Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 209. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Der Präsident hat Urlaub erteilt: für zwei Tage dem Abgeordneten Dr. Frey, wegen Krankheit der Abgeordneten Frau MeyerLaule.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Franke, Etzenbach, Dr. Miessner, Dr. Luchtenberg, Rische, Vesper, Agatz und Frau Dr. Rehling.
Meine Damen und Herren, der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 29. April 1952 gemäß § 108 der Reichshaushaltsordnung die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes und eine Denkschrift des Präsidenten des Bundesrechnungshofs zu den Haushaltsrechnungen der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets für die Rechnungsjahre 1947, 1948 und für das Rumpfrechnungsjahr 1949 mit der Bitte übersandt, der Bundesregierung Entlastung zu erteilen. Ich habe die Vervielfältigung der Bemerkungen und der Denkschrift als Drucksache Nr. 3341 veranlaßt und bitte um das Einverständnis des Hauses, daß die Vorlage dem Haushaltsausschuß zur weiteren Behandlung überwiesen wird.
({0})
- Das Haus ist damit einverstanden. Ich stelle das ausdrücklich fest.
Zur heutigen Tagesordnung wünscht der Herr Abgeordnete Dr. Pünder das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte darum bitten, die zweite und dritte Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Ich weiß, daß Bedenken obwalten, und es ist gestern im Ältestenrat wohl gerade darüber gesprochen worden. Aber ich darf doch aus rein sachlichen Gründen auf die große Eilbedürftigkeit dieses kleinen Gesetzentwurfs aufmerksam machen. Die drei Ausschüsse, die wir vor wenigen Tagen zur Vorberatung und Prüfung eingesetzt hatten - der Auswärtige Ausschuß, der ERP-Ausschuß und der Finanzausschuß -, haben gestern getrennt in Sondersitzungen die Vorlage für die zweite und dritte Lesung vorbereitet. Es soll nur ein knapper mündlicher Bericht erstattet werden, da es trotz der großen wirtschaftlichen Bedeutung des Gesetzentwurfs formell keine sehr große Angelegenheit ist. Diesen Bericht soll Herr Abgeordneter Dr. Semler erstatten. Das ist einstimmig beschlossen.
Es wäre also aus sachlichen Gründen sehr erwünscht, daß dieser Punkt auf die heutige Tagesordnung gesetzt würde; er nähme nicht sehr lange Zeit in Anspruch.
({0})
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag gehört. Ich frage, ob widersprochen wird.
({0})
- Es wird also widersprochen namens der Fraktion der SPD, d. h. es haben mehr als fünf Mitglieder widersprochen. Dann ist es nach § 26 der Geschäftsordnung leider nicht möglich, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen. Wir müssen uns das für die nächste Woche vorbehalten.
Ich rufe dann auf den einzigen Punkt der heutigen Tagesordnung:
Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich
({1}).
Wir sind gestern in der zweiten Beratung des Lastenausgleichsgesetzes bis zum § 122 gekommen.
Ich rufe jetzt auf: Dritter Abschnitt, Hypothekengewinnabgabe.
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Seuffert. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Seuffert ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verweise auf den schriftlichen Bericht *) und möchte, da die Sache gestern schon zur Sprache gekommen ist, nur darauf hinweisen, daß dieser Bericht nicht summarisch, sondern in einigen zwanzig Sitzungen des Unterausschusses erarbeitet worden ist, zu denen ständig eine ganze Reihe von Sachverständigen hinzugezogen worden sind. Die Arbeit ist in ständiger Fühlungnahme mit allen Interessentenverbänden und allen interessierten Ministerien geleistet worden. Zweitens möchte ich sagen, daß dieser Bericht sowohl im Unterausschuß wie im Hauptausschuß für den Lastenausgleich einstimmig verabschiedet worden ist. Die Formulierungen sind schon von Anfang an in der größten Zahl der Einzelpunkte einstimmig erfolgt. Der einzige Punkt, bei dem es im Hauptausschuß noch zu einer Änderung gekommen ist, war § 164, der auch in einigen heute vorliegenden Anträgen behandelt ist. Soviel ich sehe, ist aber inzwischen über die Frage des § 164 eine Einigung erfolgt.
Dieser Abschnitt des Entwurfs im ganzen ist sowohl im Unterausschuß als auch im Hauptausschuß einstimmig verabschiedet worden.
*) Siehe Stenographischen Bericht in der 207. Sitzung Seite 9024
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe zunächst § 124 auf. Dazu liegt ein Anderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kather vor. Soll er begründet werden? - Offenbar nicht.
({0})
Ferner liegt dazu ein Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff vor.
({1})
- Ebenfalls nicht anwesend.
({2})
- Verzichtet auf die Begründung.
Meine Damen und Herren, wünscht zu § 124 sonst noch jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Besprechung zu § 124.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Kather Umdruck Nr.496 Ziffer 9 auf Streichung der §§ 124 bis 226. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag - ({3})
- Ich habe den Antrag der KPD nicht vorliegen. Wann ist er gestellt worden, Herr Abgeordneter Kohl?
({4})
- Sie haben dazu gar keinen gestellt. Also habe ich mal wieder recht gehabt!
({5})
- „Wieder" ist nur für uns gesagt und nicht für Sie, Herr Kollege Kohl!
({6})
Ich lasse also zunächst abstimmen über den Antrag des Herrn Abgeordneten Kather auf Streichung der §§ 124 bis 226. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt worden.
Der Antrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff ist wörtlich derselbe und ist damit also ebenfalls erledigt.
Ich rufe auf die §§ 124, - 125, - 126, - 127, -128, - 129, - 130, - 131. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.
Ich komme zum Zweiten Titel, §§ 132, - 133, -134, - 135, - 136, - 137, - 138, - 139, - 140,-
141, - 143, - 144. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.
Dritter Titel, §§ 145, - 146, - 147, - 148, - 148 a, - 149, - 150, - 151, - 152, - 153, -154, - 155, - 156. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.
Vierter Titel, §§ 157, - 158, - 159, - 160, - 162. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.
Zu § 163 liegen Änderungsanträge der Abgeordneten Wirths und Genossen und des Abgeordneten Lücke vor. Herr Abgeordneter Wirths wünscht, ihn zu begründen. - Er ist nicht da. - Bitte, Herr Abgeordneter Lücke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ihnen mit Umdruck Nr.504 vorliegende Antrag sieht eine Ergänzung des § 163 Abs.1 vor. Die gesetzlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage des Hausbesitzes würden in allen jenen Fällen wirkungslos bleiben, in denen bei Grundstücken die Hypothekengewinnabgabe bereits wegen Ertragsschwäche des Grundstücks nach Maßgabe einer Wirtschaftlichkeitsberechnung erlassen wird. Eine Ertragsverbesserung auf Grund gesetzlicher Vorschriften würde in diesen Fällen nicht zu dem beabsichtigten Ziel, sondern regelmäßig zu einer Erhöhung der Leistungen auf die Hypothekengewinnabgabe führen. Das kann nicht beabsichtigt sein.
Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, daß gelegentlich der Beratung des Entwurfs einer Verordnung über einen allgemeinen Mietzuschlag bei Wohnungen des Althausbesitzes auch die Wiederaufbauminister der Länder bereits eine entsprechende Forderung erhoben haben. Ich bitte daher das Hohe Haus, diesem unserem Antrag zuzustimmen.
Wünscht jemand das Wort dazu? - Das ist nicht der Fall; ich schließe die Besprechung.
Ich komme zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Wirths und Genossen und mache darauf aufmerksam, daß der ursprüngliche Antrag Umdruck Nr.493 durch den Antrag Umdruck Nr. 512 ersetzt worden ist. Ich darf anrehmen, daß Sie ihn vor sich haben. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag der Herren Abgeordneten Wirths und Genossen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; dieser Antrag ist angenommen worden.
({0})
Herr Abgeordneter Lücke, Ihr Antrag bezieht sich auch auf die Anfügung zu diesem neuen § 163. Ist das auch bei Abs. 1 der Fall?
({1})
Dann komme ich zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Lücke, den Herr Abgeordneter Lücke begründet hat, Umdruck Nr. 504. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist zweifellos die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt. Damit ist § 163 lediglich hinsichtlich des Abs. 4 abgeändert.
Ich komme zur Abstimmung über § 163 in der abgeänderten Form. Ich bitte die Damen und Herren, die § 163 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; § 163 ist angenommen.
Ich rufe weiterhin auf die §§ 164, - 165, -166, - Sechster Titel, §§ 166a, - 166b, - 166c,
({2})
- 167, - 168, - 169, - 170, - 171 und 172. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.
Ich rufe den Siebenten Titel auf, die §§ 173, 174, - 175, - 176, - 177, - 178, - 179, - 180,
- 181, - 182, - 183, - 184, - 185, - 186, -188, - 189, - 189a, - 189b und 190. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zuerheben. - Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.
Ich komme zum Vierten Abschnitt, Kreditgewinnabgabe. - Berichterstattung ist hier auch bereits erfolgt.
Zu § 191 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der Föderalistischen Union vor. Soll er begründet werden? - Offenbar nicht. Der Antrag geht dahin, daß § 191 Abs. 2 gestrichen wird, Umdruck Nr.495 Ziffer 9.
Das Wort dazu hat Abgeordneter Dr. Atzenroth gewünscht.
({3})
- Nicht dazu?
({4})
- § 191 ist aufgerufen, Herr Abgeordneter Atzenroth. Bitte!
Meine Damen und Herren! Ich will keinen Antrag stellen, sondern auf eine Schwierigkeit hinweisen, die eventuell auftreten könnte. Nach Abs. 2 Ziffer 4 dieses § 191 sind von der Kreditgewinnabgabe ausgenommen Unternehmen, deren Hauptzweck die Vermietung oder Verpachtung eigenen Grundbesitzes ist. Diese Bestimmung kann aber zu Härten in den Fällen führen, in denen eine Gesellschaft zu 90 % der mehr an einer solchen Grundstücksgesellschaft beteiligt ist, was im Falle der Werkswohnungen mitunter vorkommen kann. Das Vermögen einer Gesellschaft würde an sich der Kreditgewinnabgabe, mit Bezug auf diese Werkswohnungen aber der Hypothekengewinnabgabe unterliegen. Es wäre also keine Anrechnung der gegenseitig gegebenen Darlehen möglich.
Ich wiederhole: ich will hier keinen Antrag stellen. Ich bitte die Regierung, zu überprüfen, ob aus den Worten: „deren Hauptzweck die Vermietung usw. ist", diese Schwierigkeit nicht schon nach der jetzigen Gesetzesfassung behoben werden kann. Ich würde mir sonst vorbehalten, für die schon wiederholt genannte Novelle den entsprechenden Änderungsantrag zu stellen.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 191. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Streichungsantrag der Fraktion der Föderalistischen Union - Umdruck Nr.495 Ziffer 9 - betreffend Abs. 2 dieses Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Der Antrag ist gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den § 191 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Zu § 192 liegt ein Antrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff auf Umdruck Nr.499 Ziffer 11 vor.
Herr Abgeordneter Goetzendorff, bitte!
Goetzendorff ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Betriebsverluste sind nicht durch die Währungsreform hervorgerufen; sie können daher nicht bei der Kreditgewinnabgabe berücksichtigt werden. Wollte man dem Gewerbe gestatten, die Betriebsverluste abzuziehen, so wäre die logische Konsequenz, dies auch beim Grundbesitz zu tun. Der Ausschußvorschlag würde das bilanzpflichtige Gewerbe zu Unrecht begünstigen und damit das Aufkommen schmälern. Aus diesem Grunde bitte ich, meinem Antrag stattzugeben und die entsprechenden Worte zu streichen.
- Die gleiche Begründung gilt übrigens für meine Anträge auf Streichung der §§ 196 und 197.
Sie haben gleichzeitig damit Ihre Anträge zu den §§ 196 und 197 begründet. - Wünscht jemand, das Wort dazu zu nehmen? - Das ist nicht der Fall. - Doch? Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth?
({0})
- Ich bin erst bei § 192, Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth. So schnell geht es nun doch wieder nicht.
({1})
- Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung zu § 192. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrage des Herrn Abgeordneten Goetzendorff zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Er ist gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den § 192 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Ich rufe auf die §§ 193, - 194, - 195. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben.
- Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Die Anträge zu den §§ 196 und 197 sind von Herrn Abgeordneten Goetzendorff bereits begründet worden. Er verzichtet auf weitere Begründung.
Zu § 197 wünscht Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth das Wort.
Hierzu wiederum nur eine Bemerkung zu einer eventuellen Auslegung dieses Paragraphen, die hinsichtlich des Abs. 5 in Frage kommen könnte. In den Einheitswerten vom 1. Januar 1940 für die gewerblichen Betriebe sind die Betriebsgrundstücke mit ihren Einheitswerten enthalten. Wenn nun am Währungsstichtag dieselben Betriebsgrundstücke mit höheren Einheitswerten eingesetzt werden, so ergibt sich bei einem Betriebsvergleich eine Verringerung des eingetretenen Schadens. Das entspräche natürlich nicht dem Sinne dieses Gesetzes.
({0})
Bei diesem Vergleich müssen die gleichen Grundstücke auch mit dem gleichen Einheitswert eingesetzt werden, denn nur dann ist in diesem Falle der echte Schaden feststellbar. Ich wollte darauf hingewiesen haben, daß bei der Auslegung dieses Gesetzesparagraphen darauf zu achten ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Seuffert ({0}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter habe ich dazu zu bemerken, daß diese von dem Herrn Kollegen Dr. Atzenroth soeben vorgetragene Auslegung des Gesetzes falsch wäre. Es sind klar und deutlich einzusetzen: für den 1. Januar 1940 die Einheitswerte und für den 20.6. 1948 die Werte der DM-Eröffnungsbilanz.
Wollen Sie noch das Wort dazu, Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth? - Offenbar nicht.
({0})
- Ich nehme an, daß die Kommentierung dieses Gesetzes ja wohl auch noch einige Aufgaben bieten wird.
({1})
Ich komme zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff, die §§ 196 und 197 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Streichungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben..-Dieser Antrag isst gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt.
({2})
Ich komme zur Abstimmung über die §§ 196 und 197 in der Ausschußfassung und bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Also bei eisigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf die §§ 198, - 199, - 200, - 201, - 202, - 203, - 204, - 205. - Wollen Sie zu § 205 sprechen, Herr Abgeordneter Dr. Nöll von der Nahmer? - Bitte schön!
Meine Damen und Herren! Schon bei der Berichterstattung wurde darauf hingewiesen, daß die Hypothekengewinnabgabe und die Kreditgewinnabgabe in dem Gesamtausschuß nicht mehr so ausführlich und gründlich behandelt werden konnte wie die anderen Teile dieses Gesetzes. Wer das Gesetz kennt, wird sich der Tatsache nicht verschließen können, daß bei der Hypothekengewinnabgabe sehr schwerwiegende und schwierige zivilrechtliche Fragen vorliegen und daß bei einem Problem wie der Kreditgewinnabgabe sehr ernste und besonders schwerwiegende volkswirtschaftliche Probleme zu lösen waren. Auch hier gilt, was wir schon in unserer Koalitionserklärung gesagt haben, daß 1948 bei der Währungsreform diese Dinge leider nicht mit geregelt worden sind. Damals haben gerade diese Probleme, die jetzt vier Jahre später in der Kreditgewinnabgabe geregelt werden müssen, in der öffentlichen Diskussion viel Beachtung ge- funden. Vier Jahre später diese Dinge zu regeln, ist sehr schwierig.
Unsere Kollegen, die sich in dem Unterausschuß mit dieser Materie befaßt haben, haben rechtlich die Dinge gründlich geprüft und untersucht. Das war ja auch für uns in dem Gesamtausschuß die Rechtfertigung dafür, daß wir auf eine detaillierte Beratung unter dem leidigen Zeitdruck verzichtet haben. Aber, meine Damen und Herren, wenn ich, der ich dem Unterausschuß nicht angehört und mir von dem Gang der Verhandlungen nur auf Grund der Protokolle ein Bild gemacht habe, einmal ganz objektiv zu den Dingen Stellung nehmen darf, so scheint mir doch, daß man bei der Fassung der Kreditgewinnabgabe, sagen wir mal: großzügiger gewesen ist als bei den übrigen Abgaben.
Meine Fraktion hat es bei der Beratung der Vorlage als nicht zweckmäßig empfunden, wie im § 205 die Verzinsungsfrage geregelt ist. Bei den §§ 196 und 197 ist man zweifellos aus Gründen, die man durchaus verstehen kann und die Gewicht haben, bei der Saldierung sehr weit gegangen. Die Betriebsverluste und die Vermögensverluste im Sinne des § 197 gehören nicht so unmittelbar zur Kompensation wie die Saldierung zwischen den Schulden, die am Währungsstichtag da waren, und den Verlusten an Bar- und Giralgeld sowie sonstigen Geldforderungen im Zuge der Währungsreform. Aber der Ausschuß hat sicherlich gute Gründe für seine Entscheidung gehabt.
Aber wie ist es nun mit der Verzinsung? - Die Verzinsung ist außerordentlich niedrig gehalten. Dazu kommt, daß die Zinsen steuerlich abzugsfähig sind. Wenn man annimmt, daß eine 50 %ige Steuer darauf entfällt, so bedeutet also der § 205 praktisch, daß die effektive Zinslast eigentlich nur 2 % ausmacht. Daß man die Abgabeschuld nicht rasch tilgen kann, ist klar, weil die Summen, die von den Glücklichen bei der Währungsreform gewonnen worden sind, investiert wurden - und das ist ja der Volkswirtschaft auch zugute gekommen! - und weil man natürlich auch hier nicht plötzlich ohne Gefährdung der Betriebe hohe Tilgungsraten verlangen kann. Aber wir sind der Ansicht, daß hier noch einmal ernsthaft geprüft werden muß, ob nicht eine wesentlich höhere Verzinsung für diese Währungsgewinne vorgeschrieben werden müßte als nach § 205. Eine Heraufsetzung der Zinsen würde einen energischen Anstoß dazu geben, daß diese Gelder doch vielleicht rascher zurückfließen, als bei einem so niedrigen Zinssatz, wie er hier vorgesehen ist, zu befürchten ist.
An der einen Tatsache ist nicht zu rütteln, daß die Kreditgewinnabgabe doch einen ganz anderen Charakter hat als etwa die allgemeine Vermögensabgabe. Es sind große Währungsgewinne gemacht worden. Wenn man schon aus den vom Ausschuß anerkannten Gründen diese Währungsgewinne nicht stärker heranziehen kann, sollte man doch wenigstens bei diesen sozusagen unfreiwillig zur Verfügung gestellten Summen durch einen hohen Zinssatz - wir denken etwa an den 10 %igen Zinssatz, den wir auch an anderer Stelle des Gesetzes haben! - dafür sorgen, daß diese Gelder rascher zurückgezahlt werden, als das von der Gesetzesvorlage verlangt wird. Wir sind uns über die Schwierigkeiten und über die Fülle der hier hereinspielenden Probleme klar. Aber da wir vor der Notwendigkeit stehen, alles zu tun, um ein höheres Aufkommen zu erzielen, so scheint uns hier eine der Stellen zu sein, wo man auch unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit mit Aussicht auf Erfolg eine entsprechend höhere Einnahme erzielen kann.
Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Schluß noch besonders darauf hinweisen, daß nach den amtlichen Schätzungen mit der erheblichen Einnahme von 140 Millionen DM Jahresertrag gerechnet wird. Diese Ziffern haben mich aufs tiefste erschüttert, weil sie zeigen, wie groß diese Währungsgewinne trotz der Bestimmungen der §§ 196 und 197 sind. Freilich handelt es sich um unsichere Schätzungen. Aber die Ziffer ist nicht
({0})
einfach gegriffen. Ich bin der Ansicht, daß auf diese Zahl von 140 Millionen jährlich mit aller Deutlichkeit hingewiesen werden muß. Durchaus zu rechtfertigen dürfte es sein, wenn man hier einen höheren Zinssatz, als jetzt vorgeschlagen, fordert.
({1})
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion steht dem Gedanken., die Zinsen auf die Kreditgewinnabgabe zu erhöhen, sehr sympathisch gegenüber. Wir begrüßen es durchaus, daß die Fraktion der Freien Demokratischen Partei diesen Gedanken aufgreift. Wir werden uns bis zur dritten Lesung mit der Fraktion des Herrn Kollegen Nöll von der Nahmer darüber zu verständigen suchen, welcher Zinssatz in Frage kommen könnte, und werden einen entsprechenden Antrag einbringen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
({0})
Sie haben recht, Herr Kollege. Ich freue mich, daß diese Ausführungen
({0})
zu erkennen gegeben haben, wie schwierig unsere Arbeiten für die Novelle noch werden.
({1})
Ich freue mich auf die Fortsetzung der Auseinandersetzungen mit dem wirtschaftlich sehr sachverständigen Kollegen Seuffert und meinem Freunde Nöll von der Nahmer bei den Beratungen im Ausschuß.
({2})
Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Kunze wünscht auch noch dazu das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nur ein ganz kurzes Wort sagen. Wir haben uns doch, als wir im Unterausschuß diese Dinge so festsetzten, einiges dabei gedacht und geprüft, warum wir es so machen müßten. Die Gelder, die wir hier der Wirtschaft abnehmen, liegen nicht als Guthaben auf den Banken oder in den Kassenschränken der Unternehmer, sondern sind zum größten Teil, d. h. nahezu ausschließlich investiert. Es liegt nahe - und es wäre propagandistisch so prachtvoll -, zu sagen: na, machen wir 10 %, dann geht's schneller weg als Tilgung, oder machen wir diese Abgabe sofort fällig. Das sind doch, volkswirtschaftlich gesehen, alles Unmöglichkeiten wegen ihrer Folgen, die gestern von meinem Kollegen Dr. Bucerius sehr deutlich zu einem anderen Problem dargestellt worden sind, mit dem wir uns hier befaßt haben. Darum glaube ich, man sollte es im gegenwärtigen Augenblick bei dieser Lösung lassen und dann
({0})
in der Praxis feststellen, welche Möglichkeiten
einer Änderung mit dem Ziel, beschleunigter an
das Geld zu kommen, vorhanden sein werden.
Heute kann das keiner unter uns mit gutem Gewissen sagen.
({1})
- Er ist Professor der Finanzwissenschaft!
Herr Abgeordneter Nöll von der Nahmer hat das Wort.
Ich möchte nur eines nochmals klarstellen, Herr Kollege Kunze, damit wir Nationalökonomen uns doch wenigstens darüber verständigen. Ich habe ausdrücklich gesagt: Selbstverständlich kann man die Beträge, die investiert sind, nun nicht einfach wegnehmen. Daß sie nicht in den Kassen liegen - so primitiv denke ich nicht und meine Freunde auch nicht -, wissen wir sehr genau. Aber wir wehren uns dagegen, daß diese Kredite, die doch praktisch aus dem Opfer der Sparer erwachsen sind, nun effektiv mit diesem ganz anomalen Zinssatz von nur 4 % verzinst zu werden brauchen. Wir haben uns auch nicht gegen die hier vorgesehene Tilgungsrate gewandt; die Tilgungsdauer ist jetzt viel länger als nach der Regierungsvorlage. Das hat gute Gründe, die Sie ja auch angedeutet haben und die wir voll würdigen. Das heißt aber doch nicht, den Zinssatz so niedrig zu bemessen, daß der glückliche Empfänger dieser Gelder sagt: Das ist so wohlfeiles und billiges Geld, das werde ich nun mal am allerspätesten zurückzahlen. Lediglich dagegen wenden wir uns. Es sollte der natürliche Anreiz über den üblichen Zins geschaffen werden, daß eine raschere Tilgung der Abgabe erfolgt, wo sie wirtschaftlich ohne Betriebsgefährdung möglich ist. Ich möchte dies, damit kein Mißverständnis entsteht, nochmals ausdrücklich sagen, und ich freue mich, daß sich hier auch einmal zwischen uns, meine Herren von links, eine Verständigung gezeigt hat.
({0})
Anträge sind zu den Paragraphen nicht gestellt. Ich darf also zur Abstimmung über die §§ 198 bis 205 kommen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; die Paragraphen sind angenommen.
Ich rufe weiter auf die §§ 206, - 207, - 208, -209, - 210, - 211, - 212, - 213, - 213 a, -214, - 215, - 216, - 217. - Keine Wortmeldungen. - Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. Das ist die Mehrheit. Die Paragraphen sind angenommen.
Zweiter Titel. §§ 218, - 219, - 220, - 221, -222, - 223, - 224, - 225, - 226. - Ebenfalls keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit. Die Paragraphen sind angenommen.
Fünfter Abschnitt, § 227. - Wollen Sie noch eine Berichterstattung vornehmen, Herr Abgeordneter Atzenroth?
Dr. Atzenroth ({0}), Berichterstatter: Nein, ich verweise auf den schriftlichen Bericht*).
*) Siehe Stenographischen Bericht in der 207. Sitzung Seite 9030
§§ 228, - 228 a. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit. Die Paragraphen sind angenommen.
Zu § 229 liegt ein Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kather und Genossen - übrigens in einer neuen Form - vor, den Herr Abgeordneter Trischler begründen wird. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei diesem Änderungsantrag, für den ich gleich eine neue Änderung ankündigen möchte, handelt es sich um den Fragenkomplex der Eingliederung jenes Teils der Heimatvertriebenen, der der bäuerlichen Bevölkerung angehört, der also in die Landwirtschaft eingegliedert werden und sich dort möglichst eine eigene Existenz schaffen soll.
Mit diesem Problem hat sich der Unterausschuß 3 des Heimatvertriebenenausschusses befaßt, der ja die Aufgabe hat, diesen Fragenkomplex der Eingliederung der landwirtschaftlichen Bevölkerung zu klären. Zu den sehr eingehenden Beratungen dieses Unterausschusses sind auch' Vertreter aller Fraktionen des Ernährungsausschusses hinzugezogen worden, so daß sowohl von Oppositionswie von Regierungsseite Vertreter anwesend waren. Wir haben uns in sehr langen Verhandlungen mit diesem Problem befaßt und sind - Opposition und Regierung - zu einheitlichen Formulierungen gekommen. Es war vorgesehen, daß auch einige Mitglieder des Lastenausgleichsausschusses bestimmt werden sollten - Herr Kollege Kunze, ich würde Sie bitten, jetzt ein bißchen aufzupassen! -,
({0})
um den Fragenkomplex gemeinsam mit den Vertretern des Lastenausgleichsausschusses und dieses gemeinsamen Unterausschusses der Heimatvertriebenen und des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu beraten und diesen Fragenkomplex zu klären. Wir, die Unterschreibenden des fraglichen Antrags, haben bewußt den Punkt 10 des Umdrucks Nr. 496, der sich auf § 229 bezieht, zurückgezogen, und wir nehmen bewußt die Formulierungen in Punkt 1 und 2 wieder auf, wie sie in dem gemeinsamen Unterausschuß erarbeitet worden sind. Es ist leider aus Zeitmangel nicht mehr dazu gekommen, daß die Vertreter des Lastenausgleichsausschusses auch wirklich an den Beratungen des Unterausschusses teilnahmen. Wahrscheinlich sind unsere Vorschläge dem Lastenausgleichsausschuß etwas zu spät unterbreitet worden.
Sinngemäß geht es also jetzt darum - und das ist ein interessanter Fall -, daß die Betroffenen selbst bewußt der Abgabeseite Vorteile einräumen wollen, damit wir in diesem schwierigen Teil des Vertriebenenkomplexes vorwärtskommen. Wir sind uns vollkommen darüber im klaren, daß die Eingliederung der bäuerlichen Bevölkerung aus den Kreisen der Heimatvertriebenen in die Landwirtschaft nicht lange auf sich warten lassen kann. Je länger wir warten, desto mehr Leute aus diesen Kreisen wandern in andere Berufe ab. Wir sind uns darüber 'im klaren, daß, wenn eines Tages das Problem der Rückgewinnung der Ostgebiete oder irgendwelcher anderer Gebiete kommt, wir wahrscheinlich sehr schwer damit zu tun haben werden, daß wir dann keine bäuerliche Bevölkerung mehr haben.
Wenn wir also auch schon den Lastenausgleich auf 30 Jahre verteilen, so vertreten wir den Standpunkt, daß bei dieser Gruppe der Heimatvertriebenen in den ersten drei bis fünf Jahren Entscheidendes geschehen muß. Wir müssen zugeben, daß wir diesem Fragenkomplex bisher nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt haben. Von den rund 300 000 ehemaligen Bauern sind nur rund 10 % eingegliedert, davon hat aber vielleicht nur ein Drittel Vollerwerbsstellen erhalten. Der größere Teil ist auf Aufbauhöfen oder Nebenerwerbsstellen, wie wir sie nennen, untergekommen.
Wir wissen, daß bisher seitens des Parlaments für diese Zwecke nur einmal ein sogenannter Erinnerungsposten von 5 Millionen DM im Etat des Landwirtschaftsministeriums eingesetzt worden ist. Die anderen Beträge kamen aus ERP- und Soforthilfemitteln. Wir glauben nicht, daß das ausreicht, was bisher geschehen ist. Im wesentlichen ist für die Lösung dieses Problems die Erfüllung von zwei
Voraussetzungen Bedingung. Erstens gehört Land dazu, und zweitens gehört genügend Geld dazu. Der von uns gestellte Änderungsantrag soll das erste dieser beiden Probleme lösen, damit wir der Abgabenseite einen Anreiz geben, möglichst schon in den ersten Jahren genügend Land zur Verfügung 'zu stellen. Wir als Heimatvertriebene gehen mit Absicht weiter als die bisherige Gesetzesvorlage. Wir wollen auch das bodenreformpflichtige Land einbeziehen. Wir haben gar nichts dagegen, daß die Besitzer irgendwelche Vorteile daraus haben werden. Mit den Einzelheiten muß sich sowieso noch eine Rechtsverordnung befassen. Wir haben also nichts dagegen, daß das bodenreformpflichtige Land auf das Soll angerechnet wird. Ich möchte nochmals betonen, daß die Formulierung in gemeinsamen Ausschüssen mit Vertretern sowohl des Ernährungsministeriums als auch des Flüchtlings- und des Finanzministeriums sehr eingehend durchberaten worden ist und daß sich Opposition und Regierung auf diese Formulierung geeinigt haben. Ich glaube, daß die Regierungskoalition gerade in diesem Fall wirklich von ihrer Festlegung, keinen Änderungsanträgen zuzustimmen, Abstand nehmen sollte; denn es liegt hier, wie ich schon gesagt habe, der merkwürdige Fall vor, daß die Betroffenen bewußt verzichten und mit einem geringeren Aufkommen 'zufrieden sind, und zwar nur deswegen, damit sie in den ersten Jahren zum Zuge kommen.
Der Antrag ist im wesentlichen derselbe wie der auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 10. Dort haben wir drei Punkte. Die ersten zwei Punkte sind geändert, und der dritte Punkt ist wortwörtlich derselbe. Die ersten zwei Punkte sind genau die Formulierung, wie sie im Flüchtlingsausschuß und im gemeinsamen Unterausschuß des Flüchtlingsausschusses und vom Ernährungsausschuß festgelegt worden sind. Ich möchte vorneweg sagen, daß wir eine getrennte Abstimmung über die Punkte 1 und 2 und über Punkt 3 wünschen.
Der Änderungsantrag Umdruck Nr. 496 Ziffer 10 wird zurückgezogen. An Stelle dessen wird folgender neuer Antrag gestellt:
In § 229 wird Abs. 2 durch folgende neue Absätze 2 und 3 ersetzt:
({1}) Zur Förderung von Vorhaben, die der Eingliederung Geschädigter im Sinne des § 277 Abs. 1 in die Landwirtschaft dienen, können Ausgleichsabgaben dadurch abgelöst werden, daß für die Siedlung geeignete Grundstücke,
({2})
Betriebe oder Betriebsteile, auch wenn sie der Bodenreform unterliegen,
- und das ist das Neue zugunsten des Ausgleichsfonds abgegeben werden.
({3}) Durch Rechtsverordnung wird Näheres darüber bestimmt,
1. in welcher Weise und bis zu welchem Zeitpunkt die Ablösung der Ausgleichsabgaben durch Hingabe von Grundstücken, Betrieben oder Betriebsteilen für die Siedlung nach Abs. 2 erfolgen kann, wobei auch eine von § 228 abweichende Regelung zulässig ist;
2. daß die zur Ablösung von Ausgleichsabgaben abgegebenen, der Bodenreform unterliegenden Grundstücke auf das nach den Bodenreformgesetzen bestehende Landabgabe-Soll anzurechnen sind und daß durch die Einleitung eines Landabgabeverfahrens auf Grund der Bodenreformgesetze die Ablösung von Ausgleichsabgaben auf Grund von Abs. 2 nicht ausgeschlossen wird;
Jetzt kommt Ziffer 3, von der ich zunächst behaupte, daß sie nicht in dieser gemeinsamen Formulierung des Unterausschusses enthalten, sondern neu ist, so daß wir getrennt darüber abzustimmen bitten. Hier handelt es sich um die Ödländereien. Ich gestehe, daß wir einen gewissen Zwang dahin ausüben wollen, daß Ländereien, die seit Jahrzehnten als Ödländereien gelten, also der landwirtschaftlichen Produktion nicht zur Verfügung stenen, von ihren Besitzern für den Lastenausgleichsfonds, natürlich unter Anrechnung auf ihre Abgabeschuld, angeboren werden. Wir wollen auch hier wieder Ländereien, soweit uns finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, zur Neusiedlung verwenden. Diese Ziffer 3 lautet:
3. daß die Jahresleistungen der Vermögensabgabe erhöht werden konnen, sofern zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen des Abgabepflichtigen Odländereien gehören und der Abgabepflichtige diese nicht dem Ausgleichsfonds erfüllungshalber anbietet.
Ein jeder kann und soll sie anbieten, zu seinem eigenen Vorteil. Denn er hat ja keinen Nutzen von ihnen. Die Abgabe wird ihm angerechnet. Die Empfängerseite hat die Möglichkeit, diese Ländereien vernünftiger Verwendung zuzuführen.
Wir werden uns mit diesem Fragenkomplex bei der Beratung des Bundesvertriebenengesetzes sehr eingehend auseinanderzusetzen haben, weil ja dort die Eingliederung auch in die Landwirtschaft einen wesentlichen Bestandteil bilden wird. Aber ein Teil dieses Fragenkomplexes gehört in den Lastenausgleich. Wenn die Geschädigten, die Empfängerseite, selber von sich aus solche Vorteile anbieten, und vor allem, wenn sich die Betroffenen, die etwas zu empfangen haben, unter sich darüber einig sind, wie sie diesen kleinen Kuchen, der zur Verfügung steht, unter sich verteilen wollen, so würden wir kein Verständnis dafür haben, wenn Sie einem solchen Änderungsantrag, der keine neue Belastung, sondern im Gegenteil sogar eine geringere bedeutet, nicht zustimmten. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung.
({4})
Wünscht Herr Abgeordneter Goetzendorff, seinen Antrag zu begründen?
({0})
- Er verzichtet! Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kommt das, was kommen muß: daß ich bitte, die Beschlußfassung über § 229 und die dazugehörigen Änderungsanträge so lange auszusetzen, bis wir den Wortlaut der Anträge vor uns haben.
({0})
- Nein, dieser Wortlaut ist geändert worden. Der neue Wortlaut ist erst hier mit gewissen Änderungen verlesen worden, und ich bitte dringend, die Abstimmung so lange auszusetzen, bis wir den Wortlaut vor uns haben.
({1})
Ich darf unterstellen, daß das Haus damit einverstanden ist. Herr Abgeordneter Kunze hat zwar zugehört, aber doch nicht bemerkt, daß ein neuer Antrag gestellt worden ist.
({0})
Ich lasse also den Antrag sofort vervielfältigen und hoffe, daß er in kurzer Zeit zur Verfügung steht. § 229 wird also ausgesetzt.
Ich rufe auf die §§ 230, - 231, - 232, - 232 a.-Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.
Zum Sechsten Abschnitt! - Keine besondere Berichterstattung.
Ich rufe auf die §§ 233, - 234, - 235, - 236. - Keine Wortmeldung. - Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; die Paragraphen sind angenommen.
Der SPD-Antrag zu § 237 ist durch die gestrige Abstimmung erledigt, Herr Abgeordneter Seuffert, wenn ich recht unterrichtet bin.
({1})
Er erübrigt sich also heute.
§ 237, - § 238. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte. die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. Das ist die Mehrheit; die §§ 237 und 238 sind angenommen.
Zu § 239 liegt der Antrag der Fraktion der SPD
- Umdruck Nr. 492 Ziffer 15 - vor. Herr Abgeordneter Dr. Koch, bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Beratungen der beiden letzten Tage haben wir wiederholt, insbesondere aus dem Munde meiner Fraktionsfreunde, von den Versuchen gehört, möglichst viel von der Lastenausgleichsabgabe von den eigentlichen Abgabepflichtigen, das heißt also von denen, die alles oder viel durch den Krieg und die Nachkriegszeit hindurch gerettet haben, auf die öffentliche Hand abzuwälzen. Herr Kollege Atzenroth hat sich sogar gerühmt, daß diese Versuche zu einem großen Teil dank seiner besonderen Tüchtigkeit im Ausschuß gelungen seien. Die öffentliche Hand und die Öffentlichkeit, meine Damen und Herren, sind aber immer wieder die Steuerzahler, also immer wieder die letzten, die die Hunde beißen, und gerade in diesem Falle werden es vor allen Dingen auch diejenigen sein, denen wir durch dieses Gesetz etwas geben wollen. Ich darf Sie auf die Zahlen hinweisen, die gestern von dem Kollegen Seuffert ge({0})
nannt worden sind, auf die Zahlen, die schon so häufig in den Debatten um die Steuernovellen und um die Steuerreformen über das Verhältnis der direkten zu den indirekten Steuern genannt wurden. Ich darf Sie nur daran erinnern, in welch einem Umfange in den letzten Jahren vor allem die wichtigste indirekte Steuer, die Umsatzsteuer, gestiegen ist. Ich möchte diese Zahlen einmal in Ihre Erinnerung zurückrufen: Wir hatten 1949 ein Aufkommen an Umsatzsteuer in Höhe von 3,8 Milliarden DM, 1950 waren es schon 4,5 Milliarden DM. Dann erhöhten Sie die Umsatzsteuer. 1951 stieg das Umsatzsteueraufkommen auf 6,5 Milliarden DM. Diese Steuern werden aus den Taschen vor allem auch all derjenigen bezahlt, denen wir in diesem Lastenausgleich etwas geben wollen. Im Gegensatz zur Umsatzsteuer ist die Einkommensteuer sozial gestaffelt, und ich glaube, wir sollten - und damit komme ich zu § 239 - alles unterlassen, was dazu führen könnte, daß nun die Einkommensteuer als eine sozial gestaffelte Steuer beim Lastenausgleich irgendwelche, ich darf mich wohl so ausdrücken: Ermäßigungen erfährt. Wir finden nämlich in § 239 die Vorschrift, daß die Vierteljahrsbeträge der Vermögensabgabe bei dem jeweiligen Abgabeschuldner für die Zwecke der Einkommensteuer als Sonderausgaben, für die Zwecke der Körperschaftsteuer als Betriebsausgaben zu einem Drittel abzuziehen sind. Die Begründung, die wir im schriftlichen Bericht dazu lesen - daß man einen Satz von einem Drittel gewählt habe, weil man davon ausgehen könne, daß ein Drittel als Zinsen anzusehen seien und die Zinsen an sich ja bei Einkommen- und Körperschaftsteuer auch sonst abzugsfähig sind, sei es als Werbungskosten, sei es als Betriebsausgaben oder als Sonderausgaben -, ich glaube, diese Begründung verfängt nicht. Denn wenn wir diese Vermögensabgabe auf lange Zeit verteilen - auf einen sehr langen Zeitraum! -, so entstehen dadurch dem Steuerpflichtigen an sich schon erhebliche Vorteile, zu denen wir die Abzugsfähigkeit bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer, glaube ich, nicht mehr hinzuzufügen brauchen.
({1})
Die Folge dieser Abzugsfähigkeit wird eine erhebliche Minderung der Einkommensteuer und damit eine Verfälschung des Gedankens der Vermögensabgabe sein, es sei denn, daß man, wie Herr Kollegen Atzenroth, auf dem Standpunkt steht, daß die Lastenausgleichsabgaben - wie man sie auch immer nennen mag - aus dem Ertrag zu zahlen sind.
Meine Damen und Herren, seit langem sprechen wir vom Lastenausgleich. Seit Jahren hoffen die Geschädigten aller Gruppen auf den Lastenausgleich. In aller dieser Zeit ist man doch davon ausgegangen, daß der Lastenausgleich eine Angelegenheit ist zwischen denen, die viel oder auch alles verloren haben, und denen, die viel oder alles behalten haben; aber wir sind niemals davon ausgegangen, daß ein erheblicher Teil des Lastenausgleichs, so wie es jetzt die Regierungsparteien erzwingen, von der öffentlichen Hand getragen werden soll, das heißt also auch von denen, die vieles oder alles verloren haben. Die Zusammenstellungen über die Beteiligung der öffentlichen Hand an den Lastenausgleichsabgaben, die Sie im schriftlichen Bericht finden - ich verweise auf die Seite 6 -, sprechen eine beredte Sprache. Ich darf auch auf die Ausführungen meiner Fraktionsfreunde vom gestrigen Tage verweisen, daß eine derartige Abwälzung in erster Linie die Steuerzahler und damit die Bedürftigen trifft.
Ich bitte Sie, zu entschuldigen, aber ich glaube, man darf sagen, daß der Gedanke - der ursprüngliche klare und anständige Gedanke - des Lastenausgleichs umgebogen und geradezu verlogen wird.
({2})
Meine Damen und Herren, Sie alle kennen Thornton Wilder und sein prächtiges Stück: „Wir sind noch einmal davongekommen". Ich will nicht gerade sagen, daß dies ein Motto für dieses Gesetz wäre; aber ich möchte Sie an einen Satz erinnern, den der Held dieses Stückes, Mr. Antrobus, im Verlauf des Stückes spricht: „Im Kriege denken wir immer an eine bessere Zeit und an eine bessere Welt und im Frieden dann immer nur an eine bequemere." Ich glaube, die Wahrheit dieses Wortes kann man beweisen durch die traurige Geschichte des Werdens dieses Lastenausgleichsgesetzes.
({3})
Auch die Bestimmung des § 239, meine Damen und Herren, ist nicht eine bessere Lösung, sondern sie ist ausschließlich eine bequemere Lösung zugunsten der Abgabepflichtigen: die Abgabepflicht möglichst weit weg von mir und zu einem Teil abgewälzt auf den Staat und die Länder, denen hier Belastungen zugemutet werden, die an sich die Abgabepflichtigen zu tragen hätten.
Aus allen diesen Gründen bitten wir Sie, unserem Antrage zu § 239, den Sie unter Ziffer 15 des Umdrucks Nr. 492 finden, zuzustimmen. Wir sagen da:
Die Vierteljahrsbeträge der Vermögensabgabe einschließlich der Leistungen, die im Falle der sofortigen Fälligkeit der Abgabeschuld .... und im Falle der Ablösung .... entrichtet werden, sind bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer nicht abzugsfähig.
Diese Formulierung entspricht dem Gedanken des
Lastenausgleichs, wie er uns allen - auch Ihnen!
- vor einigen Jahren noch vorgeschwebt hat, und
ist die bessere Lösung und nicht die bequemere.
({4})
Meine Damen und Herren, ich schlage vor, daß zunächst Herr Abgeordneter Dr. Kather seinen Antrag - Umdruck Nr. 496, Ziffer 11 - begründet, wenn er das wünscht.
({0})
- Herr Dr. von Golitschek, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 239 sieht die Abzugsfähigkeit bei den laufenden Vierteljahresleistungen zu einem Drittel vor; er schließt diese Abzugsfähigkeit zu einem Drittel aber dann aus, wenn der Zahlungsverpflichtete freiwillige Vorauszahlungen leistet. Gerade dieser Umstand scheint die Unterzeichner des Antrags auf Umdruck Nr. 496 dazu zu führen, daß jeder Anreiz für eine Vorausleistung verhindert wird. Da wir gerade in den ersten Jahren alles Interesse daran haben, über das normale Aufkommen hinaus auf freiwilliger Basis weitere Mittel zur Verfügung gestellt zu sehen, liegt den Unterzeichnern dieses Antrages daran, auch bei Vorausleistungen die Abzugsfähigkeit einzuschalten. Sie sind der Überzeugung, daß der Bonus in § 228 nicht ausreicht, um dem Lastenausgleichsfonds auf freiwilliger Basis nennenswerte Beträge zuzuführen. Ich bitte Sie, unserem Antrage zuzustimmen.
Ein weiterer Änderungsantrag, Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth!
Meine Damen und Herren! Ich ziehe diesen Antrag jetzt zurück, nicht weil ich auf die Forderung, die damit angemeldet wird, verzichten will, sondern weil ich diese Forderung für die Novelle erneut vorbringen will. Es handelt sich dabei darum, daß diese Anrechnung von Zinsen als abzugsfähige Betriebsausgaben für die drei Jahre der Soforthilfeleistung nicht erfolgt ist. Dort ist die gesamte Leistung als Abgabe angerechnet worden.
Dieser Augenblick gibt mir aber Veranlassung, auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Koch zurückzukommen und seinem Antrag zu widersprechen. Es ist für jeden Betriebswirtschaftler ohne weiteres klar, daß der Zinsanteil Kosten darstellt und nicht mit in die Tilgung hineingenommen werden kann. Herr Kollege Koch, wir sind von einer 50%igen Abgabe ausgegangen, wir zahlen aber 30 mal 3, also 90 %.
({0})
Es müßten also logischerweise 30 % Zinsen sein. Wie Sie die Zinsen errechnen, nach welchem Multiplikator Sie den Zinssatz errechnen, das ist eine andere Frage. In Wirklichkeit kommt für das Betriebsvermögen, das mit 6 % belastet ist, dabei ein Zinssatz von etwas über 5 % heraus. Angerechnet wird hier nur ein Drittel, mit Rücksicht darauf, daß der Zinssatz bei den niedrigen Sätzen, also bei der Landwirtschaft mit 4 %, ein niedrigerer wäre. Man hat einen Ausgleich geschaffen zwischen dem Zinssatz für die Landwirtschaft und dem Zinssatz für das gewerbliche Vermögen und hat eine Mitte von einem Drittel gezogen. Daß das abzugsfähige Ausgaben sein müssen, ist eine Selbstverständlichkeit. Denn sonst hätten wir die Abgabe bei 50 % belassen müssen, wie es ja ursprünglich vorgesehen war.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an den Satz des Herrn Kollegen Koch anknüpfen, es scheine ihm, daß wir von seiten der Regierungskoalition es uns bequem gemacht hätten,
({0}) indem wir die Abgaben in immer stärkerem Umfang auf die öffentliche Hand abgeschoben hätten. Das ist der Kerngedanke dessen gewesen, was Sie mit „bequem machen" gemeint haben.
({1})
Wir haben einmal etwas ganz Grundsätzliches festzustellen. Es handelt sich um eine echte Vermögensabgabe, die lediglich nicht als Vermögensabgabe auf einmal erhoben werden kann, so daß jeder es glaubt, weil er sieht, die Menschen müssen die 50 % abgeben, sondern die, weil diese Form der Abgabe nicht möglich ist, in eine verzinsliche Tilgungsschuld verwandelt worden ist. Herr Kollege Koch, Sie können doch nicht abstreiten - um das an einem Beispiel aufzuzeigen, was Herr Kollege Atzenroth gerade ausgeführt hat -, daß bei einer sechsprozentigen Bemessung der Jahresraten auf 30 Jahre 1,6 % Tilgung und 4,4 % Zinsen sind und daß die Tilgung mit sinkender Schuld langsam höher wird, während die Verzinsung langsam absinkt. Wir waren uns dessen voll bewußt, daß wir
hier irgendwie durchschlagen müssen. Wir haben mit Rücksicht auf alle Bemühungen, die von seiten der Wirtschaft gemacht worden sind, nun für jeden Teil der verschiedenen Vermögensarten die Zinsen genauestens zu errechnen und abzuziehen, und auch mit Rücksicht auf die Verwaltungsschwierigkeiten, die sich ja dadurch ergeben würden, daß sich der Zinsanteil bei dieser Art der Annuitätszahlen jahraus, jahrein verändert, und wir dauernd zu neuen Veranlagungen kommen müssen, geglaubt, im Interesse des Aufkommens zu Lasten des Betriebsvermögens durchschlagen zu sollen und von dem wichtigsten und größten Teil des Aufkommens, nämlich der Abgabe aus dem Betriebsvermögen, nur ein Drittel zum Abzug zulassen und das gleiche Drittel sowie das gleiche Verfahren bei den anderen Vermögensgruppen anwenden zu sollen. Sie würden nur dann recht haben, wenn Sie die Meinung verträten, daß, wenn ich eine Schuld habe und sie verzinsen muß, diese Schuld dann eine Schuld „eigener Art" ist, wenn es sich um eine Lastenausgleichsschuld handelt. Dann müßten die allgemeinen Grundsätze unseres Steuerrechts, daß Schuldzinsen Betriebsausgaben sind, bei dieser Abgabe plötzlich außer Kraft gesetzt werden.
