Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 215. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach der Abgeordnete Kuhlemann für vier Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme, der Abgeordnete Dr. Dr. Müller ({0}) für vier Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme, der Abgeordnete Mayer ({1}) für vier Wochen wegen Krankheit, der Abgeordnete Dr. Pferdmenges für drei Wochen wegen Krankheit.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Loritz, Frau Arnold, Dr. Veit, Determann, Feldmann, Hilbert, Dr. Serres, Schmücker, Dr. Henle, Neumann, Frau Schroeder ({2}), Brandt, Jahn, Dr. Povel, Gockeln, Frau Kipp-Kaule, Rademacher, Wackerzapp, Dirscherl, Lausen, Juncker.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Dr. Kopf, Leibfried, Schill, Wallner, Dannemann, Dr. Bucerius, Paul ({3}), Harig, Frau Strohbach, Reimann, Rische, Vesper, Agatz, Dr. Schröder ({4}), Neuburger, Geritzmann.
Weiter gelten als entschuldigt die an der Beratenden Versammlung des Europarates in Straßburg teilnehmenden Abgeordneten.
Meine Damen und Herren, ich darf unterstellen, daß der Urlaub, soweit er aber eine Woche hinausgeht, von Ihnen genehmigt wird. - Das ist der Fall.
Die weiteren amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung in das Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Deutsche Bundesrat hat in seiner Sitzung am 23. Mai 1952 beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 13. Mai 1952 die Kleine Anfrage Nr. 258 der Fraktion der FU ({0}) betreffend Gästehaus des ehemaligen Vermögens Reichsparteitag/Bayerischer Staat, Nürnberg ({1}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3391 vervielfältigt.
Der Herr Bundeskanzler hat unter dem 16. Mai 1952 die Kleine Anfrage Nr. 265 der Fraktion der SPD betreffend Weißbuch über die Saarfrage ({2}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3383 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 13. Mai 1952 die Kleine Anfrage Nr. 266 der Abgeordneten Albers, Dr. Pünder und Genossen betreffend Eisenbahn-Ausbesserungswerk Köln-Nippes ({3}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3382 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 17. Mai 1952 die Kleine Anfrage Nr. 267 der Abgeordneten Dr. Frey, Frau Niggemeyer und Genossen
betreffend zwangsweise Holzeinschläge durch die Besatzungsmächte ({4}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3393 vervielfältigt.
Der Herr Beauftragte des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen hat unter dem 21. Mai 1952 zur Kleinen Anfrage Nr. 269 der Abgeordneten Albers, Dr. Pünder und Genossen betreffend Absichten der belgischen Besatzungsbehörden auf Beschlagnahme von Gelände im äußeren Grüngürtel der Stadt Köln für Zwecke von Kasernenbauten ({5}) einen Zwischenbericht gegeben, der als Drucksache Nr. 3401 vervielfältigt wird.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 23. Mai 1952 die Kleine Anfrage Nr. 270 der Fraktion der FU ({6}) betreffend Verkauf eines Dürer-Bildes ({7}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3405 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Arbeit hat am 19. Mai 1952 auf den Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 155. Sitzung den 6. Bericht für den Zeitraum vom 1. 2. bis 31. 3. 1952 über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes vorgelegt, der als Drucksache Nr. 3406 vervielfältigt wird.
Mir ist ein Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes zugegangen, der Ihnen als Drucksache Nr. 3408 vorliegt. Darf ich unterstellen, daß dieser Antrag als Änderungsantrag zu dem Antrag, der unter Punkt 18 der Tagesordnung zur Debatte steht, mit diesem zusammen behandelt wird?
({8})
- Soll damit verbunden werden. Dann verbinde ich den Antrag als selbständigen Antrag mit der Beratung des Punktes 18. - Das Haus ist damit einverstanden.
Herr Abgeordneter Mende wünscht zur Tagesordnung das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, vorschlagen zu dürfen, daß wir im Anschluß an Punkt 6 der Tagesordnung einen kurzen Mündlichen Bericht des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität entgegennehmen, der die Genehmigung des Bundestages zur Zeugenvernehmung der Mitglieder dieses Hauses von Aretin und Donhauser bei einer Hauptverhandlung in München am 3. Juni 1952 zum Inhalt hat. Der Bericht sollte morgen erstattet werden. Aus technischen Gründen kann dies morgen durch den Berichterstatter nicht geschehen. Ich bitte, den Bericht bereits heute entgegennehmen zu wollen.
Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist. - Offenbar!
Ich bin weiter gebeten worden, noch mitzuteilen, daß die für heute angesetzte Sitzung des Unterausschusses Ufi-Vermögen um 15 Uhr 30 in Zimmer 204 Süd stattfinden soll. Ich bitte die Mitglieder des Unterausschusses, freundlichst davon Kenntnis zu nehmen.
Damit, meine Damen und Herren, können wir in die Tagesordnung eintreten.
({0})
Wir haben als ersten Punkt der Tagesordnung die
Fragestunde ({1}).
Wir beginnen mit der Fragestunde um 13 Uhr 36.
Zur ersten Frage Herr Abgeordneter Herrmann.
Herrmann ({2}), Anfragender: In Vertretung frage ich:
Gedenkt die Bundesregierung für alle Ruhestandsbeamten ein einheitliches Versorgungsrecht einzuführen, und wann gedenkt sie es zu tun?
Der Bundesminister des Innern zur Beantwortung.
Eine weitgehende Vereinheitlichung des Versorgungsrechts für alle Versorgungsempfänger, deren Versorgungsbezüge der Bund trägt, ist in den Übergangsvorschriften des Entwurfs für das Bundesbeamtengesetz, der Ihnen vorliegt, vorgesehen. Angestrebt wird insbesondere eine Angleichung der Höhe der Versorgungsbezüge und des Ruhens beim Bezug eines Einkommens aus einer neuen Beschäftigung.
Eine Vereinheitlichung für die Länder, Gemeinden und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts könnte allerdings nur auf Grund eines Rahmengesetzes nach Art. 75 Abs. 1 des Grundgesetzes durchgeführt werden. Die Vorbereitung zu einem solchen Rahmengesetz kann aber von uns erst in Angriff genommen werden, wenn das Bundesbeamtengesetz, das, wie ich Ihnen schon sagte, vorliegt, durchgeführt ist.
Herr Abgeordneter Herrmann hat keine Zusatzfrage.
Ich komme zur Frage 2. Diese erledigt sich dadurch, daß Herr Abgeordneter Dr. Becker - -({0}) - Also, meine Damen und Herren, die Informationen gehen durcheinander. Die Frage 2 erledigt sich nicht dadurch, daß Herr Abgeordneter Dr. Becker in Straßburg ist, sondern Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth wünscht sie zu stellen. Bitte!
Ich frage für den Kollegen Dr. Becker:
Wieviel sogenannte Flüchtlingskredite sind bis zum 21. Juni 1948 in Reichsmark, wieviel summenmäßig danach in Deutscher Mark ausgegeben?
Wieviel von diesen Krediten in RM und in DM sind als verloren zu betrachten?
Welcher Betrag steht, eingerechnet die ausgeliehenen, aber nicht als verloren zu bezeichnenden Kredite, nunmehr für die Zukunft zu Kreditzwecken zur Verfügung, und durch welche Behörden bzw. Institute?
Darf ich fragen, wer die Frage zu beantworten wünscht? - Der Herr Bundesminister für Vertriebene!
Ich kann die Frage nicht eingehend beantworten, weil dazu eine eingehende Statistik der Länder über die Summen notwendig ist. Im allgemeinen sind wir darüber heute unterrichtet, und ich könnte insoweit auch Auskunft geben, nicht aber darüber, wieviele dieser Kredite in Not geraten sind. Dazu bedarf es einer Anfrage, und ich bitte, mir da Frist zu gewähren. Ganz allgemein möchte ich sagen, daß erstaunlich wenig dieser Kredite in Not geraten sind.
Dr. Atzenroth ({0}), Anfragender: Darf ich eine Zusatzfrage stellen, Herr Präsident?
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Atzenroth, bitte!
Dr. Atzenroth ({0}), Anfragender: Ist es möglich, diese Frage innerhalb einer Frist von einem Monat zu beantworten?
Jawohl, innerhalb zwei Wochen.
Darf ich vorschlagen, daß eine schriftliche Beantwortung vorgesehen wird.
Das wäre das beste.
Dr. Atzenroth ({0}), Anfragender: Einverstanden!
Sie sind damit einverstanden.
Zu Frage 3 Frau Abgeordnete Dr. Ilk!
Frau Dr. Ilk ({0}), Anfragende: Ich frage den Herrn Bundesinnenminister:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen oder gedenkt sie zu treffen, um
1. die Gebühren der Hebammen überall im Bundesgebiet den heutigen Verhältnissen anzupassen,
2. allen Hebammen das Mindesteinkommen zu sichern, auf das sie nach dem Hebammengesetz Anspruch haben?
Der Herr Bundesminister des Innern!
Zu der ersten Frage darf ich ausführen, daß eine Verordnung über die den Hebammen von den Krankenkassen für Hebammenhilfe zu zahlenden Gebühren ausgearbeitet ist und dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet werden wird, sobald das noch ausstehende Einverständnis des Bundesministers für Arbeit und des Bundesministers für Wirtschaft vorliegt. Die Verordnung sieht eine Erhöhung der bisherigen Gebührensätze um 25 % für das ganze Bundesgebiet vor.
Zu Frage 2 darf ich Ihnen sagen: Die Durchführung des Hebammengesetzes und die Sicherung des Mindesteinkommens der Hebammen nach Maßgabe dieses Gesetzes sind zunächst eine Angelegenheit der Länder.
({0})
Allerdings ist das Gesetz von der Einführung der Gewerbefreiheit in den Ländern der amerikanischen Zone insofern berührt, als nur den Hebammen mit einer Niederlassungserlaubnis nach § 10 des Gesetzes ein jährliches Mindesteinkommen gewährleistet werden kann. Die Sicherung eines Mindesteinkommens für alle Hebammen wird daher zunächst davon abhängen, in welchem Umfange es auf Grund des Deutschlandvertrages jetzt möglich sein wird, die durch Besatzungsrecht entstandenen Hindernisse bei der Durchführung dieses Gesetzes auszuräumen.
Frau Dr. Ilk ({1}), Anfragende: Danke sehr!
Die Frage ist erledigt. Zur Frage 4 Frau Abgeordnete Kalinke!
Frau Kalinke ({0}), Anfragende: Ich frage:
Wann gedenkt die Bundesregierung das Gesetz über die Errichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 13. Dezember 1950, vorzulegen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Arbeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat nach dem Beschluß des Bundestages vom 13. Dezember 1950 die Vorarbeiten, die notwendig sind, um diesem Beschluß zu entsprechen, in Angriff genommen. Dabei ergeben sich zunächst einmal Schwierigkeiten technischer Natur, die allerdings relativ einfach für uns zu überwinden sind. Es sind aber auch Probleme finanzpolitischer Natur zu prüfen, und hierbei mußten erst eine Reihe von Voraussetzungen geschaffen werden, um mit den Abschlußarbeiten beginnen zu können.
Einmal mußten die Rechnungsergebnisse der Rentenversicherung der Angestellten seit dem Jahre 1945 bei den einzelnen Versicherungsanstalten, die die Angestelltenversicherung treuhänderisch durchführen, festgestellt und mußte ihr Gesamtergebnis verarbeitet werden. Dabei haben sich außerordentliche Schwierigkeiten daraus ergeben, daß in den einzelnen Ländern die Finanzierung der Rentenversicherung der Angestellten unterschiedlich gehandhabt wurde. An der Fertigstellung der Rechnungsergebnisse für die zurückliegenden Jahre nach bundeseinheitlichen Gesichtspunkten wird noch gearbeitet. Die Arbeiten werden bald abgeschlossen sein. Sodann mußten die Rechnungsergebnisse und die Vermögensbestände der stillgelegten Reichsversicherungsanstalt für Angestellte ermittelt werden. Das war erst möglich, nachdem die vom Bundestag geforderte Übertragung der treuhänderischen Verwaltung des Vermögens der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte auf die Bundesregierung bzw. auf den Senat des Landes Berlin erfolgt war. Das ist erst Mitte 1951 geschehen. Die Arbeiten werden im Juli 1952 abgeschlossen sein.
13m ein exaktes Bild über die finanzielle Entwicklung der Angestelltenversicherung zu erhalten, mußte die anfangs 1951 fertiggestellte versicherungsmathematische Bilanz abgeändert werden, und zwar erstens im Hinblick auf die erst im Februar dieses Jahres veröffentlichten endgültigen Ergebnisse der Volkszählung von 1950. Das ist insbesondere wegen der Altersgliederung des deutschen Volkes von großer Wichtigkeit. Zweitens: Erst jetzt sind die Auswirkungen des Rentenzulagengesetzes vom 10. August 1951 einigermaßen zu übersehen. Drittens muß die seit Beginn des Jahres 1951 eingetretene Erhöhung des Lohn- und Gehaltsniveaus berücksichtigt werden. Viertens sind die finanziellen Auswirkungen des Bundesversorgungsgesetzes auf die gesetzlichen Rentenversicherungen und fünftens die Einbeziehung der Berliner Rentenversicherung in die neue Versicherungsanstalt zu berücksichtigen. Die Arbeiten sind in vollem Gange. Wir hoffen, sie sehr bald abschließen zu können. Dann wird die Angelegenheit sofort dem Kabinett vorgelegt.
Haben Sie eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete?
Frau Kalinke ({0}), Anfragende: Halten Sie es für möglich, Herr Staatssekretär, daß Sie das Gesetz noch vor der Sommerpause dem Bundestag vorlegen können?
Vor der Sommerpause, glaube ich, nicht mehr.
Zur Frage 5 Frau Abgeordnete Kalinke.
Frau Kalinke ({0}), Anfragende:
Was gedenkt die Bundesregierung außer den in der Presse veröffentlichten Appellen zu tun und welche gesetzlichen Maßnahmen wird sie ergreifen, um den Beschluß des Bundestages vom 23. Januar 1952 über die Schaffung von Arbeitsplätzen für Jugendliche und ältere Angestellte zu verwirklichen?
Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Arbeit.
Meine Damen und Herren! Auf dem Gebiet, das die Frau Antragstellerin hier anschneidet, haben wir zunächst versucht, mit allen möglichen Mitteln, insbesondere mit Aufrufen, Erfolge zu erzielen. Das ist uns auch bis zu einem gewissen Grade gelungen.
({0})
Wir haben daneben noch weitere Maßnahmen eingeleitet, die auf diesem Gebiet zu einem noch besseren und sogar bis zu einem vollen Erfolg führen dürften.
A) Steuerliche Vergünstigungen für Betriebe bei der Einstellung älterer Angestellter und Jugendlicher. Die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen wird zur Zeit geprüft. Es bestehen gewisse finanztechnische Bedenken. Die Frage wird in Kürze in einer Chefbesprechung zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und dem Bundesministerium der Finanzen behandelt.
B) Berücksichtigung der älteren Angestellten und der Jugendlichen bei der Arbeitsvermittlung. Bei der Vergabe von Krediten für die Beschaffung neuer Arbeitsplätze wird Sorge getragen, daß in angemessenem Umfang Arbeitsplätze für ältere Angestellte und Jugendliche eingerichtet werden. U. a. sind bei der Durchführung des Schwerpunktsprogramms von 300 Millionen DM die Kreditnehmer angehalten worden, vorzugsweise Arbeitsplätze für Jugendliche und ältere Angestellte einzurichten. Bei der Durchführung des Programms zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen aus Mitteln des Hauptamtes für Soforthilfe wird in jedem Falle die Auflage erteilt, einen gewissen Anteil älterer Angestellter und Jugendlicher aufzunehmen.
C) Es sind weiterhin spezielle Maßnahmen für Jugendliche vorgesehen: Das Bundesministerium für Wirtschaft hat für das neue Haushaltsjahr 20 Millionen DM Kredite für die Errichtung von Lehrwerkstätten, 10 Millionen DM Zuschüsse für die Aufnahme zusätzlicher Lehrlinge im Handwerk und 20 Millionen DM Zuschüsse für die Einrichtung von Grundausbildungslehrgängen bei den Berufsschulen beantragt.
({1})
Darüber hinaus bestehen Bestrebungen, durch ein „Gesetz über eine Arbeits- und Berufshilfe" der berufslosen Jugend zu helfen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete?
Frau Kalinke ({0}), Anfragende: Nein!
Zur Frage 6 Frau Abgeordnete Kalinke.
Frau Kalinke ({0}), Anfragende: Ich frage den Vertreter des Herrn Arbeitsministers:
Wieviele weibliche Erwerbspersonen gibt es im Bundesgebiet?
Wieviele weibliche pflichtversicherte Beitragszahler gibt es in der Arbeitslosenversicherung?
Wieviele Frauen sind für die Organe der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vorgeschlagen
a) von der Bundesregierung
b) von dem Bundesrat
c) von den Spitzenvereinigungen der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften
d) von den Gewerkschaften
e) von den Arbeitgebern?
Wieviele Frauen hat der Bundesminister für Arbeit in den Vorstand und in den Verwaltungsrat berufen, und sind auch die Vorschläge der Minderheiten berücksichtigt?
Wieviele Frauen wurden inzwischen als Präsidenten von Landesarbeitsämtern benannt? ({1})
Bitte, Herr Staatssekretär!
Ich darf die Fragen wie folgt beantworten.
Im Bundesgebiet wurden am 31. März 1952 insgesamt 8 819 000 weibliche Erwerbspersonen gezählt. Davon gehörten zu den Selbständigen und Mithelfenden 3 793 000 Frauen und zu den beschäftigten Arbeiterinnen, weiblichen Angestellten und Beamtinnen 4 521 000 Personen. Hierzu kamen im gleichen Zeitpunkt 505 000 weibliche Arbeitslose.
Die Zahl der weiblichen Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung dürfte im Bundesgebiet am 29. Februar dieses Jahres mit 3,33 Millionen anzunehmen sein. Diese Zahl ist geschätzt. Die Schätzung stützt sich im wesentlichen auf den statistisch feststellbaren Anteil der versicherungspflichtigen weiblichen Personen in der Krankenversicherung zur Gesamtzahl der versicherungspflichtigen Personen.
Für die Organe der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung wurden vorgeschlagen: a) von der Bundesregierung eine Frau, b) vom Bundesrat keine Frau, c) von den Spitzenvereinigungen der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften keine Frau,
({0})
d) von den Gewerkschaften sieben Frauen und
e) von den Arbeitgebern eine Frau.
({1})
Unter Berücksichtigung der Vorschläge der Minderheiten wurden in den Vorstand drei Frauen
und in den Verwaltungsrat fünf Frauen, zusammen acht Frauen berufen. Mithin wurden hierbei alle von den zuständigen Stellen für die Organe der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vorgeschlagenen Frauen berücksichtigt bis auf eine von der DAG als Stellvertreterin für den Vorstand benannte Frau. Die Rechte der Minderheit sind insoweit gewahrt, als bei der Besetzung des Vorstandes auch eine Vertreterin der DAG, also der Angestelltengewerkschaft, als Vorstandsmitglied aufgenommen wurde.
Als Präsidenten von Landesarbeitsämtern wurden inzwischen keine Frauen benannt, und dem Bundesarbeitsministerium ist auch nicht bekannt, daß bisher ein Wechsel von Personen in der Leitung der Landesarbeitsämter vorgenommen wurde.
Frau Abgeordnete Kalinke zu einer Zusatzfrage!
Frau Kalinke ({0}), Anfragende: Zusätzlich frage ich den Herrn Staatssekretär: Welche Gewerkschaften haben Vorschläge gemacht, und welche Frauenberufsverbände haben darüber hinaus Vorschläge gemacht? Wie setzen sich die Minderheiten zusammen? Wenn ich Sie recht verstanden habe, betrachten Sie nur die Vertreterin der DAG als eine Vertreterin der Minderheit.
({1})
Es haben Vorschläge gemacht der DGB, die DAG und der Verband weiblicher Angestellter.
({0})
- Verzeihen Sie! Der Herr Minister, der ja an die Reihenfolge der Vorschlagslisten gebunden ist und nach dem Gesetz lediglich gehalten ist, für die Minderheiten zu sorgen, hat infolgedessen nach der Reihenfolge der Listenzahl, da bei der DAG eine Frau vorn stand, diese Frau berufen.
Keine weitere Frage, Frau Abgeordnete Kalinke?
Frau Kalinke ({0}), Anfragende: Nein! ({1})
Die Frage 7 wird an Stelle des Herrn Abgeordneten Dr. Reismann Herr Abgeordneter Dr. Bertram stellen.
Dr. Bertram ({0}), Anfragender: Ich frage die Bundesregierung:
Bei welchem Lebensalter liegt jetzt die Altershöchstgrenze für die Wiedereinstellung von früheren Beamten des früheren Auswärtigen Amtes? Seit wann ist sie so?
Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts!
Es ist zu unterscheiden zwischen einer Wiederverwendung als Beamter oder als Angestellter.
Nach dem Bundespersonalgesetz kann zum Beamten nur ernannt werden, wer noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hat. Darüber hinaus sollen gemäß § 14 der Reichsgrundsätze für die Einstellung, Anstellung und Beförderung der Beamten
({0})
in der Bundesfassung frühere Beamte nach Vollendung ihres 62. Lebensjahres nicht wieder als Beamte des neuen Auswärtigen Dienstes in Planstellen eingewiesen werden. Das gilt nicht für Personen, die wiedergutmachungsberechtigt sind. Des weiteren können Ausnahmen gemacht werden, wenn ein dringendes sachliches Bundesinteresse vorliegt.
Für die Verwendung als Angestellte gilt eine Altersgrenze nicht. Soweit eine Verwendung von Angestellten auch über das vollendete 65. Lebensjahr zweckmäßig ist, geschieht sie auf Grund eines besonderen Dienstvertrages.
Diese Grundsätze werden angewendet, seit sie gelten.
Eine Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall.
Zur Frage 8 Herr Abgeordneter Dr. Bertram! Dr. Bertram ({0}), Anfragender:
Was ist geschehen, um die Freigabe des Werler Stadtwaldes, wie es der Bundestag in seiner 204. Sitzung beschlossen hat, zu erreichen?
Darf ich die Bundesregierung fragen, wer die Frage 8 zu beantworten wünscht. - Der Herr Bundesminister der Finanzen!
Ich bitte zu entschuldigen, daß ich so spät komme. Mir wurde mitgeteilt, daß ich nur die Frage 9 zu beantworten hätte.
