vermögensabgabe. Daß Kriegssachschäden bei der Vermögensabgabe berücksichtigt werden sollen, ist von allen Parteien im Prinzip anerkannt worden. Der Streit geht lediglich darum, bis zu welcher Höchstbegrenzung des noch vorhandenen Restvermögens eine Ermäßigung der Vermögensabgabe gewährt werden soll. Die Regierungsvorlage sah eine solche Höchstbegrenzung bei 150 000 DM vor. Die sozialdemokratische Fraktion hat sich diesen Standpunkt der Regierung zu eigen gemacht. Auch der Unkeler Kreis stand ursprünglich auf dem gleichen Standpunkt. Aber im letzten Stadium der Beratungen im Lastenausgleichsausschuß setzten sich jene Kräfte durch, die jede Höchstbegrenzung ablehnen.
Die jetzt vorgeschlagene Änderung war bereits durch die Mehrheit dieses Hohen Hauses im Lastenausgleichsgesetz beschlossen worden. Aber der Bundesrat rief auch wegen dieser Fassung den Vermittlungsausschuß an. Als Kompromißlösung wurde dort die Wiederherstellung der Regierungsvorlage, d. h. die Höchstbegrenzung auf 150 000 DM gefunden. Diesem Vorschlag des Vermittlungsausschusses stimmte die Mehrheit dieses Hauses zu. Jetzt, acht Monate nach Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes, stellen dieselben Parteien, die damals zustimmten, diesen Änderungsantrag. Was bedeutet denn diese Änderung? Sie mindert praktisch das Aufkommen des Lastenausgleichs um 100 Millionen DM. Wenn man bedenkt, daß es gar nicht so leicht ist, für die Vorfinanzierung eine Anleihe von 200 Millionen aufzubringen - sie ist überhaupt noch nicht unter Dach und Fach gebracht worden -, so bedeutet dieser Ausfall von 100 Millionen für die Einnahmeseite einen ganz anständigen Happen.
Hinzu kommt noch, daß aus öffentlichen Steuermitteln 450 bis 500 Millionen jährlich dem Lastenausgleichstopf zugeführt werden müssen. Außerdem bedeutet die Ermäßigung und die Abzugsfähigkeit eines Drittels der Vermögensabgabe von der Einkommensteuer eine weitere Belastung der öffentlichen Hand. Trotzdem ist man aber schon jetzt nach acht Monaten bereit, ein weiteres Geschenk von 100 Millionen DM an die großen Vermögensbesitzer zu machen. Ich habe noch die Äußerungen des Herrn Kollegen Dr. Nöll von der Nahmer bei der Debatte über den Einzelplan der allgemeinen Finanzverwaltung heute vormittag im Gedächtnis. Er verwahrte sich dagegen, daß Steuerzahler Mittel für gemeinwirtschaftliche Betriebe aufzubringen hätten. Auf der anderen Seite ist man aber bereit, den großen Privatvermögen Geschenke zu machen und die Löcher, die dadurch in den öffentlichen Haushaltungen entstehen, getrost durch den Steuerzahler stopfen zu lassen. Die Rücksichtnahme auf den Steuerzahler gilt also nicht, wenn es sich um Vergünstigungen für die private Wirtschaft handelt.
Der Einwand, daß die vorgesehene Neuregelung in der Hauptsache den Besitzern von Trümmergrundstücken zugute kommen und ihnen eine Erleichterung verschaffen soll, stimmt nicht, denn der geschädigte Hausbesitz wird bereits fast restlos durch die Begrenzung auf 150 000 DM erfaßt.
({0})
- Wenn Sie das gewollt hätten, dann hätten Sie den Antrag wieder aufnehmen müssen, den die Föderalistische Union bei der zweiten Lesung gestellt hat und der eine Begünstigung der untersten vier Stufen vorsah. Das ist aber nicht beabsichtigt.