Damit glaube ich genügend dargelegt zu haben, daß wir das Interesse des Ausgleichsfonds durchaus gewahrt und in logischem Anschließen an unsere allgemeinen Steuerrechtsgrundsätze einen vernünftigen Weg zur Lösung dieser Frage gefunden haben.
({2})
Ich beantrage daher, jeden Änderungsantrag abzulehnen.
({3})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unserem Antrag sind hier einige theoretische Argumente entgegengehalten worden, die einmal der Aufklärung bedürfen. Es ist davon gesprochen worden, daß diese Abgabe in Form einer verzinslichen Schuld aufgebaut sei und daß der Zinsenteil dieser Abgabe infolgedessen abzugsfähig sein müsse. Nun, ich will einmal gar nichts davon sagen, ob, wenn man das Wort „Zinsen" gebraucht, damit eo ipso ein geheiligter Anspruch auf Steuerabzugsfähigkeit gegeben ist. Die Abzugsfähigkeit von Zinsen bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer beruht grundsätzlich auf dem Gedanken, daß das eine Einkommensübertragung ist auf jemanden, der sonst Einkommensteuer zahlt. Die Abzugsfähigkeit von Zinsen bei öffentlichen Abgaben, meine Herren, ist eine ganz andere Frage, auf die ich nachher noch zu sprechen komme.
({0})
Aber vor allen Dingen handelt es sich hier nicht um eine Abgabeschuld, die verzinslich in Raten fällig gestellt worden ist.
({1})
Wäre diese Abgabeschuld in der Form berechnet worden, dann wäre sie fällig am Währungsstichtag und verzinslich ab diesem Zeitpunkt zu normalen und landläufigen Zinsen.
({2})
Wenn Sie bereit sind, zu diesem System überzugehen, wir sind dreimal dazu bereit! Wir werden
ein viel besseres Aufkommen haben. So ist es hier
({3})
aber keineswegs. Diese Abgabeschuld ist verrentet, das steht im Gesetz und in der Begründung mehrfach ausdrücklich und klar drin. Schauen Sie sich einmal die Stellen im Gesetz an, in denen der Wert der Abgabeschuld berechnet wird! Ich wiederhole, der Begriff „Abgabeschuld" ist im Gesetz ein Rechenbegriff, der als Rechengrundlage dient für die sogenannten Jahresleistungen bzw. die jetzigen Vierteljahresleistungen. Diese Jahresleistungen werden in Prozenten eines Rechenbegriffs „Abgabeschuld" errechnet. Diese Jahresleistungen selbst sind aber die eigentliche Abgabe, und diese Abgabe ist eine Rente.
Ich bitte Sie, den § 69 anzusehen, in welchem der Zeitwert der Rente berechnet wird. Sie gehen dort nicht von der Abgabeschuld aus, sondern von der Summe der Jahresleistungen. Wären diese Jahresleistungen auch noch als Zinsen aufzufassen, so wäre es selbstverständlich unsinnig, zur Berechnung des Zeitwertes einer Abgabe oder einer Schuld die Zinsen zum Kapital zuzuschlagen und aus ihnen mit einen Zeitwert zu berechnen. In § 69 ist klar und deutlich gesagt, daß es sich um eine Rente handelt, deren Zeitwert berechnet wird. Würde man in § 69 so verfahren, wie man hier bei der Abzugsfähigkeit verfahren will, würde man natürlich weniger abzuziehen haben; man würde weniger Schulden, z. B. bei der Vermögensteuer oder wo das sonst in Frage kommt, abziehen. Dort rechnet man aber höher, und man rechnet insofern richtig, als es sich tatsächlich um eine Rente handelt und nicht um eine verzinsliche Kapitalschuld.
Genau dasselbe sehen Sie in § 242, wo - handelsrechtlich richtig - auf Grund der Gutachten des Instituts der Wirtschaftsprüfer usw. vorgeschrieben ist, wie diese Abgabe zu bilanzieren ist, wenn man sie bilanzieren will. Auch hier ist man eindeutig davon ausgegangen, daß es sich um eine Rentenleistung handelt, deren Zeitwert zu berechnen ist.
Ich wiederhole, es handelt sich in diesem Gesetz nicht um eine Abgabe, die in einen Kapitalbetrag und in Zinsbeträge aufgeteilt ist. Die sogenannte Abgabeschuld ist ein Rechenbegriff zur Errechnung der Jahresleistungen, die eine Rente darstellen, und diese Rente ist die Abgabe. Das ist klar und deutlich das System dieses Gesetzes. Wollen Sie - ich wiederhole auch das - von diesem klaren Aufbau zu etwas anderem übergehen, wollen Sie zu einer wirklichen Abgabeschuld, fällig gestellt auf den Währungsstichtag oder meinetwegen auf irgendeinen anderen Stichtag, mit einer normalen, landläufigen Verzinsung übergehen, - wir sind bereit. Aber . das ist hier nicht der Fall.
({4})
- Der landläufige Zinssatz liegt bei 61/2% und liegt teilweise sogar darüber, Herr Dr. Bucerius. - Oder glauben Sie nicht?
({5})
- Im allgemeinen kann man sogar mit 10 bis 12 % rechnen.
({6})
- Ganz richtig, das ist das landläufige.
({7})
Aber ich bin mit dem langfristigen Zins zufrieden. Sagen wir 61/2 %, Herr Dr. Bucerius!
({8})
Also nur in diesem Punkt, bei der in § 239 vorgesehenen Abzugsfähigkeit, wollen Sie nun plötzlich so tun, als sei das System des Gesetzes in der Abgabe ein ganz anderes. Da wollen Sie nun plötzlich so tun, als sei es keine verrentete Abgabe, sondern eine verzinsliche Abgabeschuld, und mit dieser Konstruktion, die dem wirklichen Aufbau des Gesetzes klar widerspricht, wollen Sie den Abgabepflichtigen 150 bis 200 Millionen sparen, indem Sie im Wege der Steuerabrechnung diesen Betrag auf den öffentlichen Haushalt, auf die Steuerzahler übernehmen.
Ein zweites. Selbst wenn das eine Abgabe wäre und selbst wenn das Zinsanteile wären, könnten Sie die Dinge doch gar nicht anders auffassen, als daß für das Hinausschieben der ratenweisen Zahlung dieser Abgabe Stundungszuschläge, Verzugszuschläge oder Stundungszinsen gerechnet werden.
({9})
- Selbstverständlich sind sie im Verzug. Wenn Sie es auf den Gesichtspunkt der Abgabeschuld, die verzinslich ist und ratenweise abgetragen wird, abstellen, sind die Leute selbstverständlich seit dem 21. Juni 1948 im Verzug.
({10})
Ich habe Ihnen - ({11})
- Lieber Herr Dr. Bucerius, selbstverständlich ist bei einer solchen Berechnung die Schuld per 21. Juni 1948 zu berechnen
({12})
und ab da verzinslich zu stellen.
({13})
Ob Sie das mit Verzug oder sonstwie begründen, ist gleichgültig.
({14})
- Das ist aber wirklich gleichgültig!
({15})
Selbstverständlich müssen Sie, wenn Sie hier eine verzinsliche Abgabeschuld aufstellen, ab 21. Juni 1948 rechnen, und selbst wenn Sie nicht ab 21. Juni 1948 rechnen, selbst wenn Sie ab heute rechnen, handelt es sich für die künftigen Leistungen um Zinsen ab heute.
({16})
Schön! Aber wenn Sie, Herr Dr. Bucerius, diese Konstruktion, die Sie ausgerechnet wider das Gesetz in diesem Fall des § 239 zugrunde legen wollen - ich wiederhole: es ist nicht die Konstruktion des Gesetzes, sondern die Konstruktion des Gesetzes ist eine Verrentung der Abgabe, eine Abgabe in Form einer Rente -, nun anwenden wollen, so müssen Sie doch eines zugeben: Die Vermögensabgabe selbst, also die von Ihnen konstruierte Kapitalabgabe, ist zweifellos bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer nicht abzugsfähig. Seit wann aber, Herr Dr. Bucerius, sind Stundungszuschläge, Stundungszinsen usw. auf die Einkommensteuer oder auf die Körperschaftsteuer als Betriebsunkosten abzugsfähig? Die Zinsen auf eine nichtabzugsfähige Abgabe können doch nicht abgezogen werden, sondern sie teilen das Schicksal der Abgabe selbst. Also auch selbst bei Ihrer Hilfskonstruktion, die dem Gesetz widerspricht, ist
({17})
das eine ganz willkürliche Bestimmung, die Sie hier machen.
({18})
- Ganz klar und deutlich!
({19})
- Herr Dr. Bucerius, ich wollte Ihnen folgendes sagen: an und für sich sind Zinsen abzugsfähig, ganz gleich, was es für eine Schuld ist.
({20})
Stundungszinsen und Stundungszuschläge usw. auf eine nichtabzugsfähige Steuer sind aber nicht abzugsfähig.
({21})
- Die Vermögensabgabe, die Kapitalabgabe des Lastenausgleichs, Herr Kollege Neuburger, ist zweifellos nicht abzugsfähig, oder wenn Sie die auch noch abzugsfähig machen wollen, dann sagen Sie's gleich!
({22})
- Selbstverständlich!
({23})
- Herr Dr. Atzenroth, ich habe im Ausschuß mit allen Mitteln versucht, Ihnen das auszureden, was Sie hier gemacht haben, und wo ich meine Argumente vorbringe, ob hier oder im Ausschuß, das müssen Sie schon mir selber überlassen.
({24})
Die Öffentlichkeit soll es einmal hören!
({25})
- Die Öffentlichkeit soll es hören- oder vielleicht nicht?
({26})
Herr Dr. Atzenroth, wenn Sie mit Ihrem Wirtschaftssachverständnis mit mir in eine sachliche Debatte eintreten wollen, - gern und jederzeit. Ich habe allerdings nicht immer die Zeit, Ihnen im Ausschuß Vorlesungen zu halten, wenn ich einem absoluten Willen gegenüberstehe, sich überhaupt nicht auf Diskussionen einzulassen, und diesen Tatbestand können wir auch einmal hier im Plenum feststellen.
({27})
Meine Damen und Herren, alle Ihre Zwischenrufe können nichts dagegen sagen, daß erstens das hier in § 239 zum Zwecke der Überwälzung von Abgabeleistungen auf den Steuerhaushalt angewandte Konstruktionssystem dem Gesetz selbst widerspricht, das eine Verrentung der Abgabe vorsieht, und daß zweitens, selbst wenn die Konstruktion gegeben wäre, Stundungszuschläge - um nichts anderes kann es sich hier handeln - auf eine nicht abzugsfähige Steuer bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer nicht abgezogen werden können. So wie die Dinge liegen, ist es falsch, wenn in der Bilanz des Lastenausgleichs ein Aufkommen der Vermögensabgabe in Höhe von 1,2 Milliarden aufgeführt wird. Richtig müßte dastehen: eine Milliarde Aufkommen und weiterer Zuschuß von 200 Millionen der öffentlichen Hand aus dem Steuerhaushalt.
({28})
- Ich bin ja bereit, sie richtig zu fixieren, mit richtigen Zinssätzen, mit dieser Konstruktion; aber Sie können nicht auf der einen Seite die Verrentungskonstruktion im Gesetz in der Weise vorsehen, wie sie vorgesehen worden ist, indem die Renten nach der Leistungsfähigkeit einzelner Gewerbezweige und Vermögensarten festgesetzt worden sind - das alles hängt dann doch mit der Verrentung zusammen, und wenn Sie die Abgabe schon verrenten, dann müssen Sie auch daran festhalten -, und auf der andern Seite dann plötzlich wieder behaupten: Es ist keine Rente, sondern eine verzinsliche Abgabeschuld. Es ist die Überwälzung eines ganz erheblichen Teils der Vermögensabgabe auf den Steuerhaushalt. Ich verweise abermals auf meine Ausführungen von gestern und vorgestern, was für den Erfolg, für die Möglichkeiten der Annahme dieses Gesetzes derartige Überwälzungen zu bedeuten haben. Diese 200 Millionen werden wir den Abgabepflichtigen nicht aus dem Steuerhaushalt schenken!
In den letzten Wochen und in den letzten Tagen sind. offenbar große Worte über den Zusammenhang zwischen dem Verteidigungsbeitrag und dem Lastenausgleich geredet worden. Wie man hört, haben 50 000 oder mehr Leute vor einigen Tagen hier in Bonn den Worten zugejubelt, daß vor einem richtigen Lastenausgleich kein Verteidigungsbeitrag in Frage komme. Nun möchte ich eines sagen: wenn die Anforderungen, die von der einen und von der andern Seite an den öffentlichen Haushalt zu stellen sind, einigermaßen in Einklang gebracht werden sollen, ohne daß das ganze Gefüge der sozialen Leistungen und ohne daß der Haushalt selbst zusammenbricht, so kann man unmöglich auf diese Art und Weise den Steuerhaushalt mit Geschenken an die Abgabepflichtigen belasten. So geht es auf jeden Fall nicht. Ich bitte deswegen jedermann, daran zu denken, daß die Überlegungen sich hier nicht damit erschöpfen, nur die Aufkommensseite der Bilanz des Lastenausgleichs anzusehen, die freilich dadurch nicht berührt wird, sondern daß auch gesehen werden muß, woher dieses Aufkommen kommt. Ich bitte, sich daran zu erinnern, daß diese 150 bis 200 Millionen dann nicht von den Abgabepflichtigen, sondern durch die Umsatzsteuer, die Zuckersteuer, oder was sonst noch erhöht wird, aufgebracht werden, sich außerdem daran zu erinnern, daß Sie, wenn Sie es mit diesem Gesetz ernst meinen, die Voraussetzungen schaffen müssen, um das Gesetz samt den erforderlichen Verfassungsänderungen bei den gesetzgebenden Instanzen durchzubringen, und daß Sie deswegen auch hierzu Anstrengungen machen müssen.
Wir beantragen namentliche Abstimmung.
({29})
Das Wort hat der Abgeordnete Neuburger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann die Ausführungen meines Herrn Vorredners, des Herrn
({0})
Kollegen Seuffert, nicht unwidersprochen lassen.
({1})
Er hat damit begonnen, daß er erklärte, die Ausführungen des Herrn Kollegen Kunze seien theoretischer Natur. Sonderbarerweise hat er dann aber mehrmals wiederholt: Diese ganzen Ausführungen und der ganze Aufbau ist dann nicht mehr Theorie, sondern geht in Ordnung und ist echte Praxis, wenn wir statt des Zinses, der hier zur Debatte steht, einen höheren Zinssatz nehmen; dann ist alles ok. Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Kollege Seuffert, daß eine Sache, wenn sie im Aufbau und im Prinzip falsch ist - wie Sie hier vortragen -, dann plötzlich richtig wird, wenn ich statt 5 % oder 4,4 % Zins einen errechneten Zinssatz von 6 %, 8 %, 10 % oder gar 12 % nehme. Ich möchte nicht verfehlen, auf diesen Widerspruch in aller Form hinzuweisen.
({2})
- Das ist „nebensächlich"? - Für uns nicht!
Des weiteren: die Abgabeschuld ist kein Rechnungsbegriff, sondern es handelt sich um eine echte Abgabe in Höhe von 50 °/o des am Stichtag vorhandenen Vermögens. Auf diesem Grundsatz und auf dieser Feststellung beruht das Lastenausgleichsgesetz. Es war dann also nur zu überlegen: kann der einzelne, kann unsere Volkswirtschaft die unmittelbare Überführung dieser 50 % ertragen, oder kann unsere Volkswirtschaft das nicht ertragen? Weil es jedermann klar war, daß es unmöglich ist, eine Realübertragung von 50 % zu diesem Tage oder innerhalb von kurzer Zeit vorzunehmen, mußte man sich überlegen, in welcher Form diese 50 % bezahlt werden sollten. Zunächst hat man nun erklärt, diese Schuld muß voll in ihrer Substanz gezahlt werden. Das ist der Grundsatz A. Weil man aber nicht sofort bezahlen kann, folgt der Grundsatz B: diese Schuld muß ordnungsgemäß verzinst werden. Das sind die Grundsätze dieses Gesetzes.
Wir haben also dasselbe vor uns, wie wir es aus dem Privatleben z. B. bei einer Amortisationshypothek kennen.
({3})
Dort haben wir auch eine echte Schuld, die in Raten getilgt wird, wobei man statt der normalen Ratenzahlung ein Schema errechnet, in dem man die Raten gleichmäßig über die ganze Zeit verteilt. Man könnte es aber genau so gut anders machen. Jedenfalls ändert die Art der Verrechnung - ob feste Substanzraten und dann abnehmende Zinsbeträge oder von Anfang bis zu Ende gleiche Raten unter Einkalkulation der Zinsen - im Grundcharakter z. B. einer Amortisationshypothek nichts. Es bleibt eine Hypothek einerseits und es bleiben Zinsen andererseits. Genau so und nicht anders verhält es sich mit der Schuld, mit der wir es hier zu tun haben.
Ich habe gestern nicht umsonst darauf hingewiesen, daß der Lastenausgleich keine Steuer ist. Ich muß mich mit allem Nachdruck erneut gegen eine solche Auffassung verwahren. Der Lastenausgleich ist eine Vermögensabgabe, und daher sind die Steuergrundsätze nicht auf den Lastenausgleich zu übertragen, sondern umgekehrt: die steuerlichen Grundsätze sind auf diese Abgabe anzuwenden wie auf jede andere Kapitalabgabe auch. Daher ist es keine Theorie, sondern es entspricht der Praxis, wenn wir die Zinsen steuerlich bei der Einkommensteuer berücksichtigen, genau wie alle anderen Zinsen.
Das geben Sie ja auch zu. Sie wollen ja nur statt der Zinsen, die wir hier einkalkuliert haben, höhere Zinsen nehmen. Und welche Zinsen haben wir hier einkalkuliert? Es ist doch klar: wenn wir hier das gesamte Vermögen eines jeden einzelnen von uns mit einer solchen Amortisationshypothek belasten, dann können wir den Zinsfuß nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen. So ist das Hohe Haus einheitlich der Meinung, daß z. B. die Kapitalaufwendungen für den sozialen Wohnungsbau einen festen Zinsfuß haben müssen. Wir treten auch dafür ein, daß dieser Zinsfuß nicht überhöht ist. So arbeiten wir auch hier an einer allgemeinen Aufgabe, weil wir alle dafür verantwortlich sind. Genau so, wie wir beim Sektor Wohnungsbau den Zins bisher auf 5 % festgelegt haben und gesagt haben, das sei der gerade tragbare Normalzins, sind wir in diesem Fall bei der Berechnung der jährlichen Abgabe von einem Zinssatz ausgegangen, der mit 4,4 % beim Betriebsvermögen wenig darunter liegt und der bei der Landwirtschaft erheblich darunter liegt, weil die Landwirtschaft einen höheren Zinssatz einfach nicht ertragen kann.
({4})
Dieser Zinssatz wird auch von Ihnen nicht als anomal niedrig angesehen. In § 51 haben Sie in Ihren Anderungsanträgen für die Stundungen, die die gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften genießen sollen, selbst einen Zinssatz von 4 °/o als normal angesehen.
({5})
Da rede man nicht, daß dieser Zinssatz anomal niedrig sei. So sind die Dinge.
Abschließend möchte ich sagen, der Grundsatz des Lastenausgleichs ist die Vermögensabgabe zu 50 %, und diese Abgabe wird, da sie nicht sofort gezahlt werden kann, normal verzinst. Diese Verzinsung und die Amortisation sind eingebaut in das Prinzip einer Amortisationshypothek, d. h. in das Prinzip gleicher Vierteljahres- bzw. gleicher Jahresraten. Damit haben wir den Grundsatz in vollem Umfange gewahrt, und damit sind es echte Zinsen. Weil es aber echte Zinsen sind, müssen sie auch gemäß den schon jahrzehntelang geltenden Bestimmungen bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer entsprechend berücksichtigt werden.
({6})
Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich mich schon einmal mit theoretischen Ausführungen beschäftige, muß ich ja auch theoretisch darauf antworten, Herr Kollege Neuburger. Im übrigen, Herr Kollege Neuburger, können Sie mich doch nicht so völlig mißverstanden haben. Ich habe Ihnen gesagt: Wenn das Gesetz so aufgebaut wäre, daß eine Abgabeschuld als solche festgesetzt wäre und mit einem festzusetzenden einigermaßen landesüblichen Zinsfuß jährlich verzinst würde, so könnte man über diese Konstruktion des § 239 reden.
({0})
Aber dazu sind Sie bestimmt nicht bereit. Das Gesetz ist nun einmal so aufgebaut, daß an Stelle
({1})
dieses Systems eine Rente als Abgabe erhoben wird. Es ist deswegen in keiner Weise gerechtfertigt, nun in einem Augenblick zu einem ganz bestimmten Zweck aus diesem System wieder herauszuspringen und so zu tun, als ob es nicht so wäre.
Herr Kollege Neuburger, indem Sie einfach meinen Behauptungen die Gegenbehauptungen gegenübergestellt haben, haben Sie mich wirklich nicht überzeugt. Niemand kann bestreiten, daß die Abgabeschuld in diesem Gesetz bloß ein Rechenposten ist, aus dem Jahresleistungen berechnet werden. Ich will Ihnen mal eines sagen, Herr Kollege Neuburger: wenden Sie doch Ihr System an, wenden Sie es doch z. B. in § 69 an, wo Sie den Zeitwert dieser Abgabe berechnen! Oder wenden Sie es in § 242 an! Scheiden Sie infolgedessen, wie Sie das dann nach Ihrem System müßten, aus der Summe der Jahresleistungen, die dort zur Berechnung des Zeitwertes zugrunde gelegt wird, ein Drittel als auf Zinsen entfallend aus. Dann berechnen Sie einmal den Zeitwert, und dann sehen Sie einmal, zu welchen Ergebnissen Sie kommen. Dann sehen Sie einmal, ob Sie mit diesen Ergebnissen noch irgendeinem Geschädigten oder Vertriebenen vor die Augen treten und von einer 50 %igen Abgabe sprechen können.
({2})
Meine Damen und Herren, der Theorie ist es nun vielleicht wirklich genug. Klar und deutlich handelt es sich doch einfach praktisch darum, daß - mit welcher theoretischen Überlegung auch immer - ein sehr erheblicher Teil der Abgabe, ungefähr ein Sechstel der Vermögensabgabe, für die großen Abgabepflichtigen mit den hohen Steuersätzen mindestens dieses Sechstel, auf den Steuerzahler abgewälzt werden soll. Ich habe Ihnen schon immer gesagt und sage es Ihnen noch einmal, daß Sie auf diese Art und Weise den Steuerzahler zugunsten der Abgabepflichtigen, nicht ausrauben können, den Steuerzahler, dessen Vertreter in Bundestag und Bundesrat Sie j a schließlich zu einer verfassungsändernden Mehrheit bringen müssen, um dieses Gesetz ernstlich zu verabschieden. Wir wollen einmal sehen, ob es Ihnen damit ernst ist. Wir haben namentliche Abstimmung beantragt.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die theoretischen Ausführungen, die Herr Abgeordneter Seuffert soeben gemacht hat, sind in mancher Hinsicht unzutreffend. Es ist unzutreffend, daß Verzug vorläge. Es liegt ja keine Mahnung vor. Es ist unzutreffend, daß es sich, wie Herr Kollege Seuffert gesagt hat, um Säumniszuschläge handele, die ja auch nicht abzugsfähig seien; denn Säumniszuschläge haben eine Art Strafcharakter, der hier gar keine Rolle spielt.
({0})
Entscheidend ist aber doch hier, glaube ich, selbst bei einem Eingehen auf die Gedankengänge von Herrn Kollegen Seuffert, folgender Gesichtspunkt. Die Laufzeit dieser Abgabe beträgt 30 Jahre. Niemand weiß, wie sich im Laufe von 30 Jahren die Zinsen entwickeln werden. Der heutige Landeszinsfuß mag 61/2 % sein, er kann in dreißig Jahren 2 % sein. Niemand von uns weiß das im voraus. Bei langfristigen Amortisationshypotheken wird immer ein durchschnittlicher Zinsfuß zugrunde gelegt. Dieser durchschnittliche Zinsfuß hat im BGB seinen Niederschlag gefunden. Dort werden als durchschnittlicher Zinsfuß 4 % festgelegt. Dieser Satz von 4 % ist Jahrzehnte hindurch als der durchschnittliche Schuldenzinssatz anzusehen gewesen; nach dem HGB sind es allerdings 5 %. Wenn wir hier für eine langfristige Schuld im vorhinein eine durchschnittliche Verzinsung für die gewerblichen Abgabepflichtigen von 41/2% festsetzen, setzen wir also einen Zinsfuß fest, der für die Dauer von dreißig Jahren vielleicht sogar zu hoch liegen kann, weil wir in dreißig Jahren vielleicht mit einem effektiven Landeszinsfuß von 2 oder 21/2 % werden rechnen müssen. Das sind Dinge, die niemand von uns voraussehen kann. Wenn sich die Verfasser des Entwurfs deshalb auf einen Zinsfuß festgelegt haben, der nach jahrzehntelanger, man kann sagen, jahrhundertelanger Erfahrung als der durchschnittliche Zinsfuß anzusehen ist, dann darf man, glaube ich, nicht von einer Ausraubung oder derartigen Dingen sprechen; denn man tut nichts anderes, als daß man heute mit dem Blick in eine ungewisse Zukunft den durchschnittlichen Zinsfuß zugrunde legt und damit der tatsächlichen Lage, der wirtschaftlichen Wirklichkeit gerecht wird.
Es ist im übrigen doch selbstverständlich, daß ein Zins abzugsfähig ist. Die Abzugsfähigkeit des Zinses beruht ja, Herr Kollege Seuffert, nicht nur darauf, daß das Einkommen auf einen anderen Einkommensteuerpflichtigen übertragen wird, sondern darauf, daß das Einkommen an der Quelle erfaßt wird; und daß diese Zinsen Ausgaben und nicht Einnahmen sind, ist selbstverständlich. Aber diese theoretischen Erwägungen dürften unerheblich sein, wenn man sich darüber klar wird, daß der Zinsfuß in seiner Höhe, zumindest für die gewerblichen Abgabepflichtigen, dem durchschnittlichen Zinsfuß durch die Jahrzehnte entspricht.
Daß eine niedrigere Verzinsung für die Landwirtschaft vorgesehen ist, entspricht. glaube ich, auch Ihrer Überzeugung nach, Herr Kollege Seuffert, der wirtschaftlichen Gegebenheit.
({1})
Jeder von uns weiß, daß die Landwirtschaft auf die Dauer eine nachhaltige Verzinsung von 4 % nicht herauswirtschaften kann, auch bisher nicht herauswirtschaften konnte. Die niedrigere Verzinsung der Abgabeschuld bei der Landwirtschaft entspricht also auch durchaus den Erfahrungen der Vergangenheit.
Ich glaube deshalb, daß dieser Antrag der SPD an der Wirklichkeit vorbeigeht, und bitte Sie, diesen Antrag abzulehnen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin einige Aha-, Aha-Rufe gehört, als mein Freund Seuffert sagte, daß es gar nicht schaden könne, über diese Zusammenhänge auch einmal etwas vor der Öffentlichkeit zu sagen.
({0})
({1})
- Natürlich kann man das ruhig machen, man muß es sogar ruhig machen, die Hauptsache ist, daß alle es ruhig mit anhören können.
({2})
Das scheint mir j a nun der Sinn der zweiten und dritten Lesung im Parlament zu sein, Vorgänge und Probleme, die bis dahin in der notwendigen und auch von mir begrüßten Abgeschiedenheit der Ausschußberatung vorbereitet worden sind, hier noch einmal öffentlich auszudiskutieren.
({3})
Vielleicht ist jetzt bei dem einen oder anderen der Eindruck entstanden, als handle es sich hier um ein Problem, das wirklich nur den Sachverständigen zugänglich ist. Ich möchte sagen, daß es sich um ein sehr praktisches Problem handelt und daß der Antrag der SPD in gar keiner Weise an der Praxis vorbeigeht, sondern sogar mitten in die Praxis hinein trifft, in eine Praxis, die auch dem Verstand derjenigen zugänglich ist, denen man die Steuern kurzerhand aus der Lohntüte nimmt oder vom Gehaltsstreifen absetzt oder die ihre Steuern manchmal sogar in völliger Unkenntnis in Form von indirekten Steuern bezahlen, wenn sie ein Pfund Salz oder ein paar Streichhölzer kaufen.
({4})
Daß wir das alle tun, weiß ich auch; aber daß das unterschiedlich ins Gewicht fällt je nach dem Grad und der Höhe des Einkommens, das wissen Sie nun auch, Herr Kollege Neuburger.
Meine Damen und Herren, es handelt sich eben um nichts anderes, als daß ein Teil der Vermögensabgabe bei den Steuern wieder eingespart werden soll.
({5})
- Ich sage Ihnen ja: um einen Teil dessen, was als Vermögensabgabe gefordert wird. Ob Sie das nun so oder so aufteilen, das ist überhaupt nicht interessant.
({6})
Sie bringen es nur wieder auf die Ebene des Meinungsstreits, der theoretischen Auffassungen, während wir es hier nun einmal ganz praktisch, nämlich in der Auswirkung auf die öffentlichen Haushalte und in der Auswirkung auf die Finanzierung der anderen sozialen Aufgaben aus den öffentlichen Haushalten sehen, denen Sie mit dieser Abwälzung zu viel nehmen. Ich erinnere mich gut an den Tag, an dem wir im Ausschuß über diese Dinge gesprochen haben. Als wir gesagt haben, daß wir unter gar keinen Umständen in diesem besonderen Fall der Vermögensabgabe, die ja immer als ein Opfer, als ein Eingriff auch in die Substanz bezeichnet worden ist,
({7})
- eben, soll es auch sein, und deswegen sollte man sich keine Gelegenheit entgehen lassen, das Opfer so schwer wie möglich zu machen -, der Abzugsfähigkeit zustimmen werden, da sagte man uns: erhöhen Sie lieber die Abgabesätze, aber lassen Sie es bei der Abzugsfähigkeit.
({8})
Das hat bei mir den Eindruck gemacht, als ob man bei Ihnen bloß bereit ist, das optische Opfer zu vergrößern. Die Hauptsache ist für Sie, daß man nur die Möglichkeit hat, einen entsprechend
größeren Teil wieder auf die öffentlichen Haushalte abzuwälzen.
Nur um diese praktischen Probleme und um die praktische Auswirkung handelt es sich, um gar keine Theorie. Deswegen sollte man sich bei der namentlichen Abstimmung ganz klar machen, wie man sich mit dieser Praxis auseinanderzusetzen gedenkt.
({9})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 239.
Es ist namentliche Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 492 Ziffer 15 beantragt worden. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln. Die Berliner Abgeordneten bitte ich, in der gewohnten Form abzustimmen.
({0}) Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen. ({1})
Meine Damen und Herren, ich stelle fest, daß keine Abgeordneten mehr anwesend sind, die ihre Stimmen abzugeben wünschen. Ich schließe die Abstimmung.
Ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung bekannt. Für den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion haben gestimmt 134 Abgeordnete, dagegen 194 Abgeordnete, bei 9 Enthaltungen. Von den Berliner Abgeordneten haben mit Ja 8, mit Nein 9 gestimmt. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kather auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 11 und bitte die Damen und Herren, die dem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Dieser Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den § 239 in der Ausschußfassung, nachdem der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Atzenroth zurückgezogen worden ist. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, bei der unterschiedlichen Besetzung des Hauses bedaure ich, nicht feststellen zu können, welches die Mehrheit ist. Ich bitte, diese Frage im Wege des Hammelsprungs zu klären. Ich darf Sie bitten, den Saal möglichst schnell zu räumen.
({2})
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({3})
Ich bitte, die Abstimmung zu schließen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung über § 239 bekannt: mit Ja haben gestimmt 183 Abgeordnete, mit Nein 125 bei 5 Enthaltungen. Damit ist § 239 angenommen.
Ich rufe auf die §§ 240, - 241, - 241 a, -241 b, - 241 c, - 241 d, - 241 e. - Siebenter Abschnitt. §§ 242, - 243, - 244, - 245, - 246, -247, - 248, - 249. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; die Paragraphen sind angenommen.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9192
({4})
Wir kommen zum Dritten Teil, Ausgleichsleistungen. - § 251.
Herr Abgeordneter Dr. von Golitschek bezieht sich auf den schriftlichen Bericht.*)
Meine Damen und Herren, darf ich Ihnen vorschlagen, jetzt die von Anfang an gewünschte Praxis wiedereinzuführen, daß wir nach Möglichkeit nur am Ende von Abschnitten abstimmen.
({5})
wenn nicht besondere Verhältnisse es geboten erscheinen lassen, einzelne Paragraphen vorzuziehen.
Ich rufe auf § 251 , - 252. Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kather. Bitte, Herr Dr. von Golitschek.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im § 252 ist der Kreis der Geschädigten näher bezeichnet. Im zweiten Satz des ersten Absatzes schließt er bei vorweggenommener Erbfolge nur die Kriegssachgeschädigten ein. In den Fällen, in denen bei Verlusten an Betriebsvermögen Heimatvertriebene in der gleichen Lage sind, würden diese ausgeschlossen sein. Ich bitte Sie daher, unserem Änderungsantrag, der nur eine Gleichstellung zwischen Kriegssachgeschädigten und Heimatvertriebenen vorsieht, zuzustimmen.
({0})
Weitere Wortmeldungen? - Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben das im Ausschuß nicht für erforderlich gehalten, weil es den Tatbestand, der hier angesprochen werden soll, in der Praxis gar nicht gibt.
({0})
Sollte es sich herausstellen, daß es vielleicht zehn oder fünfzehn Fälle dieser Art geben könnte, dann kann das im Billigkeitswege ohne Schwierigkeiten gemacht werden, weil es dem Sinn des Gesetzes entspricht.
({1})
Man sollte aber jetzt nicht aus rein optischen Gründen die Vertriebenen da wieder den Heimatgeschädigten gleichstellen, wo die Gleichstellung Theorie ist; denn diesen Fall kennen wir beim Vertreibungsschaden nicht. Der Vertriebene ist am Tage der Vertreibung Eigentümer oder er ist nicht Eigentümer. Er ist auf Grund der Vertreibung Vertriebenengeschädigter und kommt in den vollen Genuß aller gesetzlichen Leistungen. Darum glaube ich nicht. daß wir diese Änderung nötig haben. Wir schaden damit den Vertriebenen gar nicht.
({2})
Weitere Wortmeldungen? - Abgeordneter Golitschek.
Ich glaube, daß der Herr Kollege Kunze doch den Sachverhalt, wie er sich bei den Heimatvertriebenen ergibt, nicht
*) siehe Stenographischer Bericht der 207. Sitzung Seite 9034.
ganz übersieht. Gerade dann wird ein solcher Fall
eintreten, wenn ein verlagerter Betrieb des
Heimatvertriebenen infolge der vorweggenommenen Erbfolge bis zum Währungsstichtag in
andere Hände - des Sohnes - übergegangen ist.
Wenn der Herr Kollege Kunze der Überzeugung
ist, daß man das im Rahmen des Härteparagraphen
ausgleichen könnte, ist allerdings auf den dann
eintretenden Unterschied zu verweisen, daß beim
Härteparagraphen ja kein Rechtsanspruch existiert,
({0})
während für die vorweggenommene Erbfolge dem Kriegssachgeschädigten ein Rechtsanspruch zugestanden wird. Ich glaube aber, Herr Kollege Kunze, wenn die Zahl der in Frage kommenden Fälle nur 10 oder 15 beträgt, wird die finanzielle Auswirkung so gering sein, daß in diesem Fall eine Gleichstellung tatsächlich durchgeführt werden kann.
Weitere Wortmeldungen scheinen nicht vorzuliegen. Wir können gleich über Ziffer 12 des Änderungsantrags Umdruck Nr. 496 abstimmen. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Ich lasse nunmehr über § 252 in der geänderten Fassung abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Damit ist der Paragraph in der geänderten Fassung angenommen.
({0})
- Ja. Ich lasse nunmehr abstimmen über die §§ 251, - 253, - 254, - 255, - 256, - 257. ({1})
- Ich bitte um Entschuldigung, das ist in meinem Exemplar nicht vermerkt. - Dann lasse ich abstimmen über die genannten Paragraphen mit Ausnahme von § 254. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Das Wort zur Begründung eines Änderungsantrags zu § 254 hat der Abgeordnete Müller.
Meine Damen und Herren! Ich werde, da es sich um einen zusammenhängenden Fragenkomplex handelt, die zu den §§ 254, 255 und 256 von uns gestellten Änderungsanträge zusammen behandeln.
({0})
- Nein, darüber ist nicht abgestimmt; ich glaube, Sie haben sich getäuscht. - Es handelt sich um eine grundsätzliche Frage. Wir unterscheiden in § 254 zwischen denjenigen Ausgleichsleistungen, für die ein Rechtsanspruch gewährt wird, und solchen Leistungen, für die kein Rechtsanspruch besteht. Wir sind der Meinung, daß bei allen Forderungen der Geschädigten ein Rechtsanspruch gewährt werden muß. Sie haben von dem Rechtsanspruch die Forderungen hinsichtlich der Eingliederungsdarlehen, der Wohnraumhilfe und der Leistungen auf Grund sonstiger Förderungen ausgenommen. Die Frage des Härtefonds, die noch in diesem Abschnitt unter § 256 auftritt, werden wir noch gesondert behandeln. Wir lehnen den § 328 aus Gründen ab, auf die ich später noch bei der Besprechung dieses Paragraphen zurückkommen
({1})
werde. Ich glaube, es wird eine ganze Masse von Geschädigten geben, die auf Grund ihrer wirtschaftlichen Lage und ihrer wirtschaftlichen Absichten von den Möglichkeiten, ein Eingliederungsdarlehen zu bekommen, Gebrauch machen werden. Und wir sind der Meinung, daß sich bei der Feststellung der Berechtigung ohne weiteres die Notwendigkeit ergeben wird, ihnen auch einen Rechtsanspruch auf diese Eingliederungsdarlehen zu gewähren.
Genau so verhält es sich mit der Wohnraumhilfe. Über diesen Paragraphen werden wir noch später zu sprechen haben. Wir haben ja bereits in einem anderen Zusammenhang wiederholt von der Lage der Flüchtlinge und der Umsiedler, der Lage in den Ländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern und von der Tatsache gesprochen, daß das Umsiedlungsprogramm praktisch zu einer Katastrophe geführt hat, d. h. zusammengebrochen ist und nicht durchgeführt wurde. Es besteht also die Notwendigkeit, den Geschädigten unter allen Umständen auch einen Rechtsanspruch auf Wohnraumhilfe für den Erwerb bzw. den Bau einer Wohnung zu geben.
Ebenso verhält es sich mit den Fragen sonstiger Förderungsmaßnahmen, z. B. auf kulturellem Gebiet, der Schule usw. Auch hier liegt es im Interesse der Geschädigten selbst, daß diese drei Kategorien in den § 255, d. h. in den Bereich der Ausgleichsleistungen mit Rechtsanspruch, einbezogen werden. Das ist um so begründeter, weil die Entscheidung über diese Fragen nach § 371 dem ausschließlichen Ermessen des Leiters der zuständigen Behörde anheimgestellt wird. Wenn in § 371 gesagt wird, daß der Leiter des Ausgleichsamts einen Bescheid dahin erteilen kann, daß dem Antrag man) gels verfügbarer Mittel nicht entsprochen werden könne, dann wird er angesichts der Tatsache, daß Sie nicht bereit gewesen sind und nicht bereit sind, die entsprechenden Mittel im Aufkommen zur Verfügung zu stellen, solche Anträge in der Regel mit dieser Begründung ablehnen. Eine solche Regelung ist wohl für die Masse der Geschädigten selber unerträglich. Infolgedessen bin ich der Meinung, daß in all diesen Kategorien ein Rechtsanspruch gewährt werden muß. Andernfalls ist der Willkür Tür und Tor geöffnet, und die Erwartungen vieler Geschädigter, auf diesem Gebiete irgendeine Hilfe zu erhalten, werden nicht in Erfüllung gehen.
Ich bitte also, unserm Antrag, und zwar auch bezüglich der Schlußfolgerung, nämlich der Streichung des § 256, weil das dann nur eine Folge der Annahme unseres Antrags zu § 255 ist, Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Ich möchte doch hier nicht den Eindruck entstehen lassen, als müsse sich der Ausschuß in seiner Gesamtheit erst von den Vertretern der kommunistischen Gruppe auf die Probleme des Lastenausgleichs aufmerksam machen lassen.
({0})
- Was ihr euch erlaubt, ist doch gar nicht interessant!
({1})
- Was wir uns gefallen lassen, ist interessant; und
das lassen wir uns eben nicht gefallen. - Auch
wenn alle unsere Anträge auf Erhöhung des Aufkommens angenommen worden wären, auch wenn
es möglich wäre, das Aufkommen über das, was
wir für möglich halten, hinauszusteigern, wäre es
völlig ausgeschlossen, alle Hilfe aus dem Lastenausgleich mit einem Rechtsanspruch zu versehen.
({2})
Das wäre völlig ausgeschlossen. Jeder, der sich über diese Dinge klar ist, weiß, daß es eben hier nicht nur den Lastenausgleich gibt, sondern daß der Lastenausgleich unbeschadet seiner großen und einmaligen Bedeutung nur gleichberechtigt neben einer Fülle von anderen Aufgaben steht. Man kann sich eben nicht nur für die Einnahmeseite des Lastenausgleichs interessieren, sondern man muß sich auch mit seiner Auswirkung auf die Finanzierung aller anderen Aufgaben auseinandersetzen. Deswegen haben wir sowohl im Soforthilfegesetz wie auch jetzt mit einem erweiterten Katalog bezüglich der Hausratshilfe im Lastenausgleichsgesetz zwischen solchen Leistungen, auf die der Geschädigte einen Rechtsanspruch hat, und solchen Leistungen, deren Erfüllung von der Höhe der dazu zur Verfügung stehenden Mittel abhängt, unterschieden. Wir werden darauf ja auch noch bei der Verteilung der Mittel zu sprechen kommen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung über diese Abänderungsanträge und lasse über sie abstimmen.
Wer für die Annahme des Antrags Umdruck Nr. 498 Ziffer 13 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Abgelehnt.
Wer für die Annahme des Änderungsantrags Umdruck Nr. 498 Ziffer 14 a ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme des Antrags Umdruck Nr. 498 Ziffer 14 b ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; abgelehnt.
Nun habe ich noch über § 254 abstimmen zu lassen. Wer für die Annahme dieser Bestimmung ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; die Bestimmung ist bei einigen Stimmenthaltungen angenommen.
Zweiter Abschnitt: Feststellung von Schäden, erster Titel: Grundsätze. Ich werde die Abstimmungen über die Abänderungsanträge und über die einzelnen Bestimmungen erst am Schluß der Besprechung der Anträge, die zu den einzelnen Paragraphen dieses Abschnitts gestellt sind, vornehmen lassen.
Ich rufe auf § 258, - § 259, - § 260. - Hier ist ein Antrag der KPD angekündigt worden. Das Wort hat der Abgeordnete Müller.
Meine Damen und Herren! In § 260 - „Schadensfeststellung außerhalb des Feststellungsgesetzes" - heißt es im Abs. 2: „Sparerschäden, deren Höhe insgesamt 500 RM nicht übersteigt, werden nicht festgestellt." Sie nehmen mit einer solchen Bestimmung zweifellos eine große Anzahl Geschädigter aus, deren Sparbetrag den Betrag von 500 Mark nicht übersteigt. Sie haben mit einer solchen Bestimmung Ihre Behauptung von einem gerechten und sozialen
({0})
Lastenausgleich - auch Herr Kollege Kunze hat in seinen allgemeinen Ausführungen davon gesprochen - selbst widerlegt. Es wird, wie ich sagte, eine erhebliche Anzahl von einfachsten Menschen, Arbeitern usw., geben, die in ihren Sparbeträgen die Grenze von 500 Mark nicht erreichen. Diese sollen also von der Feststellung der Sparerschäden ausgenommen werden. Wenn wir die gesamte Tendenz dieses Gesetzes - wir kommen später noch einmal darauf zurück, und ich habe gestern bereits darauf hingewiesen - charakterisieren, so bedeutet es sowohl hinsichtlich der Aufbringungswie auch der Verteilungsseite, daß Sie insbesondere gegenüber der Masse derer, die am schwersten geschädigt sind, weil sie am wenigsten haben, die Hand zugemacht haben, während Sie den anderen gegenüber die Hand sehr weit aufgemacht haben.
Wir sind der Meinung, daß die Bestimmung dieses Abs. 2 des § 260 unhaltbar ist, und beantragen deshalb Streichung dieses Absatzes.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre Ihnen gegenüber nicht erforderlich, zu diesem Antrag ein Wort zu sagen. Aber die Öffentlichkeit könnte einen falschen Eindruck bekommen, - ({0})
- Nein, wir haben Angst davor, daß Sie mit diesem Unfug, den Sie gerade gesprochen haben, unwidersprochen in die Öffentlichkeit treten könnten.
({1})
Hinsichtlich der Begrenzung der Feststellung bei 500 Mark ist der Ausschuß von Anfang an einmütig gewesen. Die Frage, wie es mit den Sparguthaben wird, ist eine Frage, die wir ganz bewußt der sondergesetzlichen Regelung übertragen haben, auf Grund des im Ausschuß zur Beratung liegenden Initiativantrages des Zentrums, weil wir der Meinung sind, daß wir diese inflatorischen Riesenbestände an Geld, wie sie am Währungsstichtag vorhanden waren,
({2})
nicht annehmen können, und nur das, was wirklich Spargeld und nicht Kriegsverdienstgeld ist, berücksichtigen wollen. Darum haben wir abgelehnt, die 500 DM, die sich beim Währungsstichtag ergeben, zu berücksichtigen, und vorgesehen, die Problemstellung in Ihrem Sinne im Altsparergesetz zu regeln, aber unter bewußter Beziehung auf die Zeit vor dem Kriege und nicht auf die Geschäftsmachermöglichkeiten im Hitlerkrieg.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Müller ({0}).
Meine Damen und Herren! Herr Kunze hätte besser getan, nicht das Wort zu ergreifen,
({0})
denn seine Ausführungen waren nur ein einziger Beweis dafür, daß die Regierungskoalition gar nicht
daran denkt, diese am härtesten betroffenen Schichten irgendwie mit zu erfassen. Seine Begründung und sein Hinweis auf eine sondergesetzliche Regelung besagt nichts anderes, als daß man dadurch, daß man die Sparer bis 500 Mark aus dem Gesetz herausnimmt, eine kommende Gesetzgebung präjudiziert, wobei noch völlig offen ist, Herr Kunze, ob und wann sie jemals erfolgen wird. Die Tendenz der Regierungskoalition, die ich vorhin schon charakterisiert habe und die im Gesetz ja auch in der Dreißig-Jahre-Frist zum Ausdruck kommt, ist die, Zeit zu gewinnen, um allen Verpflichtungen den Geschädigten gegenüber zu entgehen und sie sich vom Halse zu laden.
({1}) Und wenn Herr Kunze es fertiggebracht hat, bezüglich der Sparbeträge bis 500 Mark von Kriegsspekulationsgeldern oder Währungsspekulationsgeldern zu sprechen - ich glaube, Herr Kunze, es wäre besser gewesen, wenn Sie sich an die Kreise gewandt hätten, die an Kriegs- und Währungsgewinnen Milliarden verdient haben.
