Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 208. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es sucht für längere Zeit um Urlaub nach Abgeordneter Sander für weitere vier Wochen wegen Krankheit. Der Präsident hat Urlaub erteilt für drei Tage den Abgeordneten Juncker, Ribbeheger und Dr. Veit, für zwei Tage dem Abgeordneten Hedler. Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Dr. Jaeger ({0}), Agatz, Rische und Richter.
Ich darf annehmen, daß Sie mit der Erteilung des Urlaubs für Herrn Abgeordneten Sander über eine Woche hinaus einverstanden sind. - Das ist der Fall.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß wir heute wieder eine Beendigung der Sitzung etwa um 8 Uhr in Aussicht nehmen und von einer Mittagspause absehen, aber vorsehen, daß in der Zeit von 1 bis 3 Uhr mittags Abstimmungen nicht stattfinden und die Abstimmungen nach 3 Uhr nachgeholt werden, soweit sie anfallen. Das Haus ist mit dieser Regelung einverstanden? - Das ist der Fall.
Ich rufe dann auf den einzigen Punkt der heutigen Tagesordnung:
Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich ({0}).
Wir waren gestern bis § 18 b gekommen.
Ich rufe auf § 19. Zu § 19 liegen mehrere Änderungsanträge vor. Wer wünscht den Antrag der Fraktion der SPD zu begründen? - Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben Ihnen auf Umdruck Nr. 492 unter Ziffer 4 unsern Antrag zu § 19 vorgelegt, der bezweckt, Aktien, Kuxe, sonstige Anteile sowie Genußscheine an Kapitalgesellschaften, die ihren Sitz im Bundesgebiet haben, nur dann außer Ansatz zu lassen, wenn sie vor dem 21. Juni 1948 weder zum amtlichen Verkehr noch zum Freiverkehr bei einer deutschen Börse zugelassen waren. Der Bundesrat hat diese Aktien bekanntlich mit dem halben Kurswert ansetzen wollen. Die Ausschußmehrheit hat aber die Heranziehung der Aktien überhaupt abgelehnt.
Ich gebe gern zu, daß es sich hier nicht um ein außerordentlich hohes Aufkommen handeln kann, wenn man die Aktien nach unserem Vorschlag heranzieht. Wir können aber nicht gelten lassen, daß es sich bei der Heranziehung der Aktien wirklich um eine Doppelbelastung einer Vermögenssorte handeln würde. Man sagt nämlich, der Wert der Aktien werde j a schon dadurch gemindert, daß die Aktien bei ihren Gesellschaften belastet werden, also durch die Belastung der Gesellschaften. Wer die Kursentwicklung mit angesehen hat, weiß, daß das in gar keiner Weise der Fall ist, und niemand draußen wird es verstehen - und mit Recht nicht verstehen -, wenn man die Aktien mit dieser Begründung von der Heranziehung zur Vermögensabgabe freilassen wollte. Nicht nur aus optischen Gründen, die so oft ins Feld geführt werden, sondern auch wegen der materiellen Bedeutung, wenn sie auch in Zahlen ausgedrückt im Gesamtaufkommen gewiß nicht überbewertet werden darf, bitte ich Sie doch, unserem Antrag zuzustimmen und etwas Ganzes zu tun, sie nämlich mit ihrem vollen Steuerwert heranzuziehen und sich nicht nur mit der Hälfte zu begnügen.
Darf ich nun zunächst Herrn Abgeordneten Bertram bitten, zu dem Antrag der Föderalistischen Union das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Föderalistischen Union nimmt fast wörtlich den Antrag des Bundesrates wieder auf, nämlich die Aktien zur Hälfte zu belasten. Gegen diesen Vorschlag des Bundesrates ist in den Vorverhandlungen eine ganze Reihe von Einwendungen erhoben worden; aber ich glaube, ich kann Ihnen zeigen, daß diese Einwendungen sachlich nicht zutreffend sind.
Wenn zunächst einmal der Einwand der Doppelbelastung gemacht worden ist, so ist demgegenüber zu sagen, daß dieser Einwand steuerrechtlich nicht durchschlägt. Es ist selbstverständlich, daß beispielsweise das Gesellschaftsvermögen einerseits und der Aktienbesitz andererseits zur Vermögensteuer selbständig herangezogen werden. Das gleiche gilt bei der Körperschaft- und der Einkommensteuer. Der Grund für diese gesetzgeberische Regelung ist einleuchtend. Die Steuern sollen das Vermögen des Pflichtigen treffen, nicht das Objekt. Während Aktien im Privatbesitz den erheblichen steuerlichen Freibeträgen für natürliche Personen z. B. unterfallen, ist eine Mindestbesteuerung für unbeschränkt steuerpflichtige juristische Personen nach einem Vermögen von 15 000 bis 20 000 DM festgesetzt. Außerdem sind die Werte der verschiedenen Massen ganz verschieden. Es handelt sich um völlig getrennte Vermögensmassen, und zwar einmal um das Gesellschaftsvermögen. Dieses Gesellschaftsvermögen besteht aus einem Inbegriff von Sachen, Rechten und anderen Vermögensgegenständen, von denen die Verbindlichkeiten abzuziehen sind, während das Gesellschaftskapital eine feste Summe bleibt, die mit dem Gesellschaftsvermögen im Laufe der Zeit eine immer geringere, fast nur geschichtliche Bindung hat. Es würde zu ganz unsinnigen Ergebnissen führen, wenn man die Besteuerung des Gesellschaftsvermögens und der Anteilsrechte nicht gesondert durchführen wollte. Es ist zwar theoretisch von einigen bei der Besteuerung der Einwand erhoben worden, daß man die Besteuerung ändern solle. Praktisch ist aber dieser Zustand der selbständigen Besteuerung des Gesellschaftsvermögens einerseits und der Anteilsrechte in der Hand der Pflichtigen andererseits niemals geändert worden; deshalb muß dieser steuerrechtliche Grundsatz auch für das Lastenausgleichsgesetz gelten.
Die Aktiengesellschaft ist eine selbständige juristische Person. Sie und nur sie allein ist die Eigentümerin ihrer Grundstücke, ihrer beweglichen Sachen, Trägerin der sonstigen Rechte, Gläubigerin ihrer Forderungen und Schuldnerin ihrer Gläubiger. Die Aktionäre haben keinen unmittelbaren Einfluß auf diese Vermögensgegenstände. Namentlich haften sie auch nicht für die Schulden der Aktiengesellschaft. Gerade dieser Grundsatz ist es,
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der eine solche Forderung, wie sie zum Lastenausgleichsgesetz von den Vertretern der Streichung oder Befreiung des Aktienbesitzes vorgebracht worden ist, ausschließen sollte. Würde man nämlich den Grundsatz der Identität verfolgen, dann müßte man den Grundsatz auch bei der Schuldenhaftung anwenden und nicht nur auf der einen Seite.
Im übrigen ist auch die Frage der Doppelbesteuerung nicht einmal das Entscheidende. Das Entscheidende dürfte die Höhe der Besteuerung und das Verhältnis des Aktienbesitzes zu anderen Kapitalmarktrechten sein. Während der Währungsgesetzgeber den Kapitalmarktbeteiligten im allgemeinen eine ganz wesentliche Beschneidung - bis zur Streichung - ihrer Rechte auferlegt hat, hat er den Aktienbesitzern eine entsprechende Auflage nicht gemacht. Die unterschiedliche Behandlung in der Währungsgesetzgebung der Aktien einerseits und der übrigen Kapitalmarkttitel andererseits verbietet es geradezu, die Aktien hier aus der Lastenausgleichsbelastung herauszulassen. Bei der günstigen Regelung, die die Aktien im Währungsgesetz bekommen haben, ist ein Vergleich zwischen den Aktien einerseits und den übrigen Kapitalmarktpapieren andererseits für die betreffenden Anteilseigner besonders bitter. Während der Inhaber einer Kapitalmarkt-, einer Sparkassenforderung unter Anrechnung seiner Kopfquote haufig gar nichts an Auswertung erhalten hat - es sind 19 Millionen Sparkonten überhaupt völlig gestrichen worden -, hat der Besitzer einer Aktie sein volles Vermögen erhalten, wenn er nicht sogar durch die Kurswertsteigerung und den im Kriege eingetretenen Vermögenszuwachs zahlreicher Aktiengesellschaften noch reicher geworden ist, als er vor dem Kriege war. Dieser Vergleich zeigt doch eindeutig, daß Gleichartiges im Währungsgesetz verschieden behandelt worden ist und daß wir jetzt im Lastenausgleichsgesetz die Substanzerhaltung des Aktienbesitzes als eine Art Währungsgewinn behandeln und dementsprechend zum Lastenausgleich heranziehen müssen. Es handelt sich bei der Behandlung der Aktien nicht um eine Erhaltung der Sachsubstanz, sondern, verglichen mit den übrigen Kapitalmarktwerten, um nichts anderes als um einen Wahrungsgewinn, den man den übrigen Kapitalmarkttiteln nicht hat zukommen lassen.
Daß Aktien nur Wertpapiere mit einem ganz lockeren Eigentumsband sind und daß nicht etwa der Grundsatz der Eigentumsverbindung dafür verantwortlich gemacht werden darf, die die Aktienbesitzer besser wegkommen als die übrigen Innaber von Kapitalmarkttiteln, ergibt eine Untersuchung der Rechtsstellung der Aktien. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zeigt sich folgendes. Die Anlagen der Sparer, der Lebensversicherten, der Obligationeninhaber, der Inhaber von Wandelschuldverschreibungen und Gewinnschuldverschreibungen, von Reichstiteln usw. sind wirtschaftlich mit den Anlagen der Inhaber von Aktien zumeist gleichzustellen. Sämtlichen Berechtigten ist als übergeordnetes Begriffsmerkmal zuzuordnen der langfristige Konsumverzicht zugunsten einer echten Kapitalmarktanlage. Es ist nicht einzusehen, warum die Millionenzahl von kleinen Kapitalmarkttiteln anders behandelt werden soll als die kleine Zahl von Großtiteln. In Deutschland sind doch Kapitalanlagen in der Weise gestreut, daß kleine Beträge zur Sparkasse getragen werden, während größere Beträge in Aktien angelegt werden. Wenn dazu noch beachtet wird, daß die Aktiengesellschaften sich in den letzten Jahren immer wieder bemüht haben, durch besonders günstige
Angebote Aktionäre zum Kauf von Obligationen oder von Wandelschuldverschreibungen zu bewegen, so zeigt sich darin deutlich, daß Aktien und Kapitalmarktdarlehen eine außerordentlich enge wirtschaftliche Verwandtschaft haben.
Es kommt hinzu, daß die Anlage in Aktien häufig nichts anderes ist als eine reine Spekulation. Rathenau schreibt in seinem Buch „Vom Aktienwesen" dazu:
Dem Käufer bietet sich
- bei dem Erwerb von Aktien doppelte Aussicht und doppelte Gefahr; ändert sich das Ergebnis, so wächst oder fällt seine Rente, und gleichzeitig, im Vielfachen der Schwankung, wachst oder fallt sein Vermögen. An sich ist dieser Vorgang vollkommen sinnlos. Ist ein Unternehmen stark von den Zeitläuften abhängig, so daß etwa im Laufe von 30 Jahren sein Erträgnis in dreijährigen Perioden fünfmal sich auf 5 % und fünfmal auf 10 % beläuft, so wird, wenn die Verwaltung rein arithmetisch bilanziert und ausschüttet, der Kurs je drei Jahre lang sich in den Grenzen von 100 bis 120 % und jeweils wieder drei Jahre lang zwischen 160 und 180 % bewegen. Das Unternehmen und sein innerer Wert ist genau der gleiche geblieben, der Käufer hat unter Umständen die Hälfte seines angelegten Vermögens gewonnen oder verloren. Der Grund des Vorgangs liegt darin, daß die meisten Menschen es für grundsätzlich unmöglich halten, in die Zukunft zu blicken, obwohl all unser Handeln in die Zukunft trägt; und daß umso mehr ein Markt geneigt ist, jeden gegenwärtigen Zustand für einen bleibenden anzusehen.