Zu der Frage, was geschehen ist, um die Freigabe des Werler Stadtwaldes, wie es der Bundestag in seiner 204. Sitzung beschlossen hat, zu erreichen, nehme ich wie folgt Stellung. Das Bundeskanzleramt, Dienststelle Blank, hat auf Grund dieses Beschlusses mit Schreiben vom 5. Mai 1952 bei der Britischen Hohen Kommission einen Antrag gemäß Nr. 1 der Bundestagsdrucksache Nr. 3247 gestellt und darin die schwierige Lage der Stadt Werl dargelegt, die durch die verhältnismäßig starke Belegung mit Besatzungstruppen entstanden ist. Die Britische Hohe Kommission hat hierzu am 16. Mai 1952 mitgeteilt, daß die Beschlagnahme nicht aufgehoben werden könne. Die Inanspruchnahme des Werler Stadtwaldes sei nach mehrfachen eingehenden Beratungen mit den im Interministeriellen Ausschuß des Landes Nordrhein-Westfalen vertretenen Ressorts und nach Prüfung verschiedener Ersatzvorschläge erfolgt. Das Bundeskanzleramt, Dienststelle Blank, ist am 20. Mai 1952 im Einvernehmen mit der Stadtverwaltung Werl nochmals an die Britische Hohe Kommission herangetreten und hat darum gebeten, daß zum Ausgleich für die Beschlagnahme des Werler Stadtwaldes das von der belgischen Besatzungsmacht requirierte Zweigwerk Werl „Union Sils van de Loo u. Co.", das früher 1000 Arbeitnehmer beschäftigt hat, freigegeben wird. Eine solche Freigabe würde für die Stadt Werl und seine Bevölkerung von größter Bedeutung sein und insbesondere für die Stadt erhebliche finanzielle Vorteile mit sich bringen. Die Antwort der Britischen Hohen Kommission steht zur Zeit noch aus.
Dr. Bertram ({0}), Anfragender: Ich habe eine Zusatzfrage.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Bertram!
Dr. Bertram ({0}), Anfragender: Wer hat den ersten Brief an die Britische Hohe Kommission unterschrieben?
({1})
Da muß ich erst in den Akten nachsehen, um das festzustellen.
Dr. Bertram ({0}), Anfragender: Es interessiert mich insbesondere, ob der Bundeskanzler selber den Brief unterzeichnet hat.
({1})
- Ich möchte es gern wissen.
Ich nehme an, daß der Herr Bundeskanzler solche Briefe nicht persönlich unterschreibt. Aber ich kann die Unterschrift zur Zeit nicht feststellen.
Dr. Bertram ({0}), Anfragender: Herr Minister, halten Sie diesen Brief für eine ausreichende Maßnahme, um den Beschluß des Bundestags durchzuführen?
Ich halte es für völlig ausreichend, wenn die Bundesregierung sich bemüht, durch Vorstellungen bei der britischen Besatzungsmacht das erstrebte Ziel zu erreichen. So wie die Rechtsverhältnisse liegen, kann ein Zwang gegenüber der Besatzungsmacht nicht ausgeübt werden.
Dr. Bertram ({0}), Anfragender: Wäre es nicht zweckmäßiger gewesen, daß die Bundesregierung sich - ({1})
- Es ist wohl Sache des Präsidenten, über die Zulässigkeit einer Zusatzfrage zu entscheiden.
Herr Abgeordneter Dr. Bertram hat das Wort zu einer Zusatzfrage.
Dr. Bertram ({0}), Anfragender: Wäre es nicht zweckmäßiger gewesen, daß die Bundesregierung sich unmittelbar mit dem Britischen Hohen Kommissar in Verbindung gesetzt hätte, um ihrerseits den Willen des Bundestags, der hier einstimmig zum Ausdruck gekommen ist, auch auf der höchsten Ebene durchzusetzen zu versuchen?
Es ist selbstverständlich, daß die Schreiben, die unter Bezugnahme auf einen Beschluß des Bundestages und im Namen der Bundesregierung ergehen, Stellungnahmen der Bundesregierung sind. Wenn in allen diesen Sachen der Bundeskanzler persönlich sich einschaltete, würde er seine Einschaltung für sehr wichtige Angelegenheiten entwerten.
Dr. Bertram ({0}), Anfragender: Dann entnehme ich daraus, daß Sie diese Angelegenheit, obwohl ein Beschluß des Bundestages -
Herr Abgeordneter Dr. Bertram, Sie können hier nur Fragen stellen; es ist nicht Ihre Aufgabe, Kommentare zu geben.
Zur Frage 9 Herr Abgeordneter Dr. Hoffmann!
Dr. Hoffmann ({0}) ({1}), Anfragender: Ich frage den Herrn Bundesminister der Finanzen:
Ist dem Herrn Bundesminister der Finanzen bekannt, daß die volle Auszahlung der Steuerrückvergütung für Exportumsätze in den Bezirken verschiedener Oberfinanzdirektionen erheblich verzögert wird, weil angeblich nicht genügend Prüfer zur Verfügung stehen? Wird dadurch nicht die beabsichtigte Wirkung der Exportförderung erheblich beeinträchtigt?
Zur Beantwortung der Anfrage der Herr Bundesminister der Finanzen!
Es ist dem Bundesminister der Finanzen bekannt, daß sich bei einzelnen Finanzämtern infolge ihrer Überlastung Schwierigkeiten ergaben, die Anträge auf Ausfuhrhändler- und Ausfuhrvergütungen in kurzer Frist nachzuprüfen. Der Bundesminister der Finanzen hat deswegen mit Erlaß vom 22. April 1952 Anweisungen gegeben, die es ermöglichen, in Zukunft Unternehmern, die Ausfuhrvergütungsund Ausfuhranträge stellen, die Auszahlung sofort, im allgemeinen schon nach Eingang des Antrages, zu überweisen, wenn der Unternehmer nach seinem bisherigen Geschäftsverfahren und seinen bisherigen Ausfuhranträgen keinen Anlaß zu einer Beanstandung gegeben hat.
Die Frage ist damit erledigt.
Herr Abgeordneter Dr. Miessner zur Frage 10!
Dr. Miessner ({0}), Anfragender: Ich frage den Herrn Bundesminister der Finanzen:
Treffen die Pressemeldungen zu, nach denen seitens der Bundesregierung beabsichtigt ist, den erforderlich gewordenen Teuerungszuschlag an Beamte in Form eines halben Monatsgehalts zu zahlen?
Diese Pressemeldungen treffen zu.
Dr. Miessner ({0}), Anfragender: Herr Bundesminister, darf ich weiter fragen:
Welche Gründe sind maßgebend, die Teuerungszuschläge nicht - wie bisher - in prozentualen Monatszuschlägen zum Grundgehalt zu gewähren?
Es handelt sich nicht um Teuerungszuschläge, es handelt sich um eine ganz andere Überlegung. Es ist nicht möglich, die große Besoldungsreform und eine allgemeine Erhöhung der Beamtengehälter in diesem Jahre durchzuführen. Es ist aber bekannt, daß gerade bei den Beamtenfamilien ein dringender Nachholbedarf in sehr, sehr zahlreichen Fällen vorhanden ist.
({0})
- Diese Frage steht noch nicht zur Aussprache. Ich kann nur auf die Frage antworten, die mir gestellt ist.
Bei den Beamten ist der Nachholbedarf gegeben. Wenn ich prozentual die vorhandenen Mittel auf 12 Monate verteile, so wird das eigentliche Ziel, die sofortige Möglichkeit, gewissen Nachholbedarf zu befriedigen, nicht erreicht. Deswegen ist dieser Weg hier gewählt worden.
Das Wort hat zu einer Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Miessner.
Dr. Miessner ({0}), Anfragender:
Trifft es zu, daß die Pensionäre und die 131er von dem geplanten Zuschlag ausgenommen werden, und welche Gründe sind dafür maßgebend?
Maßgebend war zunächst der Grund, daß die Zuweisung an die aktiven Beamten deshalb erfolgt, weil die aktiven Beamten trotz der starken zeitlichen Inanspruchnahme, die heute die Regel ist, trotz der Tatsache, daß sie regelmäßig über die Arbeitszeit hinaus zu arbeiten haben, im Gegensatz zu all den Personen, die unter dem Tarifvertragsrecht stehen, irgendeinen Anspruch auf Überstundenvergütung etc. nicht erheben können. Das war der innere Grund.
Nun weiß ich, daß aus politischen Kreisen der Wunsch sehr stark vorgebracht wird, auch die Ruhegehaltsempfänger und die 131er einzubeziehen. Geschieht das, so reichen bei einer gleichmäßigen Behandlung aller dieser drei Personenkreise die Mittel, die die Haushalte des Bundes, der Länder und der Gemeinden zur Verfügung stellen können, nicht aus, eine solche genügende, im Einzelfall ausschlaggebende Abhilfe zu schaffen. Infolgedessen ist es notwendig geworden, mit den Verbänden und mit den Parteien dieses Hauses Fühlung zu nehmen, ob sich ein Weg finden läßt, diesen Wünschen innerhalb der gegebenen Mittel in irgendeiner Form Rechnung zu tragen. Ich bemerke, daß das nur dadurch geschehen kann, daß auf der andern Seite Maßnahmen, die beabsichtigt sind, entweder unterbleiben oder verzögert werden.
Dr. Miessner ({0}), Anfragender: Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Keine Zusatzfrage!
Die Frage 11 hat sich, wie mir Abgeordneter Pannenbecker mitgeteilt hat, durch die Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucksache Nr. 3382 erledigt.
Zu Frage 12 hat der Abgeordnete Dr. Ott das Wort.
Dr. Ott ({0}), Anfragender: Ich frage die Bundesregierung:
Ist der Bundesregierung Näheres über das der deutschen Öffentlichkeit durch Pressemeldungen zur Kenntnis gelangte Vorhaben der französischen Regierung bekannt, deutsche heimatvertriebene Landwirte auf brachliegenden Höfen in Südfrankreich zwischen Bordeaux und Biarritz anzusiedeln?
Welche Stellungnahme nimmt die Bundesregierung hierzu ein?
Der Bundesminister des Innern, bitte!
Der Bundesregierung ist nichts über ein Vorhaben der französischen Regierung - ich betone die Worte: französische Regierung - bekannt, deutsche heimatvertriebene Landwirte auf brachliegenden Höfen in Südfrankreich zwischen Bordeaux und Biarritz anzusiedeln. Nach Pressemitteilungen hat die
({0})
französische Regierung ausdrücklich dementiert, daß sie beabsichtige, ein derartiges Vorhaben durchzuführen.
Aber soweit große karitative internationale Organisationen wie z. B. der Weltrat der Kirchen oder der Lutherische Weltbund derartige Vorhaben beabsichtigen und ihre diesbezüglichen Bemühungen bei den zuständigen französischen Stellen Zustimmung finden, werden diese Vorhaben von der Bundesregierung begrüßt, und die Bundesregierung wäre bereit, diese internationalen Organisationen bei ihren Vorhaben gegebenenfalls zu unterstützen, auch geldliche Unterstützung zu geben.
Bei einer Siedlung im Auslande ist es eine Selbstverständlichkeit, daß nun die Auswandernden, neue Bürger eines anderen Staates, schon in ihrem eigenen Interesse loyale Staatsbürger ihres neuen Heimatlandes werden.
Ich darf zu Ihrer Kenntnis noch hinzufügen: Eine beschränkte Anzahl von Bauernfamilien ist tatsächlich durch die genannten Organisationen -also nicht durch die französische Regierung, sondern durch diese karitativen Organisationen - in den Gegenden, die Sie genannt haben, zwischen Bordeaux und Biarritz bereits angesiedelt worden, und ein weiteres Projekt ist von dem Weltrat der Kirchen an das Bundesinnenministerium herangetragen worden. Hier handelt es sich um eine Ansiedlung von etwa 30 heimatvertriebenen Bauernfamilien im Departement Drôme. Auch hier würden wir zur Unterstützung bereit sein und verhandeln im Augenblick mit den beteiligten Organisationen.
Dr. Ott ({1}), Anfragender: Damit haben Sie auch die Frage erledigt:
Ist die Bundesregierung eventuell bereit, für ein solches Vorhaben finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen?,
und die andere Frage:
Welche Garantien könnte die Bundesregierung übernehmen, um zu gewährleisten, daß durch eine derartige Aktion deutsches Volkstum nicht verloren geht?
Aber darf ich noch eine Zusatzfrage stellen?
Eine Zusatzfrage.
Dr. Ott ({0}), Anfragender: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um überhaupt dieses wertvolle Bauerntum vor der Berufsentfremdung zu bewahren?
Für uns ist jede Abwanderung wertvollen Volkstums, wertvoller deutscher Volksangehöriger höchst unerwünscht. Wir tun daher alles, was in unseren Kräften steht, um diesen Bauernfamilien auf deutschem Grund und Boden eine neue Heimstätte zu schaffen.
Damit ist die Frage 12 erledigt.
Zur Frage 13 Herr Abgeordneter Ritzel!
Ritzel ({0}), Anfragender: Ich frage den Herrn Bundesverkehrsminister:
Was beabsichtigt der Herr Minister zu tun, um der Verkehrsgefährdung durch überflüssige Rauchentwicklung von Diesel-Kraftfahrzeugen zu begegnen?
Zur Beantwortung an Stelle des verhinderten Herrn Bundesverkehrsministers Herr Präsident Dr. Frohne!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die häufig zu beobachtende starke Rauchentwicklung bei Diesel-Kraftwagen ist auf eine unzureichende Wartung des Motors und eine falsche Einstellung der Einspritzpumpe zurückzuführen. Diese falsche Einstellung wird häufig absichtlich vorgenommen, um namentlich im bergigen Gelände die Leistung des Motors zu erhöhen. Das Bundesverkehrsministerium hat sich immer wieder bemüht, gegen diese Unsitte Abhilfe zu schaffen. Leider sind die dem Bundesverkehrsminister hierzu zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt. Es sind wiederholt Empfehlungen an die Länder gerichtet und ein Merkblatt „Gefahr im DieselQualm" in mehreren tausend Exemplaren verteilt worden. Leider haben aber diese Hinweise bisher nur einen geringen Erfolg gehabt.
Abhilfe kann nur durch eine strenge Überwachung des Straßenverkehrs durch geschulte Polizeikräfte erreicht werden, durch Polizeikräfte, die zu einer entsprechenden Bestrafung einwandfreies Beweismaterial, z. B. durch photographische Aufnahmen, Absaugegeräte usw., zur Verfügung haben müssen.
Die polizeiliche Überwachung des Straßenverkehrs ist nun eine Angelegenheit der Länder. Die für die Durchführung dieser Überwachung erforderlichen gesetzlichen Grundlagen bestehen. Ein Weisungsrecht des Bundesverkehrsministers gegenüber den Ländern ist aber nicht gegeben. Ich werde aber die Anfrage, Herr Abgeordneter, benutzen, um an die Länder nochmals mit dem Ziele eines stärkeren Eingreifens durch die Polizei heranzutreten.
Eine Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Ritzel!
Ritzel ({0}), Anfragender: Ist dem Bundesverkehrsministerium bekannt, daß in den Vereinigten Staaten von Nordamerika die Rauchgase von Diesel-Kraftfahrzeugen über das Dach des Fahrzeuges hinaus abgeleitet werden müssen, und zwar nach der dem Gegenverkehr entgegengesetzten Seite? Ist das Bundesverkehrsministerium bereit, eine derartige Bestimmung in die Straßenverkehrsordnung einzuarbeiten?
Die Frage der Ableitung des Diesel-Qualms ist wiederholt Gegenstand eingehender Erörterungen im Ministerium gewesen. Sowohl die Ableitung nach rechts wie die Ableitung nach oben sind eingehend mit den Ländern und der Industrie geprüft worden. Es hat sich keine Lösung finden lassen, die dem Wunsche des Herrn Abgeordneten entspricht, obwohl auch vom Herrn Bundesverkehrsminister nach dieser Richtung hin Vorschläge gemacht worden sind.
Ritzel ({0}), Anfragender: Darf ich fragen: Ist das so aufzufassen, daß die doch praktischen Erfahrungen der Regierungen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika als für Deutschland unzweckmäßig zu betrachten sind?
({1})
Das nicht! Aber man hat bei der Ableitung nach oben festgestellt, daß durch abströmende Funken usw. die Anhängerlasten gefährdet werden. Aus diesen Gründen ist die Ableitung der Rauchgase nach oben in Deutschland verboten. In Amerika gibt es nach meiner Kenntnis zweite und dritte Anhänger nicht.
Ritzel ({0}), Anfragender: Darf ich noch eine Zusatzfrage stellen?
Noch eine Zusatzfrage! Herr Abgeordneter Ritzel!
Ritzel ({0}), Anfragender: Soweit ich weiß, ist doch auch in Deutschland geplant, die Zahl der Anhänger zu reduzieren. Wird für diesen Fall dann die Haltung der Regierung eine andere sein, wenn diese Brandgefahr für den zweiten und dritten Anhänger nicht mehr besteht?
({1})
Wir werden diese Anregung zum Anlaß einer erneuten Prüfung nehmen.
Ritzel ({0}), Anfragender: Ich danke Ihnen.
Also jetzt zur See! Zur Frage 14 Herr Abgeordneter Bromme.
Eine Zuschrift der Industrie-und Handelskammer in Lübeck gibt mir Veranlassung, folgende Frage an den Herrn Vertreter des Verkehrsministeriums zu richten:
Beabsichtigt die Bundesregierung, den Ausbau der Bundesstraße 207 als wichtigsten Zubringer für die Fährverbindung Großenbrode-Gedser durch Zurverfügungstellung von Bundesmitteln beschleunigt in Angriff zu nehmen?
Wäre die Bundesregierung insbesondere dann dazu bereit, wenn Dänemark durch Einsetzen einer zweiten Fähre sein gesteigertes Interesse an dieser Route bekunden würde?
Der Herr Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums.
Die Bundesstraße 207 von der Autobahn Lübeck Abfahrt Schwartau bis Großenbrode ist durch die Aufnahme der Fährschiffverbindung Großenbrode-Gedser zu einer internationalen Verkehrsstraße geworden. Der Verkehr auf dieser Straße durch die Fährverbindung tritt aber nur stoßweise auf. Er bewegt sich in der Hauptsache immer nur in einer Richtung, so daß im Vergleich zu den übrigen Bundesstraßen von einem sehr starken Verkehr nicht gesprochen werden kann. Der Ausbau der Bundesstraße 207 in voller Länge muß zwar als erwünscht, aber nicht als ganz besonders vordringlich bezeichnet werden. Der Ausbauzustand der Straße ist im südlichen Teil gut, im nördlichen Teil, insbesondere hinsichtlich der Fahrbahnbreite, ungenügend. Umgehungsstraßen sind bei den Orten Neustadt, Lensahn, Oldenburg und Heiligenhafen nötig. Die Gesamtausbaukosten betragen 18 bis 20 Millionen DM. Davon entfallen allein auf den Abschnitt Oldenburg-Großenbrode 4 Millionen DM. Im Rechnungsjahr 1952 konnte nur ein Betrag von 300 000 DMfür Ausbauarbeiten eingesetzt werden. Weitere Mittel lassen sich nur bei Erhöhung des gesamten Straßenbauhaushalts freimachen.
Was den zweiten Teil der Anfrage betrifft, so möchte ich bemerken, daß auf der Fährstrecke Großenbrode-Gedser von dänischer Seite bereits heute zwei Fähren eingesetzt sind. Das in Bau befindliche erste Nachkriegsfährschiff der Deutschen Bundesbahn wird 1953 in Betrieb genommen werden. Erhebliche Verbesserungen an der Eisenbahnstrecke sind durch die Deutsche Bundesbahn bereits durchgeführt worden und werden im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel weiter durchgeführt werden.
Bromme ({0}), Anfragender: Glauben Sie nicht; Herr Staatssekretär, daß es zweckmäßig gewesen wäre, den Ausbau im Hinblick auf die Festspiele in Helsinki zu beschleunigen, um einen Teil des kontinentalen Reisestroms dorthin über diese Fähre zu lenken?
Zweckmäßig, Herr Abgeordneter, ja, aber leider fehlen die Mittel.
Bromme ({0}), Anfragender: Danke sehr!
Zur Frage 15 Herr Abgeordneter Hoffmann!
Hoffmann ({0}) ({1}), Anfragender: Ich frage die Bundesregierung:
Wer erhält die Gebühren in Höhe von 50,-bis 100,- DM, von deren Bezahlung nach dem alliierten Gesetz Nr. 70 die Amnestie für nicht abgelieferte Jagdgewehre abhängig gemacht wird?
Hat die Bundesregierung die Absicht und die Möglichkeit, diese Gebühren für diejenigen Gewehrbesitzer zur Verfügung zu stellen, die ihre Waffen durch Kriegseinwirkung verloren haben?
Die Gebühr fließt tatsächlich den unteren Verwaltungsbehörden zu. Ob eine Möglichkeit besteht, diese Gebühr denjenigen Gewehreigentümern zur Verfügung zu stellen, die ihre Waffen durch Kriegseinwirkungen verloren haben, wird zur Zeit im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzminister geprüft. Ich würde es sehr begrüßen, wenn es möglich wäre, diese Gebühr den Betroffenen zuzuleiten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hoffmann?
Hoffmann ({0}) ({1}), Anfragender: Ist es möglich, daß diejenigen ihre Gewehre wieder zurückerhalten, die sie 1945 gegen Abnahmebescheinigung abgegeben haben? Würden die Besatzungstruppen diese zurückgeben?
Im Bereich der britischen Zone ist von der Besatzung beabsichtigt, diese von ihr beschlagnahmten Waffen zurückzugeben, soweit sie noch vorhanden sind. Es wird sehr fraglich sein, ob jeder, der eine Bescheinigung besitzt, darauf auch wirklich seine Waffe oder eine ähnliche Waffe zurückbekommt. Ich könnte mir denken, daß eine ge({0})
wisse Anzahl vorhanden ist. Wir stehen dann vor der schwierigen Frage: wer kriegt was?
({1})
Herr Abgeordneter Ritzel zur Frage 16.
Ritzel ({0}), Anfragender: Ich gestatte mir die Frage:
Was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um der drohenden Versteppung der Landschaft am Oberrhein zu begegnen?
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten!
Wegen der großen Bedeutung dieser Frage schweben seit längerer Zeit Verhandlungen mit dem badischen Ministerium für Finanzen, Abteilung für Wasserwirtschaft, und mit dem Landwirtschaftsministerium in Freiburg. Die von diesen Stellen durchzuführenden Untersuchungen sind noch nicht restlos abgeschlossen, so daß über die zu ergreifenden Maßnahmen noch nicht befunden werden kann.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ritzel!