Sie haben aber auch selbst Bedenken über die Auswirkungen Ihres Antrags gehabt, denn Sie be({1})
grenzen die Ausfälle auf 100 Millionen. Wenn die 100 Millionen überschritten werden, dann ist der Ermäßigungstarif durch eine Rechtsverordnung zu ändern. Meine Damen und Herren von der Regierungsmehrheit, wie stellen Sie sich die praktische Durchführung dieser Angelegenheit vor,
({2})
wenn die Ermäßigungen erst einmal gewährt worden sind und die 100 Millionen überschritten würden? Wollen Sie denn dann nachträglich die Beträge, die über die 100 Millionen hinausgegangen sind, wieder einkassieren? Das bedeutet doch, daß Sie der Verwaltung fast unlösbare Aufgaben stellen. Zumindest führt das zu einer Überbeanspruchung der Verwaltung und damit zweifellos zu einer Verteuerung derselben.
Uns erscheint deshalb die von Ihnen eingebaute Sicherung der 100-Millionen-Grenze sehr fragwürdig. Vor allen Dingen haben wir auch noch Bedenken, wenn wir uns dessen erinnern, was der Kollege Farke bei der zweiten Lesung des Lastenausgleichsgesetzes zu diesem Punkt gesagt hat. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich wohl die wenigen Sätze vorlesen. Dort erklärte der Abgeordnete Farke:
Wir sind aber gewillt, diesen von vornherein vorgesehenen Plafond von 100 Millionen auszunutzen. Sobald die Erfahrung zeigt, daß er nicht ausgenutzt wird, werden wir den jetzigen Ermäßigungssatz bis zur Ausnutzung des Plafonds unter Einbeziehung von Schäden, die in diesem Gesetz noch keine Berücksichtigung gefunden haben, erhöhen.
Das bedeutet doch, daß hier auf alle Fälle ein Geschenk von 100 Millionen DM ausgenutzt werden soll. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf kann eben jeder saldieren, ganz gleich, ob er eine Million oder noch mehr an Restvermögen behalten hat. Der Antrag bedeutet eine einseitige Begünstigung der großen Vermögensbesitzer.
({3})
Wir halten daher an der jetzigen Fassung des § 47
des Lastenausgleichsgesetzes fest und würden nur
darum bitten, daß der Herr Bundesfinanzminister
({4})
in diesem hause endlich einmal die Regierungsvorlage verteidigt. Aber er ist wieder abwesend, wie er ja auch bei der Beratung des Lastenausgleichsgesetzes zum großen Teil nicht anwesend war.
Wir Sozialdemokraten lehnen diesen Änderungsantrag also ab.
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Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die Diskussion der zweiten und dritten Lesung des Gesetzes über einen allgemeinen Lastenausgleich ging, wie mein Vorredner bereits sagte, wie ein roter Faden das Versprechen: Wir werden in Form von Novellen für eine weitere Verbesserung des Gesetzes sorgen. Für denjenigen, der die Politik in diesem Hause kennt, war es von vornherein klar, daß jede Novelle, die von Ihrer Seite eingebracht wird, nicht zu einer Verbesserung, sondern zu einer Verschlechterung des Lastenausgleichsgesetzes führt. Sie haben jetzt eine Änderung des § 47 verlangt. Niemand von
Ihnen wird bestreiten können, daß mit dem von Ihnen eingebrachten Gesetzentwurf eine weitere Entlastung des Besitzes zwangsläufig verbunden ist. Ich bin der Überzeugung, daß die Novellen, die zum Lastenausgleichsgesetz von Ihrer Seite noch eingebracht werden, auf derselben Linie liegen werden.
Es wäre nichts dagegen einzuwenden gewesen, wenn Sie, gestützt auf die bisherigen Erfahrungen hinsichtlich der praktischen Auswirkungen des Lastenausgleichsgesetzes, die Sie draußen im Lande gesammelt haben, von dieser komplizierten Art der Anrechnung der Kriegsschäden abgekommen wären. Ebenso wäre nichts dagegen zu sagen gewesen, wenn Sie auf Grund Ihrer Erfahrungen die Anrechnungsgrenze bei 120 000 DM oder bei 150 000 DM, wie es die Bundesregierung in ihrem ersten Entwurf vorsah, belassen hätten. Ich darf in diesem Zusammenhang den in der zweiten Lesung von uns gestellten Antrag in Ihr Gedächtnis zurückrufen, der eine sehr eindeutige und einfache Berechnungsart zugrunde legte und eine Begrenzung der Anrechnung nach oben vorsah. Wir haben in dem damaligen Antrag gesagt:
Für das Ausmaß der Berücksichtigung der Kriegssachschäden und der Kriegsfolgeschäden gilt die folgende Vorschrift:
Bei einem Vermögen, das am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes bis zu 120 000 DM beträgt, werden ,die erlittenen Schäden in voller Höhe in Anrechnung gebracht. Bei einem über 120 000 DM hinausgehenden Vermögen erfolgt keine Anrechnung der Schäden.