Es gibt somit einen zweifelhaften Beweggrund für den Erwerb von Aktien; die eine Gattung der Käufer erwartet eine angemessene Verzinsung ihres angelegten Kapitals, die andere Gattung erhofft einen Kursgewinn.
Sie sehen, wie stark der Ertragsfaktor die Bewertung des Aktienpakets, des Aktienkapitals beeinflußt. Es ist also keinesfalls zutreffend - und das beweisen diese Ausführungen von Rathenau -, daß etwa der Substanzwert eines Unternehmens die Bewertung des Aktienkapitals entscheidend beeinflusse. Ganz im Gegenteil, der Ertragswert ist wesentlich wichtiger als der eigentliche Substanzwert. Der Einwand der Doppelbesteuerung wird aber gerade daraus hergeleitet, daß man behauptet, die Substanz des Gesellschaftsvermögens sei bereits belastet. Dieser Substanzwert hat für den Wert der Aktien, wie ich dargelegt habe, nur eine untergeordnete Bedeutung. Die Hauptbedeutung des Wertes der Aktien liegt nicht im Substanzwert, sondern im Ertragswert.
Die Behauptung, daß der Aktienbesitz noch ein echter Sachanteil sei, trifft aber auch aus rechtlichen Gründen infolge der Struktur unseres ganzen Aktienrechtes, auf das ich im einzelnen nicht mehr eingehen will, gar nicht zu. Die Aktie hat durch unser jetzt geltendes Aktienrecht ein so geringes Herrschaftsrecht, daß sie mit einem bloßen Darlehen durchaus vergleichbar geworden ist. Welcher Unterschied liegt noch, wirtschaftlich gesehen, zwischen einer Wandelschuldverschreibung und einer Aktie vor? Wenn das aber richtig ist, dann kann man weder aus dem Gesichtspunkt, daß die Aktie ein Eigentumsanteil sei, noch aus dem Gesichtspunkt, daß der Substanzwert bereits erfaßt sei, die Belastung der Aktie als solcher ablehnen.
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Der Wert der Aktien, die wir im Bundesgebiet haben, ist durch eine Veröffentlichung der Bundesregierung wie folgt dargelegt worden. Von den insgesamt 2241 Aktiengesellschaften, die bis Ende August 1951 die Neufestsetzung ihrer Kapitalverhältnisse veröffentlicht hatten, haben 1163 oder 52 v. H. ihr Kapital unverändert gelassen, bei 357 Unternehmungen - 16 v. H. - war sogar eine Erhöhung des Grundkapitals möglich, wogegen 721 Gesellschaften - 32 v. H. - zur Kapitalherabsetzung gezwungen waren. Insgesamt ist das Nominalkapital der 2241 Gesellschaften von 12 Milliarden Reichsmark auf 10,1 Milliarde D-Mark im Verhältnis 10 zu 8,4 herabgesetzt worden.
Das Verhältnis von Nominalwert und Kurswert ergibt sich aus folgenden Mitteilungen des Statistischen Bundesamtes. Der Nominalwert aller Aktien der Gesellschaften, die ihren Sitz im Bundesgebiet hatten, wird auf 14 Milliarden DM angegeben. Von diesem Kapital können rund 10 Milliarden DM für die Industrie, also nach Abzug der Versicherungsgesellschaften und Banken, veranschlagt werden. Das Statistische Bundesamt hat auf Grund der bisherigen Umstellungen das Umstellungsverhältnis mit 10 zu 8,4 ermittelt, so daß sich für die Industrieaktien ein Aktienkapital mit einem Nominalwert von 81/2 Milliarden DM ergibt. Unter Zugrundelegung eines Nominalwertes der Industrieaktien von 81/2 Milliarden würde, wenn auch der Einheitswert des Gesellschaftsvermögens eine ähnliche Größenordnung haben sollte - was eine bloße Arbeitshypothese sein soll -, der Gegenwartswert der Belastung mit der Vermögensabgabe 60 % des halben Nominalwertes, mithin rund 3 Milliarden DM betragen. Der Restwert des Geschäftsvermögens würde damit noch 51/2 Milharden DM ausmachen. Der Kurswert des vorstehenden Aktienbesitzes war aber bereits erheblich höher als der Nominalwert. Unter Zugrundelegung einer Währungsgewinnabgabe von 90 % des umgestellten DM-Kapitals müßte die Gesamtbelastung also 7 3/4 Milliarden DM betragen, wenn wir die Aktien ebenso belasten wie Sparkapital, Lebensversicherung, Obligationen usw. Unser Antrag bringt demgegenüber nur eine Belastung von rund 3 Milliarden DM, damit also sogar eine erhebliche Besserstellung der Aktien gegenüber den übrigen Kapitalmarkttiteln. Ein effektiver Währungsgewinn wird dem Aktienbesitz deshalb auch noch nach unseren Vorschlägen verbleiben. Wenn eingewandt wird, daß damit die Gefahr einer Sozialisierung gegeben sei, so ist das abwegig.
Die Aktien, die neben einer Verkörperung des Substanzwertes auch eine solche des Ertragswertes darstellen, sind danach zu bewerten, welche Chancen sie bezüglich der Veräußerung und bezüglich der Möglichkeiten haben, die durch den Paketbesitz einer wirtschaftlichen Machtausübung anhängen. Es ist ja auch so. Nach dem Reichsbewertungsgesetz werden die Aktien ja auch nicht etwa nur nach dem Substanzwert bewertet werden, sondern nach Substanzwert plus Ertragswert plus Paketzuschlag. Gerade der sogenannte Paketzuschlag des Reichsbewertungsgesetzes beweist ja deutlicher als alles andere, daß die Bewertung der Aktien unabhängig von dem Substanzwert - jedenfalls weitgehend unabhängig von dem Substanzwert - nach den in der Aktie verkörperten Chancen erfolgt. Würden wir die Aktien hier aus der Belastung herauslassen, so würden wir gerade dieses Bündel von Chancen, das die Aktien verkörpern, das aber einen echten, einen realen wirtschaftlichen Wert darstellt, nicht erfassen.
Ich glaube, damit habe ich dargelegt - gerade aus den Bestimmungen des Reichsbewertungsgesetzes -, daß wir mit der Herauslassung der Aktien aus der Belastung durch das Lastenausgleichsgesetz nicht nur eine Ungerechtigkeit gegenüber den übrigen Kapitalmarktbesitzern begehen, sondern vor allem einen realen wirtschaftlichen Wert nicht erfassen, der durch die Substanzbelastung des Einheitswertes bei der Gesellschaft selbst nicht erfaßt werden kann.
Um ein Beispiel zu der Frage der Erfassung des Substanzwertes einerseits und dieser Chancen andererseits zu geben, möchte ich Ihnen das Beispiel der Gutehoffnungshütte AG. in Nürnberg und in Oberhausen vortragen. Das Gesamtkapital der Gutehoffnungshütte AG. in Nürnberg beträgt umgestellt 104 Millionen DM. Die Zahlen beweisen mehr als theoretische Erwägungen. Diese AG. besitzt das Gesamtkapital der Gutehoffnungshütte in Oberhausen mit 60 Millionen DM. Das Kapital ist mit 60 Millionen DM angegeben; der wahre Wert des Substanzvermögens der AG. in Oberhausen läßt sich auf Grund der bekannten Ziffern der Kohleproduktion und der Stahlproduktion schätzen. Wir wissen, was die Anlagen kosten, die notwendig sind, um eine Tonne Kohle zu erzeugen, und wir wissen auch, welche Kosten für die Anlagen aufgewandt werden müssen, die erforderlich sind, um eine Tonne Stahl zu erzeugen. Der Richtwert für die Tonne Kohle ist 125 DM zur Erstellung entsprechender Anlagen. Der Richtwert für Stahl ist 800 bis 1000 DM für die Erstellung entsprechender Anlagen. Wenn wir nicht diese Zahlen, sondern die von anderen Werken vorgelegten Bilanzziffern zugrunde legen, nämlich nur 25 DM, also ein Fünftel des Neuerstellungswerts für die Tonne Kohle, so ergibt sich für die Oberhausener AG. bereits ein Substanzwert für die Kohleanlagen von 72,6 Mill. DM, für die Stahlanlagen bei Zugrundelegung von 175 statt 800 DM ein Substanzwert von 212 Millionen DM. Ferner besitzt diese GHH Nürnberg das Aktienkapital an der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg mit einem Kurswert von 207 Millionen DM. Wenn wir aber die Sachwerte auf Grund der vorher erwähnten Richtwerte zusammenrechnen, kommen wir auf ein Substanzvermögen von 1185 Millionen DM bei einem Nominalaktienkapital von 60 Millionen DM.
Hier zeigt sich, daß es eben nicht richtig ist, was der Berichterstatter, Herr Dr. Atzenroth, in seinem Bericht gesagt hat, die Frage des Einheitswertes tauche nur für Grundbesitz, landwirtschaftliches Vermögen und dergleichen auf, dagegen nicht für das Betriebsvermögen. Auch bei dem Betriebsvermögen kann ja auf Grund der Vorschriften des D-Markbilanzgesetzes nicht eine uferlose Bewertung nach oben erfolgen, sondern die Neubewertung der Anlagen ist an bestimmte Grenzen gebunden; man kann auch nach unten bewerten. Wie Sie an dem angeführten Beispiel erkennen, ist bei einer Kapitalneufestsetzung von 60 Millionen DM ein innerer Substanzwert von wenigstens 1185 Millionen DM vorhanden. Daß dieses Kapital, das in der Firma arbeitet, das in Form von Rücklagen und stillen Reserven in der Firma sitzt, den Aktienbesitzern eine ganz gewaltige Verdienstchance, eine ganz gewaltige Chance auf Kurssteigerung und Vermögenszuwachs gibt, ist ganz selbstverständlich. Die Familie Haniel, die 60 % der GHH
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in der Hand hat, die ein Paket mit dem Nominalwert von 36 Millionen DM in der Hand hat, hat praktisch nicht 36 Millionen, sondern doch 600 oder 700 Millionen in der Hand.
Es ist geradezu lächerlich, zu sagen, hier liege eine Doppelbelastung vor. Sobald man den Zahlen etwas auf den Grund geht und die Wirklichkeit untersucht, kann man sich dieser Argumentation nicht mehr anschließen, die von den Gegnern der Belastung des Aktienbesitzes vorgebracht wird. Wenn durch die Finanzminister sämtlicher Länder und den Finanzminister des Bundes in der gesamten Steuerpraxis der vergangenen Jahre eine entsprechende Handhabung widerspruchslos stattgefunden hat, so können wir doch nicht mit einem solchen fadenscheinigen Argument eine derartige wohlfundierte und wohlüberlegte Praxis ausräumen.
Es wird darauf hingewiesen, daß die Aktiengesellschaften große Kriegsschäden erlitten hätten und daß man deshalb auf die „armen" Aktienbesitzer Rücksicht nehmen müsse. Eine Repräsentativerhebung des Bundesfinanzministeriums hat ergeben, daß bei vierzehn großen Aktiengesellschaften des Ruhrgebiets, die Kriegsschäden erlitten hatten, die Kriegsschäden wesentlich geringer waren als der Vermögenszuwachs während des Krieges durch die Aufrüstungen und durch die entsprechenden Anlagen, die vom Dritten Reich finanziert worden sind.
