Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 226. Sitzung des Deutschen Bundestags und bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Der Präsident hat für 2 Tage Urlaub erteilt den Abgeordneten Dr. Laforet, Reimann, Rische, Lampl, Seuffert, Dr. Brill und Wallner.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Dr. Arndt, Gockeln, Nellen, Dr. Atzenroth, Dr. Orth und Dr. Henle.
Die übrigen amtlichen
Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung
ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 15. Juli 1952 die Kleine Anfrage Nr. 284 der Abgeordneten Dr. Fink und Genossen betreffend Vorlage eines Heilpraktikergesetzes - Nr. 3517 der Drucksachen - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3614 vervielfältigt.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen vorzuschlagen, die heutige Tagesordnung zu erweitern
({0})
- ja, wir streichen aber auch eine ganze Menge zum Ausgleich wieder - erstens um den Mündlichen Bericht des Vermittlungsausschusses zum Entwurf eines Bundesjagdgesetzes, Drucksache Nr. 3588 - ich darf annehmen, daß sie verteilt worden ist -, und zweitens um den Mündlichen Bericht des Vermittlungsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung, Drucksache Nr. 3589. Auch diese Drucksache ist als Umdruck verteilt worden.
Zur Tagesordnung wünscht weiter Herr Abgeordneter Ritzel das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, einen weiteren Punkt auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Es handelt sich um den Antrag des Bundesjustizministeriums in Verbindung mit dem Antrag des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betreffend Frei({0})
gabe der Strafvollstreckung in der Angelegenheit des Abgeordneten dieses Hauses Herrn Hedler. Ich weiß, daß sich der Ältestenrat mit der Sache befaßt hat und daß vorgeschlagen wurde, die Angelegenheit erst nach den Parlamentsferien zu behandeln. Es ist mir auch bekannt, daß Herr Abgeordneter Hedler in einem Teil dieses Hohen Hauses und der Presse eine Art Denkschrift, ein Exposé über die Entwicklung seines Straffalles verbreitet hat. Ich halte es für notwendig, daß das Hohe Haus heute mindestens den Bericht entgegennimmt und den Berichterstatter des Ausschusses anhört, um sowohl in sachlicher als auch in juristischer Hinsicht zu erfahren, um welchen Sachverhalt es sich wirklich handelt, damit es in der Lage ist, zu entscheiden, ob der Antrag des Bundesjustizministeriums, die Immunität aufzuheben und die Strafvollstreckung freizugeben, heute angenommen oder erst nach den Parlamentsferien behandelt werden soll. Aber ich betrechte es als eine Notwendigkeit, wenigstens den Bericht des Berichterstatters, des Herrn Abgeordneten Gengler, anzuhören, damit das Hohe Haus in der Lage ist, sich noch vor den Parlamentsferien ein Urteil zu bilden. Ich bitte daher zuzustimmen, daß die Tagesordnung um diesen rasch zu behandelnden Punkt erweitert wird.
({1})
Herr Abgeordneter -Horlacher!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten auf der Tagesordnung nicht finden. Ich glaube, das ist ein Versehen.
Nein, das ist kein Versehen! Welche Tagesordnung haben Sie vor sich, Herr Abgeordneter Horlacher?
({0})
- Ich würde empfehlen, zunächst auf Donnerstag zurückzugehen.
({1})
Wir haben nämlich die Tagesordnung vom Mittwoch noch nicht erledigt.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten Ritzel gehört. Darf ich annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist?
({2})
- Nicht damit einverstanden?
({3})
Ich bin in einer geschäftsordnungsmäßig einfachen Lage. Wenn von mehr als fünf Mitgliedern widersprochen wird, kann ein Punkt nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden.
({4})
- „Wir" ist Pluralis majestatis, gnädige Frau!
({5})
- Herr Abgeordneter Ritzel!
Wenn der Behandlung der Sache auf der heutigen Tagesordnung von fünf Mitgliedern widersprochen wird, dann stelle ich hiermit vorsorglich den Antrag, den Fall auf die Tagesordnung der morgigen Sitzung zu nehmen.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kühn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte nicht zu der Angelegenheit, die soeben Herr Kollege Ritzel vorgetragen hat, etwas sagen. Ich wollte nur außerordentlich bedauern, daß der Punkt der Tagesordnung betreffend das Disziplinargesetz abgesetzt worden ist. Dieses Gesetz ist außerordentlich wichtig, und ich könnte mir denken, daß es zur Beratung im Plenum nicht mehr viel Zeit benötigt. Ich möchte doch dringlichst darum bitten, daß dieser Punkt wieder auf die Tagesordnung gesetzt wird, zumal das Nichtinkraftsetzen des Gesetzes den Bund erhebliche Mittel kostet und auf der andern Seite das Gnadenrecht, auf das wir besonderen Wert legen, noch nicht in Kraft gesetzt werden kann.
Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal einen Punkt zu Ende bringen. Herr Abgeordneter Ritzel hat beantragt, diesen Punkt dann m o r g en auf die Tagesordnung zu setzen.
({0})
Ich darf also fragen: Wird dem Antrag des Herrn Abgeordneten Ritzel widersprochen?
({1})
- Das sind die Stimmen von mehr als fünf Abgeordneten.
({2})
Also heute kommt es jedenfalls nicht auf die Tagesordnung. Es ist der Antrag gestellt worden, es morgen auf die Tagesordnung zu setzen. Ich lasse über diesen Antrag abstimmen.
({3})
- Ich habe nur das Wort „Dummheit" verstanden. Ich weiß nicht, gegen wen sich das gerichtet hat!
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag, diesen Punkt morgen auf die Tagesordnung zu setzen, entsprechen wollen, eine Hand zu erheben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen?
- Das erste war zweifellos die Mehrheit. Dieser Punkt ist morgen auf die Tagesordnung zu setzen.
Ich bitte nunmehr, den Antrag des Herrn Abgeordneten Kühn wieder aufgreifen zu dürfen. Ich referiere: Wir haben gestern im Ältestenrat vor der Aufgabe gestanden, die Tagesordnung zu kürzen, und zwar möglichst weitgehend zu kürzen, um überhaupt die Möglichkeit zu schaffen, daß wir in dieser Woche durchkommen. Dabei sind mehrere Gesetze und Vorlagen abgesetzt worden, von denen zweifellos ein großer Teil des Hauses die Auffassung hatte, daß sie dringlich seien. Ich bitte Sie aber freundlichst, der Vereinbarung, die im Ältestenrat darüber getroffen ist, entsprechen zu wollen, da wir sonst in eine völlig unerfüllbare Aufgabe hineinsteuern.
Soll ich Ihre Worte, Herr Abgeordneter Kühn, so verstehen, daß Sie den Antrag stellen, die Bundesdisziplinarordnung heute auf die Tagesordnung zu setzen?
({4})
- Herr Abgeordneter Horlacher widerspricht. Wollen wir es doch im Wege der Abstimmung erledigen! Oder legen Sie Wert darauf, zu widersprechen?
({5})
({6})
Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, daß die Bundesdisziplinarordnung wieder auf die Tagesordnung gesetzt wird, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 12 der Mittwoch-Tagesordnung auf:
a) Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({7}) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Fahrpreisermäßigung für Evakuierte ({8});
b) Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen ({9}) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Fahrpreisermäßigung für Familienfahrten der Flüchtlinge ({10});
c) Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen ({11}) über den Antrag der Abgeordneten Renner und Genossen betreffend Fahrpreiserhöhung für Arbeiterwochenkarten und Sonntagsrückfahrkarten ({12}).
Berichterstatter ist in allen Fällen Herr Abgeordneter Schulze-Pellengahr.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, ohne Besprechung über diese Anträge zu entscheiden.
({13})
- Meine Damen und Herren, das Recht, zu widersprechen, bitte ich nur in den geschäftsordnungsmäßig dafür vorgesehenen Fällen auszunutzen. Bitte, Herr Abgeordneter!
Schulze-Pellengahr ({14}), Berichterstatter:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor Ihnen liegen drei Mündliche Berichte über Anträge, die sich mit dem Problem der Fahrpreisermäßigung bzw. der Fahrpreiserhöhung beschäftigen. Bevor ich zu den einzelnen Anträgen Stellung nehme, gestatten Sie mir, kurz zu dem Problem der Fahrpreisermäßigung allgemein einige Worte zu sagen. Zunächst darf ich Ihnen berichten, daß etwa 70 % sämtlicher von der Deutschen Bundesbahn beförderten Personen fahrpreisermäßigt reisen.
({15})
Bekanntlich ist die Deutsche Bundesbahn nach den Bestimmungen des in diesem Hause verabschiedeten Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 erstens verpflichtet, ihre Verwaltung nach kaufmännischen Gesichtspunkten auszugestalten -§ 4 - Ferner darf sie die Durchführung tariflicher Maßnahmen und die dazugehörigen Fahrpreisermäßigungen nur insoweit hinnehmen, als sie zumutbar sind. Gegen Auflagen, die darüber hinausgehen, kann die Deutsche Bundesbahn Einspruch erheben, über den die Bundesregierung entscheidet. Wenn die Bundesregierung den Einspruch gegen die Auflage der Durchführung der tariflichen Maßnahmen zurückweist, so ist die Mehrbelastung, die der Deutschen Bundesbahn hierdurch entsteht, auf den Bundeshaushalt zu übernehmen - § 28 Abs. 2 und 3 -.
Damit wären wir bei der Kardinalfrage angelangt. In vielen Ländern erhalten die Eisenbahnen Mittel aus dem Staatshaushalt und können damit Fahrpreisermäßigungen sozialer Art ohne weiteres durchführen. Auf einer ähnlichen Basis wären neue Fanrprersverbilligungen auch bei der Deutschen
Bundesbahn durchaus tragbar. Es geht aber nicht an, daß der größte deutsche Verkehrstrager, die Deutsche Bundesbahn, die sich seit 1945 durch schwerste Kriegsschäden und großen Nachholbedarf in einer dauernden finanziellen Notlage befindet, nun noch weitere finanzielle Belastungen durch Fahrpreisermäßigungen hinnehmen muß, ohne dafür einen entsprechenden Ausgleich zu erhalten. Es darf dabei nicht vergessen werden, daß die zahlreichen schon bestehenden sozialen Vergünstigungen, besonders die niedrigen Tarife für Berufs- und Schülerverkehr, ohnehin beachtliche Einnahmeausfälle verursachen. Es kann auch nicht Aufgabe eines Verkehrszweigs sein, mit Tariferleichterungen die nicht ausreichende Betreuung Hilfsbedürftiger durch die öffentliche Fürsorge auszugleichen.
Unter diesen Voraussetzungen und diesen Umständen hat der Ausschuß für Verkehrswesen mit einer einzigen Ausnahme - die die Angehörigen von Seeleuten betrifft - bei etwa einem Dutzend ihm überwiesener Anträge auf Gewährung von Fahrpreisermäßigung jeweils die Auffassung vertreten, daß es der Deutschen Bundesbahn auch bei voller Würdigung der Notlage der betroffenen Kreise, die die Fahrpreisermäßigung erhalten sollen, in Anbetracht der schwierigen finanziellen Lage der Bundesbahn nicht zugemutet werden kann, weitere über den Rahmen der bereits gewährten Tarifvergünstigungen hinausgehende neue Fahrpreisermäßigungen einzuräumen. Zu diesen allgemeinen Ausführungen über Fahrpreisermäßigung darf ich abschließend noch berichten, daß diese Beschlüsse im Ausschuß für Verkehrswesen zum größten Teil einstimmig gefaßt wurden und die verschiedenen Mündlichen Berichte zu den Anträgen betreffend Fahrpreisermäßigung die Mehrheit im Plenum des Bundestags erhalten haben.
Lassen Sie mich nun kurz zu den einzelnen Anträgen berichten. Zu Punkt 12 a der Tagesordnung vom 16. Juli 1952 - Antrag der Fraktion der SPD betreffend Fahrpreisermäßigung für Evakuierte, Drucksachen Nrn. 2903 und 3514 - ist folgendes zu sagen. Der Antrag wurde am 16. Januar dieses Jahres an den Haushaltsausschuß - federführend - überwiesen. Beteiligt war der Verkehrsausschuß. Ich bin nicht Mitglied des Haushaltsausschusses, habe aber gern im Rahmen des Ganzen die Berichterstattung auch für den Haushaltsausschuß übernommen. Mit Schreiben vom 18. Mai 1952 hat der Ausschuß für Verkehrswesen dem federführenden Haushaltsausschuß seine Stellungnahme mitgeteilt und empfohlen, diesen Antrag als Material an die Bundesregierung zu überweisen. Der Haushaltsausschuß hat sich in seiner Sitzung vom 13. Mai 1952 vollinhaltlich der Stellungnahme des Ausschusses für Verkehrswesen angeschlossen. Durch das gemeinsame Rundschreiben der Bundesminister des Innern und der Finanzen vom 24. April 1952 kann der Antrag der Fraktion der SPD im wesentlichen als erfüllt angesehen werden, da die Bundesregierung vor kurzem beschlossen hat, für Reisen hilfsbedürftiger Evakuierten zwischen ihrem jetzigen Wohnort und ihrem früheren Heimatort aus Mitteln der Kriegsfolgenhilfe Zuschüsse zu gewähren. Die Evakuierten werden danach voraussichtlich ab 1. Juli 1952 für zwei Reisen im Jahre 1952 und eine Reise im Jahre 1953 nach den für die Heimatvertriebenen geltenden Einkommensrichtsätzen - Alleinstehende 120 DM, Verheiratete 180 DM im Monat und 30 DM für jedes Kind - eine Verbilligung von 50 % des Regelfahrpreises erhalten. Damit dürften die dringendsten Forderungen der
({16})
Evakuierten einerseits und der antragstellenden Fraktion andererseits erfüllt sein.
Zu Punkt 12 b der Tagesordnung vom 16. Juli 1952 - Antrag der Fraktion der SPD betreffend Fahrpreisermäßigung für Familienfahrten der Flüchtlinge, Drucksachen Nr. 187 und 3483 - darf ich kurz folgendes berichten. Die Drucksache Nr. 187 wurde in der 19 Plenarsitzung am 1. Dezember 1949 an den Ausschuß für Verkehrswesen - federführend - und an den Ausschuß für Heimatvertriebene als beteiligten Ausschuß überwiesen. Mit Schreiben vom 7. Dezember 1949 teilte der Ausschuß für Heimatvertriebene mit, daß er dem Antrag ohne Änderungen zugestimmt habe. In seiner Sitzung am 11. Januar 1950 beschloß der Ausschuß für Verkehrswesen, dem Ausschuß für Heimatvertriebene die Stellungnahme mit der Bitte um nochmalige Prüfung vorzulegen. Da inzwischen das Bundesvertriebenengesetz in Vorbereitung war und die Regelung des Problems der Fahrpreisermäßigung für Flüchtlinge ursprünglich mit in das Bundesvertriebenengesetz eingearbeitet werden sollte, wurde zwischen den beiden Ausschüssen für Verkehrswesen und für Heimatvertriebene vereinbart, diesen Antag bis zur Verabschiedung des Bundesvertriebenengesetzes zurückzustellen und ihn dann gegebenenfalls für erledigt zu erklären, da den hilfsbedürftigen Heimatvertriebenen bereits eine fünfzigprozentige Fahrpreisermäßigung gewährt wird. Auch bei diesem Antrag kann also festgestellt werden, daß dem Wunsch der antragstellenden Fraktion im wesentlichen Rechnung getragen ist.
Zu Punkt 12 c betreffend den letzten dem Ausschuß für Verkehrswesen überwiesenen Antrag bezüglich Fahrpreiserhöhung für Arbeiterwochenkarten und Sonntagsrückfahrkarten, der in diese Gruppe von Anträgen gehört und von den Abgeordneten Renner und Genossen eingebracht wurde - Drucksachen Nrn. 203 und 3484 - darf ich kurz folgendes sagen. Dieser Antrag wurde dem Ausschuß für Verkehrswesen in der 19. Plenarsitzung am 1. Dezember 1949 überwiesen. In seiner Sitzung am 11. Januar 1950 beschloß der Ausschuß für Verkehrswesen bereits, den Antrag für erledigt zu erklären. Der Vertreter der KPD im Ausschuß für Verkehrswesen sagte seinerzeit zu, daß er seine Fraktion veranlassen wolle, den Antrag zurückzuziehen. Das ist bis heute nicht geschehen. An der Tatsache an sich hat sich nichts geändert, so daß der Ausschuß für Verkehrswesen Ihnen empfiehlt, diesen Antrag für erledigt zu erklären.
Meine Damen und Herren, der Ausschuß für Verkehrswesen hat sich, wie das auch aus meinen Ausführungen hervorgeht, mit dem Problem der Fahrpreisermäßigung vielfach eingehend beschäftigt und ist zu den Ergebnissen gekommen, die sich aus den drei Mündlichen Berichten ergeben. Er empfiehlt Ihnen die in den Mündlichen Berichten vorgesehene Regelung.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat hatte Ihnen vorgeschlagen, keine Aussprache stattfinden zu lassen. Ich habe erst nachträglich erfahren, daß Herr Abgeordneter D r. Reismann beabsichtigte, dem zu widersprechen. Es ist bisher üblich gewesen, daß der Vorschlag des Altestenrats ohne besondere Abstimmung angenommen wurde. Da Herr Dr. Reismann widersprochen hat, bitte ich, Ihrer Zustimmung zu dem Vorschlag des Ältestenrats, keine Aussprache stattfinden zu lassen, durch ein Handzeichen Ausdruck zu geben. - Das ist die Mehrheit. Die Aussprache findet - zu meinem Bedauern - nicht statt.
({0})
Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, wenn Sie den drei Anträgen des Ausschusses - ich darf wohl zusammen darüber abstimmen lassen -, die Herr Abgeordneter Schulze-Pellengahr vorgetragen hat, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; diese Anträge sind angenommen.
Ich rufe auf die
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen ({1}) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Entschädigung der Eisenbahnbediensteten im Ringgau ({2}).
Auch hier ist Herr Abgeordneter Schulze-Pellengahr Berichterstatter.
({3})
Auch hier schlägt der Ältestenrat Ihnen vor, keine Aussprache stattfinden zu lassen. - Es wird nicht widersprochen. Der Wunsch, einen ganz kurzen Bericht zu hören, ist von Herrn Abgeordneten SchulzePellengahr zweifellos auch gehört worden. Bitte, Herr Abgeordneter!
Schulze-Pellengahr ({4}), Berichterstatter: Der Antrag der Fraktion der SPD betreffend Entschädigung der Eisenbahnbediensteten im Ringgau, Drucksache Nr. 1712, und der Mündliche Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen, Drucksache Nr. 3489, liegen Ihnen vor. Der Antrag der Fraktion der SPD Drucksache Nr. 1712 wurde dem Ausschuß für Verkehrswesen in der 109. Plenarsitzung am 10. Januar 1951 überwiesen. Einen Tag später wurde das Bundesverkehrsministerium um baldmöglichste schriftliche Stellungnahme gebeten. Diesem Antrag war bereits die Anfrage Nr. 123 auf Drucksache Nr. 1442 in derselben Angelegenheit mit der Beantwortung des Herrn Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen, Drucksache Nr. 1563, vorangegangen.
Bei dem Antrag Drucksache Nr. 1712 handelt es sich darum, daß die im Bundesgebiet wohnenden, jedoch in der Ostzone arbeitenden Eisenbahnbediensteten, die ihre Dienstbezüge seinerzeit in Ostmark erhielten, sie zum Teil bzw. ganz in Westmark erhalten sollten. Mit Schreiben vom 17. Februar 1951 teilte das Bundesministerium für Verkehr mit, daß einem Teil der Ringgauer Eisenbahner die Dienstbezüge in D-Mark-West und einem anderen Teil die Dienstbezüge zu 60 % in D-Mark-West und 40% in D-Mark-Ost gezahlt werden sollten. Es haben dann längere Verhandlungen zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, den beteiligten Dienststellen der Deutschen Bundesbahn und der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands stattgefunden.. Das Mitglied des Ausschusses für Verkehrswesen Herr Kollege Jahn hat mit Schreiben vom 23. November 1951 um Zurückstellung des Antrags gebeten und sich mit Schreiben vom 20. Mai 1952 damit einverstanden erklärt, daß der Antrag in der im Mündlichen Bericht vom Ausschuß für Verkehrswesen empfohlenen Weise verabschiedet wird. Offenbar sind aber noch nicht alle Wünsche der Eisenbahnbediensteten im Ringgau befriedigt worden, da infolge der Grenzziehung ständig neue Schwierigkeiten auftreten. Der Ausschuß für Verkehrswesen empfiehlt Ihnen die Überweisung des Antrags als Material
({5})
an die Bundesregierung mit der Bitte, sich weiterhin um die Interessen der Eisenbahnbediensteten im Ringgau zu bemühen. Ich bitte, sich dieser Empfehlung anzuschließen.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Bericht des Herrn Berichterstatters gehört; ich danke ihm.
Ich komme zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses für Verkehrswesen Drucksache Nr. 3489 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; dieser Antrag ist angenommen.
Damit haben wir die für vorgestern vorgesehene Tagesordnung erledigt.
Wir gehen über zur Tagesordnung der ursprünglich so benannten 224. Sitzung, die für Donnerstag vorgesehen war. Im Einverständnis aller Parteien im Ältestenrat ist abgesetzt worden - ich darf das noch einmal wiederholen; oder ist es Ihnen schon mitgeteilt worden? - erstens der Punkt 1, die ganze Frage des Rückerstattungsrechts und der Wiedergutmachung, zweitens der Punkt 6, die Änderung der Reichsdienststrafordnung.
Zu Punkt 7:
Fortsetzung der zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über öffentliche Versammlungen und Aufzüge ({0}) ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung ({2}) ({3}); Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 586, 603, 621) ({4}),
wird vom Ältestenrat einheitlich vorgeschlagen, das Versammlungsordnungsgesetz an den Ausschuß zum Schutze der Verfassung zurückzuverweisen mit dem Anheimgeben, die inzwischen eingegangenen Änderungsanträge bereits so zu verarbeiten, daß sie für die Vorlage verwandt werden und dazu Stellung genommen wird. Darf ich vorschlagen, daß diese Rückverweisung vom Hause sofort beschlossen wird. Sind Sie damit einverstanden?
({5})
Wird der Rückverweisung widersprochen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist das Versammlungsordnungsgesetz - Punkt 7 der Tagesordnung - zurücküberwiesen worden.
Der Punkt 18, Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin ({6}), ist bereits gestern im Rahmen des Haushalts der finanziellen Hilfe für Berlin erledigt worden.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes
({7}) zu dem Entwurf
eines Gesetzes zur Aufhebung der Mannschaftsrolle und Bordliste auf Binnenschiffen
({8}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz, - der nicht dazusein scheint. Da das Gesetz nach dem Antrag des Vermittlungsausschusses aufgehoben werden soll, darf ich doch vorschlagen, daß wir die Begründung dazu hören, wenn Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz wiederkommt. Wollen Sie ihn freundlichst unterrichten lassen.
Der Berichterstatter zu Punkt 3 der Tagesordnung, Herr Minister Renner von Baden-Württemberg, ist auch noch nicht da. Er wird benachrichtigt und wird gleich hier sein.
Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz kommt gerade. Ich bitte ihn, zu Punkt 2 der DonnerstagTagesordnung, Aufhebung der Mannschaftsrolle und Bordliste auf Binnenschiffen, das Wort zu nehmen.
Dr. von Merkatz ({9}), Berichterstatter: Namens des Vermittlungsausschusses habe ich zu den Drucksachen Nrn. 3285 und 3492 zu berichten. Es handelt sich darum, daß der Bundestag ein Gesetz über die Aufhebung der Mannschaftsrolle und Bordliste auf Binnenschiffen beschlossen hat, die durch eine Kriegsverordnung aus dem Jahre 1943 .eingeführt worden ist. Die Länder sind der Auffassung, daß die mit diesem Gesetz erstrebte Vereinfachung nicht erreicht werden kann, da im Falle der Aufhebung der angeführten Verordnung die Länder genötigt sind, in ihrem Hoheitsbereich neue Verordnungen zu erlassen, und daß damit die Einheitlichkeit des Rechtes gefährdet wäre.
Der Vermittlungsausschuß beantragt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der vom Deutschen Bundestag in seiner 216. Sitzung am 29. Mai 1952 gefaßte Beschluß über die Annahme des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Mannschaftsrolle und Bordliste auf Binnenschiffen wird aufgehoben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Soll eine Erklärung abgegeben werden? - Das ist nicht der Fall.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 3586 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen ist dieser Antrag des Vermittlungsausschusses angenommen.
Ich schlage vor, daß wir jetzt einschieben:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({0}) zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung ({1}).
Ist Herr Abgeordneter Arndgen in der Lage, diesen Bericht zu erstatten? - Bitte schön!
Arndgen ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Schreiben vom 4. Juli 1952 hat der Bundesrat in Sachen des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung in 11 Punkten den Vermittlungsausschuß angerufen. Der Vermittlungsausschuß hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit den Änderungsvorschlägen des Bundesrats beschäftigt, und er schlägt Ihnen zu diesem Gesetz folgende Änderungen vor:
In Art. I Nr. 3 erhält § 4 Abs. 1 Satz 5 folgende Fassung:
Die Wahl erfolgt auf Grund von Vorschlagslisten der Gewerkschaften und von selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit
({3})
sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung sowie der Vereinigungen von Arbeitgebern nach den Grundsätzen der Verhältniswahl.
In Art. I Nr. 3 erhält § 4 Abs. 1 Satz 9 folgende Fassung:
Gruppen von Versicherten können Vorschlagslisten einreichen, wenn sie bei einem Versicherungsträger
mit nicht mehr als eintausend Versicherten die Unterschriften von mindestens dreißig Wahlberechtigten,
mit mehr als eintausend, aber nicht mehr als zehntausend Versicherten die Unterschriften von mindestens einhundert Wahlberechtigten,
mit mehr als zehntausend, aber nicht mehr als fünfzigtausend Versicherten die Unterschriften von mindestens einhundertfünfzig Wahlberechtigten,
mit mehr als fünfzigtausend, aber nicht mehr als hunderttausend Versicherten die Unterschriften von mindestens zweihundert Wahlberechtigten.
mit mehr als hunderttausend Versicherten die Unterschriften von mindestens zweihundertfünfzig Wahlberechtigten
tragen.
Der Bundestag hatte in seinem Gesetzentwurf für diese Unterschriften Zahlen zwischen 30 und 150 vorgesehen, während der Bundesrat vorschlug, die Unterschriftenzahlen zwischen 30 und 1000 festzulegen.
In Art. I Nr. 5 wird als Abs. 1 a folgende Bestimmung neu eingefügt:
({4}) Die Vorstände der See-Berufsgenossenschaft und der Seekasse können beschließen, daß für die See-Berufsgenossenschaft und die Seekasse eine gemeinsame Geschäftsführung gebildet wird. In diesem Falle wählen sie die Geschäftsführer gemeinschaftlich; über den Vorsitz dabei entscheidet das Los.
Diese Bestimmung ist eingeführt worden, weil der Bundesrat der Auffassung war, man müsse in der Seeberufsgenossenschaft und in der Seekasse eine Verwaltungsvereinfachung einführen und diese beiden Sozialversicherungsträger in die Lage versetzen, eine eigene Geschäftsführung zu bilden.
In Art. I Nr. 6 erhält § 11 nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses neuer Abs. 2 a folgende Fassung:
Die Versicherungsämter können im Einvernehmen mit dem Wahlausschuß der Versicherungsträger mehrere Gemeinden zu einem Stimmbezirk vereinen oder innerhalb einer Gemeinde mehrere Stimmbezirke, auch für eine Mehrzahl von Betrieben und Werkstätten, bilden.
In Art. I Nr. 6 erhält § 11 Abs. 5 Satz 2 folgende neue Fassung:
Die Wahlen finden an einem Sonntag und am vorhergehenden Samstag statt.
Der Bundestag hatte beschlossen, die Wahlen an einem Sonntag und an einem Samstagnachmittag stattfinden zu lassen, während der Bundesrat der Meinung war, sie sowohl an einem Samstag, an einem Sonntag und an einem Montag durchführen zu lassen.
In Art. I Nr. 11 wird in § 18 Abs. 4 Nr. 3 der 4. Absatz um folgenden neuen Satz erweitert:
Desgleichen ist zwischen der Kasse und dem wiedererrichteten Versicherungsträger mit über tausend Versicherten ein Personalausgleich durchzuführen, für den die Zahl der Mitglieder maßgebend ist, die der Versicherungsträger von der Kasse übernimmt.
Der Bundestagsbeschluß enthielt keine Bestimmungen bezüglich Personalausgleich, und der Bundesrat wollte bei Wiedererrichtung von Kassen allgemein einen Personalausgleich durchgeführt wissen. In dem Vorschlag des Bundesrats ist vom Vermittlungsausschuß eingeschaltet worden, daß dieser Personalausgleich nur dann verlangt werden könne, wenn der Versicherungsträger mindestens tausend Versicherte aufweist.
In Art. 1 Nr.11 erhält § 18 Abs. 4 Nr. 3 im 5. Absatz folgende neue Fassung:
Geschlossene Krankenkassen ({5}) können ihre Tätigkeit wiederaufnehmen, wenn dies die Mehrheit der für die geschlossene Krankenkasse im Falle der Wiederrichtung in Betracht kommenden stimmberechtigten Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb eines Monats nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bei der zuständigen obersten Verwaltungsbehörde beantragt und diese feststellt, daß die finanzielle Leistungsfähigkeit des wiederzuerrichtenden Versicherungsträgers hinreichend gesichert ist.
In diesem Falle ist der Vermittlungsausschuß dem Vorschlag des Bundesrates gefolgt.
In Art. I Nr. 11 erhält § 18 Abs. 4 Nr. 3 im 6. Absatz folgende Fassung:
Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Tätigkeit geschlossener Ersatzkassen ist, daß mindestens 500 Personen, die zum Mitgliederkreis der geschlossenen Ersatzkasse gehörten, bei der zuständigen obersten Verwaltungsbehörde innerhalb von 6 Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes schriftlich erklären, daß sie der Ersatzkasse von der Wiederaufnahme der Tätigkeit an wieder als Mitglieder angehören wollen.
Hier hatte der Bundesrat vorgeschlagen, anstatt „500" „2500" zu setzen. Der Vermittlungsausschuß ist dem Beschluß des Bundestages gefolgt.
Das, meine Damen und Herren, sind die Änderungsvorschläge, die Ihnen der Vermittlungsausschuß unterbreitet. Ich habe den Auftrag, Sie zu bitten, diesen Änderungen zuzustimmen. Dabei hat der Vermittlungsausschuß gemäß § 10 Abs. 3 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß im Deutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Besteht der Wunsch, Erklärungen abzugeben? - Frau Abgeordnete Kalinke!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Fraktion der Deutschen Partei bedauert, daß die so lange anhaltenden Beratungen zur Novelle zum Selbstverwaltungsgesetz nicht dazu geführt haben, dieses Gesetz, das in Beratungen des Ausschusses auch mit den Vertretern des Bundesrats in allen Einzelheiten weitgehend abgesprochen war, nun in der im Bundestag beschlossenen Form zu verabschieden. Wir bedauern insbesondere, daß bei der Beratung im Vermittlungsausschuß die Erschwerung der Einreichung von
({0})
Vorschlagslisten erfolgt ist. weil wir darin eine Einengung des Rechtes der Minderheiten sehen. Wir bedauern das um so mehr, weil ja dem Vermittlungsausschuß die Problematik bekannt war; denn er hat ja schon vor einem Jahr weitgehend über diese Dinge verhandelt. Wir bedauern, daß die Darstellungen im Bundesrat, die nicht den Tatsachen entsprochen haben, dazu geführt haben, daß sich bei der Wiedergutmachung, die die Landkrankenkasse Bremerhaven angeht, nicht das deutsche Recht durchgesetzt hat, sondern das Gedankengut, das in der Nachkriegszeit Anlaß gewesen war, das Vermögen, den Bestand der Landkrankenkasse und den Willen des Landvolks im Land Niedersachsen sozusagen zu vergewaltigen. Wir behalten uns vor, diesen Punkt der Wiedergutmachung für die Landbevölkerung und die Landkrankenkasse in Bremerhaven wieder aufzugreifen. Wir werden jetzt dem Gesetz zur Wiederherstellung der Selbstverwaltung nur deshalb zustimmen, weil wir wünschen, daß endlich die Wahlen zur Selbstverwaltung durchgeführt werden.
({1})
Weitere Erklärungen werden nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 3589. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die große Mehrheit des Hauses; der Antrag ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt weiter auf den Punkt 3 der Tagesordnung vom Donnerstag:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Entwurf eines Gesetzes über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken ({1}).
' Berichterstatter ist Herr Minister Renner. Ich darf ihn bitten, das Wort zu nehmen.
Renner ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat den Vermittlungsausschuß angerufen, um gegenüber dem befristeten Sperrgesetz des Bundes das rechtliche Schicksal der in jüngster Zeit in Bayern und dem früheren Lande Württemberg-Baden erlassenen Gesetze eindeutig zu klären. Hierbei ging der Bundesrat von der Überlegung aus, daß die Frage, ob Landesgesetze durch befristetes Bundesgesetz endgültig oder nur für die Zeit der Befristung außer Kraft gesetzt werden, umstritten ist. Im Vermittlungsausschuß ist die Auffassung vertreten worden, daß es der vom Bundesrat gewünschten besonderen Bestimmung nicht bedürfe, weil das Weitergelten der Landesgesetze nach Außerkrafttreten des befristeten Bundesgesetzes außer Zweifel stehe. Dennoch ist der Vermittlungsausschuß mit überwiegender Mehrheit zu dem Entschluß gekommen, diese rechtstheoretische Streitfrage offenzulassen und das Schicksal der in Frage stehenden Landesgesetze ausdrücklich zu regeln. Er hat sich hierbei nicht auf die Landesgesetze in Bayern und dem früheren Land WürttembergBaden beschränkt, sondern vorgeschlagen, allgemein von landesrechtlichen Vorschriften zu sprechen.
Um jeden Zweifel über das Verhältnis von § 3 Abs. 2 zu § 1 auszuschließen, ist auf die anderweitig geltenden landesrechtlichen Vorschriften abgestellt worden. Das bedeutet, daß vom Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes an für die Zulassung von Apotheken das in den Ländern am 1. Oktober 1945 geltende Recht anzuwenden ist und daß nach Außerkrafttreten des Bundesgesetzes die später erlassenen landesrechtlichen Vorschriften wieder in Geltung erwachsen.
Die Frage des Verhältnisses Bundesgesetz zu den besatzungsrechtlichen Vorschriften - es handelt sich um die Direktiven Nrn. 4 und 5 der Alliierten Hohen Kommission - hat der Vermittlungsausschuß erörtert. Er war der Auffassung, daß die Klärung dieses Verhältnisses Sache der Bundesregierung sei.
Namens des Vermittlungsausschusses bitte ich Sie, dem Vermittlungsvorschlag Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter des Vermittlungsausschusses. Erklärungen werden nicht gewünscht? - Nein. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses - Drucksache Nr. 3587 - zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit des Hauses; der Antrag ist angenommen.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat gebeten, bekanntzugeben, daß der Auswärtige Ausschuß heute um 10 Uhr im Zimmer 210 zu einer kurzen dringenden Besprechung zusammentritt. Das Haus hat das zur Kenntnis genommen.
Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 4 der Donnerstag-Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Heimatvertriebene ({1}) ({2}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Kuntscher. Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Aussprachezeit für die allgemeine Besprechung der dritten Beratung von höchstens 60 Minuten vor. - Ich stelle fest, daß das Haus damit einverstanden ist.
Kuntscher ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und SchleswigHolstein ist an und für sich nur eine Durchführung des Gesetzes, das wir am 22. Mai 1951 beschlossen haben. Nach diesem Gesetz vom 22. Mai 1951 sollten bis zum 30. September 1951 200 000, bis zum 31. Dezember 1951 weitere 100 000 Heimatvertriebene aus den Ländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern in die bekannten Aufnahmeländer umgesiedelt werden. Es ist in diesem Hause schon bei einigen Gelegenheiten darüber gesprochen worden, daß dieses Soll nicht erfüllt wurde und daß damit die Bestimmungen und die Fristen dieses Gesetzes, weil sie nicht eingehalten werden konnten, überholt sind. Aus diesem Grunde ist also zu verstehen, daß uns heute der Entwurf eines Änderungsgesetzes vorliegt. Dieses Änderungsgesetz beinhaltet im wesentlichen also die Fristenänderung, d. h. eine Hinausschiebung
({4})
der Fristen, und weiter die Aufschlüsselung der Umzusiedelnden auf die einzelnen Aufnahmeländer.
