Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 212. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es sucht für längere Zeit um Urlaub nach der Abgeordnete Euler für weitere drei Wochen wegen Krankheit ab 14. Mai
({0})
1952. Der Herr Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Lemmer, Funcke und Gerns. Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Imig, Rische, Agatz, Niebergall, Hedler, Segitz, Even, Dr. Miessner, Müller-Hermann, Strauß und Hilbert.
Ich darf annehmen, meine Damen und Herren, daß Sie mit der Erteilung des Urlaubs an den Herrn Abgeordneten Euler über eine Woche hinaus einverstanden sind.
Dann habe ich folgende Mitteilung zu machen. Der Herr Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 29. April 1952 den Entwurf eines gemeinsamen Antrags des Bundestages, des Bundesrates und der Bundesregierung an das Bundesverfassungsgericht zur Einholung einer gutachtlichen Äußerung über die Frage der Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß eines Baugesetzes übersandt. Er hat gebeten, einen Beschluß des Bundestages darüber herbeizuführen, ob diesem Antrag beigetreten wird. Sie haben den Antrag auf Drucksache Nr. 3362 erhalten. Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist, daß dieser Antrag zunächst dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen wird, der uns darüber berichten wird. - Das Haus ist damit einverstanden.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 13. Mai 1952 die Kleine Anfrage Nr. 262 der Abgeordneten Dr. Dr. Nöll von der Nahmer und Genossen betreffend Uraltkonten in Westberlin, deren Berechtigte in der Bundesrepublik wohnen ({0}), beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3370 vervielfältigt.
Meine Damen und Herren, zur heutigen Tagesordnung darf ich Ihnen vorschlagen, daß wir jetzt mit der Einzelbesprechung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich beginnen, daß wir vorsehen, von 1 bis 3 Uhr eine Pause zu machen - mir ist von den Fraktionen der Wunsch mitgeteilt worden, die Mittagspause etwas zu verlängern und daß wir dann die Nachmittagssitzung mit den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung beginnen und anschließend mit der Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich fortfahren. - Das Haus ist damit einverstanden.
Ich rufe also zunächst auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich ({1}).
Nach der Geschäftsordnung sind nur die Paragraphen zur Einzelbesprechung zu stellen, zu
denen Änderungsanträge gestellt worden sind. Das
ist zunächst § 7 b.
Zu § 7 b Herr Abgeordneter Dr. Nöll von der Nahmer.
Meine Damen und Herren! Teh hatte bereits in der zweiten Lesung meine Bedenken gegen die Fassung des § 7 b vorgebracht. Ich habe sie in einer interfraktionellen Besprechung auch noch einmal vorgetragen. Es ist damals die Frage gestellt worden, ob denn unser Vorschlag, wie er Ihnen jetzt in dem Antrag Umdruck Nr. 516 vorliegt, auch Berlin umfasse. Jawohl, meine Damen und Herren, das ist tatsächlich der Fall. Denn in Berlin gilt dieselbe Währung wie bei uns. Das ergibt sich eindeutig aus der Verordnung der Kommandanten des französischen, britischen und amerikanischen Sektors von Groß-Berlin über die Währungsreform. Es handelt sich also bei unserem Antrag um eine reine Formulierungsfrage. Meine Freunde, die mit unterschrieben und die Frage mit geprüft haben, sind mit mir der Ansicht, wenn die Definition der Deutschen Mark eindeutig in § 1 des Ersten Währungsgesetzes enthalten ist, sollten wir auch hier die dem Gesetz entsprechende Fassung wählen und dementsprechend den § 7 b nach unserem Vorschlag fassen. Es handelt sich um eine rein redaktionelle Frage.
Wünscht jemand dazu das Wort? - Das ist offenbar nicht der Fall. Meine Damen und Herren, legen Sie Wert darauf, daß wir über die einzelnen Änderungsanträge sofort abstimmen, oder sollen wir wieder abschnittsweise abstimmen?
({0})
- Offenbar sofort.
Ich komme also zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Nöll von der Nahmer betreffend Fassung des § 7 b. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Fassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Ja, meine Damen und Herren, das ist nun wirklich nicht zu erkennen. Ich muß wieder feststellen: unterschiedliche Besetzung, insbesondere die starke Besetzung der hinteren Bänke auf der linken Seite. Es bleibt mir nichts anderes übrig, -
({1})
- Also, ich versuche, die Abstimmung zu wiederholen, um uns ein klareres Bild zu verschaffen. Ich bitte die Damen und Herren, die für den Antrag sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Ja, das letzte ist eindeutig die. Mehrheit. Aber es lag nicht an uns, daß das erst jetzt festgestellt werden konnte. Der Antrag des Herrn Abgeordneten Nöll von der Nahmer ist also abgelehnt.
Ich rufe auf § 13. Dazu ein Antrag der Fraktion der Föderalistischen Union. Wünscht ihn jemand zu begründen? Herr Abgeordneter Dr. Bertram!
Wir beziehen uns auf die Begründung in der zweiten Lesung.
Der Herr Abgeordnete Dr. Bertram bezieht sich auf die Begründung in der zweiten Beratung.
({0})
- Umdruck Nr. 547, Antrag zu § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe f, Körperschaften des öffentlichen Rechts. Wünscht jemand das Wort dazu? - Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag entspricht inhaltlich dem Antrag, den wir zu § 15 Ziffer 1 gestellt haben. Wir beantragen wegen der Bedeutung dieser Frage für die Belastung der öffentlichen Hand namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, es ist hier namentliche Abstimmung beantragt. Wünscht jemand das Wort dazu? Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Frage ist so eingehend in der zweiten Lesung beraten worden, daß ich nur bitten kann, jeden Änderungsantrag zu den §§ 13 und 15 abzulehnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 13.
Da namentliche Abstimmung beantragt ist, findet sie statt. Frau Abgeordnete Weber hebt schon eine Karte hoch; so weit war ich noch nicht ganz.
({0})
Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln.
({1})
Darf ich darauf aufmerksam machen, daß eine Besprechung zu diesen Fragen den starken Wunsch zum Ausdruck gebracht hat, daß jeder Abgeordnete seine Stimmkarte persönlich in die Urne steckt.
Meine Damen und Herren, ich bitte mit der Auszählung zu beginnen. Die Abgabe der Stimmen ist bis zum Ende der Auszählung möglich.
({2})
Ich weise ausdrücklich darauf hin, daß wir für das Auszählen jetzt einen besonderen Tisch haben, die Plätze des Bundesrats nicht mehr in Anspruch ' nehmen, so daß der Bundesrat die Möglichkeit hat, uneingeschränkt an den Sitzungen des Bundestags teilzunehmen.
({3})
Meine Damen und Herren, darf ich eine Ansage machen. Der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Jugendfürsorge teilt mit, daß die für 9 Uhr 30 angesetzte Sitzung nicht stattfindet, sondern erst um 14 Uhr 30 in Zimmer 204 des Südflügels.
Darf ich bitten, Platz zu nehmen.
({4})
Ihnen liegt ein interfraktioneller Änderungsantrag, der rein technische Änderungen enthält, vor, Umdruck Nr. 525. Darf ich Ihnen vorschlagen, daß Herr Abgeordneter Kunze diesen Änderungsantrag schon während des Auszählens begründet; es erleichtert uns das Verfahren. - Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben zwischen der zweiten und der dritten Lesung Gelegenheit genommen, noch einmal genau nachzuprüfen, wo sich etwa Druckfehler eingeschlichen haben könnten oder auf Grund der Ergebnisse der Beratung der zweiten Lesung reine Änderungen im Satzgefüge, im Absatzgefüge oder in der Benennung der Absätze stattfinden müßten. Das haben wir in einer interfraktionellen Beratung miteinander Punkt für Punkt gemacht, und daraus resultiert der Änderungsantrag Umdruck Nr. 525, den alle Fraktionen stellen. Ich bitte, ihn en bloc anzunehmen, damit wir bei der Beratung der folgenden Paragraphen sofort eine Grundlage haben, was berücksichtigt werden muß, und damit wir wissen: das ist jetzt der endgültige Text, den wir verabschieden.
Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Dann darf ich vorschlagen, daß wir vor dem Schluß der Auszählung die Abstimmung über diesen Antrag Umdruck Nr. 525 vornehmen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem gemeinsamen Änderungsantrag der Fraktionen Umdruck Nr. 525 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist einstimmig angenommen; damit ist diese Drucksache erledigt.
Meine Damen und Herren, ich frage: sind noch Abgeordnete vorhanden, die zu der Abstimmung über den Antrag zu § 13 ihre Stimme noch nicht abgegeben haben und dies zu tun wünschen? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung.
({0})
- Ja, wer ist denn das noch? - Ich bitte doch freundlichst, sich an der Abstimmung zu beteiligen.
({1})
--- Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Dr. Krone!
Meine Damen und Herren! Ich muß das Hohe Haus noch einmal bitten, die Sitzung um eine Stunde zu vertagen. Es tut mir selber leid, den Antrag stellen zu müssen, aber es hat sich in den Verhandlungen, die gestern gepflogen worden sind, noch eine Schwierigkeit ergeben.
({0})
Der Antrag war für eine Stunde gestellt. Ich darf annehmen, daß es dann auch bei 60 Minuten bleibt, Herr Abgeordneter Dr. Krone.
({0})
- Herr Abgeordneter Schoettle, eine Schwierigkeit nur?
({1})
- Herr Abgeordneter Kriedemann, auch zur Geschäftsordnung! Nicht wahr?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, diesem Antrag zu widersprechen. Ich möchte mir nur erlauben, hier eine Bitte auszusprechen. Es werden dauernd noch Änderungsanträge verteilt. Das ist ein etwas merkwürdiger Zustand, nachdem wir die zweite Lesung hinter uns haben und meinem Gefühl nach alle Leute, die wissen, was sie wollen, ihre grundsätzlichen Anträge mindestens schon bis gestern hätten vorlegen können. Ich hoffe, daß die Stunde nun ausreichen wird, auch den letzten Zögerer, soweit der Vorrat reicht, zu einem klaren Entschluß zu bringen, daß wir nachher keine Änderungsanträge mehr bekommen, es sei höchstens in der Form von Änderungsanträgen zu vorliegenden Änderungsanträgen, also solche, die sich aus der Debatte ergeben.
Ich glaube, Herr Abgeordneter Kriedemann hat dem gemeinsamen Wunsch des Hauses Ausdruck gegeben.
({0})
({1})
Meine Damen und Herren, ich möchte über den geschäftsordnungsmäßigen Antrag erst abstimmen lassen, wenn das Ergebnis der Abstimmung vorliegt.
({2})
Meine Damen und Herren, ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung bekannt. Mit Ja haben gestimmt 131 Abgeordnete, mit Nein 178 Abgeordnete, enthalten haben sich 3 Abgeordnete. Von den Berliner Abgeordneten haben 7 mit Ja, 7 mit Nein gestimmt. Damit ist der Antrag der Föderalistischen Union abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die mit der Unterbrechung der Sitzung auf eine Stunde, d. h. bis 10 Uhr 30, einverstanden sind, eine Hand zu erheben. - Das ist offenbar die Mehrheit.
({3})
Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist zweifellos die Minderheit. Damit ist die Sitzung um eine Stunde unterbrochen.
({4})
Die Sitzung wird um 10 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die unterbrochene Sitzung wieder.
Der Vorsitzende des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen hat mich gebeten mitzuteilen, daß der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen um 14 Uhr in Zimmer 201, Zwischenflügel, zu einer kurzen dringenden Sitzung zusammentritt.
Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 15, Umdruck Nr. 518. Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sachlich ist über den Antrag, den wir unter Ziffer 1 unseres Antrags zu § 15 gestellt haben, durch die Abstimmung über den Antrag der Föderalistischen Union zu § 13 bereits entschieden. Trotz der großen Bedeutung, die wir dieser Frage beimessen - und die wir ja auch durch den Antrag auf namentliche Abstimmung vorhin unterstrichen haben -, legen wir keinen Wert darauf, dieselbe Frage hier noch einmal zu diskutieren. Wir ziehen diesen Antrag deswegen zurück.
' Der Antrag der SPD zu § 15, Umdruck Nr. 518, ist zurückgezogen.
Es liegt weiter vor der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. von Golitschek, Umdruck Nr. 521. - Herr Abgeordneter Dr. von Golitschek!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem die vorherige Abstimmung ergab, daß das öffentliche Vermögen wie das Vermögen der übrigen Abgabeverpflichteten behandelt werden soll, bezweckt unser Änderungsantrag zu § 15 Nr. 15 die Gleichstellung ebenfalls für das Kirchenvermögen. Ich bitte deshalb, dieser Gleichstellung zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus den von mir in der zweiten Lesung dargelegten Gründen bitte ich das Hohe Haus, dem
* Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9345. Antrage nicht zuzustimmen, sondern es bei der in der zweiten Lesung beschlossenen Fassung zu belassen.
Herr Abgeordneter Wellhausen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich schließe mich für meine Person und für einen Teil meiner Freunde der Auffassung des Abgeordneten Kunze an.
Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Umdruck Nr. 521 wird ein Antrag wieder aufgenommen, den wir schon in der zweiten Lesung gestellt haben. Durch die eben erfolgte namentliche Abstimmung ist noch einmal die außerordentlich unterschiedliche Behandlung des öffentlichen Vermögens gegenüber dem kirchlichen und ähnlichen Vermögen festgestellt worden. Wir werden deshalb diesem Antrage zustimmen.
Herr Abgeordneter Farke.
Für die Fraktion der Deutschen Partei möchte ich erklären, daß wir uns dem Vorschlag des Abgeordneten Kunze anschließen und den Antrag Dr. von Golitschek und Genossen ablehnen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu diesem Antrag.
Es liegt weiter zu § 15 noch vor der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Atzenroth, Umdruck Nr. 522, die Worte „und die kassenärztlichen, kassenzahnärztlichen und kassendentistischen Vereinigungen" einzufügen. Bitte, Herr Abgeordneter!
Auf die Begründung wird im Hinblick auf die Erklärungen in der zweiten Lesung verzichtet.
Sie beziehen sich auf die Erklärungen, die dazu in der zweiten Lesung abgegeben worden sind. Wird das Wort dazu noch gewünscht? - Herr Abgeordneter Kunze, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus den von mir in der zweiten Lesung vorgetragenen Gründen bitte ich, auch diesen Änderungsantrag abzulehnen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung zu § 15.
({0})
- Herr Abgeordneter Kriedemann, ich sehe also, nur der Antrag Umdruck Nr. 518 zu § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ist zurückgezogen.
({1})
- Sie wollen weiter begründen den Antrag zu § 15 auf Umdruck Nr. 518 unter 1 b auf Einfügung einer Nr. 14 a. Bitte!
Meine Damen und Herren! Sie haben sicher alle das Schreiben des
({0})
Bundesvorstands des Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 12. Mai erhalten,
({1})
in dem er das Parlament ausdrücklich ersucht, von einer Belastung des Gewerkschaftsvermögens Abstand zu nehmen.
({2})
--- Ihr Gelächter und Ihre bisherige Stellungnahme beweisen mir, daß Sie von dem Begriff „Gewerkschaftsvermögen" entweder keinerlei Ahnung haben,
({3})
woraus es besteht, oder in absolut gewerkschaftsfeindlicher Gesinnung
({4})
eben die Gewerkschaften treffen wollen. Es ist deshalb notwendig, daß Sie sich einmal von einem alten Gewerkschaftler, der nicht Gewerkschaftsangestellter ist und der 40 Jahre seines Lebens ehrenamtlich für die Ziele und Ideale der Gewerkschaft gekämpft hat, sagen lassen, was das Gewerkschaftsvermögen darstellt und wie es zustande kommt.
({5})
Zunächst möchte ich Ihnen eins sagen: Die Gewerkschaften sind keine Erwerbsunternehmungen, sondern Vereinigungen von Arbeitnehmern, die auf dem Prinzip der gegenseitigen Solidarität und der gegenseitigen Hilfeleistung aufgebaut, sind. Sie dienen nicht dem Zweck der persönlichen Bereicherung. Der größte Teil - wie ich schon gesagt habe - der Gewerkschaftsfunktionäre arbeitet - abgesehen von einem ganz geringen Prozentsatz -jahraus, jahrein
({6})
- jawohl! - völlig ehrenamtlich. Die Einnahmen der Gewerkschaften entspringen aus den Beiträgen der Mitglieder, die nur Arbeiter, Angestellte oder Beamte sind, also alles andere als vermögende Bürger. Diese Arbeitnehmer aber sind auch gleichzeitig die Kategorie von Steuerzahlern, denen auf Heller und Pfennig jede Woche und jeden Monat die Steuern exaktestens abgezogen werden
({7})
und die keine Möglichkeit haben, mit Hilfe eines versierten Steuerberaters ihr Steuersoll künstlich zu korrigieren.
({8})
Sie müssen wissen, worin das Wirkungsgebiet der Gewerkschaften besteht. Es besteht nicht nur, wie Sie in Ihrer hier zutage tretenden Kurzsichtigkeit anscheinend annehmen, aus Lohn- und Gehaltsbewegungen. Aus den Beiträgen, die allwöchentlich und -monatlich eingesammelt werden, werden zum allergrößten Teil Unterstützungen gewährt für Krankheit, für Arbeitslosigkeit sowie für andere Notfälle des täglichen Lebens, nicht zuletzt
({9})
für Alters- und Invalidenzulagen aus dem Arbeitsprozeß ausgeschiedener alter Mitglieder.
({10})
Besonders wichtig ist - wenn Sie das einen Augenblick bedenken, Herr Dr. Becker -, daß es Hunderttausende von Arbeitnehmern gibt, die im kleinen Gewerbe tätig sind oder die in kleinen Betrieben beschäftigt sind, und zwar ihr halbes oder ihr ganzes Leben lang. Diese Betriebe sind nicht in der Lage, Altersunterstützungen oder Pensionen zu gewähren, wie es große Firmen tun können. Gerade im Interesse dieser Leute, die ganz besonders im Handwerk und im Kleingewerbe beschäftigt sind, sind die Altersunterstützungen als Zulagen bei den heutigen Rentenhöhen unerläßlich.
({11})
Das Naziregime - auch das wollen Sie bedenken - hat den Gewerkschaften ihr gesamtes Eigentum gestohlen. Noch ist es erst zum geringeren Teil zurückerstattet und besteht zu allem hin zum großen Teil noch aus nicht aufgebauten Ruinen. Die Währungsreform hat das bescheidene Barvermögen, das die Gewerkschaften ab 1945 in Reichsmark wieder ansammeln konnten, völlig hinweggeschmolzen.
({12})
Sie erhielten keinerlei Betriebsfonds, wie sie beispielsweise Betriebe usw. bekamen. Das ist mit einer der Hauptgründe, weshalb das Unterstützungswesen der Gewerkschaften bis heute noch nicht den Stand von 1933 erreicht hat.
({13})
Sie treffen und strafen also, wenn Sie diese Barvermögen nicht freistellen, in denen ausschließlich ein Reservefonds für die alten und die kranken, die arbeitslos gewordenen Kolleginnen und Kollegen zu sehen ist, diesen ärmsten Teil unseres Volkes.
Darüber hinaus ist es j a auch Aufgabe der Gewerkschaften - und das scheinen Sie auch zu übersehen -, in Kursen und mit einer auserlesenen Literatur die arbeitenden Staatsbürger zu schulen, damit sie bei dem ständigen Wachsen der Kompliziertheit der Arbeitsvorgänge auch in der Entwicklung der Technik auf dem laufenden gehalten werden können und so eine geschulte Arbeiterschaft darstellen.
({14})
Die Eigentumsverwaltungsgesellschaften dienen ebenfalls nicht der Gewinnung von Profiten oder sonstigen Vorteilen, sondern ihre Aufgabe ist es, die so schwer verdienten Groschen und Beiträge der Mitglieder gut zu verwalten und in Reserve zu halten,
({15})
besonders in großen Krisenzeiten - das ist eine einfältige Bemerkung; beim Generalstreik gibt es keine Unterstützung, das sollten Sie wissen; und Ihr Zwischenruf beweist nur, daß Sie gar nichts wissen -,
({16})
besonders in Krisenzeiten - und diese sind Ihnen ja nicht unbekannt -, in denen die Gewerkschaften dann in hohem Maße die ausgesteuerten arbeitslosen Mitglieder ebenfalls unterstützen müssen. Diesem Zweck in erster Linie und der Altersunterstützung dienen die beschwerlich zusammengetragenen Arbeitergroschen der Gewerkschaften.
({17})
(Baur [Augsburg»
Der Wirtschaftsrat hat nach einer Begründung meines Kollegen Richter am 1. Dezember 1948 mit Mehrheit die Gewerkschaften den kirchlichen und gemeinnützigen Gesellschaften gleichgestellt. Die Ziffer 8 des damaligen Paragraphen heißt - ich möchte es Ihnen mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten in Erinnerung bringen -:
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach Satzung, Stiftung oder sonstiger Verfassung nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen, sowie die Gewerkschaften sind befreit.
Est steht doch außer allem Zweifel, daß das Unterstützungswesen der Gewerkschaften - und rund vier Fünftel der Beitragseinnahmen fließen in Gestalt von Unterstützungen wiederum den Mitgliedern zu - eine Wohlfahrtseinrichtung von weitesttragender Bedeutung darstellt. Das Schulungs- und Bildungswesen der Gewerkschaften ist eine gemeinnützige Betätigung, die doch wohl von niemandem bestritten werden kann, weil es nicht zuletzt den Gewerkschaften zu verdanken ist, daß unsere deutsche Arbeiter- und Angestelltenschaft in ihrer technischen und organisatorischen Intelligenz einen Stand aufweist, der tagtäglich im Werk, in den Betrieben und in den Büros dem ganzen deutschen Volke zugute kommt. Es ist also nicht zu bestreiten, daß die Gewerkschaften auf diesem Gebiet in höchstem Maße gemeinnützig tätig sind.
({18})
Die 6 1/2 Millionen Mitglieder der Gewerkschaften erwarten von Ihnen, daß Sie diese Ausführungen ernst nehmen und sich nicht von einer Sachanschauung leiten lassen, die dem Gefühl entspringt, jedwede Möglichkeit, wo etwa ein paar hunderttausend Mark in Reserve liegen, zu benutzen, um sie zu besteuern - auch dann, wenn sie einem absolut gemeinnützigen Zwecke dienen. Seien Sie sich darüber klar, daß Sie gerade in heutiger Zeit die Mentalität dieser 6 1/2 Millionen Menschen sehr ernst nehmen
({19})
und sehr deutlich erkennen sollen, daß diese es nicht verstehen würden - dazu braucht man Ihr „Aha!" nicht, Herr Kollege! -, wenn Sie hier das Prinzip des Ideals der gegenseitigen Hilfe durch eine weitere Besteuerung belasten.
Ich bitte Sie deshalb im Auftrage und im Namen gerade dieser Kollegen, unserem Antrag zuzustimmen. Wer unter Ihnen den aufrichtigen Willen hat, die Leistungen der Gewerkschaften auf den genannten Gebieten anzuerkennen und sie nicht bloß als Lohnkampfmaschine zu betrachten, wie das anscheinend hier der Fall ist, der kann unseren Antrag nicht ablehnen. Ich bitte Sie deshalb, dem Antrage zuzustimmen, und beantrage im Namen meiner Fraktion die namentliche Abstimmung.
({20})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kohl, KPD.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen außerordentlich, daß die sozialdemokratische Fraktion den von uns bereits in der zweiten Beratung gestellten Antrag auf Befreiung des Gewerkschaftsvermögens von der Abgabe für den Lastenausgleich in der dritten
Beratung erneut gestellt hat. Wir hatten leider dazu nicht die Möglichkeit. Ich habe nach den Worten meines Vorredners und der darauf erfolgten Reaktion die Empfindung, daß ein großer Teil der Abgeordneten der Regierungskoalition durch ziemlich unqualifizierte Zwischenrufe und Bemerkungen ihre gewerkschaftsfeindliche Haltung unter Beweis stellen wollten.
({0})
- Meine Damen und Herren, das alles ändert nichts an der Tatsache, daß Sie diese Zwischenrufe gemacht haben und daß Sie gar nicht gewillt sind, das Problem der Freilassung der Gewerkschaften sehr ernst und gründlich zu diskutieren. Verkennen Sie bitte nicht, daß in den Gewerkschaften die arbeitenden Menschen verankert sind, aber keine Kapitalisten.
({1})
Deshalb ist der Zwischenruf, der vorhin gekommen ist, nämlich „Kapitalisten" - die Gewerkschaften sollen also eine kapitalistische Vereinigung darstellen -, Herr Dr. Becker, schon mehr als deplaciert.
({2})
Ich glaube, daß in der Verwendung der Gewerkschaftsgelder und in der Verwendung der Gelder der Kreise, die Sie vertreten, ein Unterschied besteht. Ich glaube, daß Sie diesen Unterschied bei der Behandlung dieser Frage sehr eindeutig in den Vordergrund stellen sollten.
({3})
Ich gestatte mir, darauf hinzuweisen, daß 1933 die Gewerkschaften mit als die ersten von den Nazis restlos enteignet worden sind, und Sie waren zum großen Teil - wenigstens ein Teil von Ihnen - mit dieser Enteignung einverstanden.
({4})
Ihr Einverständnis mit der damaligen Enteignung unterstreichen Sie heute durch Ihre Haltung erneut!
({5})
Meine Damen und Herren, die Gewerkschaften haben nicht wie Ihre Kreise die Möglichkeit, während der Wahlen oder zur Durchsetzung bestimmter wirtschaftlicher und politischer Ziele die Kassen der Industriellen und der Betriebe in Anspruch zu nehmen. Denken Sie an die Rundschreiben, die während der Wahlen herausgekommen sind! Denken Sie an die Rundschreiben, die während des bayerischen Wahlkampfs herausgekommen sind, in dem man sich sogar nicht gescheut hat, amtliche Personen zum Kassieren bestimmter Wahlgelder aus der Industrie für bestimmte Parteien einzusetzen.
Und noch ein anderes. Ich darf Sie darauf hinweisen, daß Sie hinsichtlich der Befreiung der Aktienbesitzer von der Heranziehung zur Abgabe für den Lastenausgleich die Frage der sogenannten Doppelbesteuerung gestellt haben. Es war Ihr stärkstes Argument, das Sie dagegen vorbringen konnten; aber ich bitte Sie aus rein logischen und sachlichen Erwägungen, dieselbe Fragestellung auch hier bei der Frage der Gewerkschaften anzuwenden. Sie besteuern die Beiträge der Mitglieder.
({6})
- Nichts anderes! Sie besteuern die Beiträge der Mitglieder, die bereits durch die Einkommensteuer und den Betrieb der Steuer unterworfen sind. Also
({7})
auch hier eine Doppelbesteuerung, wenn Sie diesem Antrag nicht zustimmen.
({8})
Meine Damen und Herren, Sie gehen weiter als das Soforthilfegesetz. Das Soforthilfegesetz ließ die Gewerkschaften aus der Abgabe für diese Zwecke heraus. Sie verlangen heute, daß die Gewerkschaften als die Geschädigten des letzten Krieges und der Naziherrschaft erneut und in sehr starkem Maße mit ihrem Vermögen herangezogen werden. Es ist doch wirklich, ich möchte einmal sagen, etwas eigenartig, wenn man sieht, wie krampfhaft Sie versuchen, nun alle Ecken auszukratzen, um Geld für den Lastenausgleich hereinzubekommen, aber dort, wo das Geld wirklich sitzt, nicht heranzugehen wagen. Dort versuchen Sie eine Freilassung unter allen Umständen zu erreichen.
Sie haben vorhin in einem Zwischenruf darauf hingewiesen, daß das Gewerkschaftsvermögen, nun, sagen wir: zur Finanzierung eines Generalstreiks verwendet wird. Sie haben auf die letzte Erklärung verwiesen, die der Deutsche Gewerkschaftsbund in der Frage des Mitbestimmungsrechts herausgegeben hat. Meine Damen und Herren, wenn Sie diesem Antrag nicht zustimmen, erreichen Sie einmal, daß Sie zur Schonung des Besitzes die Mittel und das Vermögen der Gewerkschaften für Ihren Lastenausgleich heranziehen, und Sie erreichen weiter, daß Sie dem gewerkschaftlich organisierten Menschen draußen begreiflich machen, daß Sie zwar nicht bereit sind, ihm ein Recht der Mitbestimmung zuzugestehen, es aber wagen, die Gewerkschaftsgelder für Ihre Zwecke, für Zwecke des Lastenausgleichs in Anspruch zu nehmen. Wir sind der festen Überzeugung, daß die Gewerkschaftsmitglieder sich gegen diese Methode der Mehrheit dieses Bundestages mit aller Kraft zur Wehr setzen werden.
({9})
Ich glaube Ihnen versichern zu können, meine Damen und Herren, daß Sie in den nächsten Wochen, wenn Sie Ihr schändliches Betriebsverfassungsgesetz hier beraten werden,
({10})
noch einige Überraschungen erleben werden.
({11})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Baur, mit dem mich Beziehungen, die ich hoch schätze, verbinden, hat die Gewerkschaften als gemeinnützig bezeichnet.
({0})
Ich möchte davon absehen, irgendwelche Erwiderungen zu bringen, die einen politischen, vielleicht
sogar einen aktuell politischen Charakter haben.
({1})
- Das würde mir nicht schlecht bekommen! ({2})
- Nein, Herr Kollege Kohl!
({3})
- Dann ist es ein anderer freundlicher Herr von Ihnen.
({4})
Ich sage, was ich meine, und bleibe dabei. Meine Damen und Herren, ist es gemeinnützig, wenn die Gewerkschaften seit Jahren einen Teil, vielleicht einen kleinen Teil, ihrer Mittel dafür verwenden, daß die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung nicht durchgeführt wird?
({5})
Ist es gemeinnützig, wenn die Gewerkschaften sich dafür einsetzen, daß die Interessennahme der Arbeiter an den Versicherungsträgern seit nunmehr sieben Jahren unterbrochen ist?
({6})
Ich halte das nicht für gemeinnützig.
({7})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schütz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorlage, über die wir hier zu befinden haben, läßt die Belastung von Geldvermögen bis 150 000 DM frei. Im übrigen ist der Währungsstichtag der Ausgangspunkt für die Lastenausgleichsabgabe. Nachdem, wie Herr Kollege Baur hier erwähnt hat, am Währungsstichtag das Geldvermögen der Gewerkschaften der Währungsreform verfiel, wird wohl der allergrößte Teil der Gewerkschaften und der Vermögen der Verbände nach dem Währungsstichtag, also an dem Tage, wo die Belastung beginnt, die 150000 -DM-Grenze kaum erreicht haben.
({0})
Was das Realvermögen betrifft, so gilt für dieses, sofern es kriegsgeschädigt ist, das gleiche, was für andere zu belastende Realvermögen gilt.
Meine politischen Freunde möchten hier keine Diskussion über die Bedeutung der Gewerkschaften führen.