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Diese Erhebung war im Rahmen der Währungsgewinnabgabe notwendig. Es ist also mit den angeblich großen Kriegsschäden der Aktiengesellschaften gar nicht so schlimm, wenn der Vermögenszuwachs während des Krieges tatsächlich viel größer gewesen ist als die angeblichen Kriegsschäden.
Es wird eingewandt, daß eine entsprechende Maßnahme den Geldmarkt beeinflussen könne, es sei möglich, daß dann Aktien auf den Markt kämen. Meine Damen und Herren, es ist doch wirklich äußerst erwünscht, daß etwas mehr effektives Material auf den Markt kommt, damit nicht bei jeder kleinen Nachfrage die Aktien sofort ins Uferlose klettern und ein wilder Börsenboom nach Muster des vorigen Jahrhunderts bei uns entstehen kann. Es wäre äußerst erwünscht, daß. auf Grund des Lastenausgleichsgesetzes eine Stabilisierung der Börse herbeigeführt wird. Die Summen, die dabei in Frage kommen, sind zudem so gering, daß sie weit unterhalb der Dividendenausschüttungen liegen. Dasjenige, was der Aktionär im Laufe von 27 Jahren dem Lastenausgleichsfonds zu zahlen hat, macht nur einen Bruchteil der Dividenden aus, die er bei der derzeitigen Verzinsung erwarten kann, und zwar nachhaltig erwarten kann, weil in dem Aktienkapital, wie es neu festgesetzt worden ist, diese ganz gewaltigen Reserven sitzen, wie ich sie Ihnen am Beispiel der Gutehoffnungshütte zeigen konnte.
Es wird eingewandt, daß in manchen Fällen die Aktien dann doch als echte Sachwerte anzusehen seien, nämlich wenn es sich um Einmanngesellschaften oder um Familiengesellschaften oder um solche Firmen handle, bei denen die Aktien keinen Kurswert hätten, nicht an der Börse zugelassen seien und dergleichen. Diesen Einwand haben wir in der Formulierung unseres Antrags entsprechend den Vorschlägen des Bundesrats berücksichtigt.
Es wird ferner eingewandt, daß ein unterschiedlicher Erhebungssatz für Sachwerte und Kapitalmarktwerte nicht gerechtfertigt sei, daß dann, wenn schon Aktien höher herangezogen werden sollten, auch sämtliche Sachwerte höher herangezogen werden müßten. Diese Betrachtungsweise verkennt den schon geschilderten liquiden Charakter der Aktie als eines echten Kapitalmarktpapieres. Während Sachwerte nur schwierig veräußert werden können, sind die Rechte, die durch Wertpapiere verkörpert werden, gerade dazu bestimmt, umgesetzt zu werden; sie nähern sich dem Geld in ihrem Charakter und sind deshalb höher zu bewerten als Sachwerte, wie das Geld als höchstwertiges Gut einen entsprechend höheren Wert hat. Mit Aktien kann man ebenso wie mit dem Gelde alle anderen Güter erwerben. Es ist deshalb nicht mehr als recht und billig, die Belastung anderer nicht gleich umsatzfähiger Güter wie Aktien geringer zu halten.
Das meiner Ansicht nach entscheidende Argument, das für die Erfassung spricht, ist aber ein psychologisches. Das Vertrauen in die Währung, das durch die Kapitalvernichtungsvorschriften der Währungsgesetzgebung verlorengegangen ist, kann nur durch eine wenigstens teilweise Wiederherstellung der Besitzansprüche der Besitzer anderer Kapitalmarkttitel, insbesondere der großen Masse der Sparer, wiedergewonnen werden. Es nützt für unsere Volkswirtschaft überhaupt nichts, wenn ein kleiner Kreis von Aktionären mit 100 % ihres Vermögens ungeschoren bleibt, während die große Masse der Sparer mit 35 Millionen entweder ihr gesamtes Sparkapital verloren oder aber nur einen geringen Betrag zwischen O und 6,5 % erhalten hat. In dieser ungerechten Behandlung liegt die Wurzel des von uns allen beklagten Versiegens des Kapitalmarktes. Wenn wir diese ungerechte Behandlung fortsetzen, wird unsere Volkswirtschaft auch keinen Kapitalmarkt wieder bilden können. Alles andere ist Flickwerk. Hier muß die Gerechtigkeit einsetzen, den einen Kapitalmarkttitel so zu behandeln wie den anderen und dadurch die Aufwertung der Altsparer-Guthaben erst zu ermöglichen. Die innere Solidarität zwischen Kleinanleger und Großanleger muß in der Art und Weise der Durchführung des Lastenausgleichs zur Geltung kommen. Nur wenn diese innere Solidarität bewiesen wird, wird es wieder einen Kapitalmarkt geben. Einem Appell wegen eines Opfers werden sich die Aktionäre nicht verschließen. Manche Aktionäre, mit denen ich gesprochen habe, sind höchst erstaunt darüber, daß man ihren Aktienbesitz auf Grund komplizierter Überlegungen, die sie selbst gar nicht recht verstehen, aus der Lastenausgleichsbelastung herausnehmen will.
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Es ist doch ein Trugschluß, der uns hier vorproduziert wird, dem leider bisher im Ausschuß eine ganze Anzahl von Ausschußmitgliedern zum Opfer gefallen ist. Aber ich hoffe, daß gerade diese Erörterung im Plenum in dieser entscheidend wichtigen Frage auf eine so aufgelockerte Bereitschaft, diese Dinge zu sehen, trifft, daß wir hier in einem entscheidenden Punkt zu einer gerechteren Regelung kommen.
Es kommt hinzu, daß gerade diejenigen Kreise, die Aktienbesitzer sind, im Zuge der Steuer- und Wirtschaftspolitik und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre besonders begünstigt worden sind.
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- Herr Atzenroth, ich werde es Ihnen gleich beweisen. Dies gilt außer für die durch das D-Mark({6})
bilanzgesetz geschaffenen Möglichkeiten und die
Abschreibungsmöglichkeiten für Sachwerte, die bereits voll oder teilweise abgeschrieben waren, - -({7})
- Nein, ich habe etwas anderes behauptet. Ich habe gesagt, die D-Markbilanz gestattet, das Gesellschaftsvermögen in einem weiteren Rahmen frei zu bewerten und dadurch Abschreibungsmöglichkeiten für Sachwerte zu schaffen, die bereits völlig oder teilweise abgeschrieben waren, und dadurch den Aktionären eine Chance, einen Ertragswert zuzuführen, den die Aktionäre sonst nicht haben würden. Ich weise auf die Möglichkeiten der 7erReihe des Einkommensteuergesetzes hin; ich weise auf die außerordentliche Anreicherung im Vorratsvermögen der gewerblichen Wirtschaft hin; ich weise darauf hin, daß durch die allgemeine Warenknappheit nach 1948 gerade der Wiederaufbau der industriellen Anlagen über die Preise in einem Maße ermöglicht worden ist, wie es anderen Kreisen unseres Volkes doch nicht möglich war. Alle diese Chancen sind dem Aktienbesitz zugeflossen. Gerade diese Begünstigung darf man nicht vergessen.
Zusammenfassend möchte ich also sagen, daß es bei formaljuristischer Betrachtungsweise unmöglich ist, Doppelbesteuerung zu behaupten, da formaljuristisch zwischen dem Einzeleigentümer mit seinem Aktienbesitz und dem Gesellschaftsvermögen im Besitz der Aktiengesellschaften keinerlei Identität besteht. Das ist formaljuristisch unbestreitbar. Wirtschaftlich gesehen liegt aber eine Doppelbesteuerung deshalb nicht vor, weil tatsächlich die Aktie ein Plus- ist gegenüber dem bloßen Substanzwert, der in der Gesellschaft vorhanden ist. Endlich ist es ein Fehler der Währungsgesetzgebung, die die Fülle der Kapitalmarktansprüche vernichtet oder im Verhältnis 100 zu 6,5 zusammengestrichen hat. Dieser Fehler der Währungsgesetzgebung verlangt von uns, daß hier, wenn schon, dann alle Kapitalmarkttitel gleichmäßig behandelt und gleichmäßig zu den Lasten des Lastenausgleichsgesetzes herangezogen werden.
Ich bitte Sie deshalb, unseren Vorschlag zu akzeptieren, der sich mit dem Vorschlage des Bundesrates deckt, damit die Aufwertung der Guthaben der Altsparer möglich wird, die wir in dem Gesetzentwurf unserer Fraktion besonders beantragt haben und die von allen hier im Hause als notwendig bezeichnet worden ist.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Kohl zur Begründung des Antrags der Fraktion der Kommunistischen Partei.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich mit einigen Sätzen unseren Antrag auf Streichung der Nr. 2 in § 19 begründe. Ich glaube, niemand kann bestreiten, daß draußen gerade in den Kreisen der Geschädigten außerordentlich, und zwar mit großem Befremden, darüber diskutiert worden ist, daß man ausgerechnet die Besitzer von Aktien und Kuxen aus der Belastung durch den Lastenausgleich unter der sehr vagen Begründung herausnehmen will, daß mit der Hereinnahme der Aktien in den Lastenausgleich eine sogenannte Doppelbelastung eintreten würde. Ich kann mir ersparen, den Beweis dafür zu erbringen, daß diese Doppelbelastung faktisch überhaupt nicht in Erscheinung tritt. Aber ich glaube auch, daß es sich um folgendes handelt: Wenn Sie diesen Paragraphen bestehen lassen, der bezweckt, die Substanz unter allen Umständen zu erhalten, weil Sie nicht an die Substanz zugunsten des Lastenausgleichs herangehen wollen, und wenn wir dabei den Kreis der Aktienbesitzer ansehen, dann ist diese Tatsache für die Geschädigten draußen noch viel weniger verständlich, als sie bisher gewesen ist. Wir sind also der Auffassung, daß man in dieser Frage reinen Tisch machen und nicht die Frage stellen soll, die Aktienbesitzer nur zur Hälfte heranzuziehen, sondern man soll verlangen: Auch die Aktienbesitzer und die Besitzer von Kuxen werden für den Lastenausgleich mit herangezogen. Wir beantragen deshalb Streichung dieses Paragraphen.
Herr Abgeordneter Goetzendorff wünscht einen Antrag gleichen Inhalts zu begründen.
Goetzendorff ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich habe den Antrag gestellt, die Ziffer 2 des § 19 zu streichen. Es wäre auch nur dann vertretbar, die Aktienbesitzer von der Abgabe zu befreien, wenn sie durch die Belastung der Gesellschaften ebenfalls getroffen worden wären. In Wahrheit - das zeigt die Entwicklung auf dem Aktienmarkt - sind viele Aktien heute in D-Mark mehr wert, als sie früher in Reichsmark wert gewesen sind.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich habe den Antrag gestellt, § 19 Ziffer 1 wie folgt zu ändern:
. nicht anzusetzen sind, soweit diese Wirtschaftsgüter insgesamt 150 000 DM nicht übersteigen, . . .