Der Ausschuß stimmt im Grundsätzlichen dem Gesetzentwurf zu; doch beantragt er unter Ziffer 2, den § 1 zu ändern. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Datum des 31. Mai 1952 soll in „31. August 1952" geändert werden, da ja die Frist vom 31. Mai, wie uns allen bekannt ist, nicht eingehalten werden konnte und überholt ist. Der Ausschuß erwartet, daß bis zum 31. August 1952 das Soll der Umsiedlung erreicht werden könnte.
Weiter beantragt der Ausschuß unter Ziffer 5, den neu eingefügten § 17 a dahingehend zu ändern, daß die Schlüsselzahlen, die im Gesetzentwurf für Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern einzeln genannt sind, nach der veränderten staatlichen Lage im Südwesten zusammengezogen werden, daß es also nicht heißt, daß Baden 2000, Württemberg-Baden 17 500 und Württemberg-Hohenzollern 4500 Umsiedler aufzunehmen haben, sondern Baden-Württemberg insgesamt 24 000 Heimatvertriebene aufnehmen soll.
Desgleichen sollen in Abs. 2 die bezüglich des gelenkten Verfahrens festgelegten Einzelquoten für die vorhin genannten drei Länder zusammengezogen werden; es soll dort heißen, daß BadenWürttemberg wenigstens 12 000 Umsiedler im gelenkten Verfahren aufzunehmen hat.
Schließlich schlägt der Ausschuß vor, in der im Entwurf vorgesehenen Fassung: „mit neuem Datum und in neuer Paragraphenfolge mit dem Datum der Bekanntmachung neu bekanntzumachen", die Worte „mit neuem Datum und" zu streichen, weil ja die Bekanntmachung als solche ohnedies ein Datum tragen wird, und dieses Datum ist eben der Tag des Inkrafttretens des Gesetzes. Der Ausschuß hat diese Änderungen einstimmig beschlossen, und ich empfehle dem Hohen Hause, dem Beschluß des Ausschusses beizutreten.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe auf zur zweiten Beratung Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. - Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung.
({0})
- Also doch Wortmeldungen?
({1})
- Wir sind doch in der zweiten Beratung. ({2})
- Also das hat sich erledigt.
Ich bitte die Damen und Herren, die Art. 1, Art. 2, Art. 3, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit des Hauses. Sie sind angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Besprechung. Das Wort hat der Abgeordnete Reitzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin in einer etwas peinlichen Situation. Ich weiß nicht, an wen ich mich wenden soll. Das Hohe Haus hat im Vorjahr, im Mai, ein
Gesetz zur Umsiedlung beschlossen und damit seinen Willen deutlich kundgetan. Ich kann also schwerlich noch einmal an das Hohe Haus appellieren. Ich bin überzeugt, daß die Damen und Herren weiter für eine rasche und baldige Umsiedlung sind. Aber dieser vom Hohen Hause ausgesprochene Wille vom Mai 1951 ist nicht durchgeführt worden. Das ist die Feststellung.
({0})
Diese Feststellung ist betrüblich. Man muß sich doch gleichzeitig fragen: Wo liegen denn die Fehlerquellen, wer trägt die Verantwortung? Ich weiß nicht, ob ich mich an meinen immer lächelnden Freund Lukaschek wenden soll oder schon an den Nachfolger, der möglicherweise hier in diesen Bänken sitzt.
({1})
Ich weiß auch nicht, ob diese ständige Diskussion um die Abberufung des Ministers
({2})
- ja, das gehört sehr zur Sache - oder die Nachfolge die Arbeiten der Ämter und des Ministeriums fördert oder lähmt.
({3})
Das mag einen gewissen Einfluß haben. Tatsache ist doch, daß die ungelenkte Umsiedlung eine viel größere Initiative gezeigt und größere Leistungen als die gelenkte Umsiedlung aufzuweisen hat, die versagt hat. Das muß doch festgestellt werden.
Was die Vergangenheit anlangt, muß ich mich also an den Herrn Minister Lukaschek halten, und was die Zukunft angeht, so liegt das, was hier geschehen soll, wahrscheinlich noch beim Herrn Bundeskanzler geschrieben.
({4})
Auf alle Fälle, meine Damen und Herren, kann man doch nicht einfach immer an der Feststellung vorübergehen und sagen, ja, der Wille des Hauses ist nicht erfüllt worden. Wozu dokumentiert denn dieses Haus immer seinen Willen, wenn sein Wille nicht durchgeführt wird?
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- Nein, Herr Kollege Horlacher, es ist nicht nur die Dickköpfigkeit einzelner Länder. Diese Auseinandersetzung, der Versuch, die Schuld den Aufnahme- oder Abgabeländern zu geben, ist nicht ganz richtig. Das hat sich aus der Erfahrung gezeigt. Das trifft nicht den Kern der Sache. Natürlich gibt es in den sogenannten Aufnahmeländern Kräfte, die der Aufnahme nicht sympathisch gegenüberstehen. Das ist begreiflich. Das ist nicht nur bei der Bürokratie so, sondern auch bei den Menschen, die es trifft.
Aber das Problem liegt tiefer. Das Problem ist ja eben kein bloßes Aufnahmeproblem in dem Sinne, daß es nur einer Lösung der Transportfrage, daß es nur einer Verpflanzung, einer Versetzung, einer Verlegung der Lager von Schleswig-Holstein nach Nordrhein-Westfalen bedürfte, und es ist auch nicht nur das organisatorische Problem der Planung von Wohnungen, sondern es handelt sich um die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen. Und ich glaube, Herr Kollege Horlacher, da muß man gar nicht in den alten, starren Vorstellungen von Ländern denken. Wir könnten ja in Bayern unsere Heimatvertriebenen aus den Flüchtlingsghettos in der Oberpfalz und aus dem Bayerischen Wald ruhig nach Augsburg oder in die Nähe von München oder Ingolstadt oder, wenn Sie wollen,
({6})
nach Fürth und Nürnberg im Wege einer Innenumsiedlung bringen, wenn wir dort Dauerarbeitsplätze und Wohnungen schaffen könnten. Aber da ist die Finanzierung das primäre Problem. Ich muß daher das Hohe Haus doch darauf aufmerksam machen, daß hier noch irgendwo der Antrag der SPD auf Bereitstellung von einer Milliarde DM zum Zwecke der Schaffung von Dauerarbeitsplätzen und Wohnräumen liegt. Das, was wir da beantragt haben, muß endlich einmal verwirklicht werden, sonst kommen wir zu keiner Umsiedlung.
Meine Damen und Herren, die Situation ist weiter ernst. Die Stoßkraft und die politischen und psychologischen Folgen des Problems werden nicht schwächer, wenn es nicht gelöst wird. Wir wissen ja alle, daß die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern die Länder mit den meisten Heimatvertriebenen sind und daß gerade in diesen drei Ländern der Anteil der Heimatvertriebenen an der Arbeitslosenzahl nicht nur relativ, sondern auch absolut am größten ist. Ich darf das Hohe Haus auf eine Tatsache aufmerksam machen. In der Gesamtbevölkerung von Westdeutschland machen die Heimatvertriebenen insgesamt 16,7 % aus, der Gesamtanteil der arbeitslosen Heimatvertriebenen beträgt aber 31,8 %. Das ist auf die Dauer ein ungesunder und unmöglicher Zustand, nicht nur vom menschlichen, sondern auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen. Die politischen Konsequenzen sind sehr leicht vorauszusehen. Meine politischen Freunde und ich müssen daher heute weniger das Hohe Haus als vielmehr die durchführenden und verantwortlichen Organe um eine klare Stellungnahme und um Auskunft bitten.
Woran lag es denn eigentlich, daß das Soll nicht erfüllt worden ist? Was ist denn in Wahrheit getan worden? Wenn wir die Abschlußzahlen anschauen, sehen wir die Situation, daß in Wahrheit im Monatsdurchschnitt 6000 Vertriebene umgesiedelt worden sind, während es nach der Planung und nach dem Gesetz 23 000 im Monatsdurchschnitt sein sollten. Hier sieht man die Lücke. Wenn Sie sich. meine Damen und Herren, der Mühe unterziehen, die Statistiken der Abgabe- und Aufnahmeländer ein wenig anzuschauen, werden Sie erschrecken darüber, was nicht geschehen ist, und werden sehr wünschen, daß endlich einmal etwas geschieht.
Im Monat Mai dieses Jahres - er liegt ja noch nicht weit zurück - wurden insgesamt 7800 Personen umgesiedelt, davon 3400 in Transporten, 2800 in gelenkten Einzelumsiedlungen und 1580 ungelenkt. Es sollten aber nicht 7800, sondern 23 200 Personen umgesiedelt werden. Wer nicht an ein Wunder glaubt, der wird sich schwer zu der Überzeugung durchringen können, daß die verantwortlichen Planungs- und Exekutivstellen das noch zuwege bringen können.
Daher möchte ich, Hohes Haus, meine Damen und Herren, zum Schluß sagen: Wir alle sind uns ja auch der politischen Gefahren außer der menschlichen und biologischen Gefahr bewußt. Es handelt sich ja nicht nur um das Problem der Erhaltung physischer und seelischer Substanz, sondern es ist ja auch ein volkswirtschaftliches Problem, es ist ein Problem unserer Steuereinnahmen, ein Problem der ganzen Volkswirtschaft überhaupt! Aber es ist auch ein politisches und psychologisches Problem. Wir fragen uns ja immer: Wie lange soll denn dieses bißchen seelische Widerstandskraft der Heimatvertriebenen, die ja immer noch hoffen und warten, auslangen? Es würde für uns gar keine Überraschung sein, wenn einmal unsere Lauernden von links und unsere Lauernden von ganz rechts imstande wären, sich aus den Massen der Heimatvertriebenen Fußvolk für ihre politischen Ziele zu mobilisieren; dann werden wir alle uns schaudernd die Köpfe halten. Das ist ein politisches Problem.
Daher glaube ich, aus diesen. vielen Erwägungen, sachlichen Gründen und Notwendigkeiten müßte das Hohe Haus jetzt endlich einmal der Exekutive deutlich sagen: Nun ran an die Arbeit! Nun zeigt uns, daß ihr könnt, was von euch verlangt werden muß!
Das Wort hat der Bundesminister für ,Vertriebene.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich in die-sachliche Aussprache eintrete, bitte ich, nicht zu vergessen, das Datum in § 1 Abs. 2 des Gesetzes, in dem für die Zustimmung des Bundesrats der 31. August festgesetzt ist, auf den 30. September festzulegen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil der Bundesrat wegen der Ferien in Verlegenheit kommen könnte und wir dann diese formale Schwierigkeit haben könnten.
({0})
- Ich werde gleich dazu Stellung nehmen.
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Es handelt sich nicht im mindesten um eine Fristverlängerung; denn was dieses Gesetz, das ja ein rein formales ist, besagt, wird bereits in vollem Umfange durchgeführt, so daß es sich hier nur um formale Dinge handelt und ich da nicht in Verlegenheit kommen möchte.
Nun hat Herr Abgeordneter Reitzner gesagt, er wolle endlich die Gründe dafür wissen, daß das berühmte Gesetz vom 22. Mai 1951 nicht fristgemäß durchgeführt worden ist. - Meine Damen und Herren, das lag letzten Endes an finanziellen Dingen. Zunächst einmal war es etwas spät geworden mit der Verabschiedung des Gesetzes vom 22. Mai 1951, so daß der letzte Teil des Jahres rein sachlich nicht mehr ausreichte, die nötigen Wohnungen zu bauen; denn es ist nun einmal leider so, daß die gesamte Umsiedlung mit Recht vom Wohnungsbau, und zwar vom Wohnungsbau an jenen Plätzen, wo die Tatsache des Vorhandenseins einer Wohnung sofort den Arbeitsplatz ergibt, abhängig ist; denn es hat ja keinen Sinn, Leute von einer Baracke in Schleswig-Holstein in eine Baracke in der Nähe von Mannheim umzusiedeln.
({2})
Das ist bei Beratung des Gesetzes von 1951 im Wohnungsbauausschuß und im Flüchtlingsausschuß eingehend vorgetragen worden. Wir hatten damals den Betrag von 200 und einigen Millionen - ich glaube, es waren 235 Millionen - zur Verfügung. Notwendig waren damals als öffentliche Gelder - d. h. für die sogenannte zweite Hypothek, während die erste Hypothek auf dem Privatkapitalmarkt beschafft werden und die letzte Stelle Selbstleistung sein sollte - 650 Millionen. Es fehlten also 400 und soundso viel Millionen.
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Ich habe im Ausschuß dringend gebeten, die Deckung für diese fehlenden 400 Millionen DM zu bringen. Damals ist aber nur der berühmte § 7 Abs. 2 beschlossen worden, der mehr oder weniger sagt, daß den Ländern, die nicht in der Lage sind, für den Wohnungsbau eigene Mittel einzusetzen, vom Bund geholfen werden muß. Herr Abgeordneter Lücke hat diese Verhandlungen mitgemacht.
Ich habe damals erklärt: „Nehmt das Gesetz an, auch wenn die Finanzierung noch nicht völlig gesichert ist. Denn mir ist es lieber, es werden 100 000 umgesiedelt als gar keiner, wenn wir nämlich kein Gesetz haben."
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Dieses Gesetz ist also am 22. Mai 1951 angenommen worden. Es war ein Initiativgesetz. Als dieses Initiativgesetz dem Kabinett vorgelegt wurde - denn das Kabinett mußte ja dem Initiativgesetz zustimmen -, hat der Finanzminister erklärt: Ich habe die 400 Millionen nicht, ich kann sie nicht bereitstellen; unter Umständen muß ich Art. 113 des Grundgesetzes zur Anwendung bringen!
({5})
Das wäre das erstemal gewesen, daß das Kabinett Art. 113 anwendet - eine Unmöglichkeit bei der unbestreitbaren Bedeutung der Umsiedlung und der seelischen Not der Heimatvertriebenen.
Der Finanzminister hat sich damals, da die Kapitalmarktlage die Möglichkeit hierzu geben konnte, in Anerkennung dieser Dinge bereiterklärt, die 400 und soundso viel Millionen DM, die fehlten, in den außerordentlichen Etat zu setzen. Wie sich der Kapitalmarkt entwickelt hat, wissen Sie; man braucht nur das Wort Korea zu nennen. Das ist der Grund dafür.
Mit unsagbarer Mühe haben wir aus allen Ecken die Gelder zusammengekratzt. Der Bund hat 120 Millionen DM gegeben. Das übrige ist im wesentlichen von der Soforthilfe gegeben worden. Ich spreche aus dem Kopf, sonst könnte ich Ihnen die Zahlen im einzelnen vorlesen. So war es aber.
Das hat dazu geführt, daß die Finanzierung erst im Dezember des Jahres 1951 geschaffen war, und nun wurde verplant. Im Augenblick stehen die Dinge so: Nach dem Gesetz vom 22. Mai 1951 sind 75 000 Personen umgesiedelt; und zwar sind aus Bayern 23 500, aus Niedersachsen 23 500 und aus Schleswig-Holstein 28 000 Personen bereits umgesiedelt. Des weiteren befinden sich 19 000 von den Umzusiedelnden in den Aufnahmeländern. Das war vor 14 Tagen etwa. Es sind also tatsächlich rund 95 000 Personen umgesiedelt. Hinzu kommen rund 65 000 Personen, bei denen die Familien ausgesucht und zur Umsiedlung angenommen sind, die also in der allernächsten Zeit umgesiedelt werden, und zwar mit der Fertigstellung der Bauten, die in vollem Umfange im Laufen ist, nachdem die Finanzierung durchgeführt ist.
Wir werden also bis zum 31. Dezember 100 000 mit aller Bestimmtheit umgesiedelt haben, und bis zum 30. Juni des Jahres 1953 werden weitere 100 000 umgesiedelt werden, so daß die in dem Gesetz von 1951 vorgesehene Rate von 300 000 am 30. Juni erfüllt sein wird.
Nun hat das Hohe Haus - und ich bin ihm wegen der absoluten Notwendigkeit durchaus gefolgt - in seinem großen Beschluß gefordert, es müßten 900 000 umgesiedelt werden. Wir werden also bis zum nächsten 30. Juni 600 000 umgesiedelt haben.
Für das Jahr 1953 haben wir in diesem Augenblick die Umsiedlung von weiteren 100 000 Personen finanziert, und zwar aus den 200 Millionen DM, die Herr Lücke bei Beratung des § 350 des Lastenausgleichsgesetzes als Aufstockung verlangt hat und bei denen der Finanzminister durch Ausgabe von U-Schätzen die 200 Millionen DM gegeben hat. Diese sind verplant. Wir gehen also, obgleich wir das weitere Gesetz noch nicht in der Hand haben, sofort an die praktischen Maßnahmen heran, so daß wir ganz sicher Ende 1953 700 000 umgesiedelt haben werden.
Weil ich für das nächste Jahr die Umsiedlung der letzten 300 000 heute noch nicht übersehe, da die Finanzierung noch unsicher ist, will ich durch Verordnung des Bundesrats, um die Dinge schneller voranzutreiben, für diese 100 000 die erforderlichen 200 Millionen sicherstellen, so daß das Auswählen der künftigen sofort beginnt, d. h. im August-September, damit wir dann ins Fahren kommen. Ich gebe Ihnen zu - und ich beklage es am allermeisten -, daß ich Ihnen heute noch nicht sagen kann, wann die 900 000 voll umgesiedelt sein werden. Ich kann aber nur betonen, daß es eines der allerwichtigsten wirtschaftlichen Dinge ist. Nach dem Gutachten der Forschungsstelle für Raumforschung in Godesberg sitzen in der Bundesrepublik 4 Millionen Menschen am falschen Platz.
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Herr Abgeordneter Fisch, ich bitte doch, keine Erwägungen darüber anzustellen, wer in diesem Hause falsch sitzt!
({0})
Es sind außerordentlich ernste Erwägungen. Ich kann das, was der Abgeordnete Reitzner gesagt hat, materiell nur voll unterstreichen, daß es geschehen muß.
Nun noch ein Wort zur gelenkten und ungelenkten Umsiedlung. Die ungelenkte ist natürlich deshalb wichtiger, weil die eigentliche Schwungkraft der Leute sie fördert und man die bürokratische Maschine, die immer schwer läuft, nicht so in Bewegung zu setzen braucht. Wir können aber auf die gelenkte Umsiedlung nicht verzichten. Bei der ungelenkten Umsiedlung gehen natürlich nur die arbeitsfreudigen, die jungen Leute, die Initiative haben, heraus, während die alten Leute sitzenbleiben. Daher die ganze Bemühung, mit der gelenkten das zu ergänzen, was die ungelenkte nicht erfüllen kann, nämlich die sozialen Fragen dabei zu lösen. Daß das ungeheuer schwierig ist, ist klar.
Die Frage der Finanzierung. Glauben Sie denn nicht, meine Damen und Herren, ich würde mit Freude dem Antrag zustimmen, eine Milliarde zur Verfügung zu stellen, nämlich 500 Millionen für den allgemeinen Wohnungsbau und 500 Millionen für den Wohnungsbau für Umsiedler? Das sind Dinge, die über die Kraft auch des noch so kräftigen Vertriebenenministers hinausgehen würden. Sie liegen auf einer ganz anderen Basis.
Nun lassen Sie mich hier einmal auch aus der Schule plaudern. Wir hatten die Hoffnung, 400 Millionen als Auslandsanleihe zu bekommen. Fünfzig Meter vor dem Ziel fiel aber das Wort „Korea"!
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Fisch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die kommunistische Fraktion
({0})
hat im letzten Jahr dem Umsiedlungsgesetz zugestimmt, weil sie der Meinung war - wie sie es auch heute noch ist - daß der Ansammlung von Hunderttausenden von Menschen in Gebieten,- in denen sie keine Aussicht auf Arbeit haben, ein Ende gesetzt werden muß und daß sie in andere Gebiete überführt werden sollen, in denen die Möglichkeit zur Einrichtung einer normalen und gesunden Existenz gegeben ist.
({1})
Was uns hier heute zur Verabschiedung vorliegt, ist nichts anderes als eine amtliche Quittung für den Bankrott der Regierungspolitik in dieser wichtigen Frage. Es ist ja kein Zufall, daß sich die Bundesregierung jetzt veranlaßt fühlt, mit neuen Versprechungen auf den Plan zu treten. Bekanntlich hat sich vor einiger Zeit, insbesondere in Schleswig-Holstein, eine Bewegung von Menschen gebildet, eine sogenannte Treckbewegung, die verkündete: „Was uns die Bundesregierung trotz immer wiederholter Versprechungen nicht gibt, das wollen wir uns jetzt selber holen, vielleicht versteht man in Bonn diese Sprache eher als die ewige Wiederholung von Bittschriften und Delegationen."
Der Herr Bundesminister Dr. Robert Lehr, der sich ja mit größter Hingabe bemüht, in seiner Sprache und in seinen Gesten sich auf militärische Begriffe einzustellen, hat die Bildung dieser Bewegung mit groben Drohungen und mit der Ankündigung beantwortet, er werde diese Trecks auseinandertreiben lassen. Andere seiner Ministerkollegen waren vielleicht der Meinung, daß das nicht die richtige Sprache ist, und sie sind auf den Gedanken gekommen, dieses Gesetz auszuarbeiten, in dem neue Versprechungen, aber wiederum nur unverbindlicher Art, ausgesprochen werden. Das war die Gegenleistung, die man den zum Marsch entschlossenen Leuten in Schleswig-Holstein, in Bayern und in Niedersachsen angeboten hat.
Es ist von der Schuldfrage gesprochen worden, und der Herr Minister hat bewegte Worte dafür gefunden, eine Generalentschuldigung für seine Unterlassungen zu verkunden, wobei das alte Schlagwort „Korea" wieder einmal herhalten mußte. Er hat davon gesprochen, daß es „unmöglich" war, die für die Aufnahme der 300 000 Menschen erforderlichen Mittel für den Wohnungsbau bereitzustellen. Der Herr Minister hat nur vergessen zu sagen, warum es nach seiner Meinung unmöglich war, diese Beträge bereitzustellen, wo es doch zur selben Zeit möglich war, für die innere Aufrüstung des Herrn Dr. Robert Lehr und für den sogenannten Verteidigungsbeitrag Beträge zur Verfügung zu stellen, die hundert- und tausendmal so groß sind wie diejenigen, die für eine solche soziale Leistung erforderlich gewesen wären. Allerdings, wer sich in erster Linie von den Bedürfnissen der Aufrüstung, von den Bedürfnissen der amerikanischen Politik leiten läßt, der hat nur ein „Unmöglich" als Antwort auf die berechtigten Forderungen dieser armen Menschen, die seit Jahr und Tag da oben sitzen, und auf die Einlösung von Versprechungen warten.
Meine Damen und Herren! Wir sind nicht in der Lage, dem vorliegenden Gesetz zuzustimmen. Wir hätten ihm gern zugestimmt, wenn es Garantien dafür enthielte, daß die Umsiedlung in kürzester Frist tatsächlich durchgeführt wird und daß die erforderlichen materiellen Voraussetzungen geschaffen werden. Das fehlt aber diesem Gesetz. Es gibt in diesem Gesetz auch jetzt wieder keine Garantie für die Bereitstellung der erforderlichen Wohnungsbaumittel in den Aufnahmeländern. Es gibt in ihm keine Garantie für die Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von Dauerarbeitsplätzen, und es gibt auch keine Garantie für die Mitbestimmung der betroffenen Flüchtlinge, für eine Mitbestimmung, bei der sie sich selbst vor dem Antritt ihrer Reise davon überzeugen könnten, daß in den Aufnahmegebieten Wohnung, Arbeitsplatz und das sonst für ein normales Leben Erforderliche tatsächlich vorhanden ist.
({2})
Aus diesem Grunde müssen wir uns der Stimme enthalten, und schließlich auch darum, weil auch jetzt wieder keine klare Fristbestimmung festgesetzt worden ist, sondern weil man sich damit begnügt, dem Bundesrat Vollmachten zu erteilen, von sich aus beliebige Fristen für den Vollzug der Umsiedlung anzusetzen.
Wenn es einige Herren für nötig hielten, vor einer eventuell drohenden Radikalisierung der betroffenen Flüchtlinge zu warnen, so möchte ich diesen Herren sagen, solche Warnungen sind vollkommen überflüssig. Die Radikalisierung dieser Menschen und ihre Ausrichtung zu einer geschlossenen Opposition gegen die Adenauer-Regierung besorgt diese Regierung selbst am besten!
({3})
Wenn der Herr Minister daran interessiert ist, daß möglichst schnell etwas für die Flüchtlinge geschieht, dann möchte ich ihm sagen:
({4}) Herr Minister, treten Sie zurück! Das wird Ihre erste Amtshandlung sein, die bei den Flüchtlingen auf restlose Begeisterung stoßen wird.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Zawadil.
'Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß die 'Heimatvertriebenen in keiner Weise mit dem übereinstimmen können, was hier Herr Kollege Fisch von der KPD gesagt hat; denn letzten Endes ist doch der Kommunismus die tiefste Ursache jener völkerrechtswidrigen Vertreibung von Millionen unschuldiger Deutschen.
({0})
- Auf das habe ich gerade gewartet, meine Herren
von der KPD. Seien Sie doch still!
({1})
Es kann mich doch gar nicht erschüttern, wenn Sie mit solchen Klamotten kommen, um die sich heute kein vernünftiger Mensch mehr kümmert.
({2})
({3})
Zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Umsiedlungsgesetzes möchte ich von einer Zahlenzusammenstellung ausgehen, die dadurch bedingt ist, daß wir für das Jahr 1952 bewußt keine neue Umsiedlerzahl aufgestellt haben. Wir dürfen nicht übersehen, daß wir es bei der Umsiedlung im Jahre 1952 mit den Resten aus den Jahren 1949/50 und 1950/51 zu tun haben. Das zahlenmäßige Bild sieht folgendermaßen aus: Das Programm 1949, 1950 und 1951, summarisch gesehen, sollte insgesamt 600 000 Umsiedler in die Aufnahmeländer schleusen. Wir müssen feststellen, daß davon vom 1. April 1949 bis 31. Oktober 1951 281 000 aus dem Programm 1949/50 und vom 1. Januar 1951 bis 31. Oktober 1951 20 000 aus dem Programm 1951 umgesiedelt worden sind. Das sind zusammen rund 300 000 Personen. In der Zeit vom 1. November 1951 bis zum 30. Juni 1952 sind 75 000 umgesiedelt und 67 000 angenommen worden, die auf den Abruf warten. Das sind zusammen 442 000. Also haben wir es bis zum 31. Dezember 1952 noch mit einem Rest von 158 000 Personen zu tun, die weder angenommen noch irgendwie bereits vorgesehen sind. Das ist eine sehr bedenkliche Tatsache, meine Damen und Herren. Hinzu kommt die Mitteilung des Herrn Bundesministers, daß bei den Ländern Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen mit einem Überhang in das Jahr 1953 zu rechnen ist. Ich meine also, daß man der Erfüllung des Umsiedlungs-Solls 1952 mit außerordentlicher Sorge gegenüberstehen muß.
Ich anerkenne die Tatsache, daß sich in der Methode, bei der Durchführung der Umsiedlung Wesentliches gebessert hat. Es kann festgestellt werden, daß die Kommissionen - meiner Ansicht nach im wesentlichen auf Grund des Einflusses des Bundesvertriebenenministeriums - neuerdings die Auswahl der Umsiedler nach anderen Gesichtspunkten treffen, als es bisher der Fall gewesen ist. Man ist von der bisherigen Gepflogenheit abgegangen, nur ledige, junge, arbeitsfähige Kräfte auszuwählen, und berücksichtigt nunmehr in starkem Maße auch kinderreiche Familien.
({4})
Das ist erfreulich. Ich muß weiter feststellen, daß die Kommissionen da und dort schon weit aufgeschlossener die Hinweise und Vorschläge der örtlichen Flüchtlingsbehörden in den Abgabeländern zur Kenntnis nehmen, wenn es auch noch nicht so weit ist, wie es im Sinne einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen den örtlichen Kennern der Situation und den Kommissionen sein sollte.
Obwohl vieles - auch in anderer Beziehung - besser geworden ist, frage ich: wie wollen wir das Programm für 1953 durchführen, wenn wir mit einem Überhang aus diesem Jahre in das nächste hineingehen? Es ist wohl klar, daß das Um und Auf dieser Dinge von zwei Fragen abhängt. Das ist erstens eine starke Förderung der ungelenkten Umsiedlung, der freiwilligen, aus eigener Initiative erwachsenen Umsiedlung. Deswegen müßte man von seiten der Regierung den Umsiedlungswillen und die Umsiedlungslust der Menschen anreizen und fördern. Das ist zweitens die Frage der Finanzierung. Es ist in § 38 Abs. 2 des Vertriebenengesetzes wohl vorgesehen - das Vertriebenengesetz kommt nach den Parlamentsferien zur zweiten und dritten Lesung -, daß jedes Jahr seitens der Regierung bis zu einem gewissen Termin ein klares Finanzierungsprogramm zur Schaffung von Arbeit, Arbeitsplätzen und Wohnungen vorgelegt werden muß. Wir sind in dieser Beziehung gegenüber dem bisherigen Zustand ein wesentliches Stück weitergekommen, und ich bin überzeugt, daß der Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen in dieser Frage ganz eindeutig mit uns konform gehen wird. Wir müssen uns zusammensetzen und wirklich ernstlich die Frage nicht nur erwägen, sondern auch einer Klärung zuführen, wie man in den künftigen Jahren die Finanzierung auf weite Sicht und hundertprozentig sicherstellt. Am Mangel finanzieller Mittel krankt das Ganze.
Wenn die Überwindung dieser Schwierigkeiten gelingt, dann wird man nicht mehr von Treckgefahr und von psychologischen Auswirkungen zu sprechen brauchen, die wir keineswegs unterschätzen. Die psychologischen Auswirkungen sind groß. Ich kann Ihnen sagen, daß es sich schon auswirkt, wenn da und dort in einem Gebiet zwei oder drei der Träger und Agitatoren der Treckbewegung umgesiedelt werden. Wie viele fallen nur auf die Agitation herein! Das muß auch einmal ganz offen gesagt werden, obzwar es bei vielen Heimatvertriebenen - nicht hier in diesem Hause, nein, draußen in der Öffentlichkeit - unpopulär ist. Ich weiß, daß es viele Agitatoren gibt, jene Berufsflüchtlinge, die von Haus zu Haus gehen und sagen: Schreib dich nur in die Liste; ob es überhaupt zum Trecken kommt, wissen wir noch gar nicht; wir müssen jedenfalls die Regierung unter Druck setzen! ({5})
Meine Damen und Herren, das ist keine Politik; das ist eine Flüchtlingspolitik, die in die Jahre 1946, 1947 und 1948 hineingehört.
Wir müssen den Realitäten ins Auge schauen und genau wissen, wo die wirklichen Schwierigkeiten liegen. Ich weiß mich mit meinem Kollegen Reitzner diesbezüglich einer Meinung. Es hat sich auch bei den Ausschußberatungen erwiesen und erweist sich hoffentlich auch weiterhin, daß ohne Unterschied der Richtung und der Parteizugehörigkeit wirklich ernsthaft und konstruktiv an der Lösung dieses Problems gearbeitet wird.
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Das Wort hat der Abgeordnete Kuntscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Tatsache bleibt bestehen, daß sich der Wille des Gesetzgebers in puncto Umsiedlung nicht durchgesetzt hat und daß wir am Ende des ersten Umsiedlungsjahres, nach dem neuen Gesetz, feststellen müssen, daß ein verschwindend kleiner Prozentsatz des Solls erfüllt wurde. Die Frage ist aufgeworfen: wo ist die Schuld zu suchen? Es wurde hier mit Recht erklärt, daß nicht der gute Wille allein die Umsiedlung ermöglicht, sondern daß auch die notwendigen Mittel zur Verfügung sein müssen, um die Voraussetzungen für eine Umsiedlung zu schaffen. Ich stelle aber mit aller Deutlichkeit fest, daß es noch ganz andere Ursachen gibt, die die Pleite in der Umsiedlung verschuldeten - wir müssen hier der Wahrheit die Ehre geben -: das nicht zum Stillstand kommende Ost-West-Gefälle. Der dauernde Zuzug von Menschen aus der Sowjetzone ist ein ganz großes Hindernis,
({0})
welches die Kanäle verstopft, die für die echte gelenkte oder ungelenkte Umsiedlung erschlossen waren.
({1})
({2})
Angesichts dieser bedauerlichen Feststellung ist es geradezu eine Herausforderung, wenn ein Sprecher der KPD, jener Partei, die doch nur Auftragsempfänger der Gewalthaber ist, die drüben in der Sowjetzone die Ursache dafür sind, daß wir im Westen dauernd Zehntausende und Zehntausende von Volksgenossen aufnehmen müssen, sich hier hinstellt und an einer Umsiedlung Kritik übt.
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Die brutalen Maßnahmen an der Zonengrenze zwangen in den letzten Wochen 57 000 Menschen zur Flucht nach dem Westen oder West-Berlin. Allein über 1000 selbständige Landwirte aus den Gebieten an der Zonengrenze sind unter den Flüchtlingen. Das Klügste, was Sie von der KPD tun könnten, wäre, hier zu schweigen
({4}) - und sich zu schämen; sehr richtig!
Aber ich glaube auch, daß gerade in den letzten Monaten die ungelenkte Umsiedlung der gelenkten Umsiedlung die größten Schwierigkeiten bereitet. Die Initiative derjenigen, die in den Gebieten Niedersachsens, Schleswig-Holsteins und Bayerns sitzen und dort seit Jahren keinen Arbeitsplatz erhalten können, ist in den letzten Monaten ungeheuer lebendig geworden. Diese Menschen -das sind vielleicht die besten und ruhigsten - gehen einzeln auf die Arbeitsuche ins Ruhrgebiet, ins Main-Rhein-Dreieck, um dann später ihre Familien nachzuziehen. Sie kommen aber nicht alle aus dem Personenkreis, der auf das Umsiedlungssoll angerechnet wird.
Weiter möchte ich hier feststellen, daß auch die Arbeitsämter in den Abgabeländern in den letzten Monaten in der Vermittlung von Arbeitslosen nach Nordrhein-Westfalen sehr rührig geworden sind. Ich habe am Montag dieser Woche mit dem Leiter eines Arbeitsamtes an der Wasserkante gesprochen und ihm meine Verwunderung zum Ausdruck gebracht, daß die Arbeitslosenzahlen im heurigen Jahr, gemessen an den Vergleichszahlen zur gleichen Zeit im Vorjahr, so stark gesunken sind. Er sagte: Ja, mein lieber Herr Abgeordneter, diese Dinge sind nicht darauf zurückzuführen, daß es uns hier in unserem Arbeitsamtsbezirk besser geht, d. h. die Beschäftigungslage günstiger geworden wäre, sondern das Sinken dieser Arbeitslosenzahlen ist darauf zurückzuführen, daß wir allein aus unserem Arbeitsamtssprengel über das Landesarbeitsamt in Düsseldorf im vergangenen Jahr 4000 Arbeitsuchende nach Nordrhein-Westfalen vermitteln konnten. 4000 aus einem Arbeitsamtsbezirk!
({5})
Die Auswahl der Arbeitsämter erfolgt aber nicht nach dem Gesichtspunkt der Umsiedlung, sondern der Berufszugehörigkeit. Auch diese Menschen werden zum größeren Teil auf die Umsiedlungsquote nicht angerechnet. Wenn wir die Zahlen der Arbeitsamtsbezirke, die vielleicht gleichfalls so rührig sind, zusammenrechnen, so erhalten wir eine ganz stattliche Zahl von Menschen, die aus diesen Gebieten in jene Gebiete gehen, die wir im Rahmen der Umsiedlung als Aufnahmeländer bezeichnen, und die natürlich wiederum Kanäle verstopfen, in die die gelenkte Umsiedlung geleitet werden soll. Wir begrüßen es, wenn Arbeitslose auf diese Art und Weise zu Arbeitsplätzen kommen. Wir freuen uns darüber. Aber wir wissen auch, daß sie vielleicht mit ein Hindernis sind, den Willen des Gesetzes in der Umsiedlung durchzuführen.