Ritzel ({0}), Anfragender: Hält es die Bundesregierung für möglich, die in Frage kommende Fläche - meines Wissens etwa 25 000 ha - künstlich beregnen zu lassen mit einem Aufwand von etwa 60 Millionen cbm pro Jahr? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß es sich entscheidend um eine Angelegenheit des Bundes oder entscheidend um eine Angelegenheit des Landes Württemberg-Baden bzw. heute Baden-Württemberg handelt?
Frage 1: Die Auswirkungen hängen natürlich von der Führung des Canal d'Alsace ab, der nicht von uns, sondern von den Franzosen gebaut wird, auf dessen Verwirklichung wir also nur eine sehr beschränkte Einwirkungsmöglichkeit haben. Wie die Wasserführung, besser gesagt: die Bettführung erfolgt, wird ausschlaggebend sein für die Stärke der Absenkung des Grundwasserspiegels.
Zur Frage 2 des Herrn Abgeordneten Ritzel: Ob es möglich sein wird, falls die Grundwassersenkung tatsächlich einen solch perniziösen Charakter annimmt, durch künstliche Beregnung dieses Gebiet einigermaßen fruchtbar zu erhalten, hängt natürlich von den Urteilen der Wassertechniker ab.
Und die dritte Frage: Der Bund hat sich wasserwirtschaftlich bisher eigentlich nicht aktiv betätigt, mit einer Ausnahme, nämlich da, wo es sich um die Einflüsse des Meeres handelte. Der Bund hat deswegen bisher nur dem Lande Schleswig-Holstein und in der letzten Zeit auch Niedersachsen für wasserwirtschaftliche Zwecke Zuschüsse gegeben, analog der Vergangenheit, in der auch immer Preußen der damaligen Provinz Schleswig-Holstein beistand. Die übrigen wasserwirtschaftlichen Angelegenheiten wurden vom Bund bisher als Landes-sache betrachtet.
Ritzel ({0}), Anfragender: Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Frage Nr. 17. Herr Abgeordneter Nowack ({0}), bitte!
Nowack ({1}) ({2}), Anfragender: Ich frage die Bundesregierung:
Welche Maßnahmen sind von der Bundesregierung ergriffen, um bei den Besatzungsmächten zu erreichen, daß Manöverschäden in der Lüneburger Heide soweit wie irgend möglich vermieden werden?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der Finanzen, bitte!
Auch dies ist wieder eine Angelegenheit, die das Bundeskanzleramt - Dienststelle Blank - bearbeitet. Das Bundeskanzleramt - Dienststelle Blank - hat den Herrn britischen Hohen Kommissar wiederholt darum gebeten, Maßnahmen zu treffen, daß sich schwere Manöverschäden, wie sie sich im Jahre 1951 ereignet haben, nicht wiederholen. Insbesond ere fand eine Besprechung mit dem Sicherheitsbeauftragten des britischen Hohen Kommissars selbst am 23. Januar 1952 statt. Dieser hat damals auf die deutschen Vorstellungen hin zugesagt, entsprechende Befehle an die militärischen Dienststellen herauszugeben, urn eine weitere erhebliche Beschränkung der Manöverschäden zu erreichen. Da aber trotzdem in den Gebieten bei Soltau und Lüneburg erneut umfangreiche Manöverschäden eingetreten sind, hat die Dienststelle Blank im April dieses Jahres die Angelegenheit nochmals aufgegriffen und unter Aufzählung verschiedener Einzelfälle neuerlich beim Sicherheitskommissar der britischen Hohen Kommission um Eingreifen gebeten. Dem Sicherheitsbeauftragten ist hierbei insbesondere vorgeschlagen worden, einen Offizier des jeweils übenden Truppenverbandes vor Beginn und für die Dauer der Übung zum Landratsamt abzustellen. Es würde dadurch ermöglicht, die von der deutschen Bevölkerung gemeldeten Vorfälle den jeweiligen Truppenkommandeuren auf schnellstem Wege mitzuteilen und deren sofortiges Eingreifen zu veranlassen. Eine abschließende Stellungnahme des Sicherheitsbeauftragten liegt noch nicht vor. In einem Schreiben vom 22. Mai 1952 - also ganz neuen Datums - hat er jedoch mitgeteilt, daß er die gemachten Vorschläge und die einzelnen Beschwerden den zuständigen Militärbehörden bereits zur Stellungnahme unterbreitet habe und auf die Angelegenheit baldmöglichst zurückkommen werde.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Nowack? - Bitte!
Nowack ({0}) ({1}), Anfragender: Erst vor ein paar Tagen sind bei diesen Manövern Häuser in Brand geschossen worden. Außerdem hat bei der Bevölkerung sehr starker Unwille darüber geherrscht, daß Schäden auf bestelltem Boden durch sogenannte Fahrübungen entstehen. Nun befinden sich in der Lüneburger Heide Truppenübungsplätze im Umfang von weit über 1000 qkm.
({2})
- Ich wiederhole: weit über 1000 qkm! Es wäre doch möglich, daß diese Fahrübungen auf den Truppenübungsplätzen erfolgen und nicht auf bestellten Äckern.
({3})
Wäre vielleicht die Möglichkeit vorhanden, daß diese Übungen auf die Truppenübungsplätze verlegt werden?
Ich kann nur auf eine Frage antworten. Ihre Frage lautet: Können Fahrübungen statt auf bestellten Ackern auf Heide durchgeführt werden? Selbstverständlich können sie das.
({0})
Nowack ({1}) ({2}), Anfragender: Selbstverständlich! Aber eben die Abstellung! Die Abstellung!
Zur Frage Nr. 18 hat an Stelle des Herrn Abgeordneten Ahrens Herr Abgeordneter Walter das Wort.
Walter ({0}), Anfragender:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das jetzige amerikanische Hospital in Bremerhaven, welches einen Fassungsraum von über 500 Kranken hat, seit Jahren ständig unterbelegt ist, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dieses Krankenhaus, welches für die Bevölkerung dringendst benötigt wird und gegen ein kleineres Krankenhaus umgetauscht werden soll, von der amerikanischen Beschlagnahme freizumachen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der Finanzen!
Der Senat der Hansestadt Bremen hat über diese Frage mit den zuständigen amerikanischen Dienststellen wiederholt verhandelt. Aus den Verhandlungen ergibt sich, daß tatsächlich dieses Krankenhaus häufig unterbelegt ist. Die amerikanische Besatzungsmacht hat diesem Einwand gegenüber in den Verhandlungen mit dem Senat der Stadt Bremen darauf hingewiesen, daß Bremen einen starken Durchgangsverkehr habe und daß deswegen eine bestimmte Reserve immer gehalten werden müsse. Die Angelegenheit ist erst vor ganz kurzer Zeit von Bremen an die Bundesbehörden herangetragen worden. Die Bundesbehörden prüfen, ob es über die von Bremen bereits ergriffenen Schritte hinaus möglich ist, weitere Schritte zu unternehmen, um eine Freigabe oder zumindest die Beschränkung der Inanspruchnahme auf einen Teil des Lazaretts zu erreichen.
Walter ({0}), Anfragender: Danke schön!
Die Frage ist beantwortet. Zur Frage Nr. 19 Herr Abgeordneter Dr. Doris.
Dr. Doris ({0}), Anfragender: Herr Minister, ich habe nicht vor, diese Frage polemisch zu debattieren.
Wer hat Herrn Oberregierungsrat Käsberger aus Mainz, Leiter des dortigen Amtes für Verfassungsschutz, dazu autorisiert, am 5. Februar 1952 eine Verlautbarung an die Presse zu geben in Sachen Walter Klein, Neuwied - erster Hoch-und Landesverratsprozeß in der Bundesrepublik -, durch die er nach Kenntnis der Akten, also wider besseres Wissen, versuchte, auch mich in der Öffentlichkeit zu diffamieren?
Welche Schritte gedenkt das Bundesinnenministerium zu unternehmen, um eine derartig unmögliche Presseverlautbarung einer unterstellten Dienstbehörde zu korrigieren?
Herr Bundesinnenminister!
Herr Abgeordneter, das Landesamt für Verfassungsschutz in Mainz ist nicht dem Bundesministerium des Innern unterstellt; es untersteht dem Ministerium des Innern in Rheinland-Pfalz. Ich bitte Sie daher, sich in erster Linie an das Ministerium in Rheinland-Pfalz wenden zu wollen. Die Äußerungen kenne ich nicht; ich kann aber auch wegen der mangelnden Zuständigkeit von hier aus nicht Stellung nehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?
Dr. Doris ({0}), Anfragender: Herr Minister, als ich vor ungefähr Jahresfrist hier aus diesem Hause das bekannte Telegramm an den bayerischen Innenminister Dr. Hoegner schickte, war das Haus empört, und zwar mit Recht empört.
Herr Abgeordneter, Sie können eine Zusatzfrage stellen, aber keine Erklärung abgeben!
Dr. Dorls ({0}), Anfragender: Kommt noch! - Aber ich habe damals auf Grund falscher Informationen in gutem Glauben gehandelt. Ich bedauere diese Angelegenheit. Hier aber hat Herr Käsberger erklärt, und zwar nach Kenntnis der Akten, also wider besseres Wissen, ich sei in eine Hoch- und Landesverratsangelegenheit verwickelt.
({1})
Ich bitte Sie zum zweiten Male, Fragen zu stellen. Es ist jetzt keine Gelegenheit zu Ausführungen.
Dr. Doris ({0}), Anfragender: Ist das Innenministerium weisungsberechtigt, oder ist es nicht weisungsberechtigt?
({1})
Ich bitte, sich in dieser Frage, wie ich vorhin schon erklärt habe, an den Herrn Innenminister von Rheinland-Pfalz zu wenden, dessen Zuständigkeit auch für diese Frage gegeben ist. Wie gesagt, ich kenne die ganzen Vorgänge nicht, und ich bin auch nicht der dafür dem Hohen Hause gegenüber verantwortliche Minister.
Dr. Doris ({0}), Anfragender: Danke!
Eine zweite Frage:
Hat das Bundesinnenministerium mit dem Auftrage an die deutsche Polizei direkt oder indirekt etwas zu tun, nach dem der Oberst a. D. Hans Ulrich Rudel trotz ordnungsmäßiger Einreisepapiere an dem Betreten westdeutschen Bodens gehindert werden soll, sogar eine Überstellung an die US-Amerikaner geplant ist und ein Polizeibeamter, der sich weigerte, diesem Befehl nachzukommen, gemaßregelt wurde?
Wer ist sonst der Verantwortliche für die Erteilung dieses Befehls?
Herr Abgeordneter, meine Damen und Herren! Herr Oberst a. D. Rudel gehört zu denjenigen Persönlichkeiten, deren Einreise von den Alliierten auf Grund des Besatzungsstatuts, das j a zur Zeit noch gilt, als unerwünscht bezeichnet worden ist.
({0}) Sonderweisungen vom Bundesministerium des Innern sind nicht erteilt worden.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter?
Dr. Doris ({0}), Anfragender: Also sind die Anweisungen an die Polizei von seiten der Besatzungsmächte gegeben worden?
Ich kann Ihnen gar nicht sagen, ob solche Anweisungen ergangen sind, da ich den Vorfall nicht kenne; denn er hat sich ja ganz außerhalb meiner Zuständigkeit bewegt.
Dr. Doris ({0}), Anfragender: Danke!
Die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Dr. Becker ist infolge der Abwesenheit des Anfragenden
({0})
- zurückgestellt, jawohl.
Zu Frage 22 Herr Abgeordneter Mehs.
Mehs ({1}), Anfragender: Ich frage den Herrn Bundesminister der Finanzen:
Welche Maßnahmen gedenkt der Herr Bundesminister zur Befriedigung der berechtigten Ansprüche der Enteigneten im Bereich der neuen militärischen Anlagen bei Bitburg, Mötsch und Spang so rasch und umfassend wie möglich zu ergreifen, nachdem bei der Landenteignung zwar eine Entschädigung für den vorjährigen Aufwuchs, aber für den Verlust der Existenzgrundlagen bisher noch nichts gezahlt worden ist?
Der Herr Bundesminister der Finanzen!
Es ist richtig, an die von dem Bau der beiden Flugplätze in Mötsch-Röhl und Binsfeld-Spangdahlem betroffenen 472 Landwirte ist im Herbst des vergangenen Jahres eine Aufwuchsentschädigung, also eine Entschädigung für den Verlust an Ernte, im Gesamtbetrage von 708 000 DM gezahlt worden. Die Entschädigungsbeträge waren auf der Grundlage einer normalen voll ausgereiften Ernte berechnet. Die Betroffenen sind daher für das Wirtschaftsjahr 1951/52 so gestellt worden, als ob sie eine volle Ernte eingebracht hätten.
Der Ankauf von Grund und Boden nebst Aufbauten, soweit ein solcher zu Zwecken der Umsiedlung notwendig ist, konnte deswegen bisher nicht durchgeführt werden, weil die Vermessungsarbeiten an den Flugplatzgeländen noch nicht abgeschlossen sind und insbesondere der Umfang einer Inanspruchnahme von weiterem Gelände für den Bau von Unterkünften noch nicht feststeht.
Soweit von dem Bau der beiden Flugplätze Landwirte betroffen sind, die mehr als 50 v. H. ihrer Ackernahrung verlieren. und sich daraus die Notwendigkeit einer Umsiedlung ergibt. werden diese auf Ersatzhöfe umgesiedelt. Zum Kauf solcher Höfe habe ich dem Ministerium für Finanzen und Wiederaufbau des Landes Rheinland-Pfalz zunächst Mittel in Höhe von einer Million DM bereits zur Verfügung gestellt.
Mehs ({0}), Anfragender: Danke!
Keine Zusatzfrage?
Mehs ({0}), Anfragender: Ich möchte eine kurze Zusatzfrage stellen. Ist dem Herrn Minister die Tatsache bekannt, daß Enteignungen vorgekommen sind, ohne daß die Eigentümer überhaupt vorher benachrichtigt wurden?
Das ist mir nicht bekannt. Ich werde aber der Sache nachgehen.
Mehs ({0}), Anfragender: Ich werde das entsprechende Material liefern.
Meine Damen und. Herren, damit ist die für die Fragestunde vorgesehene Stunde abgelaufen. Ich darf vorschlagen, daß die nicht erledigten Fragen von den zuständigen Bundesministerien schriftlich beantwortet werden. Für den Fall, daß die Herren Abgeordneten wünschen, daß die Fragen in der nächsten Fragestunde wieder auf die Liste gesetzt werden, bitte ich, sie zu wiederholen.
Herr Abgeordneter Dr. Greve hat mich gebeten, bekanntzugeben, daß 'der Unterausschuß Spielbanken um 16 Uhr in Zimmer 206 zusammentritt. Herr Abgeordneter Greve hat mir versichert, daß praktische Übungen dabei nicht stattfinden werden.
({0})
Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die politische Treupflicht der Angehörigen des öffentlichen Dienstes ({1}).
Der Herr Bundesminister des Innern zur Begründung des Gesetzentwurfs!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf zieht konkrete Folgerungen aus dem allgemeinen Grundsatz, der im öffentlichen Dienstrecht des wiederhergestellten demokratischen Staates bereits tatsächlich vorhanden ist und angewandt wird. Wer im öffentlichen Dienst steht, muß sich durch sein gesamtes Verhalten zur freihetlichen demokratischen Grundordnung bekennen. Das steht in § 1 des Ihnen zur Verabschiedung vorgelegten Gesetzes. Der Grundsatz ist auch in dem vorläufigen Bundespersonalgesetz und in den Beamtengesetzen mehrerer Länder bereits ausdrücklich ausgesprochen. Im heute eingebrachten Gesetzentwurf ist er, wie ich vorhin erwähnte, vorausgestellt. Er ergibt sich aber auch so mit zwingender Kraft schon aus dem Wesen des öffentlichen Dienstes und namentlich des Beamtenverhältnisses mit seiner ausgeprägten Treuebindung, daß es nicht einmal einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift und Formulierung bedürfen würde, um seine Geltung als Rechtsnorm sicherzustellen.
Es hat sich aber als praktisch notwendig erwiesen, die Nutzanwendungen aus diesem Grundsatz mit Rücksicht auf gewisse für die Gegenwart typische Erscheinungsformen der Verletzungen der Treupflicht näher zu regeln und damit allen rechtlichen Zweifeln zu begegnen. Allzu allgemein gehaltene Rechtsnormen sind der Gefahr ausgesetzt, auf dem Papier stehen zu bleiben. Das haben wir auch in diesem Fall erlebt. Man muß sie durch eine ins Konkrete gehende Regelung praktisch
({0}) wirksam machen. Es entspricht auch einem Grundsatz rechtsstaatlicher Ordnung, daß jedem über das Maß seiner Rechte und Pflichten völlige Klarheit zu geben ist.
Die Weimarer Republik ist doch wohl in dieser Beziehung ein Opfer ihrer eigenen Schwäche geworden. Sie ist den Kräften, die die Grundlage ihrer verfassungsmäßigen Ordnung offen oder heimlich bekämpften, sie offen oder heimlich unterwühlten, entweder nicht rechtzeitig oder nicht mit ausreichenden Mitteln entgegengetreten. Sie hat es tatsächlich geschehen lassen, daß sich in ihrem Personalkörper im Reich, in den Ländern und in den Gemeinden verfassungsfeindliche Elemente seinerzeit eingenistet und von innen her die Abwehrkräfte des Staates und der Länder und Gemeinden gelähmt, zum mindesten beeinträchtigt haben.
Wir haben unseren Staat nach einer beispiellosen Katastrophe nun wiederhergestellt. Dieser unser junger Staat darf nicht in den gleichen selbstmörderischen Fehler wie einst die Weimarer Republik verfallen. Er muß jede Gewähr dafür schaffen, daß die seinem Dienst verpflichtete Beamtenschaft ein zuverlässiges Instrument
({1})
des von der Volksvertretung und der rechtmäßigen Regierung getragenen Staatswillens bleibt. Das ist der Zweck des vorliegenden Gesetzentwurfs, für den wir Ihre Zustimmung erbitten.
Dieser Gesetzentwurf durfte, wollte er nicht auf halbem Wege stehenbleiben, sich weder auf den Bundesdienst noch auf die Beamtenschaft beschränken. Das Gebot der Verfassungstreue gilt genau so für den Landes- und Gemeindedienst. Sie ist eine wesentliche Voraussetzung nicht nur für die Beamten, sondern auch für die Angestellten und Arbeiter, die beim Staat, bei den Ländern oder den Gemeinden Arbeit und Brot für sich und ihre Familie finden. Deshalb war hier Anlaß gegeben, von der gesetzlichen Befugnis in Art. 75 unseres Grundgesetzes in Form eines Rahmengesetzes Gebrauch zu machen und eine für den gesamten Bereich des öffentlichen Dienstes, also für Staat, Länder und Gemeinden sowie für kommunale Körperschaften verbindliche Rahmenvorschriften zu gestalten. Damit entsprechen wir gleichzeitig dem Wunsch einer Reihe von Landesregierungen, die auch gewisse Lücken, die sie in ihrer eigenen dienstrechtlichen Gesetzgebung störend empfunden haben, durch die staatlichen Aufsichtsbehörden ausgefüllt sehen wollen. Ihnen sollen die erforderlichen rechtlichen Handhaben zur Verfügung gestellt werden, um dem Rechtsgedanken der Treupflicht zum Staat auch im kommunalen Verwaltungsbereich nachdrücklich Geltung zu verschaffen.
Es ist kein Zweifel, daß der Treupflichtgedanke sich in allererster Linie auf die Beamtenschaft bezieht, deren enge Treuebindung an den Staat ja eines der wesentlichen Kennzeichen des Beamtenverhältnisses und namentlich des Berufsbeamtentums ist. Er entspricht der geschichtlichen und vielfach bewährten deutschen Prägung des Beamtenrechts. Auch der mit öffentlichen Arbeiten und Angelegenheiten befaßte Angestellte und Arbeiter ist immer ein Diener der Volksgesamtheit. Für ihn ist es ebenso selbstverständlich eine dienstliche Pflicht, der demokratischen Grundordnung die Treue zu halten. Er darf sich nicht dazu hergeben, an Bestrebungen teilzunehmen, die sich irgendwie die Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung zum Ziele setzen. Ein Arbeiter, der beispielsweise am Schaltwerk eines großen Elektrizitätswerkes steht, kann in Krisenzeiten unter Umständen, wenn er nicht die Treupflicht lebendig in sich verkörpert fühlt, weit mehr Schaden anrichten als ein kleiner Beamter in der Stille irgendeines Büros.
Die Regelung des Verfahrens ist von drei großen leitenden Gesichtspunkten beherrscht. Zunächst erscheint es uns als ein Gebot der Fürsorgepflicht gegenüber unserer Beamtenschaft, aber auch gegenüber den Angestellten und Arbeitern, daß ihnen eindeutig Klarheit gegeben wird, wo nun einmal die Grenzen liegen, die dem einzelnen für die Ausübung seiner allgemeinen staatsbürgerlichen Rechte durch seine dienstliche Treupflicht gezogen sind. Er soll nicht darauf angewiesen sein, sich über die Vereinbarkeit seiner Handlung oder seiner Äußerungen ein eigenes Urteil bilden zu müssen und in zweifelhaften Fällen auf eigene Gefahr zu handeln.
Deshalb hat der Entwurf klar vorgesehen, daß diejenigen Organisationen und Bestrebungen, deren Förderung in irgendeiner Form mit der dienstlichen Treupflicht einfach unvereinbar ist, von der Bundesregierung und von den Landesregierungen jeweils für ihren Bereich öffentlich bekanntgegeben werden. Das haben wir auch schon früher in Form einfacher Erlasse getan, und die Länder haben - das muß man ihnen durchaus zubilligen - genau nach diesen Wünschen der Bundesregierung verfahren. Die Bundesregierung und die Länderregierungen haben aber keinesfalls immer das nötige Verständnis bei den Gerichten - und namentlich bei den Arbeitsgerichten - gefunden. Dafür muß nun eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit diese unterschiedliche Auffassung aufhört.
Gemäß rechtsstaatlichen Grundsätzen müssen die im Verwaltungswege getroffenen Maßnahmen einer gerichtlichen Kontrolle unterworfen werden. Das ist der zweite leitende Gesichtspunkt. Diese gerichtliche Kontrolle mußte aber, um eine völlig unwirtschaftliche und gefährliche Häufung, von Beweiserhebungen über ein und dasselbe Thema und die Gefahr divergierender Entscheidungen zu vermeiden, nicht einer Vielzahl verschiedenster Instanzgerichte überlassen bleiben, sondern wir mußten sie auf eine bestimmte Zahl oberster Verwaltungsgerichte begrenzen. Dort wird jetzt die Rechtsprechung einheitlich entwickelt und zusammengefaßt.