Und dann folgen weiter die Absätze a, b und c in der Fassung der Vorlage. Wir waren uns im Ausschuß darüber einig, daß ein schon zu 6,5 % abgewertetes Geldvermögen nicht noch einmal zum Lastenausgleich herangezogen werden soll. Nach der jetzigen Fassung trifft das nur auf das sonstige Vermögen zu, nicht aber auf das normale Betriebsvermögen. Diese großen Schwierigkeiten beim normalen Betriebsvermögen haben sich in besonders starkem Maße beim kleineren und mittleren Handwerk gezeigt. Beim Handwerk sind kurz vor der Währungsreform Zahlungen - ganz besonders von den öffentlichen Auftraggebern, die sich von ihren Verpflichtungen noch in Reichsmark befreien wollten - in großem Umfange eingegangen. Dadurch waren übernormale Geldguthaben bei den Handwerkern vorhanden. Diese Guthaben sind auf 6,5 % abgewertet worden. Es wäre eine Ungerechtigkeit, von diesem schon auf 6,5 % abgewerteten Vermögen nun noch einmal die Hälfte als Lastenausgleich zu erheben. Deswegen bitte ich Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Dann möchte ich im Hinblick auf die Vereinbarung, die für eine künftige Novelle getroffen worden ist, zur Kenntnis bringen, daß ich vorschlage, durch diese Novelle im § 19 eine Ziffer 3 a folgenden Wortlauts einzufügen:
({0})
Unbebaute Grundstücke sind, wenn sie nicht für eigene oder fremde gewerbliche oder betriebliche Zwecke genutzt werden oder nicht Vorratsgelände öffentlicher oder gewerblicher Betriebe sind, mit dem halben Wert anzusetzen. Dies gilt nicht, wenn das Grundstück zwischen dem 8. Mai 1945 und dem 21. Juni 1948 von dem Abgabeschuldner entgeltlich erworben worden ist.
Zur Begründung brauche ich nicht viel auszuführen. Bei den unbebauten Grundstücken, die völlig ertragslos sind, ist die Abgabe außerordentlich drückend, und eine Ermäßigung auf die Hälfte für den Grundbesitz, der nicht veräußert werden kann oder schwierig zu veräußern ist, kann nur als angemessen bezeichnet werden.
({1})
Der Abgeordnete Farke hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Abweichung von den geltenden Vorschriften für die Vermögensteuer in Ziffer 6, wonach Verbindlichkeiten auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht nicht mehr abzuziehen sind, sind wir nicht einverstanden. Die Abweichung stellt in vielen Fällen eine Härte für die Betroffenen dar, die man kaum verantworten kann. Ich werde zwar keinen Antrag auf Streichung oder Änderung dieser Ziffer 6 stellen, möchte aber darauf aufmerksam machen, daß ich mir bei der Beratung der kommenden Novellen nach Verabschiedung des Gesetzes die Änderung der Ziffer 6 vorzuschlagen vorbehalte.
({0})
- § 19 Abs. 6.
({1})
Meine Damen und Herren, die Änderungsanträge sind jetzt begründet. Für die Zukunft sind einige Anträge in Aussicht gestellt. Darüber ist im Augenblick nicht zu debattieren. - Herr Dr. Atzenroth wollte zunächst zu den Änderungsanträgen sprechen, dann Herr Abgeordneter Seuffert.
({0})
Mein Antrag ist schon gestern hier eingereicht worden.
({0})
Meine Damen und Herren! Im Namen der Regierungskoalition bitte ich, die Anträge, die sich mit der Doppelbesteuerung des Aktienbesitzes befassen, abzulehnen.
({1})
Die Frage der Doppelbesteuerung des Aktienbesitzes ist im Ausschuß eingehend besprochen
worden. Gerade die Einwände, die Herr Dr. Bertram hier vorgetragen hat, sind dort vorgetragen worden; diese Einwände stammen also zum großen Teil aus den Beratungen im Ausschuß selber. Herr Dr. Bertram und wir haben eine unterschiedliche Auffassung vom Wesen der Aktie. Wir betrachten die Aktien gerade als einen Teil des Vermögens, während Herr Bertram die Aktien gewissermaßen als Darlehn darstellt. Die Währungsreform hat ja auch diese Stellung eingenommen und der Aktie den Charakter eines Vermögensanteils gegeben. Mögen die Ausführungen des Kollegen Bertram auch noch so lang gewesen sein, sie können doch in keiner Weise davon überzeugen, daß hier nicht eine Doppelbesteuerung vorliegen würde; denn wenn das Vermögen der Aktiengesellschaften tatsächlich zu 60 % zum Lastenausgleich herangezogen wird, so ist das eine Belastung des Aktienbesitzes. Ich möchte Herrn Dr. Bertram nur ein groteskes Beispiel vortragen: Bei einer Aktiengesellschaft, die ihr Kapital im Verhältnis 2 : 1 umgestellt hat, hätte der Aktienbesitzer zunächst einmal die Hälfte seines Aktienbesitzes durch die Umstellung verloren. Von dieser Hälfte soll er nun noch einmal mit 60 % zum Lastenausgleich herangezogen werden,
({2})
und nach seinem Willen soll nun noch eine weitere Belastung der Aktie selber erfolgen. Daß das völlig untragbar ist, muß jeder einsehen.
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Herr Dr. Bertram hat auch darauf hingewiesen, daß er eine gleichmäßige Berücksichtigung aller Kapitalvermögen verlangt. Dieses Verlangen ist richtig; wir stimmen ihm hier in vollem Umfange darin zu, daß wir eine Altspareraufwertung so schnell wie möglich durchführen müssen. Wir könnten das Problem der Aktie allenfalls im Rahmen der Altspareraufwertung, aber nicht im Rahmen des Lastenausgleichs in Angriff nehmen.
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Der Lastenausgleich stellt nach unserer Meinung eine Vermögensumschichtung dar: Es sollen Vermögen abgegeben werden, damit wieder Vermögen gebildet werden können, während die Altsparerentschädigung das Problem der Altsparer und die Ungerechtigkeiten, die in der Währungsreform vorgekommen sind, regeln soll, aber in einem besonderen Gesetz.
Ich bitte daher, die Anträge, die in bezug auf die Aktien gestellt worden sind, abzulehnen.
Das. Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist ein sehr ernstes Problem. Die Argumente, die für den Änderungsantrag sprechen, hat Herr Kollege Dr. Bertram ausführlich vorgetragen. Ich brauche sie nicht zu wiederholen und habe ihnen nichts weiter hinzuzusetzen. Gegenargumente gibt es, glaube ich, nicht; irgendein Argument, daß eine Ertragsfähigkeit hier in Frage gestellt oder die Wirtschaft gefährdet werde, gibt es in diesem Punkte nicht. Niemand kann bezweifeln. daß die Aktie ein Sachwert ist. Niemand kann bezweifeln, daß sie ein Sachwert ist, der sich ausgezeichnet gehalten hat, der sich sogar besser gehalten hat als die meisten anderen Sachwerte.
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Jedermann weiß, daß, wenn wir die Aktien mit den Werten, die 1948 angesetzt worden sind und schon damals dem damaligen Werte kaum noch entsprachen, zur Abgabe heranziehen, ungefähr ein Viertel des heutigen Wertes der Abgabe unterliegen würde; denn die Aktienkurse hatten Anfang dieses Jahres das Vierfache der Werte von 1948 bereits erreicht.
({2})
Nach einer kleinen Abschwächung stehen sie heute immer noch auf dem Dreieinhalbfachen, und jedermann weiß, daß diese Kurse berechtigt sind, daß es keine Spekulationskurse sind, sondern dem wirklichen Werte der Aktien entsprechen.
Das dünne theoretische Argument der Doppelbesteuerung zieht hier wirklich nicht. Es ist ein rein theoretisches Argument. Ich wollte nur, meine Herren, daß Sie bei Doppelabzügen von Abgaben bei der Steuer so vorsichtig und so gewissenhaft wären wie bei diesem Argumente der Doppelbesteuerung.
({3})
Ich wollte nur, daß Sie die Doppelbesteuerung so ernst nähmen, wenn Sie das öffentliche Vermögen, das der Steuerzahler mit seinen Steuern zusammengebracht hat und das sein einziges Vermögen ist, in diesem Lastenausgleich wieder zur Abgabe heranziehen wollen.
({4})
Meine Herren, es gibt hier keine theoretischen
Argumente. Es handelt sich um einen klaren Fall
von Sachwerten und um die besten Sachwerte, die
es von 1948 bis heute gegeben hat. Es handelt sich
um eine Steuer von 30 Millionen im Jahre. Das
ist ein Wort, auch im Lastenausgleich! Es handelt
sich um eine Abgabe, die fast keine Verwaltungsschwierigkeiten macht. Man braucht nur die Aktien
anzugeben und die Steuer- oder Börsenkurse festzustellen. Wir haben die Papiere, die bei der Wertermittlung Schwierigkeiten machen könnten oder
bei denen vielleicht lediglich der Rechtsform halber
eine Abgabe eintreten würde wie bei den Familiengesellschaften usw., ausgenommen. 30 Millionen im
Jahre! Hier gibt es keine theoretischen Argumente;
hier gibt es nur den Unterschied zwischen dem Verständnis für die Forderungen der Geschädigten und
dem Geiz, der die Taschen nicht aufmachen will.
({5})
Meine Herren, denken Sie einmal nicht nur an den Befehl, den Sie bekommen haben, hier keine Änderungen zuzulassen!
({6})
Denken Sie auch einmal an Ihre Wähler, denen Sie entgegentreten müssen! Denken Sie an die Bürgermeister, denen Sie das Geld abnehmen wollen, das die Aktienbesitzer nicht zahlen wollen, wenn die Fürsorgeleistungen gekürzt werden müssen, wenn Straßen nicht gebaut werden können! Denken Sie an die Geschädigten, die Sie fragen: Warum dies nicht für uns? Wo ist der Herr Bundesvertriebenenminister, der für die Geschädigten eintritt?
({7})
Wir beantragen namentliche Abstimmung.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
({0})
Loritz ({1}): Meine Damen und Herren! Ich möchte zu dem Einwand der Regierungsparteien, die aus „Furcht vor einer Doppelbesteuerung" hier gegen unsere Auffassung eingestellt sind, kurz Stellung nehmen. Sie, meine Herren, könnten diese angebliche Gefahr einer Doppelbesteuerung sehr leicht vermeiden, wenn Sie in § 3 des Gesetzentwurfs eine besondere Aktiensteuer eingebaut hätten, wie ich gestern schon vorgeschlagen habe, eine zusätzliche Aktiensteuer, die, wie ich gestern schon bemerkt habe, Milliardenbeträge zugunsten des Lastenausgleichs ergeben könnte.
({2})
Das haben Sie aber abgelehnt. Der Einwand der Doppelbesteuerung ist dermaßen dünn und hinfällig, daß sich ein Jurist fragen muß, wie es in diesem Hause Juristen geben kann, die einen solchen Einwand überhaupt vorbringen mögen. Schaffen Sie eine besondere zusätzliche Aktiensteuer für den Lastenausgleich und bauen Sie diese zusätzliche Steuer in § 3 des Gesetzes ein, und Sie sind allen irgendwie gearteten Bedenken über eine Doppelbesteuerung enthoben, meine Herren von den Regierungsparteien! D a s wollen Sie aber nicht! Es geht Ihnen hier nicht um eine juristische Untermauerung Ihrer Bedenken, sondern es geht Ihnen um etwas ganz anderes, nämlich darum, die Riesengewinne der Großaktionäre hinüberzuretten und sie zum größten Teil von der Heranziehung zum Lastenausgleich zu befreien. Deswegen diese fadenscheinigen Argumente, die Sie heute vorgebracht haben!
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.
Meine Damen und Herren! Es muß doch möglich sein, dieses Problem einmal auf seine sachlichen Gründe zurückzuführen.