({2})
Keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung zu § 260.
Ich rufe auf: § 261, - § 262, - § 263, - § 264,§ 265. -
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der KPD - Umdruck Nr. 498 Ziffer 15 - abstimmen. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr lasse ich über die §§ 258 bis 265 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer für die Annahme dieser Paragraphen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Dritter Abschnitt, Hauptentschädigung*). § 266,§ 267, - § 268. - Zu § 268 liegt ein Änderungsantrag des Abgeordneten Dr. Reismann vor, Umdruck Nr. 506, Ziffer 2; ich erteile ihm das Wort.
({0})
- Der Berichterstatter verzichtet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!. Nachdem wir soeben - ich glaube, bei § 252 - eine Änderung der Vorlage vorgenommen haben mit Rücksicht darauf, daß dort zu Lasten der Vertriebenen eine volle Gleichstellung nicht herbeigeführt war - wir haben dabei gehört, es handle sich um einen kaum nennenswerten Kreis, es ist mehr eine Höflichkeitsgeste, die wir hier gemacht haben -, ist es, meine ich, besonders notwendig, mit § 268 die Gleichstellung der einheimischen Geschädigten mit den Vertriebenen herbeizuführen.
Das Problem, über das wir gestern schon einmal gesprochen haben, ist: innerhalb der geringen Zuwendungen, die das Lastenausgleichsgesetz jetzt vorsieht, sollte man die verschiedenen Klassen wirklich nicht differenzieren. Ich verweise hier auf die Ausführungen - ich will abkürzen, weil ich ja
*) Schriftlicher Bericht siehe Stenographischer Bericht der 207. Sitzung Seite 9035
({0})
gestern schon darüber gesprochen habe -, die Herr
Kunze selbst auf Seite 21 seiner Leitgedanken gemacht hat. Er gibt dort zu, daß in gewissen Fällen
ein augenfälliges Mißverhältnis gegeben wäre,
wenn man dem hier folgt. Dieses Mißverhältnis ist
nicht in gewissen Fällen, sondern immer gegeben!
({1})
- Ja, es ist immer gegeben, weil eben für die einheimischen Geschädigten nach Abzug der verbliebenen Hypothekenschulden gar nichts an wirtschaftlichem Eigentum übrigbleibt. Sie stehen in dieser Hinsicht den Vertriebenen völlig gleich, und es geht deswegen nicht an, daß man bei den Vertriebenen die halben Schulden von den Verlusten abzieht und bei den einheimischen Geschädigten die ganzen.
Ich bitte deswegen, bei Gelegenheit dieses § 268 die Gleichstellung dadurch herbeizuführen, daß Sie unserem Antrage zustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Nöll von der Nahmer.
Meine Damen und Herren! Was zu den schwerwiegenden Problemen zu sagen ist, die im § 268 erneut auftreten, ist ja gestern schon bei der Diskussion zu § 32 gesagt worden. Ich möchte mich hier nicht wiederholen. Ich habe ja auch schon mitgeteilt, daß meine Fraktion der Ansicht ist, daß das Gesetz hier durch eine Novelle geändert werden und die Gleichziehung zwischen Kriegssachgeschädigten und anderen Geschädigten unbedingt erfolgen muß.
({0})
Ich spreche heute deswegen noch einmal zu diesem Paragraphen, weil Herr Kollege Seuffert gestern meinte, der entscheidende Unterschied sei doch eben der, daß es sich in dem einen Fall um Reichsmarkverbindlichkeiten und im anderen Fall um D-Markverbindlichkeiten handele. Diese Einwendungen habe ich noch einmal nachgeprüft. Ich glaube, Herr Kollege Seuffert, daß Ihr Einwand tatsächlich nicht durchgreift. Es ist doch so: Nehmen Sie an, ein Mann hat ein Vermögen von 100 000 RM gehabt; darauf lagen 80 000 RM Schulden; wir wollen jetzt einmal von dem Grundstück absehen. In jedem Falle wird von dem Einheitswert in Reichsmark die Reichsmarkschuld abgezogen.
Ich habe aus den Ausschußberatungen den Eindruck gewonnen, daß die Regelung, wie wir sie jetzt hier vorfinden, dadurch zustande gekommen ist, daß man zu stark von der Tatsache ausgegangen ist, daß den einheimischen Ausgebombten noch ein gewisses Restvermögen geblieben ist. Aber, meine Damen und Herren, ich betone nochmals wie schon gestern: Diese Tatsache ist nicht entscheidend. Wir dürfen nur von dem effektiven Schaden ausgehen, und da muß eben nach unserer Auffassung jeder Schaden gleichbehandelt werden. Aber wir werden ja Gelegenheit haben, dieses Problem, das anscheinend immer noch umstritten ist, noch einmal zu diskutieren.
Das Wort hat der Abgeordnete Schütz.
Schütz ({0}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich versuche, die Motive des Ausschusses einmal darzulegen.
({1})
Wir haben uns sehr lange und sehr eingehend - es wurde hier gestern schon einmal gesagt - mit den beiden Größen Einheitswert auf der Entschädigungsseite und Schulden auseinandergesetzt. Am Ende dieser langen und sehr eingehenden Auseinandersetzungen waren wir, ich glaube, einmütig der Meinung, daß es eine allseits befriedigende und bis ins letzte gerechte Lösung bei diesen beiden Dingen einfach nicht gibt.
({2})
- Herr Kollege Reismann, Sie haben leider an den Ausschußberatungen nicht teilgenommen, in denen wir uns sehr eingehend damit auseinandergesetzt haben.
Dann haben wir versucht, an dieser Stelle, wie man zu sagen pflegt, den Knoten durchzuschlagen.
({3})
Ich möchte aber jetzt einmal die Motive sagen. Uns stand bei der Regelung vor allem der heimatvertriebene Landwirt vor Augen. Nun bitte ich einmal, die beiden miteinander zu vergleichen.
({4})
- Aber an den haben wir zu 99 vom Hundert gedacht.
({5})
Da steht der heimatvertriebene Landwirt, der nicht bloß die Scheunen, das Vieh und die Geräte, sondern auch den Boden unter den Füßen verloren hat. Ihm gegenüber steht der einheimische kriegssachgeschädigte Landwirt. Selbstverständlich hat er auch einen Schaden, selbstverständlich hat er auch einen empfindlichen Schaden. Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie diese beiden Geschädigten miteinander vergleichen, dann müssen Sie doch bei einigem guten Willen dafür Verständnis finden, wenn wir davon ausgegangen sind, daß die Verluste des heimatvertriebenen Landwirts die Verluste seines einheimischen Kollegen, der kriegssachgeschädigter Landwirt ist, bei weitem überragen. Um das zum Ausdruck zu bringen, ist hier der Versuch mit der halben Schuldenstreichung bei den Vertriebenen hineingekommen.
Das Wort hat der Abgeordnete Reismann.
({0})
Es wird mir soeben zugerufen, ich glaube dem Herrn S c h ü t z nicht, was er gesagt hat. Doch, das glaube ich ihm, daß man nämlich zu 99 % an die Fälle gedacht hat, von denen er gesprochen hat, nämlich an vertriebene Bauern. Ich kann nicht in allen Ausschüssen und allen Beratungen sein. Deswegen bin ich im Lastenausgleichsausschuß zwar wiederholt, aber nicht gerade bei dieser Beratung dabei gewesen. Stimmt, Herr Kollege Schütz! Ich war dafür in anderen Ausschüssen, wo Sie nicht waren. Aber wenn Herr Kollege Schütz zugibt, man habe zu 99 % an den vertriebenen Landwirt gedacht, so beweist das eben, daß man falsch vorgegangen ist. Denn so geht das nun wirklich nicht, von einem Stand ausgehend gerade nur dessen Interessen im Auge zu haben. Bei den einheimischen Geschädigten handelt es sich zum allerwenigsten um Land({0})
wirte, sondern vielmehr um Ausgebombte in den Städten, die ihre Wohnungen, Häuser und Geschäfte verloren haben.
Herr Kollege Nöll von der Nahmer hat eben mit Recht gesagt, der Hinweis von Herrn Seuffert ,,R-Mark - D-Mark" sei nicht zutreffend, weil doch sowohl die Schäden als auch die Schulden auf R-Mark bezogen seien. Das ist aber auch deswegen gleichgültig, weil auch die Belastung in D-Mark 1 : 1 umgerechnet wird, ebenso wie der Einheitswert in D-Mark umgerechnet wird. Also so herum würde die Sache auch richtig. Aber in jedem Falle ist es so, daß, ob ein Restwert verblieben ist oder nicht, das eventuell Verbliebene wirtschaftlich nicht dem Eigentümer, sondern dem Hypothekengläubiger zusteht, zumal in den meisten Fällen nicht der private Hypothekengläubiger, sondern der Staat auch noch der Übernehmer der Hypotheken ist. Da ist es also erst recht unbillig. Der Restwert ist in vielen Fällen etwas höher als 10 %, und das, was über 10 % hinausgeht, fällt dem Staat zu, da die entsprechenden Hypothekenlasten nicht um 90 %, sondern nur um 80 oder vielleicht sogar nur um 75 % gestrichen werden, und da ist der Gläubiger der Staat. Er nimmt also seine Gläubigerrechte in Anspruch. Aber die Gleichstellung wird demselben Geschädigten, der als Schuldner weiter in Anspruch genommen wird, verweigert. Das ist - ich kann mir nicht anders helfen - haarsträubend ungerecht. Wenn man das zugibt, sehr verehrter Herr Kollege Nöll von der Nahmer, dann sehe ich nicht ein, warum man die Verbesserung auf eine spätere Novelle vertagen soll. Der Fall ist absolut klar zur Entscheidung. Wir können es nicht verantworten, dieser Entscheidung auszuweichen mit dem Vorwand: wir werden das demnächst in Ordnung zu bringen versuchen; ungerecht ist es, das geben wir zu, uns an dieser Entscheidung im Augenblick vorbeizuschleichen. Ich bitte Sie deshalb, dieser Ungerechtigkeit schon jetzt abzuhelf en.
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Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß leider noch einmal zu dieser Frage sprechen, weil die eigentliche Problematik nicht verstanden worden ist. Herr Kollege Schütz hat, als er von 99 % sprach, damit nicht sagen wollen, daß nur 1 % der Gedanken und Überlegungen der Ausschußmitglieder den einheimischen Geschädigten gegolten habe,
({0}) sondern er hat nur bei der Fragestellung „Wie regeln wir die Dinge für die Vertriebenen?" seinen Blick in erster Linie auf die Bauern unter den Vertriebenen gerichtet. Sie vergessen doch dreierlei, Herr Kollege Reismann. Der einheimische Geschädigte - ich will Ihr Beispiel aufgreifen --, der Hausbesitzer, der auf seinem Besitztum in der Stadt eine Hypothek hat, ist der normale Fall. Sie vergessen, daß wir diesem Geschädigten in der Hypothekengewinnabgabe die für ihn brauchbaren und notwendigen Senkungsmöglichkeiten zubilligen. Erstens senkt sich für ihn die Hypothekengewinnabgabe automatisch um den Prozentsatz seiner Schädigung. Zweitens: ist die Ertragsminderung aus diesem Geschädigtenbesitz gegenüber der Normalmiete vorhanden, so senkt sich die Hypothekengewinnabgabe ebenfalls dementsprechend. Drittens: baut er bis 1956 wieder auf, so wird ihm alles, was nicht rentierliche Kosten sind, als für die Hypothekengewinnabgabe abzugsfähig zuerkannt. Auf die beiden anderen Dinge will ich nicht eingehen; es genügt, diese drei entscheidenden Gesichtspunkte herauszustellen. Damit haben wir das Problem für diesen Teil gelöst.
Ich sehe ein ganz anderes Problem, auf das ich hinweisen darf. Ich denke jetzt einmal an die Rote Zone und die Landwirtschaft der Roten Zone, wo wir unter Umständen vor der Frage stehen: kommen wir mit der Regelung, wie siejetzt vorgesehen ist, in der Praxis zum Zuge, weil es da vielfach so ist, daß unter Umständen - ({1})
- Ach, Herr Renner, davon verstehen Sie ja nichts, Sie haben sich ja mit dieser Materie überhaupt nicht befaßt! Würden Sie also die Zwischenrufe unterlassen!
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- Wenn es noch politisch interessant wäre, könnte man darauf eingehen, aber nicht, wenn wir ernsthaft so schwierige Dinge diskutieren, von denen ich im übrigen nicht einmal weiß, ob Sie sie überhaupt gelesen haben.
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Wenn ich von der Roten Zone spreche, meine ich folgendes. Es kann sein, daß der Bauernhof am Boden liegt, daß aber der Anteilwert der Gebäude und des lebenden und toten Inventars vielleicht nur 20 oder 30 % des Bodenwertes ausmacht, infolgedessen die Verhältnisse hier so liegen, daß man dem nicht genau Rechnung tragen kann. Aber durch die Veranlagung, durch die Feststellung, haben wir ja die Chance, diese Frage einer Prüfung und einer gegebenenfalls besseren Lösung zuzuführen.
Sie verweisen auf meine Ausführungen, die ich auf Wunsch der Journalisten der Bundespressekonferenz niedergelegt habe. Dort habe ich auf den Seiten 21 und 22 darzustellen versucht, welche Motive den Ausschuß geleitet haben. Ich habe da ausgeführt, daß wir in der Halbierung bei den Vertriebenen den Knoten durchgehauen haben, wie Kollege Schütz sagte, und daß wir bei der Regulierung der Hypothekengewinnabgabe diesen Versuch gemacht haben, weil wir nicht mit unbekannten Größen arbeiten können. Gottlob kann der hiesige durch den Bombenkrieg Geschädigte seinen Schaden effektiv nachweisen, und wir können ihm seinen erhalten gebliebenen Wert nachweisen. Ich glaube, wir haben da genau so gut wie in den anderen Fällen das Richtige getroffen. Sie können also jetzt nicht die Gesamtkonzeption des Gesetzes dadurch zerstören, daß Sie schematisch einfach sagen: In den § 268 gehören für die Kriegsgeschädigten auch 50 % statt 100 % hinein!
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Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern bei einem gleichlaufenden Punkt auf der Abgabenseite die Argumente vorgetragen, die uns nicht in die Lage zu versetzen schienen, dem Antrag zuzustimmen. Es mag sein, daß auf dieser Entschädigungsseite die Angelegenheit noch einmal einer Nachprüfung bedarf. Da aber der Antrag offenbar sowieso keine
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maßgebliche Unterstützung findet, sehen wir uns im Augenblick nicht in der Lage, ihn anzunehmen. Wir werden die Nachprüfung vornehmen und sie allerdings nicht bis zu weiteren Novellen, sondern allenfalls bis zur dritten Lesung zurückstellen. Je nach dem Ergebnis unserer Überlegungen werden wir uns in der dritten Lesung verhalten.
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darf ich zwei kurze Bemerkungen vorwegschicken. Erstens: Die Bestimmung des § 268 gehört zu jenen technisch-juristischen Formulierungen, deren Verständnis im Plenum durch eine Debatte nicht erhöht wird. Ich bin der Ansicht, daß man solche Bestimmungen in der Tat nicht durch Anträge im Plenum ändern sollte.
Zweitens: Zu meiner großen Freude - so muß ich persönlich sagen - habe ich dem Lastenausgleichsausschuß nicht angehört und an keiner einzigen seiner Sitzungen teilgenommen. Ich möchte daher zu der hier aufgeworfenen ethischen Differenz nur als Städter das Wort nehmen, dessen Heimatstadt heute die meisten Flüchtlinge in sich birgt.
Hier ist die Meinung vertreten worden - unser Kollege Schütz hat dazu einige sehr interessante Richtlinien gegeben -, daß der kriegsgeschädigte Einheimische schließlich materiell und wirtschaftlich einen sehr weitgehenden Vergleich mit dem Ostflüchtling zulasse. Dem möchte ich nicht nur für die Landwirte, sondern für die Menschen aller Stände und Kreise entgegentreten. Denn ob das nun ein Angestellter, ein Arbeiter, ein selbständiger Kaufmann, ein Angehöriger eines freien Berufes oder was immer gewesen ist, der hier geflohen, dort kriegsgeschädigt ist, die Lebensstellung der Vertriebenen ist selbst gegenüber dem unglücklichsten Fall des hier in der Heimat Geschädigten unvergleichlich viel trostloser. Das konnten wir von unserer Ecke im Norden aus schon deshalb beurteilen, weil wir im Jahre 1943 die Hamburger Flüchtlinge, die Unglückseligsten vielleicht von allen, die aus dem Bombenkrieg fliehen mußten, in unserm Bereich zu Tausenden aufgenommen haben. Diese fanden sich dann eben irgendwie wieder; denn sie hatten eins nicht verloren, ihre persönlichen Beziehungen und die Basis ihres Berufes, die sie - trostlos und kümmerlich genug - zunächst einmal wieder aufrichten konnten. Ich schweige von Lübecker Bombengeschädigten, die mit den Hamburgern, was das Elend anlangt, allerdings keinen Vergleich eingehen können.
Etwas ganz anderes war es bei den Elendszügen der aus dem Osten Vertriebenen, die von Ende Januar 1945 an durch unsere Gegend zogen; denn diese Leute hatten in ihren Treckwagen meistens doch wohl nur irgendwelchen Plunder gerettet, sonst aber alles und jedes verloren, was ein seßhaftes menschliches Leben überhaupt lebenswert macht. Deswegen, meine ich, ist der Grundsatz, daß bei Sachschäden das, was für Ostvertriebene gilt, auch für Heimatgeschädigte gelten muß, sehr zweifelhaft. Ich bin der Ansicht, daß gerade wir, die wir das Glück hatten, nicht fliehen zu müssen, alle Veranlassung haben, uns darüber klar zu sein, daß wir es hier zum großen Teil mit einem menschlichen Unglück und einer menschlichen Entwurzelung zu tun haben, die mit keinem Unglück desjenigen verglichen werden kann, der seine Heimat nicht zu verlieren brauchte.
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Weitere Wortmeldungen zu § 268 liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung dieser Bestimmung ab.
§ 269. Hier ist zunächst der Antrag der SPD Umdruck 492 Ziffer 16 zu begründen. Das Wort hat der Abgeordnete Ohlig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Begründung des sozialdemokratischen Änderungsantrags zu § 269 bitte ich mir zu gestatten, daß ich gleichzeitig auch Ziffer 17 des Umdrucks 492 begründe, weil die dort enthaltenen Streichungsanträge mit diesem Änderungsantrag zu § 269 aufs engste verbunden sind.
Der § 269 in der vorliegenden Ausschußfassung ist an die Stelle der §§ 207 und 214 der Regierungsvorlage getreten. Schon im Zwischentext haben diese beiden Paragraphen eine Änderung erfahren. Dieser Zwischentext wurde von Kritikern, die außerhalb der Sozialdemokratischen Partei stehen, schon einmal als auf giftgrünem Papier gedruckt bezeichnet und als solcher abgelehnt. Die mehrmalige Änderung des § 269 läßt erkennen, daß er sicher eine der wichtigsten Bestimmungen auf der Entschädigungsseite ist.
({0})
Die Tatsache, daß außer von der sozialdemokratischen Fraktion und der kommunistischen Gruppe zu diesem Paragraphen keine Änderungsanträge gestellt worden sind - weder von der Rechten des Hauses noch insbesondere von den VertriebenenAbgeordneten -, muß man natürlich so deuten, daß Sie mit der jetzt vorliegenden Fassung einverstanden sind. Wir von der sozialdemokratischen Fraktion möchten auch vermuten, daß man Änderungsanträge deshalb nicht gestellt hat, weil man eine Diskussion dieses Paragraphen mehr oder weniger vermeiden wollte. Aber für uns ist es wichtig, daß die Öffentlichkeit über die Bedeutung gerade dieses Paragraphen möglichst viel erfährt.
Schon in der dritten Lesung des Ausschusses wurde über diesen Paragraphen so gut wie gar nicht mehr diskutiert. Seine Fassung wurde uns in einem Antrag der Regierungskoalition vorgelegt und wurde dann ohne Diskussion gegen die Stimmen der Sozialdemokratischen Partei beschlossen. In dieser Ausschußsitzung herrschte zum Teil die gleiche Atmosphäre wie hier in der zweiten Lesung im Plenum. Wir hatten die Empfindung, daß ein Teil der Kollegen aus der Regierungskoalition gar nicht mit ihren Herzen bei diesem gemeinsamen Antrag waren. Da man befürchtete, die bessere Einsicht würde bei dem einen oder anderen noch obsiegen, beschloß man zwar nicht den Fraktionszwang, Herr Kollege Schütz, aber man beschloß den Koalitionszwang.
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- Die Erklärung, die hier der Herr Kollege Dr. Nöll von der Nahmer im Auftrage der Regierungskoalition abgegeben hat, läßt uns das einfach vermuten.
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({3})
- Ja, „leider" hat dieser Koalitionszwang bis jetzt nicht ganz funktioniert; er ist mehrmals durchbrochen worden. Darauf setzen wir als Sozialdemokraten in einem gewissen Umfang noch ein bißchen Hoffnung, daß nämlich auch im Fall unseres Änderungsantrags eventuell diese Koalitionsmehrheit durchbrochen wird.
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- Das ist sehr bezeichnend, daß Sie das von vornherein sagen, ohne die Begründung unseres Antrags abzuwarten!
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Unser Antrag stellt den letzten Versuch dar, die Hauptentschädigung so zu regeln, daß auch wir von der sozialdemokratischen Fraktion dem ganzen Fragenkomplex eventuell unsere Zustimmung geben können. Sie wissen doch genau, wie wir in den letzten 15 Monaten im Ausschuß immer wieder unter Beweis gestellt haben, daß wir bemüht sind, dem Lastenausgleichsgesetz eine möglichst große Mehrheit in diesem Hause zu verschaffen, weil wir die politische Brunnenvergiftung beseitigen wollen, die ständig mit diesem Lastenausgleichsgesetz draußen getrieben werden könnte.
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Wir haben genau so wie Sie ein sehr lebhaftes, auch politisches und für unser Volk wichtiges Interesse daran, daß die Propaganda mit dem Lastenausgleichsgesetz endlich aus der politischen Ebene verschwindet, damit sich nicht bestimmte Gruppen ständig an einer solchen Frage immer wieder neue, sehr egoistische und interessentenmäßige Aufgaben stellen können. Deshalb sind wir durchaus gewillt, hier noch den allerletzten Versuch zu machen, eine möglichst große Mehrheit zustande zu bekommen, um ein solches bedeutendes Gesetz draußen tragen zu können.
Wir haben allerdings wenig Hoffnung - das sagte ich schon einmal -, weil bestimmte Beispiele in diesem Hause - ich erinnere an die einmütige Verabschiedung des Bundesversorgungsgesetzes und des Wohnungsbaugesetzes - leider nicht allzu stark nachgeahmt worden sind. Allerdings geben wir auch zu, daß bei diesen Gesetzen, beim Versorgungsgesetz sowohl wie beim Wohnungsbaugesetz, die Regierung selbst viel stärker mitgearbeitet hat. Schauen Sie sich doch einmal die Regierungsbank an, wie schwach sie bei einem so wichtigen Gesetz, das auf 30 Jahre hinaus für unser Volk Geltung haben soll, besetzt ist!
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Wir haben deshalb nicht mehr allzuviel Hoffnung, daß man sich hier noch ernsthaft darum bemüht, eine große Mehrheit zu finden. Herr Kollege Schütz, Sie haben in den letzten Tagen bei der Debatte oft bei Änderungsanträgen, von denen ich so ein bißchen die Empfindung hatte, Sie stünden ihnen zumindest in Ihrem untersten Herzwinkel etwas sympathisch gegenüber, die Erklärung abgegeben, Sie lehnten sie ab, weil Sie das Gesetz retten möchten. Darauf kommt man im Plenum, weil Sie befürchteten, dieses Gesetz würde keine Mehrheit bekommen! Das wissen Sie aber zunächst ebensowenig wie wir alle. Bloß Sie haben bei diesem Zwischenruf und bei Ihren Bemerkungen vergessen, hinzuzufügen, daß Sie die Mehrheit für dieses Gesetz anscheinend nur auf dieser Seite des Hauses suchen wollen.
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Vielleicht haben Sie sogar von allerhöchster Parteiführungsstelle den Auftrag bekommen, dieses Gesetz unter allen Umständen gegen die Sozialdemokraten anzunehmen.
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Dann aber, bitte, seien Sie so offen, hier zu erklären: Wir wollen den Lastenausgleich ohne Sie machen, wir verabschieden ihn als Regierungskoalition, weil wir den Lastenausgleich nicht mit der SPD verabschieden möchten.
({10})
- Herr Kollege Kunze, ich bin zu dieser Auffassung gekommen. Gestatten Sie mir dazu Ihnen gegenüber eine ganz freundschaftlich gemeinte persönliche Bemerkung. Ich kenne Sie aus den 15 Monate langen Ausschußverhandlungen und habe Sie in diesen 15 Monaten in manchen Situationen anders argumentieren gehört, als Sie das jetzt in der zweiten Lesung getan haben.
({11})
Deshalb muß ich doch zu dem Gedanken kommen, daß Sie selbst auch nicht mit ganzem Herzen das verteidigen, was Sie hier fast bei jedem Änderungsantrag tun. Da müssen Sie ja irgendwie von einer bestimmten Stelle oder durch sonst irgendwelche Beschlüsse zu dieser Haltung gezwungen worden sein. Aus diesen Erfahrungen habe ich eben die Meinung geschöpft, daß Sie dieses Gesetz ohne uns, nur mit der Mehrheit der Regierungskoalition verabschieden wollen. Aber Sie sollten das dann hier ganz offen sagen.
({12})
Der jetzigen Fassung des § 269 können wir nicht zustimmen. Der Regierungsentwurf hatte für die kommende Hauptentschädigung und für eine Feststellung in den beiden §§ 207 und 214 einen vorläufigen Grundbetrag in 15 Schadensgruppen vorgesehen. Diese Regelung war getroffen worden, um eine vereinfachte und beschleunigte Durchführung des Verfahrens durch abgerundete Beträge sicherzustellen. Die Höchstbegrenzung lag bei Schäden von 150 000 Mark.
Auch der Unkeler Kreis, Herr Kollege Kunze, stand ursprünglich und sogar bis in die letzte Vergangenheit aus prinzipiellen Überlegungen auf diesem Boden. Man wollte durch die Bildung von Schadensgruppen die individuelle Feststellung vermeiden, um neben der Beschleunigung der Durchführung des Gesetzes gleichzeitig auch eine Verminderung der Verwaltungskosten zu erreichen. Nach der jetzigen Fassung fällt aber jede Höchstbegrenzung. Neben dem vorläufig festgesetzten Grundbetrag gibt es auch zwischen den Grundbeträgen noch sogenannte prozentuale Zuschläge. Das bedeutet doch, daß in jedem einzelnen Fall individuell festgestellt werden muß. Damit ist wiederum eine Erhöhung der Verwaltungskosten für die Durchführung dieses Gesetzes unvermeidlich geworden. Auch wird die Durchführung des Gesetzes dadurch erschwert.
Ich glaube, die Ausschußmitglieder werden sich daran erinnern - ich möchte es aber dem Hohen Hause wenigstens mitteilen -, daß die Bedenken, die ich soeben vorgetragen habe, auch vom Bundesfinanzministerium geteilt worden sind.
({13})
({14})
Noch in einem Gutachten des Bundesfinanzministeriums vom 28. November 1951 heißt es in den Schlußbemerkungen:
Wie dargelegt, empfiehlt es sich nicht nur aus
Gründen der Verwaltungsvereinfachung, sondern auch aus Gründen der Gerechtigkeit,
möglichst weitmaschige Gruppen zu bilden.
({15}) - Bitte, dieses Gutachten haben Sie ebenso bekommen wie wir. Der Herr Bundesfinanzminister läßt seine eigene Vorlage hier im Stich. Er flüchtet sich hinter die Ausrede, es seien hier nicht nur fiskalische, sondern in allererster Linie politische Entscheidungen zu treffen. Als wir hier gestern baten, auch die Regierung solle sprechen, haben Sie, Herr Kollege Schütz, den Zwischenruf gemacht: „Hier reden wir!" Das ist richtig. Aber sowohl Sie als auch ich und alle anderen haben ja auch schon manche lange und temperamentvolle Rede des Herrn Bundesfinanzministers in diesem Hause gehört. Wir wundern uns nur, daß dieses Temperament, diese Eigenschaften des Herrn Bundesfinanzministers bei diesem Gesetz bis jetzt überhaupt noch nicht in Erscheinung getreten sind.
({16})
Sie haben genau so wie wir von einer Reihe kommunaler Spitzenverbände eine ganze Menge Zuschriften bekommen, die alle darauf aufmerksam machen, wie schwierig die Durchführung und Verwaltung dieses Gesetzes sein wird. Ja, sie gipfelten zum Teil alle in dem Notruf, wir sollten mit diesem Gesetz keine Lastenanhäufung, sondern einen Lastenausgleich machen.
Sie haben vor einigen Tagen höchstwahrscheinlich alle genau so wie wir den kleinen Rundbrief eines Landrats a. D. erhalten. Wir können doch diese Einwände der Kommunalverbände nicht einfach mit einer Handbewegung abtun, weil es ja alle unsere Leute trifft, die in der Gemeinde dieses Gesetz durchzuführen haben. Sie wissen ebenso wie wir, daß die sogenannten Finanzzuweisungen der Länder bei weitem nicht ausreichen, um die Auftragsangelegenheiten zu bezahlen.
({17})
Mit dem Fallenlassen der Schadensgruppen entsteht aber ein Gesetz, durch das die Verwaltungsunkosten ins Große gesteigert werden. Man spricht von einigen Hunderten von Millionen Mark an Ausgaben, die durch die Verwaltungskosten verursacht werden. Deshalb fragen wir den Herrn Bundesfinanzminister, dem es doch sonst immer beliebt, hier als Beschützer der Steuerzahler aufzutreten, ob er „aus Koalitionsgründen" bereit sein kann, Hunderte von Millionen Mark an Verwaltungskosten für ein Gesetz auszugeben, das nach seiner eigenen Erklärung im Ausschuß große verwaltungsmäßige Schwierigkeiten und eine mögliche Verlangsamung der Durchführung des Gesetzes befürchten läßt.
Herr Kollege Golitschek, Sie haben vorhin gesagt, der Finanzminister habe im Ausschuß geredet; das ist richtig.
({18})
Aber der Kollege Seuffert hat in der 116. Sitzung, als wir die Herren Minister noch einmal zu einer Aussprache gebeten hatten, den Herrn Bundesfinanzminister gefragt, wie er inzwischen zu den hinsichtlich der Hauptentschädigung gefaßten
Ausschußbeschlüssen stehe. Da der Herr Minister selber es bis jetzt versäumt hat, seine Stellungnahme hier kundzutun, sehe ich mich genötigt, das vorz lesen, was er im Ausschuß gesagt hat. Der Minister Schäffer hat erklärt, die Stellungnahme zu der vom Ausschuß beschlossenen Streichung der Höchstgrenze bei der Hauptentschädigung sei vorwiegend eine politische und psychologische Frage.
({19})
Das Kabinett habe seine Auffassung durch die Regierungsvorlage zum Ausdruck gebracht. - Bis jetzt hat die Regierung nicht mit einem Wort dafür gekämpft. - Es habe sich seitdem mit dieser Frage nicht mehr befaßt. Er beabsichtige, seine persönliche Auffassung hierzu im Rahmen der Fraktion auszusprechen. Das gleiche gelte zur Frage der Auf- und Abrundung der Schadensbeträge, doch müsse er hierzu darauf hinweisen, daß er bei einem Verzicht auf Auf- und Abrundung große verwaltungsmäßige Schwierigkeiten und eine erhebliche Verlangsamung bei der Durchführung des Gesetzes befürchte.
({20})
Das sind seine eigenen Erklärungen. Die Ausschußfassung nimmt darauf in keiner Weise Rücksicht.
Wenn ich jetzt bissig sein wollte, meine Herren Kollegen von der Regierungskoalition, könnte ich ja sagen, der Herr Bundesfinanzminister hat sich in seiner Fraktion nicht durchgesetzt. Vielleicht hat man ihm auch so ein klein wenig gedroht, obwohl ich ihm nicht zutraue, daß er sich durch Drohungen einschüchtern läßt. Bis jetzt ist er aber noch nicht in Erscheinung getreten. Ich muß deshalb annehmen, daß er sich mit dem Hinweis hat einschüchtern lassen,
({21})
die Mehrheit - die diesen Lastenausgleich ohne uns beschließen will - versage ihm eventuell die Gefolgschaft, wenn er mit anderen Steuervorlagen an sie herantrete. Deshalb hat er das bessere Teil erwählt und bis jetzt im Plenum noch nicht dazu Stellung genommen.
({22})
Ich möchte jetzt einige grundsätzliche Bedenken gegen diese Regelung sagen. In diesen zwei Tagen ist gesagt worden, Sie kämpften bei dem Lastenausgleich um den Eigentumsbegriff.
({23})
- Ja, aber es wäre sehr viel richtiger, Herr Kollege Farke, wenn Sie sagten, Sie kämpften um den quotalen Vermögensbegriff. Denn, sehen Sie, wie groß ist denn der Kreis der Interessenten, die mit der jeztigen Formulierung des § 269 zufriedengestellt sind? Es handelte sich damals schon bei der Heraufsetzung der Grenze auf 500 000 DM nach den Angaben des Bundesfinanzministeriums um ganze 40 000 Menschen.
({24})
Bei dieser Regelung hätten diese 40 000 Menschen einen Mehraufwand von 400 Millionen plus 285 Millionen DM verursacht.
({25})
- Das ist das ausgesprochen quotale Vermögensprinzip. Damit waren aber die Drängenden in Ihren Kreisen noch nicht zufrieden, und sie haben ja jetzt auch erreicht, daß jede Begrenzung nach
9144 t eutscher Bundestag ({26})
oben wegfällt. An diesem weiteren Wegfall der Begrenzung sind - ebenfalls nach den Informationen des Bundesfinanzministeriums - ganze 12 000 Menschen interessiert,
({27})
und diese Regelung bedeutet einen Mehraufwand
von 250 Millionen DM plus 185 Millionen Zinsen.
({28})
- Das ist im Ausschuß gesagt worden. Wenn ich habe richtig läuten hören, hat sogar der Kollege Kunze bei der Berichterstattung an seine Fraktion die gleichen Zahlen verwendet.
({29})
Die Zahlen können also nicht von uns aus der Luft gegriffen sein. Die Formulierung des § 269 mit dem Wegfall jeder Höchstbegrenzung begünstigt 52 000 Menschen mit beinahe 700 Millionen DM ohne Zinszuschläge;
({30})
und das nennen Sie eine Verteidigung des Eigentumsbegriffs.
Ich könnte noch etwas bissiger sein. Ich sehe da nämlich den Herrn Kollegen Kather sitzen. Wenn ich richtig unterrichtet worden bin, soll der Antrag zu der jetzigen Formulierung des § 269 in den sechs Wochen langen Verhandlungen der Koalition vom Kollegen Kather stammen und dann angenommen worden sein.
({31})
Ich möchte ganz bescheiden anfragen, warum der Kollege Kather von diesem Antrag und den finanziellen Auswirkungen am Sonntag auf dem Bonner Marktplatz nichts gesagt hat.
({32})
Wir kennen Sie doch sonst nicht dafür, Herr Kollege Kather, daß Sie Ihr Licht unter den Scheffel stellen. Wenn Sie das hier getan haben, muß es doch eine Bewandtnis damit haben. Vielleicht wäre, wenn Sie diesen 50 000 auf dem Bonner Marktplatz das auseinandergesetzt, das erzählt hätten, doch nicht der Ruf gekommen: Dr. Kather ins Bundesvertriebenenministerium!
Mit unserem Antrag soll also nach unserer Meinung die Regierungsvorlage im großen und ganzen wiederhergestellt werden. Wir hoffen, daß die besseren Kollegen,
({33})
die jahrelang im Unkeler Kreis auch Richtlinien erarbeitet haben, sich heute zu diesen Richtlinien noch einmal bekennen oder sich wenigstens an sie erinnern. Wir fordern in unserem Antrag also die Wiederherstellung der fünfzehn Schadensgruppen mit der Höchstbegrenzung von 150 000 DM. Die Entschädigung, Verzinsung und Auszahlung eines Entschädigungsbetrags sollen in einem besonderen Gesetz geregelt werden, das 1957 spätestens verabschiedet sein soll. Damit sind auch die §§ 270 bis 275 überflüssig; denn sie gehören in dieses kommende Gesetz hinein.
Den kommunistischen Antrag kann ich mit zwei Sätzen übergehen. Er will ja im Grunde genommen eine noch viel höhere quotale Vermögensentschädigung, als praktisch der Ausschußvorschlag hier vorsieht. Ich bin deshalb neugierig, wie die Herren Kollegen von der KPD das begründen werden. Diesen kommunistischen Antrag lehnen wir selbstverständlich ab, weil wir ihn nicht als ernst bezeichnen können.
({34})
Betrachten Sie bitte unseren Änderungsantrag als den letzten Versuch, auch in dieser Frage eine möglichst große Mehrheit in diesem Hause zu finden. Bitte, erinnern Sie sich an die Beschlüsse des Unkeler Kreises und denken Sie daran, daß Sie bei dieser Erarbeitung Ihrer Auffassungen auch von ganz bestimmten festen Begriffen ausgegangen sind. Sie haben einmal diese Richtlinien des Unkeler Kreises so bezeichnet, als ob es Richtlinien für einen Lastenausgleich sein sollten, die man mit dem Wort „christlich und sozial" bezeichnen würde. Der jetzt vorliegende § 269 entspricht nicht mehr Ihren Auffassungen im Unkeler Kreis, und deshalb bitten wir Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.
({35})
Das Wort zur Begründung des Antrags Umdruck Nr. 498 Ziffer 16 hat Abgeordneter Müller.
Meine Damen und Herren! Zweifellos ist es richtig, daß dieser § 269 wohl das wichtigste Kernstück des Teiles des Gesetzes ist, der insbesondere die Forderungen der Geschädigten behandelt. Dieser Paragraph wird noch eine gewichtige Rolle unter allen 'Gruppen der Geschädigten spielen. Denn hier handelt es sich darum, inwieweit ihre Verluste und Schäden durch den Beschluß des Bundestags anerkannt bzw. ausgezahlt werden sollen, so daß sie in wirtschaftlicher und in anderer Beziehung eine wirkliche Grundlage für ein neues Leben erhalten. Die Argumentation der Redner von 'der Regierungsseite zu dem Antrag der Fraktion der Kommunistischen Partei, zu den Forderungen, die wir dazu zu erheben haben, wird versuchen, die Frage der Feststellung des Schadens und des Grundbetrags in eine Verbindung mit der Einnahmeseite, mit dem Aufkommen der Mittel zu bringen. Ich kann mir vorstellen, daß Herr Kunze und auch andere Redner darauf 'besonders herumreiten und begründen werden, warum sie diesem 'unserem Antrag ihre Zustimmung nicht geben. Wir haben ja gestern bei der Behandlung des Abschnitts der Abgabepflichtigen gerade diesen Punkt sehr eingehend behandelt. Mein Fraktionskollege Rudolf Kohl hat darauf hingewiesen, daß absolut und real die Möglichkeit gegeben ist, solche Beträge dem Lastenausgleich, wenn er einen wirklichen Lastenausgleich bringen soll, zuzuführen, daß ein Minimum der Forderungen der Anspruchsberechtigten erfüllt werden kann. Unsere Anträge, die insbesondere die Erfassung der Kriegsgewinne und die Erfassung der Währungsgewinne bezweckten, wurden abgelehnt. Durch Ihre Zustimmung zu unserem Antrag über die Währungsgewinne und entsprechende Beschlußfassung hätten wir allein auf der Grundlage der Aktienwährungsgewinne 41/2 bis 5 Milliarden dem Fonds für den Lastenausgleich zuführen können. Aber dieser Antrag, ich sagte es schon, wurde abgelehnt. Und nun wird man auch die Ablehnung
({0})
der Festsetzung des Schadensbetrags bzw. des darauf fußenden Grundbetrags damit begründen, daß keine oder nicht genügende Mittel da seien.
Meine Damen und Herren! Dieser § 269 in der Vorlage des Ausschusses symbolisiert aber noch etwas anderes - ich hatte vorhin bereits Gelegenheit, darauf hinzuweisen -, nämlich den Willen und die Konsequenz der Regierungssprecher, unter allen Umständen zu verhindern, daß ein sozial gerechter Lastenausgleich durchgeführt wird. Als ich vorhin den Antrag hinsichtlich der Sparguthaben begründete, da wurde unser Antrag, auch die Sparguthaben bis zu 500 Mark zu berücksichtigen, abgelehnt. Dieselbe Tendenz haben wir in dem § 269. Nach der Absicht der Regierungskoalition werden also zunächst einmal alle Schadensbeträge bis zu 500 Mark von jeglichem Anspruch auf einen Grundbetrag ausgeschlossen. Sie beginnen bei 500 Mark.
Nun möchte ich, daß sich auch die Öffentlichkeit ein Bild über die Zahlen und Tatsachen machen kann.
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- Nun, Sie werden es nicht wagen können, mit diesem Gesetz zu den Umsiedlern und Flüchtlingen zu gehen. Die werden Ihnen sehr bald die Möglichkeit geben, schleunigst den Saal zu verlassen, wo Sie auftreten wollen.
Meine Damen und Herren, einige wenige Tatsachen werden den Geschädigten vor Augen führen, wie es die Regierungssprecher verstanden haben, die Schwachen nicht oder nur mangelhaft zu berücksichtigen, dagegen den Reichen um so mehr zukommen zu lassen.
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Bei einem Schadensbetrage von 501 bis 1800 RM soll der Grundbetrag, der dem Anspruchsberechtigten, dem Geschädigten zuerkannt werden soll, 675 DM betragen.
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- Das war ein sehr unkluger Zwischenruf; denn ich werde Ihnen das Spiel mit den Prozenten nachher gleich vor Augen führen.
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Bei einem Schadensbetrage von 2 600 RM bis 5000 RM - und das betrifft eine sehr große Anzahl von Geschädigten - soll der Grundbetrag 1455 DM betragen, bei 5000 RM : 2535 DM, bei 10 000 RM : 4035 DM, bei 50 000 RM : 8835 DM, bei 500 000 RM : 34 335 DM, und bei 3 Millionen RM würde der Grundbetrag 124 335 DM betragen.
Das heißt also, man gibt nach dieser Regelung den am schwersten Geschädigten, der Masse der Geschädigten, nicht einmal das, was sie durch den Schaden verloren haben, während die Festsetzung der Grundbeträge um so höher wird, je größer die Ansprüche sind.
Nun glaubt der Kollege Schütz, mit den Prozenten eine Begründung für die Haltung der Regierungskoalition finden zu können. Mit Prozentsätzen läßt sich ein wunderbares Spiel betreiben, ein Spiel, das bei den Geschädigten den Eindruck erwecken soll, als ob man ein soziales Verständnis habe. Ich werde Ihnen dieses Spiel mit den Prozenten zerschlagen.
Bei der Gruppe bis zu 1800 RM Schadensbetrag spricht man großspurig davon, daß man dort einen Grundbetrag in einer Höhe von 75 % des Schadensbetrages gewähre. Das macht in dieser Relation, Herr Schütz, 675 DM. Nun werden Sie sagen, Sie haben ja eine gleitende Skala, die nach unten verläuft; sie betrage bei 500 000 RM Schaden nur noch 5 %. Aber diese 5 %, Herr Kollege Schütz, machen nicht wie bei dem Armen mit seinen 1800 RM nur 675 DM aus, sondern diese 5 % machen 12 500 DM aus. Nehmen Sie den Betrag von 3 Millionen RM, dann können Sie sich in der Öffentlichkeit hinstellen und sagen: Ja, wir geben denen nur 2 %. - Aber, Herr Kollege Schütz, bei 3 Millionen RM betragen diese 2 % gegenüber dem Grundbetrag von 675 DM bei 1800 RM doch 40 000 DM! Ich glaube also, Herr Kollege Schütz, mit dieser Argumentation, mit diesem Spiel der Prozente, werden Sie draußen bei den Flüchtlingen usw. keinerlei Resonanz finden. Hier wird jedem eindeutig und offensichtlich, wie sich die Herren schützend vor das Vermögen, vor die Aktionäre stellen, so wie sie es gestern getan haben und heute bei der für die Anspruchsberechtigten, für die Geschädigten, entscheidenden Frage ihren alten Grundsatz, nämlich die Reichen zu schonen, wiederholen.
({5})
Und nun zu unserem Antrag. Wir sind der Meinung, daß nach der Festsetzung der Hauptentschädigung für alle bis zu einem bestimmten Schadensbetrag der volle Schadensersatz gewährleistet werden muß. Deswegen bezweckt der Antrag der kommunistischen Fraktion, daß die Hauptentschädigung für alle Schäden bis zu 20 000 RM in voller Höhe anerkannt werden soll. Bei Schäden über 20 000 bis 30 000 RM soll die Hauptentschädigung 20 000 DM züzüglich 75 % des 20 000 Mark übersteigenden Betrages - also von 20 000 bis 30 000 RM - ausmachen, also insgesamt bis 27 500 DM ausmachen. Bei Schäden über 30 000 bis 80 000 RM sollen zu der eben genannten Hauptentschädigung 50 % des 30 000 RM übersteigenden Betrages treten. Und als Höchstgrenze für Schäden von 80 000 bis 120 000 RM kommen zu der Hauptentschädigung noch 10 % des 80 000 RM übersteigenden Betrages hinzu.
Eine Entschädigung und Festsetzung eines Grundbetrags darüber hinaus lehnen wir ab. Wir sind auch der Auffassung, daß die überwiegende Mehrheit der Geschädigtengruppen eine darüber hinausgehende Festsetzung des Grundbetrags für die Hauptentschädigung ablehnen wird. Wir haben ja aus dem Ausschuß gehört, wie groß der Kreis -ist, der daran interessiert ist, eine solche Begrenzung unter allen Umständen zu beseitigen. Es sind, wie schon erwähnt wurde, rund 52 000, die mit ihren Forderungen - zuzüglich Zinsen - einen Betrag von annähernd einer Milliarde D-Mark beanspruchen. Dieser verschwindende Prozentsatz an Menschen mit seiner Forderung von einer Milliarde D-Mark im Verhältnis zu der großen Zahl der übrigen Anspruchsberechtigten demonstriert eindeutig, daß die Politik der Koalitionsparteien mit der Beseitigung einer Höchstgrenze darauf berechnet ist, dieser kleinen Anzahl von Reichen ihr Besitztum zu erhalten. Alle Gruppen der Geschädigten und insbesondere die große Masse jener, deren Schadensbeträge bis zu 120 000 DM gehen - also unsere Höchstgrenze - werden sich dagegen wehren, daß einer kleinen Gruppe auf Grund dieses Gesetzes eine Milliarde zugeschanzt werden soll.
Meine Damen und Herren, wir haben in unserem Antrag gefordert, daß die Grundbeträge bis
({6})
zu 20 000 DM dem Anspruchsberechtigten innerhalb eines Jahres auszuzahlen sind
({7})
und die darüber hinausgehenden Beträge in einer Frist von zwei Jahren.
({8})
- Gerade darauf wollte ich jetzt kommen, Herr Kollege Farke. Ich werde Ihnen erneut zeigen, daß Sie gar nicht daran denken, mit diesem Gesetz den Geschädigten zu helfen, ganz abgesehen von der Laufdauer von 30 Jahren, die das Gesetz vorsieht. Denn bei diesem Zeitraum ist zweifellos zu erwarten, daß ein sehr, sehr großer Teil der Geschädigten nicht mehr lebt und infolgedessen nicht in den Besitz der ganzen Entschädigung kommen wird.
({9})
Aber abgesehen von dieser Frage, die erneut demonstriert, mit welchen raffinierten Methoden man arbeitet, um die Geschädigten zu prellen,
({10})
besteht die Möglichkeit, diesen unseren Antrag auch tatsächlich durchzuführen. Damit möchte ich auch auf die Ausführungen eingehen, die ein Kollege aus der sozialdemokratischen Fraktion zu unsrem Antrag gemacht hat.