({1})
- Nein! Es gibt einen großen Teil dieses Hauses, der die Bedeutung der Gewerkschaften auch für die Allgemeinheit und für unser Land und unsern Staat keineswegs unterschätzt. Aber gerade dieser Teil glaubt, daß die Gewerkschaften angetreten sind als Wegbereiter einer neuen sozialen Ordnung und daß man ihnen einen schlechten Dienst erweisen würde, wenn man sie bei dem ersten Schritt in eine solche neue soziale Ordnung als unbeteiligt erklären wollte.
({2})
Meine Damen und Herren, wir haben in unserm Ausschuß
({3})
- wie ich glaube, sehr sachlich und leidenschaftslos, Herr Kollege Baur - auf beiden Seiten das Für und Wider erwogen. Es ist nicht der entscheidende Grund, aber es ist auch ein Grund gewesen, daß man in dem Augenblick, wo man Berufsverbänden und Standesvertretungen eine Befreiung
({4})
einräumt, nicht weiß, wo man da beginnt und wo diese Entwicklung dann aufzuhören hat.
({5})
- Meine Damen und Herren, Sie sollten darauf verzichten, jedem andern, der nicht in jedem Fall Ihrer Meinung ist, sofort eine moralische Qualifikation an den Leib zu heften.
({6})
Aus all diesen Gründen wird meine Fraktion so wie im Ausschuß auch hier nicht für die Befreiung der Gewerkschaftsvermögen eintreten.
({7})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Meine Freunde unterstützen die Ausführungen, die der Herr Kollege Schütz soeben gemacht hat. Meine Freunde verwahren sich aber -und ich tue das persönlich noch besonders - gegen die unterstellenden Erklärungen des Kollegen Baur - mit der KPD möchte ich mich nicht auseinandersetzen! -,
({0})
gegen die Erklärungen, die er als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Einheitsgewerkschaft gemacht hat. Ich erwidere Ihnen als ehrenamtliche Mitarbeiterin der alten Gewerkschaftsbewegung wie der heutigen, als Mitbegründerin der allgemeinen Gewerkschaftsbewegung, als ehrenamtliches Mitglied bis zur Stunde, und ich antworte Ihnen deshalb, weil ich es unglaublich finde, daß Sie hier Ihre Forderung mit dem Argument der Enteignung des Gewerkschaftsvermögens begründen, die nicht nur eine Enteignung des Vermögens der sozialistischen Gewerkschaften war, sondern auch eine Enteignung des Vermögens der christlichen Gewerkschaften, der Berufsverbände, der Standesorganisationen und vieler mehr, die heute noch um diese Vermögenswerte einen bitteren Kampf mit Ihren Vertretern kämpfen müssen, weil Sie das Monopol für das Gesamtvermögen, das aus den Beiträgen der deutschen Arbeiter entstanden ist, beanspruchen. Ich verwahre mich weiter gegen die Unterstellung der Gewerkschaftsfeindlichkeit. Meine Freunde sind gewerkschaftsfreundlich und haben die Gewerkschaften immer bejaht.
({1})
Sie haben allerdings niemals und in keiner Stunde - und werden das auch in Zukunft nicht tun - den Monopolanspruch einer Einheitsgewerkschaft mit der Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmerschaft schlechthin identifiziert.
({2})
Wir identifizieren auch nicht die karitativen Aufgaben, die Fürsorgeeinrichtungen der Gewerkschaften, die notwendigen Unterstützungseinrichtungen der Gewerkschaften mit den Erwerbsunternehmen der Gewerkschaften. Ich muß noch hinzufügen, Herr Kollege Schütz, es geht nicht nur um das Vermögen aus Beiträgen, es geht, meine Herren Funktionäre von den Einheitsgewerkschaften, auch um die in der Restitution erworbenen Grundstücke und Erwerbsunternehmen, die nicht einmal Ihren Gewerkschaften gehört haben.
({3})
Ich weiß nicht, ob große Gewerkschaftsunternehmen - ich möchte sie hier nicht aufzählen, es
ist nicht die Stunde dafür, wir werden uns darüber noch unterhalten ({4})
auch in Ihrer aller Augen nun Fürsorge- oder karitative Einrichtungen sind, die kirchlichen Einrichtungen etwa vergleichsweise gleichzusetzen wären. Ich lehne es auch ab, daß Sie sich hier bei dieser Frage etwa mit uns darüber auseinandersetzen, welche Mittel notwendig sind, um den Kampf der Einheitsgewerkschaften für die Durchsetzung ihrer politischen und wirtschaftlichen Wünsche hier zu verteidigen. Wir lehnen es weiter ab, uns von Ihnen fortgesetzt unterstellen zu lassen, daß wir in irgendeiner Frage, wenn unsere Stellungnahme Ihren Wünschen nicht entspricht, nun schlechtere Vertreter der Gruppen im deutschen Volke sind, die weitgehend der Gewerkschaftsgruppe, die Sie vertreten, das Vertrauen nicht gegeben haben.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Ausführungen meines Freundes Baur nichts hinzuzusetzen, und ich hätte mich nicht zum Wort gemeldet, wenn Herr Kollege Dr. Wellhausen nicht Behauptungen aufgestellt hätte, die, wenn ich ihn richtig verstanden habe, in keiner Beziehung den Tatsachen entsprechen. Wenn ich richtig gehört habe, hat Herr Dr. Wellhausen gesagt, daß die Gewerkschaften seit 1945, also seit sieben Jahren, Mittel dazu verwandt hätten, die Wiedereinführung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung zu verhindern.
({0})
Sie sagen, das sei die Wahrheit.
({1})
- Die Wahlen zur Durchführung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung zu verhindern! Das ist praktisch dasselbe wie die Wiedereinführung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung. Ich darf Sie vielleicht daran erinnern, daß der Gewerkschaftsrat, der Vorläufer des Deutschen Gewerkschaftsbundes, bereits beim Wirtschaftsrat und bei der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in Frankfurt - und dem ersteren gehörten Sie genau so an, Herr Kollege Dr. Wellhausen, wie auch ich - verlangt hat, daß ein Gesetz zur Einführung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung beschlossen wird. Ich darf Sie daran erinnern, daß es die SPD-Fraktion des Wirtschaftsrates war, die, nachdem von seiten der Verwaltung für Arbeit dem Wirtschaftsrat kein Gesetzentwurf eingereicht wurde, einen Initiativgesetzentwurf eingebracht hat. Ich darf Sie weiter daran erinnern, daß die Behandlung dieses Gesetzentwurfs von Ihrer Seite aus verzögert wurde,
({2})
von Ihrer Seite, von der Seite der damals tragenden Regierungskoalition, zu der ja auch die FDP
gehört hat, verhindert wurde, bis dem Wirtschaftsrat ein Regierungsentwurf unterbreitet wurde. Das
gleiche haben Sie, Herr Kollege Dr. Wellhausen,
hier in diesem Hause getan, als die SPD-Fraktion
des Bundestages zu dieser Frage wiederum einen
Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung einbrachte.
Sie haben an diesem Platz persönlich erklärt, daß
Sie die Behandlung dieses Gesetzentwurfs, der
({3})
damals dem Ausschuß für Sozialpolitik überwiesen werden sollte, zurückgestellt sehen möchten - genau wie im Wirtschaftsrat - bis der Regierungsentwurf in erster Lesung diesem Haus unterbreitet worden wäre. Das ist einige Monate später
- ich weiß nicht mehr genau, wie lange - auch erfolgt. Erste dann war der Sozialpolitische Ausschuß des Bundestags berechtigt, auf Grund Ihres persönlichen Antrages diese Materie überhaupt zu behandeln. Die Behandlung ist in vielen Sitzungen sehr tiefgründig und eingehend erfolgt. Warum? Weil nämlich die Vertreter der Bundesregierung von ihrem eigenen Gesetzentwurf in diesem Ausschuß in jeder Beziehung abgewichen sind. Wenn Sie sich den Wortlaut der Drucksache, die die Bundesregierung damals eingebracht hat, ansehen und mit dem vergleichen, was dann vom Ausschuß für Sozialpolitik beschlossen wurde, finden Sie aber auch in keiner Beziehung noch eine Übereinstimmung. Sie finden vielmehr in den Ausschußbeschlüssen etwas grundsätzlich Neues, das von den Vertretern der Bundesregierung in Verbindung mit den Vertretern der Regierungskoalition eingebracht wurde. Herr Kollege Arndgen wird mir das bestätigen; er hat diesen Sitzungen ja beigewohnt.
({4})
- Gut, dann gehen wir auch noch auf das Jetzt ein, Herr Dr. Atzenroth. Das Gesetz ist vorn Bundestag am 22. Februar 1951 beschlossen worden. Bis jetzt konnte die Bundesregierung die Wahlordnung zu diesem Gesetz noch nicht erlassen.
({5})
- Der Bundesrat ist zum Erlaß der Wahlordnung nicht berechtigt, Herr Kollege Arndgen, das sollten Sie wissen. In dem Gesetz heißt es ausdrücklich, daß die Bundesregierung bzw. der Bundesarbeitsminister die Wahlordnung erläßt. Die Bundesregierung konnte sie nicht erlassen, weil der Bundesrat erhebliche Bedenken gegen das Gesetz hatte, das mit Ihren Stimmen beschlossen wurde, das von Ihnen diese Fassung erhalten hat und nicht von der Opposition und von den Gewerkschaften nicht nach dieser Richtung hin beeinflußt wurde. Sie selbst haben ja Lücken in dem von Ihnen beschlossenen Gesetz festgestellt und haben vor ungefähr einem guten halben Jahr einen Initiativgesetzentwurf zur Änderung des im Februar 1951 beschlossenen Gesetzes, das sich bis jetzt noch nicht praktisch ausgewirkt hat, eingebracht. Dieser Gesetzentwurf ist nun endlich beraten.
({6})
- Jawohl, zum Lastenausgleich gehört diese Materie nicht, aber zu den Vorwürfen von Herrn Dr. Wellhausen gegen die Gewerkschaften,
({7})
die systematisch und bewußt dauernd erhoben werden. Wenn sich eines Tages die dadurch entstehenden sozialen Spannungen entladen, dann stellt man sich als den Unschuldsengel hin.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer mit mir in den Ausschüssen für Arbeit des Wirtschaftsrates und des
Bundestages zusammengesessen hat - und das ist ist insbesondere der Kollege Richter -, der weiß hinreichend, wie ich zu den Gewerkschaften stehe und wie nicht. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die die Gewerkschaften grundsätzlich ablehnen.
Ich bin zu meinen heutigen Ausführungen dadurch veranlaßt worden, daß Herr Baur die Gewerkschaften als gemeinnützig bezeichnet hat.
({0})
Ich muß nun leider den springenden Punkt mit zwei Sätzen hervorheben, der das Gesetz über die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung betrifft. Es ist kein Streit darüber, daß Sie der Umstand auf den Plan gerufen hat und bis heute - siehe Briefe aus den allerletzten Tagen - auf den Plan ruft, daß in der Krankenversicherung die Parität und nicht mehr die Zweidrittelmehrheit für die Arbeitnehmer gelten soll. Das ist der ausschlaggebende Punkt, und gar kein anderer. Da mag die historische Entwicklung - hier Antrag der Sozialdemokratie, hier Antrag der Regierung - so oder so gewesen sein. Fest steht, Herr Richter, daß auch Sie die Verabschiedung in diesem Hause durchaus nicht - ich bin ein höflicher Mensch - beschleunigt haben und daß Ihre Kollegen aus den Ländern im Bundesrat das ebenfalls nicht getan haben und dabei sind oder waren, die Wahlen zu verlangsamen. Das ist, wenn man das Interesse des einzelnen Arbeitnehmers vertritt - und das ist die Hauptaufgabe der Gewerkschaften, die wir absolut anerkennen -, ein schlechter Dienst und keine Gemeinnützigkeit.
({1})
Zu diesem Punkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Zu dem Antrag betreffend Nr. 17 wünscht Herr Abgeordneter Dr. Hammer noch das Wort zu nehmen.
Meine Damen und Herren! Wir haben auf Umdruck Nr. 522 einen Ergänzungsvorschlag für die Freiliste unterbreitet. Wir wollen die kassenärztlichen, kassenzahnärztlichen und kassendentistischen Vereinigungen Deutschlands herausnehmen. Der Herr Abgeordnete Kunze hat dieser Regelung widersprochen. Ich habe den Eindruck, daß einem großen Teil der Damen und Herren dieses Hauses der Charakter der kassenärztlichen Vereinigungen nicht ganz klargeworden ist. Die kassenärztlichen Vereinigungen sind zwar keine Versicherungsträger, werden aber auf Grund des § 368 RVO gebildet. Sie sind keine Standesvereinigungen. Sie haben innerhalb der Krankenversicherung eine ganz bestimmte Aufgabe. Man kann sie Teile der Krankenversicherung nennen. Sie haben die kassenärztliche Behandlung sicherzustellen und die Honorare auszuzahlen. Wenn außer ihrem Vermögen an Schreibtischen und Schreibmaschinen, das auch die Krankenkassen besitzen, am Stichtag auf ihren Konten Beträge gewesen sind, so sind diese Beträge auf Grund von Bestimmungen der Verträge oder der Reichsversicherungsordnung entstanden. Aus der Reichsversicherungsordnung ergibt sich der Zwang zum Pauschale, und aus dem Pauschale ergibt sich der Zwang, in den Sommermonaten für die Wintermonate Honorare zurückzuhalten, um dem Anstieg der Morbidität bei der Honorarzahlung gerecht zu werden. Es ist unmöglich - und ich bezweifle, ob
({0})
das vom Ausschuß ernsthaft beabsichtigt war -, diese Kapitalien auf den Konten der kassenärztlichen Vereinigungen, die nichts anderes als Löhne oder Honorare sind, die zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt werden mußten, zum Lastenausgleich heranzuziehen. ich habe den Eindruck, daß Herr Kollege Kunze hier im Augenblick das Objekt seiner eigenen Leidenschaft geworden ist. Er versucht ja soeben, in Deutschland das Recht der Krankenanstalten auf Errichtung von Ambulatorien durchzusetzen und damit der Sozialpolitik der Bundesregierung und des Arbeitsministeriums in den Rücken zu fallen. Ich stehe zwar auf dem Standpunkt, daß der Kreis seiner Anhänger sehr klein sein wird. Ich werde mir aber überlegen, ob ich nicht nachher namentliche Abstimmung beantragen werde, um der deutschen Öffentlichkeit und der deutschen Ärzteschaft nachzuweisen, wer hier eine derartige Politik treibt.
({1})
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur damit in der Öffentlichkeit keine falschen Vorstellungen über dieses Problem entstehen, einige Bemerkungen. Nach § 15 Abs. 1 Ziffer 17 sind Träger der Sozialversicherung sowie Verbände und Einrichtungen der Sozialversicherung von der Vermögensabgabe befreit, soweit sie ihr Vermögen nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften anzulegen haben. Soweit also die kassenärztlichen Vereinigungen dazu gehören, sind sie befreit. Im übrigen genießen die kassenärztlichen Vereinigungen, die ja in Wirklichkeit reine Abrechnungsstellen sind und die, soweit mir bekannt ist, anderes als Geldvermögen oder allenfalls vielleicht etwas Wertpapiervermögen in der Regel nicht besitzen, die Freigrenze für derartige Geldvermögen von 150 000 DM per 21. Juni 1948 wie jede andere Person oder Gesellschaft. Nach meiner Kenntnis der Dinge genügt das allein. Vor allen Dingen, Herr Kollege Dr. Hammer, ist doch folgendes zu bemerken. Wenn Sie sagen, daß dieses Vermögen aufbewahrte und für die Winterzeit oder sonst zurückbehaltene Honorare der beteiligten Ärzte darstelle, so geht doch daraus hervor, daß diesem Vermögen entsprechende Verpflichtungen gegenüber den Ärzten und Mitgliedern gegenüberstehen. Ich kann mir also letzten Endes überhaupt kaum denken, daß eine kassenärztliche Vereinigung in nennenswertem Umfang Reinvermögen hat, das der Abgabepflicht unterliegen könnte. Soweit aber solches vorhanden ist und soweit es nicht als nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen gebundenes Vermögen anzusehen ist, ist es gar nichts anderes als Privatvermögen der beteiligten Ärzte; und soweit es das ist, besteht auch keine Veranlassung, irgendeine besondere Vorschrift dafür vorzusehen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
({0})
- Wünschen Sie noch das Wort, Herr Abgeordneter Kunze? Sie werden hier apostrophiert.
({1})
- Herr Abgeordneter Kunze! - Ja, meine Damen und Herren, ich kann nun die Herren nicht einzeln aufrufen, ob sie das Wort wünschen.
Meine Damen und Herren! Ich kann natürlich der freundlichen Aufforderung des Herrn Präsidenten nicht widerstehen.
({0})
Ich darf einmal darauf hinweisen, warum ich gegen den Antrag stimme. Herr Kollege Hammer, die kassenärztlichen Vereinigungen haben gar kein Vermögen in diesen Größen. . Sie vergessen vollkommen: wenn sie 150 000 DM Geldvermögen als Freigrenze haben, dann müßten sie nach Abzug ihrer Verpflichtungen ein Barvermögen von 2,4 Millionen RM übrigbehalten haben. Das gibt es doch gar nicht! Warum sollen wir also Dinge, die völlig ins Leere fallen, jetzt in das Gesetz aufnehmen?
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Hammer.
Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Kunze irrt. Am Stichtag sind außerordentlich große Summen als Durchlaufsummen bei den kassenärztlichen Vereinigungen vorhanden gewesen.
({0})
Es wäre lediglich zu überprüfen, ob Herr Kollege Seuffert recht damit hat, daß diese Summen gar nicht in Frage kommen.
({1})
- Meine Damen und Herren, das ist im Augenblick noch zu bezweifeln. Sie entgehen aber diesen Dingen, wenn Sie unseren Antrag annehmen. Tatsächliches Vermögen ist ja doch nicht vorhanden, so wenig wie bei den Ortskrankenkassen. Sie haben die Ortskrankenkassen als Träger der Krankenversicherung ausgenommen. Die kassenärztlichen Vereinigungen sind praktisch nichts anderes; sie sind auf Grund des § 368 RVO geschaffen worden.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich aber nun nicht. Es wartet auch niemand darauf, daß er aufgefordert wird, zu sprechen?
({0})
- Nein! Ich schließe die Besprechung.
Es liegen nun vor zu § 15: erstens der Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 1 b, für den namentliche Abstimmung beantragt ist; zweitens der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. von Golitschek.
({1})
- Herr Abgeordneter Kunze beantragt zu dem Antrag des Abgeordneten Dr. von Golitschek ebenfalls namentliche Abstimmung.
({2})
- Für die Fraktion, Herr Abgeordneter?
({3})
Weiter liegt vor der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Atzenroth auf Umdruck Nr. 522.
Meine Damen und Herren, wir müssen der Reihe nach vorgehen. Ich bitte zunächst die Herren Schriftführer, die Abstimmungskarten einzusammeln zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend Einfügung einer Nr. 14 a, Umdruck Nr. 518 Ziffer 1 b.
({4})
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({5})
({6})
Meine Damen und Herren, darf ich während der Auszählung einen Augenblick um Aufmerksamkeit bitten. Zu dem Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 522 wünscht der Abgeordnete Dr. Hammer eine kurze Erklärung abzugeben.
Meine Damen und Herren, wir ziehen den Antrag Umdruck Nr. 522 zurück.
({0})
Der Herr Arbeitsminister hat im Augenblick die Ausführungen des Herrn Kollegen Seuffert bestätigt, wonach die Honorarausgleichsfonds der kassenärztlichen, kassenzahnärztlichen und kassendentistischen Vereinigungen seiner Ansicht nach unter gar keinen Umständen unter das Gesetz fallen dürfen. Das ist der Grund, warum wir uns so verhalten. Der Antrag ist damit zurückgezogen.
Meine Damen und Herren, sind noch Abgeordnete vorhanden, die ihre Stimme abzugeben wünschen? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung zum Antrag Umdruck Nr. 518 Ziffer 1 b).
({0})
Ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung bekannt. Von stimmberechtigten Abgeordneten sind 347 Stimmen abgegeben worden, mit Ja 140, mit Nein 203, Enthaltungen 4. Von den Berliner Abgeordneten sind 15 Stimmen abgegeben worden, mit Ja 7, mit Nein 8. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. von Golitschek, Umdruck Nr. 521. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.
({1})
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist der Wunsch zum Ausdruck gebracht worden, daß im Interesse der Übersicht für die Herren Schriftführer bei den namentlichen Abstimmungen während des Einsammelns der Karten die Abgeordneten auf ihren Plätzen bleiben. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen; es erleichtert uns das Abstimmungsgeschäft. - Dieser ausgesprochene Wunsch gilt für alle Seiten des Hauses!
Meine Damen und Herren, sind keine Abgeordneten mehr vorhanden, die ihre Stimme abzugeben wünschen? - Dann schließe ich die Abstimmung.
Ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung bekannt. Für den Antrag des Herrn Abgeordneten von Golitschek haben gestimmt 156 Abgeordnete, dagegen 178 bei 7 Enthaltungen. Von den Berliner Abgeordneten haben 10 mit Ja, 4 mit Nein gestimmt, einer sich enthalten. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Atzenroth ist zurückgezogen.
Ich darf insgesamt über § 15, der entsprechend der Geschäftsordnung zur Beratung steht, da Änderungsanträge gestellt sind, abstimmen lassen. Ich bitte die Damen und Herren, die § 15 in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 15 ist angenommen.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9345.
Änderungsanträge liegen dann erst wieder zu § 19 vor. Zunächst der Antrag zu § 19 Nr. 1 Buchstabe c von Herrn Abgeordneten Dr. Atzenroth.
({2})
- Umdruck Nr. 528. Soll der Antrag begründet werden? ({3}) Offenbar wird keine Begründung gewünscht.
({4})
Zu Nr. 2 liegt eine große Reihe von Anträgen vor. Zunächst der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Preusker Umdruck Nr. 544 Ziffer 1 und des Herrn Abgeordneten Kuhlemann Umdruck Nr. 546, § 19 Nr. 2 in der Ausschußfassung - Nr. 3300 der Drucksachen - wiederherzustellen. Soll der Antrag begründet werden? - Herr Abgeordneter Kuhlemann, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit den Umdrucken Nrn. 544 und 546 ist der Antrag' gestellt worden, § 19 Nr. 2 in der Ausschußfassung wiederherzustellen. Als Begründung gebe ich an, daß, nachdem wir in der zweiten Lesung die Ausschußvorlage geändert haben, bei denjenigen Herren, die diesen Antrag unterschrieben haben, Bedenken gekommen sind, daß die Rechtmäßigkeit des Beschlusses der zweiten Lesung doch angefochten werden könnte, da hier eine Doppelbesteuerung vorgenommen wird.
({0})
Diese Doppelbesteuerung ist aber nach dem Grundgesetz nicht möglich. Aus diesem Grunde beantragen wir, die Ausschußfassung wiederherzustellen.
({1})
Weiter liegt der Antrag der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 2 vor. Wer wünscht, ihn zu begründen? - Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag ist bereits in der zweiten Lesung begründet worden. Ich kann also auf diese Begründung verweisen. Aber es scheint doch notwendig zu sein, zu den Beschlüssen der zweiten Lesung und zu den heute vorliegenden Anträgen, auch soweit sie nicht begründet wurden oder noch nicht begründet sind, etwas vorweg zu sagen.
Der Beschluß der zweiten Lesung hat in der Öffentlichkeit eine erhebliche Debatte ausgelöst. Im großen und ganzen scheint es mir, was das Echo im Volk und auch bei den Geschädigten anlangt, ein zustimmendes Echo zu sein. Andererseits sind - das muß man ja schon sagen - von sogenannten Fach- oder Wirtschaftskreisen Kommentare und Meinungen über diesen Beschluß und seine Auswirkungen verbreitet worden, die einerseits eine krasse Unkenntnis des Gesetzes und andererseits eine Darstellung von wirtschaftlichen Zusammenhängen darzubieten versuchen, die eigentlich kaum mehr zu qualifizieren ist. Die richtige Meinung ist von den Börsen vielleicht jetzt schon akzeptiert worden; aber bei den vorgenommenen Kommentaren schießt denn doch, glaube ich, eine Äußerung des Deutschen Industrie-Instituts den Vogel ab, dessen „Schnelldienst" vom 8. Mai 1952 mir hier vorliegt. Diese Äußerung erlaubt sich, von
({0})
dem „merkwürdigen" Beschluß einer „noch merkwürdigeren" Bundestagsmehrheit zu sprechen. ({1})
läßt nun aber andererseits mit der derartigen Pamphleten eigenen Intelligenz, jedoch mit sehr schöner Offenheit die Katze insofern aus dem Sack, als sie betont, daß der Aktienbesitz vor allen Dingen dort getroffen ist, wo große Pakete im Einzelbesitz vorhanden sind. Während in der Debatte mit Vorliebe der kleine Aktionär in den Vordergrund gestellt wird, der sich ein oder zwei Aktien für seine Altersversorgung gekauft hat, wird hier - sachlich wahrscheinlich richtig - gesagt, daß die wirklich Getroffenen die großen Paketbesitzer sind.
Meine Damen und Herren, im Grundgesetz steht nichts von einem Verbot der Doppelbesteuerung, insbesondere da man darüber, was Doppelbesteuerung ist, so ziemlich in jedem einzelnen Fall verschiedener Meinung sein kann.
({2}) Wenn man schon Gesellschaften gegründet, Rechtsformen usw. gewählt hat, ist es jedenfalls nicht erlaubt, je nachdem, wie es einem in den Kram paßt, davon zu sprechen, das sei ja dasselbe Vermögen, oder im anderen Fall, wenn es sich um Steuerabzüge, wenn es sich um die Haftung für Verbindlichkeiten usw. handelt, zu sagen, das sei nicht dasselbe Vermögen. Ich glaube, wir sollten dieses doch sehr theoretische Argument außer Betracht lassen.
Sachlich halten wir den Antrag der zweiten Lesung aufrecht, weil wir in zwei Punkten mit den Beschlüssen der zweiten Lesung nicht zufrieden sind. Erstens liegt nach unserer Ansicht nicht
3) der geringste Grund vor, diese Aktien nur mit dem halben Wert zu besteuern. Es liegt nicht der geringste Grund vor, sie nicht wie alle anderen Sachwerte mit ihrem vollen Wert heranzuziehen. Zweitens lassen die Beschlüsse der zweiten Lesung - insbesondere würde das für den neu vorgelegten Antrag der Föderalistischen Union gelten - folgendes nicht ganz klar erkennen._ Gemeint muß doch sein, daß alle Aktien, die im Börsen- oder Freiverkehr in Betracht kommen, herangezogen werden. Gemeint kann nicht sein, daß solche Aktien wie etwa die IG-Farbenaktien, die Montanaktien, die Bankaktien und andere Kategorien von Aktien, die sich infolge besonderer Verhältnisse damals nicht im Börsen- oder Freiverkehr befanden, von der Abgabe einfach frei bleiben. Es ist auf Steuerkurszettel oder auf Kurszettel der Bank deutscher Länder verwiesen worden, die man da anwenden könnte. Diese Kurszettel enthalten nicht alles, und wir wissen nicht, was sie bei Ergänzungen etwa noch enthalten werden. Es ist richtig, daß die soeben erwähnten Kategorien von Aktien noch nicht für das Jahr 1948 bewertet sind wie andere Aktien. Aber diese Bewertung wird eben bei der Durchführung des Gesetzes vorzunehmen sein. Das wird keine Schwierigkeiten bieten. Dagegen besteht unseres Erachtens nicht die geringste Veranlassung, hier zwischen den Aktien, die genau so einen guten Wert und vielleicht noch einen besseren Wert wie andere darstellen, die aber damals unter besonderen Bestimmungen der Entflechtung usw. standen, und anderen Aktien, die bereits von dem Beschluß der zweiten Lesung getroffen werden, einen Unterschied zu machen. Das würde unserer Ansicht nach sogar eine gänzlich ungerechtfertigte, verschiedenartige Behandlung von Vermögen der gleichen Kategorie bedeuten. Wir bitten Sie deswegen, alle anderen Anträge abzulehnen und unseren Antrag anzunehmen.
Ich möchte nur ein Wort noch zu dem Antrag Umdruck Nr. 544 Ziffer 2 - ich weiß nicht, ob er noch begründet werden soll oder ob hier bereits auf die Begründung verzichtet worden ist - sagen. Hier ist angeboten worden, die Abgabe auf Aktien dadurch zu ersetzen, daß man das Steueraufkommen aus Spekulationsgeschäften nach § 23 1 b des Einkommensteuergesetzes als Ausgleichsabgabe erhebt.
Nun, meine Damen und Herren, erstens einmal ist es doch wohl ein von vornherein aussichtsloses Verlangen, einen Teil der Einkommensteuer zum Lastenausgleich zu ziehen, wenn Sie sich die verfassungsrechtlichen und anderen Schwierigkeiten vor Augen halten, und zweitens darf man sich doch ganz und gar nicht darüber im unklaren sein, daß die hier zum Ausgleich angebotene Größe mit dem Aufkommen der Abgabe auf Aktien - selbst nur im Ausmaß der Beschlüsse der zweiten Lesung - vollkommen unvergleichbar ist. Diese Abgabe, deren Aufkommen das soeben erwähnte Deutsche Industrie-Institut zwar als geringfügig bezeichnet - ich habe die Zahlen schon in der zweiten Lesung genannt; nach den Beschlüssen der zweiten Lesung werden es wahrscheinlich immerhin mindestens 15 Millionen DM jährlich, nach unserem Antrag 30 Millionen DM jährlich für den Lastenausgleich sein, also wirklich keine Bagatelle, selbst bei den Größenordnungen, mit denen wir hier rechnen -, ist ja bekannt. Auf der anderen Seite ist es klar, daß die sogenannte Spekulationsteuer, die in relativ sehr wenigen Fällen überhaupt zur Erhebung kommt, auch weil die Erhebung und die Erfassung der Steuerfälle gar nicht leicht ist, nur einen ganz verschwindenden Bruchteil dessen erbringen kann, was als Aktienabgabe in Frage kommt. Deswegen kommt das als Gegenangebot schlechterdings nicht in Frage.
Meine Damen und Herren, ich schlage vor, daß zunächst die Anträge begründet werden und dann gemeinsam die Aussprache erfolgt.
Zur Begründung des Antrags der Föderalistischen Union, Umdruck Nr. 519 Ziffer 1 Herr Abgeordneter Dr. Bertram!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion ziehe ich den Änderungsantrag Umdruck Nr. 519 Ziffer 1 zurück.