({0})
Es hört sich so ausgezeichnet an, wenn man sagt, das sei ein besonderes soziales Ärgernis.
Man hätte doch beim Lastenausgleich zwei verschiedene Wege gehen können. Man hätte entweder die Aktionäre, das heißt die Aktien, mit der Abgabe belastet, oder die Gesellschaften. Man ist den letzteren Weg gegangen und hat die Gesellschaften mit der 60 %oigen Vermögensabgabe belastet.
({1})
- Sicher sind es 60 Prozent! ({2})
- Na, rechnen Sie einmal nach, dann werden Sie es feststellen.
({3})
Und wenn Sie diese 60 %ige Abgabe auf das Vermögen der Gesellschaften legen, dann ist damit automatisch auch die Aktie mit der entsprechenden Abgabe belastet; denn sie ist ja nichts anderes als der Anteil an diesem Vermögen.
({4})
Sie haben ja selber gesagt, Herr Seuffert, es handle sich bei der Aktie um einen Sachwert. Sie vertritt stellvertretend das, was wir mit 60 % belasten.
Lassen Sie mich etwas zu den Kursen sagen, die Sie angeführt haben. Es ist sicherlich in den vergangenen Jahren, optisch gesehen, eine starke Steigerung eingetreten, die sich am Ende des ver({5})
gangenen Jahres übersteigerte, die aber inzwischen schon wieder erheblich zurückgegangen ist und die auch ohne Zweifel nach diesem Lastenausgleichsgesetz noch weitere Korrekturen erfahren wird. Denn schließlich sind doch die Entwicklungen in der Übergangszeit, in der Furcht der Koreakrise, in der noch nicht gesicherten Auffassung über den Wert der D-Mark ungesunde Fehlentwicklungen gewesen. Sie kamen nicht aus einer besonders hohen Bewertung des Ertrages von Aktien; im Gegenteil, die Aktien bringen in der Mehrzahl heutzutage so gut wie gar keinen Ertrag.
({6})
- Lassen Sie mich doch erst einmal ausreden. Das sind ja nun unbestreitbare Tatsachen, ,daß wir einen Dividendenstopp von 6 % haben, daß die meisten Aktiengesellschaften überhaupt noch nicht in der Lage sind, - ({7})
- Ja, was ist denn der Ertrag einer Aktie, wenn es nicht die Dividende ist?
({8})
Wenn Sie die Kurse von unmittelbar nach der Währungsreform nehmen, dann wissen Sie selber am besten,
({9})
daß diese Kurse überhaupt nichts mit einer echten Kursbildung zu tun hatten. Sie müssen zum mindesten einmal die Kurse gegenüberstellen, die vor der Währungsneuordnung, also vor dem 21. Juni 1948, zuletzt bestanden haben; denn das sind die Kurse, zu denen die Aktionäre, d. h. diejenigen, die die Anteile an den Gesellschaften in der hand haben, diese Aktien einmal erworben haben. Und wenn Sie diese Kurse mit den heutigen Kursen gegenüberstellen, dann werden Sie feststellen, daß in der Regel das Niveau ungefähr das gleiche ist, daß also gar keine Übersteigerung vorliegt,
({10})
daß also die Kurse, die zwischen 1948 und 1951 vollkommen unter den damaligen Einstandskursen gelegen haben, ja nur ein Spiegelbild der Unsicherheit waren: Werden denn nun die Aktien oder werden Gesellschaften mit der Abgabe belastet?
Solange das nicht klar war, konnten Sie verständlicherweise keine echte Entwicklung oder Wiederzurückentwicklung erwarten. Die Korrekturen, die auf Grund der Sachwertpsychose hier notwendig sind, - -({11})
- Ich will gar nichts sichern, sondern ich will nur, daß wir etwas volkswirtschaftlich Vernünftiges machen, Herr Seuffert, und nichts Unvernünftiges, was wir alle miteinander nachher bitter zu bereuen hätten.
({12})
Sie wissen selber, wie wir im vergangenen Jahr hier darum gerungen haben, auf welche Art und Weise wir unseren Grundstoffindustrien Investitionskapital zuführen könnten, wie wir dann das Investitionshilfegesetz verabschiedet haben, um einem dringenden volkswirtschaftlichen Kapitalmangel abzuhelfen. Wir wissen, daß wir anderen Wirtschaftszweigen damit ein unerhörtes Opfer auferlegen mußten. Wir haben doch nach wie vor diese Situation, daß zur Erweiterung unserer Volkswirtschaft dieser in erheblichem Maße Kapital zugeführt werden muß; und wir können doch dann nicht einen Kapitalmarkt schaffen, in dem es auf der einen Seite Aktien gibt, die mit einer Abgabe belastet sind, und auf der andern Seite solche, die damit nicht belastet sind. Dann kommen wir in der Volkswirtschaft niemals zu einer echten Entwicklung.
Und wenn Sie nun auf das Soziale einmal abstellen: Vergleichen Sie doch bitte den Zustand, Herr Seuffert - ich möchte das hier zum Schluß nur anführen -, daß auf der einen Seite wirklich eine 60 %ige Substanzabgabe bei den Aktien steht, daß gegenüber den früheren Kursen zum mindesten keine Überhöhung vorliegt, daß aber auf der andern Seite beispielsweise - und darauf sind wir ja doch alle stolz - die Sozialversicherung, die Invaliden-, die Angestelltenversicherung, ihre Leistungen vollkommen im Verhältnis 1 zu 1 umgestellt hat.
({13})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucerius.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine Erscheinung, an der keiner in diesem Hause, dem das wirtschaftliche Geschehen und die Fortentwicklung unserer Lebensgrundlage am Herzen liegt, ein Interesse hat, daß die Aktie gewissermaßen in sich selbst als ein mehr oder minder unsittliches Vermögensobjekt angesehen wird.
({0})
Es droht hier eine Vorstellung einzureißen und fortentwickelt zu werden, die davon ausgeht, daß der Besitz eines Sparkassenguthabens mit einer festen Verzinsung zwar ein legitimes Sparobjekt sei, eine Aktie dagegen nicht. Das ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen Propaganda gegen das sogenannte anonyme Kapital, das angeblich schlechter und moralisch weniger wert 'ist als anderes Kapital.
Meine Damen und Herren, die Entwicklung der deutschen Wirtschaft und 14 Millionen deutsche Arbeitnehmer sind darauf angewiesen, daß das wichtigste Instrument, das wir in der modernen technischen Entwicklung haben, nämlich die große Gesellschaft, die Gesellschaft, die die meisten Arbeitsplätze mit dem geringsten Kapitaleinsatz zu schaffen in der Lage ist, nicht durch willkürliche Eingriffe zerstört wird.
({1})
- Ich weiß nicht, ob Sie den Wunsch haben, mich anzuhören. Ihr Widerspruch und die Form Ihres Widerspruchs scheinen mir das zu bestätigen, was ich gerade hier habe ausführen können.
({2})
Herr Seuffert, wir haben im Wirtschaftsrat gemeinsam an dem Gesetz über die Soforthilfe gearbeitet, und Sie werden mir und den Freunden, die mit mir gearbeitet haben, nicht in Abrede stellen können, daß sie in ehrlichem Ringen immer den Versuch gemacht haben, bis an die äußerste Grenze dessen zu gehen, was wir in der Tat für vertretbar halten. Ich bin bereit, mich mit Ihnen sachlich darüber zu streiten, was die Grenze des
({3})
Vertretbaren ist. Was ich aber eigentlich auch von Ihrer Seite nicht erwarte, ist die Behauptung, daß wir diesen Versuch nicht machen. Ich habe den Eindruck, daß dieser Streit an diesem Punkte begonnen werden soll und ich bin nicht bereit, mich weiterhin auf dieser Ebene zu bewegen.
({4})
Zur Sache will ich Ihnen noch einige Worte sagen, Herr Seuffert. Ich glaube, daß man sich in Deutschland und in der 'deutschen Wirtschaft heute noch einer verhängnisvollen Täuschung darüber hingibt, welches die wirklichen Auswirkungen des Lastenausgleiches sein werden.
({5})
Die meisten deutschen Wirtschaftsunternehmen rechnen heute noch in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung und in ihren Bilanzen mit denjenigen Abgaben, die sie auf Grund des Soforthilfegesetzes zu leisten haben und gegenwärtig leisten. Diese Abgaben werden für die Wirtschaft um ein Wesentliches höher werden.
Es ist eben schon auf 'das Investitionshilfegesetz angespielt worden. Herr Seuffert, Sie haben recht: ein kümmerliches Gesetz, weil es nämlich sehr wenig Kapitalbeträge aufbringt. Nun gehen Sie aber einmal zu all denjenigen Stellen hin, in denen auch Ihre Leute vertreten sind, die heute darüber zu befinden haben, ob wir diese kümmerlichen Kapitalbeträge aufbringen können. Und was hören wir von allen Seiten? Immer wieder Schwierigkeiten über Schwierigkeiten, die nicht im schlechten Willen der Beteiligten begründet sind, sondern einfach darin, daß in dem ersten Augenblick, in dem einmal eine ununterbrochen aufsteigende Konjunktur durch eine gewisse Stagnation und auf einzelnen Gebieten durch einen gewissen Rückgang abgelöst wird, ernste Schwierigkeiten in der Wirtschaft auftauchen; Schwierigkeiten, die nur dadurch gelöst werden können, daß die deutschen Firmen, die deutsche Industrie und der deutsche Handel die Banken in Anspruch nehmen, was sich letzten Endes zwangsläufig in einer Beanspruchung der Bank deutscher Länder niederschlägt. Nicht jeder weiß, was das bedeutet, Herr Seuffert. Wir aber wissen es. Wir wissen nämlich, daß die Beanspruchung der Bank deutscher Länder, wenn ihr nachgegeben wird, bedeutet, daß der Zahlungsmittelumlauf in diesem Lande erhöht werden wird. Wir wissen auch, was das bedeutet, nämlich, daß die Währung in eine ernste Gefahr geraten würde. Und wir wissen wiederum, was das bedeutet, nämlich daß denjenigen, die auf Grund dieses Gesetzes ein Weniges empfangen sollen, das Wenige auf dem Umweg über eine stille und verdeckte Inflation wieder weggenommen wird.
Der ganze Lastenausgleich wäre ein geringfügiges Problem, wenn wir es nur mit den Abgaben zu tun hätten, die auf Grund des Lastenausgleichs zu erbringen sind. Aber wir haben in den fünf Vierteljahren, in denen wir dieses Gesetz behandelt haben, nicht nur den Lastenausgleich gemacht. Wir haben andere schwere Eingriffe in die deutsche Steuersubstanz machen müssen. Abgaben über Abgaben häufen sich.
({6})
Wenn Sie heute die Summe dessen ansehen, was von den einzelnen Abgabepflichtigen aufzubringen ist, so werden Sie überwiegend feststellen müssen, daß für die dringend erforderlichen Investitionen fast keine Spanne und in großen Industriezweigen überhaupt keine Spanne mehr bleibt. Wenn wir
aber ein System entwickeln, das für Investitionen keinen Raum mehr hat, dann bedeutet das, daß uns Arbeitsplätze in der Zukunft nicht mehr neu geschaffen werden können. Sie alle werden uns zugeben müssen, daß es das oberste Ziel des Wirtschaftens eines Volkes ist, die Zahl der Arbeitsplätze zu vermehren. Das gilt insbesondere dann, wenn durch ein Schicksal, das nicht wir, sondern andere in unserem Namen verdient haben, Millionen von deutschen Menschen in unseren Raum hineingepreßt werden, für die binnen kurzer Zeit neue Arbeitsplätze hergestellt werden müssen.