Hätten Sie damals diesem Antrag zugestimmt, hätten Sie eine wirklich soziale Tat begangen. Was Sie aber jetzt verabschieden wollen, bedeutet eine weitere Entlastung des Besitzes. Ich glaube, die anspruchsberechtigten Menschen werden sich das sehr gut merken müssen.
Das Wort hat der Abgeordnete Wackerzapp.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Anliegen, um das es hier geht, halten wir für außerordentlich bedeutungsvoll. Es ist immer unsere Meinung gewesen, daß die gegenwärtige Regelung der Saldierung erlittener Kriegsschäden mit der Vermögensabgabe im höchsten Grade unbillig ist. Ich bitte Sie, sich einmal die Konsequenzen zu überlegen, die sich nach der gegenwärtigen Regelung ergeben.
Wenn jemand am Währungsstichtage noch ein Vermögen von über 150 000 Mark besitzt, wird ihm auch der größte Kriegsschaden in keiner Weise bei der Berechnung seiner Vermögensabgabe irgendwie gutgebracht. Ich bitte, einmal ein drastisches Beispiel, das aber durchaus lebensnah ist, näher betrachten zu wollen. Nehmen Sie zwei Betriebe derselben Branche im Einheitswert von je einer Million an. Der eine ist durch den Krieg unversehrt und glücklich hindurchgekommen; der andere hat durch Bombenschaden einen Verlust im Werte von 800 000 Mark erlitten, so daß er am Währungsstichtage nur noch ein Vermögen von 200 000 Mark besitzt. Hiervon muß er, da es die Grenze von 150 000 Mark überschreitet, die Hälfte abgeben, so daß seine Vermögenseinbuße durch den Krieg 900 000 Mark beträgt, während sein unversehrt gebliebener Konkurrent mit einem Vermögensopfer von 500 000 Mark davonkommt.
({0})
Nun aber dokumentieren diese Zahlen in keiner Weise den vollen Schaden, den der eine erlitten hat, und die wahre Größe des Vorteils, dessen sich der andere erfreuen darf; denn der ausgebombte Betrieb hat ja in der Zwischenzeit stilliegen müssen; er konnte nicht produzieren, er konnte nicht an den Fortschritten der Konjunktur teilnehmen. Demgegenüber hat der unversehrt gebliebene Konkurrent seine Arbeiter wegengagiert, ist in seine Kundschaft eingebrochen, hat sich mit den modernsten Maschinen ausgestattet und hat überdies nach der Währungsreform reichliche Investitionen vornehmen können, so daß ihm. jetzt die Begleichung seiner Vermögensabgabe sehr leicht fällt.
Für den anderen aber, der einen Schaden von 800 000 Mark erlitten hat, der außerdem durch die Zerstörung in seinem betrieblichen Ablauf außerordentlich beeinträchtigt worden ist, der sich mit unmodernen Maschinen abfinden muß - damals vor der Währungsreform gab es keine modernen Maschinen zu kaufen -, der zum Teil seine Kundschaft verloren hat, bedeutet die Vermögensabgabe von 100 000 Mark oft die Entscheidung darüber, ob er wirtschaftlich leben oder sterben soll. Und weil dem so ist, sind wir der Meinung, daß es sich hier um eine Angelegenheit handelt, die bei der gegenwärtigen Regelung nichts mehr mit Billigkeit zu tun hat.
