Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren!
Ich eröffne die 256. Sitzung des Bundestages und
bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Müller ({0}), Schriftführer: Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Henßler, Dr. Miessner und Frau Dr. Ilk.
Ich danke vielmals.
Herr Abgeordneter Meitmann feiert heute seinen 62. Geburtstag. Ich gratuliere ihm herzlich.
({0})
Eine amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 13. März 1953 die Kleine Anfrage Nr. 309 der Fraktion der SPD betreffend Aufwendungen für Forschungszwecke - Drucksache Nr. 3899 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 4189 vervielfältigt.
Meine Damen und Herren, damit treten wir in die Tagesordnung ein. Wir kommen zunächst zu Punkt 1:
Einspruch des Abgeordneten Müller ({1}) gegen den ihm in der 250. Sitzung erteilten Ordnungsruf ({2}).
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Einspruch stattzugeben wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die überwiegende Mehrheit; der Einspruch ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Ihr Einverständnis, daß wir die Beratung des Punktes 2 b bis nach Erledigung der Punkte 3 und 4 zurückstellen, da die Punkte 2 a, 3 und 4 noch heute vom Bundesrat erledigt werden sollen. Sind Sie damit einverstanden?
({3})
Ich rufe nun zunächst den Punkt 2 a auf: Erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes ({4}).
Herr Dr. Wellhausen!
Dr. Wellhausen ({5}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine eigentliche Begründung des Gesetzentwurfs scheint mir bei der absoluten Kenntnis der Sachlage in diesem Hause entbehrlich. Ich halte es aber für nötig, im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzminister hinzuzufügen, daß die Verlängerung des Gesetzes auch dann nötig ist, wenn wir, wie wir alle annehmen, mit der dritten Lesung hier im Hause rechtzeitig vor dem 31. März - vielleicht auch noch mit dem Bundesrat - zurechtkommen. Sie ist deshalb nötig, weil das Ministerium, was die Kenner der Materie nicht überraschen wird, eine Fülle von Ausführungsvorschriften herausgeben muß, die unbedingt mit dem Inkrafttreten des Gesetzes erscheinen müssen, und das ist selbstverständlich bis zum 1. April unmöglich.
Ich bitte also, dem Gesetz nach Möglichkeit heute auch in zweiter und dritter Lesung zuzustimmen.
Sie haben die Begründung des Gesetzentwurfs gehört. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine allgemeine Aussprache in der ersten und dritten Beratung zu verzichten. Die erste Beratung ist damit beendet.
Zur
zweiten Beratung
rufe ich auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Keine Anträge, keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Artikeln 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses; angenommen.
Allgemeine Aussprache in der
dritten Beratung
entfällt, Einzelberatung ebenfalls, da Änderungsanträge nicht gestellt sind.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Verlängerung des Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das Gesetz ist gegen wenige Stimmen angenommen.
({0})
Ich rufe auf den Punkt 3:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Bertram, Hagge, Juncker und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ermäßigung des Aufbringungsbetrages nach dem Investitionshilfegesetz ({1}).
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ({2}) ({3}).
({4})
Für den Ausschuß für Wirtschaftspolitik berichtet der Herr Abgeordnete Raestrup.
Raestrup ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Abgeordneten Dr. Bertram, Hagge, Juncker und Genossen auf Drucksache Nr. 3805, betreffend den Entwurf eines Gesetzes zur Ermäßigung des Aufbringungsbetrages nach dem Investitionshilfegesetz, ist der berechtigten strikten Ablehnung, die in den Kreisen der Abgabepflichtigen gegen dieses Gesetz besteht, entsprungen. In der 237. Plenarsitzung ist dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik dieser Antrag - federführend - und dem Ausschuß für Finanz- und Steuerpolitik - mitberatend - überwiesen worden.
Ziel des Gesetzentwurfs war es, die dritte und vierte Rate, die nach dem Investitionshilfegesetz noch aufzubringen sind, zu streichen. Da aber die dritte Rate schon am 18. November 1952 fällig war, konnte für diese Rate nur erreicht werden, daß den Finanzämtern empfohlen wurde, bei der dritten Rate ohne vorherige Anhörung der Stundungsausschüsse und ohne Erhebung von Verzugszinsen auf Antrag den Aufbringungspflichtigen die Zahlung bis zum 22. Januar 1953 zu stunden.
Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat sich in drei Sitzungen und der Ausschuß für Finanz- und Steuerpolitik in einer Sitzung mit der Vorlage befaßt. Zur Begründung des Antrags wurde unter anderem darauf hingewiesen, daß das Gesetz nicht mehr zeitgemäß sei. Die beim Erlaß des Gesetzes angenommene Liquidität der Abgabepflichtigen sei nicht mehr vorhanden, im Gegenteil sei der größte Teil der Abgabepflichtigen gezwungen, Bankkredite aufzunehmen, um die fälligen Raten zu zahlen. Das Gesetz entspreche nicht mehr den jetzigen wirtschaftlichen Verhältnissen. Außerdem habe die begünstigte Industrie auf Grund des § 36 des Investitionshilfegesetzes große Steuerersparnisse erreicht. Weiterhin wurde über das Vordringen der eisenschaffenden Industrie in die eisenverarbeitende Industrie geklagt, das besonders durch das Investitionshilfegesetz begünstigt werde. Von seiten der Regierung, namentlich vom Bundesfinanzministerium, wurde darauf hingewiesen, daß verbindliche Zusagen in Höhe von 856 Millionen DM gemacht worden seien, daß noch weitere ca. 80 Millionen eingeplant seien. Das Bundesfinanzministerium müsse dann gegebenenfalls bei einer Streichung der vierten Rate aus Haushaltsmitteln einen Betrag von ca. 250 Millionen DM auf den Bundeshaushalt übernehmen, und dann sei die Durchführung der kleinen Steuerreform gefährdet.
Der bisherige Zahlungseingang beläuft sich auf 558 Millionen DM. Nun ist die Zahlung der vierten Rate zum 21. April aufgerufen. Das Kuratorium rechnet damit, daß, wenn auch die Rückstände aus den Stundungen eingehen und die vierte Rate gezahlt wird, sämtliche Verpflichtungen eingelöst werden können.
Die Beratungen wurden geführt in der Absicht, den Abgabepflichtigen die Zahlung der vierten Rate nach Möglichkeit zu erleichtern, auf der anderen Seite aber die schädlichen Folgen zu vermeiden, die durch eine Streichung der vierten Rate eintreten würden. Durch die eine Milliarde DM, die durch das Investitionshilfegesetz aufgebracht würden - daran sei nicht zu zweifeln -, seien für insgesamt 4 1/2 Milliarden DM Investierungen ausgelöst worden.
Inzwischen hatte die Industrie-Kredit-Bank über die bis zum 30. November 1952 erfolgten Zahlungen auf die Investitionshilfe Empfangsbescheinigungen ausgestellt, die zur gleichen Zeit zum Bezug von Wertpapieren berechtigten. Außerdem sind für alle bis zum 30. November geleisteten Zahlungen die Zinsen in Höhe von 4 °/o ausgezahlt worden, wobei zu berücksichtigen ist, daß diese Zinsen steuerfrei sind. Die Empfangsbescheinigungen der Industrie-Kredit-Bank sind so ausgestattet, daß sie als Kreditunterlagen dienen können. Da die 4 % Verzinsung steuerfrei ist, ergibt sich praktisch für die größeren Abgabepflichtigen eine Verzinsung von ungefähr 10 % und manchmal auch darüber. Das entspricht der Höhe der Zinsen, die für die Kredite bei Aufnahme gezahlt werden müssen.
Es kam uns nun darauf an, den kleinen Abgabepflichtigen Entgegenkommen zu zeigen. Diese sollen mit größter Beschleunigung schon jetzt Wertpapiere erhalten. Im Gesetz ist vorgeschrieben, daß die Abgabepflichtigen bis zu einem Abgabebetrage von 1000 DM bei der Ausgabe von Wertpapieren bevorzugt bedacht werden sollen. Diese Bevorzugung für den Erwerb von Wertpapieren soll auf die Abgabepflichtigen ausgedehnt werden, die bis zu 3000 DM Abgabe zu zahlen haben. Dadurch steigt die Zahl derjenigen, die bevorzugt Wertpapiere erhalten, von 16 000 um rund 64 000 auf 80 000 bei einer Gesamtzahl von ungefähr 127 000 Abgabepflichtigen.
Für die Bevorzugten liegen ab 1. April bei den Bankinstituten die Prospekte über die Wertpapiere vor, und jeder Abgabepflichtige kann sich entscheiden, welches Papier er haben will. Die Bank gibt die Zeichnungslisten an die Industrie-Kredit-Bank, die nach Möglichkeit die Wünsche der einzelnen erfüllt, gegebenenfalls natürlich repartieren muß. Die Zeichnung kann also nach dem 1. April erfolgen. Die Zahlung der vierten Rate ist am 21. April fällig. Die Mittel hierfür können auf dem Kreditwege beschafft werden. Der Stichtag für die vollständige Erfüllung ist zwei Monate nach Aufruf der Wertpapiere, also der 31. Mai dieses Jahres.
Am 1. Juli, nachdem die vierte Rate bezahlt ist, erfolgt die Zuteilung der Wertpapiere, die sofort verkauft werden können, weil sich ein Aufnahme-Konsortium bildet, das die Papiere aufnimmt, um den Kurs zu stützen.
Dem Sondervermögen sind größere Posten einwandfreier Order-Schuldverschreibungen angeboten worden, die als Zuteilung dienen sollen. Deshalb muß der § 30 dahin erweitert werden, daß den Begünstigten auch auf den Inhaber lautende oder durch Indossament übertragbare Schuldverschreibungen angeboten werden können.
Meine Damen und Herren, das ist das wesentliche, was ich Ihnen hier vorzutragen habe. Diese Beschlüsse sind dann in einer neuen Gesetzesvor({6})
Lage zusammengestellt, die Ihnen in der Drucksache Nr. 4081 vorliegt und folgende Überschrift trägt: „Entwurf eines Gesetzes zur Ermäßigung des Aufbringungsbetrages nach dem Investitionshilfegesetz". Es sind einige Gesetzesänderungen erforderlich, die Sie auf der Drucksache verzeichnet finden. Ich will sie Ihnen hier nicht einzeln vorlesen. Ich mache diese Drucksache auch zum Inhalt meines Berichts und berufe mich ausdrücklich darauf wie auch auf die Beschlüsse unseres Ausschusses.
Ein Wort dazu. Nachdem der Ausschuß für Wirtschaftspolitik nach allen Seiten hin die Frage in dreitägiger Sitzung geprüft hat und einstimmig dazu gelangt ist, Ihnen diese Vorschläge zu machen, bitte ich dringend im Namen des Ausschusses darum, diesem Antrag zuzustimmen, damit endlich die Frage der Investitionsabgabe eine gesunde Erledigung findet und die Mißstimmung beseitigt wird; eine gesunde Erledigung dahin, daß es auch den kleinen Abgabepflichtigen nunmehr möglich ist, die Abgabe zu leisten, daß aber auf der anderen Seite die Großindustrie, die nun einmal mit einem Eingang von 1 Milliarde DM gerechnet hat, nunmehr die Sicherheit erhält, daß die Gelder eingehen. Ich bitte deshalb, dem Antrag zuzustimmen.
({7})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen aufschlußreichen Bericht.
Ich rufe zur zweiten Beratung auf. § 1, - § 2, - Einleitung und Überschrift. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. Einstimmig angenommen.
Zur
dritten Beratung
liegen keine Änderungsanträge vor. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. *)
({0})
- Meine Damen und Herren, ich bitte, dieses Aufstehen als Ersatz für den Frühsport anzusehen.
({1})
Ich habe bekanntzugeben, daß die Mitglieder des vormaligen Untersuchungsausschusses Nr. 47 gebeten werden, sich um 10.30 Uhr im Zimmer 03 des Südflügels einzufinden.
Weiterhin wird aufgerufen Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Wahlperiode der Betriebsräte ({2}) in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts ({3}).
Schriftlicher Bericht des Ausschusses zur Beratung des Personalvertretungsgesetzes ({4}).
({5})
Antrag Umdruck Nr. 793.
*) Vgl. Anlage 1 Seite 12412.
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst. Ich darf ihn bitten, das Wort zu nehmen, soweit eine Ergänzung des Schriftlichen Berichts erforderlich ist.
Dr. Kleindinst ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mich auf den Schriftlichen Bericht*) des Ausschusses beziehen. Es soll sich hier lediglich darum handeln, doppelte Verwaltungsarbeit und doppelte Kosten zu vermeiden. Ich bin aber verpflichtet, vor Ihnen noch den Antrag, eine Berlin-Klausel aufzunehmen, zu begründen.
({7})
Meine Damen und Herren, darf ich um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Herrn Berichterstatter bitten.
Dr. Kleindinst ({0}), Berichterstatter: Wir haben im Ausschuß diese Berlin-Klausel an sich materiell nicht als notwendig erachtet, weil Gesetze, die für die Bundesbediensteten erlassen werden, auch für die Bundesbediensteten in Berlin Anwendung finden. Es hat sich dann aber herausgestellt, daß die Gerichte in Berlin - die ja Gerichte des Landes Berlin sind - der rechtlichen Grundlage bedürfen, um überhaupt auch auf Grund dieser Gesetze, die für Bundesbedienstete gelten, judizieren zu können. Solche Gerichte, die hier in Frage kommen, sind das Verwaltungsgericht und die Arbeitsgerichte. Auf diese Erfahrung der Berliner Gerichte hin haben wir dann den Antrag gestellt, daß die Berlin-Klausel auch in dieses Gesetz aufgenommen wird.
Ich bitte, den Gesetzentwurf und den ergänzenden Antrag anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe zur zweiten Beratung auf. § 1. - Dazu keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die § 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Er ist angenommen.
Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP vor, einen § 2 einzufügen. Ich glaube, der Abgeordnete Kleindinst hat zur Begründung dieses Antrags bereits gesprochen; eine besondere Begründung erübrigt sich. Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich rufe gleichzeitig auf den bisherigen § 2, der jetzt § 3 wird. Zunächst zur Abstimmung über § 2, Änderungsantrag Umdruck Nr. 793. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 3, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit. Es ist angenommen.
Zur
dritten Beratung
keine Änderungsanträge. Ich bitte die Damen und Herren, die in der Schlußabstimmung den Entwurf eines Gesetzes über die Verlängerung der Wahlperiode der Betriebsräte ({0}) usw. zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Die Damen und Herren, die sitzengeblieben sind, sind für Ablehnung?
({1})
*) Vgl. Anlage 2 Seite 12413.
({2})
- Bei einigen Enthaltungen im übrigen einstimmig angenommen. Damit ist dieser Punkt ebenfalls erledigt.
Zu Punkt 5, Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge ({3}) und Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes, ist mir mitgeteilt worden, daß eine Verständigung der Fraktionen darüber herbeigeführt worden ist, daß die restlichen Abstimmungen und die Schlußabstimmung über das Bundesvertriebenengesetz - und damit auch wohl die dritte Beratung zu Punkt 5 b - auf die nächste Woche verschoben werden sollen. Das Haus ist damit einverstanden.
({4})
Meine Damen und Herren, der Wunsch ist von drei großen Fraktionen ausgesprochen worden. Es entspricht der allgemeinen Übung, daß dem nach-. gekommen wird. Soll ich darüber abstimmen lassen, oder kann ich es als erledigt ansehen?
({5})
- Abstimmen! - Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, daß der Punkt 5 - a und b - heute von der Tagesordnung abgesetzt wird, ihre Hand zu erheben. - Das ist die ganz überwiegende Mehrheit des Hauses. Damit ist der Punkt 5 abgesetzt.
Dann können wir zunächst zum Punkt 2 b zurückkehren:
Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Abgaben auf Mineralöl ({6});
Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung ({7}).
({8})
Wird zur allgemeinen Aussprache das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Besprechung.
Ich rufe die Artikel auf, zu denen Änderungsanträge vorliegen. Zum Art. 1 liegen vor der Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Preusker, Umdruck Nr. 815 und auch Nr. 816,
({9})
und der Antrag der Fraktion der CDU/CSU, Umdruck Nr. 813 Ziffer 1.
Wer begründet den Antrag der Fraktion der CDU/CSU? - Herr Abgeordneter Naegel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der zweiten Lesung hat das Gesetz über die Mineralölabgabe eine wesentliche Veränderung erfahren, indem ein Antrag, der sowohl von Vertretern der FDP als auch von der Fraktion der SPD gestellt worden war, angenommen worden ist, wonach die unterste Grenze der Präferenz auf 12,90 DM festgesetzt wurde. Ich glaube, dabei ist übersehen worden, daß das ganze Gesetz eine Fülle von Einzelbestimmungen für die verschiedenen Gebiete der Mineralölwirtschaft, sowohl artikel- und warengruppenmäßig als auch produktionsmäßig, enthält. Würde es bei diesem Beschluß der zweiten Lesung bleiben, dann fiele nach unserer Auffassung das ganze Werk der zahlenmäßigen Zusammenführung der verschiedenen Bevorzugungen und Belastungen zusammen, und es bedürfte einer völlig neuen Ausarbeitung des ganzen Zahlenwerks.
({0})
Wir sind gerade mit Rücksicht auf diejenigen Betriebe, die nach unserer ehrlichen Überzeugung eines bestimmten Schutzes bedürfen, solange sie noch im Aufbau sind, der Meinung, daß wir es bei der Beschlußfassung des Ausschusses belassen, also die alte Fassung, wie sie im Ausschuß beschlossen worden ist, wiederherstellen sollten.
Ich habe die Ehre, diesen Antrag im Namen der Fraktion der CDU/CSU zu stellen. Ich bitte also das Hohe Haus, in der dritten Lesung die ursprüngliche Ausschußfassung wiederherzustellen.
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte das Hohe Haus bitten, dem Antrag Umdruck Nr. 813 beizutreten. Der Vorredner hat recht: bei der Kompliziertheit des Themas sind die Rückwirkungen übersehen worden. Wenn der Antrag Umdruck Nr. 813 angenommen würde, erledigte sich z. B. der Antrag 817, den ich nicht befürworten könnte.
Herr Abgeordneter Professor Gülich!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß diesem Antrag leider widersprechen. In der zweiten Lesung habe ich bereits ausgeführt, warum meine Fraktion den Antrag gestellt hat, der Rohölverarbeitungspräferenz durch Festsetzung eines Zollsatzes für die Einfuhr von Benzin, Gasölen und Schmierölen auf 16,50 DM per 100 kg nicht zuzustimmen. Ich habe dargelegt, daß diese Frage in den gemeinsamen Sitzungen des Ausschusses für Wirtschaftspolitik und des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen geprüft worden ist und wir keinerlei ausreichende Unterlagen bekommen haben, die die Festsetzung eines Zollsatzes in dieser Höhe rechtfertigen. Ich habe das in der zweiten Lesung begründet und möchte mich jetzt nicht wiederholen.
Seit der zweiten Lesung haben sich meine Bedenken noch verstärkt. Wir sind seitdem mit zahlreichen Eingaben bombardiert worden, die uns aber nichts Neues gebracht haben. Auch die großen Firmen der Mineralölwirtschaft, die sich als die „maßgeblichen" bezeichnen, haben in einem Fernschreiben darum gebeten, die Entscheidung der zweiten Lesung rückgängig zu machen; aber sie haben außer allgemeinen Redewendungen kein Wort einer wirklichen Begründung dafür gefunden.
({0})
Wir sind infolgedessen nach wie vor der Meinung, daß die Zollsätze, wie sie in der zweiten Lesung von diesem Haus mit Mehrheit beschlossen worden sind, in der dritten Lesung bestätigt werden sollten.
Die Befürworter der Rohölpräferenz sind die Großkonzerne und die von ihnen abhängigen Unternehmungen. Wenn nicht andere Zahlen beigebracht werden, besteht kein Anlaß, unsere Meinung zu ändern. Die Kostenrechnungen, die uns vorgelegt worden und höchst fragwürdig und unzulänglich gewesen sind,
({1})
({2})
stützen sich zum Teil auf Betriebe, die in der Zwischenzeit vollständig neu aufgebaut, modernisiert worden sind. Außerdem haben sie sich auf das Jahr 1950 bezogen, ohne daß uns das vom Wirtschafts- und Finanzministerium mitgeteilt worden wäre.
({3})
Das ist erst durch Befragen herausgekommen, und infolgedessen besteht keine Veranlassung, unsere Meinung zu ändern.
({4})
Ich wiederhole aber noch einmal: Wir sind keine Gegner des Aufbaus einer Industrie mit Rohölverarbeitung in Deutschland. Wir sind auch dafür, daß solche Unternehmungen geschützt werden, wenn sie geschützt werden müssen.
({5})
Wir sehen aber nicht ein, daß unbewiesen solche Vergünstigungen gewährt werden.
({6})
Ich muß in dem Zusamenhang noch auf etwas weiteres aufmerksam machen. Einige dieser Firmen haben ihre Betriebsräte dahingehend unterrichtet, daß die SPD-Fraktion im Bundestag die Interessen der Arbeiter nicht nur vernachlässige, sondern daß diese Interessen von der SPD-Fraktion mißachtet würden.
({7})
- Jawohl! Ich will Ihnen mal so ein Fernschreiben des Betriebsrats eines Werkes vorlesen:
Die am Donnerstag, dem 5. März 1953 im Bundestag erfolgte Debatte über das Mineralölsteuergesetz und die in zweiter Lesung vorgenommene Abstimmung hat bei der Belegschaft unseres Werkes einen Sturm der Entrüstung und Beunruhigung hervorgerufen. Diese Entrüstung wurde ausgelöst durch die Mitteilung der Direktion, daß, wenn der Wegfall der Präferenz Tatsache werden sollte, das Werk nicht mehr rentabel sei und deshalb stillgelegt werden müsse.
({8})
Und dann heißt es nachher weiter:
Wir kennen nicht den Beweggrund, der Sie veranlaßt hat, einen solchen Antrag im Bundestag zu stellen, möchten aber darauf hinweisen, ernstlich zu bedenken, wie sich eine solche schwerwiegende Entscheidung in der Praxis auswirken kann. Die Sorge um das Wohlergehen und die Existenz unserer 3500 Mann starken Belegschaft läßt uns Tag und Nacht nicht zur Ruhe kommen.
({9})
- Vom Betriebsrat der Gelsenberg-Benzin AG. in Gelsenkirchen.
Die Betriebsräte von einigen Firmen sind vor einigen Tagen in Bonn gewesen und haben einige Abgeordnete der SPD-Fraktion aufgesucht. Wir haben mit ihnen darüber gesprochen und ihnen unsere wirklichen Gründe dargelegt. Wenn man einfach den Betriebsräten sagt „Unsere Werke müssen stillgelegt werden!", dann entspricht das schlechterdings nicht den Tatsachen.
({10})
Wir haben dem eben erwähnten Werk, auch unter Anerkennung der Darlegungen der Werksleitung, eine Mineralölsteuervergünstigung von 12,15 DM ' je 100 kg Hydrierbenzin und 6,30 DM je 100 kg Hydriergas zugebilligt.
({11})
- Eben nicht! In dem Augenblick, in dem die Werke behaupten, daß sie stillgelegt werden müssen, muß geprüft werden, ob dieser Steuervorteil zu gering ist.
Deshalb haben wir auch in der zweiten Lesung gesagt: Wenn der Zollsatz für die Einfuhr dieser Fertigfabrikate auf 12,90 DM festgesetzt wird, dann geben wir dem Finanzminister in Art. 3 eine Ermächtigung, nach Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse den Zollsatz bis auf 16,50 DM zu erhöhen, während in der Ausschußfassung ein Zollsatz von 16,50 DM steht und in Art. 3 die Ermächtigung an den Finanzminister, daß er bis auf 12,90 DM heruntergehen kann. Sie sehen also, daß wir gar nicht so weit voneinander entfernt sind in dem, was wir wollen. Wir wollen lediglich die Beweislast in die Wirtschaft verlegen.
({12})
Ich denke, wir kommen nicht in den Verdacht, daß wir die Interessen der Arbeiter vernachlässigen oder gar schädigen wollen.
({13})
Es ist sehr merkwürdig, daß die Geschäftsführungen zu solchen Mitteln greifen. Ja, wenn die Geschäftsleitung versagt, dann soll der Betriebsrat einspringen. Hätte man die Betriebsräte nicht unzureichend informiert, würde auch die Belegschaft nicht entrüstet sein!
({14})
- Herr Naegel, mit „Ach nee!" ist so etwas ja nicht abgetan!
({15})
Das muß doch schließlich bewiesen werden! Sie wissen ganz genau, wie es im Ausschuß gewesen ist und daß, nachdem allgemeine Unzufriedenheit über das Zahlenmaterial dagewesen ist, schließlich die Abgeordneten der CDU-Fraktion sich entschlossen haben, den gordischen Knoten durchzuhauen und irgendwo eine Zahl festzusetzen,
({16}) für die Beweise nicht erbracht worden sind.
({17})
- Nein, Herr Pelster, ich habe auch keine Beweise; das habe ich alles schon gesagt. Der Unterschied ist nur der, daß wir die Beweislast in die Wirtschaft verlegen, daß wir nicht einfach ein Geschenk geben
({18})
durch die Festsetzung eines solchen Zollsatzes und dann dem Finanzminister die Ermächtigung geben, notfalls den Zollsatz auf 12,90 DM zu ermäßigen, sondern wir sagen 12,90 DM und geben dem Finanzminister die Ermächtigung, auf 16,50 DM zu erhöhen, wenn die Wirtschaft beweist, daß das nötig ist. Ich habe ja früher hinreichend ausgeführt, daß uns das Zahlenmaterial dafür nicht vorgelegt wor({19})
den ist. Infolgedessen ist das, was ich gesagt habe, glaube ich, schlüssig
({20})
und kann auch von Ihnen nicht widerlegt werden.
({21})
Zunächst dieser Antrag. Dazu Herr Abgeordneter Margulies.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es besteht auch nicht der leiseste Anlaß, die doch sicherlich wohlerwogenen Beschlüsse der zweiten Lesung heute zu korrigieren.
({0})
Auch der Herr Bundesfinanzminister hat uns ja zwischendurch gesagt - wenn auch keine offizielle Erklärung abgegeben -, daß das Gesetz in der Form, wie es in der zweiten Lesung beschlossen worden ist, durchaus anwendbar erscheint. Die kleinen Korrekturen, die zur Erhaltung der Relationen notwendig sind, werden in den Anträgen, die mein Freund und Kollege Preusker hier gestellt hat, gleich angebracht werden, so daß irgendwelche Gefahren aus den Beschlüssen der zweiten Lesung nicht erwachsen können.
Wenn ich sagte: „Es besteht nicht der leiseste Anlaß, die Beschlüsse zu korrigieren", so haben sich doch die Momente, die für die Beschlüsse der zweiten Lesung sprechen, in der Zwischenzeit ganz ansehnlich verstärkt.
({1})
Meine Damen und Herren, wir haben hier - ich will nicht das noch wiederholen, was wir damals schon gesagt haben - mit einer Präferenz von ) 1,60 DM, in Höhe der Umsatzausgleichsteuer, gerechnet. Mittlerweile stellt sich heraus, daß die Befürworter des 16,50-DM-Zollsatzes die Umsatzausgleichsteuer mit 2,50 DM rechnen. Die Grundlagen sind hier also derart unklar, daß meiner Meinung nach nichts anderes übrig bleibt, als das Gesetz mit den Beschlüssen zweiter Lesung zu verabschieden und damit und mit Hilfe des Verlängerungsgesetzes das wir vorhin verabschiedet haben, dem Herrn Bundesfinanzminister die Möglichkeit zu geben, in eine erneute Überprüfung der Zahlen einzutreten.
Wir gehen allerdings von der Voraussetzung aus, daß nun nicht ohne weiteres und ohne weitere genaue Prüfung die Präferenz doch auf 16,50 DM heraufgesetzt wird, sondern daß tatsächlich eine eingehende Prüfung stattfindet und damit dem Anliegen Rechnung getragen wird, für das wir hier eintreten, nämlich daß der Wettbewerb auf einem Markte, der von einigen wenigen Firmen ganz überwiegend beherrscht wird, wenigstens die bescheidene Rolle noch spielen kann, die er jetzt hat.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt uns wirklich schwer, das Hohe Haus immer erneut mit diesen Auseinandersetzungen bemühen zu müssen, von denen sicherlich nur ein geringer Teil unserer Kollegen sich ein zutreffendes Bild machen kann.
({0})
Ich hätte deshalb gern auf weitere Ausführungen verzichtet; aber sowohl die Ausführungen von Herrn Kollegen Gülich wie die von Herrn Kollegen Margulies zwingen uns von der Fraktion, noch einmal dazu Stellung zu nehmen.
Ich bitte, im Sinne des bereits gestellten Antrags die Ausschußfassung wiederherzustellen. Es ist einfach nicht richtig - und ich wende mich da namentlich an die Herren von der Freien Demokratischen Partei -, daß dieser Änderungsantrag wohlerwogen ist. Wir haben, wie ich ausdrücklich feststellen darf, unter ständiger, sehr kollegialer und gewissenhafter Mitwirkung gerade auch der Herren von der Freien Demokratischen Partei - Kollege Wellhausen hat es ausgerechnet - die Ausschußfassung in 98 Stunden erarbeitet. Dann ist in letzter Stunde dieser Ausschußantrag umgestoßen worden. Nun sagt Kollege Margulies, das sei wohlerwogen gewesen. Herr Kollege Margulies, wenn Sie alles von Ihrem Antrag sagen können - gerade das, glaube ich, können Sie nicht behaupten. Dieser Antrag ist nicht wohlerwogen gewesen, sondern der Ausschußantrag ist gerade von einigen Kollegen, die sich an der Ausschußberatung nicht so ausführlich und eingehend beteiligt hatten, in letzter Stunde umgestoßen worden.
({1})
Ich glaube nicht, daß man den Antrag Margulies als wohlerwogen bezeichnen kann.
({2})
Ich möchte ferner sagen und mich dabei an Kollegen Gülich wenden: Kollege Gülich, wenn wir überhaupt in den Betriebsräten ein Element der Mitbestimmung sehen, was soll denn eigentlich ein Betriebsinhaber mit seiner Belegschaft noch anders besprechen als die Existenzfrage, die Existenzfrage des ganzen Betriebs.
({3})
Kollege, Sie und ich können doch beide nicht wissen, welche Wirkungen sich daraus ergeben. Daß der Betriebsinhaber seine Sorgen mit seinem Betriebsrat bespricht, halte ich nicht nur für sein Recht, sondern für seine Pflicht, und wenn Sie nicht der Ansicht sind, wir sind jedenfalls der Ansicht, daß gerade dazu der Betriebsrat da ist.
({4})
Ich muß mich ferner energisch dagegen wehren, daß wir hier Geschenke an die großen Konzerne gemacht hätten. Ich glaube, Kollege Gülich, das war eine Formulierung, die wir besser vermeiden sollten.
({5})
- Hören Sie doch bitte zu. Ich gehe ja zu diesem Zwecke hier herauf, um Ihnen das auseinanderzusetzen. Gerade die Ausschußfassung sollte dazu dienen, den kleinen Werken zu helfen. Wir sind uns doch alle darüber klar, daß die großen internationalen Weltkonzerne so oder so zurechtkommen.
({6})
Sie können mit ihren Gewinnungs- und Verarbeitungsstätten im In- und Ausland ihren Betrieb immer so manipulieren, daß sie mit jedem Zollsatz in irgendeiner Form zurechtkommen werden. Was wir aber wollen, ist, eine gute, leistungsfähige, moderne bodenständige deutsche Industrie aufzubauen
({7})
und dafür zu sorgen, daß die vielen kleinen Ansätze, die sich erfreulicherweise in den letzten Jahren gebildet haben, jetzt nicht durch eine unverständige und im letzten Augenblick improvi({8})
sierte Zollgesetzgebung in ihrer Existenz gefährdet werden.
({9})
Ich gebe Kollegen Gülich völlig recht, daß es eine wirklich schlüssige, exakte letzte Beweisführung für den einen oder anderen Satz nicht gibt.