Nun möchte ich noch etwas berühren, was in der letzten Zeit bereits in den Gebieten, die Umsiedler aufgenommen haben, zu Schwierigkeiten geführt hat. Einige meiner Fraktionskollegen, Vertriebene und Heimatvertriebene, kommen aus den Aufnahmeländern. Sie haben sich dort als Leiter von Baugenossenschaften große Mühe gegeben, im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus die Voraussetzungen für die Aufnahme von Umsiedlern zu schaffen. Es ist ihnen gelungen, zu erreichen, daß neuerstellter Wohnraum für Umsiedler bereitgestellt werden konnte. Nun ergab sich die Schwierigkeit, daß die in diese Neubauten eingewiesenen Umsiedler seit Monaten nicht in der Lage sind, den Mietzins zu bezahlen, oder daß auch einzelne - das sei in aller Offenheit ausgesprochen - ihn ganz einfach nicht zahlen wollen, obwohl sie die Möglichkeit hätten. Daraus entstanden Komplikationen, die natürlich die Träger dieses neuen Wohnraums stutzig machen, wenn sie neue Umsiedler aufnehmen sollen. Auch diese Schwierigkeiten auf der unteren Ebene dürfen wir nicht übersehen.
Aber als letztes möchte ich sagen: Voraussetzung einer befriedigenden Erfüllung dieses Gesetzes ist und bleibt,
({6})
daß entsprechende Mittel zur Verfügung stehen, daß neuer Wohnraum geschaffen werden kann und daß neben dem Wohnraum eben auch Arbeitsplätze geschaffen werden. Alle Vorwürfe und großen Diskussionen hier im Hause nützen nichts, wenn es uns nicht gelingt, diese Voraussetzungen zu schaffen.
({7})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
({0})
- Herr Abgeordneter Kuntscher! Zweiter Akt!
Ich möchte noch beantragen, daß wir, wie es auch der Wille des Herrn Ministers ist, den in Abs. 2 des § 1 vorgesehenen Termin vom 31. August 1952 in 30. September ändern.
Darf ich fragen, ob die Fraktion der CDU/CSU diesen Antrag unterstützt?
({0})
Denn Sie allein können keinen Antrag in der dritten Beratung stellen, Herr Abgeordneter Kuntscher. - Der Antrag wird also hinreichend unterstützt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Gesamtbesprechung.
Zur Einzelbesprechung rufe ich auf Art. 1, zu dem der Änderungsantrag gestellt ist, an die Stelle der Worte „31. August 1952" die Worte „30. September 1952" zu setzen. Wünscht jemand dazu das Wort?- Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit des Hauses. Dieser Antrag ist angenommen. Eine weitere Einzelabstimmung kann entfallen, da keine weiteren Anträge gestellt sind.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den
({1})
Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Ich darf annehmen, daß die Abgeordneten, die nicht aufgestanden sind, sich der Stimme enthalten.
({2}) Das Gesetz ist angenommen worden.
Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, daß wir jetzt zunächst, da der Berichterstatter anwesend ist, den Bericht des Vermittlungsausschusses zum Bundesjagdgesetz entgegennehmen.
Ich rufe auf
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({3}) zu dem Entwurf eines Bundesjagdgesetzes ({4}).
Berichterstatter ist Herr Senator Dr. Klein. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf annehmen, in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich mich bei der Berichterstattung auf die wesentlichsten Punkte beschränke und Sie im einzelnen auf die Ihnen vorliegende Drucksache Nr. 3588 verweise. Der Vermittlungsausschuß hatte sich mit 19 Änderungsanträgen des Bundesrates zu beschäftigen, von denen eine Reihe redaktionellen Charakter hat und die ich hier nicht im einzelnen zu behandeln brauche.
Zunächst hat der Vermittlungsausschuß Ihnen vorgeschlagen, den § 7 Abs. 1 Satz 3 dahin zu ändern, daß Eigenjagdbezirke nach Landesrecht gebildet werden können, sofern das Landesrecht die Mindestgrenze nicht unter 70 ha und nicht über 100 ha festlegt. Der ursprüngliche, vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf besagte, daß die Mindestgröße der Eigenjagdbezirke nicht über 85 ha liegen dürfe. Nun hat das Land Hessen vor längerer Zeit ein Jagdgesetz geschaffen, in dem 100 ha als Mindestgröße für einen Eigenjagdbezirk vorgeschrieben sind. Der Vermittlungsausschuß hat geglaubt, diesen durch Landesrecht geschaffenen Rechtszustand anerkennen zu sollen, indem er Ihnen einstimmig bei einer Stimmenthaltung den eben zitierten Vorschlag unterbreitet. 'Dabei ist sich der Vermittlungsausschuß der Tatsache bewußt gewesen, daß es sich -hier um eine Einzelfrage handelt, über die gesondert abgestimmt werden soll.
Die Vorschläge der Ziffern 2 bis 8, 10 bis 12 und 14 bis 17 betreffen nebensächliche Fragen, bei denen der Vermittlungsausschuß Ihnen entweder einstimmig oder mit großer Mehrheit die in der Drucksache niedergelegten Vorschläge zur Annahme empfiehlt.
Den Kernpunkt des ganzen Vermittlungsverfahrens bildet die Fassung des § 21 Abs. 2 und des § 37, die in der Bundesratsdrucksache unter Ziffer 9 und Ziffer 13 enthalten sind. Der vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf sah in Anlehnung an das alte Reichsjagdgesetz vor, daß für den Abschuß von Schalenwild ein sogenannter Abschußplan aufgestellt wird, über den sich Jagdpächter und -verpächter und ein Jagdbeirat einigen sollten. In Fällen der Nichteinigung und in Streitfällen sollte der Abschußplan von dem Jagdbeirat allein festgestellt werden. Der Jagdbeirat selbst wird durch § 37 als eine Institution geschaffen, die unmittelbare Entscheidungsbefugnis haben soll. Der Abschußplan dient sowohl den Interessen der Landeskultur wie den Interessen der Jagd.
Das System des Abschußplans ist aber in zwei Punkten durchbrochen worden. Erstens ist das Schwarzwild von 'diesem Abschußplan freigestellt. Das Schwarzwild erzeugt heute zweifellos den größten Wildschaden und bedrückt die Landwirtschaft am meisten. Es besteht auch Einvernehmen im Vermittlungsausschuß darüber, daß es dabei sein Bewenden haben sollte.
Die zweite Ausnahme sieht aber vor, daß der Abschuß in den Staatsforsten durch die Länder geregelt wird. Der § 21 Abs. 4 ist nicht Gegenstand des Vermittlungsverfahrens. Die Staatsforsten sind die Reservate des Schalenwilds, das Gegenstand des Abschußplans sein soll, also hauptsächlich des Rehwildes, des Rot- und des Damwildes. Wenn man daher die Festsetzung des Abschußplans in Gemeinschaft mit einem Jagdbeirat, in dem vorwiegend auch Vertreter der Landwirtschaft zu Worte kommen, vorsieht, muß man sich darüber im klaren sein, daß 'damit nicht die Staatsforsten erfaßt werden und das Schwarzwild ohne Festsetzung eines Abschußplans bejagt wird.
Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah im einzelnen vor, wie ein Abschußplan aufzustellen sei, welche Behörden und welche Personenkategorien, Pächter und Verpächter, an seiner Erstellung zu beteiligen seien. Der Vermittlungsausschuß hatte darüber zu entscheiden, ob eine so ins einzelne gehende Regelung mit dem Grundgesetz noch in Übereinstimmung steht. Das Jagdgesetz enthält zweifellos Bestandteile der konkurrierenden Gesetzgebung, z. B. soweit es sich um die Bestimmungen über den Jagdpachtvertrag, über den Ersatz des Wildschadens und um Strafbestimmungen handelt. Soweit es sich jedoch wie hier um rein jagdliche Angelegenheiten handelt, sieht Art. 75 des Grundgesetzes für den Bund nur die Rahmengesetzgebung vor. Wann die Grenzen der Rahmengesetzgebung überschritten sind, ist im Grundgesetz selbst nirgendwo niedergelegt. Es hängt also vom Einzelfall ab. In diesem Fall des § 21 Abs. 2 meinte der Bundesrat einstimmig, daß es unzweckmäßig sei, allzusehr in die Landesgesetzgebung einzugreifen, die nach Art. 75 des Grundgesetzes ja ausdrücklich aufrechterhalten bleiben soll. Es schien insbesondere unmöglich zu sein, in die allgemeine Landesverwaltung der Länder hinsichtlich der Zuständigkeit von Behörden einzugreifen und in einem speziellen Fall durch Bundesrecht Landesbehörden zu schaffen. Die Länder haben zum Teil die Landräte als untere Jagdbehörden eingesetzt, zum Teil haben auch sie Jagdbeiräte geschaffen, denen nach Landesrecht Zuständigkeiten verliehen worden sind. Sie haben weiter auch Regelungen bezüglich der Beschwerde gegen die Entscheidung der unteren Instanzen getroffen.
Wenn nun heute in einem Bundesgesetz festgelegt wird, daß ein Jagdbeirat in einer Landessache eine unanfechtbare Entscheidung zu treffen hat, so bestehen dagegen starke verfassungsrechtliche Bedenken. Aus diesem Grunde hatte Bayern beim Bundesrat von vornherein beantragt, dem Jagdgesetz die Zustimmung zu versagen.
Der Bundesrat hat diesen Antrag nicht angenommen, sondern dem Grundgedanken des Bundesjagdgesetzes zugestimmt. Er hält es aber für erforderlich, in dem eben genannten Paragraphen sich darauf zu beschränken, daß die Bejagung des
({0})
Schalenwildes durch Abschußplan zu regeln ist, der unter Mitwirkung des Jagdbeirats aufgestellt wird.
Der Vermittlungsausschuß hat sich in Würdigung aller Bedenken, die in diesem Hause vorgebracht wurden, gestern entschlossen, in § 21 Abs. 2 nur noch einen Satz stehen zu lassen, in dem es heißt, daß der Abschußplan von der nach Landesrecht bestellten Jagdbehörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat aufzustellen sei und daß das Nähere die Landesgesetzgebung zu bestimmen hat.
§ 37 soll dementsprechend eine verkürzte Fassung erhalten, in der die Länder verpflichtet werden, Jagdbeiräte zu bilden, in denen Angehörige der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, der Jagdgenossenschaften und der Jäger vertreten sein müssen.
Die Vertreter des Bundesrates im Vermittlungsausschuß haben sich zum größten Teil diesen Vorschlägen mit schweren Bedenken angeschlossen. Für die Annahme der Vorschläge durch die Vertreter des Bundesrates im Vermittlungsausschuß war maßgebend, daß bei einer Nichtübereinstimmung des Jagdbeirats mit der Landesbehörde die Länder den weiteren Instanzenzug und das Verfahren überhaupt zu regeln haben. Es handelt sich hier also um einen Kompromiß, etwa in der Richtung, daß durch Bundesgesetzgebung gesichert ist, daß der Wildbestand nicht übermäßig hoch wird und daß die Vertreter der Landwirtschaft im Jagdbeirat zu Worte kommen, daß aber die Zuständigkeit der Länder letzten Endes anerkannt wird, indem ihnen die Regelung der Behandlung des Abschußplans im weiteren Verfahren vorbehalten bleibt, wenn zwischen Jagdbeirat und unterer Jagdbehörde kein Einvernehmen besteht. Damit ist die Rahmengesetzgebung eben noch gewahrt.
Ich darf zum Schluß zum Ausdruck bringen, daß der Vermittlungsausschuß der Meinung war, daß über die Punkte 2 bis 17 gemeinsam abgestimmt werden sollte.
Der Vermittlungsausschuß hat, wie ich schon eingangs erwähnte, den Grundgedanken des Gesetzes in vollem Umfange anerkannt. Die jetzt gemachten Vorschläge stellen wünschenswerte Korrekturen dar, aber auch nicht mehr.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Es wird gewünscht, eine Erklärung abzugeben. Herr Abgeordneter Dr. Müller!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorschläge des Vermittlungsausschusses sind für meine politischen Freunde nicht annehmbar. Wir haben bei diesem Gesetz lediglich Grundsätze aufgestellt, deren Durchführung Sache der Länder ist, ausgehend von dem Standpunkt, daß das Jagdrecht ein Teil des Grundeigentums ist und daß bei der Ausübung des Jagdrechts und der Hege weitgehend Rücksicht genommen werden muß auf die Sicherung der Ernährung und die Versorgung mit Holzrohstoff, so daß die Hege so geführt werden muß, das Wildschäden in Land- und Forstwirtschaft möglichst vermieden werden. Aus diesem Grunde hatten wir, um diesen Gedanken zu verwirklichen, den Grundeigentümern, vertreten durch die Jagdgenossenschaft, das Recht eingeräumt, bei der Aufstellung des Abschußplans mitzuwirken. Diese Dinge sind aus dem Gesetz verschwunden. Es wird ein Jagdheirat gebildet. Wie groß er ist und wie das Stimmenverhältnis sich verteilt, weiß man nicht, und man kann sogar die Befürchtung hegen, daß dem allseits beliebten Herrn Kreisjägermeister wieder die Tür geöffnet ist.
Aus diesem Grunde sind wir nicht in der Lage, dem Vorschlage des Vermittlungsausschusses zuzustimmen.
({0})
Meine Damen und Herren, weitere Erklärungen sind offenbar nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung, zunächst über die Ziffer 1 des Antrags des Vermittlungsausschusses. Ich bitte die Damen und Herren, die der Ziffer 1 des Antrags des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Eins, zwei, drei, - inzwischen meldet sich überhaupt niemand mehr.
({0})
Ich bitte um die Gegenprobe. - Die Ziffer 1 ist mit eindeutiger Mehrheit abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die den Ziffern 2 bis 17 zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. - Die Ziffern 2 bis 17 sind ebenfalls mit einer eindeutigen Mehrheit abgelehnt. Damit entfällt eine Schlußabstimmung, da sämtliche Teile des Antrags abgelehnt sind. Der Antrag des Vermittlungsausschusses ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, nach dieser landwirtschaftlichen Einlage darf ich bitten, wieder zur Juristerei zurückzukehren.
({1})
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Gesetzes über das Bundesverwaltungsgericht ({2});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für
Rechtswesen und Verfassungsrecht ({3}) ({4}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Laforet, der einen schriftlichen Bericht*) erstattet hat. Meine Damen und Herren, ich darf diese Gelegenheit benutzen, um dem schwer erkrankten Herrn Abgeordneten Laforet ebenso wie dem ebenfalls schwer erkrankten Herrn Abgeordneten Kunze und Herrn Abgeordneten Bundesminister Niklas unsere besten Wünsche zum Ausdruck zu bringen.
({5})
Wir treten in die zweite Beratung des Gesetzes ein. Ich rufe auf - ich bitte freundlichst um Wortmeldungen, wenn zu einzelnen Paragraphen
das Wort genommen werden soll - Abschnitt I § 1, § 2. Zu 6 1 liegt ein Änderungsantrag von Herrn Abgeordneten Laforet und Genossen Umdruck Nr. 604 Ziffer 1 betreffend Errichtung des Bundesverwaltungsgerichts mit dem Sitz vorerst in Frankfurt am Main vor. Wird dazu das Wort gewünscht? Zunächst Herr Abgeordneter Reismann und dann Herr Abgeordneter Friedensburg.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den vorliegenden Änderungsantrag der Kollegen Laforet und Genossen habe ich selbst nicht unterzeichnet. Aber das ist reiner Zufall, denn ich billige ihn. Da die Abgeordneten, die bei diesem Antrag federführend sind, zur Zeit im Ausschuß sind - ich sollte eigentlich auch dort sein -, will ich an ihrer Stelle,
*) Siehe Anlage 1 Seite 10215
({0})
ohne daß ich ihre Worte verdolmetschen kann, meine Gründe dafür darlegen. Vorab das erste: Es liegt mir und sicherlich auch den Antragstellern vollkommen fern, damit irgendeine Spitze oder Aversion gegen Berlin zum Ausdruck zu bringen. Vielmehr ganz im Gegenteil! Wir sind der Ansicht, daß Berlin als Außenfort unserer Freiheit, als eine Stadt, die auch in der Welt in ihrem täglichen Kampf um die Freiheit nicht bloß der Stadt Berlin, sondern auch des deutschen Volkes Aufsehen erregt hat, alle unsere materielle und ideelle Unterstützung haben soll und haben muß und hier im Hause auch jede Unterstützung bekommen hat, die möglich ist. Es ist aber eine andere Frage, ob es als eine Unterstützung der Stadt Berlin anzusehen ist, wenn wir den Sitz des Bundesverwaltungsgerichts dorthin legen. Ich bezweifle das sehr, denn für eine Stadt von dieser Größe und diesem Charakter hat es zu keiner Zeit etwas ausgemacht, ob eine solche Behörde, wie sie dies Gericht ist, dort tätig war oder nicht. Wenn man aber gerade Berlin als Zentrale und geheime Hauptstadt Deutschlands ansehen will, dann muß man sich auch zu der Konsequenz bekennen, daß die zentralen Gerichte nicht dorthin gehören. Aus entsprechendem Grunde hat man früher la schon Leipzig, d. h. das Reichsgericht - die Identität des Namens Leipzig mit der Institution des Reichsgerichts ist ja gegeben - nicht nach Berlin, sondern nach Leipzig gelegt. Aus dem gleichen Grunde müßte auch das Bundesverwaltungsgericht nicht nach Berlin, sondern woandershin gelegt werden.
Aber davon abgesehen, müssen wir auch einmal den Zweck dieses Gerichts überlegen. Das Gericht wird nicht aus dem Grunde einer Demonstration gegründet. Das Gericht soll nicht allein die deutsche Einheit demonstrieren, sondern sie praktizieren. Es ist im Interesse der Rechtspflege und im Interesse ihrer Volksverbundenheit dringend erforderlich, daß jedermann die Möglichkeit hat, bei seinem Termin in seiner Sache selber anwesend zu sein.
({1})
- Auch beim Revisionsgericht und gerade beim Revisionsgericht, weil das Vertrauen zur Rechtspflege letzten Endes gerade auf dem Vertrauen zu den höchsten Gerichten beruht. Aber auch nicht bloß für den Einzelnen, sondern auch für den Anwalt, der der Vertreter, der Sachwalter seines Klienten ist, ist es notwendig, daß er unbehinderten Verkehr hat.
Ich komme damit, durch den Zwischenruf veranlaßt, auf den Punkt, den ich als zweiten erwähnen wollte, nämlich den Verkehr der Personen.
Man könnte sagen, für den Verkehr der Personen
ist die Entfernung nach Berlin im Durchschnitt
nicht weiter als die nach München und Hamburg.
Das trifft aber nicht zu. Denn die Personen, die
nach Berlin reisen wollen, haben nicht nur die
räumliche Entfernung zu überbrücken, sondern
setzen sich dabei außerdem allen möglichen Schikanen aus, von denen gerade gewisse Leute um so
mehr Gebrauch machen können, als sie wissen, daß
sie das innere Leben, das Rechtsleben und Verfassungsleben der Bundesrepublik damit gefährden.
({2})
- Ach, das sind Tatsachen. Dadurch, daß man sie ausspricht, wird eine Sache gar nicht anders. ({3})
Es liegt nicht anders. Vor allen Dingen wissen Sie doch auch, daß der Postverkehr den Zugriffen jederzeit freiliegt.
({4})
Der Postverkehr kann jederzeit kontrolliert und unterbrochen, und die Akten könnten vernichtet werden.
({5})
- Herr Kollege Greve, das stimmt; denn der normale Briefverkehr läuft über Ostberlin noch, und es ist höchst notwendig, das zu tun, was wir meinen.
({6})
- Nein, es ist nicht unrichtig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich in diesem Hause eine Meinung äußere,
({7})
Herr Kollege Greve, dann können Sie mir widersprechen, aber die Art des Vorgehens gegen einen sachlichen Austausch von Meinungen kennzeichnet im allgemeinen, daß mehr dahinter steht als eine sachliche Überlegung.
({8})
Ich protestiere mit allem Nachdruck dagegen, daß in dieser Art und Weise gekämpft werden soll, wenn wir das Recht der westdeutschen Bevölkerung in Anspruch nehmen, zu ihrem Gericht zu gehen.
({9}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, überlegen Sie sich einmal, was das bedeutet, daß mir in solcher Art erwidert wird, wenn ich sachliche Bedenken vortrage. Wenn man der Ansicht ist, daß der Postverkehr gesichert ist, mag man das sagen. Er ist normalerweise zur Zeit nicht gesichert, es sei denn, daß man per Luftpost verkehrt. Diese Möglichkeit besteht auch. Aber nicht alles kann man über Luftpost machen, und nicht alle Akten werden per Luftpost versandt.
({10})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Friedensburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So sehr ich es bedaure, daß eine Auseinandersetzung über diesen Gegenstand überhaupt und in dieser Form geführt worden ist, so sehr scheint es mir doch ganz nützlich, bei dieser Gelegenheit einmal gewisse Dinge klarzustellen.
Es ist schade, Kollege Reismann, daß Sie so schlecht unterrichtet sind; aber Sie sind schlecht unterrichtet.
({0})
Es ist von Schikanen im Personenverkehr niemals die Rede. Ich fahre ja jede Woche hin und her, und zwar mit Absicht mit dem Kraftwagen und nicht mit dem Flugzeug, weil man bei dem Verkehr mit dem Flugzeug in 2000 m Höhe unwillkürlich die Fühlung mit der Wirklichkeit etwas verliert, und es erscheint mir vom deutschen Standpunkt aus außerordentlich wichtig, daß man
({1})
noch auf dem Boden der harten Tatsachen bleibt und auch einmal sieht, daß ein Volkspolizist nicht immer gleich ein Mörder zu sein braucht, und daß sich auch die Russen an der Grenze im allgemeinen durchaus manierlich verhalten.
({2})
- Jawohl meine lieben Kollegen von der äußersten Linken. Es gibt andere Gelegenheiten, wo sie sich nicht ganz so verhalten haben.
({3})
Es ist aber hier nicht die Gelegenheit, das zu erörtern.
({4})
Es ist also einfach nicht richtig, daß man im Verkehr mit Berlin besonderen Schikanen ausgesetzt ist. Ich glaube, die Dinge einigermaßen zu übersehen. In den letzten Jahren ist meiner Erinnerung nach eine einzige Verhaftung auf der Autobahn vorgekommen. Da handelte es sich nicht um irgendeinen besonderen Fall, sondern da war jemand aus kriminellen Gründen verfolgt worden und man hat ihn festgenommen. Auch das haben wir zum Anlaß von Beschwerden genommen, denen nachher auch tatsächlich stattgegeben wurde.
Es ist also gut, daß unsere Freunde aus West- und Süddeutschland einmal wissen, daß man durchaus ungefährdet nach Berlin fahren kann, und auch mit verhältnismäßig billigen Möglichkeiten. Wenn man sich des Autobusses bedient, der von hier nach Berlin fährt, ist es nicht teurer als die Fahrt von hier nach Flensburg oder München. Das Gegenteil ist also ein Irrtum, es ist ein weitverbreiteter Irrtum, aber es ist ein Irrtum. Man kann nach Berlin billig und sicher fahren. Und wenn wir diese Möglichkeit nicht hätten, würden wir gar nicht hier stehen und arbeiten können.
Es ist ebenso unrichtig, daß der Schriftverkehr, wenn er sich der Luftpost bedient - und der kleine Zuschlag von 5 Pfennig ist doch wirklich nicht der Rede wert! -, irgendwie gefährdet sei. Es ist noch nicht eine einzige Luftsendung verlorengegangen. Und auch bei den normalen Postsendungen handelt es sich um Verspätungen, aber nicht um wirkliche Gefährdungen.
Also auch dieser Grund ist einfach nicht richtig, Kollege Reismann. Sie sind falsch informiert. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie auf Grund dieser Richtigstellung von einer wirklich zuständigen und unterrichteten Stelle aus Ihre Stellungnahme korrigierten.
({5})
Aber nun zur Sache selbst! Ich hätte es außerordentlich begrüßt, wenn diese ganze Angelegenheit überhaupt nicht erörtert worden wäre. Bitte, machen Sie sich einmal klar, was für ein Schaden gerade Berlin durch solche Reden, die hier gehalten worden sind, zugefügt wird.
({6})
Die Stellung Berlins ist doch letzten Endes ein psychologisches Problem, und ein gut Teil des Schadens, den unsere Stadt erleidet, erleidet sie, weil eben solche Vorurteile, Befürchtungen, Besorgnisse, Mißtrauenserwägungen bestehen, auf Grund deren dann die Menschen mit Berlin nicht so verkehren wollen und verkehren können wie in normalen Zeiten. Selbst wenn ein solches Risiko bestünde, was ich in der vom Kollegen Reismann behaupteten Form ebenfalls bestreite, dann müßten wir um der guten Sache willen dieses Risiko auf uns nehmen.
({7})
und müßten uns unsere Treue zu Berlin und unseren Willen, Berlin und den übrigen Osten wieder mit uns zu vereinen, auch etwas kosten lassen. Und wenn wir den Mut dazu nicht haben, dann können wir überhaupt keine schöpferische und produktive Politik in der Frage der deutschen Wiedervereinigung treiben.
({8})
Nun möchte ich Sie im übrigen zur Sache selber hier noch um etwas bitten. Ich bin alter Verwaltungsbeamter und habe viele Jahre lang ein Verwaltungsgericht geleitet. Selbst in der mittleren Instanz, die ich aus eigener guter Erfahrung kenne, pflegt die Anwesenheit der Parteien nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, und in der höchsten Instanz ist sie im allgemeinen durchaus sekundärer Art. Ein hohes Verwaltungsgericht wie dieses wird in der Regel auf Grund der Akten und des Vortrags entscheiden, und sollen einmal Parteien geladen werden müssen oder den Wunsch haben, dabei zu sein, so haben sie genau so die Möglichkeit, nach Berlin zu kommen, wie der Flensburger, wenn er nach Frankfurt kommt. Gewisse Beeinträchtigungen werden immer in der Entfernung liegen. Dann müßten Sie Senate und Verwaltungsgerichte an allen Mittelpunkten der verschiedenen Länder errichten, und das wollen wir doch auch nicht tun.
Meine Damen und Herren! Wäre diese Frage überhaupt nicht aufgeworfen worden, dann könnte man noch darüber reden. Nachdem es aber einmal in dieser Form zur Sprache gekommen ist, muß ich Sie dringend bitten, sich nun aber auch zu Berlin zu bekennen und diese Bedenken zurückzustellen. Denn wenn jetzt etwa die höchste Instanz, über die das deutsche Volk verfügt, der Bundestag, durch Beschluß anerkennen wollte, daß der Verkehr mit Berlin auf diesem Gebiet heute nicht mehr genügend gesichert ist, so daß man seine Instanzen nicht mehr nach Berlin legen kann, wie wollen Sie es dann dem Kaufmann, dem Handwerker oder dem Geschäftsreisenden übelnehmen, wenn er noch viel weitergehende Konsequenzen zieht? Ich halte deshalb diese Diskussion für außerordentlich gefährlich. In unserem Interesse bitte ich, Ihre Bedenken zurückzustellen, und bitte dringend, den ursprünglichen Entwurf in der Form wieder anzunehmen, wie er heute vor Ihnen liegt.
({9})
Weitere Wortmeldungen zu § 1 liegen nicht vor. Wir können über § 1 endgültig erst in dritter Lesung abstimmen. In zweiter Lesung müssen wir unter Ausklammerung der Bezeichnung des Sitzes abstimmen. Wir stimmen also jetzt über § 1 ab. Hierdurch wird aber nicht über den Sitz abgestimmt. Wer unter dieser Voraussetzung für die Annahme des § 1 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
§ 2, - § 3, - § 4, - § 5, - § 6 entfällt, § 7, -§ 8, - § 9, - § 10, - § 11, - § 12, - § 12a,§ 13, - § 14, - § 15, - § 16, - § 16 a, - § 17,§ 18,-§ 19,-§ 20,-§ 21,-§ 22,-§ 23,§ 24, - § 25, - § 26, - § 27, - § 28, - § 28a,§ 29, - § 30,- § 31, - § 32, - § 33, - § 34,({0})
§ 35, - § 36, - § 37,-§ 38, - § 39, - § 40,§ 41,-§ 42,-§ 43,-§ 44,-§ 45,-§ 46,§ 47, - § 48, - § 49, - § 50, - § 50 a, - § 50b,§ 50ba,-§ 50 c, - § 50 d, - § 50 e, - § 50 1, - § 50g,-§ 50h,-§ 50i,-§ 50j,-§ 51,-§52,-§53,-§54,-§55,-§56,-§57,-§ 58, - § 59, - § 60, - § 61, - § 62, - § 63,§§ 64 bis 72 sind zurückgezogen, § 72 a, - § 72 b. Wer für die Annahme- dieser verlesenen Paragraphen ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Gegen einige Stimmen angenommen.
Zu § 73 ist ein Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Laforet, Kunze, Dr. Kopf und Genossen auf Umdruck Nr. 605 angekündigt. Wer begründet diesen Antrag?
({1})
Ich verlese ihn:
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß für den Lastenausgleich einzelne Senate auch außerhalb des Sitzes des Bundesverwaltungsgerichts gebildet werden.
({2})
- Ich bitte um Entschuldigung; ich habe mich versehen. Ich lasse zunächst über die §§ 73 und 73 a abstimmen. Wer für diese beiden Paragraphen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit angenommen.
Nunmehr liegt auf Umdruck Nr. 605 der Antrag vor, einen weiteren § 73 b einzufügen. Das ist der Antrag, den ich soeben verlesen habe.
({3})
- 605! Umdruck Nr. 604 ist durch die Neufassung auf 605 erledigt.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kopf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz sieht als Sitz des Gerichts Berlin vor. Es sind zwei Änderungsanträge gestellt. Die Antragsteller werden zu dem Änderungsantrag Umdruck Nr. 604 das Wort nicht ergreifen; aber es wird notwendig sein, wenige Worte zum Änderungsantrag Umdruck Nr. 605 zu sagen. Darin ist vorgesehen, daß die Bundesregierung ermächtigt sein soll. durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß für den Lastenausgleich einzelne Senate auch außerhalb des Sitzes des Bundesverwaltungsgerichts errichtet werden. Das Gesetz sieht wohl vor daß das Bundesverwaltungsgericht auch außerhalb von Berlin Sitzungen abhalten kann. Dies entspricht einer alten und ständigen Übung auch anderer höchster Gerichte. Bei der Regelung des Lastenausgleichs sind jedoch besondere Verhältnisse zu berücksichtigen. Es gibt beim Bundesverwaltungsgericht keinen Anwaltszwang. Der Personenkreis, der auf Grund des Lastenausgleichsgesetzes Ansprüche zu stellen hat, setzt sich zum großen Teil aus Leuten zusammen, die ihr Vermögen und ihre wirtschaftliche Basis verloren haben. Es sind Menschen. die, wirtschaftlich bestimmt nicht stark sind. Die Zumutung, sich in Berlin zu vertreten oder vertreten lassen zu müssen. hat finanzielle Auswirkungen für sie. Der Rechtsschutz gerade dieses Personenkreises würde hierdurch vermindert werden. Wenn auf der einen Seite dieses Holle Haus durch die Wahl von Berlin als Sitz des Bundesverwaltungsgerichts der besonderen Bedeutung gerade dieser Stadt Ausdruck verliehen hat, so soll auf der anderen Seite der Rechtsschutz, der gerade dem Personenkreis des Lastenausgleichsgesetzes zuteil werden soll, nicht vermindert werden. Aus diesem Grunde glauben wir, daß bei der Regelung des Sitzes der Lastenausgleichssenate die besonderen Verhältnisse gerade dieses zu betreuenden Personenkreises zu berücksichtigen sind. Wir halten es daher für notwendig, daß mindestens für eine Übergangszeit Vorsorge getroffen wird, 'daß die Lastenausgleichssenate auch außerhalb von Berlin errichtet werden können.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Friedensburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die grundsätzlichen Ausführungen, die ich soeben dem Hause zu machen die Ehre gehabt habe, möchte ich nicht wiederholen. Ich möchte aber ausdrücklich daran erinnern, daß man nicht nur in Berlin, sondern auch in einem großen Teil der Bundesrepublik die Annahme des jetzt vorliegenden Zusatzantrags als eine weitere Konzession an gewisse Sorgen und Befürchtungen auffassen würde - und mit Recht auffassen würde -, wie wir sie hier kennengelernt haben.
({0})
Wir haben doch den § 73 a. Dr. Kopf hat ausdrücklich 'darauf hingewiesen. Wenn die Senate des Bundesverwaltungsgerichts auch außerhalb des Gerichtssitzes Sitzungen abhalten können, falls das zur beschleunigten sachgemäßen Erledigung erforderlich ist, so ist damit allen praktischen Erfordernissen ausreichend Rechnung getragen. Herr Kollege Kopf, ich habe in Ihren Ausführungen jede wirklich ernsthafte Begründung dafür vermißt, weshalb diese Bestimmung des § 73 a nicht auch auf die Senate für den Lastenausgleich angewandt werden soll. Ich lasse einmal ganz dahingestellt, ob es überhaupt glücklich sein wird, Sondersenate, Spezialsenate dieser Art zu bilden, ob das überhaupt im Sinne eines Verwaltungsgerichts zweckmäßig ist.
({1})
- Gut, wenn es das Gesetz vorsieht, will ich es anerkennen. Es ist aber für den Lastenausgleich genau das gleiche zu sagen, was wir für alle übrigen Erwägungen gesagt haben. Ich möchte dringend bitten, den Zusatzantrag abzulehnen, und ich möchte erneut daran erinnern, welche psychologische Wirkung von der Annahme solcher Anträge auf die Stellung Berlins ausgehen kann und naturgemäß auch wirklich ausgehen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Heiland.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Kopf hat zur Begründung dieses Änderungsantrages ein Wort gesprochen, das sich meiner Meinung nach in dieser Beziehung sehr bitter anhören muß. Er hat nämlich von den finanziellen Auswirkungen gesprochen. Sehr geehrter Herr 'Kollege Kopf, wenn wir nicht den Mut haben, bei der Hilfe, die wir für Berlin bringen müssen, bei der allgemeinen politischen Bedeutung, die Berlin heute im Freiheitskampf der westlichen Welt hat, über solche kleinlichen finanziellen Bedenken hinwegzusehen,
({0})
dann sollten wir gar nicht mehr den Mut haben,
überhaupt noch von einer Berlin-Hilfe zu sprechen.
({1})
Ich möchte aber aus grundsätzlichen Gründen das Hohe Haus bitten, den Antrag abzulehnen., Ein oberstes Bundesgericht sollte eine einheitliche Rechtsprechung haben, und die Einrichtung detachierter Kammern eines obersten Gerichts ist doch immerhin mit der Gefahr verbunden, daß sich aus regionalen Gründen eventuell zweierlei Recht gerade bei dieser sehr diffizilen Frage des Lastenausgleichs einbürgern würde.
({2})
- Ich möchte ganz besonders auf die Frage hinweisen, Herr Kollege Weber: Wenn ein oberstes Bundesgericht zur Rechtsprechung in irgendeiner Frage besteht, dann soll man dieses oberste Bundesgericht an einer Stelle errichten und soll die Senate, die dafür zuständig sind, für alle gleichgearteten Rechtsfälle gleichmäßig zuständig sein lassen.
({3})
Ich möchte die Debatte nicht noch erweitern; aber ich glaube, wenn man sich diese politische Frage, .die heute im Raum steht - und die Frage Berlin ist mit eine politische Frage! - ansieht, dann soll man sie auch ganz sehen und soll nicht nur von der Berlin-Hilfe bei allen anderen Dingen sprechen und jedesmal, wenn es echte Konsequenzen hat, dieser politischen Hilfe ausweichen.
Ich bitte deshalb, den Antrag abzulehnen.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reif.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich zum Wort gemeldet, um festzustellen, daß die Fraktion der Freien Demokratischen Partei Änderungsanträge ablehnt.