Ebenso wie die einheimischen ausgebombten Betriebe durch diese Abgabe in Not kommen können, trifft dies in verstärktem Maße für die Vertriebenen-Betriebe zu. Wir haben doch hier und da den Fall, daß sich ein Vertriebener durch ganz besondere Tüchtigkeit auch vor der Währungsreform wieder installieren konnte und wieder zu Vermögen gekommen ist. Wenn er nun über die Grenze von 150 000 Mark hinausgekommen ist, dann wird er nach dem gegenwärtigen Stande der Gesetzgebung mit der Hälfte seines Vermögens zur Abgabe für den Lastenausgleich herangezogen. Nun empfinden die Heimatvertriebenen-Betriebe dies ganz besonders schmerzlich, weil sie mit Eigenkapital höchst unzulänglich ausgestattet sind; sie leben ja im wesentlichen von Kredit.
Es ist nun gesagt worden, unser Gesetzentwurf sei ein Geschenk an die Großen; insbesondere die Großindustrie werde davon unberechenbare und ungerechtfertigte Vorteile haben. Das glauben wir nicht; denn es ist zu beachten, daß im § 13 des Feststellungsgesetzes eine sehr wirksame Barriere eingebaut ist, indem nämlich bei Betriebsverlusten der Stand des Vermögens am Währungsstichtage mit dem Vermögensstand am 1. Januar 1940 verglichen wird. Nur wenn das Vermögen am Währungsstichtage niedriger als am 1. Januar 1940 liegt, kommt ein entschädigungsfähiger Kriegsschaden in Betracht. Die Folge dieser Bestimmung ist, daß die ganze Anreicherung der Betriebe durch die Kriegskonjunktur nicht zur Wirkung kommt. Alles, was im Kriege an Investitionen geschaffen worden ist, kann hundertprozentig verlorengegangen sein, ohne daß eine Entschädigung in Frage kommt, weil eben mit dem Vermögensstande am 1. Januar 1940 verglichen wird. Deshalb glauben wir, daß eine Begünstigung der großen Betriebe, wie ja auch die Umstellung gelehrt hat, wahrscheinlich schon an dieser Bestimmung scheitern wird, so daß irgendeine ins Gewicht fallende Schmälerung des Lastenausgleichsaufkommens nicht zu befürchten ist. Herrn Kollegen Ohlig ist bei seiner Berechnung ein Fehler unterlaufen. Er meinte, die 100 Millionen würden in voller Höhe den Lastenausgleichsfonds zusätzlich belasten, wenn unser Antrag angenommen würde. Dabei hat er aber übersehen, daß die nach dem gegenwärtig geltenden Gesetz mögliche Saldierung mit Schäden ebenfalls schon gewisse Einbußen für den Lastenausgleichsfonds nach sich ziehen muß. Wir sind der Meinung, daß der Plafond von 100 Millionen DM wahrscheinlich nicht erreicht werden wird.
Nun wird eingewandt: Was soll geschehen, wenn dieser Plafond überschritten werden sollte? Es wird gesagt, dann sei eine schwierige Verwaltungsarbeit notwendig, um die notwendigen Korrekturen zu schaffen. Dieser Einwand ist sicherlich nicht unberechtigt. Aber ich glaube, man würde im Bedarfsfall auch mit diesen Verwaltungsschwierigkeiten fertig werden. Zunächst sollte man abwarten, ob es überhaupt nötig ist, Erwägungen dieser Art anzustellen.
Aus allen diesen Gründen bitten wir den Schluß ziehen zu wollen, daß das, was wir von Ihnen mit der Änderung des § 47 begehren, keine einseitige Begünstigung der Großen sein soll, sondern daß wir lediglich versuchen wollen, damit dem Gedanken des Rechts und der Billigkeit Rechnung zu tragen. Wir bitten um Annahme unseres Antrags.
({1})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, zunächst über die Ausschußvorlage abzustimmen; denn der Änderungsantrag, einen Art. II anzufügen, ist praktisch ja nur ein Zusatzantrag. Die Rubrizierung in Art. I und II statt, wie bisher, „Einziger Paragraph" ist j a nur ein Problem der Redaktion.
Wer für die Annahme der Ausschußvorlage ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Damit ist nach § 84 Abs. 3 der Geschäftsordnung in eine dritte Beratung nicht mehr einzutreten und jede weitere Abstimmung gegenstandslos. Dieser Punkt der Tagesordnung ist erledigt.