Ich sagte einleitend: Sie haben es gestern ausgezeichnet verstanden, Ihre Pläne durchzusetzen, nämlich diejenigen, die für die Aufbringung zu einem Lastenausgleich i. erster Linie herangezogen werden müssen, zu schonen. Ich möchte noch einmal unterstreichen: Würden Sie alle Kriegsverbrecher mit ihrem Vermögen zu dem Lastenausgleich heranziehen, würden Sie alle Währungsgewinnler mit dem Betrag ihres Gewinnes. den sie bei der Währungsreform gemacht und mit dem Vermögenszuwachs, den sie seither erzielt haben,
({11}) heranziehen, Sie hätten die Beträge, um die Forderung der Geschädigten in ihrer Gesamtheit, so wie es in unserem Antrag gefordert wird, zu erfüllen. Das wollten Sie nicht.
Aber es gibt noch einen zweiten Weg. Wenn Ihre bisherige Politik - ich erwarte es nicht von Ihnen - geändert würde, d. h. wenn Herr Schäffer nicht mehr berechtigt wäre, den sogenannten Drei Weisen oder den Herren vom Petersberg
({12})
12 Milliarden für die Aufrüstung zur Verfügung zu stellen, wenn weitere Milliarden nicht
({13})
für die Erstausstattung der ersten Panzer- und motorisierten Divisionen bereitgestellt würden -wofür aus dem Amt des Sonderbeauftragten des Herrn Dr. Adenauer, Herrn Blank, die Summe von 13 Milliarden genannt worden ist -, wenn endlich einmal diese unglaublichen Besatzungskosten verschwänden,
({14}) wenn Regierungskoalition und Regierung
({15})
- ich verstehe schon, warum Sie hier abwehren ({16})
dafür sorgen würden, daß diese Milliarden statt für die Besatzung nun für den Lastenausgleich verwendet werden würden, dann wären die Mittel für die Erfüllung der Ansprüche der Berechtigten vorhanden. Das wollen Sie aber nicht. Sie wollen lieber die Millionen dreißig Jahre lang warten lassen, bevor Sie ihnen einige Pfennige geben bzw. ihre Ansprüche erfüllen. Dafür aber wollen Sie jetzt und jährlich diese Milliarden für die Rüstung und für die Kriegsvorbereitung zur Verfügung stellen.
({17})
Hier ist der Weg, um den Flüchtlingen, um den Besatzungs- und Fliegergeschädigten usw. zu helfen! Aber hier scheidet sich eben auch der Weg. Sie wollen den Weg der Finanzierung des Krieges und damit des Krieges gehen. Aber die Millionen erwarten, daß ihnen geholfen wird, daß ihnen die Gelder zur Verfügung gestellt werden, damit sie endlich aus dieser unerhörten sozialen und wirtschaftlichen Not herauskommen. Das aber wollen viele, meine Damen und Herren, von der Regierungskoalition und die Regierungsbank nicht.
Ich sage also: unser Antrag ist absolut realisierbar. Es besteht keinerlei Grund, irgendwie an der Möglichkeit der Durchführung zu zweifeln, wenn die von mir genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Deswegen wird dieser Antrag auch von draußen unterstützt; und ich glaube, Herr Dr. Kather wird wohl auch am Sonntag Gelegenheit gehabt haben, zu hören. wie unter der Versammlung die Fragen der Remilitarisierung und des Generalvertrags keine untergeordnete Rolle - nach den mir zugegangenen Nachrichten - spielten.
Und nun noch eine Bemerkung. Wir fordern in der Ziffer 3 des Antrags, daß den Anspruchsberechtigten auf die ihnen zustehenden Grundbeträge unverzüglich - d. h. innerhalb von zwei Monaten nach Verkündung des Gesetzes - ein Vorschuß zu zahlen ist. Eine Forderung, die so selbstverständlich ist, daß ich sie wohl im einzelnen nicht mehr näher zu begründen brauche.
Meine Damen und Herren, der wirkliche Inhalt Ihrer Politik in bezug auf die Geschädigtengruppen ist der, ihnen nur Versprechungen zu machen und mit diesem Gesetz das vorzuenthalten, was sie berechtigt sind an Mindestforderungen aufzustellen. Auf der andern Seite schonen Sie die, die in erster Linie für den Lastenausgleich herangezogen werden müßten. Die Geschädigten werden aus dieser Haltung ihre Schlußfolgerungen ziehen. Manche glaubten nämlich, sich so einen besonderen Nimbus als die berufenen Interessenvertreter der Geschädigten zulegen zu müssen. Das ist mit diesem Gesetz ein für allemal vorbei. Ich bin davon überzeugt, daß die Geschädigten sich nicht mehr länger mit Versprechungen abspeisen lassen. Dieses Gesetz ist alles andere als ein Lastenausgleichsgesetz. Die Geschädigtengruppen lehnen dieses Gesetz ab. Der Weg zu einem wirklichen sozialen und gerechten Lastenausgleich kann nur der sein, daß sich alle Geschädigten zusammenschließen und ihre eigene organisierte Kraft gegen Bonn einsetzen. Dann werden sie auch ihre Forderungen durchsetzen.
({18})
Es ist noch ein Änderungsantrag - Ziffer 15 des Umdrucks Nr. 499 - angekündigt. Der Abgeordnete Goetzendorff hat mir mitgeteilt, daß er auf eine Begründung verzichtet.
Meine Damen und Herren, damit sind die Änderungsanträge eingebracht und begründet. Die Frage ist, ob wir nicht die Pause bis 14 Uhr, die vorgesehen war, jetzt eintreten lassen sollen, damit die Diskussion durchlaufen kann,
({0})
oder ob wir in den 20 Minuten bis 13 Uhr noch mit der Diskussion beginnen, um dann eine Zäsur eintreten zu lassen, die, wie ich glaube, der Diskussion das Eigentliche nehmen würde. Deswegen schlage ich Ihnen vor, jetzt die Pause eintreten zu lassen. Bis 15 Uhr wird dann eine Abstimmungssperre sein: vor dieser Zeit können also keine Abstimmungen stattfinden.
({1})
- Die Sitzung wird um 14 Uhr wieder eröffnet werden.
({2})
Die Sitzung wird um 14 Uhr 3 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer wieder eröffnet.
Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Wir fahren in der Debatte über § 269 fort. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Nöll von der Nahmer.
Meine Damen und Herren! Mit dem § 269 berühren wir nach meiner Überzeugung den Kernpunkt des Gesetzes neben der Hausratentschädigung. Die Gestaltung dieses Paragraphen ist - wohl nach unser aller Ansicht - für das ganze Gesetz von schlechthin entscheidender Bedeutung. Wir haben uns die Argumente sehr ernsthaft überlegt, die Herr Kollege Ohlig uns hier vorhin vor der Mittagspause vorgetragen hat. Der Änderungsantrag zu 269, den die sozialdemokratische Fraktion gestellt hat, weicht in zwei entscheidenden Punkten von der Fassung des § 269 ab: Einmal insofern, als die Schadengruppen auf Grund der hier eingehend vorgetragenen Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung gebildet werden, und zum andern - und das scheint mir eigentlich das viel Wesentlichere zu sein - insofern, als nun in dem sozialdemokratischen Änderungsantrag keine Entschädigungsbeträge, keine Grundbeträge vorgeschlagen werden.
Lassen Sie mich zunächst zu diesem zweiten Punkt sprechen, der meines Erachtens für uns das Wesentliche darstellt. Die Regierungsvorlage hatte - das darf ich feststellen - in § 224 auch Grundbeträge festgesetzt. Insofern weicht also auch der sozialdemokratische Änderungsantrag von der Regierungsvorlage ab. Auf die Festsetzung bestimmter Grundbeträge schon in diesem Gesetz legen nun meine Freunde - und ich glaube hier auch für die Koalition sprechen zu können - entscheidenden Wert. Wir haben zu Abs. 2 des § 269 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß wohl eine Erhöhung der einmal zugesagten und gesetzlich festgelegten Grundbeträge statthaft ist, daß wir aber der Ansicht sind, daß mit diesem Gesetz und Festlegung der Grundbeträge im § 269 der Rechtsananspruch auf Hauptentschädigung in dieser Höhe verankert wird. Ich lege auch auf Grund von eingehenden Besprechungen in der Koalition besonderen Wert darauf, hier noch einmal zum Ausdruck zu bringen, daß wir alle der Überzeugung waren, daß eine etwaige Herabsetzung dieser jetzt gesetzlich zu verankernden Entschädigungsbeträge eine Enteignung bedeuten und dementsprechende Rechtsfolgen nach sich ziehen würde, wie sie im Grundgesetz festgelegt sind. Das ist für uns ein sehr wesentliches Argument und eine grundsätzliche Forderung, die wir hier an das Gesetz stellen müssen: Die Geschädigten müssen mindestens mit Grundbeträgen in dieser Höhe rechnen können, wobei lediglich ungewiß ist, ob später einmal eine Erhöhung erfolgt. Das letztere kann - darüber waren wir uns ja im Ausschuß alle klar - erst diskutiert werden, wenn nach dem Feststellungsverfahren die Schadenshöhe ermittelt ist und sich auf der anderen Seite die finanzielle Entwicklung des Fonds übersehen läßt. Wir können auf die Festlegung dieser Entschädigungsbeträge im Gesetz nicht verzichten.
Nun sind diese Entschädigungsbeträge in ihrer
Höhe angegriffen worden. Dieser Fragenkomplex
hat uns auch im Ausschuß stark beschäftigt. Meine
Herren, ich würde empfehlen, daß wir noch einmal
ganz ruhig und ohne Voreingenommenheit die
wirklichen Sätze prüfen, wie sie in dem § 269 der
Vorlage vorgesehen sind. Sind denn da irgendwelche Übertreibungen enthalten? Sind da Sätze
angegeben, die man vor der Masse der Geschädigten nicht mehr verantworten kann? Ich greife hier
einmal die Entschädigung bei einem Verlust von
500 000 Mark heraus. Bei einem so großen Verlust,
der sich auf Grund der Einheitswerte errechnet,
ergibt sich nach der Vorlage des Ausschusses eine
Entschädigung von 34 335 DM.
({0})
- Und dazu, Frau Kollegin Krahnstöver, kommen natürlich die Zinsen. Aber ich glaube, gegen die Verzinsung in Höhe. von 4 % kann man doch wirklich nichts einwenden angesichts der Tatsache, daß es ganz ungewiß ist, wann diese Entschädigungssumme tatsächlich zur Auszahlung kommt. Daß man einen Zinszuschlag gibt, scheint mir einfach ein Gebot der Gerechtigkeit zu sein, damit wenigstens ein gewisser Ausgleich zugunsten desjenigen stattfindet, der erst sehr viel später zum Zuge kommen kann als andere, die die Auszahlung schon in absehbarer Zeit erhalten.
Die ungeheuerliche Vermögensumschichtung als Folge der Katastrophe, die über unser Volk hereingebrochen ist, wird in ihrer ganzen Schwere deutlich. wenn man sich die Zahlen des § 269 ansieht. Die Einwendungen, die auch schon im Ausschuß diskutiert worden sind, sind vor allen Dingen dagegen erhoben worden. daß man keine Höchstgrenze für die Entschädigung festgesetzt hat. Herr Kollege Ohlig hat ganz recht; auch hier handelt es sich für uns um eine grundsätzliche Frage, nämlich den Eigentumsgedanken. Hier bestehen verständlicherweise grundsätzliche Gegensätze. Den Grundsatz der Gleichheit aller Staatsbürger interpretieren wir so. daß man nicht einfach dem. der ein größeres Vermögen gehabt hat, einen solchen Entschädigungsanspruch vollständig verweigert oder ihn auf eine bestimmte Höchstsumme begrenzt. Nach der Auffassung unseres Jahrhunderts ist es andererseits ebenso gerecht, nicht einfach proportional zu entschädigen, sondern bei steigendem Vermögen die Entschädigungszahlungen degressiv zu staffeln.
({1})
Wenn man die Zahlen des § 269 kritisch auswertet, wird man wirklich nicht sagen können, daß der Fonds außergewöhnlich stark zugunsten der Großvermögensbesitzer beansprucht wird. Ich habe den Eindruck, daß bei den heute vormittag genannten Zahlen eins übersehen worden ist, nämlich daß es sich lediglich um natürliche Personen handelt, die für die Entschädigung in Frage kommen, und daß die juristischen Personen, die ja hauptsächlich die Träger großer Vermögen sind, für eine solche Entschädigung überhaupt nicht in Betracht kommen.
({2})
- Ja, Herr Kollege, hier kommen doch erstens einmal die Einheitswerte in Betracht. Wie hoch sind denn bei Zugrundelegung von Einheitswerten unter Abzug der Schulden diese Vermögen?
({3})
- Ich kämpfe gar nicht für diese großen Vermögen, Herr Kollege Seuffert, sondern ich kämpfe hier nur für das Prinzip. Ich kann nicht einfach sagen: Ein großes Vermögen wird überhaupt nicht entschädigt. Ich kann das um so weniger, als die vorgeschlagenen Entschädigungen ohnehin schon sehr deutlich die ungeheure Vermögensumschichtung widerspiegeln. Diese Umschichtung ist schon groß genug, und wir wehren uns dagegen, daß sie durch ein einfaches Guillotine-System immer noch stärker akzentuiert wird. Ich glaube, auf Grund dieser Überlegungen wird man der Lösung, wie sie § 269 jetzt bringt, durchaus zustimmen können und auch zustimmen müssen.
Mein Kollege von Golitschek hat sich im Ausschuß immer wieder mit der Frage beschäftigt, ob es denn wirklich richtig sei, daß ein so großer Verwaltungsaufwand entsteht, wenn man nicht einfach auf die doch auch sehr bedenklichen Schadengruppen abstellt, sondern - wie der schöne Ausdruck heißt - „spitz feststellt". Nun, das sind doch Fragen, die schon bei den Beratungen des Feststellungsgesetzes diskutiert worden sind. Im Ausschuß "haben mich gerade die Ausführungen meines Freundes von Golitschek durchaus davon überzeugt, daß der Verzicht auf die sehr bedenklichen und schematischen Schadengruppen keineswegs eine untragbare Verwaltungserschwerung bedeutet, so daß ich auch keine Veranlassung sehe, jetzt hier abweichend vom Feststellungsgesetz eine andere Regelung zu treffen.
Wenn ich alle diese Momente ruhig und objektiv abwäge, kann ich wirklich nicht einsehen, daß der Vorschlag der sozialdemokratischen Fraktion einen Vorteil gegenüber der jetzigen Fassung des § 269 bedeutet. Jede dieser Fassungen hat ihre Bedenken! Aber ich habe den Eindruck, daß gerade die Geschädigten auf eines besonderen Wert legen, nämlich darauf, auf Grund dieses Gesetzes wenigstens einmal ein ungefähres Bild davon zu bekommen, mit welcher Entschädigung sie rechnen können, und daß weiter auf diese Entschädigung, mag sie auch unzulänglich und gering sein - das wissen wir alle -, ein einwandfreier Rechtsanspruch besteht, der den Geschädigten nicht mehr gekürzt werden kann, sondern bei dem allenfalls noch eine Aussicht auf Erhöhung besteht. Aus allen diesen Gründen halte ich die Fassung des § 269 für richtig und bitte, den Änderungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion abzulehnen.
Zu den Sehr interessanten Ausführungen von Herrn Kollegen Müller brauche ich wohl kaum Stellung zu nehmen. Ich kann nur bedauern, daß wir anderen die Lösungsmöglichkeiten, die Herr Kollege Müller hier entwickelt hat, nicht so einfach sehen. Aber wenn wir in der Sowjetzone einmal einen solchen Lastenausgleich haben, werden wir ihn sicher gern studieren und prüfen.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ohlig hat mir die Urheberschaft an der Streichung der Höchstgrenze zugesprochen, nachdem schon früher einmal im Ausschuß die Höchstgrenze von 15 000 auf 35 000 DM heraufgesetzt worden war. Ich bekenne mich schuldig.
({0})
Es ist tatsächlich so, daß wohl ohne meine Mitwirkung diese Streichung der Höchstgrenze nicht zustande gekommen wäre.
Herr Kollege Ohlig hat weiter ausgeführt, daß ich in sonst ungewohnter Bescheidenheit bei der Kundgebung am vergangenen Sonntag auf dieses mein Verdienst, das er als sehr zweifelhaft ansieht, nicht hingewiesen habe. Nun, Herr Kollege Ohlig, ich habe mich am Sonntag kaum mit der Entschädigungsseite, sondern im wesentlichen mit der Aufbringungsseite beschäftigt, was j a auch durchaus in der Sache lag, und bin nur mit einigen wenigen Sätzen auf die Entschädigungsseite eingegangen. Aber ich kann sagen, daß ich nie ein Hehl daraus gemacht habe, daß ich diese Höchstgrenze immer abgelehnt habe. Ich habe das ganz besonders deutlich am 18. Februar 1951 auf der ersten Kundgebung hier in Bonn zum Ausdruck gebracht, und ich stehe nicht an, zu erklären, daß z. B. die Aufrechterhaltung der Höchstgrenze von 15 000 DM für mich allein Grund genug gewesen wäre, zu dem ganzen Lastenausgleichsgesetz ein Nein zu sagen.
Bevor wir uns mit der Sache weiter beschäftigen, erscheint es mir angebracht, das Gewicht der Frage einmal zu prüfen. Ich glaube, ich stimme mit der Sozialdemokratischen Partei darin überein, daß das Gesetz, das uns jetzt beschäftigt, aus ganz anderen Gründen schon völlig abzulehnen ist, und ich bin der Meinung - und ich glaube, daß Sie mir darin nicht widersprechen werden -, daß dem von beiden Teilen, der in dieser Frage Recht bekommt, das Gesetz dadurch noch nicht annehmbarer gemacht wird. Aber es ist, wie die Dinge jetzt liegen, keine Frage von ausschlaggebender Bedeutung.
Der Herr Bundesfinanzminister - das hat Herr Kollege Ohlig, glaube ich, auch vorgetragen - schätzt den Unterschied, der durch die Streichung der Höchstgrenze, nachdem die Erhöhung von 35 000 DM schon eingetreten war, entsteht, auf 250 Millionen im ganzen.
({1})
- In 30 Jahren. Meine Damen und Herren, wir
haben Veranlassung, gegenüber den Schätzungen
des Herrn Bundesfinanzministers Vorsicht zu üben.
({2})
- Ich will das sofort beweisen, und zwar beweisen,
wie Sie es nicht erwarten werden. Ich will auf die
({3})
Beratungen über das Gesetz nach Art. 131 hinweisen. Da ist der erforderliche Betrag vom Herrn Bundesfinanzminister - ich habe es mit eigenen Ohren gehört - immer wieder auf 1,7 Milliarden beziffert worden, und Sie wissen, daß sich der Herr Bundesfinanzminister da um etwa eine Milliarde geirrt hat. Ich erinnere an die Schätzung beim Feststellungsgesetz. Da ist zum erstenmal die berühmte Zahl von 319 Millionen aufgetaucht. Auch da ein Irrtum von mehr als 100 %, wenn man von dem Grundbetrag ausgeht!
Aber die größte Fehlschätzung - und das gibt mir Veranlassung, auf diese Dinge einzugehen - ist dem Herrn Bundesfinanzminister am letzten Sonntag, am Tage unserer Kundgebung, auf einer Bauernversammlung in Tuntenhausen unterlaufen,
({4})
wo er sich sehr abfällig mit unserer Demonstration beschäftigt und gesagt hat, die Heranschaffung jedes einzelnen Versammlungsteilnehmers habe nach seiner Meinung im Durchschnitt 100 DM gekostet. Ich bin jederzeit in der Lage, vor Gericht oder sonstwo nachzuweisen, daß dieser Betrag unter 10 DM liegt. Wir haben also hier wirklich eine groteske Fehlschätzung des Herrn Bundesfinanzministers.
({5})
- Ja, das kommt noch hinzu. Die guten Anzüge sind eigentlich das Entscheidende bei dieser Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers. Er hat nämlich unter Hinweis auf einen Roman von Zola gesagt, daß man wohl verstehen könne, wenn zerlumpte Leute demonstrierten; aber wenn großen schillernden Omnibussen gutgekleidete Menschen entstiegen, hätte er für eine solche Demonstration kein Verständnis.
({6})
Der Sonntagsanzug nimmt also das Recht zu Demonstrationen! Ich möchte das hier nicht weiter vertiefen, abgesehen davon, daß die Anzüge auch im Durchschnitt nicht so gut waren. Der Herr Bundesfinanzminister wird bei anderer Gelegenheit noch Antwort erhalten. Aber dieser ganze Vorgang zeigt doch die Einstellung, die er gegenüber den Vertriebenen hat.
({7})
Nun komme ich zum eigentlichen Thema zurück, zu den 250 Millionen. Wir sind der Meinung, daß auch dieser Betrag übersetzt ist. Er wird von den Geschädigtenverbänden wesentlich niedriger, mit etwa 100 Millionen DM geschätzt. Aber, meine Damen und 'Herren, gehen wir einmal von dem höheren Betrag aus, von 250 Millionen in 30 Jahren,
({8})
dann sind das 0,4 %.
({9})
0,4 %, meine Damen und Herren, also ein Betrag, der praktisch doch überhaupt nicht ins Gewicht fällt.
({10})
Herr Kollege Nöll von der Nahmer hat schon gesagt oder wenigstens angedeutet, daß es hier um eine Grundsatzfrage geht, und das ist das Entscheidende. Es kann keine Rolle spielen, ob es sich in dem einen Fall um 12 000 und in dem andern um 52 000 Menschen handelt; die entscheidende Frage ist doch, von welchen Voraussetzungen man ausgeht. Wenn man von der Voraussetzung ausgeht, daß hier ein Rechtsanspruch auf Entschädigung vorliegt, dann kann man doch nicht einfach einen Schnitt bei einer bestimmten Grenze machen und sagen: ein größeres Vermögen sehe ich nicht als schutzwürdig an. Es geht hier auch um das Privateigentum. Wenn man den Begriff des Privateigentums anerkennt und es schützen will, dann kann man nicht sagen: ein größeres Vermögen interessiert mich nicht. Wenn man es aber schon sagen wollte, dann müßte man es doch auf beiden Seiten anwenden, dann müßte man doch die gleichen Grundsätze auch auf der Abgabeseite zur Geltung bringen, wenn es auch nicht ganz so geht, wie es auf der andern Seite geschieht, weil da wirklich allzuviel Malheur passieren würde.
Aber man müßte dann doch einmal etwas anders vorgehen. Das ist es ja, was mich so empört hat: auf der einen Seite 15 000 DM als Höchstgrenze - das andere sollte nicht einmal festgestellt werden -, auf der andern Seite stehen wir vor der Tatsache, wie ich heute schon auszuführen Gelegenheit hatte, daß die ganz großen Vermögen, die erhalten geblieben sind, keine 50 % abgeben, sondern in Wirklichkeit 80 % und mehr behalten. Mit dieser Behandlung der Vermögen der Geschädigten ist es völlig unvereinbar, daß man praktisch doch von jedem Eingriff in die Substanz abgesehen und hier eine Abgabe aus dem Ertrag auf 30 Jahre vorgesehen hat. Man kann hier nicht den Vergleich ziehen und sagen: der kleine Mann mit dem Eigenheim muß zahlen und der Millionär aus dem Osten bekommt, sondern man muß die miteinander vergleichen, die ungefähr in der gleichen Situation sind. Da kommt man dann zu ganz merkwürdigen Ergebnissen, auch noch nach unserem Vorschlag. Denn wenn Sie sich einmal die Tabelle ansehen: bei 2 Millionen kommen 84 000 Mark heraus; plus 2 v. H., das sind also nochmal 20 000 Mark, wenn Sie auf 3 Millionen gehen. Sie kommen dann auf 104 000 DM Entschädigung. Das bedeutet doch inhaltlich, daß der Mann mit einem großen Vermögen - hier sind es 3 Millionen - auch nach dem bisherigen Vorschlag 97 % seines Vermögens abschreiben muß. Die Entschädigung beträgt dann nur noch 3 %. Ich glaube, daß man das vertreten kann. auch unter sozialen Gesichtspunkten.
Eines muß noch hervorgehoben werden. Diese Stellungnahme steht durchaus nicht im Widerspruch zu unserer Auffassung hinsichtlich des erhöhten Finanzbedarfs für die ersten Jahre. Denn die ganze Auszahlung ist doch nach sozialen Gesichtspunkten geregelt. Die Priorität des wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisses ist doch absolut sichergestellt. Diese 250 oder, wie wir sagen, 100 Millionen - der Betrag mag auch auf der Mittellinie sein - kommen also überhaupt erst in einer Zeit zum Zuge, wo der Bedarf nicht mehr so groß ist. Ich bin daher der Meinung, wir können uns schon unter dem Gesichtsnunkt der Gleichberechtigung zwischen Geschädigten und Nichtgeschädigten niemals damit einverstanden erklären, daß hier überhaupt ein solcher Strich gemacht wird. Ich habe mich nie gescheut, über diese Frage zu diskutieren; ich habe sie auch oft auf Vertriebenenkundgebungen und -versammlungen angeschnitten.
({11})
Ich habe immer gesagt: wenn bei einem das Rechtsempfinden an seinem eigenen Portemonnaie und an der eigenen Tasche aufhört, daß er also kein Verständnis hat, wenn man auch einmal für andere Leute, die sich in einer anderen Situation befinden, sorgen will, dann ist das kein gutes Rechtsempfinden.
Ich bitte es also bei der bisherigen Fassung des Ausschusses zu belassen, weil ich die darin vorgesehene Regelung für rechtlich notwendig und sozial durchaus vertretbar halte.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Loritz.
Loritz ({0}): Meine Damen und Herren! Es ist psychologisch außerordentlich interessant,
({1})
wie sich, kaum einige Jahre, nachdem die Heimatvertriebenen genau dasselbe Schicksal geteilt haben, arm und von allem entblößt in diesem Land einzutreffen, hier bei ihnen Distinktionen herausentwickelt haben, genau so übrigens, wie auch bei den Einheimischen, die alle miteinander am Tage nach der Währungsreform mit 40 oder 60 DM starteten, und nun sieht man heute die riesigen Vermögensanhäufungen bei den einen, und die Millionen von Menschen, die so gut wie nichts haben, auf der andern Seite. So ist es - ich hätte bald gesagt: in leider typisch deutscher Manier - auch bei den Heimatvertriebenen geworden. Es finden sich hier tatsächlich Heimatvertriebene in diesem Haus, die hergehen und sagen, man solle Beträge
- der eine redet, es wird eine Milliarde ausmachen, der andere spricht, es wird nur 200 Millionen DM ausmachen -, man solle Beträge aus dem Gesamtfonds dafür abzweigen, daß man denen über 150 000 DM, also auch den früheren Millionären, Summen in den Schoß wirft, die sie wiederum zu reichen Leuten bei uns hier machen werden.
Ja, der Grundsatz des allgemeinen Rechts, Herr Kollege Dr. Kather,- schön und gut; als Jurist kann man darüber sehr vieles reden. Aber wir stehen auf der einen Seite vor der Tatsache, daß Sie das, was Sie diesen Millionären mit Ihrer juristischen Großzügigkeit geben, den Millionen Heimatvertriebenen und Kriegsopfern auf der anderen Seite wegnehmen, die dadurch weniger bekommen!
({2})
- Na, da schütteln Sie mit dem Kopf, Herr Dr. Kather, - dann verstehe ich Sie tatsächlich nicht. Es ist doch sonnenklar, daß solche Summen
- Sie beziffern die erforderliche Summe auf ca. 200 Millionen DM, andere noch viel höher - vom Gesamtaufkommen zum Lastenausgleich abgezweigt werden, statt daß sie den wirklich Bedürftigen zugute kommen.
({3})
- Innerhalb von 30 Jahren, Herr Zwischenrufer? Sie unterschätzen die Summe!
({4})
Es kommt auf jede Summe hier an. Ich weigere mich, den Millionären solche Abfindungen zu geben; solange Heimatvertriebene in Holzbaracken und in Bunkern wohnen müssen.
({5})
- Da täuschen Sie sich, wenn Sie meinen, die Millionäre werden das nicht kriegen. Auf dem Wege von Vorfinanzierungen,
({6})
auch auf dem Wege von Spruchentscheidungen der Ausgleichsämter ist auf Grund dieses Gesetzentwurfs so viel möglich, - darüber könnte man Ihnen stundenlang Details sagen, daß Sie staunen würden, Herr Kollege,
({7})
wie sich sofort, wenn das Ausgleichsverfahren ins Rollen gesetzt wird, wiederum die dünne Schicht der Nutznießer aus diesem Gesetz herausentwickeln und herauskristallisieren wird
({8})
- die Beziehungen haben, politisch, ja! -, während andererseits ein Millionenheer weitere viele Jahre hindurch bei uns im kalten Winter noch in Holzbaracken und schlechten Unterkünften hausen wird.
So muß jeder rechtlich Denkende zu einer Ablehnung des Vorschlags der Regierungsparteien hinsichtlich des § 269 mit dem idort angegebenen Schema kommen. Der Gegenvorschlag der SPD ist auch keineswegs in allen Punkten zufriedenstellend. Aber er ist immerhin noch gegenüber dem Vorschlag, den Sie, meine Herren von den Regierungsparteien, dem Hause zur Annahme empfehlen, das weitaus geringere Übel. Zuerst - und das ist einer der Grundfehler in der Konstruktion dieses Gesetzes, daß das fehlt - müßten Sie die Zusammenbringung der Gelder gesetzlich geregelt haben. Dann erst können Sie bestimmen, was auszuteilen ist.
Einer meiner Vorredner hat - ich habe meinen Ohren kaum getraut - ungefähr wörtlich das wiederholt, was ich schon vor Jahr und Tag in einem der Ausschüsse dieses Hauses gesagt habe
({9})
- bei einer anderen Gelegenheit, bei der Frage der Benzinpreiserhöhung -, als ich sagte: Ich habe für immer das Vertrauen zu den Vorausschätzungen verloren, die uns von seiten des Finanzministeriums oder irgendeines anderen Ministeriums in Bonn gegeben werden. Die stimmen alle nicht. Die sind, wie man auf preußisch so schön sagt, „über den Daumen gepeilt".
({10})
Die sind nichts anderes als ein Versuch, die ganze
Diskussion auf eine völlig falsche Ebene zu stellen.
Zuerst müssen Sie einmal sehen, was bei diesem Lastenausgleichsgesetz herauskommt. Ich fürchte, viel weniger wird herauskommen, als selbst Ihre optimistischen Schätzungen meinen, meine Herren von den Regierungsparteien! Sie werden ja sehen: bis das alles durchgeht durch die Instanzen - es ist ja ein schöner Kompetenzgang da drinnen vorgesehen in diesem Wälzer -, bis das alles durch die Instanzen durchgeht, bis zum Verfassungsgericht und weiß Gott welchen Behörden, wird sich ja herausstellen, wie sich gerade bei den großen Fischen der Ertrag viel geringer beziffern wird, als Sie 'das heute noch glauben. Zuerst müssen Sie mal die 'Summen beisammen haben, dann erst können Sie verteilen. Solange Sie noch nicht richtig verteilen können, müssen Sie nackt und klar als Schadensbetrag den Betrag festsetzen, den der einzelne Kriegsgeschädigte oder Heimatvertriebene wirklich erlitten hat.
({11})
Darum ist es meines Erachtens nicht allzu falsch, Kategorien aufzustellen, wie es der Antrag der SPD schon getan hat, und diese Kategorien dann später mit den jeweils einlaufenden Mitteln zu versorgen, die hoffentlich recht hoch sein werden; wenn Ihr Entwurf, meine Herren von der CDU, durchgeht, allerdings nicht.
({12})
- Ja, Sie haben ja schon Ihre Seele salviert! „Dixi et salvavi animam meam!" hätte Ihr Wortführer von sich bereits sagen können!
({13})
Denn in § 269 Ziffer 2 Ihres Regierungsentwurfs
reden Sie schon schamhaft davon, daß spätestens
zum 31. März 1957 durch Gesetz festgestellt wird
- also auf 5 Jahre hinaus! -,
({14})
ob und in welchem Umfang die Grundbeträge erhöht werden können. - Ich kann sehr gut lesen! Ich habe schon sehr viel mehr Gesetzestexte gelesen in meinem Leben als Sie, Herr Zwischenrufer!
({15})
- Ja, viel mehr als Sie, denn Sie, Herr Zwischenrufer, sind nicht einmal Jurist!
({16})
- Meine Damen und Herren, in Stadelheim hatte ich viel Zeit! - Ja, da haben mich Ihre Leute hineingebracht, ich bin aber freigesprochen worden! Kommen Sie doch nicht mit solchen lächerlichen Zwischenrufen, die noch dazu eine Beleidigung darstellen!
({17})
Wenn Sie mir nichts Besseres auf meine Ausführungen an Hand des Gesetzestextes, an den ich mich jeweils streng halte, zu antworten wissen, dann können Sie mir tatsächlich leid tun!
Meine Damen und Herren, jeder, der die Verwaltung bei uns wie auch in anderen Ländern kennt, weiß, daß die Staatsverwaltung, wenn ihr schon einmal eine solche Frist auf fünf Jahre hinaus bis 1957 gesetzt ist, diese Frist bestimmt verstreichen lassen wird. Ich müßte mich sehr täuschen, wenn sie nicht am Schluß noch mit einer Fristverlängerung daherkäme, wie wir das ja schon manchmal von seiten der Regierung erfahren haben. S o lange wollen Sie die Sache hinausziehen! Das ganze Gesetz wird ein Schlag ins Wasser sein, wenn Sie nicht rasch handeln, wenn Sie nicht den armen Leuten, die jetzt schon sechs und sieben Jahre lang gewartet haben, wenigstens binnen Jahresfrist wirklich unter die Arme greifen. Das aber tun Sie nicht, auf Grund der Fassung des § 269 nicht, auf Grund der Fassung des ganzen Gesetzestextes nicht. - Dieses Gesetz wird nichts anderes sein als eine Plantage für Prozesse sonder Zahl; das wird nichts anderes sein als eine Schaffung von Tausenden neuer Planstellen für die Ausgleichsämter, für die Verfassungsgerichte usw. D a s wird herauskommen bei diesem Gesetz, und das wird Gelder in einem Umfang fressen, den man hätte vermeiden können, wenn man von Anfang an mit einer klaren Systematik an dieses Gesetz herangegangen wäre. Wenn ich den Wust von über 400 Paragraphen durchschaue, sehe ich nur eine
Systematik, nämlich den geflissentlichen Versuch von ihnen, meine Herren von den Regierungsparteien, die wirklich großen Vermögen möglichst unbelastet zu lassen. Das ist die einzige Systematik, die ich in diesem ganzen Gesetz entdecken kann, und die Zukunft wird zeigen, daß ich damit recht habe.
({18})
- Ja, so zum Beispiel vor einigen Monaten, als ich sagte, ich wolle einen Besen fressen, wenn die Kohle nach Annahme des Schumanplanes billiger wird: Jetzt wird sie teurer!
({19})
Das Wort hat der Abgeordnete Farke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Ohlig hat recht gehabt, wenn er festgestellt hat, daß der Ausgangspunkt für die Bemessung der Hauptentschädigung bei uns der Eigentumsbegriff ist. Es ist ja von Kollegen aus den anderen Fraktionen schon festgestellt worden, daß dieser Ausgangspunkt auch für die Stellung der Koalition maßgebend ist. Ich glaube, daß es kaum einen Vertriebenen gibt, der die Entschädigung aus dem Lastenausgleich aus anderen Gesichtspunkten verstehen würde.
Der Kollege Ohlig hat eine Zahl genannt, die sehr hoch erscheint, weil nicht klar gesagt wurde, zu welcher anderen Zahl sie in Relation gebracht werden muß. Er hat gesagt, dafür, daß wir ohne Grenze nach oben entschädigten, brauchten wir für frühere Besitzer von höheren Vermögen 250 Millionen DM plus Zinsen in Höhe von 185 Millionen DM, wenn ich recht verstanden habe, insgesamt 435 Millionen DM. Diese 435 Millionen DM - das muß doch einmal deutlich gesagt werden - stehen natürlich nicht in Relation zu dem Jahresaufkommen oder zu der Jahressumme, die für die Geschädigten verwandt wird, sondern diese Zahl steht in Relation zu dem Gesamtaufkommen von 60 Milliarden DM.
Der Kollege Ohlig hat recht, daß nur ein kleiner Kreis für eine größere Entschädigung in Frage kommt. Aber es kommt gar nicht darauf an, hier von kleinerer oder größerer Entschädigung zu sprechen, sondern es kommt darauf an, daß wir den Menschen, die alles verloren haben, im gesamten wieder das Gefühl geben, daß es noch einen Eigentumsbegriff gibt und der Gesetzgeber gewillt ist, diesem Eigentumsbegriff auch im Gesetz Gestalt zu geben.
Wir können auch nicht damit einverstanden sein, die Frage der Hauptentschädigung erst im Jahre 1957 zu lösen, wie der Kollege Ohlig meinte. Gerade aus dem Begriff des Eigentums muß vom ersten Tag an die Hauptentschädigung in diesem Gesetz festgelegt sein, auch wenn sie in ihrer Wirkung erst später in Erscheinung tritt.
Der Kollege Ohlig hat weiter erklärt, wir seien nicht bereit gewesen und auch heute nicht bereit, auf die Vorschläge, die aus der Opposition kommen, einzugehen. Wenn man an die Ausschußverhandlungen zurückdenkt, dann kann man, glaube ich, das mit dem besten Willen doch nicht sagen.
({0})
({1})
- Verehrte Frau Krahnstöver, wenn wir uns heute das Gesetz ansehen - wollen wir mal ehrlich sein -,
({2})
so müssen wir feststellen, daß die Regierungskoalition
({3})
- bitte, lassen Sie mich doch ausreden; ich lasse Sie ja auch ausreden - Ihren Intentionen sehr weit entgegengekommen ist und daß es vor allen Dingen meiner Fraktion manchmal sehr schwer gewesen ist, in dem etwas übertriebenen sozialen und Fürsorgeprinzip noch mitzugehen.
({4})
Es steht doch wohl fest, daß der größte Teil des Aufkommens - das ist ja gerade das Entscheidende ({5})
- nein, das hat mit unsozial nichts zu tun - ({6})
- regen Sie sich gar nicht auf, es hat gar keinen Zweck -, es steht fest, daß der größte Teil des Aufkommens ohne Rücksicht auf das Entschädigungsprinzip für allgemeine Zwecke ausgegeben wird. Ich glaube, ich darf als Tatsache feststellen, daß gerade deshalb von verschiedenen Seiten die Forderung kommt, die Leistungen zu erhöhen, um überhaupt die Möglichkeit zu haben, aus dem Entschädigungsprinzip heraus, so wie es in Wirklichkeit von den Vertriebenen gefordert wird, noch Leistungen zu vollbringen.
({7})
- Ich glaube, man hat mich schon verstanden, aber, Herr Seuffert, Sie wollen mich nicht verstehen. Ich kann verstehen, daß Sie das nicht wollen, ich nehme Ihnen das auch gar nicht übel, weil wir ja von ganz verschiedenen Stellungen und Gedanken ausgehen.
({8})
Ich glaube auch nicht, daß der Kollege Ohlig es ehrlich gemeint hat, wenn er erklärt hat,
({9})
die SPD - gestatten Sie, daß ich ausrede, vielleicht ist es anders, aber ich glaube es nicht, vielleicht beweist er es, daß es anders ist, daß es ehrlich gemeint war - wäre bereit gewesen, den Lastenausgleich in Gemeinschaft mit den übrigen Parteien zu verabschieden,
({10})
unter der Voraussetzung,
({11})
- wer schreit, hat Unrecht ({12})
unter der Voraussetzung, daß nur Ihre Intentionen angenommen würden.
({13})
Da das aber unmöglich ist, haben Sie, glaube ich, schon längst Ihren Entschluß gefaßt, abzulehnen. Darum habe ich das heute morgen so empfunden, daß es praktisch nicht ehrlich gemeint sein kann. Es ist nicht so, daß wir, wie Sie heute erklärt haben, hier Koalitionszwang - wir kennen keinen Zwang ({14})
ausüben; denn gerade in dieser Frage - das möchte
ich feststellen - zeigt es sich, daß zwischen Opposition und Koalition Gegensätze sind, die einfach
unüberbrückbar sind. Wir gehen vom Eigentumsbegriff aus, gerade im Interesse der Vertriebenen
und Sachgeschädigten, und das wollen Sie nicht.
({15})
Sie wollen die Hauptentschädigung hinausziehen, um sie auf den Nimmerleinstag zu verschieben. Das muß endlich einmal klar und deutlich gesagt werden.
({16})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Solange nicht jemand aus den Reihen der Regierungskoalition aufsteht und für die eine oder andere Partei in dieser Regierungskoalition erklärt, daß sie mit dem, was Herr Abgeordneter Farke hier eben ausgesprochen hat, nicht einverstanden sei, werden Sie sich gefallen lassen müssen, daß wir Sie alle mit dem identifizieren, was hier eben von der Seite der Regierungskoalition gesagt worden ist.
({0})
- Das müßte im einzelnen in vielen Fällen erst noch bewiesen werden.
({1}) Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, so kommen Sie her und erklären Sie das. Hier ist ausdrücklich auf die Koalition Bezug genommen worden. Hier hat es eine gemeinsame Erklärung der Regierungskoalitionsparteien gestern schon gegeben, und Sie können uns nicht übelnehmen, wenn wir sagen: Gleiche Brüder - gleiche Kappen.
({2}) Wenn Sie anderer Meinung sind, dann sagen Sie es nur; wir hören es schrecklich gerne.
Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Farke hat hier zum Schluß ausgesprochen, daß seiner Überzeugung nach - und ich sage das bis zu einer ausdrücklichen Distanzierung davon - offenbar auch die Koalition immer schon oder mindestens jetzt der Meinung ist, daß das, was mein Freund Ohlig heute morgen bezüglich unseres ernsthaften und ehrlichen Bemühens um das Zustandekommen eines Gesetzes gesagt hat, dem auch wir Sozial({3})
demokraten würden zustimmen können, eben nicht ehrlich war. Ich bedauere außerordentlich, daß Herr Abgeordneter Kunze im Augenblick nicht im Saal ist. Ich hätte ihn sonst gern, und zwar ausdrücklich persönlich von hier aus, nach seiner Meinung dazu gefragt und auch ihm gesagt, daß alles das, was zwischen uns in diesen 15 Monaten gesprochen worden ist, solange völlig sinnlos ist, wie er sich von dieser Äußerung hier nicht ausdrücklich distanziert.
({4})
Es ist heute mit einer, wie ich meine, sehr plausiblen Begründung gesagt worden, warum wir uns um das Zustandekommen eines Lastenausgleichs bemüht haben, dem auch die Sozialdemokraten zustimmen könnten, warum wir uns um einen Lastenausgleich bemüht haben, der von einer breiten Mehrheit getragen würde. Wenn ich auch alles Verständnis für recht peinliche Gefühle auf Ihrer Seite angesichts dessen, was dabei unter Ihrer Verantwortung herausgekommen ist, habe, so kann ich es nicht unwidersprochen hinnehmen, wenn auf eine so unmögliche und ungehörige Weise hier unser ehrlicher Wille und unsere Arbeit von 15 Monaten kritisiert wird.
({5})
- Das ist umgekehrt gar nicht so. Sie hätten dabei sein sollen, mit welcher Geduld und mit welchem Aufwand an Argumenten wir uns bemüht haben, einen großen Teil der Mitglieder dieses Ausschusses erst einmal das sehen zu lassen, worüber sie solange geredet haben, bis es an Hand eines Gesetzentwurfs konkret formuliert worden ist.
Zu den Paragraphen und Zusammenhängen, die hier im Augenblick zur Debatte stehen, folgendes. Die schönen Zeiten sind j a vorbei, in denen man unter dem häufigen Gebrauch des Wortes „unser Recht" den Vertriebenen und den Geschädigten aller Kategorien einreden konnte, es gehe hier bei dem Kampf für das quotale Prinzip um die Gerechtigkeit. Es hat sich ja inzwischen schon - und das ist eine der dankenswerten Leistungen des Regierungsentwurfs - herausgestellt, daß diese Bezugnahme auf die Gerechtigkeit wohl aus einer Philosophie stammt, in der das Recht um so größer ist, je größer das Vermögen ist oder war.
({6})
Es hat jedenfalls zur Klärung des Bewußtseins in der Öffentlichkeit außerordentlich viel beigetragen, als man den Geschädigten, vor allen Dingen den älteren unter ihnen, an Hand der letzten Seite des Regierungsentwurfs an Zahlen klarmachen konnte: erstens, wie unterschiedlich das Recht überhaupt ist, und zweitens, für wen denn der quotale Lastenausgleich interessant ist. Es hat sich aber jetzt in der Aufhebung der Höchstgrenze für die Schadensfeststellung das quotale Prinzip auf eine quotalbrutale Weise durchgesetzt, und zwar ohne jede Grenze durchgesetzt.
Meine Damen und Herren! Wir haben einmal ganz zu Anfang der Beratungen im Ausschuß den Vorschlag gemacht, man möge doch dieses quotale Prinzip auf alle Geschädigten anwenden und dabei den Schaden, den 75% aller Geschädigten erlitten haben und der nur - man möge mir das Wort ,,nur" erlauben und wolle es richtig verstehen -in dem Verlust von Hausrat, Arbeitsplatz, Mietwohnung usw. besteht, nicht weniger sorgfältig behandeln als den Schaden, den die Minderheit von 25 % an Vermögen im engeren Sinne - Aktien,
Häusern, Grundstücken usw. - erlitten hat. Wir haben dann weiter den Vorschlag gemacht, man möge doch diesen quotalen Lastenausgleich ein bißchen sozial veredeln und all denen, die in den unteren Kategorien einen Vermögensverlust erlitten haben, den Schaden voll erstatten. Es sollte nach unserem Vorschlage gleichgültig sein, welcher Art dieser Schaden war, ob in einem bescheidenen Hausrat oder in einem Aktienpaket oder in einem Sparbuch; man sollte eine entsprechend hohe Quote geben und darüber hinaus noch etwas zur Veredelung der Angelegenheit bei denen tun, die einen kleinen Schaden erlitten und kleine Quoten haben, nämlich niemandem mehr als den untersten Betrag zahlen, ehe nicht alle, die nur diesen Betrag zu erhalten haben, ihn erhalten konnten.
Da hat man uns von Ihrer Seite entgegengehalten, daß dies, nämlich die gleichmäßige Anwendung des quotalen Prinzips auf alle Geschädigten und auf alle Arten von Schäden, das Ende des quotalen Lastenausgleichs sei. Dabei ist eben mit aller Eindeutigkeit zum Ausdruck gekommen, daß der quotale Lastenausgleich, das quotale Prinzip, die Zurückführung der Leistungen auf den erlittenen Schaden nur für eine Minderheit interessant ist und in der Minderheit wiederum nur für diejenige Minderheit, die klug genug war, ein großes Vermögen zu verlieren. Überlegen Sie sich selbst, wie sich z. B. die Hausratshilfe heute nach Ihren eigenen Überlegungen im Feststellungsgesetz gestalten würde, wenn die Entschädigung nach Ihrem Schlüssel unter dem quotalen Prinzip bemessen werden würde.
({7})
Sie wissen ganz genau, daß das weder Ihre Absicht war, noch daß Sie das jemals ernsthaft wollen werden.
Es ist hier von meinem Freunde Ohlig darauf hingewiesen worden, daß der Versuch, die Vermögensschäden anders als durch die Eingliederung, die Einreihung in eine bestimmte Zahl von Schadensgruppen festzustellen, ein hoffnungsloser Versuch ist. Wir haben j a schon bei der Beratung des Schadensfeststellungsgesetzes darauf hingegewiesen, daß es in der Mehrzahl der Fälle geradezu unmöglich ist, die Schäden festzustellen. Es wird um so unmöglicher, je mehr man den Ehrgeiz hat, sie möglichst genau festzustellen. Wir haben darauf hingewiesen, in welche fürchterlichen Gewissenskonflikte Sie diejenigen hineinstürzen, die ihren Schaden nachweisen sollen, und vor welche unlösbare Aufgabe Sie diejenigen stellen, die Sie zum Richter über die nicht durch Unterlagen beweisbaren Schadensanmeldungen machen. Das alles hat Sie nicht davon abgehalten, das Feststellungsgesetz zu machen. Mindestens im Interesse derjenigen, die sich im Rahmen dieser Feststellungsbehörden eine angenehme Beschäftigung versprechen, soll nun auch noch der Versuch gemacht werden, die Schäden spitz festzustellen, um möglichst lange damit zu tun zu haben.