Wir wissen nun einmal, daß ein Arbeitsplatz nicht aus dem leeren Raume geschaffen werden kann. Wir wissen, daß ein Arbeitsplatz 10 000 DM kostet. Diese 10 000 DM müssen aufgebracht werden, und die beste Form der Aufbringung ist nun einmal die der Investition in möglichst großen, geschlossenen, sachgemäß arbeitenden Einheiten.
({7})
- Also Sozialisierung, Herr Seuffert! Das ist das Problem, um das wir hier anscheinend ringen sollen, nicht um den Lastenausgleich, sondern um die Frage, in welcher Form wir in . Zukunft unsere Wirtschaft betreiben sollen. Nein, meine Freunde, mit Sozialisierung, mit Überführung in Masseneigentum ist den Flüchtlingen, ist den Bombengeschädigten nicht gedient.
({8})
Wir haben es uns alle um dieses Gesetz nicht leicht werden lassen. Niemand von uns ist über das Schicksal, das unsere Landsleute betroffen hat, diejenigen, die von draußen gekommen sind, und diejenigen, die hier im Lande geschädigt worden sind, hinweggegangen, ohne sich die äußersten Sorgen zu machen. Ich glaube, wir sollten uns in diesem Hause den guten Willen für die Regelung der Dinge nicht gegenseitig streitig machen. Wenn wir der Meinung sind, daß in einem Punkte die mögliche Belastungsfähigkeit erreicht ist, dann mögen Sie der Meinung sein, daß es anders ist. Aber Sie werden uns niemals und in keinem Augenblick vorwerfen können, daß unsere Meinung unredlich und unehrlich sei.
({9})
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst zur Beruhigung von Herrn Dr. Bucerius sagen: ich und meine Freunde sehen die Aktie durchaus nicht als eine unsittliche Vermögensanlage an.
({0})
Die Tatsache, Herr Dr. Bucerius - wenn Sie mir diese Abschweifung gestatten -, daß die Aktie in der Regel in den Händen von Leuten ist, die ein gewisses Risiko und infolge des Volumens ihres Vermögens Manipulationen, die mit der Aktie notwendig sind, aushalten können, bedauern wir. Ich bedaure es außerordentlich, daß nicht in der Form von Kleinaktien oder gepflegten Investment-Papieren auch dem kleinen Mann stärker, als es zur Zeit der Fall ist, Gelegenheit gegeben ist, diese Art von Sachwerten zu halten.
Aber, Herr Dr. Bucerius, wenn Sie mich an unsere Zusammenarbeit im Wirtschaftsrat und die Zusammenarbeit unserer Fraktionen an dem damaligen Soforthilfegesetz erinnern, so fürchte ich,
({1})
daß das sehr zur Unzeit geschehen ist. Denn die Grundsätze, auf die wir uns damals geeinigt haben und nach denen wir das Soforthilfegesetz durchgesetzt haben, haben Sie und Ihre Fraktion hier sehr gründlich verlassen.
({2}) Herr Dr. Bucerius, Sie werden keinem ernsthaften Menschen erzählen können, daß diese Abgabe der Aktionäre - nicht der Aktie, sondern der Aktionäre - irgendeinen Einfluß auf den Kapitalmarkt hat oder ein inflatorisches Moment oder etwas Derartiges darstellt.
({3})
Herrn Dr. Preusker möchte ich in aller Ruhe doch auf zwei Dinge hinweisen. Erstens: die Tatsache, daß man gewisse Kurse festgesetzt hat, ist kein Grund dafür, sie nachträglich gesetzlich zu sanktionieren.
({4})
Zweitens: Es handelt sich hier nicht um eine Abgabe auf Aktien, sondern um eine Abgabe der Aktienbesitzer von 1948, die damals sehr gute Werte in der Hand hatten und inzwischen entsprechende Gewinne eingesteckt haben. Infolgedessen ist die Behauptung, Herr Dr. Preusker, daß es dann Aktien gäbe, auf die Abgaben erhoben würden, und andere Aktien, auf die sie nicht erhoben würden - entschuldigen Sie schon! -, barer Unsinn.
({5})
Es ist gestern gesagt worden, die Investitionen, die der Bund und die Länder machten, die die öffentliche Hand mache, seien kalte Sozialisierung. Heute wird dafür gekämpft, daß andere Leute andere Investitionen, und zwar durch Selbstfinanzierung, aus Preisen, machen können, die offenbar das Gegenteil von kalter Sozialisierung sind.
({6})
Und wenn heute, Herr Dr. Preusker, in diesem Zusammenhang beanstandet worden ist, daß die Leistungen der Sozialversicherung 1 zu 1 umgestellt worden sind,
({7})
ohne daß Sie erwähnt haben, Herr Dr. Preusker, daß das Vermögen dieser Sozialversicherung, im Gegensatz zu den Aktien, weggenommen worden ist
({8})
und ohne daß Sie erwähnt haben, daß diese Leistungen nicht mehr aus dem Vermögen, sondern aus den außerordentlich hohen Beiträgen der arbeitenden Menschen gezahlt werden, und wenn Sie damit begründen wollen, daß die Aktionäre keine Lastenausgleichsabgabe zahlen sollen, dann wissen wir, wes Geistes Kind wir vor uns haben.
Meine Damen und Herren, wir haben namentliche Abstimmung beantragt.
({9})
Herr Abgeordneter Loritz wünscht, noch einmal das Wort zu nehmen.
({0})
Loritz ({1}): Meine Damen und Herren! Es darf nicht unwidersprochen bleiben, daß hier in diesem Hause Abgeordnete angeblich volkswirtschaftliche Theorien vortragen, die in Wirklichkeit alles andere sind als volkswirtschaftlich irgendwie fundierte Meinungen, sondern die nichts anderes darstellen als den Versuch, diejenigen Abgeordneten des Hauses, die volkswirtschaftlich nicht entsprechend ausgebildet sind, hier zu betören!
({2})
Ich möchte in wenigen Sätzen zu dem, was Herr Dr. Bucerius sagt, Stellung nehmen. Herr Dr. Bucerius befürchtet, daß, wenn die Ziffer 2 des § 19 hier von diesem Hause gestrichen wird, die Investitionen für die betreffenden Aktiengesellschaften erschwert, wenn nicht gar verunmöglicht werden. Herr Dr. Bucerius, die Heranziehung der Aktien zum Lastenausgleich hat mit den Investitionen für die betreffende Aktiengesellschaft gar nichts zu tun. Denn die Abgabepflicht für die Aktien selbst betrifft die Aktionäre, Investitionen dagegen betreffen die Aktiengesellschaften, Herr Kollege. Das ist etwas vollkommen anderes, nicht bloß juristisch, sondern auch tatsächlich.
Zweitens wäre es für die gesamte Volkswirtschaft nur von Vorteil, wenn sich, was ich gar nicht einmal ohne weiteres glauben würde, auf Grund der Hereinnahme der Aktien in den Lastenausgleich eine Abwärtsentwicklung der heute so übersteigert hohen Aktienkurse an der Börse ergeben würde. Ich habe Ihnen gesagt, ich glaube gar nicht einmal, daß diese Abwärtsentwicklung in nennenswertem Umfang eintreten würde. Aber selbst wenn sie einträte, würde das endlich das Augenmerk der geldbesitzenden Kreise mehr als bisher zu den festverzinslichen Papieren hinwenden, zu den Staatspapieren und sonstigen Werten, die heute gerade durch die Überspannung der Aktienkurse so vernachlässigt werden, was sich für die Volkswirtschaft denkbar ungünstig auswirkt. Das möchte ich Ihnen, Herr Dr. Bucerius, auf Ihre volkswirtschaftlich völlig unmöglichen Ausführungen noch gesagt haben.
({3})
Noch einen Satz!
({4})
Seien Sie nur froh, Herr Dr. Bucerius, - - ({5})
- Das sind Ihre Gesinnungsfreunde hier! - Seien Sie nur froh, daß hier lediglich ein Antrag auf Streichung der Ziffer 2 des § 19 vorliegt. Ich habe gestern schon ausgeführt, daß noch ganz andere Maßregeln notwendig sind als lediglich die Streichung dieser Ziffer 2 des § 19, nämlich eine eigene Sonder-Aktiensteuer für diejenigen von den Aktionären, die auf Kosten des Volkes ungeheure und unverschämte Gewinne gemacht haben.
Ich will Ihnen doch noch ein paar Kurse vortragen. Es handelt sich um kleinere Fabriken, im Vergleich zum Ruhrgebiet, wie Sie mir zugeben werden: Nehmen Sie mal die Aktie der Hanfwerke Füssen-Immenstadt. Die stand im Oktober 1948 - Sie können den amtlichen Kurszettel darüber jederzeit nachlesen - noch auf rund 15 oder 17 DM. Diese Aktie steht heute auf 140 DM! Die Aktie einer Münchener Brauerei, der PaulanerBrauerei, stand im Oktober 1948 auf zirka 15 DM; sie steht 1952 auf 102 DM. Oder nehmen Sie die Aktie der Kunstmühle Tivoli, einer verhältnismäßig nicht großen Aktiengesellschaft; sie steht heute auf über 200 DM!
({6})
Angesichts solcher unverschämter Kurse will man
die Aktien gar noch aus dem Lastenausgleich her({7})
ausnehmen. Nicht bloß die Aktien nicht herauszunehmen, sondern in Form einer zusätzlichen Aktiensteuer, die in § 3 des Gesetzes eingebaut werden muß, diese Großaktionärgewinne zugunsten der Armsten der Armen, der Heimatvertriebenen und der einheimischen Fliegergeschädigten heranzuziehen, ist die Forderung der Stunde, meine Herren.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucerius.
Meine Damen und Herren! Nur weil ich nicht ganz sicher bin, daß alle Leute, die draußen die Übertragung hören, den Herrn Kollegen L o r i t z wirklich genügend kennen,
({0})
möchte ich noch ein Wort zu dem, was er gesagt hat, ergänzen.
({1})
Es könnte in der Tat so aussehen, als ob die Steigerung eines Aktienkurses - ich will sein Beispiel sagen - von 15 auf 102 DM etwas Unverschämtes enthalte.
({2})
Aber was ist denn in Wirklichkeit geschehen? In den Tagen nach der Währungsreform, als viele Leute, aller ihrer Guthaben beraubt, genötigt waren, um jeden Preis an den Markt zu gehen, haben sie ihr Gut am Markt, nämlich an der Börse, zu einem Preise verkaufen müssen, der ganz wesentlich unter seinem wahren Wert liegt. Ein Teil dieser Dinge ist später im Laufe der Kursentwicklung, als das Geld in der Allgemeinheit wieder flüssig wurde, wieder in Ordnung gebracht worden.
({3})
Zum Teil sind die Kurse über das vernünftige Maß hinaus gestiegen.
({4})
Wir kennen die Ursachen. Sie liegen nicht im deutschen Geschehen, sondern darin, daß mit Hilfe von Sperrmark ausländische Besitzer am deutschen Aktienmarkt Werte haben erwerben können.
({5})
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucerius. - Herr Abgeordneter Loritz, Sie hatten eben verhältnismäßig lange das Wort; vielleicht unterbrechen Sie einen Augenblick mal.
Meine Damen und Herren, das deutsche Volk besteht nicht aus Spekulanten, welche heute - ({0})
- Soll Ihr Widerspruch, meine Herren von der Sozialdemokratie, bedeuten, daß Sie diesen Satz bestreiten wollen?
({1})
Dann will ich ihn noch einmal wiederholen: das
deutsche Volk besteht nicht aus Spekulanten!