Ich rufe auf Punkt 10 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiet der tierischen Erzeugung ({0}) ({1}).
Der Ältestenrat schlägt dem Hause vor, auf eine besondere Begründung durch die Regierung und ebenso auf eine Aussprache zu verzichten. Der Entwurf wäre dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. Ist das Haus einverstanden?
({2})
- Dann ist die Überweisung beschlossen. Ich rufe auf Punkt 11 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Viehzählungen ({3});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({4}) ({5}).
({6})
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Happe.
Happe ({7}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus hat in seiner 245. Sitzung den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Viehzählungen, Drucksache Nr. 3971, dem Ausschuß für Kommunalpolitik und dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen, dem letzteren federführend.
Auf Grund des Gesetzes über Viehzählungen vom 31. Oktober 1938 in Verbindung mit dem Ersten Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Viehzählungsgesetzes vom 2. August 1951, worin die Bestimmungen über Auskunftspflicht und Strafen neu gefaßt wurden, findet regelmäßig im Dezember eine allgemeine Viehzählung und im März, Juni und September eine Zwischenzählung statt. Die Viehhalter sind nach diesem Gesetz verpflichtet, innerhalb der gesetzten Frist die geforderten Angaben zu machen und Auskunft zu erteilen sowie den Zählern die Besichtigung von Ställen und sonstigen Örtlichkeiten, an denen Vieh gehalten wird oder gehalten werden kann, zu gestatten. Von 24 000 Gemeinden in der Bundesrepublik sind 23 500 Gemeinden mit der Durchführung der Viehzählung beauftragt. Die Ergebnisse der Viehzählung haben eine besondere Bedeutung für die Maßnahmen des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für die einzelnen Länder und für die Gemeinden und Gemeindeverbände selbst.
Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um ein Rahmengesetz, in dem seitens der Regierung nur der Rahmen für die verschiedenen Zählungen festgelegt wurde. Gegenstand und Aufgliederung der Zählungen werden erst in den Durchführungsverordnungen geregelt werden.
Zu den einzelnen Vorschriften des Gesetzes nahmen die beiden beteiligten Ausschüsse, der Ernährungsausschuß und der kommunalpolitische Ausschuß, wie folgt Stellung:
Zu Art. 1 Ziffer 1. Der § 1 Abs. 1 bestimmt Art und Umfang der Viehzählungen. Die Zwischenzählungen werden gesetzlich verankert. Der Ausschuß für Kommunalpolitik schlug vor, die Bestände an Maultieren, Mauleseln, Ziegen, Kaninchen und Edelpelztieren durch die allgemeine Zählung nur in jedem vierten Jahr zu erfassen. Der Ernährungsausschuß stimmte diesem Vorschlag zu, beschloß aber, die Ziegen wegen ihrer besonderen volkswirtschaftlichen Bedeutung von der allgemeinen Zählung erfassen zu lassen. - Ferner schlug der kommunalpolitische Ausschuß vor, für die Zwischenzählungen die Repräsentativerhebung an die Stelle der totalen Zählung treten zu lassen, sobald eine volkswirtschaftlich brauchbare Methode der Repräsentativerhebung gefunden ist. Der Ernährungsausschuß bejahte diesen Vorschlag, war aber der Ansicht, daß diese Formulierungen nicht in das Gesetz, sondern in die Ausführungsbestimmungen gehören.
Zu Ziffer 10. In § 7 Abs. 1 wird bestimmt, für welche Zwecke die öffentlichen Dienststellen, insbesondere die Gemeindeverwaltungen, die Viehzählungsergebnisse verwenden dürfen. Der § 7 des bisher gültigen Gesetzes hat folgenden Wortlaut:
Die von den einzelnen Tierhaltern und den
besonders befragten Personen gemachten Angaben werden nur zu statistischen und volkswirtschaftlichen Zwecken verwendet.
So wurden die Einzelangaben der Viehzählungen
bereits seit langem für verschiedene Verwaltungszwecke, z. B. für die Berechnung der Beiträge zu den öffentlichen Viehseuchenentschädigungskassen, für Wassergeldberechnung und für Wirtschaftsberatung verwendet. Die Festlegung der Verwendungszwecke im Gesetz ist auf Vorschlag von einzelnen Landesbehörden erfolgt, um nicht mehrmalige Feststellungen der Viehbestände vornehmen zu müssen.