Wenn ich hier noch das Wort ergreife, so deshalb, um zu dem Antrag, den Herr Kollege Kuhlemann eben begründet hat, die ursprüngliche Fassung wiederherzustellen, einige Ausführungen zu machen. Herr Kollege Kuhlemann hat zwar seinen Antrag nur kurz begründet, aber im Blätterwald hat es ganz beachtlich gerauscht; in den meisten Spalten allerdings ohne Kenntnis der tatsächlichen Beschlüsse, denn sonst wären zahlreiche Argumente, die dort verwendet worden sind, nicht vorgetragen worden. Die Fassung, wie wir sie in der zweiten Lesung beschlossen haben, sieht vor, daß alle diejenigen Aktien, die zum amtlichen Verkehr an der Börse - und jetzt kommt ein ganz entscheidendes, wichtiges Wort - bis zum 31. Dezember 1948 zugelassen waren oder bis zu .diesem Datum im Freiverkehr gehandelt worden sind, mit dem halben Wert heranzuziehen sind. Also nicht die Frage des Stichtags - des 31. Dezember 1948 - ist das Entscheidende, sondern
({0})
- wie das ja im Reichsbewertungsgesetz überhaupt maßgebend ist - ein Zeitraum, und zwar ein solcher von drei oder sechs Jahren, wie er sich aus dem Rahmen des Reichsbewertungsgesetzes ergibt.
-Diese Vorschrift des § 19 bedeutet ja nur - und das bitte ich doch immer dabei zu beachten - eine Ergänzung der Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes, die im übrigen in vollem Umfange in Kraft bleiben. Die Frage der Bewertung von Aktien ist in § 13 des Reichsbewertungsgesetzes geregelt. In § 10 ist für diejenigen Aktien, die keinen Kurswert haben, die Bewertung geregelt. Von diesen Vorschriften machen wir eine Ausnahme. Würden wir sie für Aktien mit Kurswert hier nicht statuieren, dann würden diese Aktien voll heranzuziehen sein. Aber es bleibt immer der gesamte Vorschriftenkomplex des Reichsbewertungsgesetzes maßgebend.
Damit sind auch die Einwendungen widerlegt, daß beispielsweise die IG.-Farben-Aktien oder die Girosammelstücke nicht herangezogen würden. Alle diese Dinge werden im Rahmen des Reichsbewertungsgesetzes bewertet und erfaßt, soweit wir hier nicht eine Ausnahmevorschrift statuieren. Also alle diese Argumente liegen tatsächlich neben der Sache.
Wenn ferner darauf hingewiesen wird, die Sache machte viel Kosten und es entstünde Verwaltungsleerlauf, so muß ich dazu sagen, meine Damen und Herren: Kein Wort von dieser Argumentation ist richtig. Für die Vermögensbesteuerung muß unter allen Umständen auch der Wertpapierbesitz in der Einheitsbewertung festgestellt werden. Diese Feststellungen der Bewertung werden für den Lastenausgleich übernommen. Es ist also nichts anderes ) notwendig, als die aus anderen steuerlichen Gründen sowieso erforderlichen Feststellungen auch für den Lastenausgleich zu verwenden. Es entsteht also weder ein Verwaltungsleerlauf noch entstehen die geringsten Kosten gerade durch diese Maßnahme. Wir haben ja keine Aktiensteuer, wie sie von einer Seite hier beantragt worden ist, beschlossen, sondern wir haben nur beschlossen, daß die Aktien im Reichsbewertungsgesetz nach einem besonderen Schlüssel bewertet werden sollen. Kleinaktionäre insbesondere genießen den Freibetrag. Wenn der § 93 a in der Fassung, die eben verteilt wurde, angenommen wird, dann bleibt für den Steuerpflichtigen selbst ein Freibetrag von 10 000 DM, so daß schon ein ganz erheblicher Freibetrag gerade für den Kleinaktionär übrigbleibt. Auch dieser Einwand ist daher unberechtigt.
Es wurde darauf hingewiesen, daß mit dieser Bestimmung der Aufbau des Kapitalmarktes gestört werden könne. Ich glaube, genau das Gegenteil ist der Fall. Der Aufbau des Kapitalmarkts wird dadurch gefördert, daß wir eine Gleichstellung sämtlicher Kapitalmarktsparer herbeiführen, daß wir es erreichen, daß nicht e i n Kapitalmarktsparen, nämlich das Aktiensparen, sehr gut in der Währungsreform wegkommt und ein anderes Kapitalmarktsparen, nämlich das Sparbuchsparen oder das Lebensversicherungssparen, praktisch seine Werte teilweise ganz verliert oder allerhöchstens 10 % übrigbehält. Gerade aus der gleichmäßigen Behandlung sämtlicher Kapitalmarkttitel wird sich ein Aufbau ergeben. Dann wird der Sparer sehen, daß er Vertrauen haben darf und haben kann und daß wir das Vertrauen honorieren. Ich bin deshalb der Ansicht, daß unser Beschluß zur Aktienerfassung nicht nur nicht den Kapitalmarkt schädigt, sondern ihn im Gegenteil ganz außerordentlich stärkt. Es sind relativ wenige Aktienbesitzer; aber es sind 35 Millionen Sparer, die darauf warten, daß wir ihnen ihre Hoffnungen nicht enttäuschen. Gerade deshalb ist also auch dieses Argument nicht zutreffend.
Wenn man mit großen Worten darauf hinweist, das sei der Weg zum Staatssozialismus, kann ich nur sagen: Wer das behauptet hat, hat sich die Dinge offenbar nicht überlegt. Wir sind doch nicht bereit, die Aktien jetzt zum Staatsbesitz zu erklären oder in Staatsbesitz zu überführen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Belastung der einzelnen Aktien soll dazu dienen, anderen Kapitalmarktsparern, anderen Geschädigten die Lasten, die ihnen durch die Währungsreform, durch den Krieg und die Kriegsfolgen auferlegt wurden, erleichtern zu helfen. Es wird ein Akt echter Solidarität herbeigeführt, und zwar ein Akt echter Solidarität zwischen verschiedenen Titeln, also das Gegenteil von Staatssozialismus. Deshalb können wir uns auch nicht durch dieses fadenscheinige Argument schrekken lassen.
Dann wird darauf hingewiesen, daß einzelne Abgeordnete diesem Beschluß zugestimmt hätten, da sie eine Flucht vor der Verantwortung ergriffen hätten und vor der demagogischen Kampagne der nächsten Wahl Angst hätten. Es dreht sich aber nicht um Angst vor einer Wahl, sondern es dreht sich hier darum, einer höheren Gerechtigkeit im Rahmen der Gesamtregelung der Währungsreform und des Lastenausgleiches Rechnung zu tragen. Wenn man dieser höheren Gerechtigkeit Rechnung trägt, dann ist nichts falscher als ein solcher Vorwurf, wie er uns gemacht worden ist.
Wenn wir darauf hingewiesen haben, daß der Antrag der SPD, die Aktien hundertprozentig heranzuziehen, nicht richtig sei, sondern daß richtig I sei, sie nur zu 50 °/o heranzuziehen, so liegt das eben daran, daß wir für die Bewertung der Aktien gewisse Sonderumstände berücksichtigen wollen. Bei den Beratungen des Bundesrats ist insbesondere darauf hingewiesen worden, daß ein Teil der Aktien in einem Familienbesitz geblieben sein könnte und daß deshalb nur die halbe Bewertung angebracht sei. Außerdem ist wichtig, daß diese Währungsabgabe vom Aktienbesitz eine Angleichung an die für den andern Kapitalmarkt und die übrigen Geschädigten vorgesehene Aufwertung herbeiführen soll. Wir können also nicht die hundertprozentige Belastung, sondern nur einen Mittelweg wählen, wenn wir gerecht sein wollen. Ob dieser Mittelsatz nun 50 oder 60 % sein müßte, ist eine Frage, die man rechnerisch nicht klären kann. Man muß eben eine Zahl greifen; deshalb ist dieser Vorschlag der Hälfte des Wertes vorgesehen worden. Ich glaube deshalb, daß der Beschluß der zweiten Lesung Bestand haben sollte, und ich bitte Sie, den Antrag des Herrn Kollegen Kuhlemann und seiner Freunde abzulehnen.
Zur Begründung des Antrags auf Umdruck Nr. 526 ({0}) hat Herr Abgeordneter Kunze das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben naturgemäß in der Zeit zwischen der 2. und 3. Lesung den Beschluß, über den jetzt diskutiert wird, sorgfältig geprüft. Wir sind dabei auf eine einzige Frage gestoßen, die uns von grundsätzlicher Bedeutung zu sein schien. Das ist die Tatsache, daß es nachweislich eine Reihe von Kapitalgesellschaften gibt, bei denen die Familie seit Generationen in größtem Umfang Eigentümer
({0})
der Anteile ist und daß darüber hinaus dennoch ein Teil der Anteile am freien Markt an der Börse gehandelt wird. Die Mehrheit meiner Freunde wird dem Antrag, es bei der Fassung der zweiten Lesung - also bei der von der Förderalistischen Union vorgeschlagenen und von der Mehrheit beschlossenen Belastung - zu belassen, zustim men. Wir bitten nur, diesem Ergänzungsantrag, der das Problem der Familiengesellschaft grundsätzlich anfaßt und lösen will, zuzustimmen.
Wünscht zunächst Herr Dr. Atzenroth, seinen Antrag auf Umdruck Nr. 527 zu begründen? - Offenbar nicht. Dann können wir in die gemeinsame Aussprache eintreten. - Herr Dr. Preusker?
({0})
- Ich habe vorhin gefragt, da war niemand hier. Sie wünschen den Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 544 zu begründen? - Bitte schön! Herr Abgeordneter Kuhlemann hat den Bleichlautenden Antrag schon begründet.
Meine Damen und Herren! Wenn ich im Namen einer Reihe von Kollegen noch einmal unseren Antrag der zweiten Lesung wieder aufgenommen habe, so sehen Sie schon aus der Formulierung, daß es uns in keiner Weise darum geht, etwa irgendwelche besonderen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, sondern wir möchten nur, daß etwas wirklich der allgemeinen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Notwendigkeit Entsprechendes geschieht.
Ich darf etwas zu den Argumenten sagen, wie sie namentlich vom Kollegen Bertram und auch von Herrn Seuffert vorgebracht worden sind. Es ist sicher nicht mein Anliegen, etwa zugunsten, sagen wir, großer Paketbesitzer zu sprechen, sondern das Anliegen, das uns in der zweiten Lesung bewegt hat, war im Grunde genommen, gerade den kleinen Aktiensparer gegenüber dem Spekulanten in einer ganz eindeutigen Weise abzugrenzen.
({0})
Wir möchten nicht, daß die Aktie in irgendeiner Form unter ein Sonderregime fällt, daß sie in besonderer Weise in den Verdacht einer Diskriminierung als Sparanlage gerät; sondern wir möchten gerade - das darf ich hier einmal aussprechen - auf längere Sicht gesehen, möglichst viele Angehörige der Belegschaften der einzelnen Unternehmen zu Kleinaktionären ihrer Unternehmen machen. Es ist unser letztes Ziel, daß sie hier Miteigentum erwerben können.
Aber was hier geschehen ist, ist doch offensichtlich eine Differenzierung zwischen solchen Aktien, die zufällig an einer Börse gehandelt werden - entweder im amtlichen Freiverkehr und solchen, entweder im amtlichen oder im Freiverkehr - und solchen, die an keiner Börse gehandelt werden. Bekanntlich ist der Ausschnitt der Aktien, die an den Börsen gehandelt werden, im Vergleich zu dem gesamten Aktienkapital der deutschen Wirtschaft gar nicht einmal allzu groß.
In dem Lastenausgleichsgesetz werden also schon innerhalb der Aktiengesellschaften selbst zwei ganz verschiedene Kategorien von Aktien geschaffen. Daß diese Differenzierung noch in gleicher Weise gegenüber den anderen Gesellschaftsformen - den G. m. b. H.' s oder anderen Formen - fortgesetzt wird, und zwar ohne einen besonderen ersichtlichen Grund, das sei nur dahingestellt.
Es ist schon gesagt worden, daß die Erhebung dieser Abgabe per 21. Juni 1948 einige Schwierigkeiten mit sich bringen und auch im ganzen ohne Zweifel nicht die Erträge ergeben wird, die vielleicht in der Öffentlichkeit erwartet werden. Denn per 21. Juni 1948 - darauf wies ich schon in der zweiten Beratung hin - waren die Aktienkurse außerordentlich niedrig. Was in der Offentlichkeit mit einem gewissen Recht - ich wäre der letzte, der das nicht zugesteht - Beunruhigung und Ärgernis ausgelöst hat, ist die Übersteigerung der Kursentwicklung in den vergangenen Jahren, insbesondere im letzten Jahr, als Folge der Koreakrise. Hier einen Riegel vorzuschieben und dem Spekulantentum einen Dämpfer aufzusetzen, scheint uns ein sehr notwendiges Anliegen zu sein.
Wenn Herr Kollege Seuffert gesagt hat, es sei doch sehr unwahrscheinlich, daß man aus der 'Einkommensteuer diesen Teil § 23 Abs. 1 Ziffer 1 b - Besteuerung von Spekulationsgeschäften - herausbrechen könne, so möchte ich hierzu sagen: Warum sollen wir es nicht doch versuchen! Denn dieses Aufkommen aus Spekulationen scheint uns nach seinem ganzen Charakter eines der ersten zu sein, auf das der Lastenausgleich einen Anspruch erheben kann. Es ist kein Einkommen, das wir als durch Leistung gerechtfertigt anerkennen können. Deshalb möchten wir es durchaus aus dem Einkommensteuergesetz herausnehmen und in den Lastenausgleich einbauen, um gleichzeitig deutlich eine Trennung zwischen dem echten Kapitalsparer und dem Spekulanten zu vollziehen.
Lassen Sie mich noch auf etwas Weiteres hinweisen, was meiner Ansicht nach eine große Gefahr bedeutet. Die CDU hat schon den Zusatzantrag für die Familiengesellschaften eingebracht, der insofern seinen Sinn hat, als sich dort eine echte Doppelbelastung kumulieren würde im Vergleich zu anderen Unternehmen, die ihr nicht unterliegen. Der Aktionär bekommt durch die Belastung der Aktiengesellschaften bestimmt für 30 Jahre nicht die Erträge, die er sonst bekommen würde. Wenn Sie aber innerhalb der deutschen vergesellschafteten Unternehmen eine Anhäufung von Beteiligungen haben, bei denen also die gleiche Wirkung einer zusätzlichen Belastung innerhalb der Gesellschaften eintreten würde, wie sie bei der Familiengesellschaft vorliegt, dann fördern Sie damit, ob Sie es wollen oder nicht, eine ganz gefährliche Tendenz: daß nämlich diese Gesellschaften auf einmal anfangen. sich zu einem riesengroßen Gebilde zu entwickeln, indem sie sich verschmelzen. Diese Gefahr einer weiteren Konzentration ist weder volkswirtschaftlich noch sozialpolitisch roch aus irgendeinem anderen Grund erwünscht. Das ist einer der weiteren Gründe, warum wir unseren Antrag wieder aufgenommen haben.
Um es noch einmal zu rekapitulieren: Wir haben es getan, weil wir einmal nicht die Differenzierung zwischen einem eventuell großen Aktienbesitzer in einer Gesellschaft, die nicht an der Börse notiert ist, und dem kleinen Aktiensparer, der nur Börsenpapiere kaufen kann, wünschen; weil wir zum Zweiten auch nicht wünschen, daß über die Tendenzen, die von diesem Antrag ausgehen müssen, in unserer Wirtschaft von neuem eine regelrechte Konzentrationswelle ausgelöst wird. Wir bieten dagegen die dauernde Bekämpfung des Spekulanten({1})
turns und die Einziehung der Erträge aus solchen Geschäften, falls sie eben doch weiterhin getätigt werden, zugunsten des Lastenausgleichs.
({2})
Die Anträge sind eingebracht und begründet. Zur Aussprache hat Herr Abgeordneter Loritz das Wort.
Loritz ({0}): Meine Damen und Herren! Dieser Paragraph ist eine der Kernbestimmungen des ganzen Gesetzes. Von der Annahme oder Ablehnung einer vernünftigen Regelung, die den Aktienbesitz hereinnimmt und zur Abgabe heranzieht, wird es weitgehend abhängen, was das Volk zu diesem Gesetz zu sagen hat. Ich kann nicht verstehen, wie hier von der Gegenseite, von den Regierungsparteien her
({1}) immer und immer wieder so getan wird, als handele es sich beim vorliegenden Gesetzentwurf um eine unerträgliche Belastung des Aktienbesitzes. Das ist keineswegs der Fall.
Herr Zwischenrufer, der Sie mir zurufen, ich verstünde das nicht: Ich habe vor ungefähr einer halben Stunde mit einem Ihrer Abgeordneten von rechts, von den Regierungsparteien, noch einmal darüber gesprochen. Er ist der Auffassung, daß für einen großen Teil der Aktien die Belastung, die entstehen würde, wenn Sie den vorliegenden Antrag auf Heranziehung der Aktien annähmen, jährlich rund 1 DM pro Aktie beträgt.
({2})
Ich habe auf Grund der Ziffern bezüglich ganz bestimmter Aktiengesellschaften aus allen Teilen Deutschlands - gut fundierten Unternehmungen, glänzend fundierten Unternehmungen und solchen, die starke Ausbombungsschäden erlitten haben, also durchaus ein Querschnitt durch die ganzen Aktien - ausgerechnet, daß bei dem weitaus größeren Teil der Aktien diese Belastung pro Jahr nicht etwa 1 DM betragen würde, sondern sogar noch erheblich weniger, nämlich rundherum um 50 Pf. und noch weniger pro Aktie.
Ich biete Ihnen an, meine Herren von den Regierungsparteien, setzen Sie sich doch zusammen, rechnen Sie es sich an Hand des Kurszettels bei den meisten Aktiengesellschaften selbst einmal aus! Ich bin gern bereit, bei dieser Besprechung mit Ihnen mitzurechnen.
({3})
- Da winken Sie ab, weil Sie von Demokratie keine Ahnung haben - Demokratie ist Diskussion! -, weil Sie nicht wollen, daß wir einmal mit dem Rechenstift für die einzelnen Aktiengesellschaften, vom Kurszettel vorn angefangen bis zum Schluß, genau
({4}) durchrechnen, was dabei an Belastung für diese Aktionäre herauskommt. Wenn Sie das nämlich wirklich durchrechneten, dann würden Sie bestätigt finden, was ich Ihnen eben sagte: Belastungen von 1 DM pro Jahr und sogar noch weit darunter gehend pro Aktie. Das ist so lächerlich gering,
({5})
daß man um diese Belastung eine Diskussion
({6})
eigentlich gar nicht hätte zu führen brauchen.
({7})
Ich habe schon zur zweiten Lesung ausgeführt, daß der Stichtag für die Bewertung der Aktien nicht etwa heute ist, sondern im Jahre 1948 liegt. Damals sind die Aktien - alle Aktien, nicht etwa bloß die meisten - auf einem Kurswert von 10 Mark, 15 Mark, 20 Mark höchstens gestanden. Das war schon das allerhöchste. Diese Kurse werden eingesetzt und nicht etwa die Summen, die die Aktien heute wert sind. Diese Aktien, die damals auf 15 und 17 DM standen, stehen heute auf 170 und auf 240 DM. Ich habe Ihnen dafür schon bei der zweiten Lesung Beispiele gesagt. Man könnte diese Beispiele noch weit vermehren.
({8})
Auch wenn Sie den Antrag der SPD annehmen, ist das noch gar nichts an Belastung, eine ganz geringfügige Belastung!)
({9})
Es ist sehr schade, daß keine große Fraktion meinen Antrag aufgegriffen hat, nämlich eine eigene Aktiensteuer für die Zwecke des Lastenausgleichs einzuführen,
({10})
eine Aktiensteuer, die die ungeheuren Mehrgewinne heranzieht, die von seiten der Großaktionäre bis heute gemacht worden sind. Um nur die Beispiele wieder zu nehmen, die ich Ihnen in der letzten Lesung vorgetragen habe:
({11})
Aktien von rund 17 DM Wert im Jahre 1948 sind
heute schon auf 170 oder 240 DM gesteigert. D i e
Gewinne gehörten erfaßt. Der Antrag der SPD zur
Erfassung der Aktien ist ein lächerlich kleiner Waisenknabenantrag, möchte ich ihn fast nennen,
({12})
gegenüber dem, das wirklich beantragt werden sollte und hätte beantragt werden können, wenn es Ihnen, meine Herren, wirklich darum zu tun gewesen wäre, die Großaktionäre wirksam heranzuziehen.
Zum Schluß noch zu einigen juristischen Einwänden - pseudojuristischen, sage ich!
({13}) Von seiten der Regierungskoalition wird immer und immer wieder der Einwand der Doppelbesteuerung erhoben. Doppelbesteuerung ist ja juristisch etwas ganz anderes; eine Doppelbesteuerung liegt hier überhaupt nicht vor. Es handelt sich hier um zwei völlig verschiedene Vermögensträger: auf der einen Seite die Aktiengesellschaft, die juristische Person der Aktiengesellschaft, deren Vermögen zum Lastenausgleich gemäß den Bestimmungen des Gesetzes herangezogen wird, und auf der anderen Seite um Einzelpersonen, die irgendwie eine Aktie im Besitz haben und die sie genau so versteuern müßten, als wenn sie ein anderes Wertpapier, eine Schuldverschreibung oder sonst etwas im Besitz hätten.
({14})
Meine Damen und Herren, wir sind gern bereit, -({15})
- Die Wähler der WAV!
({16})
({17})
Wir wären gern, bereit, bei einer Berücksichtigung des sogenannten Familienbesitzes mitzumachen durch Einfügung einer Härteklausel, wobei die Definition „Familienbesitz" aber nicht so weit ausgedehnt werden dürfte, daß man die entferntesten Verwandten und geschiedenen Ehefrauen und Urenkel noch heranzieht.
({18})
Nein, so geht das nicht. Man hätte dort, wo der Aktienbesitzer mit dem tatsächlichen Inhaber der betreffenden Aktiengesellschaft identisch ist, meinetwegen noch für dessen Ehefrau, für dessen allernächste Verwandte durchaus eine gewisse vernünftige Sonderregelung einbauen können. So aber, wie Sie es wollen, geht es nicht, daß Sie uns mit dem fadenscheinigen Einwand der Doppelbesteuerung entgegentreten,
({19})
wo es sich in den allermeisten der in Frage kommenden Fälle um keine Doppelbesteuerung handelt.
Meine Damen und Herren, dieser Paragraph ist mit das Kernstück bei dem ganzen Lastenausgleichsgesetz. Hier wird sich zeigen, wes Geistes Kind
({20})
Sie sind. Hier wird sich zeigen, ob Sie Kind eines christlichen Geistes sind oder Kind eines ganz anderen Geistes,
({21})
der eine Sonderregelung will zugunsten des großen Mammons, zugunsten des großen Geldsacks der Großaktionäre.
({22})
Herr Abgeordneter Loritz, Sie haben die Redezeit sehr reichlich in Anspruch genommen.
Loritz ({0}): Herr Präsident, da ich leider nur eine Redezeit von fünf Minuten habe, muß ich zu Ende kommen. Es wäre noch sehr viel zu sagen. Ich mache Ihnen nochmals den Vorschlag, vor dem Sie ausweichen, weil Sie ganz genau wissen, was Sie dabei zu befürchten haben: Rechnen wir doch bei jeder einzelnen von den Aktien, die Sie im Kurszettel irgendeiner großen Tageszeitung verzeichnet finden, genau nach, wie hoch die Belastung auf Grund des weitergehenden Antrags der SPD ist. Dann werden Sie sehen, daß lächerlich geringe Summen herauskommen, viel zu geringe Summen, die weitaus erhöht werden könnten, wenn Sie meinen Antrag auf Einführung einer eigenen Aktiensteuer zu Lasten der Großaktionäre und zugunsten des Lastenausgleichs irgendwie befolgt hätten.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Meine Damen und Herren! Daß wir an dem Stichtag des 21. Juni 1948 festhalten müssen, ergibt sich ja auch aus unserer gesamten Steuergesetzgebung. Die Höherbewertung der Aktien findet automatisch ihren Niederschlag in der Wertfortschreibung; sie werden entsprechend höher zur Vermögensteuer herangezogen, bei Veräußerungsgewinnen entsprechend zur Einkommenoder zur Körperschaftsteuer. Ebenso werden natürlich Verluste in den folgenden Jahren ausgeglichen werden. Wir können ja nicht ganz willkürliche Zeiträume zugrunde legen.
Wenn darauf hingewiesen worden ist, daß bei einem entsprechenden Beschluß eine Konzentrationsbewegung zu befürchten sei, so ist das ein Irrtum. Nach § 60 des Reichsbewertungsgesetzes gilt das sogenannte Schachtelprivileg. Derartige im Besitz einer anderen Aktiengesellschaft befindliche Kapitalbeträge bleiben bei der Bewertung außer Ansatz.
Die als Ersatz angebotene Spekulationssteuer ist eine Steuer, die in den statistischen Anschreibungen der Bundesfinanzverwaltung und der Länderfinanzverwaltungen keine eigene Rubrik hat. Ich habe mich bemüht festzustellen, was bei dieser Steuer aufkommt. Es ist nicht möglich, das festzustellen. Es mögen vielleicht 100 000 DM im Jahre sein. Das liegt einfach daran, daß diese sogenannte Spekulationssteuer des § 23 des Einkommensteuergesetzes nur diejenigen Spekulationsgewinne erfaßt, die nicht im gewerblichen Betrieb gemacht worden sind. Nach Abs. 3 des § 23 sind nämlich Spekulationsgeschäfte dann nicht anzunehmen, wenn Wirtschaftsgüter veräußert werden, deren Wert bei Einkünften nach § 2 Abs. 3 Ziffern 1 bis 6 des Einkommensteuergesetzes anzusetzen ist. Daraus ergibt sich, daß nur die wenigen Fälle von Spekulationsgewinnen zu erfassen sind, bei denen es sich nicht um gewerbliches Vermögen handelt. Das sind so geringe Beträge, daß sie nicht einmal eine eigene Buchführung erhalten. Deshalb kann ich nicht einmal feststellen, wie hoch dieser Betrag ist.
Im übrigen werden sie zur Zeit schon besteuert. Diese Steuern fließen den Ländern zu. Es würde sich also doch nur um eine reine Verlagerung eines ganz unwichtigen Betrages von den Ländern auf die Bundeskasse handeln.
Der Antrag der CDU/CSU, die sogenannte Familiengesellschaft mit einzubeziehen, betrifft eine Frage, die meiner Ansicht nach durch den vorgeschlagenen Gesetzestext bereits gelöst ist, durch den Zusatzantrag aber eine in zwei Richtungen sehr gefährliche Ausweitung erhält. Einmal juristisch. Der Begriff der Familiengesellschaft ist nirgendwo definiert. Der Begriff der Familie aus dem Einkommensteuerrecht paßt hier offenbar nicht. Denn da sind nur der Steuerpflichtige selbst, seine Ehefrau, seine Kinder bis zu 18 Jahren - uneheliche Kinder im Verhältnis zur Mutter im übrigen auch - und die Pflegekinder gemeint. Offenbar ist nicht dieser Begriff der Familie gemeint. Aber man kann auch nicht von einem Familienbegriff in der Art ausgehen, daß beispielsweise gleiche Namenseigenschaften maßgebend sein sollen. Ein anderes Kriterium könnte der Gründer und seine Erben sein. Aber da müßte man überlegen, ob das bis in die erste, zweite oder dritte Generation gehen soll. Dabei ist auch nicht klar, wie hoch der Prozentsatz der Beteiligung sein soll. Kann man von einer Familiengesellschaft sprechen, wenn eine Beteiligung von 90 %, von 50 % oder von 25 % vorliegt? Diese Erwägungen führen dazu, festzustellen, daß die vorgeschlagene Formulierung nicht das Ausmaß der vorgesehenen Rechtsverordnung ausfüllt. Es ist aber notwendig, daß in einer solchen Ermächtigung zu einer Rechtsverordnung das genaue Ausmaß festgelegt wird. Das ergibt sich aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Da durch den Antrag der CDU/CSU dieses Ausmaß nicht umrissen wird, ist der Antrag an sich grundgesetzwidrig.
({0})
Es kommt noch hinzu, daß dieser Antrag wirtschaftlich in der vorgesehenen Form nicht berechtigt ist. Der Antrag will doch offenbar solche sogenannten Familiengesellschaften, deren Aktien an der Börse gehandelt werden, befreien. Ist das der Sinn und ist dieser Grund stichhaltig? Die Ausnahme, die bisher gemacht worden ist, die Ausnahme der völligen Befreiung der echten Familiengesellschaften, deren Papiere keinen Kurswert haben, die nicht im Handel sind, liegt doch darin, daß in derartigen Fällen diese Papiere keinen Wertpapiercharakter tragen. Sie sind nur beschränkt umsatzfähig, beschränkt beleihungsfähig und nur beschränkt bewertungsfähig. Man kann aus ihnen deshalb nicht zu einem bestimmten Kurs Geld machen. Das ist der Grund der Ausnahme des zweiten Halbsatzes. Das ist auch der innere Grund dafür, daß eine Familiengesellschaft befreit werden soll. Der Grund ist, daß im Rahmen einer Familiengesellschaft noch ein unmittelbares, echtes Herrschaftsverhältnis des Aktionärs und nicht nur ein Verhältnis besteht, wie es ein Wertpapierbesitzer zu seinen Wertpapieren hat. Unter diesen Umständen ist die Ausdehnung der Befreiungsmöglichkeiten auf solche Gesellschaften, die keinen echten Familiencharakter mehr haben, deren Aktienbesitz Wertpapiercharakter hat, auch innerlich nicht begründet.
Wir sehen uns deshalb - das erkläre ich namens meiner Fraktion - zu unserem Bedauern nicht in der Lage, diesem Antrag der CDU/CSU-Fraktion die Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen ) und Herren! Wir wollen doch zunächst einmal endlich aufhören, davon zu sprechen, daß die Aktie dadurch diskriminiert werde, daß man sie wie ein Siedlungshäuschen oder einen sonstigen Besitz der Lastenausgleichsabgabe unterwerfe. Diese Gleichstellung mit dem Siedlungshäuschen ist doch weiß Gott keine Diskriminierung der Aktie.
({0})
- Ich wollte gerade darauf zu sprechen kommen, Herr Kollege Dr. Preusker. Sie haben sich darüber beschwert, daß wir nur die an der Börse notierten Aktien und nicht auch noch andere Aktien oder Kapitalanteile zur Abgabe heranziehen. Herr Kollege Dr. Preusker, wenn wir heute noch viele Pausen haben, können wir uns vielleicht einmal darüber verständigen, ob wir da eine gemeinsame Mehrheit finden. Wir finden das durchaus nicht unveranlaßt, obwohl wir unseren Antrag aus Zweckmäßigkeitsgründen, nämlich wegen der leichteren Erhebung der Abgabe, wegen der leichteren Bewertungsmöglichkeit und auch deswegen beschränkt haben, weil in der Tat eine Aktie oder ein Kapitalanteil, der an der Börse gehandelt wird, eine ganz andere Art von liquidem Vermögen darstellt und viel weniger eine direkte Beziehung zum Unternehmen hat als andere derartige Papiere. Aber, wie gesagt, Herr Preusker, es wird vielleicht noch einige Pausen geben, und wir können uns dann über den Fall unterhalten.