({10}) Aber soweit wir als schwache arme Menschen
({11}) angesichts der ungeheuren Vielschichtigkeit des Problems überhaupt zu einer solchen Berechnung in der Lage sind, haben wir gearbeitet im Einvernehmen aller Kollegen, im Einvernehmen mit dem Bundesfinanz- und dem Bundeswirtschaftsministerium. Und dieser Ausschußantrag - ich wende mich da nochmals an die Kollegen von der Freien Demokratischen Partei - bildet ein geschlossenes Ganzes. Man kann da nicht einzelne Sätze plötzlich herausnehmen, damit die ganze Struktur des Gesetzes grundlegend ändern und dann glauben, das Ganze werde stimmen. Also ich darf Sie dringend bitten, sich darauf nicht einzulassen. Wir haben den Wunsch, auf lange Frist gute und gesunde Verhältnisse für die deutsche Mineralölindustrie zu schaffen. Das ist eine Angelegenheit, die das ganze Haus angeht und interessiert. Wir wünschen, daß die chemische Industrie so wie in anderen Ländern, namentlich in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien, sich endlich dieses neuen wichtigen Rohstoffes, des Mineralöls, bedient. Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, brauchen wir dieses Gesetz.
Ich darf Sie auch bitten, den Ausschuß doch nicht so zu desavouieren, daß Sie ihm erst zumuten, monatelang eingehend zu arbeiten, und dann im letzten Augenblick das, was er erarbeitet hat, umstoßen. Bitte, nehmen Sie den Ausschußantrag mit möglichst großer Mehrheit an.
({12})
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur wenige Worte! Herr Kollege Margulies hat sich auf mich persönlich berufen und erklärt, ich hätte gesagt, die Fassung der zweiten Lesung sei empfehlenswert. Ich stelle fest, daß ich immer folgendes erklärt habe: Die Fassung des Ausschusses ist die beste und muß von mir unterstützt werden. Bei den Änderungsanträgen hat man die Rückwirkungen nicht übersehen, sonst hätte Herr Kollege Preusker nicht den Antrag auf Umdruck Nr. 817 stellen können. Ich habe allerdings gesagt, daß im äußersten Notfall die Fassung der zweiten Lesung noch erträglich sei. Aber warum, meine Damen und Herren? Die Fassung der zweiten Lesung verschiebt die Verantwortung vom Parlament auf den Bundesfinanzminister.
({0})
Und hier muß ich erklären: Da es in diesem Falle um das persönliche Vertrauen geht, habe ich das persönliche Vertrauen in den Bundesfinanzminister, daß er auch diese Fassung vernünftig handhaben würde.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Preusker.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte über dieses leidige Thema heute nichts gesagt, wenn nicht Herr Kollege Dr. Friedensburg einige Dinge vorgetragen hätte, die mir im Ausschuß nicht so gewesen zu sein scheinen.
({0})
Es ist ein so schwieriges Problem, das der Bundestag hier lösen soll, daß ich durchaus verstehe, daß ein großer Teil der Kollegen sich letztlich auf das verlassen müssen, was diejenigen, die sie mit der Beratung dieser Materie in den Ausschüssen betraut haben, nach bestem Wissen und Gewissen für richtig halten.
({1})
Aber ich will ganz offen sagen: auch für uns in den Ausschüssen ist gerade dieser Punkt der Präferenz - und das wird auch Herr Kollege Dr. Friedensburg nicht bestreiten können - bis zuletzt ungeklärt geblieben.
({2})
Wir haben einfach keine zwingend zu beweisende Lösung der Präferenzfrage finden können, und zwar deswegen nicht, weil die Verhältnisse bei den einzelnen Werken völlig verschieden gelagert sind. Wir haben auf der einen Seite die großen vertikal gegliederten Konzerne, die von der Tankerflotte bis zur Tankstelle alle Stufen der Erdölindustrie in sich vereinigen. Auf der anderen Seite haben wir einstufige Raffinerien, die neu aufgebaut und zum Teil klein sind. Daneben haben wir kriegszerstörte und demontierte Werke. Nun haben wir uns bemüht, in einer Weise, wie das vielleicht noch bei keinem anderen Gesetz geschehen ist, den Sondersituationen einzelner Gruppen durch Differenzierung in der Besteuerung der Mineralölerzeugnisse Rechnung zu tragen. Wir sind uns aber vollkommen klar darüber gewesen, daß damit e i n Tatbestand noch nicht ausreichend berücksichtigt worden ist: das ist die Anpassung der in den letzten Jahren in Deutschland neu entstandenen Krack-Raffinerien und Hydrierwerke an die Situation, wie sie für die großen Unternehmen am Weltmarkt gegeben ist.
({3})
Hinsichtlich des von uns bejahten Schutzes der Anpassungsperiode für diese Werke kann man zwei Wege gehen. Ich möchte versuchen, dem Bundestag ganz objektiv darzustellen, wie die Dinge liegen. Einmal kann man durch das Gesetz einen bestimmten Schutz festlegen. Dazu kann ich nur sagen, daß wir versucht haben, diesen Satz mit 16,50 DM so gut wie möglich festzusetzen. Aber niemand ist in der Lage, exakt zu behaupten, das sei der richtige Satz.
({4})
Sonst hätten wir ja auch nicht im Ausschuß - ich glaube, bei der Abstimmung über die Präferenz gab es im Finanzausschuß nur eine Mehrheit von einer Stimme, im Wirtschaftsausschuß war die Stimmenmehrheit wesentlich größer - noch die Entschließung dazugefügt, daß innerhalb Von zwei Jahren die ganzen Verhältnisse überprüft werden müssen,
({5})
um sie gegebenenfalls nach unten hin auf den richtigen Satz zu dividieren. Auch hierin liegt also eine Aufforderung an den Finanzminister: Bitte, überprüfe die Dinge weiter und mache innerhalb von zwei Jahren einen Vorschlag, wie der noch notwendige Schutz dann endgültig aussehen soll! So viel zur Ausschußfassung, die also mit geringer Mehrheit obgesiegt hat.
Auf der anderen Seite muß ich zu dem Stellung nehmen, was in der zweiten Lesung hier im Plenum zustande gekommen ist: der untere Satz von 12,90 DM mit der Ermächtigung an den Bundesfinanzminister, im Wege der Rechtsverordnung alle schutzwürdigen Tatbestände in der notwendigen Höhe zu berücksichtigen und, wenn er einen Schutz für notwendig hält, im Wege der Rechtsverordnung diese Präferenz bis auf 16,50 DM heraufzusetzen. Damit verlagern Sie natürlich die Verantwortung vom Parlament auf den Finanzminister.
({6})
Das ist dasselbe, was Sie im anderen Falle auch getan hätten. Deswegen möchte ich hier einmal mit aller Offenheit sagen: das, worüber Sie hier abstimmen sollen, ist kein Politikum, sondern es sind zwei verschiedene Wege, die im letzten zum gleichen Ziel führen.
({7})
Ich möchte Ihnen diese Erläuterungen auch an Hand der eingehenden Ausschußberatungen noch einmal gegeben haben, damit Sie nicht das Gefühl bekommen, Sie stimmen für große Konzerne und gegen die deutsche Erdölindustrie oder gegen die Arbeiter und für die Unternehmer oder weiß der Kuckuck, was hier schon wieder in die Diskussion hineingetragen worden ist. Sie stimmen vielmehr einzig und allein darüber ab: Wollen Sie jetzt durch das Gesetz einen festen Satz schaffen und dem Finanzminister die Verantwortung zuschieben, innerhalb von zwei Jahren nachzuprüfen und zu beweisen, inwieweit dieser Satz richtig ist? Oder wollen Sie von vornherein den Satz auf der unteren Grenze festlegen, dem Finanzminister dann wiederum im Ermächtigungswege die Verantwortung zuschieben, den Unternehmen zunächst, wenn sie bewiesen haben, wieviel sie an Schutz brauchen, im Rechtsverordnungswege diesen Schutz zu gewähren und nachher diese Dinge nachprüfen zu lassen? Das hat mit einem Politikum - das möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen, und das war auch unsere Überzeugung im Ausschuß - nicht das mindeste zu tun. Jeder muß das so entscheiden, wie er es am zweckmäßigsten und richtigsten im gesetzgeberischen Sinne hält.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Warum ist dieses Thema eigentlich heikel, Herr Kollege Preusker? Sie haben ja selber ausgeführt, daß es sich nicht um ein Politikum handelt, sondern daß uns rein wirtschaftliche Erwägungen leiten. Aber ich gebe Ihnen zu, dieses Thema ist hier im Deutschen Bundestag heikel geworden. Es handelt sich bei. dem Mineralöl ja auch um einen Stoff, der teilweise explosiv, teilweise schmierig, in keinem Falle aber geruchlos ist.
({0})
Bei der Beratung hat sich das gezeigt! Es ist schön,
wenn der Herr Bundesfinanzminister dem Parlament eine Verantwortung geben will und bedauert, daß man ihm eine Ermächtigung geben will. Wenn ich Gesetzentwürfe vom Bundesfinanzministerium bekomme, streiche ich immer erst einmal rot die Ermächtigungen an. Es sind manchmal so viele Ermächtigungen wie Paragraphen. In diesem Falle ist es ja so, daß die Ermächtigung in jedem Falle gegeben wird. Nur wird in dem einen Fall der Bundesfinanzminister ermächtigt, mit dem Zollsatz herunterzugehen, während er in dem anderen Fall, in dem Antrag, den die FDP und die SPD gleichermaßen gestellt haben, mit dem Zollsatz heraufgehen kann.
Es hat mir auch nicht gepaßt, daß wir uns dieser Verantwortung im Parlament entziehen. Es wäre sehr viel besser gewesen, wenn wir tatsächlich auf Grund eines schlüssigen Beweises hätten entscheiden können. Wir haben uns in dem Arbeitskreis „Präferenz" bemüht, diesen Beschluß zu fassen. Nachdem aber, wie ich neulich schon ausgeführt habe, vier Sitzungen vorgesehen waren und in der zweiten Herr Bundesfinanzminister Schäffer gekommen war und freundlich erklärt hatte, es sei alles in bester Ordnung, waren die Kollegen von der CDU der Meinung, daß alles in bester Ordnung sei.
({1})
- Selbstverständlich hat er dazu gesprochen! Nach einer kurzen Sitzung wurde plötzlich dahin abgestimmt, daß der Arbeitskreis „Präferenz" seine Arbeit einstellen könne. Das hat mich damals zu dem Ausspruch veranlaßt: „Es ist was passiert!"
Herr Friedensburg, so arme schwache Menschen sind wir nun schließlich nicht, wir können ja rechnen und die Dinge nachprüfen. Aber das Ministerium, das zweieinhalb Jahre lang einen solchen Gesetzentwurf vorbereitet hat, Ist ja verpflichtet, dem Ausschuß die Einblicke zu gewähren, die der Ausschuß, der dem Parlament gegenüber die Verantwortung hat, benötigt. Diese Zahlen sind uns nicht gegeben. Ich habe das vorige Mal einiges zum Wirtschaftsministerium gesagt und einige Fragen an den Herrn Bundeswirtschaftsminister gerichtet. Er scheint es jedoch nicht für nötig zu halten, diese Fragen zu beantworten. Ich finde das sehr bemerkenswert.
({2})
Nun tut Herr Kollege Friedensburg so, als ob der Ausschuß sich in mühevoller Arbeit, nämlich in 98 Stunden, mit dieser Frage befaßt hätte und mithin zu einem so guten Ergebnis gekommen wäre. Damit kein Mißverständnis entsteht, darf ich nur sagen: wenn 98 Stunden richtig sind, woran ich nicht zweifle, hat man sich in den 98 Stunden nur relativ wenige Stunden mit der Frage der Rohölverarbeiterpräferenz beschäftigt.
({3})
- Das weisen ja die Protokolle nach. Dafür war dieser besondere Arbeitskreis eingesetzt.
Herr Kollege Friedensburg hat uns nun hier gesagt, daß der Vorschlag, wie wir ihn eingebracht haben und wie die FDP ihn auch eingebracht hat, im letzten Augenblick improvisiert worden sei. Das ist doch gar nicht der Fall. Herr Kollege Friedensburg sprach von Kollegen, die sich an der Ausschußarbeit nicht beteiligt hätten.
({4})
- Nicht so intensiv. Herr Kollege Friedensburg,
({5})
darf ich fragen: haben Sie beispielsweise gemeint,
daß ich mich nicht so intensiv beteiligt habe? ({6})
Haben Sie Herrn Dr. Preusker gemeint, daß er sich nicht so intensiv beteiligt habe? Ich könnte Sie so weiter fragen. Dann würde es herauskommen, daß diejenigen, die den Antrag auf 12,90 DM wohlerwogen eingebracht haben, diejenigen sind, die sich auch in der Ausschußarbeit sehr intensiv darum bemüht haben, die Wahrheit zu finden.
({7})
- Ich freue mich, daß der Ausschußvorsitzende, Herr Dr. Wellhausen, das eben mit einem „Sehr richtig!" bestätigt.
Es handelt sich - darin stimme ich Herrn Kollegen Preusker zu - eben nicht um ein Politikum, sondern darum, daß wir eine wirtschaftlich richtige Entscheidung treffen wollen.
({8})
- Jawohl, wir müssen eine wirtschaftspolitisch richtige Entscheidung treffen. Es geht aber nicht an, so zu tun, wie Herr Friedensburg das tut, der ja auch Beifall bekam, als er von der modernen bodenständigen deutschen Industrie sprach, die die böse SPD im Verein mit der nunmehr auch bösen FDP offensichtlich nicht hochkommen lassen wolle. Darum handelt es sich doch wirklich nicht.
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Wir sind alle der gleichen Meinung, daß wir sowohl die Erdölgewinnung in Deutschland ausbauen und durch einen Zoll auf importiertes Rohöl schützen wollen, wie wir die erdölverarbeitende Industrie in Deutschland ebenfalls schützen wollen. Dann darf man aber nicht mit solchen Vokabeln von einer bodenständigen deutschen Industrie kommen, da es sich bei der Mineralölwirtschaft um eine Verflechtung internationalen Kapitals handelt, wie es sie sonst überhaupt nicht gibt. Wir wollen dennoch auf deutschem Boden alles tun, um diese Industrie auszubauen.
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Dafür scheint uns, Herr Friedensburg, das richtige Mittel zu sein, der Wirtschaft die Beweislast zuzuschieben, nachdem -sie sich bisher geweigert hat, diese Beweise zu bringen.
({11})
Ich bin fest davon überzeugt, daß alle diejenigen, die einen Schutz nötig haben, sehr schnell beim Herrn Bundeswirtschaftsminister und insbesondere beim Herrn Bundesfinanzminister vorstellig werden, der dann die Rechtsverordnung der Bundesregierung vorlegen wird.
Ich habe mich gefreut, Herr Kollege Friedensburg, in Ihnen einen solchen Mitbestimmungsfanatiker zu sehen,
({12})
und ich hoffe, daß Sie diese Ihre Mitbestimmungsfreundlichkeit auch sonst zeigen werden.
({13})
Ich habe ja nicht getadelt - um das ganz klarzustellen -, daß sich die Unternehmungsleitungen an ihre Betriebsräte gewendet haben. Ich habe mich nur dagegen gewendet, daß sie ihre Betriebsräte unzureichend und falsch informiert haben,
({14})
und ich kann den Betriebsräten nur empfehlen,
dafür zu sorgen, daß sich die Wirtschaftsausschüsse ihrer Gesellschaften mit dieser Frage befassen.
Die übrigen Dinge, die von Herrn Friedensburg noch vorgebracht worden sind, um das Argument seiner 16,50 DM zu stützen, wie der Aufbau einer chemischen Industrie mit Mineralöl als Rohstoff, hat gar nichts mit dieser Sache zu tun. Das führt uns von dem Problem weg. Sie werden sich erinnern, daß gerade ich in den Ausschüssen nachdrücklich dafür eingetreten bin, die Olefinchemie in Deutschland zu entwickeln und sie deshalb absolut ohne fiskalische Belastung zu lassen. Über alle Fragen, auch über den Charakter der Verbrauchsteuern, insbesondere auch darüber, ob auf Produkte, die nicht dem unmittelbaren Verbrauch zugeführt werden, eine Verbrauchsteuer erhoben werden kann, haben wir uns eingehend unterhalten. Darin sind wir uns einig gewesen. Ich begreife deshalb, nachdem die Dinge eigentlich ganz klar sind, nicht, warum Sie nicht den Beschlüssen der zweiten Lesung zustimmen; denn damit passiert gar nichts, im Gegenteil, damit wird die bodenständige deutsche Industrie am besten gefördert.
({15})
Das Wort hat der Abgeordnete Niebes.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns hier in früheren Fällen um Gesetze gestritten haben, die einen preisverteuernden Charakter besitzen, dann hat sich dieser Streit in der Regel zwischen den Unternehmern und den Arbeitnehmern abgespielt. Im vorliegenden Falle müssen wir aber feststellen, daß die Front der Unternehmer offensichtlich stark gespalten ist. Auf der einen Seite stehen einige wenige Produzenten von Mineralöl, auf der andern Seite stehen alle diejenigen, die Mineralöl verbrauchen. Zum Beweis dafür, welche Differenzen im Unternehmerlager bestehen, möchte ich eine kurze Notiz erwähnen, die in der „Wirtschaftszeitung" gestanden hat:
Von diesen Produktionsfirmen
- gemeint sind die sieben großen Produktionsfirmen -gehören die meisten und gerade die größten zu den maßgebenden internationalen Konzerngesellschaften. Sie erhalten die Möglichkeit, die Inlandspreise wesentlich über das Weltmarktpreisniveau zu erhöhen.
Darum scheint offensichtlich der Streit zu gehen. Bei den Widersprüchen und Unstimmigkeiten der Privatwirtschaft gönnt einer dem anderen seinen Profit nicht.
Die Unternehmer der Erdölindustrie sollen doch nicht immer sagen, es gehe ihnen schlecht. Wenn wir hier oder sonstwo durchs deutsche Vaterland gehen, sehen wir an allen Ecken auf das modernste eingerichtete Tankstellen wie Pilze aus der Erde schießen. Sie sind alle von den Gewinnen aus Mineralöl erbaut warden. Unter diesen Umständen kann doch diese Industrie nicht davon sprechen, daß es ihr schlecht gehe. Wir wenden uns mit aller Entschiedenheit dagegen, daß den sieben großen Konzernunternehmen hier solche Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit zugeschanzt werden. Denn diese Kosten werden ja ohne Zweifel wieder abgewälzt, und der Kleinverbraucher bis herab zum letzten kleinen Steuerzahler muß zum Schluß
({0})
das bezahlen, was die großen Konzerne und die großen Unternehmer an Gewinnen einstecken. Dagegen wenden wir uns.
Wir wenden uns aber auch ganz entschieden dagegen, daß der Herr Bundesfinanzminister mit so wenigen Interessenten ein Gesetz aushandelt, auf Grund dessen diesen wenigen Unternehmern solche Gewinne zugeschanzt werden sollen wie eben die Präferenz, von der hier die Rede ist. Den Betriebsräten, die hier vor die Karre der Unternehmer gespannt werden sollen, möchte ich sagen, daß sie sich durchaus nicht beunruhigt zu fühlen brauchen. Ihre Sorgen sind nach unserer Auffassung durchaus unbegründet. Denn die großen Unternehmen mit so viel tausend Belegschaftsmitgliedern, die sich hier gemeldet haben, werden nicht von heute auf morgen einfach zugemacht. Die Arbeiter sollen sich nur nicht an den parlamentarischen Kuhhandel halten, wie er hier mit den Gesetzen getrieben wird. Sie sollen mehr auf ihre eigene Kraft vertrauen. Wenn sie sich auf den Standpunkt stellen, daß ein Unternehmen, welches nicht rentabel ist, in Volksbesitz übergeführt werden soll, dann wird es nicht zugemacht werden. Dann ist auch der Arbeitsplatz für den Arbeiter gesichert. Dieser wird dann ohne weiteres sein Einkommen und seinen Lohn haben, der ohne Zweifel höher sein wird, als wenn Profite an die Unternehmer gezahlt werden.
Wir werden aus den angegebenen Gründen in diesem Fall gegen das Gesetz stimmen.
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Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, die Unruhe wenigstens so weit zu begrenzen, daß die Herren Stenographen noch verstehen können, was der Redner sagt. - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Fricke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Intensität dieser Ausführungen und die Länge der Zeit, die sie erfordern, lassen nun doch den Anschein aufkommen, daß es sich hier um ein erhebliches Politikum handelt. Und doch muß ich mich den Worten des Herrn Dr. Preusker anschließen, daß es im Grunde genommen nur eine schwerwiegende wirtschaftspolitische Entscheidung ist, die hier gefällt werden muß.
Ein Gesichtspunkt ist dabei bisher noch nicht genügend herausgestellt worden; ich darf ihn deswegen ergänzend bringen. Schon die Präferenz, die die Ausschußvorlage - also das, was jetzt durch den CDU-Antrag zur dritten Lesung wieder angestrebt wird - bringt, ist ein Kompromiß. Dieser Kompromiß berücksichtigt die schwierige Lage der deutschen Erdölverarbeitungsstätten. Dieser Kompromiß erlaubt es den ganz großen Konzernbetrieben, recht gut abzuschneiden. Er wird den deutschen Verarbeitungsstätten, wie man uns glaubwürdig dargelegt hat, die Existenz ermöglichen.
Da es aber in diesem Fall keine Lösung gibt, die allen Beteiligten restlos genügt, hat dieser Kompromiß die Folge, daß die Einführer von ausländischen Fertigprodukten nach ihrer Ansicht völlig ruiniert, nach Ansicht der Fachministerien geschädigt werden. Das haben wir im Ausschuß als Ergebnis langwieriger - die Stundenzahl ist ja inzwischen genannt - Beratungen hinnehmen müssen und haben dann schließlich schweren Herzens den berühmt gewordenen gordischen Knoten durchschneiden und uns für eine Lösung entscheiden müssen. Es ist doch letzten Endes eine politische Lösung, und zwar insofern, als man abwägen muß: was ist denn das wichtigste im derzeitigen Zustand unserer Volkswirtschaft? Da ist doch wohl die Frage der Erhaltung der deutschen Rohölförderung, mit ihr gekoppelt der deutschen Rohölverarbeitung mit ihren Tausenden von Angestellten und Arbeitern
- gerade auch in den schwer ringenden Gebieten Niedersachsens und des Emslandes - ein Moment, das unbedingt berücksichtigt werden mußte. Demgegenüber hat dann die Ausschußentschließung die Lage der anderen, denen man in diesem Fall nicht helfen kann, unberücksichtigt lassen müssen. Das Tröstliche ist auf jeden Fall die Möglichkeit, die der Bundesfinanzminister hat, in einzelnen Fällen auszugleichen. Das Tröstliche ist ferner, daß eine ganze Anzahl von kleinen Raffinerien durch spezielle Maßnahmen, die unser Ausschuß vorgeschlagen hat, vor dem Ruin geschützt sind, der auch bei dem Präferenzsatz, der jetzt von der CDU beantragt worden ist, für sie eintreten würde. Hier sind besondere Maßnahmen durch die Mineralölsteuer gefunden worden. Das erwähne ich an dieser Stelle nur deshalb, um Ihnen den Entschluß zu erleichtern. Der Weg muß nun nach der einen oder anderen Seite gegangen werden. Da Sie schließlich verlangen können, daß man hier auch auch Stellung nimmt und Ihnen sagt wohin, möchte ich mich namens und im Auftrag meiner Freunde für die Wiederherstellung der Ausschußvorlage aussprechen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Last gehabt, diese 96 Stunden mitzumachen,
({0})
und habe mich auch - vielleicht ist das eine Ausname bei der FDP, ich glaube aber nicht - an den Verhandlungen in den 96 Stunden beteiligt. Herr Friedensburg, ich habe übrigens nachrechnen lassen; es sind 86.
({1})
Die Dinge sind nun so weit getrieben worden, daß
- und das will sehr viel heißen - der Bundesfinanzminister bei sich selbst Seelenforschung getrieben hat.
({2})
Er hat - wie drückt man sich da aus? - seine weiße und. seine schwarze Seele gegeneinander auspendeln lassen und hat eigentlich dem Sinn nach gesagt: - ({3})
- Nein, lassen Sie mich nicht so kompliziert politisch werden. Ich treibe Seelenforschung, Herr Schoettle, das müssen Sie doch merken, nicht bayerische Politik.
({4})
Das ginge denn doch zu weit, wenn man auch diese
noch in das Mineralölsteuergesetz hineinbrächte.
Wir haben festgestellt: es geht rechts herum und es geht links herum. Das hat uns der Herr Bundesfinanzminister nämlich deutlich gesagt. Er hat gesagt, er wird mit jeder Fassung des Gesetzes fertig.
({5})
({6})
- Na ja, ich habe es mal so verstanden, man kann ihn ja nicht immer richtig verstehen.
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Ich bin der Auffassung, daß es sich nicht von weitem um eine politische Entscheidung handelt. ({8})
Die Sache ist noch nicht einmal heikel, und, nehmen Sie es mir nicht übel, Herr Fricke, es handelt sich auch nicht um eine schwerwiegende wirtschaftliche Entscheidung, wie Sie gesagt haben.
({9})
Wir hatten zwei Professoren an führender Stelle im Ausschuß, Gülich und Friedensburg; das reicht doch schließlich.
({10})
Und sie werden lachen: die beiden waren gar nicht immer verschiedener Meinung.
({11})
Es ist nicht so gewesen, daß wir von diesen 86 Stunden - jetzt bin ich genau - mehr als 10 Stunden für die Präferenz gebraucht haben, sondern wir haben eine Fülle von Dingen geregelt, denen Sie übrigens zugestimmt haben - wenn Sie es auch vielleicht zum großen Teil nicht so gemerkt haben -,
({12})
die von der Angelegenheit der Präferenz unabhängig sind. Ich darf Sie nur an die Chemie erinnern.
Es wird meines Erachtens ein Ruhmesblatt dieses Bundestags werden - denn diesen Punkt werden wir ja nicht ändern -, daß wir eine großzügige Lösung zugunsten der deut s e h e n Industrie gefunden haben. Das hat mit der Frage „Präferenz" gar nichts zu tun.
({13})
Ob man nun in der Angelegenheit Präferenz Seelenforschung oder Interessentenforschung treiben soll, das muß ich dem Hause überlassen. Ich gehöre zu denen, die nach den 86 Stunden den Eindruck gewonnen haben - und für bessere Erkenntnis, Herr Professor Friedensburg, in diesem Fall darf mich niemand verantwortlich machen oder gar beschimpfen -, daß wir mit den 16,50 DM etwas Falsches gemacht haben. Ich will diesem Hause nicht verheimlichen - die Interessenten wissen es natürlich schon längst -, daß ich mich zweimal, vor der zweiten und vor der dritten Lesung, händeringend bemüht habe, zu einem Kompromiß zu kommen, was durchaus möglich und im Interesse der deutschen Erzeugungsstätten, insbesondere der neu errichteten, auch sehr förderlich gewesen wäre.
({14})
Man ist bei dieser radikalen Ansicht - 12,90 oder 16,50 - geblieben, und damit entscheide ich mich weder für rechts noch links, sondern ich gehe durch die Mitte und enthalte mich.
({15})
Herr Abgeordneter Preusker, wünschen Sie Ihre Anträge Umdrucke Nr. 815 und Nr. 816 auch zu begründen?
({0})
- Dann schließe ich die Besprechung zu Art. 1, soweit der Änderungsantrag der CDU/CSU Umdruck Nr. 813 Ziffer 1 zur Debatte steht.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Umdruck Nr. 813 Ziffer 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, ich bedauere sehr, Sie trotz der frühen Stunde zu einem Hammelsprung veranlassen zu müssen.
({1})
Wer für den Änderungsantrag ist, begibt sich durch die Ja-Tür.
({2})
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({3})
Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen. - Die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte, die Türen zu schließen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Für den Antrag haben 142 Abgeordnete gestimmt, dagegen 174; enthalten haben sich 21 Abgeordnete. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich unterstelle, daß damit der Antrag Umdruck Nr. 813 zu Ziffer 2 sachlich erledigt ist. - Das ist der Fall.
({4})
- Meine Damen und Herren, darf ich Sie freundlichst um etwas Ruhe bitten, damit wir in der Arbeit fortfahren können.
Wünschen Sie, Herr Abgeordneter Preusker, das Wort zur Begründung der Anträge Umdrucke Nr. 815 und Nr. 816?
({5})
- Meine Damen und Herren, darf ich Sie um etwas Ruhe bitten! Wir haben vor, heute spätestens um 15 Uhr fertig zu werden. Sie erleichtern das, wenn Sie dringend notwendige Unterhaltungen draußen führen.
Herr Abgeordneter Preusker.
Meine Damen und Herren! Die Anträge Umdrucke Nr. 815 und Nr. 816 betreffen geringfügige Korrekturen.
({0})
Dagegen dreht es sich nachher bei dem Antrag Umdruck Nr. 813 und dem dazu notwendigen Ergänzungsantrag um eine wichtigere Frage.
Bei dem Antrag Umdruck Nr. 815 handelt es sich im Grunde genommen um die besondere Berücksichtigung der Situation nur eines Betriebes, nämlich des Ölschieferwerkes Messel bei Darmstadt.
({1})
Nach der Definition, die in dem Gesetz für „Gasöle" enthalten ist, würde das Erzeugnis dieses Werkes als Schmieröl wesentlich höher belastet. Damit würde der Absatz des Werkes im begünstigten Sektor der Landwirtschaft und der Binnenschifffahrt sehr erheblich gefährdet, wenn nicht unmöglich gemacht.
Dieser Antrag enthält allerdings ein etwas kritisches Moment. In dem Fall, in dem es wieder Einfuhren aus den baltischen Ländern gibt, die ja ebenfalls Ölschieferproduzenten sind, würden auch diese Einfuhren unter die gleiche Begünstigung
({2})
kommen. Wenn der Herr Bundesfinanzminister uns hier zusagen kann, daß er im Wege einer besonderen Verordnung genau das tut, was wir mit diesem Antrag erstreben - über den im Ausschuß auch lange hin und her debattiert wurde, weil diese Problematik uns natürlich im Ausschuß genau so klar war -, dann können wir diesen Antrag zurückziehen. Es wird jetzt davon abhängen, was der Herr Bundesfinanzminister uns hier erklärt. Im anderen Falle möchte ich allerdings sagen, daß wir dieses Werk mit seinen über 600 Beschäftigten auch entsprechend heranziehen müssen.
({3})
- Herr Kollege, wir wissen doch alle, daß das eine sowohl wie das andere genau so geht, wie Herr Wellhausen vorhin sagte: links herum oder rechts herum!
Der zweite Antrag betrifft die Gleichstellung von Heizgas und gasförmigen Heizgasen, wenn sie zum unmittelbaren Verheizen unter Zollsicherung benutzt werden. Ich muß sagen, daß dieser Antrag im Gegensatz zu dem betreffend die Grube Messel einige fiskalische Auswirkungen hat. Diese Gleichstellung von gasförmigen Heizgasen und von Heizgas, die ja dieselbe Funktion erfüllen, bedeutet für den Finanzminister immerhin einen möglichen Ausfall von 20 Millionen DM. Ich möchte in diesem Fall dem Hause zu überlegen geben, ob es die wirtschaftspolitische Gleichstellung von gasförmigen und anderen Heizgasen vorzieht oder ob es die fiskalischen Gesichtspunkte in den Vordergrund gerückt wissen möchte.
Soviel zu diesen beiden Anträgen; die weiteren Anträge kann ich nachher begründen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst ein Wort zu dem Antrag Umdruck Nr. 815. Ich bin bereit zu erklären, daß auf Grund der dem Bundesfinanzministerium gegebenen rechtlichen Möglichkeiten in der Durchführungsverordnung festgelegt wird, daß dem Ziele des Antrags entsprochen und sowohl eine Steuervergünstigung für dieses Erzeugnis gewährt als auch dieses fragliche Öl beihilfefähig für Schiffahrt, Landwirtschaft usw. gestellt wird. Ich bitte dann, den Antrag zurückzuziehen,
({0})
weil er in der Wirkung nicht erträglich wäre, da ausländische Fabrikate, gerade ausländische aus dem Gebiet der UdSSR, bevorzugt würden.