Während der kommunalpolitische Ausschuß vorschlug, die Worte „und des Wassergeldes" im Gesetz zu belassen, beschloß der Ernährungsausschuß, die Worte „und des Wassergeldes" sowie die Worte „für die Wirtschaftsberatung" zu streichen.
Zu § 7 a ist hervorzuheben, daß sich im bisherigen Gesetz über Viehzählungen keine Bestimmungen über die Kostentragung befinden. Bisher war es so, daß der Bund die im Statistischen Bundesamt entstehenden Kosten trug und die Länder die in den Statistischen Landesämtern, Gemeinden und Gemeindeverbänden entstehenden Kosten. Dieser langjährigen Gewohnheit entspricht auch die Fassung des Regierungsentwurfs. Der kommunalpolitische Ausschuß schlug dagegen vor, § 7 a wie folgt zu fassen:
Die bei den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden entstandenen und vom Statistischen Bundesamt festgestellten Kosten trägt der Bund zur Hälfte.
Diesem Vorschlag stimmte der Ernährungsausschuß nicht zu, sondern blieb bei der Fassung der Regierungsvorlage. In der Kostenfrage stehen sich also zwei Meinungen gegenüber, die des Ernährungsausschusses auf der einen Seite, die des Bundesrates und des kommunalpolitischen Ausschusses des Bundestages auf der anderen Seite.
Zum Schluß sei noch bemerkt, daß der Ernährungsausschuß der Anregung des kommunalpolitischen Ausschusses zugestimmt hat, das Formblatt der Zähllisten übersichtlicher und zweckentsprechender zu gestalten.
({8})
Namens des Ernährungsausschusses bitte ich das Hohe Haus, dem Gesetzentwurf mit den aus der Drucksache Nr. 4175 ersichtlichen Änderungen zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf Art. 1. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat sich bei seiner Darstellung der Verhandlungen in den verschiedenen Ausschüssen zu einem wichtigen Punkt ausgeschwiegen. Er hat über die Gründe der Stellungnahme des Ernährungsausschusses, der sich dem Vorschlag des Bundesrates und des kommunalpolitischen Ausschusses hinsichtlich der Kostentragung nicht angeschlossen hat, überhaupt keine Ausführungen gemacht. Ich glaube, er hat gut daran getan; denn es gibt in der Tat kein durchschlagendes Argument für diese merkwürdige Stellungnahme des federführenden Ausschusses.
Die Viehzählungen, um die es hier geht, sind - das ist bei den Beratungen von keinem Vertreter irgendeines Ministeriums bestritten worden - Zählungen im überwiegenden Bundesinteresse; und es gilt immer noch der alte Spruch, daß derjenige, der die Musik bestellt hat und sich an ihr
({0})
ergötzt, sie bezahlen muß. Aber weder der Bundesrat noch der kommunalpolitische Ausschuß hat Anspruch darauf erhoben, die Kosten in vollem Umfange durch den Bund tragen zu lassen; beide, Bundesrat und kommunalpolitischer Ausschuß - und zwar letzterer einstimmig - haben lediglich begehrt, daß eine Kostentragung zur Hälfte erfolge. Das ist ein sehr bescheidenes, aber zugleich ein sehr berechtigtes Anliegen. Denn wir müssen endlich einmal von der Präxis abkommen, die leider auch in diesem Hause hier und da festzustellen ist, daß man von oben nach unten Aufgaben über Aufgaben delegiert und sich nicht die geringsten Gedanken darüber macht, wie etwa in den Gemeinden die Kosten aufgebracht werden können.