Zu dem, was Sie als Gegengabe anbieten, Herr Dr. Preusker, zu der Spekulationsbesteuerung, hat, glaube ich, der Herr Kollege Dr. Bertram schon das Notwendige gesagt. Es ist in der Tat so, daß die von Ihnen angezogene Bestimmung des Einkommensteuergesetzes eben nicht die Kursgewinne
und Spekulationsgewinne von Leuten trifft, die
sich von Berufs und Betriebs wegen mit
Wertpapiergeschäften befassen, wie Banken,
Makler usw. Sie trifft auch nicht den wirklich großen Spekulanten, der Spekulationen auf
lange Sicht macht und z. B. die Ein-Jahresfrist
aushält. Was da übrig bleibt, ist wirklich verschwindend wenig. Sie können es nicht der Einkommensteuer der Länder aus den Zähnen ziehen.
({1})
- Natürlich ist es ein Teil der Einkommensteuer. Außerdem ist zu sagen, daß die Besteuerung von Kursgewinnen nun wirklich eine Auswirkung auf den Kapitalmarkt und auf die Börse hat, die sehr zu überlegen ist.
Was den Antrag auf Umdruck Nr. 526 ({2}) anlangt, so muß ich Sie nun allerdings mit dem Kollegen Dr. Preusker bitten, diesen Antrag abzulehnen, weil er geradezu widersinnige Zustände schaffen würde. Ich sehe davon ab, daß hier von Familiengesellschaften und von Eigentum der Familie gesprochen ist, ohne daß man recht weiß, was damit eigentlich gemeint sein soll. Es wäre schon sehr interessant, was eine Rechtsverordnung da noch definieren müßte. Auf der anderen Seite ist hier gesagt, daß bei solchen Gesellschaften, deren Aktien an der Börse gehandelt werden, der Teil, der sich in geschlossenem Familienbesitz befindet, nicht abgabepflichtig sein soll. Dagegen sollen die Aktien der Kleinaktionäre abgabepflichtig sein. Im allgemeinen nimmt man in solchen Fällen zu dem Börsenkurs oder sonstigen Wert der Aktien bei der Bewertung noch einen sogenannten Paketzuschlag, weil 60 % des Aktienbesitzes ja nicht einfach sechzigmal mehr wert sind als 1 %, sondern weil da noch der Einfluß auf die Politik des Unternehmens hinzukommt, den ein solcher geschlossener Besitz gibt. Wenn Sie beantragt hätten, den Paketzuschlag bei der Bewertung außer acht zu lassen, hätte man darüber vielleicht noch reden können. Nun aber zu sagen, daß der Paketbesitz, der in Wirklichkeit - das weiß jedermann - mehr wert ist als der zersplitterte Besitz, nicht abgabepflichtig sein soll, der andere, der zersplitterte Besitz jedoch abgabepflichtig sein soll, das ist denn doch, glaube ich, ein geradezu absurdes Ergebnis.
Wir sind zwar nicht, wie der Herr Kollege Loritz, der Ansicht, daß man durch eine Spekulationssteuer wesentlich mehr als durch unseren Antrag, die Besitzer von Aktien abgabepflichtig zu machen, herausholen könnte. Wir sind aber mit ihm und, ich glaube, mit jedem, der die Verhältnisse kennt, durchaus der Ansicht, daß das, was den Aktienbesitzern, die diesen Teil von Sachwert über die Währungsreform am 21. 6. 1948 herübergerettet haben, als Abgabe nach dem Vermögensteuerwert des Jahres 1948 auferlegt werden soll, tatsächlich einen verschwindenden Bruchteil desjenigen Wertes erfaßt, der in diesen Aktien wirklich steckt.
Deswegen bitten wir Sie nochmals, unserem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben bereits bei der zweiten Lesung mit - wenigstens von Ihrem Standpunkt aus - absolut verständlicher Leidenschaft versucht, zu verhindern, daß die Besitzer von
({0})
Aktien für den Lastenausgleich mit herangezogen werden. Der Herr Kollege Kunze war heute früh so liebenswürdig und sagte, daß dieses Gesetz nach der Abgabenseite hin die Grenze des Erträglichen bereits erreicht habe und darüber hinaus weitere Abgaben nicht mehr durchgeführt werden könnten. Wir haben bei der zweiten Lesung bereits beantragt, den Abs. 4 des § 19 zu streichen, nach dem die Aktien und die Kuxe, also die Bergwerksaktien, von der Belastung für den Lastenausgleich freibleiben sollten. Wir haben darauf hingewiesen, daß dieses Verlangen absolut unverständlich ist angesichts der Tatsache, daß gewaltige Mittel für den Lastenausgleich aufgebracht werden müssen und daß gerade hier bei den Aktien und Kuxen die Möglichkeit besteht, an Währungsgewinne heranzukommen; denn es ist unbestritten, daß die Aktien und die Kuxe die Währung sehr gesund überstanden haben. Man soll dabei nicht verkennen, daß beispielsweise sehr ernst zu nehmende Wirtschaftszeitungen, die sich noch in der letzten Zeit mit diesen Themen beschäftigt haben, die immerhin sehr nennenswerte Feststellung getroffen haben, daß der Umstellungsgewinn der Aktienbesitzer insgesamt ca. 9 1/2 Milliarden betragen hat.
Wir haben gestern hier in diesem Hause Zahlen über die Gesamthöhe der Leistungen gehört, die nach diesem Gesetz für die Hausratentschädigung, die Hauptentschädigung und die Eingliederungshilfe aufgebracht werden müssen. Die Erfassung dieser Währungsgewinne der Aktienbesitzer, die 91/2 Milliarden betragen, würde also ausreichen, um alle diese Ansprüche ausreichend zu befriedigen. Die Gewinne, die die Aktionäre gemacht haben, erstrecken sich ja nicht nur auf die Währungsumstellungsgewinne, sondern ganz zwangsläufig in gleicher Weise auf die Kursgewinne. Der Kursindex - und ich beziehe mich hier ebenfalls auf maßgebliche Wirtschaftszeitungen - ist seit dem Währungsstichtag im Durchschnitt um ca. 400 % gestiegen, eine Steigerung, die gerade bei der Rüstungsindustrie oder denen, die hoffen, mit Rüstungsaufträgen bedacht zu werden, noch um ein Entscheidendes höher liegt. Man kann nicht einfach sagen, daß das Spekulationsgewinne seien. Vielmehr sind das tatsächlich vorhandene Gewinne der Aktiengesellschaften, die sich auch in den ungeheuren Investitionen ausdrücken, die von diesen Aktiengesellschaften in ihren Werken durchgeführt worden sind. Die Kurssteigerungen sind also ein tatsächlicher Vermögenszuwachs, der viele Milliarden beträgt und der nach unserer Auffassung für den Lastenausgleich mit herangezogen werden sollte.
Aber, meine Damen und Herren, die Reaktion auf die zweite Lesung des Lastenausgleichsgesetzes und auf die Annahme des Antrags, die Aktien zur Hälfte mit für den Lastenausgleich heranzuziehen, war mehr als interessant. Der „Industriekurier", der heute schon einmal zitiert worden ist, bringt unter der Überschrift „Wie wollen Sie das vertreten?" ein kleines Lügenmanöver, indem er bei seiner Betrachtungsweise bewußt die Besitzer der großen Aktienpakete ignoriert und dem Volk draußen erzählen will, daß es sich hierbei zum überwiegenden Teil, zu ca. 80 %, um die Heranziehung der Kleinaktionäre handele. Er bringt dann zum Schluß - wir lesen das sehr oft, Josef Goebbels würde vor Neid erblassen ({1})
die herrliche Formulierung, daß die Aktien, wenn
sie nicht aus der Erfassung herausgenommen würden, den Weg des Staatssozialismus östlicher Observanz gingen. Nun, meine Damen und Herren, nichts ist zu dumm und zu dämlich, als daß es nicht von Unternehmerzeitungen in derartiger Form ausgenutzt wird.
({2})
- Beruhigen Sie sich! Solche Pressereptilien wie der „Industriekurier" dürften in einer wirklichen Demokratie, wie Sie sie vertreten wollen, keinen Platz mehr haben.
({3})
Nehmen Sie etwas anderes. Ich verweise hier auf einen Satz in der zweiten Lesung und zitiere aus dem amtlichen Stenogramm. Dort wird beispielsweise auf die gewaltige Verdienstchance hingewiesen, und man stellt dort fest, daß die Familie Haniel 60 % der Aktien der Gutehoffnungshütte in Händen hat, die ein Paket im Nominalwert von 36 Millionen DM in der Hand hat, praktisch aber nicht von 36 Millionen, sondern doch von 600 oder 700 Millionen DM.
Ich glaube, im Zusammenhang mit dieser Betrachtung soll man den Antrag der CDU-Fraktion auf Umdruck Nr. 526 ({4}) sehen und ebenso einen Artikel in der „Stuttgarter Zeitung", der unter der Überschrift „Kalte Sozialisierung" errechnet, daß die Inanspruchnahme der Aktien in Familienbesitz ebenfalls zu einer Enteignung östlicher Observanz führen würde. Meine Damen und Herren, wir sagen Ihnen in aller Deutlichkeit: Wenn Sie den Beschluß der zweiten Lesung revidieren und den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion ablehnen, werden Ihnen die Anspruchsberechtigten, die auf bescheidene Ansprüche aus diesem Lastenausgleich hoffen, sehr, sehr dankbar sein! Sie zeigen damit Ihr wahres Gesicht, nämlich 'die Absicht, die Reichen, die Aktienbesitzer und die Währungsgewinnler aus dem Lastenausgleich herauszulassen und - wie Sie es vorhin durch Ihre Abstimmung bewiesen hab en - diejenigen Kreise mit heranzuziehen, die zum Teil Ansprüche an den Lastenausgleich haben, ihre Ansprüche aber nun selbst bezahlen müssen.
({5})
Wir stimmen deshalb für den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion.
({6})
Meine Damen und Herren, ich bin gebeten worden, bekanntzugeben, daß die FDP um 14 Uhr 30 Fraktionssitzung hat.
({0}) - Die CDU-Fraktion auch.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich noch einmal hier erscheine. Aber ich möchte bei einem Punkt kein Mißverständnis bestehen lassen. Ich bin mit dem Kollegen Dr. Bertram der Ansicht: bereits die Fassung des Beschlusses der zweiten Lesung bedeutet, daß alle in Frage kommenden Aktien, also einschließlich der Sonderkategorien wie IG-Farben-Aktien, Montan-Aktien, Giro-Sammelstücke usw. der Abgabe unterliegen. Wir hätten nur gewünscht, dies noch klarer ausgedrückt zu finden. Dazu soll die Fassung unseres Antrags dienen, obwohl ich, wie gesagt, feststellen möchte, daß auch nach unserer Ansicht diese Kategorien durch die Beschlüsse der zweiten Lesung erfaßt sind.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung. Wir kommen zur Abstimmung.
({0})
- Zur Abstimmung der Abgeordnete Loritz!
Loritz ({1}): Ich glaube, Herr Präsident, es ist noch kein Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt.
Es ist mir keiner bekannt.
Loritz ({0}): Ich bitte also, den Antrag auf namentliche Abstimmung stellen zu dürfen. Ich weiß, daß ich dazu der Unterstützung von 49 anderen Abgeordneten bedarf. Ich bitte irgendwelche Fraktionen dieses Hauses und Sie alle, meine Damen und Herren, diesen Antrag mit zu unterstützen, damit namentliche Abstimmung erfolgen kann.
({1})
Wird dieser Antrag unterstützt? - Es sind offensichtlich mehr als 50 Abgeordnete des Hauses bereit, diesen Antrag zu unterstützen.
({0})
- Sie haben recht, die Frage zu stellen. Herr Abgeordneter Loritz, Sie haben versäumt, zu sagen
- und ich habe versäumt, Sie darauf hinzuweisen -, über welchen Antrag namentlich abgestimmt werden soll.
Loritz ({1}): Ich spreche jetzt vom Antrag der SPD.
Das ist der Antrag auf Umdruck Nr. 518. Dabei erhebt sich die Frage, meine Damen und Herren, ob wir noch vor der Pause um 13 Uhr abstimmen sollen.
({0})
Dann lasse ich zunächst abstimmen über den Antrag Dr. Atzenroth auf Umdruck Nr. 528, der zu § 19 Nr. 1 Buchstabe c gestellt ist. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die große Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr lasse ich abstimmen über den Antrag zu § 19 Nr. 2, Umdruck Nr. 544 Ziffer 1, und den Antrag auf Umdruck Nr. 546. Beide Anträge sind j a gleichlautend. Sie gehen dahin, die Ausschußfassung wiederherzustellen. Wer für diese Anträge ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist ohne Frage die große Mehrheit; die Anträge sind abgelehnt.
Jetzt kommen wir zu dem Antrag, bezüglich dessen namentliche Abstimmung beantragt ist. Das ist der Antrag Umdruck Nr. 518 Ziffer 2. Ich bitte die Herren Schriftführer, sich der Urnen zu bemächtigen und die Stimmzettel einzusammeln.
({1})
Hat ein Mitglied des Hauses, das sich an der Abstimmung beteiligen will, seine Stimme noch nicht abgegeben? - Alle Stimmzettel sind abgegeben. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({2})
Haben alle Mitglieder des Hauses ihre Stimme abgegeben? Die Auszählung ist gleich beendet. - Die Abstimmung ist geschlossen. -
Meine Damen und Herren, das vorläufige Ergebnis der Abstimmung*): Abgegebene Stimmen insgesamt 344. Mit Ja haben gestimmt 141, mit Nein 199; 4 Mitglieder des Hauses haben sich der Stimme enthalten. Von den Berliner Abgeordneten haben sich 15 an der Abstimmung beteiligt. Mit Ja haben gestimmt 8, mit Nein 7. Damit ist der Antrag Umdruck Nr. 518 Ziffer 2 abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über den Antrag Umdruck Nr. 526 ({3}) zu § 19 Nr. 2. Wer für den Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Darf ich bitten, die Abstimmung zu wiederholen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Es besteht keine Einigkeit im amtierenden Präsidium; wir müssen durch Hammelsprung entscheiden. Meine Damen und Herren, ich bitte, den Saal zu räumen.
({4})
Ich bitte, die Türen zu schließen. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({5})
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung ist: Mit Ja haben gestimmt 170 Mitglieder des Hauses, mit Nein 144, 8 haben sich der Stimme enthalten. Der Antrag Umdruck Nr. 526 ({6}) ist damit angenommen.
Ich lasse über den Antrag Umdruck Nr. 527 zu § 19 Nr. 3 abstimmen. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
({7})
- Zur Abstimmung hat der Herr Abgeordnete Dr. Atzenroth das Wort.
Ich bitte, meinen Antrag dahin ändern zu dürfen, daß das Wort „offensichtlich" in der dritten Zeile gestrichen wird.
({0})
Umdruck Nr. 527. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr über § 19 in der Fassung ab, die er durch die Abstimmungen über die Änderungsanträge erhalten hat. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; § 19 ist in der beschlossenen Fassung angenommen.
Meine Damen und Herren, wir lassen jetzt die Pause eintreten. Da wir über die vorgesehene Zeit hinaus verhandelt haben, schlage ich vor, daß wir um 15 Uhr 20 Minuten wieder beginnen.
({0})
Die Sitzung wird um 15 Uhr 23 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren! Wir fahren in der Sitzung fort.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9345.
({0})
Verabredungsgemäß wollen wir zunächst die
Punkte 2 und 3 der Tagesordnung erledigen. Ich
rufe zunächst Punkt 2 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/ DPB eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfügung eines Art. 120 a in das Grundgesetz ({1}); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({2}) ({3}).
({4})
Wir treten zunächst in die zweite Beratung ein. Ich erteile das Wort dein Abgeordneten Dr. Wahl als Berichterstatter.
Dr. Wahl ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksache Nr. 3360 befaßt sich mit der Verfassungsänderung zur Ermöglichung einer bundeseinheitlichen Lastenausgleichsverwaltung, wie sie in dem Lastenausgleichsgesetz vorgesehen ist. Der Gesetzentwurf geht auf einen Initiativantrag der Koalitionsparteien zurück - Drucksache Nr. 3334 - und wiederholt einen von den gleichen Antragstellern mit Drucksache Nr. 2830 gestellten Antrag, der vom Hohen Haus in der Sitzung vom 13. 12. 1951 mit verfassungändernder Mehrheit angenommen und dann vom Bundesrat mit der Begründung abgelehnt worden ist, daß - ich zitiere wörtlich -zur Zeit eine Änderung des Grundgesetzes nicht erforderlich sei, weil die Gestaltung des Lastenausgleichs sich noch nicht übersehen lasse". Die Antragsteller hoffen, daß nunmehr - mit der Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes durch den Bundestag - der vom Bundesrat angeführte
Ablehnungsgrund entfällt und auch im Bundesrat die erforderliche Mehrheit für die Annahme des Antrags gefunden werden kann.
Hier im Plenum hat seinerzeit der verehrte Herr Kollege Onnen namens des Rechtsausschusses über die erste Vorlage dieses Inhalts berichtet. Ich beziehe mich auf diesen Bericht, um mich kurz fassen zu können. Als jetzt die Neuauflage des Antrags im Rechtsausschuß eingehend beraten wurde, setzte sich die Auffassung durch, daß das auf dem Gebiete der Lastenausgleichsverwaltung zu schaffende und von den Beschränkungen des Grundgesetzes freigestellfe unmittelbare Weisungsrecht des Bundes nicht einer Mittelbehörde, sondern nur einer Bundesoberbehörde, nämlich dem Bundesausgleichsamt, übertragen werden könne. Dementsprechend ist durch die Streichung der Worte „oder Mittelbehörden" die Vorlage verändert.
Die Erörterungen im Rechtsausschuß, an denen Mitglieder des Lastenausgleichsausschusses teilnahmen, drehten sich vorwiegend um die Frage, ob die Weisungen der Bundesoberbehörde an die Länderministerien ergehen müßten oder unmittelbar an die Landesbehörden gerichtet werden dürften. In der Tat hat die Lastenausgleichsverwaltung viele Berührungspunkte mit der allgemeinen Landesverwaltung, und es hat einen guten Sinn, daß auch die Ministerien über diese Weisungen unterrichtet werden. Man glaubte aber überwiegend, daß diese Unterrichtung der Ministerien auch auf andere Weise sichergestellt werden könne und daß durch die Beteiligung der Länder an den Kontrollausschüssen, die im Lastenausgleichsgesetz vorgesehen sind, schon vor dem Erlaß der Bundesanordnungen die Gesichtspunkte der Länder genügend zu Gehör kommen könnten. Im Rahmen der Auftragsverwaltung des Grundgesetzes steht den Landesregierungen nach Art. 85 des Grundgesetzes ein Recht zur Kritik gegenüber den Weisungen des Bundes sowieso nicht zu.
Ich bitte Sie deshalb namens der überwiegenden Mehrheit des Rechtsausschusses, der Vorlage zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache.
Zur Begründung des Änderungsantrags Umdruck Nr. 554 erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Kleindinst.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben Bedenken, das Weisungsrecht an die unteren Behörden allgemein richten zu lassen, und zwar lediglich deshalb, weil hier eine Sonderbehörde errichtet wird, und weil die Gefahr besteht, daß diese Weisungen, wenn sie an die Mittel- und Unterbehörden gehen, nicht mit den übrigen Verwaltungsaufgaben koordiniert werden. Das ist der einzige Grund dafür, daß wir den Änderungsantrag gestellt haben. Es besteht eine gewisse Gefahr, daß die Kommandoverwaltung sich auch neu durch das Mittel der Weisungsrechte einrichtet, was wir unter allen Umständen verhindern möchten. Es kommt nicht darauf an, daß sich in dem Kontrollrat auch Vertreter der Sonderbehörden der Länder befinden, weil sie nur aus den Erfahrungen und Gesichtspunkten der Sonderverwaltung tätig sein werden. Der Oberblick über die Gesamtaufgaben der inneren Verwaltung muß unter allen Umständen gewahrt bleiben. Das ist der einzige sachliche und verwaltungspolitische Grund dafür, daß wir diesen Änderungsantrag gestellt haben.
Weitere Wortmeldungen. Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von den Kollegen soeben gemachte Vorschlag und begründete Antrag ist im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht bereits eingehend beraten worden. Wir haben darauf hingewiesen, daß die Landesfeststellungsämter, an die nach der jetzigen Konzeption des Vorschlags des Rechtsausschusses die Weisungen gerichtet werden von den Länderregierungen - d. h. von den Kabinetten der einzelnen Länder -, dahin gesetzt werden, wo die Länderregierungen es wollen. Sie sind samt und sonders in einem Ministerium des betreffenden Landes, so daß der Leiter dieser Landesbehörde der jeweils von der Landesregierung bestimmte Ressortminister ist, und als dessen Vertreter der zuständige Referent ebenfalls von den Länderregierungen bestimmt wird. Damit ist doch eine absolute Sicherung dafür gegeben, daß der betreffende Minister jede Möglichkeit hat, sich die Weisungen - die er auch nach dem Antrag, der eben gestellt wurde, an die unteren Behörden weiterzuleiten hat - generaliter oder specialiter vorlegen zu lassen. Es ist also wirklich ein reiner Formalismus, dem man hier huldigen will, und die Mehrheit des Rechtsausschusses und der Ausschuß für den Lastenausgleich - letzterer einstimmig - waren der Auffassung, daß wir das, was wir nach dem Soforthilfegesetz gegenwärtig im dritten Jahr praktizieren, auch für das große Gesetz weiter und endgültig haben wollen. Dazu brauchen wir eine verfassungsrechtliche Grundlage,
({0})
die wir gegenwärtig nicht haben. Es erschien uns und auch der überwältigenden Mehrheit des Bundesrats untragbar, ein Gesetz zu verabschieden, dessen verfassungsrechtliche Grundlagen nicht gegeben sind. Darum bitte ich, dem Antrag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ohne Änderung zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Vorlage bezweckt, die Grundlage für diejenige Verwaltungsform des Lastenausgleichs zu schaffen, die nach den Erfahrungen der Soforthilfe und nach den sachlichen Notwendigkeiten, wie sie sich auf Grund des Gesetzes für uns darstellen, notwendig ist. Der Antrag der Kollegen Kleindinst und Genossen trägt diesen Erfahrungen nicht Rechnung; wir lehnen ihn deswegen ab.
Die Vorlage erfordert eine verfassungändernde Mehrheit. Eine verfassungändernde Mehrheit kann in diesem Hause ohne die Opposition nicht zustande kommen. Es wäre sicher der Sozialdemokratie ein leichtes, diese Sperrmehrheit, die sie besitzt, gegen ein Gesetz, gegen das sie sehr erhebliche Einwendungen hat und das sie als völlig unbefriedigend bezeichnen muß, anzuwenden. Wir werden das nicht tun. Wir werden der Verfassungsänderung zustimmen, und wir bitten Sie, .das als einen Beweis dafür anzusehen, daß wir uns auch in diesem Punkt wie in allen unseren Anträgen und Entschließungen nur von rein sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf Art. 1. Zunächst Änderungsantrag Umdruck Nr. 554. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. ({0})
Das ist der Antrag Dr. Kleindinst, nicht der Antrag des Ausschusses. - Gegenprobe! - Das ist die überwiegende Mehrheit; dieser Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über Art. 1. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Art. 2, - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu heben.
- Gegenprobe!
({1})
- Gegen einige wenige Stimmen angenommen. Ich stelle fest, daß einige Mitglieder des Hauses sich der Stimme enthalten haben. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir treten ein in die Einzelaussprache. Ich rufe auf Art. 1, - Art. 2, - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen einige wenige Stimmen bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Die Schlußabstimmung müssen wir im Wege des Hammelsprungs durchführen.
({2})
Ich bitte, die Türen zu schließen. - Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen. ({3})
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung ist: mit Ja haben gestimmt 303 Mitglieder des Hauses, mit Nein 18, der Stimme enthalten haben sich 21 Mitglieder des Deutschen Bundestages. Damit ist die nach Art. 79 des Grundgesetzes erforderliche Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestags erfolgt. Zwei Drittel der Mitglieder des Bundestags gibt die Zahl von 268. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/ DPB, FU ({4}) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz ({5}) ({6});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich ({7}) ({8}).
({9})
Ich erteile das Wort zur Berichterstattung der Frau Abgeordneten Krahnstöver.
Frau Krahnstöver ({10}), Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Lastenausgleichsausschuß hat sich in seiner Sitzung am 13. Mai mit dem ihm vom Bundestag überwiesenen interfraktionellen Antrag Drucksache Nr. 3330 beschäftigt. Es handelt sich dabei um den Entwurf eines. Gesetzes über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz. Dieses Gesetz ist notwendig, damit die Bezieher von Unterhaltshilfe aus dem Lastenausgleich die Teuerungszulagen auch dann bekommen, wenn das Lastenausgleichsgesetz in Kraft tritt. Soweit diese Bezieher Soforthilfeempfänger sind, bekommen sie die Teuerungszulagen heute aus der Soforthilfe, und zwar in folgender Höhe: für den Berechtigten 15 DM monatlich, für den Ehegatten, Pflegepersonen oder Kinder 7,50 DM monatlich und Vollwaisen 10 DM monatlich.
Der Antrag des Ausschusses lautet, dem Gesetzentwurf unverändert nach der Vorlage zuzustimmen. Ich darf das Haus bitten, diesem Antrage zu entsprechen.
({11})
Ich danke der Frau Berichterstatterin.
Ich rufe auf § 1, - § 2,-§ 3, - § 4, - § 5,§ 6, - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesfinanzminister.
Meine Damen und Herren! Pflichtgemäß bin ich aus diesem Anlaß gezwungen, Ihnen einen Überblick über die Haushaltslage des Bundes zu geben. Ich werde in den nächsten Tagen aus Anlaß der Beratungen im Vermittlungsausschuß den zweiten Nachtrag zum Haushalt 1952/53 vorzulegen haben.
({0}) Dieser Haushalt wird voraussichtlich überhaupt nur mit dem Vorbehalt vorgelegt werden können, daß das Kabinett die zur Abgleichung dieses Haushalts erforderlichen Maßnahmen, die der Finanzminister noch vorschlagen wird, billigt. In der heutigen Fassung schließt der ordentliche Haushalt des Jahres 1952/53 unter der Voraussetzung, daß der Bundesanteil an Einkommen- und Körperschaftsteuer mit 40 %
({1})
die Billigung sämtlicher Körperschaften findet, immer noch mit einem Fehlbetrag von über 400 Millionen DM ab. Daneben steht ein außerordentlicher Haushalt mit ungedeckten rund 800 Millionen DM.
({2})
Durch § 4 des vorliegenden Gesetzentwurfs würden die Schwierigkeiten, die Abgleichung des Haushalts zu finden, noch gesteigert werden, weil sich dadurch im ordentlichen Haushalt ein Fehlbetrag von 500 Millionen DM ergibt.
Ich will das Hohe Haus nur auf diese Situation aufmerksam machen, weil das zur Folge haben wird, daß die Maßnahmen zur Abgleichung des Haushalts noch schärfer durchgeführt werden müssen, als es bisher schon beabsichtigt ist.
({3})
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kämpfen seit Tagen in diesem Hause und bei diesem Gesetz um die Frage der Belastung der öffentlichen Hand durch den Lastenausgleich. Wir haben - ich habe das bei der zweiten Beratung klargelegt - gewisse Leistungen der öffentlichen Hand, die wir insgesamt auf etwa 700 Millionen DM jährlich beziffern müssen, niemals in Frage gezogen. Dazu gehören auch die Teuerungszulagen. Wir kämpfen um andere Belastungen der öffentlichen Hand - sprich: des Steuerzahlers - in Höhe von 500 Millionen DM und noch einmal 400 Millionen DM im Jahr. Wir haben immer, genau so wie der Herr Bundesfinanzminister von diesem Pult aus das oft getan hat, die Forderung aufgestellt, daß die öffentlichen Haushalte in Bund, Ländern und Gemeinden als eine Einheit betrachtet werden und daß ihre Interessen gemeinsam festgestellt und befriedigt werden. Ich frage mich: wo war denn der Herr Bundesfinanzminister in diesem Kampfe? Ich frage Sie: wann hat er uns denn darin unterstützt?
({0})
Ich glaube, die Stellung des Herrn Bundesfinanzministers auch in der Auseinandersetzung mit den Ländern um die 40 % ige Beteiligung des Bundes an der Einkommen- und Körperschaftsteuer wäre anders, wenn er bei diesem Gesetz hier die Interessen der Länder so wahrgenommen hätte, wie wir das getan haben, und wenn er hier seine wahre Meinung gesagt hätte.
({1})
Im übrigen sind wir dem Herrn Bundesfinanzminister dankbar dafür, daß er auf die Lage des Bundeshaushalts und der öffentlichen Haushalte noch einmal aufmerksam gemacht hat und daß er dadurch nicht nur den von uns vorgetragenen Bedenken und Anträgen das entsprechende Gewicht zugemessen hat- wenn man es richtig bedenkt-, sondern daß er uns auch darauf hingewiesen hat, welches Gewicht solchen Inaussichtstellungen, Versprechungen usw. beizumessen ist, wie sie z. B. in der inzwischen verteilten Entschließung der Mehrheitsparteien über die Erhöhung der Wohnungsbaumittel usw. enthalten sind.
({2})
Weitere Wortmeldungen? - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Müller.
Meine Damen und Herren! Es ist schon zur Gepflogenheit geworden, daß immer dann, wenn es sich darum handelt, Minderbemittelten und Bedürftigen im Bundestag Zuweisungen, wenn auch noch so geringe, zuzubilligen, die Regierung Adenauer ihren Finanzmann, den Bundesfinanzminister, vorschickt, um dagegen in dieser oder jener Form Einspruch zu erheben.
({0})
Es war ja auch kein Zufall, daß derselbe Bundesfinanzminister - der jetzt mit der Begründung, es seien keine Mittel vorhanden, es sei im außerordentlichen und im ordentlichen Haushalt ein Defizit abzudecken, Forderungen gegenüber den Ländern erhob - im vergangenen Jahr, bevor sich der Bundestag in die Ferien begab, Einspruch erhoben hat, als es sich um eine 30 %ige Erhöhung der Renten für die Kriegsbeschädigten handelte. Dagegen hat derselbe Bundesfinanzminister, als es sich bei der Änderung des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes darum handelte, den Reichen annähernd 1 Milliarde zuzuschanzen, sofort seine Zustimmung dazu gegeben.