Der Antrag ist zurückgezogen.
Gut! - Dagegen muß ich mich gegen den Antrag Umdruck Nr. 816 klar und deutlich aussprechen. Dieser Antrag will eine Steuervergünstigung auf dem Umweg über den Zoll. Die Berücksichtigung dieses Antrags würde einen Ausfall von 20 bis 30 Millionen DM bedeuten, einen Ausfall, der bei der Gesamtsituation nicht erträglich und innerlich nicht begründet ist; denn es gibt auch deutsche Industrien, und die gesamte deutsche Industrie erzeugt auch dieses Heizöl ohne Schutz. Es ist nicht verständlich, warum gerade das eingeführte Heizöl dann einen Zollschutz erhalten soll. Nutznießer werden nur die Betriebe, die ausländisches Rohöl verarbeiten, die Großbetriebe wie Shell und Esso. Dafür ist ein Anlaß nicht gegeben.
Herr Professor Gülich!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur zwei Sätze in Verbindung mit dem zurückgezogenen Antrag Umdruck Nr. 815, und zwar zur Beruhigung meiner hessischen Freunde: Ich hatte vor zwei Tagen ein Fernschreiben des Herrn hessischen Wirtschaftsministers, der dringend darum bat, in der dritten Lesung des Gesetzentwurfs diesen Antrag von uns aus einzubringen. Es erschien uns aber, weil es um eine Angelegenheit handelt, die genaue technische Kenntnisse erfordert, wünschenswert, die Sache zunächst mit dem Bundesfinanzministerium zu besprechen. Da ich zu der Überzeugung gekommen war, daß die Frage im Wege einer Durchführungsverordnung erledigt werden könnte, haben wir davon abgesehen, diesen Antrag einzubringen.
In bezug auf den Antrag Umdruck Nr. 816 befinden wir uns ja tatsächlich in einer gewissen Schwierigkeit. Prinzipiell bin ich immer der Meinung, daß die wirtschaftliche Gleichstellung erfolgen sollte, auch wenn damit fiskalisch ein Ausfall verbunden ist. Wir werden deshalb für den Antrag Umdruck Nr. 816 stimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Umdruck Nr. 816. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Herr Abgeordneter Gülich wollte zur redaktionellen Fassung des Art. 1 noch einige Anregungen geben.
Dadurch, daß der Bundestag in dritter Lesung die Beschlüsse der zweiten Lesung zu Art. 1 Ziffer 4 angenommen hat, ergeben sich notwendigerweise einige Änderungen. Ich stelle deshalb nach Prüfung durch das Bundesfinanzministerium, das selber diese Änderung für notwendig hält, folgenden Antrag:
({0})
In Art. 1 Nr. 4 werden unter D-3-c die Worte „oder nur durch Aufarbeitung von Altölen hergestellt" gestrichen und wird als Unterabsatz d eingefügt:
d - durch Aufarbeitung von Altölen hergestellt, Zollsatz für nicht raffinierte Schmieröle 13 DM.
In Art. 1 Nr. 5 wird unter Anmerkung 1 Buchstaben b, d, e und f jeweils die Zahl „13,10" durch „12,90" ersetzt.
In Art. 1 Nr. 7 a wird das Wort „unverarbeiteten" durch das Wort „unbearbeiteten" ersetzt.
Ich bitte, diesen Anträgen zuzustimmen.
Der Herr Bundesminister der Finanzen.
Nur ein
Wort. Statt „13 DM" muß es heißen: „plus 13 DM".
({0})
Meine Damen und Herren! Ich unterstelle, daß Sie über die Gründe und Hintergründe dieser Änderungen jetzt völlig im Bilde sind.
({0})
Ich komme zur Abstimmung über diese Vorschläge redaktioneller Art, die Herr Professor Gülich und der Herr Bundesminister der Finanzen vorgetragen haben, und bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um ein Handzeichen. - Das scheint mir einstimmig zu sein. Ich frage aber vorsichtshalber, ob sich jemand enthält, weil er nicht durchschaut.
({1})
- Einige dagegen.
Damit, meine Damen und Herren, komme ich zur Abstimmung über Art. 1 in der insofern geringfügig redaktionell abgeänderten Fassung. Ich bitte die Damen und Herren, die Art. 1 jetzt zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; Art. 1 ist angenommen.
Zu Art. 2 liegt kein Änderungsantrag vor.
Zu Art. 3 hat sich der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU durch die Ablehnung der Ziffer 1 erledigt.
({2}) - Herr Professor Gülich.
Genau dasselbe, was ich eben sagte: eine Konsequenz der Beschlüsse der dritten Lesung.
In Art. 3 werden die Worte „die Zollsätze der Tarifnummern 2708, 2710 - B bis D, 2711, 2712, 2713, 2714 aus wirtschaftlichen Gründen durch Rechtsverordnung bis auf 16,50 DM" durch folgende Worte ersetzt: „aus wirtschaftlichen Gründen durch Rechtsverordnung die Zollsätze der Tarifnummern 2710 - B, C, D - 1 und 3 - a, 2711, 2712, 2713, 2714 - A und 3404 - A - 1 bis auf 16,50 DM, der Tarifnummer 2710 - D - 3 - b bis auf 19,70 DM und der Tarifnummer 2710 - D - 3 - c bis auf 28,50 DM".
Dazu käme zu dem Art. 3, ebenfalls in Konsequenz, noch ein weiterer Absatz 2:
Macht die Bundesregierung von dieser Ermächtigung Gebrauch, so kann sie die Vergütungssätze der Anmerkung 1 Buchstaben b, d, e und f zu Tarifnummer 2710 jeweils auf 13,10 DM erhöhen.
Ich darf Sie bitten, diese Anträge als Konsequenz
der vorher angenommenen Anträge anzunehmen.
Meine Damen und Herren! Auch das ist jetzt völlig klargestellt. Keine weiteren Wortmeldungen dazu. - Ich bitte die Damen und Herren, die den Artikeln 2 und 3 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Herr Abgeordneter Preusker hat in Umdruck Nr. 820 Einfügung eines Art. 3 a beantragt. Herr Abgeordneter Preusker zur Begründung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich diesen Art. 3 a auf Umdruck Nr. 820 begründen soll, muß ich praktisch auch den Antrag auf Umdruck Nr. 817 zu Art. 4 Nr. 4 begründen, weil beides eine untrennbare Einheit bildet. Da wir aber nun den Art. 3 zunächst einmal abzustimmen haben, möchte ich den Herrn Präsidenten um die Erlaubnis bitten, beides gleich als eine Einheit zu behandeln.
Ich rufe Art. 4 gleichzeitig auf, dazu Antrag Umdruck Nr. 817.
Danke sehr!
Meine Damen und Herren, diese Anträge Umdruck Nrn. 817 und 820 sind notwendig, nachdem die Ausschußfassung in der zweiten Lesung hier angenommen worden ist, d. h. 12,90 DM mit der Ermächtigung für den Bundesfinanzminister, nach oben zu gehen. Er beinhaltet nichts anderes, als daß die Parität der Preise zwischen Benzin und Benzol wieder in der gleichen Weise gewahrt werden kann, wie sie bei einem Satz von 16,50 plus 27 DM an Benzinsteuer zu 16,40 und 22,50 DM an Zoll und Benzolsteuer gewesen wäre. Es ist eine Verminderung der Benzolsteuer im gleichen Verhältnis, wie hier die Präferenz für die Mineralöle gesenkt worden ist.
Wenn der Finanzminister von der Ermächtigung nach oben Gebrauch macht, ist es andererseits aber auch notwendig, damit dem Benzol nicht ein besonderer Vorteil erwächst, die Benzolsteuer im gleichen Verhältnis anzuheben, so daß also in Art. 3 a diese Ermächtigung als Ergänzung zu der Anpassung der Benzolsteuer Platz greifen muß. Macht die Bundesregierung von dieser Ermächtigung nach Art. 3 Gebrauch, nämlich den Zollsatz von 12,90 auf 16,50 DM oder irgendeinen anderen Satz anzuheben, so kann sie durch Rechtsverordnung den Steuersatz für leichte Steinkohlenteeröle - das ist nämlich Benzol - im gleichen Verhältnis dieser Heraufsetzung der Präferenz bis auf höchstens 22,50 DM heraufsetzen.
Ich möchte nur mit einem Wort noch die wirtschaftlichen Auswirkungen unterstreichen. Wenn es bei der Senkung auf 12,90 DM bliebe, würde das in etwa bedeuten, daß das Benzin wahrscheinlich um 4 bis 5 Pfennig an der Tankstelle billiger würde.
({0})
- Herr Pelster, ob ich es glaube oder nicht, steht auf einem anderen Blatt.
({1})
Aber wenn Sie mich danach fragen, kann ich Ihnen sogar sagen: ich glaube es, und zwar aus der Marktsituation heraus. Dann muß das Benzol entsprechend mitgehen, denn die Erlösverschlechterung darf nicht allein auf Kosten des Benzols gehen.
Da ich aber andererseits davon überzeugt bin, daß der Finanzminister von der Ermächtigung Gebrauch machen und wieder nach oben heraufgehen muß - zum Schutze der deutschen Erdölindustrie, den wir ja alle wollen -, wird auch eine entsprechende Anhebung der Benzolsteuer bis zu dem Satz, den der Bundesfinanzminister für notwendig und ausreichend hält, Platz greifen. Der Benzinpreis wird also mit Rücksicht auf den Schutz der deutschen Werke nicht so stark gesenkt werden können, wenn ich auch davon überzeugt bin, Herr Pelster, daß wir, wenn diese Vorlage endlich Gesetz sein wird, tatsächlich sehr schnell zu einer leichten Senkung des Benzinpreises, vielleicht um 2 Pfennig, kommen werden, damit die Unsicherheit beseitigt wird, die sich im Augenblick schon am Treibstoffmarkt der Bundesrepublik darin zeigt, daß wir für Großverbraucher mit eigener Tankstelle und für Kleinverbraucher, die an fremden Tankstellen tanken, völlig unterschiedliche Preis({2})
sätze haben. Aber wir müssen natürlich mit diesen beiden Anträgen, die eine Einheit bilden, dem Beschluß, den wir hinsichtlich der Präferenz für die Mineralöle und für die leichteren Steinkohlenteeröle, d. h. für Benzol, gefaßt haben, Rechnung tragen, um die Parität des Wettbewerbs zwischen diesen beiden Gruppen erhalten zu können.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kern der Sache ist folgender: Im Jahre 1951 ging man vom Gleitzoll zur Rohölverzollung über. Das hat das Benzin mehr belastet, nicht belastet das Benzol. Beim Benzin trat eine Preiserhöhung ein, und das Benzol hat diese Preiserhöhung ohne wirtschaftlichen Grund brav mitgemacht. Das würde jetzt ausgeglichen. Das Benzol hat nun das Bestreben, den Differentialgewinn von damals beizubehalten. Einen wirtschaftlich berechtigten Grund dafür kann ich nicht einsehen. Infolgedessen muß ich mich grundsätzlich gegen den Antrag aussprechen.
Auf der anderen Seite sind die Anträge natürlich nur verständlich und durchführbar, wenn sie beide angenommen werden. Der Antrag Umdruck Nr. 817 setzt den Satz von 22,50 DM auf 19,80 DM herunter, und der Antrag Umdruck Nr. 820 gibt mit dem Art. 3 a dem .Bundesfinanzminister die Ermächtigung, den Satz von 19,80 DM wieder bis auf höchstens 22,50 DM heraufzusetzen. Ich halte das ganze System für überflüssig.
({0})
Ich halte den Antrag Umdruck Nr. 817 allein für unmöglich. Er kann nur im Zusammenhang mit Umdruck Nr. 820 gesehen werden. Ich kann aus diesen Gründen die Annahme des Antrages nicht empfehlen, zumal er die Handhabung des Art. 3 - und das wollen Sie doch alle nicht - in einem stark fiskalischen Sinne beeinflußt,
({1})
denn der Satz von 19,80 DM bedeutet für den Haushalt einen Ausfall von 3 bis 6 Millionen DM. Wenn die Heraufsetzung erfolgte, könnte das fiskalische Interesse das wirtschaftliche Interesse überwiegen, und das will der Bundesfinanzminister auch nicht.
Herr Professor Gülich!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Darlegungen des Herrn Bundesfinanzministers möchte ich bitten, die Abstimmung über diesen Punkt bis zum Schluß der Beratung zurückzustellen.
Meine Damen und Herren, ich darf annehmen, daß Sie damit einverstanden sind, daß die Abstimmung über die Anträge Umdrucke Nrn. 817 und 820 zunächst zurückgestellt wird. Das bedeutet, daß wir über Art. 4 auch noch nicht abstimmen können.
({0})
- Ja, da die Abstimmung über Umdruck Nr. 817 zurückgestellt sein soll, scheint es - ({1})
- Also behandeln wir Umdruck Nr. 814, um weiterzukommen. Wer begründet? - Herr Abgeordneter Pelster!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns in der zweiten Lesung mit dieser Frage ebenfalls befaßt. Durch irgendwelche unglücklichen Umstände sind die Dinge dann nicht richtig gelaufen. Inzwischen ist mit den Beteiligten auf allen Seiten des Hohen Hauses nochmals über diese Frage verhandelt und auch Einmütigkeit erzielt worden.
Im Ausschuß war man einmütig der Auffassung, daß den kleinen Werken, die bis zu 150 000 t verarbeiten, eine Steuerrückvergütung gezahlt werden sollte. Bei der Abfassung ist in den Ausschußbericht eine Unklarheit hineingekommen. In Art. 4 Nr. 4, § 2 Abs. 4 besagt die Ausschußfassung, daß die Ölverarbeitung bis zu 150 000 t, soweit sie direkt in den Verbrauch geht, eine Steuervergünstigung von 7 % erhalten soll, während die Mengen, die auf Steuerlager abgeliefert werden, diese nicht bekommen sollen. Das ist in den Verhandlungen des Ausschusses nicht beabsichtigt gewesen. Es ist ganz klar zum Ausdruck gekommen, daß die Werke bis zu 150 000 t Verarbeitungsmenge die 7 %
Vergütung für die ganze Erzeugung haben sollten. Der vorgelegte Antrag bezweckt, daß dieser Zustand jetzt herbeigeführt wird, indem nach Abstimmung mit allen Beteiligten, auch mit dem Finanzministerium, festgelegt wird, daß, soweit bis zu 150 000 t verarbeitet werden, sich die Mineralölsteuer bis zum 31. Dezember 1955 um 7 % ermäßigt, aber nur wenn diese Werke nicht im Lohn für andere Betriebe arbeiten.
Ich bitte Sie im Interesse der kleinen Werke, die teilweise mit ungeheuren Kosten wieder aufgebaut worden sind, diesem Antrag zuzustimmen, über den Einmütigkeit bestanden hat.
Wird das Wort zu dem Umdruck Nr. 814 gewünscht? - Offenbar nicht. Dann komme ich zur Abstimmung über den Antrag auf Umdruck Nr. 814. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Im letzten Augenblick hat sich die große Mehrheit noch ergeben.
({0})
Darf ich fragen, Herr Professor Gülich, ob die Fragen zu den Umdrucken Nrn. 817 und 820 inzwischen geklärt sind? Wollen Sie dazu das Wort nehmen?
({1})
Ich darf dazu kurz sagen - ich hatte mich mit der Materie zwar auch schon vorher beschäftigt -, daß die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers uns überzeugt haben, daß die vor einigen Jahren erfolgte Benzinpreiserhöhung eine Benzolpreiserhöhung im Gefolge hatte und daß das infolgedessen damals für das Benzol vorweggenommen wurde. Wir werden deswegen den beiden Anträgen Umdruck Nr. 817 und Umdruck Nr. 820 nicht zustimmen. Sollte sich später herausstellen, daß damit ein Fehler gemacht worden ist, müßte dieser Fehler ebenso bewiesen werden, wie die Frage der Präferenz von den Firmen bewiesen werden müßte. Ich bin der Meinung, es wird nichts passieren, wenn wir die Anträge auf Umdruck Nr. 817 und Umdruck Nr. 820 jetzt ablehnen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Preusker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicher ist es richtig, daß damals im Jahre 1951 das Benzol an der für das Benzin notwendigen Preiserhöhung teilgenommen hat, ohne daß hier eine echte Kostensteigerung vorlag. Ich bin aber nicht der Meinung, daß man jetzt das Benzol im Rückwärtsgang der damaligen Erlösbesserung wieder berauben sollte. Das würde jetzt geschehen, wenn man hier nichts änderte. Aus den damaligen Untersuchungen im Ausschuß Nr. 41 und aus den Darlegungen der Kohle-Chemie sowie überhaupt des Bergbaues habe ich die Überzeugung gewonnen, daß die damalige Erlösbesserung für das Benzol notwendig war, um die gesamten Erlösverhältnisse in dem Sektor der Kohle in ein Gleichgewicht zu bringen. Wir würden es jetzt wieder redressieren. Dazu haben wir, glaube ich, keinen Anlaß. Ich möchte deshalb meinen Antrag aufrechterhalten und bitte Sie um Zustimmung.
Keine weiteren Wortmeldungen. Dann komme ich zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Preusker auf Umdruck Nr. 820 auf Einfügung eines Art. 3 a.
({0})
- Über Umdruck Nr. 817 betreffend Änderung des Art. 4 kann auch gleich abgestimmt werden. Ich bitte die Damen und Herren, die den Anträgen des Herrn Abgeordneten Dr. Preusker zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Damit komme ich zur Abstimmung über Art. 4 in der durch Annahme des Umdrucks Nr. 814 geänderten Fassung. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Artikel zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Gülich.
In Art. 4 § 8 heißt es: „Unbearbeitetes Erdöl darf im Herstellungsgebiet nur an Herstellungsbetriebe .... abgegeben werden ...". Es muß heißen: „Unbearbeitetes Erdöl darf im Erhebungsgebiet nur an Herstellungsbetriebe .... abgegeben werden ...". Ich bitte, diese redaktionelle Änderung vorzunehmen und die Ziffer anzunehmen.
Das ist eine redaktionelle Änderung. Der Art. 4 war im übrigen angenommen.
Ich rufe auf Art. 5, - Art. 6, - Art. 7, - Art. 7a.
- Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Artikeln zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Angesichts der Annahme des Verlängerungsgesetzes darf ich unterstellen, daß in Art. 8 als Tag des Inkrafttretens der 1. Juni 1953 eingesetzt werden muß. Besteht darüber Einverständnis? - Das ist der Fall.
Dann bitte ich die Damen und Herren, die unter Einsetzung des Datums „1. Juni 1953" dem Art. 8 sowie - ich darf gleichzeitig Einleitung und Überschrift aufrufen - Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Dann komme ich zur Schlußabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Abgaben auf Mineralöl. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Die Damen und Herren, die aufgestanden sind und sich wieder hingesetzt haben, enthalten sich oder stimmen dagegen?
({0})
- Enthaltungen bitte! - Jetzt ist das Bild klar. Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Nun steht noch der Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 4137 Ziffer 2 auf der ersten Seite zur Abstimmung. Dazu liegt ein Änderungsantrag vor.
({1})
- Dieser Entschließungsantrag ist also sachlich hinfällig
({2})
und damit auch der Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Bertram. Die Abstimmung entfällt also. Damit ist das Gesetz in der Schlußabstimmung angenommen.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf Punkt 6:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU ({3}) betreffend Teilnahme an den Sitzungen des Ausschusses zum Schutze der Verfassung ({4}).
Darf ich unterstellen, daß eine Begründung des Antrags nicht gewünscht wird? Der Ältestenrat hat Ihnen eine Aussprache von 40 Minuten vorgeschlagen. Ich nehme an, daß Sie damit einverstanden sind, daß diese Aussprachezeit jedoch nicht ausgenutzt werden wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Fisch
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf den ersten Blick handelt es sich scheinbar um eine ganz harmlose Angelegenheit: nur darum, daß. gewisse Verfahrensregeln für einen Ausschuß getroffen werden.
({0})
Wenn man näher hinsieht, ist es aber eine sehr ernste Angelegenheit. Die Tagungen des Ausschusses zum Schutze der Verfassung sollen künftighin unter die Geheimnisklausel gestellt werden. Der Schutz der Verfassung in dieser Bundesrepublik soll also eine Geheimangelegenheit werden.
({1})
Wir-haben bisher bereits fünf Ausschüsse in diesem Hause, die sich hinter den schützenden Vorhang der Geheimnisklausel zurückziehen. Der Ausschuß zum Schutze der Verfassung soll nun in dieser unehrenhaften Reihe der sechste werden. Meine Damen und Herren, das ist doch wohl ein typisches Beispiel für ein System des Ausnahmerechts, für ein System der Legalisierung faschistischer Herrschaftsmethoden, das sich in der Bundesrepublik immer mehr Breitmacht.
({2})
Der Antrag trägt zunächst die Unterschrift des Herrn Kollegen D r. Friedensburg. Gestatten Sie, Herr Kollege Dr. Friedensburg, daß ich darum etwas auf die Geschichte dieses Antrags eingehe. Sie wollen sich doch im allgemeinen den Anschein geben, Sie seien ein sehr toleranter Mensch, dem viel an der Überbrückung von Gegensätzen liegt. Sie legen Wert darauf, nicht mit gewissen Leuten auf eine Stufe gestellt zu werden, die hier im Hause sitzen, die ein haßverzerrtes Gesicht zur Schau tragen, weil sie tagtäglich von dem Alpdruck belastet sind, den ihnen allein die Existenz der Sowjetunion bereitet. Aber in diesem Falle haben Sie dem Namen, den Sie doch tragen wollen, keine Ehre gemacht.
Wie war denn die Sache? Der Antrag geht auf folgende Umstände zurück. Am 8. Oktober 1952 hielt der hessische Ministerpräsident Zinn im hessischen Landtag eine alarmierende Rede über Umtriebe des faschistischen BDJ. Am 9. Oktober tagte daraufhin der Ausschuß zum Schutze der Verfassung. Er richtete sehr präzise Anfragen und Forderungen an den Herrn Bundesminister des Innern. Diese Anfragen und Forderungen sind im wesentlichen bis heute noch nicht beantwortet oder erfüllt. Am 14. Oktober tagte der Ausschuß wieder. Der Herr Minister glänzte durch Abwesenheit. Aber Sie, Herr Friedensburg, betrachteten es als eine Überraschung, daß an diesem Ausschuß auch ein Vertreter der kommunistischen Fraktion teilnahm, und erklärten, es sei doch in diesem Falle ganz überflüssig, überhaupt eine Ausschußsitzung durchzuführen. Sie dachten, diese Verhandlung über die Schutzmaßnahmen des Innenministeriums für den faschistischen BDJ könnte man hinter geschlossenem Vorhang abwickeln, und durch meine Anwesenheit waren Sie etwas enttäuscht. Diese Enttäuschung haben Sie nun heute in diesem Antrag zum Ausdruck gebracht, nachdem in der Sitzung des Ausschusses, die am 5. Februar stattgefunden hat, sehr deutlich geworden ist, daß die Bundesregierung nicht im geringsten gewillt ist, die Anfragen, die ihr aus der Mitte des Bundestags gestellt worden sind, offen und klar zu beantworten, daß sie vielmehr nur eine Sorge hat: den faschistischen Klüngel des BDJ auch weiterhin in Schutz zu nehmen und die finanziellen und politischen Hilfsmaßnahmen für ihn vor der Öffentlichkeit geheimzuhalten. Darum geht es.
Nun, daß die Regierungskoalition einen solchen Antrag stellt, ist nicht weiter überraschend. Aber, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, daß auch Ihr Name unter diesem Antrag steht, ist doch einigermaßen seltsam. Es tut mir leid, daß ich Herrn Kollegen Meitmann persönlich ansprechen muß; ich hätte ihm gern heute anläßlich seines Geburtstags ein paar freundliche Worte gewidmet. Aber, Herr Kollege Meitmann, es geht nicht anders; vielleicht können wir die Gratulation auf später verschieben.
({3})
- Ich weiß. Ich möchte Sie an den offenen Brief erinnern, den Sie unter der Überschrift „Die Republik ist in Gefahr" im „Neuen Vorwärts" am 28. November veröffentlicht haben, Ihren offenen Brief an den Herrn Bundesverfassungsminister, in dem Sie mahnend und warnend ausrufen:
Von dem Bundesverfassungsminister aber verlangen wir, daß er die Augen aufmacht, daß er
endlich aus der Vergangenheit des Schicksals
der Deutschen lernt, den Anfängen der Bildung von Gewaltorganisationen die größte mißtrauende Aufmerksamkeit zu widmen und mit fester Hand und rechtzeitig zuzupacken, wo das Fundament der Demokratie wiederum mit Gewalt bedroht wird.
({4})
Aber der Herr Minister packt nur mit der einen Hand zu, - -
Herr Abgeordneter, kommen Sie zum Schluß!
- er packt zu wie der Oberbundesanwalt in Karlsruhe, die Herren, -
Kommen Sie bitte zum Schluß!
- die die faschistischen Mordhelden auf freien Fuß gesetzt haben. Darum, Herr Kollege Meitmann, hätte ich gewünscht, daß Sie etwas mehr Konsequenz zur Schau tragen und nicht mithelfen, daß den faschistischen Umtrieben in der Bundesrepublik ein Freibrief ausgestellt wird, und daß die einzige Konsequenz, die bis heute aus der Aktivität des Bundestags und der Bundesregierung in Sachen BDJ gezogen wird, darin besteht, daß der Ausschuß zum Schutze der Verfassung von dem einzigen wirklich wachsamen Abgeordneten gesäubert werden soll.
({0})
Herr Abgeordneter, kommen Sie zum Schluß! Ihre Redezeit ist längst abgelaufen.
Ich möchte Ihnen zum Schluß, wenn Sie diesem gemeinsamen Antrag Ihre Zustimmung geben sollten, noch einen guten Rat geben: Stellen Sie in der nächsten Sitzung einen Antrag auf Umbenennung dieses Ausschusses; nennen sie ihn dann konsequenterweise künftighin nicht mehr „Ausschuß zum Schutze der Verfassung", sondern nennen Sie ihn bitte „Ausschuß zum Schutze des Verfassungsbruchs" oder „Ausschuß zum Schutze der Faschisierung"! Ich nehme an, daß dann unter diesem Antrag wiederum die Namen der Vertreter der Regierungskoalition und der SPD-Fraktion einträchtig beieinander stehen werden.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrags ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der kommunistischen Gruppe angenommen.
Auf Grund einer Vereinbarung der Fraktionen soll der Punkt 9 der Tagesordnung, bei dem es ja keine Aussprache geben wird, vorgezogen werden. Ich rufe auf die
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes ({0}) ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung ({2}) ({3}).
({4}).
({5})
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Euler. - Verzichtet das Haus auf die Berichterstattung?
({6})
- Kein Widerspruch. Dann kommen wir zur zweiten Beratung.
Ich rufe auf die §§ 1, - 2, - 3, -4, - 5, - 6,
-7, -8,-9,-10,-11,-12,-13,-14,-15,-16,-17,-18,-19,-20,-21,-22,-Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen.
Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf die §§ 1 bis 22, Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, ein Handzeichen zu geben. - Gegenprobe! - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wer für die Annahme des Gesetzes als Ganzes ist, den bitte ich, sich von seinem Platz zu erheben.
- Gegenprobe! - Ich stelle einstimmige Annahme des Gesetzes fest.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Vorfinanzierung des Lastenausgleichs ({7});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({8}) ({9}).
({10})
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Hagge.
Hagge ({11}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ehre und Pflicht habe ich, namens des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen zu der Drucksache Nr. 4150 ({12}) zu berichten. Durch den Beschluß dieses Hohen Hauses aus Anlaß der Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes, durch den der Antrag auf Drucksache Nr. 3373 angenommen wurde, wurde der Regierung die Pflicht auferlegt, ein Gesetz über die Vorfinanzierung des Lastenausgleichs in einer bestimmten Art vorzulegen. Die Regierung hat dies mit der Drucksache Nr. 4034 getan.
Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen hat sich damit beschäftigt und bittet Sie nun, den Antrag auf Drucksache Nr. 4150 ({13}) in beiden Lesungen anzunehmen, damit noch für das Jahr 1952 diese Vorfinanzierung für den Lastenausgleichs-fonds möglich wird. Eine allgemeine Erledigung soll im Zuge der kleinen Steuerreform erfolgen, also im Rahmen der Behandlung der Vorlage auf Drucksache Nr. 4092, des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung.
Ich darf Sie bitten, die Vorlage auf Drucksache Nr. 4150 ({14}) anzunehmen. Ich muß dabei darauf hinweisen, daß in § 2 eine Änderung vorzunehmen ist. Es muß dort statt: „Das nach § 1 Abs. 2 Ziffer 2 . . ." heißen: „Das nach § 1 Abs. 2 Ziffer 3 . . .". Es handelt sich also lediglich um eine förmliche Änderung.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten ein in die zweite Beratung. Ich rufe auf § 1, - § 2, - § 3, - § 4, - Einleitung und Überschrift. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Wir treten ein in die
dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir treten ein in die Einzelberatung. Ich rufe auf §§ 1 bis 4, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, sich von seinem Platz zu erheben. - Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, FU ({0}) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin ({1}) ({2}).
Auf Grund einer Vereinbarung der Fraktionen sollen alle drei Lesungen heute stattfinden. Verzichtet das Haus auf die Entgegennahme einer Begründung?
({3})
- Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf zur ersten Beratung. Wortmeldungen liegen nicht vor; die erste Beratung ist geschlossen.
Ich rufe auf zur zweiten Beratung. Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Art. 4, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir treten in die Einzelberatung ein. - Ich rufe auf Art. 1 bis 4, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme des Gesetzes fest.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik ({4}) über
({5})
den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Novelle zur Krankenversicherung der Rentner ({6}); ({7}).
Berichterstatter ist Abgeordneter Dr. Hoffmann. Ich erteile ihm das Wort zur Berichterstattung.
Dr. Hoffmann ({8}) ({9}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der Deutschen Partei auf Drucksache Nr. 3039, die Bundesregierung zu beauftragen, die Krankenversicherung der Rentner neu zu ordnen, ist durch Beschluß des Hohen Hauses in der 194. Sitzung dem Sozialpolitischen Ausschuß zur Bearbeitung überwiesen worden. Der Ausschuß hat den Antrag in fünf Sitzungen beraten. Eine von diesen Sitzungen war der Anhörung von Sachverständigen aus den Kreisen der Angestelltenkrankenkassen, der Ortskrankenkassen, der Betriebskrankenkassen und des Verbands der Rentenversicherungsträger gewidmet.
Im einzelnen erstreckte sich die Beratung auf die Abgrenzung des Kreises der Versicherten, auf Fragen der Beitragsleistung, auf die Beteiligung auch anderer Krankenkassen als der Orts- und Landkrankenkassen an der Versicherung und auf die Frage der Leistungsgestaltung.
Im Laufe der Beratung stellte sich der Ausschuß grundsätzlich auf den Standpunkt, daß die Krankenversicherung nur für schutzbedürftige Rentner durchgeführt werden sollte. Um weiter in Zukunft dem Rentner die Krankenversicherung bei einer Krankenkasse seiner Wahl im Gegensatz zu dem jetzigen System einer Zwangsversicherung bei den Orts- bzw. Landkrankenkassen zu ermöglichen, soll der Rentner von den Rentenversicherungsträgern einen Pauschalbetrag erhalten, dessen Höhe die Selbstverwaltungsorgane der Träger der Rentenversicherung festsetzen. Während eine Doppelversicherung der Rentner nicht zulässig sein soll, soll es aber dem Rentner gestattet sein, sich zusätzlich zur Erlangung von Mehrleistungen zu versichern.