Wenn bei den Diskussionen, die stattgefunden haben, gelegentlich einmal die Bemerkung fiel, es sei doch bedenklich, hier den Bund an der Kostentragung zu beteiligen, soweit die Gemeinden und Gemeindeverbände berührt würden, weil dadurch unter Umständen ein Anreiz gegeben werde, auf die Einsetzung des ehrenamtlichen Elements zu verzichten, dann muß ich schon sagen, daß eine solche Argumentation von Anfang an schief ist, weil sie aber auch nicht die Spur eines Vertrauens in die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der kommunalen Selbstverwaltung erkennen läßt. Wir haben dennoch in Ansehung dieser kritischen Äußerung eine Art Bremse in unseren Vorschlag auf Umdruck Nr. 838 eingebaut, indem wir erklären, daß die bei den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden - es heißt, Herr Präsident, in Umdruck Nr. 838 „entstandenen"; es muß heißen, ich bitte das korrigieren zu dürfen, entstehenden; und wir fügen hinzu: notwendigen und vom Statistischen Bundesamt festgestellten - Kosten vom Bund zur Hälfte getragen werden.
Ich bitte mit Rücksicht darauf daß die Viehzählungen, um die es geht, im überwiegenden Bundesinteresse geschehen - das ist nie bestritten worden -, den Vorschlägen des Bundesrates und des kommunalpolitischen Ausschusses, die durch den Antrag auf Umdruck Nr. 838 aufgegriffen werden - die Antragstellung war wegen der Stellungnahme des Ernährungsausschusses notwendig - zuzustimmen und damit zu beweisen, daß es in diesem Hause nicht an Einsicht fehlt und daß dieses Haus anerkennt, daß man von kommunaler Selbstverwaltung nicht nur sprechen darf, sondern ihr auch die Möglichkeit des Arbeitens gewähren muß. Dazu gehört in einem solchen Falle, die Kostentragung für eine Pflichtaufgabe nicht allein den Gemeinden und Gemeindeverbänden aufzuerlegen.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 838 zu Art. 1 Nr. 11. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Zu den Artikeln 2, 3 und 4 sind keine Änderungsanträge gestellt. Wer für die Artikel 1 bis 4, Einleitung und Überschrift ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle auch hier einstimmige Annahme fest. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe auf die Artikel 1 bis 4, Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Einstimmig angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, sigh von seinem Sitz zu erheben.
- Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Bundesluftamt ({0}).
Auch hierzu schlägt Ihnen der Ältestenrat vor, auf eine Begründung seitens der Regierung zu verzichten, sich mit der gedruckten Begründung begnügen zu wollen und von einer Aussprache abzusehen. Der Entwurf soll an den Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen werden. Ist das Haus einverstanden? - Kein Widerspruch? - Dann ist der Entwurf eines Gesetzes über das Bundesluftamt an den Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen.
Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Rümmele, Jahn, Rademacher, Walter, Volkholz und Genossen betreffend Verkehrsgesetze ({1}).
Will das Haus auf die Entgegennahme einer Begründung verzichten? ({2})
Es erhebt sich kein Widerspruch. - Die Sache soll an den Ausschuß überwiesen werden.
({3})
- Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.
Dieser Antrag kommt aus dem Ausschuß für Verkehrswesen, er ist ein interfraktioneller Antrag aller Mitglieder des Ausschusses. Es wäre also sinnlos, den Antrag an den Ausschuß zu verweisen. Die entsprechenden Referentenentwürfe sind fertig. Der Ausschuß ist durchaus in der Lage, die Arbeit noch zu machen. Ich bitte Sie daher, diesem Antrag zuzustimmen.
Wird der Antrag auf Überweisung an den Ausschuß zurückgezogen?
({0})
- Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer für den Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
- Gegenprobe! - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen ({1}) über den Antrag der Fraktion der FU ({2}) betreffend Postommnibuslinie im Bayerischen Wald ({3}).
({4})
Ich glaube, daß auch hier auf eine besondere Berichterstattung verzichtet wird.
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- Sie wollen trotzdem Bericht erstatten? - Das Wort hat der Abgeordnete Cramer.
Cramer ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Postund Fernmeldewesen empfiehlt Ihnen, den Antrag Drucksache Nr. 3906 für erledigt zu erklären, nachdem der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen im Ausschuß erklärt hat, daß die
Deutsche Bundespost von sich aus bemüht sei, überall dort, wo ein echtes Verkehrsbedürfnis besteht, Kraftpostlinien einzurichten.
Ist das Haus einverstanden? - Kein Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Ich berufe die nächste, die 258. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 26. März 1953, 13 Uhr 30, ein und schließe die 257. Sitzung des Deutschen Bundestages.