({2})
Die Fälle, in denen jemand in der Lage war, zu einem niedrigen Preis und Kurs nach dem Währungsstichtag Aktien zu kaufen und sie heute zu verkaufen, sind so verschwindend gering, und die würden Sie mit diesem Gesetz nicht einmal erfassen.
({3})
Die würden Sie nicht erfassen, weil Sie die Gewinne nach dem Währungsstichtag durch dieses Gesetz ja nicht erfassen wollen,
({4})
sondern Sie würden diejenigen Leute in Anspruch nehmen, welche nach der Währungsreform ihre Aktien zu niedrigen Preisen haben verkaufen müssen. Aber ich glaube, es hat wenig Sinn, dieses Thema noch zu vertiefen.
({5})
Nur Ihnen noch ein Wort, Herr Seuffert! Sie haben gesagt, auch Ihnen scheine die Aktie ein volkswirtschaftlich wertvolles Finanzierungsinstrument zu sein. Ich glaube, die Aktien müssen sich in weiten Schichten des deutschen Volkes das Vertrauen, das sie einmal gehabt haben, erst wieder erwerben. Es gibt auch wesentlich viel mehr kleine Aktionäre, als gemeiniglich angenommen wird, und zwar in breiten Kreisen dieses Volkes, deren Sparsinn wir brauchen, damit auch in Aktiengesellschaften wieder Geld angelegt wird.
({6})
Das Vertrauen dieser Leute werden Sie nicht gewinnen,
({7})
wenn Sie immer wieder, wenn auch nur in einem Nebensatz einmal, sagen, daß diese Leute gute Gewinne eingesteckt haben. Das ist nicht die Art und Weise, über diejenigen Leute zu reden,
({8})
die doch ihre Ersparnisse in irgendeiner Form investiert haben,
({9})
die ihre Ersparnisse in Aktien investiert haben und daraus die ihnen nach dem Gesetz zustehenden gewiß nicht überhöhten Dividenden, d. h. praktisch Zinserträgnisse bekommen. So zerstört man in einem Nachsatz das, was man sich vorgenommen hat, im Vorsatz aufzubauen.
({10})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Müller. - Meine Damen und Herren, darf ich vorschlagen, daß wir dann langsam zum Schluß der Besprechung dieses Paragraphen kommen.
Meine Damen und Herren! Ich bedaure, daß die Debatte über dieses sogenannte Lastenausgleichsgesetz nicht über den Rundfunk übertragen wird. Ich glaube, die Flüchtlinge würden ein sehr eindrucksvolles Bild auch von der heutigen Debatte bekommen, ein ein({0})
drucksvolles Bild davon, wer sich vor die so „bejammernswerten" Aktionäre und Aktiengesellschaften stellt. Sie würden zweifellos auch ein sehr eindrucksvolles Bild davon bekommen haben, wie die Herren Kollegen Preusker, Atzenroth und Bucerius, ja, wenn es möglich gewesen wäre, sogar mit Tränen im Knopfloch, darum gejammert haben, daß diesen „armen" Aktionären und Aktiengesellschaften unter keinen Umständen auch nur ein Haar gekrümmt wird.
Den Versuch des Herrn Kollegen Dr. Bucerius, Leute, die sparen, soweit sie überhaupt sparen können, mit den Besitzern von Aktien bzw. mit den Aktionären in Vergleich zu bringen, muß ich als ein sehr übles demagogisches Manöver bezeichnen. ({1})
Herr Abgeordneter Müller, die Übung dieses Hauses versagt uns den Gebrauch des Wortes „Demagogie" mit Bezug auf Abgeordnete. Ich rufe Sie zur Ordnung.
Ich muß doch darauf hinweisen, wie klein der Kreis derjenigen aus den arbeitenden Schichten ist, die in der Lage sind, zu sparen. Ihnen, Herr Dr. Bucerius, ist ja zweifellos auch bekannt, daß heute - und das ist ja wohl ein sehr eklatantes Beispiel - die Zahl derjenigen, die in Abzahlungsgeschäften kaufen müssen, sich innerhalb kürzester Frist verdreifacht hat und daß das Anschreiben in den Lebensmittelgeschäften bereits einen sehr großen Umfang angenommen hat. Damit ist der Beweis dafür, daß diese arbeitenden Menschen überhaupt nicht sparen können, eindeutig erbracht. Dieser Kreis gehört also nicht zu den Aktienbesitzern. Aber diese Menschen, Herr Dr. Preusker, schaffen die Werte, die nicht ihnen, sondern anderen gehören, nämlich im wesentlichen den Aktionären.
Aber es ist auch eine, na, sagen wir einmal, Irreführung, wenn gesagt wird, die Aktienbesitzer seien auf Grund ihrer eigenen Arbeit in den Besitz der Aktien gekommen. Sie wissen es doch selbst, Herr Dr. Preusker: wenn heute eine Aktiengesellschaft gegründet wird, sind nur diejenigen, die das Geld haben, in der Lage, dieses Geld in Aktien anzulegen, und wenn das Aktienkapital erhöht wird, sind es wieder nur genau dieselben Kreise, die, weil sie Geld in Händen haben, sich diese Aktien besorgen können. Also dieser Hinweis zieht nicht.
Demgegenüber möchte ich auf etwas anderes verweisen. Ich glaube, Herr Dr. Preusker ist es gewesen, der davon gesprochen hat, das Vermögen der Aktiengesellschaften werde zu 60 % herangezogen. Diese Behauptung ist zweifellos nicht richtig, es sind höchstens 40 %. Aber das Entscheidende ist ja, daß die Aktiengesellschaften in der Lage sind, diese Aufbringungsschuld auf dem Wege über das Sozialprodukt zu leisten, d. h. sie vollbringen diese Leistung nicht aus ihrem eigenen Vermögen, sondern wiederum nur aus den Erträgnissen der Arbeit der in den Aktiengesellschaften und in den Unternehmen beschäftigten Arbeiter- und Angestelltenschaft. Mit anderen Worten, sie selbst werden davon überhaupt nicht betroffen, sondern diese Schuld wird wiederum nur von der Arbeiterschaft getragen bzw. aus dem Sozialprodukt herausgenommen.
Weiter ist vorhin gesagt worden, daß die Währungsgewinne bei Aktien . überhaupt nicht erfaßt sind. Herr Kollege Dr. Bertram hat mit Recht darauf hingewiesen, wie groß die Gewinne der Aktionäre nach der Währungsreform sind. Ich möchte in einer Korrektur dieser Zahl darauf verweisen, daß meiner Erinnerung nach die „Deutsche Wirtschafts- und Handelszeitung" im Oktober vergangenen Jahres eine Berechnung angestellt hat, wonach bis zum damaligen Zeitpunkt die Währungsumstellungsgewinne der Aktionäre im Bundesgebiet bereits die Höhe von 9,2 Milliarden DM erreicht haben; das heißt: ohne einen Finger zu rühren, haben diese Aktionäre Milliardengewinne gemacht. Und nun wagen Sie es, Herr Dr. Preusker, Herr Dr. Atzenroth, Herr Dr. Bucerius, gegenüber den Flüchtlingen zu verteidigen, daß dieses ohne Arbeit erzielte Kapital, daß diese Gewinne nicht zum Lastenausgleich herangezogen werden! Ich glaube, deutlicher kann wohl nicht zum Ausdruck gebracht werden, was ich gestern schon einmal gesagt habe, daß sich die Regierungskoalition mit eiserner Entschlossenheit schützend vor das Kapital, vor die annähernd 300 neuen Millionäre stellt, aber den Anspruchsberechtigten das verweigert, was sie als Minimum aus einem Lastenausgleich für sich selbst und ihre Existenz zu fordern berechtigt sind.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Meine Damen und Herren, namens der Föderalistischen Union beantrage ich auch für unsern Antrag namentliche Abstimmung. Bei dem Antrag der SPD werden wir uns mit Rücksicht darauf der Stimme enthalten, daß uns dieser Antrag in seinem Ausmaß zu weit zu gehen scheint, wenn er sich in den Grundprinzipien auch mit unserm Antrag deckt.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.
({0})
Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist notwendig, noch einmal darauf hinzuweisen, daß es sich hier um ein sachliches Problem handelt.
({0})
- Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß Ihnen eine sachliche Diskussion über dieses ernste Thema in diesem Hause gar nicht erwünscht ist.
({1})
Herr Seuffert, Sie sprachen davon - Sie haben meine Frage in keiner Weise ernsthaft aufgenommen-, daß niemand etwas dafür könnte, wenn früher Kurse festgesetzt worden wären, die höher gewesen wären. Diese Kurse haben sich doch in den Jahren vor 1948 auf Grund der damaligen Gesamtsituation gebildet. Die Leute, die davor Aktien erworben haben, haben sie ja auch bezahlen müssen.
Nun lassen Sie mich einmal - und damit gleichzeitig vor der deutschen Öffentlichkeit - Herrn Loritz zeigen, mit was für Mitteln er hier gearbeitet hat.
({2})
({3})
- Ja, eben mit dem Kurszettel, und den habe ich mir jetzt genau so vorgenommen. Die Aktien der Löwenbrauerei in München standen vor der Währungsreform bei einem Kurs von 250. Das war, wenn Sie so wollen, das Vermögen, das der Aktionär besaß.
({4})
Unmittelbar nach der Währungsreform sanken diese Kurse infolge der Notwendigkeiten des Zwangsverkaufs auf 51 ab, und im Augenblick sind sie erst wieder auf 741/2 gekommen.
({5})
- Das steht heute morgen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung"!
({6})
- Lassen Sie mich doch jetzt das einmal zu Ende führen!
({7})
Nehmen Sie die Aktien von Daimler-Benz! Das ganze deutsche Volk kennt ja doch dieses Unternehmen. Diese Aktien standen unmittelbar vor der Währungsreform 160. Das war der Preis, den jeder Aktionär anlegen mußte, um dies Vermögen zu besitzen. Sie sanken unmittelbar nach der Währungsreform infolge der ganzen Risiken auf 26,50 ab; sie haben inzwischen allerdings wieder einen Kurs von 71 heute erreicht. Schön, 71 gegen 165!
({8})
Oder nehmen Sie mal die berühmte Landmaschinenfabrik Lanz.
({9})
- Ich glaube, Sie haben nach wie vor nicht die Absicht, meiner Bitte zu entsprechen, hier eine sachliche Diskussion zu führen.
({10})
Ich glaube, Ihnen einwandfrei gezeigt zu haben, daß die Kursverluste, wenn Sie so wollen, auch heute noch gegenüber dem, was die Aktionäre früher als Vermögen besaßen, sehr erheblich sind.
Nun lassen Sie mich aber einmal auf das eine Argument eingehen, das von dem Kollegen Müller eben angeführt worden ist, daß irgendwer „Milliardengewinne" der Aktionäre schützen wolle. Meine Damen und Herren, Sie haben doch alle genau so dieses Lastenausgleichsgesetz gelesen. Wir haben darin eine Vermögenzuwachssteuer verankert, und wenn wirklich solche Milliardengewinne auftreten sollten - ({11})
- Sie haben doch die Vermögensteuer zugunsten des Lastenausgleichs darin!
({12})
- Das wissen Sie ja doch auch! - Wenn Milliardengewinne auftreten sollten, dann werden sie ja dadurch in vollem Umfange erfaßt.
Wenn Sie weiter davon sprechen, daß bei der Sozialversicherung das Vermögen weggenommen worden ist, dann muß ich Ihnen entgegnen, daß dieses Vermögen nicht von deutscher Seite weggenommen worden ist, sondern durch die Art und Weise, mit der die Währungsreform der Alliierten
({13})
entgegen den deutschen Plänen durchgeführt worden ist.