Im einzelnen verweise ich auf die Drucksache Nr. 4144 und bemerke, daß diese Richtlinien für den von der Bundesregierung auszuarbeitenden Gesetzentwurf für die Neuordnung bzw. Neuregelung der Krankenversicherung der Rentner von der Mehrheit der Ausschußmitglieder beschlossen worden sind. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Bericht in Drucksache Nr. 4144 zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat gegen den Ausschußbeschluß drei Einwendungen. Der erste Einwand richtet sich gegen die Einführung der „Schutzbedürftigkeit".
({0})
Nach dem Ausschußbeschluß sollen die Leistungen der Krankenversicherung der Rentner, die bis jetzt alle Rentner erfaßt, auf „schutzbedürftige" Rentner beschränkt werden. Der Begriff „Schutzbedürftigkeit" ist im Sozialrecht unbekannt. Die Vertreter der Regierungsparteien konnten diesen Begriff „Schutzbedürftigkeit" auch bei den Ausschußberatungen nicht ausreichend erläutern;
({1})
insbesondere konnten sie nicht klarlegen, worin eigentlich der Unterschied zwischen „Schutzbedürftigkeit" und „Hilfsbedürftigkeit" - „Hilfsbedürftigkeit" ist ein Begriff der Fürsorge - liegen soll.
Bei Anwendung einer sogenannten „Schutzbedürftigkeit" müßte für fast 6 Millionen Rentner festgestellt und laufend überprüft werden, wer als Schutzbedürftiger Anspruch auf Leistungen der Rentnerkrankenversicherung hat. Ganz abgesehen von dem erheblichen Verwaltungsaufwand sind derartige Prüfungsmethoden nach Ansicht meiner Fraktion mit dem Rechtsanspruch, der ein wesentliches Merkmal der Leistungen der deutschen Rentenversicherung ist, unvereinbar. Zudem unterliegt die Schutzbedürftigkeit gerade bei Rentnern im besonderen Maße Wandlungen. Ein Rentner, der heute nicht schutzbedürftig ist, weil er vielleicht noch über ein Einkommen oder bescheidene Vermögenswerte verfügt, kann morgen infolge einer schweren Krankheit schutzbedürftig werden;
({2})
lang andauernde Krankheiten befallen insbesondere alte Menschen, die Rentner sind. Sollen nun eigentlich diese Rentner, die infolge einer Krankheit schutzbedürftig werden, Leistungen der Rentnerkrankenversicherung erhalten oder nicht?
({3})
- Hochverehrte Frau Kalinke, wenn der Rentner, der infolge Krankheit schutzbedürftig wird, die Leistungen der Rentnerkrankenversicherung erhalten soll, dann frage ich Sie, weshalb Sie überhaupt die Schutzbedürftigkeit zu einem wesentlichen Merkmal machen.
({4})
Soll der Rentner aber die Leistungen nicht erhalten, dann verweisen Sie ihn im Falle einer schweren lang andauernden Krankheit praktisch auf die soziale Fürsorge.
({5})
Wir sind deshalb der Ansicht, daß die Anwendung
eines so unklaren Begriffs - um nicht zu sagen,
eines Kautschukbegriffs - wie „Schutzbedürftigkeit" zu höchst bedenklichen Auswirkungen führt.
Der zweite Einwand meiner Fraktion richtet sich dagegen, daß die Rentnerkrankenversicherung zu einer freiwilligen Versicherung umgestaltet werden soll. Über den Umfang, den die Pflichtversicherung und die freiwillige Versicherung im Rahmen der deutschen Sozialversicherung einnehmen sollen, bestehen in diesem Hause naturgemäß Meinungsverschiedenheiten. Aber seit vielen Jahrzehnten ist es Grundsatz der deutschen Sozialversicherung gewesen, in die Pflichtversicherung alle Personenkreise einzubeziehen, die soziale Leistungen mit aller Wahrscheinlichkeit benötigen. Dagegen hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung für die Personengruppen vorgesehen, bei denen ein sozialer Schutz nicht unbedingt notwendig ist und denen es auf Grund ihrer individuellen Verhältnisse überlassen werden kann, ob sie die Leistungen der Sozialversicherung suchen wollen oder nicht. Über die Hälfte aller Rentner sind aber alte und arbeitsunfähige Menschen, die die sozialen Leistungen dringender benötigen als diejenigen, die im Arbeitsleben stehen.
({6})
({7})
Die andere Hälfte der Rentner sind Witwen und Waisen. Bisher sind wir stolz darauf gewesen, daß die deutsche Krankenversicherung Familienhilfeleistungen gewährt, d. h. daß die Angehörigen eines Versicherten in gleicher Weise wie dieser selbst Leistungen erhalten. Wir stehen deshalb auf dem Standpunkt, daß nach dem Tode des Ernährers seiner Witwe und den Waisen Leistungen der Rentnerkrankenversicherung gewährt werden sollen,
({8})
und zwar als Pflichtleistungen, also obligatorisch für alle und nicht fakultativ im Wege einer freiwilligen Versicherung.
({9})
Der beabsichtigte Umbau der Rentnerkrankenversicherung von einer Pflichtversicherung zu einer freiwilligen Versicherung bedeutet deshalb nach Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion einen bedenklichen sozialen Rückschritt.
({10})
Das wird veranschaulicht, wenn man sich die beabsichtigte Umwandlung der Rentnerkrankenversicherung in eine freiwillige Versicherung einmal in den praktischen Auswirkungen verdeutlicht. Die Millionen von Rentnern, die trotz der Einschränkungen durch den Begriff „Schutzbedürftigkeit" weiterhin unter die Rentnerkrankenversicherung fallen, erhalten künftig nicht automatisch Leistungen der Rentnerkrankenversicherung von der nächsten Orts- oder Landkrankenkasse, sondern sie müssen sich als Einzelpersonen versichern. Die einzelnen Rentner, also vorwiegend alte und arbeitsunfähige Personen oder Witwen und Waisen, müßten Monat für Monat ihre Beiträge für die Rentnerkrankenversicherung an eine Krankenkasse abführen. Die Krankenkassen haben für 5 oder 6 Millionen Rentner einzelne Beitragskonten zu errichten und die monatliche Beitragszahlung laufend zu überwachen.
In diesem Zusammenhang frage ich die Vertreter der Regierungsparteien: Was soll eigentlich geschehen, wenn einer von diesen 5 Millionen Rentnern oder tausend oder zehntausend es verabsäumen, jeden Monat den Beitrag zur Rentnerkrankenversicherung zu zahlen, weil er es entweder vergißt oder den Beitrag zur Aufbesserung seines bescheidenen Lebensunterhalts, den er auf Grund seiner Rente hat, benutzt?
({11})
- Aber, meine Damen und Herren, Sie haben in Ihrem Antrag vorgeschlagen,
({12})
- ich darf noch einmal verlesen -:
Der Rentner erhält zur Durchfuhrung seiner
Krankenversicherung .... einen Pauschalbetrag, .. .
Nicht wahr, das ist Ihr Antrag! Wenn nun der Rentner diesen Pauschalbetrag nicht an die Krankenkasse abführt, soll er dann Leistungen erhalten oder nicht?
({13})
Über eine solche sozialpolitisch entscheidende Frage muß natürlich eine Klärung vor Beschlußfassung über den Antrag erfolgen.
({14})
Im übrigen bringt man meiner Ansicht nach durch ein solches Verfahren den Rentner in einen schweren Konflikt, nämlich in den Konflikt, ob er diesen Pauschalbetrag nun für seinen Lebensunterhalt verwenden soll oder an die Kasse abführen soll.
({15})
- Aber das ist in dem Antrag zum Ausdruck gebracht.
({16})
- Natürlich war ich bei den Beratungen dabei, ({17})
und ich habe sehr genau verfolgt, zu welchen unmöglichen Folgerungen Ihr Antrag führt. Im übrigen zeigt das, daß die Umwandlung der Rentnerkrankenversicherung von einer Pflichtversicherung zu einer freiwilligen Versicherung in Gestalt einer eigenen Beitragsabführung des Rentners, die ein wesentliches Merkmal des Antrags ist, unzweckmäßig ist.
Der dritte Einwand meiner Fraktion bezieht sich auf die beabsichtigte Finanzierung der Rentnerkrankenversicherung. Nach dem Ausschußbeschluß soll der Rentner zur Durchführung der Rentnerkrankenversicherung einen Pauschalbetrag erhalten, „dessen Höhe" - so heißt es wörtlich - „die Selbstverwaltungsorgane der Träger der Rentenversicherung festsetzen". Im Bundesgebiet gibt es gegenwärtig 26 verschiedene Träger der Rentenversicherungen einschließlich der Knappschaften. Die Selbstverwaltungsorgane dieser 26 Anstalten sollen also die Höhe des Beitrags zur Rentnerkrankenversicherung doch wahrscheinlich auf Grund der jeweiligen Finanzlage der einzelnen Anstalt festsetzen.
({18})
Praktisch würde das dazu führen,
({19})
daß die finanzstarken Anstalten - um ein praktisches Beispiel zu nehmen - Westfalen oder Rheinprovinz vielleicht in der Lage sind, einen Beitrag zur Rentnerkrankenversicherung - Herr Kollege Winkelheide, als Mitglied des Organs der Landesversicherungsanstalt Westfalen nicken Sie zustimmend - von 6, 8 oder 10 DM festzusetzen. Aber auf der anderen Seite bedeutet das, daß finanzschwache Anstalten wie Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz oder Berlin nur in der Lage sind einen Beitrag von vielleicht 3 oder 4 DM monatlich zur Rentnerkrankenversicherung festzusetzen.
({20})
- Meine Damen und Herren, wenn Sie in Ihrem Antrag erklären: „die Organe der Selbstverwaltung der einzelnen Träger der Rentenversicherung setzen die Beiträge fest", dann kann das nur einen Sinn haben, wenn der Beitrag von den einzelnen Anstalten unterschiedlich festgesetzt wird. Sonst hätten Sie sagen müssen: Der Bundesarbeitsminister setzt den Beitrag zur Rentnerkrankenversicherung fest,
({21})
({22})
wie es gegenwärtig der Fall ist.
({23})
Meine Damen und Herren! Eine solche Festsetzung unterschiedlicher Beiträge führt zwangsläufig zu unterschiedlichen Leistungen der Rentnerkrankenversicherung.
({24})
Derartige Gedankengänge sind nach Auffassung meiner Fraktion mit dem Grundsatz bundeseinheitlicher Leistungen in der deutschen Rentenversicherung nicht vereinbar.
({25})
Die Verwirklichung des Ausschußbeschlusses würde also verwaltungstechnisch, finanzwirtschaftlich und sozialpolitisch zu, ich kann es nicht anders sagen, verhängnisvollen Auswirkungen führen.
({26})
Deshalb ist meine Fraktion nicht in der Lage, dem Beschluß des Ausschusses zuzustimmen.
Die sozialdemokratische Fraktion hat dem Hause einen Antrag auf Änderung des Ausschußbeschlusses in Gestalt des Umdrucks Nr. 802 vorgelegt. Ich darf Ihnen kurz den Antrag meiner Fraktion begründen.
Nach Ziffer 1 beantragen wir, daß die Leistungen der Rentnerkrankenversicherung grundsätzlich alle Rentner erhalten sollen. Wir sind mit den Regierungsparteien darin einer Meinung, daß es gilt, gewisse Mißstände, die sich durch Doppelversicherung ergeben haben, zu beseitigen. Deshalb haben wir beantragt, daß Rentner, die auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ohnehin krankenversicherungspflichtig sind, keine Leistungen der Rentnerkrankenversicherung erhalten sollen und daß beschäftigte Rentner, die über die Versicherungspflichtgrenze hinaus verdienen, ebenfalls keine Leistungen der Rentnerkrankenversicherung erhalten sollen. Wir halten das für eine sozialpolitisch und verwaltungsmäßig vernünftige Regelung.
In Ziffer 2 beantragen wir, daß die Leistungen der Rentnerkrankenversicherung weiterhin Pflichtleistungen der Rentenversicherung bleiben sollen, so wie es gegenwärtig der Fall ist. Alle Versicherten sollen also einen Rechtsanspruch auf die Leistungen der Rentnerkrankenversicherung erhalten. Die Aufwendungen für diese Pflichtleistungen sollen, wie die Aufwendungen für alle anderen Pflichtleistungen, gemeinsam von allen Trägern der Rentenversicherung getragen werden. Denn Pflichtleistungen der deutschen Rentenversicherung gehen bekanntlich ist das Gemeinlastverfahren ein. Das ist der fundamentale Unterschied zu Ihrem Antrag, der eine Festsetzung des Beitrags der Rentenversicherung durch die einzelne Anstalt, d. h. unterschiedliche Beiträge, vorsieht.
Durch Ziffer 3 wird gesagt, daß die Durchführung der Rentnerkrankenversicherung durch alle Träger der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen soll. Insofern gehen wir mit den Regierungsparteien einig. Aber in den Ausschußberatungen sind unsere Sorgen nicht voll beseitigt worden, daß sich durch die Beteiligung anderer Kassen an der Rentnerkrankenversicherung eine Erhöhung des Verwaltungsaufwandes ergeben könnte. Deshalb soll der Regierung die Verpflichtung auferlegt werden, dafür zu sorgen, daß sich durch die Umgestaltung der Rentnerkrankenversicherung in Gestalt einer Einbeziehung auch anderer Kassen kein erhöhter Verwaltungsaufwand ergibt. Das ist der Sinn der Ziffer 3.
Nun zu Ziffer 4. Die Leistungen der Rentnerkrankenversicherung sind - darauf muß immer wieder hingewiesen werden - gegenwärtig die niedrigsten der deutschen Krankenversicherung.
({27})
Im gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es in der deutschen Rentnerkrankenversicherung keine Zuschüsse zum Zahnersatz, keine Zuschüsse zu größeren, sondern nur zu kleineren Heil- und Hilfsmitteln. Das heißt, wenn ein stärkerer gesundheitlicher Bedarf entsteht, werden keine Leistungen der Rentnerkrankenversicherung gewährt. Das Sterbegeld in der Rentnerkrankenversicherung beträgt heute immer noch 75 DM für den Versicherten und 40 DM für seine Witwe. Die Honorierung der ärztlichen Tätigkeit im Rahmen der Rentnerkrankenversicherung ist mit 4 DM im Quartal unter der regulären Honorierung für sonstige Pflichtversicherte. Deshalb steht meine Fraktion auf dem Standpunkt, daß es eine dringende Notwendigkeit ist, bei einer Neugestaltung der Leistungen der Rentnerkrankenversicherung den Leistungsfragen besondere Aufmerksamkeit zu widmen
({28})
durch Einführung von Zuschüssen zum Zahnersatz, durch Einführung von Zuschüssen für größere Heil-und Hilfsmittel, durch Erhöhung des Sterbegeldes und durch eine sinnvolle Regelung, Herr Kollege Hammer, auch des Arzthonorars in der Rentnerkrankenversicherung.
({29})
Dem gilt Ziffer 4 unseres Antrages.
Nun ganz kurz zu Ziffer 5. Viele Versicherte haben während ihres Arbeitslebens Rechtsansprüche auf erhöhte Leistungen der Krankenversicherung erworben. Meine Fraktion ist der Ansicht, daß den Rentnern die Möglichkeit gegeben werden sollte, sich diese erhöhten Leistungen durch eine Zusatzversicherung weiterhin zu sichern.
Die Regierungsparteien werden nun einwenden, diese Anträge seien insbesondere hinsichtlich der Leistungen finanziell undurchführbar. Gegenwärtig werden für die Rentnerkrankenversicherung im Bundesgebiet etwa 400 Millionen DM jährlich ausgegeben. Erfolgen Leistungsverbesserungen, wie es etwa dem Inhalt des Antrages meiner Fraktion entspricht, um 25 %, so bedeutet das einen Mehraufwand für die Rentnerkrankenversicherung von 100 Millionen DM jährlich. Wir sind uns über diese wirtschaftlichen Auswirkungen durchaus im klaren. Wir müssen aber darauf hinweisen, daß nach dem Material des Bundesarbeitsministeriums die Rentenversicherung im laufenden Rechnungsjahr einen Kassen- oder Finanzüberschuß - wie Sie ihn nennen wollen, ist gleichgültig - von 970 Millionen DM erzielt. Der Antrag meiner Fraktion läuft also darauf hinaus, daß etwa 10 % der Überschüsse der Rentenversicherung für eine Aufbesserung der Leistungen der Rentnerkrankenversicherung verwendet werden sollen, ohne daß dadurch der Bundeshaushaltsplan in Anspruch genommen wird.
({30})
Nach Ansicht meiner Fraktion sollte die Regierung
beauftragt werden, in diesem Rahmen Vorschläge
zu Leistungsverbesserungen in der Rentnerkran({31})
kenversicherung vorzulegen, um damit eine Verpflichtung des deutschen Volkes gegenüber seinen Alten, Arbeitsunfähigen, Witwen und Waisen zu erfüllen.
({32})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.
({0})
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Beratungen zu diesem Antrag haben wie so oft bei sozialpolitischen Gesetzen unter zwei Schatten gestanden: der eine Schatten, der darüber fiel, ist die große Unkenntnis übe: sozialpolitische Zusammenhänge, der zweite - als Folge dieser Unkenntnis - die demagogische Benutzung sozialpolitischer Themen in dem bevorstehenden Wahlkampf seitens der Opposition und die Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit, die dazu angetan ist, das Gefühl für soziale Sicherung gerade bei denjenigen, von denen Herr Schellenberg mit seinem letzten Satz gesprochen hat, bei den Alten, Armen und Kranken restlos zu erschüttern. Ich darf vorweg sagen: nach den Beratungen im Sozialpolitischen Ausschuß hat mich nichts mehr erschüttert als die Zeitungsnachrichten im sozialdemokratischen Blätterwald, an denen sich sogar ein Kenner der Sozialversicherung wie Herr Kollege Erich Meyer von der SPD beteiligt hat, Pressenachrichten, die so lauten: „Angriff auf Krankenversicherung der Rentner", „Der Bundestag hat sich mit einem Vorstoß der Deutschen Partei zu beschäftigen, der sich zum Ziel gesetzt hat, die Krankenversicherung der Rentner zu zerschlagen",
({0})
oder in Schleswig-Holstein: „Koalitionsangriff auf erkrankte Rentner",
({1})
oder: .,Dr. Schellenberg erklärte, daß die Feststellung der Schutzbedürftigkeit nach dem Willen der Koalition eine Prüfung der Hilfsbedürftigkeit voraussetzt" usw.
Meine Herren und Damen! Ich weiß nicht. Wieso der Herr R i c h t er als Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses nicht nur in diesem Hause. sondern auch im Deutschen Gewerkschaftsbund darüber lachen kann, wenn in dieser Weise durch politische Berichterstattung in der Zeitung Unruhe und soziale Unsicherheit gestiftet werden.
({2})
Das hat mit dem Problem der Neuordnung eines Gesetzes. das im nationalsozialistischen Staat nach Grundsätzen erlassen worden ist, die auch Sie nicht unterstützen sollten, nichts zu tun. es sei denn. daß die Pläne des Herrn Dr. Lev und die Ziele Ihres eigenen Sozialplans so tief übereinstimmen. daß Sie der Meinung sind, man müßte auf diesem Wege die Auseinandersetzung beginnen.
({3})
Ich bedaure weiter, daß die wichtige und erste Grundsatzentscheidung, die bei dem Gesetz von 1941 nicht getroffen ist, ob die Krankenversicherung der Rentner ein Teil der Krankenversicherung oder eine Aufgabe der Rentenversicherung sein soll, auch diesmal nicht eindeutig gefällt werden konnte. Es wird Aufgabe der Vorlage dieses
Gesetzes sein, solche Entscheidung vorzubereiten.
Herr Dr. Schellenberg hat soeben gesagt, daß 400 Millionen DM jährlich für die Krankenversicherung der Rentner ausgegeben werden. Sie werden ausgegeben, und es werden in Zukunft noch höhere Summen aus Zuschüssen des Staates notwendig sein, solange Sie nicht den Tatbestand ändern, daß die Beiträge der Rentenversicherung erstens für Renten und nicht für Rentner, also nach der Anzahl der Beiträge gezahlt werden, und zweitens solange Sie großzügige Geschenke an alle machen und infolgedessen nicht garantieren, daß denjenigen ausreichende Leistungen gegeben werden, denen Sie doch helfen wollen, die wirklich der Hilfe und des Schutzes der Krankenversicherung und des Staates bedürfen. Ich wiederhole jetzt, weil Sie auch im Ausschuß die ernsthaften Beispiele meiner Kollegen der CDU in polemischer Weise nicht anerkannt und draußen in der Öffentlichkeit sogar umgedreht haben: Wir wollen nicht, daß mit den Mitteln der deutschen Sozialversicherung - das sind nämlich die Mittel, die die Arbeiter und Angestellten sowie ihre Arbeitgeber als Beiträge aufzubringen haben ({4})
eine kostenlose Krankenversicherung demjenigen gegeben wird, der einen Bauernhof, ein Geschäft, einen Industriebetrieb oder eine Beamtenpension hat - oft Einnahmen bis zu 1000 DM im Monat und darüber hinaus -, weil er zufällig noch einen Rentenanspruch besitzt. Ich weiß nicht, ob das in Ihrem Sozialplan steht.
({5})
Sie wollen zwar allen etwas geben. Wir wollen dagegen nicht allen wenig geben, sondern wir wollen denen Ausreichendes geben, die dieses Schutzes bedürfen, und wir wollen denen keine staatliche Wohltaten und keine Hilfe des Staates geben, die nach dieser Hilfe weder schreien noch sie nötig haben.
Sie haben bei dieser Neuordnung soviel von den besseren Leistungen gesprochen. Diese besseren Leistungen zu geben, ist auch Ihnen, Herr Schellenberg, bei Ihrem Experiment in der Versicherungsanstalt Berlin nicht gelungen. Unlängst haben wir das gleiche in Belgien erlebt. wo die sozialistischen Krankenkassen jetzt nach der Hilfe der anderen Krankenkassen schreien, weil die christlichen Krankenkassen mehr Leistungen gegeben haben und weil sie selber nun nicht in der Lage sind, ihre Wahlversprechen zu erfüllen.
({6})
Die Ortskrankenkassen als Ihre Freunde klagen an. Sie klagen an wegen ihrer großen Kosten für die Krankenversicherung der Rentner, und wenn die übrigen Versicherungsträger zur solidarischen Haftung bereit sind, klagen sie erneut an und sagen: Ein Monopol geht in Scherben; 27 Millionen monatlich, die wir erhalten, sollen nicht mehr uns gezahlt, sondern verteilt werden!
Nun noch ein wichtiges Problem! Es wird von Ihnen immer so dargestellt - und dagegen muß ich mich im Namen unserer deutschen Rentner entschieden verwahren -,
({7})
als seien die Rentner wirtschaftlich nicht mündig
oder gar Trottel, die nicht in der Lage seien, das
({8})
zu tun, was zu tun jeder Rentner als ganz besonders wichtig empfindet, nämlich sich seine Krankenversicherung zu erhalten.
({9})
- Die Lautstärke bestimme ich und nicht Sie!
({10})
Unsere Rentner haben bisher sehr genau gewußt und werden das auch in Zukunft wissen, - -({11})
Herr Präsident, wollen Sie mir bitte Ruhe verschaffen!
({12})
Ihre Stimme ist doch im ganzen Saal zu vernehmen!
Unsere Rentner haben sehr genau gewußt, was sie an ihrer Sozialversicherung haben, und sie haben auch den Wunsch, diese ihre Krankenversicherung da fortzusetzen, wo sie glauben, am besten gesichert zu sein. Das, was der Staat und was die Rentenversicherung dazu zu tun haben, ist von Herrn Präsidenten Ostermeyer im Ausschuß sehr eindringlich dargelegt worden. Sie haben ihn allerdings nicht zitiert, weil er nicht Ihrer Auffassung war, sondern weil er aus der großen Kenntnis der Zusammenhänge in der Rentenversicherung sehr genau wußte, wo die Rentenversicherungsträger der Schuh drückt und warum eine Änderung notwendig ist.
Es ist eir wenig beschämend - wir haben das den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuß schon erklärt -, daß bei einem sogenannten Sachverständigen der SPD für soziale Probleme die Begriffe der Schutzbedürftigkeit und Hilfsbedürftigkeit so durcheinandergebracht worden sind, daß Sie sogar der Auffassung sind und das auch polemisch vertreten, wir wollten dem Sachbearbeiter am Schalter der Krankenkasse den Auftrag geben, die Hilfsbedürftigkeit zu prüfen.
({0})
Das wollten wir keineswegs. Aber obwohl Sie das so polemisch betonen, haben Sie in Ihrem eigenen Antrag sogar die Einsetzung einer Krankenversicherungspflichtgrenze gefordert. Wir wollten noch nicht einmal so weit gehen, sondern wir wollten bei der Gesetzesvorlage sehr genau überlegen, wo die Grenze ist, wo der Staat von dieser Grenze her den Zwang zur Versicherung zu setzen hat. Sie sagen, das sei der Sozialversicherung fremd. Nun, Sie sollten wissen, daß die Grundlage der Errichtung der deutschen Sozialversicherung dieser Begriff war, nämlich durch einen staatlichen Zwang mit unserer Sozialversicherung diejenigen zu schützen, die des Schutzes bedürfen. Auch für den Rentner gilt die Freiheit, auch für den Rentner in Ihren Reihen, meine Damen und Herren!
({1})
- Ich schätze, es sind schon einige dabei, die heute, obwohl sie Bundestagsabgeordnete sind und noch einige andere Aufgaben erfüllen, für die sie Einnahmen haben, zusätzlich eine Rente der VAB oder der Angestellten- oder Invalidenversicherung beziehen, und ich hoffe nicht, daß sie sich als unmündig oder als nicht in der Lage betrachten, sich zusätzliche Leistungen aus freiwilliger Versicherung zu erwerben und dafür einzutreten, daß die
Krankenversicherung der Rentner neu geordnet wird; nicht im Geiste eines Kollektivs mit nivellierenden Leistungen für alle, sondern im Geiste unserer deutschen Sozialversicherung mit ausreichenden Versicherungsleistungen
({2})
für diejenigen, die Beiträge zahlen und Rechtsansprüche erworben haben.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sehr temperamentvolle Art, mit der Herr Kollege Schellenberg die Absichten, die dem Beschlusse des Ausschusses zugrunde liegen, auf seine Art und Weise ausgelegt hat, und die Tatsache, daß aus dieser Art der Behandlung vor der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen könnte, als hätten wir heute hier schon über ein Gesetz zu befinden, das die Krankenversicherung der Rentner in dieser Form vom 1. April an neu regelt, bestimmen mich, am Anfang meiner Darlegungen ausdrücklich und mit Nachdruck darauf hinzuweisen, daß es sich bei dem Beschlußvorschlag nur um einen Auftrag des Bundestags an die Bundesregierung handelt, einen entsprechenden Gesetzentwurf auszuarbeiten.
Wer mit dem Zustandekommen von Gesetzentwürfen ein klein wenig Bescheid weiß, der weiß, daß die Dinge dann zunächst einmal nicht nur auf der Referentenebene sehr gründlich vorbereitet, bearbeitet und unter den beteiligten Ressorts erörtert werden, sondern auch mit den beteiligten Organisationen und Verbänden, mit den Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen beraten werden. Kurzum, bevor ein solcher Entwurf kabinettsreif wird, haben alle Beteiligten die Möglichkeit, sich zu dem beabsichtigten Inhalt gründlich zu äußern.
Wenn wir von dieser Tatsache ausgehen, können wir diese Dinge heute eigentlich mit etwas weniger Leidenschaft erörtern und behandeln. Ich muß aber Ihnen, Herr Kollege Dr. Schellenberg, sagen, daß Sie hier zum Teil in einer Weise gesprochen haben, als ob Sie die Behandlung im Ausschuß gar nicht persönlich erlebt und mitgemacht hätten. Sonst hätten Sie nicht teilweise mit einer solchen Verdrehung der Absichten,
({0})
die die Regierungsparteien dabei geleitet haben, vorgehen können. Die Art und Weise, in der Sie die sogenannte Schutzbedürftigkeit hier abzutun versucht haben, ist geeignet, wenn man die Dinge in dieser Weise und Methode den Menschen vorträgt, draußen die Auffassung zu erzeugen, daß hier die Rechte, auf die die Menschen Anspruch haben, tatsächlich wieder illusorisch gemacht werden sollen.
({1})
Wir waren uns auch im Ausschuß, zum mindesten in einem gewissen Stadium der Besprechungen - so meine ich wenigstens -, in etwa darüber einig, daß es hier in der Tat eine Grenze geben müßte, über die man nicht hinausgehen sollte. Frau Kollegin Kalinke hat das soeben hier schon ausgeführt.
({2})
Meine Damen und Herren von der SPD, es paßt nicht zu Ihrer sonstigen Einstellung, wenn Sie sich jetzt dagegen wehren wollen, diesem Vorschlag zu folgen. Es gibt doch Personen, die sich zwar durch eine - was weiß ich, wie lange - fortgesetzte freiwillige Versicherung in der Angestelltenversicherung einen Anspruch auf Rente erworben haben, diese Rente als eine angenehme Zugabe zu ihren sonstigen Einkünften betrachten, die aber Einkünfte in einer solchen Höhe haben, daß man sie beileibe nicht mit den Menschen auf eine Stufe stellen kann, die als Sozialrentner wirklich nur oder fast nur auf ihre Einkünfte aus der Rente angewiesen sind. Diesen Personen darf man doch wohl zumuten, daß sie wegen ihrer Einkommensverhältnisse auf die Krankenversicherung der Renter keinen rechtlichen und gesetzlichen Anspruch erheben können. Von seiten der Regierungsparteien hat im Ausschuß keiner daran gedacht, die Pflichtleistungen der Rentnerkrankenversicherung aufzuheben und das Ganze durch eine lediglich freiwillige Versicherung zu ersetzen. Diese Darstellung ist grundfalsch. Ich möchte sehr davor warnen - darum bitte ich Sie -, sie in dieser Form draußen in die Propaganda zu tragen, weil das eine bewußte Irreführung der Menschen wäre.
({3})
An der Pflichtleistung der Rentnerkrankenversicherung will im Grunde niemand etwas ändern. Das kann auch aus unserer Vorlage nicht herausgelesen werden. Wir wollen vielmehr - und darin sind Sie uns inzwischen dankenswerterweise gefolgt, obwohl Sie im Ausschuß noch eine andere Stellung eingenommen haben - die Rentnerkrankenversicherung einmal aus der Monopolstellung herauslösen, die heute die Allgemeinen Ortskrankenkassen bei der Durchführung haben. Wir wollen daran alle gesetzlichen Träger der Krankenversicherung beteiligen und wollen- auf dieser Grundlage dann dem einzelnen Rentner die Möglichkeit geben, über seinen Versicherungsschutz als Rentner frei zu entscheiden. Insofern sagen wir, er hat die Wahl, sich von sich aus freiwillig zu versichern, und zwar bei der Krankenkasse seiner Wahl, in einer Versicherungsklasse oder -gruppe, die in seinem Ermessen liegt und für die er allein die Entscheidung zu treffen hat. Das meinen wir hier mit der freiwilligen Versicherung.
Ich muß mit aller Entschiedenheit dem widersprechen, wie Herr Dr. Schellenberg die Ziffer 2 kommentiert hat, in der wir sagen:
Der Rentner erhält zur Durchführung seiner Krankenversicherung von den Rentenversicherungsträgern einen Pauschalbetrag, dessen Höhe die Selbstverwaltungsorgane der Träger der Rentenversicherung festsetzen.
Die Beiträge, die die Rentenversicherung für die Rentnerkrankenversicherung aufzuwenden hat, würden sich auch bei einer solchen Praxis nicht etwa danach richten, ob beispielsweise die Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein befindet: Ich bin nur in der Lage, für das Rechnungsjahr 1953/54 einen Pauschalsatz von 3 oder 4 DM -, eine andere Landesversicherungsanstalt natürlich entsprechend mehr - auszuwerfen. So ist es nicht gemeint. In Anpassung an das, was heute Rechtens ist, würde sich die jeweilige Beitragsfestsetzung nach dem tatsächlichen Aufwand
zu richten haben, den die Rentnerkrankenversicherung etwa im voraufgegangenen Rechnungsjahr gehabt hat, also nach den tatsächlichen Bedürfnissen, die die Rentner bei ihrer Krankenversicherung im laufenden Jahr anzumelden gehabt haben, und nicht etwa nach dem Willen des Selbstverwaltungorgans der jeweiligen Landesversicherungsanstalt unter Betrachtung ihrer eigenen Finanzlage.