Der zweite Punkt ist die gleichzeitige Bekanntgabe der Ersatzleistungen, der Schadensquoten. Es wird hier immer wieder mit den 30 Jahren operiert. Glauben Sie denn im Ernst, daß es heute für irgend jemanden interessant ist, zu wissen, daß er für seinen nachgewiesenen oder behaupteten Schaden irgendeinen Ersatz bekommt - aber später, vielleicht sogar erst in 30 Jahren? Wenn es überhaupt Sinn hat, den Geschädigten etwas zu sagen, dann doch nur, wenn man ihnen gleichzeitig auch wenigstens andeutungsweise den Termin nennen kann,
({8})
zu dem sie den ihnen zuerkannten Betrag erhalten werden. Das ist aber heute völlig unmöglich. Alles das kann erst gesagt werden, wenn man einen einigermaßen zuverlässigen Überblick über das Aufkommen auf Grund der Erfahrungen in den ersten Jahren hat und wenn man einen einigermaßen zuverlässigen Überblick über das hat, was für eine Entschädigung überhaupt in Frage kommt. So lange kann aber mit der Durchführung des Lastenausgleichs nicht gewartet werden.
Es muß unter allen Umständen alles getan werden, um so schnell wie möglich - und dazu ist der Zeitraum von 5, 6 Jahren schon reichlich lang ({9})
alle diejenigen wieder einzugliedern, die dafür überhaupt nur in Frage kommen. Auf das Prinzip der Eingliederung, wie wir es vorschlagen, werden wir bei einem späteren Paragraphen noch zurückkommen. Es wird aber selbst das absolut über den Haufen geworfen, was dazu im Gesetz steht, vor allem das Prinzip der Eingliederung nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten, wenn Sie hier auf eine Weise, wie es nun die Mehrheit, zum Schluß weit über das hinausgehend, was die Regierungsvorlage in dieser Richtung einmal unternommen hat, tut, Schadensgruppen fallenlassen und für jeden Vermögensschaden einen festen Betrag und prozentuale Zuschläge jetzt in diesem Gesetz schon beschließen wollen. Ganz abgesehen davon, daß auch das nur ein leeres Versprechen ist, machen Sie hier sehr unsichere Rechtsansprüche virulent. Sie werden mit mir der Überzeugung sein, daß gerade diejenigen, die hier nach diesem Gesetz, das Sie beschließen wollen, Anspruch auf eine höhere Quote bekommen, es auch am energischsten verstehen werden, ihre Ansprüche zu realisieren. Das bedeutet gegenüber dem beschränkten Aufkommen nicht nur eine Gefährdung all der vordringlichen sozialen Leistungen; es bedeutet darüber hinaus eine Gefährdung der Ansprüche, die aus einem kleinen Vermögensschaden resultieren.
Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Kather hat sich darüber beklagt, daß die Inanspruchnahme der erhalten gebliebenen Vermögen in einer Weise erfolgt, daß man von einer
50%igen Vermögensabgabe nicht reden kann. Herr Dr. Kather hat damit durchaus recht. Er wendet sich vielleicht nur nicht ausdrücklich genug an die richtige Adresse. Er hätte das eigentlich auch schon früher wissen müssen, als er - Mitglied einer Regierungspartei, die mit einem ganz bestimmten Programm angetreten ist - es übernommen hat, die Interessen aller Geschädigten zu vertreten, auch die Interessen der 75 %, die nach dem quotalen Gesichtspunkt einen Anspruch an den Lastenausgleich eigentlich nicht haben und denen Herr Farke heute ja bestätigt hat, daß zu ihren Gunsten leider übertriebene soziale Leistungen in dieses Gesetz hineingekommen sind.
Wir Sozialdemokraten nehmen für uns in Anspruch, daß wir in den ersten zwei Sitzungstagen eine Frage bereinigt haben, die mit dem Gesetzentwurf der Regierung aufgeworfen wurde: die unerträgliche Behandlung der Alten, derjenigen, denen nicht anders geholfen werden kann als durch eine Rente. Wir haben gesagt, daß wir an den Beratungen überhaupt nicht mehr teilnehmen, wenn man nicht erst einmal von der letzten Seite des Regierungsentwurfs abrückt, wo bekanntlich die Sorge aus dem Lastenausgleich für die Leute mit einem kleinen Vermögensschaden bei 13 DM im Monat anfing und wo das, was heute aus dem Soforthilfegesetz jeder bekommt - 70 DM -, erst jemand bekommen sollte, der über 70 Jahre alt war und über 150 000 Mark Vermögen verloren hatte.
({10})
Wenn Sie etwa stolz darauf sein wollen, Herr Kollege Farke, daß Sie den sozialdemokratischen Forderungen hier nachgegeben haben, dann will ich Ihnen das wirklich nicht schwer machen.
Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kather hat uns klarzumachen versucht, aus welchen Motiven er persönlich die Ausweitung der Schadensregulierung durchgesetzt hat. Herr Kollege Kather, Sie haben damit eigentlich noch einmal erklärt, warum Sie Mitglied der Regierungspartei sind; denn ebenso, wie die Art und Weise der Vermögensabgabe nicht zu trennen ist von der Wirtschaftsgesinnung, von der finanzpolitischen Gesinnung der Regierung und ihrer Parteien, wie sie ja nicht nur im Lastenausgleich, sondern auch in den Steuergesetzen zum Ausdruck kommt, so ist das, was Sie hier unter der Überschrift „Es lebe die Gerechtigkeit!" für 40 000 oder für 52 000 Leute gemacht haben, eben auch ein Stück von dem Geist oder, meinetwegen sagen Sie auch, Ungeist, der hier mit angesprochen werden muß. Herr Kollege Kather, das ist doch eine merkwürdige Rache, die Sie da an der Ihnen unzureichend erscheinenden Vermögensabgabe genommen haben, indem Sie das, was da aufkommt, zunächst einmal auch noch auf diejenigen konzentrieren wollen, die, weil sie -wie gesagt - das größere Vermögen gehabt haben, meinen, das größere Recht zu haben. Was glauben Sie denn, Herr Kather, was Ihnen die Geschädigten antworten werden, wenn Sie ihnen sagen, daß das etwas mit Gerechtigkeit zu tun hat, wenn Sie zum Schluß persönlich für genau 12 000 Leute einen Mehraufwand von allein 400 Millionen DM hier in das Gesetz hineingebracht haben? Herr Kollege Kather, operieren Sie bitte nicht damit, daß sich das auf 30 Jahre vertagt. Die Leute, denen zuliebe Sie hier auftreten, wollen ja nicht noch 30 Jahre warten. Die wollen hier erst einmal ihren Rechtsanspruch verbrieft haben. Dann werden sie das kassieren, Herr Dr. Kather, und ich fürchte sogar, Sie werden ihnen dabei kräftig helfen. Daß aber dabei alle anderen auf der Strecke bleiben, wird man sehen. Das wird unvermeidlich sein, wenn sich hier nicht eine vernünftige Mehrheit findet, die die Leistungen aus diesem Gesetz auch unter dem Kapitel Hauptentschädigung auf das beschränkt und auf das orientiert, was nach der Aufkommensseite möglich ist. Wir haben Ihnen verschiedene Wege gezeigt, um die Aufkommensseite so weit wie nur irgend möglich zu stärken. Wir sind damit nicht durchgekommen. Wir werden aber nicht in den gleichen Fehler verfallen, Herr Kather, in den Sie hier verfallen zu sein scheinen, nun auf der Leistungsseite Dinge zu fordern, an deren Erfüllung überhaupt nicht gedacht werden kann.
Meine Damen und Herren! Die Bemühungen um den Paragraphen, der jetzt zur Debatte steht, sind ein Stück unseres Bestrebens um die produktive Verwendung der Mittel, die aus der Vermögensabgabe aufkommen. Wir haben - das wissen einige von Ihnen, die sich schon früher mit unseren grundsätzlichen und praktischen Forderungen zum Lastenausgleich auseinandergesetzt oder sie zum mindesten unvoreingenommen zur Kenntnis
({11})
genommen haben - immer besonderen Wert darauf gelegt, daß das, was aus den produktiven Vermögen für den Lastenausgleich abgezweigt wird, auch wieder produktiv eingesetzt wird, weil wir - obwohl wir uns das nicht extra im „Arbeitgeber" schriftlich bescheinigen - auch an die Wirtschaft und an ihre Notwendigkeiten denken, wobei wir uns vielleicht von anderen dadurch unterscheiden, daß wir bei „Wirtschaft" nicht nur an das Geld-verdienen denken, sondern daß wir bei „Wirtschaft" auch an die Volkswirtschaft und an diejenigen denken, die nicht unmittelbar an der Lenkung der Wirtschaft beteiligt, sondern leider mehr Objekte der Wirtschaft sind. Wir werden auf diesen Zusammenhang bei all den anderen Paragraphen zurückkommen, bitten Sie aber mit allem Nachdruck, unter ausdrücklicher Berufung auf die Regierungsvorlage und unter Hinweis darauf, daß wir in dieser Richtung durchaus zu einem Kompromiß bereit sind, indem wir uns jetzt die Regierungsvorlage zu eigen machen - Sie wissen, daß wir früher viel weniger Schadensgruppen wollten usw. - ({12})
- Die Regierungsvorlage ist nicht anders. Wir reden hier über Schadensgruppen, und über nichts anderes wird im Augenblick geredet.
({13})
- Woran dachten Sie? Über den Paragraphen diskutieren wir, über den werden wir nachher abstimmen, und zwar namentlich abstimmen, weil auch wir der Meinung sind, daß es sich hier geradezu um die Schlüsselfrage dazu handelt, ob aus diesem Lastenausgleich allen nach Maßgabe ihrer Situation geholfen wird oder ob aus diesem Lastenausgleich nur der Minderheit geholfen wird, die ein so großes Vermögen verloren hat, daß sie mit der Quote, die Sie ihr zubilligen, etwas anfangen kann. Daß die Träger aller kleinen Vermögensschäden mit der Hauptentschädigung, die Sie ihnen geben, nicht viel anfangen können, ist Ihnen auch bekannt.
({14})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Ohlig.
Meine Damen und Herren! Ich möchte lediglich dem Herrn Kollegen Farke antworten und seine Beschuldigung zurückweisen, wir hätten es bei der Arbeit an dem Lastenausgleichsgesetz nicht ehrlich gemeint.
({0})
Ich will in die leidenschaftlichen Debatten nicht eingreifen, ich möchte dem Hohen Hause nur zwei Tatsachen zur Kenntnis bringen. Wir haben vor einigen Wochen das sogenannte Ostsparergesetz verabschiedet. Bei der Debatte über dieses Gesetz haben wir unsere grundsätzlichen Bedenken gegen die Vorziehung geltend gemacht; dennoch haben wir im Interesse des Gesetzes bei der Endabstimmung dafür gestimmt.
Ich habe noch ein zweites Beispiel. Sie wissen, wie hart umkämpft das Feststellungsgesetz gewesen ist, daß es überhaupt nur durchgeführt werden kann, nachdem eine Änderung des Grundgesetzes vorgenommen werden mußte. Wir haben trotz unserer heftigen prinzipiellen Bedenken gegen das Feststellungsgesetz dennoch im Interesse des kommenden Lastenausgleichs der Änderung des Grundgesetzes zugestimmt.
({1})
Und nun urteilen Sie selbst, ob wir es ehrlich meinen oder nicht!
({2})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Müller.
Herr Kollege Nöll von der Nahmer hat in der Stellungnahme zu unserem Antrag sachlich nichts zu sagen gewußt, auch nicht hinsichtlich der Schaffung der finanziellen Voraussetzungen, um auf Grund des § 269 den Geschädigten eine sofortige Auszahlung der Mindestbeträge, die in unserem Antrag festgelegt worden sind, zu ermöglichen. Das einzige „Argument", Herr Kollege Nöll von der Nahmer, was Ihr Versuch, durch Behauptungen über die Regelung in der Deutschen Demokratischen Republik abzulenken. Ich denke, es dürfte doch hoffentlich sogar bis zu Ihnen durchgedrungen sein, daß einmal der Zweck eines Lastenausgleichs der sein soll, der ganzen Gruppe der Geschädigten die Möglichkeit der Sicherung oder der Neuschaffung einer Existenz, der Schaffung von Wohnungen, der Beschaffung von Arbeit usw. zu geben. Wenn Sie in dieser Beziehung einmal die vollzogenen Tatsachen in der Deutschen Demokratischen Republik betrachten, dann werden Sie mir zugeben müssen - auch Sie, Herr Kollege Nöll von der Nahmer -, daß dort Tatsachen geschaffen worden sind, die Sie mit Ihrem Gesetz im Bundesgebiet niemals erreichen werden.
In der Deutschen Demokratischen Republik, Herr Kollege Dr. Nöll von der Nahmer - das müßte Ihnen bekannt sein -, sind bis vor kurzem für Flüchtlinge bzw. Umsiedler über 91 000 Bauerngehöfte geschaffen worden.
({0})
- Herr Kollege Nöll von der Nahmer, über 65 000 neue Handwerkerstellen bzw. Handwerksbetriebe wurden geschaffen.
({1})
Herr Kollege Nöll von der Nahmer, über anderthalb Milliarden wurden an Krediten gegeben,
({2})
von denen die Hälfte erlassen worden ist. ({3})
Sie werden heute in dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik keinen mehr in Bunkern oder in Höhlen wohnen sehen.
({4})
Herr Kollege Nöll von der Nahmer, Sie werden auch keinen mehr ohne Arbeit sehen.
({5})
Sie werden dort - und hoffentlich, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, nehmen Sie einmal Gelegenheit, sich selbst davon zu überzeugen - sehen,
({6})
wie die Frage geregelt worden ist.
({7})
Ich hielt es für notwendig - auch wenn bei einigen von Ihnen ein Unbehagen über die Feststellung von Tatsachen vorhanden ist -, doch diese Tatsachen zu erwähnen, um gleichzeitig die Ver({8})
suche, von der Realität - was nämlich das Lastenausgleichsgesetz in Wirklichkeit für die Geschädigten hier bei uns bringt - abzulenken, zu verhindern.
In diesem Zusammenhang habe ich noch zu Herrn Farke eine Bemerkung zu machen.
({9})
Herr Farke, es war nicht gut, daß Sie in der Frage des Eigentumbegriffs und mit diesem Begriff herummanövriert haben. Ich habe bereits heute festgestellt, daß Sparerschäden bis zu 500 Mark von Ihnen nicht anerkannt werden, Herr Farke, und weiter festgestellt, daß auch in der Frage der Schadensgruppe alle die Geschädigten, die einen Schadensbetrag bis zu 500 Mark gehabt haben, von Ihnen auch nicht anerkannt werden. Für diese gilt also offensichtlich Ihr Eigentumsbegriff nicht, für diejenigen nämlich, die als die Armsten nicht denselben Betrag erreichen wie meinetwegen die anderen, für die Sie sich so warm einsetzen, die einen Betrag von 500 000 Mark und mehr erreichen. Ich glaube also, damit können Sie bei den Geschädigten selbst keinen Blumentopf gewinnen.
({10})
Nun möchte ich noch zu Herrn Kather eine Bemerkung machen. Ich glaube, meine Ausführungen treffen auch auf Sie zu. Herr Kollege Kather, Sie nehmen für sich in Anspruch, daß durch Ihre entscheidende Hilfe erreicht worden ist, daß eine Begrenzung nach oben nicht erfolgt. Nun möchte ich Sie daran erinnern, daß die Folge dieses Gesetzes und der Einstellung derjenigen unter Ihnen, die sich dafür einsetzen, die sein wird, daß die Masse der Kleinen nichts bekommen wird, dagegen aber die Großen um so mehr bekommen werden.
Noch eine Bemerkung zu dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion. Ich glaube, man kann diesen Antrag, soweit er das Ziel hat, eine Zusammenlegung der Schadensgruppen herbeizuführen, nur begrüßen. Aber ich muß auch hier feststellen, daß man die Schadensgruppe bis 500 DM außer acht läßt. Und ich bedaure weiter, daß man die Möglichkeit offen läßt, alle Ansprüche über 150 000 DM, und wenn sie in die Millionen gehen, zu berücksichtigen. Ich glaube, das ist keine gute Regelung und kein guter Vorschlag.
Aber ich möchte noch eine andere Bemerkung machen. In Abs. 2 bringen Sie zum Ausdruck, daß eine Regelung über die Höhe der Entschädigungen, über ihre Berechnung, Verzinsung usw., erst dann getroffen werden soll, wenn die Höhe der verfügbaren Mittel zu erkennen ist, bzw. eine Unterlage dafür vorhanden ist. Ich glaube, das ist ein gefährlicher Weg. Denn das würde bedeuten, daß angesichts des Verhaltens der Regierung und ihrer Absicht, die ja gestern hier in den Beschlüssen über das Aufkommen zum Ausdruck kam, das Aufkommen so schmal wie nur irgend möglich zu halten, die Erwartungen der Geschädigten nicht erfüllt werden können. Sie erwarten, daß durch das Aufkommen ein großer Kuchen zur Verteilung stehen würde. Aber Realität wird sein, daß nach dem Verhalten verschiedener Teile der Regierungskoalition aus dem großen Kuchen nur ein Brötchen wird und dann der Kampf um die Verteilung des Brötchens geht.
Ich glaube, man muß den umgekehrten Weg gehen. Wir haben in unserem Antrag gefordert, für die einzelnen Geschädigten bestimmte Grundbeträge festzusetzen. Ich denke, es wäre zweckmäßiger - und das war die Frage auch an die sozialdemokratische Fraktion -, die Beträge hier festzulegen.
({11})
- Aber entschuldigen Sie, Kollege Kriedemann! Ich sagte bereits; Sie überlassen es dann der Regierung, was sie überhaupt in den Topf hineintun will, und dann bleibt zur Verteilung nur übrig, was drin ist. Wir müssen umgekehrt fragen, was als Mindestes für die Geschädigten zu fordern ist, um dann den Kampf um die Auffüllung des Topfes zu führen. Das ist die grundlegende Frage, um die es sich handelt. Deswegen fordern wir, daß den Geschädigten ein bestimmter Minimalsatz zugesprochen werden möchte, um dann den Kampf darum zu führen, daß der Topf entsprechend gefüllt wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es klingt manchmal in der Debatte so, als sei das Bekenntnis zum quotalen Prinzip und dieses selbst schon so halbwegs etwas Unmoralisches. Dem mochte ich doch ganz entschieden entgegentreten. Auch der einfachste Mann aus dem Volke verbindet doch mit dem Lastenausgleich den Begriff der Entschädigung für Vermogensverluste. Wenn man sich also hier bei der Entschädigung grundsätzlich nach der Höhe des Verlusts richtet, so befindet man sich im Rahmen dieser Vorstellungen und im Rahmen dessen, was von einem Lastenausgleich erwartet werden kann.
Meine Damen und Herren, Sie fordern mit Recht, daß an Ihre Ehrlichkeit geglaubt wird. Daher müssen auch Sie Verständnis dafür haben, wenn wir uns aus ehrlicher Überzeugung zum quotalen Prinzip bekennen. Das hindert natürlich nicht, daß auch wir der Auffassung sind, der wir überall Raum gegeben haben, daß soziale Gesichtspunkte in das quotale Prinzip einzubauen sind. Das ist ja, wie von keiner Seite bestritten wird, auch in starkem Maße geschehen.
Herr Kriedemann, es stimmt ja nicht, daß durch diese 250 Millionen DM - die Zahl ist ja noch bestritten - den 75 %, für die Sie sich einsetzen, nun irgend etwas Beachtliches weggenommen wird. Zunächst möchte ich mich dagegen wehren, daß man immer die Zinsen dazurechnet; denn das würde ja darauf hinauslaufen, daß eine Leistung um so höher ist, je später man sie bewirkt. Wenn man eine Summe nimmt, die erst nach 100 Jahren fällig wird, und die Zinsen für diese 100 Jahre hinzurechnet, dann hat man einen ganz enormen Fonds. Man kann meiner Ansicht nach nur die Summe selbst rechnen. Die Zinsen sind j a doch der Gegenwert dafür, daß die Zahlung nicht gleich erfolgt. Ich habe vorhin schon vorgetragen, daß selbst bei 250 Millionen DM nur 0,4 % des ganzen Aufkommens davon erfaßt werden würde. Wenn Sie das berücksichtigen und wenn Sie sich vorstellen, daß man ja bei der Verteilung auf 30 Jahre eigentlich noch einen Zeitwert, also einen sehr viel geringeren Zeitwert, einsetzen müßte, und wenn Sie sich weiter die nachfolgende Bestimmung vor Augen halten, daß nach der sozialen Dringlichkeit diese Fälle zuletzt rangieren müssen, dann müssen Sie zugeben, daß wir zwar eigentlich mehr
({0})
um der Idee als um der letzten praktischen Auswirkung willen am Prinzip festgehalten, aber die sozialen Gesichtspunkte weitgehend berücksichtigt haben.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Friedensburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist vielleicht hier nicht der Platz und die Zeit, eine Debatte über die Verhältnisse in der Sowjetzone herbeizuführen; aber die Ausführungen des Kollegen Müller waren doch so grotesk, daß es meiner Ansicht nach nicht angeht, sie von der Tribüne eines deutschen Parlaments unwidersprochen hinausgehen zu lassen.
({0})
- Herr Kollege Müller, ich glaube, ich kenne die Dinge jedenfalls wesentlich besser als Sie. Glauben Sie mir! Und wenn wir hier die in der Tat zunächst imponierend erscheinenden Zahlen über die Schaffung neuer Bauern stellen hören, so müssen wir uns darüber klar sein, wieviel Not und Sorge wirklich dahintersteht. Herr Kollege Müller, seien Sie sich dessen gewiß, daß von den 60 000 Besitzern von neuen Stellen morgen 59 500 froh sein würden, wenn wir hier die Tore aufmachen könnten, daß sie alle glücklich wären, sich aus Ihrem Paradies hier in dieses Land zu begeben.
({1})
All die Leute würden jedenfalls froh sein, von Ihnen wieder loszukommen. Denn glauben Sie mir - vielleicht wird Ihnen die Zahl auch einiges Interesse abnötigen -: die landwirtschaftliche Produktion in Ihren Siedlungsgebieten bleibt ebenso tief unter dem Friedensstand, wie sie hier in der Bundesrepublik über dem Friedensstand liegt, um 20 bis 30%. Herr Kollege Müller, Wohnungen werden in der Ostzone überhaupt nicht gebaut.
({2})
- Herr Kollege Müller, ich lade Sie ein, morgen mit mir durch die Ostzone zu fahren. Sie werden sich davon überzeugen, daß auf eine Wohnung, die drüben gebaut wird, hier in der Bundesrepublik hundert gebaut werden. Es ist also geradezu lächerlich, diese Dinge gegenüberzustellen.
({3})
Es ist traurig genug, daß solche Zustände auf deutschem Boden und bei deutschen Menschen bestehen. Aber daß sich Deutsche hinstellen und damit noch ruhmreiche Reden halten, das ist schlechterdings unerträglich.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.
Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Schluß dieser Debatte noch eine Anregung geben, wie die Hauptentschädigung, die
ja einen der Kardinalpunkte des Lastenausgleichs darstellt, in der kommenden Novelle
({0})
in einer entscheidenden Weise verbessert werden kann. Das kann in diesem Fall sogar viel schneller geschehen; denn es bedarf im Grunde genommen keiner Ergänzung des Lastenausgleichsgesetzes, sondern es bedarf nur einer Änderung des Einkommensteuergesetzes. Unser Vorschlag geht dahin, in dem Einkommensteuergesetz zugunsten der Lastenausgleichsberechtigten, mit Beschränkung auf diese, den § 10 a wiederherzustellen und ihnen die Möglichkeit zu geben, von einem nicht entnommenen Gewinn in ihren neu errichteten Betrieben und Existenzen - eine Maßnahme, die man sich in ähnlicher Weise auch beim Wohnungsbau und bei der Hausratshilfe überlegen kann; darüber wird an anderer Stelle noch zu sprechen sein - in einem schnelleren Tempo wieder zur Bildung neuen produktiven Eigentums zugunsten der Volkswirtschaft zu kommen. Wir wissen alle, daß in diesem Gesetz zunächst steht, daß bis 1957 die Hauptentschädigungen noch nicht als Eigentum übertragen werden können und aller Voraussicht nach bis dahin nur im Wege des Darlehens zur Verfügung gestellt werden. Hier aber besteht die Möglichkeit, sofort - und zwar, je eher man sich dazu entschließt, desto schneller - diese Basis des Eigentums zu schaffen und auf dieser Basis des Eigentums - und das ist das Entscheidende - mit Hilfe der Eingliederungs- und weiterer Kredite die Möglichkeiten des Lastenausgleichs zu vervielfachen, so daß aus dem Gesamtbetrag, der dafür in einem Jahr zu mobilisieren ist, immerhin das Doppelte oder vielleicht sogar das Dreifache werden und die Durchführung der ganzen Aufgaben wesentlich beschleunigt werden kann.
Wir wollen das hier an dieser Stelle nicht zu einem Antrag verdichten, um die schnelle Verabschiedung des gesamten Gesetzes nicht zu gefährden. Wir glauben aber, daß wir diese Maßnahme, die im Grunde genommen auch niemand etwas kostet - denn wenn die Möglichkeiten nicht geschaffen werden, entstehen die neuen Werte in der Volkswirtschaft nicht, und niemand hat etwas davon -, bei der weiteren Verbesserung des Gesetzes ernsthaft mit in Erwägung ziehen sollten.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu der verblüffenden Anregung des Herrn Kollegen Dr. Preusker nur folgendes sagen. Ich bedaure außerordentlich, daß seine Fraktion ihn nicht in den Lastenausgleichsausschuß geschickt hat. Das hört sich sozusagen wie das Ei des Kolumbus an. Es ist noch dazu ein kostenloses Ei des Kolumbus. Ich bin sehr begierig, zu wissen, wozu sich das einmal verdichten wird.
({0})
- Ich will es lieber nicht sagen.-Herr Dr. Preusker als Minister? Gott behüte!
({1})
- Nein, nein, kein Bedarf, wahrlich nicht! Wir
haben schon schwer genug an den Ministern zu
({2})
tragen, die Sie uns aus Ihren Reihen bisher serviert haben.
({3})
- Manchmal hat sie sogar recht, wie in diesem Fall!
({4})
- Na, na!
Also zur Sache. Ich nehme niemals jemandem ein ehrliches Bekenntnis zu seinen wirklichen Absichten übel. Böse werde ich immer nur dann, wenn jemand das, was er eigentlich will, hinter irgendwelchen großartigen oder großen und respektablen Begriffen versteckt. Wenn man von Anfang an allen Vertriebenen gesagt hätte, was der quotale Lastenausgleich wirklich bedeutet, daß der quotale Lastenausgleich eben alle diejenigen ausschließt - das ist nun einmal die weitaus größte Zahl der Vertriebenen und der anderen Geschädigten -, die ein Vermögen im Sinne einer quotalen Vermögensentschädigung richt gehabt haben, dann wäre das eine sehr anerkennenswerte, mutige Tat gewesen. Die Moralität des quotalen Lastenausgleichs liegt hier keineswegs in unseren Augen. Wir denken gar nicht daran, zu sagen, daß der quotale Lastenausgleich an sich unmoralisch ist. Aber wenn der quotale Lastenausgleich nur auf eine Minderheit angewendet werden kann und wenn infolgedessen die Mehrzahl derjenigen, die auch ihre Existenz, die auch ihre Lebensgrundlagen verloren haben - auch wenn sich das nicht in einem sehr großen Geldbetrag ausdrückt -, dabei auf der Strecke bleiben, dann wird die Sache eben wirklich unmoralisch.
({5})
- Natürlich bleiben die auf der Strecke. ({6})
Meine Damen und Herren, etwas zum Grundbetrag. Es wird immer so dargestellt, als ob man den Vertriebenen und den übrigen Geschädigten wirklich etwas gäbe, wenn man in dieses Gesetz zu der einzelnen Schadengruppe entweder so, wie es die Regierung getan hat, oder nun überhaupt ohne jede Begrenzung auf Gruppen, in jedem Falle also, einen Grundbetrag hineinschreibt und dabei selber weiß, daß es völlig offen ist, wann denn dieser Grundbetrag ausgezahlt werden wird.
Wir alle kennen die Aufkommenseite der Angelegenheit. Abgesehen von den Anträgen, die wir gestellt haben und die leider abgelehnt worden sind, ist ja hier von Ihrer Seite eine Anstrengung zur Erhöhung des Aufkommens nicht gemacht worden. Auf der andern Seite gibt es eine Reihe von Fragen, eine Reihe von Aufgaben, deren Erledigung sich auch die Quotalisten zu ihrem großen Bedauern - nicht wahr? - und mit einer recht erheblichen Kritik, wie wir sie hier heute von Herrn Farke als angebliche Übertreibung der sozialen Leistungen gehört haben, nun einmal nicht entziehen können. Wir wissen ganz genau, wie außerordentlich wenig nun für die Eingliederung und damit auch für die Hauptentschädigung übrigbleibt. Jemandem, ich weiß nicht, was: 3000, 4000, 5000, 8000 DM zu versprechen und ihm zu sagen, daß es eventuell 30 Jahre dauern kann, bis er in den Genuß dieses Betrages kommt, ist doch noch weniger, als überhaupt keinen Grundbetrag zu
nennen. Dann sagt man wenigstens nicht etwas, worüber sich die Leute außerdem noch ärgern müssen. Dann macht man ihnen keine Illusionen, wissend, daß die Versprechungen nicht in Erfüllung gehen werden. Wenn Sie jetzt hier einen Grundbetrag hineinschreiben und den Leuten einen Rechtsanspruch auf diesen Grundbetrag geben, dann nehmen Sie sich in der Praxis durch die Reihenfolge der Auszahlungen jede Möglichkeit, für eine vernünftige Verwendung der unter großen, von der gesamten Volkswirtschaft zu tragenden Opfern aufzubringenden Mittel. Wie wollen Sie denn jemandem, dem Sie hier sagen, daß er 5000 oder 7000 oder 10 000 oder gar 80 000 DM zu kriegen hat, diese 80 000 DM mit der Begründung vorenthalten, daß er damit vielleicht etwas anfange, was denen, die darüber zu entscheiden haben, nicht gefällt oder was der allgemeinen volkswirtschaftlichen Logik nicht entspricht? Der Mann wird sagen: Ihr sagt mir, daß ich das zu bekommen habe; ihr wollt es mir geben auf Grund eines nachgewiesenen Vermögensverlustes; ihr gebt es mir als Ersatz für mein Vermögen. Mir aber, dem Vertriebenen oder dem Kriegssachgeschädigten, mir aber wollt ihr vorschreiben, wie das verwendet werden soll; und wenn ich mich euren Vorschriften nicht beuge, dann enthaltet ihr mir das einfach vor.
Das, meine Damen und Herren, wird sich durchsetzen. Und Sie werden eine Fülle von Fehlinvestitionen, von hoffnungslosen Unternehmungen starten sehen. Es wird dabei eine Menge Geld verlorengehen, und sehr viele von denen, die in ihrer Verzweiflung nun irgend etwas mit den 3- oder 4000 DM anfangen, die Sie ihnen geben, werden auf diese Weise außerdem auch noch um die Hilfe aus dem Lastenausgleich betrogen, die ihnen hier versprochen werden soll.
Darum wollen wir über den Grundbetrag in diesem Gesetz nichts sagen, vor allem aber aus einem andern Grunde nicht. Ehrlicherweise und vernünftigerweise kann man auch niemandem darüber etwas sagen. Das kann man eben erst tun, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen und wenn man das einigermaßen übersehen kann. Dieser Tatsache haben Sie ja selber insofern Rechnung getragen, als schon der Regierungsentwurf sagt, daß die endgültige Höhe des Betrages erst ineinem späteren Gesetz, eben nach Erstellung der Unterlagen mitgeteilt werden soll. Das ist auch heute noch so. Alles, was Sie vorher machen, 'sind entweder leere Versprechungen, oder es ist tatsächlich die Absicht bei Ihnen vorhanden, das, was Sie hier sagen, auch zur Auszahlung zu bringen; und dann sagen Sie mir, wie Sie gegenüber diesen Versprechungen die sozialen Aufgaben, die volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten durchsetzen werden!
({7})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Nöll von der Nahmer.
Meine Damen und Herren! Die letzten Ausführungen von Herrn Kriedemann zwingen mich, doch noch zu ein paar Punkten Stellung zu nehmen. Herr Kriedemann hat hier eben Auffassungen vorgetragen, die zum Teil von uns als Anhängern des Gedankens des quotalen Lastenausgleichs durchaus geteilt werden und die wir im Laufe der Beratungen zurückstellen mußten, um eine Verständigung mit der anderen Seite zu versuchen, Herr Kriedemann hat gesagt,
({0})
wenn wir hier den Grundbetrag festsetzen, dann kommen die Geschädigten und fragen: Wann bekommen wir unsere Entschädigung? Herr Kriedemann hat dann weiter gefragt, wie dann diese Zahlungen geleistet werden sollen. Nun, meine Damen und Herren, das Einfachste wäre es, wenn man den quotalen Gedanken straff durchführte und eine langfristige Schuld konstruierte, die entsprechend verzinst und getilgt wird.
Aber gerade das haben wir nicht gemacht! Der quotale Gedanke ist nicht restlos zum Zuge gekommen, sondern es soll bei der Auszahlung, wie es in § 275 ja klar steht, nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten verfahren werden.
({1}) - Unter Berücksichtigung sozialer und volkswirtschaftlicher Gesichtspunkte! - Also, Herr Kriedemann, wenn Sie im Ausschuß die heutige Auffassung vertreten und sich gegen die jetzige Regelung im Sinne dieser heutigen Ausführungen gewandt hätten, dann hätten wir gerne mit Ihnen darüber verhandelt. Wir teilen nämlich auch das Bedenken: Wer entscheidet darüber, was volkswirtschaftlich und sozial vordringlich ist? Aber gerade Ihre Freunde waren doch immer der Ansicht, daß ein Weg gefunden werden müsse, wie ihn § 275 aufzeigt.
Ich darf Sie daran erinnern, daß ich die Frage uer Zinsauszahlung im Ausschuß eingehend vorgetragen habe. Wir haben den Wunsch gehabt, daß man diese Ansprüche zumindest baldigst verzinsen sollte, damit jeder Geschädigte wirklich etwas von seinem Entschädigungsanspruch hat. Aber wir haben auch hier wieder Verständigungsbereitschaft gezeigt gegenüber der Auffassung, daß bei laufender Zinszahlung zuviel Mittel beansprucht würden, zuwenig für die sozialen Aufgaben übrigbleiben würde und Beträge „verkleckert" würden; daß deshalb die Verzinsung zunächst einmal unterbleiben und keine laufende Verzinsung aus dem Anspruch gewährt werden solle.
Dann darf ich noch an einen weiteren Vorgang erinnern. Wir wollten, daß der quotale Gedanke auch dort, wo es sich nicht um werbendes Vermögen handelt, bei der Hausratentschädigung, stärker, als das dann im Ausschuß beschlossen wurde, zum Tragen kommen sollte. Ich darf daran erinnern, daß wir es sehr gerne gesehen hätten, wenn die Sonderbehandlung der Hausratsentschädigung unterblieben und sie in die Hauptentschädigung einbezogen worden wäre. Aber auch hier stand die überwiegende Mehrheit des Ausschusses und auch Sie und Ihre Freunde, Herr Kollege Kriedemann, auf dem entgegengesetzten Standpunkt. Der Entwurf, so wie er jetzt vorliegt, beruht auf einer Verbindung der beiden Prinzipien, des elastischen und des quotalen Lastenausgleichs. Gerade diese Verbindung ist der Kompromiß, die Brücke, auf der wir uns irgendwie finden sollten.
Meine Herren, es ist doch nicht so, daß nicht auch wir in entscheidenden Punkten nachgegeben und Kompromisse geschlossen hätten. Wir haben selbstverständlich den Wunsch, daß dieses Gesetz, welches das namenlose Elend unserer schwergeprüften Schicksalsgenossen wenigstens mildern soll, von einer möglichst großen Mehrheit angenommen wird. Dabei wollen wir uns darüber klar sein, daß jede Fraktion im Ausschuß Kompromisse schließen mußte. Andererseits gibt es natürlich Probleme, bei denen grundsätzliche Fragen angeschnitten werden, deren Beachtung unerläßlich ist. Eine dieser grundsätzlichen Fragen ist für uns die, daß das verlorengegangene Vermögen, wie es die Hauptentschädigung vorsieht, nicht gerade hoch, aber doch eben entschädigt werden soll und entschädigt werden muß.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kriedemann.
({0})
Deswegen diskutieren wir ja auch vor aller Öffentlichkeit und auch vor Ihnen, verehrter Herr Kollege Horlacher, in der Hoffnung, daß auch Ihnen zum Schluß noch ganz klar wird, wer hier recht hat.
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Das ist der Sinn der zweiten Lesung, nicht wahr!
Ich gebe Ihnen ohne weiteres zu, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, daß Sie in vielen Punkten zurückgesteckt haben, überall da, wo Sie allmählich selbst bei Ihren Koalitionsfreunden kein Verständnis mehr für die quotale Konsequenz gefunden haben, oder wenigstens fast überall. Das ist auch eine ganze Weile so gut gegangen, daß wir etwa gegen Ende der zweiten Lesung tatsächlich die Hoffnung hatten, wir würden uns über die Bestimmungen bezüglich der Eingliederung auf dem Kreditwege noch ganz schön zusammenraufen. Leider ist das nachher und nicht zuletzt durch die Heraufsetzung der Schadensbeträge, erst einmal auf eine halbe Million und dann durch den Wegfall jeder Begrenzung überhaupt, über den Haufen geworfen worden. Leider hat sich auf diese Weise das sogenannte quotale Prinzip in seiner extremen Form wieder durchgesetzt mit allen Konsequenzen, die sich daraus nun einmal für die große Mehrheit der Geschädigten ergeben. Weil wir auch heute noch der Meinung sind, daß es so nicht geht, machen wir Ihnen eben den Vorschlag zu § 269: Schadensgruppen im Interesse der vereinfachten Schadensfeststellung, im Interesse der schnelleren, billigeren und auch ehrlicheren Feststellung und keine Schadensbeträge. eben um keine Illusionen zu erwecken und um vor allen Dingen einmal den Weg freizumachen für eine Eingliederung unter den Gesichtspunkten, die sich uns darbieten, wenn wir den Menschen in seiner heutigen Lage ansehen und nicht überlegen, was früher einmal gewesen ist und welche Ansprüche sich daraus entwickeln lassen.
Seien Sie fest davon überzeugt, wenn Sie das beschließen, was Sie hier vorliegen haben, dann werden sich, auch wenn Sie mit den Bestimmungen über volkswirtschaftliche Zweckmäßigkeit und soziale Dringlichkeit eine Bremse einbauen wollen, die Gedankengänge durchsetzen, die auch Ihre Gedankengänge sind und die mit Ihrer ausdrücklichen Anerkennung des quotalen Prinzips nur noch einmal sanktioniert werden. Dann werden die Mittel, die überhaupt zur Verfügung stehen, mehr und mehr für diese Sorte von Rechtsansprüchen aufgesaugt werden, und alle die Rechtsansprüche, die mit jedem lebenden Menschen geboren werden, die auch derjenige als Vertriebener anzumelden hat, der nur aus seiner Mietwohnung und nicht von eigenem Haus und Hof weggejagt worden ist, werden dabei notwendigerweise unter den Schlitten kommen. Weil wir einer möglichst großen Zahl von Menschen helfen wollen - und die große Mehrheit hat nun einmal kein Vermögen im quotalen Sinne - und weil wir allen so helfen wollen, daß diese Mehrheit der arbeitsfähigen Menschen auch im({1})
Stande ist, unser volkswirtschaftliches Gesamtprodukt zu vermehren, darum wollen wir zunächst einmal mit der Eingliederung vorangehen.
Wir haben entsprechende Anträge zu diesem Paragraphen gestellt. Wir wollen die Eingliederungshilfe nicht nach dem Maßstab bemessen, der sich aus den früheren Verhältnissen ergibt, deren Feststellung ja,wie uns allen klar ist, außerordentlich schwierig und außerordentlich zweifelhaft ist. Wir wollen die Hilfeleistung in Form eines Kredits bemessen nach Lage der Dinge, von heute aus gesehen, und wir wollen uns mit dem, was als eigentliche Vermögensentschädigung gegeben werden kann, erst hinterher auseinandersetzen, wenn man wirklich ehrlich sagen kann, welche Mittel dafür zur Verfügung stehen. Das würde dann nämlich auch dem quotalen Gedanken am meisten entsprechen. Denn die Quote, die Sie heute geben wollen, die Entschädigung, die Sie heute hier festsetzen, greifen Sie doch aus dem luftleeren Raum, ohne eine Ahnung davon zu haben, ob das, was hier versprochen wird, ein leeres Versprechen ist, das irgendein anderes Parlament unter Hinweis auf einwandfrei feststehende Tatsachen wieder wegwischen muß; ohne Rücksicht darauf, ob das, was Sie hier versprechen, jemals gehalten werden kann. Weil wir ein ehrliches, nüchternes Verfahren vorziehen, haben wir Ihnen vorgeschlagen, die Feststellung der Schadensbeträge eben auf jene Zeit zu verschieben, in der diese Beträge ehrlich, korrekt und beweisbar festgestellt werden können, nicht aber durch fiktive Schadensbeträge und durch darauf gegründete Rechtsansprüche den lebenswichtigen Prozeß der schnellen Eingliederung für unser Volk und seine Wirtschaft aufzuhalten. Die Eingliederung der arbeitsfähigen Menschen ist ein allgemein gültiger Rechtsanspruch, und alles, was aus dem Lastenausgleich an Mitteln zur Verfügung steht, soll auf diese Aufgabe konzentriert werden.
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Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meinen Freunden scheint diese Frage jetzt nach allen Seiten hin so reichlich diskutiert zu sein, daß ich im Namen der Regierungsparteien Schluß der Debatte beantrage.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir können uns die Abstimmung über den Antrag sparen. Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor,
({0})
und auf diese Weise sind wir am Ende der Debatte.
({1})
- Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da offenbar niemand das Bedürfnis hat, sich mit dem, was wir hier vorgetragen haben, auseinanderzusetzen, haben wir keine Veranlassung, noch eine Wortmeldung abzugeben. Wir möchten aber für den Fall, daß sonst jemand trotz der Koalitionsvereinbarungen noch etwas sagen möchte, unsererseits diesen Antrag auf Schluß der Debatte in einer so außerordentlich entscheidenden Frage nicht unterstützen. Wir überlassen es Ihnen, dafür eine Mehrheit zu finden.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir können uns die Abstimmung über den Schlußantrag sparen, da keine Wortmeldungen mehr eingegangen sind. Ich erkläre also die Aussprache zu § 269 für geschlossen. Da bei diesem Abschnitt die Gesamtberatung begonnen worden ist, fahren wir, glaube ich, in der Beratung über die folgenden Paragraphen dieses Abschnitts fort und nehmen die Abstimmung über den gesamten Abschnitt dann am Schluß, nach § 275, vor.
({0})
- Die namentliche Abstimmung kann j a auch nachher vorgenommen werden.
({1})
- Auch heute morgen ist bei den schon vorher beratenen Paragraphen keine Abstimmung erfolgt. Aber wenn Sie wollen, meine Damen und Herren, dann machen wir jetzt an dieser Stelle mal eine Abstimmung.
Wir stimmen also zunächst über § 266 ab. Ich bitte diejenigen, die dafür sind, die Hand zu heben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen?
- Angenommen.
§ 267. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
§ 268. Dazu liegt ein Änderungsantrag Dr. Reismann vor. Ich bitte diejenigen, die diesem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; abgelehnt.
Ich bitte dann diejenigen, die dem § 268 in der Ausschußfassung zustimmen, die Hand zu heben.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 269. Dazu liegt als weitestgehender Antrag der Antrag der KPD auf Umdruck Nr. 498 vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Dann der Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 16. Dazu ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Herren Schriftführer, mit der Einsammlung der Stimmzettel zu beginnen.
({2})
Haben Mitglieder des Hauses ihre Karte noch nicht abgegeben? - Dann bitte ich, mit der Auszählung zu beginnen.
({3})
Meine Damen und Herren, darf ich auf folgendes hinweisen: die Abstimmung über § 229 ist heute morgen zurückgestellt worden. Es ist vereinbart worden, die Abstimmung erst morgen vorzunehmen.
Ich darf weiter mitteilen, daß auf Grund eines Wunsches der Regierungsparteien die Sitzung morgen erst um 10 Uhr beginnt. Dafür haben die Mitglieder der Regierungsparteien morgen vormittag um 9 Uhr Fraktionssitzung.
Das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung: Mit Ja haben gestimmt 127, mit Nein 189, enthalten 19. Damit ist der Antrag abgelehnt. Von den Berliner Abgeordneten haben mit Ja 8, mit Nein 8 gestimmt.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis S. 9192
({4})
Wir haben dann noch über den Antrag Goetzendorff Umdruck Nr. 499 Ziffer 15 abzustimmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. ({5})
- Ja, meine Damen und Herren, ich muß bitten, nun Platz zu nehmen und der Verhandlung wieder zu folgen, nachdem wir mit der Auszählung fertig sind. - Also es geht um den Antrag Goetzendorff Umdruck Nr. 499 Ziffer 15. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe § 270 auf. Dazu liegen ein Änderungsantrag der KPD - Umdruck Nr. 498 Ziffer 17 - und ein Änderungsantrag der SPD - Umdruck Nr. 492 Ziffer 17 - vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? ({6})
- Richtig, wir haben noch nicht über § 269, sondern erst über die Änderungsanträge abgestimmt.
({7})
- Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Farke!
Im Namen der Koalition beantrage ich namentliche Abstimmung über § 269.
Meine Damen und Herren, da der Antrag auf namentliche Abstimmung ausreichend unterstützt ist, muß die namentliche Abstimmung stattfinden. Ich mache noch einmal darauf aufmerksam: es handelt sich um die Abstimmung über § 269 in der Fassung der Ausschußvorlage.
({0})
Meine Damen und Herren, ich darf die Zeit der Auszählung zu einer Mitteilung benutzen. Der Vorsitzende des Vermittlungsausschusses hat mich gebeten, bekanntzugeben, daß die auf Freitag, den 9. Mai, 18 Uhr, einberufene Sitzung des Vermittlungsausschusses auf einen späteren Termin verlegt wird. Ich bitte, davon Kenntnis zu nehmen.
Sind noch Abgeordnete da, die ihre Stimme abzugeben wünschen? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung.
({0})
Meine Damen und Herren, ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung über § 269 bekannt. Für den Paragraphen haben gestimmt 182 Abgeordnete, dagegen 131, 19 Enthaltungen. Von den Berliner Abgeordneten haben mit Ja 8, mit Nein 8 Abgeordnete gestimmt. § 269 ist angenommen.
Ich rufe § 270 auf. In Übereinstimmung der Fraktionen der SPD und KPD ist beantragt worden, die §§ 270 bis 275 zu streichen. Soll dazu eine besondere Begründung erfolgen? - Herr Abgeordneter Kriedemann.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis S. 9192
Nach dem Ergebnis der Abstimmung über unseren Änderungsantrag zu § 268 erübrigen sich die Begründungen unserer Streichungsanträge; sie ergeben sich von selber.
({0})
Das heißt also: die Streichungsanträge werden zurückgezogen.
({0})
- Entschuldigen Sie, Sie wollen also eine Abstimmung über die Anträge haben?
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- Es bleibt sich ja gleich. Wir müssen über die Paragraphen abstimmen. Ob wir nun positiv über die Paragraphen oder negativ über die Streichungsanträge abstimmen, kommt auf dasselbe heraus. Ich vermag die Auseinandersetzung nicht ganz zu verstehen.