Im Interesse einer vollen Rechtseinheit hätte es auch gelegen, die Bezeichnung der für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes verbotenen Organisationen allein der Bundesregierung vorzubehalten. Ein solches Monopol der Bundesregierung wäre jedoch mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Personalhoheit der Landesregierungen nicht vereinbar gewesen. Deshalb ist der dritte leitende Gesichtspunkt dieses Gesetzes, daß die Landesregierungen in gleicher Weise wie die Bundesregierung zur Aufstellung des Verbotskatalogs ermächtigt sind. Ich darf hier die Hoffnung aussprechen, daß durch eine Verständigung zwischen der Bundesregierung und den Länderregierungen in allen wichtigeren Fällen ein einheitliches Vorgehen erreicht werden wird.
Diese grundsätzlichen Ausführungen müssen Ihnen zur Begründung des Entwurfs vorgetragen werden. Ich bin zu einer ausführlichen Erörterung der mannigfachen und, wie ich zugeben muß, zum Teil recht schwierigen rechtlichen und technischen
({2})
Einzelfragen namentlich in den Ausschußberatungen, aber auch hier im Plenum jederzeit bereit.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung des Gesetzentwurfs gehört. Ich schlage Ihnen namens des Ältestenrats eine Aussprachezeit von 60 Minuten für die allgemeine Aussprache der ersten Beratung vor. - Sie sind mit dieser Begrenzung der Redezeit einverstanden.
Das Wort hat der Abgeordnete Kühn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der ausführlichen und in jeder Weise überzeugenden Ausführungen und der Begründung des Herrn Bundesinnenministers kann ich mich kurz fassen. Ich habe zunächst namens meiner politischen Freunde zu erklären, daß wir diesem Gesetzentwurf im Grundsatz zustimmen.
({0})
Meine Damen und Herren, dieses Gesetz erscheint uns nach den Erfahrungen, die wir in den letzten Jahrzehnten gemacht haben, auch notwendig. Es scheint mir auch richtig zu sein, daß dieses Gesetz in Form eines Rahmengesetzes gemäß Art. 75 Ziffer 1 des Grundgesetzes erlassen werden soll; es handelt sich um ein Zustimmungsgesetz, und es ist richtig, daß hier der Bundesrat auch ein gewichtiges Wort sprechen darf und sprechen soll. Wir wissen aus der Drucksache, die diesen Gesetzentwurf enthält, daß der Bundesrat in mancher Beziehung sogar schärfere Bestimmungen einfügen wollte und einfügen will als die Bundesregierung. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß der Bundesrat von den betreffenden Angehörigen des öffentlichen Dienstes ein „Eintreten" und nicht nur ein „Bekennen" zur demokratischen Grundordnung verlangt. Das ist ein sehr wesentlicher Unterschied. Wir haben auch schon im Beamtenrechtsausschuß bei der Beratung des endgültigen Beamtengesetzes gerade diese Frage behandeln und prüfen müssen. Es ist deshalb gut, wenn wir auch angesichts dieses Gesetzes noch einmal in die Lage versetzt werden - um eine Kongruenz der Gesetze herbeizuführen -, die Frage im Ausschuß zu erörtern, die nicht ganz leicht zu entscheiden ist, ob man von Beamten und Angehörigen des öffentlichen Dienstes ein „Bekennen" oder ein „Eintreten" für die freiheitliche demokratische Grundordnung verlangt.
Gewisse Bedenken sind mir bei der Frage der gerichtlichen Überprüfung aufgetaucht. Der Herr Bundesinnenminister hat vorhin darauf hingewiesen, daß diese gerichtliche Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte erfolgen soll, einmal durch das Bundesverwaltungsgericht als oberstes Gericht und zweitens durch die Verwaltungsgerichte der Länder. Ich habe die Befürchtung, daß hier eventuell unterschiedliche Entscheidungen erfolgen können. Das ist selbstverständlich gerade im Interesse der Einheitlichkeit sehr bedauerlich und bedenklich. Eine andere Schwierigkeit kann dadurch entstehen, daß das Bundesverfassungsgericht als oberstes Gericht in diesen politischen Dingen eine endgültige Entscheidung treffen kann, während dann bei den Verwaltungsgerichten, die an sich ja unpolitische Gerichte sind, wieder andere Entscheidungen erfolgen. Man müßte sich in den Beratungen im Ausschuß doch noch einmal überlegen, wie man in irgendeiner Form einheitliche Entscheidungen sicherstellen kann.
Ich möchte hier nicht auf die Frage der verfassungsmäßigen Zulässigkeit dieses Gesetzes eingehen.
({1})
Wir wissen, daß diese Frage in gewissen Kreisen erörtert wird. Ich glaube, es wird auch hier genügen, daß wir im Ausschuß noch einmal darüber beraten und uns verständigen, ob es ausreicht, daß die Artikel 9 und 21 des Grundgesetzes angewendet werden, oder ob man angesichts des Unterschieds, der nun einmal zwischen einem Staatsdiener und einem Staatsbürger besteht, für den Staatsdiener doch besondere Vorschriften im Gesetz verankern muß.
Diese kurzen Bemerkungen zeigen, daß im Ausschuß gewisse Dinge beraten und entschieden werden müssen. Ich möchte deshalb, indem ich noch einmal erkläre, daß wir der Grundtendenz des Gesetzentwurfs zustimmen, darum bitten, daß er dem Beamtenrechtsausschuß überwiesen wird, damit wir dort die von mir kurz angedeuteten Fragen im einzelnen erörtern können. Ich beantrage also für meine Fraktion die Überweisung an den Beamtenrechtsausschuß.
Das Wort hat der Abgeordnete Fisch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung ist offensichtlich der Meinung, der Zeitpunkt sei jetzt schon gekommen, wo sie mit dem Knüppel des Generalvertrags regieren kann.
({0})
Offenbar glaubt sie, wenn sie es sich erlauben kann, in den Hauptfragen der Nation die verfassungsmäßigen Rechte des Volks und des Parlaments beiseite zu schieben, dann sei es ihr auch erlaubt, sich im innenpolitischen Regime bedenkenlos über alle verfassungsmäßigen Grundsätze hinwegzusetzen. Allerdings, eine Regierung, die sich gegen den Willen des Volkes erlaubt, ihre Unterschrift unter Geheimverträge zu setzen
({1})
und eine maßlose Aufrüstung einzuleiten, braucht
im Innern ein polizeistaatliches Willkürregime, um
jede Opposition niederschlagen zu können. Auf dem
beabsichtigten Wege zu diesem Regime soll der vorliegende Gesetzentwurf zweifellos eine wichtige Etappe darstellen.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff der politischen Treupflicht, der erstmals in dieser Vorlage in Erscheinung tritt? Dahinter verbirgt sich offensichtlich die Politik des Gesinnungsterrors, die Politik der Mißachtung und der Aufhebung wesentlicher Teile des Grundgesetzes und der Versuch der Gleichschaltung des öffentlichen Dienstes in einem Maße, wie man es in der Geschichte nur aus der Zeit des Absolutismus kennt.
({2})
Der Gleichschaltung soll auch die Justiz und soll auch die Verwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände, deren Selbstverwaltung durch das Grundgesetz eigentlich geschützt sein soll, unterworfen werden. Ist es nicht ein Hohn, meine Damen und Herren, wenn in der Begründung von der Bundesregierung erklärt wird, diese Vorlage erscheine, um der freiheitlichen demokratischen Ordnung Schutz zu gewähren?
({3})
({4})
Die Regierung unterläßt es darzulegen, was sie unter einer solchen freiheitlichen demokratischen Ordnung versteht. Eine verfassungsmäßige Ordnung versteht sie darunter offenbar nicht; denn sonst könnte sie sich nicht so bedenkenlos über eine Reihe von Bestimmungen der Verfassung hinwegsetzen.
In der Begründung wird erklärt, man wolle „sich die bitteren Erfahrungen der letzten zwei Jahrzehnte deutscher Geschichte zur Lehre dienen" lassen. Allerdings, die Praxis der Nazizeit scheint Herrn Dr. Lehr bei der Abfassung seines Entwurfs als Vorbild gedient zu haben.
({5})
Er geht ja sogar noch weiter, als die Bestimmungen der Nazizeit über die sogenannte Wiederherstellung des Berufsbeamtentums gegangen sind. Er möchte diese Prinzipien des Gesinnungsterrors und der Gleichschaltung auch auf die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes angewendet sehen. Ein Mann, dessen Ruhm Herrn Dr. Lehr offensichtlich keine Ruhe läßt, ein Mann namens Hermann Göring hat einmal erklärt: „Wer Jude ist, das bestimme ich." Danach möchte Herr Dr. Lehr wohl verfahren, wenn er von sich aus souverän bestimmen möchte, was eine milßliebige Organisation ist und was mit Anhängern einer mißliebigen politischen Gesinnung zu geschehen hat. Anders kann man § 4 Abs. 1 dieser Vorlage nicht auslegen. Ja, man verzichtet sogar darauf, den verbotswürdigen Tatbestand klar zu umreißen; man verzichtet auf seine Feststellung und erst recht auf seine Veröffentlichung. Man muß die Frage stellen: Wie denkt sich denn die Bundesregierung überhaupt die Festellung des strafwürdigen Tatbestands, der für Tausende von Arbeitern und Angestellten der öffentlichen Dienste zu solch weitreichenden Folgen führen soll?
({6})
Soll denn eine Flut von Fragebogen über die
Ämter ergehen? Sollen Spitzelberichte zu amtlichen
Dokumenten werden? Oder wie denkt sich Herr
Lehr sonst die Durchführung dieser Bestimmung?
({7})
Interessant ist auch, daß sich der Herr Innenminister über die Stellungnahme der Gerichte hinwegzusetzen gedenkt, wie aus § 4 Abs. 2 hervorgeht. Und es ist interessant, daß er selbst sagt, hierin sei eine Fortsetzung der Linie zu sehen, die mit seinem Erlaß vom 19. September 1950 eingeschlagen worden sei, bei dessen Durchführung er offensichtlich auf rechtliche Hindernisse und Schwierigkeiten gestoßen ist, die sich ihm in den Weg gestellt haben.
Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr Abgeordneter Fisch.
Solche rechtlichen Hindernisse und Schwierigkeiten sollen nun damit überwunden werden, daß man das System der Willkürerlasse auf das Niveau von Rechtsgrundsätzen erhebt, daß man das Prinzip des Rechts- und Verfassungsbruchs, das mit dem Erlaß vom 19. September verkündet wurde, auf solche Weise legalisiert.
Ich möchte zum Schluß feststellen: aufgehoben werden durch diese Vorlage eine ganze Reihe von verfassungsrechtlichen Bestimmungen. Aufgehoben soll werden der Art. 3 des Grundgesetzes mit seinen Vorschriften über die Gleichheit vor dem
Gesetz, der Art. 5 mit seiner Bestimmung über die Meinungsfreiheit, der Art. 9 über die Koalitionsfreiheit, der Art. 18
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mit seiner Vorschrift, daß über die Verwirkung von Grundrechten nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden kann. Beseitigt werden soll der Art. 21, der klare Vorschriften über das System der Erklärung der Verfassungswidrigkeit bei politischen Parteien vorsieht. Ebenso sollen aufgehoben werden die Bestimmungen des Art. 28 über die Selbstverwaltung der Gemeinden sowie des Art. 33 über das Recht der Angestellten der öffentlichen Dienste, nach dem niemandem ein Nachteil aus seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Weltanschauung erwachsen darf. Schließlich sollen beiseite geschoben werden alle Gesetze und Rechtsverordnungen über die Mitbestimmung der gewählten Betriebsvertretungen bei Einstellung und Entlassung von Arbeitern und Angestellten.
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Meine Damen und Herren, die Angehörigen der öffentlichen Dienste laufen bereits Sturm gegen diese Vorlage. Die Bundesregierung möge es nicht versuchen, diese ungeheuerlichen Pläne zu verwirklichen. Sonst könnte sie eine Reaktion erleben, die ihr teuer zu stehen kommt.
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Kommen Sie bitte zum Schluß, Herr Abgeordneter Fisch. Sie sprechen schon reichlich über die Zeit.
Die Arbeiter, Angestellten und Beamten der öffentlichen Dienste werden die Grundrechte gegen diejenigen verteidigen, die mit dieser Vorlage den Weg zur Militärdiktatur beschritten haben.
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Das Wort hat der Abgeordnete Parke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Deutschen Partei hat gegen das vorliegende Gesetz verfassungsrechtliche Bedenken. Nach ihrer Auffassung ist die Annahme einer Dienstpflichtverletzung eines Angehörigen des öffentlichen Dienstes allein von der Klärung der Frage der Verfassungswidrigkeit der betreffenden Organisation abhängig. Hätten die Regierungen bzw. das Arbeitsgericht usf. lediglich festzustellen, ob der 'Bedienstete seine Dienstpflicht oder Treupflicht verletzt hat, die sich in klarer Weise aus irgendwelchen Verboten oder Geboten ergibt, so wäre dem Gesetzentwurf ohne Einschränkung beizupflichten. In den §§ 3 und 4 des Entwurfs in Verbindung mit § 1 handelt es sich aber letztlich um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Organisation als der Vorfrage einer Dienstpflichtverletzung. Solange diese Vorfrage nicht geklärt ist, können hieraus keine Folgerungen gezogen werden. Für die Klärung dieser Vorfrage ist nur das Bundesverfassungsgericht zuständig.
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Bei der Schaffung des Gesetzentwurfs ist man davon ausgegangen, daß eine Möglichkeit geschaffen werden muß, öffentliche Bedienstete wegen ihrer Beziehungen zu einer Organisation zur Verantwortung zu ziehen, ohne daß erst der umständliche Weg über das Bundesverfassungsgericht beschritten werden muß. Der im Entwurf vorgeschlagene Weg wird mit der 'Begründung für gangbar gehalten, daß die Grundrechte der öffentlichen Bediensteten im Vergleich zu denen anderer Bürger weitgehend eingeschränkt werden können. Der Entwurf enthält eine solche Einschränkung in Form der verwaltungsmäßigen Kennzeichnung bestimmter Organisationen als verfassungswidrig und daher als für die öffentlichen Bediensteten verbietbar. Eine Einschränkung der Grundrechte für einen bestimmten Personenkreis, die an sich auf Grund besonderer Gesetze durchaus möglich ist, muß aber zum mindesten eine klare, rechtlich einwandfreie, verfassungsmäßig gestützte Grundlage haben. Im vorliegenden Fall wird anscheinend nicht bedacht, daß die Kennzeichnung bestimmter Organisationen durch die Regierungen als verfassungswidrig sozusagen auf Verdacht hin geschieht im Bewußtsein dessen, daß eigentlich das Bundesverfassungsgericht diese Feststellung zu treffen hat. Es ist sehr bedenklich, es dem so in seinen Grundrechten beschränkten öffentlichen Bediensteten zu überlassen, nun durch ein Gericht - nicht das Bundesverfassungsgericht - darüber befinden zu lassen, ob denn die sozusagen auf Verdacht hin getroffene Entscheidung der Regierung begründet ist, wobei noch hinzukommt, daß diese Gerichte auch nach dem Grundgesetz nicht für diese Entscheidung eingesetzt sind.
Es ist richtig, daß eine Regierung sozusagen für den Hausgebrauch ihre Bediensteten in ein engeres Treueverhältnis bringen kann und soll, indem sie ihnen besondere Beschränkungen auferlegt. Aber es ist bedenklich, dies zu tun unter Umgehung der einwandfreien Klärung eines wesentlichen Umstandes, nämlich der Verfassungswidrigkeit der betreffenden Organisation durch die hierfür verfassungsmäßig zuständige Stelle. Es ist bedenklich, sich eines bequemeren Weges zu bedienen, der nicht geeignet erscheint, gerade diese Frage objektiv und endgültig zu klären. Nicht umsonst wird das Bundesverfassungsgericht im Grundgesetz mit der Entscheidung dieser politisch und staatsrechtlich bedeutsamen und schwierigen Frage betraut worden sein. Die Beschneidung der Grundrechte eines bestimmten Personenkreises sollte, wenn sie schon vorgenommen wird, auf völlig geklärte Tatsachen gestützt werden. Zugegeben, der Weg über das Bundesverfassungsgericht ist umständlich. Will man ihn aber nicht beschreiten, so darf das nicht zu Lasten der öffentlichen Bediensteten gehen, indem diese Verboten unterworfen werden, die die Regierungen, um es sich leicht zu machen, durch Verwaltungsakte aussprechen, obwohl sie einer gründlichen Prüfung in verfassungsrechtlicher Hinsicht bedürfen. Schon der Umstand, daß solche Verbote nicht für alle Staatsbürger gelten sollen, zeigt, wie zweifelhaft die Grundlage dieser Verbote ist.
Wenn es schon unzweckmäßig ist, durch Verwaltungsakt in jedem Fall eines Verdachts gegen eine Organisation das Bundesverfassungsgericht zu bemühen
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- ich bin sofort fertig, Herr Präsident -, so sollte man auch davon absehen, derart einschneidende Konsequenzen zu ziehen.
Es ist die Pflicht des Staates, über die Einhaltung seiner Verfassung zu wachen und gegen verfassungswidrige Organisationen in der hierfür vorgeschriebenen Weise vorzugehen. Der Entwurf beschreitet aber zur Erreichung eines an sich richtigen Ziels einen Weg, der bequemer ist, als es die Sache an sich erfordert. Dieser Weg ist zu sehr auf den Zweck zugeschnitten und erscheint daher ein wenig unglücklich.
In den Ausschußverhandlungen werden wir uns bemühen, es bei einer Vorschrift des § 1 zu belassen, die den Fall des § 3 mit einbezieht und den § 3 überflüssig macht.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Böhm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Begründung zu dem vorgelegten Entwurf eines Gesetzes über die politische Treupflicht der Angehörigen des öffentlichen Dienstes führt die Bundesregierung aus, für den demokratischen Staat sei es ein Gebot der Selbsterhaltung, den öffentlichen Dienst von Elementen freizuhalten, die als Feinde der demokratischen Grundordnung erkannt seien. Die Vorlage wird darauf gestützt, daß jeder öffentlich-rechtliche Bedienstete, gleichviel, ob als Beamter, Angestellter oder Arbeiter, durch eine gesteigerte Treupflicht, die über die jedem Staatsbürger obliegende Pflicht zu einem gesetzmäßigen Verhalten hinausgeht, mit dem Staat verbunden ist.
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Eine Betätigung, die anderen Staatsbürgern nach dem Grundgesetz noch freisteht, soll also den Angehörigen des öffentlichen Dienstes verwehrt werden können.
Es ist hier zunächst einmal die Frage aufzuwerfen, ob der Erlaß eines solchen Gesetzes überhaupt erforderlich ist bzw. ob nicht die geltenden Beamtengesetze, insbesondere auch das Grundgesetz, ausreichen, um die Notwendigkeit und den Umfang dieser Treupflicht eindeutig zu umreißen. Es steht ganz außer Zweifel, daß dem Beamten infolge der Rechtsnatur seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses eine besondere Treupflicht gegenüber dem Staat obliegt. Diese Verpflichtung ist aber bereits im Grundgesetz und in den geltenden Beamtengesetzen eindeutig festgelegt. Ich glaube wohl auch behaupten zu dürfen, daß der Beamte seine Treue, die er gegenüber dem Staat und gegenüber dem demokratischen Staatswesen für selbstverständlich hält, in den vergangenen sieben Jahren einwandfrei unter Beweis gestellt hat. Es ist hier einmal die Gegenfrage aufzuwerfen, ob der Staat seinerseits genau so seine Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten eingehalten hat.
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Der beste Garant für die Treue der öffentlichen Bediensteten ist immer eine ausreichende Fürsorge des Staates. Der Beamte, Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst wird um so eher und rückhaltloser zu positivem und aktivem Handeln für den Staat bereit sein, je mehr dieser Staat selbst seine Treupflicht gegenüber dem öffentlichen Bediensteten erfüllt.
Nach Art. 9 des Grundgesetzes sind Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten. Eine entsprechende Bestimmung findet sich
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in § 3 des Deutschen Beamtengesetzes. In diesem Paragraphen ist festgelegt, daß die Berufung in das Beamtenverhältnis ein Vertrauensbeweis ist, den der Beamte dadurch zu rechtfertigen hat, daß er sich der erhöhten Pflichten, die ihm seine Stellung auferlegt, stets bewußt ist. Nach Abs. 2 der gleichen Vorschrift müssen sich alle im Dienste des Bundes stehenden 'Personen in ihrem gesamten Verhalten zur demokratischen Staatsauffassung bekennen.
In diesen Vorschriften ist also bereits eindeutig festgelegt und vorgeschrieben, daß dem Angehörigen des öffentlichen Dienstes Beschränkungen aufzuerlegen sind, die sich aus seiner Stellung im öffentlichen Dienst ergeben. Der vorliegende Gesetzentwurf geht aber in der Regelung dieser Beschränkungen viel weiter, als es das Grundgesetz zuläßt. Durch formlose Feststellungen der Bundesregierung oder einer Landesregierung soll es dem Angehörigen des öffentlichen Dienstes verboten werden, bestimmten politischen oder weltanschaulichen Organisationen anzugehören. Hier wird also einmal das Recht der freien Meinungsäußerung behindert. Zum andern wird das Recht der Vereinigungsfreiheit konkret in der Richtung eingeschränkt, daß die Angehörigen des öffentlichen Dienstes nicht mehr das Recht haben würden, bestimmten Organisationen anzugehören, die anderen Staatsbürgern noch offenstehen. Durch diese Einschränkungen wird aber der Wesensgehalt dieser beiden Grundrechte für die öffentlichen Bediensteten berührt.
Wenn in der Begründung zu diesem Punkt in dem vorliegenden Gesetzentwurf angeführt wird, auch unter der Weimarer Verfassung seien - und der 'Herr Bundesinnenminister hat vorhin darauf hingewiesen - trotz der Garantie des Art. 130 Abs. 2 der politischen Betätigung des Beamten Schranken gesetzt gewesen, so wird hier übersehen, daß nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung nur eine konkrete verfassungsfeindliche Betätigung, nicht jedoch die formale Zugehörigkeit zu einer politischen Partei als Dienstvergehen gewertet werden konnte. Wenn aber dieser Gesetzentwurf - das möchte ich dem Herrn Bundesinnenminister sagen - erst dazu führen soll, die Verwaltung von staatsfeindlichen oder undemokratischen Elementen zu reinigen oder solche Elemente von ihr fernzuhalten, dann, glaube ich, wird die Bundesregierung die Probe aufs Exempel bei ihrer bisherigen Personalpolitik nicht bestehen.