Im übrigen wird man, wenn die Dinge auf der Referentenebene erörtert werden, sehr gründlich prüfen, ob und inwieweit diese oder jene Methode für die Praxis die bessere ist.
Nun würde ich Sie gern bitten, einmal aufmerksam zuzuhören. Aber Herr Schellenberg ist im Augenblick nicht da.
({4})
- Entschuldigung! Man kann Sie sonst schlecht übersehen, aber es war jetzt wirklich der Fall. - Wir haben uns im Ausschuß auch bei der Anhörung der Sachverständigen darüber unterhalten, daß bei dem jetzt geltenden Pauschbetrag, der zur Zeit 5,50 DM pro Rente beträgt, die großen Ortskrankenkassen mit den größeren Risiken zum Teil ihre Bedürfnisse auf dem Gebiet nicht einmal zu decken in der Lage waren, daß aber andere und nicht wenige Ortskrankenkassen erhebliche Überschüsse erzielt und diese, obwohl sie eigentlich nur für die Rentnerkrankenversicherung bestimmt waren, zur Bestreitung anderer Ausgaben und zur Befriedigung anderer Bedürfnisse benutzt haben. Ich glaube, das ist im letzten auch nicht der Sinn dieser von der Rentenversicherung zu übernehmenden Beiträge für die Durchführung der Rentnerkrankenversicherung. Also, meine Damen und Herren, über diesen Punkt wird noch sehr gründlich zu sprechen sein.
Zu den weiteren Ausführungen von Herrn Schellenberg über den Ausbau der Leistungen auf dem Gebiet der Rentnerkrankenversicherung kann ich nur sagen, daß es in der Tat sehr einfach ist, sich hier hinzustellen und derartige Forderungen auszusprechen und zu begründen. Man muß aber beachten, daß auch bei der übrigen gesetzlichen Krankenversicherung die Leistungen, die er hier angesprochen hat und die in Ziffer 4 des Antrags der SPD enthalten sind, Kann-Leistungen und keine Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen sind und daß sie jeweils im Rahmen des Möglichen von dem einzelnen Versicherungsträger in seinen Versicherungsbedingungen festgelegt werden.
Wenn nun die Dinge so geregelt würden, wie es der Ausschußantrag vorsieht, daß man dem einzelnen Rentner bei der Krankenkasse seiner Wahl die Art seiner Versicherung überläßt, dann wird er sich wahrscheinlich in den meisten Fällen für eine Leistungsklasse entscheiden, in der ihm auch diese Leistungen garantiert sind. Er wird dann nur nicht der Pflicht enthoben werden können, zu dem Pauschbetrag. den die Rentenversicherung leistet, von sich aus noch einen Zusatzbeitrag zu zahlen.
Nun, meine verehrten Damen und Herren, ich bin mit meinen Freunden der Auffassung, daß eine solche Regelung, die Dinge also in die persönliche Entscheidung des Betroffenen zu legen, die beste Art und Weise ist, wie man eine solche Frage lösen kann. Wenn die Menschen bei der Kasse ihrer Wahl bleiben, dann brauchen wir uns, glaube ich, keine Gedanken darüber zu machen, ob man die
({5})
Rentnerkrankenversicherung ausweitet, und zwar deshalb nicht, weil sie sich bei ihrer Krankenkasse, der sie wahrscheinlich früher schon Jahrzehnte angehört haben, für diese Leistungen von vornherein versichern.
Nun muß ich auch noch ein Wort zu der Art sagen, wie Herr Schellenberg die Frage dieses Pauschbetrags hier behandelt hat. Er hat gesagt: Wer garantiert denn dafür, daß der Rentner diesen Beitrag tatsächlich für seine Krankenkasse verwendet, daß er den Betrag dort auch einzahlt? Meine Damen und Herren, im Ausschuß ist davon die Rede gewesen, und der Präsident des Verbandes der Rentenversicherungsträger hat auch im einzelnen dargelegt, daß man dann dem Rentner am Postschalter beim Empfang seiner Rente einen entsprechenden Gutschein in die Hand gibt,
({6})
den er dann bei seiner Kasse gewissermaßen als bares Geld einzureichen hat. Ich möchte den Rentner sehen, der es verabsäumen würde, davon Gebrauch zu machen, weil er ja mit diesem Gutschein ansonsten, etwa zur Bestreitung von anderen Lebensbedürfnissen, überhaupt nichts machen kann. Ich möchte sagen, daß Herr Dr. Schellenberg, obschon er diese Auseinandersetzung im Ausschuß kennt und sich an der Diskussion auch persönlich beteiligt hat, diese Form der Darstellung hier gewollt unterschlagen hat.
({7})
Wenn dann schließlich Herr Dr. Schellenberg das Verlangen nach Ausweitung der Leistungen damit zu untermauern versucht hat, daß sie einen jährlichen Mehraufwand von 100 Millionen DM erforderlich machte, daß dann also nicht, wie es heute ist, etwa 400 Millionen, sondern rund eine halbe Milliarde von der Rentenversicherung für diese Zwecke aufzubringen wären, so möchte ich dem entgegenhalten: wer mit letztem Veranwortungsbewußtsein die Lage der Rentenversicherung be: trachtet, der darf doch die Dinge nicht so darstellen, als ob wir es auf die Dauer vertreten könnten, von den Vermögensbestandteilen, die heute vorhanden sind, einfach so von der Hand in den Mund zu leben, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, daß schließlich auch etwas in der Kapitalansammlung für die Sicherstellung der Renten derjenigen getan werden muß, die heute die Beiträge bezahlen.
({8})
Ich glaube, es ist einfach nicht vertretbar, wenn man so billig darauf hinweist, die Rentenversicherungen hätten zur Zeit ein Vermögen von 919 Millionen DM, also könne man sich das leisten. Ich sage noch einmal: wenn man verantwortungsbewußt in die Zukunft hineinarbeitet, dann kann man sich solche Dinge billigerweise einfach nicht leisten.
({9})
Wenn wir die Regelung nach den Gesichtspunkten treffen, wie sie hier festgelegt sind, dann wird den Bedürfnissen, die Herr Schellenberg im Interesse der Rentner angemeldet hat, nach unserer Überzeugung weithin Rechnung getragen.
Lassen Sie mich am Schluß sagen, daß wir uns auch dagegen wenden, daß der SPD-Antrag in der
Ziffer 2 die Leistungen in der Rentnerkrankenversicherung als Pflichtleistungen der Rentenversicherung verankert wissen will. Es ist zwar so, daß die Rentenversicherung die Beiträge dafür zusatzweise zu ihren sonstigen Leistungen aufbringt; aber die Krankenversicherung als Pflichtleistung in die Rentenversicherung einzubauen, geht nach unserer Auffassung nicht an. Deshalb beantragen wir ja auch im Ausschußbeschluß unter Ziffer 5, daß, soweit die Versicherung durch einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt wird, die entsprechenden Vorschriften in das Zweite Buch der Reichsversicherungsordnung aufzunehmen sind.
Ich hoffe Ihnen in etwa dargetan zu haben, von welchen tatsächlichen Gedankengängen die Mehrheit im Ausschuß bei der Erarbeitung dieses Antrags geleitet war. Ich kann Sie abschließend auch meinerseits nur bitten, diesem Ausschußantrag zuzustimmen und den Änderungsantrag der SPD abzulehnen.
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Renner. Renner ({0}) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Kommunisten haben im November 1949 in einem unserer ersten Anträge, in dem wir die Reform der Sozialversicherung gefordert haben, auch bereits die Einführung einer gesetzlichen Pflichtversicherung, einer Krankenversicherung der Rentner verlangt. Wir haben damals den Standpunkt vertreten, daß diese gesetzliche Versicherung auf der Basis einer Pflichtversicherung geschaffen werden müsse, daß sowohl die Pflichtleistungen als auch die Kannleistungen gewährt werden müßten. Wir haben als Träger dieser zusätzlichen Versicherung die allgemeinen Versicherungsträger angesprochen und haben damals bereits den Standpunkt vertreten, daß die Beiträge zur Finanzierung dieser Krankenversicherung für die Rentner der Bund zu tragen hat als kleinen Ausgleich dafür, daß die Milliardenvermögen der Sozialversicherungsträger zweimal durch die Kriegspolitik der kaiserlichen Regierung wie der Hitler-Regierung zum Teufel gegangen sind. Das war unser damaliger Gedankengang.
Nun, heute liegen uns dieser Ausschußbericht und die Stellungnahme der sozialdemokratischen Fraktion im Umdruck Nr. 802 vor. Die Frau Kollegin Kalinke sprach von den „zwei Schatten", die im Auschuß über diesem Problem gelagert haben. Das ist sehr bildhaft gesprochen. Der eine Schatten geht von ihr aus. Das ist der Schatten der Reaktion, den sie immer auf die sozialpolitischen Fragen wirft, wenn diese Dinge hier zur Aussprache stehen.
({1})
Aber etwas muß man ihr doch entgegenhalten: Warum in diesem Ausschußbericht das Abdrängen auf die freiwillige Versicherung? Sie sollte sich doch einmal überlegen, mit welchem Recht ausgerechnet sie hier fordert, daß jeder Mißbrauch der Gelder der Mitglieder der Sozialversicherungsträger vermieden werden müsse. Warum hat sie diesen Standpunkt nicht vertreten, als es der Herr Schäffer vor einigen Wochen hier mit Zustimmung der Reaktion durchgesetzt hat, daß der Beitrag des Bundes an die Sozialversicherungsträger für die nächsten drei Jahre anteilmäßig so abgestattet wird, daß pro Jahr 555 Millionen statt in Bargeld
({2})
in Bundesschuldverschreibungen zugewiesen werden? Warum ist ihr da nicht eingefallen, sich dagegen zu verwahren, da das doch auch ein „Mißbrauch" ist?
({3})
- Wieso nicht? Das wollen Sie bloß nicht einsehen!
Nun zurück zu dem Antrag selber. Wir stehen auf dem Standpunkt, den der Kollege Schellenberg hier in einer wirklich klaren und eindrucksvollen Art und Weise zum Ausdruck gebracht hat.
({4})
- Nein, gar kein Liebeswerben! Ich werde mich in ihn nicht verlieben, da brauchen Sie keine Sorge zu haben.
({5})
Aber er hat hier Gedanken ausgesprochen, die absolut vertretbar sind. Er hat Gedanken ausgesprochen, die, wie Sie wissen sollten, auch Gedanken der deutschen Gewerkschaften sind, und er hat, mit einer einzigen Ausnahme, das gesagt, was Sie hier als Gewerkschaftler eigentlich auch vertreten müßten. Daß Sie das nicht tun, beruht auf der Tatsache, daß Sie so nahe mit dem Herrn Adenauer und mit dem Herrn Schäffer verwandt sind. Nur eines, Herr Schellenberg, können wir nicht mitmachen. Denn Ihr Deckungsvorschlag ist eine bedenkliche Annäherung an die Methode, wie der Herr Schäffer mit Geldern der Sozialversicherungsträger, d. h. mit seinem Pflichtzuschuß den Sozialversicherungsträgern gegenüber, heute schon umspringt. Man soll den Herren nicht sagen, daß sie diese Leistungen aus den Überschüssen, die bestehen, nehmen sollen, sondern soll ihnen klarmachen, daß der Bund verpflichtet ist, das aufzubringen, was im Interesse der Rentner aufgebracht
werden muß. Das ist also der einzige Vorbehalt, den wir dem sozialdemokratischen Antrag gegenüber vorzubringen haben.
Wir lehnen also den Mündlichen Bericht des Ausschusses ab und bekennen uns, abgesehen von dieser Einschränkung, zu den Grundsätzen, die in dem sozialdemokratischen Antrag auf Umdruck Nr. 802 zum Ausdruck gebracht worden sind.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schäfer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt zwei Methoden der politischen Auseinandersetzung. Die eine besteht darin, bei Meinungsverschiedenheiten die Verschiedenheit der Ausgangsstellungen in Gegensatz zueinander zu bringen, zu vergleichen und dann zu versuchen, die Ansichten über Irrtümer und Einsichten miteinander zu werten und auszutauschen. Es gibt eine andere Methode, die darin besteht, einem andern Absichten zu unterstellen, die er zwar nicht hat, und so eine für das Agitationsbedürfnis
allein reizvolle Polemik gegenüber Absichten, die
gar nicht vorhanden sind, heraufzubeschwören. Aber ich weiß nicht, meine Damen und Herren, ob die Krankenversicherung der Rentner mit einem solchen Theaterdonner gefördert werden kann.
({0})
Leider hat der Kollege Schellenberg diesen Weg eingeschlagen. Die Fragen, um die es dabei geht, sind dadurch, wie ich glaube, nicht gefördert worden.
In der Ausschußvorlage ist der Begriff der „Schutzbedürftigkeit" ausgesprochen. Das ist natürlich nicht gerade sehr präzise; aber es handelt sich doch hier gar nicht darum, ein Gesetz zu machen, sondern es handelt sich darum, eine bestimmte Tendenz in einer Entschließung zum Ausdruck zu bringen. Da geht man doch nicht in die Details! Sie haben eben dem Kollegen Horn in einem Zwischenruf vorgeworfen, daß er nichts über die Frage, wie man durch einen Gutschein die Bezahlung des Krankenversicherungsbeitrags der Rentner bei einer freien Wahl des Versicherungsträgers regeln solle, in der Entschließung gesagt hätte. Seit wann macht man denn Entschließungen über eine bestimmte sozialpolitische Absicht in der Form, daß man sich nun mit den Modalitäten des Markenklebens oder der Gutscheinausstattung befaßt? So ist doch wirklich eine sachliche Auseinandersetzung nicht zu führen.
In einer weiteren Sache allerdings besteht zwischen uns, wie sich herausgestellt hat, ein echter Gegensatz. Sie haben geradezu mit Bedauern von dem Rentner gesprochen, der nun selbst entscheiden muß - ja, „muß" haben Sie gesagt -, ob er sich diesem oder jenem Versicherungsträger zuwenden will. Ja, da können Sie beinahe sagen - -({1})
- Doch, doch, ich habe mir den Ausdruck „muß" notiert, weil er mich geradezu erschütterte. Es hat mich bestürzt, daß man, wenn man einem Menschen ein Recht auf eine freie Entscheidung einräumt, daran das Bedauern knüpft, daß er sich nun entscheiden muß, wie er selber das für ihn Bestgeeignete findet, daß man also den Vorgang eines Mündigmachens für bedenklicher hält als eine Art von Entmündigung. Ich möchte nur - ({2})
- Ja, ich komme auf das Bezahlen. Fangen wir gleich damit an. Ich will in der Reihenfolge der Punkte des SPD-Antrags vorgehen. Also Ziffer 1 des Antrags der SPD: Dem ersten Teil könnte man zustimmen; ich habe aber Bedenken, wenn gesagt wird, daß überhaupt jedes Recht auf Rentnerkrankenversicherung verloren gehen soll, wenn wegen Übersteigens der Einkommensgrenze die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht eintritt. Hier liegt eine bedenkliche Ungenauigkeit vor. Es gibt verschiedene Arten von Einkommensgrenzen, die da berücksichtigt werden könnten. Das Wort ist also mindestens unpräzise.
({3})
- Sie meinen die Krankenversicherungspflichtgrenze? Die wäre mir z. B. in manchen Fällen zu niedrig. Da würde ich sagen, das reicht nicht immer. Die Lösung mit der Einkommensgrenze ist in diesem Fall zu mechanisch und schablonenhaft.
Dann haben Sie gesagt, die Leistungen der Rentnerkrankenversicherungen werden also Auftragsangelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung. Einverstanden. Pflichtleistung der Rentenversicherung: Auch einverstanden, wobei die
Frage ist, wie weit Pflichtleistungen. Hier ist die
Klärung der Frage einer wirklichen Bedürftigkeit notwendig, die in Punkt 4 auftritt. Ich komme
gleich darauf.
Dann ist in Ziffer 3 die Bedingung gestellt, daß bei Beteiligung weiterer Träger keine Erhöhung des gegenwärtigen Verwaltungsaufwands ein({4})
tritt. Der ist sehr schwierig zu bestimmen, meine Damen und Herren. Wenn man schon so ein Prinzip aufstellt, das ganz vernünftig klingt, müßte man dann hinzufügen: Wie ermittelt man den Verwaltungsaufwand? Jeder, der sich einmal mit den Buchungsformen eines Versicherungsträgers vertraut gemacht hat, weiß, wie Verwaltungsaufwand so oder so berechnet und ermittelt werden kann.
({5})
Ich zögere, solch einem Prinzip zuzustimmen, weil man dann in fragwürdige Abwege der Entwicklung hineingeraten könnte.
In Punkt 4 ist dann von einer Reihe von Mehrleistungen gesprochen, die den Rentnern zugute kommen sollen. Ja, es sind Mehrleistungen, die über die Pflichtleistungen der RVO weit hinausgehen. Das ist eine Frage der Finanzierung. Wenn Sie sich nun auf den Standpunkt stellen: ich setze für die Rentnerkrankenversicherung für den Krankenversicherungsträger nur eine begrenzte Pauschale aus - ja, dann müssen die Krankenversicherungsträger das aus den Beiträgen der übrigen Krankenversicherten aufbringen. Das scheint mir nicht sehr sinnvoll und gerecht zu sein, denn das würde bedeuten, daß Leistungen, die aus dem Rentenanspruch herzuleiten sind, von den Mitgliedern der Krankenversicherung bezahlt würden.
({6})
- Das wollen Sie nicht, also wollen Sie es auf die Rentenversicherung bringen? Schön, das würde aber, da Sie sagen, Sie wollten die öffentlichen Lasten nicht erhöhen und das nicht mit Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln machen, bedeuten, daß Mittel der Rentenversicherung für diesen Zweck abgespalten werden müßten. Das würde also bedeuten, daß die heute aktiv Arbeitenden, die Beiträge zur Rentenversicherung entrichten, die Mittel für diese Mehrleistungen aufzubringen hätten. Ich weiß nicht, ob Sie mit einem Hinweis auf diese Folgerung und auf diese Folge bei den jetzigen Versicherten Begeisterung auslösen würden. Bei Ihren Ausführungen kam nur - Sie haben da so klangvolle Forderungen ausgesprochen und dazu gesagt, es sollten dadurch keine öffentlichen Lasten entstehen - die Erinnerung an eine Rede, .die ich einmal vor 1933 hörte. Da sprach einer den wunderbaren Satz, er wolle eine Erhöhung der sozialen Leistungen dadurch erzielen, daß er die sozialen Lasten mindert. Das ist eine Wunderformel, mit der man aber leider in der Praxis nicht gut durchkommen kann.
Wenn ich mir den Antrag der SPD ansehe, muß ich daher wieder sagen, daß ich in diesem Antrag der SPD keineswegs eine größere Klarheit sehe, sondern im Gegenteil verdächtige Undurchsichtigkeiten. Ich gebe daher dem Vorschlag des Ausschusses den Vorzug, der sich darauf beschränkt, eine Tendenz zu erregen und nicht schon Rezepte zu verschreiben.
({7})
Meine Damen und
Herren, nun sind keine Redner mehr vorgemerkt;
ich glaube, wir können zur Abstimmung kommen.
Zur Geschäftsordnung der Abgeordnete Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Damen und Herren des Hohen Hauses, die die Diskussion miterlebt haben, die also nicht erst jetzt auf Grund des Klingelzeichens hereingeströmt sind, werden festgestellt haben, daß die Vorlage des Ausschusses für Sozialpolitik unter Drucksache Nr. 4144 doch sehr unklar ist. Die Ausführungen des Kollegen Horn, die, glaube ich, etwa 20 Minuten in Anspruch genommen haben, waren doch mehr oder weniger lediglich der Versuch, die einzelnen Formulierungen klarzustellen, zu erläutern oder zu kommentieren. Und bitte, ich habe den Eindruck, er hätte sich noch viel mehr Mühe geben müssen, wenn er jeden von dem hätte überzeugen wollen, was der mit Mehrheit gefaßte Ausschußbeschluß eigentlich will.
Dem steht gegenüber der Umdruck Nr. 802. Dieser macht den Versuch einer Klarstellung des Problems. Der letzte Diskussionsredner, Herr Kollege Schäfer, erkannte zwar an, daß sie eine sehr fortschrittliche und vernünftige Regelung enthält, aber er sagte auch, sie enthalte Unklarheiten, die schließlich zu Mißverhältnissen führen könnten. Nun soll doch durch diese Beschlußfassung, durch diese beiden Anträge - ({0})
- Ich begründe meinen Antrag zur Geschäftsordnung. - Es soll doch erreicht werden, daß der Bundesarbeitsminister weiß, was das Hohe Haus will. Da das noch nicht klar ist, beantrage ich Rücküberweisung der Drucksache Nr. 4144 und des Umdrucks Nr. 802 an den Ausschuß für Sozialpolitik.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Arndgen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dem Ihnen vorliegenden Ausschußbeschluß geht es um die Tendenz, nach der ein Gesetz geschaffen werden soll.
({0})
Ich bitte daher, den Geschäftsordnungsantrag des Abgeordneten Richter abzulehnen und dem Ausschußantrag zuzustimmen.
({1})
Damit können wir die Geschäftsordnungsdebatte abschließen. Wer für die Rücküberweisung an den Ausschuß ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das letzte war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme nunmehr zur Abstimmung über die Sache selbst, zunächst über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 802. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Mit derselben Mehrheit abgelehnt.
Wer für den Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 4144 ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Dieser Antrag ist angenommen.
Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt. Ich rufe Punkt 11 auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erstreckung des Tarifvertragsgesetzes ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({1}) ({2}).
({3})
({4})
Ich nehme an, daß das Hohe Haus auf die Erstattung eines mündlichen Berichts verzichtet.*) - Kein Widerspruch. Dann rufe ich zur
zweiten Beratung
auf: § 1, - § 2 entfällt, § 3, - Einleitung und Überschrift. - Keine Wortmeldungen. Wer für die Annahme dieser Bestimmung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. - Keine Wortmeldungen. Ich rufe auf: §§ 1 und 3, - Einleitung und Überschrift - und zugleich zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. - Gegenprobe! - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 12 auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({5}) betreffend Anhörung beschuldigter Abgeordneter durch die Staatsanwaltschaft ohne Aufhebung der Immunität ({6}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, sich mit einer Gesamtredezeit von 40 Minuten zu begnügen, wobei nicht gesagt ist, daß diese 40 Minuten in Anspruch genommen werden müssen.
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Dr. Mende.
Dr. Mende ({7}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität legt Ihnen mit der Drucksache Nr. 4052 einen Antrag vor, dessen Annahme eine Vereinfachung des Verfahrens in Immunitätsangelegenheiten mit sich bringen würde. Der Vorsitzende des Ausschusses, der Abgeordnete Ritzel, hat aus den Erfahrungen der vergangenen dreieinhalb Jahre diesen Vorschlag unterbreitet, dem sich der Ausschuß schließlich einstimmig angeschlossen hat. Den einzelnen Justizministerien der Länder und dem Bundesjustizministerium ist der Vorschlag zur gutachtlichen Stellungnahme zugegangen. Von vier Landesjustizministerien sind überhaupt keine, von den übrigen nur kleinere Bedenken geltend gemacht worden, die nach Meinung der Landesjustizministerien im Hinblick auf die praktische Vereinfachung allerdings zurückgestellt werden könnten.
Es geht um die Frage, ob der Begriff des ZurVerantwortung-Ziehens in Art. 46 des Grundgesetzes sehr eng oder etwas weiter auszulegen ist. Bekanntlich muß bei einem Verfahren gegen einen Bundestagsabgeordneten, der wegen einer Straftat zur Verantwortung gezogen werden soll, von der Staatsanwaltschaft auf dem üblichen Weg über den Landesjustizminister und Bundesjustizminister ein Antrag auf Freigabe der Strafverfolgung oder, wie es in der alten Terminologie hieß, auf Aufhebung der Immunität in diesem besonderen Falle gestellt werden.
Einige sind nun der Meinung, daß der Staatsanwalt überhaupt nichts tun, nicht einmal einen Aktendeckel mit dem Namen des Abgeordneten anlegen dürfe, solange die Immunität noch nicht aufgehoben sei, während andere der Meinung sind,
*) Vgl. Anlage 3 Seite 12414. daß man diesen Vorschlag durchaus billigen könne, daß nämlich der Staatsanwalt dem beschuldigten Abgeordneten anheimstelle, sich zu der Sache zu äußern. Die Frage, ob damit schon der Begriff „zur Verantwortung ziehen" ausgehöhlt werde, ob vielleicht überhaupt durch diesen Antrag nun der Art. 46 verletzt werde, ist wohl zu verneinen. Ich weiß, daß bei einer Fraktion die Auffassung geteilt wird, daß dieser Vorschlag bereits eine Aushöhlung der Immunität darstelle, und vielleicht wird es nötig sein, im einzelnen dann auf die Gutachten der Justizministerien der Länder zurückzukommen.
Im Augenblick, glaube ich, kann ich mich bei der Berichterstattung darauf beschränken, Ihnen den Antrag bekanntzugeben:
In Verfahren gegen Bundestagsabgeordnete, die nach Art. 46 des Grundgesetzes der Genehmigung des Deutschen Bundestages bedürfen, darf die Staatsanwaltschaft zur Vorbereitung einer Entscheidung darüber, ob ein Ersuchen auf Entscheidung über die Aufhebung der Immunität gestellt werden soll, dem Abgeordneten die Anschuldigungen mitteilen und ihm anheimstellen, hierzu Stellung zu nehmen. Kommt die Staatsanwaltschaft nach Entgegennahme der Stellungnahme des Abgeordneten oder bei Weigerung des Abgeordneten zur Abgabe einer Stellungnahme nicht zu einer Einstellung des Verfahrens, so bedarf jede weitere Maßnahme der Strafverfolgungsbehörde der Genehmigung des Bundestages.
Wir wollen mit diesem Antrag verhindern, daß
viele querulatorische und vexatorische, offensichtlich unbegründete Beschuldigungen erst einmal den
schwerfälligen Instanzenweg durchmachen, die sich
dann hier doch als eine völlig unerhebliche Angelegenheit herausstellen. Wir wollen dem Staatsanwalt die Möglichkeit geben, schon recht früh
auch offensichtlich querulatorische und vexatotorische Verfolgungen dadurch zu erkennen, daß
er eben dem beschuldigten Abgeordneten anheimstellt: Bitte, wollen Sie sich dazu äußern?
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Greve.
Meine Damen und Herren! Vorab möchte ich kurz zur Frage der Immunität schlechthin einiges sagen, da ich glaube, daß der Bericht, den Herr Kollege Dr. Mende hier gegeben hat, überhaupt erst dann richtig verstanden werden kann, wenn man sich über das Wesen der Immunität klar geworden ist. Die Immunität ist nämlich nicht im Interesse der Abgeordneten geschaffen, sondern einzig und allein im Interesse des Parlaments und der Erhaltung seiner Arbeitsfähigkeit. Die Ausführungen, die mein Freund Carlo Schmid zu Beginn dieses Bundestages über die Prärogative des Parlaments gemacht hat, haben nach wie vor ihre Gültigkeit. Es ist sehr schwer zu begreifen, was den Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität veranlaßt hat, dem Bundestag diesen Antrag in Drucksache Nr. 4052 vorzulegen.
Ich sagte: Nicht der Abgeordnete selbst ist es, in dessen Interesse die Immunität geschaffen worden ist. Das Parlament, und zwar ausschließlich und allein das Parlament, hat über die Immunität eines Abgeordneten zu entscheiden, darüber also, ob sie in dem Fall, daß der Verdacht einer strafbaren Handlung bei einem Abgeordneten besteht, aufrechterhalten oder aufgehoben werden soll.
({0})
Herr Kollege Dr. Mende hat hier eine Reihe von Gutachten der Länderjustizministerien angeführt, in denen keine Bedenken gegen diesen Antrag des Ausschusses erhoben worden sind. Meine sehr verehrten Anwesenden, wir wissen nicht, wie diese Äußerungen der Länderjustizministerien zustande gekommen sind, welcher Art sie im einzelnen sind, auf welche Gründe sie gestützt sind, so daß es in diesem summarischen Verfahren unmöglich ist, dem Antrag des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität zuzustimmen.
Herr Kollege Dr. Mende hat auch den Art. 46 des Grundgesetzes angezogen, in dem es mit völliger Klarheit heißt, daß wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden kann, es sei denn, daß er bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgendes Tages festgenommen wird. Was heißt denn „zur Verantwortung ziehen"? Doch nichts anderes, als daß mit den Ermittlungen begonnen wird: und auch die Vernehmung eines, der sich angeblich strafbar gemacht haben soll, oder die Herbeiführung einer Stellungnahme des Beschuldigten ist schon der Beginn von Ermittlungen und erfüllt den Tatbestand des Zurverantwortungziehens. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kann unter gar keinen Umständen die Aufgabe des Parlaments sein, zu verhindern. daß ein Abgeordneter, der in dem Verdacht einer strafbaren Handlung steht, der Unterstellung unter das Strafgesetz entzogen wird.
({1})
Wenn wir etwa dazu kämen, würden wir alle, glaube ich, uns zu nichts weiter zu entschließen brauchen, als die Immunität überhaupt abzuschaffen.
Es ist zum Ausdruck gebracht worden, der Abgeordnete sei schlechter gestellt als jeder Staatsbürger, der nicht Abgeordneter ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, darauf kommt es gar nicht an. Einzig und allein auf das Parlament kommt es an. Es trifft auch gar nicht zu, daß der Abgeordnete schlechter gestellt ist als jeder andere, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird. Das Parlament als solches hat durchaus ein Interesse daran, zu erfahren, ob ein Abgeordneter im Verdacht einer strafbaren Handlung steht oder nicht; und das würde gerade unter Umständen verhindert, wenn man dem Antrage in Drucksache Nr. 4052 zustimmte, wonach es dem Abgeordneten allein, ohne daß der Bundestag vorher mit der in seinem Interesse liegenden Frage der Aufhebung der Immunität befaßt worden ist, anheimgegeben ist, sich zu äußern zu einem Tatbestand, der ein strafbarer Tatbestand sein soll.
Wo würden wir hinkommen, meine sehr verehrten Anwesenden, wenn etwa ein Abgeordneter aus grundsätzlichen Erwägungen heraus - was nach dem Beschluß, der uns hier vorliegt, ja auch möglich ist - sich weigern sollte, zur Vorbereitung der Entscheidung auf ein Ersuchen der Staatsanwaltschaft hin Stellung zu nehmen! Derjenige, der sich weigerte, würde von vornherein - auch dann, wenn er es aus grundsätzlichen Erwägungen heraus tut - in den Verdacht kommen, ein schlechtes Gewissen zu haben, während derjenige, der sich nicht weigert, einer solchen Beurteilung nicht an-heimfällt.
Besteht denn nicht durchaus die Möglichkeit, daß jemand, der zu einem Ersuchen der Staatsanwaltschaft Stellung nimmt - was meines Erachtens nach Art. 46 des Grundgesetzes unzulässig ist -, damit nicht erreicht, daß das Verfahren dann unter Umständen eingestellt wird, obwohl es eigentlich erst eingestellt werden dürfte, nachdem vor Aufhebung der Immunität in weit größerem Umfang Ermittlungen angestellt sind, weil der Verdacht der strafbaren Handlung es erfordert?