({0})
Als Berliner darf ich hinzufügen, daß wir schon einmal recht schlechte Erfahrungen mit dem Reichspatentamt und seiner Verlegung nach München gemacht haben. Alles, was uns damals an Aufrechterhaltung von Bestätigungen zugesagt worden ist, ist so, wie es zugesagt wurde, nicht eingehalten worden.
({1})
Wir haben die Befürchtung, daß, wenn detachierte Senate für irgendwelche Zwecke gebildet werden, sich dann ein Aushöhlungsprozeß vollziehen wird, den wir im Interesse Berlins und im Interesse der historischen Aufgabe, für die diese Bundesrepublik steht, vermeiden möchten.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kopf.
Meine Damen und Herren! Nichts liegt den Antragstellern des Antrags Drucksache Nr. 605 ferner, als zu den Herren und Damen von Berlin oder gar zur Stadt Berlin in irgendeinen Gegensatz treten zu wollen. Die besondere Bedeutung dieser Stadt und alle die Gründe, die von meinen Herrn Vorrednern angeführt worden sind, werden auch von uns anerkannt. Aber es handelt sich darum, neben den politischen Gesichtspunkten, die für Berlin gesprochen haben, auch die sachliche Frage der Gewährung des Rechtsschutzes für einen ganz besonders hilfsbedürftigen Personenkreis mit zu berücksichtigen. Hier liegen in der Tat bei dem Personenkreis des Lastenausgleichsgesetzes Ausnahmebedingungen vor. Das hat auch der Rechtsausschuß gewürdigt, und der Antrag, der im Rechtsausschuß gestellt worden ist, fand damals Stimmengleichheit. Es waren 13 Stimmen dafür und 13 dagegen bei einer Enthaltung.
Die Spruchpraxis dieser Lastenausgleichssenate ist auch unabhängig von der generellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, weil es sich um eine Sondermaterie handelt. Ich glaube also, daß es keineswegs irgendwie eine Verringerung der Bedeutung, die wir der Stadt Berlin beimessen, darstellen würde, wenn wir dem anderen Prinzip, das auch in unserem Grundgesetz grundgelegt ist, nämlich der Gewährung eines effektiven und wirksamen Rechtsschutzes für einen im besonderen Maß hilfsbedürftigen Personenkreis, Raum verschaffen würden.
({0})
Weitere Wortmeldungen zu diesem Antrag liegen nicht vor. - Ich muß Sie, meine Damen und Herren, um Entschuldigung bitten. Ich habe bei der Beratung von § 1 die Geschäftsordnung nicht richtig gehandhabt. Es liegen nur zwei Vorschläge für den Sitz vor, es hätte also schon in zweiter Beratung abgestimmt werden müssen. Ich bitte Sie nochmals um Entschuldigung für mein Versehen. Ich glaube, daß wir noch einmal auf § 1 zurückkommen und nunmehr die Abstimmung vollziehen können. Der eine oder andere von Ihnen wird ja seine Stimme zu dem Antrag, der soeben begründet worden ist, so oder so abgeben, je nachdem, wie über den Sitz des Gerichts entschieden ist. Ich bitte also, nach § 55 der Geschäftsordnung nunmehr § 1 mit Namensstimmzetteln - ({0})
- Ja, Verzeihung! Nur wenn über mehr als zwei Vorschläge 'abzustimmen ist, muß schriftlich abgestimmt werden. Es ist wirklich zu schwer!
({1})
Es tut mir leid, daß ich Sie aufgehalten habe. Ich bitte um Nachsicht!
({2})
Ich muß zuerst über Umdruck 604 abstimmen: „Als oberes Bundesgericht .... Sein Sitz ist vorerst in Frankfurt/Main". Wer für diesen Antrag 604 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Die überwiegende Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
({3})
Nunmehr stimmen wir ab über § 1 in der Fassung der Ausschußvorlage: „... wird das Bundesverwaltungsgericht in Berlin errichtet". Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; bei einigen Enthaltungen gegen wenige Gegenstimmen angenommen.
Nunmehr lasse ich abstimmen über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 605 auf Einfügung eines § 73 b. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Es bestehen Zweifel; es muß im Wege des Hammelsprungs aus({4})
gezählt werden. Meine Damen und Herren, darf ich Sie bitten, den Saal rasch zu räumen.
({5})
Ich bitte, die Türen zu schließen. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.'
({6})
- Ich bitte, sich zu beeilen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung ist: mit Ja haben gestimmt 137 Mitglieder des Hauses, mit Nein 154. 9 Mitglieder des Hauses haben sich der Stimme enthalten. Damit ist der Zusatzantrag abgelehnt.
Ich rufe auf § 74, - § 74 a, - § 74 b, - § 74 c, -§ 75. - § 76 entfällt. Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen; das sind die letzten Paragraphen des Gesetzes. - Gegenprobe!
- Gegen einige Stimmen angenommen. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Der Altestenrat empfiehlt Ihnen, auf eine allgemeine Aussprache zu verzichten. Keine Wortmeldungen. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Einzelberatung. Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich rufe auf §§ 1 bis 75; - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen mit großer Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, dies durch Erheben von dem Sitz zu bezeugen.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen gegen einige Stimmen angenommen.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Es ist gebeten worden, Punkt 13 vorzuziehen, damit der Bundesrat über diese eilbedürftige Angelegenheit in dieser Woche nach Beschluß fassen kann. Das Haus ist damit einverstanden.
Zweite und Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den Abkommen über den Internationalen Währungsfonds ({7}) und über die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ({8}) ({9}). Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit ({10}) ({11}).
({12})
Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Scharnberg als Berichterstatter.
Scharnberg ({13}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der dem Bundestag mit Drucksache Nr. 3428 vorliegende Gesetzentwurf enthält die Zustimmung des Bundestags zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den Abkommen über den Internationalen Währungs-Fonds und über die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Bereits durch die
Mitunterzeichnung des in Genf am 30. Oktober 1947 geschlossenen und vom Bundestag in seiner 117. Sitzung ratifizierten Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens hat sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, dem Fonds beizutreten oder mit den Vertragsstaaten Sonderwährungsabkommen abzuschließen, welche die Übernahme der im Abkommen über den Internationalen Währungs-Fonds vorgeschriebenen Verpflichtungen seiner Mitglieder durch die Bundesrepublik vorsehen. Durch Schreiben des Herrn Bundeskanzlers vom 7. Februar 1951 an den Fonds und an die Bank hat die Bundesregierung die Aufnahme der Bundesrepublik als Mitglied der beiden Institutionen beantragt. Der Fonds und die Bank haben daraufhin ihr grundsätzliches Einverständnis mit der Aufnahme der Bundesrepublik erklärt. Der Beitritt bedarf nach Art. 59 Abs. 2 des Grundgesetzes der Zustimmung des Bundestags, da sich die Abkommen auf einen Gegenstand der Bundesgesetzgebung, des Art. 73 Ziffer 4 des Grundgesetzes, beziehen. Die Verpflichtungen bedürfen gemäß Art 115 des Grundgesetzes einer gesetzlichen Ermächtigung.
Arbeitsweise und Organisation des Internationalen Währungs-Fonds und der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sind in der Begründung der Regierungsvorlage in Drucksache Nr. 3428 erschöpfend dargestellt. An dieser Stelle kann daher hierauf Bezug genommen und die Berichterstattung auf einige ergänzende Gesichtspunkte beschränkt werden.
Auf der Grundlage einer Beteiligung am Fonds und an der Bank in Höhe von je 330 Millionen Dollar = je 1386 Millionen DM zusammen 2772 Millionen DM erhält die Bundesrepublik je 3550 Stimmen. Während die Bundesrepublik automatisch je einen Gouverneur und je einen Vizegouverneur für die Gouverneursräte der beiden Institutionen stellt, sind für die Bestellung eines Mitglieds des Direktoriums etwa 4500 bis 5500 Stimmen notwendig. Um ein deutsches Mitglied zu bestellen, wäre also eine Unterstützung durch Stimmen anderer Länder erforderlich. Infolgedessen hat die Bundesrepublik die Festsetzung einer höheren Beteiligung angestrebt. Diesem Wunsche wurde zwar bisher nicht Rechnung getragen, jedoch ist erklärt worden, daß ein nach dem Beitritt zu stellender Antrag des Bundes auf eine Quotenerhöhung wohlwollend behandelt werde.
Die baren Einzahlungen auf das Kapital des Fonds und der Bank sind zum Teil in Gold, zum Teil in US-Dollar oder D-Mark zu entrichten. Es handelt sich hierbei um folgende Beträge: in Gold 139 Millionen DM. in Gold oder Dollar 28 Millionen DM und in Deutscher Mark 17 Millionen, zusammen 184 Millionen DM.
Eine liquiditätsmäßige Beengung unserer Devisenlage tritt im Zusammenhang mit diesen Einzahlungen nicht ein, weil die Bundesrepublik durch ihren Eintritt in den Währungsfonds unter gewissen Voraussetzungen, und zwar in der Hauptsache bei Eintritt einer Illiquiditätslage, Dollar bis zu 200 % ihrer Quote, also 660 Millionen Dollar, erwerben kann, und zwar innerhalb eines Jahres nicht mehr als 25 %, d. h. 82,5 Millionen US-Dollar, also immer noch mehr als 184 Millionen DM, die wir einzahlen. Von dem Betrag von 184 Millionen DM entfällt die in Gold oder US-Dollar zu leistende Zahlung von 28 Millionen DM auf die Weltbank. Dieser Anteil entspricht 2 % unserer Beteiligung. Weitere 18 % - das sind 252 Millionen DM - können nach den Satzungen der
({14})
Weltbank jederzeit abgerufen werden. Wir haben aber die Berechtigung, sie in unserer eigenen Wahrung zur Verfügung zu stellen.
Andererseits sieht das Weltbankabkommen in Art. IV Abschnitt 2 ausdrücklich vor, daß die in D-Mark einzuzahlenden Beträge nicht ohne Zustimmung der Bundesregierung ausgeliehen werden können. Aus diesem Grunde kann die Weltbank einen Bedarf an D-Mark nur haben, wenn wir einverstanden sind, und hieraus ergibt sich indirekt, daß die Einforderung der Einzahlung von 18 % nicht ohne unsere Zustimmung erfolgen kann.
Weitere 80 % - das sind 1 120 Millionen DM können nur dann abgerufen werden, wenn die Bank diese Mittel benötigt. Das wird lediglich dann der Fall sein, wenn Verluste aus eigenen Reserven nicht gedeckt werden können. Diese 80 % müßten dann in Dollar, Gold oder eigener Währung bezahlt werden. Mit einer Abrufung ist aber angesichts der äußerst vorsichtigen Kreditpolitik der Bank nicht zu rechnen.
Nun kann sowohl beim Fonds als auch bei der Bank die Einzahlung von D-Mark zum weitaus überwiegenden Teil durch die Hinterlegung von Schuldscheinen ersetzt werden, und zwar gegenüber dem Fonds im Betrage von 1 233 Millionen DM, bei der Bank im Betrage von 1 355 Millionen, d. h. insgesamt 2 588 Millionen DM. Diese Schuldscheine sind zwar bei Sicht fällig. Aus den Bestimmungen des oben erwähnten Art. IV Abschnitt 2 des Weltbankabkommens ergibt sich für die auf die Weltbank entfallende Hinterlegung aber auch hier indirekt, daß die Vorlage der Schuldscheine zur Zahlung nur mit Zustimmung der Bundesregierung erfolgen kann, es sei denn, daß der theoretische Fall der schon eben erwähnten, aber nicht zu erwartenden Verluste einträte.
Das Abkommen über den Währungsfonds enthält für den auf ihn entfallenden Anteil der Schuldscheine eine entsprechende Bestimmung zwar nicht, jedoch ergibt sich aus der Natur des Währungsfonds, dessen Aufgabe darin besteht, Störungen auf dem Gebiet des internationalen Währungswesens zu unterbinden, daß der Fonds die ihm überlassenen Schuldscheine nur insoweit zur Zahlung vorlegen wird, als sich daraus keine Situation ergibt, die die Währungspolitik der Bundesrepublik und der BdL stört. Überdies sind die Mitglieder jederzeit zum freiwilligen Austritt aus dem Fonds berechtigt, natürlich mit der Folge, daß die Einzahlung bzw. Hinterlegung für die bis dahin getätigten Transaktionen des Fonds anteilmäßig haftet. Auch bei der Weltbank kann die Mitgliedschaft jederzeit aufgegeben werden, jedoch auch hier haftet das Mitglied auch nach dem Ausscheiden so lange, als diejenigen Darlehen noch nicht zurückgezahlt und diejenigen Bürgschaften noch in Kraft sind, über die vor dem Ausscheiden noch Verträge geschlossen worden sind.
Nach dem Beitritt der Bundesrepublik zum internationalen Währungsfonds wird die Parität der D-Mark im Verhältnis zum Gold oder zum US-Dollar offiziell festgesetzt. Damit erhält die D-Mark volle internationale Anerkennung; denn eine eventuelle Veränderung des Kurses der D-Mark kann, solange die Bundesrepublik Mitglied des Währungsfonds ist, nur unter ihrer Mitwirkung erfolgen.
Durch die Mitgliedschaft am Währungsfonds kann ein Ausgleich der Zahlungsbilanz erleichtert werden, zum anderen entfällt die Zuständigkeit der Alliierten Hohen Kommission für die Überwachung von Außenhandel und Devisenwirtschaft in dem durch die Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen erforderlichen Umfang. Durch den Beitritt zur Weltbank erreicht die Bundesrepublik eine Anwartschaft auf langfristige Darlehen zu mäßigen Zinssätzen. Ganz allgemein verstärkt sie ihre Verbindung zu internationalen Organisationen.
Aus diesen Gründen schlägt der Ausschuß für Geld und Kredit die Annahme dieses Gesetzes vor. Die vorgesehene Änderung des Art. 6 des Entwurfs betreffend dessen Ausdehnung auf das Land Berlin entspricht der sich aus dem Dritten Überleitungsgesetz ergebenden Formulierung.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe auf zur zweiten Beratung: Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Art. 4, - Art. 5,- Art. 6, - Art. 7, - Einleitung und Überschrift. - Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen angenommen. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Ich eröffne die Einzelaussprache. Art. 1 bis 7, - Einleitung und Überschrift. - Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, dies durch Erheben von den Sitzen zu bezeugen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen einige Stimmen angenommen. Damit ist Punkt 13 der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, der Kollege Horlacher hat gebeten, auch Punkt 22 vorzuziehen, damit auch in diesem Fall der Bundesrat noch in dieser Woche Stellung nehmen kann. Es handelt sich um die
Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Horlacher, Dannemann, Lampl und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten ({0}) ({1}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, zu diesem Punkt auf Aussprache zu verzichten. - Das Haus ist einverstanden. Herr Abgeordneter Horlacher, wollen Sie das Gesetz begründen?
({2})
- Es ist eine neue Drucksache, Nr. 3608 [neu], verteilt. Darin ist der Druckfehler berichtigt.
({3})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit es hier keinen Irrtum gibt: da muß in § 17 a in der fünften Zeile nach „Erzeugung" eingesetzt werden „mit Ausnahme von Butter". Ich habe das mit Herrn Kollegen Kriedemann abgesprochen. Das ist lediglich ein Versehen.
Die Verbesserung steht schon in meinem Exemplar. Ich danke Ihnen schön! Wird das Wort gewünscht zur ersten Beratung? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die erste Beratung geschlossen.
Ich eröffne die
zweite Beratung.
Art. 1. - Keine Wortmeldung. Art. 2, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Wir treten ein in die Einzelberatung. Art. 1, -2, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, dies durch Erheben von den Sitzen zu bezeugen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Damit ist Punkt 22 der Tagesordnung erledigt.
Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Zweiten Durchführungsverordnung zum Bremischen Übergangsgesetz zur Regelung der Gewerbefreiheit vom 14. Februar 1949 ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen des Gesundheitswesens ({1}) ({2}).
Ich bitte Frau Abgeordnete Heiler um Berichterstattung.
({3})
- Erledigt?
({4})
- Ich habe hier keinen Vermerk.
({5})
- Ist das Haus bereit, auf einen Bericht zu verzichten?
({6})
Dann rufe ich auf zur zweiten Beratung. § 1, 2, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Die zweite Beratung ist abgeschlossen. Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe auf zur Einzelbesprechung. § 1, - § 2, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, dies durch Erheben von den Sitzen zu bezeugen. - Gegenprobe! - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ({7}).
Ist das Haus bereit, sich mit der schriftlichen Begründung zu begnügen und auf eine mündliche
Begründung zu verzichten?
({8})
Wird das Wort zur allgemeinen Aussprache in erster Lesung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Der Entwurf ist zu überweisen an den Ausschuß für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz. Ist das Haus einverstanden?
({9})
- Dann ist so beschlossen. Punkt 9 ist erledigt.
Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung von Zuständigkeiten auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts ({10}) ({11});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({12}) ({13}).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Dr. Leuze.
Dr. Leuze ({14}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf hat sich der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht in seiner 198. Sitzung am 4. Juli 1952 befaßt. Es geht in diesem Entwurf darum, daß nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 verschiedene - in § 1 des Entwurfs genau umrissene - Gebiete, in denen früher deutsche Gerichte tätig gewesen waren, von Deutschland abgetrennt worden sind und damit jede deutsche Rechtspflege zum Stillstand gekommen ist. So konnten nach der Abtrennung dieser Gebiete bei den dortigen deutschen Gerichten anhängig gewesene Zivil- und Strafprozesse nicht mehr weitergeführt werden, vollstreckbare Urteile konnten nicht mehr vollstreckt werden, Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie Nachlaß- und Vormundschaftssachen, aber auch Vorgänge handelsrechtlicher Art, konnten nicht mehr erledigt werden. Die früher in diesen Gebieten ansässigen Deutschen, die der dortigen Gerichtsbarkeit unterstanden, wurden vertrieben oder flüchteten ins Bundesgebiet. Hier entstand für sie das Bedürfnis, alte, vor den deutschen Gerichten der abgetrennten Gebiete anhängig gewesene, nicht bis zur Rechtskraft erledigte Rechtsstreitigkeiten durchzuführen, Kosten festsetzen zu lassen, Zwangsvollstreckungen auszubringen, verlorengegangene Urkunden zu ersetzen usw. Für all das fehlte es nach dem bisherigen Rechtszustand an einem zuständigen Gericht, da die bestehenden Zuständigkeitsvorschriften auf die Gerichte der
({15})
abgetrennten Gebiete verwiesen. Die aus diesen Gebieten vertriebenen oder geflüchteten Personen blieben also ohne Rechtsschutz.
Diese Mangel, denen die Gesetzgebungen der Länder und vor allem die Rechtssprechung bisher schon nach Möglichkeit, aber nicht immer in rechtlich befriedigender Weise abgeholfen haben, will der vorliegende Gesetzentwurf beheben; indem er an Stelle der in den abgetrennten Gebieten bestehenden Gerichtszuständigkeit eine Ersatzzuständigkeit im Bundesgebiet begründet.
Der Aussschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht anerkannte durchaus die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung der in dem Gesetzentwurf behandelten Zuständigkeitsprobleme sowie die Zweckmäßigkeit der in der Regierungsvorlage gefundenen Lösung. Nur in einigen wenigen Punkten führten die Beratungen des Ausschusses zu Änderungen.
§ 21 der Regierungsvorlage erklärte die Vorschriften dieses Gesetzentwurfs als auf das Verfahren vor den Arbeitsgerichten nicht anwendbar. Der Ausschuß vermochte nicht einzusehen, warum für arbeitsgerichtliche Streitigkeiten, die vor dem 8. Mai 1945 in den in § 1 des Gesetzentwurfs genannten Gebieten anhängig gewesen waren, nicht in gleicher Weise eine Ersatzzuständigkeit gegeben werden solle wie für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten. Er beschloß deshalb, dieser Bestimmung folgende Fassung zu geben: „Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten entsprechend für arbeitsgerichtliche Streitigkeiten." Er fügte diese Bestimmung aus Gründen der Systematik als § 12 a in den Gesetzentwurf ein.
Zu § 17 machte sich der Ausschuß einen Änderungsvorschlag des Bundesrats, dem auch die Bundesregierung zugestimmt hatte, zu eigen, wonach auch gegen das Urteil eines Sondergerichts eine erweiterte Wiederaufnahmemöglichkeit geschaffen werden sollte, und zwar über die zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Strafrechtspflege bereits erlassenen Vorschriften hinaus.
Die Berlinklausel erhielt in § 24 eine Fassung, wie sie vom Land Berlin gewünscht worden ist.
Im übrigen wurde der Gesetzentwurf im Ausschuß unverändert angenommen. Ich darf das Hohe Haus bitten, dem Gesetzentwurf mit den vom Ausschuß beschlossenen Änderungen seine Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Der Ältestenrat schlägt vor, auf eine Aussprache zu verzichten. Das Haus ist einverstanden.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf §§ 1, - 2, - 3, - 4, - 5, - 6, - 7, - 8, - 9, - 10, - 11, - 12, - 12 a, - 13, - 14, -15, - 16, - 17, - 18, - 19, - 20, - 21 - entfällt, - 22, - 23, - 24, - 25 entfällt, - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Die zweite Beratung ist geschlossen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf und eröffne die allgemeine Aussprache. Keine Wortmeldungen. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen. Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe auf §§ 1 bis 24, Einleitung und Überschrift.
Wer für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Meine Damen und Herren! Ich bin weiter gebeten worden, die Punkte 14 und 17 der Tagesordnung vorzuziehen. Es handelt sich hier um zwei Sachen, bei denen wahrscheinlich keine Aussprache stattfinden wird.
Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bereinigung von Schuldverschreibungen, die auf ausländische Währung lauten ({0}) ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit ({2}) ({3})
Das Wort zur Berichterstattung hat Abgeordneter Seuffert.
Seuffert ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es handelt sich um ein zweites Gesetz zur Bereinigung der Zustände, die durch die Kriegsereignisse, insbesondere aber durch die Verluste und die Beschlagnahmen in Ost- und Mitteldeutschland an deutschen Wertpapierbeständen hervorgerufen worden sind, im Anschluß an das Wertpapier-Bereinigungsgesetz, das bereits seit mehreren Jahren läuft. Dieses Gesetz bezieht sich auf die deutschen Auslandsschuldverschreibungen, das sind Schuldverschreibungen, die in ausländischer Währung und großenteils auch nach ausländischem Recht von deutschen Ausstellern ausgestellt worden sind.
Die außerordentlich komplizierte Materie ist teilweise im Anschluß an das Wertpapierbereinigungsgesetz geregelt worden. Im übrigen waren dazu auch recht schwierige Verhandlungen mit ausländischen Stellen notwendig, da die Durchführung des Gesetzes großenteils im Ausland erfolgen muß und, wie gesagt, ausländisches Recht hineinspielt.
Eine ausführliche Begründung ist auf der Vorlage des Gesetzentwurfes gegeben. Ich bitte, auf sie im einzelnen verweisen zu dürfen.
Der Ausschuß hat lediglich einige Änderungen angebracht, die technischer Natur sind. Meinungsverschiedenheiten sind im Ausschuß nicht aufgetreten.
Der Ausschuß bittet Sie einstimmig um Annahme seines Antrags.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Meine Damen und Herren, es handelt sich um einen Gesetzentwurf, der 80 Paragraphen enthält. Ist das Haus damit einverstanden, daß ich den Aufruf der einzelnen Paragraphen unterlasse?
({0})
- Dann rufe ich auf §§ 1 bis 80, - Einleitung und Überschrift. - Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich, die Hand zu erheben.
- Gegenprobe! - Einstimmige Annahme. Die zweite Beratung ist geschlossen.
({1})
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen. Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe auf §§ 1 bis 80, - Einleitung und Überschrift. - Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - 'Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Wer idem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Ich rufe auf Punkt 17 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({2}); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({3}) ({4}) ({5})
in Verbindung mit der
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({6}) über die Entschließungen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsteuergesetzes ({7}).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Seuffert.
Seuffert ({8}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß empfiehlt Ihnen, wie Sie aus der Drucksache Nr. 3507 sehen, den Antrag der SPD in der Sache anzunehmen. Die Neufassung betrifft nur redaktionelle Verbesserungen.
Es handelt sich darum, daß der bereits bestehenden Umsatzsteuerbegünstigung für Privatschulen eine Begünstigung angeschlossen wird, die Schullandheimen und anderen in Zusammenhang mit Schul- und Erziehungsmaßnahmen stehenden Anstalten zugute kommt.
Der Ausschuß hat es des Sachzusammenhangs wegen für richtig gehalten, in der Neufassung der Ziffer 15 des § 4 die Steuerbefreiungen anzufügen für „die Umsätze aus der Tätigkeit von Krankenanstalten, die a) von öffentlich-rechtlichen Körperschaften betrieben werden oder b) in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung dienen". Auch hierüber bestand im Ausschuß Einstimmigkeit. Die Definition der „in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung" dienenden Krankenanstalten soll den Bestimmungen der Gemeinnützigkeitsverordnung angepaßt werden. Ein Text für die hiernach zu erlassende Rechtsverordnung - praktisch eine Änderung der Umsatzsteuerdurchführungsbestimmungen - lag dem Ausschuß vor. Dieser hat die Erwartung ausgesprochen, daß die Rechtsverordnung auch in dieser Form verabschiedet wird.
Det Bericht Drucksache Nr. 3496 befaßt sich mit den Entschließungen, die aus Anlaß der Verabschiedung des letzten Umsatzsteueränderungsgesetzes dem Ausschuß überwiesen worden sind. Die Entschließungen beschäftigen sich in verschiedenen Anträgen mit der sogenannten Zusatzumsatzsteuer für mehrstufige Unternehmen. Diese
Frage ist in einer Rechtsverordnung geregelt worden. Ich muß wohl sagen, daß es mehrere Rechtsverordnungen sind; denn es sind Änderungen inzwischen erfolgt. Der Ausschuß konnte an dieser Regelung zwar nicht teilnehmen, weil er dazu verfassungsrechtlich nicht in der Lage ist, konnte sie aber sachlich besprechen. Die Materie ist also nicht ganz im Sinne einiger Entschließungen, aber nach Ansicht des Ausschusses doch so geregelt, daß er Sie bittet, diese Entschließungen für erledigt zu erklären.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe zunächst zur zweiten Beratung der Drucksache Nr. 3507 mit Umdruck Nr. 602 auf Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. - Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme! Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache.. - Keine Wortmeldungen; die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe auf Art. 1 bis 3, - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Meine Damen und Herren, damit ist Punkt 17 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 11 der Tagesordnung. Auch hier handelt es sich um ein Justizgesetz:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Kostenrechts ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({1}) ({2}).
({3}).
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Dr. Schneider.
Dr. Schneider ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen alle, daß sich dieses Hohe Haus in einer ungeheuren Zeitnot befindet. Deshalb schlage ich Ihnen vor, daß ich meinen schriftlich ausgearbeiteten Bericht*), dessen Vortrag hier immerhin ungefähr eine halbe Stunde Zeit in Anspruch nehmen würde, einfach zu Protokoll gebe, damit wir diese halbe Stunde einsparen, zumal das Gesetz ja im Rechtsausschuß einstimmig angenommen worden ist. Ich darf Sie deshalb bitten, dem Gesetz in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung Ihre Zustimmung zu geben, und zweitens, den Antrag, den Sie unter Nr. 2 auf der Drucksache Nr. 3581 finden, anzunehmen.
({5})
*) Anlage 2 Seite 10225.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Beratung. Ich rufe auf Art. 1, - 1 a, - 2, - 2 a, - 3, - 4, -5, - 6, - 6 a, - 7, - 8, - 9, - 10, - 11, -12, - 13, - 14, - Art. 15 entfällt, Art. 16, -17, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich urn ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme. Die zweite Beratung ist geschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen? - Keine Wortmeldungen! Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe auf die Art. 1 bis 17, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes als Ganzes ist, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Wir haben nun noch über die Entschließung des Ausschusses Drucksache Nr. 3581 Ziffer 2 abzustimmen. Wer für die Annahme dieser Entschließung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Meine Damen und Herren, in der Eile habe ich vergessen, bei Punkt 17 der Tagesordnung über den weiteren Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 3496, die Entschließungen in Umdruck Nrn. 216, 220, 223, 228 und 229 zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des .Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsteuergesetzes usw. für erledigt zu erklären, abstimmen zu lassen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen angenommen.
- Dann rufe ich auf Punkt 12 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrts- und Rheinschiffahrtssachen ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({1}) ({2}).
({3})
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Schmitt ({4}).
Schmitt ({5}) ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Fragen des Binnenschiffahrtswesens haben sich die Verordnungen und Verfügungen derartig gehäuft, daß es notwendig ist, das Gesetz als Ganzes zusammenzufassen und neu zu fassen. 14 verschiedene Verordnungen und Bestimmungen mußten aufgehoben werden. Da wir neben dem Binnenschiffahrtsgesetz seither noch ein Rheinschiffahrtsgesetz hatten, wurden beide Gesetze jetzt mit der Überschrift Binnenschiffahrtsgesetz zusammengefaßt. In diesem Binnenschiffahrtsgesetz werden die allgemeinen Bestimmungen im ersten Abschnitt und die Rheinschiffahrtsbestimmungen im zweiten Abschnitt behandelt.
Der Rechtsausschuß hat sich in seiner 196. Sitzung mit dem ganzen Problem befaßt und eingehend die Fragen geprüft. Ich glaube, ich kann mich mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Zeit kurz fassen, indem ich auf die Ihnen vorliegende Drucksache Nr. 3582 verweise, aus der Sie ersehen, daß im wesentlichen nur nicht so wichtige Dinge geändert wurden und der Ausschuß in der Hauptsache dem Entwurf der Regierung zugestimmt hat. Ich bitte Sie, entsprechend dem Beschluß des Rechtsausschusses diesem Gesetz Ihre Zustimmung geben zu wollen, und behalte mir vor, falls eine Diskussion entstehen sollte, alsdann noch persönlich in die Diskussion einzugreifen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe § 1 auf, § 2, - § 3, - § 4, - § 5, -§6,-§ 7,-§ 8,-§9,-§ 10,--§ 11,§ 12, - § 12 a, - § 13, - § 14, - § 14 a, -§ 15, - § 16, - § 17, - § 17 a, - § 18, - § 19,§ 20,-§ 21,-§ 22,-§ 23,-§ 24,-§ 25,-Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Einstimmige Annahme.
Die zweite Beratung ist geschlossen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf und eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache und trete ein in die Einzelbesprechung. Ich rufe auf §§ 1 bis 25, Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Einstimmige Annahme. Wer für die Annahme des Gesetzes als Ganzes ist, den bitte ich, sich von seinem Platz zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Ich stelle die einstimmige Annahme des Gesetzes fest.
Meine Damen und Herren, ich bin gebeten worden, Punkt 16 der Tagesordnung vorzuziehen. Das Haus ist einverstanden.
Ich rufe auf Punkt 16 der Tagesordnung: - Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Zollbegünstigungen ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({1}) ({2}).
({3})
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Freudenberg.
({4}) Können Sie die Berichterstattung übernehmen?
Dr. Serres ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Hohen Hause ist mit Drucksache Nr. 3152 der Entwurt eines Gesetzes über Zollbegünstigungen vorgelegt worden. Ich kann mich kurz fassen. Es handelt sich um die nachtragiicne Legalisierung der Zollstundungen, die bis zum 30. September 19o1 ausgesprochen worden sind, d. h. bis zum Inkrafttreten des neuen Zolltarifgesetzes. Es handelt sich um eine größere Zahl von Ernährungspositionen und um eine kleinere Zahl von gewerblichen Positionen. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich eingehend mit dem Gesetzentwurf befaßt. Ich habe die Ehre, Ihnen die Annahme des Ausschußbeschlusses gemäß Drucksache Nr. 3481 zu empfehlen, der wie folgt lautet:
Der Bundestag wolle beschließen,
dem Gesetzentwurf mit den folgenden Ände({6})
rungen der Anlage zu § 1 des Gesetzes, im übrigen unverändert nach der Vorlage zuzustimmen.
Es folgen die Ziffern 1 bis 3 mit den vorgenommenen Änderungen, die den Anträgen der Regierung entsprechen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf die §§ 1, - 2, - 3, - 4, -5, - 6, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen? - Abgeordneter Bertram!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der Föderalistischen Union, Bayernpartei und Zentrum, habe ich den Entschließungsantrag auf Umdruck Nr. 632 zu begründen. Der Antrag hat den Wortlaut:
Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag eine Verordnung über befristete Zollbegünstigungen zum Zwecke der Steigerung der deutschen nichtlandwirtschaftlichen Einfuhr und der Sicherung der deutschen Ausfuhr unverzüglich vorzulegen.
Ich bitte, in dem Umdruck, der Ihnen verteilt worden ist, das Wort „nichtlandwirtschaftlichen" vor „Einfuhr" hinzuzusetzen und den Antrag insofern handschriftlich zu verbessern. Ich überreiche gleichzeitig den verbesserten Antrag dem Herrn Präsidenten.
Zur Begründung habe ich auf folgendes hinzuweisen. Die Entwicklung der Ein- und Ausfuhr ist in den letzten Monaten, wenn sie auf den ersten Blick auch durch einen hohen Aktivsaldo ausgezeichnet ist, tatsächlich doch ungünstig. Der Aktivsaldo betrug im April 26 Millionen DM, im Mai 236 Millionen DM und im Juni 258 Millionen DM. Die Entwicklung war aber sowohl auf der Importals auch auf der Exportseite keineswegs zufriedenstellend. Insbesondere auf der Einfuhrseite war ein ständiger Rückgang der Importe zu verzeichnen, während sich die Exporte zunächst noch halten konnten. Vor allem war der Rückgang der Importe im EZU-Raum stark, der mit 7 % im letzten Monat einen sehr beachtlichen Rückgang aufwies, vor allem mit Rücksicht auf das Gesamtvolumen dieser Importe. Niemand kann etwas ins Ausland verkaufen, der nicht auch aus dem Ausland kaufen will. Ein Rückgang der Umsätze auf beiden Seiten könnte leicht der Beginn eines Schrumpfungsprozesses des internationalen Austausches werden, eines Schrumpfungsprozesses, dem wir rechtzeitig entgegentreten müssen.
Das ist der Sinn unseres Antrags, die beteiligten Ministerien zu veranlassen, rechtzeitig das Erforderliche zu tun, daß nicht durch Schrumpfung der Einfuhr eine dauernde Schädigung der deutschen Ausfuhr eintritt.
Die Ursachen für die Schrumpfung der Einfuhr sind vielfältig: die hohen Vorratskäufe infolge Korea und seit Korea, die in Deutschland verteuerte Lagerhaltung infolge des hohen Zinsniveaus, die Befriedigung des Notbedarfs der Verbraucher, die jetzt in vielen Artikeln zuwarten können, ob die Dinge nicht noch billiger werden, die allgemein sinkende Preistendenz auf den Weltmärkten und die in Deutschland und auf allen Märkten daraus resultierende Zurückhaltung, auf der Exportseite: bei den Abnehmerländern der Verbrauch der in der Hochkonjunktur angesammelten Devisenpolster und die stark sinkenden Erlöse aus rückläufigen Preisen und rückgängigen Mengen, insbesondere aber auch bei der deutschen Exportindustrie die Vorbelastung mit der deutschen Umsatzsteuer, die eine erhebliche Schlechterstellung gegenüber den anderen Ländern bedeutet. Deshalb haben auch schon andere Länder, beispielsweise Italien, das Mittel der Einfuhrsteigerung ergriffen, indem sie die Zollsenkung herbeigeführt haben.
Die Abhilfe für dieses Auseinanderklaffen von Exportlinie und Importlinie ist von der Bundesregierung durch eine Erweiterung der Liberalisierung versucht worden. Das kann aber im Augenblick nichts Entscheidendes helfen. Entscheidend wird sich die angekündigte Exportförderung auswirken. Entscheidend wird sich aber vor allem eine Ermäßigung des Zollniveaus auswirken. Der Übergang vom Gewichtzollsystem zum Wertzollsystem hat allgemein eine ganz wesentliche Belastung der Waren und damit eine ganz wesentliche Erhöhung der Schutzzollwirkung herbeigeführt und damit eine Verringerung der internationalen Umsatzchancen ergeben. Deshalb muß diese Entwicklung, soweit sie unsere Einfuhr behindert, rückgängig gemacht werden. Die Auswahl der Warengattungen muß den beteiligten Ministerien überlassen bleiben. Wie Sie alle wissen, ist das Verfahren recht umständlich. Die Bundesregierung muß eine Rechtsverordnung ausarbeiten, die zunächst der Billigung des Bundesrats bedarf, dann der des Bundestags, und erst dann kann sie in Kraft treten. Wenn also jetzt über die Ferienzeit die Bundesregierung eine entsprechende Rechtsverordnung ausarbeiten sollte, so könnte sie uns frühestens in den Septembertagen - und zwar erst in den späten Septembertagen - vorgelegt werden.