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In dem vorliegenden Gesetzentwurf wird also der Versuch gemacht, weit über die Weimarer Verfassung hinaus ein Ausnahmerecht für die öffentlichen Bediensteten zu schaffen. Eine Verwirkung von Grundrechten und ihr Ausmaß kann aber nach Art. 18 des Grundgesetzes nur durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden. Das Grundgesetz bietet ferner in seinem Art. 21 die Möglichkeit, eine Partei, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik zu gefährden, für verfassungswidrig zu erklären. Für diese Erklärung ist aber nach derselben Vorschrift nur das Bundesverfassungsgericht zuständig. Es ist daher vom verfassungsrechtlichen Standpunkt bedenklich, zu bestimmen, daß darüber hinaus auch die
Bundesregierung oder eine Landesregierung ihrerseits selbständig Organisationen oder Bestrebungen für beschränkt verfassungswidrig erklären kann.
Besondere staatspolitische Einwendungen sind aber gegen die Absicht der Bundesregierung zu erheben, hierfür sich bzw. einer Landesregierung eine gesetzliche Ermächtigung erteilen zu lassen unter Ausschaltung jeglicher parlamentarischer Gremien. Bereits des öfteren in der deutschen Geschichte hat sich die Konstituierung einer solchen gesetzlichen Ermächtigung verhängnisvoll auf den demokratischen Staatsgedanken ausgewirkt. Ich erinnere hier nur an die Vorschrift des Art. 48 der Weimarer Verfassung, der den Staat schützen sollte, der aber später einseitig für Maßnahmen gegen den demokratischen Staat angewandt wurde.
Staatspolitische und verfassungsrechtliche Bedenken bestehen weiterhin insbesondere gegen die Einbeziehung der Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes in das vorliegende Gesetz. Meine Fraktion verfolgt mit reger Aufmerksamkeit, aber auch mit starkem Befremden das Bestreben der Bundesregierung, auch die Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst immer mehr der Staatsaufsicht zu unterstellen, indem man ihnen quasi Beamtenpflichten auferlegt, ohne ihnen gleichzeitig die entsprechenden Rechte einzuräumen. Diese Tendenz ist eindeutig in § 178 des Entwurfs des Bundesbeamtengesetzes festzustellen; sie läßt sich weiter verfolgen in dem Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes, besonders aber in dem vorliegenden Gesetzentwurf. An dieser Stelle soll noch einmal ausgesprochen werden, daß die Rechte und Pflichten der Angestellten und Arbeiter allein im Wege der freien Tarifvereinbarung festzulegen sind. Während die Beamten in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Staate stehen, unterliegen die Angestellten und Arbeiter auch im öffentlichen Dienst nur einem Dienstvertragsverhältnis privatrechtlicher Art. Selbst wenn man den Art. 75 des Grundgesetzes weitergehend auslegt, könnte die Bundesregierung nur Rahmenvorschriften erlassen und müßte den Landesgesetzgebungen für deren Bereich die weitere Kodifikation überlassen. In beiden Fällen überschreitet also die Bundesregierung in dem vorliegenden Gesetzentwurf die ihr durch das Grundgesetz eingeräumte Zuständigkeit.
Im Interesse der betroffenen Bediensteten kann es auch nicht vertreten werden, daß gemäß der vorgesehenen ' Regelung im Entwurf ein Rechtsstreit über die Vereinbarkeit einer Betätigung oder Mitgliedschaft bei einer von der Bundes- oder Landesregierung verbotenen Organisation mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung auszusetzen ist, bis eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts oder des obersten Verwaltungsgerichts des jeweiligen Landes eingeholt worden ist. Der Arbeitnehmer ist wirtschaftlich in einer viel zu schwachen Lage, als daß er den Ausgang eines so langen Prozesses abwarten könnte. Darüber hinaus bestehen auch staatsrechtliche Bedenken, die Arbeits- und die ordentlichen Gerichte an die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zu binden und damit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Rechtsweg auszuschließen. Abzulehnen ist ferner die Absicht der Bundesregierung, in dem Entwurf alle gesetzlichen Bestimmungen, die bei einer Kündigung die Beteiligung bestimmter Stellen vorsehen, wegfallen zu lassen. Würde dieser Gesetzentwurf verabschiedet werden und Gesetzes({4})
kraft erlangen, fiele in Zukunft jegliches Einspruchsrecht der Betriebsräte weg; auch könnten die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes, des Kriegsbeschädigtengesetzes, des Mutterschutzgesetzes usw. nicht mehr angewandt werden.
Meine Fraktion kommt also zu dem Ergebnis, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes und der geltenden sowie der künftigen Beamtengesetze ausreichend sind, um die Treupflicht der öffentlichen Bediensteten sicherzustellen. Eine besondere politische Treupflicht, die über den Rahmen des Grundgesetzes hinausgeht, ist zu verneinen.
Durch die Ermächtigung an die Regierung, eine beschränkte Verfassungswidrigkeit festzustellen, ergibt sich eine verfassungsrechtlich unzulässige Ausschaltung der Bundesverfassungsgerichtsbarkeit. Es kann aber immer nur eine echte Verfassungswidrigkeit geben, für deren Feststellung das Bundesverfassungsgericht zuständig ist. Niemals kann eine beschränkte Verfassungswidrigkeit hier in Frage kommen.
Neben diesem Verstoß gegen die speziellen Verfassungsschutzbestimmungen werden durch den vorliegenden Gesetzentwurf auch die Grundrechte der freien Meinungsäußerung und der Meinungs-und Vereinigungsfreiheit wesentlich beeinträchtigt. Ferner werden durch den Entwurf im Beamtenverhältnis begründete Pflichten unzulässigerweise auf Angestellte und Arbeiter ausgedehnt. Auch wird die soziale Sicherung dieser Arbeitnehmergruppen praktisch gegenstandslos gemacht.
Der vorliegende Gesetzentwurf verstößt unsrer Meinung nach somit gegen das rechtsstaatliche Denken und stellt das Vertrauen in die demokratische Grundordnung in Frage. In der Überlegung, daß die Treupflicht ein besonderes Merkmal für das Dienstrecht der Beamten ist und in die Beamtengesetzgebung diesbezüglich Bestimmungen eingebaut sind und eingebaut werden, glauben wir, daß dieser Gesetzentwurf überflüssig ist, und meine Fraktion lehnt ihn ab.
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' Das Wort hat. Herr Abgeordneter Kleindinst.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Über die Notwendigkeit des Schutzes des Staates gegen subversive Tendenzen in der Verwaltung besteht wohl allgemein Einigkeit. Die Frage ist nur die, welcher Weg beschritten werden soll, um diese Sicherung des Staates innerhalb der Verwaltung herbeizuführen. Es ist bereits hervorgehoben worden, daß in dem vorläufigen Bundesbeamtengesetz wie in dem Entwurf zu dem endgültigen Bundesbeamtengesetz, der dem Ausschuß gerade zur Beratung vorliegt, Sicherungen getroffen sind, um die Treupflicht des öffentlichen Bediensteten durchzusetzen. In dem Entwurf zum endgültigen Bundesbeamtengesetz ist ja das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bereits die Voraussetzung für die Anstellung. Es gehört zu den Pflichten des Beamten. Dieses Bekenntnis ist weiterhin schon in den Diensteid aufgenommen Die Frage ist nur, inwieweit eine verfahrensmäßige Sicherung gegenüber subversiven Tendenzen erfolgen kann.
Nun wurde beanstandet, daß nicht nur die Beamten, sondern auch die Angestellten und Arbeiter einbezogen werden. Es ist selbstverständlich, daß jeder, der sich zum öffentlichen Dienst bekennt und in ihn eintritt, ein erhöhtes Verantwortungsbewußtsein haben muß und eine erhöhte Dienstpflicht gegenüber der Allgemeinheit übernimmt. Deshalb besteht diese Verpflichtung für alle Gruppen der öffentlichen Bediensteten. In dem Gesetz Nr. 15, das vor zwei Jahren so sehr hervorgehoben worden ist, sind die Rechte und Pflichten der Beamten, Angestellten und Arbeiter geregelt gewesen, so daß kein Bedenken dagegen erhoben werden kann, alle diese Gruppen auch hier hereinzunehmen.
Dann ist mit Recht, auch seitens des Herrn Bundesministers des Innern, eine Reihe von rechtlichen Schwierigkeiten hervorgehoben worden, die hier zu würdigen sind. Auch wir haben das verfassungsmäßige Bedenken, daß hier nicht etwa ein Rahmengesetz, sondern eine vollkommen erschöpfende Regelung rechtlicher Natur vorliegt, wie es auch bei dem Jagdgesetz der Fall ist. Dagegen ist das Bedenken unbegründet, daß hier irgendwelche Grundrechte beeinträchtigt werden. Denn es handelt sich nur um Personen und um Organisationen, die die Grundrechte verwirkt haben oder verwirken werden. Auf die Schwierigkeit des Verhältnisses der Rechtsprechung der oberen Verwaltungsgerichte der Länder, des Bundesverwaltungsgerichtes sowie des Bundesverfassungsgerichtes ist ebenfalls bereits hingewiesen worden. Diese Fragen werden wir im Ausschuß eingehend berücksichtigen müssen.
Die Aufgabe ist so wichtig und steht so sehr im Dienste der Sicherheit des Staates, daß wir diesen Gesetzentwurf außer im Ausschuß für Beamtenrecht gerade wegen der Rechtsfragen, die durch diesen Entwurf aufgeworfen werden, auch im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht behandeln müssen. Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt weniger in den materiellen Vorschriften als in den Verfahrensvorschriften und in dem Verhältnis der Rechtsprechung von Bundesverwaltungsgericht, Landesverwaltungsgerichten und Bundesverfassungsgericht. Deshalb möchte ich beantragen, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Beamtenrecht als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als mitberatendem Ausschuß zu überweisen.
Das Wort hat der Abgeordnete Pannenbecker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte namens meiner Fraktion kurz erklären, daß wir, abgesehen von gewissen Bedenken, die die Vorredner schon erörtert haben, mit der Grundtendenz des Gesetzes einverstanden sind. Wir sind aber auch der Meinung, daß es keines besonderen Gesetzes bedarf, sondern daß es möglich sein muß, die entsprechenden Vorschriften in das zur Beratung stehende endgültige Beamtengesetz einzubauen. Ich weiß, daß es nicht möglich ist, die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes darin einzubeziehen, weil es sich um ein reines Beamtengesetz handelt. Aber vielleicht hat der Herr Kollege Böhm soeben auch nach dieser Richtung hin den richtigen Weg gezeigt, soweit es überhaupt notwendig ist, etwas Derartiges zu tun.
Meine Damen und Herren! Hinsichtlich der Treupflicht möchte ich bei dieser Gelegenheit sagen,
({0})
daß diese mehr als bisher in der Praxis zweiseitig ausgeübt werden muß. Herr Kollege Böhm hat nach dieser Richtung hin auch schon das Notwendige gesagt.
Wir sind mit der Überweisung an den Beamtenrechtsausschuß und mit der zusätzlichen Überweisung, die Herr Dr. Kleindinst eben beantragt hat, an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht einverstanden. Dort werden vor allen Dingen die verfassungsrechtlichen Bedenken, die Herr Kollege Farke vorgebracht hat - ich glaube, auch Herr Kollege Kühn hat davon gesprochen - geprüft werden müssen.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Besprechung.
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Beamtenrecht als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu überweisen. Wer mit der Überweisung einverstanden ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Darf ich die Damen und Herren, die für beides gestimmt haben, dann abrechnen?
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Das erste war die Mehrheit; die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/DPB, FU ({1}) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Errichtung neuer Apotheken ({2}).
Frau Abgeordnete Dr. Steinbiß wünscht, das Gesetz mit wenigen Worten zu begründen.
Frau Dr. Steinbiß ({3}), Antragstellerin: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will Ihre Zeit nicht lange in Anspruch nehmen, bin Ihnen aber Rechenschaft darüber schuldig, warum wir Ihnen heute, nachdem wir vor einigen Monaten ein Gesetz zur Regelung des Apothekenwesens vorgelegt haben, nun ein neues kurzes Stoppgesetz zu dieser Materie vorlegen. Wir haben uns in langen Erörterungen im Gesundheitsausschuß mit dem Antrag der CDU/CSU, FDP, DP/DPB und FU unterhalten, haben aber erkennen müssen, daß die Schwierigkeiten, die sich uns bei der Besprechung dieses Gesetzentwurfes auftaten, doch sehr groß sind und daß vieles noch geklärt werden muß, ehe wir zur Einzelberatung kommen. Da aber eine Bundesregelung der Apothekenwesens vor allen Dingen einmal die Verschiedenheiten in den einzelnen Zonen auf diesem Gebiete aufheben, zum anderen aber die unerträglichen Zustände in der amerikanischen Zone beseitigen soll, haben wir dem Hohen Hause ein Stoppgesetz vorzuschlagen, das vorsieht, daß bis zur Regelung des Apothekenwesens neue Apotheken nur nach den Bestimmungen, die am 7. Mai 1945 in den einzelnen Ländern in Geltung waren, errichtet werden dürfen. Der Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens war einstimmig dafür, diesen Weg zu beschreiten. Der Ausschuß war auch einstimmig in der Formulierung des Antrags. Es hat ihn zwar nicht die große Fraktion der Sozialdemokratischen Partei unterzeichnet; ich hoffe aber, daß auch die Mitglieder dieser Fraktion ihre Zustimmung dazu geben, diesen Antrag - Drucksache Nr. 3374 - dem Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens zu überweisen.
Meine Damen und Herren, ich darf unterstellen, daß eine Aussprache nicht gewünscht wird. - Das ist der Fall.
Dann frage ich: Sind Sie damit einverstanden, daß dieser Gesetzentwurf dem Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens überwiesen wird? Ich bitte um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit des Hauses; die Überweisung ist erfolgt.
Ich werde gebeten, mitzuteilen, daß der Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens um - darf ich den Vorschlag machen: 15 Uhr 45 in dem offenbar für seine Arbeit üblichen Raum zusammentritt.
({0})
- 02; wenn das heute noch die richtige Bezeichnung ist. Sie stimmt sicherlich nicht mehr, Herr Abgeordneter Dr. Hammer.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Verwaltungszustellungsgesetzes ({1}) ({2});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({3}) ({4}).
({5})
Auf die Berichterstattung durch den Herrn Abgeordneten Dr. von Merkatz müssen wir verzichten, da Herr Dr. von Merkatz sich in Straßburg befindet. Darf ich annehmen, daß das Haus auf eine Berichterstattung überhaupt verzichtet? - Das ist der Fall.
Dann rufe ich zur zweiten Beratung auf, und zwar aus der Drucksache Nr. 3288 die §§ 1, - 2, -3, - 4, - 5, - 6, - 7, - 8, - 10, - 11, - 12, 12a, - 13, - 14, - 16, - 17, - 17 a,.- 18, -19, - 21, - 22, - Einleitung und Überschrift. - Wortmeldungen liegen nicht vor; ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; die Paragraphen sind angenommen.
Zur
dritten Beratung
wünscht zur allgemeinen Besprechung niemand das Wort. Eine Einzelbesprechung findet nicht statt, da Änderungsanträge nicht gestellt sind. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Verwaltungszustellungsgesetz - mit der überzeugenden Abkürzung „VwZG" - in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Bei einigen Enthaltungen angenommen. Die Tatsache, daß einige der Herren Berliner Abgeordneten dafür gestimmt haben, die anderen sitzen geblieben sind, hat wohl keine verfassungsrechtliche Bedeutung.
({6})
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({7}) über den Entwurf eines gemeinsamen Antrages des Bundestages, des Bundesrates und der Bundesregierung an das Bundesverfassungsgericht auf Erstattung eines Rechtsgutachtens über die Frage der Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß eines Baugesetzes ({8}).
({9})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter
Dr. Laforet. Bitte, wollen Sie das Wort nehmen, Herr Geheimrat!
Dr. Laforet ({10}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach § 97 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht können der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung in einem gemeinsamen Antrag das Bundesverfassungsgericht um Erstattung eines Rechtsgutachtens über bestimmte verfassungsrechtliche Fragen ersuchen. Das Rechtsgutachten wird vom Plenum des Bundesverfassungsgerichts erstattet. Nach dieser Bestimmung hat die Bundesregierung einen Antrag gestellt und bittet den Bundestag, ihm beizutreten.
Gegenstand des Gutachtens ist die Zuständigkeit zur Regelung des Planungsrechts, des Rechts der Baulandumlegung, des Rechts der Zusammenlegung von Grundstücken, des Rechts der Bodenbewertung, des Bodenverkehrsrechts, - mit dem Inhalt, Eigentums- und sonstige Rechtsänderungen an Grundstücken im Zusammenhang mit der baulichen Ordnung einer Genehmigungspflicht zu unterstellen -, des Erschließungsrechts im Sinne der Regelung des Erwerbs von Flächen für öffentliche Straßen einschließlich der Plätze und Grünflächen sowie der für die Versorgungsanlagen für Wasser, Strom und Gas und zur Beseitigung und Verwertung der Abwässer und Abfallstoffe erforderlichen Flächen, endlich des Bauordnungsrechts im engeren Sinne, des Baupolizeirechts im Sinne des allgemeinen Verwaltungsrechts. Im einzelnen darf ich auf die Drucksache Nr. 3362 Bezug nehmen.
Die Fragen sind umstritten und zum Teil sehr schwierig zu beantworten. Das Bedürfnis, sie vor der Behandlung weiterer Gesetzentwürfe auf dem Gebiete des Baurechts zu klären, ist anzuerkennen. Der Rechtsausschuß hat einstimmig beschlossen, dem Bundestag zu empfehlen, dem Antrage der Bundesregierung beizutreten.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Eine Aussprache soll nicht stattfinden.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrage des Ausschusses Drucksache Nr. 3403, der Ihnen vorliegt, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; dieser Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({0}) betreffend Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Loritz gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 3. Juli 1951 ({1}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Ritzel. Ich
bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Ritzel ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ständige Praxis und entspricht einer Vereinbarung zwischen dem Bundesjustizministerium und dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität, Immunitätsangelegenheiten, die vom Bundesjustizministerium vorzulegen sind, damit eine Entscheidung des Hohen Hauses herbeigeführt wird, dann nicht vorzulegen, wenn es sich um querulatorische, vexatorische, absolut unernste, absolut unbegründete Sachen oder Anzeigen handelt. Wir haben einen
Fall, der nach Vorberatung im Unterausschuß zu einer grundsätzlichen Entschließung des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität geführt hat und eine zeugeneidliche Aussage des Abgeordneten Loritz betrifft, die dieser in dem seinerzeitigen Untersuchungsausschuß Nr. 44 abgegeben hat.
Herr Loritz ist von einem Ministerialrat Messmer aus München beschuldigt worden, seine Eidespflicht bei dieser Aussage verletzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat durch Vermittlung des Bundesjustizministeriums den Antrag hierher gegeben, die Immunität des Abgeordneten Loritz aufzuheben, um die Strafverfolgung zu ermöglichen.
Der Ausschuß hat sich in zwei Sitzungen an Hand der Protokolle des Untersuchungsausschusses eingehend mit dem Sachverhalt befaßt und davon Kenntnis genommen, daß der Abgeordnete Loritz gegen den Ministerialrat Messmer eine einstweilige Verfügung beantragt und erwirkt hat. Herr Ministerialrat Messmer hatte in München erklärt, Loritz habe von ihm für irgendwelche politische Zwecke Geld gefordert. In der einstweiligen Verfügung heißt es:
Dem Antragsgegner
- also Herrn Messmer wird bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Haft- oder Geldstrafe untersagt, die Behauptung aufzustellen oder zu verbreiten, der Antragsteller
- also der Abgeordnete Loritz habe für die Unterstützung der Regierung Adenauer bei den bayerischen Landtagswahlen und im Bundestag 200 000 DM gefordert.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Diese einstweilige Verfügung ist in Rechtskraft getreten. Der Antragsgegner - Messmer - hat dagegen nichts unternommen.
Im Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität hat der Vertreter des Bundesjustizministeriums erklärt, daß die Angelegenheit nach der Aufklärung und der Beiziehung der Protokolle des Untersuchungsausschusses an das Justizministerium zurückgereicht werden soll, damit dieses der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit geben könnte, das Verfahren einzustellen. Im Ausschuß sind in den gründlichen Erörterungen hiergegen grundsätzliche Bedenken erhoben worden, und zwar mit dem Hinweis darauf, daß das Verfahren nicht ohne weiteres eingestellt werden könne, weil das schon nach der bisherigen Auffassung ein Zur-Verantwortung-Ziehen eines Abgeordneten im Sinne des Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes sei. Auf Beschluß des Ausschusses hat sich der Unterausschuß mit der Frage befaßt, und zwar nicht nur wegen des vorliegenden Falles, sondern aus grundsätzlichen Erwägungen, und ist zu folgendem Ergebnis gekommen.
Ist die Nichtaufnahme oder Einstellung eines Verfahrens ohne weitere Beweiserhebung möglich, dann liegt in einem solchen Beschluß der Staatsanwaltschaft kein Zur-Verantwortung-Ziehen im Sinne des Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes. Der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität selber hat diesen grundsätzlichen Beschluß einstimmig gefaßt. Er hat außerdem beschlossen, dem Hohen Hause vorzuschlagen, die Immunität des Abgeordneten Loritz aufzuheben, jedoch nur, um der Staatsan({3})
waltschaft die Möglichkeit zur Einstellung des Verfahrens zu geben.
Die grundsätzliche Seite dieser Sache ist in dem Beschluß zu sehen, der auf Vorschlag des Unterausschusses gefaßt worden ist und dem beizutreten ich dem Hohen Hause sehr empfehlen möchte. Er sieht vor, daß die Staatsanwaltschaft dann nicht verpflichtet sein soll, in einer derartigen Frage über die zuständigen Landes- und Bundesbehörden an das Hohe Haus zu gehen, wenn eine Überprüfung ohne nähere Ermittlung bereits ergibt, daß es sich um eine nicht ernste Angelegenheit handelt. Auf diese Weise braucht zur Einstellung des Verfahrens nicht jedesmal der langwierige Weg der Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten beschritten zu werden. In diesen Fällen ist ein ZurVerantwortung-Ziehen, wie das Grundgesetz sagt, nicht zu erblicken. Die Staatsanwaltschaft soll, soweit sie bereits urteilen kann, ohne nähere Ermittlungen anstellen zu müssen, daß hier ein Anlaß zur Strafverfolgung nicht vorliegt, berechtigt sein, kurzerhand das Strafverfahren einzustellen.