Es ist auch nicht so, Herr Kollege Mende, daß man hier nur die querulatorischen und vexatorischen Beschuldigungen nicht in die Arbeitstätigkeit des Bundestages kommen lassen will. Die Staatsanwaltschaften, die von sich aus nicht unterscheiden können, ob es sich um eine offenbar an den Haaren herbeigezogene Anschuldigung handelt oder nicht, verkennen eben das Wesen ihrer Aufgabe. Jeder tüchtige Staatsanwalt hat es auch für den Fall, daß ein Abgeordneter einer strafbaren Handlung verdächtigt wird, in der Hand, von sich aus das Verfahren einzustellen, ohne vorher den Bundestag um die Aufhebung der Immunität anzugehen, wenn sich schon auf Grund der Durchsicht der bei ihm eingegangenen Anschuldigung ergibt, daß eine strafbare Handlung überhaupt nicht vorliegt, sondern nur ein Querulant mit Verdächtigungen völlig unsubstantiierter Art an die Staatsanwaltschaft herangetreten ist.
Ich glaube, auf Grund des Ihnen in Drucksache Nr. 4052 vorliegenden Antrags kann in solchen Fragen nicht entschieden werden ohne eingehende Prüfung der Unterlagen, die dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität zur Verfügung standen, im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht. Wenn nach dem Antrag ein Abgeordneter das Recht haben soll, sich zu äußern, dann wird es ihm in keiner Weise schwerfallen, sofern er ein Interesse daran hat und dieses Interesse sich mit dem Interesse des Parlaments begegnet, zu erreichen, daß seine Immunität aufgehoben wird.
Hier haben wir aber nach den entscheidenden Bestimmungen nach Art. 46 des Grundgesetzes allein darüber zu entscheiden, ob auf der einen Seite das Interesse des Parlaments gewahrt wird und auf der anderen Seite das Interesse, das die Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich an der Verfolgung einer strafbaren Handlung haben. Ein Interesse des Abgeordneten an der Immunität ist, wie ich eingangs sagte, nicht gegeben. Die Gründe, die zu dem Antrag in Drucksache Nr. 4052 geführt haben, gehen wesentlich von dem Interesse des Abgeordneten aus. Aus grundsätzlichen rechtlichen Bedenken sehen sich meine politischen Freunde und ich nicht in der Lage, dem Antrag Drucksache Nr. 4052 zuzustimmen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mende als Berichterstatter. Wollen Sie erst nach den anderen Rednern sprechen?
({0})
Dann erteile ich das Wort dem Abgeordneten Ewers.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich vorweg weniger zur rechtlichen als zur sozusagen menschlichsachlichen Situation äußern, wenngleich auch dabei von der Erörterung gewisser Rechtsbegriffe nicht abgesehen werden kann. Herr Dr. Greve
({0})
spricht von „Verdachten" und meint, daß jedem Verdacht nachzugehen ein Zurverantwortungziehen sei. Insoweit kann man mit ihm einig sein. Es fragt sich bloß, was „Verdacht" ist. Das Gesetz kennt den „hinreichenden" Verdacht zur Erhebung der Anklage, den „dringenden" Verdacht zur Verhaftung bzw. Untersuchungshaft und sonst nur den schlichten Verdacht.
In den Fällen, in denen die Immunität aufgehoben werden soll, handelt es sich vielfach noch gar nicht um einen Verdacht, sondern nur um eine Beschuldigung, eine Beschuldigung, die entweder mündlich beim Büro der Staatsanwaltschaft oder einer Polizeibehörde zu Protokoll gegeben wird oder in einem Schriftstück bei der Staatsanwaltschaft eingeht. Ob diese Beschuldigung geeignet ist, einen Verdacht zu erregen, das kann die Staatsanwaltschaft, wenn es sich nicht um einen ihr bekannten Querulanten handelt - und das wird die Ausnahme sein -, unter keinen Umständen feststellen. Die Staatsanwaltschaft hat auch kein Interesse an der Strafverfolgung - das ist ein lapsus linguae, Herr Dr. Greve -, sondern sie ist nach dem Gesetz verpflichtet, den Strafanspruch des Staates geltend zu machen ohne Ansehen der Person und ohne sich im geringsten nach einem Interesse zu richten, es sei denn neuerdings, es handele sich um eine Geringfügigkeit, die sie einstellen kann. Sonst - mit Ausnahme der Geringfügigkeit - ist der Strafverfolgungszwang das oberste Gebot der Staatsanwaltschaft und aller Justizbehörden.
Was soll nun dieser Antrag? Der Antrag soll nicht nur den einzelnen Abgeordneten vor Anprangerung im Bundestag schützen; er soll auch das Ansehen des Parlaments schützen. Denn wir im Geschäftsordnungsausschuß sind betroffen darüber und waren es noch mehr zu Beginn unserer Tätigkeit, daß in unserem Plenum fast in jeder Sitzung gegen diesen oder jenen Kollegen Aufhebungsanträge zur Erörterung standen, die dann je nach der lokalen Bedeutung des betreffenden Abgeordneten in seiner lokalen Presse zum Nachteil des Ansehens des Parlaments, breitgetreten wurden. Die Beschuldigungen waren zum Teil auf den ersten Blick nicht lächerlich, wohl aber auf den zweiten. Bei Personalverwechslungen z. B., die auch vorkommen, genügt ein Hinweis des Beschuldigten, daß er gar nicht gemeint sei, daß es sich etwa um den Nachbarn Soundso handle; bei dem Vorwurf irgendeiner Übertretung oder einem beliebigen Delikt kann für die Staatsanwaltschaft schon ein Hinweis darauf genügen, daß der Anzeigende gestern schon wegen Verleumdung bestraft worden sei, um zu erkennen, daß diese Beschuldigung nichts wert ist. Hier geht man nicht einem „Verdacht" nach, sondern der Frage: kann ich einen Verdacht hegen, muß ich Ermittlungen anstellen? Und hier gibt man dem Beschuldigten Gelegenheit, sich einmal kurz zu äußern, wenn er will.
Daß das Nichtwollen des Abgeordneten irgendwelche Rückschlüsse auf seine Schuld - die das Gericht ja später feststellen muß, wenn die Immunität aufgehoben sein sollte - zuläßt, ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gericht möchte ich sehen, das dann überhaupt noch urteilen will, wenn es Derartiges berücksichtigen sollte. Ich halte so etwas bei einem gewissenhaften Gericht für ausgeschlossen.
({1})
Dieser Vorschlag geht davon aus: „zur Verantwortung ziehen" heißt einem bei den Strafverfolgungsbehörden oder einem Privatkläger entstandenen Verdacht nachgehen und ihn durch Ermittlungen klären. Auch die verantwortliche Vernehmung des Beschuldigten ist Ermittlung. Die Mitteilung der Anzeige mit der Bitte um Äußerung ist keine verantwortliche Vernehmung, sondern die Anheimgabe der Rückäußerung an einen Staatsbürger, der hoffentlich allgemeine Achtung genießt. Wir halten diese Methode für unbedingt erforderlich, weil wir im Ausschuß in der Tat bei einer großen Anzahl von Vorwürfen, die sich im Rechtsleben sehr wesentlich ausnehmen, der Meinung gewesen sind, daß die Staatsanwaltschaft, wenn sie sich nur ein Wort zur Aufklärung hätte sagen lassen, niemals daran gedacht hätte, den Antrag auf Immunitätsaufhebung auf die Reise zu schicken. Deswegen hat es weniger mit Rechtsfragen zu tun als einfach mit der Klarstellung - die wir hier wollen -, daß nur Verdächten, die nicht nur von einem Beschuldiger erweckt werden sollen, sondern die irgendwie einleuchtend sind, nachgegangen wird, so daß der Angegriffene und damit der hier im Bundestag, also vor der breiten Offentlichkeit, angeprangerte Abgeordnete die Möglichkeit hat, vollkommen sinnlosen Beschuldigungen von vornherein die Spitze abzubrechen. Es kommt gar nicht in Betracht - und ich bitte die Damen und Herren, das zu glauben -, daß die Staatsanwaltschaft ohne dieses Hilfsmittel von sich aus, auf Grund subjektiver Erwägungen, eine Sache einstellen könnte, weil sie glaubt, daran bestehe kein Interesse.
({2})
- Sie haben selbst gesagt, das Interesse der Staatsanwaltschaft - ({3})
- Wörtlich!
({4})
- Nein, das ist gar nichts anderes!
({5})
- Melden Sie sich wieder zum Wort und reden Sie dann weiter! Wir wollen jetzt keine Privatunterhaltungen führen, wenn ich bitten darf. Sie haben das wörtlich gesagt! Sie haben weiter wörtlich gesagt, daß die Staatsanwaltschaft irgendwelche Schriftstücke, die ihr zugingen, einfach in den Papierkorb schmeißen könne, ohne jemanden zu hören. Das ist ein entscheidender Irrtum, es sei denn, daß die Anzeige von einem ihr bekannten Querulanten ausgeht. Dann kann sie es.
({6})
Aber normalerweise wird sie den Beschuldiger, den Anzeigenden nicht kennen; dazu ist sie dann nicht in der Lage.
Das Wort hat der Abgeordnete Mende als Berichterstatter.
Dr. Mende ({0}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Wunsch, Zeit einzusparen, ist leider an den verschiedenen Auffassungen gescheitert, die soeben hier vertreten wurden. Ich muß daher meinen Bericht er({1})
gänzen und bitte Sie um Entschuldigung, wenn er nunmehr allerdings sehr ausführlich ausfällt.
Ich gebe Herrn Kollegen Greve recht, daß die Frage, was das Immunitätsrecht sei, viele Diskussionen ausgelöst hat. Eine Richtung in der staatsrechtlichen Literatur nennt das Immunitätsrecht ein objektives Sonderrecht des Parlaments. Die anderen sagen, es sei ein subjektiv-öffentliches Recht des einzelnen Abgeordneten. Dieser Streit ist in neuerer Zeit so ziemlich entschieden, indem man sagt - und wir haben uns damals bei Annahme unserer Grundsätze als Anhang zur neuen Geschäftsordnung selbst einstimmig dafür entschieden -: das Immunitätsrecht ist ein objektives Sonderrecht des Parlaments mit subjektiver Reflexwirkung auf den einzelnen Abgeordneten, d. h. es ist kein Privileg, kein subjektiv öffentliches Recht des einzelnen Abgeordneten. Nicht in seiner Macht steht es, ob er darauf verzichten will oder nicht. Im Gegenteil, sein Wunsch ist für die Entscheidung des Parlaments völlig unerheblich. Es ist ein objektives Sonderrecht des Parlaments, hat aber subjektive Reflexwirkungen. Das Anheimgeben des Staatsanwalts an den einzelnen Abgeordneten, sich zu äußern, erscheint uns, Herr Kollege Greve, als ein Ausdruck jener subjektiven Reflexwirkungen, die aus dem objektiven Sonderrecht des Parlaments auf den Abgeordneten entfallen.
Warum hat nun der Immunitätsausschuß jenes aus der Praxis von dreieinhalb Jahren sich ergebende Verfahren überhaupt vorgeschlagen? Es ist doch so: Nur wenn man in der Ausschußarbeit steht und viele Hunderte Immunitätsfälle - sehr viele unerhebliche, auch einige erhebliche - in dreieinhalb Jahren bearbeitet hat, weiß man, welches das Motiv zu diesem Antrag war: Es geht darum, das Verfahren zu vereinfachen und einen unnötigen bürokratischen Prozeß zu vermeiden.
Darum haben auch die Landesjustizverwaltungen von Bayern, Baden-Württemberg, Bremen und Schleswig-Holstein vorbehaltlos ihr Einverständnis erklärt. Die übrigen Landesjustizverwaltungen haben sich wie folgt geäußert. Herr Kollege Greve, ich glaube sagen zu können, wenn ein Justizminister ein solches Gutachten unterzeichnet, dann darf man wohl annehmen, daß die Prüfung auch nach Rechtsgrundsätzen und nicht nur nach Gründen sachlicher Zweckmäßigkeit stattgefunden hat.
Hamburg berichtet wie folgt:
Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß gegen die von dem Immunitätsausschuß des Bundestages in Aussicht genommene Behandlung der Immunitätssachen Bedenken wegen des Wortlauts des Artikels 46 Abs. 2 des Grundgesetzes wie auch aus der rechtlichen Natur des Immunitätsbegriffes erhoben werden können.
Die Stellungnahme des beschuldigten Abgeordneten soll offensichtlich dazu dienen, der Staatsanwaltschaft die Grundlage für die Entschließung zu schaffen, ob ein etwaiges Verfahren eingestellt werden soll oder weitere Ermittlungen erforderlich sind. Das könnte aber als eine Untersuchungshandlung, also als ein „Zur-Verantwortung-Ziehen" im Sinne des Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes angesehen werden, das verfassungsrechtlich unzulässig ist.
Der Abgeordnete würde durch die in Aussicht genommene Behandlung der Angelegenheit persönlich in Anspruch genommen werden. Selbst bei einengender Auslegung des Begriffes „Zur-Verantwortung-Ziehen" könnte man daher eine derartige Amtshandlung nicht als zulässig betrachten.
Im übrigen ist zu beachten, daß das Privileg des Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes ein Recht des Bundestages, nicht aber des einzelnen Abgeordneten ist. Dieser kann auf seine Immunität nicht rechtswirksam verzichten. Bei dem von dem Immunitätsausschuß in Aussicht genommenen Verfahren könnte man der Ansicht sein, daß die Entscheidung darüber, ob der Abgeordnete als ein Teil des Parlaments durch Strafverfolgungsbehörden in Anspruch genommen werden kann, in seine Hände gelegt wird. Das dürfte dem Sinn und Zweck der Immunität zuwiderlaufen.
Da jedoch die Vorschläge des Immunitätsausschusses des Bundestages als durchaus zweckmäßig und dem einzelnen Abgeordneten und damit auch dem Parlament in seiner Gesamtheit als dienlich betrachtet werden müssen, wird man die auftauchenden Bedenken zurückstellen können.
({2})
- Herr Kollege Greve, ich kann mich als Berichterstatter nicht über die Qualifikation der Meinung eines Justizministeriums äußern.
Hessen:
Zu dem Vorschlag, der dem Immunitätsausschuß des Deutschen Bundestages in der Sitzung vom 2. Oktober 1952 unterbreitet worden ist, habe ich mich in einem Fernschreiben vom 7. Oktober 1952 an den Herrn Bundesminister der Justiz wie folgt geäußert:
Gegen den Vorschlag bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Jedoch sollte der zweite Satz des Vorschlages gestrichen werden, weil der Bundestag nicht darüber Beschluß zu fassen hat, wie das Grundgesetz auszulegen ist. Vielmehr würde er mit der Annahme des Vorschlages die allgemeine Genehmigung erteilen, jeden Abgeordneten, der einer strafbaren Handlung verdächtig ist, zu der Beschuldigung schriftlich anzuhören. Im ersten Satz des Vorschlages sollte es daher statt „kann" richtiger heißen „darf".
Zur näheren Begründung führe ich folgendes an:
Es ist zu begrüßen, daß die Einstellung von Strafverfahren gegen Abgeordnete, die ohne Untersuchungshandlungen möglich ist, erleichtert werden soll.
Es darf aber nicht verkannt werden, daß es eine Frage der Auslegung des Grundgesetzes ist, was unter dem Begriff „Zur-VerantwortungZiehen" im Sinne des Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes zu verstehen ist. Ich halte es für bedenklich, daß der Bundestag eine Interpretation dieser Verfassungsbestimmung gibt; sie wäre für die Justizbehörden nicht verbindlich und außerdem auch angreifbar. Denn die Aufforderung an einen Abgeordneten, zu einer gegen ihn erstatteten Anzeige Stellung zu nehmen, ist eine Ermittlungshandlung, mit der die Staatsanwaltschaft beginnt, den Sachverhalt zu erforschen ({3}). Der Abgeordnete wird mit dieser Maßnahme „zur Unter({4})
suchung gezogen". Daß er nicht zu antworten braucht oder eine Stellungnahme ausdrücklich ablehnen kann, ist ein Recht, das jedem Beschuldigten zusteht; daß er nicht vorgeladen, sondern zu einer schriftlichen Äußerung aufgefordert wird, ist kein sachlicher, sondern nur ein äußerlicher Unterschied zu der Behandlung anderer Beschuldigter und eine Vergünstigung, die unter Umständen auch anderen Beschuldigten in hervorragender Stellung gewährt werden kann.
Ich halte es daher für richtiger, wenn der Bundestag, statt das Grundgesetz zu interpretieren, einen Beschluß des Inhalts fassen würde, daß die Staatsanwaltschaften allgemein ermächtigt werden, einen Abgeordneten, der einer Straftat beschuldigt wird, zu einer schriftlichen Äußerung zu der Beschuldigung aufzufordern.
Also sogar ein konstruktiver Vorschlag aus dem Justizministerium in Hessen.
Rheinland-Pfalz sagt:
Mit dem Vorschlag zur Einschränkung der Immunitätssachen bin ich grundsätzlich einverstanden. Falls der in Ihrem Fernschreiben mitgeteilte Wortlaut förmlich beschlossen werden soll, rege ich an, die zweite Hälfte des ersten Satzes wie folgt zu fassen:
„ .... kann die Staatsanwaltschaft, wenn dies im Einzelfall zweckmäßig erscheint, dem Beschuldigten Gelegenheit geben, zu der gegen ihn erhobenen Beschuldigung schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Staatsanwaltschaft oder eines Amtsrichters Stellung zu nehmen."
Begründung:
1. „Gelegenheit zur Stellungnahme geben" erscheint milder und mit Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes eher vereinbar als „zur Stellungnahme auffordern".
2. Die Einschaltung „wenn dies im Einzelfall zweckmäßig erscheint", soll klarstellen, daß in jedem Fall zu prüfen ist, ob eine Anhörung des Beschuldigten der Sache dient, insbesondere ob sie eine Klärung in dem Sinne verspricht, daß das Verfahren einzustellen ist, und ob sie einer Überführung des Beschuldigten nicht abträglich ist.
Nordrhein-Westfalen sagt:
Der vorgesehene Beschluß weicht ab von der Auslegung, die der Begriff des „Zur-Verantwortung-Ziehens" bisher in der Rechtsprechung der Gerichte und in der ihr folgenden Praxis der Parlamente gefunden hat. Soweit der Beschluß lediglich die Erklärung enthält, der 1. Bundestag werde in der Einholung einer Stellungnahme des Abgeordneten zu den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen ein „Zur-Verantwortung-Ziehen" im Sinne von Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht sehen und dem Staatsanwalt, falls er die Stellungnahme des Abgeordneten einholt, daraus den Vorwurf der Immunitätsverletzung nicht machen, dürften gegen den Beschluß Bedenken nicht bestehen. Verbindliche Kraft würde der Beschluß allerdings nur dann haben, wenn dem Parlament nach Verfassungsgrundsätzen das Recht zur
authentischen Interpretation einer Verfassungsnorm zuerkannt werden könnte.
({5})
Niedersachsen:
Ich begrüße den Vorschlag, da er geeignet ist, in einstellungsreifen Sachen verwaltungsmäßigen Leerlauf zu verhindern. Rechtliche Bedenken bestehen nach meiner Meinung nicht. Für die Fassung empfehle ich, schriftliche Aufforderung durch die Staatsanwaltschaft vorzusehen, damit ausgeschaltet wird, daß der Bundestagsabgeordnete etwa über den Weg durch die Polizei oder durch das Gericht angegangen wird.
Berlin:
Der Auffassung, daß ein „Zur-VerantwortungZiehen" im Sinne des Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht vorliegt, wenn ein Abgeordneter gegenüber der Staatsanwaltschaft freiwillig zu einer gegen ihn erhobenen Beschuldigung Stellung nimmt, schließe ich mich an. Es bedeutet daher keinen Verstoß gegen die genannte Vorschrift, wenn die Staatsanwaltschaft dem Abgeordneten die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mitteilt und ihm anheimgibt, sich dazu zu äußern. Mit dieser Einschränkung
- die wir übrigens angenommen haben stimme ich den vom Immunitätsausschuß des Bundestages in Aussicht genommenen Verfahren zu. Hingegen könnte in einer Aufforderung der Staatsanwaltschaft zur Erklärung über strafrechtliche erhebliche Vorwürfe schon eine Form des „Zur-Verantwortung-Ziehens" gesehen werden.
- Wir hatten ursprünglich im Text „Aufforderung" und haben nachher die mildere Form „Anheimgeben" beschlossen. Die mit dem Beschluß des Immunitätsausschusses bezweckte - und zu begrüßende - Vereinfachung des Geschäftsganges dürfte schon erreicht werden, wenn die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Stellungnahme anheimgibt.
Nun faßt das Bundesjustizministerium seinerseits die Gutachten der zehn Landesjustizministerien zusammen, und ich bitte Sie, das aufmerksam anzuhören, weil es ja, meine Damen und Herren, um Ihre Immunität und um die Handhabung vielleicht auch in Ihrem eigenen Falle gehen könnte. Das Bundesjustizministerium erklärt:
Gegen den Vorschlag des Vorsitzenden des Immunitätsausschusses bestehen nach Auffassung des Bundesjustizministeriums im Ergebnis keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Es ist davon auszugehen, daß es sich bei der Immunität nicht um ein Privileg der Abgeordneten, sondern des Parlaments handelt. Das Parlament kann daher im Interesse seines Ansehens und des Ansehens seiner Abgeordneten verlangen, daß ihm keine Anträge auf Aufhebung der Immunität vorgelegt werden, die erkennbar einer Begründung entbehren. Diesem Ziele soll der vorgeschlagene Beschluß dienen.
Schon bisher ist im Schrifttum anerkannt, daß die Staatsanwaltschaft berechtigt ist, die({6})
jenigen Feststellungen zu treffen, welche lediglich einen Antrag auf Aufhebung der Immunität vorbereiten sollen - vergl. Bockelmann, Die Unverfolgbarkeit der Abgeordneten nach deutschem Immunitätsrecht, Göttingen, 1951, S. 47 -. Jedoch darf diese aufklärende Tätigkeit nicht zu einem eigentlichen Verfahren gegen den Abgeordneten werden.
Im einzelnen hat das für den angeregten Beschluß folgende Bedeutung:
Eine Grenze müssen derartige Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zunächst dort finden, wo sie sich zu einem echten Verfahren gegen den Abgeordneten ausweiten. Nur die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft ist statthaft, die sich ihrer Natur nach nicht schon als ein „ZurVeranwortung- Ziehen" darstellt. Unter diesem Gesichtspunkt wird es aber als zulässig anzusehen sein, wenn die Staatsanwaltschaft dem Abgeordneten die Anzeige lediglich mitteilt und ihm anheimstellt, dazu Stellung zu nehmen.
Wenn man das Prinzip, daß bereits die ersten und einleitenden Akte der Strafverfolgung der parlamentarischen Genehmigung bedürfen, nicht theoretisch überspitzen will - vergl. dazu Bockelmann a. a. O. -, so wird man in einer derartigen Handhabung durch die Staatsanwaltschaft ihrer Natur nach nicht notwendig ein „Zur-Verantwortung-Ziehen" sehen können. Eine derartige Maßnahme unterscheidet sich ganz offensichtlich etwa von der Vorladung des Beschuldigten zur Vernehmung, die man in allen Fällen als Verfolgungsmaßnahme wird ansehen müssen, auch wenn sie nur dazu dient, den Beschuldigten zu entlasten.
Die Mitteilung der Anzeige an den Beschuldigten mit dem Anheimgeben einer Stellungnahme wird daher nur dann als zulässig zu erachten sein, wenn sie dazu dient, einen Antrag der Staatsanwaltschaft an den Bundestag auf Aufhebung der Immunität vorzubereiten, also der Staatsanwaltschaft eine Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob ein Antrag auf Aufhebung der Immunität gestellt werden soll.
Nicht zulässig wäre eine solche Maßnahme dann, wenn sie der Staatsanwaltschaft Unterlagen für ihre Entscheidung liefern soll, ob Anklage erhoben oder ob das Verfahren eingestellt werden soll. Dann würde sich die zwar nicht notwendigerweise als Verfolgungsmaßnahme zu qualifizierende Handlung im konkreten Falle doch als Verfolgungsmaßnahme erweisen.
Dagegen dürfte es nicht richtig sein, die Zulässigkeit von Ermittlungshandlungen nach dem Grad des Zweifels zu bemessen, der bei der Staatsanwaltschaft darüber besteht, ob die Anzeige begründet ist oder nicht. Bockelmann - a. a. O. - vertritt allerdings die Auffassung, daß alsbald und ohne weiteres die Entscheidung des Bundestages herbeizuführen sei, wenn nicht „Zweifel darüber, ob die Verdächtigung eines Abgeordneten Hand und Fuß hat, . . . . geradezu in die Augen springen". Wenn damit gesagt sein soll, daß nur in diesen extremen Fällen Ermittlungen überhaupt zulässig sein sollen, dann wird diese Auffassung einer Überprüfung bedürfen. Wenn der Bundestag mit Recht verlangen kann, daß keine unbegründeten Anträge bei ihm eingebracht werden, dann wird in jedem Falle, in dem eine Rückfrage bei dem Abgeordneten für die Entscheidung, ob ein Antrag auf Aufhebung der Immunität gestellt werden soll, von Bedeutung sein kann, die Staatsanwaltschaft auch von dieser Möglichkeit Gebrauch machen können und sollen.
Zu der Fassung des Beschlusses darf entsprechend der Stellungnahme Berlins angeregt werden, statt von „Auffordern" besser von „Anheimstellen" zu sprechen,
- ich betone: diese Veränderung ist dann eingeführt um damit klar zum Ausdruck zu bringen, daß es sich noch um keine echte Ermittlung in einem Strafverfahren handelt.
Ferner wird es sich empfehlen, ausdrücklich zum Ausdruck zu bringen, daß die Rückfrage bei dem Abgeordneten der Vorbereitung einer Entscheidung darüber dienen soll, ob ein Antrag auf Aufhebung der Immunität zu stellen ist.
Weiterhin ist zu bemerken, daß in dem für zulässig erachteten Verfahren ganz allgemein, also nicht nur dann, wenn der Abgeordnete sich zur Abgabe einer Stellungnahme bereit erklärt, kein „Zur-Verantwortung-Ziehen" liegt. Der zweite Satz des Beschlusses könnte nach seiner jetzigen Fassung in dieser Beziehung zu Mißverständnissen Anlaß geben. Wenn auch entgegen der Auffassung von Hessen keine Bedenken dagegen bestehen dürften, daß der Bundestag seine Meinung in der beabsichtigten Form zum Ausdruck bringt, so erscheint doch der zweite Satz im ganzen entbehrlich zu sein. Es wird daher angeregt, ihn ganz zu streichen oder jedenfalls nur zu sagen: „Hierin liegt kein Zur- Verantwortung-Ziehen im Sinne von Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes".
Zusammenfassend wird folgende Fassung des Beschlusses in Vorschlag gebracht: . .
Dann faßt das Bundesjustizministerium jeden Vorschlag zusammen, der Ihnen in der Drucksache vorliegt.
({7})
Ich glaube, durch diese ausführliche Zitierung der Gutachten der neun Landesjustizministerien - soweit sie nicht unmittelbar einverstanden waren wie die genannten vier - und durch die Stellungnahme des Bundesjustizministeriums dürfte wohl erhärtet sein, daß der Immunitätsausschuß, in dem im übrigen auch Juristen sitzen, sich sehr eingehend auch mit der rechtlichen Problematik dieser Frage befaßt hat. Im übrigen hat es noch zu keiner Zeit ein Parlament gegeben, in dem nicht über ein juristisches Problem gestritten worden ist. Mir scheint aber, daß man hier die praktische Erfahrung als primär ansehen sollte.
Ich bitte Sie daher erneut, dem einstimmig gefaßten Beschluß des Ausschusses zuzustimmen, der nicht zuletzt auf eine Anregung Ihres Kollegen, des Vorsitzenden Ritzel, zurückgeht.
({8})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Gengler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Dr. Greve hat vorhin eine Reihe Befürchtungen ausgesprochen, die auch
({0})
im Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität eingehend erörtert worden sind. Ich darf aber Herrn Kollegen Dr. Greve versichern, daß wir uns bei der Stellung dieses Antrags sehr eingehend beraten haben, und ich möchte ihn bitten, aus einer verhältnismäßig einfachen Sache keine komplizierte Angelegenheit zu machen.
Der Antrag ist aus den im Geschäftsordnungsausschuß in drei Jahren gesammelten Erfahrungen entstanden und bezweckt, wie bereits die Herren Kollegen Dr. Mende und Ewers ausgesprochen haben, nichts anderes, als das bisherige Verfahren zu vereinfachen. Wir haben erlebt, daß eine große Anzahl von Bagatellsachen an den Bundestag herangekommen sind mit Anträgen zur Aufhebung der Immunität, die letzten Endes einem Tatbestand kaum entsprochen haben und oft aus niedrigen Motiven gestellt waren, daß aber letzten Endes diese Anträge auf Aufhebung der Immunität zu einer Diffamierung der betreffenden Abgeordneten und zu Nachteilen für sie geführt haben. Dinge, von denen sonst draußen kein Mensch spricht, sind hier verfahrensmäßig für Abgeordnete zu Großaktionen geworden. Ich nenne hier nur das Kapitel der Verkehrsübertretungen. Viele Kollegen im Hause, die überrascht waren, Anträge auf Aufhebung ihrer Immunität auf der Tagesordnung zu sehen, sind zu uns gekommen und haben gefragt: Was haben wir eigentlich verbrochen? Wir haben bisher überhaupt keine Kenntnis von einem Verfahren gegen uns!
Wir haben festgestellt, daß manche dieser Fälle wahrscheinlich den Weg zum Bundestag überhaupt nicht gefunden hätten, wenn den Abgeordneten die Möglichkeit gegeben worden wäre, sich über einen solchen Antrag zu äußern. Gerade diese Dinge, die uns zu der Überzeugung geführt haben, daß hier die Immunität verfahrensmäßig zum Nachteil des Abgeordneten wird, sollen dadurch, daß man dem Abgeordneten, wie das sonst bei jedem Staatsbürger der Fall ist, die Möglichkeit einer Äußerung gibt, vereinfacht und eine rasche Erledigung ermöglicht werden.
In diesem Sinne möchte ich feststellen: das Wesen der Immunität, um die es offensichtlich und berechtigterweise dem Herrn Kollegen Dr. Greve geht, wird durch diesen Antrag und das damit angestrebte Verfahren in keiner Weise berührt. Es heißt ja - ich wiederhole nochmals den Satz, den vorhin auch Herr Kollege Dr. Mende zitiert hat -; es soll die Möglichkeit geschaffen werden, dem Abgeordneten die Anschuldigungen mitzuteilen und ihm anheimzustellen, hierzu Stellung zu nehmen.
Ich bitte also nochmals, die Sache nicht komplizierter zu machen, sondern durch Annahme dieses Antrags das bisherige Verfahren zu erleichtern.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Greve, drei Minuten!
Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß es angebracht ist zu sagen, man solle hier eine einfache Sache nicht komplizieren. Dann hätte man andere Wege gehen müssen. Es ist überhaupt eine Frage: Was sollen wir mit all den Gutachten der Länderjustizministerien? Das Parlament selbst hat hier zu entscheiden, und das Parlament selbst hat sich den Rechtsstandpunkt in dieser Frage zu erarbeiten. Herr Kollege Ewers, es ist schwer, mit Ihnen zu diskutieren, wenn Sie grundsätzlich alles anders verstehen, als man es sagt. Wenn Sie das Protokoll meiner Rede nachlesen, dann werden Sie nicht finden, daß ich etwas von Papierkorb gesagt habe.
({0})
Darauf war ein Teil Ihrer Ausführungen aufgebaut. Es kommt auch gar nicht darauf an, ob wir dem folgen, was Sie sagen, oder dem folgen, was ich sage. Es kommt darauf an, daß wir hier den Weg des Rechts gehen.