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Zu § 272 liegt noch ein Antrag des Abgeordneten Dr. Reismann vor. Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 272 Abs. 1 Ziffer 3 bietet sich zum dritten Male die Frage dar, ob die einheimischen Geschädigten und die Vertriebenen unterschiedlich behandelt werden sollen. Diese Bestimmung hat den Zweck, eine Doppelbegünstigung zu unterbinden und zu verhindern, daß die Beträge mit einer Hauptentschädigung bedacht werden, die auf der Abgabenseite schon durch eine Ermäßigung Berücksichtigung gefunden haben. Nachdem also bisher, bei der Absetzung der Schulden, abgelehnt wurde, die einheimischen Geschädigten den Flüchtlingen gleichzustellen,
({0})
ist es nach unserer Auffassung nunmehr dringend erforderlich, das hier zu tun.
Dieser Antrag zu § 272 hat den Charakter eines Alternativantrags. Er wäre natürlich nicht nötig gewesen, wenn wir in den vorhergehenden Abstimmungen zu den §§ 32 und 268 obgesiegt hätten. Nun ist er aber notwendig, da wir dort nicht durchdrangen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang kurz auf die warmen Worte eingehen, die Herr Kollege Ewers für die Vertriebenen und ihr schweres Schicksal gefunden hat. Mit keinem Wort will ich die Berechtigung dieser Klagen bestreiten: Aber es ist eine andere Frage, ob man bei dieser Gelegenheit - nicht auch überhaupt; das sollte gar nicht die Frage sein -, und zwar für einen Teil von ihnen, ein Sondervorrecht etabliert - nur für einen Teil, für die nämlich, die auf ihrem Anwesen Schulden gehabt haben - zu Lasten eines Teils der Bevölkerung, zu Lasten der einheimischen Geschädigten, die in ungefähr vergleichbarer Lage sind.
Wir halten es in diesem Zusammenhang für mißlich, nun vergleichend zusammenzustellen, wie schwer das Schicksal manche Mitbürger, Vertriebene sowohl wie Einheimische, getroffen hat. Wohin sollten wir kommen, wenn wir jetzt gegeneinander das Erleben der Bombennächte und der
({1})
pausenlosen Angriffe auf die westdeutschen Großstädte mit dem Flüchtlingsschicksal verglichen? Erinnern wir uns aber auch einmal daran, wie schwer es den Leuten, die nicht in der Heimat das Ende des Krieges erlebten, nachdem sie dort alles verloren hatten, geworden ist, wieder Fuß zu fassen. Zigtausende Einheimische sind jetzt noch nicht wieder in ihrer Heimat und haben ihre Existenz noch nicht neu begründen können. Herr Kollege Ewers, bei allem Respekt vor der Notlage und dem schweren Schicksal der Vertriebenen: aber man kann nicht sagen, daß generell das Schicksal der Einheimischen besser wäre. Das ist im Einzelfall zu prüfen. Gegen diese Verallgemeinerung, die hier zum dritten Male zum Nachteil der einheimischen Geschädigten getroffen werden soll, wehre ich mich, wehre ich mich bei jeder Gelegenheit und auch hier. Es wäre auch falsch, sich hier bei einem solchen Einzelpunkt, der geradezu rein finanzieller Art ist, ganz sachlich besprochen werden sollte und könnte, nun auf die gefühlsmäßige Betrachtung zurückzuziehen, ohne im gleichen Maße an die anderen zu denken.
Aber noch etwas ist zu berücksichtigen: Während man sich für die Vertriebenen um Hilfe, die für sie lebensnotwendig war - sie hätten vielleicht sonst nicht starten können, hätten ohne sie keine Existenz begründen können - seit sieben Jahren bei allen Unzulänglichkeiten immerhin bemüht hat, ist in diesen sieben Jahren für die einheimischen Geschädigten so gut wie nichts getan worden.
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- Das stimmt, Herr Kunze; fragen Sie einmal die Betroffenen selbst. Deswegen ist es ein Grund mehr, sich dafür einzusetzen, daß sie gleichberechtigt werden.
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Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich Ihnen zunächst eine Tatsache sagen. Gerade die Regierungsparteien - und auch die Vertreter der Opposition - haben sich weitgehend bemüht, in den Beratungen des Ausschusses die Frage der Berücksichtigung der kriegssachgeschädigten Einheimischen unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob und inwieweit ihre Behandlung im Soforthilfegesetz eine schlechtere war, als sie nach dem Lastenausgleich sein soll. Wir sind uns darüber einig gewesen, daß man bei aller Würdigung des Schicksals der einheimischen Geschädigten - und es spricht auch hier jemand zu Ihnen, der noch in einer Baracke auf einem Grundstück lebt, das vor Jahren zerbombt worden ist, also niemand aus der Theorie des Besitzbürgers, der in seiner Villa lebt - und daher selbst als geschädigter Einheimischer zugeben muß, daß das Schicksal, wenn ich es abwäge, bei den Heimatvertriebenen doch noch härter ist. Da, wo es nicht härter ist, -({0})
- Sie kriegen Punkt für Punkt eine Antwort und eine Erklärung, Herr Kollege.
Da, wo es nicht härter ist, oder ich will es anders sagen: Da, wo das Schicksal der Heimatvertriebenen genau so hart ist wie das der Einheimischen, nämlich bei den evakuierten Einheimischen, die nach dem Erleben ihres Schicksals, bombengeschädigt und ausgebombt zu sein, evakuiert werden mußten, haben wir doch festgelegt, daß sie genau so behandelt werden wie die Heimatvertriebenen
selbst, es sei denn, daß sie sich inzwischen in dem Ort, wohin sie evakuiert worden waren, eine neue Existenz aufgebaut oder die Absicht haben, die neue Heimat für den Rest ihres Lebens endgültig zu halten. Wir geben also dieser Gruppe der evakuierten Kriegssachgeschädigten die gleichen Rechte wie den Heimatvertriebenen. Das ist der eine Punkt.
Und der zweite Punkt. Ich mußte dies sagen, Herr Kollege Reismann, damit nicht der Eindruck entsteht, als ob Sie allein ein besonderer Fürsprecher der Fliegergeschädigten seien.
({1}) - Wir sind ja pausenlos dabei gewesen. Sie waren nur wegen anderweitiger Belastungen nicht in der Lage, an dem Entstehen dieser verbesserten Bestimmungen für die Fliegergeschädigten mitzuarbeiten. Wenn Sie die Regierungsvorlage mit dem vergleichen, was Ihnen der Ausschuß in diesen Tagen zur Beratung vorlegt, dann werden Sie sehen, daß diese Dinge in alle möglichen Bestimmungen planmäßig eingebaut sind. Dann werden Sie beispielsweise sehen, daß die Eingliederungshilfe ausdrücklich auch als Wiederaufbauhilfe für zerstörten Wohnhausbesitz bewilligt wird. Hier ist also ein entscheidender Punkt des Soforthilfegesetzes, der zu Ungunsten der Fliegergeschädigten bestand, beseitigt worden. Sie werden weiter feststellen, daß sich die Behauptung, es sei nichts geschehen, nach einer Prüfung der Zahlen einfach nicht aufrechterhalten läßt; denn die Voraussetzungen etwa für die Unterhaltshilfe sind im Gesetz die gleichen für Vertriebene wie für Fliegergeschädigte.
({2})
- Auch bisher sind sie die gleichen gewesen. Der einzige Unterschied war der, daß wir feststellten: Es bedarf keiner besonderen Feststellung, daß der alte und erwerbsunfähige Heimatvertriebene seine Existenzgrundlage verloren hat. Das ist unter Beweis gestellt durch den Tatbestand der Vertreibung. Aber bei den Einheimischen mußten wir naturgemäß die Frage, ob die Existenzgrundlage verlorengegangen ist, prüfen und müssen sie auch in Zukunft prüfen, wenn wir Gerechtigkeit für alle schaffen wollen.
Nun zu der Formulierung Ihres Antrages zu § 272, die Nr. 3 im Abs. 1 so zu fassen, daß bei den Kriegssachgeschädigten die ihnen auf Grund des § 38 zuerkannte Senkung ihrer Abgabepflicht nicht voll, sondern nur zur Hälfte angerechnet werden soll. Das paßt in die Gesamtkonzeption dieses Gesetzes wahrlich nicht hinein. Wir geben ihm genau das gleiche Recht wie dem Heimatvertriebenen auch. Wir stellen seinen Schaden fest, wir geben ihm erstens eine Senkung auf die Abgabe seines noch vorhandenen Vermögens nach den Ziffern und Einzelprozenten des § 38 und sagen darüber hinaus: Du bist mit deinem Schaden genau so anspruchsberechtigt wie der Heimatvertriebene auch.
Daß wir das, .was wir nun schon von dem noch erhaltengebliebenen Vermögen erlassen haben, anrechnen, scheint uns genau so selbstverständlich gerecht zu sein wie die Tatsache, daß wir sagen: Was nach der Kriegssachschädenverordnung oder - die Bestimmungen lesen Sie in dem Paragraphen in den nächsten Absätzen und Ziffern - nach sonstigen Gesetzen als Entschädigung oder Vorauszahlung geleistet worden ist, wird angerechnet, und zwar selbstverständlich das, was in Reichs({3})
mark gezahlt worden ist, nach dem Umstellungsverhältnis 10 : 1 entsprechend der Währungsgesetzgebung. Ich sage dies nur, damit nicht aus einem Verzicht auf die Äußerung von Selbstverständlichkeiten eine falsche oder schiefe Berichterstattung entsteht. Es ist doch ganz selbstverständlich, daß jemandem, der 1943 ausgebombt war und etwa auf Grund der Kriegssachschädenverordnung 20 000 RM bekommen hat, 2000 DM angerechnet werden, aber nicht, wenn der dafür beschaffte Hausrat noch einmal in einem zweiten Bombenangriff geblieben ist. Wir sehen immer auf den letzten Tatbestand.
Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich das Hohe Haus etwas länger in Anspruch nahm, aber es schien mir notwendig, einmal mit der Auffassung aufzuräumen, als ob es nur einzelne Kollegen oder eine kleine Gruppe oder eine Fraktion in diesem Hause gäbe, die die Spezialität hätten, die Interessen der Fliegergeschädigten zu wahren. Ich bin der letzte, der das auf Grund eigenen Erlebens nicht auch für sich in Anspruch nehmen darf.
Aus den von mir dargelegten Gründen bitte ich das Hohe Haus, den Antrag abzulehnen.
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Ich rufe auf die §§ 273, -274, - 275. Zu den beiden letzten liegen Anträge der Föderalistischen Union vor. Wünscht jemand, sie zu begründen? Herr Abgeordneter Dr. Reismann!
Zum § 274 nur kurz: Es sollte auf der Hand liegen, wenn auf so ferne Zeit erst Ratenzahlungen in Aussicht gestellt sind, daß dann die Zinsen, die in Aussicht gestellt werden, wenigstens alsbald gezahlt werden. Deswegen stellen wir zum § 274 den Antrag, die Auszahlung des Zinszuschlags halbjährlich nachträglich zu bestimmen. Es ist eben zu berücksichtigen, daß die Geschädigten aller Kategorien schon sieben Jahre hindurch auf irgendwelche Zahlungen warten.
Zum § 275 komme ich wiederum auf das Problem der Gleichstellung. Nun muß ich allerdings auf das erwidern, was Herr Kollege Kunze soeben sagte. Ich lege gar keinen Wert darauf, a) persönlich oder b) für meine Partei eine Monopolstellung hinsichtlich der Vertretung von Interessen in Anspruch zu nehmen. Ich würde mich freuen, wenn von der SPD bis zur Deutschen Partei alle Parteien mit mir wetteifern würden, mich darin - sagen wir mal - schachmatt setzen würden, daß ich vollkommen überflüssig wäre.
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Aber nein - Sie wehren ganz recht ab -, es hat sich bisher von der CDU jedenfalls keiner gefunden, der sich bemühte, in diesem Sinne etwas zu tun, auch Sie nicht, Herr Kollege Pelster. Also, Herr Kollege Kunze: Kein Monopol für uns, sondern ich bitte Sie um Ihre Hilfe dabei. Das, was Sie soeben darüber dargelegt haben, daß für die Geschädigten, die nicht Flüchtlinge sind, etwas anderes geschähe oder geschehen sei, kann doch nicht davon ablenken, daß in diesem Punkt die Einheimischen bezüglich der Schuldenanrechnung gegenüber den Flüchtlingen ganz kraß, und zwar bewußt, benachteiligt worden sind. Da ist uns lediglich von Herrn Kollegen Nöll von der Nahmer gesagt worden: Wir hoffen, das demnächst in Ordnung zu bringen.
Nun handelt es sich beim § 275 um die Frage, wie denn nun das Aufkommen verteilt werden soll. Das Aufkommen soll nach volkswirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten nach Maßgabe der Dringlichkeit verteilt werden. Es fragt sich aber auch, wie die Verteilung auf die einzelnen Kategorien erfolgen soll. Nach unseren bisherigen Erfahrungen ist es so, daß man sich nach der stärkeren Lungenkraft und der größeren Organisation gerichtet hat. Um das zu verhindern, ist es eben notwendig, daß im Gesetz festgelegt wird: Die zur Hauptentschädigung zur Verfügung stehenden Mittel sollen im Verhältnis zu der Höhe der festgestellten Hauptentschädigungsforderungen auf die einzelnen Schadensgruppen verteilt werden und innerhalb jeder Schadensgruppe dann nach den Gesichtspunkten, wie sie § 275 bisher vorsieht. Das erscheint uns dringend erforderlich. Und hier wiederum, Herr Kollege Kunze, können Sie zeigen, ob Ihnen das Schicksal der einheimischen Vertriebenen - der einheimischen Vertriebenen auch, jawohl! - und der einheimischen Geschädigten ebenso am Herzen liegt wie das Schicksal der größeren Zahl. Aber vergessen Sie nicht, daß die größere Zahl sogar bei den Einheimischen liegt. Die werden sich auch eines Tages darauf besinnen können, daß sie nicht nur Objekt der Gesetzgebung sind, sondern auch ab und zu Gelegenheit haben, selber subjektiv dabei mitzuwirken.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bucerius.
Meine Damen und Herren! Wenn wir überhaupt den Versuch unternehmen wollen, mit diesem Gesetz die Annäherung an eine soziale Befriedung zu erzielen, dann ist es falsch, an irgendeiner Stelle den Versuch zu machen, zwischen den verschiedenen Gruppen der Geschädigten Differenzen zu betonen oder zu vertiefen.
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Das Schicksal vieler Fliegergeschädigten ist ohne jeden Zweifel schlimmer als das Schicksal einzelner Flüchtlinge. Es ist geglückt, manchem Flüchtling das zu verschaffen, worauf es viel mehr ankommt, als auf eine Rente oder auf eine in noch nicht einmal sehr greifbarer Frist in Aussicht gestellte Vermögensentschädigung, nämlich eine feste, gesicherte Lebensposition, die er in erster Linie braucht und die es ihm ermöglicht, aus eigener Arbeitskraft zu leben.
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Sicher ist es aber ebenso richtig, daß mancher alte und kranke Fliegergeschädigte noch nicht in diese Position hat hineingebracht werden können und vielleicht auch niemals mehr wegen seines Alters und wegen seiner Krankheit gebracht werden kann.
Meine Damen und Herren! Wenn das Hauptamt für Soforthilfe und demnächst Hauptamt für Lastenausgleich eine große, vornehme Aufgabe hat, dann ist es die, dafür zu sorgen, zwischen diesen beiden Gruppen der Geschädigten eine gerechte Waage zu halten. Möge dem Hauptamt diese Aufgabe in vollem Umfang gelingen.
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Es ist nicht zu verkennen, daß in der Vergangenheit vielleicht die Vertriebenen in verschiedenen Institutionen ein gewisses Übergewicht gehabt haben. Das lag mit daran, daß die Not dieser Gruppe unseres Volkes sichtbarer und dringender war als die Not der anderen. Die Dinge haben sich glücklicherweise zu einem namhaften Teil ver({3})
ändert, und aus dieser Tatsache sind gerade in den letzten Tagen entscheidende Konsequenzen gezogen worden.
Zur Frage, ob es möglich und sinnvoll ist, für den Anspruch, den wir nach diesem Gesetz den Geschädigten zubilligen wollen - mit dem wir es außerordentlich ernst meinen - eine Verzinsung ab sofort zu gewähren oder aber die Zinsen dem Kapital zuzuschlagen, ist noch einiges zu sagen. Ich bitte Sie zu bedenken, daß wir den Anspruch, den wir den Geschädigten gewähren, in allererster Linie unter die Norm des § 275 stellen, in dem es heißt, daß sich die Reihenfolge der Erfüllung der Ansprüche auf Hauptentschädigung unter Berücksichtigung sozialer und volkswirtschaftlicher Gesichtspunkte nach der Dringlichkeit bestimmt. Es ist nun unzweifelhaft, daß die Auszahlung relativ bescheidener Zinsbeträge diesen Gesichtspunkten nicht Rechnung tragen würde. In erster Linie liegt uns am Wiederaufbau, in zweiter Linie liegt uns am Konsum. Und wenn wir uns, Herr Dr. Reismann, gegen den Widerstand eines namhaften Teiles dieses Hauses dazu entschlossen haben, dennoch an einem Rechtsanspruch für die Geschädigten festzuhalten, so muß an dem Grundsatz, daß dieser Rechtsanspruch unter allen Umständen in den größeren Dienst der volkswirtschaftlichen Dringlichkeit gestellt werden muß, unbeirrbar festgehalten werden. Täten wir das nicht, würden wir diejenigen schädigen, denen dieses Gesetz in erster Linie dienen soll; denn mit einer Erhöhung des Konsums, nur um einem Rechtsanspruch noch einen weiteren zusätzlichen Anschein zu verleihen, ist niemandem im wahren Grunde gedient.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wünschte, Herr Kollege Bucerius hätte seine ausgezeichneten Ausführungen vorhin gemacht, als wir beantragten, die vorläufige Hauptentschädigung hier nicht in das Gesetz hineinzuschreiben.
({0})
Der Antrag des Herrn Kollegen Reismann wird die Zustimmung aller der Leute haben, die dieses Gesetz lesen und die bereit sind, es wörtlich zu nehmen. Wenn Sie den Leuten einen Rechtsanspruch einräumen und ihn sogar gleich in Zahlen ausdrücken, so wird es außerordentlich schwierig sein, den Leuten klarzumachen, warum sie ihn nur dann bekommen, wenn volkswirtschaftlich erwünscht ist, was sie damit machen wollen. Es wird meiner Überzeugung nach fast unmöglich sein, ihnen klarzumachen, warum sie denn das, was sie dann noch zu kriegen haben, nicht wenigstens schon in Form der Zinsen vorweg genießen sollen, wenn man die ganze Leistungsschuld nicht auszahlen kann. Diese Gefahr haben wir aufgezeigt, als wir unseren Antrag zu § 269 begründeten. Der Antrag von Dr. Reismann ist eine Bestätigung der Befürchtungen, die ich vorhin zum Ausdruck zu bringen versucht habe. Es wird in vervielfältigter Form auf Sie zukommen und buchstäblich alle die vordringlichen Leistungen - nicht nur die sozialen Leistungen, sondern auch die kleinen quotalen Leistungen - unmöglich machen.
Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Goetzendorff wünscht schon seit längerer Zeit, seinen mit dem Antrag der FU übereinstimmenden Antrag zu begründen. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Goetzendorff ({0}): Meine Damen und Herren! Mein Antrag auf Änderung des § 274 deckt sich inhaltlich mit dem Antrag der Föderalistischen Union. Er hat eine Hauptforderung des Zentralverbands der Fliegergeschädigten zum Gegenstand.
Der Ausschußvorschlag bedeutet für eine große Anzahl von Geschädigten - und gerade für die einheimischen Geschädigten -, daß sie eine ganze Reihe von Jahren ohne Einnahmen aus dem Lastenausgleich bleiben werden. Er wird besonders jene Personen hart treffen, die einen zerbombten oder verbrannten Besitz haben und in der Zwischenzeit die Lasten, die auf diesem Besitz liegen, zahlen müssen. Sie werden gezwungen sein, in der Zwischenzeit Veräußerungen von dieser Resthabe vorzunehmen, um diese Lasten überhaupt bezahlen zu können. Aus diesem Grunde wäre es angebracht, diesen Fliegergeschädigten und sonstigen Geschädigten zu helfen, indem man ihnen halbjährlich nachträglich die Zinsen auszahlt.
Ich beantrage - da mein Antrag mit dem der Föderalistischen Union inhaltlich übereinstimmt -, über beide Anträge gemeinsam abzustimmen.
Das hätte ich zweckmäßigerweise auch so getan, Herr Abgeordneter.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucerius.
Herr Kriedemann, Sie versuchen, uns durch Übertreibung ad absurdum zu führen.
({0})
Diesem Versuch werden wir nicht folgen. Es ist kein Gesetz, daß, wenn ich jemand einen Anspruch zubillige, dieser Anspruch nur dann wirklich sei, wenn ich ihm ab sofort und heute auszahlbare Zinsansprüche gebe.
({1})
Es ist kein Gesetz logischer Art oder ein Gesetz des Weltgeschehens, daß, wenn ich jemand einen Anspruch zubillige wegen eines verlorenen höheren Vermögens, dieser Anspruch notwendigerweise dazu führen müsse, daß die Gesichtspunkte volkswirtschaftlicher Dringlichkeit außer acht gelassen werden. Wir werden in der Anwendung dieses Gesetzes, solange wir es in der Hand haben, die volkswirtschaftliche Dringlichkeit als das erste Prinzip dieses Gesetzes ansehen und daran unter keinen Umständen rütteln.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu den aufgerufenen Paragraphen.
({0})
- Zu § 275 hat der Abgeordnete Dr. Reismann
seinen Änderungsantrag unter Ziffer 11 des Umdrucks Nr. 495 begründet, Herr Abgeordneter
({1})
Loritz. Ich weiß nicht, ob Sie in dem Augenblick anwesend waren.
({2})
- Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
({3})
Loritz ({4}): Ich war selbstverständlich anwesend, Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Zu § 275 muß unter allen Umständen noch etwas gesagt werden:
({5})
Die Formulierung, die diesem Paragraphen im Regierungsentwurf gegeben worden ist, ist juristisch völlig unhaltbar.
({6})
Der Ausdruck „Kautschukbestimmung" ist noch das mildeste, was hierfür gesagt werden kann. Das ist einer der Hauptparagraphen, durch den der Korruption bei der Durchführung dieses Gesetzes Tür und Tor geöffnet wird!
({7})
Wenn Sie nach lediglich solchen Gesichtspunkten, nach dieser ganz allgemeinen und juristisch absolut nicht präzisen Formulierung vorgehen werden, dann wird das praktisch darauf hinauskommen, daß eine Günstlingswirtschaft sondergleichen einreißt, und daß die Günstlinge der Herren, die in den Ämtern drinnen sitzen - in den betreffenden Spruchinstanzen usw., wie sie nach diesem Gesetz statuiert worden sind -, zum größten Teil identisch sein werden mit Ihren Parteifreunden, meine Herren von den Regierungsparteien!
({8})
Die werden die Hauptnutznießer dieses Gesetzes sein, die werden zuerst ihre Ansprüche befriedigt bekommen, und dann können die anderen noch lange warten, bis sie zum Zuge kommen.
({9})
- Das ist gar nicht unerhört, Herr Horlacher, wir haben solche Dinge schon oft genug erlebt.
({10})
Sie müssen einen ganz anderen Text Ihrer Regierungsvorlage zugrunde legen, einen Text, mit dem ein Jurist etwas machen kann, aber nicht einen Text, der jedem Vorsitzenden solcher Behörden die Möglichkeit gibt, unangefochten durch die Oberinstanz Entscheidungen zu treffen, die sich zum Unheil der ganzen Volkswirtschaft auswirken werden. Auch hier kann ich Ihnen nur eines sagen: Die nahe Zukunft wird beweisen, daß dieses Gesetz in dem Sinne mißbraucht wird, den ich Ihnen eben dargelegt habe. Aus diesen Gründen kann kein Mensch, der juristisch denken gelernt hat. für diesen § 275 in der Regierungsvorlage stimmen.
({11})
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Reden des Herrn Loritz etwas zu sagen, ist an sich überflüssig und entspricht nach meiner Überzeugung nicht der Würde dieses Hohen Hauses. Wenn er sich aber erlaubt, die Kollegen, die hier sitzen und im Hauptamt für Soforthilfe und im Kontrollausschuß nach diesen Grundsätzen schon im dritten Jahr gewissenhaft arbeiten, in einer solchen Form zu kränken und uns dann noch vorzuwerfen, daß Korruption eintreten würde und daß unsere Leute die Mitglieder wären, dann weise ich das als eine unerhörte, infame Kränkung aufs energischste zurück.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reismann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn Herr Loritz spricht, kann in seinen Worten einmal etwas Richtiges sein,
({0}) und ich meine, wir sind hier, um uns über die Probleme zu unterhalten. Es ist nicht richtig, wenn Herr Loritz dabei vielleicht zu scharfe oder ausfällige Worte gebraucht hat. Es ist aber auch nicht richtig, wenn Herr Kunze das nun ohne weiteres auf das Hauptamt für Soforthilfe bezogen hat. Tatsache ist meiner Meinung nach, daß die Fassung des § 275 kautschukartig ist und man nicht weiß, was daraus gemacht werden kann. Was daraus gemacht werden wird, hängt davon ab, in welche Hände demnächst die Ausführung gelegt wird. Mit dem, was hier als Richtschnur gegeben ist, Berücksichtigung sozialer und volkswirtschaftlicher Gesichtspunkte, können Sie alles machen. Damit können Sie z. B. begründen, daß eine nagelneue Wohnungsgesellschaft Leute unterbringt und Sie ihr damit Millionen-Darlehen zuschanzen, von denen Sie sich sagen: das wird gut verzinst. Damit können Sie auch begründen, daß der Geschädigte das Geld bekommt, um Wohnungen zu bauen. Damit können Sie begründen, daß beide nichts kriegen. Damit können Sie begründen, daß irgendeiner es für Konsumzwecke kriegt, weil es dringend notwendig ist. Wonach soll nun verfahren werden, und was soll den Vorzug haben? Ich bin der Ansicht, daß eine der notwendigsten und dringendsten Novellen eine Ausführungsvorschrift zu § 275 sein wird. Aber zum mindesten ist gerade wegen der allgemein gehaltenen Formulierung erforderlich, daß man die beiden Kategorien der Geschädigten einander gleichstellt.
({1})
Das ist das Anliegen unseres Antrags.
Über die weitere Frage, in welcher Art und Weise man genaue Richtlinien für die Verteilung der Gelder aufstellen will, mag man später entscheiden. Diese Richtlinien mögen später geregelt werden. Aber die eine Richtschnur, die Verteilung auf die beiden Geschädigtenkategorien hälftig vorzunehmen, sollten wir zur Befriedigung der großen Zahl der einheimischen Geschädigten heute schon geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
({0})
- Weitere Wortmeldungen liegen jetzt auch zu § 275 nicht mehr vor; ich schließe die Besprechung über die aufgerufenen Paragraphen.
Nachdem auch die Anträge auf Streichung der §§ 270 bis 275 gegenstandslos geworden sind, komme ich zur Abstimmung über die Paragraphen im einzelnen. Ich bitte die Damen und Herren, die den §§ 270 und 271 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
({1})
- Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; die beiden Paragraphen sind angenommen.
Zu § 272 lasse ich zunächst über den Antrag des Abgeordneten Dr. Reismann - Umdruck Nr. 508 -, dem § 272 Abs. 1 Nr. 3 eine neue Fassung zu geben, abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Dieser Antrag ist gegen wenige Stimmen abgelehnt.
({2})
- Wollten Sie etwas zur Geschäftsordnung bemerken?
({3})
Ich komme zur Abstimmung über § 272. Ich bitte die Damen und Herren, die § 272 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 272 ist angenommen.
§ 273. Ich bitte die Damen und Herren, die § 273 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen!
Zu § 274 lasse ich über die beiden Anträge, den der Föderalistischen Union - Umdruck Nr. 495 Ziffer 10 - und den des Herrn Abgeordneten Goetzendorff - Umdruck Nr. 499 Ziffer 16 -, da sie übereinstimmen, gemeinsam abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Änderungsanträgen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Dieser Antrag ist gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 274 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
({4})
- Ich hatte mir gestattet, festzustellen: mit Mehrheit. Das macht wohl deutlich, daß eine erhebliche Zahl von Gegenstimmen da war, Herr Abgeordneter Loritz.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 495 Ziffer 11. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Dieser Antrag ist gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 275 in der Ausschußfassung. - Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Paragraphen zuzustimmen wünschen, um. ein Handzeichen. - Gegenstimmen bitte! - Enthaltungen? - Dieser Paragraph ist gegen wenige Stimmen bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe den Vierten Abschnitt auf: Eingliederungsdarlehen. Eine besondere Berichterstattung ist hier nicht erforderlich. Herr Abgeordneter Schütz hat schon auf seinen schriftlichen Bericht*) verwiesen.
Ich rufe § 276 auf. Dazu liegt ein Antrag der Gruppe der Kommunistischen Partei vor. Herr Abgeordneter Müller bitte!
*) Siehe Stenographischen Bericht der 207. Sitzung Seite 9036.
Meine Damen und Herren! Die Debatte über den § 275 hat schon eine gewisse Grundlage und Einleitung zu dem § 276 gegeben. In § 276 wird festgelegt, daß vorbehaltlich und unter Berücksichtigung verfügbarer Mittel Eingliederungsdarlehen gegeben werden können. Herr Dr. Bucerius hat vorhin zum Ausdruck gebracht - ich glaube, das wird man sich sehr gut merken müssen -, daß, solange, wie er sagt, die Anwendung dieses Gesetzes in Ihren Händen liegt, das volkswirtschaftliche Prinzip das oberste Prinzip bei der Anwendung dieses Gesetzes sein wird. Er stellt es also vor das soziale Prinzip.
({0})
Und da wir in diesen Tagen wiederholt nicht allein Ihre Auffassung, Herr Dr. Bucerius, sondern auch die Auffassungen von Herrn Dr. Atzenroth und von Herrn Dr. Preusker hören durften, Auffassungen, die der Meinung und der Wirtschaftspolitik von Herrn Professor Dr. Erhard entsprechen, sind wir davon überzeugt - und die Geschädigten selber werden sich auch davon überzeugen -, daß die Mittel, auch die Eingliederungsdarlehen, in erster Linie nach Ihr en volkswirtschaftlichen Auffassungen Verwendung finden werden. Herr Dr. Bucerius hat vorhin von der Frage der Sicherung eines Rechtsanspruchs gesprochen. Ich habe früher bereits nachgewiesen, daß man eine Reihe von Dingen aus dem Rechtsanspruch herausgenommen hat. Dazu gehören die Eingliederungsdarlehen; dafür besteht kein Rechtsanspruch. Auch hier würde wiederum der § 371 maßgebend sein, der festlegt, daß allein der Leiter des Ausgleichsamtes über die Frage der Gewährung derartiger Eingliederungsdarlehen entscheidet. Das ist also eine reine Ermessensfrage, ohne daß der Geschädigte selber auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung einen Rechtsanspruch hat.
Noch deutlicher sichtbar, was damit bezweckt wird, ergibt sich aus dem zweiten Satz von Abs. 1 dieses Paragraphen, wo es heißt:
Eingliederungsdarlehen werd en entweder unmittelbar an die einzelnen Geschädigten oder unter Zusammenfassung von Mitteln zur Beschaffung von Dauerarbeitsplätzen für Geschädigte gewährt.
Das ist also die Bestimmung dafür, ob der einzelne ein Eingliederungsdarlehen erhält, ob Mittel für die Zuweisung an einzelne Geschädigte zur Verfügung gestellt werden oder ob diese Mittel zur Beschaffung von „Dauerarbeitsplätzen" zusammengefaßt werden. Wir haben nicht den geringsten Zweifel daran, daß diese Bestimmung nach Ihren „volkswirtschaftlichen" Gesichtspunkten in erster Linie, ich möchte sagen, beinahe ausschließlich angewendet werden wird, um die Mittel zur sogenannten Beschaffung von „Arbeitsplätzen" zur Verfügung zu stellen. Die Praxis wird beweisen - wir haben das schon in Zusammenhang mit früheren Debatten in diesem Hause unter Beweis stellen können -, daß die Regierung, daß Professor Erhard diese Mittel benutzen wird, um sie be-. stimmten Industrien zuzuleiten, die für die Politik der Bundesregierung eine besondere Bedeutung haben, insbesondere in die Gebiete der Grundstoffindustrien, in die Gebiete der Rüstungsindustrie.
({1})
- Jawohl, das ist der entscheidende Punkt! Herr
Kollege, wir werden es erleben und wir werden es
in einiger Zeit, sobald dieses Gesetz gegen uns an({2})
genommen sein wird, durch Kontrollen unter Beweis stellen, daß diese Mittel auf Grund dieses Paragraphen für solche sogenannte Arbeitsbeschaffung in der Grundstoffindustrie und in der Rüstungsindustrie zur Verwendung kommen werden. Dagegen legen wir entschiedene Verwahrung ein. Wenn den Geschädigten geholfen werden soll - und nachdem unser Antrag auf Anerkennung eines Rechtsanspruchs abgelehnt worden ist, möchte ich das noch einmal zum Ausdruck bringen -, muß es Grundsatz sein, daß die Geschädigten selbst die Mittel aus diesem Gesetz erhalten. Es muß ausgeschlossen sein, daß Mittel anders, nämlich so verwendet werden, wie es in dem von mir kritisierten Satz zum Ausdruck kommt. Wir verlangen deshalb in unserem Antrag, daß dieser Paragraph eine neue Fassung erhält. Damit würde auch der Rechtsanspruch garantiert sein. Unser Antrag besagt:
Um die beschleunigte Eingliederung von Ausgesiedelten oder Kriegssachgeschädigten zu ermöglichen, werden unmittelbar an die einzelnen Geschädigten Eingliederungsdarlehen gewährt.
Damit ist der Mißbrauch dieser Mittel für andere Zwecke, so wie Sie es wollen, ausgeschaltet und der Anspruch der Geschädigten selbst gesichert. Das ist unsere Forderung. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegen diese Ausführungen des Vertreters einer sogenannten Arbeiterpartei muß denn entgegen unseren sonstigen Gewohnheiten doch einmal etwas gesagt werden. Dem Vertreter einer Arbeiterpartei sollte es immerhin klar sein, daß für Arbeiter die Schaffung von Arbeitsplätzen das Wichtigste ist und daß sie kein Interesse daran haben, Darlehen zur Einrichtung von Zigarrenläden oder Eisständen zu bekommen.
({0})
Meine Herren, wenn Sie uns einmal Ihrerseits einige Leistungen auf diesem Gebiet vorweisen könnten! Meines Wissens gibt es auch in der Ostzone Kriegsgeschädigte und Flüchtlinge.
({1})
Meines Wissens hat es auch dort eine Währungsreform gegeben. Wir haben noch wenig von dem gehört, was dort geschehen ist. Denn mit Ihrer Methode der Schaffung von Siedlerstellen durch Zerlegung von Häusern - aus eins mach zwei - können Sie uns nicht imponieren.
({2})
Das einzige, worauf es Ihnen ankommt, ist ja, hier die Eingliederungsarbeit zu stören.
({3})
Meine Herren da drüben, wir wundern uns schon längst, daß Ihre verächtliche Rolle, die Sie hier spielen, Ihnen nicht selbst zum Ekel wird!
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Schütz. - Herr Abgeordneter Renner, Sie haben eben das Wort „Rotzjunge" in bezug auf einen Abgeordneten dieses Hauses gebraucht. Ich rufe Sie zur Ordnung.
({0})
({1}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, mich mit den Ausführungen des Herrn Müller auseinanderzusetzen. Aber es ist doch vielleicht wichtig, ein Wort zu dem Thema Eingliederungshilfe zu sagen. In den Ausschußarbeiten hat es kaum einen Abschnitt gegeben, bei dem in den wesentlichen Punkten ein so weitgehendes Einvernehmen aller Ausschußmitglieder hergestellt werden konnte wie bei dem Abschnitt Eingliederungshilfe. Der Sinn der Eingliederungshilfe ist der, daß, solange keine Hauptentschädigung gezahlt werden kann, weil die Feststellung nicht abgeschlossen ist, die Mittel, die sonst für die Hauptentschädigung gedacht sind, zu fließen beginnen.
Der Herr Müller hat behauptet, die Verfügung über die Gelder sei allein in die Vollmacht des Präsidenten des Hauptamtes gelegt, und das sei eine unkontrollierbare Instanz. Hat denn der Sprecher nicht die Bestimmungen über den Kontrollausschuß,
({2})
die diese Vorlage enthält, gelesen? Das Soforthilfegesetz ist in diesem Abschnitt ganz bestimmt der Vorläufer des Gesetzes, das wir heute beschließen. Im 'Laufe der drei Jahre, in denen dieses Soforthilfegesetz besteht, sind aus Vermögensabgaben, aus Soforthilfeabgaben 4 250 000 000 DM eingenommen worden. 1 164 000 000 DM sind aus den Umstellungsgrundschulden eingenommen worden. Das Soforthilfegesetz hat eine Festlegung für die Ausgaben im Rahmen der Unterhaltshilfe getroffen. 1,8 Milliarden, also fast 2 Milliarden, sind von den vereinnahmten 5 Milliarden DM dafür ausgegeben worden. Die anderen fast 3 Milliarden DM sind durch das Hauptamt für Soforthilfe mit Zustimmung des Kontrollausschusses verteilt worden. Ich darf sagen, daß die meisten Beschlüsse des Kontrollausschusses, der sich zur Hälfte aus Abgeordneten oder aus Damen und Herren, die dieses Haus gewählt hat, und zur anderen Hälfte aus Damen und Herren, die der Bundesrat gewählt hat, zusammensetzt, über die Verteilung der restlichen 3 Milliarden DM einstimmig gefaßt worden sind. Ich darf Ihnen sagen, daß davon nahezu 1,6 Milliarden DM in den Wohnungsbau geflossen sind, gewiß ein Betrag, über den es hier keine Meinungsverschiedenheiten in der Hinsicht gibt, daß er nicht unmittelbar den Geschädigten zugute gekommen ist.
({3})
500 Millionen sind davon an Hausrathilfe verteilt worden, 53 Millionen an Ausbildungshilfe, 150 Millionen sind für die Errichtung von Altersheimen und von Kindergärten für die Geschädigten verausgabt worden, aber in der überwiegenden Zahl als Darlehen, die im Laufe der Jahre in den Lastenausgleichsfonds zurückfließen. An Ausbildungshilfen sind darüber hinaus noch 100 Millionen verteilt worden für Lehrlings- und Schülerheime: zur Unterbringung von Lehrlingen und Schülern in den Städten, wo Arbeitsplätze, aber
({4})
keine Unterkünfte für die Lehrlinge bestehen, sind 22 Millionen verausgabt worden. Für die Flüchtlingssiedlung sind 210 Millionen verausgabt worden. Im Durchschnitt hat ein Flüchtlingssiedlungsbauer, der auf Grund des Flüchtlingssiedlungsgesetzes eine neue Existenz gegründet hat, 15 000 DM erhalten können. Dadurch sind bis zum 1. April dieses Jahres nahezu 30 000 Siedlungsbauern zu einer neuen Existenz gekommen. 380 Millionen DM sind für den Existenzaufbau verausgabt worden. Über 100 000 kleine Gewerbetreibende konnten dadurch eine neue Existenz erhalten. Die durch Vermittlung der Vertriebenenbank beschafften Kredite wurden durch eine Zweckeinlage bei dieser Bank in Höhe von 65 Millionen DM bedacht.
Ich möchte diese Zahlen nur einmal genannt haben, um zu sagen, daß es irrig und eine offene Verleumdung ist, wenn hier behauptet wird, es sei nicht Vorsorge dafür getroffen, daß die Mittel, die über den Weg der Eingliederungshilfe verteilt werden, sauber, ordentlich und zweckentsprechend verteilt würden.
Herr Abgeordneter Müller.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, es wird mir niemand verargen, wenn ich nicht auf das Niveau eingehe bzw. heruntergehe,
({0})
das in den Ausführungen des Herrn Vertreters der sozialdemokratischen Fraktion zum Ausdruck gekommen ist. Herr Seuffert wird sich zweifellos auch überlegen, ob er sich in der Rolle des Verteidigers dieser Seite des Hauses bzw. dieses Gesetzes besonders wohlfühlt. Ich glaube, darüber wird sich die Öffentlichkeit ihr eigenes Urteil bilden.
Es ist noch einiges zu sagen, und zwar einmal zu der Behauptung, wir seien nicht für die Beschaffung von Arbeitsplätzen.
({1})
Nach unserer Auffassung ist die Forderung nach Arbeitsplätzen eine solche Selbstverständlichkeit, daß darüber an und für sich gar kein Wort verloren zu werden braucht. Unseres Erachtens muß dieses Gesetz so gestaltet werden, daß es in allen Punkten den Forderungen der Geschädigten entspricht. Wir haben diesbezügliche Anträge gestellt. Sie sind abgelehnt worden, zum Teil leider auch mit den Stimmen der sozialdemokratischen Fraktion. Aber um auf die Frage der Arbeitsplätze noch einmal zurückzukommen: Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Gesetz über die Investitionsanleihe. Die Zuwendung von einer Milliarde Mark hat nicht dazu geführt, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen,
({2})
weil die Herren der Industrie und die Unternehmerschaft über die Verwendung dieser Mittel selbständig verfügen, da die Arbeiterschaft kein Mitbestimmungsrecht hat, und somit diese Mittel auch nicht zur Beschaffung von Arbeitsplätzen verwandt worden sind. Man muß also die Frage von einem ganz anderen Gesichtspunkt aus ansehen.
Die zweite Frage! Herr Seuffert glaubte einen Hieb gegen die Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik hinsichtlich des Umsiedlerproblems austeilen zu können. Offensichtlich
ist er heute nicht dabeigewesen, als ich mich mit 1 dem Kollegen Professor Dr. Nöll von der Nahmer auseinandersetzte. Aber ich möchte den Kollegen Seuffert bitten, einmal die Mitglieder seiner eigenen Partei, die in erheblicher Anzahl in der Deutschen Demokratischen Republik gewesen sind
({3})
und dort das Umsiedlerproblem studiert haben - Funktionäre seiner Partei aus dem Kreis Dieburg, aus Schleswig-Holstein -, zu befragen, was sie in der Deutschen Demokratischen Republik hinsichtlich der Lösung des Umsiedlerproblems festgestellt haben. Ich glaube, die zunehmende Zahl gerade von solchen Vertretern der Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei,
({4})
die sich ein objektives Bild über die Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik verschafft haben und verschaffen, werden durch ihre Berichterstattung das Lügen strafen, was hier heute auch von Herrn Abgeordneten Seuffert behauptet worden ist.
({5})
Ich möchte noch einmal sagen, wir sind daran interessiert, daß ein wirklicher Lastenausgleich zustande kommt.
({6})
Den Weg dazu haben wir in unseren Anträgen aufgezeigt: auf der einen Seite Aufbringung der Mittel in einem solchen Umfang, daß auf der anderen Seite den Anforderungen der Geschädigten weitestgehend Rechnung getragen werden kann. Das wollen Sie nicht, und das ist auch die Ursache, warum man eine solche Polemik und Hetze gegen uns treibt. Aber ich glaube, nein, ich bin davon überzeugt, daß die Flüchtlinge und Ausgewiesenen selbst sich ihr Urteil darüber bilden werden.
({7})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, im Interesse des Ansehens des Hauses hier folgendes feststellen zu müssen. Die Bezeichnung der Menschen, die man gegen Recht und gegen jedes menschliche Gesetz aus ihrer Heimat vertrieben hat, als Umsiedler ausgerechnet durch den Vertreter dieses Vertreibungsprinzips ist eine so schamlose Unverschämtheit, daß von „Niveau" dabei überhaupt nicht mehr geredet werden kann!
({0})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu § 276 liegen nicht vor.
Ich rufe auf § 277. Dazu liegt zunächst ein Antrag der Gruppe der Kommunistischen Partei auf Neufassung der Absätze 1 und 2 vor. Herr Abgeordneter Müller wünscht, den Antrag zu begründen.
Meine Damen und Herren! Wir werden Ihnen auch bei diesem Paragraphen Gelegenheit geben, zu beweisen, inwieweit
({0})
Sie es mit der Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes wirklich ernst meinen.
({1})
Heute ist schon einmal der Ausdruck „KautschukBestimmungen" gefallen. Dieser Paragraph bringt lediglich Kann-Bestimmungen. Hier heißt es: Ein Aufbaudarlehen kann Personen . . . gewährt werden usw., und im nächsten Absatz: Ein Aufbaudarlehen kann Personen, die Kriegssachschäden geltend machen können, auch dann gewährt werden usw. Wir sind der Meinung, daß ein diesbezüglicher Anspruch gewährleistet werden m u ß - das zu erreichen, ist der Zweck unseres Antrags -, also die Kann-Bestimmung durch eine Muß-Bestimmung ersetzt werden muß.
Beweisen Sie, meine Damen und Herren, daß Sie es anders meinen, als Sie es durch Ihre Zwischenrufe zum Ausdruck bringen! Dann werden die Geschädigten auch in dieser Frage das zugewiesen bekommen, worauf sie auf Grund ihres Schadens einen Rechtsanspruch haben.
({2})
Wer wünscht, den Antrag des Abgeordneten Kather zu begründen? - Herr Abgeordneter Dr. von Golitschek!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! § 277 befaßt sich mit den Voraussetzungen für die Gewährung von Aufbaudarlehen. Die Absätze 1 und 3 stehen in einem inneren Zusammenhang, denn in diesen beiden Absätzen werden die Voraussetzungen bei Vertreibungs- und bei Kriegssachschäden dahin präzisiert, daß ein solches Darlehen gewährt werden kann, wenn entweder eine gesicherte Existenz aufgebaut werden kann oder aber am gesicherten Arbeitsplatz die dazugehörigen Wohnräume erstellt werden können. Etwas anderes ist die Bestimmung des Abs. 2. Hier werden die Aufbaudarlehen verwendet, um Wohnraum für zerstörten Wohnraum erstellen zu können. Allerdings muß sich der Wohnraum, der zerstört worden ist, auffallenderweise im Bundesgebiet befinden; denn es wird ein Unterschied gemacht, ob das zerbombte Haus z. B. in Köln oder in Breslau zerstört worden ist. Ist es in Köln zerbombt worden, so gelten die Bestimmungen dieses Absatzes; ist es in Breslau zerstört worden, so ist dieser Absatz nicht anwendbar. Ich glaube, man sollte im Interesse des Wiederaufbaus und im Interesse der Beschaffung von Wohnraum beide Arten von Sachschäden hier einheitlich behandeln. Ich bitte Sie deshalb, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Goetzendorff wünscht nicht den Antrag zu begründen; er stimmt wörtlich mit dem andern überein. - Herr Abgeordneter Seuffert bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Antrag der Kollegen Dr. Kather und Genossen hat man offenbar an Personen gedacht, die zwar Vertreibungsschaden geltend machen können, aber hier noch Grundbesitz haben, der keine wesentlichen Kriegsschäden aufweist.
({0})
Solche Fälle scheint es offenbar zu geben. Aber
es ist übersehen worden, daß der Abs. 2 ja ausdrücklich von dem Fall spricht, daß die Leute
durch solche Darlehen in den Stand gesetzt werden sollen, ihren zerstörten oder beschädigten Grundbesitz wiederaufzubauen. In diesem Falle müssen sie doch wohl einen Kriegssachschaden gehabt haben, sonst wüßte ich nicht, durch welches Darlehen des Aufbaufonds wir irgend jemand in den Stand setzen könnten, seinen Grundbesitz außerhalb des Bundesgebiets wiederaufzubauen; denn Devisen haben wir ja nun leider Gottes nicht zur Verfügung. Ich kann deswegen wirklich in Ihrem Antrag keinen Sinn sehen, und wir vermögen ihm nicht zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Dr. von Golitschek!
Herr Seuffert, ich bedauere, daß Sie den Absatz vielleicht nicht ganz richtig verstanden haben; denn es heißt hier ja ausdrücklich, daß für den zerstörten Hausbesitz entweder ein Wiederaufbau, also auf demselben Fleck, oder aber ein Neubau als Ersatzbau irgendwo im Bundesgebiet in Frage kommt. Das bedeutet doch nichts anderes, als daß das z. B. in Köln zerstörte Haus in Form eines Ersatzbaus in Hamburg erstehen kann, während das in Königsberg zerstörte Haus nicht in Hamburg als Ersatzbau errichtet werden kann. Ich hoffe, daß Sie sich jetzt zu unserm Antrag bekennen werden.