Ich darf dem Hohen Hause empfehlen, im Falle Loritz entsprechend zu beschließen, und bitte, auch in dieser grundsätzlichen Angelegenheit die Zustimmung zu erteilen.
Meine Damen und Herren, ich nehme an, daß mit der Beschlußfassung des Ausschusses zu Drucksache Nr. 3331 der letzten Bitte des Herrn Abgeordneten Ritzel entsprochen wird. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 3331 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf den eingeschobenen Punkt der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({0}) betreffend Genehmigung zur Zeugenvernehmung der Abgeordneten Freiherrn von Aretin und Donhauser gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 26. April 1952 und 17. Mai 1952 ({1}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Mende. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Dr. Monde ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität lag ein Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 17. Mai 1952 des Inhalts vor, in dem Strafverfahren des Oberstaatsanwalts in München I gegen den Ministerialrat a. D. Messmer wegen übler Nachrede zur Hauptverhandlung vor der 3. Strafkammer des Landgerichts in München I am 3. Juni 1952 die Genehmigung zur Zeugenvernehmung der beiden Mitglieder dieses Hohen Hauses von Aretin und Donhauser zu erteilen. Das Schreiben des Bundesjustizministers hatte als Anlagen den Beschluß der 3. Strafkammer des Landgerichts München I, die Ladung der Abgeordneten Anton Donhauser, wohnhaft München-Großhadern, Am Wiesenhang 19, und Anton Freiherr von Aretin, München, Borellistraße 6, als Zeugen zu dem Hauptverhandlungstermin am 3. Juni 1952 anzuordnen. Bei der Besonderheit des Falles sei das persönliche Erscheinen dieser Zeugen und ihre Gegenüberstellung mit anderen Zeugen unbedingt erforderlich. Der Oberstaatsanwalt bittet daher, beim Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages in Bonn die Genehmigung zur Vernehmung dieser beiden Abgeordneten in München für den 3. Juni 1952 oder erforderlichenfalls einen späteren Termin zu erwirken.
Es ist den Damen und Herren des Hauses bekannt, daß nach § 50 der Strafprozeßordnung die Mitglieder des Bundestages und des Bundesrates, eines Landtages oder einer Zweiten Kammer während ihres Aufenthaltes am Sitz der Versammlung dort zu vernehmen sind. Zu einer Abweichung von dieser Vorschrift bedarf es nach Abs. 3 des § 50 StPO der Genehmigung des gesetzgebenden Organs, also hier des Bundestages.
Der Sachverhalt ist folgender:
Messmer hat im Januar 1950 im Landtagsgebäude in München dem Abgeordneten des Bayerischen Landtags Josef Krempl folgendes erzählt:
Der Präsident des Bayerischen Landesentschädigungsamts Herr Auerbach, habe ihm für Zwecke der Bayernpartei 10 000 DM in Aussicht gestellt. Als er einige Tage später das Geld abholen wollte, habe ihm Herr Auerbach bedeutet, daß bereits der Landesvorsitzende der Bayernpartei, Dr. Baumgartner, das Geld selbst in Empfang genommen habe.
Dr. Baumgartner hat am 8. Februar 1950 Strafantrag gestellt.
Messmer gibt die Äußerung im wesentlichen zu. Er behauptet, von Herrn Auerbach entsprechend informiert worden zu sein. Herr Auerbach stellt eine derartige Erklärung oder Andeutung in Abrede. Er hat jedoch nach den Aussagen der Abgeordneten Donhauser und Freiherr von Aretin diesen gegenüber erklärt, Dr. Baumgartner habe ihn um 10 000 DM gebeten und auch angedeutet, daß er bereits die Summe zur Verfügung gestellt hätte.
Zur Klärung des Sachverhalts ist eine Gegenüberstellung der Zeugen Donhauser und von Aretin mit den Zeugen Auerbach und Baumgartner in der Hauptverhandlung vom 3. Juni 1952 in München erforderlich.
Soweit das Schreiben des Staatsministeriums der Justiz in München vom 10. Mai 1952.
Der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität hat einstimmig zum Ausdruck gebracht, daß § 50 Abs. 1 die Regel sei, also die Mitglieder des Bundestages am Sitz der Versammlung als Zeugen zu vernehmen seien, und daß Abs. 3 eine Ausnahme darstelle, von der wir hoffen, daß sie nicht zur Regel wird. Der Beschluß des Ausschusses, den ich Ihnen vorzulesen mir erlaube, weil er noch nicht gedruckt vorliegt, lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Genehmigung zur Zeugenvernehmung der Abgeordneten Freiherr von Aretin und Donhauser in der Hauptverhandlung vor der 3. Strafkammer des Landgerichts in München I am 3. Juni 1952 wird erteilt.
Ich bitte Sie, diesem einstimmigen Beschluß des Ausschusses auch Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem von Herrn Dr. Mende verlesenen Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 3404 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
({0})
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung: Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({1}) über die Wahlanfechtung des Werner Trautmann aus Traunstein ({2}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Hoecker.
({3})
- Meine Damen und Herren, ich darf annehmen, daß, da Herr Abgeordneter Hoecker nicht zur Berichterstattung anwesend ist, auf den Bericht verzichtet wird.
Wird auf a 11e Berichte in diesen Wahlanfechtungssachen verzichtet?
({4})
Dann bitte ich zunächst die Damen und Herren, die der Entscheidung nach dem Antrag Drucksache Nr. 3269 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({5}) über die Wahlanfechtung des Hans Oswald, Bergstetten ({6}).
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 3293 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Meine Damen und Herren, ich hoffe, daß es Ihnen nicht so geht wie mir, daß die Seiten 2 und 3 der Drucksachen unbedruckt sind. Ich persönlich würde mich jedenfalls nicht in der Lage sehen, einem Beschluß zuzustimmen, den ich nicht vor mir habe. Haben Sie alles erhalten?
({7})
- Ich dachte, es wäre ein allgemeiner Fehler. - Ich bitte also die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 3293 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({8}) über die Wahlanfechtung des Privatdetektivs Willy Zwick,
Wiesbaden ({9}).
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 3294 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf: Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({10}) über die Wahlanfechtung der KPD - Kreis Celle - ({11}).
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 3295 zuzustimmen wünschen,
eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({12}) über die Wahlanfechtung des Georg Herrmann, Eutendorf ({13}).
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 3296 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte Um die Gegenprobe. - Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({14}) über die Wahlanfechtung der KPD - Ortsgruppe Neuhaus/Kreis Plön - ({15}).
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 3297 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf: Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({16}) über die Wahlanfechtung des Apothekers Schaffnit, Neustadt/Pfalz ({17}).
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 3298 zuzustimmen wünschen,
eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit;
angenommen.
Damit sind die Wahlanfechtungen, die heute vorlagen - d. h. die Punkte 8 bis 13 der Tagesordnung -, erledigt.
Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung. auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik ({18}) über den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Ergänzung zur Zwölften Aufbau-Verordnung der Sozialversicherung
({19}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Aussprachezeit von höchstens 40 Minuten vor. - Das Haus ist damit einverstanden.
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Meyer [Hagen], das Wort zu nehmen.
Meyer [Hagen] ({20}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag Drucksache Nr. 2862 wünscht eine Ergänzung zur Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung, und zwar in der Richtung, daß die Krankenkassenmitgliedschaft bestehen bleibt, wenn beim Überwechseln aus einer invalidenversicherungspflichtigen Beschäftigung in eine angestelltenversicherungspflichtige der Beruf nicht gewechselt wird. Die betreffende Bestimmung des § 4 der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 24. Dezember 1935 ({21}) lautet:
Ersatzkassen für Angestellte dürfen nur Angestellte, Ersatzkassen für Arbeiter nur Arbeiter aufnehmen. Verlieren versicherungspflichtige Mitglieder ihre Eigenschaft als Angestellte oder Arbeiter, so erlischt die Mitgliedschaft mit dem Schluß des laufenden Kalendervierteljahres. Die Aufsichtsbehörde kann aber zur Vermeidung von Härten solchen Mitgliedern die weitere Mitgliedschaft bis zu einem Jahr gestatten.
Der Antrag der Deutschen Partei bezweckt, für Invalidenversicherungspflichtige, die, ohne den Beruf zu wechseln, in eine angestelltenversicherungspflichtige Stellung aufrücken, eine Ausnahme zu erreichen. Die Betroffenen haben den Wunsch, auch weiterhin in dem bisherigen Versicherungsgemeinschaft zu verbleiben, zumal sie häufig nach einiger Zeit wieder zu einer invalidenversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückkehren.
Der Ausschuß sprach sich grundsätzlich für die Beibehaltung der Trennung von Arbeiter- und Angestelltenersatzkassen aus. Er war sich jedoch darüber im klaren und schloß sich einem entsprechenden Antrag der Frau Abgeordneten Döhring
({22})
an, daß die im Antrag für die Mitgliedschaft der Arbeiterersatzkassen erstrebte Vergünstigung auch den Angestellten eingeräumt werden müsse, wenn diese von einer angestelltenversicherungspflichtigen Tätigkeit in eine invalidenversicherungspflichtige Tätigkeit überwechseln. Die Kollegin machte geltend, daß ansonsten eine Bevorzugung der Ersatzkrankenkassen und eine Benachteiligung der Ortskrankenkassen eintreten würde.
Es erschien dem Sozialpolitischen Ausschuß auch nicht zweckmäßig, diese Vergünstigung nur zu gewähren, wenn der Beruf beibehalten wird, da sich die einzelnen Berufe begrifflich nur schwer abgrenzen lassen. Der Sozialpolitische Ausschuß schlägt nach Beratung der Materie die Annahme des vorliegenden Antrags vor, nämlich die Bundesregierung zu ersuchen, den § 4 der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung in diesem Sinne zu ändern, so daß also der Satz 4 des Abs. 1 des § 4 folgenden Wortlaut erhält:
Wechselt das Mitglied von einer invalidenversicherungspflichtigen in eine angestelltenversicherungspflichtige Tätigkeit oder umgekehrt, so kann es Mitglied in seiner bisherigen Ersatzkasse bleiben.
Ich bitte das Haus, dem Ausschußbeschluß beizutreten.
Ich eröffne die Aussprache. Wünscht jemand, das Wort zu nehmen? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Besprechung.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 3292 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist einstimmig angenommen. Damit ist dieser Punkt- der Tagesordnung ebenfalls erledigt.
Wir kommen zu Punkt 15 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfes zur Schaffung einheitlichen Rechts in der Angestelltenversicherung ({0}).
Wünscht jemand, den Antrag zu begründen?
({1})
- Wird auf eine Begründung verzichtet? ({2})
- Allgemein? ({3})
- Dann kann ich die Besprechung schließen. Ich bitte die Damen und Herren, - - ({4})
- Ich hatte auch vor, Ihnen vorzuschlagen, den Gesetzentwurf dem Sozialpolitischen Ausschuß zu überweisen. - Ich bitte die Damen und Herren, die der Überweisung an den Sozialpolitischen Ausschuß zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Die Überweisung ist einstimmig erfolgt. Damit ist auch dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfs über den Beruf der medizinisch-technischen Assistenten ({5}).
({6})
- Herr Abgeordneter Mende?
({7})
- Das Haus scheint bereit zu sein, die Ausschußüberweisung vorzunehmen, ohne die Begründung zu hören. Es kann den Damen und Herren ja nur recht sein, da es eine Förderung der Arbeit bedeutet. Ich bitte die Damen und Herren, die der Überweisung dieses Antrags an den Ausschuß für Gesundheitswesen - der ist wohl zuständig ({8})
zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Auch diese Überweisung ist einstimmig erfolgt. Damit ist Punkt 16 erledigt.
Wir kommen zu Punkt 17:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfs über den Beruf des Masseurs und der Krankengymnastin ({9});
b) Beratung des Antrags der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfs über den Beruf der Krankengymnastinnen ({10}).
Wünscht jemand, die Anträge zu begründen?
({11})
- Es wird auf die Begründung verzichtet, Herr Abgeordneter Dr. Mende?
({12})
- Es wird verzichtet, stelle ich ausdrücklich fest. Sonst wünscht auch niemand, das Wort zu nehmen?
- Das ist auch nicht der Fall. Ich schlage vor, beide Anträge dem Ausschuß für Gesundheitswesen zu überweisen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist ohne Frage die Mehrheit. Die Überweisung ist erfolgt.
Ich rufe auf Punkt 18:
Beratung des Antrags der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Novelle zum Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes ({13}).
Dazu:
Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes ({14}).
Zur Begründung Herr Abgeordneter Ewers. - Meine Damen und Herren, es wird eine Begründungszeit von höchstens 20 Minuten und eine Aussprachezeit von höchstens 90 Minuten vorgeschlagen. - Sie sind damit einverstanden.
Ewers ({15}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Offenbar hat die Länge der gedruckten Tagesordnung - ({16})
- Herr Farke ist da. Ich darf ihm mein Wort erteilen.
({17})
Das Wort zu erteilen, steht mir zu, Herr Abgeordneter Ewers.
({0})
({1})
Aber ich bin gern bereit, es an Herrn Abgeordneten Farke weiterzugeben. Bitte!
({2})
Farke ({3}), Antragsteller: Verzeihung, jetzt habe ich eine Unterlage nicht hier.
({4})
Meine Damen und Herren, damit, daß der Redner das Pult verläßt, ist die Sitzung nicht unterbrochen. Nur wenn i c h meinen Platz verließe, würde sie unterbrochen sein.
({0})
Herr Abgeordneter Farke hat das Wort.
Farke ({1}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion der Deutschen Partei ersucht die Bundesregierung, eine Novelle zum Gesetz zu Art. 131 beschleunigt vorzubereiten und sie dem Hause zur Beschlußfassung vorzulegen.
Es war den Eingeweihten schon bei der Verabschiedung des Gesetzes zu Art. 131 vor einem Jahre klar, daß viele Bestimmungen problematisch waren und verschiedene neue Rechtssetzungen als Unrechtssetzungen empfunden werden mußten! Ein Jahr der praktischen Durchführung des Gesetzes zu Art. 131 hat die Bestätigung gebracht, daß viele Rechtssetzungen in der jetzigen Form unhaltbar sind. Wenn auch die Durchführungsbestimmungen bedauerlicherweise noch nicht restlos in Kraft getreten sind oder erlassene Durchführungsbestimmungen noch keine Anwendung finden konnten, so steht doch zweifelsfrei fest, daß sie die in Erscheinung getretenen Härten nicht ändern können, so steht weiterhin fest, daß die vorhandenen Härten und die schon nach einem Jahr unzeitgemäß gewordenen Regelungen durch gesetzliche Neuregelungen ersetzt werden müssen.
Zu dieser gesetzlichen Neuregelung zwingen auch die in den Ländern zum Teil schon verabschiedeten und zum Teil in Vorbereitung befindlichen Anpassungsgesetze. Die Anpassungsgesetze des Landes Niedersachsen vom 18. Dezember und 24. Dezember 1951 stellen schon eine Novelle im guten Sinne zu dem Gesetz zu Art. 131 dar, so daß dieses Anpassungsgesetz das Bundesgesetz in entscheidenden Rechtssetzungen geradezu unhaltbar macht. In schroffem Gegensatz dazu steht das hessische Anpassungsgesetz, das die entsprechenden Rechtssetzungen in negativer Weise entwickelt hat. Die Vorlage eines Anpassungsgesetzes in Rheinland-Westfalen geht wieder einen andern Weg, der aber ähnlich wie der hessische keineswegs erfreulich ist.
Fest steht also, daß durch umstrittene Rechtssetzungen im Gesetz zu Art. 131 im Bundesgebiet durch die Anpassungsgesetze der Länder ein Rechtsdurcheinander entsteht und die Leidtragenden dieser Entwicklung die vom Gesetz Betroffenen sind.
({2})
Es wird also höchste Zeit, daß vom Bund aus die zu dem Durcheinander führenden Rechtssetzungen durch eine Novelle geändert werden.
In dem vorliegenden Antrag sind in Richtlinienform die nötigen Änderungen aufgeführt. Die §§ 7 und 8 sind zu streichen, da sie einer verkappten Weiterentnazifizierung Tür und Tor geöffnet haben und damit die endgültige Beseitigung einer
unseligen Besatzungserfindung verhindern. Sie sind auch deshalb nicht mehr haltbar, weil sie in Niedersachsen durch das Anpassungsgesetz außer Kraft gesetzt worden sind und Bundesbahn und Bundespost zu erkennen gegeben haben, daß sie die niedersächsische Regelung übernehmen wollen. Diese niedersächsische Regelung hebt alle ungünstigen Entnazifizierungsentscheidungen, die auf Grund der Bestätigungsbestimmungen ergangen sind, mit Wirkung vom 1. April 1951 auf. Sie beurteilt die politische Belastung zunächst nach der Entscheidung der Entnazifizierung und verfügt, daß Gruppe IV ohne Beschränkung und V anzuerkennen ist. Sie räumt mit ungesetzlichen Entnazifizierungsentscheidungen, die mit beamten-, besoldungs- und versorgungsrechtlichen Bestimmungen im Widerspruch stehen, grundsätzlich auf. Falsche Entscheidungen werden als nicht ergangen betrachtet. Hierunter fallen die Verhängung von mehreren Beschränkungen neben Wahlrechtsentziehung, die Einstufung von Nichtbetroffenen, die Entscheidung, daß jemand nicht am selben Ort verwendet werden darf, die Entnazifizierung von Toten, die Entnazifizierung von Witwen, die Kürzung des Ruhegehalts von Hinterbliebenen, die Entnazifizierung von Ruhestandsbeamten, die Versetzung in den Ruhestand vor Erreichung des 65. Lebensjahres oder ohne Dienstunfähigkeit unter gleichzeitiger Kürzung des Ruhegehaltes, die Versetzung eines lebenslänglich angestellten Beamten in ein außerplanmäßiges Verhältnis, die Verfügung von Berufsbeschränkungen der verschiedensten Art. Die §§ 7 und 8 sind nach einer solchen Regelung in einem Bundesgesetz nicht mehr zu verantworten.
Die Beförderungsbeschränkungen, wie sie in den §§ 19 und 31 festgelegt sind, nach denen nur eine der nach 1933 erfolgten Beförderungen angerechnet wird, nach denen für die Wehrmachtangehörigen der Sechsjahresturnus nicht durchgeführt wird und die geringste Zulage mit Ausnahme bei hohen Einzelgehältern als Beförderung gewertet wird, müssen aufgehoben werden.
Die Zehndienstjahrklausel gemäß den §§ 30 und 37 kann für die 131er in der bestehenden Form nicht aufrechterhalten werden, da einem versorgungsberechtigten Staatsdiener nachträglich die ihm durch einen staatlichen Hoheitsakt zugesicherte Versorgung nicht genommen werden darf. Das niedersächsische Anpassungsgesetz hat die Zehndienstjahrklausel nicht anerkannt. Es allein kann für die Novelle zu den §§ 30 und 37 richtungweisend sein.
Die Übergangsbezüge, die völlig unzulänglich sind, würden durch Fortfall der Zehndienstjahrklausel schon wesentlich verbessert werden. Für ihre grundsätzliche, versorgungsrechtlich tragbare Neuregelung kann auch in diesem Fall nur das Anpassungsgesetz in Niedersachsen als Richtschnur dienen, das an der überkommenen Wartegeldregelung des DBG festgehalten hat.
Dasselbe ist von einer Neuregelung der Anrechnung des Nebenverdienstes zu verlangen. Die jetzige Anrechnung der Nebeneinkünfte erfordert einen Verwaltungsapparat, der das Ersparte vollauf wieder verschlingt. Nur Nebeneinkommen - so auch im niedersächsischen Anpassungsgesetz - aus öffentlichen Mitteln dürfen anrechenbar sein.
Die Beschränkung der gerichtlichen Verfolgung von Rechtsansprüchen in § 77 ist unhaltbar. Ansprüche gegen einen nicht mehr vorhandenen Dienstherrn sind sowieso illusorisch. Es ist aber für eine rechtsstaatliche Demokratie unmöglich, An({3})
sprüche gegen vorhandene Dienstherren, dazu noch für die Zeit, in denen das Gesetz zu Art. 131 noch nicht vorhanden war, gerichtlich nicht verfolgen zu lassen. Der § 77 ist durch die Novelle zu beseitigen.
Die Bestimmungen über die Polizei bedürfen dringendst einer Umgestaltung. Die Polizei muß in die Unterbringung einbezogen werden .In Nordrhein-Westfalen ist das geschehen, in Niedersachsen vorbereitet. Im Gesetz zu Art. 131 bzw. in der Novelle sind die Konsequenzen daraus zu ziehen. Der Begriff „Gestapo" kann auch nicht mehr im kollektiven Sinne in den Bestimmungen gebraucht werden und Polizeigruppen und Einzelpersonen einschließen, die wohl der Gestapo unterstanden, aber nichts mit grausamen oder kriminellen Vergehen oder Methoden zu tun hatten.
Die Regelung für die Angestellten des öffentlichen Dienstes nach § 52 bedarf dringend einer Revision. Es widerspricht jedem Rechtsgefühl, jemanden, der sich in ungekündigter Stellung befand, der eine vorübergehende Entfernung von Arbeit und Dienst nach 1945 auf sich nehmen mußte, fristlos zu entlassen.
Die Stichtage vom 8. Mai 1935 und 8. Mai 1945, die sich für die Hinterbliebenen von Gefallenen, die ehemaligen Wehrmachtangehörigen und für die Angehörigen des Arbeitsdienstes in verhängnisvoller Weise auswirken, müssen durch die Novelle beseitigt werden. Weiterhin müssen Kriegsgefangenschaft und Internierung angerechnet werden. Eine Behandlung der Berufssoldaten und der Angehörigen des Arbeitsdienstes, wie sie durch die Stichtage erfolgt, ist nicht mehr zu verantworten.
Der Berufsoffiziersstatus für Berufsoffiziere im Truppensonderdienst müßte auch über den engen Rahmen der lediglich in den §§ 53, 54 und 66 zusammengefaßten Bestimmungen hinaus erweitert und ihr Unterbringungsanspruch durch nachgewiesene Befähigung befriedigt werden. Besonders aber sind die unbefriedigenden Regelungen für die Unteroffiziere in versorgungsrechtlicher Beziehung in § 54 zu verbessern.
({4})
Zumindest ist ihnen nach zehnjähriger Dienstzeit eine Kapitalabfindung zuzubilligen.