Die Bundesregierung hat bereits eine solche Zollbegünstigungsverordnung ausgearbeitet. Diese Zollbegünstigungsverordnung hat aber nur einen ganz kleinen Kreis von Waren erfaßt, insbesondere auch die Eisenzölle, bei denen sich besondere Mißstände ergeben hatten. Die Zollbegünstigungsverordnung müßte auf erheblich weitere Gebiete ausgedehnt werden, um das wirtschaftspolitische Ziel unseres Antrags zu erreichen. Dieser Antrag liegt im Zuge der allgemeinen Integrierungspolitik. Die Überwindung der Abschließung der einzelnen Wirtschaftsräume soll durch Umsatzausweitung und nicht durch Restriktionen erzielt werden.
Ich bitte Sie daher, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist im Leben doch merkwürdig eingerichtet. Manchmal hört man viele Worte, und wenn Sie genau Obacht geben, dann ist wenig dahinter.
({0})
So ist es auch mit diesem Entschließungsantrag da.
({1})
({2})
Was heißt denn da „Steigerung der Einfuhr"? Meinen Sie - jetzt spreche ich ganz allgemein -, mich könnt's freuen - wenn Sie mich so bezeichnen wollen: als Agrarier -, daß in letzter Minute „nichtlandwirtschaftliche Einfuhr" eingesetzt worden ist? Aber das genügt mir auch nicht; denn die Verhältnisse sind so, daß man schließlich das gesamte Niveau der Wirtschaft im Auge haben muß bei solchen wichtigen Entscheidungen, und da kann man nicht bloß sagen: Steigerung der Einfuhr - das kann jeder sagen - und Steigerung der Ausfuhr, damit hier gewissermaßen ein Toto zwischen Einfuhr und Ausfuhr stattfindet. So einfach liegen die Dinge im wirtschaftlichen Geschehen leider Gottes nicht.
Ich will auf die Sache nicht eingehen und die sachverständigen Ausführungen des Herrn Kollegen Bertram in keiner Weise angreifen, sondern möchte nur sagen, daß ich dem Wunsch vieler Abgeordneter des Hauses entsprechen werde, wenn ich bitte, diesen Antrag dem Außenhandelsausschuß zu überweisen. Wir werden uns dann später noch darüber unterhalten.
({3})
Weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Wir treten ein in die Einzelbesprechung dritter Lesung. Ich rufe auf die §§ 1 bis 6, Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Wir haben nun über das Gesetz im ganzen abzustimmen. Wer für die Annahme des Gesetzes ist, den bitte ich, sich von seinem Sitz zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Wir haben nun noch abzustimmen über den Antrag des Kollegen Dr. Horlacher auf Überweisung des Entschließungsantrags Umdruck Nr. 632 an den Ausschuß für Außenhandelsfragen. Ist das Haus einverstanden? Ich bitte um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme dieses Überweisungsantrags.
Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben sich dahin verständigt, daß nunmehr die Punkte 19 und 20 behandelt werden sollen, daß dann eine Mittagspause bis 14 Uhr einzutreten hat und anschließend nach der Pause Punkt 15 aufgerufen werden soll.
Ich rufe auf Punkt 19:
Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das am 25. April 1952 unterzeichnete Zusatzabkommen zum Zollvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 20. Dezember 1951 ({0}).
Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Wollen Sie sich mit der schriftlichen Begründung begnügen?
({1})
Dann verzichtet das Haus auf eine mündliche Begründung seitens der Regierung.
Ich rufe auf zur ersten Beratung. Allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Die erste Beratung ist geschlossen. Ich rufe auf zur
zweiten Beratung.
Art. I, - Art. II, - Art. III, - Einleitung und
Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte
ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Die zweite Beratung ist geschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich rufe auf Art. I bis III, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Die Schlußabstimmung entfällt gemäß _§ 88 letzter Satz der Geschäftsordnung.
Ich rufe auf Punkt 20 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen über Meistbegünstigung vom 16. November 1951 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Libanon ({2});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({3}) ({4}).
({5})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Lange als Berichterstatter.
Lange ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich kann mich in der Berichterstattung sehr kurz fassen. Der Außenhandelsausschuß hat sich vorbehaltlos der Vorlage und auch der zu ihr gegebenen Begründung angeschlossen. Ich darf Sie also bitten, dem Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen über Meistbegünstigung vom 16. November 1951 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Libanon, Drucksache Nr. 3291, wie vom Ausschuß unter Drucksache Nr. 3432 beantragt, Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten ein in die zweite Lesung. Ich rufe auf Art. I, - Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme. Die zweite Lesung ist geschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe auf zur Einzelbesprechung. Art. I bis III, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand heben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme. Da es sich um ein Gesetz über eine außenpolitische Angelegenheit handelt, findet keine Schlußabstimmung statt.
Damit ist das Programm, das für die Zeit vor der Mittagspause vorgesehen war, erledigt. Wir unterbrechen und fahren um 14 Uhr mit Ziffer 15 der Tagesordnung fort.
({0})
Die Sitzung wird um 14 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer wieder eröffnet.
Die Sitzung ist wieder eröffnet. Wir fahren in der Tagesordnung fort.
Ich rufe auf Punkt 15 der gedruckten Tagesordnung vom Donnerstag:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts ({0}).
Zur Berichterstattung hat das Wort Herr Abgeordneter Matzner.
Matzner ({1}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich jenen Mitgliedern dieses Hohen Hauses anschließen, die meinen, daß wir angesichts der etwas überladenen Tagesordnung und der dadurch entstandenen Zeitnot auf einen mündlichen Bericht verzichten sollten. Das kann ich um so mehr, weil ich mir erlaubt habe, Ihnen in der vorliegenden Drucksache Nr. 3575 einen zwar kurzen, aber klaren schriftlichen Bericht*) zu unterbreiten, den Sie gütigst einer Durchsicht unterziehen wollen.
Sie werden mir aber gestatten, daß ich auf einen Punkt eingehe. Das ist die dem Antrag des Ausschusses beigeschlossene Entschließung, die folgenden Wortlaut hat:
Die Bundesregierung wird ersucht, bei der kommenden Besoldungsreform der Bedeutung des technischen Dienstes Rechnung zu tragen.
Diese Entschließung erwuchs daraus, daß wir bei der Beratung des Gesetzes übereinstimmend der Meinung waren, daß wir bei dem Zweiten Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts nicht in der Lage waren, den darin vorkommenden technischen Dienstgruppen die unserer Meinung nach notwendige Einstufung zu geben, ohne daß wir das ganze Besoldungsrecht irgendwie aus den Angeln heben.
Ich bitte Sie deshalb, den Antrag des Ausschusses, dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung zu geben, anzunehmen und gleichzeitig der Entschließung die Zustimmung nicht zu versagen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die zweite Beratung ein.
Ich rufe auf Kap. I § 1. Dazu liegen zunächst Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen auf Umdruck Nr. 623 I a), I b) und I c) vor. Das Wort ist nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 623 I a). Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben.
({0})
- Wollten Sie dazu sprechen? Ich habe keine Wortmeldung gesehen. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Matzner.
Meine Damen und Herren! Ich möchte ebenso kurz wie beim Bericht feststellen, daß wir dem Änderungsantrag in Umdruck Nr. 623 zu Kap. I § 1 unter a) Ziffer 2, § 5 nicht zustimmen können, weil wir der Meinung sind, daß hier nicht Sondervorschriften geschaffen werden sollten hinsichtlich der Vollendung des 26. Lebensjahres. Es geht hier hauptsächlich um eine Untergruppe
*) Anlage 3 Seite 10228. der Beamten, und die Begründung, daß sie früher den sogenannten Militäranwärtern vorbehalten war und daß jetzt jüngere Kräfte zum Zuge kommen sollen, ist für uns nicht überzeugend genug, hier eine Einengung für diese Gruppe zuzulassen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über Umdruck Nr. 623 I a. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Angenommen!
Weiter Änderungsantrag Umdruck Nr. 623 I b. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Änderungsantrag Nr. 623 I c. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe nun auf Kap. II § 2. Dazu liegen vor ein Änderungsantrag der SPD auf Umdruck Nr.
622 und ein Änderungsantrag CDU/CSU, FDP und DP auf Umdruck Nr. 623 II. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 622 zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das letzte war die Mehrheit. - Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen ab über Umdruck Nr. 623 II. Ich bitte diejenigen, die dafür stimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Der Änderungsantrag ist angenommen.
Ich bitte nun diejenigen, die den §§ 1 und 2 mit den angenommenen Änderungen zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen eine Reihe von Stimmen bei zahlreichen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Es liegt noch ein Änderungsantrag Umdruck Nr.
623 III vor, der auch noch § 2 betrifft und über den wir noch abstimmen müssen. Ich bitte diejenigen, die ihm zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Angenommen!
Damit, meine Damen und Herren, muß ich aber
- ich hatte übersehen, daß das noch zu § 2 gehört - der Form halber noch einmal fragen: Wer dem § 2 mit den angenommenen Änderungen zustimmt, den bitte ich, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
({0})
- Über Umdruck Nr. 622 ist abgestimmt worden; der ist abgelehnt worden. - Bitte, Herr Dr. Kleindinst.
Über die Abstimmung zu Umdruck Nr. 622 litera B ist eine Meinungsverschiedenheit entstanden. Es besteht Übereinstimmung darüber, daß dieser Buchstabe angenommen werden soll.
({0})
- Das wird dann in der dritten Lesung in Ordnung gebracht.
Ach so, das ist ein Antrag, der aus zwei Teilen besteht! Das ist hier nicht so vermerkt. - Ja, meine Damen und Herren, ich habe an sich über Umdruck Nr. 622, soweit er auf Kap. II § 2 Bezug hatte, abstimmen lassen.
({0})
- Aber das kann in der dritten Lesung richtiggestellt werden, falls da Mißverständnisse entstanden sein sollten. Dann ist die Sache vollkommen in Ordnung.
Also jetzt Kap. II a § 2 a, - § 2 b. Dazu liegen Änderungsanträge nicht vor. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Kühn.
Meine Damen und Herren! Es ist
hier in Kap. II a § 2 a noch ein Abs. 4 des § 6 hinzuzufügen, der folgenden Wortlaut haben soll: Die Bestimmungen der Absätze 1 bis 3 gelten auch, wenn Einrichtungen nach § 61 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 ({0}) zur Versorgung verpflichtet sind.
Es handelt sich bei dieser Bestimmung darum, daß diejenigen Menschen, die Nichtgebietskörperschaften angehören, auch in den Genuß der 20%igen Teuerungszulage kommen sollen, die hier in dem Gesetz geregelt ist. Wenn wir nämlich diesen Absatz nicht hinzufügen, würden die Angehörigen der Nichtgebietskörperschaften diese Teuerungszulage nicht bekommen. Ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, dann ist also zu Kap. II a § 2 a dieser Änderungsantrag gestellt. Sie haben ihn gehört, ich brauche ihn wohl nicht mehr zu verlesen. - Das Wort dazu ist nicht weiter gewünscht. Dann kommen wir zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Weitere Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich bitte dann diejenigen, die dem Kap. II a und dem
§ 2 a mit der soeben beschlossenen Änderung zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen damit zu Kap. II b § 2 b. Dazu liegen auch keine Änderungsanträge vor. Dann bitte ich diejenigen, die dem zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
({0})
- Gegen wenige Stimmen angenommen. Dann rufe ich auf Kap. III, § 3 entfällt, -§ 3 a, - § 4. ({1})
- Sie haben sich gemeldet? Ich kann nicht gleichzeitig, wenn ich hier vorlese, alle Wortmeldungen sehen.
({2})
- Das Wort hat der Abgeordnete Gundelach.
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf regelt auch die Zahlung von Teuerungszulagen für Ruhegehaltsempfänger der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen. Wir haben hier wiederholt zu der Frage Stellung genommen, daß dieser Kreis absolut das Recht auf völlige Gleichstellung mit seinen Berufskollegen hat. Aber im vorliegenden Gesetz, Kap. III § 4, wird weiterhin an einer Ungleichheit festgehalten, indem die Teuerungszuschläge für diesen Personenkreis erst rückwirkend ab 1. April dieses Jahres gezahlt werden sollen, während ihre Kollegen, die nicht zu dem Personenkreis nach Art. 131 des Grundgesetzes gehören, die Teuerungszuschläge ab 1. Oktober 1951 beziehen. Um dieses Unrecht wenigstens auf diesem Gebiet zu beseitigen, stelle ich folgenden Änderungsantrag zu Kap. III § 4:
Die 4. Zeile ist wie folgt zu ändern:
Kapitel II a mit Wirkung vom 1. Oktober 1951.
Sie haben den Antrag gehört. Wird noch das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir die Aussprache schließen und zur Abstimmung kommen. Ich lasse zunächst abstimmen über den Änderungsantrag, der soeben vorgetragen und begründet worden ist. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die aufgerufenen Paragraphen, die Einleitung und die Überschrift. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Damit ist die zweite Beratung beendet. Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Gundelach.
Meine Damen und Herren! In dem vorliegenden Bericht wird unter anderem gesagt: „Es ist zunächst hervorzuheben, daß in diesem Gesetzentwurf Regelungen getroffen worden sind, die aus zeitlichen Gründen der generellen Besoldungsreform vorgezogen werden mußten." Nun, wir haben von dieser Stelle aus wiederholt die Feststellung gemacht, daß eine Besoldungsreform für die Beamtenschaft äußerst dringend notwendig ist; schon aus dem Grunde, weil sie heute immer noch - mit kleinen Abänderungen - nach der Besoldungsordnung des Jahres 1927 bezahlt wird.
({0})
- Herr Dr. Wuermeling, wir sprechen ja augenblicklich von dieser Stelle aus
({1})
über Fragen der Beamtenschaft hier im Bundesgebiet.
({2})
- Ich bin gern bereit, mich mit Ihnen auch über Fragen der Deutschen Demokratischen Republik zu unterhalten. Berufen Sie eine öffentliche Versammlung ein, dann werde ich als Korreferent in dieser Versammlung auftreten, und dann können wir uns über alle Probleme dort und hier wunderbar unterhalten.
({3})
({4})
Ich habe bereits bei der ersten Beratung des vorliegenden Gesetzes davon gesprochen, daß es wiederum nur ein Flickwerk ist, und darauf hingewiesen, daß hauptsächlich für den Bundesgrenzschutz und für den Ausbau des auswärtigen Dienstes Besoldungsfragen auf Grund dieses Gesetzes geregelt werden sollen. Bereits damals habe ich erklärt, daß wir Kommunisten den Standpunkt vertreten, daß Besoldungsfragen für Angehörige militärischer Einrichtungen nicht durch das Beamtenbesoldungsgesetz zu regeln sind. Beim Bundesgrenzschutz handelt es sich um Kader der nach dem Generalvertrag aufzustellenden neuen Wehrmacht, und aus diesem Grunde lehnen wir den vorliegenden Gesetzentwurf ab.
Entgegen der Regierungsvorlage ist allerdings in dem vorliegenden Gesetzentwurf unter Kap. II a die' Zahlung von Teuerungszulagen zu den Versorgungsbezügen für den unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personenkreis vorgesehen. Diesem Teil des Gesetzes geben wir unsere Zustimmung, wenngleich wir bedauern, daß der von mir gestellte Antrag, die Teuerungszulagen für den
genannten Personenkreis rückwirkend ab 1. Oktober 1951 zu zahlen, von der Mehrheit des Hauses abgelehnt worden ist, obwohl immer wieder von der Notwendigkeit der völligen Gleichstellung der 131er geredet worden ist. So zeigt die Mehrheit des Hauses auch bei der Verabschiedung dieses Gesetzes, daß Worte und Taten zueinander absolut in Gegensatz stehen. Es ist unserer Meinung nach an der Zeit, daß baldigst den Forderungen der Beamtenschaft, insbesondere jener großen Teile der Beamtenschaft mit ganz unzureichendem Einkommen, Rechnung getragen wird, durch eine neue Besoldungsreform zu einer gerechten Besoldungsordnung besonders dieser Beamtenschichten zu gelangen.
({5})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe zunächst § 1 auf. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Nun kommt Kapitel II § 2. Da nehme ich an, daß entsprechend den Bemerkungen in der zweiten Beratung der Abs. B des Umdrucks Nr. 622 nunmehr als neuer Antrag gestellt wird. Ich bitte also diejenigen, die hier zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Angenommen. Dann bitte ich diejenigen, die Kapitel II § 2 in der nunmehr beschlossenen Fassung zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Ich rufe nunmehr Kapitel II a § 2 a, § 2 b, Kapitel III § 3 a, § 4, Einleitung und Überschrift auf. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz im ganzen zustimmen, sich von den Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige
Stimmen mit überwiegender Mehrheit angenommen.
Wir haben nun noch abzustimmen über den Ausschußantrag Drucksache Nr. 3575 Ziffern 2 und 3 auf Seite 3. Ich bitte diejenigen, die dem Ausschußantrag zustimmen, die Hand zu erheben. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung verabschiedet.
Wir kommen nunmehr zu Punkt 21 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ({1}) ({2}).
({3})
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Muckermann.
Muckermann ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der in der 188. Sitzung des Deutschen Bundestags in erster Lesung behandelte Gesetzentwurf zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens wurde damals drei Ausschüssen überwiesen, dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik - federführend -, dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und dem Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films. Ich verweise betreffs Vorgeschichte auf den Sitzungsbericht der 188. Sitzung und auf die wiederholten Äußerungen in diesem Hause zu diesem Thema seit der Einbringung der Drucksache Nr. 34 vom 27. September 1949. Aus den drei Ausschüssen wurde ein Unterausschuß „UFI-Vermögen" gebildet, der sich in einer ganzen Reihe von Sitzungen mit der Materie beschäftigt hat. Wenn die Beratungen erst kürzlich beendet werden konnten und in der Gesamtsitzung der drei Ausschüsse schließlich eine Einigung erzielt wurde, so lag das an der schwierigen Materie und an der Sorgfalt, mit der sich Legislative und Exekutive intensiv um eine echte Kompromißlösung bemüht haben.
Aus der Problematik möchte ich zwei Gedanken hervorheben. Auf der einen Seite wurde von der Legislative ins Feld geführt, daß das Parlament die Verantwortung für Volksvermögen nicht aus der Hand geben könne, besonders wenn es sich um so bedeutende Beträge handele wie hier. Auf der andern Seite befürchtete man bei der Exekutive, daß hier ein Präzedenzfall geschaffen würde, weil dieses Entflechtungsgesetz das erste in einer Reihe von Entflechtungsgesetzen ist, da in der nächsten Zeit weiteres Reichsvermögen in ähnlichen Gesetzen zu entflechten ist.
Das zweite Problem war folgendes. Es mußte sich erst die Erkenntnis durchsetzen, daß es sich beim Film nicht wie bei anderen Vermögenswerten einfach um ein wirtschaftliches Problem handelt, sondern daß dieses ehemalige Filmvermögen für den Bundestag ein Politikum besonderen Ranges darstellt. Die Ihnen vorliegende Drucksache Nr. 3595 mit einer synoptischen Gegenüberstellung der Texte hebt die Änderungen, die im Laufe der Beratungen vorgenommen wurden, durch Fettdruck hervor. An Hand einiger Paragraphen möchte ich Ihnen die wesentlichsten Dinge darstellen.
({5})
Das Ziel dieses Gesetzentwurfes ist in § 1 verankert, worin es heißt, daß der Gesetzentwurf das Ziel verfolge, eine übermäßige Zusammenballung wirtschaftlicher Macht in der Filmwirtschaft zu vermeiden und eine gesunde, vom Staat unabhängige und auf demokratischen Grundsätzen beruhende Filmwirtschaft in der Bundesrepublik zu schaffen.
Es ist ein § 1 a eingefügt worden, bei dem es sich darum handelt - das geschah in Übereinstimmung zwischen Exekutive und Legislative -, daß bereits getroffene Vermögensübertragungen aufgehoben werden, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt.
Zu § 2 möchte ich nur eine kleine stilistische bzw. redaktionelle Änderung bekanntgeben. Es muß im Punkt 2 des § 2 an der Stelle „mit Zustimmung des Beirats" das Wort „Beirats" gestrichen und statt dessen „Abwicklungsausschusses" gesetzt werden.
In § 5 ist ebenfalls ein Druckfehler unterlaufen. Es muß dort unter Ziffer 1 a heißen: „je ein Vertreter des Bundesministers." Das „s" ist ausgefallen, muß also hinzugefügt werden.
Einer der strittigsten Punkte in den Beratungen war dieser § 5. Die Vertreter der Legislative haben schon in der ersten Lesung zum Ausdruck gebracht, daß in diesem Gesetz die Verantwortung des Bundestags verankert werden müsse. Man war zunächst der Auffassung, daß der zu gründende Beirat, den wir nun in der neuen Fassung Abwicklungsausschuß nennen, aus Mitgliedern des Bundestags oder aus solchen Leuten zusammengesetzt werden müsse, die das besondere Vertrauen des Bundestags genießen. Wir haben sehr lange um eine Kompromißlösung gerungen und uns schließlich auf die Fassung, die Ihnen hier vorliegt, geeinigt. Diese Kompromißlösung besteht im wesentlichen darin, daß wir in § 5 Abs. 1 c folgenden Passus eingebaut haben:
vier Mitglieder, die erfahrene Kenner des Wirtschaftslebens oder Filmsachverständige sein sollen, die nicht Mitglieder von Regierungen oder Angehörige von Verwaltungen des Bundes oder der Länder sind.
Diese vier Mitglieder können aus den Reihen des Bundestags genommen werden; sie brauchen es nicht. Aber es bestand eben die große Besorgnis, daß der Bundestag nicht entsprechend über die Verhandlungen des Abwicklungsausschusses unterrichtet werden würde. Es galt also, eine Reihe von Sicherungen dieser Art einzubauen. Wir haben uns dann auf diesen § 5 Abs. 1 c geeinigt.
Zu § 6 ist zu sagen, daß wir diesen Paragraphen völlig umgebaut haben. Im wesentlichen sind in ihm dieselben Gedankengänge enthalten wie in der ersten Fassung. Überall ist statt „Beirat" das Wort „Abwicklungsausschuß" eingesetzt worden.
Die §§ 7 und 8 wurden in der letzten Sitzung, der gemeinsamen Sitzung der drei Ausschüsse, noch einmal vollständig geändert. Gegenüber § 7 alter Fassung wurde einer Verwertung der Vermögensgegenstände im Wege des freihändigen Verkaufs gegenüber der Verwertung durch Versteigerung der Vorzug gegeben. Dieser Paragraph ist also gegenüber der alten Fassung in umgekehrter Form aufgebaut. Dieses Vorziehen des freihändigen Verkaufs ist dann in allen folgenden Paragraphen durchgeführt worden. Die Exekutive hat sich ebenfalls zu dieser Kompromißlösung bekannt, so daß wir dann in der Schlußsitzung der drei Ausschüsse zu einer einheitlichen Auffassung über das ganze Gesetz gekommen sind.
Als weitere Sicherung wurde eine Bestimmung eingebaut, nach der bei der Verwertung dieses Vermögens alle Vermögenswerte, die den Betrag von 250 000 DM überschreiten, der Genehmigung durch den Deutschen Bundestag und den Deutschen Bundesrat bedürfen. Ich glaube, daß damit eine weitere sehr wichtige Sicherung eingebaut wurde.
Der Bundesrat hat den wesentlichen Grundsätzen und den wesentlichen Bestimmungen dieses Gesetzes bereits zugestimmt. Wir dürfen hoffen, daß auch die einzelnen Länder diesem Gesetz ihre Zustimmung nicht versagen werden. Die besonderen Wünsche Berlins haben wir in weitestem Maße berücksichtigt, und sie sollen auch bei der Durchführung des Gesetzes berücksichtigt bleiben. Die Berlin-Klausel wird entsprechend angewandt werden.
Zum Abschluß meines Berichts möchte ich dem Hohen Hause noch einmal ausdrücklich versichern, daß die im vorliegenden geänderten Entwurf erarbeitete Fassung wirklich das äußerste Kompromiß nach dieser und jener Seite darstellt. Wesentliche Änderungen würden unweigerlich dazu führen, wie alle Mitglieder der drei Ausschüsse bestätigen können, daß die Beratungen erneut beginnen und ein befriedigendes Ergebnis noch längere Zeit auf sich warten ließe. Die drei Ausschüsse waren aber der Meinung, daß dieses Gesetz im Interesse der deutschen Filmwirtschaft dringend notwendig sei. Daher empfehle ich dem Hohen Hause, die vorliegende Fassung in zweiter und dritter Lesung anzunehmen.
({6})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Für die nun folgende Aussprache schlägt der Ältestenrat eine Gesamtredezeit von 60 Minuten vor. Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an.
({0}) - Keine Wortmeldungen!
({1})
Meine Damen und Herren, dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf die §§ 1,-1 a,-2,-3,-4,-5,-6,-7,-8,-9,-10,-11,-13,-14,-15,-16,-17,-18,-18a,-19,-19a,-20,-20a,-21,-Einleitung und Überschrift. - Zu den aufgerufenen Paragraphen waren keine Wortmeldungen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift in der Fassung der Auschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen mit großer Mehrheit angenommen. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache.
({2})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Strohbach.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! In der ersten Beratung dieses Gesetzes hat einer der Sprecher in tröstender Weise darauf verwiesen, daß das Gesetz unter Umständen
({0})
völlig anders aus dem Ausschuß komme, als es in der ersten Lesung aussähe.
({1})
Bei dem vorliegenden Gesetz ist das bis zu einem bestimmten Grade der Fall. Aber trotzdem entspricht es in wesentlichen Punkten nicht dem, was wir uns gewünscht hätten; bzw. es hat sich in den wesentlichen Punkten in der Ausschußberatung kaum etwas geändert. Sie haben zwar § 12 gestrichen, der die Besatzungsmächte berechtigt hätte, weiterhin Vorschriften in dieser Sache zu erlassen. Dafür enthält aber der Generalvertrag einen besonderen Abschnitt, in dem festgelegt ist, daß dieses Gesetz in den entscheidenden Bestimmungen dem Vorschlag der Bundesregierung entsprechen müsse. Wir erblicken darin eine Bevormundung des Parlaments, mit der wir uns nicht einverstanden erklären können.
Der „Beirat" hat im Ausschußvorschlag einen neuen Namen bekommen und heißt jetzt „Abwicklungsausschuß". Im Entwurf waren allein die Regierungsvertreter stimmberechtigt. Nach der Ausschußvorlage sollen nun auch vier Fachleute diesem Ausschuß angehören, die nach dem, wag wir eben gehört haben, u. a. auch Mitglieder dieses Hauses sein können. Das Stimmenverhältnis in diesem Abwicklungsausschuß wird trotzdem 11 zu 4 für die Regierungsvertreter sein.
Die Gewerkschaften sind nur mit einem einzigen Vertreter in diesem Ausschuß - und auch der nur mit beratender Stimme - vertreten. Bei der Abwicklung der Geschäfte dieses Ausschusses können wir uns vorstellen, daß sich zahlreiche Fragen ergeben werden, die die Beschäftigten betreffen und ein Stimmrecht der Gewerkschaften im Abwicklungsausschuß unbedingt erforderlich machen. Wir halten deshalb die getroffene Regelung für unannehmbar.
Die Ausschußvorlage beseitigt auch nicht das Unrecht gegenüber der volkseigenen Filmwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik, deren berechtigte Ansprüche auf ehemals reichseigenes Filmvermögen nach wie vor von vornherein abgelehnt werden.
({2})
Vor allem aber sind wir der Ansicht, daß die Abschnitte „Durchführung der Verwertung" und „Erwerbsbeschränkungen" keinen Schutz vor einer
weiteren Amerikanisierung der Filmindustrie in
Westdeutschland darstellen. Die seit Jahren systematisch betriebene Überschwemmung Westdeutschlands durch amerikanische Kitsch- und Gangsterfilme ist aber nach unserer Ansicht aus zwei Gründen schädlich: Erstens weil sie durch ihren Inhalt
({3})
verderblich wirken und mit unseren deutschen Vorstellungen von Filmkunst gar nichts zu tun haben, sondern nur bewirken, daß unsere eigene deutsche kulturelle Entwicklung auf dem Gebiete des Films schwer beeinträchtigt und behindert wird; zweitens weil durch diese Überschwemmung die Filmwirtschaft in Westdeutschland in große wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. denen im Interesse unserer eigenen kulturellen Entwicklung Einhalt geboten werden muß.
Aus diesen Gründen können wir dem vorliegenden Gesetz nicht zustimmen.
({4})
Weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache liegen nicht vor. Damit ist die allgemeine Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf die §§ 1 bis 21, Einleitung und Überschrift. - Das Wort ist dazu nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen auch nicht vor. Wir können also unmittelbar abstimmen.
Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; gegen wenige Stimmen angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem in dritter Beratung angenommenen Gesetz im ganzen zustimmen, sich von den Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Gegen sechs Stimmen mit großer Mehrheit angenommen. Damit ist auch dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Wir kommen zu Punkt 23:
Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes auf Aufhebung des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 10. November 1933, des sogenannten Führererlasses vom 21. Dezember 1938 und der Verordnung über den Arbeitseinsatz vom 25. März 1939 ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({1}) ({2}).
({3})
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Kuntscher.
Kuntscher ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Arbeit hat sich in seiner Sitzung am 27. Juni 1952 mit der Drucksache Nr. 1270 betrefend einen Gesetzentwurf der SPD vom 29. Juli 1950 beschäftigt und stellt den Antrag, diesen Antrag der SPD für erledigt zu erklären. Der Beweggrund, der zur Stellung dieses Antrags geführt hat, ist bereits entfallen. Der Antrag verlangt die Aufhebung des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 10. November 1933. Weiter bezweckte dieser Antrag die Aufhebung des sogenannten Führererlasses vom 21. Dezember 1938 und der Verordnung über den Arbeitseinsatz vom 25. März 1939. Diese Aufhebungen sind durch das Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 10. März 1952 bereits erfolgt. In § 53 Abs. 2 des genannten Gesetzes zur Errichtung eines Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung heißt es, daß ab 1. Mai 1952 die diesem Gesetz entgegenstehenden Vorschriften mit den zu ihrer Durchführung ergangenen Bestimmungen außer Kraft treten. Damit ist nach einstimmiger Auffassung des Ausschusses für Arbeit der Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 10. November 1933 außer Kraft gesetzt und dem Antrag Drucksache Nr. 1270 in dem einen Punkt entsprochen.
Unter Abs. 2 des § 53 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt folgt dann nach dem Wort „insbesondere" ein Katalog von Erlassen und Verordnungen, die gleichfalls außer Kraft treten. In diesem Katalog sind unter Ziffer 3 der sogenannte Führererlaß unter der amtlichen Bezeichnung ,.Erlaß über die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 21. De({5})
zember 1938" und unter Ziffer 4 die „Verordnung über den Arbeitseinsatz vom 25. März 1939" namentlich angeführt. Damit ist auch den beiden anderen Punkten des Antrags Drucksache Nr. 1270 entsprochen.
Ich bitte das Hohe Haus, dem einstimmigen Ausschußbeschluß beizutreten und den Antrag auf Drucksache Nr. 1270 „als erledigt zu erklären."
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Der Ältestenrat hat empfohlen, in diesem Fall auf eine Aussprache zu verzichten. Ich rufe auf § 1, - 2, - Einleitung und Überschrift. - Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Gesetzentwurf ist abgelehnt.
Wir kommen nun zu dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 3565. Dieser Antrag ist eigentlich durch die vorausgegangene Abstimmung erledigt. Damit es aber ganz klar ist, möchte ich auch darüber abstimmen lassen. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag des Ausschusses, den Gesetzentwurf für erledigt zu erklären, zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Der Antrag des Ausschusses ist angenommen. Damit ist das Gesetz in zweiter Beratung erledigt.
Wir kommen nun zu einem neuen Punkt der Tagesordnung, zu Punkt 24:
Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der §§ 1274 ff. der Reichsversicherungsordnung ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({1}) ({2}) der Drucksachen; Änderungsanträge Umdrucke Nrn. 581, 585, 629, 633).
({3})
Der Ältestenrat schlägt Ihnen für die dritte Beratung eine Gesamtredezeit von 60 Minuten vor. - Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an.
Wir treten jetzt in die zweite Beratung ein.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Winkelheide zur Berichterstattung.
Winkelheide ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Drucksache Nr. 3461 zur Änderung der §§ 1274 und 1279 der RVO geht auf den Antrag der SPD-Fraktion Nr. 2693 vom 16. Oktober 1951 zurück, der in der 172. Sitzung des Bundestags behandelt wurde. Ich möchte die Materie nicht noch eingehend darstellen, weil sie zur Genüge in der 172. Sitzung diskutiert worden ist. Alle Parteien waren sich damals einig, daß die Ruhensvorschriften überprüft werden müssen. Die Deckung der bei Durchführung des SPD-Antrags entstehenden Kosten bedeutet einen Mehraufwand von 145 Millionen DM, wovon 64 Millionen von den Versicherungsträgern und rund 81 Millionen vom Bund aufgebracht werden müssen. Der SPD-Antrag Nr. 2693 wurde im Ausschuß eingehend beraten. In 15 Sitzungen stand diese Materie zur Beratung. In der 116. Sitzung wurden sogar Sachverständige gehört, und es wurde ein Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Ruhensvorschriften gegeben, die zu jeder Zeit gependelt haben und teilweise sogar den Fürsorgegedanken stärker als den echten Versicherungsgedanken betont haben. Auch in dieser Sitzung war der Ausschuß einstimmig der Auffassung, daß eine
Überprüfung stattfinden müsse. Die Koalition betonte aber, daß eine Deckung vorhanden sein muß.
Die Bemühungen gingen dann weiter, und in der 132. Sitzung bat Herr Arbeitsminister Storch, daß man den Antrag noch für kurze Zeit aussetzen solle, um die Deckung zu finden. In der Sitzung vom 13. Juni wurde nun der Antrag beraten, und Herr Minister Storch machte den Vorschlag einer Teilregelung. Die CDU brachte dann einen Änderungsantrag ein, und so kam die alte Drucksache Nr. 3461 zustande. Diese Drucksache hat in der 219. Sitzung vorgelegen und ist dann auf Grund interfraktioneller Verständigung dem Ausschuß rücküberwiesen worden.
Der Sozialpolitische Ausschuß hat sich daraufhin in der 145. Sitzung nochmals mit dem Antrag befaßt. Herr Arbeitsminister Storch gab zur Erwägung, in Art. I den Abschnitt c) zu streichen, und begründete das damit, daß, wenn diese Regelung durchgeführt werden sollte: wenn die Renten auf Folgen von verschiedenen Umständen beruhen, dies zu großen Härten führen könnte. Infolgedessen hat die Koalition den Antrag gestellt, den Abschnitt c) zu streichen. Dieser Antrag wurde mit 11 gegen 9 Stimmen angenommen; die anderen Änderungsanträge wurden abgelehnt. Auf Vorschlag des Vertreters von Berlin wurde die Berlin-Klausel eingebaut, und so kam die Ihnen vorliegende Drucksache 3461 ({5}) zustande.
Diese Vorlage - das war auch die Auffassung der Mehrheit des Ausschusses - gibt keineswegs eine ideale Lösung und beseitigt nicht alle Härten, sondern mildert sie nur; darüber war man sich im Ausschuß klar. Aber diese Vorlage hat nach Auffassung der Mehrheit des Ausschusses auch Vorteile. Zunächst ruht die Rente, wenn §§ 1274 und 1279 angewendet werden, nicht mehr zu 50 %, sondern nur zu 25 %. Ferner bietet diese einfache Lösung eine schnelle Erledigung für die Versicherungsanstalten, und der Rentner kommt eher in den Besitz der Nachzahlung.