({1})
Herr Kollege Gengler, die Immunität ist eine einheitliche Angelegenheit, und das Wesen der Immunität kann man nicht heute so und morgen anders betrachten. Herr Kollege Gengler, Bagatellsachen, Übertretung der Straßenverkehrsordnung,
- ja, das haben wir doch hier alles schon dadurch geregelt, daß in den Fällen, in denen der Ausschuß mit Zweidrittelmehrheit beschließt, daß die Immunität aufgehoben wird, die Frage überhaupt nicht mehr ans Plenum kommt. In einem gebe ich Ihnen allerdings recht, Herr Kollege Ewers: daß das Ansehen des Parlaments sehr oft durch die Art der Berichterstattung gestört worden ist, nämlich dadurch, daß einige Berichterstatter - wir haben es alle, glaube ich, so empfunden - hier manchmal eine gewisse Freude daran hatten, einen Tatbestand in aller Breite vorzutragen, den man auch sehr kurz hätte fassen können. Durch die Art der Berichterstattung ist eben oft das Ansehen des Parlaments gestört worden, nicht durch andere Dinge, wie Sie meinen.
Es ist leider nicht mehr die Zeit dazu, daß ich mich mit den Ausführungen von Herrn Kollegen Dr. Mende auseinandersetzen kann. Aber Sie haben aus den Ausführungen von Herrn Kollegen Mende entnehmen können, daß in sehr vielen Fällen grundsätzliche Bedenken rechtlicher Art aus Zweckmäßigkeitsgründen zurückgestellt worden sind und daß man aus diesen Zweckmäßigkeitsgründen empfiehlt, diesen Antrag, den der Ausschuß Ihnen vorgelegt hat, anzunehmen. Ja, wenn Zweckmäßigkeitsgründe zur Grundlage von Rechtsentscheidungen gemacht werden sollen, dann muß ich doch sagen, daß diejenigen, die in den Justizministerien der verschiedenen Länder - um mit dem Herrn Bundesminister der Justiz zu sprechen
- als „Kunsthandwerker" tätig gewesen sind und solche Gutachten abgegeben haben, in keiner Weise den großen Befähigungsnachweis erbracht haben.
({2})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Reismann.
({0})
- Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der Aussprache.
Wir haben abzustimmen über den Antrag des Ausschusses. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag des Ausschusses zustimmen, die Hand zu heben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich rufe nun auf Punkt 13 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({1}) betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Parzinger gemäß Schreiben des Rechtsan({2})
walts Merkenschläger, Traunstein, vom 18. Dezember 1952 und 23. Januar 1953 ({3}).
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Striebeck.
Striebeck ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich um die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Parzinger, die vom Rechtsanwalt Merkenschläger aus Traunstein im Auftrage des Bürgermeisters Valentin Plenk in Unterwössen beantragt wird, um gegen den Abgeordneten Parzinger eine Widerklage in einem von diesem gegen Plenk eingeleiteten Privatklageverfahren erheben zu können.
Da hier eine einheitliche Auffassung des Ausschusses nicht zu erreichen war, muß ich leider den Sachverhalt etwas ausführlicher schildern. Vielleicht darf ich aber schon zu Anfang darauf hinweisen und besonders darauf aufmerksam machen, daß sich der Vorgang, der dem Antrag zugrunde liegt, bereits am 21. November 1950 abgespielt hat. Damals tobte der Landtagswahlkampf in Bayern. Die Bayernpartei hatte zu einer öffentlichen Wahlversammlung in Schleching aufgerufen. Das Referat hielt der Abgeordnete Parzinger, und in der Diskussion sprach für die CSU Bürgermeister Plenk. Es kam u. a. zu einer Auseinandersetzung über die Biersteuer, und dabei wurden die angeblichen Beleidigungen ausgesprochen. Herr Parzinger hat damals den Bürgermeister als einen Zentralisten und einen schlechten Bayern bezeichnet,
({5})
der mit seiner Einstellung zur Biersteuer sein Heimatland verrate.
({6})
Der Bürgermeister entgegnete darauf, daß er die Worte nicht so tragisch nehme, denn Parzinger habe sich schon zweimal mit Erfolg auf den § 51 berufen; er sei eben nicht zurechnungsfähig und werde sich vermutlich wieder auf § 51 zurückziehen, wenn er ihn fassen wolle.
Parzinger hat diese damaligen Behauptungen als Beleidigung aufgefaßt und den Bürgermeister Plenk verklagt. In dem dafür angesetzten Termin ist es aber nicht zu einem Urteil gekommen; vielmehr wurde die Sache vertagt, weil der beklagte Bürgermeister angab, daß gleichzeitig eine von Parzinger gegen die Redakteure des „Bayern-Kurier" angestrengte Privatklage laufe, der der gleiche Sachverhalt zugrunde liege.
In dieser Klage Parzinger gegen „Bayern-Kurier" ist es dann später zu einem Vergleich gekommen, nachdem die angeklagten Redakteure erklärten, daß der Artikel mit den Behauptungen gegen den Abgeordneten Parzinger auf falschen Informationen beruhe und daß sie sich davon überzeugt hätten, daß Parzinger weder vor Gericht noch beim Wohnungsamt den § 51 für sich in Anspruch genommen habe.
Diese Tatsache ist deshalb wichtig, weil sich der vom Kollegen Parzinger verklagte Bürgermeister damals in seiner Erwiderung an das Gericht ausdrücklich auf den Bericht des „Bayern-Kurier" berufen und gemeint hat, daß Parzinger wohl keinen Mut habe, die Zeitung zu verklagen. Da nun aber die Zeitung vor Gericht erklären mußte, daß die Behauptungen gegenüber dem Abgeordneten Parzinger nicht der Wahrheit entsprechen, dürfte auch der Ausgang der Beleidigungsklage des Abgeordneten Parzinger gegen den Bürgermeister Plenk vorauszusehen sein.
Letzterer versucht nun - fast zweieinviertel Jahre nach der angeblichen Beleidigung -, den Spieß umzudrehen, und das ist es, was uns heute beschäftigt. Bürgermeister Plenk hat eine Widerklage gegen den Abgeordneten Parzinger erhoben und beantragt die Aufhebung der Immunität mit der Begründung, daß er von Parzinger in der gleichen Versammlung ebenfalls beleidigt worden sei.
Der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität hat sich am 12. Februar mit der Angelegenheit befaßt. Während die große Mehrheit den Standpunkt vertrat, daß es sich hier, falls überhaupt eine Beleidigung angenommen werden könne, um eine politische Beleidigung handele, bei der nach den Grundsätzen des Ausschusses und des Bundestages die Immunität nicht aufgehoben werden soll, waren drei Mitglieder, obwohl sie diesen Standpunkt teilten, der Meinung, daß dem beklagten Bürgermeister die Möglichkeit einer Widerklage gegen den Abgeordneten Parzinger gegeben werden müsse.
Der Ausschuß beschloß bei drei Enthaltungen, dem Hohen Hause zu empfehlen, die Genehmigung zur Durchführung des Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Parzinger nicht zu erteilen, d. h. die Immunität nicht aufzuheben. Ich darf Sie bitten, in diesem Sinne zu beschließen.
Für diesen Gegenstand war eine Debatte nicht vorgesehen. Ich kann dann gleich zur Abstimmung übergehen. Ich bitte diejenigen, die der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu heben. - Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Ich rufe auf Punkt 14 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({0}) betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Heiland gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 17. Dezember 1952 ({1}) ({2}).
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Gengler.
Gengler ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesminister der Justiz ersucht mit Schreiben vom 17. Dezember 1952, eine Entscheidung über die Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Herrn Abgeordneten Heiland wegen Beleidigung herbeizuführen. Dem Ersuchen liegt eine Privatklage des Journalisten Schomaker zugrunde. Hiernach soll der Abgeordnete Heiland in einer öffentlichen Wahlversammlung anläßlich der Kommunalwahlen am 23. Oktober 1952 in Marl-Brassert u. a. behauptet haben:
Bemerkenswert ist, daß er,
- der Herr Schomaker als er plötzlich nicht mehr als Fähnleinführer herumlaufen wollte, dann mit holländischen Zeichen herumlief und sich schämte, ein Deutscher zu sein. Übrigens ist er gebürtiger Hülser, wie ich noch heute im Einwohnermelderegister eingesehen habe. Dieser Holländer! Die arme,
({4})
arme CDU, die keinen anderen ihrer Ratsmitglieder zum Sprecher hat und sich eines solchen
erbärmlichen Jüngsken bedienen muß.
Weiterhin hat der Journalist Schomaker mit Schreiben vom 27. Oktober 1952 Strafantrag gegen den Abgeordneten Heiland als Bürgermeister der Stadt Marl wegen Verstoßes gegen das Wirtschaftsstrafgesetz gestellt. Hierin wirft er dem Abgeordneten Heiland vor, daß er als Bürgermeister der Stadt Marl ohne Befragung des Rates der Stadt bei einem Architekten eine Menge von 780 t Moniereisen zum Preis von '790 DM je Tonne bestellt hat. Der Architekt forderte für die Menge von 530 t Moniereisen den Betrag von rund 430 000 DM. Dieser Betrag gelangte in bar zur Auszahlung. Die preisrechtlich zulässige Endsumme hätte nach den damaligen Preisvorschriften nur 195 000 DM betragen dürfen. Der von dem Architekten geforderte und ihm bezahlte Mehrerlös beläuft sich also nach diesen Angaben auf rund 200 000 DM.
Der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen erklärt, wie aus den Akten hervorgeht, daß der Oberstaatsanwalt in Essen ein Ermittlungsverfahren lediglich gegen den mitbeschuldigten Architekten eingeleitet hat. In der Strafsache gegen den Abgeordneten Heiland wegen Preisvergehens wird der Oberstaatsanwalt zum Zweck der Herbeiführung einer Entschließung des Bundestages gemäß Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes berichten, falls nicht das Verfahren gegen den Abgeordneten ohne Ermittlung eingestellt wird. Die Anzeigesache wegen Preisvergehens kann also erst behandelt werden, wenn sie vom Justizministerium mit einem Antrag vorgelegt wird.
In der Beleidigungssache Schomaker aber ist festzustellen, daß die Äußerungen zweifellos persönliche Beleidigungen darstellen, jedoch sind sie im Rahmen des kommunalen Wahlkampfes vorgekommen und fallen unter den Begriff politischer Beleidigungen. In unserer bisherigen Praxis haben wir davon abgesehen, in solchen Fällen die Immunität aufzuheben. Der Ausschuß ist daher auch in diesem Falle zu der Auffassung gekommen, die Genehmigung zur Eröffnung des Strafverfahrens nicht zu erteilen.
({5})
Ich bitte das Hohe Haus, dem Ausschußantrag zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die der Vorlage des Ausschusses zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe Punkt 15 auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({0}) betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dr. Ott gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 12. Januar 1953 ({1}) ({2}).
Das Wort zur Berichterstatung hat Herr Abgeordneter Ritzel.
Ritzel ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! bei dem Herrn Oberstaatsanwalt in Bonn ging die Abschrift eines Schreibens des Wolfgang Reuschle, des früheren Fahrers des Abgeordneten des Deutschen Bundestags Dr. Ott, ein. In diesem Schreiben wird der Bundestagsabgeordnete Dr. Ott des Betrugs zum Nachteil der Kasse des Deutschen Bundestags bezichtigt.
({4})
Es sind von uns gewisse Feststellungen dazu getroffen worden.
Der Ausschuß empfiehlt einstimmig die Freigabe der Strafverfolgung durch Aufhebung der Immunität.
Vor drei Tagen ist ein Telegramm des früheren Fahrers Reuschle mit folgendem Wortlaut eingegangen:
Dem Immunitätsausschußverfahren gegen Dr. Ott liegt ein von mir geschriebener Privatbrief zugrunde. Ich nehme freiwillig hiermit den Inhalt des Briefes zurück. Schriftliche Erklärung folgt. Ergebenst Reuschle.
Daß ein solcher Brief eingegangen ist, darf für den Gang des Verfahrens als unerheblich betrachtet werden.
Ich bitte das Hohe Haus, dem Ausschußantrag zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort ist nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; damit ist das so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 16 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Schmücker, Eckstein, Ohlig, Dannemann, Jaffé und Genossen betreffend Übernahme von Straßen I. Ordnung als Bundesstraßen im Raum des Emsland-Planes ({0}).
Der Ältestenrat hat für die Begründung 10 und für die Aussprache 40 Minuten vorgesehen. Ich darf aber im Hinblick auf die vorgerückte Zeit darum bitten, daß diese Redezeit nicht ausgenutzt wird.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Schmücker.
Schmücker ({1}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde versuchen, mir nicht den Unwillen des Hohen Hauses zuzuziehen, und werde es sehr kurz machen. Einige Worte muß ich aber sagen, da es sich hier nicht um einen Antrag von vielleicht nur lokaler Bedeutung handelt.
Der Antrag betrifft das größte Kultivierungsobjekt, das wir gegenwärtig in Deutschland durchführen. Die Notwendigkeit der Ödlandkultivierung haben wir noch vorgestern betont. Es dürfte in diesem Hause wohl niemand geben, der die Notwendigkeit der Kultivierung bestreitet. Man kann aber nur kultivieren, wenn man die Vorbedingungen schafft, wenn man die Verkehrsverhältnisse in Ordnung bringt. Im Raum des Emsland-Planes gibt es nur eine Bundesstraße. Wenn Sie sich diesen Flecken Erde einmal auf der Autokarte ansehen, werden Sie feststellen, daß in einem Quadrat von etwa 60 km überhaupt keine Bundesstraße vorhanden ist. Wir schlagen nun vor, daß der Bund die vier aufgezeichneten Straßen übernimmt, damit das Land Niedersachsen dementsprechend Kreisstraßen, die übrigens eine größere Zahl von Kilo({2})
metern ausmachen, übernehmen kann und die Kreise und Gemeinden schließlich wieder frei werden und neue Straßen bauen können.
Wir haben vier Linienführungen angegeben, möchten aber erwähnen, daß in zwei Fällen noch keine Klarheit erzielt ist. Wir empfehlen dem Verkehrsausschuß, die Linienführung mit den zuständigen Stellen, vielleicht auch mit den Abgeordneten dieses Bezirks zu besprechen.
Zum Schluß noch ein Wort. Es wird behauptet, daß es infolge der umfangreichen Frostschäden nicht möglich sein dürfte, diese Straßen jetzt zu übernehmen. Es ist klar, daß in diesem Winter ungeheure Frostschäden zu beklagen sind; aber wir müssen in der Ödlandkultivierung weiterkommen. Irgendwie muß man einen Weg finden, um den Verkehr zu erschließen; sonst werden wir die Kultivierungsarbeiten nicht fortsetzen können.
Ich beantrage die Überweisung an den Verkehrsausschuß und zur Mitberatung an den Haushaltsausschuß.
Damit ist der Antrag begründet, das Wort hat Herr Abgeordneter Ohlig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich will mich ganz kurz fassen, um die Zeit nicht unnötig in Anspruch zu nehmen. Ich möchte hier nur noch einmal herausstellen: es handelt sich nicht darum, daß wir hier einen anderen Lastenträger für die Unterhaltung der Straßen suchen; sondern das Land Niedersachsen und die in Frage kommenden Kreise haben sich bereit erklärt, vielleicht sogar noch größere Straßenkilometerlängen dann zu übernehmen, wenn der Bund diese vier Straßen übernimmt.
Ich möchte ferner die Bedenken zerstreuen, die mir zugetragen worden sind, daß die Bundesbahn durch die Schaffung dieser vier Bundesstraßen geschädigt werden könnte. Auch das ist nicht der Fall, weil in diesem Gebiet so gut wie gar keine Eisenbahnverbindungen bestehen, höchstens einige Kleinbahnverbindungen. Wenn wir also das Ems-land und auch die Gebiete, die durch das LedaJümme-Projekt wirtschaftlich erschlossen werden sollen, an andere Wirtschaftsgebiete anschließen möchten, ist es notwendig, daß diese vier Straßen vom Bund übernommen werden.
Ich bitte Sie also ebenfalls, diesem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dannemann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor zwei Jahren hat das Hohe Haus hier mit überwältigender Mehrheit den sogenannten Emsland-Plan beschlossen, einen Plan, durch den im Laufe von 10 Jahren ein großes, bislang mehr oder weniger unerschlossenes Gebiet der Kultur erschlossen werden soll und damit Tausende von neuen Existenzen geschaffen und Tausende von neuen Betrieben erstellt werden sollen. Ich darf wohl sagen, daß dieses große Kultivierungswerk in den ersten beiden Jahren mit viel Schwung, aber auch mit bereits sichtbaren Erfolgen angelaufen ist. Durch das kürzlich hier verabschiedete Siedlungsgesetz und das in der nächsten Woche höchstwahrscheinlich zu verabschiedende Vertriebenengesetz soll dieses Werk eine weitere Förderung erfahren.
Wie bereits mein Kollege Schmücker hier zum Ausdruck gebracht hat, ist aber letzten Endes jede Erschließung und Kultivierung eines Gebietes und damit jede Wirtschaftlichkeit von einem guten Straßen- und Verkehrsnetz abhängig. Hier müssen wir feststellen, daß bislang nach dieser Richtung sehr wenig vorhanden gewesen ist. Es handelt sich hier nicht um eine Landesangelegenheit, noch viel weniger um eine Angelegenheit der kommunalen Verbände, sondern, wie bereits der Emsland-Plan sehr deutlich zeigt, um eine Bundesangelegenheit, ganz abgesehen davon, daß auch das Land Niedersachsen gar nicht in der Lage wäre, dieses Problem auch nur einigermaßen zu lösen.
Wir haben uns daher gefreut, als der Herr Bundesverkehrsminister die Anregung gab, daß die vier durchgehenden Straßen I. Ordnung nunmehr als Bundesstraßen übernommen werden sollten. Dadurch übernimmt zwar der Bund gewisse Lasten; aber gleichzeitig wollen wir dadurch erreichen, daß das Land Niedersachsen im selben Umfang aus Landesmitteln weitere Straßen übernimmt. Wir wollen weiter erreichen, daß auch die Kreise bis zu den letzten Gemeinden nicht nur denselben Betrag, sondern darüber hinaus weitere Beträge aufwenden, um mehrere Straßen und Wege zu bauen.
Ich darf Sie daher bitten, die Angelegenheit nicht als regional anzusehen, sondern als Bundesangelegenheit. Ich schließe mich dem Vorschlag des Herrn Kollegen Schmücker an, den Antrag an den Ausschuß für Verkehrswesen zu überweisen.
({0}) - Und an den Haushaltsausschuß!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen federführend und an den Haushaltsausschuß. Ich bitte diejenigen, die der Überweisung zustimmen, die Hand zu heben. - Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf:
Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Mauk und Genossen betreffend Importe von Obst und Gemüse, Südfrüchten und Frühkartoffeln ({0}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen für die Begründung der Anfrage 10 und für die Aussprache 40 Minuten vor.
({1})
Eine Anfrage können wir nicht gut überweisen.
- Das Wort zur Begründung der Anfrage hat Herr Abgeordneter Mauk.
Mauk ({2}), Anfragender: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedaure, daß dieser wichtige Punkt, der schon zum drittenmal auf der Tagesordnung steht, heute vor einem nahezu leeren Hause behandelt werden muß. Es mag vielleicht der eine oder andere sagen: Was ist Obst und Gemüse schon für etwas Wichtiges?! Wir haben wichtigere Dinge! Aber ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie auf einige Dinge im Zusammenhang mit dieser großen Anfrage hinweisen zu müssen, aus welchen Sie ersehen, daß die Frage nicht ohne Bedeutung ist.
({3})
Wir haben vor dem Kriege in den Jahren 1932 bis 1938 im Durchschnitt der Jahre im alten deutschen Reichsgebiet bei einer Bevölkerung von rund 65 Millionen Menschen eine Gemüseanbaufläche von rund 150 000 Hektar gehabt. Diese Gemüseanbaufläche ist infolge einer Politik einer etwas überhöhten Einfuhr in den letzten Jahren im Bundesgebiet bei 50 Millionen Menschen auf nunmehr rund 60 000 Hektar zurückgegangen. Wollten wir unser Volk in ähnlicher Weise wie vor dem Kriege aus einheimischem Anbau versorgen, müßten wir heute eine Gemüseanbaufläche haben, die mindestens 40 bis 50 % größer ist als die, die wir zur Zeit haben.
Die Folge dieser so geringen Anbaufläche, die zweifellos auf überhöhte Einfuhren zurückzuführen ist, ist die, daß wir heute nicht mehr in der Lage sind, das deutsche Volk mit Gemüse aus dem deutschen Boden, aus der deutschen Erzeugung zu versorgen. Wir sind jetzt in großem Maße auf Importe angewiesen. Und nun müssen wir uns einmal fragen, ob hier das Gesetz, daß, wenn die Grenzen weit geöffnet werden, die Preise sinken - wie es allerorts heißt -, gültig ist, die Verbraucher also wirklich billiges Gemüse bekommen. Wenn Sie aber einmal die Hausfrau fragen, was sie heute für Gemüse, wenn sie einkauft, zahlen muß, dann wird Ihnen beinahe jede Hausfrau und jeder Verbraucher sagen können, daß die Preise, die angelegt werden müssen, trotz der riesigen Importe im Durchschnitt drei- bis viermal so hoch sind wie vor dem Kriege.
Nun stehen wir vor einer neuen großen Gefahr. Beim Gemüseanbau konnte der Anbau auf die neuen Verhältnisse relativ leicht eingehen; er hatte leicht die Möglichkeit, zu anderen Kulturen überzugehen. Gemüse hat eine kurze Kulturzeit und wird in der Regel auf Flächen angebaut, die sich leicht auch mit anderen Dingen bepflanzen lassen. Der Kreis der Erzeuger hat also als Folge der Importpolitik nur vorübergehend, in den Jahren 1949 und 1950, als er seine Ware nicht verkaufen konnte, große Verluste hinnehmen müssen. Heute ist es die Hausfrau, die die Zeche für diese falsche Politik bezahlt.
Beim Obstbau gehen wir nun anscheinend einen ähnlichen Weg. Dieser Weg ist aber gefährlicher als beim Gemüsebau, weil Obstbau eine langlebige Kultur ist und nicht kurzfristig umgestellt werden kann. Würden die Obstbäume aber umgehackt, wäre die Versorgung im Bedarfsfalle auf Jahre hinaus gefährdet. Fast 80 % der Obstbauflächen, die früher das gesamte Reichsgebiet hatte, liegen im heutigen Bundesgebiet, da die klimatischen Verhältnisse hier in Westdeutschland günstiger waren als im Osten. 1935 bis 1938 haben wir im Jahresdurchschnitt in Deutschland 2,3 Millionen t Obst erzeugt; im Jahre 1951 aber haben wir allein in Westdeutschland 2,12 Millionen t erzeugt und im Jahre 1952 sogar 2,83 Millionen t, also mehr als im Durchschnitt der Jahre 1935 bis 1938 im alten Reichsgebiet.
Wenn ich Ihnen noch sage, daß wir dazu auch noch die Importe nach Westdeutschland gesteigert haben, dann werden Sie verstehen, daß für den Obstbau heute eine fast unerträgliche Lage gekommen ist. Wir haben eingeführt im Durchschnitt der Jahre vor dem Kriege ungefähr 850 000 t Obst und Südfrüchte. Im Jahre 1952 haben wir für das kleine Bundesgebiet 852 000 t eingeführt, also mehr als in den Jahren vor dem Kriege in ganz Deutschland.
Wer die freie Marktwirtschaft kennt, weiß, was es bedeutet, wenn ein Überangebot auf dem Markt ist. Dann sinken eben die Preise zu einem Nichts zusammen. So ist es gekommen, daß wir im Vorjahr nur noch für eine einzige Obstart, und zwar für Erdbeeren, einen etwas höheren Preis als vor dem Kriege bekommen haben. Obwohl die Gestehungskosten inzwischen rund um das Doppelte gestiegen sind, liegen wir unter den Preisen der Vorkriegsjahre, bei Steinobst sogar bis zu 52 %. Daß eine Wirtschaft, auch die am rationellsten arbeitende, auf die Dauer nicht unter Gestehungskosten erzeugen kann, das wird wohl jedem einleuchten.
Wir müssen uns deshalb fragen: Ist es notwendig, für Erzeugnisse, die bei uns selbst wachsen, wertvolle Devisen ins Ausland zu geben, während die deutsche Erzeugung zu einem großen Teil dem Verderb anheimfallen muß? Würde die gewerbliche Wirtschaft für Rohstoffe, die in Deutschland erzeugt oder gefördert werden können, Devisen ausgeben und den deutschen Bergbau damit vernichten? Oder würde ein Kaufmann Artikel kaufen, die er selbst noch im Überfluß auf Lager hat?
Es wird so oft gesagt: Was bedeutet schon der Gemüse- und Obstbau für unsere gesamte Volkswirtschaft? Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, den meisten von Ihnen ist bekannt, daß die landwirtschaftliche Urproduktion nicht so ganz bedeutungslos ist. Es ist ja bekannt, daß allein die Milcherzeugung weit, weit den Wert der Kohlenerzeugung übersteigt. Und so darf ich Ihnen sagen, daß auch die Erzeugung von Obst und Gemüse keinesfalls bedeutungslos ist. Im Jahre 1951 hatte die Obsterzeugung im Bundesgebiet einen Wert von rund 874 Millionen, die Gemüseerzeugung einen Wert von rund 550 Millionen DM. Allein diese zwei Produkte der deutschen Landwirtschaft machen zusammen also nahezu 1 1/2 Milliarden DM aus. Vergleichen Sie demgegenüber unseren Bergbau! Den Metall- und Eisenerzbergbau, die Kali-und Steinsalzerzeugung und -förderung und sämtliche übrigen Grundstoffindustrien mit Ausnahme von Kohle und Mineralöl, so betrug deren Wert im Jahre 1951 nur 646 Millionen. Ich darf damit wohl sagen, daß es nicht unwichtig ist, sich auch an Obst und Gemüse als Grundstoff unserer deutschen Erzeugung zu erinnern.
Ich muß zum Schluß kommen, weil die Redezeit leider abgelaufen ist. Ich will bloß noch daran erinnern: Andere Staaten, und zwar reiche Industriestaaten, insbesondere die USA, aber auch Holland, Dänemark, die Schweiz usw. haben längst erkannt, daß sie auf die Dauer nur dann reich bleiben können, wenn sie auch ihre Landwirtschaft produktions- und lebensfähig erhalten. Sie wissen, ein wichtiger Industriestaat, England, hat einmal seine landwirtschaftliche Produktion seinem Außenhandel geopfert, und es bedurfte fast der ganzen Steuergelder dieses großen und reichen Industriestaates, um seine landwirtschaftliche und seine gärtnerische Erzeugung wieder produktionsfähig zu machen. Trotzdem hat dieses Land, das aus den beiden letzten Kriegen als Gewinner hervorging, heute, acht Jahre nach Beendigung des zweiten Weltkriegs, noch Lebensmittelrationierung für sehr wesentliche Nahrungsgüter.
Es wird so oft gesagt, wir deutschen Erzeuger sollten uns mehr der ausländischen Konkurrenz anpassen. Man muß uns aber auch Gelegenheit geben,
({4})
nach dieser Zeit, die hinter uns liegt, uns langsam umzustellen, und deshalb bitten wir darum, daß künftig unserer Regierung bei der Einfuhrpolitik Verständnis für die Erfordernisse der Landwirtschaft hat.
Zum Beweis dessen, daß der deutsche Erzeuger für die heutigen Preise nicht immer verantwortlich ist, darf ich Ihnen mit Genehmigung des Herrn Präsidenten einen kleinen Ausschnitt aus einer Zeitung dieser Tage verlesen:
Unter der Überschrift
„Grüße mit der Kohlkopfpost" - heißt es Ein Landarbeiter aus dem Kohlanbaugebiet von Dithmarschen wollte gern wissen, wo die Kohlköpfe landen, die er auf dem Hofe versandfertig machte. Er höhlte einen Kohlstrunk aus und steckte einen Brief hinein. Jetzt kam die Antwort von einer Familie aus Offenburg in Südbaden 'bei Freiburg. „Das Kraut war prima", schrieb die Hausfrau. Der Dithmarscher staunte allerdings über die Preisentwicklung. Für 9 Pfennig war der Kohlkopf abgegeben worden.
- Er wog 3 Pfund, das Pfund kostete 3 Pfennig beim Erzeuger oder 3 DM der Zentner. Im Offenburger Laden hatte er jedoch 90 Pfennig gekostet.
({5})
Meine Damen und Herren, ich muß nun abschließen. Ich frage die Regierung: Ist sie gewillt, diese wichtige Urproduktion, den deutschen Obst- und Gemüsebau, künftig durch' eine vernünftige Außenhandelspolitik zu erhalten?
({6})
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der Abgeordneten Mauk und Genossen wird wie folgt beantwortet.
Im deutsch-italienischen Handelsabkommen vom 19. April 1951 waren für Äpfel folgende Einfuhrschonfristen vereinbart worden: Tafeläpfel: 1. September bis 15. Oktober, Mostäpfel: 16. September bis 31. Oktober. Diese mit Italien vereinbarten Sperrfristen sind bei sämtlichen Ländern angewandt worden, mit denen die Lieferung von Äpfeln verabredet ist. Eine Ausnahme bildet Holland, bei dessen Einfuhren an Stelle der Einfuhrschonfristen seit Jahren das System der Exportminimumpreise gilt. Diese Maßnahmen erschienen der Bundesregierung, aber auch den Sachverständigen der Wirtschaft, zunächst ausreichend, da man auf Grund der anhaltenden Trockenheit im Sommer bis in den September hinein der Ansicht war, daß die deutsche Apfelernte wesentlich geringer sein werde als 1951. Erst im Laufe des September stellte sich heraus, daß die Apfelernte auf Grund des krassen Witterungsumschlags im September doch größer geworden war als die Ernte des Jahres 1951.
Bei dieser Sachlage hatte der deutschniederländische Sachverständigenausschuß, in dem die Erzeugerverbände maßgeblich vertreten sind, Ende August die Exportminimumpreise für Äpfel auf 20 holländische Gulden je 100 kg festgesetzt. Nachdem infolge der größeren deutschen Ernte Absatzschwierigkeiten für deutsche Tafeläpfel zu erwarten waren, nahm die deutsche Regierung erneut Verhandlungen mit der niederländischen Regierung auf mit dem Ergebnis, daß die Exportminimumpreise für die Zeit vom 15. Oktober bis zunächst 15. November von 20 auf 30 holländische Gulden heraufgesetzt wurden. Dadurch wurde erreicht, daß Holland mit Rücksicht auf die hohen Exportminimumpreise nur Äpfel allererster Qualität liefern konnte, die den deutschen Markt nicht wesentlich beeinflußten.
Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung bemüht, gegenüber Italien und damit automatisch wirkend gegenüber allen anderen Äpfel liefernden Ländern mit Ausnahme von Holland eine Verlängerung der im deutsch-italienischen Handelsvertrag vorgesehenen Schonfristen für Tafeläpfel über den 15. Oktober hinaus bis zum 15. November zu erwirken. Diese Bemühungen der deutschen Bundesregierung stießen auf entschiedenen Widerstand der italienischen Regierung und zogen sich zeitlich so lange hin, daß sich eine Verlängerung der Sperrfrist in unmittelbarem Anschluß an die im Vertrag vorgesehene Sperrfrist nicht ermöglichen ließ. Eine einseitige Verlängerung der Einfuhrschonfrist seitens der deutschen Regierung hätte einen Bruch der handelsvertraglichen Verpflichtungen bedeutet. Auch die Anwendung der Gefahrenklausel war gegenüber Italien nicht durchsetzbar, da diese nur Platz greifen konnte, wenn zuvor mit der italienischen Regierung hierüber verhandelt wurde. Diese Verhandlungen kamen aber wegen der ablehnenden Haltung der italienischen Regierung nicht zustande. Die Bundesregierung hat indessen, wenn auch zunächst eine Verlängerung der Sperrfrist über den 15. Oktober hinaus nicht erzielt werden konnte, nachdrücklich mit der italienischen Regierung über die Einräumung einer neuen Sperrfrist verhandelt. Bei diesen Verhandlungen, die sich außerordentlich schwierig gestalteten, wurde erreicht, daß eine neue Sperrfrist für Tafeläpfel vom 4. November 1952 bis zum 30. November 1952 eingeführt wurde.