Weitere Wortmeldungen zu § 277 liegen nicht vor.
Ich rufe § 278 auf. Dazu zunächst der Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei, Umdruck 492 Ziffer 18. Herr Abgeordneter Ohlig zur Begründung, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ibereits wiederholt betont worden, daß die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Eingliederung von keiner Seite ernsthaft bestritten werden kann. Für mich und meine Freunde in der sozialdemokratischen Fraktion kommt es auf diese echten produktiven Hilfen zur Schaffung von neuen Existenzen vordringlich an. Lediglich aus diesem einen Grunde - um mit einem Satz noch einmal an die zurückliegende Debatte zu erinnern -, wollten wir für die nächsten Jahre einen möglichst großen Betrag für ,die wirtschaftliche Eingliederungshilfe zur Verfügung stellen. Diese Eingliederungshilfen sollten darlehnsweise gegeben werden, ohne an früheren Vermögensbesitz gebunden zu sein. Das wird in diesem Paragraphen versucht, und wir möchten deshalb gerade in § 278 noch etwas darüber hinausgehen. Wir wollen zur Schaffung von selbständigen Existenzen Darlehnsbeträge bis zur Höhe von 15 000 DM geben. Für vernünftige, volkswirtschaftlich sinnvolle Unternehmungen können diese Darlehnsbeträge darüber hinaus aber auf 35 000 DM erhöht werden, wenn damit drei Dauerarbeitsplätze geschaffen werden.
({0})
- Auch die anderen natürlich; aber hier wollten wir diesen Betrag von 15 000 auf 35 000 DM erhöhen, damit wir Unternehmen fördern, von denen auch Nichtselbständige noch in irgendeiner Form einen Vorteil haben. Wir sind uns mit Ihnen darin einig, daß ein großer Betrag der zur Verfügung stehenden Gelder nicht nur in den Konsum gehen kann, sondern zu echten produktiven
({1})
Zwecken angelegt werden muß. Deshalb bitten wir Sie, unserm Änderungsantrag zu § 278 zuzustimmen.
Zur Begründung des Antrags Dr. Kather und Genossen Herr Abgeordneter Kuntscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 278 spricht von der Höhe der Aufbaudarlehen. Wir haben in dem vorliegenden Antrag zum Ausdruck gebracht, daß dem § 278 ein dritter Absatz angefügt wird. Diese Ergänzung halten wir für notwendig, damit unsere notleidenden ostdeutschen Bauern besonders berücksichtigt werden; denn das istbestimmt diejenige Gruppe der Vertriebenen, die am meisten zu bedauern ist. Es wurde heute schon einmal die Zahl der 300 000 ehemaligen selbständigen Bauern aus dem Osten genannt. Von diesen sind kaum 35 000 in landwirtschaftliche Nebenerwerbssiedlungen und Volibauernstellen eingegliedert, 25 000 davon durch das Flüchtlingssiedlungsgesetz, d. h. also kaum 10 %. Daß wir gerade diesem Sektor der Eingliederung ein besonderes Augenmerk zuwenden müssen, liegt auf der Hand. Nicht nur aus dem Grund, weil wir uns, wenn wir hier nicht sehr rasch etwas tun und in den nächsten Jahren möglichst viel geschieht, in fünf oder sechs Jahren über diesen Sektor der Eingliederung nicht mehr zu unterhalten brauchen, da es dann keine Bauern mehr geben wird, die noch einzugliedern wären; die alten werden den Mut verloren haben, und die jüngeren, die Bauernsöhne und die Bauerntöchter, werden in andere Berufe abgewandert sein. Was dies auch volkspolitisch bedeutet, will ich hier nicht näher erörtern. Aber uns allen ist es klar, daß wir diese bäuerliche Substanz unter allen Umständen erhalten müssen.
Aus diesem Grunde hat es der Unterausschuß 3 des Vertriebenenausschusses, der sich mit den Fragen der landwirtschaftlichen Siedlung beschäftigt hat, sehr bedauert, daß im Lastenausgleichsgesetz dem Sektor der Eingliederung der Ostbauern nicht ein besonderes Augenmerk zugewandt worden ist. Wir bitten Sie deshalb, in § 278 einen Abs. 3 folgenden Wortlauts einzufügen:
Zur Gründung von landwirtschaftlichen Existenzen kann der Höchstbetrag von 15 000 DM
bis zu einer durch Rechtsverordnung festzulegende f Höchstgrenze überschritten werden.
Sie werden mir vielleicht erwidern, daß nach dem Wortlaut des § 2 die Möglichkeit bestehen wird, über die festgelegte Höchstgrenze von 15 000 DM hinauszugehen, sofern der um ein Aufbaudarlehn Ansuchende auf Grund eines amtlichen Feststellungsbescheides einen höheren Anspruch aus der Hauptentschädigung hat. Das stimmt; aber wir wissen alle und sind uns darüber einig, daß die Feststellung einige Zeit, sagen wir es ganz offen, in manchen Fällen vielleicht einige Jahre beanspruchen wird. Daß diese Jahre gerade im Sektor der landwirtschaftlichen Eingliederung ein unersetzlicher Verlust an Zeit wären, wenn die Höchstgrenze des zu gewährenden Eingliederungsdarlehns oder Aufbaudarlehns nur 15 000 DM betragen würde, muß ich nochmals eindringlichst betonen.
Wir bitten Sie deshalb aus den angeführten Gründen, unserem Antrag zuzustimmen und dem § 278 den von mir verlesenen dritten Absatz anzufügen.
Zur Begründung des Antrags ,der Gruppe der Kommunistischen Partei Herr Abgeordneter Müller!
Meine Damen und Herren! Die Gewährung eines Aufbaudarlehns nach diesem Paragraphen ist abhängig gemacht von der Voraussetzung, daß der entsprechende Anspruch, d. h. der Schaden hinsichtlich der in § 269 festzustellenden Hauptentschädigung festgestellt worden ist. Er wird auf insgesamt 15 000 DM begrenzt. Wir sind der Meinung, daß die Voraussetzungen, die an die Gewährung geknüpft sind, kein Hemmnis dafür sein dürfen, daß in all den Fällen, wo die benötigten Mittel für ein Aufbaudarlehn den Betrag von 15 000 DM überschreiten, die Mittel auch in dieser Höhe zur Verfügung gestellt werden. Wir sind der Meinung, daß in sehr vielen, wahrscheinlich in den meisten Fällen, dieser Betrag von 15 000 DM nicht ausreichen wird.
Wir schlagen deshalb in unserem Antrag vor, daß der Höchstbetrag auf 30 000 DM erhöht wird bzw. erhöht werden kann. Im übrigen bleibt die Bestimmung bestehen, daß, wenn die Hauptentschädigung noch höher ist, natürlich auch ein höherer Betrag als Aufbaudarlehn gegeben werden kann. Uns kommt es darauf an, daß für die Begründung der neuen Existenzen die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden ia der Höhe, die für die Gründung notwendig ist, und bitten deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen zu § 278 liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 278.
Ich rufe auf § 279. - Keine Wortmeldungen.
Zu § 280 liegt ein Antrag der Föderalistischen Union vor. Zur Begründung Herr Abgeordneter Dr. Reismann, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei § 280 wieder um die Frage der Aufteilung der aufzubringenden Gelder.
Die Reihenfolge der Gewährung von Aufbaudarlehen bestimmt sich
- so heißt es in dem Entwurf nach der sozialen Dringlichkeit und nach der volkswirtschaftlichen Förderungswürdigkeit des Vorhabens.
Unser Anliegen ist es, hinzuzusetzen, daß die „zur Verfügung stehenden Mittel ... im Verhältnis der Höhe der festgestellten Hauptentschädigungsforderungen auf die Schadensgruppen ({0}) zu verteilen" sind, d. h. also auf die Schadensgruppen Vertriebene und einheimische Sachgeschädigte. Wir wollen hier den Regierungsparteien Gelegenheit geben, zu zeigen, daß die Föderalistische Union nicht die einzige Fraktion ist, die sich der Interessen der einheimischen Kriegssachgeschädigten annimmt.
Weitere Wortmeldungen zu § 280 liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich rufe auf § 281. Zur Begründung des Antrags der sozialdemokratischen Fraktion Herr Abgeordneter Seuffert, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag zu § 281 ist auf diejenige Fassung abgestimmt, die wir nach unserem
({0})
Antrag dem § 269 geben wollten. Worauf es uns ankommt, ist, daß der Grundsatz des § 275, der vorhin auch vom Herrn Kollegen Dr. Bucerius dankenswerterweise so stark hervorgehoben worden ist, erfüllt wird, daß nämlich erstens einmal die volkswirtschaftliche und soziale Dringlichkeit bei der Auszahlung von Hauptentschädigungen berücksichtigt wird und daß zweitens bis zum Inkrafttreten des Nachschubgesetzes die Entschädigungen nur im Wege des § 281, d. h. im Wege der Gewahrung von Aufbaudarlehen erfolgen. Mit diesem Prinzip sind wir durchaus einverstanden. Um das Prinzip aber auch klar und deutlich zu machen, haben wir zu § 278 beantragt, den Höchstbetrag für Aufbaudarlehen einheitlich festzulegen. In zwei bestimmten Fällen soll er elastisch erweitert werden, nämlich erstens in den Fällen, in denen weitere Arbeitsplätze - außer jenem für den Darlehensnehmer - geschaffen werden, und zweitens werden wir auch dem Antrag der Kollegen Dr. Kather und Genossen zustimmen, der für den Fall der landwirtschaftlichenSiedlung eine elastischere Grenze vorsieht. Das scheint uns durchaus sachgemäß.
Dagegen scheint es uns nicht richtig zu sein, den nach den volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten festgelegten Darlehensbetrag auch danach höher zu stufen, ob und wann eine Hauptentschädigung festgesetzt worden ist. Natürlich wird die Hauptentschädigung verschieden hoch festgesetzt; aber das Aufbaudarlehen soll auf diesen Beträgen und in diesen ,elastischen Grenzen einheitlich festgehalten werden. Denn was bedeutet es, wenn man das nicht tut? Der Herr Kollege Kuntscher hat über die Möglichkeit der landwirtschaftlichen Siedlung gesprochen und auch über die Wichtigkeit dieses Anliegens für die Leute, die auf dem Lande arbeiten wollen. Daß die Mittel für die Eingliederungshilfe außerordentlich knapp sein werden, das ist ja, ich möchte fast sagen, unser aller größter Schmerz bei diesem Lastenausgleich. Gerade bei den Aufbaudarlehen, beim Aufbau von Einzelexistenzen oder höchstens Kleinbetrieben bis zu drei Arbeitsplätzen - mehr können sie ja mit einem solchen Aufbaudarlehen nicht aufbauen - oder Siedlungsbetrieben müssen wir deswegen, um eine einigermaßen breite Streuung und einen dementsprechenden Effekt zu erreichen, den Einzelfall tatsächlich beschränken. Wir dürfen gerade aus diesem Grunde in den Ansprüchen auf solche Aufbaudarlehen dem jungen Bauernburschen oder dem, der sich sonst z. B. in der Landwirtschaft betätigen will, nicht die Mittel kürzen, die ihm selbstverständlich nur entsprechend seinem guten Willen und seinem Eingliederungsbedürfnis zugeteilt werden können und nicht etwa nach seinem verlorenen Vermögen, denn er hat ja keines verloren. Wir dürfen sie ihm nicht kürzen, indem wir andere, höhere Ansprüche von Leuten in Konkurrenz stellen, die zwar Vermögen verloren haben, aber zur Eingliederung vielleicht gar nicht so willens sind. Deswegen die von uns vorgeschlagene Fassung, deswegen unsere Haltung zu § 278.
Wenn, wie wir hoffen, diesen Anträgen stattgegeben wird, dann wird ,unser Antrag zu § 281, der bei der heutigen Gesetzesfassung sowieso umformuliert werden müßte, sich durch die Abstimmung über den Paragraphen selbst erledigen bzw. sich unsere Haltung durch diese Abstimmung klarstellen lassen. Wir verzichten deswegen darauf, unseren Antrag zu § 281 ausdrücklich zur Abstimmung zu steilen, sondern werden je nach dem
übrigen Ergebnis bei der Abstimmung über § 281 unsere Haltung einnehmen.
Weitere Wortmeldungen zu § 281 liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich rufe § 282 auf.
({0})
- Ja, ich wollte am Ende des Abschnitts abstimmen lassen, Herr Abgeordneter Seuffert. Wir haben noch zwei Paragraphen. Vielleicht können wir es zusammenfassen.
Zu § 282 Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth, bitte!
Zu § 282 möchte ich eine Forderung anmelden, die ich aber erst bei der Novelle in die Form eines Antrags bringen werde.
({0})
- Natürlich gehört das zur Sache; es ist sogar eine ganz ernste Sache.
({1})
In § 282 Abs. 2 Ziffer 1 sollen die Worte „und Kriegsfolgeschäden" eingefügt werden, so daß der Absatz lautet:
1. Kriegssachschäden und Kriegsfolgeschäden nicht unwesentlichen Umfangs erlitten haben ...
Sodann liegt zu § 282 der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion Umdruck Nr. 492 Ziffer 20 vor. Bitte schön, Herr Abgeordneter Kinat!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Kunze, der ja leider nicht hier ist,
({0})
hat bei seinen allgemeinen Ausführungen zum Lastenausgleichsgesetzentwurf gesagt, die Frage der Arbeitsplatzbeschaffung im Wege des Lastenausgleichs sei zwar nicht so interessant, sie habe aber mit der Oppositon zu ernsthaften Differenzen geführt. Das ist in der Tat der Fall, das stimmt; denn hierbei geht es neben den bisherigen Aufbaudarlehen aus Landeshaushalts- und Soforthilfemitteln um eine echte produktive und Eingliederungsmaßnahme. Mit der Gemeinschaftshilfe, die jetzt auf dem Wege über die Soforthilfe durch das Hauptamt für Soforthilfe betrieben wird, ist tatsächlich eine Einrichtung geschaffen, die sich bereits sehr segensreich für die Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten ausgewirkt hat. Das ist schon in verhältnismäßig kurzer Zeit geschehen. Besonders haben davon die heimatvertriebenen Betriebe profitiert. Aus einer Statistik, die mir vom Hauptamt für Soforthilfe mit dem Stand vom 30. 4. 1952 vorliegt, ist ersichtlich, daß in allen Ländern bisher 250 Stellen für Flüchtlinge, 238 Stellen für Sachgeschädigte, 22 Stellen für Ostzonenflüchtlinge, 17 für politisch Verfolgte, insgesamt 527 Stellen geschaffen sind, in denen 15 191 Arbeitnehmer beschäftigt werden; darunter befinden sich 1140 Angestellte.
({1})
Bis auf die zweite Lesung im Lastenausgleichsausschuß, nämlich bis auf das Textwerk auf dem giftgrünen Papier, waren wir uns im wesentlichen einig, daß auf diesem Wege fortgeschritten werden soll. Ich staune darüber, daß auch der Kollege Schütz erwähnte, wir seien uns auf diesem Gebiet j a im wesentlichen einig gewesen. Um so bedauerlicher - das muß ich hier leider herausstellen ({2})
war die Haltung des Kollegen Schütz im Ausschuß. Er führte geradezu einen Umschwung in dieser Auffassung herbei, indem er betonte, daß das Kernstück des Lastenausgleichs die quotale Entschädigung und nicht die Eingliederung sei. Dadurch wurde dann von der in dem grünen Textwerk getroffenen Fassung abgegangen und insbesondere in § 283 Abs. 2 der damals vorgesehene Betrag von 300 000 Mark auf 75 000 Mark reduziert. Wir konnten das nicht verstehen. In § 282 Abs. 2 sollten nach unserer Absicht außer den Betrieben der Vertriebenen, der Sachgeschädigten und den Gemeinschaftsbetrieben von Geschädigten solche Betriebe einbezogen werden, die in der Lage sind, die Arbeitsplätze, auf die es uns in erster Linie ankommt, zu schaffen. Ich bedauere, daß die KPD-Fraktion den Antrag gestellt hat, diese beiden Paragraphen zu streichen.
({3})
Die beiden Anträge sind zurückgezogen.
Na also, dann können wir ja wohl hier bessere Einsicht feststellen; denn es wäre, wie gesagt, unerhört und für die Arbeitnehmer nicht in einem einzigen Fall eine Gefahr gegeben, es sei denn, daß es ein verbissener und hartgesottener Außenseiter so sehen will. Die Mehrzahl der Arbeitnehmer, soweit sie Heimatvertriebene sind, begrüßt diese Maßnahme und befürchtet nicht, daß sie in Betrieben der Kriegsindustrie und dergleichen mißbraucht wird.
({0})
Wir müssen doch zugeben, weil das Erfahrungstatsache ist, daß sowohl das Hauptamt als auch der Kontrollausschuß bei der Bewilligung der Gelder bisher die größte kaufmännische Sorgfalt walten ließen und Grundsätze verfolgt haben, die es keinem dieser Betriebe ermöglicht haben, mit den gewährten Mitteln in irgendeiner Weise Schindluder zu treiben, so daß kein Grund zu Befürchtungen besteht, es könnten Granaten gedreht werden.
({1}) - Na also.
Wir vertreten die Auffassung, daß es bei der Gewährung dieser Mittel in erster Linie um die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für Arbeitnehmer geht. Erst in zweiter Linie können wir dabei den Betrieb im Auge haben. Es ist richtig, was heute oder gestern Herr Dr. Bucerius in diesem Punkt sagte, daß es gerade unsere Aufgabe sein müsse, nicht die Klein- und Mittelbetriebe als das Primäre in den Vordergrund zu stellen, sondern möglichst größere wirtschaftliche Einheiten zu schaffen. So frage ich Sie, meine Damen und Herren, ob die Beschaffung von Dauerarbeitsplätzen nicht doch eine Angelegenheit ist, die weit, ich möchte sagen, meilenweit den Bestrebungen auf sogenannte quotale Entschädigung, auf Ersatz des verlorengegangenen Vermögens voranzustellen ist; auch Sie, lieber Landsmann Kather. Ich möchte darum bitten, daß Sie hier bekennen, auch etwas für die Arbeitnehmer übrig zu haben. Sollte es bei dem bleiben, was der Entwurf jetzt vorsieht, daß wir eine Einschränkung sowohl hinsichtlich der Betriebe als auch hinsichtlich der Höhe der Mittel bekämen, dann würde praktisch das wieder zerstört, was mit der Gemeinschaftshilfe schon angelaufen ist. Das wollen Sie doch sicher auch nicht haben. Deswegen kämpfen wir gegen diese Regelung an. Wir Sozialdemokraten sind für Vollbeschäftigung, sowohl für die Unternehmer als auch für die Arbeitnehmer. Dazu sollen auch Mittel aus dem Lastenausgleich beitragen.
Herr Kunze erklärte, die Beschaffung von Dauerarbeitsplätzen sei eine wirtschaftspolitische Aufgabe. Nun schön, das erkennen wir auch an. Wir Sozialdemokraten haben ja mehr als einmal den durch Abwesenheit glänzenden Bundeswirtschaftsminister aufgefordert, von sich aus nach dieser Richtung etwas für die Wirtschaft zu tun. Wir haben Mittel aus dem Reichsstock für Arbeitslosenversicherung für Arbeitsbeschaffung beantragt und fördern auf jede Art und Weise solche Maßnahmen. Wir sind aber der Ansicht, daß neben dieser Hauptaufgabe der Wirtschaftspolitik es auch eine Aufgabe des Lastenausgleichs ist. Er soll gleichsam ein Anlaufen ermöglichen, damit gerade den vertriebenen Arbeitnehmern hierdurch der Beweis geliefert wird, daß für sie etwas getan werden soll.
Wir wollen mit unserem Antrag also die Einschränkung in Abs. 2 des § 282 beseitigen und, wie gesagt, auch die Streichung des Abs. 2 des § 283 erreichen. Uns liegt alles daran, den heimatvertriebenen Arbeitnehmern durch Beschaffung von Arbeit zu einer Existenz zu verhelfen. Das soll primär in Betrieben, die den Kriegsgeschädigten gehören, geschehen. Soweit aber solche Betriebe das nicht allein schaffen können, worüber manche Ausführungen hinsichtlich der Standfestigkeit, der Krisenfestigkeit usw. zu machen wären, wollen wir auch andere Betriebe einbezogen wissen, die uns die Gewähr und die Sicherheit bieten, daß wirklich der Sinn und der Zweck der Arbeitsplatzbeschaffung durch sie gewährleistet wird.
Nun möchte ich doch dem Herrn Kunze etwas ins Stammbuch mitgeben. Er ist leider wieder nicht hier, er ist immer noch nicht hier.
({2})
- Ja, ich war aber draußen, als ich nicht gebraucht wurde, aber der Herr Kunze
({3})
muß als der Repräsentant dieser Lastenausgleichsangelegenheit immer zur Stelle sein. Ich wollte ihm sagen, daß ich mich sehr über den Umschwung in seinen Meinungen wundere. Hier im Bundestag vertritt er keine Meinung mehr, sondern übt nur einen Auftrag aus, den Auftrag vielleicht so als Theodor
({4})
im Fußballtor des Herrn Adenauer,
({5})
um aufzupassen, daß ja nicht ein vernünftiger Ball von der Opposition da hineingelangen könnte.
({6})
({7})
Ah, Herr Kunze kommt schon.
({8})
Lieber Herr Kunze, ich wiederhole es aus alter Freundschaft aus dem Ausschuß: ich vermisse hier Ihre Meinung, die Sie im Ausschuß so oft, oft auch im Gegensatz zu Ihren Freunden, durchsetzten. Sie waren dort als ein sehr tüchtiger Vorsitzender verschrien, und hier sehe ich Sie nur immer als UvD, der den Auftrag hat, als Theodor im Fußballtor der Koalition zu verhindern, daß ein vernünftiger Ball der Opposition da hineinfliegt. Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber das ist so meine Meinung.
({9})
Ich kann Ihnen sagen, Herr Kunze, verhelfen Sie uns dazu. Der Arbeitsplatz für unsere heimatvertriebenen Arbeitnehmer - ich bin ein solcher - ist das wichtigste für viele Hunderttausende vertriebener Familien. Erst damit beginnt ihre wirkliche Chance, sich aus ihrem elenden Dasein zu befreien.
({10})
Meine Damen und Herren! Sehen Sie nicht den Zweck des Lastenausgleichs im Vermögensersatz durch quotale Leistungen, sondern sehen Sie wie wir die Eingliederung in das wirtschaftliche und soziale Leben als das Primäre und als das erfolgversprechendste Mittel des Lastenausgleichs an. Als gewesener Bürger der Stadt der reinen Vernunft habe ich oft feststellen müssen, daß man dem Verstand oft nicht beikommen kann, und darum versuche ich es auf dem Wege der Vernunft. Ich appelliere an Ihre Vernunft, uns wenigstens bei diesen beiden nützlichen Änderungsanträgen Ihre Zustimmung nicht zu versagen. Das liegt im Inter- esse einer echten Eingliederung durch den Lastenausgleich für Hunderttausende Arbeitnehmer und ist durchaus richtig.
({11})
Meine Damen und Herren, ich stelle fest, daß die Anträge der Gruppe der Kommunistischen Partei Umdruck Nr. 498 Ziffern 21 und 22 zurückgezogen sind.
({0})
Herr Abgeordneter Goetzendorff, Sie hatten den gleichen Antrag gestellt.
Goetzendorff ({1}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Antrag gestellt, die §§ 282 und 283 der Vorlage zu streichen. Ich bin der, Meinung, die Verwendung von Lastenausgleichsmitteln zur Schaffung von Arbeitsplätzen ist eine sehr fragwürdige Manipulation. Es geht in erster Linie darum, den kleinen Leuten in Stadt und Land dazu zu verhelfen, sich eine bescheidene Existenz aufzubauen. Wenn wir das geringe Aufkommen dazu verwenden, Dauerarbeitsplätze zu schaffen, und beispielsweise einem Betrieb 75 000 Mark in die Hand geben, dann nehmen wir 10 Heimatvertriebenen die Chance, sich selbständig zu machen und einen eigenen kleinen Betrieb aufzubauen.
Auf der andern Seite kann ich den Ausführungen meines geschätzten Vorredners K in a t von der SPD nicht ganz zustimmen, wenn er meint, man müsse dann auch unter gewissen Umständen noch einheimische Betriebe, die in den Genuß dieser Arbeitsplatzdarlehen kommen wollen, heranziehen, und zwar aus folgendem Grunde: Wir haben mit ähnlichen Darlehen schon schlechte Erfahrungen gemacht, weil Vertriebenenbetriebe in der Regel nur sehr schwer eine genügende Sicherheit für diese Darlehen nachweisen können. Im freien Wettbewerb um diese Darlehen würde es dann zweifelsohne den bodenständigen Betrieben leichter gelingen, diese Arbeitsplatzdarlehen an sich zu ziehen. Der kleine Mann in Stadt und Land ist nicht davon zu überzeugen, daß es gerecht ist, für Arbeitsplatzdarlehen verhältnismäßig große Beträge auszugeben, während er dadurch um die Möglichkeit gebracht wird, mit einem Betrag von vielleicht 5- oder 10 000 Mark sich eine eigene sichere, kleine und bescheidene Existenz aufzubauen.
Da ich es für den sozialen Frieden für wichtiger halte, daß zehn kleinere lebensfähige Existenzen statt einer großen geschaffen werden, habe ich den Antrag gestellt, die beiden Paragraphen zu streichen. Meine Damen und Herren! Der Lastenausgleich in der Weise, wie er sich hier darstellt - er verteilt sich über 30 Jahre -, wird sowieso dazu führen, daß die Heimatvertriebenen graue Haare bekommen, ehe sie Geld sehen. Wenn man diese geringen Mittel weiterhin schmälert, dann werden sie weiße Haare bekommen, ehe sie die geringste Aussicht haben, etwas an barem Geld zu bekommen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Schütz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu den Ausführungen meines Freundes Kinat und zu seinen Anträgen ein Wort sagen, die er für seine Fraktion hier begründet hat. Aber nicht deshalb, weil der Kollege Kinat mich angesprochen hat, sondern wegen der Sache selber.
Antrag Nr. 1: Man möchte die Arbeitsplatzdarlehen nicht mehr an die Eigenschaft eines kriegsgeschädigten Betriebes binden. Die Erfahrungen, die wir bisher im Kontrollausschuß gemacht haben, sind die: die für diesen Zweck zur Verfügung stehenden Mittel - es waren in diesem Jahre 150 Millionen DM - konnten in den kriegsgeschädigten Betrieben untergebracht werden, und zwar sowohl bei den kriegssachgeschädigten als auch bei den heimatvertriebenen. Ich darf dabei dem Kollegen D r. Reismann sagen, daß - gerade auch auf diesem Petitum - der wesentliche Teil dieser Darlehen für die kriegssachgeschädigten Betriebe verausgabt werden konnte.
({0})
Zu dem § 283. Selbstverständlich gehört ein überwiegender Teil der Heimatvertriebenen dem Arbeitnehmerstande an, die außer ihrem Arbeitsplatz und ihrer Wohnung keine anderen Verluste haben und die deshalb unter der Rubrik Hauptentschädigung keine besonderen Ansprüche nach diesem Gesetz stellen können. Aber die ganze Diskussion des heutigen Tages hat sich doch im wesentlichen darum gedreht, daß auch der andere Teil, der einen Anspruch auf Hauptentschädigung aus dem Titel eines verlorenen Eigentums anmelden kann, sehr lange auf die wirkliche Entschädigung wird warten müssen; nicht deshalb, weil die Väter dieses Gesetzes und alle die, die daran auf beiden Seiten mitgearbeitet haben, boshafte Menschen wären, die ihm die Entschädigung für lange Jahre vorenthalten, sondern weil einfach
({1})
die Mittel in der gewünschten Zeitspanne nicht vorhanden sind. Das trifft natürlich auch für das andere Petitum zu, also für das Ausmaß der Mittel, die man für die Arbeitnehmer ausschütten kann. Wenn wir daher den Betrag für das Einzelunternehmen mit 75 000 DM begrenzt haben und daher wahrscheinlich im Durchschnitt über diesen Weg nur etwa 25 Leute in ein Unternehmen eingliedern können, so sind wir alle, die das beschlossen haben, uns bewußt, daß es notwendig gewesen wäre, über diesen Betrag hinauszugehen. Es ist nicht wahr, daß wir etwa glaubten, daß das der Weisheit letzter Schluß sei.
({2})
Aber so, wie wir der anderen Seite sagen müssen: Ihr könnt eben eure Entschädigung beim allerbesten Willen nicht alle miteinander in den ersten Jahren haben, so mußten wir halt auch diese Beschränkung, die der Seite genau so bitter ist wie der anderen die ihre, hier einfügen.
Ich kann deshalb für meine Fraktion nur erklären, daß wir, so leid es uns tut, die beiden Änderungsanträge ablehnen müssen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Meine Damen und Herren! Ich fürchte fast, daß der Kollege Schütz das, worauf es uns mit unseren Anträgen zu den §§ 282 und 283 hauptsächlich ankommt, nicht so erfaßt hat, wie wir das gewünscht hätten. Ich muß mich zu diesem Thema auch einmal besonders an die Herren hier von rechts wenden, auch auf die Gefahr hin, daß uns Herr Farke wieder den Vorwurf macht, daß wir es an der ehrlichen Mitarbeit haben
fehlen lassen.
({0})
Daß es uns auf die Beschaffung von Arbeitsplätzen außerordentlich stark ankommt, das haben wir vorhin schon zum Ausdruck gebracht. Zu diesem Zweck wünschen wir die wirksamsten und am schnellsten wirksamen Mittel zu ergreifen, ohne jede doktrinäre Rücksicht, nebenbei gesagt. Das bedeutet ja keineswegs, Herr Kollege Schütz, eine Schmälerung der Mittel für die Hauptentschädigung, die ja sowieso erst in einiger Zeit zur Verfügung stehen müssen. Diese Darlehen, die hier in solchen Projekten angelegt werden, bedeuten ja praktisch eine inzwischen erfolgende Anlage der später zur Hauptentschädigung bestimmten Mittel, und auch hier könnte man j a der Meinung sein, daß diese Mittel in den Arbeitsplatzdarlehen der Natur der Sache nach wenigstens zum Teil sicherer und besser angelegt wären als in anderen Formen.
Mit unserem Antrag zu § 282 beabsichtigen wir zweierlei, erstens einmal die Klausel zu beseitigen, daß die Gewährung eines Darlehns gesetzlich daran geknüpft werden soll, daß ein Kreditinstitut eine Bürgschaft übernimmt. Gerade derartige Klauseln haben doch bisher immer die Schwierigkeiten gemacht, und es ist doch gerade die Eigenart eines Vertriebenen- oder Geschädigten-Kredits, daß die normale Banksicherung - und wenn ein Kreditinstitut eine Bürgschaft gibt, dann will es eine Sicherung dafür haben - da eben nicht zu beschaffen ist. Wir wollen doch die VertriebenenKredite nicht mit Filmkrediten oder etwas anderem gleichstellen. Wir haben auch gar nichts dagegen, daß der Kontrollausschuß und das Lastenausgleichsamt solche Bedingungen festsetzen. Wir haben auch gar nichts dagegen, und es wäre sicherlich nicht unvernünftig, daß an einer derartigen Bedingung als Regelfall mit 10 % Bürgschaft und Sicherung festgehalten wird. Aber das im Gesetz festzulegen, so daß keine Ausnahme davon gemacht werden kann, das scheint uns eben dem Sinn der Sache doch außerordentlich wenig zu entsprechen.
Zweitens beabsichtigen wir mit unserem Antrag zu § 282, diejenige Fassung wiederherzustellen, auf die sich der Ausschuß bereits geeinigt hatte und welche besagt, daß das Arbeitsplatzdarlehen zwar in erster Linie und regulärerweise an Vertriebenenbetriebe, an kriegsgeschädigte Betriebe usw. gegeben werden kann, daß es aber auch ausnahmsweise an andere Betriebe gegeben werden kann, insbesondere, wenn dadurch ganz besonders günstige Arbeitsplatzprojekte ausgeführt werden können.
Herr Kollege Schütz, die Tatsache, daß die bisher zu solchen Zwecken zur Verfügung stehenden Mittel - wenn ich Sie recht verstanden habe - ausschließlich bei kriegsgeschädigten oder Vertriebenenbetrieben untergebracht werden konnten, ist außerordentlich erfreulich und durchaus in Ordnung. Das besagt aber nicht, daß wir uns in Zukunft mit diesen Mitteln nur auf diese Fälle beschränken wollen. Wenn wir genügend Mittel haben, können wir auch mal eine Ausnahme machen und die Mittel anderswo, vielleicht sogar im Interesse der Leute, die Arbeitsplätze suchen, günstiger unterbringen. Gegen das Prinzip des Abs. 2 soll keineswegs etwas gesagt werden. Aber diese starre Beschränkung, die hier vorgesehen wird, entspricht nicht dem Sinn der Sache, und ich möchte noch einmal daran erinnern, daß wir uns im Ausschuß bereits auf die andere Fassung geeinigt hatten.
Ich muß ausdrücklich sagen - da es uns auf beides ankommt, auf die Beseitigung der heutigen Fassung des Abs. 3 und auf die Wiedereinführung der Ausschußfassung des Abs. 3 -, daß unser Antrag auf Streichung neben dem Antrag auf Neufassung als selbständiger Antrag zu betrachten ist oder daß beim § 282 über den Abs. 3, wenn unser Änderungsantrag nicht angenommen werden sollte, gesondert abgestimmt werden sollte.
Meine Damen und Herren! Unser Antrag zu § 283 bezweckt folgendes. Der Kontrollausschuß und das Soforthilfeamt haben ihre Erfahrungen mit diesen Projekten. Sie haben nach anfänglich sehr schlechten Erfahrungen mit den geringen Höchstbeträgen
({1})
für diese Projekte zur Zeit den Höchstbetrag auf 500 000 DM festsetzen müssen und damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Worauf es uns ankommt, sind, wie gesagt, wirtschaftlich wirksame Maßnahmen.
Nun, meine Damen und Herren von der Rechten oder die anderen Wirtschaftssachverständigen des Hauses, sind wir uns erstens einmal, glaube ich, doch alle einig in der Forderung, die Mittel des Lastenausgleichs so produktiv und so wirtschaftsfördernd wie irgend möglich zu verwenden. Gerade auch aus diesem Grunde legen wir mit Ihnen auf diese Arbeitsplatzdarlehen, auf diese Schaffung von produktiven Projekten einer dauerhaften Eingliederung den allergrößten Wert. Zweitens haben wir von unserem Kollegen Farke und von anderen Kollegen dieser Seite eindringliche Ausführungen darüber gehört, daß ein Betrieb etwas Unteilbares
({2})
sei und daß man ihn in seinem natürlichen Wachstum und in seiner natürlichen Ausdehnung nicht beschneiden dürfe. Aber ich frage Sie: gilt das denn nicht auch für den Betrieb als Arbeitsstätte? Was Sie hier bei einem Höchstbetrag des Kredites von 3000 DM je Arbeitsplatz haben, ist eine Beschränkung der Projekte auf höchstens 25 Arbeitsplätze pro Fall. Kann man denn Arbeitsbeschaffungsprojekte, kann man denn Projekte zum Aufbau von Produktionsstätten in Einzelteile von 25 Arbeitsplätzen zerhacken?
({3})
- Es gibt andere; es ist nicht gesagt, daß es immer so viel sein müssen. Aber es ist doch unvernünftig
- und ich wiederhole, die Erfahrungen des Kontrollausschusses zeigen es auf das deutlichste -, solche Höchstgrenzen, und dazu noch solch kleine Höchstgrenzen, einzuführen. Ich möchte also, meine Herren Wirtschaftssachverständigen, mit allem Nachdruck und eindringlichst an Sie appéllieren - denn ich hoffe nicht, Herr Kollege Farke, daß das auch wieder so eine Äpfel- und Birnen-Theorie ist, daß nämlich ein Betrieb, mit dem man einen Gewinn machen will, etwas anderes ist, als ein Betrieb, den man als Arbeitsplatz aufbaut -, diesen doch wirklich einleuchtenden Argumenten im Sinne der produktiven, wirksamen und wirtschaftlich vernünftigen Verwendung der Mittel stattzugeben.
Das Wort hat der Abgeordnete Reismann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beschaffung von Dauerarbeitsplätzen ist gewiß ein sehr vordringliches Anliegen, eine außerordentlich wichtige Anlegenheit, und es ist auch wichtig, daß sie nicht irgendwie beschafft werden, sondern daß die Geschädigten dabei bedacht werden. Fragt sich aber, wer als Geschädigter anzusehen ist, der Inhaber der Produktionsstätte oder der geschädigte Arbeitnehmer.
({0})
- Na ja, schön, das ist alles sehr wichtig, aber das ist eine Frage der allgemeinen Arbeitsmarktpolitik, der allgemeinen Wirtschaftspolitik. Es geht gegen das Prinzip dieses Gesetzes, und meine Fraktion lehnt es deswegen ab, das zu billigen und den Lastenausgleichsfonds als eine Bank für die Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben aufzufassen. Wir lehnen deswegen den dritten Titel, der den Zweck hat, das aufgebrachte Geld dem Lastenausgleich zu entfremden, ab. Wenn in diesem Gesetz eine derartige Bestimmung nicht vorhanden ist, und eine Behörde geht hin und verwendet den Lastenausgleichsfonds für diese Arbeitsplatzbeschaffung, dann ist ganz klar der Tatbestand der strafbaren Untreue nach dem Strafgesetzbuch gegeben. Das ist eine Zweckentfremdung des Geldes, das für ganz andere Zwecke da ist. Das Geld, das aufgebracht ist und zusammenkommt, soll lange wirken, produktiv arbeiten, und zu gleicher Zeit warten dann Geschädigte Generationen lang, bis sie noch etwas kriegen. Das aufgebrachte Geld sollte direkt und sofort verteilt werden. Das ist der Zweck des Lastenausgleichs. Der Zweck ist nicht, die Entlastung des Etats bestimmter Ministerien zu fördern. Und wer trägt das Risiko?
Übrigens ist die Art, wie hier verfahren werden soll - wenn man sich die Einzelheiten ansieht -, auch unbefriedigend. Man könnte sonst vielleicht auf den Gedanken kommen, das Geld komme ja doch Geschädigten zugute, sei es den Arbeitnehmern, sei es den Arbeitgebern. Ja, aber wem? „Ohne Wahl verteilt die Gaben, ohne Billigkeit" die Behörde. Da kommt der eine gerade rechtzeitig, der kriegt etwas aus dem Topf, und der andere, der es viel nötiger hat, etwas daraus zu bekommen, und der in viel größerem Maß einen Schadenersatz aus dem Lastenausgleich zu verlangen hat, kriegt nichts. Irgendein anderer kriegt Geld, das ihm zum Aufbau seiner Existenz nutzt, und viel weniger dem andern, dem er einen Arbeitsplatz beschafft. Es ist also eine Fehlkonstruktion, in das Lastenausgleichsgesetz den ganzen dritten Titel einzufügen. Die Föderalistische Union beantragt, ihn zu streichen.
Herr Abgeordneter Kinat, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja beinahe ein Glück, daß die Fraktion Goetzendorff nur noch aus einem Mann besteht. Würde sie noch aus mehreren bestehen, hätten wir es mit ihm noch schwieriger. Wie kann man als Vertriebener herkommen und sagen, daß diese Eingliederungsmaßnahmen - und um solche handelt es sich doch - mit dem Lastenausgleich nichts zu tun haben! Was wollen wir denn überhaupt mit dem Lastenausgleich erreichen? Wollen wir nur noch quotale Leistungen an Vermögensverlierer bezahlen?
({0})
Nur, weil er zufällig ein Vertriebener ist und hier vorbringt, daß eine Eingliederung wohl letzten Endes nur für die Selbständigen ist. Die Arbeitnehmer in unselbständiger Arbeit sollen aber auch zum Zuge kommen.
Lieber Freund Schütz, es ist ja hier bereits von meinem Parteifreund Seuffert manches erwähnt worden. Es ist gut, wenn es bis jetzt dazu gekommen ist, diese Mittel hauptsächlich nur Geschädigtenbetrieben zu gewähren. Wir hoffen, daß es dabei bleibt. Wenn nun einmal Geschädigtenbetriebe den eigentlichen Erfüllungszweck nicht durchführen können, d. h. Dauerarbeitsplätze zu schaffen, und zwar in genügendem Umfang und genügender Anzahl, und wenn sich dann zufällig ein einheimischer Betrieb bereit erklärt, diese Maßnahmen durchzuführen, weshalb sollte man ihm diese Mittel verwehren? Letzten Endes ist es auch die Wirtschaft im allgemeinen, die die Mittel aufbringt. Dann kann dabei der eine oder andere dieser einheimischen Betriebe auch zum Zuge kommen. Wir sind nicht neidisch genug, das zu verwehren.
Nun erklärt Freund Schütz, er und seine Freunde würden leider nicht zustimmen können, obwohl die Berechtigung sowohl der Sache nach wie auch materiell gegeben sei. Bisher seien die kleinen Betriebe - diese 25-Mann-Betriebe - nicht ausschließlich gefördert worden, sondern der Durchschnitt der bisherigen Förderung der Betriebe ergebe 30,7 pro Stelle. Das ist ein Beweis dafür, daß man in der Hauptsache die größeren Wirtschaftsbetriebe, die dieser Dauerarbeitsplatzbeschaffung tatsächlich am meisten dienen können, wird vorziehen müssen.
Ich bedauere, daß auch Herr Reismann im Lastenausgleich und seinen Mitteln nicht die notwendige Maßnahme für die Beschaffung von Arbeitsplätzen erblicken kann. Auch er verweist auf die Wirtschaftspolitik. Wie lange sollen denn die
({1})
Arbeitnehmer aus den Kreisen der Heimatvertriebenen noch warten? Sollen sie warten, bis Herr Wirtschaftsminister Erhard sich dazu versteht, diese Maßnahme zu treffen? Dann werden die meisten von ihnen ihren Arbeitsplatz wohl auf dem Friedhof linden, aber nicht in der Wirtschaft.
Wir bestehen darauf, daß Mittel aus dem Lastenausgleich in erster Linie den produktiven nützlichen Eingliederungszwecken zugeführt werden und daß in erster Linie hierbei der Millionenzahl der vertriebenen und kriegsgeschädigten Arbeitnehmer gedacht wird.
({2})
Herr Abgeordneter Goetzendorff will noch eine Minute sprechen.
Goetzendorff ({0}): Nach den aufklärenden Worten des Herrn Kollegen Dr. Reismann wollte ich eigentlich nicht mehr sprechen. Ich möchte aber doch noch ein Wort an die Adresse des Kollegen Kinat sagen. Ich wende mich dagegen, reine Entschädigungsmittel zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu verwenden. Das ist eine wirtschaftspolitische Aufgabe der Regierung; dazu sind die Mittel für den Lastenausgleich nicht gedacht. Ich möchte das an einem einzigen Beispiel begründen. Nehmen wir an, der Betrieb X erhält 75 000 DM dieser Darlehen, um Arbeitsplätze zu schaffen, und dieser Betrieb X ist in vier Wochen pleite. Vielleicht ist er damit auch ausgewandert, was weiß ich. Dann sind diese 75 000 DM restlos verloren.
({1})
- Herr Kollege Schütz, Sie sollten ruhig viel mehr spazierengehen, das würde Ihrer Körperfülle gar nicht schaden!
({2})
Herr Abgeordneter Goetzendorff, ich rufe Sie zur Sache. Ich weise diese persönliche Bemerkung zurück.
({0})
Goetzendorff ({1}): Ich wurde aber genau so rüde von ihm angefaßt.
Wenn ich die '75 000 DM auf zehn Raten verteile, um zehn Geschädigten zu helfen, sich eine Existenz zu schaffen, dann ist das Risiko viel geringer, daß diese 75 000 DM vertan sind.
Frau Abgeordnete Krahnstöver, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion hat leider einen Verlauf genommen, als ob es hier darum ginge, irgendwelchen Menschen Vermögensvorteile zu vermitteln. Wollen wir das doch bitte wieder auf den Ursprung zurückführen! Es geht uns darum, möglichst vielen Menschen zu einer Existenz zu verhelfen, und zwar den Menschen, deren Existenz in dem Arbeitsplatz besteht. Es gibt Millionen von Menschen, es gab und wird Millionen von Menschen geben, deren einziges Vermögen in den Erfahrungen, Kenntnissen und Fähigkeiten, die sie selber besitzen, besteht. Gehen Sie bitte einmal in die Flüchtlingsländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern zu diesen Menschen, die dort seit sieben Jahren arbeitslos sitzen! Wir sind sehr froh, daß wir die Möglichkeit gehabt haben, mit diesen Mitteln aus der Dauerarbeitsplatzbeschaffung einigen Tausenden einen Dauerarbeitsplatz für acht Jahre zu garantieren und damit der Familie wieder das Bewußtsein zu geben, ihren Platz im wirtschaftlichen Leben zu haben. Denken Sie bitte daran, wie viele Sorgen wir mit der Umsiedlung gehabt haben, weil diese Umsiedlung ins Stocken geraten ist, und daß es viel wertvoller ist, hier Mittel einzusetzen, um den Menschen vielleicht wieder an dem Ort, an dem sie leben, zu einem Arbeitsplatz zu verhelfen. Ich muß Sie doch sehr bitten: Ist denn der Arbeiter, der Facharbeiter vielleicht weniger wert als der Fleischer, der Bäcker und der Schuster, denen wir doch diese ganzen Mittel zur Verfügung gestellt haben? Wir wünschen eben, daß die Möglichkeit dieser Arbeitsplatzbeschaffung so groß wie nur möglich gestaltet werden soll. Die Mittel fließen ja nachher wieder in den Fonds zurück und können für den Vermögensausgleich zur Verfügung stehen. Aber wir sollten jetzt erst einmal versuchen, die Not der Ärmsten der Armen so schnell wie möglich zu beheben. Das können Sie tun, indem Sie unserem Antrag zustimmen.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Nöll von der Nahmer.
Meine Damen und Herren! Kein Zweifel besteht darüber, daß wir in den Mittelpunkt aller unserer Maßnahmen das Ziel stellen müssen, den schaffenden deutschen Menschen wieder einen Arbeitsplatz zu geben. Wenn es uns nicht gelungen wäre, alle die, die zu uns hier nach Westdeutschland gekommen sind, wenigstens zum weitaus größten Teil wieder in den Arbeitsprozeß einzugliedern, dann hätten wir das „Wirtschaftswunder" der letzten Jahre nicht erlebt. Das muß auch hier einmal ausgesprochen werden,
({0})
Wir haben Gott sei Dank die wertvolle Arbeitskraft und Hilfe all der wertvollen sudetendeutschen Handwerker, all unserer ostdeutschen Landsleute gehabt, die erheblichen Anteil an unserem wirtschaftlichen Aufschwung haben.
Über das Ziel, auch die letzten noch nicht wieder in den Produktionsprozeß eingegliederten Vertriebenen nicht nur in ihrem eigenen Interesse, sondern vor allem auch im Interesse der Steigerung unserer deutschen Produktivität so schnell wie möglich wieder in Arbeit zu bringen, besteht wohl keinerlei Meinungsverschiedenheit. Aber eine ganz andere Frage ist die, ob nun gerade die moderne und in den letzten Jahren stark diskutierte und empfohlene Methode, mit Krediten sogenannte Dauerarbeitsplätze zu schaffen, die richtige ist. Ich will über diese schwerwiegenden theoretischen Fragen, die damit zusammenhängen und die uns Nationalökonomen sehr viel beschäftigen, hier nicht diskutieren; das würde zu weit führen.
Wir haben gegen die Arbeitsplatzdarlehen Bedenken gehabt; das möchte ich ausdrücklich betonen. Das ist wieder einer der Punkte, in denen wir uns durchaus verständigungsbereit gezeigt haben. Im Rahmen ides Möglichen wollen wir auch hier entgegenkommen. Wir werden infolgedessen auch davon Abstand nehmen, gegen die jetzige Fassung und für Streichung zu stimmen.