({1})
Die Herren von der Regierung und ihr Beauftragter, Herr Minister Schäffer, wissen sehr wohl, wie
sie - und das hat j a auch die Debatte zu diesem
Gesetz bisher gezeigt - die neuen Reichen und
die neuen Millionäre schützen können; sie halten
dagegen die Hand zu, wenn es sich darum handelt,
den Armen und Bedürftigen etwas zu geben. Aber,
Herr Minister, als es zwischen Weihnachten und
Neujahr darum ging, in Paris den drei Weisen
({2})
die Zustimmung zu 11 Milliarden und 250 Millionen DM für die Aufrüstung und für die Kriegsvorbereitung zu geben, haben Sie selbst dieses Angebot gemacht und ja gesagt. Herr Minister, Sie sind außerdem bereit, weitere Milliarden für die Zwecke der Aufrüstung zu bewilligen, statt sie für die Armen unseres Volkes zur Verfügung zu stellen.
({3})
Das ist das Charakteristikum dieser Regierung, und ich glaube, es war gut, daß die Regierung erneut durch das Auftreten des Herrn Bundesfinanzministers ihr wahres Gesicht gezeigt hat. Damit weiß das Volk draußen, Herr Minister, daß man aus den Groschen der Steuerzahler Milliarden übrig hat, wenn es sich um den Krieg und seine Vorbereitung handelt.
({4})
({5})
Für die Armen dagegen hat die Regierung keinen Pfennig übrig.
({6})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir treten in die Einzelbesprechung in der dritten Lesung ein. Ich rufe auf die §§ 1 bis 6 des Gesetzes, - Einleitung und Überschrift. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, dies durch Erheben von seinem Sitz zu bezeugen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Damit kehren wir zu Punkt 1 der Tagesordnung zurück, zur
Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich.
Wir haben § 19 erledigt. Ich rufe auf § 20. ({0})
- Das Wort zu § 20 a hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Fassung des § 20 a noch einmal überprüft werden. Wir bitten daher interfraktionell, also Koalitionsparteien und sozialdemokratische Fraktion, die Beratung und die Abstimmung über § 20 a hinauszuschieben, bis diese
1) Besprechung im Laufe des Tages stattgefunden hat.
Das Haus ist damit einverstanden. Wir werden also über § 20 a erst abstimmen, wenn die Fraktionen ihre Besprechung abgeschlossen haben.
Ich rufe auf §§ 21, - 22, - 23, - 24, - 25, -25 a, - 25 b, - 25 c. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Zu § 26 ist eine Reihe von Änderungsanträgen angemeldet: ein Antrag auf Umdruck Nr. 523 und ein Antrag auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 3. Wer begründet diese Anträge?
({0})
- Für den Antrag auf Umdruck Nr. 523 wird auf Begründung verzichtet.
Zu dem Antrag auf Umdruck Nr. 518 hat das Wort der Abgeordnete Mertins.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Antrag meiner Fraktion zu § 26 Ziffer 2 und Ziffer 3 Buchstabe a begründen. Wir haben den Wunsch, daß bei der Veranlagung der Landwirtschaft ein ermäßigter Satz nur für Abgabepflichtige mit einem Vermögen unter 35 000 DM gewährt wird. Ich will nicht das wiederholen, was mein Parteifreund Stech in der zweiten Lesung zu diesem Paragraphen und zu diesem Antrag ausgeführt hat. Ich möchte hier nur einige Überlegungen vom agrarpolitischen Standpunkt aus vortragen. Die Veranlagung der Landwirtschaft innerhalb dieses Gesetzes ist ja ohnehin etwas problematisch. Wir wissen alle, daß die Einheitswerte, die der Veranlagung zugrunde gelegt werden, überaltert sind. Wir wissen, daß der Fortschritt in Technik und Wissenschaft, besonders auf dem Gebiete der Düngemittelchemie, die alten Einheitswerte über den Haufen geworfen hat und daß es nicht gelungen ist und technisch vielleicht auch nicht möglich war, eine neue Bewertungsgrundlage zu schaffen. Das alles ist auch der Offentlichkeit weitestgehend bekannt. Es kommt hinzu, daß eine verfehlte Wirtschafts- und Agrarpolitik die Kluft zwischen den Konsumenten, vornehmlich in den Städten, und den Landwirten vertieft hat. Auf der Seite der Verbraucher versteht es niemand, daß man ausgerechnet nur über eine Erhöhung der Preise für landwirtschaftliche Produkte zu einer Gesundung der Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft kommen will. Wir wissen, daß daraus nur eine Gefährdung der Lebenshaltung der Werktätigen entstehen kann, die heute schon wieder in großem Maße sagen: Die Landwirtschaft ist an den erhöhten Preisen schuld, die Preise für die landwirtschaftlichen Produkte greifen weit in unsere Lebenshaltung ein. Wir wünschen nicht, daß dieser Eindruck verstärkt wird. Aber Sie kennen alle die in der letzten Zeit durch die Presse gegangene Mitteilung, die von dem Herrn Bundesernährungsminister noch bestätigt worden ist, daß die Landwirtschaft fast eine Milliarde D-Mark zwecks Anschaffung von Maschinen investieren konnte. Wir Sozialdemokraten freuen uns, daß auf dem Gebiete der Rationalisierung der Landwirtschaft endlich etwas getan werden konnte. Aber die Masse der Verbraucher sieht darin mit Recht die Tatsache, daß die Landwirtschaft gut verdient hat, und schert alle Landwirte über einen Kamm. Die Mitglieder des Ernährungsausschusses wissen, daß das nur auf einen Teil zutrifft. Erinnern Sie sich bitte an die Getreidepreisdebatte vom vergangenen Hochsommer. Wir haben damals durch berufenen Mund ausführen lassen, daß der kleine Landwirt damals nicht mehr in den Genuß der gegen Gesetz und Recht mitten im Getreidewirtschaftsj ahr erhöhten Preise kam, sondern daß diese nur denjenigen zugute kamen, die ihre Scheunen noch voll hatten, bzw. dem Großhandel, der auf Spekulation gearbeitet hatte. Unser Antrag bezweckt die Schonung des Kleinbesitzes mit einem abgabepflichtigen Vermögen von höchstens 35 000 DM. Wir wissen, daß diese Schonung nur gerechtfertigt ist, wenn der Großbesitz oder die Großverdiener, will ich besser sagen, in der Landwirtschaft zu dem gleichen Satz wie alle übrigen Abgabepflichtigen herangezogen werden.
Wir bitten Sie daher, die Kluft zwischen Stadt und Land nicht zu vertiefen, sondern im Interesse des Ansehens der Landwirtschaft unseren Antrag anzunehmen.
Das Wort hat Herr Bundesminister Blücher.
Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Bezugnahme auf vorliegende Anträge zu dem jetzt behandelten Paragraphen und mit Bezugnahme auf den inzwischen verteilten Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/ DPB habe ich im Namen der Bundesregierung die folgende Erklärung abzugeben, wobei ich das Bedauern des Herrn Bundeskanzlers zum Ausdruck bringe, daß er in diesem Augenblick nicht anwesend sein kann. Er hätte Wert darauf gelegt, zu der Entschließung
({0})
der Koalitionsparteien selbst eine Erklärung über die Haltung der Regierung abzugeben. Ich kann aber im Namen der gesamten Bundesregierung das Folgende erklären:
Die Bundesregierung hat vor der zweiten Lesung des Lastenausgleichsgesetzes eine deutliche Erklärung über ihre Stellung zum Lastenausgleich abgegeben. Sie ist sich ferner immer dessen bewußt und hat danach gehandelt, daß aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen die Fragen des Wohnungsbaus und der Umsiedlung im Mittelpunkt ihrer Arbeiten stehen müssen.
Die Entschließung der Koalitionsparteien, die ich erwähnte, ist aus den gleichen Sorgen und dem Willen entstanden, den am meisten bedürftigen Ausgleichsberechtigten und dem Wohnungsbau in gleicher Weise zu helfen. Daher erkläre ich im Namen der Bundesregierung, daß sie die ihr nach der Entschließung zufallenden Maßnahmen mit aller Kraft durchführen und mit aller Beschleunigung notwendig werdende Vorlagen einbringen wird.
Für den Wohnungsbau des Jahres 1952 sind die notwendigen weiteren 200 Millionen DM bereits jetzt durch entsprechende Maßnahmen sichergestellt.
({1})
Der Bau von mindestens 300 000 Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus im Jahre 1953 wird beschleunigt finanziell gesichert werden, und hier sind die vorbereitenden Pläne und Maßnahmen weit fortgeschritten. Schließlich ist es für uns eine als wesentlich erkannte Aufgabe, die anlaufenden Schwierigkeiten bei der Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes, die auftreten könnten, vorher zu bedenken und für ihre Beseitigung zu sorgen.
({2})
Das Wort zur Begründung des Antrags auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 3 Buchstabe c hat der Abgeordnete Meyer ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht - der Herr Präsident wies bereits darauf hin -, zu der Erklärung des Herrn Stellvertreters des Herrn Bundeskanzlers Stellung zu nehmen, die ich hier sachlich überhaupt nicht unterbringen kann und die vielleicht zweckmäßigerweise bei den späteren Teilen abgegeben worden wäre. Aber das zu verhindern ist nicht meine und nicht unsere Aufgabe.
Ich habe Ihnen zu begründen, warum wir den Antrag zu § 26 Ziffer 3 Buchstabe b, den Sie in zweiter Lesung abgelehnt haben, wiederholen. Bekanntlich ist in § 26 unter Ziffer 3 Buchstabe b der Jahresabgabesatz für die Mietwohngrundstücke und die Eigenheime geregelt, und zwar zunächst mit 4 v. H. festgesetzt, und dann ist weiter gesagt, daß durch Gesetz bestimmt werden soll, wann die Abgabe, die im übrigen für Wohngrundstücke nach Ziffer 2 in Frage kommt, nämlich 5 v. H., als Jahresbetrag oder 1,25 v. H. als Vierteljahresbetrag, erhoben werden soll.
Wir sagten Ihnen bereits in zweiter Lesung, und ich will das hier auch nicht weiter vertiefen, daß wir der Meinung sind, daß diese Deklamation im Gesetz keine Aufnahme finden kann und daß es deshalb notwendig ist, die Bestimmung in Ziffer 3 Buchstabe b Satz 2 zu streichen. Wir sagten Ihnen weiter, daß wir uns vorbehalten, wegen der erforderlichen Regelung dieses Tatbestandes eine
Entschließung einzubringen, in der wir auch näher zum Ausdruck bringen wollen, welche Voraussetzungen und zu welchem Zeitpunkt sie nach unserer Meinung erfüllt sein müßten. Wir erwarten, daß die Bundesregierung eine entsprechende Vorlage an das Haus heranbringt, die dann auch diesen Abgabesatz für die Zwecke des Lastenausgleichs endgültig regelt. Wir bitten Sie deshalb, unserem Streichungsantrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete von Brentano.
Meine Damen und Herren! Die Erklärung, die der Herr Vizekanzler Blücher für die Bundesregierung abgegeben hat, nimmt Bezug auf den Antrag Drucksache Nr. 3373 der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP/ DPB.
({0})
Wir begrüßen es, daß die Bundesregierung diesem Antrag ohne jede Einschränkung zu entsprechen bereit ist. Dieser Antrag hat den Zweck, das zu tun, was wir für unerläßlich halten, nämlich den Lastenausgleich insbesondere in den ersten drei Jahren im Rahmen des überhaupt Möglichen vorzufinanzieren, damit er auch wirksam wird und damit insbesondere die Eingliederungshilfe, die sonst hinter den anderen Ausgaben zurückstehen müßte, erhöht wird. Wir sind uns klar darüber, daß gerade der Zweck der Eingliederung nur durch die Bereitstellung zusätzlicher Mittel erreicht werden kann.
Ein weiteres kommt hinzu. Wir sind nicht mehr in der Lage und wir würden es auch nicht für zulässig halten, wie seither die Mittel des bisherigen Soforthilfefonds, also jetzt des Ausgleichsfonds in der gleichen Höhe und im gleichen Umfang für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen.
({1})
Das wäre eine zweckentfremdende Verwendung dieser Mittel.
({2})
- Ich bin erstaunt, Widerspruch von Ihnen zu hören. Denn ich glaube, daß ich damit eine Feststellung treffe, die gar keinen Widerspruch verträgt.
({3})
Aber, meine Damen und Herren, weil wir überzeugt sind, daß unter keinen Umständen dadurch, daß die Mittel der Soforthilfe bzw. des Ausgleichsfonds nunmehr ihrem eigentlichen Zweck zugeführt werden, eine irgendwie geartete Veränderung oder gar Verlangsamung des Wohnungsbaus eintreten darf, haben wir die Regierung ersucht, Mittel und Wege zu finden, um die Durchführung des Wohnungsbauprogramms in unverändertem Umfange sicherzustellen. Denn wir sind uns auch darüber im klaren, daß es im Verhältnis zwischen den Aufgaben des Lastenausgleichs und denen des Wohnungsbaues eigentlich keine Priorität gibt, weil das eine ohne das andere zwecklos wäre.
Wir nehmen die Zusage der Bundesregierung, die Mittel zur Verfügung zu stellen, damit das Wohnungsbauprogramm in dem gleichen Umfange wie bisher durchgeführt werden kann, mit Befriedigung zur Kenntnis, und für meine Fraktion erkläre ich, daß wir entschlossen und bereit sind, mit Unterstützung der Bundesregierung den Antrag Drucksache Nr. 3373 voll und ganz zu verwirklichen.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte in der zweiten Lesung zu dem Antrag der SPD, den wir jetzt behandeln, einen gleichlautenden Antrag gestellt. Wir haben diesen Antrag nicht wiederholt, und ich möchte namens der heimatvertriebenen Abgeordneten der Koalition eine Erklärung darüber abgeben, weshalb nicht.
Nachdem die Koalition sich entschlossen hat, das Stichtagvermögen, das nicht zur Abgabe gelangt, mit einem Satz von 0,75 % auf die Dauer von 8 Jahren zur Vermögensteuer heranzuziehen, und einen entsprechenden Antrag vorgelegt hat, nachdem sie weiter die eben erwähnte Entschließung eingebracht hat, die für die Jahre 1952, 1953 und 1954 eine Vorfinanzierung von 350 Millionen DM sicherstellt, und nachdem eben der Herr Vizekanzler die uneingeschränkte Zustimmung der Bundesregierung zu diesen Maßnahmen erklärt hat, ist eine völlig veränderte Situation geschaffen.
({0})
Zu den 200 Millionen DM, die nach der jetzigen Fassung des Gesetzes und nach den bisherigen Berechnungen für Eingliederungszwecke zur Verfügung stehen würden, und zu den 100 Millionen DM, die auf Grund des im Gesetz enthaltenen Anreizes zur sofortigen Abgabe als Vorleistung erwartet werden, tritt ein Mehraufkommen aus Vermögensteuer und Aktienbesteuerung von etwa 200 Millionen DM. Das ergibt also ein Aufkommen aus dem Gesetz von 500 Millionen DM pro Jahr für Eingliederungszwecke. Dieser Betrag erhöht sich durch die zugesagte Vorfinanzierung, der heute vormittag auch der Herr Bundesfinanzminister noch ausdrücklich seine Zustimmung gegeben hat und für die auch schon weitere konkrete Sicherungen geschaffen sind, auf 850 Millionen DM pro Jahr in den ersten drei Jahren.
Damit ist die Forderung der Vertriebenen, für diese Zeitspanne pro Jahr 1 Milliarde DM zu Eingliederungszwecken bereitzustellen, zwar nicht ganz, aber doch annähernd erfüllt.
({1})
Es kommt schließlich noch hinzu, daß auch die Vorfinanzierung der Wohnraumhilfe für das erste Jahr in Höhe von 200 Millionen DM den Geschädigten zugute kommen wird.
Unter diesen Umständen ist ein Nein zu dein Gesetz nicht länger vertretbar,
({2})
zumal feststeht, daß die Empfänger der Unterhaltshilfe bzw. Kriegsschadenrente und die Anwärter auf die Hausratentschädigung, also gerade die sozial schwächsten Gruppen der Geschädigten, ein brennendes Interesse an der alsbaldigen Verabschiedung des Gesetzes haben.
({3})
- Meine Herren, ich habe gesagt: wenn ich vor den Bauern wieder mit leeren Händen stehe, dann sage ich nein. Aber ich stehe nicht mehr mit leeren Hinden da.
({4})
Wir werden deshalb dem Gesetz unsere Zustimmung geben
({5})
und unsere Anträge auf anderweite Erhöhung der Abgabe und Vorfinanzierung zurückziehen, obwohl unsere schwerwiegenden grundsätzlichen Bedenken gegen das Gesetz nicht ausgeräumt sind.
({6})
Wir werden deshalb auch in Zukunft nicht ablassen, nachdrücklich auf die Verbesserung des Gesetzes hinzuwirken.
({7})
Bei der Erteilung der Zustimmung gehen wir entsprechend den gemachten Zusagen davon aus, daß Schmälerungen des Aufkommens in der dritten Lesung nicht vorgenommen und ebensowenig über Bundesrat oder Vermittlungsausschuß herbeigeführt werden. Wir geben der Hoffnung Ausdruck, daß das Gesetz trotz aller Mängel in der neuen Fassung der Sicherung des sozialen Friedens dienen wird. Die Erreichung dieses Erfolges wird wesentlich auch davon abhängen, wie und in welchem Geiste das Gesetz durchgeführt wird.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann die Ausführungen des Redners der SPD nicht unwidersprochen lasssen, denn es haben sich im Laufe der Zeit, besonders nach dem kolossalen Niederbruch im Jahre 1945 bedeutende Veränderungen vollzogen. Wir haben in der deutschen Bundesrepublik ein ausgesprochenes Bauernland vor uns. Daher müssen wir auch unter allen Umständen die dieser Veränderung entsprechenden agrarpolitischen Grundsätze zur Anwendung bringen. Ich habe das letztemal schon ausgeführt, daß wir eine Veränderung gegenüber den früheren Verhältnissen auch deswegen haben, weil der größere Besitz in der deutschen Bundesrepublik vollständig in den Hintergrund getreten ist, so daß wir hier ein gemeinsames bäuerliches Interesse vor uns haben. Ich wende mich auch dagegen - und sage das mit allem Nachdruck -, daß der Bauernbetrieb, der uns in den Westzonen verblieben ist, in verschiedene Bestandteile aufgegliedert wird, denn ob große, kleine oder mittlere Bauernbetriebe, alle unterliegen denselben Grundsätzen, denselben Produktionsbedingungen und denselben Ertragsverhältnissen. Wir sind aber durchaus dafür gewesen - das ist der Unterschied gegenüber Ihrer Auffassung -, bei dem Besitz unter 35 000 DM Einheitswert entgegenzukommen, und wir haben infolgedessen mit Rücksicht auf die allgemeinen Verhältnisse die Landwirtschaft ganz allgemein einem Abgabesatz von 4 % unterworfen. Bei dem Betriebsvermögen bis hinauf zur Großindustrie ist der Abgabesatz höher; er beträgt 6 %. Auch hier ist kein Unterscheid hinsichtlich der Betriebsgröße gemacht. Warum soll dann hier bei der Landwirtschaft ein Unterschied gemacht werden?
({0})
Ähnlich ist es bei den übrigen Grundvermögen. Wir
wehren uns aus guten agrarpolitischen Gründen
gegen die dauernde Aufspaltung der Landwirtschaft in verschiedene besondere Gruppen. Wir
({1})
wollen, daß den kleinen Betrieben entgegengekommen wird, und wir wollen, daß die übrigen gleichmäßig, nach den für alle gleichmäßig geltenden Bedingungen behandelt werden.
Im übrigen ist Ihre Ansicht von der glänzenden Lage, die sich hier bei der Landwirtschaft gegenüber anderen ergibt, nicht mehr richtig. Ich habe das Februarheft 1952 „Wirtschaft und Statistik", herausgegeben vom Statistischen Bundesamt, vor mir liegen. Darin ist ein Aufsatz, den ich jedem Mitglied des Hohen Hauses, das sich mit landwirtschaftlichen Dingen beschäftigt, empfehle: „Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte". Hier ist ausgeführt, daß in den Verhältnissen seit dem Jahre 1948/49, nachdem sie gegenüber den Verhältnissen in der Industrie im Jahre 1949/50 für die Landwirtschaft günstiger gewesen sind, ein Rückschlag eingetreten ist, und zwar ein bedeutender Rückschlag. Der Preisindex für landwirtschaftliche Produkte liegt auf etwa 112, und der Preisindex für die in der Landwirtschaft hauptsächlich in Betracht kommenden industriellen Produkte liegt weit über 120, so daß hier wieder ein anderes Verhältnis eingetreten ist. Damit bricht das Argument, das hier zusätzlich vorgebracht wird, um zu begründen, daß bei einem Einheitswert über 35 000 DM ein erhöhter Satz notwendig ist, auch in sich zusammen. Im übrigen müssen wir die ganze Frage als Einheit sehen, wie Herr Kollege Kather das vorhin ausgeführt hat, und aus diesem Grunde bin ich ihm dankbar dafür, daß er jetzt dafür eintritt, daß diese Differenzierung der Landwirtschaft abgelehnt wird. Auch bin ich ihm dafür dankbar, wenn er sich bekehren läßt, daß er für alle Zukunft diese Differenzierung bei der Landwirtschaft nicht mehr in Anwendung bringen will.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So ungefähr habe ich mir das happy end dieser Beratungen und die Überwindung aller Bauchschmerzen auf Ihrer Seite ({0}) vorgestellt,
({1})
wie wir es mit der Einbringung Ihres Antrags Drucksache Nr. 3373 jetzt erlebt haben.
({2}) Der Herr Kollege Kather, der seit seiner bedauerlichen Heiserkeit, mit der er gestern - ich weiß nicht, von welcher Beratung oder Behandlung - in dieses Haus zurückgekehrt ist,
({3})
eine beneidenswerte Bescheidenheit schon gestern an den Tag gelegt hat, hat nun heute eigentlich nur eines versäumt: zu beantragen, daß nach Vorlage dieses Antrags auf Drucksache Nr. 3373 und nach Entgegennahme der entsprechenden Erklärung der Bundesregierung in eine weitere Behandlung der einzelnen Paragraphen überhaupt nicht mehr eingetreten zu werden braucht und man vielleicht ein Lied singen sollte oder so etwas Ähnliches.
({4})
Wir waren gerade so schön dabei, konkrete Anträge zu konkreten Paragraphen zu beraten, und
ich möchte dringend vorschlagen, daß wir damit
fortfahren und uns diese Rechnung auf Drucksache Nr. 3373 morgen in Zusammenhang mit § 350 ein bißchen genauer ansehen.
({5})
Wir sind jedenfalls davon nicht befriedigt, und ich
glaube auch nicht, daß Sie selber davon befriedigt
sind. Mein Vorschlag ist also: wir fahren in der
Beratung der Anträge fort und nehmen uns den
Antrag Drucksache Nr. 3373 morgen bei § 350 vor.
Dann werden wir sehen, ob das nun wirklich mehr
ist als ein Stück Papier. Wenn Herr Kollege Kather
glaubt, damit vor die Vertriebenen treten zu können, dann beneide ich ihn um seinen Optimismus.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Keller.
Dr. Keller ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Erklärung des Herrn Vizekanzlers und der Eindruck, der in den letzten Tagen und Stunden in steigendem Maße auf einen zu wirken beginnt, veranlaßt mich, seitens des BHE hier folgendes zu erklären. Nicht selten ist hier von den verschiedensten Seiten, vor allen Dingen von den Mitgliedern des Lastenausgleichsausschusses oder wenigstens von einigen von ihnen unter der Wortführung des Herrn Vorsitzenden dieses Ausschusses, beteuert worden, wie mühevoll und sorgfältig in letzter Zeit in den Vorberatungen die Verteiler- und die Abgabenseite und die daraus erwachsenden konkreten Möglichkeiten bis an die Grenze des Tragbaren geprüft worden seien. Das Produkt einer fast eineinhalbjährigen Arbeit ist sogar in der gemeinsamen Erklärung der Fraktionen der Regierungskoalition vor der zweiten Lesung als unabänderlich bezeichnet worden. Und nun erleben wir, wie in einem schnell anwachsenden Tempo unter immer häufiger werdenden Aussetzungen und Vertagungen der Beratungen des Plenums plötzlich, ohne daß sich die zugrunde liegenden wirtschaftlichen Tatbestände etwa geändert haben könnten, neue Möglichkeiten gesucht und, siehe da, gefunden werden. Dies kann kaum anders gewertet werden - das ist das Fazit, das ich daraus ziehen möchte - denn als ein Beweis dafür, daß in den letzten eineinhalb Jahren eine wirkliche Ausschöpfung aller Möglichkeiten eben doch noch nicht stattgefunden hat, und weiterhin als Beweis dafür, daß offensichtlich eine Ausschöpfung dieser Möglichkeiten auch im Augenblick noch nicht erreicht ist.
Es mag sein, daß die geplanten Maßnahmen, denen zuzustimmen sich ja die Bundesregierung bereit erklärt hat - obwohl die Erklärung des Bundesfinanzministers, der sich offenbar in letzter Zeit anderen Zielen, die ihm vordringlicher erscheinen, lieber widmet, wenig Aussichten erweckt -, in nächster Zeit, in einer begrenzten Zeit, für die kommenden Jahre gewisse Verbesserungen geringen Umfangs ermöglichen. Daran aber, daß dieser Lastenausgleich unzulänglich bleibt und einen wahren Ausgleich der Lasten des Krieges nicht bringt, vermögen unseres Erachtens diese Maßnahmen wenig zu ändern.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
Loritz ({0}): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz etwas zu der Erklärung des Herrn Vizekanzlers und zu dem darauffolgenden Kather-Umfall sagen, der wohl in einer Art und Weise auf die Heimatvertriebenen gewirkt hat, wie sich Herr Dr. Kather selbst in diesem Moment noch nicht vorstellen kann. Es wurde von Herrn Dr. Kather selber vorgerechnet, wieviel jetzt durch die Erklärung der Regierung weiter zusätzlich pro Jahr für die gesamten Heimatvertriebenen und einheimischen Kriegsgeschädigten tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Dr. Kather kam dabei auf eine vielleicht noch zu optimistische Zusammenrechnung von rund 850 Millionen DM. Wir haben in Deutschland rund 6 Millionen Berechtigte zum Lastenausgleich. Die Ziffer wurde gestern sogar von Regierungsseite eigens genannt: rund 6 Millionen! 6 Millionen in 850 Millionen - Sie können es sich ausrechnen, wieviel das gibt - gibt pro Kopf der Berechtigten zusätzlich pro Jahr nicht einmal ganze 150 DM, eine kleine WohlfahrtsentschädigungsAufbesserung und weiter gar nichts, Herr Dr. Kather! Damit werden weder die Heimatvertriebenen noch die einheimischen Kriegssachgeschädigten zufrieden sein oder etwas anfangen können. Das ist nicht einmal ein richtiges Butterbrot für die armen Schichten unserer Bevölkerung. 850 Millionen DM insgesamt pro Jahr zusätzlich, meine Damen und Herren! Der Herr Finanzminister aber stellt allein für den Wehrbeitrag 850 oder noch mehr Millionen DM pro Monat zusätzlich zur Verfügung. So sind die Größenverhältnisse, um die es sich hier handelt.
Herr Dr. Kather, Ihr Umfall war fürchterlich, das möchte ich Ihnen noch eigens und ausdrücklich sagen.
({1})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir stimmen zunächst ab über den Antrag Umdruck Nr. 518, und zwar nehme ich an, daß die antragsteilende Fraktion einverstanden ist, daß über die Anträge Ziffer 3 a bis c in einem Abstimmungsgang abgestimmt wird.
({0})
- Soll einzeln abgestimmt werden?
({1})
-- Dann lasse ich zunächst abstimmen über den Antrag Umdruck Nr. 518 Ziffer 3 a und b. Wer für diese Anträge ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; die Anträge sind abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über den Antrag Umdruck Nr. 518 Ziffer 3 c. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr lasse ich abstimmen über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 523, Antrag Dr. Atzenroth. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Letztes ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr abstimmen über den § 26 in der Fassung der Beschlüsse zweiter Beratung. Wer für dese Bestimmung ist, deli bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Erstes war die Mehrheit; § 26 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Der angekündigte Antrag Dr. Kather Umdruck Nr. 529 ist zurückgezogen worden.
({2})
§ 27. Hier ist der interfraktionelle Antrag Umdruck Nr. 525 Ziffer 2 erledigt. §§ 28, - 29, - 30. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Angenommen.
Zu § 31 sind Änderungsanträge angekündigt: Dr. Kather - Umdruck Nr. 530 -, Dr. von Golitschek - Umdruck Nr. 524. Ich habe den Eindruck, daß diese Anträge sachlich übereinstimmen. Wer begründet sie? - Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. von Golitschek.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei diesem Antrag um eine Gleichstellung der Kriegssachgeschädigten mit den Heimatvertriebenen. Die Parallelbestimmung zu diesem Antrag bei § 252 haben wir in der zweiten Lesung angenommen, während bei der Frage der Saldierung unser Antrag in der zweiten Lesung nicht die Zustimmung des Hauses fand. Dadurch ist eine ungleiche Behandlung zwischen den Saldierungsfällen und den Entschädigungsfällen entstanden. Ich bitte dieses Versehen der zweiten Lesung dadurch wieder gutzumachen, daß wir die Gleichstellung bei der Saldierung ebenfalls durchführen. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Wird gewünscht, den
Antrag Umdruck Nr. 530 auch noch zu begründen?
({0})
- Ich meine, der Antragsteller hat das Recht, seine eigene Begründung zu geben. - Das scheint nicht der Fall zu sein. Das Wort wird nicht weiter gewünscht.
Dann lasse ich über beide Änderungsanträge gleichzeitig abstimmen. Wer für ihre Annahme ist, bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Dann lasse ich abstimmen über § 31 in der nunmehr beschlossenen Fassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 32. Hier sind zwei Änderungsanträge angekündigt. Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Nöll von der Nahmer.
({1})
- Umdruck Nr. 517 Ziffer 1!
Meine Damen und Herren! Der an sich kurze Änderungsantrag zu § 32 enthält ein Problem von allergrößter politischer Bedeutung.