({5})
- Sie wissen ganz genau, meine Herren Kollegen,
daß wir damals glaubten, daß die Mittel nicht ausreichten, um das zu tun, so daß wir jetzt zu einer
Novelle gezwungen sind. Wir haben aber mittlerweile erfahren, daß von den über 850 Milionen,
die für das Gesetz zu Art. 131 verwandt werden
sollten, praktisch nur 564 Millionen im vergangenen Jahre gebraucht worden sind. Daraus ergibt
sich auch, daß wir in der Lage sind, die notwendigen Novellen durchzuführen. Die Mittel, die
eigentlich für das Gesetz zu Art. 131 festgelegt
waren, werden bei der Durchführung dieser Novellen kaum ganz in Anspruch genommen werden.
Ich bitte das Hohe Haus, dem Antrag der Fraktion der Deutschen Partei zuzustimmen.
Darf ich fragen: Wer wünscht, den Antrag der Fraktion der CDU/CSU zu begründen? Oder soll er nicht begründet werden? - Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Initiator des Antrags ist
nicht im Saale. Ich bin aber über den Zweck unterrichtet; er bedeutet lediglich folgendes. In dem Gesetz zu Art 131 werden die Frauen der Kriegsgefangenen wie Witwen behandelt. Sie sind aber noch dadurch belastet, daß sie ihre Männer durch Pakete usw. unterstützen müssen. Der Antrag bezweckt also lediglich eine Besserstellung dieser jetzt wie Kriegerwitwen behandelten Frauen. Wir werden diesen Antrag, der nicht eine grundsätzliche Stellungnahme zu dem Gesetz zu Art. 131 bedeutet, ebenfalls dem Ausschuß überweisen müssen.
Das Wort hat der Abgeordordnete Dr. Miessner; ich nehme an: im Rahmen der vorgesehenen Aussprachezeit von 90 Minuten. - Das Haus ist mit dieser Aussprachezeit einverstanden.
Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP begrüßt es, daß heute zwei Anträge der Deutschen Partei und der CDU/ CSU vorliegen, die sich damit befassen, das Gesetz zu Art. 131 zu verbessern. Die Freie Demokratische Partei kann sich um so mehr darüber freuen, weil sie schon seit einigen Monaten in der Öffentlichkeit immer wieder nachdrücklich betont hat, daß sie gewillt ist - und nicht nur gewillt, sondern daß sie auch bereits an der Arbeit ist -, Änderungsvorschläge für dieses Gesetz auszuarbeiten. Die Arbeiten der FDP für eine Novelle zu dem Gesetz zu Art. 131 sind inzwischen abgeschlossen. Ich kann Ihnen hier die Hauptpunkte nennen, die die FDP für reformbedürftig hält. Man kann im großen und ganzen die Änderungswünsche, die auch zum Teil in den Anträgen der DP und der CDU/CSU zum Ausdruck kommen, in drei große Gruppen unterteilen.
Das eine ist die Gruppe der Haupthärtefälle, die allein schon wegen des Notstandes der Beteiligten dringend einer schnellen Abhilfe bedürfen. Die zweite große Gruppe der Änderungswünsche geht dahin, die Forderung des Bundestags nach Rechtsgleichheit mit den einheimischen Beamten zu erfüllen. Schließlich bleiben die Änderungswünsche übrig, mit denen gewissermaßen Neuland beschritten wird.
Die Haupthärtefälle, die von weittragenden und allgemeiner Bedeutung sind, da sie einen großen Kreis betreffen, sind folgende:
Erstens: Das in dem Gesetz zu Art. 131 festgesetzte Übergangsgehalt ist damals aus den an sich bekannten Gründen - man wollte zunächst die Pensionäre voll bedenken - sehr mager ausgefallen. Das Übergangsgehalt ist so niedrig, daß es vielfach unter der früheren Überbrückungshilfe liegt, j a, es liegt zum Teil sogar unter den Fürsorgesätzen. Das Übergangsgehalt bedarf daher dringend einer Aufbesserung; ich glaube auch, daß man sich an Regierungsstelle schon darüber im klaren ist, daß das bald zu geschehen hat.
Zweitens. Der Stichtag vom 8. Mai 1935, der für die Wehrmacht festgesetzt war, bedeutet für diese Kreise und Personen eine ganz besondere Härte, die über die einschränkenden Bestimmungen für die übrige Beamtenschaft, wie die Praxis gezeigt hat, doch weit hinausgeht. Ich glaube, wir sollten diesen Stichtag unbedingt aufheben, da hier die Angehörigen der ehemaligen Wehrmacht sehr benachteiligt sind.
Drittens. Die vor einem Jahr getroffene Regelung für die Unteroffiziere mit zwölf und mehr Dienst({0})
jahren ist in der Tat nicht befriedigend gewesen. Wir haben damals den Unteroffizieren einen Rechtsanspruch nach dem Gesetz nur gegeben, wenn sie mehr als 18 Dienstjahre hatten. Die Unteroffiziere mit zwölf und mehr, bis zu achtzehn Dienstjahren, wurden nur im Wege der Beihilfe, also im Wege einer Kannvorschrift abgefunden. Nun sind zwar erhebliche Beträge aus diesem Fonds für diesen Unteroffizierskreis gezahlt worden. Aber man sollte doch jetzt, nachdem man die Dinge erkannt hat, diesen Unteroffizieren entsprechend dem damaligen Antrag der Opposition einen klaren Rechtsanspruch gewähren.
Viertens. Die Angestellten des öffentlichen Dienstes sind in das Gesetz nur einbezogen, soweit sie mehr als 25 Dienstjahre haben. Das bedeutet für diese Gruppe vielfach eine sehr große Härte. Sie haben zwar aus ihrem früheren Dienstverhältnis keinen eigentlichen Rechtsanspruch wie die Beamten; aber man sollte in diesem Falle aus sozialen Gründen doch zum mindesten den Angestellten mit mehr als 20 Dienstjahren einen Zuschuß zu ihren Sozialrenten geben. Darüber hinaus wäre allen Angestellten eine Abfindung dafür zu zahlen, daß sie 1945 fristlos aus ihren Stellungen kamen.
Fünftens. Schließlich bedarf der Stichtag für den Zuzug in das Bundesgebiet vom 23. Mai 1949 zweifellos auch einer Änderung. Alle Abgeordneten dieses Hauses haben zu dieser Frage sehr viele Zuschriften bekommen. Es gibt immer wieder Fälle, daß irgend ein alter Pensionär in der Ostzone nicht mehr existieren konnte und z. B. hierher in den Haushalt seiner Tochter oder seines Sohnes ziehen mußte. Seine beamtenrechtliche Versorgung scheitert dann an dem Stichtag vom 23. Mai 1949. Man sollte diesen Stichtag auf den 31. März 1951 verlegen, also den Tag vor Inkrafttreten des Gesetzes, oder ihn aber mindestens mit dem Stichtag gleichschalten, der im Vertriebenengesetz festgelegt wird.
({1})
Meine Damen und Herren, es müssen aber auch noch wesentliche Änderungen erfolgen, wenn die Forderung des Bundestags nach Rechtsgleichheit der 131er mit den Einheimischen tatsächlich verwirklicht werden soll.
Da ist erstens die Zehn-Jahres-Klausel für die allgemeine Beamtenschaft zu erwähnen. Diese muß fallen, wenn man nicht weiter unterschiedliches Recht zwischen einheimischen und verdrängten Beamten beibehalten will.
Zweitens bedeutet der Beförderungsschnitt eine außerordentliche Härte. Seine Aufhebung ist erforderlich, weil der Beförderungsschnitt zur Zeit eben nur die 131er, dagegen nicht die einheimische Beamtenschaft trifft.
Drittens ist es gegenüber der hiesigen Beamtenschaft ebenfalls eine Härte, daß das private Arbeitseinkommen bei den Pensionären aus dem 131er Gesetz voll zur Anrechnung kommt; das ist sonst nach den beamtenrechtlichen Vorschriften nicht der Fall.
Viertens wird es der Gerechtigkeit entsprechen, die amtlos verbrachte Zeit seit 1945 auf das Besoldungsdienstalter und das Ruhegehaltsdienstalter anzurechnen. Andernfalls würden die 131er für alle Ewigkeit benachteiligt.
Fünftens. Die Frauen von Männern, die sich noch in russischer Kriegsgefangenschaft befinden, bekommen nach der derzeitigen Regelung Witwenbezüge. Meine Damen und Herren, das geht natürlich nicht. Ein einheimischer Beamter in Kriegsgefangenschaft erhält für seine Familie die vollen Bezüge. Wir müßten dann hier wenigstens die vollen Bezüge des Mannes nach dem 131er Gesetz, also die Übergangsbezüge oder die Pension, gewähren.
Sechstens. Für die Unterbringung hat es sich als ein großes Hemmnis erwiesen, daß die Frage der Trennungsentschädigung und der Umzugskosten bei Einberufung in ein Amt nach dem 131er Gesetz nicht geregelt ist. Die einberufenden Behörden scheuen vielfach diese Kosten und sehen dann davon ab, den betreffenden 131er von entfernterem Ort einzuberufen; und der 131er selber ist nicht in der Lage, die Kosten zu tragen, weil er sich schon seit Jahren in einer ausgesprochenen Notlage befindet. Man sollte auch hier entsprechend der Regelung bei der aktiven Beamtenschaft im Falle einer Einberufung die Gewährung von Umzugskosten und Trennungsentschädigung für eine bestimmte Zeit vorsehen.
Siebtens. In dem 131er Gesetz ist vorgesehen, daß sich die Pension mindert, wenn die Witwe des Beamten mehr als fünfzehn Jahre jünger ist. Wir möchten vorschlagen, daß diese Minderung entfällt, wenn leibliche Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind, da man ja in einem solchen Falle wirklich nicht von einer Versorgungsehe oder dergleichen sprechen kann.
Mit der dritten Gruppe von Änderungen, mit denen sich die FDP befaßt hat und die ich bei dieser Gelegenheit vortragen möchte, beschreiten wir zum Teil Neuland.
Da ist erstens der Wunsch der FDP zu erwähnen, die Hochschullehrer, die bisher in dem 131er Gesetz gar nicht behandelt sind, in einem besonderen Abschnitt einzubeziehen und dabei auf die besondere Art ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit Rücksicht zu nehmen.
Zweitens sollte man den Personenkreis der ehemaligen berufsmäßigen Angehörigen des Arbeitsdienstes in das Gesetz wirklich einbeziehen und nicht, wie es bisher der Fall ist, durch Nichtanrechnung der Zeit des freiwilligen Arbeitsdienstes praktisch 97 % der Gruppe vom Gesetz ausnehmen.
Drittens, meine Damen und Herren - das ist ein sehr wesentlicher Punkt -, muß die Unterbringung entschieden verbessert werden. Es muß von der Tribüne des Hauses leider wieder einmal gesagt werden, daß die Unterbringung noch nicht recht klappt. Der Wunsch der FDP ist es seit langem, daß die Unterbringung straffer und zentraler gehandhabt wird. Wir fordern daher, daß die Bundesausgleichsstelle in Köln, wie sie sich jetzt nennt, zu einer wirklich zentralen Bundesvermittlungsstelle wird, die einerseits in der Lage ist, mittels Kartei alle 131er, die noch arbeitsfähig sind, zu erfassen, und die andererseits den Behörden auf Anfordern diese 131er benennen kann, damit sie daraus schnell die Auswahl treffen können. Das ist wirklich ein sehr dringendes Anliegen. Das ganze Haus sollte sich gerade dieser Forderung annehmen, zumal sich mit einer fortschreitenden und noch schnelleren Unterbringung die Kosten des Gesetzes sehr bald und erheblich senken würden.
Viertens wollen wir insoweit Neuland beschreiten, als wir es trotz mancher Bedenken doch für richtig gehalten haben, eine generelle Härteklausel in das Gesetz zu übernehmen. Gewiß ist eine
({2})
Härteklausel vom Verwaltungsstandpunkt aus nicht nicht sehr erfreulich. Es stellt dann praktisch jeder einen Antrag, der irgendwie glaubt, eine Chance zu haben. Aber wir haben auch in dem Bundesversorgungsgesetz für die ehemalige Wehrmacht solche Härteklauseln, und ich habe mir von Sachverständigen sagen lassen, daß man bei Versorgungsangelegenheiten doch offenbar ohne eine generelle Härteklausel nicht auskommt. Denn die Fälle des Lebens sind - wie die Erfahrung zeigt - so kompliziert, daß man eben eine solche Generalklausel benötigt.
Ich darf Ihnen weiter sagen, daß sich unsere Vorschläge im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten halten. Im vergangenen Haushaltsjahr sind die tatsächlichen Ausgaben um annähernd 250 Millionen DM hinter dem Voranschlag und dem Etatsposten zurückgeblieben. Die Ausgaben der FDP-Novelle liegen weit unter diesem Betrag, so daß eine haushaltsmäßige Erhöhung nicht erforderlich ist.
Die FDP-Fraktion ist nun der Meinung, daß alle diese Mängel sehr schnell einer Beseitigung bedürfen, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens: die Not der Betroffenen ist so groß, daß nicht länger gewartet werden kann. Zweitens: das 131erGesetz beginnt bereits, sich verschlechternd auf andere Beamtengesetze auszuwirken. Drittens erfordert es die innere Befriedung, daß offensichtliches Unrecht, das damals teils aus Gründen der Finanzen, teils aber auch aus Gründen von Ressentiments geschehen ist, schnell beseitigt wird.
Die FDP hat sich daher entschlossen, selbst die Initiative zu ergreifen und einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Die FDP hat nunmehr gestern dem Bundestag eine ausgearbeitete Gesetzesnovelle eingereicht, die alle soeben vorgetragenen Punkte enthält. Sie wird heute umgedruckt und Ihnen morgen im Fach vorliegen.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Gundelach.
Meine Damen und Herren! Der zur Beratung stehende Antrag der Deutschen Partei zum Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes zielt u. a. darauf ab, die §§ 7 und 8 des genannten Gesetzes zu beseitigen. Damit will - das ist meine Meinung - die Deutsche Partei erreichen, daß ehemalige nationalsozialistische Aktivisten der Beamtenschaft auch diejenigen ihrer Beförderungen voll anerkannt bekommen. die auf ihre nationalsozialistische Aktivität zurückzuführen sind. Sie will weiter erreichen, daß Beschränkungen auf Grund der Entnazifizierung und der Spruchkammerurteile fortfallen. Auch hier handelt es sich zumeist um ehemalige nationalsozialistische Aktivisten, die in verantwortlichen Funktionen gewesen sind.
Es ist immerhin bezeichnend, daß die Deutsche Partei gerade jetzt mit einem solchen Antrag kommt. Das entspricht ganz der politischen Situation, wie wir sie zur Zeit in Westdeutschland vorfinden. Als das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes damals im Beamtenrechtsausschuß und später hier im Plenum behandelt wurde, hatte die Deutsche Partei noch nicht den Mut. hier so offen für ehemalige Aktivisten des nationalsozialistischen Regimes aufzutreten. Jetzt sollen diese Kräfte in jeder Weise gefördert werden. weil man sich bei der Durchführung der verderblichen Politik der Adenauer-Regierung besonders auf sie stützen will.
Auf der gleichen Ebene liegt die Forderung der Deutschen Partei auf Beseitigung der Bestimmungen gegenüber ehemaligen Gestapo-Angehörigen. Sie will - das geht aus ihrer Vorlage ganz deutlich hervor - einen Freibrief für alle ehemaligen Angehörigen der Gestapo, um diese Elemente erneut in der heutigen Situation gegen das Volk einzusetzen.
({0})
Auch das Eintreten der Deutschen Partei für die Berufsoffiziere des ehemaligen Truppensonderdienstes kennzeichnet diese Situation.
({1}) Der Deutschen Partei kommt es darauf an, daß alle ehemaligen aktiven Nationalsozialisten rehabilitiert werden, um diese Elemente für die Durchsetzung der Politik der gegenwärtigen Regierung, die gegen die Interessen des Volkes wirkt, einzusetzen.
({2}) Wir Kommunisten sind nicht bereit, eine solche Politik in irgendeiner Form zu unterstützen.
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Wir sind allerdings jederzeit bereit, für diejenigen des Personenkreises, der unter Art. 131 des Grundgesetzes fällt, einzutreten, die aus den HitlerJahren unbelastet hervorgegangen sind oder die als einfache Mitglieder nationalsozialistischen Organisationen angehört haben, aber keinerlei Verbrechen auf dem Gewissen haben. Ich denke hier besonders an die Ruhestandsbeamten sowie an die Hinterbliebenen verstorbener Beamter. Wir unterstützen die berechtigten Forderungen dieser Kreise auf völlige Gleichstellung mit ihren Kollegen, die nicht unter das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes fallen.
Es ist Ihnen allen bekannt, daß der von mir genannte Personenkreis auch in der Frage der Teuerungszulage für Beamte benachteiligt worden ist. Diese Personen erhalten nach den neueren Beschlüssen der Regierung die Teuerungszulage erst ab 1. April dieses Jahres, während ihre Kollegen, die nicht zu den 131ern gehören, sie bereits ab 1. Oktober 1951 erhalten. Mit diesen und anderen Ungerechtigkeiten des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes sollte baldigst aufgeräumt werden. Wir sind jedenfalls jederzeit bereit, an einer Änderung auf diesem Gebiet mitzuwirken. Bei der Vorlage entsprechender Änderungsanträge zu dem Gesetz nach Art. 131 des Grundgesetzes werden wir unsere Meinung zum Ausdruck bringen. Wir sind aber nicht bereit, Freibriefe zu erteilen für ehemalige Nationalsozialisten, die schwere Verbrechen auf dem Gewissen haben, worauf der Antrag der Deutschen Partei abzielt, wie es auch in der Begründung zum Ausdruck kommt.
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Das Wort hat Herr Staatssekretär Bleek.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung erkennt grundsätzlich die Notwendigkeit einer Novelle zum 131er-Gesetz an. Es war selbstverständlich, daß sich bei dem unübersehbaren Umfang der Materie und -bei den in ihren Einzelheiten und in ihrer Auswirkung vielfach nicht zu beurteilenden Einzelregelungen, die im Gesetz getroffen werden mußten - während sich andererseits die Notwendigkeit ergab, das Ge({0})
setz schnell zu verabschieden -, hier und da und in nicht sehr wenigen Fällen Härten herausstellten, die durch eine Novelle ausgebügelt werden müssen. Wir haben versucht, in einer Reihe von Fällen, in denen das durch Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften geschehen konnte, im Einvernehmen mit dem Bundesrat diese Härten möglichst zu beseitigen oder zu mildern. In zahlreichen Fällen aber steht die klare gesetzliche Vorschrift dem entgegen, so daß es in der Tat notwendig sein wird, das, was man bei der praktischen Durchführung des Gesetzes als unzulänglich erkannt hat, in einer Novelle künftig geradezuziehen, wobei allerdings beachtet werden muß, daß ein Teil der Regelungen davon abhängig sein wird, welche Regelung das Beamtengesetz findet.
Es wird aber - um nur einige Beispiele zu nennen - sicher notwendig sein, sich über den Stichtag vom 8. Mai 1935 bei den Wehrmachtangehörigen zu unterhalten.
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Es wird notwendig sein, sich über die Bemessung
der Übergangsgehälter eindringlich zu unterhalten,
({2})
da diese in vielen Fällen kaum die Sätze der Arbeitslosenfürsorge übersteigen, und man wird sich auch in Anpassung an das, was das Hohe Haus hinsichtlich des Beamtengesetzes beschließen wird, über die Frage der Anrechnung des privaten Einkommens eingehend unterhalten müssen. Die Frage der zehnjährigen Karenzfrist bei den Pensionen wird, wie § 78 schon besagt, endgültig erst dann geregelt werden können, wenn die Vorschriften im Beamtengesetz entsprechend gestaltet worden sind.
Ich möchte im übrigen auf die zahlreichen, hier als reformbedürftig bezeichneten Vorschriften nicht eingehen, darf aber einschränkend vielleicht eines sagen: ein ersatzloser Wegfall des § 7 erscheint uns nicht möglich.
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Es ist zweifellos in einigen Ländern über das hinaus, was mit dem § 7 beabsichtigt ist, versucht worden, diese Vorschrift zu einer Art Nachentnazifizierung zu gebrauchen oder auch zu mißbrauchen. Wir haben aber dadurch, daß wir die Landesregierungen immer wieder über den wahren Inhalt und die wahre Bedeutung des § 7 unterrichtet haben, hier bereits für die nötige Klarstellung gesorgt.
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Ein ersatzloser Wegfall des § 7 würde aber beispielsweise bedeuten, meine Damen und Herren, daß wir ehemalige Gauleiter, die zu Oberpräsidenten ernannt worden sind, auch noch honorieren müßten,
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und dazu besteht, glaube ich, keinerlei Anlaß.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Wenn seit einigen Wochen über die Novelle zu dem Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes gesprochen wird, so muß ich doch daran erinnern, daß das Gesetz selbst in seinem § 78 die Verpflichtung der Bundesregierung vorsieht, eine Novelle einzubringen, in der sie dieversorgungsrechtlichen Bestimmungen des endgültigen Beamtengesetzes an die Bestimmungen des Gesetzes zu Art. 131 anpaßt. Der Herr Staatssekretär hat bereits hervorgehoben, daß diese Bestimmungen die Voraussetzung auch für eine Ergänzung des erwähnten Gesetzes sind, und der Herr Abgeordnete Miessner hat die berühmte Frauenfrage im Beamtenrecht gestreift; auch diese Frage muß im endgültigen Bundesbeamtengesetz gelöst werden.
Der Stand der Beratungen des endgültigen Bundesbeamtengesetzes ist der: Wir sind im Ausschuß mit der ersten Lesung bereits ziemlich weit fortgeschritten. Wir mußten sie lediglich für diese Woche unterbrechen, um das vordringliche Ergänzungsgesetz zur Besoldungsordnung für die zweite und dritte Lesung im Plenum vorzubereiten. Wir werden uns aber mit allen Kräften bemühen, die Ausschußberatung des endgültigen Bundesbeamtengesetzes so vorwärtszutreiben, daß hernach die Novelle zu Art. 131 auf dieser Grundlage ausgearbeitet werden kann. Es ist ja unmöglich, zwei Novellen in einem Jahr zu machen. Es wird eben so verfahren werden, daß auch diese Novelle möglichst rasch dem Bundesbeamtengesetz folgt.