Mit der holländischen Regierung wurde sodann vereinbart, daß die Geltungsdauer der Exportminimumpreise von 30 Gulden je 100 kg bis zum 30. November verlängert wurde. Schon mit diesen Maßnahmen hat die Bundesregierung weitgehende Erleichterungen für den Absatz der deutschen Tafeläpfel geschaffen.
Auf die Anwendung der im Handelsvertrag mit Italien vorgesehenen Einfuhrschonfristen für Mostobst wurde seitens der Bundesregierung verzichtet. Dies geschah auf besonderes Drängen der süddeutschen Landwirtschaft, die befürchtete, daß die für die Bereitung des traditionellen Haustrunks erforderlichen Mengen an Mostobst ohne Einfuhren nicht beschafft werden könnten. In diesem Zusammenhang ist wesentlich, daß von den in der Zeit vom 1. September bis zum 31. Dezember eingeführten 110 000 t Äpfeln allein 60 000 t auf Mostobst entfielen. Von diesen Mostäpfeln hatten die Niederlande über 20 000 t geliefert, und zwar in der Erkenntnis, daß die in Europa allgemein gute Apfelernte des Jahres 1952 nur dann reibungslos untergebracht werden konnte, wenn
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durch radikale Auslese nur beste Qualitäten auf
den Frischmarkt gelangten, alle anderen Qualitäten aber weitestgehend zur Verarbeitung kamen.
Diese richtige Grundeinstellung hat sich in Deutschland noch nicht genügend durchgesetzt. Wenn sich der Absatz der deutschen Tapfeläpfel trotz der geschilderten weitgehenden Regierungsmaßnahmen äußerst schwierig gestaltete, so dürfte dies zu einem erheblichen Teil darauf zurückzuführen sein, daß das Angebot an Äpfeln, die qualitätsmäßig den Anforderungen an Tafelobst nicht entsprachen, die Aufnahmefähigkeit des Marktes überstieg. Dadurch wurde naturgemäß auch der Absatz der qualitativ guten Ware beeinträchtigt.
Da der Bundesregierung bei dieser Sachlage Verhandlungen mit Italien über die Einführung einer neuen Sperrfrist, wie sie aus Kreisen der Erzeuger verlangt wurde, im Februar aussichtslos erschienen, hat sie sich bemüht, den Absatz der Bestände an Lagerobst, die noch im Alten Lande vorhanden waren, auf andere Weise zu fördern. In eingehenden Besprechugen mit den niederelbischen Erzeugern und dem Hamburger und Bremer Großhandel wurde eine Gemeinschaftsaktion vereinbart, von der eine Belebung des Absatzes erwartet wurde. Diese Belebung des Absatzes und die Rückführung der Bestände auf einen normalen Stand sind dann auch eingetreten, nachdem sich die niederländische Regierung in entgegenkommender Weise bereiterklärt hatte, die Minimumpreise entsprechend zu regulieren und nurmehr Äpfel mit einem Durchmesser über 70 mm zur Ausfuhr nach Deutschland zuzulassen.
In weiterer Beantwortung der Großen Anfrage wird folgendes ausgeführt. Die Einfuhr von Zitrusfruchten und Tafeltrauben ist liberalisiert, d. h. sie unterliegt keinen mengen- und wertmäßigen Beschränkungen. Die Bundesregierung war auf Grund ihrer Mitgliedschaft in der OEEC und in der Europäischen Zahlungsunion verpflichtet, auch auf dem landwirtschaftlichen Sektor eine Liberalisierung durchzuführen, die nach mehreren Etappen einen Prozentsatz von rund 72 erreicht hat. Wenn von einer Liberalisierung der Zitrusfrüchte und der Weintrauben Abstand genommen worden wäre, hätten andere Waren des landwirtschaftlichen Sektors in die Liberalisierung einbezogen werden müssen. Es wäre dann unerläßlich gewesen, landwirtschaftliche Veredelungsprodukte in die Liberalisierung aufzunehmen, was aus allgemeinen agrarpolitischen Gesichtspunkten noch weniger hätte verantwortet werden können. Die Liberalisierung der Zitrusfrüchte ist im übrigen unter Würdigung vorstehender Gesichtspunkte auch im Ernährungsausschuß des Bundestages gebilligt worden.
Bei den kontingentierten Einfuhren von frischem Obst, Gemüse und Frühkartoffeln hat es sich die Bundesregierung entsprechend der Rhöndorfer Erklärung des Herrn Bundeskanzlers stets angelegen sein lassen, die Einfuhren dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Die zu Anfang geschilderten Regierungsmaßnahmen zeigen den klaren Willen der Bundesregierung in dieser Richtung deutlich an. Darüber hinaus hat die Bundesregierung in die Handelsverträge das System der Besserungsklausel eingebaut, die beinhaltet, daß zunächst nur diejenigen Einfuhrkontingente zugestanden werden, die aller Voraussicht nach zumindest dem tatsächlichen Bedarf entsprechen, und daß darüber hinaus Bereitwilligkeit besteht, weitere Einfuhren zuzulassen, falls die deutsche Marktlage dies gestattet
Auch bei den künftigen Handelsverträgen wird die Bundesregierung bemüht sein, das System der Besserungsklausel zu festigen und damit weitere Sicherungen dafür zu schaffen, daß die Einfuhren dem tatsächlichen Bedarf angepaßt werden. Es soll in diesem Zusammenhang nicht verschwiegen werden, daß es wohl auf keinem anderen Gebiete des Ernährungssektors so schwer ist, den tatsächlichen Einfuhrbedarf vorausschauend festzulegen, da die Ernteergebnisse und insbesondere auch die Entwicklung des Verbrauchs nicht vorhersehbar sind. Der Bundesregierung sind keine Tatsachen übermittelt worden, die auf Dumpingmaßnahmen anderer Staaten auf dem Gebiet der Lieferung von Obst und Gemüse schließen lassen. Bei den liberalisierten Einfuhren ist eine Unterbindung von Kommissionslieferungen nicht möglich, da dies im Widerspruch zu den Bestimmungen des Liberalisierungskodex stehen würde. Die Beschwerden über schädliche Auswirkungen auf dem kontingentierten Gartenbausektor betreffen im wesentlichen den Münchener Markt. Bis Anfang Dezember vergangenen Jahres hat die italienische Regierung Kommissionslieferungen ihrerseits untersagt, dieses Verbot indessen inzwischen aufgehoben. Die Bundesregierung prüft zur Zeit, ob eine Unterbindung von Kommissionskäufen auf Grund deutscher Bestimmungen möglich ist. Darüber hinaus wird sie bei den kommenden deutsch-italienischen Handelsvertragsverhandlungen bemüht sein, ein erneutes Verbot der Kommissionslieferungen durch die italienische Regierung zu erwirken.
Damit ist die Anfrage beantwortet. Ich frage das Haus, ob von mindestens 30 Mitgliedern die Aussprache gewünscht wird. Ich bitte diejenigen, die die Aussprache wünschen, die Hand zu erheben. - Die Zahl der erhobenen Hände reicht beim besten Willen nicht aus, eine Zahl von 30 Mitgliedern zu ermitteln. Infolgedessen findet keine Aussprache statt, und .der Punkt der Tagesordnung ist damit erledigt.
Ich rufe den nächsten Punkt der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Zuwendung von Bundesmitteln für Forschungszwecke ({0}).
Dazu hat der Ältestenrat eine Begründungszeit von 10 Minuten und eine Aussprachezeit von 40 Minuten vorgeschlagen.
Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Hennig.
Hennig ({1}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder von Ihnen wird dankbar sein, wenn ich mich kurz fasse - es ist Freitag, und es ist 2 Uhr -; aber ganz ohne Begründung können wir diesen Antrag nicht laufen lassen.
Es ist für den Bundestag nicht eben angenehm, sich vor der Tatsache zu sehen, daß nach fast vierjährigem Bestehen die Angelegenheit der Forschungsarbeiten eigentlich zum erstenmal vor sein Forum gelangt, obwohl Art. 74 Nr. 13 des Grundgesetzes dem Bund in konkurrierender Gesetzgebung die Förderung der wissenschaftlichen Forschung als ausdrückliche Aufgabe zugewiesen hat.
Meine Damen und Herren, wir werden uns hoffentlich bald einmal in viel größerem Rahmen über dieses entscheidende Problem zu unterhalten haben.
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Der Erfahrungssatz hinsichtlich der für Forschungsarbeit notwendigerweise aufzuwendenden Mittel liegt in zivilisierten Ländern ungefähr bei 1 % des Brutto-Sozialprodukts. Wenn der Finanzminister richtig gegriffen hat, haben wir in Deutschland ein Brutto-Sozialprodukt von 125 Milliarden. Wir müßten infolgedessen 1250 Millionen DM Forschungsmittel haben. Wir haben aber nur einen Bruchteil davon zur Verfügung. Man soll nun nicht sagen, das sei angemessen und aus unserer Armut zu erklären. Gerade weil wir ein armes Land mit zu schmalem Boden und übervölkert sind, werden wir erhöhte Aufwendungen zu machen haben, um mit der Forschungsarbeit nicht verhängnisvoll abzufallen; denn die Forschungsarbeit bedeutet unmittelbares Wirtschaftsleben.
Ich könnte mir, wenn mir die Zeit dazu nicht fehlte, den Scherz erlauben, an das anzuknüpfen, was ich eben in bezug auf Obst, Gemüse und Kartoffeln gehört habe. Ohne eine - darf ich das so sagen? - bedeutende geistige Vorleistung in Gestalt von chemischen Düngemitteln, landwirtschaftlichen Maschinen und Schädlingsbekämpfungsstoffen wären die Erträgnisse unserer Landwirtschaft überhaupt nicht zu erzielen. Doch das ist nur ein ganz zufällig aufgegriffenes Beispiel. Die Notwendigkeit der Investierung von Forschungsmitteln wächst heutzutage, wo wir einen hochqualifizierten Export brauchen, wenn wir überhaupt leben wollen, wenn wir unsere Importe an Lebensmitteln und Rohstoffen hereinbekommen wollen, in Form einer geometrischen Reihe an. Es ist nicht mehr wie früher, daß uns die Völker billige Exportwaren wie Blaudruck-Kattun und dergleichen abnehmen, sondern wir müssen Mikroskope, Taschenuhren, Präzisionsinstrumente, Automobile auf dem Weltmarkte anbieten, und in jedem solchen Produkt steckt eine ungeheure geistige Vorleistung, von der noch zu anderem Zeitpunkte zu sprechen sein wird. Man sagt, die deutsche Wirtschaft sei in den letzten Jahrzehnten vor allem durch die Autarkie des Nationalsozialismus hinsichtlich der Forschungsarbeit enorm zurückgefallen. Es wird behauptet, daß in der deutschen Großchemie, die doch wohl den fortschrittlichsten Teil unserer Wirtschaft darstellt, vier Arbeiter nötig seien, um das Produkt herzustellen, für das in Amerika ein Arbeiter genügt. Vielleicht erklärt sich aus diesem Tatbestand mancher Engpaß in unserm Wirtschaftsleben und in seiner Ertragsfähigkeit.
Wir haben in der deutschen Bundesrepublik im laufenden Etat an Haushaltsmitteln des Bundes 42 Millionen DM für die Forschung investiert. Der Städtetag gibt an, daß die Städte 1950 etwa 8,5 Millionen DM für Forschungszwecke aufgewandt hätten. Die Aufwendungen der Länder sind nicht bekannt. Die Regierung konnte uns darüber auf eine Anfrage noch keine Auskunft geben. Die werkeigene Forschung dürfte bedeutendere Mittel verbrauchen; aber darüber fehlen natürlich konkrete Angaben. Man schätzt, daß die nichtöffentliche Hand 1952 etwa 25 Millionen DM ausgegeben habe. Diese Angaben sollen Ihnen nur zeigen, wie weit wir zurück sind, wenn wir etwa 1250 Millionen DM an Forschungsmitteln aufwenden sollen. Es besteht also ein ungeheurer Nachholbedarf.
Ich komme damit zu dem, was heute und hier interessiert und weshalb dieser bescheidene Antrag eingebracht worden ist. Der Antrag ist nicht aus irgendeiner Wahlperspektive gestellt worden, denn die Zahl der Menschen, um die es sich hier handelt, ist nicht allzu groß, aber ihrer Bedeutung und ihrer
Qualität nach müssen wir die Menschen, die im Forschungsleben tätig sind, sehr ernst nehmen; denn die wichtigste der Vorleistungen, von denen vorhin gesprochen worden ist, ist ja doch der Mensch. Ich möchte es klar und deutlich sauen: Wenn wir an Forschungsmittel denken, dann denken wir nicht nur daran, sie für exakte Naturwissenschaft und Technik auszugeben, sondern auch für Humaniora und Geisteswissenschaften.
Denn es handelt sich bei dem selbstlosen Forscher, der sich einer Sache ganz hingeben muß, um einen Menschen, der Wertbegriffe in sich erarbeitet hat, und diese Wertbegriffe sind nicht das Ergebnis mechanistischer Additionen, sondern das Resultat einer ethischen Haltung, die nur aus der Vertrautheit mit den Werten der Humanitas, mit den Geisteswissenschaften, erwachsen kann. Deshalb wollen wir nicht dahin mißverstanden werden, als ob wir nur technischen Assistenten eine Verbesserung zugedacht hätten, sondern wir fordern das für alle.
Nach unseren Unterlagen werden heute Vollassistenten in wissenschaftlichen Instituten mit einem Bruttogehalt von 300 bis 400 DM abgefunden, Hilfsassistenten mit abgeschlossener akademischer Ausbildung erhalten sogar nur 40 bis 120 DM im Monat.
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Eines des größten physikalischen Institute Deutschlands hat nur vier Vollassistenten zur Verfügung. Wissenschaftliche Hilfskräfte mit 48 Stunden Arbeitszeit bekommen 160 DM, Leute mit Vorexamen 180 DM, mit Diplomen allerdings ganze 240 DM im Monat. Nur Planstellen sind mit 400 DM brutto dotiert.
Es ist klar, daß unter diesen Umständen dauernd eine enorme Abwanderung in die Industrie erfolgt und daß die wissenschaftlichen Institute vom wissenschaftlichen Nachwuchs immer mehr entblößt werden. In der Industrie zahlt man zirka 50 % mehr als in diesen Instituten. Ein wissenschaftlicher Assistent hat heute mit Mühe und Not das Einkommen eines gelernten Arbeiters, und auch das noch nicht, wenn man sein vorgeschrittenes Alter bedenkt; ich gebe Ihnen das gerne zu. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß dieser wissenschaftliche Arbeiter erst einmal rund 20 000 DM für seine Ausbildung investiert hat. Das alles bleibt unberücksichtigt.
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Da mir heute nur die paar Minuten zur Verfügung stehen - wir werden uns ja über das gesamte Problem Forschungsarbeit hoffentlich noch sehr eingehend unterhalten -, möchte ich lediglich sagen: wir wollen diesen Antrag dahin verstanden wissen, Herr Minister, daß Sie sich dieser Mißverhältnisse annehmen. Wir haben auf konkrete Formulierungen verzichtet, weil wir wissen, wie diffizil die ganze Angelegenheit ist. Aber wir erwarten, daß die Planstellen, und zwar im Einvernehmen mit den Ländern auch in den Länderinstituten vermehrt und den Gehältern akademischer Beamtengruppen angeglichen werden. Denken Sie doch bitte daran, daß Diätendozenten und Oberassistenten nicht nur diese 20 000 DM Geldaufwendungen hinter sich gebracht, sondern daß sie auch die schwierige Hürde der Habilitation genommen haben müssen und heute noch längst nicht in die Kategorie der höheren Beamten hineingehören.
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Wir erwarten auch, daß ein Ausgleich für das üblich Risiko bei Lehrstuhlwechsel des betreffenden Dozenten oder des Ordinarius geschaffen wird.
Vor allem aber sollen meine heutigen bescheidenen Ausführungen ein Appell an das Haus sein, wenn einmal gründlich über die Neuordnung des gesamten deutschen Forschungswesens gesprochen wird, daß das nicht nur zwischen Tür und Angel in letzter Minute geschieht.
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Ich beantrage die Überweisung unseres Antrags an den Ausschuß für Kulturpolitik, damit dessen Unterausschuß „Forschung" endlich eine Arbeitsgrundlage erhält, um die Resultate zu erarbeiten, auf die das Haus Anspruch hat, wenn es Einsicht gewinnen soll in eines unserer wichtigsten Probleme.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte bereits am 17. Februar auf eine vorangegangene Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion vor dem Hause berichtet. Heute bin ich in der Lage, die Beantwortung der Anfrage von damals noch um einige Zahlen zu ergänzen, die mir seinerzeit noch nicht zur Verfügung standen. Ich darf vielleicht noch einmal die Gesamtzahlen für Forschungszwecke in Bund, Ländern und Gemeinden entsprechend Ihren Ausführungen zusammenfassen. per Bund wandte, wie ich schon am 17. Februar sagte, im laufenden Haushaltsjahr für Forschungszwecke 42 Millionen DM auf, die Gemeinden, wie ich ebenfalls ausführte, 8,5 Millionen. Inzwischen habe ich festgestellt, wieviel die Länder aufgewandt haben. Die Länder haben im vergangenen Haushaltsjahr 200 Millionen DM aufgewandt, und von der Wirtschaft sind mir Schätzungen in Höhe von 250 Millionen DM zugegangen, so daß die Gesamtaufwendungen für Forschungszwecke in Bund, Ländern und Gemeinden sowie in der Wirtschaft 500,5 Millionen DM betragen.
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- Gewiß, es ist immer noch nicht das, was an sich nötig ist, aber immerhin doch ein entsprechender Anteil am Sozialprodukt.
Zu dem heutigen Antrag kann wie folgt Stellung genommen werden. Die Bundesmittel für Forschungszwecke werden teils in bundeseigenen Instituten verwandt und zum andern werden sie der Forschungsgemeinschaft für die deutsche Wissenschaft zur Verfügung gestellt. Dabei wird insbesondere das sogenannte Schwerpunktprogramm berücksichtigt, das wir aufgestellt haben und für das im Nachtragshaushalt 1952 fünf Millionen, im
laufenden Haushaltsplan zehn Millionen DM bereitgestellt sind, wobei wir bemüht bleiben, auch für die folgenden Jahre noch höhere Beträge vorzusehen, damit eine zweckfreie, kontinuierliche, rein wissenschaftliche Forschungsarbeit sichergestellt und ermöglicht werden kann.
Die Forschungsgemeinschaft für die deutsche Wissenschaft hat mir auf meine Anfrage wegen der Assistentengehälter folgende Auskunft gegeben. Sie hat die Richtsätze für Assistentengehälter vor kurzem erhöht. Die Assistentengehälter betragen
heute für Ledige 320 DM monatlich, für Verheiratete 370 DM monatlich, und bei Verheirateten mit Kindern erhöht sich das Stipendium um 25 DM je Kind. Das ist eine Erhöhung um durchschnittlich 15 %. Mit diesen ersten Erhöhungen sind wir auf dem geplanten und wünschenswerten Weg bereits ein gutes Stück vorangekommen. Ich darf Ihnen aber sagen, daß unsere Bemühungen in dieser Hinsicht fortgesetzt werden, und ich hoffe, daß die Beträge, die ja als Stipendien sowieso steuerfrei sind, noch weitere Verbesserungen erfahren. Das wird auch das Ziel unserer Bemühungen sein. Soweit der Bund Mittel für die Forschung bundeseigener Institute aufwendet, werden die entsprechenden Assistentenkräfte nach der TOA besoldet.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Nöll von der Nahmer.
Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde begrüßen diesen Antrag auf Drucksache Nr. 4059 sehr. Es handelt sich hier in der Tat um eine Frage, die es wirklich verdient hätte, nicht so am Schluß der langen Tagesordnung behandelt zu werden. Hängt doch die Zukunft unserer deutschen Wissenschaft vom Nachwuchs ab! Ein großer Teil der deutschen Forscher geht aus den Assistenten hervor. Die Assistententätigkeit ist in vielen Fächern die Voraussetzung für eine anschließende Habilitation und damit also für die Ergreifung des eigentlichen Forscherberufes. In der Praxis liegen heute die Verhältnisse so, daß es in vielen Fächern schwierig, ja beinahe unmöglich geworden ist, promovierte Herren, die entsprechende Leistungen aufzuweisen haben, überhaupt noch für eine Assistententätigkeit zu gewinnen. Die Ursache dafür ist nicht etwa, daß es diesen jüngeren Kollegen an dem nötigen Idealismus fehlt und daß für sie der Beruf in erster Linie eine Frage des Geldverdienens ist. Ganz und gar nicht! Wir müssen einen gewissen Idealismus verlangen; aber Voraussetzung dafür, diesem Idealismus dienen zu können, ist, daß doch wenigstens das Existenzminimum gegeben und eine halbwegs erträgliche Lebensführung gerade auch der verheirateten Assistenten gewährleistet ist. Das ist eben bei den erschütternden Sätzen, die Herr Kollege Hennig Ihnen durchaus richtig vorgetragen hat, heute weitgehend nicht der Fall.
Vor allem muß ich auch darauf hinweisen, daß die planmäßigen Assistentenstellen verhältnismäßig dünn gesät sind, von denen Sie, Herr Minister, sprachen. Es ist praktisch so, daß wir uns selbst bei großen Fakultäten weitgehend mit Hilfsassistenten behelfen müssen; und deren Bezüge hat Herr Kollege Hennig Ihnen ja angegeben. Man geniert sich tatsächlich, mit promovierten Herren wegen solcher Hilfsassistentenstellen zu verhandeln, wenn man ihnen nachher 40 bis 120 DM usw. anbieten soll.
({0})
Besonders hinweisen muß ich auf die trostlose L age unseres medizinischen Nachwuchses. Keiner von uns verlangt, daß der Steuerzahler nun einfach, wenn gewisse Überfüllungen eines Berufs vorliegen, entsprechende Mittel zur Verfügung stellt, damit die Zahl der Planstellen erhöht werden kann. Das verlangen weder unsere jungen Freunde, unsere jungen Assistenten, noch verlangt das irgend jemand von uns; aber es häufen sich
({1})
doch erschreckend die Fälle, in denen Klagen. vor
den Arbeitsgerichten erhoben und mit Erfolg
durchgeführt werden, bei denen es sich nachher
herausstellt, daß etwa junge Mediziner bei Krankenhäusern als Hilfsassistenten und Praktikanten
angestellt worden sind, während sie in Wirklichkeit eine absolut vollwertige Arbeit leisten mußten,
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ohne aber irgendwie angemessen bezahlt zu werden. Es ist furchtbar, wenn wir 1953 feststellen müssen, daß es hier eine ziffernmäßig kleine, aber dafür durchaus wertvolle Schicht gibt, die noch heute richtiggehend ausgebeutet wird. Das liegt hier in ganz großem Umfang vor.
({3})
In dieser Beziehung haben wir wohl alle den Wunsch und die Verpflichtung, unbedingt und trotz aller finanziellen Not für Abhilfe zu sorgen. Die Aufwendungen, die nötig sind, um diese Mißstände abzustellen - in den Ländern vor allen Dingen, die ja in erster Linie dafür verantwortlich sind -, sind nicht so groß, daß sie bei unserem 26-Milliarden-Haushalt und bei den MilliardenHaushalten der Länder irgendwie ins Gewicht fallen. Es gilt an dieser Stelle einmal mit allem Nachdruck darauf hinzuweisen, daß hier wertvolle Kräfte ausgebeutet werden und daß wir den Willen haben, auch dieser zahlenmäßig kleinen, aber wertvollen Schicht zu ihrem Recht zu verhelfen.
Wir freuen uns, daß der Antrag dem Kulturpolitischen Ausschuß überwiesen werden soll. Wir fassen ihn auch so auf, wie Herr Kollege Hennig das schon dargelegt hat, daß er uns die Grundlage bieten soll, im Kulturpolitischen Ausschuß zu diesen Dingen einmal ganz grundsätzlich Stellung zu nehmen.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider verbietet es die Zeit, auf diese wichtige und ernste Frage mit der Eindringlichkeit und Ausführlichkeit einzugehen, wie sie das eigentlich verdient. Ich muß mich daher darauf beschränken, namens meiner politischen Freunde ebenfalls zu erklären, daß wir die Initiative unserer sozialdemokratischen Kollegen in dieser Angelegenheit begrüßen und mit ihnen bereit und entschlossen sind, an der Bearbeitung der Angelegenheit mitzuwirken.
Wenn wir von diesen erschütternden Zahlen gehört haben, so dürfen wir uns nicht bloß darauf beschränken, festzustellen, daß das eine Kulturschande ist - was sie in Wirklichkeit ist -, sondern es ist vielleicht zweckmäßig, daß wir auf die Ursachen zurückgehen. Ganz von ungefähr treten solche Mißstände ja nicht ein. Wir können doch nur mit einem gewissen Bedauern feststellen, daß die ganze geistige Arbeit in den letzten Jahrzehnten unterbewertet worden ist. Ich will hier nicht untersuchen, welche politischen Strömungen gerade auch zu dieser Fehlentwicklung beigetragen haben. Es ist aber vielleicht gut, sich jetzt, da wir die Quittung bekommen, darüber klar zu sein, daß vielleicht schon in der grundsätzlichen Bewertung der Arbeitskraft Fehler gemacht worden sind. Zweifellos sind bei den Instituten - ich leite ja selber ein wissenschaftliches Forschungsinstitut - die Gehälter der technischen Kräfte gegenüber früher ganz ungewöhnlich stark gesteigert worden,
während es tarifmäßig nicht möglich ist, die wissenschaftlichen Kräfte entsprechend ihrer tatsächlichen Leistung zu bewerten. Der Fehler liegt vielleicht auch noch in einer Richtung, die wir ruhig beim Namen nennen sollen, auch gegenüber dem Kollegen Nöll von der Nahmer - ich weiß nicht, ob es ihm auf der Zunge gelegen hat -: Es ist ein gewisses Startum gezüchtet worden, das sehr hohe Gehälter bezieht. Diese ungewöhnlich hohen Einnahmen, die auf die eine oder andere Weise ehtstanden, wurden nicht zuletzt auch damit erkauft, daß die betreffenden Starkräfte sich sehr unzureichend, um es milde zu sagen, sehr unzureichend besoldeter Mitarbeiter bedient haben.
Jedenfalls ist es gut, daß wir uns damit beschäftigen. Wir sind entschlossen, daran mitzuwirken. Das ist nicht allein mit tariflichen Maßnahmen getan; die Sache muß von Grund auf erfaßt werden. Wir alle müssen uns vornehmen und uns im Interesse nicht nur der Wissenschaft, sondern eigentlich des geistigen Lebens unseres Volkes überhaupt und damit des Lebens unseres Volkes daran gewöhnen, wissenschaftliche Arbeit, geistige Arbeit höher zu bewerten, als das bisher leider in großem Umfang der Fall gewesen ist. Dann werden wir auch auf diesem Teilgebiet vielleicht allmählich zu einer besseren Regelung kommen.
Ebenso begrüßen wir die Bemühungen unserer sozialdemokratischen Kollegen um eine Ordnung des Forschungswesens. Wir kennen die Schwierigkeiten, die auf diesem Gebiet bestehen. Wir wissen, daß bei dem Herrn Bundeskanzler sogar eine Stelle eingerichtet ist, von der wir so nebenbei hören, daß sie auch wirklich da ist und Gelder für sich in Anspruch nimmt. Wir würden uns sehr freuen, wenn das Bundeskanzleramt die ihm von dorther gegebene Verantwortung und Verpflichtung nun auch künftig erfüllte.
Jedenfalls sind wir mit unserem Herzen dabei, und wir wollen auch mit unserer Arbeit dabei sein, damit auf diesem Gebiet bessere Zustände eintreten.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Beschlußfassung. Es ist beantragt, den Antrag Drucksache Nr. 4059 dem Ausschuß für Kulturpolitik zu überweisen. Gleichzeitig ist aber auch der Haushaltsausschuß genannt.
({0})
- Also, es ist vorgeschlagen Überweisung an den Ausschuß für Kulturpolitik. - Dem ist nicht widersprochen. Ich nehme die Zustimmung des Hauses an.
Meine Damen und Herren! Nun stehen wir vor der Frage der weiteren Behandlung der Tagesordnung. Da wir damit rechnen müssen, daß bei den nächsten Punkten längere Aussprachezeiten notwendig sind, möchte ich eigentlich vorschlagen, die Sitzung zu beenden. Der Ältestenrat hat vorgesehen, um 14 Uhr eigentlich Schluß zu machen oder die Verhandlungen wirklich bis spätestens 15 Uhr auslaufen zu lassen. Ist es nicht möglich, bei dem Antrag zu Punkt 19:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Brückenbauten im Zonengrenzkreis Osterode/Harz ({1}),
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auf eine Begründung und Aussprache zu verzichten
und Überweisung an den Ausschuß zu beschließen?
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Ich fürchte, daß sonst, weil es sich um ein sehr lokales Gebiet handelt, eine sehr ausgiebige Aussprache entsteht. Sind die Antragsteller mit einer unmittelbaren Ausschußüberweisung einverstanden? - Das ist der Fall. Darf ich also annehmen, daß das Haus mit der Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen federführend und an den Haushaltsausschuß einverstanden ist?
- Es besteht Einverständnis.
Ich kann jetzt Punkt 20 aufrufen:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, des Rabattgesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes ({4}).
Dazu ist mir bereits mitgeteilt worden, daß interfraktionell vereinbart ist, auf Aussprache und Begründung zu verzichten und die Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vorzunehmen.
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- Jetzt wird auch noch Überweisung an den Steuerausschuß gewünscht. Meine Damen und Herren, ich stelle es Ihnen anheim. Da sind die Meinungen also offenbar verschieden. Über die Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik als federführenden dürfte Einverständnis bestehen?
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Auch über die Beteiligung des Rechtsausschusses?
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- Auch darüber besteht Einverständnis. Jetzt handelt es sich noch um die Frage der Beteiligung des Steuerausschusses.
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- Da scheinen verschiedene Auffassungen zu herrschen.
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- Also Einverständnis mit der Überweisung ist gegeben. Damit ist auch dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Punkt 21:
Beratung der Übersicht Nr. 63 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betreffend Petitionen ({10}).
- Dazu ist das Einverständnis des Hauses festzustellen.
Punkt 22:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse ({11}).
- Auch hier darf ich die Zustimmung des Hauses annehmen.
Damit sind wir am Ende der Tagesordnung.
Zu einer persönlichen Bemerkung hat Herr Abgeordneter Fisch das Wort gewünscht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe leider erst dem Protokoll entnommen, daß während meine Rede der Abgeordnete Wuermeling mich und die anderen Mitglieder meiner Fraktion als „Verbrecher" zu titulieren beliebte. Ich habe nicht die Absicht, mich mit einem „Wuermeling" hier über Begriffe der politischen Moral auseinanderzusetzen.
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Ich möchte hier zwei Dinge feststellen. Erstens, daß der Herr Präsident diesen Ausdruck ungerügt und ohne Bemerkung passieren ließ, und zweitens, wenn damit dokumentiert werden soll, daß der Begriff „Verbrecher" hier parlamentarisch zulässig ist, daß dieser Ausdruck dann eher auf diejenigen zutrifft, die gestern in Kenntnis der Konsequenzen für die Kriegsverträge gestimmt haben.
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Herr Abgeordneter Fisch, die Anwendung des Begriffs „Verbrecher" ist ordnungswidrig;
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ich rufe Sie zur Ordnung.
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- I c h habe nicht Herrn Wuermeling zur Ordnung zu rufen, weil dessen Äußerung nicht gefallen ist, als ich den Vorsitz des Hauses hatte. Im übrigen dürfte Ihnen bekannt sein, daß, wenn hier unten im Hause so viel Geräusch gemacht wird, hier oben nicht immer verständlich ist, was in den einzelnen Zwischenrufen enthalten ist.
Die nächste, die 257. Sitzung findet statt am Mittwoch, dem 25. März 1953, 9 Uhr vormittags.
Die 256. Sitzung ist geschlossen.