({0})
- Ja, unzweifelhaft! Hunderttausende von Ausgebombten hoffen, daß die in § 32 vorgesehene und gegeniiber den für Vertreibungsschäden geltenden Vorschriften des § 34 unterschiedliche Behandlung geändert wird. Wir haben das Problem nachher noch einmal bei § 268. Es geht um die Frage des Schuldenabzuges. Bereits in der zweiten Lesung haben wir hier über die schwierige Problematik, die dieser Paragraph aufwirft, diskutiert. Die für Entschädigungszwecke unzulänglichen Einheitswerte müssen den gegebenen Notwendigkeiten irgendwie angepaßt werden. Ich selbst bedauere
({1})
es, daß man die allgemein als notwendig anerkannte Korrektur der Einheitswerte im Ausschuß in der Weise vorgenommen hat, daß man eine Anpassung lediglich in der Form des verringerten Schuldenabzugs versucht hat. Infolgedessen erfährt der Nichtverschuldete überhaupt keine Verbesserung der Einheitswerte, die seiner Entschädigung zugrunde gelegt werden. Nach der jetzt vorliegenden Gesetzesfassung wird diese Anpassung aber außerdem auf die Vertreibungsschäden und die Ostschäden - die hier analog den Vertreibungsschäden behandelt werden - beschränkt, während sic bei den Kriegssachschäden völlig fehlt.
Wie wirkt sich die Regelung, wie sie jetzt vorgesehen ist, aus? Ich darf bitten, die beiden Beispiele, an denen ich es klarmachen werde, mitzuschreiben. Neben Sie einmal an, jemand hat in Köln ein Grundstück mit einem Bodenwert von 20 000 und einem Gebäudewert von 80 000 Mark gehabt. Ein gleiches Grundstück stand in Breslau. In beiden Fällen beträgt der Einheitswert 100 000 Mark. Auf beiden liegt eine Schuldenlast von 60 000 Mark, so daß sich ein Eigenvermögen von jeweils 40 000 Mark ergibt.
Nach der jetzigen Regelung des Gesetzes würde sich folgende Endrechnung ergeben: Der Kölner hat sein Grundstück behalten. Die Hypothek von 60 000 Mark wird nach den Vorschriften des Gesetzes verteilt auf das Gebäude - darauf entfallen 48 000 Mark - und auf den Boden mit 12 000 Mark. Das heißt, da ein Bodenwert von 20 000 Mark da war und 12 000 Mark Hypothek anteilig darauf entfallen, bleibt ein Eigenvermögen bei dem Grundstück in Höhe von 8000 Mark übrig. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß dieser Wert an und für sich problematisch ist; denn solange auf dem Grundstück nicht wieder ein neues Gebäude steht, hat es für den Eigentümer regelmäßig keinen unmittelbaren Nutzen. Sein Wert an sich ist also problematisch; aber der Grund und Boden ist dem ausgebombten Kölner immerhin verblieben.
Bei seinem Haus, das zusammengebombt ist, ergibt sich nun folgende Rechnung. Der Einheitswert des Hauses betrug 80 000 Mark, der Hypothekenanteil, der auf das Haus entfiel, betrug bei einer Gesamtbelastung von 60 000 Mark 48 000 Mark, so daß also ein Schadensbetrag von 80 000 bis 32 000 Mark bleibt. Dieser Schaden wird im Lastenausgleich entschädigt. In dem Breslauer Fall ist der Schaden natürlich größer, denn hier ist ja auch der Grund und Boden verloren worden. Im Breslauer Schadensfall wird aber nun die Hypothek von 60 000 Mark nur zur Hälfte abgezogen, d. h. also nur mit 30 000 Mark. Der Mann hatte ein Eigenvermögen von 40 000 Mark und hat nunmehr einen entschädigungsberechtigten Verlust von 40 000 Mark plus nur den halben Schuldenabzug von 60 000 : 2 = 30 000 Mark, also 70 000 Mark insgesamt.
Nun wird von denen, die die jetzige Vorlage als richtig betrachten, so argumentiert: Der Mann in Köln sei ja doch viel besser daran, als der Breslauer Vertriebene. Er hat Grundstück und Gebäude verloren, während der Kölner noch seinen Grund und Boden besitzt. Ich habe schon gesagt, daß die betroffenen Kreise darauf hinweisen, dieses Grundstück sei kein Wert, der ihnen unmittelbar etwas nütze, denn es bringe ihnen ja zunächst nichts ein. Immerhin kann man darüber diskutieren, wenn gesagt wird, es sei in dem Kölner Fall noch ein Wert vorhanden.
Die Entschädigung wirkt sich je nach der Höhe der angemeldeten Schadenssumme verschieden aus. Je höher der Schadensbetrag ist, desto stärker sinken bekanntlich nach § 269 die Sätze der Entschädigung. In unserem Beispiel würde die Rechnung so aussehen, daß der einheimische Kölner nach der Staffelung des § 269 einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 8 835 Mark hätte. Der Breslauer, dessen Schaden an sich ja sowieso höher _ist, nämlich zuzüglich 20 000 Mark für Grund und Boden, hätte einen Entschädigungsanspruch von 10 435 Mark. Dazu kommt noch der 10%ige Zuschlag, den wir, ich glaube, einstimmig im Ausschuß allen Heimatvertriebenen
({2})
- und Evakuierten zugebilligt haben. Kein Zweifel besteht darüber - Herr Kollege Schütz hat das ja auch in der zweiten Lesung hier sehr schön ausgeführt -, daß ein Vertreibungsschicksal eine besondere Härte darstellt. Für diese Fälle haben wir durch den 10% igen Zuschlag zu den Grundentschädigungen für die Heimatvertriebenen und Evakuierten, die als Evakuierte eben auch ein besonders hartes persönliches Schicksal getroffen hat, einen besonderen Ausgleich zu schaffen versucht.
Die Verteidiger der jetzigen Regelung argumentieren nun sicher: Im Endergebnis steht der Kölner besser da als der Breslauer. Neben seiner Entschädigung von 8835 Mark hat er ja immer noch das Eigenvermögen in Grund und Boden von 8000 Mark, im Endergebnis also 16 835 Mark. Der Heimatvertriebene dagegen hat trotz des Zuschlags von 10 % nur 11 440 Mark Entschädigungsanspruch und sonst gar nichts mehr. Also besteht keine Ursache zur Klage bei den Ausgebombten. Es ist nicht richtig, wenn man von einer Benachteiligung der Kriegssachgeschädigten spricht.
Meine Damen und Herren, wenn die Dinge nicht so schwierig wären und sich nicht tatsächlich die verschiedensten Argumente gegenüberstünden, dann wäre diese Diskussion ja gar nicht notwendig geworden. Was ist der entscheidende Punkt? Er ist bei der jetzigen Vorlage nicht angemessen berücksichtigt worden. Weshalb halten wir alle eine Korrektur der Einheitswerte für notwendig? Doch deswegen, weil wir die Einheitswerte als solche für Entschädigungszwecke für unzulänglich halten. Dieses Argument trifft aber für das zerbombte Haus in Köln genau so zu wie für den gesamten Besitz - Grundstück plus Haus - in Breslau. Das scheint mir der entscheidende Punkt zu sein.
Etwas anderes kommt hinzu. Bei den Berechnungen gehen wir immer davon aus, daß wir über die Entschädigungszahlungen die Möglichkeit des Wiederaufbaus schaffen wollen. Der Hausaufbau soll dem Ausgebombten genau so gut ermöglicht werden wie umgekehrt auch dem Vertriebenen. Beide haben dieselben Kosten, jedenfalls für den unmittelbaren Hausaufbau. Dann muß ich ihnen aber auch dieselbe Entschädigung zubilligen. Für den verlorenen Grund und Boden erhält der Breslauer eine besondere Entschädigung.
Aus diesen Gründen halten wir die jetzige Lösung der Vorlage nicht für richtig. Man muß hier auch den Auffassungen einer sehr großen Zahl unserer Mitbürger Rechnung tragen, die die jetzige Regelung als Benachteiligung empfinden. Wir sollten alles tun, um in diesem Gesetz die Gleichbehandlung der Heimatvertriebenen und der Kriegssachgeschädigten durchzuführen, unbeschadet des durchaus zu verteidigenden und durchaus zu billigenden Sonderzuschlags von 10 % zu den Grund({3})
entschädigungen. Wir können es leider nicht mehr ändern, daß das ganze System dieser Einheitswertkorrektur über den Schadensabzug sich immer mehr als falsch erweist, je mehr man sich mit den Dingen beschäftigt. Wir müssen nun einmal von die. er Tatsache ausgehen.
({4})
Das ist nun einmal so geschehen. Man sollte aber dann zumindest eine verschiedene Behandlung bei der Einheitswertkorrektur verhindern.
Aus diesen Gründen habe ich nach sehr reiflicher Durcharbeitung dieser ganzen Fragen diesen Antrag gestellt. Er ist finanziell nicht von ins Gewicht fallender Bedeutung.
({5})
Für die Kompensationsfrage spielt er gar keine Rolle, weil hier der Plafond von 100 Millionen DM nach § 38 ja sowieso da ist. Er kann sich also immer nur bei der Entschädigungsseite auswirken. Bei der Entschädigung kommen diese Beträge, die wir den Ausgebombten geben, dem Wiederaufbau der zerbombten Häuser zugute. Das ist ja ein Ziel, das wir mit allen Mitteln erreichen wollen. Die Entschädigungsleistungen sollen den Ersatz für das fehlende Eigenvermögen bilden. Wenn ich die uns hier beschäftigende Frage unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachte, so spricht alle dafür, daß man hier gleichzieht. Nicht nur die Rücksichten auf unsere einheimischen Mitbürger, sondern auch sehr wohl erwogene volkswirtschaftliche Erwägungen verlangen Förderung und Erleichterung des Wiederaufbaus.
Ich bitte Sie also, dem Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 517 zuzustimmen.
)
Das Wort hat der Abgeordnete Reismann zur Begründung des Antrags Umdruck Nr. 543.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon in der zweiten Lesung hat unsere Fraktion den gleichen Antrag vorgetragen. Ich freue mich über die Unterstützung, die ich hierin nunmehr von Herrn Kollegen Nöll von der Nahmer erhalten habe, der unsere allgemeinen Argumente mit dem besonderen Exempel unterstützt hat, das er Ihnen soeben vorgerechnet hat. Ich kann nur noch unterstreichen, daß in den Kreisen der einheimischen Geschädigten auf diesen Punkt der allergrößte Wert gelegt wird, und daß man mit gespannter Aufmerksamkeit die Entscheidung dieses Hohen Hauses gerade in dieser Hinsicht verfolgt, weil man darin eine grundsätzliche Probe auf die Ernsthaftigkeit, einer gerechten Entschädigung nahezukommen, erblickt.
Ich mache auf folgendes aufmerksam: Nachdem im ganzen System dieses Gesetzes der Gedanke des allgemeinen Vermögensvergleichs nun schon nicht zugrunde gelegt ist - das kann man ja nicht mehr ändern -, ist es um so wichtiger, hier wenigstens zu zeigen, daß man sich bemüht, den Geschädigten im Rahmen dieses nach meiner Ansicht nunmehr zu eng gespannten Gesetzes soweit wie möglich gerecht zu werden. Man hat eben hier im Hause mit einer Abstimmung, deren Ergebnis meiner Ansicht nicht entsprach, beschlossen, gerade die großen Aktienpakete, die in den Familien repräsentiert werden, freizulassen, während der Kleinaktionär bezahlen soll. Da scheint es mir um so wichtiger, hier in diesem Punkt der Gerechtigkeit zum Siege zu verhelfen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich bereits in der zweiten Lesung mit dem Herrn Kollegen Reismann eingehend darüber auseinandergesetzt, was für die Vorlage des Ausschusses spricht und was an Argumenten gegen seine Darstellungen in Frage kommt. Ich bedaure sehr, daß der Kollege Nöll von der Nahmer, der vom ersten bis zum letzten Tag an den Ausschußberatungen teilgenommen hat, sich von uns nicht hat überzeugen lassen, daß dem Gesetz, wenn der Antrag angenommen sei, etwas Unmögliches zugemutet würde, weil er in logischer Konsequenz seines Antrags auch bei der Hypothekenbelastung den gleichen Grundsatz zum Zuge bringen müßte. Dann hätten wir das Merkwürdige: Das, was wir jetzt haben, würde sich in der ganzen Struktur unserer Hypothekengewinnabgabe - überhaupt die Hypothekengewinnabgabe - der Logik, der Richtigkeit und der Ordnung entziehen. Bitte, machen Sie sich folgendes klar. Nach sorg-faltigen Überlegungen ist ganz bewußt der Weg gesucht worden, wie man den beiden großen Gruppen, den Heimatvertriebenen und den Kriegssachgeschädigten, den Fliegergeschädigten, gerecht werden kann. Die beiden Wege sind nun so gegangen worden, daß der Kriegssachgeschädigte zunächst nach § 38 eine nach der Größe seines Schadens bemessene Entschädigung im voraus durch Senkung seiner Abgaben bekommt, während der Heimatvertriebene auf die Entschädigung wartet, bis er nach dem Grade der sozialen Dringlichkeit und der volkswirtschaftlichen Zweckmäßigkeit an die Reihe kommt. Das ist das erste.
Das zweite: Wir haben doch die Hypothekengewinnabgabe bewußt auf die Sonderheit der Kriegssachgeschädigten abgestellt, indem wir in der Hypothekengewinnabgabe eine Reihe von Bestimmungen haben, von denen ausschließlich die Kriegssachgeschädigten profitieren können; denn die Heimatvertriebenen haben kein zerstörtes Haus mit einem erhalten gebliebenen Grundstück, sondern sie haben überhaupt nichts mehr, während dem Kriegssachgeschädigten erstens eine Senkung seiner Schulden nach dem Grade der Zerstörung seines Besitztums eingeräumt wird und er zweitens eine Entschädigung um den Grad des nicht rentierlichen Teils bekommt, wenn sich herausstellt, daß nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeitsberechnung die Hypothekengewinnabgabe nicht verzinst und getilgt werden kann. Wenn sie gar nicht getilgt und verzinst werden kann, wird sie erlassen. Wenn sie nur zur Hälfte verzinst und getilgt werden kann, wird sie zur Hälfte erlassen.
Und das letzte, was ich voriges Mal auch schon ausgeführt habe und was leider die Herren noch nicht verstanden haben oder nicht annehmen können: Wenn sie bis zum Ende des Jahres 1956 wiederaufbauen, dann wird die Hypothekengewinnabgabe restlos erlassen, weil bei dem Wiederaufbau ganz sicherlich nicht rentierlich wiederaufgebaut werden kann, denn es wird dann kaum noch Raum für die Zahlung der Verzinsung und Tilgung der Hypothekengewinnabgabe bleiben.
Auf beiden Wegen ist es also versucht worden, das Maximum an Gerechtigkeit für beide Teile zu schaffen. Aber die Unterschiede sind so groß, daß ich nunmehr wirklich hoffe, das Hohe Haus überzeugt zu haben, daß man nicht einfach den ersten
({0})
Weg mit dem zweiten kombinieren und den Kriegssachgeschädigten bei der Hypothekengewinnabgabe u n d nach § 38 die Vorteile geben kann und außerdem den Heimatvertriebenen nur das geben kann, nach den Grundsätzen sozialer Dringlichkeit, was vorige Woche von meinem Kollegen Schütz und von mir dem Hohen Hause eingehend dargelegt worden ist.
Ich muß daher beantragen, beide Anträge abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Reismann.
Herr Kunz e hat es auch jetzt nicht vermocht, mich davon zu überzeugen, daß seine Ausführungen zutreffen. Aber ich muß dagegen protestieren, daß es Herrn Kunze entglitten ist, dabei zu sagen: Die Herren haben es nicht verstanden. Wenn man über die Auslegung - die Auswirkung einer Bestimmung ist etwas anderes als ihre Auslegung - verschiedener Meinung ist, dann ist es ein billiges Argument, das noch niemals jemanden zu überzeugen vermochte, zu sagen: Ich habe recht, und deshalb mußt du mir glauben. Es wäre richtiger, dann darzulegen, warum er recht hat. Aber aus den Gründen, die Herr Kunze dargelegt hat, will ich eines der Argumente herausgreifen.
Er sagte, wenn einer bis 1956 aufbaut, dann kriegt er die Abgabe erlassen. Ja, wer kann denn bis 1956 aufbauen! Am wenigsten können es diejenigen, die den Erlaß am meisten nötig haben; die müssen verkaufen und bekommen heutzutage nicht einmal den Einheitswert. Ich weiß nicht, Herr Kunze, ob Ihnen bekannt ist, wie die Sachlage in den zerstörten Großstädten ist. Sie kriegen den Einheitswert nicht! - Dann kriegen sie sie herabgesetzt, sagen Sie. - Jawohl, das kann sein. Dann wird die Schuld erlassen, namentlich dann, wenn ein anderer aufbaut. Aber wo ist denn dann der Gewinn, von dem Sie sprachen, den der Einheimische vor dem Vertriebenen hätte: Der ist illusorisch, und zwar deshalb, weil man dann von dem Begriff des Einheitswertes auch bei der Entschädigung ausgeht. Er ist gar nicht vorhanden. Es ist also ein Irrtum von Ihnen, wenn Sie davon ausgehen, daß in der Praxis die einheimischen Geschädigten besser abkämen als die fremden.
Natürlich ist es so: Wenn jemand ein Vermögen von 10 000 Mark behalten hat und ein Vertriebener hat nur im Osten ein Vermögen gehabt, dann hat der, der das Vermögen von 10 000 Mark hat, gegenüber dem Vertriebenen, der nichts mehr hat, einen Vorzug. Aber das ist eine Frage der Höhe des Schadens und nicht eine Frage der Auswirkung dieses Gesetzes. Unsere Frage hier hat nichts mit der anderen Frage zu tun, ob einer noch irgendein Restvermögen behalten hat. Das, was die Geschädigten verloren haben, muß gleich behandelt werden, ohne Rücksicht darauf, ob es der Betreffende nun im Osten oder hier im Westen verloren hat. Oder Sie müssen das Gesetz auf eine ganz andere Grundlage stellen und sagen: Der Schaden wird nach dem bemessen, was der einzelne behalten hat. Das haben wir aber bisher nicht getan. Das, was wir tun, ist unlogisch, wenn wir bei diesem bestehenden Wortlaut bleiben.
Wenn man dem sehr ursprünglichen und gar nicht niederzuhaltenden Verlangen der beiden Geschädigtenkategorien nach Gleichberechtigung und Gleichbehandlung nachkommen will, dann bleibt nichts anderes übrig, als dem Antrag der
Föderalistischen Union und des Abgeordneten Nöll von der Nahmer und seiner Freunde, die wörtlich übereinstimmen, stattzugeben.
Ich bitte den Herrn Präsidenten - ich nehme an, daß es der Herr Präsident auch von sich aus tun würde -, über diese Anträge, die genau denselben Wortlaut haben, zusammen abstimmen zu lassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Nöll von der Nahmer.
Meine Damen und Herren! Ich bedaure, noch einmal das Wort ergreifen zu müssen; aber es handelt sich hier tatsächlich um eine Frage, die für unzählige unserer Mitbürger so große Bedeutung hat, daß ich vor meinem Gewissen verpflichtet bin, die Dinge so klar darzustellen, wie es nur irgend möglich ist.
Ich möchte an die Spitze meiner Erwiderung stellen, was Herr Kollege Reismann eben ausführte. Wir bauen das Gesetz, gerade auch durch die Aufnahme der Ostschäden, auf dem Grundsatz auf, daß jeder Schaden als solcher gleichbehandelt werden muß, gleichgültig, ob nun das Haus, das in Breslau verloren ist, einem Kölner gehört hat, der gar nicht Vertriebener ist, sondern der schon immer hier gewohnt hat, oder ob es sich um das Haus eines Mannes handelt, der das schwere und entsetzliche Schicksal der Vertreibung erlitten hat, oder ob es ein Mann ist, der in seinem Luftschutzkeller in seinem zerbombten Kölner Haus entsetzliche Bombennächte mitgemacht hat. Der Schaden als solcher, der in diesem Falle gleich ist - immer beim Haus, nicht beim Grundstück; da liegen die Differenzen! -, dieser Schaden, der an dem Haus entstanden ist, muß gleichbehandelt werden, wenn wir nicht gegen das System verstoßen wollen, das wir gerade auch mit der sehr umkämpften und schließlich durchgesetzten Aufnahme der Ostschäden grundsätzlich akzeptiert haben.
Herr Kollege Kunz e hat sich auf den § 38 berufen; aber diese Berufung scheint mir nicht richtig zu sein. Denn durch ,den § 38 tritt keineswegs eine Bevorzugung der Kriegssachgeschädigten gegenüber den Heimatvertriebenen ein. Der § 38 geht nur von der Tatsache aus, daß noch ein Vermögen da ist und auf der andern Seite der Vermögensbesitzer auch Schaden erlitten hat. Der § 38 ist doch nur eine Abschwächung des sehr unerfreulichen Zustands, der sich aus der ganzen Konstruktion des Gesetzes ergibt, daß jedes Vermögen zur Abgabe herangezogen wird, ohne Rücksicht auf bereits erlittene Verluste, da der Vermögensvergleich dem Gesetz nicht zugrunde gelegt wurde. Man kann also meines Erachtens den § 38 hier nicht zur Verteidigung der Regelung, wie wir sie bei den §§ 32 und 268 haben, heranziehen.
Weiter bin ich nicht der Ansicht, daß hier die Regelung ,der Hypothekengewinnabgabe einen Ausgleich bietet. Ich weise auf das frühere Beispiel hin, das vielleicht der eine oder andere Herr Kollege mitgeschrieben hat. 80 000 Mark war der Einheitswert des zerbombten Hauses. Die Hypotheken, die anteilig in Höhe von 48 000 Mark auf dem Haus liegen, werden voll gestrichen. Nach Streichung der Hypothek bleibt bei dem Einheimischen ein Schaden von 32 000 Mark.
Und nun nehmen Sie bitte einmal die Rechnung für das Haus ohne Grundstück. Die Grundstücke müssen wir ja in beiden Fällen außer Betracht
({0})
lassen. In dem Breslauer Fall ist es so, daß der Einheitswert des Hauses 80 000 Mark war. Die Hypothek, die darauf lag, wird aber jetzt nicht mehr, wie bei dem Kölner Fall, mit 48 000 Mark abgezogen, sondern nur noch mit 24 000 Mark. Sehen Sie, da haben Sie deutlich den Unterschied. In dem Kölner Fall ergibt sich ein Schadenanspruch von 32 000 Mark, und in dem Breslauer Fall ergibt sich ein Schadenanspruch für das Haus ohne besonders zu entschädigenden Grund und Boden von 56 000 Mark. Das ist eben der Punkt, der angegriffen wird und bei dem Meinungsverschiedenheiten bestehen. Ich betone nochmals: Die Verteidiger sagen: Das ist zu vertreten, weil ja der Kölner sein Grundstück auf alle Fälle behalten hat! Der Kölner sagt: Gewiß, das Grundstück habe ich noch; aber das Grundstück ist ein Trümmergrundstück, das nützt mir nicht mehr viel, ich habe davon einstweilen keinen Ertrag und weiß nicht, wie ich es verwerten kann!
Aus diesen Gründen haben wir unseren Antrag gestellt. Ich freue mich besonders, daß auch gerade heimatvertriebene Kollegen ihn mitunterschrieben haben, weil sie damit ihre Verbundenheit mit den Kriegssachgeschädigten dokumentieren und ihre Überzeugung betonen wollten, daß hier eine gleichmäßige Behandlung all er Schäden Platz greifen soll.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Ich lasse abstimmen über die Ziffer 1 des An-frogs Umdruck Nr. 517 und über Ziffer 1 des Antrags Umdruck Nr. 543, und zwar in gemeinsamer Abstimmung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit. Die Anträge sind abgelehnt.
Ich lasse nunmehr abstimmen über die §§ 32, -33, - 34, -- 35, - 36, - 37. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Die Bestimmungen sind angenommen.
Zu § 38 sind zwei Änderungsanträge - einmal ein Antrag der Föderalistischen Union unter Ziffer 2 des Umdrucks Nr. 543, zum andern der Antrag der SPD-Fraktion unter Ziffer 4 des Umdrucks Nr. 518 - angekündigt.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Paul.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Erklärung des Herrn Abgeordneten Dr. Kather , die einem schlecht camouflierten Umfall gleichkam,
({0})
hat sich die Situation ergeben, daß die Sozialdemokratische Partei ,die einzige große politische Kraft in diesem Hause ist, die bemüht bleibt, das Gesetz auch gegen den Widerstand der Koalitionsparteien zu verbessern.
({1})
- Meine Damen und Herren, Sie mögen mit der
Erklärung, die Herr Dr. Kather gegeben hat, wesentlich zufriedener gewesen sein, als Sie mit der Feststellung zufrieden sind, die ich jetzt treffe.
({2})
Ich bin davon überzeugt, daß ich nicht in gleicher Weise den Dank vom Hause Adenauer verdienen werde, den Herr Dr. Kather hier gezollt bekommen hat.
({3})
Der Antrag, den ich zu vertreten habe, ist bereits in der zweiten Lesung gestellt worden. Er ist abgelehnt worden. Wir haben ihn jetzt wieder aufgegriffen. Es sind damals viele Worte gesprochen worden, aber es sind sehr wenig Argumente darunter gewesen, und auch dort, wo man argumentiert hat, sind die Argumente nicht überzeugend gewesen. Wir sind der Meinung, daß es durch unseren Antrag möglich ist, dem Ausgleichsfonds einen Betrag von 30 bis 50 Millionen DM zuzuführen. Ich glaube, daß der Ausgleichsfonds diesen Betrag sehr wohl gebrauchen könnte. Ich betone nochmals: Wir wollen, daß die Schäden bis zu 130 000 Mark berücksichtigt werden. Es kann aber nicht verantwortet werden, daß bei größeren Vermögen auch noch Schäden in Anrechnung gebracht werden.
Wie war es denn in Wirklichkeit? Es wurden oft Betriebe verlagert, und die alten Einrichtungen verfielen der Zerstörung. Der verlagerte Teil aber ist erhalten gehlieb n und hat den 'Grundstock nicht nur für die Erhaltung des Betriebes, sondern auch für eine weitere Vermögenserwerbung dargestellt. Es ist daher nur recht und billig, wenn dieses Vermögen abgabepflichtig wird. Wir sind der Meinung, daß auch jener, der mit einem blauen Auge davongekommen 'ist, eine Pflicht der Solidarität gegenüber jenen hat, die alles verloren haben.
Sie haben, meine Damen und Herren, in der vorigen Woche, wenn wir wohlabgewogene Anträge gestellt haben, sehr oft davon gesprochen, daß man zwar sagen könne, daß hier Probleme offenstehen, daß man diese Fragen aber einer späteren Novellierung überlassen wolle. Wir haben sehr wenig Vertrauen auf novellistische Vertröstungen und möchten daher Entscheidungen jetzt herbeiführen. Und, meine Damen und Herren von der Regierungsseite, wenn Sie schon novellieren wollen, dann überlegen Sie doch, ob es nicht auch einmal umgekehrt gemacht werden könnte! Stimmen Sie jetzt für unseren Antrag, und wenn sich später erweisen sollte - worüber wir sehr erfreut wären -, daß der Ausgleichsfonds so viel Mittel hat, daß man damit gar nichts anzufangen weiß, dann können Sie immer noch beantragen, die Schadensgrenze heraufzusetzen.
({4})
Ich stelle daher den Antrag, über unseren Änderungsantrag zu § 38 in namentlicher Abstimmung zu entscheiden.
Herr Dr. Reismann, wünschen Sie noch Ihren Antrag zu begründen? - Bitte sehr!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In § 38 liegt der Föderalistischen Union an sich auch an der Tabelle, die dort enthalten ist. Wir haben schon in der zweiten Beratung darauf hingewiesen, daß sie absolut unzulänglich ist, weil
({0})
sie die Geschädigten mit einer Schadensquote von 100 bis 200 % noch selber zu zahlen verpflichtet. Ich muß nochmals mit allem Nachdruck auf die bewußte Ungerechtigkeit im fiskalischen Interesse hinweisen, die hier vorliegt. Aber da ich leider nicht die nötige Unterstützung finde und da auch Herr Kunze, der damals gesagt hat, die abgelehnten Anträge wolle man bis zur dritten Beratung neu überlegen, sich inzwischen nicht dazu hat entschließen können, seine Stellungnahme zu ändern, hat es keinen Zweck, und wir unterlassen es daher, den Antrag zu der Tabelle des § 38 zu stellen, der uns an sich genau so am Herzen liegt wie früher.
In Abs. 4 des § 38 soll der Regierung noch die Möglichkeit offengelassen werden, durch Rechtsverordnung die hier angegebenen Anrechnungsvergünstigungen für die Geschädigten zu ändern. Es ist absolut unerträglich - zum Materiellen gesprochen -, daß die bescheidenen Vorteile, die hier enthalten sind, im fiskalischen Interesse auch noch reduziert werden können. Also an der Gerechtigkeit ist diese Überlegung gar nicht orientiert, sondern weil das Aufbringen eine bestimmte Summe überschreitet, hätte man -
({1})
-- Darauf gehe ich gleich noch ein! - Wenn man etwas ändert, dann müßte man es wenigstens durch ein Gesetz ändern, es aber nicht der Regierung überlassen. Wenn man jedoch glauben sollte, das Geld stünde nicht zur Verfügung oder es bestünde die Gefahr, daß das Geld nicht zur Verfügung stehen würde, dann müßte man eben die Entschädigungen und die Aufrechnungsmöglichkeiten für die ganz großen Vermögen weglassen. Ich verstehe durchaus, daß man bis zur höchsten Stufe des verlorenen Vermögens überhaupt, und auch des erhaltenen Vermögens, eine Berücksichtigung eintreten läßt. Aber wenn man sagt, man habe das Geld nicht, um den kleinen Verlierern ihren Schaden voll anzurechnen und sie freizustellen, soweit sie mindestens 100 % des Restvermögens verloren haben, dann ist das Geld erst recht nicht für die anderen da; dann verdienen diese kleinen Geschädigten den Vorzug.
Dann zum Formellen: Wenn man glaubt, etwas ändern zu müssen, dann möge man hier eine Novelle vorsehen - wir haben so viel von Novellen gehört, die beschlossen werden sollen, wenn sich das Gesetz irgendwo als unzulänglich erweist - dann mögen wir uns hier einen solchen Vorbehalt, eine solche Mentalreservation merken. Aber wenn wir es der Regierung überlassen, gerade diese Anrechnungsgrundsätze ganz über den Haufen zu werfen, die mit das Wichtigste für die Geschädigten sind, damit sie wenigstens nicht noch zuzahlen müssen, wenn wir das praktisch der Regierung, dem Herrn Finanzminister überlassen,
({2})
dann ist die letzte Grundlage, mit diesem Gesetz noch einverstanden sein zu können, damit entzogen. Ich bitte Sie, zu bedenken: wenn Sie Wert darauf legen, über den Rahmen der Koalitionsfraktionen hinaus das Gesetz akzeptiert zu bekommen, dann müssen Sie nicht so mit den Anregungen und Wünschen der Opposition umgehen!
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kunze.