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Es ist übrigens interessant, jetzt hier festzustellen: beim Lastenausgleichgesetz hat man auch immer auf künftige Ergänzungen verwiesen. Dieses Gesetz hat bereits ein Vorbild darin aufgestellt und hat es sogar selbst verankert. Es war klar, daß bei der großen Schwierigkeit der ganzen Gesetzgebungsmaterie nicht alle Wirkungen vorausgesehen werden konnten, daß Lücken eingetreten sind und daß man es bei den Vorberatungen des Gesetzes außerhalb und innerhalb des Ausschusses nicht wagen konnte, sofort alle Entscheidungen in dem gewünschten Ausmaß zu treffen, weil die Zahl der davon Erfaßten und die benötigten Mittel nicht voll übersehen werden konnten.
Bei der Unberechenbarkeit der tatsächlichen Verhältnisse haben sich, wie Tausende von Eingaben beweisen, die wir leider nicht alle beantworten können, aus denen wir aber unsere Erfahrungen und unsere Lehren ziehen, Härten und Lücken ergeben, die beseitigt und ausgefüllt werden müssen, so daß ein Ausbau des Gesetzes erforderlich ist. Auch wir haben bestimmte Vorstellungen von dem, was notwendig und möglich ist. Wir wollen aber im Plenum nicht programmatische Forderungen erheben, sondern wollen unsere Anträge im Ausschuß stellen und ihnen in der Beratung eine Gestalt geben, die ihre Annahme ermöglicht.
Die Ergänzungsgesetze der Länder sind ja nur über die Mindestleistungen des Gesetzes zu Art. 131 hinaus möglich, und sie betreffen nur die Länderbeamten, nicht aber diejenigen, die unter die Regelung und den Vollzug des Bundes fallen. Infolgedessen kann es eigentlich keine Rechtsverwirrung geben; sie wäre nur im Vergleich zu der Regelung der einzelnen Länder denkbar.
Die Frage der Angestellten und Arbeiter haben wir auf Grund der Anträge der Bayernpartei und der SPD gesondert behandelt und werden sie demnächst auch gesondert zum Abschluß bringen.
Die Bundesausgleichsstelle geht verwaltungsmäßig den Weg, den Herr Abgeordneter Miessner bereits gewiesen hat: Je mehr auf einzelnen Gebieten schon Mangelberufe bemerkbar sind, tritt
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sie als ausgesprochene Vermittlungsstelle ein. Sie hat auch den Ausgleich zwischen den Flüchtlingsländern und den Nichtflüchtlingsländern bereits eingeleitet. Das sind Aufgaben, die nicht gesetzgeberisch, sondern auf dem Gebiet der aktiven Verwaltung geregelt werden müssen.
Herr Abgeordneter Gundelach hat dann noch die Teuerungszulagen von 20 % angesprochen. Der Gesetzentwurf ist in Arbeit, und wir überlegen uns, ob wir diese Frage, um sie zu beschleunigen, nicht in die Ergänzung zur Besoldungsnovelle einarbeiten sollten, damit die Teuerungszulage, die vom 1. April laufenden Jahres an zugesichert ist, gezahlt werden kann.
Die Schwierigkeiten des Gesetzes und die verschiedenen Betonungen des Rechtsstandpunktes, auch verschiedene Entscheidungen der Gerichte gehen einfach darauf zurück, daß hier Schichten des Beamtenrechts wie geologische Schichten übereinander lagern: Beamtenrechte vor 1937, nach 1937, Länderbeamtenrecht, Wehrmachtfürsorgeund Versorgungsgesetz. Es war j a mit eine Aufgabe des Gesetzes zu Art. 131, in dieser Unklarheit und in dieser Übereinanderschichtung der beamtenrechtlichen Verhältnisse und der Versorgungsrechte einen Weg zu finden, der vertretbar und finanziell erfüllbar ist.
Ich habe bereits hervorgehoben, auch wir haben bestimmte Vorstellungen über das, was möglich und was notwendig ist. In den Anträgen sind einzelne Forderungen, wie namentlich die Regelung der Übergangsgehälter, die durchaus verständlich sind; andere müssen natürlich, was bereits der Herr Staatssekretär hervorgehoben hat, kritisch behandelt werden. Wir stimmen der Ausschußüberweisung zu und werden, wie erwähnt, das Beamtengesetz so beschleunigen, daß auch diese Novolle auf der Grundlage des Beamtengesetzes ausgearbeitet werden kann.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Pannenbecker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon während der Beratung des 131er Gesetzes im Ausschuß war klar, daß es beträchtliche Mängel enthält. In den Ausschußberatungen hat sich dann allgemein die Meinung befestigt, daß eine Novelle notwendig ist. Ich will hier nur einige Paragraphen nennen: § 77, dann § 52, zu dem Anträge der ehemaligen Bayern-Fraktion auf Drucksache Nr. 2439 und der SPD auf Drucksache Nr. 2677 aus dem Jahre 1951 vorliegen. Es ist der Wunsch der antragstellenden ehemaligen Bayern-Fraktion, daß diese Anträge baldigst verabschiedet werden. Wir stimmen im großen und ganzen dem Antrag der Deutschen Partei auf Drucksache Nr. 3340 zu.
Im Ausschuß wird zu prüfen sein, ob die Stichtage vom 8. Mai 1935 und vom 8. Mai 1945 geändert werden können. Auch die Rechtslage der Unteroffiziere mit mehr als 18 Dienstjahren bedarf der Überprüfung.
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- Meinetwegen auch mit mehr als 12. Ebenso bedürfen die Bestimmungen in den §§ 20, 22 und 23 hinsichtlich der Unterbringung, der unterwertigen Beschäftigung und der Vergütung der Überprüfung.
Die Gesetzesmängel - darauf hat schon Herr Kollege Dr. Kleindinst hingewiesen - sind nach und nach mehr und mehr hervorgetreten. Bei gelegentlichen Besprechungen außerhalb der Tagesordnung im Beamtenrechtsausschuß hat sich die feststehende Meinung herausgebildet, daß eine Novelle notwendig ist. Aber der Ausschuß ist immer noch dabei, Material zu sammeln, das ihm noch ständig und täglich, möchte ich sagen, zugeht. Mir scheint, daß auch eine Überprüfung der Bestimmungen der §§ 73 und 74 notwendig ist.
Eine Vervollständigung der einzelnen Punkte des Antrags der Deutschen Partei auf Drucksache Nr. 3340 wird sich nicht umgehen lassen.
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- Diese werden wir auch prüfen müssen, Herr Kollege Miessner! Es muß geprüft werden, ob der Antrag der Deutschen Partei nicht Forderungen enthält, die voraussichtlich nicht erfüllbar sind.
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Der Herr Staatssekretär des Innenministeriums hat sich dazu schon deutlich ausgesprochen.
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Erfreulich ist es, feststellen zu können, daß es einmal gelungen ist, dahinter zu kommen, wie groß die Ersparnisse gewesen sind, die sich bis jetzt bei der Durchführung des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes ergeben haben.
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Wenn das den Herren der FDP gelungen ist, so stehe ich nicht an, ihnen auch meinerseits dafür herzlichen Dank zu sagen.
({5}) - Nun ja, aber es ist geschehen, Herr Kollege!
Meine Fraktion stimmt dem Antrag auf Überweisung des Antrages der Deutschen Partei an den Beamtenrechtsausschuß zu.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Arnholz.
Herr Präsident! Meine Damen und. Herren! Die Schwierigkeiten bei der Durchführung des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes, die hier vielfach erwähnt worden sind, wären mindestens in dem Maße, wie es geschehen ist, nicht eingetreten, wenn die Angehörigen der Regierungskoalition unsere Verbesserungsanträge, die wir im Ausschuß und auch hier im Plenum gestellt haben, angenomen hätten.
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- Einen der Punkte haben Sie, Herr Kollege Miessner - das hatte ich mir vorgemerkt -, bereits erwähnt. Auch die schwierige Lage der Empfänger der Übergangsgehälter wäre nicht so groß, wenn unseren Anträgen stattgegeben worden wäre. Wenn Sie all denen, die sich in einer Notlage befinden, schnell helfen wollen, dann haben Sie ja die Möglichkeit, nunmehr nachträglich noch unseren Antrag hier einzubringen und ihn anzunehmen, den Fonds für den Ausgleich von Härten, also den Fonds für die Durchführung des § 56 des Gesetzes, entsprechend zu erhöhen. Auf diesem Wege könnte man sehr schnell helfen.
Die einleitenden Sätze, die der Herr Kollege Farke in seiner Begründung gebracht hat, haben uns sehr interessiert, weil sie uns eine gewisse Wandlung vom Saulus zum Paulus, nämlich vom Föderalisten zum Unitaristen, zeigen, wenn auch
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zunächst nur auf einem Teilgebiet. Wir hoffen, daß diese bessere Erkenntnis recht bald auch auf anderen Gebieten folgt.
Der Überweisung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache Nr. 3408 an den Ausschuß für Beamtenrecht wird die sozialdemokratische Fraktion zustimmen.
Im übrigen habe ich im Auftrag der Fraktion der SPD folgende Erklärung abzugeben: Das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen konnte erst am 13. Mai 1951 verkündet werden. Bis heute sind weder im Bunde noch in den Ländern alle erforderlichen Durchführungsbestimmungen und Verwaltungsanweisungen erlassen, geschweige denn durchgeführt worden.
Daher hält es die Bundestagsfraktion der SPD für verfrüht, schon jetzt das Gesetz zu ändern. Wir sind vielmehr der Auffassung, daß zunächst die aus dem Gesetz sich ergebenden Ansprüche erfüllt werden müssen und daß den Empfangsberechtigten durch Auszahlung der ihnen zustehenden Bezüge geholfen werden muß. Voreilige Gesetzesänderungen würden die Durchführung der in Angriff genommenen Berechnungen und Auszahlungen - unter Umständen stark - verzögern.
Der vorliegende Antrag der DP enthält ein merkwürdiges Gemisch von allgemeinen Richtlinien, nicht klar formulierten Grundsätzen und Änderungsvorschlägen, die in den früheren Ausschußberatungen oder im Plenum des Bundestags nach eingehender Aussprache abgelehnt wurden. Der Antrag läßt ferner außer acht, daß durch Erlaß des neuen Bundesbeamtengesetzes, dessen Entwurf zur Zeit im Ausschuß für Beamtenrecht beraten wird, vorweg allgemein klare Grundlagen für die Rechtsverhältnisse der Beamten geschaffen werden müssen. Die DP beabsichtigt mit ihrem Antrag vor allem, früheren führenden Mitgliedern der NSDAP weitere Vorteile zu verschaffen. Besonders fällt es auf, daß sie durch ihren Antrag den ehemaligen Angehörigen der Gestapo die durch deren verbrecherische Taten verwirkten früheren Rechte allgemein wieder zuschanzen will.
Die Sorge der SPD-Fraktion dagegen gilt insbesondere dem Schicksal der Flüchtlingsbeamten, -angestellten und -arbeiter und der Heimkehrer, denen bisher für die für uns alle besonders in Rußland geleistete Reparationsarbeit nicht einmal die geringste Entschädigung gewährt worden ist.
Die DP ist eine der Regierungsparteien. Wir möchten daher annehmen, daß sie vor der Stellung ihres Antrages mit dem Herrn Bundesfinanzminister Rücksprache genommen und festgestellt hat, ob er gewillt ist, die sicherlich nicht unerheblichen Mittel bereitzustellen, die die Durchführung ihres Antrages erfordern würde. Wir erwarten hierzu eine Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers. Wenn die DP ihren Antrag ohne diese vorherige Fühlungnahme mit dem Bundesfinanzminister gestellt hätte, mit dem zusammen ihr Parteivorsitzender dem gleichen Bundeskabinett angehört, müßte angenommen werden, daß sie ihren Antrag nur aus Gründen der parteipolitischen Propaganda gestellt hätte.
Aus allen diesen Gründen können wir dem vorliegenden Antrag der DP-Fraktion - Nr. 3340 der Drucksachen - nicht zustimmen, und wir beantragen, ihn abzulehnen.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist für die beiden Drucksachen Nr. 3340 und 3408 Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht beantragt.
({0}) - Getrennte Abstimmung!
Wir stimmen also zunächst über den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei auf Drucksache Nr. 3340 ab. Ich bitte diejenigen, die der Überweisung dieses Antrages an den Ausschuß für Beamtenrecht zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Ich bitte diejenigen, die für Ausschußüberweisung sind, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache Nr. 3408. Ich bitte diejenigen, die der Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; die Überweisung ist beschlossen.
Nachdem die Überweisung des Antrags Drucksache Nr. 3340 an den Ausschuß abgelehnt worden ist, muß noch über die unmittelbare Behandlung dieses Antrags abgestimmt werden. Ich bitte diejenigen, die dem Antrage Drucksache Nr. 3340 zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Fraktion der Föderalistischen Union ({1}) betreffend Aufhebung der Währungssicherungsverordnungen ({2}).
Dazu ist eine Begründungszeit von 10 und eine Aussprachezeit von 60 Minuten vorgesehen. Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an.
Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Dr. Etzel.
Dr. Etzel ({3}) ({4}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 27 Abs. 2 des Währungsumstellungsgesetzes wurden der Verwaltungsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, die Bank deutscher Länder sowie die Länderregierungen und die Körperschaften des öffentlichen Rechts bis 31. März 1949 ermächtigt, auf dem Gebiet des Beamten-, insbesondere des Besoldungs- und Versorgungsrechts, Maßnahmen zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen zu treffen. Es bedarf keiner näheren Ausführungen darüber, daß die Ermächtigung und die auf ihr beruhenden Verordnungen nur zeitweiligen Charakter haben, also eine Übergangsmaßnahme für die erste Anlaufphase der neuen Währung darstellen sollten. Wie die Länder, hat auch das Vereinigte Wirtschaftsgebiet von der Ermächtigung Gebrauch gemacht. Es hat die drei auf Drucksache Nr. 3307 genannten Währungssicherungsverordnungen von 1948 und 1949 erlassen. Die erste hat Anstellungsbeschränkungen, halbmonatliche Gehaltszahlungen und die Kürzung von Trennungsentschädigungen und Reisetagegeldern zum Gegenstand. Ihre Vorschriften sind inzwischen in der Hauptsache - mit Ausnahme der Kürzung von Trennungsentschädigungen - aufgehoben worden. Dagegen bestehen die Regelungen der zweiten und dritten Verordnung im wesentlichen fort. Die zweite Verordnung setzt den Höchstsatz der ruhegehaltsfähigen Dienstbe({5})
zöge bei den damals noch nicht 65 Jahre alten Versorgungsempfängern und bei den versorgungsberechtigten unfallbeschädigten Beamten von 80 auf 75 v. H. herab; sie kürzt ferner das Witwengeld bei einem Altersunterschied von mehr als 15 Jahren bis zum gänzlichen Wegfall, und sie beseitigt nachträglich wieder die durch eine Dienstleistung in Kriegszeiten und Kriegsnot über das 65. Lebensjahr hinaus erdienten und für sie auch gewährten Hundertteile, soweit sie 75 % übersteigen. Außerdem führte die zweite Verordnung die sechsprozentige Gehaltskürzung auch für die Versorgungsempfänger wieder ein, die allerdings inzwischen, nämlich seit dem 1. Oktober 1950, wieder aufgehoben worden ist. Die dritte Verordnung setzt den Mindestbetrag des Ruhegehalts von 35 auf 25 % herab und läßt erst in 33 statt 25 Jahren den Höchstsatz von 75 % erreichen. Dies hat überdies zur Folge, daß die davon Betroffenen, statt der aus den Grundgehältern berechneten 20 %igen Teuerungszulage nur eine solche von 18 % erhalten. Die dritte Verordnung hat vor allem den Versorgungsempfängern der Gehaltsgruppen 17 a bis 7, also wiederum den wirtschaftlich Schwächeren, schwere Einbußen gebracht.
Die Verordnungen enthalten rückwirkende Bestimmungen. Sie benachteiligen in der Hauptsache nur die Versorgungsempfänger und ihre Hinterbliebenen und gelten nur für die Versorgungsfälle aus der Zeit von 1937, dem Jahr des Inkrafttretens des Deutschen Beamtengesetzes, bis zum Inkrafttreten des Bundespersonalgesetzes, also bis zum 16. Juni 1950, ziehen aber auch Witwen und Waisen in Mitleidenschaft, bei denen zwar der Versorgungsfall erst nach dem 15. Juni 1950 eingetreten, der Beamte selbst aber schon vorher in den Ruhestand versetzt worden ist. Die Verordnungen schaffen also eine gegenüber den aktiven Beamten und den übrigen Versorgungsempfängern empfindlich benachteiligte Kategorie und ein gegen diese gerichtetes Ausnahmerecht. Sie sind penetrante Beispiele eines auch sonst zu beobachtenden Hanges zu gesetzgeberischem Ermessensmißbrauch. Sie sind tatsächlich Äußerungen und Erzeugnisse gesetzgeberischer Willkür, mögen sie hier auch von der Exekutive ausgegangen sein, die zur Normensetzung ermächtigt worden war. Sie sind, da Sie mit dem in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verankerten Grundrecht der Gleichheit aller vor dem Gesetz nicht vereinbar sind, verfassungwidrige Diskriminierungen. In ihren rückwirkenden Anspruchsminderungen sind sie rechtswidrig, als Provisorien sind sie überfällig. Zweck und Bedürfnis einer Übergangsregelung bestehen längst nicht mehr.
Der bereits in Art. 109 der Weimarer Verfassung niedergelegte Gleichheitssatz steht der Willkür nicht nur der Verwaltung, sondern, wie Art. 1 Abs. 3 des Grundgesetzes klarstellt, auch derjenigen des Gesetzgebers entgegen und schafft auch ihm gegenüber ein subjektiv-öffentliches Recht, ein Grundrecht des einzelnen. Der Grundsatz der Rechtsgleichheit heißt gewiß nicht schematische Gleichmacherei, bedeutet nicht idem cuique, sondern suum cuique, aber er verbietet gesetzgeberische Willkür. Das frühere Reichsgericht führte in einer Zivilrechtsentscheidung, die in Band 128 mitgeteilt ist, folgendes aus:
Selbst wenn man mit der strengeren Auffassung in Art. 109 Abs. 1 der Weimarer Verfassung eine Bindung auch für den Gesetzgeber sieht, kann man ihr nur die Bedeutung beilegen, daß das Gesetz solche Tatbestände gleich zu behandeln hat, die ungleich zu behandeln Willkür, durch keinen auf vernünftigen Erwägungen beruhenden Grund zu rechtfertigen wäre.
Nach einer in der Rechtslehre vertretenen, wohl zutreffenden Auffassung verbietet der Gleichheitsgrundsatz nicht nur eine offensichtlich willkürliche, sondern auch schon eine nur unzulänglich begründete bzw. zu begründende Unterscheidung gleich zu behandelnder Sachverhalte und Verhältnisse.
Besonders klar hat diesen Grundsatz ein Urteil des Oberversicherungsamtes Freiburg/Breisgau vom 18. Juli 1950 herausgearbeitet. Es führte aus:
Auch der Gesetzgeber muß sich bei seinen Entschlüssen von sachlichen Erwägungen leiten lassen und sich seines hohen Amtes, der sozialen Gerechtigkeit zu dienen, bewußt bleiben. Er darf das, was in einem bestimmten Sachzusammenhang vernünftigerweise gleich zu werten ist, nicht ungleich behandeln.
Niemand wird behaupten wollen, daß die Kategorisierungen, daß die Benachteiligungen bestimmter Beamtengruppen und ihrer Hinterbliebenen in den drei Verordnungen, besonders in der zweiten und dritten, dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 entsprechen. Die Bundesregierung wird gut daran tun, das überständige bizonale Unrecht alsbald zu beseitigen und es nicht auf eine Verfassungsklage ankommen zu lassen. Die finanziellen Auswirkungen einer Aufhebung der Verordnungen sind mäßig. Beamtenpolitisch und beamtenrechtlich erscheint es geboten, mit den ständigen Differenzierungen, die die Einheitlichkeit des Beamtentums zerstören und immer neue Beunruhigungen hervorrufen, endlich Schluß zu machen. Die Bundesländer, die ihre einschlägigen Verordnungen noch nicht aufgehoben, stillgelegt oder in den wesentlichen Bestimmungen abgemildert haben, werden sich wohl von einem solchen beispielgebenden Vorgehen des Bundes dazu bewegen lassen, ein Gleiches zu tun. Der Verlust an Vertrauenskapital und staatlicher Gesinnung wiegt schwerer als der finanzielle Effekt.
Ich darf vorschlagen, den Antrag auf Drucksache Nr. 3307 an den Ausschuß für Beamtenrecht zu überweisen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Arnholz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion habe ich auf folgendes hinzuweisen.
Die drei vom Verwaltungsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebiets erlassenen Verordnungen zur Sicherung der Währung und der öffentlichen Finanzen haben die Rechtsverhältnisse für die Angehörigen der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets weit über die Versorgungsbezüge hinaus geregelt.
Meinen Freunden und mir erscheint es daher nicht ohne weiteres angängig, die Verordnungen einfach aufzuheben. Sie werden, soweit sie nicht inzwischen überholt sind, von einem bestimmten Zeitpunkt ab außer Kraft zu setzen sein.
Soweit der Antrag auf Drucksache Nr. 3307 beabsichtigt, auf der Bundesebene eine Vereinheitlichung des Versorgungsrechts herbeizuführen
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und die durch die drei Währungssicherungsverordnungen verursachte, durch das vorläufige Bundesbeamtengesetz nicht beseitigte Schlechterstellung gegenüber dem früheren und dem für die Bundesbeamten zur Zeit geltenden Recht zu beseitigen, entspricht das den Forderungen, die wir wiederholt erhoben haben.
Wir glauben jedoch, daß der Antrag nicht in der vorliegenden Fassung beschlossen werden kann, und schließen uns daher dem Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht an.
Das Wort wird nicht weiter gewünscht; damit ist die Aussprache geschlossen.
Es ist Überweisung der Drucksache Nr. 3307 an den Ausschuß für Beamtenrecht beantragt worden. Ich bitte diejenigen, die diesem Antrag zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Damit ist diese Überweisung beschlossen.
Ich rufe nun Punkt 20 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Fraktion der Föderalistischen Union ({0}) betreffend Aufdeckung von Steuerzuwiderhandlungen ({1}).
Wird das Wort zur Begründung nicht gewünscht?
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- Wird sonst das Wort gewünscht?
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- Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann darf ich dem Hause vorschlagen, die Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zu beschließen. - Dem wird nicht widersprochen; dann ist so beschlossen.
Damit ist die heutige Tagesordnung erschöpft. Ich berufe die nächste, die 216. Sitzung des Deutschen Bundestags auf Donnerstag, den 29. Mai 1952, 13 Uhr 30, ein.
Die 215. Sitzung ist geschlossen.