Das Beispiel, das der Kollege Meyer in der 172. Sitzung hier vorgetragen hat, möchte ich kurz erläutern. Kollege Meyer hat damals folgendes Beispiel angeführt. Ein Rentner bezieht eine Unfallrente von 60 DM. Er hat einen Anspruch auf eine Invalidenrente von 70 DM. Das sind zusammen 130 DM. Bei Anwendung von § 1274 alter Fassung ruht die Invalidenrente zu 50 %. Es werden also 35 DM abgezogen, und der Rentner erhält 95 DM. Wenn der vorliegende Gesetzentwurf angenommen wird, verhält es sich wie folgt. Die Unfallrente beträgt 60 DM, die Invalidenrente 70 DM. Von 70 DM ruhen nach der neuen Fassung des § 1274 nur 25 %, also 17,50 DM. Der Rentner bekommt daher 112,50 DM ausgezahlt, d. h. 17,50 DM mehr. Dasselbe gilt für § 1279 im Hinblick auf die eigene Versicherung.
Nach Erklärung des Herrn Arbeitsministers ist die Deckung vorhanden. Diese Erklärung ist im Ausschuß abgegeben worden. Im Namen des Ausschusses darf ich Sie bitten, der Vorlage zuzustimmen.
({6})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Das Wort hat Herr Abgeordneter Meyer ({0}).
Die neue Fassung des § 1274 der Reichsversicherungsordnung, wie sie
({0})
uns heute zur Entscheidung vorliegt, wird, wie schon der Berichterstatter hervorgehoben hat, die Hunderttausende, die auf eine gute Lösung dieses Problems warten, in keiner Form befriedigen. Ich habe hier eine Zahl der Knappschaftsversicherung, um einmal ein Beispiel zu geben, wie sich diese Bestimmungen jahrelang ausgewirkt haben und welche großen Härten hier vorhanden waren und weiter sind. Diese statistische Aufstellung besagt, daß bei der Knappschaftsrente rund 40 % aller Fälle zum Ruhen gebracht werden und bei der Knappschaftsvollrente sogar 91,24 %. Diese Zahlen zeigen die ungeheure Auswirkung dieser Bestimmungen. Die Ruhensbestimmungen wurden im Zusammenhang mit verschiedenen Gesetzen angesprochen; ich erinnere an den § 2 des Rentenzulagegesetzes und den § 7 des Unfallrentenerhöhungsgesetzes. Auch in anderen Anträgen wurde wiederholt die Frage der Unhaltbarkeit und Ungerechtigkeit der Ruhensbestimmungen angeführt. Die sozialdemokratische Fraktion bedauert, daß sich die Mehrheit dieses Hauses nicht zu einer grundsätzlichen Lösung des Problems durchringen konnte, sondern, wie schon der Kollege Winkelheide als Berichterstatter festgestellt hat, nur gewillt ist, in etwa eine Milderung des bestehenden Zustands vorzunehmen. Grundsätzlich wäre also notwendig gewesen, eine Angleichung an das Versicherungsprinzip, das so oft betont wird, vorzunehmen. Aus diesen grundsätzlichen Erwägungen bieten wir - ohne die ganze Materie noch einmal erschöpfend zu behandeln; das Haus ist zum ersten Mal vor 9 Monaten in die Beratung dieses Problems eingetreten - auf Umdruck Nr. 629 eine neue Formulierung an. Bei dieser Gelegenheit möchte ich feststellen, daß Umdruck Nr. 581 damit überholt ist.
Wir schlagen noch einmal für den § 1274 der Reichsversicherungsordnung folgende Fassung vor, wie sie in Umdruck Nr. 629 angeführt ist:
Neben den Verletztenrenten aus der Unfallversicherung ruhen die Renten aus der Rentenversicherung, soweit die Gesamtbezüge 90 v. H.
des Jahresarbeitsverdienstes übersteigen.
Das wäre also eine grundsätzliche Lösung in der Richtung, daß man vom Versicherungsprinzip ausgeht und sagt: nur 90% des in Frage kommenden Jahresarbeitsverdienstes werden herangezogen, da man einem Rentner - das ist auch unsere Auffassung -nicht mehr geben kann als demjenigen, der noch in Arbeit steht. Dieser Vorschlag, den wir heute noch einmal zur Aussprache und Abstimmung stellen, bietet nach unserer Überzeugung die Gewähr einer größeren Gerechtigkeit und verhindert auch, daß Renten gezahlt werden, die über dem Niveau des in Arbeit Stehenden liegen. Durch diese Formulierung wird auch ein großer Teil Verwaltungsarbeit eingespart, die durch die ganze Komplizierung des Rentenzulagegesetzes, Unfallrentenerhöhungsgesetzes usw. usw. in die Materie der Ruhensbestimmungen hineingebracht worden ist.
Für den Fall, daß die Mehrheit des Hauses nicht bereit sein sollte, auf den Boden dieser grundsätzlichen Regelung zu treten, haben wir einen Eventualantrag vorbereitet, den Sie im gleichen Umdruck Nr. 629 finden. Dieser Eventualantrag, den ich gleich mitbehandeln möchte, um Zeit zu ersparen, sagt weiter nichts, als daß die sozialdemokratische Fraktion einen Antrag aufnimmt, der in den neun Monate langen Ausschußberatungen von der Regierungskoalition selber eingebracht wurde und schon in der alten Drucksache Nr. 3461 in der 220. Sitzung anstand und dann auf Wunsch des Herrn Bundesministers für Arbeit von der Tagesordnung abgesetzt wurde, um noch einmal im Sozialpolitischen Ausschuß behandelt zu werden.
In der alten Drucksache Nr.3461 finden Sie unter 1 c) diese Formulierung, die folgenden Wortlaut hat:
Wenn die Invalidenrente und die Verletztenrente aus der Unfallversicherung auf verschiedenen Folgen von Umständen beruhen, wird
die Invalidenrente unverkürzt gewährt. Dieser Antrag hätte, wie uns gesagt wird, eine Ungerechtigkeit bedeutet. 50 % aller Betroffenen - das darf ich aus meiner Kenntnis der Dinge und dem Nachgehen dieser Frage sagen - wären dann in den Genuß der beiden Renten gekommen. Schon aus dem Grunde, weil diese 50% des betroffenen Kreises die Personen sind, die niedrige Unfallrenten bekommen, ist es keine Ungerechtigkeit; denn derjenige, der aus einem Berufsunfall sofort invalide geworden ist, bekommt - das weiß jeder aus der Praxis der Dinge - eine viel höhere Unfallrente als derjenige, der eine kleine Unfallrente bekommt.
Diesen neuen Antrag haben die Regierungsparteien fallen lassen. Das ist, glaube ich - ich darf das hier aussprechen, ohne jemandem zu nahe zu treten -, nicht wegen dieser Ungerechtigkeit, nicht aus diesen ethischen Gründen vorgenommen worden, sondern ich glaube, finanzielle Erwägungen haben hierbei eine Rolle gespielt. Der Bundesminister für Arbeit nannte die Zahlen von 7 Millionen DM, die vom Bund, und 6 Millionen DM, die von den Rentenversicherungsträgern zur Durchführung dieser Bestimmung aufzuwenden wären. Es ist sehr eigenartig und fast paradox zu nennen, daß am Schlusse der heutigen Tagesordnung ein Antrag der Regierung auf eine 20%ige Heranziehung der Rentenversicherungsträger für die Durchführung des Rentenzulagegesetzes steht. Hier ergibt sich für die Rentenversicherungsträger eine Summe von ungefähr 180 Millionen DM, die aufgebracht werden sollen.
Um diesen großen Kreis, Hunderttausende von Betroffenen, zu befriedigen, ist man nicht bereit, den Rentenversicherungsträgern die Summe von 6 Millionen DM zuzumuten, und auf der anderen Seite sollen sie 182 Millionen DM aufbringen. Diese Feststellung muß in bezug auf Ihre Ablehnung gemacht werden.
Eine gleiche Vergünstigung, wie Sie selbst sie ursprünglich in Ihrem Abs. 6 wollten, wollen wir - das besagt ein weiterer Eventualantrag, wenn Sie unseren ersten grundsätzlichen Antrag ablehnen - nun wenigstens für die durch Berufskrankheiten invalide Gewordenen gewähren. Deshalb unsere Forderung:
Wenn die Verletztenrente aus der Unfallversicherung auf einer Berufskrankheit beruht, wird die Invalidenrente unverkürzt gewährt. Übersteigen beide Renten 90 v. H. des Jahresarbeitsverdienstes, so ruht die Invalidenrente entsprechend.
Ich will es mir versagen, Ihnen klarzumachen, daß die Frage der Berufskrankheit in immer stärkerem Maße in den Mittelpunkt der Sozialpolitik rückt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die „Fünfte Verordnung über die Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten" und die sehr umfangreiche, detaillierte Eingabe von
({1})
36 Staaten an das Internationale Arbeitsamt, in der die Frage der Berufskrankheiten ebenfalls angesprochen wird. Es wäre logisch, daß wir, wenn wir den Katalog über Berufskrankheiten erweitern - und das hängt mit den neuen Arbeitsmethoden, mit den neuen Werkstoffen usw. zusammen -, dann auch nach der versicherungstechnischen Seite hin daraus die Konsequenzen ziehen. Auf der einen Seite will man die Erweiterung durch die Fünfte Verordnung, und dann unterwerfen Sie die so Betroffenen den Ruhensbestimmungen mit den katastrophalen Auswirkungen. Eine solche Sozialpolitik werden die Menschen , draußen nicht verstehen. Aus der ganzen Entwicklung müssen Sie unseren Vorschlägen wenigstens auf diesem Gebiet folgen. Ich darf Sie deshalb ernsthaft bitten, unserem Antrag zugunsten der durch eine Berufskrankheit Betroffenen Ihre Zustimmung zu geben.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Gundelach.
Meine Damen und Herren! Wir Kommunisten haben bereits früher bei passender Gelegenheit hier durch unsere Redner zum Ausdruck bringen lassen, daß wir für die völlige Beseitigung der Ruhensvorschriften sind.
({0})
- Ja, aber andere haben nicht konsequent gehandelt, und andere wollen auch, wie Sie, Herr Berichterstatter, es zum Ausdruck gebracht haben, in dieser Stunde noch nicht konsequent handeln und den berechtigten Forderungen dieses Personenkreises, der in die Millionen geht und von dem der allergrößte Teil in der bittersten Not lebt, mit dem vorliegenden Gesetz nicht Rechnung tragen. Sie geben zwar etwas zu, aber so wenig, daß der betroffene Personenkreis auch dabei nicht existieren kann. Darum haben wir den von mir zu vertretenden Antrag gestellt, der folgendermaßen lautet:
Art. I Nr. 1: § 1274 ist zu streichen.
Art. I Nr. 2: § 1279 ist zu streichen.
Dieser Antrag ist absolut berechtigt, weil damit der von uns wiederholt erhobenen Forderung auf Beseitigung der Ruhensvorschriften Rechnung getragen wird. Wenn Sie also Mut haben, Herr Berichterstatter, stimmen Sie diesem unserem Antrag zu. Damit handeln Sie im Interesse der Millionen jener, die heute nicht wissen, wovon sie leben sollen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Über den Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei haben wir im Sozialpolitischen Ausschuß ausführlich und gründlich diskutiert. Ich bin mit dem Begründer des SPD-Antrags in dem Bedauern einig, daß wir eine grundsätzliche Lösung im Ausschuß nicht finden konnten. Ich muß aber sagen, die Opposition in diesem Hause, die jetzt erfreulicherweise so oft vom Versicherungsprinzip und von dessen Anerkennung spricht, wäre wahrscheinlich nicht bereit gewesen, die konsequente Durchführung der Rechte nach dem Versicherungsprinzip mit uns zu beschließen. Darauf allein kann es doch nur ankommen.
Wenn meine Fraktion hierzu keine Anträge gestellt hat, so deshalb, weil wir bei dem Mehrheitsverhältnis und der Meinungsbildung im Ausschuß, vor allem aber auch bei der Stellungnahme des Herrn Bundesministers für Arbeit, bedauern, daß eben diese grundsätzliche Lösung bei diesem Gesetz wie bei anderen nicht möglich war. Wir bedauern, daß der Herr Arbeitsminister auch bei diesem Prinzip die grundsätzliche Lösung auf die Reform von morgen verschoben hat, auf jene Reform, auf die alle Grundsatzfragen immer wieder verschoben werden, obwohl wir wohl alle in diesem Hause in diesen Jahren bitter schwer erkannt haben, daß in dem großen Komplex der Sozialgesetzgebung eine Reform an Haupt und Gliedern so von heute auf morgen nicht möglich sein wird und nicht möglich sein kann, wenn wir nicht bereit sind, diese Grundsätze bei jedem Gesetz, das wir beschließen, bei jeder Reform, bei jedem Stück Sozialpolitik, das wir hier anfügen, auch wahrhaft zu verwirklichen.
Die Anträge, die hier gestellt worden sind, wären dann berechtigt, wenn man bereit wäre, sich auch über die Grundgedanken klarzuwerden, nach denen hier nach den Grundsätzen des Versicherungsprinzips wahrhaft auf die, die noch auf die Versicherung vertrauen und die wir durch jahrzehntelange Aufklärung zur Selbstverantwortung erzogen haben, eingewirkt werden könnte. Aber praktisch, meine Herren und Damen, ist es doch so, daß hier eine einheitliche Regelung gleichermaßen für die Invaliden- und die Angestelltenversicherung sozusagen kollektiv getroffen wird. Durch die schnelle Erledigung - ich sage „schnelle" -, durch die Verweisung auf Verwaltungsvorschriften, die bei sozialpolitischen Reformen gar nicht entscheidend sein dürfen, wird an dem Kernproblem, nämlich an der belastenden Hypothek, an den Schritten, die beim Sozialversicherungsanpassungsgesetz in Entwicklung zur Staatsbürgerversorgung getan worden sind, nicht nur stehengeblieben, sondern diese Schritte werden immer weitergegangen, und die Verkoppelung des Prinzips der Versorgung mit dem der Versicherung wird immer mehr vertieft. Wir bedauern das auch, weil ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Anspruch desjenigen besteht, der aus eigener Leistung in einer echten Versicherung Ansprüche erworben hat, und dem Anspruch desjenigen, der mit seiner Rente ein Stück der staatsbürgerlichen Versorgung und der Fürsorge des Staates empfängt. Seit langem ist in der Sozialversicherung, in der Invalidenversicherung der Staatszuschuß so groß, daß er fast ein Viertel der Rente ausmacht. Man muß berücksichtigen, daß in der Invalidenversicherung vom Staat ja nicht nur der Grundbetrag gegeben wird, sondern auch die Zuschläge zum Sozialversicherungsanpassungsgesetz, die Aufstockung zur Mindestrente und schließlich die Teuerungszulagen. Die Grundbeträge plus Aufstockung zur Mindestrente machen den größten Teil der Ansprüche bei den vielen kleinen Renten aus, die hier schon praktisch aus dem Säckel des Steuerzahlers gegeben werden. Deshalb ist es gefahrvoll, Herr Arbeitsminister, wenn man meint, man könne die Regelung des § 1274 mit der des § 1279 gleichsetzen. Viele Angestellte und vor allen Dingen eine große Anzahl der weiblichen Angestellten haben aus echter Verantwortung ihre Versicherung selbst dann fortgesetzt, wenn sie heirateten oder wenn sie vorübergehend nicht berufstätig waren. Die freiwillig Versicherten haben unter Verzicht auf mancherlei Genüsse des Lebens ihre Angestelltenversicherungsmarken geklebt. Ich hoffe, auch mit der Opposition
({0})
darin einig zu sein, daß es ein Unterschied ist, ob jemand die freiwillige Weiterversicherung getragen hat, oder ob er etwas aus dem Säckel des Staates und damit aus dem Säckel aller Steuerzahler erhalten hat, was nicht nach dem Versicherungsprinzip, sondern nach dem Prinzip der Fürsorge und der Versorgung ein Rechtsanspruch sein soll.
Deshalb bedauern wir es, Herr Arbeitsminister, daß Sie der Auffassung waren, dies wäre eine schnelle und bessere Lösung. Meine Freunde begrüßen natürlich, daß ein Teil derjenigen, die es nicht begreifen können, daß bei einem Anspruch auf Doppelrente solche Kürzungen möglich sind, wenigstens ein Viertel mehr erhalten wird. Aber sie bedauern noch viel mehr, daß jener Grundsatz des Vertrauens zur Versicherung immer weiter untergraben wird, weil diejenigen, die echte Mitglieder der Versicherung waren und die wahrhaft auf das Versicherungsprinzip bauten, sich bei dieser Regelung wiederum als Betrogene fühlen müssen. Wir haben die Hoffnung, daß das Wort, das Sie uns gegeben haben, Herr Arbeitsminister, daß diese Änderung des § 1279 RVO eine vorläufige, sozusagen eine Eillösung sein soll, eine sozialpolitische Hilfeleistung an diejenigen, die aus der Doppelrente durch die Kürzung Not gelitten haben, bestehen bleibt und daß wir noch in diesem Hause in dieser Sitzungszeit dazu kommen werden, die endgültigen Reformpläne - von denen Sie sprachen - der Rückkehr zum Versicherungsprinzip ohne jede nivellierende und gleichmachende Tendenz nach den echten Prinzipien der Selbstverwaltung und der Selbstverantwortung zu verwirklichen, damit derjenige, der Beiträge geleistet hat, höhere Leistungen empfangen soll als derjenige, der sich auf die Fürsorge des Staates verlassen hat.
Unter diesen Voraussetzungen stimmen wir der Regierungsvorlage bzw. dem Gesetz zur zweiten Lesung zu und lehnen die Anträge der Opposition ab.
({1})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Döhring.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich glaube kaum, daß die vielen Tausende von Frauen, die draußen nun schon seit Monaten auf die Regelung dieser Frage warten und meinen, daß sie mit der ihnen rechtlich zustehenden Rente endlich ihren Lebensunterhalt besser fristen könnten, mit den Ausführungen, die hier eben von Frau Kalinke gemacht wurden, zufriedengestellt werden.
({0})
Schon bei Einbringung dieses Gesetzentwurfs wurde auf das große Unrecht und die unsozialen Auswirkungen des Ruhens eines Teiles der Renten, insbesondere für die verwitweten Frauen, hingewiesen. Auf Grund von Äußerungen, die gerade Frau Kalinke in der ersten Lesung bei der Einbringung dieses Gesetzes von diesem Platze aus gemacht hat, hatten wir die Hoffnung, daß wir im Ausschuß eine Mehrheit für den Antrag auf Streichung des § 1279 der Reichsversicherungsordnung finden würden.
({1})
Leider hat sich aber unsere Hoffnung nicht erfüllt. Der Ausschuß hat sich nur zur hälftigen Beseitigung der Rentenkürzungen bereitgefunden.
({2})
Die sozialdemokratische Fraktion kann sich im Interesse der vielen betroffenen Frauen damit nicht zufriedengeben und stellt deshalb heute erneut den Antrag, den § 1279 zu streichen.
Meine Herren und Damen, nur ganz kurz, aber mit allem Ernst möchte ich noch einmal darlegen, wie ungerecht es ist, den Frauen weiterhin den Rechtsanspruch vorzuenthalten, den sie durch Zahlung von doppelten Beiträgen aus eigener Kraft erworben haben. Diese Beiträge, von den Ehefrauen zumeist unter größten Opfern aufgebracht, wurden doch bezahlt im Vertrauen zum Recht und mit dem Willen, sich für das Alter oder die Invalidität einigermaßen zu sichern, um nicht der Allgemeinheit zur Last zu fallen. Die diese Beiträge leisteten, wurden jedoch' bitter enttäuscht; denn die Sozialversicherungen haben diese vollen Beiträge der Versicherten wohl entgegengenommen, gewähren aber nur die Hälfte der den Frauen rechtlich zustehenden Renten. Die Sozialversicherungen verschaffen sich also auf Grund der bestehenden Gesetze nachträglich einen Vorteil auf Kosten der Frauen, ohne Rücksicht auf die Versicherten, die dann zur Wohlfahrtsfürsorge gehen müssen, weil eben das, was sie bekommen, zum Leben nicht ausreicht. Sie müssen also das tun, was sie durch ihre freiwillige Beitragszahlung vermeiden wollten, und letzten Endes muß dann doch der Staat irgendwie die fehlenden Unterhaltsmittel aufbringen. Ganz gewiß wäre es doch gerechter, einfacher und versicherungsrechtlich sauberer, den erworbenen Rechtsanspruch auf die vollen Renten zu erfüllen. Damit würde ein großes altes Unrecht beseitigt und endlich wieder ein Rechtszustand geschaffen, der die notwendige Folge des geltenden Versicherungsprinzips ist.
Schließlich haben wir doch alle ein Interesse daran, daß die aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Ehefrauen ihre Versicherung freiwillig aufrechterhalten, um im Alter nicht zur Fürsorge gehen zu müssen, oder, was nicht minder wichtig ist, bei einem notwendig werdenden Wiedereintritt in die Berufsarbeit mit der Rentenversicherung nicht von vorn anfangen zu müssen. Wer durch Krankheit oder Tod des Ehemannes wieder berufstätig werden mußte, der weiß sehr wohl, wie wichtig es ist, wenn man die Rentenversicherung und die Anwartschaft aufrechterhalten hatte. Meine Herren und Damen, Sie werden mir doch aber zugeben, daß wir den Frauen diesen Rat, das Opfer der freiwilligen Beitragszahlung auf sich zu nehmen, nur dann mit gutem Gewissen geben können, wenn wir die Rentenkürzungsvorschriften endlich beseitigen, so daß die Frauen wieder die Gewißheit haben können, daß sie für ihre Beiträge auch die vollen Renten bekommen.
Sicherlich haben Sie alle schriftlich und wahrscheinlich auch mündlich Bitten von Frauen bekommen, die dahin gehen, die Kürzungen der Renten endlich aufzuheben, weil eben diese Frauen auf die Beträge zum Lebensunterhalt dringend angewiesen sind. Ich möchte Sie deshalb heute noch einmal namens dieser Frauen ebenso herzlich wie dringend bitten, dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Streichung der Ruhensvorschriften für Renten nach § 1279 der Reichsversicherungsordnung zuzustimmen, d. h. jenen Frauen die ihnen rechtlich zustehenden Renten zu gewähren und damit ein Vertrauen zum Recht wiederherzustellen.
({3})
Das Wort hat der Herr Bundesarbeitsminister.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon bei der Behandlung des Rentenzulagengesetzes vor einigen Monaten haben wir uns über die Fragen der Ruhensvorschriften aus den §§ 1274, 1275 und 1279 der Reichsversicherungsordnung unterhalten. Wir sind damals zu der Überzeugung gekommen, daß die größere Notlage an erster Stelle dort gegeben sei, wo die Menschen aus einer Rente leben müssen. Wir haben damals im Rahmen des Rentenzulagengesetzes, obwohl diesbezügliche Anträge auch vorlagen, eine andere Entscheidung getroffen. Dann ist der neue Antrag gestellt worden, der insgesamt einen Kostenaufwand von über 140 Millionen DM erforderte. Von diesen 140 Millionen DM wären aus Steuermitteln ungefähr 80 Millionen und aus den Mitteln der Versicherungsträger 60 Millionen DM aufzubringen gewesen.
Selbstverständlich hatten mein Ministerium und ich selbst auch die Verpflichtung, mit dem Finanzminister und mit den Vertretern der Versicherungsträger über die Finanzierungsmöglichkeiten von beiden Seiten zu verhandeln. Es hat selbstverständlich allerlei Schwierigkeiten gemacht, mit beiden Seiten für eine Regelung der hier gestellten Anträge die Deckung zu bekommen. Nun sagt man teilweise, ein derartiger Kostenaufwand von 30 Millionen DM für die Versicherungsträger ist ja gar nicht so bedeutend. Bei dem heutigen Kassenstand der Versicherungsträger wäre man wohl imstande, diese Gelder aufzubringen. Jeder von Ihnen weiß doch aber, daß gerade die Versicherungsträger der Rentenversicherungen nicht nur nach ihrem derzeitigen Kassenbestand eingeschätzt werden dürfen, sondern auch in einem gewissen Umfange nach ihrer versicherungsmathematischen Grundlage. Ganz vor kurzem erst hat in München eine Tagung der privaten Versicherungsgesellschaften stattgefunden, die in aller Offenheit gesagt haben: Ja, in der Rentenversicherung des Staates - also in den Rentenversicherungen der Angestellten und der Invaliden -, da haben wir versicherungsmathematisch heute ein Defizit von 50 Milliarden DM.
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- Ja, wohin es gekommen ist, ist eine Frage für sich,
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aber wenn man hergehen will und den Versicherungsträgern wieder eine Grundlage geben will, dann darf man eben keine Politik von heute auf morgen machen,
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sondern muß eine Politik betreiben, die auch dem heute beitragzahlenden Menschen die Gewißheit gibt, daß ihm später seine Rente gezahlt werden kann.
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Herr Professor, Sie kennen j a den Lebensbaum unseres deutschen Volkes ebenso gut wie ich und Sie wissen genau so gut wie ich, in welch eminente Schwierigkeiten wir schon in 5 bis 10 Jahren kommen, um überhaupt die heute festgelegte Rentenhöhe beibehalten zu können. Meine Versicherungsmathematiker im Ministerium sagen mir in aller Offenheit: „Herr Minister, Sie stehen in spätestens zwei Jahren vor der Aufgabe, die Beiträge um 50 % zu erhöhen, wenn die heutigen Leistungen aufrechterhalten werden sollen, oder aber die Leistungen um ein Drittel herunterzusetzen, wenn die heutigen Beiträge bleiben sollen."
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Daß wir das überhaupt nicht können, wissen wir. - Herr Kollege Richter, ich kenne Ihre Auffassung über diese Dinge sehr gut. Wir haben uns schon auf den verschiedensten Ebenen darüber unterhalten, ob man auch in einer Rentenversicherung das Prinzip der Gegenseitigkeit anwenden kann. Ich glaube, es gibt keinen ernst zu nehmenden Versicherungsmathematiker, der sagt, daß man ohne irgendwelche Sicherstellung der heute Versicherten in die Zukunft gehen kann.
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Die Menschen, die nach uns kommen, würden uns die allergrößten Vorwürfe machen.
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Es ist auch nicht so, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie es draußen in den Versammlungen des öfteren hingestellt wird, als wenn die heutigen Ruhensvorschriften Auswirkungen der sogenannten Notverordnungszeit wären. Alle, die diese Probleme seit ihrem Entstehen kennen, wissen, daß wir Ruhensvorschriften immer gehabt haben. Als im Jahre 1889 die erste Regelung getroffen wurde, ging sie dahin, daß aus der Invalidenversicherung nur der Betrag zu zahlen sei, der, wenn eine Unfallrente gezahlt wurde, bis zur vollen Höhe der Invalidenrente fehlte. Angenommen, es hatte jemand einen Rechtsanspruch auf 50 Mark Invalidenrente, und er bekam 40 Mark Unfallrente, dann hatte ihm die Invalidenrente 10 Mark zuzuzahlen.
Im Jahre 1926 kam eine Neuregelung; da ging man von der Frage aus, zu welchem Teil die Arbeitsunfähigkeit auf dem Unfall beruhte, und für den restlichen Teil wurde die Rente von der Rentenversicherung bezahlt. Im Jahre 1931, in der Notverordnungszeit gingen wir auf die Regelung vom Jahre 1889 zurück, und im Jahre 1939 bekamen wir wieder die Regelung des Jahres 1926.
Alle diese gesetzlichen Regelungen sind davon ausgegangen, daß die Sozialversicherung der Arbeitnehmer etwas Einheitliches sei. Wir sind ja auf diesem Gebiet auch nicht stehengeblieben. Sehen wir uns doch einmal den zweiten Fragenkomplex an, der durch § 1279 RVO gegeben ist. Hier handelt es sich um das Zusammentreffen von eigenen Renten verwitweter Frauen mit den sogenannten Witwenrenten aus den Versicherungen ihrer verstorbenen Ehemänner. Vor dem Jahre 1911 gab es überhaupt keine Hinterbliebenenrente in der Invalidenversicherung. Dann haben wir die Witwenrente eingeführt und bei der Einführung der Hinterbliebenenrente, also auch der Witwenrente, im Jahre 1911 festgelegt, daß bei Zusammentreffen von zwei Renten die niedrigere völlig zu ruhen hat. Im Jahre 1924 wurde die neue Ordnung geschaffen, die wir jetzt haben, nach der die größere Rente voll und die zweite Rente zur Hälfte zu zahlen ist. Im Jahre 1931 hatten wir dann wieder den Rückfall in die Rechtszustände von 1911, also wiederum nur die höhere Rente. Und dann haben wir im Jahre 1939 wieder die Ordnung bekommen, wie sie im Jahre 1924 geschaffen worden war. Es handelt sich also bei der Regelung dieses Fragenkomplexes absolut nicht darum, daß wir nur das Unrecht, das aus der Notverordnungs({7})
zeit geblieben ist, auszugleichen hätten. Ich habe mir die größte Mühe gegeben für die Neuordnung dieser Paragraphen, weil auch ich in ihnen gewisse Ungerechtigkeiten sehe. Und die neue Ordnung, die wir Ihnen vorschlagen, sagt doch letzten Endes, daß überall dort, wo seither eine zweite Rente zur Hälfte geruht hat, sie in Zukunft nur noch zu einem Viertel ruht. Wir erhöhen also diese zweite Rente um 50 %. Das ist doch das Entscheidende.
Und dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, vergessen wir doch nicht, was wir selber gemacht haben! Wir sind damals beim Sozialversicherungsanpassungsgesetz im Wirtschaftsrat dazu übergegangen, Mindestrenten festzulegen, die sich j a hauptsächlich hier bei diesen Renten auswirken. Man hat mir einmal gesagt, daß mehr als 80 % der Witwenrenten im Lande Schleswig-Holstein heute die Mindestrenten seien. Wit haben damals gerade für diese niedrigeren Renten eine ganz wesentliche Zulage aus dem Beitragsaufkommen der Versicherten gemacht. Das ist ja das, was Frau Kalinke vorhin andeutete. Sie sagte, man könne in der echten Versicherungsleistung vielleicht noch mehr tun, wenn man nur die wirklich rechtlich erworbenen Ansprüche geltend machen könne. Und glauben Sie mir eines: ich habe mir lange Zeit die Frage überlegt und habe sie auch mit den Herren von Versicherungsträgern besprochen, ob wir, wenn zwei Renten zusammenfallen, eventuell dazu übergehen sollten, die rechtlich erworbenen Ansprüche, die aus der eigenen Beitragsleistung -das heißt auch aus der Beitragsleistung der Arbeitgeber! - sich ergeben, einsetzen. Und dann hat man mir gesagt: Herr Minister, dann senken Sie eine ganze Reihe jener Renten, die heute gezahlt werden, und das wollen wir doch nicht. Wir sind nun dazu gekommen, Ihnen vorzuschlagen, eine Verbesserung der zweiten Rente um 50% durchzuführen. Das bringt für den Finanzminister eine Verpflichtung von ungefähr 37 bis 38 Millionen Mark, und die Versicherungsträger haben überdies zu denselben Zwecken ungefähr 31 bis 32 Millionen DM zur Verfügung zu stellen.
Ich bin also der Meinung, wenn wir alles, was wir auf sozialpolitischem Gebiet in den letzten Jahren oder im laufenden Jahr getan haben, zusammenrechnen, dann wird draußen im Volke doch die Überzeugung wach werden, daß das Bestmögliche getan wird.
Aber nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Eventualanträge, die von der sozialdemokratischen Fraktion gestellt worden sind! Man sagt, man solle dann, wenn für die Arbeitsunfähigkeit zweierlei Gründe gegeben sind, beide Renten nebeneinander laufen lassen.
Ich glaube, wenn jemals auf sozialpolitischem Gebiet Unrecht geschaffen worden wäre, dann geschähe es hier. Stellen Sie sich doch bitte vor: Heute verunglückt ein Mann so, daß er zum kompletten Krüppel wird. Dann ist er arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit ist einseitig auf eine Ursache zurückzuführen, und ihm würde die zweite Rente um 25 % gekürzt. Derjenige aber, der heute einen Unfall erleidet und später durch eine andere Krankheit in Verbindung mit den Erschwernissen aus dem Unfall nun vollständig Invalide wird, bekäme nun die beiden Renten doppelt. Sie würden also denjenigen Menschen, der am schwersten geschlagen wird, im Leben schlechter stellen als denjenigen, der zwar auch geschlagen ist, aber lange nicht in dem Umfang,
Dazu kommt nun der Antrag, der wegen der Berufskrankheiten gestellt worden ist. Vergessen wir doch nicht, daß es noch gar nicht so lange her ist, als all die Menschen, die auf Grund ihrer Berufskrankheiten arbeitsunfähig wurden, nur ihre Invalidenrenten beziehen konnten. Wir haben ihnen nun auf das viel weitergehende Recht der Unfallversicherung Rechtsansprüche gegeben und zahlen ihnen nebenher die halbe Invalidenrente. Ich habe erst in der vorletzten Woche die erweiterte Verordnung über die Berufskrankheiten unterschrieben, wonach wir beispielsweise die schlimmste Art dieser Berufskrankkeit, die Silikose, in jedem Grad rentenberechtigt machen. Das ist ein großer Unterschied gegenüber dem früheren Zustand. Ich bin der Überzeugung, daß die Betroffenen absolut nicht der Meinung sind, daß sie schwerer geschlagen sind als der Mann, der heute unten im Bergwerk durch fallendes Gestein seine Glieder zerschlagen bekommt.
Wir sollten also hier eine Regelung treffen, die ich als vollständig gerechtfertig ansehe und die auch dem Versicherungsträger die Durchführung dieses Gesetzes so leicht wie möglich macht. Wenn nämlich ein derartiges Gesetz herauskommt, daß die Zweitrenten nur um 50 % erhöht werden, dann ist das für die Versicherungsträger eine Bagatelle. Wenn ich aber in jedem einzelnen Fall prüfen lassen will, ob eine Ursache für die Invalidität gegeben ist oder ob zwei zusammentreffen, dann bin ich der Überzeugung, daß in einem Jahr die Neuberechnung dieser Renten noch nicht durchgeführt ist.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Willenberg.
Meine Damen und Herren! Namens meiner politischen Freunde möchte ich erklären, daß wir zunächst dem Antrag der SPD Drucksache Nr. 2693 zustimmen. Für den Fall, daß dieser Vorschlag keine Zustimmung finden würde, haben wir den Änderungsantrag Umdruck Nr. 633 eingereicht.
Nach dem Vorschlag der Bundesregierung erhalten die Rentenempfänger, die wegen ihrer Vollinvalidität eine Unfallrente beziehen, zukünftig nur noch 50 % ihrer Unfallrente in Anrechnung gebracht. Wir verkennen nicht, daß diese Regelung eine Auflockerung der bisherigen Ruhensbestimmungen bedeutet und den Bezugsberechtigten eine Verbesserung bringt. Unter den Bezugsberechtigten befindet sich nun eine Gruppe von Rentnern, die auf Grund einer Berufskrankheit Unfallrente beziehen und die auch jetzt noch nach dem Vorschlag der Bundesregierung auf 50% ihrer Unfallrente verzichten müssen und daher auch zukünftig auf einen Teil ihrer Rechtsansprüche aus der Rentenversicherung verzichten sollen.
Die Zahl der Berufskrankheiten ist im Bergbau besonders groß. Die Bergleute bezeichnen ihre Berufskrankheit. die Silikose, als eine Geißel, und sie ist es in der Tat. In der Ruhrknappschaft wurden im Jahre 1940 1263 Silikosefälle anerkannt, im Jahre 1950 waren es 5425, und im Jahre 1951 hatte sich die Zahl erfreulicherweise auf 4261 verringert. Im ersten Halbjahr dieses Jahres sind es bereits 1715. Im Jahre 1950 wurde in 3779 Fällen Knappschaftsrente zuerkannt und in 4676 Fällen die Knappschaftsvollrente gewährt. Die Ruhensbestimmungen wurden in der Ruhrknappschaft in der
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Zeit vom Februar 1951 bis Juni 1952 bei der Knappschaftsrente in 37,94 % aller Fälle und bei der Knappschaftsvollrente in 91,24 % bei den gewährten Renten anerkannt.