Herr Präsident Meine Damen und Herren! Ich muß dem Hohen Hause, das die Einzelberatungen und Protokolle natürlich unmöglich alle verfolgen konnte, einmal ganz knapp einiges über die Entstehungsgeschichte des § 38 bis zu seiner jetzigen Vorlage in der Fassung der Ausschußbeschlüsse sagen. In der Regierungsbegründung ist auf Grund einer Tabelle über die Kriegsschadenberücksichtigungen geschätzt worden, daß dadurch eine Minderung des Aufkommens um etwa 100 Millionen DM eintreten würde. Wir haben im Blick auf die Notwendigkeiten, das Aufkommen in den Grenzen des Tragbaren so hoch zu stellen, wie möglich, dann überlegt, wie wir zu einer gerechteren Lösung kommen können, ohne diese Höhe von 100 Millionen DM zu überschreiten. Sie müssen verstehen, gerade bei diesem Punkt stehen wir vor der Schwierigkeit gröbster Schätzungen. Wir haben es erlebt, daß große Verbände gekommen sind und uns erklärt haben: „Wenn ihr das und das macht, dann kostet das nur 175 Millionen DM, und wenn ihr das und das macht, kostet es soundsoviel", und daß uns, nachdem wir nun diese Konzeption gefunden haben, erzählt wurde: „Es wird ja nur 30 Millionen DM kosten!" Sollen wir, wenn diese Unbekannte x da ist, nun schon heute hingehen und eine andere Lösung wählen als die, die auf den Voraussetzungen der Berechnung des Finanzministeriums aufbaut? Wir sichern ab die Tatsache, daß nicht mehr als 100 Millionen DM an Senkung der Einnahme daraus entstehen darf. Sollte das der Fall sein, dann soll die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats eine entsprechende prozentuale Senkung dieser Sätze vornehmen, die zur Ermäßigung führen. Wir haben aber in der zweiten Lesung ausdrücklich erklärt: sollte sich herausstellen, daß die Behauptungen -- die in nichts bewiesen sind -, es gebe in Wirklichkeit eine große Ungerechtigkeit, indem nur 30 Millionen DM des Plafonds in Anspruch genommen würden, stimmen, dann werden wir eine Novelle einbringen, um nunmehro sicherzustellen, daß wir den berechtigten Forderungen, bis zu 100 Millionen DM Senkung der Abgabe vorzunehmen, auch nachzukommen gewillt sind. Wenn ich diese Erklärung namens der Regierungsparteien abgebe, scheint mir das genügend Beweis zu sein für unsere Bereitschaft, den Anliegen des Kollegen Dr. Reismann Rechnung zu tragen, die auch aus unseren Reihen als echte Anregungen gekommen sind.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der SPD-Fraktion Umdruck Nr. 518 Ziffer 4.
({0})
- Ich weiß, es ist namentliche Abstimmung beantragt. Dieser Antrag ist ausreichend unterstützt. Ich bitte die Herren Schriftführer, mit der Einsammlung der 'Stimmkarten zu beginnen.
({1})
({2})
Haben alle Mitglieder des Hauses ihre Stimmkarte abgegeben? - Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({3})
Meine Damen und Herren! Die Abstimmung ist geschlossen.
({4})
Das vorläufige Ergebnis) der Abstimmung ist folgendes. Insgesamt wurden abgegeben 346 Karten. Mit Ja haben gestimmt 132 Abgeordnete, mit Nein 209. Enthalten haben sich 5 Abgeordnete. Die Berliner Abgeordneten haben insgesamt 15 Karten abgegeben, mit Ja 7, mit Nein 7 und 1 Enthaltung. Der Antrag auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 4 ist somit abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 543 Ziffer 2. Ich bitte diejengen, die diesem Antrage zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr kommen wir zur Abstimung über § 38 in der Fassung der Ausschußvorlage. Ich bitte diejenigen, die § 38 in der Ausschußfassung zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe! --- Das erste war die Mehrheit; § 38 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Meine Damen und Herren, wir können das Verfahren wohl etwas beschleunigen, wenn ich von jetzt ab nur noch die Paragraphen aufrufe, zu denen Änderungsanträge gestellt worden sind.
({5})
- Das entspricht auch der Geschäftsordnung, so daß wir nicht jedes Mal über einen Paragraphen, der dazwischen liegt, abzustimmen brauchen; von der Schlußabstimmung sind auch die nicht aufgerufenen Paragraphen mit erfaßt.
Ich rufe also jetzt auf § 47. Dazu liegen ein Änderungsantrag der SPD auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 5 und ein Änderungsantrag des Abgeordneten Dr. Wuermeling auf Umdruck Nr. 531 vor.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Dr. Wuermeling hat in der zweiten Lesung den Antrag eingebracht, die Kinderermäßigungen für kinderreiche Familien zu erhöhen, jedoch auf Kosten der kinderlosen Familien, denen die gleichen Ermäßigungen gestrichen werden sollten. Mit diesem Antrage hatten wir uns nicht einverstanden erklären können. Wir haben uns jedoch in der Zwischenzeit mit diesem Problem beschäftigt und haben nunmehr auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 5 einen Antrag vorgelegt, die bisherigen Ermäßigungen für kinderlose Ehepaare und für Ehepaare mit einem Kind aufrechtzuerhalten, dagegen die Ermäßigungen für Familien mit zwei oder mehr Kindern zu erhöhen. Inzwischen hat der Herr Kollege Dr. Wuermeling auf Umdruck Nr. 531 seinen Antrag modifiziert, indem er an der bisherigen Ermäßigung für die Ehefrau festhalten, dagegen die Kinderermäßigungen auf den Satz erhöhen will, den auch wir vorgesehen haben. Der Antrag des Herrn Kollegen Dr. Wuermeling ist der weitestgehende. Wir werden ihm zustimmen und, für den Fall, daß er angenommen werden sollte, unseren Antrag zurückziehen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9345. zur Begründung unseres erneut zu § 47 gestellten Antrags im wesentlichen auf meine Ausführungen in der zweiten Lesung beziehen und noch einmal herausstellen, daß wir uns wohl alle darüber einig sein werden, daß das Familienvermögen auch bei Abgaben wie diesen schonungsbedürftiger ist als das Vermögen der Alleinstehenden. Wir werden uns wohl auch alle darüber einig sein, daß man den Schutz und die Förderung der Familie sich nicht in Deklamationen in Verfassungen usw. erschöpfen lassen darf. Vielmehr müssen wir, wenn einmal Gesetze verabschiedet werden, in denen die Familie gefördert werden kann, auch die Tat folgen lassen.
Die Regelung, die wir nun vorschlagen, läuft im Ergebnis darauf hinaus, daß der Freibetrag von 5000 DM, der j a zunächst im Rahmen eines Gesamtvermögens unter 25 000 bis 35 000 DM jedem zusteht, sich nun für die Ehefrau um 1000 DM und für jedes Kind, das noch unerhalten wird, um weitere 1000 DM erhöht. Damit verdoppeln wir den Freibetrag gegenüber der Ausschußfassung.
Ich wäre sehr dankbar, wenn wir uns, nachdem die SPD schon ihre Zustimmung gegeben hat, im ganzen Hause zu diesem Gedanken des Schutzes und der Förderung der Familie bekennen würden. Ich möchte besonders auch an die Kolleginnen und Kollegen aus der Regierungskoalition den Appell richten, sich diesem unserem Antrage anzuschließen.
Die Familie ist das soziale Fundament und die Urzelle der Gesellschaft und damit auch des Staates. Ich gehe so weit, zu sagen, sie ist sogar wichtiger als der Staat, weil sie seine physische soziale und kulturelle Kraftquelle ist.
Wir haben in der zweiten Lesung davon abgesehen, über unseren Antrag eine namentliche Abstimmung stattfinden zu lassen. Wir haben aber bereits viele namentliche Abstimmungen über Fragen, die Interessen berührt haben, stattfinden lassen. Deshalb bitte ich namens meiner Freunde, wegen der Wichtigkeit dieser Frage, auch in diesem Fall eine namentliche Abstimmung über den gestellten Antrag vorzunehmen.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Regierungsparteien herrscht Übereinstimmung darüber, daß wir das annehmen wollten.
({0})
Wenn nun auch noch die Opposition erklärt, daß sie es annimmt, dann sollten wir unsere Zeit wirklich besser ausnutzen.
({1})
- Ich habe Ihnen das doch gerade gesagt, Herr Kollege Wuermeling. Wir sind ja einig!
({2})
Meine Damen und Herren, für mich ist die Situation so, daß ein Widerspruch zwischen Äußerungen von Angehörigen derselben Fraktion besteht. Ich muß jetzt
({0})
fragen, ob der Antrag auf namentliche Abstimmung unterstützt wird.
({1})
- Wird er zurückgezogen?
({2})
Da weitere Wortmeldungen nicht vorliegen, können wir nun zur Abstimmung übergehen, zunächst über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 5.
({3})
- Also zunächst über den Antrag Dr. Wuermeling und Genossen auf Umdruck Nr. 531. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen gegen wenige Stimmen angenommen. Damit ist der Antrag auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 5 erledigt.
Ich bitte diejenigen, die den § 47 in der soeben beschlossenen veränderten Fassung annehmen wollen, die Hand zu heben. - Zweifellos die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe nun auf § 51. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Wirths, Lücke und Genossen auf Umdruck Nr. 548 Ziffer 1 vor.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das Wort hat Herr Abgeordneter Wirths.
Meine Damen und Herren! Es hat sich nach der zweiten Lesung herausgestellt, daß die Bezugnahme auf andere Paragraphen redaktionell ergänzt werden muß. Das zu erreichen ist der einzige Zweck dieses Antrag. Ich bitte, ihn anzunehmen.
Es liegt ferner ein Änderungsantrag der SPD vor; das ist Umdruck Nr. 553. - Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind der Meinung, daß der Text des § 51, den ,die Mehrheit dieses Hauses in der zweiten Lesung bereits beschlossen hat, einer weitergehenden redaktionellen Klarstellung bedarf, als das in dem Antrag Wirths, Lücke und Genossen zum Ausdruck kommt. Wir beziehen uns klar auf die Bestimmungen des Ersten Wohnungsbaugesetzes, nämlich auf seine §§ 1 und 17.
Das gleiche gilt für § 51 a. Wir sind der Meinung, daß es nicht genügt, in dem in zweiter Lesung angenommenen Text klarzustellen, daß als bevorzugte Anwärter diejenigen gelten, die die Voraussetzungen für den Anspruch nach § 266 erfüllen und die nach § 373 als bevorzugte Anwärter auf Wohnraum anerkannt sind. Es handelt sich auch in unserem Antrag nur um eine redaktionelle Klarstellung, über die gestern in der Zwischenberatung des Lastenausgleichsausschusses schon verhandelt worden ist. Ich möchte Sie deshalb bitten, unserem Antrag den Vorzug zu geben, den Antrag Wirths, Lücke und Genossen dagegen zurückzustellen. In der Sache unterscheiden wir uns nicht voneinander.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Wirths.
Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Antrag der SPD-Fraktion abzulehnen, und zwar aus folgenden Gründen. Wir haben heute bereits, nachdem das Erste Wohnungsbaugesetz erst einige wenige Jahre läuft, festzustellen, daß ein ganzer Teil von Wohnungen als steuerbegünstigte Wohnungen erstellt worden sind, die aber nicht größer und nicht besser ausgestattet sind als die öffentlich geförderten Wohnungen. Nun kommt noch weiter hinzu, daß wir im Lastenausgleichsgesetz eine Laufzeit von 30 Jahren vorsehen, während das Erste Wohnungsbaugesetz mit seinen Begriffsbestimmungen, glaube ich, nur noch drei oder vier Jahre läuft. Im Laufe der Zeit werden sich also auch bei der Finanzierung des Wohnungsbaus erhebliche Veränderungen ergeben.
Wir möchten Sie bitten, die §§ 50 und 51 so bestehen zu lassen, wie sie beschlossen sind, lediglich mit der kleinen redaktionellen Änderung, die ich eben vorgetragen habe. Ich bitte daher, diesem Antrag zuzustimmen und den Antrag der SPD- Fraktion abzulehnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 553. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag Wirths auf Umdruck Nr. 548 Ziffer 1. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich bitte nun diejenigen, die den § 51 mit der eben beschlossenen Änderung anzunehmen gesonnen sind, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe nun auf § 51 a. Dazu liegt ein Änderungsantrag Wirths auf Umdruck Nr. 548 Ziffer 2 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag - ({0})
- SPD-Antrag zu 51 a? - Das ist der Antrag, der sich auf die §§ 51 und 51 a bezog; der ist eigentlich erledigt. Ich bitte dann also diejenigen, die dem Antrag Wirths zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich bitte nun diejenigen, die dem § 51 a in der eben beschlossenen geänderten Fassung zustimmen, die Hand zu heben. - Das ist zweifellos die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf § 87. Dazu liegt ein Antrag Dr. Preusker auf Umdruck Nr. 545 vor.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? -- Das ist nicht der Fall. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag Preusker zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die § 87 in der Fassung der Beschlüsse der zweiten Beratung zustimmen, die Hand zu heben. -- Das ist zweifellos
({1})
die überwältigende Mehrheit; § 87 ist angenommen.
Ich rufe nun auf § 88. Dazu liegt vor ein Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 6. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch dieser Antrag ist in der zweiten Lesung ausführlich begründet worden. Ich kann jetzt um so mehr von einer Wiederholung dieser Begründung absehen, als ein zu einem § 93 a inzwischen vorliegender Antrag immerhin darauf schließen läßt, daß diese Begründung einen gewissen Eindruck gemacht hat. Obwohl offenbar in den Reihen der Vertriebenenvertreter der Regierungsseite,
({0})
- derjenigen Abgeordneten auf der Regierungsseite, die sich bevorzugt für die Interessen der Vertriebenen bisher eingesetzt haben, obwohl also bei diesen Abgeordneten der Mut, das Lastenausgleichsaufkommen wirksam zu erhöhen, heute einigermaßen abgeflaut zu sein scheint, möchte ich - ({1})
- Wenn nur „scheint", - ausgezeichnet, Herr von Golitschek, dann wollen wir gleich einmal die Probe darauf machen und über diesen Antrag abstimmen. Sie wissen genau, daß er über den Antrag zu § 93 a hinausgeht, und wir glauben das verantworten zu können. Wir glauben, an einem Steuersatz von 1 % festhalten zu müssen, und wir halten es nach wie vor für richtig, die Abgabeschuld abziehen zu lassen in dem Bestand und dem Zeitwert zum jeweiligen Feststellungszeitpunkt, auf den es ankommt.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich zu dem Antrag Stellung nehmen darf, dann bitte ich mir zu erlauben, daß ich gleichzeitig zu dem Antrag Umdruck Nr. 552, der die Sondervorschriften des § 93 a enthält, spreche. Es ist lediglich durch einen Fehler vergessen worden, in § 93 a Abs. 2 den Zeitwert zu benennen. Wir sind mit Ihnen ({0}) der Meinung, daß die Abgabe nach ihrem jeweiligen Zeitwert bemessen werden soll.
({1})
Im übrigen beinhaltet dieser Antrag folgendes: Die Regierungsparteien haben sich nach sorgfältiger Prüfung entschlossen, die Möglichkeit der so wichtigen Erhöhung des Aufkommens im Interesse dessen, was wir genügend begründet haben, hier an dieser Stelle durch einen Änderungsantrag zu schaffen. Durch diesen Änderungsantrag erreichen wir, daß zunächst bis zum Jahre 1960 der Teil des Vermögens, der am Währungsstichtag nicht der Vermögensabgabe unterworfen war, mit 0,75 % - wie es bisher war - der Abgabe unterworfen bleibt. Wir erreichen damit zweitens, daß nicht der doppelte Betrag der Vermögensabgabe, sondern nur der einfache Betrag, auf den jeweiligen Zeitwert umgerechnet - also in Übereinstimmung mit Ihrem Antrag, Herr Kollege Seuffert -, bei der Berechnung der Vermögensteuer in Abzug gebracht werden darf.
Wir haben drittens den Antrag gestellt, daß für das neu sich bildende und das nicht der Abgabe unterworfene Vermögen der Abgabesatz von 1 v. H. bleibt. Dabei haben wir allerdings gleichzeitig die Wiederherstellung der alten Freigrenzen von 10 000, 10 000 und 5000 DM beantragt. Das entspricht Ihrem Vorschlag, der in der vergangenen Woche gemacht wurde, so daß ich die Hoffnung habe, daß wir in dieser Konzeption der Vermögensteuer nunmehr zu einer Übereinstimmung auf breiter Ebene kommen können.
Ich schlage Ihnen vor, den Anträgen dementsprechend Ihre Zustimmung zu geben.
Keine weiteren Wortmeldungen; die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. - Herr Kunze, Sie haben doch keine Anträge zu § 88 gestellt?
({0})
- Es wurde mir zugerufen.
Wir stimmen über den Antrag der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 6 ab. Ich habe nicht ganz verstanden, Herr Abgeordneter Seuffert. Haben Sie namentliche Abstimmung beantragt?
({1})
- Wir stimmen also ab. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einzelnen Enthaltungen angenommen.
Ich bitte nun diejenigen, die § 88 mit der soeben beschlossenen Änderung zustimmen, die Hand zu heben. - Die weit überwiegende Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf § 89. Dazu ein Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 7. Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Paul ({2}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich befinde mich in der beneidenswerten Situation, einen Antrag vertreten zu dürfen, der in der zweiten Beratung mit der in diesem Hause nicht unbekannten ominösen Mehrheit von nur einer Stimme abgelehnt, nun aber von den Koalitionsparteien in einer zeitlich begrenzten Form aufgenommen worden ist. Ich glaube, zu dem Schluß berechtigt zu sein, daß unsere in der zweiten Beratung vorgetragenen Argumente zweifellos überzeugend gewesen sind. Wir halten unseren Antrag auch in der dritten Beratung aufrecht, weil er uns durch den Antrag der Koalitionsparteien auf Umdruck Nr. 552 Ziffer 3 nicht hinreichend ersetzt zu sein scheint. Unser Antrag ist besser, weil er keine zeitliche Begrenzung vorsieht. Der Antrag auf Umdruck Nr. 552 Ziffer 3 hat auch noch den Fehler, daß er nur von den Ziffern 1 und 2 des § 89 spricht, während auch Ziffer 3 dazu gehört.
Im Hinblick darauf, daß also unser Antrag weiter geht und, wie ich beweisen konnte, besser ist, hoffe ich, daß er Annahme findet. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren von der Regierungsseite, im Interesse der kleinen Vermögensträger, zugunsten deren bei der zweiten Beratung eine ganze Reihe von Ihnen sich der Stimme enthalten oder mit uns gestimmt haben, Ihrem Herzen einen Stoß zu geben und unsern Antrag zu bejahen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Herzen einen Stoß geben, - damit ist es in diesem Falle nicht getan, sondern wir haben die Gesamtkonzeption zu sehen. Wir schlagen vor, diese Dinge zunächst bis 1960 so festzulegen. Wir schlagen ferner in unserm Antrag zu § 89 Abs. 1 und Abs. 2 vor, die gleichen Freibeträge einzusetzen, wie Sie sie in Ihrem Antrag auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 7 haben. Die übrige Änderung ist nicht notwendig, weil schon dasteht und auch stehenbleibt, was Kinder in diesem Sinne sind, für welchen Kreis von Kindern die Freibeträge auf Antrag bewilligt werden, wann weitere 5000 DM steuerfrei sind usw.
Die einzige Differenz ist die, wenn ich recht sehe, daß es nach Ihrem Antrag keine zeitliche Begrenzung geben soll, während wir der Meinung sind, daß wir zunächst eine zeitliche Begrenzung für 8 Jahre, bis 1960, vorgesehen und in der Zwischenzeit die weitere Entwicklung abwarten und prüfen sollten, wie sich die Dinge in Zukunft gestalten. Ich bitte daher, den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion abzulehnen und den Antrag der Regierungsparteien, der bis auf diesen Punkt mit ihm übereinstimmt, anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem Sie unsern Antrag zu Ziffer 6 soeben dankenswerterweise angenommen haben und das Prinzip, das Sie in § 93 a zugrunde legen wollen, bereits in § 88 anerkannt haben, scheint mir, Herr Kollege Kunze, kein Raum mehr dafür zu sein, noch von einer zeitlichen Begrenzung zu sprechen. Ich habe Ihre Abstimmung doch wohl so verstehen müssen, daß der Antrag zu § 93 a entfällt; denn nachdem Sie, wie gesagt, § 88 in der Fassung unserer Ziffer 6 angenommen haben, können Sie dasselbe j a nicht noch einmal in zeitlicher Begrenzung beschließen. Ich bitte Sie also nochmals, auch unserem Antrag zu § 89 stattzugeben, da er im Prinzip tatsächlich Ihrem Antrag auf Einfügung eines § 93 a entspricht.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Ich kann den Ausführungen von Herrn Kollegen Seuffert nicht zustimmen. In § 88 handelt es sich um die Berechnungsgrundlage, aber nicht um die Frage: wann erheben wir von diesem Vermögen eine Vermögensteuer? Das ist in § 93 geregelt. Infolgedessen war es vielleicht nicht nötig, in dem § 88 die Einzelheiten von § 93 schon einmal vorwegzunehmen. Aber man kann keinesfalls sagen, daß durch die Annahme von § 88 die Anträge zu § 93 erledigt seien. Deshalb schlage ich abermals vor, bei § 89 diesen Anschein gar nicht mehr zu erwecken, sondern den Antrag der SPD abzulehnen und den materiell gleichen Inhalt dann bei § 93 anzunehmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 7 zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die dem § 89 in der Fassung der zweiten Beratung zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. § 89 ist angenommen.
Ich rufe nun auf § 91 mit dem Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 8. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist notwendig, weil wir nunmehr in § 88 festgelegt haben, daß der Zeitwert der Vermögensabgabe zum Feststellungszeitpunkt und nicht für alle 30 Jahre die Abgabeschuld bei der Vermögensteuer abgezogen wird. Da wir nämlich ein Mindestvermögen bei Körperschaften vorsehen, würde dieses Mindestvermögen bei diesem System auch dann Besteuerungsgrundlage sein, wenn die Abgabe vorzeitig getilgt worden ist, weil eben dann kein Zeitwert der Abgabe mehr vorhanden wäre. Deswegen sieht dieser Antrag, um den Anreiz zur vorzeitigen Tilgung nicht auszuschließen, vor, daß an Stelle des Zeitwerts der Abgabe in diesem Fall vom Mindestvermögen der Zeitwert der Abgabe abgezogen wird, der zu berechnen gewesen wäre, wenn die vorzeitige Ablösung nicht stattgefunden hätte.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Wir alle haben ein Interesse daran, den Anreiz zu einer vorzeitigen Abgabe möglichst stark zu machen. Aus dem Grunde stimmen wir als Koalitionsparteien dem Antrag der SPD in diesem Fall zu.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag der SPD zu § 91 auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 8 zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen einige Stimmen angenommen.
Dann bitte ich diejenigen, die dem § 91 mit der soeben beschlossenen Änderung zustimmen, die Hand zu heben. - Das ist die große Mehrheit. § 91 ist angenommen.
Ich rufe nun auf § 93 a nach dem Änderungsantrag der Regierungsparteien auf Umdruck Nr. 552. Wird das Wort zur Begründung gewünscht?
({0})
- Ist schon begründet. Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich bitte diejenigen, die dem § 93 a in der Fassung des Umdrucks Nr. 552 zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 112. Dazu liegt vor ein Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 9. Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprachen bereits in der zweiten Lesung davon, daß man auf das Problem der Vermögensteuer und ihrer Stellung bei dieser Abgabe noch zurückkommen müßte. Die Sache steht jetzt
({0})
so: alles das, was wir einstweilen über eine Vermögensteuer f ür den Lastenausgleich beschlossen haben, hängt noch in der Luft. Das besagt klar und deutlich der § 113, welcher feststellt, daß das Wirksamwerden - der Jurist würde wohl richtiger von „Inkrafttreten" sprechen - der §§ 84 bis 111, die diese Vermögensteuer behandeln, von der Verabschiedung des Gesetzes, das im Art. 107 des Grundgesetzes vorgesehen ist, abhängt. Das heißt mit anderen Worten, wir wissen noch nicht, ob diese Vermögensteuer tatsächlich für den Lastenausgleich erhoben werden kann. Sie kann erst erhoben werden, wenn das Gesetz nach Art. 107 des Grundso bestimmt. Dieses Gesetz selbst muß nach dem Grundgesetz bis zum 31. Dezember 1952 verabschiedet werden. Es ist ein Gesetz, welches die Verteilung der Steuern im Verhältnis zwischen Bund und Ländern neu regeln, anders regeln soll als im Grundgesetz.
Das Gesetz nach Art. 107 ist kein verfassungsänderndes Gesetz, alber es ist ein Zustimmungsgesetz. Der Bundesrat kann hier nicht überstimmt werden. Wir wissen heute noch nicht, ob dieses Gesetz eine solche Bestimmung für den Lastenausgleich vorsieht, ob es die Vermögensteuer für den Lastenausgleich hergibt. Offenbar wird das davon abhängen, welche Einigung man in der Gesamtverteilung der Steuern zwischen Bund und Ländern im Laufe dieses Jahres zusammenbringt. Deswegen unser Antrag. Es liegt ja bereits ein gemeinschaftlicher Antrag vor, § 113 neu zu fassen. Auch dieser Antrag bezweckt, den Tatbestand klarer zu stellen, d. h. klarer zu stellen, daß die Erhebung einer Vermögensteuer für den Lastenausgleich auf diesem Wege künftig nur möglich ist, wenn das noch nicht erlassene Gesetz nach Art. 107 so bestimmt. Wir beantragen in Ziffer 10 unseres Umdrucks Nr. 518, klar und deutlich so auszusprechen, daß die §§ 84 bis 111 erst mit Inkrafttreten dieses Gesetzes in Kraft treten. Von Wirksamwerden einer Gesetzesbestimmung kann man ja wohl juristisch nicht eigentlich richtig sprechen.
Das ist also die Lage hinsichtlich der Vermögensteuer überhaupt. Das Gesetz zu Art. 107 ist noch nicht verabschiedet. Daneben ist aber in den §§ 112 und 114 bis 119 - und dazu gehören dann noch die §§ 121, 122 und 237 - folgendes vorgesehen. Die Vermögensteuer der Länder wird bereits vom 1. Januar 1951 ab, also schon für die heutige Zeit, außer Hebung gesetzt. An ihre Stelle sollen für die Kalenderjahre 1951 und 1952 sogenannte Übergangsabgaben treten, einmalige Vermögensabgaben, welche in praxi nach allen Bestimmungen gar nichts anderes als die nach den bisherigen Vorschriften erhobene Vermögensteuer sind, die ja, nebenbei gesagt, in dieser Höhe von den Ländern bereits 1951 erhoben worden ist bzw. nacherhoben wird und 1952 ebenfalls in der Erhebung begriffen ist. Nun, das ist etwas ganz anderes. Dieses AußerHebung-Setzen der Vermögensteuer und das gleichzeitige Erheben derselben Vermögensteuer für den Lastenausgleich, d. h. für eine Bundesabgabe, ist eine Verfassungsänderung; denn nur im Rahmen des Art. 107 des Grundgesetzes, d. h. im Rahmen desjenigen Gesetzes, das über die gesamte Steuerverteilung neu bestimmt, kann ohne Verfassungsänderung - wenn auch mit Zustimmung des Bundesrats - die Vermögensteuer als Ländersteuer in eine Bundesabgabe verwandelt werden. In § 113 ist das vorgesehen, aber noch nicht wirksam.
In den §§ 112 und 114 bis 119 ist außerhalb des Rahmens des Art. 107 versucht worden, etwas zu tun, was ohne Verfassungsänderung nicht möglich ist. Wir können dem nicht zustimmen. Es ist bis jetzt nicht versucht worden, eine verfassungändernde Mehrheit für diese Maßnahme zu suchen oder zu finden. Es ist auch noch kein Weg vorgeschlagen worden, wie dieser Effekt auf eine andere Weise erreicht werden könnte. Ich habe nebenbei mehrfach betont, daß ich es ,für aussichtslos halte, in diesem Zustimmungsgesetz von den Ländern die nachträgliche Herausgabe der bereits erhobenen, für sie eingerechneten Vermögensteuern 1951 und 1952 zu erhalten. Daß das tatsächlich aussichtslos ist, ist ja durch die vorgelegten Bilanzen des Lastenausgleichs anerkannt; der Posten tritt dort niemals auf.
Wir beantragen deswegen, diese Paragraphen, die wir in dieser Form für verfassungswidrig halten, zu streichen. Das ist unser Antrag Umdruck Nr. 518 Ziffer 9.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Über die Frage, ob wegen der §§ 112 und 114 bis 119 eine Verfassungsänderung notwendig ist, sind die Meinungen außerordentlich geteilt. Die Bundesregierung hat auch durch ihre Vorlage ihrer Meinung Ausdruck verliehen, daß sie keine Verfassungsänderung für notwendig erachtet. Wir beziehen uns im übrigen auf unsere Erklärung in der zweiten Lesung und beantragen, den sozialdemokratischen Antrag Ziffer 9 abzulehnen.
Wegen des Änderungsantrags Ziffer 10, der den § 113 betrifft, darf ich Sie, Herr Kollege Seuffert, darauf hinweisen, daß wir heute morgen einen interfraktionellen Antrag angenommen haben, der auch von Ihrer Fraktion unterschrieben worden ist und der dem § 113 eine neue Fassung gegeben hat. Damit ist dieser Antrag eigentlich erledigt. Ich bitte Sie, diesen Antrag Ziffer 10 zurückzuziehen.
({0})
Wir sind noch nicht in der Abstimmung.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Zur Abstimmung hat das Wort Herr Abgeordneter Loritz.
Loritz ({0}) : Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß man aus juristischen Gründen, insbesondere, um die Mehrheit in diesem Hause und ihre Zusammensetzung genau feststellen zu können, was für eventuelle Entscheidungen das Verfassungsgerichts vielleicht doch irgendwie von Bedeutung sein könnte,
({1})
über den Antrag der SPD Umdruck Nr. 519 Ziffer 9: § 112, §§ 114 bis 119 usw. usw. zu streichen, namentlich abstimmen sollte. Ich glaube, es würde gut sein, wenn die SPD-Fraktion hier den Antrag auf namentliche Abstimmung stellte. Ich würde ihn gern stellen und um Ihre Unterstützung bitten, meine Damen und Herren.
({2})
Ich bitte die Juristen, wie Herrn Seuffert von der SPD-Fraktion, sich das doch zu überlegen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sehen uns nicht veranlaßt, hier einen Antrag auf namentliche Abstimmung zu unterstützen. Ich will das kurz begründen. Der Ansicht, daß eine eventuelle Verfassungswidrigkeit der in Frage stehenden Paragraphen durch eine Abstimmung hier gedeckt werden könnte, kann man nach unserem Grundgesetz gar nicht sein; denn eine solche Abstimmung kann eine Verfassungswidrigkeit überhaupt nicht decken; es bedürfte hier einer formellen Änderung des Grundgesetzes.