Ich darf noch eins sagen. Wie kommt die Begrenzung in § 283 zustande? Sie ist doch letzt({1})
auch die Folge der betrüblichen Tatsache, die Herr Kollege Seuffert schon erwähnt hat, daß wir ständig vor der Frage stehen, wie wir ausreichende Mittel gerade für die Eingliederungshilfe beschaffen können. Die finanziellen Beengungen sind doch die Crux dieses Gesetzes. Da haben wir uns allerdings gesagt: Wir wollen in gewissem Umfange Arbeitsplatzdarlehen geben, aber sie müssen sich eben in einer gewissen Grenze halten. Wir werden - und ich glaube da auch für die Koalition sprechen zu können - die Streichungsanträge ablehnen. Aber ich bitte, meine Damen und Herren, über die Ausschußvorlage hinausgehende Änderungsanträge abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf einen grundlegenden Irrtum des Herrn Kollegen Nöll von der Nahmer möchte ich doch aufmerksam machen. Bei den Aufbaudarlehen mag es sich vielleicht darum handeln, möglichst viele einzelne Existenzen, die sich auf bescheidener Grundlage aufbauen, zu unterstützen. Und deswegen ist ein Höchstbetrag für das einzelne Aufbauprojekt hier mit Grund festgesetzt, und zwar ziemlich niedrig. Wenn Sie soundso viel Mittel für Arbeitsplatzdarlehen und pro Arbeitsplatz einen Höchstbetrag von 3000 DM haben, so geht daraus schon hervor, daß der Mann, der mit diesem Projekt unterstützt wird, ein Eigenkapital dazulegen muß. Aus diesem Grunde muß es entsprechend gesichert sein. Mit 3000 DM allein können Sie ja keinen Arbeitsplatz aufbauen; da müssen Sie doch das Doppelte oder Dreifache aus eigenen Mitteln dazunehmen. Wenn dem aber so ist, dann kommt es doch darauf an, wieviele Arbeitsplätze ich aufbaue. Der Abs. 2 des § 283 will nicht Bestimmungen darüber treffen, wieviele Arbeitsplätze ich aufbaue, sondern darüber, in welchen Portionen ich diese Arbeitsplätze aufbaue, ob ich sie 10- oder höchstens 25-stückweise aufbaue oder ob ich auch einmal ein Objekt mit 200, 300 oder 400 Arbeitsplätzen schaffen kann. Jeder wirtschaftlich Vernünftige weiß ja, daß das möglicherweise die besten und sichersten Projekte sind. Hinter dem Antrag auf Streichung des § 283 Abs. 2 steckt doch nichts anderes als die einfache Überlegung, daß man, wie ich vorhin gesagt habe, Arbeitsbeschaffungsprojekte ebensowenig wie Betriebe willkürlich in Stücke zerhacken kann, sondern sie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gestalten muß, nichts anderes als die Erfahrungen des Soforthilfeamtes und des Kontrollausschusses, der ja weiß Gott seine Projekte nicht unnötigerweise jetzt bis zu 500 000 DM ausgedehnt hat.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu den §§ 282 und 283.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Vierten Abschnitt, zunächst zu § 276. Dazu liegt der Änderungsantrag der Gruppe der KPD auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 18 vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 276 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wir kommen zum zweiten Titel, § 277. Dazu liegt zunächst der Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Kather und Genossen vor.
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- Ja, ich sehe es eben, Herr Abgeordneter Seuffert. Der Antrag der KPD auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 19 ist der weitestgehende Antrag. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der Gruppe der KPD zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Die Anträge der Abgeordneten Dr. Kather und Genossen und des Abgeordneten Goetzendorff sind übereinstimmend; sie betreffen den Abs. 2 von § 277. Ich kann über diese beiden Anträge gemeinsam abstimmen lassen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Sitzungsvorstand ist einmütig der Überzeugung, daß das zweite die Mehrheit ist. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 277 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 277 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; § 277 ist angenommen.
Ich komme zu § 278. Der weitestgehende Antrag ist wiederum der Antrag der Gruppe der KPD auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 20. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 18. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Kather und Genossen auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 14. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 278 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der § 278 ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die § 279 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; der § 279 ist angenommen.
Zu § 280 komme ich zur Abstimmung über den Antrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 495 Ziffer 12. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag der Föderalistischen Union zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Dieser Antrag ist gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 280 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
- Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über § 281. Ich bitte die Damen und Herren, die § 281 zuzustimmen
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wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der § 281 ist angenommen.
Wir kommen zum Dritten Titel. Hierzu liegt der Antrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff vor, die §§ 282 und 283 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Dieser Antrag ist gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD zu § 282 auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 20. Wünschen Sie getrennte Abstimmung, Herr Abgeordneter Seuffert?
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- Nachher getrennte Abstimmung. - Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag der Fraktion der SPD zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das letztere war die Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Entsprechend dem Wunsch der Fraktion der SPD lasse ich über § 282 absatzweise abstimmen. Über Abs. 1 und 2 kann ich zusammen abstimmen lassen. Ich bitte die Damen und Herren, die Abs. 1 und 2 von § 282 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die große Mehrheit des Hauses; das ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die Abs. 3 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abs. 3 ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über § 283, zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 21, Abs. 2 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Streichungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Streichungsantrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 283 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Damit ist der Vierte Abschnitt erledigt.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zum Fünften Abschnitt, beginnend mit dem § 285. Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Dr. Weber. Ich darf sie bitten, das Wort zu nehmen.
Frau Dr. Weber ({3}) ({4}), Berichterstatterin: Meine Damen und Herren! Die produktive Leistung des Lastenausgleichs war, wie Sie eben gehört haben, für uns von ganz besonderer Bedeutung. Wir haben aber auch - und darin war der Ausschuß von einmütiger Geschlossenheit - Sorge zu tragen für die Alten, Erwerbsunfähigen, die keine Alters- und Invalidenversorgung mehr haben. Deshalb sollte eine Abgeltung von Vertreibungsschäden, Kriegssachschäden, Ostschäden und Sparerschäden für sie gültig werden. Die Regierungsvorlage sah eine Rente, und zwar eine gestaffelte Rente für die Geschädigten vor, und zwar unabhängig von anderen Einkünften. Wir, und zwar der ganze Ausschuß, waren jedoch der Meinung, daß diese Entschädigungsrente viel zu gering gewesen wäre und daß die Masse der Bedürftigen die öffentliche Fürsorge hätte in Anspruch nehmen müssen. Der Ausschuß hat sich deshalb zu dem Grundsatz der Versorgung und der Entschädigung
bekannt. Die Unterhaltshilfe soll eine bescheidene 1 Versorgung bedeuten. Hinzukommen soll eine Entschädigungsrente, die sich nach der Höhe der Schäden und auch nach dem Alter richtet. Es gibt nicht viele aus den Ostprovinzen, die dort eine Altersversorgung verloren haben. Aber auch, wenn es nur wenige sind, liegt darin eine so große Härte, daß wir uns für diese Menschen einsetzen mußten.
Die Altsparerentschädigung wird durch ein besonderes Gesetz geregelt. Auf jeden Fall wollte der Ausschuß, daß die alten, erwerbsunfähigen Sparer durch die Kriegsschadenrente versorgt würden, Kriegsschadenrente erhalten nur der unmittelbar Geschädigte und die Ehefrau, aber auch die alleinstehende Tochter, die die Eltern bis zu ihrem Tode gepflegt hat und vielleicht ein Vermögen geerbt hätte. Wer erhält die Kriegsschadenrente? Der Mann, der das 65. Lebensjahr vollendet hat, und die Frau, die das 60. Lebensjahr vollendet hat, und auch solche Personen, die zu 50 % erwerbsunfähig geworden sind. Es gab im Ausschuß eine lange Debatte darüber, ob wir nicht diejenigen Erwerbsunfähigen einbeziehen sollten, die nur ein Drittel der Einkünfte eines Gesunden erwerben können. Man wollte aber schließlich doch an dem Grundsatz des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes festhalten. Die Kriegsschadenrente ist ein Ausgleich für Vermögensschäden, sie tritt aber auch ein für Verlust der Berufs- und Existenzgrundlage.
Die Unterhaltshilfe lehnt sich an die Soforthilfe an. Wir haben aber - darauf mache ich ganz besonders aufmerksam - wesentliche Verbesserungen gegenüber der Soforthilfe eingebaut. Einkünfte bleiben teilweise unberücksichtigt, so die gesetzliche und freiwillige Unterhaltsbeihilfe von Verwandten, karitative Beiträge, zweckgebundene Sonderleistungen, Freibeträge für diejenigen, die durch Kriegsschaden und Unfallfolge erwerbsbeschränkt geworden sind, und auch die Grundrente der Kriegsopferversorgung. Außerdem haben wir besonders die Blinden und die Doppelamputierten berücksichtigt. Ferner soll eine gerechtere Anrechnung des Arbeitseinkommens erfolgen. Es werden nicht angerechnet freiwillige Zuwendungen vom Staat, freiwillige Leistungen auf Grund von Dienst- und Arbeitsverhältnissen, z. B. Werkpensionen.
Unterhaltshilfe wird nicht gewährt, wenn noch ein Vermögen über 5000 Mark vorhanden ist. Dabei muß allerdings festgestellt werden, daß die Verwertung des Vermögens zumutbar ist. Die Sätze der Unterhaltshilfe entsprechen denen der Soforthilfe. Die Teuerungszuschläge werden durch ein besonderes Gesetz geregelt. Grundsätzlich wird die Unterhaltshilfe auf Lebenszeit gewährt, besonders dann, wenn die Existenzgrundlage dauernd vernichtet ist. Begrenzt wird sie nur, wenn ein geringes Vermögen vorhanden war.
Jetzt komme ich an eine Klasse von Personen, die ebenfalls sehr darauf warten, daß für sie etwas geschieht. Für Vorzugsrentner, Liquidationsrentner und Kleinrentner des ersten Weltkrieges werden im wesentlichen die früheren Leistungen wiederhergestellt.
Neu ist bei der Unterhaltshilfe auch eine Krankenversorgung, die zusätzlich zu den Barbezügen der Unterhaltshilfe hinzutritt. Neu ist ferner eine Sterbegeldversorgung von 240 Mark bei einem Beitrage von 1 Mark bzw. 0,50 Mark für Ehegatten.
Die Entschädigungsrente, die zu der Unterhaltshilfe hinzutritt, ist im wesentlichen ein Ausgleich von Vermögensverlusten. Bei Verlust von großen
({5})
Vermögen sowie bei dem Verlust der beruflichen und sonstigen Existenzgrundlage tritt eine Rente ein. Diese Rente - das lesen Sie in dem schriftlichen Bericht - ist in vier Gruppen und nach dem durchschnittlichen Einkommen der Jahre 1937 bis 1939 gestaffelt. Es kann auch eine 4%ige Verzinsung des Grundbetrages der Hauptentschädigung zur Auszahlung kommen. Das ist gleichsam eine Tilgung der Hauptentschädigung für alte Leute. Diejenigen, die das 65. Lebensjahr überschritten haben, bekommen noch eine halbprozentige Mehrverzinsung, und sie steigert sich mit den Lebensjahren.
Die Entschädigungsrente ist an einen Einkommenshöchstbetrag gebunden, der 200 Mark für den Berechtigten, 50 Mark für die Ehefrau und 20 Mark für jedes Kind beträgt. Als Auffanggrenze ist ein Betrag angegeben, der das Eineinhalbfache des Einkommenshöchstbetrages ausmacht.
Unterhaltshilfe und Entschädigungsrente können jede für sich gezahlt werden, sie können aber unter bestimmten Voraussetzungen miteinander verbunden sein. Für die Entschädigungsgrenze muß eine genaue Schadensfeststellung erfolgen. Da diese manchmal lange dauert, haben wir eine Vorauszahlung vorgesehen für den Fall, daß ein Schaden von mindestens 20 000 Mark angemeldet werden kann.
Ich habe hier nur einen Teil des schriftlichen Berichts zusammengefaßt. Aber ich nehme an, daß die Öffentlichkeit - auch hier das Haus - sich für die Ärmsten der Armen interessieren sollte.
In einem Punkte waren wir im Ausschuß nicht einheitlicher Meinung, nämlich in der Frage des Beitrags der öffentlichen Haushalte, weil diese durch die Unterhaltshilfe in ihren Fürsorgeleistungen entlastet werden. Über diesen Beitrag von 250 Millionen DM ist in diesen Tagen schon viel gesprochen worden. Aber über den Kernpunkt der Kriegsschadenrente, über Unterhaltshilfe und Entschädigungsrente, über die Besserung der Soforthilfe, über alle Hilfsmaßnahmen für die Erwerbsunfähigen und Alten, waren wir im Lastenausgleichsausschuß einmütiger Auffassung.
({6})
Ich danke der Frau Berichterstatterin.
Ich rufe auf § 285. - Dazu liegen keine Wortmeldungen vor. Zu § 286 - ebenfalls nicht. § 287 - ebenfalls nicht. § 288 - keine Wortmeldungen.
§ 289. - Herr Abgeordneter Zawadil!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An und für sich bezweckt unser Antrag eine ganz kleine Änderung, und es ist heute auch nicht abzusehen, wie viele Menschen von dieser Änderung einen Vorteil erwarten können. Jedenfalls aber glauben wir,
({0})
eine Beteiligung des genannten Personenkreises für die Dauer der Nutznießung einer Kriegsschadenrente in dem speziellen Fall des § 289 Abs. 2 rechtfertigen zu können. § 289 Abs. 1 handelt von den Voraussetzungen, unter denen Kriegsschadenrente an Erwerbsunfähige gewährt wird. Der Abs. 2 handelt davon, daß zu diesem Personenkreis auch alleinstehende Frauen hinzugezählt werden können ohne Rücksicht auf ihr Lebensalter, sofern sie am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes für mindestens drei zu ihrem Haushalt gehörende Kinder zu sorgen haben, die das 15. oder, wenn sie noch
in Ausbildung stehen, das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Wir glauben, daß es ein sehr geringes Anliegen ist, wenn wir beantragen, die Fassung „das 18. Lebensjahr" zu ersetzen durch „das 19. Lebensjahr". Hierfür sind immerhin einige Gründe maßgebend. Gerade die Vertriebenen haben zwischen ihrer Vertreibung oder ihrer Umsiedlung nach hier lange Zeit mit ihren Kindern, mit ihrer ganzen Familie in Lagern, in KZ's oder in Zwangsarbeit ausharren müssen. Dadurch ist eine Unterbrechung der Schulzeit bzw. bei im Anfang des schulpflichtigen Alters stehenden Kindern eine Verzögerung des Schuleintritts erfolgt. Wenn es nach mir persönlich ginge, meine Damen und Herren, würde ich diese Begünstigung schon bei zwei Kindern gewähren und die Altersgrenze vielleicht sogar auf das 20. Lebensjahr erhöhen. Aber bitte, wenn Sie zustimmen, daß die Altersgrenze von 18 auf 19 Jahre erhöht wird, dann sind wir schon dankbar.
Ich erwähne - weil ich den Eindruck habe, daß Sie mit mir übereinstimmen - nur noch stichwortartig die Schwierigkeiten, die sich z. B. aus der innerdeutschen Umsiedlung für den Werdegang und die Schulausbildung des einen oder anderen Kindes ergeben haben und täglich ergeben. Ich verweise aber auch darauf, daß im Zuge dieser Umsiedlung und der dadurch verursachten Umstellung oft Rückversetzungen um 1 bis 2 Klassen notwendig geworden sind. Wie von dieser Stelle schon öfter ausgeführt wurde, sind die fremdsprachlichen Lehrfächer gerade in den mit Heimatvertriebenen überfüllten Ländern andere als in den Aufnahmeländern. Es ist bereits häufig vorgekommen, daß Kinder entweder den Schulbesuch überhaupt aufgeben oder der Ernährer auf die Umsiedlung verzichten mußte. Dem möchten wir etwas steuern und möchten die Gelegenheit bieten, daß in Fällen, wo es noch geht, die Ernährerin die Möglichkeit erhält, für ihre Kinder etwas länger zu sorgen, um so mehr, wenn die Ernährerin, die dazu noch Witwe ist, sich in einer sozial besonders ungünstigen Situation befindet.
Mit einem Satz möchte ich noch darauf hinweisen, daß wir mit unserer beantragten Änderung der vorliegenden Ausschußfassung auch in Anerkennung und Bejahung des Prinzips der Begabtenförderung handeln wollen.
Im übrigen mache ich darauf aufmerksam, daß in Kreisen der Erzieher immer stärker der Wunsch laut wird, den Schulbeginn überhaupt zu verlegen. Weite Elternkreise möchten nach Möglichkeit die Kinder nicht mit dem 6. oder 7. Lebensjahr in die Schule schicken, sondern erst mit dem 8., d. h. mit größerer Reife. Oft kann man auch feststellen, daß Eltern ihre Kinder so lange wie möglich in der Volksschule belassen, um ihnen eine längere Entwicklungsmöglichkeit bis zum späteren Besuch einer höheren Schule zu gewähren.
Bei dem in Frage stehenden Personenkreis handelt es sich - das betone ich noch einmal - nur um Halbwaisen, und bedenken Sie, daß vielfach ihrer drei von einer Witwe ernährt werden müssen! Ich glaube, unter diesem Gesichtspunkt werden Sie in unserem Änderungsantrag einen Sinn erkennen. Vielleicht sagen Sie auch den vielen, die im Augenblick nicht hier sind und dann vielleicht nur ablehnen, weil dieser Antrag zufällig von Herrn Kather und Genossen gestellt worden ist,
({1})
({2})
daß dieser Antrag immerhin Hand und Fuß hat,
({3})
damit bei der Abstimmung ein erfreuliches Ergebnis zustande kommt.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Goetzendorff.
Goetzendorff ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Zawadil beziehen. Ich beantrage, die Altersgrenze für die in der Berufsausbildung Befindlichen auf 20 Jahre zu erhöhen. Damit unterscheide ich mich ein klein wenig von dem Antrag Dr. Kather und Genossen. Ich berufe mich dabei auf statistische Erhebungen. Ich bin der Meinung, man sollte die jungen Leute belohnen, die es nicht verschmäht haben, noch im Alter von 17 Jahren, nämlich bei den besseren Möglichkeiten nach der Währungsreform, sich einer Lehre zu unterziehen. Ich habe in einigen niederbayerischen Kreisen Erhebungen angestellt und ermittelt, daß sich in 9 Kreisen zusammen 326 Neunzehnjährige in der Lehre befinden. Es wird also im Durchschnitt der Bundesrepublik eine ganz erkleckliche Anzahl derjenigen zusammenkommen, die sich noch mit 16 Jahren nicht zu alt fühlen, eine neue Lehre zu beginnen. Den Menschen, die also nicht nur Gelegenheitsarbeit machen, sondern sich der immerhin undankbaren Aufgabe unterziehen, mit 16 oder 17 Jahren einen Beruf zu ergreifen, den sie infolge der Kriegsereignisse nicht rechtzeitig ergreifen konnten, möchte ich helfen. Ich habe daher beantragt, die Altersgrenze auf 20 Jahre heraufzusetzen.
Herr Abgeordneter Renner!
Meine Damen und Herren, ich möchte zu diesem Thema, das eben angeschnitten worden ist, nur eine Feststellung treffen. Nach diesem Gesetzentwurf soll die alleinstehende Frau nur dann die hier vorgesehene minimale Hilfe erhalten, wenn sie für drei sorgebedürftige Kinder zu sorgen hat. Nach dem Bundesversorgungsgesetz genügt es für eine Frau unter denselben Lebensumständen, daß sie für mindestens ein Kind zu sorgen hat, um sie in den Genuß der Rente zu bringen. Was die Dauer des Bezugs für die Kinder angeht, so möchte ich darauf hinweisen, daß ebenfalls nach dem Bundesversorgungsgesetz für den Fall, daß sich Kinder noch in der Berufsausbildung befinden, die Möglichkeit besteht, die Bezüge für diese Kinder bis zum vollendeten 24. Lebensjahr auszuzahlen.
In Konsequenz meiner Ausführungen beantrage ich, diese Änderungen in dem zur Debatte stehenden Paragraphen in der Richtung vorzunehmen, daß bereits die Existenz eines sorgebedürftigen Kindes genügt und daß die Leistungen für Kinder im Falle der Berufsausbildung bis zum vollendeten 24. Lebensjahr gewährt werden können.
Ich bitte, den Antrag schriftlich zu überreichen, Herr Abgeordneter Renner.
Wünscht noch jemand das Wort? - Frau Abgeordnete Dr. Weber.
Ich möchte nur eine grundsätzliche Äußerung machen, die an uns, aber auch an die Regierung geht. Wir stellen fest, daß die einzelnen Paragraphen der verschiedenen sozialen Gesetze zum Teil nicht zueinander passen. Wir haben in manchen sozialen Gesetzen diese Bestimmungen, und in anderen haben wir andere. Ich möchte daher als großen Wunsch hier zum Ausdruck bringen, daß die verschiedenen Sozialgesetze einander angepaßt werden. Daß das jetzt in einzelnen Bestimmungen getan werden kann, ist, glaube ich, nicht möglich.
({0})
- Nicht wahr, diese Verschiedenartigkeit ist tatsächlich ein Mangel, und es müßte bald etwas zur Besserung geschehen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 289.
Zu § 290 liegt kein Änderungsantrag vor. - Keine Wortmeldungen.
§ 291. Herr Abgeordneter Renner!
Meine Damen und meine Herren! Ich halte mich für verpflichtet, einiges zur Erklärung und Erläuterung unseres Antrags zu § 291 des Entwurfs zu sagen. Nach den Ausführungen der Frau Berichterstatterin wissen wir bereits, daß die Kriegsschadenrente in zwei verschiedenen Formen gewährt wird, daß sie aber als Unterhaltshilfe nur dann gewährt werden kann, wenn das Einkommen eine bestimmte Höhe nicht übersteigt oder wenn dauernde Erwerbsunfähigkeit nach der Sozialversicherungsgesetzgebung vorliegt. Mit § 289, soweit er sich auf die alleinstehenden Witwen bezieht, haben wir uns ja schon eben auseinandergesetzt. Nun zur Unterhaltshilfe. Nach dem vorliegenden Entwurf wird diese Unterhaltshilfe gewährt, wenn die Einkünfte des Berechtigten insgesamt für ihn allein '70 DM, für die mit ihm zusammenlebende Ehegattin 30 DM und für jedes bezugsberechtigte Kind im Sinne des § 289 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes 20 DM nicht übersteigen. Das heißt, daß die Unterhaltshilfe nur dann gewährt werden kann, wenn das Einkommen einer Normalfamilie - Mann, Frau und zwei Kinder - den Betrag von 140 Mark nicht übersteigt.
Ausgehend von dieser Feststellung müssen wir uns einmal mit dem Abs. 2 Ziffer 2 etwas näher beschäftigen, der die Sonderregelung bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen zum Inhalt hat. Es heißt in diesem Abs. 2 Ziffer 2, daß zweckgebundene Sonderleistungen einmaliger oder laufender Art, insbesondere Pflegezulagen, unberücksichtigt bleiben sollen. Es heißt dann in bezug auf die Rentenleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz, daß die Grundrente unberücksichtigt bleiben soll. Ich knüpfe einmal bei diesem Problem der Freilassung der Grundrente an. Ihnen allen, meine Damen und Herren, ist sicherlich in den letzten Tagen ein Schreiben des Verbandes der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen usw., des VdK, zugegangen. Ich darf sagen, daß die gleichlautende Konzeption auch von der Leitung des Reichsbundes der Kriegsbeschädigten vertreten wird. Es heißt da zu dem Problem der Freilassung der Grundrente folgendermaßen:
Im Abs. 2 a) ist die Grundrente des Bundesversorgungsgesetzes als Freibetrag zu Recht
abgesetzt worden, aber in dem Irrtum, daß
({0})
hiermit die zweckgebundenen Sonderleistungen abgegolten sein könnten.
Die Grundrenten nach dem BVG dienen Beschädigten, Witwen und Waisen als Ausgleich für die Mehraufwendungen oder Ausgaben, die einem gesunden Menschen nicht erwachsen, oder für Ausfälle an wirtschaftlichen Vorteilen aus einer Betätigung außerhalb des Berufes bzw. als gewissen Ausgleich für den durch die Folgen einer Schädigung vorzeitig eingetretenen Verlust des Ehemannes, Vaters und Ernährers. Diese Bezüge sind also Leistungen aus besonderem Anlaß. Sie haben nicht den Charakter einer Versorgungsrente, weshalb sie neben jedem Einkommen zu gewähren sind und nicht auf die Lastenausgleichsleistungen angerechnet werden dürfen.
Der Entwurf des Lastenausgleichsgesetzes in der Ausschußfassung folgt diesem Gedanken nur zum Teil, weil er lediglich die Beschädigten berücksichtigt, Witwen und Waisen aber ausschließt. Außerdem würden, wenn mit den Grundrenten zweckgebundene Sonderleistungen als abgegolten gelten sollen, gerade die Schwerstbeschädigten benachteiligt.
Pflegezulagen, Führhundzulagen sowie Pauschbeträge für größeren Kleider- und Wäscheverschleiß und dergleichen werden für die erhöhten Auslagen bezüglich dieser Bedürfnisse im Einzelfalle festgestellt und bewilligt. Sie haben also mit den allen Beschädigten erwachsenden Mehraufwendungen nichts zu tun. Diese zweckgebundenen Sonderleistungen müßten darum stets in vollem Umfange bei der Feststellung des Einkommenshöchstbetrages für die Unterhaltshilfe neben der Grundrente zusätzlich außer Ansatz bleiben.
Wir Kommunisten haben von jeher diesen
Charakter der Rente verteidigt. Diese Gedankengänge habe ich bereits bei früheren Auseinandersetzungen mehrfach von dieser Stelle aus vorgetragen. In Konsequenz dieser Auffassung, die von
den entscheidenden Kriegsopferorganisationen des
Bundesgebiets vollinhaltlich geteilt wird, haben
wir beantragt, daß Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz nicht als Einkünfte gemäß § 291
Abs. 2 gelten sollen.
In dem Entwurf des Ausschusses ist auch die Frage der Nichtanrechnung der eigentlichen Invalidenrente, der Altersrente und der Angestelltenpension vollkommen offengeblieben. In dem Gesetz sind Nichtanrechnungsbestimmungen nur für Rentenleistungen und sonstige Einkünfte enthalten, die Kinder beziehen. Es heißt in § 291 Abs. 2 Ziffer 5, daß Rentenleistungen dieser Art, wenn sie je Kind den Betrag von 50 DM monatlich nicht übersteigen, nur bis zu 20 DM angesetzt werden.
Sie haben den alten Text, der inzwischen abgeändert worden ist, Herr Abgeordneter Renner; es liegt ein neuer Text vor!
Nein, ich habe den richtigen. Wir haben beantragt, § 291 Abs. 2 Nr. 5 folgende Fassung zu geben:
5. Rentenleistungen und sonstige Einkünfte, die Kinder ({0}) beziehen oder die der Berechtigte als Zulage für Kinder erhält, bleiben außer Ansatz.
Das möchte ich vorerst einmal zu dem § 291 sagen. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß man
keine Differenzen in bezug auf die Einkommensfreigrenze schaffen darf, wie sie hier in diesem Gesetzentwurf niedergelegt sind. Stellen Sie doch nur einmal als Beispiel zwei Menschen nebeneinander, denjenigen, der außer der Invalidenrente, außer seiner Kriegsopferversorgungsrente keine Bezüge hat, und den Mann, der zwar die Altersgrenze erreicht hat, aber noch in der Lage ist, aus eigener Arbeitsleistung gewisse Beträge - die bei der Normalfamilie sogar bis zu 160 DM gehen können - zu verdienen, um noch in den vollen Genuß dieser Bezüge zu kommen. Das ist ein Unrecht, das ist eine derart ungerechtfertigte und verschiedenartige Behandlung dieser Personen, die nach Ihrer Auffassung doch gleiche Rechte haben sollen, daß man meines Erachtens den § 291 in der Ausschußfassung nicht akzeptieren kann.
Wir bitten Sie - ich weise noch einmal darauf hin: in vollem Einverständnis auch mit der Auffassung der entscheidenden Kriegsopferverbände -, unserem Antrag stattzugeben und sowohl die Einkommensfreigrenze entsprechend unserem Antrag heraufzusetzen wie auch zu beschließen, daß alle Rentenbezüge aus der Sozialversicherungsgesetzgebung - also Invalidenrente, Altersrente, Knappschaftsversicherungsrente, Angestelltenpension, Unfallrente usw. usw. - sowie auch Arbeits- und sonstige Einkommen bis zu der in unserem Antrag festgelegten Höhe nicht als Einkünfte angerechnet und demzufolge bei der Berechnung der eigentlichen Bezüge nicht in die Waagschale geworfen werden.
Wünscht zu § 291 noch jemand das Wort? - Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anträge der Kommunistischen Partei berücksichtigen natürlich nicht die Gesichtspunkte, die wir sehr sorgfältig bei der Ausmessung dieser Renten zugrunde gelegt haben. Dagegen muß ich folgendes bemerken. Uns liegen Anregungen des Verbandes der Kriegsbeschädigten vor, die darauf hinweisen, daß die Pflegezulagen, Führungszulagen usw. nicht in der richtigen Weise behandelt worden seien und die Zulagenempfänger offenbar - wenigstens nach diesen Ausführungen - nach der heutigen Fassung des Gesetzes nicht zu ihrem Recht kämen. Es ist tatsächlich so, daß diese Pflegezulagen natürlich nicht als Einkünfte im Sinne des Gesetzes abgezogen werden dürfen.
({0}) Wir müssen, das muß ich sagen, diese Anregungen noch näher prüfen, insbesondere hinsichtlich ihrer technischen Einfügung in das Gesetz. Da wir bekanntlich unsere Anträge sehr genau prüfen, werden wir auch diesmal unsere Stellungnahme nicht bei der Novelle oder dem Roman, der da hinterher kommt, sondern bis zur dritten Lesung dieses Gesetzes vorbringen.
Frau Abgeordnete Dr. Weber.
Was ich eben gesagt habe, möchte ich im Anschluß an das, was ausgeführt ist, noch einmal wiederholen. Die Paragraphen mancher Sozialgesetze sind im Vergleich zu manchen Bestimmungen des Lastenausgleichsgesetzes verschiedenartig, so daß eine Angleichung aller Sozialgesetze erfolgen muß. Es wurde ja eben schon gesagt, daß bis zur dritten Lesung noch eine Aussprache darüber erfolgen soll. Es klafft wirk({0})
lieh ein Unterschied zwischen den Paragraphen
dieser und jener Sozialgesetze - die Sozialgesetze
stehen ferner in einer unaufhörlichen Entwicklung
- und den Bestimmungen, die wir nach reiflicher Überlegung in den Lastenausgleich hineingebracht haben. Ich meine also, daß wir, auch wenn wir das Gesetz in dieser Form annehmen, uns eine Stellungnahme zu diesen Bestimmungen bis zur dritten Lesung noch vorbehalten.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 291.
Ich rufe gemeinsam die §§ 292, 293 und 294 auf.
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- Herr Abgeordneter Renner!
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- Zu § 292? - Bitte schön, ich wollte Ihnen das Wort geben. Wollen Sie nicht zweckmäßigerweise gleichzeitig auch die Anträge zu den §§ 293 und 294 begründen?
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Meine Damen! Meine Herren! Das Problem, das in dem § 292 seinen Niederschlag findet, der Einsatz von vorhandenem Vermögen im Falle der Bedürftigkeit bzw. bei Geltendmachung von Ansprüchen auf öffentliche Wohlfahrtsunterstützung, ist ja dem Fachmann ein seit Jahrzehnten bekanntes Problem. Wenn man aber von dem Gedanken ausgeht, daß diese Rente nicht nur ein Schadensersatz sein soll, sondern auch eine Versorgung, dann bin ich der Auffassung, daß es untragbar ist, einem Berechtigten zuzumuten, sein gerettetes Vermögen, soweit es den Betrag von 5000 DM übersteigt, zur Bestreitung seines Lebensunterhalts unter den in den vorhergehenden Paragraphen festgelegten Bestimmungen einzusetzen. Hier handelt es sich doch um alte Leute, um arbeitsunfähige Menschen, um Invaliden, die mindestens 65 Jahre alt sein müssen; hier handelt es sich um Frauen, die ihre sorgebedürftigen Kinder versorgen müssen. Diese Personen nur können eventuell unter den § 292 fallen. Ich bin der Meinung, daß man nicht verlangen darf, ein derart minimales Vermögen einzusetzen, daß das einfach nicht zumutbar ist, auch nicht zumutbar nach den bisher in der allgemeinen öffentlichen Wohlfahrtspflege geltenden Grundsätzen..
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- Nein! Es gibt heute, lieber, verehrter Herr Kunze, bei uns in Nordrhein-Westfalen Städte, Gemeinden, die nicht so weit gehen, wie das hier niedergelegt ist.
Darf ich Ihnen das einmal beweisen! Nehmen wir einen Zinssatz von 5 % an, dann ergeben diese 5000 DM einen Jahresdurchschnittszinsbetrag von 250 DM. Das sind, umgerechnet auf den Monat, 20 DM. Wir haben in allen Wohlfahrtsverbänden von Nordrhein-Westfalen Freigrenzen, die höher als diese 20 DM pro Monat sind. Das ist doch eine Tatsache, an der nicht zu rütteln ist. Wie will man es verantworten, eine Regelung zu treffen, daß aus gerettetem minimalem Vermögen in einem derartigen Fall noch zusätzlich etwas eingesetzt werden soll? Das ist nicht zu verantworten. Darum haben wir auch beantragt, daß dieser § 292 gestrichen wird. Wir bitten Sie wirklich dringend und herzlich, diesem unserem Antrag zuzustimmen. Man kann das wirklich nicht verantworten, was in dem Entwurf niedergelegt ist.
Wollen Sie nicht Ihre Änderungsanträge zu den §§ 293 und 294 auch gleich begründen, Herr Abgeordneter Renner?
Nun zu § 293. Das ist der Paragraph, in dem die Höhe der Unterhaltshilfe geregelt ist. Die verehrte Frau Berichterstatterin hat erklärt - ich habe das schon einmal gesagt -, daß die Unterhaltshilfe nach dem Prinzip der Versorgung - ({0})
- Ja, ganz recht! In Ihrem schriftlichen Bericht steht, daß diese Unterhaltshilfe der „soziale Sockel" sein soll
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und daß er eine „bescheidene Vollversorgung" darstellen solle. Ich weiß wirklich nicht, woher man diese „Bescheidenheit" nimmt.
({2})
- Ja, das ist wirklich bescheiden, Frau Weber. Diesen bescheidenen Betrag für die Normalfamilie
- Mann, Frau und zwei Kinder -, der nach diesem Vorschlag 140 DM pro Monat beträgt,
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als einen „sozialen Sockel" und als eine „bescheidene Vollversorgung" zu bezeichnen, - diese Bescheidenheit geht mir zu weit, Frau Kollegin. So bescheiden sollten nicht einmal Sie sein.
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- Die Teuerungszuschläge stehen vorläufig auf dem Papier.
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- Vorläufig stehen sie noch auf dem Papier. Diese Sätze - und das ist das Entscheidende -, die laut vorliegendem Bericht der Frau Berichterstatterin darin niedergelegt sind, sind dieselben Sätze wie die des Soforthilfegesetzes.
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-- Schön, schön; also ich stelle fest: im Gesetz liegt verankert, daß ein Betrag von 140 DM pro Monat für die Normalfamilie - Mann, Frau und zwei Kinder - gegeben werden soll. Daran ist nun einmal nichts zu ändern.
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Die Frau Kollegin Weber hat hier, wie sie sagt, auf die Tatsache hingewiesen, daß die in diesem Gesetz jetzt gewährte Hilfe eine finanzielle Entlastung für die Gemeinden ist,
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weil sie den Personenkreis der Berechtigten aus dem Kreis der Wohlfahrtsunterstützungsempfänger heraushebt. Frau Kollegin Weber, das ist ein Trugschluß. Die ungenügenden Wohlfahrtsrichtsätze, die wir zu Hause in unserem schönen Essen zahlen, liegen für die Normalfamilie um etwa 40 DM höher als der Satz, der in diesem Gesetz enthalten ist. Aber dazu kommt noch etwas anderes, dazu kommt ja noch der Mietzuschuß, der bis zu 50 DM im Monat gehen kann, und dazu kommen ja noch diese zusätzlichen Leistungen wie etwa Weihnachtsbeihilfe, Winterbeihilfe; dazu kommen auch noch die Leistungen aus der ergänzenden öffentlichen Fürsorge im Falle von Erkrankung, im Falle von Mehrbedarf bei besonderer Not. Was wir hier
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im Gesetz haben, liegt also unter dem kommunalen Wohlfahrtsrichtsatz;
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es liegt vor allem bei Familien, die zwei oder mehr Kinderhaben, darunter.
Nun noch etwas anderes zu der Geschichte. Unterhaltshilfe kann nach dem Gesetz auf Lebenszeit oder auf Zeit gezahlt werden, und zwar auf Zeit - und das ist sehr, sehr charakteristisch für den Geist, der dieses Gesetz durchzieht -, wenn das verlorene Vermögen so gering war, daß es ohnehin nicht eine dauernde Altersversorgung gesichert hätte. Was liegt darin, meine Damen und Herren? Man macht die Gewährung dieser Rente von dem vor Eintritt des Schadens vorhandenen Einkommen abhängig und gibt sie nun auf Lebenszeit, wenn das Einkommen diese 5000-Mark-Grenze übersteigt.
Und noch etwas Eigenartigeres, etwas Bezeichnenderes! Man rechnet das, was man in Form dieser Rente gibt, auf die Hauptentschädigung um. Man schenkt also nichts. Man unterstellt diesen Personenkreisdenselben Bedingungen, ja sogar noch schlechteren Bedingungen, als sie in den Gemeinden bei uns im Lande generell bestehen für die sogenannten Ortsarmen, die Wohlfahrtsempfänger.
Noch etwas sehr Eigenartiges an diesem Gesetz! Die Entschädigungsrente, von der das Gesetz in den §§ 303 ff. spricht, kann entweder neben der Unterhaltshilfe oder für sich allein gewährt werden. Wer nach dem Gesetz Unterhaltshilfe bezieht, kann daneben Entschädigungsrente erhalten, wenn der Grundbetrag seiner Hauptentschädigung 5000 DM übersteigt oder wenn er den Verlust eines überdurchschnittlich hohen Einkommens geltend machen kann. Wir haben da also eine in der Höhe gestaffelte Rentenversicherung - Schaden, Verlust der Existenzgrundlage -, die in ihrer Höhe entscheidend davon abhängig ist, was der Geschädigte an Einkommen verloren hat. Aber wir haben bei dem, der auch schon vorher nichts oder nur wenig hatte, den Tatbestand, daß die Leistungen für ihn unter dem kommunalen Wohlfahrtsrichtsatz liegen. Den ethischen Verlust, von dem man bei der Propaganda so sehr oft und gern spricht, den ein nach diesem Gesetz Berechtigter mit dem Verlust seiner Heimat erlitten hat, den wägen Sie, materiell und von den Leistungen dieses Gesetzes her gesehen, absolut nicht. Ihnen kommt es nur darauf an, zu entschädigen, was vorher an Eigentum da war. Darum sind wir der Meinung, daß dieser § 292 zu streichen ist und daß § 293 folgenden Wortlaut haben soll:
({11}) Die Unterhaltshilfe beträgt für den Berechtigten monatlich 100 DM.
- Statt der hier vorgesehenen 70 DM. ({12}) Die Unterhaltshilfe erhöht sich um monatlich 40 DM für den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder für eine Pflegeperson, deren der Berechtigte wegen besonderer Gebrechlichkeit bedarf und um monatlich 30 DM für jedes Kind im Sinne des § 291.
In unserer Forderung ist also festgehalten, daß die Unterhaltshilfe für die Normalfamilie 140 DM plus 2 mal 30 DM - das sind 200 DM - betragen soll. Niemand wird behaupten können, daß diese Rente zu hoch ist, daß sie über das Minimale hinausgeht, worauf ein Mensch unter den heutigen Bedingungen und Lebenshaltungskosten einen Anspruch hat. Wir sind darüber hinaus auch der Meinung, daß dieser Personenkreis ein Recht darauf hat, aus eigener minimaler Arbeitsleistung sich zu diesen Sätzen, die nur gleich hoch wie die Wohlfahrtsrichtsätze sind, etwas hinzuzuverdienen.
Ich will nur noch auf zwei weitere Dinge eingehen. Das ist einmal die ,Krankenversorgung nach § 300 dieses Gesetzes. Diese Krankenversorgung entspricht den Leistungen, auf die auch jeder Wohlfahrtsunterstützungsempfänger einen Anspruch hat.
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- Aber nur in sehr rückständigen Gemeinden. außerordentlich rückständigen Gemeinden. Ich kenne in Nordrhein-Westfalen keine Gemeinde größeren Umfangs, in der diese Krankenversorgung nicht für jeden Wohlfahrtsempfänger gilt. Aber noch etwas anderes kommt 'hinzu. Frau Weber. Sie verlangen ja, daß die Gemeinden für diese Aufwendungen an den Bund etwas zurückerstatten sollen. Auf die Höhe komme ich bei einem späteren Paragraphen noch zu sprechen.
Und das Sterbegeld? Ja, wissen Sie, das kommt mir beinahe etwas frivol vor. 240 DM! Nun gut, damit kann man einen Menschen bescheiden unter die Erde bringen. Aber warum sind Sie so mit einem leichten Satz daran vorbeigegangen, daß dieses Armenbegräbnis, auf das der Berechtigte nach Ihrer Meinung einen Anspruch haben soll - für 240 DM ist das eine Armenbeerdigung und gar nichts anderes -, noch durch eigene Beitragsleistungen von ihm selber und von der Masse der Berechtigten erkauft werden soll? Wahrlich, das ist sogar unter Einschaltung Ihres Begriffes von sozialer Verpflichtung etwas allzusehr bescheiden. Was sie tun, das sind für die Alten, die Armen, die Kleinen, die Kinder Unterstützungssätze, wie sie sogar von der örtlichen Armenfürsorge zum Teil überschritten werden. Das sollten Sie sich einmal überlegen. Aus dieser Überlegung gibt es nur einen Schluß, nämlich den, unseren Anträgen zuzustimmen.
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Es steht noch ein Änderungsantrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 495 Ziffer 13 aus, der zu begründen wäre. Wer soll den Antrag begründen? ({0})
- Es meldet sich niemand zum Wort. Dann ist die Besprechung der Paragraphen bis einschließlich § 294 abgeschlossen.
§§ 295, - 296, - 297, - 298, - 299. -§ 300. Hier ist ein Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Umdruck Nr. 510 angekündigt. Das Wort zur Begründung hat Frau Abgeordnete Krahnstöver.
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Diese kleine Kontroverse mit Herrn Kunze beweist, daß er eingesehen hat, daß es einfach eine technische Angelegenheit ist. Wenn es dem Ausschuß rechtzeitig eingefallen wäre, hätte er diese Änderung wahrscheinlich schon gleich gemacht. Aber als uns unsere Kollegen darauf aufmerksam gemacht haben, daß es zu
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Schwierigkeiten kommen würde, wenn wir diese Formulierung nicht fänden, war es zu spät. Sonst würde wahrscheinlich die Sache von vornherein in Ordnung gewesen sein.
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- Ich darf annehmen, daß Sie unserem Vorschlage zustimmen werden.
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§§ 301, - 302, - 303, - 304, - 304a, - 305, - 306, - 306 a, -307. Damit wäre der dritte Titel aufgerufen. - Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung, und zwar beginnen wir bei § 285. Ich lasse zunächst abstimmen über die Änderungsanträge, erstens über den Änderungsantrag zu § 289 auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 15, einen Antrag des Abgeordneten Dr. Kather. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Das ist offensichtlich die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
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- Ich bitte um Entschuldigung! - Wer für die Annahme dieses Änderungsantrages auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 15 ist, den bitte ich die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Im Präsidium besteht kein Einverständnis. Wir müssen das im Wege des Hammelsprungs entscheiden.
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Ich bitte, die Türen zu schließen. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen. ({2})
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Abstimmung ist geschlossen.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung ist: Mit Ja haben zu dem Antrag Umdruck Nr. 496 Ziffer 15 gestimmt 174 Mitglieder des Hauses, mit Nein 123, und 5 haben sich enthalten. Damit ist dieser Änderungsantrag angenommen.
Ich lasse nunmehr abstimmen über den Antrag Goetzendorff, Umdruck Nr. 499 Ziffer 20. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die große Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr abstimmen zu § 289 Abs. 2 und 3 über den Antrag des Abgeordneten Renner. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die große Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr abstimmen über den Antrag Umdruck Nr. 498 Ziffer 23 zu § 291. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
- Gegenprobe! - Das ist die große Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 498 Ziffer 24 zu § 292. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
- Gegenprobe! - Das ist die große Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Zum selben Paragraphen lasse ich abstimmen über den Antrag der Föderalistischen Union, Umdruck Nr. 495 Ziffer 13. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die große Mehrheit; gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Nunmehr zum Änderungsantrag Umdruck Nr. 498 Ziffer 25 zu § 293. Wer für die Annahme des Änderungsantrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die große Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Antrag Umdruck Nr. 498 Ziffer 26 zu § 294. Wer für die Annahme des Antrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Große Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr zum Antrag Umdruck Nr. 510 zu § 300; Antrag der SPD. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Scheint einstimmig angenommen zu sein. Ich glaube, man kann auch Handzeichen interpretieren.
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- Es ist aber manchmal notwendig, Herr Kollege Schütz. - Damit ist über alle Änderungsanträge bis einschließlich § 307 abgestimmt.
Ich lasse nunmehr abstimmen über die §§ 285 bis 307. Wer für die Annahme dieser Paragraphen in den nunmehr beschlossenen Fassungen bzw. in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die große Mehrheit.
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- Gegen einige Enthaltungen sind diese Bestimmungen angenommen.
Ich rufe auf die §§ 308, - 309, - 310, - 311, -312, - 313. Hier ist ein Änderungsantrag Umdruck Nr. 496 Ziffer 16 angekündigt. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Trischler zur Begründung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Änderungsantrag ist von nicht so großer Bedeutung; vielleicht wird er auch hinfällig. Wir wollten uns nur sichern. Es handelt sich hier darum: wenn jemand Anspruch auf Kriegsschadenrente und Aufbaudarlehen hat, dann muß er sich selbst entscheiden, was er haben will. Hat er aber nun - so heißt es - Aufbaudarlehen bekommen, kann er keine Kriegsschadenrente erhalten, bis das Darlehen zurückerstattet ist. Nun kann es Fälle geben, daß jemand, der die 2000 DM Darlehen bekommen hat, sagt: Ich habe aber kein Geld, sie zurückzuerstatten. Darum wollen wir den Antrag so ergänzen, daß die Beträge so lange zurückgehalten werden, bis die 2000 DM abgedeckt sind, und dann läuft die Kriegsschadenrente weiter. Wenn das so im Sinne der Berichterstatterin auszulegen ist, dann ziehe ich den Antrag zurück. Dann kann diese Frage in der Durchführung geregelt werden:
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- Wenn es so ausgelegt wird, ist es in Ordnung. Dann ziehe ich den Antrag zurück.
Ich bitte den Herrn Berichterstatter zur Klärung der Frage hier von der Tribüne des Hauses zu sagen, ob Sie mit dieser Auslegung einverstanden sind.
Kunze ({0}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausschußbe({1})
ratungen und dem Ausschußprotokoll ist diese Auslegung selbstverständlich. Es braucht in Zweifelsfällen nur durch eine Verwaltungsanweisung geklärt zu werden, damit einheitlich verfahren wird.
Ich stelle also fest, daß Sie den Antrag zurückziehen.
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- Gut!
Zu § 314 liegt kein Änderungsantrag vor. - Meine Damen und Herren, es ist vereinbart worden, heute nur bis § 314 zu verhandeln. Wir werden morgen früh von § 315 ab weiterverhandeln.
Ich lasse nunmehr abstimmen. Ich brauche über keinen Änderungsantrag abstimmen zu lassen. Wer
mit den §§ 308 bis 314 in der Ausschußfassung einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen einige Enthaltungen angenommen.
Meine Damen und Herren, wir sind damit für heute am Ende unserer Beratungen angelangt.
Ich habe noch bekanntzugeben, daß morgen vormittag um 8 Uhr 45 Fraktionssitzungen der Regierungsparteien stattfinden werden.
Ich berufe die nächste Sitzung des Bundestags auf morgen, den 9. Mai, um 10 Uhr vormittags und schließe die 209. Sitzung des Deutschen Bundestags.