Was sagen diese Zahlen? Diese Zahlen sagen, daß von jenen Bergleuten, die Silikose, Staublunge hatten, von diesen Rentenempfängern, von diesen Pensionären 91,24 % auf einen Teil ihrer wohlverdienten Rechte verzichten müssen.
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Bergleute, die in jungen Jahren mit Kohlengewinnungsarbeiten beschäftigt werden, sind in den besten Jahren invalide. Oft sind die von der Silikose Betroffenen nur 15 oder 20 Jahre mit Kohlengewinnungsarbeiten beschäftigt gewesen. Ihre Gesundheit ist hin, nur wenige Jahre vermögen sie noch zu leben und müssen dann eines oft qualvollen Todes sterben.
Meine Damen und Herren, als ich vor gut 40 Jahren aus der Schule kam und mit 80 Schulentlassenen den Weg ins Leben antrat, waren darunter 60 junge Leute, die die Grubenarbeit aufnahmen. Von diesen Grubenleuten unter meinen ehemaligen Schulfreunden, die die Bergwerksarbeit aufgenommen haben, lebt seit Jahren keiner mehr. Die übergroße Mehrzahl ist an Staublunge, an Silikose, eines qualvollen Todes gestorben. Diesen Opfern der Arbeit, die in einem großen Teil ihres Lebens nicht das Tageslicht sahen, die ihre Gesundheit opferten, diesen Menschen dürfen und können wir nicht die wohlerworbenen Rechte vorenthalten.
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Das gleiche gilt von den anderen Berufserkrankungen, jenen durch Blei, Kohlenoxyd, wie Hautkrebs, Hauterkrankungen und sonstige Infektionskrankheiten. Nicht zuletzt denke ich an die Preßlufterkrankungen, die sich in neuerer Zeit in ganz erheblichem Maße bemerkbar machen,
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in Muskelschwund und, was weiß ich, wie sich die Krankheit dort auswirkt. Wir haben in der letzten Zeit so oft, auch in diesem Hohen Hause, von sozialer Gerechtigkeit gehört. Gebt diesen Ärmsten der Armen wenigstens diese Gerechtigkeit!
Der Herr Minister hat vorhin gesagt, daß die Ruhensvorschriften schon seit dem Jahre 1889 vorhanden gewesen wären, und hat diese Entwicklung gezeigt. Herr Minister, es gibt auch eine andere Entwicklung, inwieweit die Unfälle in der Industrie und vor allen Dingen im Bergbau seit dem Jahre 1889 in der Entwicklung vorangegangen sind!
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Damals trugen die Bergleute noch das offene Bergmannslicht, und in einer Teufe von 100 bis 200 Meter waren sie mit den Kohlegewinnungsarbeiten beschäftigt. Heute steigen die Bergleute 1000 Meter und noch mehr in das Innere der Grube und schaffen dort diese schwarzen Diamanten zutage. Die Schwierigkeiten sind entschieden größer geworden und die Anforderungen an die Gesundheit dieser Menschen sind ebenso viel hoher geworden. Danken Sie diesen Leuten wenigstens, denen wir einen großen Teil unseres wirtschaftlichen Aufstiegs, den wir nach dem Zusammenbruch erlebt haben, verdanken, die ihre Gesundheit geopfert haben, indem Sie ihnen in Zukunft ihre wohlverdienten Rechte gewähren.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hammer.
Meine Damen und Herren! An dem neuen Antrag der Herren und Damen von der Sozialdemokratischen Partei ist nicht das Interessanteste, daß das Gebot um 10 Prozent billiger geworden ist,
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sondern die sehr schönen Ausführungen des Herrn Kollegen Meyer, der nämlich doch ganz deutlich darauf hingewiesen hat, daß auch die Sozialversicherung bei ihren Erwägungen über Versicherungsgerechtigkeit nicht über den Gedanken der Auffanggrenze hinwegspringen kann. Es ist eine absolute Notwendigkeit, da, wo die Alternative zwischen Erwerbsleben und Rente steht, an diese Auffanggrenze zu denken. Anders wäre j a doch nicht das Zurückgehen von Ihrem ersten Antrag auf Ihren zweiten Antrag zu verstehen.
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- Herr Kollege, Sie wissen doch als Sozialpolitiker, wie die Auffanggrenzen im allgemeinen in der deutschen Sozialversicherung und in der Fürsorge liegen. Glauben Sie also wirklich, daß man ernsthaft auf der Basis dieser 10 Prozent reden könnte? Das ist also gar nicht der Überlegung wert.
Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Willenberg ist zu sagen: zunächst einmal Respekt vor dem, der in der Lage ist, so ernsthaft und eindringlich das Schicksal und Los eines deutschen Bergarbeiters darzustellen, wie er das im Augenblick getan hat. Das ändert aber nichts an dem Grundsatz, den der Herr Arbeitsminister eben hier vorgetragen hat, und ich glaube auch nicht, daß der Herr Kollege Willenberg vorgehabt hat, etwa mit seinen eindringlichen Darstellungen zu sagen, daß der Herr Bundesarbeitsminister keinen Sinn für die Nöte der Ärmsten in Deutschland hätte. Es hat manchmal beinahe so geklungen.
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Wir hatten nicht die Absicht, die Grundsatzdiskussion über Versicherungs- und Fürsorgeprinzip nun wieder aufzunehmen und diese Platte endlos abspielen zu lassen. Man kann das doch nicht bei jedem sozialpolitischen Gesetz während vier Jahren machen. Wir bitten Sie: Lehnen Sie alle Änderungsanträge ab und nehmen Sie die Vorschläge, die Ihnen vom Ausschuß gemacht wurden, an.
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Das Wort hat der Abgeordnete Arndgen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei Beurteilung der Drucksache Nr. 3461 dürfen wir nicht vergessen, daß wir, so lange wir eine Sozialversicherung haben, auch Ruhensvorschriften kennen.
Mit Recht hat der Bundesarbeitsminister auf diese Ruhensvorschriften auch aus der Zeit verwiesen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Linken, als in der Weimarer Zeit Ihre Herren mit in der Regierung saßen. Wir haben es alle beklagt, daß es mit der Notverordnung vom Dezember 1930, die zu einer Zeit geschaffen wurde, in der wir Arbeitslosigkeit über Arbeitslosigkeit in Deutschland hatten, notwendig geworden ist, die Ruhensvorschriften so zu gestalten, wie sie zu unserem Be({0})
dauern jetzt in den §§ 1274 bis 1279 vorliegen. Wir sind gern bereit gewesen, mitzuarbeiten, um die Härten, die diese Paragraphen aus der Notverordnung vom Dezember 1930 aufweisen, herabzumindern, und zwar so herabzumindern, daß eine fühlbare Erleichterung eintritt.
Nun hat Herr Kollege Meyer davon gesprochen, daß die Invalidenrentner einen Rechtsanspruch aus der Versicherung hätten. Wenn wir dieser Auffassung, der wir im Grundsatz zustimmen, entsprechen wollten, dann müßten die Landesversicherungsanstalten, die Träger der Sozialversicherung, diese Renten - und auch in der Höhe, wie sie hier verlangt werden - auszahlen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren auch von der Linken, Sie wissen, daß uns die Träger der Rentenversicherung klipp und klar erklärt haben, sie wären nicht in der Lage, die erhöhten Sätze zu zahlen, die eine Änderung der §§ 1274 bis 1279 mit sich bringen. Also muß der Staat einspringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, daß der Staat, der von der Adenauer-Regierung geführt wird, auch in der Rentenversicherung schon Erhebliches geleistet hat.
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Wir haben aus Bundesmitteln für die Rentenversicherung im Haushaltsjahr 1950/51 627 Millionen DM zur Verfügung gestellt, und im Haushaltsjahr 1951/52 werden es 1120 Millionen DM sein. Diese Zahlen werden auf Grund des Gesetzentwurfs Drucksache Nr. 3461 um weitere 36 Millionen DM für den Bund erhöht werden. Es wird also von der öffentlichen Hand schon etwas getan auch für diejenigen, die unter die genannten Paragraphen fallen. Ich glaube, nachdem es gelungen ist, die jetzt vorliegende Fassung auf Drucksache Nr. 3461 zu erarbeiten, kann die CDU für sich in Anspruch nehmen, daß sie es gewesen ist, die für die Schaffung der Mittel in erster Linie tätig gewesen ist,
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während Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, noch gestern nicht für den Sozialhaushalt gestimmt haben,
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in dem die Mittel zur Verfügung gestellt sind, die Sie für die Menschen, die Sie hier angesprochen haben, verlangen.
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Ich bin der Meinung, daß den Rentnern nicht geholfen ist, wenn hier große Reden gehalten werden,
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sondern nur dann, wenn auch die Mittel zur Verfügung gestellt werden, die notwendig sind.
({6}) Sie haben gestern diese Hilfe abgelehnt.
({7}) - Verdrehung?
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- Sie haben sich gestern der Stimme enthalten, als der Etat des Bundesarbeitsministeriums zur Debatte stand.
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin mit dem Kollegen Willenberg darin einig, daß der Bergmann wohl von allen unseren Arbeitnehmern das schwerste Los trägt und daß er bei seiner Arbeit auch den stärksten Gefahren für seine Gesundheit ausgesetzt ist. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren und verehrter Herr Kollege Willenberg, ist denn nicht schon etwas für diese Leute getan worden? Haben Sie nicht gehört, daß der Herr Bundesarbeitsminister davon gesprochen hat, daß Berufskrankheit als Unfall anerkannt wird, daß er hier erklärt hat, er habe vor kurzem eine Verordnung unterschrieben, die die Silikose in allen Stadien als Berufskrankheit anerkenne? Damit ist doch folgendes erreicht:
Während früher diese Menschen zu 66 2/3 % erwerbsunfähig sein mußten, ehe sie in den Genuß der Invalidenrente kamen, erhalten sie heute die Unfallrente und zusätzlich noch drei Viertel ihrer Invalidenrente
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Es ist also doch etwas getan nach der Seite hin. Ich meine, daß mit der Drucksache Nr. 3461 das zur Zeit Mögliche erreicht ist, was getan werden kann, um diesem Personenkreis zu helfen. Ich bitte Sie daher, dieser Drucksache zuzustimmen.
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Meine Damen und Herren, darf ich einmal darauf hinweisen, daß wir immer noch bei dem Artikel I der Gesetzesvorlage sind. Ich fürchte, wir entfernen uns im Laufe der Debatte etwas weit von diesem Gegenstand. Ich wäre dankbar, wenn die Redner, die sich gemeldet haben, nunmehr wieder zu dem eigentlichen Gegenstand der Verhandlungen zurückfinden würden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesarbeitsminister hat in seiner relativ langen Rede zum Ausdruck gebracht, daß es in der Sozialversicherung schon immer Ruhensbestimmungen gegeben habe, wonach also unter bestimmten Voraussetzungen die eine oder andere Rente ganz oder zu einem bestimmten Teile ruht. Das ist richtig. Der Abgeordnete Arndgen hat sich bewogen gefühlt, darauf hinzuweisen, daß auch während der Weimarer Zeit die Dinge so gewesen seien. Ich darf Sie darauf hinweisen, Herr Kollege Arndgen, daß seit 1926 nur der Teil der Invalidenrente geruht hat, der bei gemeinsamer Gewährung von Invaliden- und Unfallrente das Jahreseinkommen des Betreffenden überschritten hat. Zu der Zeit gab es einen Reichsarbeitsminister Wissell, der der SPD-Fraktion des Reichstags angehörte. Diese Bestimmungen haben gegolten, bis die Brüningschen Notverordnungen eingeführt wurden.
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- Ja, weil Sie gesagt haben, Herr Kollege Arndgen, auch während der Weimarer Zeit, wo die SPD Koalitionspartei war, seien diese Bestimmungen in Kraft gewesen. Die Brüningsche Notverordnung hat das Ruhen der Hälfte der Invalidenrente in den Fällen, wo neben einer Unfallrente Invalidenrente gewährt wird, gebracht. Bitte, meine Damen und Herren, Notverordnungen setzen Notzeiten voraus, und geben wir zu, daß damals Notzeiten waren. Wollen wir uns dann Vorwürfe machen über die Zeiten, die Umstände, die Verhältnisse, die Per(Richter [Frankfurt»
sönlichkeiten und all das, was damals bei der Gestaltung der Gesetze mitgewirkt hat? Das wäre doch grundfalsch. Wir haben jetzt lediglich die Pflicht, dieses an uns herangetragene Problem zu prüfen und nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden.
({1})
Darüber kann man streiten. Daß wir die Absicht
hatten und Sie auch, Kollege Horn, werfe ich Ihnen
nicht vor, aber ob das Ergebnis das Richtige ist,,
darum geht doch jetzt die Diskussion. Wir waren
alle der Meinung - und im Februar 1951 wurde
hier ein entsprechender Antrag angenommen -,
daß die Ruhensvorschriften geändert werden sollen.
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Leider hat die Bundesregierung trotz des einstimmigen Ersuchens des' Bundestags, leider hat der Herr Bundesarbeitsminister Anton Storch dieser Aufforderung des Bundestags nicht entsprochen,
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ein Gesetz vorzulegen, das die Ruhensvorschriften im Sinne des Bundestagsbeschlusses ändert. Er hat uns ein Gesetz vorgelegt, das sich nur auf die Gewährung von Rentenzulagen in der Invaliden- und Angestelltenversicherung erstreckt. Das andere hat er nicht behandelt, und es wurde auch im Ausschuß nicht erreicht, daß diese Materie in dem Gesetz über die Erhöhung der Rentenzulage eingearbeitet wurde. Es bedurfte wiederum eines Initiativgesetzesantrags der SPD-Fraktion, um die Dinge erneut ins Rollen zu bringen.
Was haben wir denn wieder verlangt? Wir haben die gleiche Regelung verlangt, wie sie 1926 unter der damaligen Koalitionsregierung festgelegt und in dem damaligen Reichstag sicherlich mit Mehrheit, vielleicht auch einstimmig - ich weiß es nicht - beschlossen worden war. Sie haben unseren Antrag abgelehnt. Sie sind zu dem Beschluß gekommen, statt des Ruhens der Hälfte der Invalidenrente soll in Zukunft nur ein Viertel der Invalidenrente ruhen, und Sie sagen: 50% geben wir jetzt mehr. Was sind wir doch für Kerle, was leisten wir auf sozialem Gebiet! Wie stehen wir doch in der Durchsetzung der sozialen Gerechtigkeit da! Bitte, was tun Sie denn in Wirklichkeit? Sie gewähren immer noch in den meisten Fällen viel, viel weniger als das Einkommen des Unfallverletzten- und Invalidenrentners.
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Auf Grund der Diskussion in den Ausschüssen haben wir uns dazu durchgerungen, nicht zu sagen: „das gesamte Jahreseinkommen", sondern „90 % des Jahreseinkommens". Das ist doch der Sinn unseres Antrages in Umdruck Nr. 629. Wir wollen damit erreichen, daß in den Fällen, wo Unfall- und Invalidenrente zusammenfällt, im Höchstfall, im günstigsten Fall der Betreffende 90% seines früheren Jahresarbeitseinkommens erhalten kann. Also wir ziehen ihm 10 % ab, aus der Erwägung und aus den Argumenten, die Sie uns in den Ausschüssen entgegengebracht haben und die besagten, daß der Betreffende keine Sozialversicherungsbeiträge mehr bezahlen muß, und die Beiträge zur Sozialversicherung betragen rund 10 % des Einkommens. Auch hier sind wir Ihren Argumenten gefolgt, auch hier haben wir denselben Rechnung getragen. Ich wundere mich, daß Sie dieses alte Recht nicht wiederherstellen wollen und daß Sie diese primitive Regelung mit dem einen Viertel bringen wollen. Das Wort „primitiv" ist nicht von mir, das Wort „primitiv" ist von dem Herrn Bundesarbeitsminister in der Ausschußsitzung geprägt worden.
Es ist auch nicht zutreffend, daß eine jahrelange Arbeit notwendig wäre, bis die Rentenversicherungsträger diese Dinge durchgeführt hätten. Sie haben die Akten von jedem einzelnen Fall und können die Voraussetzungen sehr leicht feststellen, wieviel 90% des Jahreseinkommens ist. Denn das Jahreseinkommen ist bei der Berechnung der Unfallrente zugrundegelegt worden. Also, Herr Minister, mit diesen Argumenten kommen Sie bei uns nicht durch.
Nun sagt der Herr Arbeitsminister: dazu sind doch Millionen erforderlich, und diese Millionen können wir den Rentenversicherungsträgern nicht zumuten und können wir auch dem Bund nicht zumuten. Wir haben noch die Drucksache Nr. 3441 zu beraten. Es ist einer der nächsten Tagesordnungspunkte. Diese Drucksache enthält nur einen Paragraphen, und diese Drucksache besagt, daß eine Jahreszahl in dem Rentenzulagengesetz geändert werden soll - statt 1952 soll es 1953 heißen -. Diese Änderung einer Jahreszahl bedeutet eine Belastung der Landesversicherungsanstalten von 182 Millionen DM. Die gleichen Landesversicherungsanstalten, die nicht in der Lage sein sollen, Gerechtigkeit zu üben und die auf Grund der Beiträge zustehenden Invalidenrenten bis zu einem gewissen Höchstbetrag zu zahlen, sollen 182 Millionen DM dem Bundeshaushalt zur Verfügung stellen bzw. sollen hierfür Vermögenswerte übertragen bekommen, wie es wörtlich heißt. Aber sie müssen doch die Mittel geben, um die Rentenzulagen zu gewähren.
Dieses damals von uns beschlossene Gesetz über die Rentenzulagen sollte bekanntlich 1030 Millionen Jahresausgaben mit sich bringen. Nur 910 Millionen DM wurden tatsächlich aufgewandt, und 20% von diesen 910 Millionen sollen die Landesversicherungsanstalten vorschießen bzw. zur Verfügung stellen, und sie erhalten dafür Vermögenswerte des Bundes aller Art. Also die Gelder müssen doch da sein.
Nun hat Herr Kollege Arndgen hier gesagt: Sie haben gestern bei dem Haushalt des Bundesarbeitsministers Stimmenthaltung geübt. Herr Kollege Arndgen, wir kennen uns doch schon ziemlich lange, und Sie sind doch nicht so politisch unerfahren, daß Sie den Unterschied nicht kennen. Schauens mal, was soll denn zu der Haltung der CDU-Fraktion des Hessischen Landtags gesagt werden, die doch auch den Haushalt im vergangenen Jahr abgelehnt hat?
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Sie waren doch Arbeitsminister in Hessen, und Sie kennen den Haushalt doch.
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Wollen Sie denn damit sagen, daß Ihre Freunde im Hessischen Landtag deshalb die sozialen Ausgaben für die in Betracht kommenden Menschen verneinen? Das wollen Sie doch sicherlich nicht.
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Also, bitte, dann erzählen Sie in diesem Hohen Hause doch nicht, daß die SPD-Fraktion mit der Stimmenthaltung beim Haushalt des Bundesarbeitsministers auch die sozialen Ausgaben und Verpflichtungen dieses Haushalts nicht anerkennen wollte. Im übrigen hat der Herr Bundesarbeitsmini({8})
ster diese Kosten nicht auf Grund seines Haushalts zu zahlen, sondern das ist Angelegenheit des gesamten Bundes.
Diese 910 Millionen sind j a deshalb zu zahlen, weil den Versicherungsträgern durch Reichsschatzanweisungen usw. - Sie haben es damals selbst begründet, Kollege Arndgen - Milliarden und aber Milliarden, man spricht von 13 Milliarden, genommen worden sind. Also bitte hier nicht in dieser Taktik machen! Hier handelt es sich um eine Sache, die sozial gerecht ist, und ich bitte Sie deshalb, den Antrag in Umdruck Nr. 629 unter Ziffer 1 anzunehmen.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausführungen von Herrn Willenberg veranlassen mich doch, jetzt einmal klar zu sagen, was auf dem Gebiet der Berufskrankheiten geschehen ist. Bis zum Jahre 1925 hatten wir überhaupt keinen Schutz für die Menschen, die durch das Erwerbsleben berufskrank geworden waren, als den Schutz der Invalidenversicherung. Dann bekamen wir eine Regelung, wonach die Silikose dritten Grades entschädigungspflichtig war, weil jeder Arzt sagte: Der Mann, der Silikose dritten Grades hat, hat überhaupt nur noch die Möglichkeit, ein viertel bis ein halbes Jahr zu leben. Dazu kam die Silikose, wenn sie mit Tuberkulose verbunden war. Wir gehen heute her und geben jedem Manne, der von der Silikose befallen wird, gleichgültig ob es Silikose zweiten oder dritten Grades ist, gleichgültig ob in Verbindung mit Tuberkulose oder nicht, das Recht, für sich die Unfallrente in Anspruch zu nehmen. Hier haben wir doch in Wirklichkeit - und das erkennen doch die Bergleute an - alles getan, was getan werden kann.
Und, Herr Kollege Willenberg, wenn Sie sich die Zahlen von der Ruhrknappschaft haben geben lassen, dann haben Sie doch gewiß auch die Zahlen bekommen über das voraussichtliche Lebensalter der Bergleute um die Jahrhundertwende, um das Jahr 1910 und heute. Gott sei Dank, sage ich, ist es durch die sozialpolitischen Maßnahmen usw. gelungen, das voraussichtliche Lebensalter auch der Bergleute um zehn Jahre und mehr zu erhöhen.
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Man stelle es doch hier nicht so hin, als wenn nichts getan worden wäre.
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Und dann, Herr Kollege Richter, hier haben Sie sehr üble Worte gebraucht, indem Sie gesagt haben, das, was ich wegen der Ruhensvorschriften vorgetragen hätte, stimme nicht. Prüfen Sie das, was ich gesagt habe, nach, und Sie werden sehen, daß es auf den Buchstaben stimmt.
Aber, mein lieber Kollege Richter, wir wollen uns in diesem Zusammenhang, wenn es notwendig ist, auch über etwas anderes unterhalten. Es hat nach diesem Krieg eine Zeit gegeben, in der es Leute gab, die der Meinung waren, man solle die Sozialversicherung zu einer Einheitsversicherung umgestalten i
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und das Recht der Unfallversicherung überhaupt in zwei Teile teilen,
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einmal in die ärztliche Betreuung des Verletzten und dann in die Rentenversicherung. Damals hat man doch gesagt: eine Unfallversicherung brauchen wir nicht, soweit die Kranken betreut werden,
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das soll die Krankenversicherung übernehmen, und soweit der Mann eine Rente braucht, soll er sie aus der Invalidenversicherung bekommen.
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Das sind doch die Dinge, die wir hinter uns haben.
Herr Kollege Richter, Sie wissen es am allerbesten,
wie ich mich persönlich dagegen gewehrt habe, damit dieses vorbildliche Recht der Unfallversicherung unseren arbeitenden Menschen erhalten blieb.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Willenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie irren sich! Ich habe gar nicht gesagt, daß nichts für die Bergleute getan worden sei.
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Sicherlich ist etwas für die Bergleute getan worden. Das bestreite ich nicht. Ich mache mich hier nur zum Anwalt für diejenigen Bergleute, die ihre Gesundheit auf Grund der Silikoseerkrankungen verloren haben und deren Zahl sich in einem ganz bedenklichen Maße gesteigert hat.
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- Regen Sie sich nicht auf, Herr Kollege! Wenn
Sie mal das Schicksal dieser armen Leute gesehen
hätten, würden Sie diese Bemerkung nicht machen.
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Ich mache Sie ferner auf das Problem aufmerksam, daß etwa 18 000 neue Fälle bei der Berufsgenossenschaft angemeldet sind. Ich habe die ganze Tragödie hier deswegen nicht geschildert, um nicht der Öffentlichkeit da draußen zu zeigen, wie furchtbar sich diese Geißel für die Bergleute auswirkt und damit nicht eine große Anzahl junger Leute es ablehnt, die Bergwerksarbeit überhaupt aufzunehmen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesarbeitsminister hat von den Fortschritten gesprochen, die sich in den Jahrzehnten auf sozialpolitischem Gebiet entwickelt haben. Ich gebe dies gern zu,
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und ich weiß, daß sehr viele in diesem Hause daran beteiligt sind. Das ist weder ein Verdienst irgendeines einzelnen noch einer Regierung noch einer Partei, das ist in echter kollektiver Zusammenarbeit erreicht worden. Das wissen alle, die der Wahrheit die Ehre geben wollen.
Nun werden die Dinge so hingestellt, als wenn bei uns gerade auf dem Gebiete der Berufskrankheiten alles vorbildlich wäre. Da darf ich doch den Herrn Bundesarbeitsminister darauf aufmerksam
({1})
machen, daß die Gewerkschaften bereits drei Jahre, beginnend mit den Verhandlungen im Wirtschaftsrat in Frankfurt, wo der jetzige Bundesarbeitsminister Direktor der Verwaltung war, bis vor einigen Wochen, um den Erlaß der Fünften Verordnung über die Berufskrankheiten gerungen, ja man kann sagen, im wahrsten Sinne des Wortes gekämpft haben. Ich war äußerst befriedigt, als ich kürzlich hörte, die Verhandlungen seien abgeschlossen, so daß die Fünfte Verordnung hinsichtlich der Berufskrankheiten endlich erlassen werden könne.
Der Herr Bundesarbeitsminister hat hier in einer so manchen Personen liegenden Art von „Einheitsversicherung" gesprochen. Er hat nicht behauptet, aber anklingen lassen, gewisse Personen hätten so gewisse Ideen gehabt; und man konnte den Eindruck gewinnen, unter diesen „gewissen Personen" seien auch gewisse hier Anwesende gemeint. Nicht wahr, Herr Kollege Horn! Sie werden mir aber doch recht geben, daß in der US-Zone ein derartiger Unfug nicht passiert ist. In dem Entwurf der US-Zone, der im Länderrat in Stuttgart ausgearbeitet worden ist, ist so etwas meines Wissens nicht enthalten. Ob das in dem ehemaligen Wirkungsbereich des verehrten Herrn Bundesarbeitsministers in der britischen Zone geschehen ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
({2})
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung, zunächst über den Änderungsantrag der Gruppe der KPD Umdruck Nr. 585, den § 1274 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen ist dieser Antrag abgelehnt.
Als nächstes der Antrag der Fraktion der SPD - Umdruck Nr. 629 Ziffer 1 - auf Neufassung des Buchstaben a). Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Dann liegt der Antrag der Fraktion der Föderalistischen Union - Umdruck Nr. 633 - auf Einfügung eines Satzes in Buchstabe a Abs. 1 vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Die Fraktion der SPD hat einen Eventualantrag - Umdruck Nr. 629 Ziffern 3 und 4 - gestellt. Soll gemeinsam darüber abgestimmt werden?
({0})
- Einzeln. Wir stimmen ab über den Antrag unter Ziffer 3 auf Einfügung eines Abs. 6. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Eventualantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Umdruck Nr. 629 Ziffer 4, Anfügung eines Abs. 7. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen?
- Das zweite war die Mehrheit; dieser Antrag ist ebenfalls abgelehnt.
Damit sind sämtliche Änderungsantrage abgelehnt.
({1})
- Meine Damen und Herren, bisher haben wir die Nr. 2, wie mir berichtet worden ist, überhaupt noch nicht aufgerufen.
({2})
Nein, mir ist mitgeteilt worden, es sei zunächst nur Ziffer 1 aufgerufen worden.
({3})
- Schön! Zu Art. I Nr. 2 liegt der übereinstimmende Antrag der Fraktion der SPD und der Gruppe der KPD vor, § 1279 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Damit sind sämtliche Änderungsanträge erledigt. Ich komme zur Abstimmung über Art. I des Gesetzes zur Änderung der §§ 1274 ff. der Reichsversicherungsordnung. Ich bitte die Damen und Herren, die Art. I insgesamt zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist einstimmig.
Ich rufe auf Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. Das ist einstimmig.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Besprechung der dritten Beratung. Wird das Wort noch gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Besprechung.
Einzelanträge sind nicht gestellt. Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Änderung der §§ 1274 ff der Reichsversicherungsordnung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Ich stelle fest, daß das Gesetz einstimmig angenommen ist.
Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 25 auf
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien betreffend Grenzgänger vom 18. Januar 1952 ({4});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({5}) ({6}).
({7}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Gesamtaussprache, auch in der dritten Beratung, zu verzichten. Ich rufe zur zweiten Beratung auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Artikeln, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Ist angenommen.
Eine allgemeine Besprechung in der dritten Beratung entfällt, eine Einzelberatung entfällt ebenfalls. Ich bitte die Damen und Herren, die den Artikeln 1, 2 und 3 sowie Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. ({8})
Das ist die Mehrheit; ist angenommen. - Bei
Staatsverträgen entfällt eine Schlußabstimmung.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich komme zu Punkt 26:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien betreffend Gastarbeitnehmer vom 18. Januar 1952 ({9});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({10}) ({11}).
({12})
Ich rufe zur zweiten Beratung die Artikel 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. - Das ist die Mehrheit. Angenommen.
In der
dritten Beratung
entfällt die Einzelbesprechung. Ich rufe die Artikel 1, 2 und 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. - Das ist die Mehrheit. Dieses Gesetz ist angenommen. Eine Schlußabstimmung entfällt.
({13})
- Ja, ja!
Ich rufe Punkt 27 auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat betreffend Gastarbeitnehmer ({14});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({15}) ({16}).
({17})
Ich rufe auf Art. 1, Art. 2 - ({18}) - Zu Art. 1 Herr Abgeordneter Brandt!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der zwischenstaatliche Austausch von Arbeitnehmern ist eine gute Sache. Es unterliegt keinem Zweifel, daß ein solcher Austausch für die berufliche und fachliche Fortbildung der daran Beteiligten förderlich sein kann und daß er der Verständigung unter den Völkern dienen kann. Mit einem starken Zweifel erfüllt uns jedoch die Frage, ob diesem lobenswerten' Anliegen durch Austauschverträge mit totalitären Mächten gedient werden kann.
({0})
Unser Zweifel ist besonders stark in dieser Frage, wo, wie es sich aus der Begründung der Bundesregierung ergibt, ausgerechnet jetzt zum erstenmal ein Vertrag dieser Art zwischen Deutschland und dem spanischen Staat geschlossen werden soll. Wer wird denn, meine Damen und Herren, die Auswahl der Arbeitnehmer in Spanien vornehmen? Es werden die falangistischen Syndikate sein. Es besteht keine Gewähr, daß sie eine sachliche Auswahl vornehmen werden. Wir müssen sogar damit rechnen, daß sie uns Propagandisten der faschistischen Internationale
({1}) im Rahmen dieses Programms schicken.
({2})
Auf der andern Seite: Welche Gewähr haben wir, daß den deutschen Gastarbeitnehmern in Spanien jene Bewegungs-, Meinungs- und Gewissensfreiheit eingeräumt wird, auf die sie Anspruch haben?
({3})
Der falangistische Schlamper-Faschismus unter scheidet sich gewiß von Regimen ähnlicher Art, die wir allzu genau kennengelernt haben, aber er unterscheidet sich nicht in der Skrupellosigkeit und Brutalität.
({4})
Die deutschen Arbeiter und Angestellten werden in Spanien keine freien Gewerkschaften finden.
({5})
Sie werden ein Regime finden, das die Regungen der Arbeitnehmerschaft so niederknüppelt, wie es noch im vergangenen Jahr gegenüber Hunderttausenden von Arbeitnehmern in Barcelona geschehen ist.
({6})
- Aber das ist nicht alles, Herr Kollege von Thadden.
({7})
Ich stelle auch die Frage: Können wir es den Angehörigen unseres protestantischen Bevölkerungsteils zumuten,
({8})
daß sie ihres Bekenntnisses wegen belästigt und gedemütigt werden,
({9})
daß sie in Mitleidenschaft gezogen und Opfer jener rücksichtslosen Verfolgungen werden können, denen die evangelischen Christen in Spanien gerade in diesen Tagen ausgesetzt sind?
({10})
Terroristische Überfälle auf Glieder der Kirche, auf Gotteshäuser und auf Kircheneigentum gehören zur Ordnung des Tages.
({11})
Wir sind nicht gewillt, so zu tun, als ob nichts passiert wäre.
({12})
Meine Damen und Herren, es darf bei einer Vorlage wie dieser auch nicht übersehen werden, daß Spanien nicht Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation ist und daß der Generalrat des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften auf seiner Tagung in Berlin zu Beginn dieses Monats sich als Vertreter der zwischen 50 und 60 Millionen angeschlossenen Gewerkschaftler ausdrücklich gegen die Aufnahme Franco-Spaniens sowohl in die Vereinten Nationen wie in deren Fachorganisationen ausgesprochen und die freien Gewerkschaften in aller Welt zu einer nachhaltigen Aktion aufgefordert hat. Ihre Zwischenrufe, meine Damen und
({13})
Herren, haben mir gezeigt, wie nötig solche Aktionen dagegen sind, so zu tun, als ob nichts passiert wäre in Spanien.
({14})
Die sozialdemokratische Fraktion verweigert diesem an sich gewiß nicht besonders bedeutsamen Abkommen ihre Zustimmung nicht nur aus den von mir vorgetragenen Gründen, sondern wir lehnen dieses Abkommen auch deswegen ab, weil wir unserem Widerwillen gegen die Knebelung des freien Wortes und des Geistes,
({15})
gegen den Terror, der immer ,wieder in Zuchthaus- und Todesurteilen seinen Niederschlag findet, Ausdruck verleihen wollen.
({16})
Wir lehnen dieses Abkommen aus Solidarität mit den Arbeitern und freiheitlichen Bürgern Spaniens ab,
({17})
die für die Demokratie und für die Gewissensfreiheit schon hohe Blutopfer haben bringen müssen.
({18})
Mit dem stolzen und großartigen spanischen Volk verbinden uns nichts als Gefuhle der Sympathie und der Freundschaft.
({19})
Die deutsche Demokratie wird sich um normale diplomatische und Außenhandelsbeziehungen nach allen Seiten bemühen müssen; aber wir wollen keine Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern der Diktaturen. Darum wollen wir auch keine Fraternisierung mit dem Franco-Faschismus.
({20})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere es außerordentlich, daß die Gelegenheit der Beratung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem spanischen Staat betreffend Gastarbeitnehmer benutzt wurde, um in innerpolitische Verhältnisse Spaniens einzugreifen.
({0})
Ich stelle fest, daß `wir mit Spanien in diplomatischen Beziehungen stehen.
({1})
Ich stelle weiter fest, daß wir mit einer ganzen Reihe von Ländern solche Gastarbeitnehmerverträge abgeschlossen haben.({2})
Es handelt sich hier lediglich um den Austausch von 150 Gastarbeitnehmern.
({3})
Sie wissen, daß es darum geht, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, in dem andern Land eine bestimmte Fachausbildung zu erhalten, und ich glaube, man sollte auch diese Möglichkeit benutzen, zu einem guten Zusammenleben zu kommen. Im übrigen sage ich in aller Deutlichkeit, daß ich die Stellungnahme des Herrn Kollegen Brandt für
wirklich oberflächlich und für sehr tendenziös halte. Ich bedaure sie außerordentlich.
({4}) Wir stimmen dem Antrag zu.
({5})
Das Wort hat der Bundesminister für Arbeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über die Frage, ob solche Gastarbeiterabkommen zweckmäßig seien oder nicht, habe ich mich hier in Deutschland mit den Gewerkschaften unterhalten, und ich habe mich darüber auch in Genf mit anderen Sozialpolitikern der Welt unterhalten. Ich möchte Sie, Herr Brandt, wirklich allen Ernstes fragen, ob man, wenn man die Verhältnisse in Spanien für so schlecht hält, wie Sie sie dargestellt haben, dann einen Kampf gegen das spanische Volk führen darf.
Um was handelt es sich denn? - Wir wollen jährlich 150 junge Leute nach Spanien gehen lassen, hauptsächlich damit sie sich der spanischen Sprache bemächtigen, weil wir diese Leute für unsere künftigen Handelsbeziehungen dringendst brauchen. Sie sollen auch das spanische Wirtschaftsleben und die Verbindungen vor allen Dingen nach Südamerika kennenlernen. Wenn die Leute, die in Spanien wohnen, dort so schlecht behandelt werden, wie Sie sagen, und nun 150 von ihnen die Möglichkeit gegeben wird, die besseren Verhältnisse bei uns zu sehen, dann können sie doch nur Propagandisten der Demokratie in Spanien werden.