Der Änderungsantrag zu § 113 hat in der Tat nur redaktionelle Bedeutung. Ich habe das, worauf wir damit hinweisen wollten, eingehend dargelegt. Ich ziehe ihn hiermit vor der Abstimmung zurück.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Der Herr Abgeordnete Loritz hatte namentliche Abstimmung beantragt. Ich frage das Haus, ob dieser Antrag Unterstützung findet. - Das ist nicht der Fall. Es findet also keine namentliche Abstimmung statt.
Ich' bitte diejenigen, die dem Antrag der SPD Umdruck Nr. 518 Ziffer 9 zustimmen, die Hand zu heben. - Bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist bei einigen Enthaltungen abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die dem § 112 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu heben. - Bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
({0})
Meine Damen und Herren, ich bitte die Plätze einzunehmen. Es ist für den Fortgang der Verhandlungen notwendig, daß sie nicht durch allzu geräuschvolle Unterhaltungen gestört werden.
Ich rufe jetzt, nachdem der Änderungsantrag zu § 113 von den Antragstellern zurückgezogen ist, § 123 auf. Dazu liegt in Umdruck Nr. 544 Ziffer 2 ein Änderungsantrag Dr. Preusker vor.
({1})
- Der Wortlaut des § 113 ist heute morgen durch die Abstimmung über Umdruck Nr. 525 Ziffer 5 bereits festgelegt worden.
Zu § 123 liegt der Antrag Dr. Preusker Umdruck Nr. 544 Ziffer 2 vor. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen also zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die diesem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. - Bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die überwältigende Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe nun § 132 auf. Dazu liegt der Änderungsantrag der Abgeordneten Wirths und Genossen Umdruck Nr. 556 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Herr Abgeordneter Wirths!
Meine Damen und Herren! Die Unterzeichner dieses Antrags haben Ihnen vorgeschlagen, in § 132 einen Abs. 2 a einzufügen, und zwar aus folgendem Grund. In § 132 Abs. 1 haben wir die Normalerrechnung der Hypothekengewinnabgabe mit den neun Zehnteln aus den sogenannten Umstellungsgrundschulden. Nun hat man in § 132 Abs. 2 eine Berechnung eingeführt, die sich auf solche Bauten bezieht, die mit Reichsbaudarlehen, mit Hauszinssteuerhypotheken oder anderen zinsverbilligten Darlehen erstellt worden sind. Das hat wohl den Grund gehabt, daß man das Verfahren vereinfachen und normalisieren wollte. Das korrespondiert auch mit § 139 Abs. 4, wo man die Verzinsung mit 4 °/o und die Tilgung mit 2 % angesetzt hat, um gleichmäßige Annuitäten zu erhalten und die Laufzeit der Dauer des Lastenausgleichs anzupassen.
Soweit war das alles gut und schön und richtig. Das hat aber nur seine Bedeutung, wenn die Gleichmäßigkeit bei einem bestimmten Verhältnis von ersten Hypotheken zu zweiten öffentlichen Hypotheken und zu dem Prozentsatz des Eigenkapitals gewahrt ist.
Es ergibt sich aber bei der Auswirkung folgendes: Die Leistungen für den Lastenausgleich aus der Hypothekengewinnabgabe sind dieselben und werden nicht berührt. Aber bei der Vermögensabgabe und bei der vorhin neu beschlossenen Vermögensteuer von der Hälfte des Vermögens vom 21. Juni 1948 ergibt sich eine Errechnung eines f i k t i v en Vermögens, da eine Differenz zwischen dem Einheitswert und der herabgesetzten Belastung naCh Abs. 2 besteht, die als Vermögen herangezogen wird. Dieses Vermögen ist deshalb fiktiv, weil ja der Einheitswert heute kleiner ist oder nicht viel höher ist als die Gesamtbelastung. Das ist eine ziemlich schwierige Rechnung.
Ich muß Ihnen dazu ein Beispiel geben, ein Beispiel, das aus der Praxis genommen ist. Stellen Sie sich ein Wohnhaus vor, etwa mit Kleinwohnungen, beliehen mit einer ersten Hypothek von 40 000 Mark, einer Hauszinssteuerhypothek oder einem Baudarlehen der öffentlichen Hand von 80 000 Mark und einem Eigenkapital von 20 000 Mark. Der Einheitswert dieses Hauses mag 100 000 Mark betragen; das wird der Wirklichkeit entsprechen. Nun wird nach § 132 Abs. 2 dieses öffentliche Darlehen mit l 1/2 % der Jahresleistung berechnet und dann mit 20 multipliziert. Wenn man in meinem Beispiel dann 10% Tilgung bis zum 21. Juni 1948 berechnet, verbleiben also von der öffentlichen Hypothek von 80 000 Mark 21 600 Mark, davon werden angerechnet 19 440 Mark, die berühmten neun Zehntel; das eine Zehntel daraus bleibt ebenfalls. Nehmen wir an, daß die erste Hypothek ebenfalls mit 10 % getilgt ist, dann bleiben 36 000 Mark, so daß die Gesamtbelastung nach § 132 Abs. 2 62 640 Mark beträgt. Der Einheitswert ist 100 000 Mark; die Differenz, nämlich 37 360 Mark, unterliegt der Vermögensabgabe und der Vermögensteuer.
Das kann zweifellos nicht im Sinne des Ausschußbeschlusses gewesen sein; denn es ist ja nicht möglich, daß man ein vollkommen fiktives Vermögen zur Vermögensabgabe heranziehen kann. Der Antrag soll eine Korrektur in der Richtung bezwecken, daß in einer Rechtsverordnung bestimmt werden soll, daß, wenn nach Abs. 2 die Berechnung der Abgabeschuld gemacht wird, keine stärkere Heranziehung zur Vermögensabgabe und zur Vermögensteuer als nach dem Normalfall des Abs. 1 erfolgt. Das wäre die Korrektur. Dabei ist nochmals darauf hinzuweisen, daß ja die Leistungen aus der Hypothekengewinnabgabe dieselben sind. Die werden nicht tangiert.
Wir bitten, dieser Korrektur zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist schlechterdings unmöglich, zu einem Antrag, der so komplizierte technische Probleme anschneidet wie dieser, in diesem Stadium der Beratungen Stellung zu nehmen. Daß durch eine Kürzung des Schuldnergewinns, des Kapitalbetrags der Hypothekenverbindlichkeit, aus der sich die Hypothekengewinnabgabe errechnet, eine erhöhte Heranziehung zur Vermögensabgabe erfolgt, ist an und für sich geradezu der Normalfall. Nur dann ist das nicht der Fall, wenn diese Kürzung noch außerhalb des Einheitswerts verbleibt. Aber das, was man hier ins Auge fassen muß, ist ja die Gesamtbelastung mit Hypothekengewinnabgabe und Vermögensabgabe. Die Vermögensabgabe und die Hypothekengewinnabgabe sind zu sehr verschiedenen Zinssätzen und zu sehr verschiedenen Tilgungsbedingungen abzuwickeln. Richtig gesagt: Die Vermögensabgabe besteht in einer Rente, die Hypothekengewinnabgabe in diesem Falle mit einer zu 4 plus 1 verzinslichen und zu tilgenden Schuld. Das Problem, Herr Kollege Wirths, ist seinerzeit in den Erörterungen des Unterausschusses eingehend behandelt worden. Wir sind zu keiner anderen Lösung als der, die im Gesetz vorgesehen ist, gekommen. Wir könnten gegenüber den Beispielen, die Sie eben gebracht haben, wahrscheinlich eine Reihe von Gegenbeispielen aus unseren Protokollen usw. ausgraben. Ihren Beispielen konnte ich in der Schnelligkeit - ich gestehe es offen - auch gar nicht so eingehend folgen.
Ich glaube nicht, daß wir diesem Antrag zustimmen können.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag Wirths und Genossen auf Umdruck Nr. 556. - Ich bitte diejenigen, die diesem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist zweifellos die Mehrheit, der Antrag ist abgelehnt.
Dann bitte ich diejenigen, die dem § 132 in der Fassung der Beschlüsse zweiter Beratung zustimmen, die Hand zu heben. - Das ist die Mehrheit. § 132 ist angenommen.
Ich rufe nun § 166 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag der CDU/CSU, SPD, DP und FU auf Umdruck Nr. 532 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die diesem aufgerufenen Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. - Das ist zweifellos die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich bitte dann diejenigen, die § 166 mit der soeben beschlossenen Änderung zustimmen, die Hand zu heben. - Das ist die überwiegende Mehrheit; angenommen.
Ich rufe nun § 191 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Atzenroth und Genossen auf Umdruck Nr. 533 vor. Zur Begründung hat Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth das Wort.
Wegen dieses Antrags beziehe ich mich auf die in der zweiten Lesung gegebene Begründung. Es handelt sich darum, daß vor allem für den Fall, daß Werkswohnungen von Betrieben in der Form einer besonderen Gesellschaft unterhalten worden sind und daß zwischen diesen beiden Gesellschaften - nämlich der Werkswohnungsgesellschaft und der eigentlichen Muttergesellschaft - Hypotheken oder Darlehen gegenseitig gewährt worden sind, nach der jetzigen Formulierung des Gesetzes keine Anrechnung von Kreditgewinnen und Gläubigerverlusten dadurch vorgenommen werden kann, daß solche Gesellschaften, wenn sie mit 90 v. H. beteiligt sind, in die Kreditgewinnabgabe hineingenommen werden. Bei Annahme des Antrags würde dieser Mangel behoben werden. Ich bitte daher, ihm zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind uns in der letzten Zeit eine ganze Reihe von Anträgen ähnlicher Art nahegebracht worden. Ich habe den Eindruck, daß es irgendeine Firma, irgendeinen Fall in der Kölner Gegend gibt
({0})
- ich kenne den Fall nicht; es sind mir keine Namen genannt worden -, von dem alle diese Anträge ausgehen.
Ich möchte Ihnen zu diesem Antrag nur das eine sagen, Herr Dr. Atzenroth: Allen in dieser Lage befindlichen Gesellschaften, die erhebliche Kriegsschäden an ihrem Grundbesitz erlitten haben, tun Sie mit diesem Antrag einen außerordentlich schlechten Gefallen. Das, was man mit solchen Anträgen erreichen will, bezieht sich auf Fälle, wo offenbar keine Kriegsschäden vorliegen, oder man will aus sonstigen Gründen eine günstigere Abgabeberechnung vornehmen können. Wir können doch jetzt nicht erneut anfangen, über das ganze Prinzip der Hypothekengewinnabgabe und der Kreditgewinnabgabe zu streiten! Wir müssen doch die Gesamtheit der Fälle im Auge behalten.
Ich bitte Sie, den. Antrag abzulehnen.
({1})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag Dr. Atzenroth Umdruck Nr. 533 zustimmen, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letztere ist die überwiegende Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die § 191 in der Fassung der Beschlüsse der zweiten Beratung zustimmen, die Hand zu heben. - Das ist die überwältigende Mehrheit. § 191 ist angenommen.
Ich rufe nun § 196 auf. Dazu liegt ein Antrag Dr. Atzenroth und Genossen auf Umdruck Nr. 534 vor. Das Wort zur Begründung wünscht Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß durch diesen Antrag eigentlich die Absicht des Ausschusses verwirklicht werden könnte. Wir waren uns im Ausschuß darüber einig, daß bei der zweiten Saldierung innerhalb der Kreditgewinnabgabe - nämlich der Saldierung mit Betriebsverlusten in den Jahren nach dem Kriege - nur diese Jahre nach dem Kriege erfaßt
({0})
werden sollten. Nach der jetzt vorliegenden Fassung würde aber das 1944 begonnene Wirtschaftsjahr mit in diese Saldierung hineinkommen. Das war doch nicht unsere Absicht, sondern es sollte erst das Wirtschaftsjahr mit in die Saldierung hineinkommen, das nach dem Krieg begonnen hat. Das soll mit diesem Antrag erreicht werden; denn sonst würden Kriegsereignisse und Kriegsverhältnisse mit in die Saldierungsmöglichkeit hineinbezogen werden, was niemals unserer Absicht entsprochen hat.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können dem Herrn Kollegen Dr. Atzenroth für die Begründung, die er seinem Antrag gegeben hat, nur dankbar sein; denn die Kriegsverhältnisse, von denen er gesprochen hat, sind j a gar nichts anderes als Kriegsgewinne, die er auf diese Art schützen will.
({0})
- Herr Kollege Dr. Atzenroth, die Sache ist doch die: Es handelt sich darum, wieviel Jahre ab 1945 in die Berechnung dieser Betriebsverluste, von denen allerdings die Betriebsgewinne der gleichen Zeit vorher abzurechnen sind, einbezogen werden sollen. Sie wollen ein Jahr weniger einbeziehen und deswegen, wenn das Jahr Verlust gehabt hat, dem Abgabepflichtigen weniger an der Kreditgewinnabgabe abziehen. Wenn das Jahr allerdings Gewinn gehabt hat, so ersparen Sie ihm die Anrechnung dieses Gewinns. Es handelt sich in diesen Fällen allenfalls um das letzte Kriegsjahr; und Sie nehmen mit einiger Berechtigung offenbar von vornherein an, daß das in aller Regel ein Gewinnjahr gewesen ist. Nun, Herr Dr. Atzenroth, die normale Berechnung für diese Zeit beginnt am 1. Januar 1945. Jedermann braucht also seine Kriegsgewinne aus dem letzten Kriegsjahr hier nicht mehr abziehen zu lassen. Einige Leute müssen ihn vielleicht mit abziehen lassen aus Gründen, die sich aus der Verlegung ihres Wirtschaftsjahres ergeben. Wir sehen keine Veranlassung, hier von dem Stichtag 1. Januar 1945 abzugehen und einen erweiterten Abzug von Kriegsgewinnen vorzusehen.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth.
Herr Kollege Seuffert, es handelt sich doch hier gar nicht um die Frage von Kriegsgewinnen. Im Gegenteil! Ich will doch die Kriegsgewinne `und -verluste gerade absolut ausschalten. Der Gedanke war folgender: Bei der Kreditgewinnabgabe sollen zunächst den Kreditgewinnen die Gläubigerverluste - um es mit den beiden Schlagworten auszudrücken- gegenübergestellt werden: Dieser ersten Saldierung sollte eine zweite Saldierung folgen können aus der Begründung heraus, daß Betriebe in den Jahren nach dem Kriege nach der Besetzung aus Gründen, die mit der Besatzungsmacht in Zusammenhang stehen, mit Verlust gearbeitet haben und daß diese Verluste eventuell als ein gewisser Ausgleich für die noch verbliebenen Kreditgewinne gelten sollen. Wenn wir ganz korrekt verfahren wollten, Herr Kollege Seuffert, müßten wir sagen: Nur die Wirtschaftsereignisse nach dem 8. Mai 1945 sollen Berücksichtigung finden. Das können wir nicht erreichen, weil es wahrscheinlich keine Bilanzen gibt, die hier eine Trennung zulassen. Ich will es also einschränken, daß die Berechnung in die Kriegszeit hineingezogen wird, während die Fassung des Ausschusses das noch weitgehend ermöglicht. Dabei spielt weder der Gedanke der Erfassung von Kriegsgewinnen noch die Berücksichtigung von Kriegsverlusten eine Rolle; sondern sie sollen im Gegenteil ausgeschaltet werden. Das war unsere Absicht. Es sollen nur die Ereignisse Berücksichtigung finden, die nach dem 8. Mai 1945 eingetreten sind.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag zu § 196 auf Umdruck Nr. 534. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die überwiegende Mehrheit. Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich bitte diejenigen, die dem § 196 in der Fassung der zweiten Lesung zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Ich rufe § 227 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag Dr. Atzenroth auf Umdruck Nr. 535 Ziffer 1 vor. Das Wort hat zur Begründung Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Mit Rücksicht darauf, daß der Beschluß innerhalb der Koalition vorliegt, Änderungsanträge auch dann nicht anzunehmen, wenn der sachliche Inhalt vielleicht anerkannt wird,
({0})
ziehe ich diesen Antrag zurück.
({1})
Ich wiederhole meine Ausführungen aus der zweiten Lesung. Ich halte die Forderung nach wie vor aufrecht und werde sie für die Novelle erneut vorbringen.
Damit ist der Antrag zurückgezogen. Wir können die Aussprache einstellen. Ich frage aber das Haus, ob § 227 in der Fassung der zweiten Beratung angenommen wird. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Das ist die überwiegende Mehrheit. § 227 ist angenommen.
Ich rufe § 229 auf. Dazu liegen vor ein Antrag Dr. Kather auf Umdruck Nr. 551 und ein Antrag Dr. von Golitschek auf Umdruck Nr. 536
({0})
sowie ein Antrag Trischler auf Umdruck Nr. 558. Der Umdruck ist soeben verteilt worden. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Herr Dr. Kather!
Ich ziehe meinen Antrag zugunsten des Antrags Dr. Trischler zurück.
Sie ziehen Ihren Antrag zugunsten des Antrags Dr. Trischler zurück.
Herr Dr. von Golitschek!
Den Antrag auf Umdruck 536 ziehe ich auch zurück.
Der Antrag auf Umdruck Nr. 536 ist von Herrn Dr. von Golitschek auch zurückgezogen. Es steht also lediglich der Änderungsantrag Dr. Tritschler auf Umdruck Nr. 558 zur Erörterung. Zur Begründung Herr Abgeordneter Dr. Trischler!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um den Antrag, den wir bei der zweiten Beratung zurückgestellt haben und der Entscheidung der dritten Lesung überlassen wollten. Inzwischen haben eine ganze Reihe von Besprechungen zwischen den einzelnen Fraktionen stattgefunden. Wenn Sie sich die Liste der Unterschreibenden ansehen, werden Sie feststellen, daß praktisch aus allen Fraktionen jene Vertreter unterschrieben haben, die an dieser Frage besonders interessiert sind. Unsere Landwirte, über alle Fraktionen hinweg, sind mit der Lösung, wie sie jetzt vorgeschlagen wird, einverstanden. Wir haben den heiklen Punkt 3 zurückgezogen. Im wesentlichen kommt jetzt das zum Ausdruck, was beide Seiten wollen: Die Heimatvertriebenen wollen. daß durch die Heranziehung des Bodenreformlandes möglichst viel Land möglichst in den ersten Jahren angeboten werden kann. Wir wollen nicht, daß bei dem Bodenreformland nur Heimatvertriebene zum Zuge kommen; sondern wir wollen das aufrechterhalten, was in der Ländergesetzgebung bezüglich der Siedlung festgelegt ist, nämlich eine gewisse zahlenmäßige Verteilung nach den Ländergesetzen. Wenn also hier gewisse Ländereien für den Lastenausgleichsfonds angeboten werden, so werden diese zwar ausschließlich für die Heimatvertriebenen verwendet. aber sie werden auf ihrem Konto in dem betreffenden Land belastet.
Ich will ein praktisches Beispiel sagen. In einem Land stehen meinetwegen 2 000 ha Bodenreformland überhaupt zur Verfügung, die angeboten werden. Davon werden 500 ha dem Lastenausgleichsfonds angeboten. Diese 500 kommen ausschließlich den berechtigten Geschädigten-Gruppen - sowohl Heimatvertriebenen wie auch einheimischen Geschädigten - nach dem Lastenausgleich zugute. Aber die restlichen 1500 werden dann so berechnet - in den meisten Ländern ist es heute so, daß es halb und halb aufgeteilt wird, daß also 1 000 ha insgesamt den Geschädigten-Gruppen und 1 000 ha den Einheimischen, zweiten und dritten Söhnen usw. zur Verfügung stehen -, daß den Geschädigten nicht mehr die Hälfte, 750, sondern nur 500 ha zugute kommen, weil sie j a im Lastenausgleich schon ihre 500 ha erhalten haben.
Ich glaube, ich brauche es nicht weiter zu begründen. Von allen Fraktionen haben die Fachleute mit unterschrieben. Ich bitte um die Annahme dieses Antrages.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; dann kann ich die Aussprache schließen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag Dr. Trischler Umdruck Nr. 558 zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist zweifellos die überwiegende Mehrheit. Damit ist der Änderungsantrag angenommen.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 229 mit der soeben beschlossenen Ergänzung zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die überwieg ende Mehrheit; es ist also so beschlossen.
Wir kommen nun zu § 239. Dazu liegen vor ein Änderungsantrag der SPD-Fraktion auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 11 und ein Änderungsantrag Dr. von Golitschek auf Umdruck Nr. 537 vor. Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch dieser Antrag ist bereits in der zweiten Lesung gestellt - leider abgelehnt - und damals ausführlich begründet worden, so daß ich Ihnen nur mit ganz kurzen Worten noch einmal in Erinnerung zu rufen habe, um was es sich handelt. Es handelt sich um das Vorhaben, einen Betrag von 150, 170 bis 200 Millionen DM jährlich aus den Abgaben des Lastenausgleichs von den Abgabepflichtigen auf die allgemeinen Steuerzahler abzuwälzen. Zu diesem Zweck wird in § 239 der Versuch einer fiktiven Aufteilung der Jahresleistungen in Kapitaltilgung und Zinsen gemacht, der nach dem Gesetz in keiner Weise gerechtfertigt ist. Ich wiederhole es noch einmal: die Abgabeschuld des Lastenausgleichs ist eine Rentenschuld, eine verrentete Abgabe. Ich bitte Sie noch einmal, überall dahin zu schauen, wo der Zeitwert dieser Abgabe zu irgendwelchen Zwecken, z. B. zum Zwecke des Abzugs bei der Besteuerung oder zum Zwecke der Ablösung oder in der Bilanz berechnet wird. Es wird dort immer der Wert einer Rente berechnet es werden die Summen der Jahresleistungen zugrunde gelegt, und Sie können deswegen nicht in einem Teil dieser Jahresleistungen Zinsen sehen, weil natürlich Zinsen bei der Berechnung des Zeitwertes einer Schuld nicht mitgezählt werden können.
Meine Damen und Herren, es ist mir das in der Debatte der zweiten Lesung teilweise bestritten worden. Ich hatte allerdings angenommen, daß Sie oder wenigstens die Wortführer hier den schriftlichen Bericht gelesen hätten oder wenigstens den Bericht gelesen hätten, den Sie selbst erstattet haben. Ich möchte immerhin die entscheidenden Sätze aus der Berichterstattung zu den §§ 13 bis 83 auf Seite 11 des schriftlichen Berichts noch einmal vorlesen:
Die 50% ige ({0}) Abgabeschuld, die den Ausgangspunkt für die Ermittlung der Vierteljahrsbeträge darstellt, verliert nach Berechnung dieser Vierteljahrsbeträge an Bedeutung. Die Schuld des Abgabepflichtigen besteht nunmehr in einer Verpflichtung zur Entrichtung der vorgeschriebenen Vierteljahrsbeträge in dem genannten Zeitraum; diese Verpflichtung hat also den Charakter einer Rentenverpflichtung.
Berichterstatter: Herr Dr. Atzenroth!
({1})
Wenn es sich hier um eine Rentenverpflichtung handelt, wenn man bei dieser Abgabe das Prinzip der sofortigen Fälligkeit so weitgehend verlassen hat, daß man sie verrentet hat, so können Sie nicht das Prinzip der sofortigen Fälligkeit zum Zwecke des fiktiven Abzugs eines Zinsanteils hier sozusagen wieder aus der Ecke herausholen, um diese Überwälzung zu erreichen. - Soviel zur Begründung dieser Maßnahme, die wir mit unserem Antrag angreifen.
({2})
Ich erinnere Sie noch einmal daran, was die praktische Bedeutung dieser Bestimmung ist. Sie mögen vielleicht sagen, das Aufkommen des Lastenausgleichs sei gleich hoch, ob die Abzugsmöglichkeit zugestanden wird oder nicht. Aber Sie wissen, daß es sich darum handelt, was vom Lastenausgleich der Abgabepflichtige und was der Steuerzahler zahlt. Sie wissen, daß es sich darum handelt, welche Leistungen Sie dem Steuerzahler zumuten können, und Sie wissen, daß die Vertreter dieses Steuerzahlers, die Finanzminister, diesem Gesetz zustimmen müssen.
({3})
- Das möchte ich sehr bezweifelt haben, und ich will es auch nicht hoffen, Herr Dr. Bucerius. Denn jedes Geld, das hier abgewälzt wird, muß ja der Steuerzahler über die Umsatzsteuer, die Verbrauchsteuern und die Lohnsteuer, das muß ja der Geschädigte selbst über diese Steuern darauflegen und dazulegen und an Stelle der Abgabepflichtigen zahlen, oder er muß es an Kürzung der öffentlichen Leistungen hinnehmen. Ich möchte nicht hoffen, daß man dem zustimmt, und ich bitte Sie deswegen nochmals, unserem Antrag zuzustimmen. Wir beantragen namentliche Abstimmung.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat wohl zu kaum einem Punkt eine so lange und ausgiebige Auseinandersetzung über die verschiedenen Standpunkte der Regierungsparteien einerseits und der Opposition andererseits stattgefunden wie zu diesem Punkt. Alles, was hier noch zur Begründung gebracht werden könnte, finden Sie in den Protokollen der zweiten Lesung. Es ist eben die Auffassung der Regierungsparteien, daß es sich um eine echte Schuld handelt, die wegen der Unmöglichkeit einer sofortigen Regulierung in diese Abgabeform gekleidet werden muß. Es kann nicht bestritten werden, daß - wie ich schon das vorige Mal auszuführen die Ehre hatte - in der 6%igen Abgabe beim Betriebsvermögen 4,4 % Verzinsung und 1,6 % Tilgung stecken. Ich vermag namens der Regierungsparteien keinen anderen Standpunkt anzuerkennen. Wir werden daher bei der namentlichen Abstimmung mit Nein stimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Wir sind, wie allgemein bekannt ist, von Anfang an davon ausgegangen, daß eine Abgabe von 50 % des Vermögens erhoben werden soll. Es werden aber z. B. beim Betriebsvermögen 30 Jahre lang 3 % erhoben. Das sind 90 %.
({0})
Es ist niemals an eine Abgabe von 90 % gedacht worden, sondern das, was über 50 % hinausgeht, ist der Ausgleich für die spätere Zahlung. Also es ist der Zinsanteil. Von dieser Auffassung sind wir von Anfang an ausgegangen. Wenn in dem schriftlichen Bericht % gesagt wird: „Es kommt einer Rente gleich", dann ist das darauf zurückzuführen, daß aus rein technischen Gründen später Vierteljahreszahlungen eingeführt worden sind. Das hat aber mit der Absicht, die uns klar und deutlich von Anfang an beseelte, nämlich 50 % als Abgabe zu
betrachten und das andere als Zinsen anzusehen, nichts zu tun. Deswegen beantrage ich, den Antrag abzulehnen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Golitschek.
Meine Damen und Herren! Zur Begründung unseres Antrages auf Umdruck Nr. 537 möchte ich mich auf die Worte meiner beiden Herren Vorredner berufen, die betont haben, daß in der vierteljährlichen Abgabeschuld Zinsen und andererseits Amortisation der Abgabeschuld enthalten sind. Dieser Satz ist in der jetzigen Vorlage des Ausschusses bezüglich der laufenden Abgaben verwirklicht. Er ist aber nicht verwirklicht für den Fall, daß ein Abgabeschuldner bereit ist, Vorauszahlungen zu leisten. In den Fällen der Vorausleistung ist eine Abzugsmöglichkeit des Zinsenanteils nicht vorgesehen.
({0})
Meine Damen und Herren, es ist eine solche Unruhe im Hause, daß es nicht möglich ist, dem Redner zu folgen. Ich bitte doch, die Gespräche zu dämpfen.
Wir befürchten, daß dadurch, daß diese Abzugsmöglichkeit bei Vorauszahlungen im Gesetz nicht gewährleistet ist, die Absicht, die in dem Entschließungsantrag der Koalitionsparteien auf Drucksache Nr. 3373 enthalten ist, nämlich durch die Vorauszahlungen die Summe von jährlich 100 Millionen DM zu erreichen, vereitelt wird. Gerade deshalb beantragen wir, daß die gleiche Abzugsmöglichkeit wie bei der laufen- den Abgabe auch für Vorauszahlungen gewährt wird, um den Anreiz echt werden zu lassen. Ich bitte, unsrem Antrag auf Umdruck Nr. 537 zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Müller.
Meine Damen und Herren! Man muß doch einmal mit der Behauptung aufräumen, die der Herr Kollege Dr. Atzenroth aufgestellt hat, daß es sich um eine 50% ige Vermögensabgabe handle. Das Gesetz bestimmt, daß die „Vermögensabgabe" im Laufe von 30 Jahren erfolgt. Es wird eine Realität sein, daß diese auf 30 Jahre verteilte Abgabe nicht aus der Substanz der Vermögen, sondern in der Regel aus den Erträgnissen genommen wird. Das heißt, letzten Endes werden die Arbeiter und die Angestellten, die kaufenden Schichten selber den Lastenausgleich zu tragen haben. Deswegen ist es notwendig, noch einmal mit aller Entschiedenheit dieser Irreführung - es ist nichts anderes - entgegenzutreten.
Mit der Möglichkeit des Abzugs von der Einkommen- und Körperschaftsteuer, die in dem jetzt zur Abstimmung stehenden Paragraphen festgelegt ist, wird ja noch etwas anderes bezweckt, eine weitergehende Schonung des Besitzes. Der Besitz wird noch einmal geschont, indem ihm die Möglichkeit gegeben wird, seine Abgaben bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer zum Abzug zu bringen.
Meine Fraktion wird infolgedessen, wie wir es auch bereits bei der zweiten Lesung getan haben, dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion ihre Zustimmung geben.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 518 Ziffer 11. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Der Antrag ist ausreichend unterstützt. Ich bitte die Herren Schriftführer, mit der Einsammlung der Stimmkarten zu beginnen.
({0})
Haben alle Mitglieder des Hauses ihre Stimmkarte abgegeben? - Dann ist die Abstimmung geschlossen, und ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({1})
Das vorläufige Ergebnis') der Abstimmung: Insgesamt abgegebene Stimmen 341, mit Ja haben gestimmt 128, mit Nein 210, Enthaltungen 3. Von den Berliner Abgeordneten sind insgesamt 15 Stimmen abgegeben. Davon haben mit Ja gestimmt 7, mit Nein 8. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag Dr. von Golitschek auf Umdruck Nr. 537.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9345. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die überwiegende Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nun diejenigen, die dem § 239 in der Fassung der Beschlüsse der zweiten Beratung zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe nun auf § 268.
({2})
- Meine Damen und Herren, mir wird soeben mitgeteilt, daß interfraktionell vereinbart war, mit § 250 die Beratungen für heute einzustellen und den Rest der morgigen Verhandlung zu überlassen.
Damit sind wir also am Ende unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste, die 213. Sitzung auf morgen vormittag 9 Uhr. Die Tagesordnung ist bekannt. Die 212. Sitzung ist geschlossen.