({0})
Ich habe sowohl bei den hiesigen deutschen Gewerkschaftlern, als auch bei den Menschen, die ich in Genf getroffen habe und die ähnliche Verhandlungen ebenfalls mit Spanien führen, dieselbe Auffassung gefunden. Es wäre meines Erachtens grundverkehrt, wenn Sie an diese Vorlage eine Verhandlung über die innerpolitischen Verhältnisse in Spanien, die keiner von uns beurteilen kann, anschlössen.
({1})
- Vielleicht, wenn die ersten 150 zurückkommen!
({2})
- Na, was Sie davon wissen, ist doch auch nur, was Sie gelesen haben! Erlebt haben Sie das doch nicht!
({3}) Aber wenn die ersten 150 zurückkommen, dann erfahren wir von ihnen, wie es in Spanien wirklich aussieht.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Schuster.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Befürchtungen, die der Herr Kollege von der SPD hier zum Ausdruck gebracht hat, scheinen mir doch etwas übertrieben zu sein. Es wird wohl kaum etwas passieren können, wenn 150 deutsche Arbeiter ein Jahr lang in Spanien sind. Und wenn diese dann nach ihrer Rückkehr
({0})
der deutschen Demokratie etwas tun könnten, dann müßte es um diese Demokratie schon sehr schlecht bestellt sein.
({1})
Sie, meine Herren von der Sozialdemokratie, geben doch immer vor, alle Arbeitnehmer zu vertreten und außerdem so sehr demokratisch zu sein. Dann können diese Leute, wenn sie nun in Ihre Reihen zurückkommen, doch auch nichts anrichten, also keine Gefahr für die Demokratie sein. Was wir aber noch mehr bedauern, ist, daß diese Debatte hier überhaupt heraufbeschworen wurde. Vor gar nicht langer Zeit hat der Herr sozialdemokratische Vizepräsident dieses Hohen Hauses einen Abgeordneten mit der Bemerkung gerügt, es sei nicht taktvoll, sich vor diesem Hohen Hause über andere Nationen abfällig zu äußern.
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordneter von Thadden.
von Thadden ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem wir es jetzt endlich fertiggebracht haben, einen Botschafter nach Spanien zu schicken, und endlich die Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien in eine normale Bahn kommen, erscheint es im höchsten Grade unverständlich, daß wir hier heute eine derartige Rede vernehmen müssen. Ich habe vorhin, als der Herr Kollege der SPD sprach, dazwischen gerufen: „Denken Sie an die Straßenräuber!" Sie waren so töricht, noch darauf einzugehen. Erinnern Sie sich bitte, daß Sie 'bereits im vorigen Herbst einmal furchtbar in einen Fettnapf hineingetreten sind, als Sie hier einen riesenhaften Protest gegen angebliche Greueltaten des faschistischen Regimes an aufrechten Demokraten und Gewerkschaftlern losgelassen haben, wo Sie sich nachher belehren lassen mußten, daß es sich um ganz normale Verbrecher handelte, die ihrer Verurteilung zugeführt wurden.({1})
Es steht uns hier weiß Gott - ({2})
- Wenn Sie sich beruhigt haben, kann ich weitersprechen!
({3})
- Das sind keine Hitlersehen Ausreden; sondern es ist Ihnen nur nachträglich peinlich, daß Ihnen dieses Mißgeschick passiert ist!
Meine Damen und Herren! Wir sollen froh sein, daß in Zukunft Deutsche nach Spanien gehen können, und wir wollen nur hoffen, daß derartige Abkommen in möglichst großer Zahl geschlossen werden.
({4})
- Herr Greve! Sie bezeichnen dieses Regime als totalitär und sagen, wir dürften dort keinen hinschicken, weil sie davon infiziert werden könnten.
({5})
- Wie ist es denn, Herr Greve, der Sie gerade „Quatsch" rufen, mit dem totalitären System auf
dem Balkan, das ja auch existiert und wo sich Leute Ihrer Couleur die Hacken ablaufen, um dort irgendwie hinzukommen und gastfrei aufgenommen zu werden? Das ist doch wohl zumindest sachlich genau das gleiche.
Meine Damen und Herren, es ist bedauerlich, daß diese Rede der Sozialdemokratie, die nun sofort durch eine kommunistische noch ergänzt werden wird, hier zu hören war. Wir sollten diesem Spiel ein Ende bereiten und möglichst bald über die Vorlage abstimmen.
({6})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Brandt.
Herr Kollege Sabel hat der Meinung Ausdruck gegeben, daß die Ausführungen, die ich im Auftrage der sozialdemokratischen Fraktion gemacht habe, eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des spanischen Staates gewesen seien.
({0})
Eine solche Form des Neutralismus, Herr Kollege Sabel, hat sich die sozialdemokratische Fraktion noch nie zu eigen gemacht. Denn in Angelegenheiten der Freiheit und des Rechts kann es keine Politik der Nichteinmischung geben.
({1})
Ich will auf das Argument mit den Sraßenräubern nicht eingehen. Wir kennen diese Räubermärchen! Diese Methoden kennen wir sehr genau aus der Zeit von 1933 bis 1945, wo es mehr als einmal passiert ist, daß aufrechte Streiter gegen den Nationalsozialismus nicht nur im Lande, sondern auch dem Ausland gegenüber als kriminelle Verbrecher abgestempelt worden sind.
({2})
Es ist hier nicht die Frage, Herr Kollege Sabel, zu den diplomatischen Beziehungen Stellung zu nehmen, die mit dem spanischen Staat wieder etabliert worden sind. Ich habe selbst in meinen Ausführungen 'vorhin gesagt: Eine Seite sind die von uns zu erstrebenden normalen diplomatischen und Außenhandelsbeziehungen nach allen Seiten. Etwas anderes sind die darüber hinausgehenden und in diesem Fall bevorzugten Regelungen und Versuche, Freundschaftsabkommen zu treffen, in einer Situation, die sich uns so darstellt, wie ich sie hier dargelegt habe.
Und nun noch eines zum Herrn Bundesarbeitsminister! Erstens: Herr Bundesarbeitsminister, Sie haben sich auf Ihre Besprechungen in Genf berufen. Ich kann mich auf Besprechungen mit maßgebenden Vertretern des Deutschen Gewerkschaftsbundes berufen, die es schließlich auch etwas angeht oder interessiert, ob solche Abkommen auf diesem Gebiet getroffen werden. Diese Herren haben mir gesagt, daß sie in dieser Situation diesem Abkommen nicht zuzustimmen wünschen.
({3})
Es ist doch einfach nicht wahr: man kann aus einer
solchen Stellungnahme, wie wir sie heute hier ab-.
({4})
gegeben haben, doch keine Stellungnahme gegen das spanische Volk machen, wie es auch der Bundesarbeitsminister getan hat;
({5})
es sei denn, Sie geben denen recht, die seinerzeit das deutsche Volk in einen Sack stecken wollten mit denen, die dieses Volk unterdrückt und gepeinigt haben.
({6})
Diese Auffassung haben wir nie geteilt. Wir machen auch heute kein Gleichheitszeichen zwischen dem spanischen Volk und seinen Bütteln.
({7})
Es gibt bestimmt noch andere Länder, in denen man spanisch lernen kann, Herr Bundesarbeitsminister; da braucht man nicht ausgerechnet nur nach Spanien zu reisen.
({8})
Schließlich noch eines. Die Argumentation, die hier vorgetragen wurde, erinnert mich allzusehr an jene Haltung der Gleichgültigkeit, die andere Länder gegenüber der Diktatur in diesem Lande eingenommen haben,
({9})
eine Haltung, die die Gegner dieser Diktatur in diesem Lande zutiefst enttäuschen mußte. Sammeln denn Völker nun Erfahrungen immer nur zu dem Zweck, daß sie daraus keine Lehren ziehen, oder machen sie sie darum, daß sie in ihrem politischen Handeln dadurch klüger werden?
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Agatz.
({0})
Namens der kommunistischen Fraktion
({0}) habe ich zu erklären, daß wir es für unsere Ehrensache halten,
({1})
den Kampf des spanischen Volkes gegen das Terrorregime Francos zu unterstützen.
({2})
Im März vorigen Jahres haben Hunderttausende Spanier einen heldenhaften Kampf für die Verbesserung ihrer Lebenslage geführt. Das Franco-Regime hat die Führer dieses Kampfes, und zwar eine Anzahl von ihnen, hinrichten lassen. Ihre Angelegenheit mag es sein, mit diesem Regime Verträge abzuschließen;
({3})
wir lehnen solche Verträge ab, weil wir den Kampf des spanischen Volkes unterstützen.
({4})
Weitere Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Muckermann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur auf einen Teil der Ausführungen des Herrn Kollegen Brandt eingehen. Ich muß außerordentlich bedauern, daß Herr Kollege Brandt es für notwendig hielt, auch konfessionelle Gesichtspunkte in seine Ausführungen hineinzumischen.
({0})
Herr Kollege Brandt, Sie scheinen offenbar sehr besorgt um das Seelenheil evangelischer- deutscher Arbeiter im „katholischen Spanien" zu. sein.
({1})
Ich glaube, es ist sehr unklug und sehr bedauerlich. Man könnte das ja auch abwandeln: dann seien Sie nur sehr vorsichtig, Herr Brandt, daß Sie, wenn Sie evangelischer Christ sind, im „katholischen Rheinland" keinen Schaden erleiden!
({2})
Meine Damen und Herren. ich habe den Eindruck, als ob diese Debatte reif zum Schluß ist. Ich schließe die Besprechung.
({0}) Die Besprechung über Art. 1 ist geschlossen.
Ich komme zur Abstimmung über Art. 1. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Art. 1 des Gesetzes - Drucksache Nr. 3375 - zustimmen wollen. eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit.
Ich rufe auf Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. - Ich bitte die Damen und Herren. die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen?
- Das erste war die Mehrheit.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und zur Abstimmung über die Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Das Gesetz über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat betreffend Gastarbeitnehmer ist angenommen. Die Schlußabstimmung erübrigt sich.
Ich rufe den letzten Punkt der gestrigen Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz im Haushaltsjahr 1952 ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({2}) ({3}).
({4}) Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Arndgen
- Er scheint nicht im Hause zu sein. Der Altestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Aussprache zu verzichten. Ist das Haus bereit, auf die Berichterstattung zu verzichten?
({5})
- Das Haus ist bereit, auf die Berichterstattung zu verzichten.
Ich rufe zur
zweiten Beratung
auf. § 1, - § 2, - § 2a, - Einleitung und Überschrift. - Ich bitte die Damen und Herren, die die({6})
sen aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? Das erste war die Mehrheit. Die genannten Paragraphen, Einleitung und Überschrift sind angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Eine allgemeine Aussprache findet nicht statt. Vor der Schlußabstimmung wünscht Herr Abgeordneter Freidhof das Wort.
Meine Damen und Herren! Ich möchte namens der sozialdemokratischen Fraktion angesichts der vorgeschrittenen Zeit eine kurze Erklärung abgeben. Wir haben am 10. August 1951 das Rentenzulagengesetz verabschiedet, in dem eine Erhöhung der Renten aus den Sozialversicherungen als ein Teuerungszulagengesetz beschlossen worden ist. In der Gesetzesvorlage wurde festgelegt, daß die Aufwendungen für diese Teuerungszulage der Bund zu tragen hat. Es ist dann ein Abs. 3 eingefügt worden, in dem festgelegt worden ist, daß bis zum 31. März 1952 20 % der Erhöhungen - etwa 180 bis 190 Millionen DM - die Versicherungsträger zu zahlen haben.
Nach dem uns jetzt vorgelegten Gesetz soll die Zahlung dieser Aufwendungen, die die Versicherungsträger zahlen sollen, auf ein weiteres Jahr verlängert werden. Dafür soll dann der Bund den Versicherungsträgern - wie es in Abs. 2 der Gesetzesvorlage heißt - durch Übertragung von Vermögenswerten die Aufwendungen ausgleichen. Wir haben im Ausschuß die Vertreter des Finanzministeriums gefragt, um welche Vermögenswerte es sich handelt, die auf die Sozialversicherungen übertragen werden sollen. Die Vertreter des Finanzministeriums konnten uns keine klare Auskunft darüber geben, welche Vermögenswerte übertragen werden sollen.
({0})
Nun dürfen wir nicht vergessen, daß die Sozialversicherung während des Krieges und infolge der Währungsumstellung etwa 13 bis 15 Milliarden Mark verloren hat. Wenn der Herr Bundesarbeitsminister vorhin bei der Beratung des Gesetzes über den § 1274 der Reichsversicherungsordnung darauf hingewiesen hat, daß der Kassenbestand der Versicherungsträger nicht nach der heutigen Situation beurteilt werden, sondern nach versicherungsmathematischen Gesichtspunkten - d. h. mit Rücksicht auf die Überalterung des deutschen Volkes - berücksichtigt werden muß, und wenn er uns gefragt hat, ob wir nicht auch der Auffassung sind, daß hier finanzielle Reserven geschaffen werden sollen, dann möchten wir der Meinung sein, daß, nachdem die Versicherungen ihr Vermögen zu einem erheblichen Teil durch den Krieg und die Währungsumstellung verloren haben, nicht die Versicherten allein diese Reserven wieder schaffen können, und die Rentenempfänger nicht durch niedrige Renten dazu beitragen sollen, diese Reserven zu schaffen, sondern daß hier das ganze deutsche Volk den Versicherungsträgern wieder die Rechte und die finanziellen Grundlagen geben muß, die notwendig sind, um die Renten auszuzahlen. Aus diesem Grunde lehnen wir den Gesetzentwurf ab.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Eine Aussprache sollte nicht stattfinden.
Ich bitte die Damen und Herren, die §§ 1, 2, 2a, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; diese Paragraphen sind in dritter Beratung angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz im Haushaltsjahr 1952. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit: das Gesetz ist in der Schlußabstimmung angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur heutigen Tagesordnung.
({0})
Ich rufe auf Punkt 1:
a) Mündlicher Bericht des Ausschusses für Petitionen ({1}) gemäß § 113 Abs. 1 der Geschäftsordnung;
b) Beratung der Übersicht Nr. 55 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen ({2}).
Herr Abgeordneter Kahn hat die Liebenswürdigkeit, den Bericht zu übernehmen, für den der Altestenrat eine Zeit von 15 Minuten vorschlagen möchte.
Kahn ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem die Vorsitzende des Ausschusses vor einem Vierteljahr erstmals einen zusammenfassenden mündlichen Bericht nach § 113 Abs. 1 der neuen Geschäftsordnung über die Tätigkeit des Petitionsausschusses abgegeben hat, habe ich heute nach Ablauf eines weiteren Vierteljahres die Aufgabe, im Namen des Ausschusses Bericht zu erstatten. Bevor ich dies jedoch tue, gestatten Sie mir, einige Ausführungen über die Bedeutung des Petitionsrechts und die unterschiedliche Behandlung innerhalb der einzelnen Fachausschüsse des Hauses zu machen. Man streitet sich noch darüber, wie das Petitionsrecht auszulegen ist. Der Ausschuß selbst ist der Auffassung, daß der Begriff der Petition weit auszulegen ist. Es führt jedenfalls zu Verwirrungen, wenn man von echten und unechten, von eigentlichen und umeigentlichen Petitionen spricht. Nach Art. 17 GG sind Petitionen Bitten und Beschwerden, die an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung gerichtet sind. Damit ist gesagt, daß neben den zuständigen Behörden in jedem Falle auch der Bundestag als Empfänger zuständig ist. Unter Bitten und Beschwerden kann man also bei weiter Auslegung alles das verstehen, was ein Außenstehender an den Deutschen Bundestag heranträgt. Es fragt sich jedoch, ob bei allen Bitten und Beschwerden die Behandlung nach §§ 112 und 113 der Geschäftsordnung notwendig und möglich ist. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Eingaben an den Deutschen Bundestag muß die Behandlung so erfolgen, wie es in § 113 vorgeschrieben ist.
Hierbei ist besonders darauf hinzuweisen, daß die Mitteilung über die Art der Erledigung mit Gründen versehen sein muß. An diesem Erfordernis muß der Ausschuß festhalten. Die negative psychologische Wirkung, die dadurch entsteht, daß dem Petenten allenfalls ein vorgedrucktes Formular zugestellt wird, in welchem der Beschluß ohne Begründung mitgeteilt wird, muß vermieden werden. Wenn auch die Geschäftsordnung davon spricht, daß die Mitteilung „möglichst mit Gründen" ver({4})
sehen sein soll, so ist doch davon auszugehen, daß bei den Beratungen im Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität bei dem Entwurf über die neue Geschäftsordnung damals der Ausschuß der einmütigen Auffassung war, daß die Mitteilungen mit Gründen versehen sein sollen.
Meine Damen und Herren, der Herr Präsident hatte die Liebenswürdigkeit, mich darauf aufmerksam zu machen, daß in Anbetracht der sehr umfangreichen Tagesordnung nur 15 Minuten für die Berichterstattung zur Verfügung stehen. Ich bitte um die Toleranz des Hauses, wenn ich den größten Teil meines sehr ausführlichen Berichtes dem Herrn Präsidenten schriftlich*) übergebe und dann zum Schluß komme.
Meine Damen und Herren, ich unterstelle das Einverständnis des Hauses, daß der gesamte Bericht dem Protokoll angefügt wird.
Kahn ({0}), Berichterstatter: Wir haben eine sehr ausführliche Statistik, die ich noch kurz streife. In der Zeit bis zum 20. Juni 1952 sind den Ausschüssen des Deutschen Bundestages 17 900 Petitionen zugeleitet worden. Von diesen Petitionen sind ungefähr 51,4 % an den Petitionsausschuß als solchen gegangen, der Rest an die anderen einzelnen Fachausschüsse.
Zu unserer großen Freude konnte die Zahl der erledigten Eingaben gegenüber dem letzten Bericht erheblich vergrößert werden. In den Fachausschüssen und in 205 Sitzungen des Petitionsausschusses konnten bis zum 20. Juni dieses Jahres 15 106 Eingaben, also 84,4 %, erledigt werden. Das ist ein Beweis für die intensive Arbeit, die in sämtlichen Ausschüssen geleistet worden ist.
In Anbetracht der noch großen Tagesordnung darf ich bitten, mir den restlichen Teil des Berichts zu erlassen und zu gestatten, daß ich das umfangreiche Manuskript meiner Berichterstattung dem Hause als sogenannten schriftlichen Bericht vorlege.
({1})
Meine Damen und Herren, mit Rücksicht auf die heutige Geschäftslage bin ich dem Herrn Abgeordneten Kahn dankbar für dieses Verfahren. Ich möchte aber ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß das Verfahren künftig anders sein soll. Wir werden die Berichte ausführlich entgegennehmen.
Ich möchte allerdings einen Satz hinzufügen. Die Öffentlichkeit weiß hoffentlich auch, daß neben den offiziell über den Petitionsausschuß gelaufenen Eingaben noch Zehntausende von Eingaben an die Abgeordneten dieses Hauses gegangen sind, die auch bearbeitet worden sind, so daß dieser Bericht des Petitionsausschusses nur einen kleinen Teil der auf Grund von Eingaben wirklich geleisteten Fürsorgearbeit für Menschen, die mit Anliegen an dieses Haus herantreten, enthält. Ich möchte das ausdrücklich ausgesprochen haben.
({0})
Damit ist die Berichterstattung beendet.
Meine Damen und Herren, Ihnen liegt die Übersicht Nr. 55 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen vor. Ich bitte die Damen und Herren, die den Anträgen, die in dem Umdruck Nr. 596 zusammengestellt sind, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit des Hauses. Die Anträge dieses Umdrucks sind angenommen.
*) Schriftlicher Bericht Anlage 4 Seite 10230 Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung und Ergänzung fürsorgerechtlicher Bestimmungen ({1}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, eine Aussprache nicht stattfinden zu lassen. - Das Haus ist damit einverstanden.
Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Fragen der öffentlichen Fürsorge zu überweisen. - Das Haus ist mit dieser Überweisung einverstanden.
Ich rufe auf Punkt 3:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Personalvertretungen in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben ({2}) ({3}).
Der Herr Bundesminister des Innern befindet sich in einer Ausschußsitzung; er wird geholt. Sind Sie damit einverstanden, daß wir diesen Punkt der Tagesordnung zurückstellen?
({4})
- Es ist ja eine Aussprachezeit von 60 Minuten vom Ältestenrat vorgeschlagen; sie soll offenbar auch in Anspruch genommen werden.
({5})
Herr Abgeordneter Sabel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde bei dieser Sachlage empfehlen, daß wir auf eine Beratung heute verzichten. Die Ausschußberatung kann in den Ferien doch nicht stattfinden. Wenn der Herr Innenminister die Vorlage begründen will, sollte er das meiner Ansicht nach in der ersten Sitzung nach den Ferien tun.
Herr Abgeordneter Menzel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion wäre einverstanden, daß das Gesetz heute abgesetzt wird, wenn nach den Ferien die erste Lesung alsbald stattfindet und die Vorlage dann an den Ausschuß verwiesen wird.
Ist das Haus mit dieser Regelung einverstanden, den Punkt heute von der Tagesordnung abzusetzen und alsbald nach Beendigung der Ferien auf die Tagesordnung zu setzen? - Das Haus ist damit einverstanden. Der Punkt wird unter dieser Planung abgesetzt.
Punkt 4 - betreffend Erhöhung der Einkommensgrenzen in der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung - ist auf die morgige Tagesordnung gesetzt.
Ich rufe auf Punkt 5:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verwaltung der Deutschen Bundespost ({0}) ({1}).
({2})
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, keine Aussprache stattfinden zu lassen und den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Post und Fernmeldewesen zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden?
({3})
- Die Überweisung ist erfolgt.
({4})
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten ({5}).
Auch hier schlägt der Ältestenrat Ihnen Verzicht auf eine Aussprache vor. Die Regierung verweist auf die schriftliche Begründung. Ich schlage Ihnen die Überweisung an den Haushaltsausschuß vor. Ist das Haus mit dieser Überweisung einverstanden?
- Das ist der Fall.
Ich rufe auf Punkt 7:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung ({6}) ({7}).
Hier wird ebenfalls Verzicht auf die Aussprache vorgeschlagen. - Das Haus ist einverstanden. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht und an den Haushaltsausschuß vor,
- Das Haus ist einverstanden. Die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe auf Punkt 8:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Kapitalmarkts durch steuerliche Begünstigung festverzinslicher Wertpapiere ({8}).
Die Regierung verweist auf die schriftliche Begründung. Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, auf eine Aussprache zu verzichten. Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf zu überweisen dem Ausschuß für Geld und Kredit - federführend -, ferner dem Ausschuß für Finanzen und Steuern. dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik, dem Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen und dem Ausschuß für Kommunalpolitik. - Das Haus ist mit der Überweisung einverstanden. Die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe auf Punkt 9:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Gibbert. 'Schmitt ({9}), Junglas, Kemper, Dr. Weber ({10}). Jacobs, Dr. Preusker, Dr. Atzenroth. Dr. Mühlenfeld, Freiherr von Aretin und Genossen eingebrachten Entwurfs eines 'Gesetzes zur Einführung einer Steuer auf Schaumwein ({11}) ({12}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen hier ebenfalls Verzicht auf die Aussprache und Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen vor. - Die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe auf Punkt 10:
Beratung des Antrags des 'Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem Teilgrundstück des ehemaligen Fliegerhorstes Göttingen zugunsten der Firma Werner Tropitzsch, Textilwerk, Göttingen ({13}).
Ebenfalls schriftliche Begründung der Regierung. Keine Aussprache. Überweisung an den Haushaltsausschuß - ist erfolgt.
Ich rufe auf P unkt 11:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({14}) betreffend Neubesetzung der Ausschüsse ({15}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Hoogen.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, hier ebenfalls auf eine Aussprache zu verzichten. - Bitte, Herr Abgeordneter Hoogen!
Hoogen ({16}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Interesse der Beschleunigung kann ich zur Abkürzung meines Berichts auf den Inhalt der Drucksache Bezug nehmen. Aus der Drucksache ergibt sich alles Wesentliche.
Nach unserer Tagesordnung ist noch ein Änderungsantrag - auf Umdruck Nr. 514 - gestellt worden. Die Antragsteller haben im Ausschuß diesen Antrag zurückgezogen. Ich nehme an, daß das auch für die Plenarsitzung gilt, so daß über diesen Antrag wohl nicht mehr befunden zu werden braucht.
Ich bitte Sie, dem Antrag in Drucksache Nr. 3318 zuzustimmen.
Darf ich mich vergewissern, ob die Fraktion der Deutschen Partei diesen Antrag Umdruck Nr. 514 zurückzieht? - Dem wird nicht widersprochen. Der Antrag ist zurückgezogen.
({0})
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität, Drucksache Nr. 3318. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. - Das ist die Mehrheit des Hauses; dieser Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 12:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({1}) betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Hohl gemäß Schreiben Rechtsanwalt Dr. Kriebel, Marburg, vom 23. April 1952 ({2}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Striebeck. - Bitte schön!
Striebeck ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Schreiben vom 23. April 1952 beantragte Rechtsanwalt Dr. Kriebel aus Marburg an der Lahn als Vertreter des früheren Schriftleiters Horst Lehmann, wohnhaft in Erksdorf, Kreis Marburg, die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Heinrich Hohl, und zwar wegen öffentlicher Beleidigung. Aus den Akten geht hervor, daß der Privatkläger in Erksdorf Flüchtlingsobmann war und daß der Abgeordnete Hohl in demselben Ort Bürgermeister ist. Zwischen beiden haben wiederholt Auseinandersetzungen stattgefunden, die als politische Auseinandersetzungen zu betrachten sind und die schließlich zu dem Sachverhalt führten, der dieser privaten Klage zugrunde liegt.
In Erksdorf wurde erzählt, daß der Privatkläger in seiner Eigenschaft als Flüchtlingsobmann einem Flüchtlingsmädchen besondere Zuwendungen aus einer Spende versprochen habe, falls dieses bereit sei, mit ihm einen gemütlichen Nachmittag zu verleben. Das Flüchtlingsmädchen selbst führte dieserhalb Beschwerde beim Bürgermeister. Als es dann in einem vom Abgeordneten Hohl einberufenen Aussprechabend wiederum zu Auseinandersetzungen kam, hielt dieser dem Privatkläger die Beschuldigungen des Flüchtlingsmädchens vor und forderte ihn auf, seinen Posten als Flüchtlingsobmann niederzulegen. Der Privatkläger ist dann auch als Flüchtlingsobmann zurückgetreten. Gleichzeitig aber
({4})
hat er eine Privatklage wegen Beleidigung gegen den Abgeordneten Hohl angestrengt und beantragt nun die Aufhebung der Immunität.
Der Ausschuß für 'Geschäftsordnung und Immunität hat sich in zwei Sitzungen mit der Angelegenheit befaßt, und es wurden dort folgende Feststellungen getroffen:
1. Die angebliche Beleidigung ist in einer politischen Versammlung erfolgt, die am 10. Februar 1951 stattgefunden hat. Die Angelegenheit liegt also fast 11/2 Jahre zurück.
2. Der Abgeordnete Hohl glaubt, als Bürgermeister des kleinen Ortes Erksdorf in Wahrung berechtigter Interessen gehandelt zu haben, als er den Privatkläger auf Grund der Beschwerde des Flüchtlingsmädchens in der Versammlung zur Rede stellte.
3. Wollte der Privatkläger sich gegen die ihm gemachten Vorwürfe wehren, hätte er die Möglichkeit gehabt, damals sofort 'die zunächst Beteiligte, d. h. das Flüchtlingsmädchen als Beschwerdeführerin, zu verklagen oder sonst zur Rechenschaft zu ziehen.
4. Da der Privatkläger damals nach Aufforderung von seinem Posten als Flüchtlingsobmann zurückgetreten ist, dürfte es nicht richtig sein, die politischen Leidenschaften in Erksdorf nach 15 Monaten durch eine Gerichtsverhandlung neu aufflackern zu lassen.
Unter Berücksichtigung ,dieser Feststellungen kam der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität zu dem einstimmigen Beschluß, die Immunität des Abgeordneten Hohl nicht aufzuheben. Ich darf die Damen und Herren im Namen des Ausschusses bitten, sich diesem Beschluß anzuschließen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Aussprache findet nicht statt. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses, die Immunität des Abgeordneten Hohl nicht aufzuheben, zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit des Hauses. Der Antrag ist angenommen.
Im Interesse einer gemeinsamen Berichterstattung rufe ich auf die Punkte 13, 14 und 15:
13. Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({0}) betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dirscherl gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 12. Mai 1952 ({1});
14. Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({2}) betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dirscherl gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 30. Mai 1952 ({3});
15. Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({4}) betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dirscherl gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 17. März 1952 ({5}).
Berichterstatter ist in allen drei Fällen Herr Abgeordneter Kahn. - Bitte schön!
Kahn ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der vorliegenden Drucksache Nr. 3317 betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Kollegen Dirscherl gemäß Schreiben des Herrn Bundesministers der Justiz vom 17. März 1952 hat der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität in seiner 143. Sitzung wie folgt Stellung genommen:
Der Oberstaatsanwalt beim Landgericht Nürnberg-Fürth hat auf Grund einer Anzeige eines Herrn Mathäus Leyh aus Nürnberg gebeten, die Immunität des Herrn Abgeordneten Dirscherl wegen Betruges aufzuheben und die Genehmigung zum Strafverfahren zu geben. Dieses Ersuchen ist dem Bundestag mit Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 17. März 1952 zugegangen. Aus dem Sachverhalt ergab sich, daß der Abgeordnete Dirscherl als Leiter der Bezirksfachgruppe der Orthopädie-Schuhmachermeister Nürnberg-Nord in der Zeit vom Januar 1948 bis jetzt für jedes von einem Mitglied der Bezirksfachgruppe an die staatliche Versorgungsstelle Fürth abgelieferte Paar Schuhe einen Betrag von 0,50 RM bzw. DM hat erheben lassen, obwohl der Einzug dieser Gebühr weder nach der Satzung noch nach einem Beschluß der Mitgliederversammlung genehmigt gewesen wäre.
Der Berichterstatter hat mit dem Abgeordneten Dirscherl Rücksprache genommen und dabei erfahren, daß es sich hier um eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Antragsteller Leyh handelte, die im Zusammenhang mit einem Rechtsanwalt Fries steht, der der Prozeßvertreter des Herrn Leyh ist und der seinerzeit als bekannter Nationalsozialist von dem Kollegen Dirscherl nicht mehr zur Kammertätigkeit bei der Handwerkskammer Mittelfranken zugelassen werden konnte. Es darf noch erwähnt werden, daß Herr Leyh in einer Mitgliederversammlung der Bezirksfachgruppe am 13. Januar 1952 von der Mitgliedschaft ausgeschlossen wurde.
Der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität hat einstimmig den Beschluß gefaßt, dem Hause vorzuschlagen, die Genehmigung zur Strafverfolgung nicht zu erteilen, da die Beweggründe des Antragstellers auf rein politischer Ebene liegen und den Kollegen Dirscherl, der als Gegner des Dritten Reiches bekannt war, treffen sollten. Ich bitte das Haus, gemäß dem Ausschußantrag verfahren zu wollen.
Mit Schreiben vom 12. Mai 1952 bittet der Bundesminister der Justiz, eine Entscheidung des Hauses herbeizuführen, ob die Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Kollegen Dirscherl wegen Beleidigung des Rechtsanwaltes Fries aus Nürnberg erteilt wird. Dem Ersuchen liegt eine Strafanzeige des Rechtsanwalts Hans Fries aus Nürnberg zugrunde, in der ausgeführt wird, daß der Kollege Dirscherl in einer Mitgliederversammlung der Bezirksfachgruppe der OrthopädieSchuhmachermeister Bayern-Nord unter anderem gegenüber dem Anzeigenden die Bezeichnung „Schweinehund" gebraucht haben soll.
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Im übrigen befaßt sich der Anzeigende in seiner Anzeige mit dem Sachverhalt, der bereits anläßlich der Strafanzeige des Mathäus Leyh in der 143. Sitzung des Ausschusses vom 5. April behandelt worden ist.
Als Berichterstatter vertrat ich im Ausschuß die Auffassung, daß diese Anzeige des Rechtsanwalts Fries im Rahmen einer politischen Auseinander({8})
setzung des Abgeordneten Dirscherl mit Fries zu betrachten sei. Abgeordneter Dirscherl gilt als politischer Widerstandskämpfer, und die Anzeige gegen den Kollegen Dirscherl ist typisch für politische Racheakte. Der Ausschuß hat einstimmig beschlossen, dem Ersuchen auf Aufhebung der Immunität des Kollegen Dirscherl nicht stattzugeben. Ich bitte das Haus, demgemäß verfahren zu wollen.
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-Meine Damen und Herren, da fällt soeben der Ausdruck: „Das war ja in Bayern!" Wo anders, verehrter Kollege, kommt so etwas auch vor!
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Das ist die gemeinsame Überzeugung des Hauses, Herr Kollege Kahn.
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Kahn ({1}), Berichterstatter: Ich danke schön, Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Der Orthopädie-Schuhmachermeister Mathäus Leyh aus Nürnberg hat am 21. April dieses Jahres eine erneute Anzeige gegen den Bundestagsabgeordneten Dirscherl wegen Unterschlagung erstattet. Der Antragsteller behauptete in seiner Klage, Kollege Dirscherl habe Ende April 1945, kurz vor der Besetzung Nürnbergs durch alliierte Truppen, 250 kg Rohleder von der Schuhmacherinnung Nürnberg erhalten und diese Menge angeblich unterschlagen. Nach eingehender Stellungnahme im Ausschuß wurde festgestellt, daß Kollege Dirscherl weder Leder in der behaupteten Menge erhalten noch unterschlagen hat. Auch in diesem Fall wurde festgestellt, daß es sich bei der Anzeige um einen politischen Racheakt handelt und daß diese Anzeige und die übrigen beiden rein vexatorischen Charakter tragen. Einstimmig mußte der Ausschuß auch in diesem Falle zu der Überzeugung kommen, daß die erbetene Aufhebung der Immunität nicht erteilt werden sollte.
Darf ich das Hohe Haus bitten, auch in diesem Falle gemäß dem Ausschußbericht verfahren zu wollen.
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Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, wir erleichtern uns das Leben, wenn wir über alle drei Anträge gemeinsam abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrage des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität in diesen drei Fällen zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist einstimmig; die Anträge sind angenommen.
Ich rufe auf Punkt 16 der Tagesordnung:
a) Beratung des Schriftlichen Berichts*) des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({0}) über die Behandlung von Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht ({1});
b) Beratung der Übersicht Nr. 1 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht ({2}).
Berichterstatter ist an Stelle des Herrn Abgeordneten Dr. Laforet Herr Abgeordneter Dr. Weber. Ich habe die Frage, ob wir einen Berichterstatter brauchen. - Offenbar nicht! Das Verfahren, das der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht im Umdruck Nr. 600 vorschlägt, ist durch den Ausschuß erarbeitet und von allen Mitgliedern des Ausschusses gebilligt worden. Die Übersicht Nr. 1 ist der erste sichtbare Ertrag des vom Ausschuß vorgeschlagenen Verfahrens. Künftig werden solche Übersichten in regelmäßigen Zeitabständen, ähnlich wie die Übersichten des Petitionsausschusses, vorgelegt werden, damit die Abgeordneten über die Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht, auch soweit eine Stellungnahme nicht erfolgen soll, unterrichtet sind und die Möglichkeit haben, sich darüber ein Bild zu verschaffen.
Ich bitte zunächst die Damen und Herren, die dem Antrage des Ausschusses auf der letzten Seite -4 - des Umdrucks Nr. 600 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist - offenbar doch einstimmig - angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über die Übersicht Nr. 1. Umdruck Nr. 601. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag, der vom Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht in dieser Übersicht gestellt worden ist, zustimmen wollen, eine Hand zu erheben. - Das ist einstimmig.
Damit, meine Damen und Herren, haben wir auch die heutige Tagesordnung erledigt.
Ich berufe die nächste, die 227. Sitzung des Deutschen Bundestages, auf morgen, Sonnabend, den 19. Juli, 9 Uhr, und schließe die 226. Sitzung.