({14})
Nach wie vor bleibt die Tatsache bestehen, daß Sie hier die Absicht haben, zu Lasten einer zukünftigen deutschen Entwicklung, die nur durch Vermehrung der Arbeitsplätze, durch neue Produktionsanlagen gefördert werden kann, eine Doppelabgabe festzulegen, und zwar einmal die Gesellschaften mit der Abgabe zu belasten und zum zweiten noch das andere zu tun.
Wenn Sie, Herr Seuffert, von den großen Erträgen gesprochen haben, so wissen Sie ganz genau, was unsere Unternehmen neben den Lastenausgleichsabgaben an Steuern, an Körperschaftsteuer zu zahlen haben, die wir im vergangenen Jahre noch einmal wieder um 10 % heraufsetzen mußten, was darüber hinaus - in eindrucksvollster Weise erst kürzlich vor der deutschen Öffentlichkeit dargetan - an freiwilligen sozialen Leistungen von den Unternehmen erfreulicherweise wieder erbracht werden kann
({15})
und was für einen enorm geringen Betrag darüber hinaus die Aktionäre wirklich erhalten. Herr Müller hat gesagt, daß ja letzten Endes in einer Volkswirtschaft die Leistungen für den Lastenausgleich, für die Steuern, für die Sozialleistungen - ganz egal, was Sie nehmen wollen - nur aus den Erträgen und nicht aus der Substanz erbracht werden. Ja, Herr Müller, das ist allerdings eine Binsenwahrheit. Wenn Sie das andere versuchten, nämlich Substanz generell zu übertragen, dann hätten Sie in kürzester Frist einen Bundeströdelladen geschaffen. Es kann nur aus den Erträgen geleistet werden. Aber in diesem Fall kommt eben der überwiegende Anteil der Erträge auf 30 Jahre nicht mehr den Aktionären, sondern er kommt den Lastenausgleichsberechtigten zugute. Damit ist in vollem Umfang das erreicht, was das Ziel ist, nämlich hier die gesamte Substanz der gewerblichen Wirtschaft genau so zu belasten wie alle anderen Vermögensträger auch.
({16})
Herr Abgeordneter Loritz hat in Aussicht gestellt, nur einen einzigen Satz zu sagen.
Loritz ({0}): Ich möchte dem Herrn Dr. Preusker Tatsachen und Ziffern entgegensetzen, weiter gar nichts. Ich sprach von drei Beispielen. Die Fälle sind noch viel krasser, als ich gesagt habe. Ich habe hier den amtlichen Kurszettel von der Münchner Börse vom 6. Mai 1952. Ich sprach von „Hanfwerke Füssen/Immenstadt." Diese Aktie steht heute auf 172, nicht etwa, wie ich meinte, auf 140. Das war vor wenigen Wochen noch. Diese Aktie stand im Oktober 1948 auf 17! Ich sprach von Kunstmühle Tivoli. Die Aktie steht nicht, wie ich meinte, auf ca. 200. Das war die Ziffer, die ich aus der Zeit vor wenigen Monaten her im Kopfe hatte. Die Aktie steht heute auf 250!
({1})
Was die Brauereien betrifft, so hat Herr Dr. Preusker hier, um Ihnen etwas vorzumachen, die Aktie
({2})
genommen, die von sämtlichen Münchner Brauereipapieren am allerniedrigsten steht.
({3})
Ich habe die Aktie Paulaner-Brauerei genannt.
Diese Aktie steht heute auf 90, nach 102 vor ein
paar Wochen, genau wie ich es gesagt habe. Hier
sind die Ziffern, Herr Dr. Preusker, bedienen Sie
sich bitte, bevor Sie dem Bundestag und damit dem
ganzen deutschen Volk unwahre Angaben machen!
({4})
Meine Damen und Herren, wir wollen 'doch die Debatte über das kleine Einmaleins, was eins und was zehn ist, nicht weiterführen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind von dieser Seite des Hauses schon mehrfach Erklärungen zu diesem Punkt aus dem Lager der Vertriebenen der anderen Seite vermißt worden. Ich möchte versuchen, mit einigen wenigen Sätzen diese Lücke auszufüllen.
Wir sind der Auffassung, daß man hier von einer Doppelbesteuerung überhaupt nicht sprechen kann. Wir hätten uns mit dieser Regelung abgefunden, wenn eine wirkliche Vermögensumschichtung stattgefunden hätte. Davon kann gar keine Rede sein. Es ist aber etwas anderes zu berücksichtigen. Von einer Doppelbesteuerung könnte man doch nur
sprechen, wenn die direkte Heranziehung der Unternehmen zu der Abgabe eine entsprechende Minderung des Wertes der Aktien zur Folge hätte. Auch das trifft nicht zu. Ich darf auch zu diesem Punkt auf das Beispiel Finnlands verweisen, wo man diese Heranziehung vorgenommen hat, ohne daß der Wirtschaft ein Schaden entstanden ist.
Wir werden deshalb - und zwar die vertriebenen Abgeordneten von dieser Seite in ihrer Mehrheit - uns gegenüber dem Antrag der SPD der Stimme enthalten.
({0})
- Das haben Sie ja gestern gegenüber meinem ersten Antrag auch getan.
({1}) Wir werden aber für den Antrag der Föderalistischen Union stimmen.
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gedenke nicht, auf die volkswirtschaftlichen oder pseudovolkswirtschaftlichen Argumente, die hier vorgebracht worden sind, im einzelnen einzugehen, sondern ich gedenke sie nur in ihrer ganzen Schlechtigkeit auf Sie und die Öffentlichkeit wirken zu lassen. Wenn man hier derartige Theorien vorbringen muß, um eine Sache zu verteidigen, so kennzeichnet man die Sache, die man verteidigt.
({0})
Herr Dr. Preusker, ich verstehe vielleicht vom
Bankgeschäft nicht so viel wie Sie; aber so viel
weiß ich doch auch, daß man die Luft- und Zwangskurse und die fiktiven Kurse vor der Währungsreform hier nicht zu Vergleichen heranziehen kann.
({1})
Sehr wohl wissen Sie doch auch, daß man Jahre vor der Währungsreform überhaupt keine Aktien mehr kaufen konnte, weil die Leute, die richtig gerechnet hatten, sich schon Jahre vorher eingedeckt hatten.
({2})
Sehr wohl wissen Sie auch, Herr Dr. Preusker, daß eine Aktie, die vor der Währungsreform auf 350 RM stand, heute, wenn ihr dasselbe Schicksal wie den Pfandbriefen und anderen Vermögensanlagen passiert wäre, noch nicht einmal 35 stehen dürfte.
({3})
Sie brauchen sich nicht mit einzelnen Aktienkursen abzugeben. In jedem Monatsbericht jeder Bank, auch in dem der Ihrigen, den Sie an Ihre Kunden verschicken, stehen die Aktienindices. Sie wissen ganz genau, daß die Aktienindices gegenüber rund 20 vor der Währungsreform heute bei rund 70 stehen und vor einem halben Jahr auf rund 80 standen.
Es ist auch eine neue Theorie, Herr Dr. Bucerius, daß man das Vertrauen in ein Papier dadurch erschüttert, daß man feststellt, daß mit dem Papier Gewinne gemacht worden sind und weiter gemacht werden können. Ich habe Herrn Dr. Preusker darauf aufmerksam gemacht, daß zwischen Dividende und Ertrag ein Unterschied ist. Ich weiß nicht ganz so gut wie Sie, Herr Dr. Preusker, aber auch etwas Bescheid darüber, wie Aktienkurse und wie Aktienkäufe zustande kommen. Die Eigenheit der Aktionäre, daß sie Gewinne machen wollen, ohne daß man es sieht, mag ihnen durchaus nicht als unsittlich angerechnet werden, Herr Dr. Bucerius.
({4})
Die Argumente haben die Sache gekennzeichnet, für die hier gekämpft worden ist. Und das frage ich mich noch: Wo sind denn eigentlich die Leute, die für die Aufwertung der Guthaben der Altsparer eintreten?
({5})
Wo sind denn eigentlich die Leute, die so viel von der unterschiedlichen Behandlung der Aktien und Pfandbriefe geredet haben?
({6})
Wollen Sie vielleicht einmal bereit sein - wenn Sie hier in gewissen Gesetzesparagraphen Versprechungen machen wollen, dafür Mittel bereitzustellen -, diese Mittel zu bewilligen, z. B. an diesem Punkte? - Sie nicken sehr schön, Herr Dr. Preusker; aber Herr Dr. Atzenroth, der ein Vorkämpfer dieser Gedanken ist, hat beantragt, diesen Antrag abzulehnen.
({7})
Wo sind denn die Altsparer, und wo sind denn die Geschädigten, die hier bloß für den halben Wert der Aktien eintreten wollen, d. h. für die Besteuerung mit 50 % von einem Achtel des heutigen wirklichen Wertes der Aktien., d. h. für eine Abgabe von einem Sechzehntel des Aktienwertes, des besten Sachwertes, den wir heute immer noch haben?
({8})
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir könnten zur Abstimmung kommen!
({9})
Nein, meine Damen und Herren, es ist ja nicht so, daß Sie, wenn Sie aufstehen, gleich das Wort haben. Der Abgeordnete Dr. Becker wollte den Antrag auf Schluß der Besprechung stellen. Ich habe ihn gebeten, den Antrag zurückzustellen. Darf ich aber vorschlagen - es liegen mir noch die Wortmeldungen von Herrn Goetzendorff, Herrn Reitzner, Herrn Kunze und Herrn Neuburger vor -, daß wir dann abschließen.
({0})
Sind Sie damit einverstanden?
({1})
Dann darf ich also als Meinung des Hauses feststellen, - ({2})
- Oder nicht?
({3})
- Also, meine Damen und Herren, ich stelle anheim, welche Anträge Sie stellen wollen.
Ich gebe das Wort zunächst Herrn Abgeordneten Dr. Becker zur Geschäftsordnung.
({4})
Meine Damen und Herren! Zur Debatte steht hier nur die Frage, ob das Vermögen einer Aktiengesellschaft doppelt oder nur einmal herangezogen werden soll.
({0})
Von dieser Frage hat sich die Debatte unendlich weit entfernt. Ich beantrage, nachdem alle möglichen Sachen hier erörtert worden sind, die mit dem Thema nur in sehr losem Zusammenhang stehen,
({1})
Schluß der Debatte.
({2})
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mir durchaus denken, daß die Behandlung dieses Themas, die ja offenbar geeignet ist, die Ergebnisse der Arbeit der drei Wirtschaftssachverständigen, auf die sich Herr Dr. Atzenroth neulich bezogen hat, zu gefährden, einem Teil des Hauses nun wirklich allmählich auf die Nerven geht.
({0})
Wir sind nicht dieser Meinung. Wenn man vielleicht sagen möchte, daß die Debatte lange genug gewährt hat, so scheint die Begründung, mit der wir soeben ihren Schluß haben beantragen hören, zu beweisen, daß sie noch nicht so lange gedauert hat, um auch dem letzten klarzumachen, worum es hier in Wirklichkeit geht.
({1})
Es geht nämlich in Wirklichkeit gar nicht darum,
Herr Kollege Becker, ob man einen Vermögensbestandteil zweimal besteuern soll, sondern es geht darum - was auch Sie vielleicht noch begreifen, wenn Sie uns allen Gelegenheit geben, das so weit zu vertiefen -, daß auch der letzte in diesem Hause weiß, worüber wirklich abgestimmt werden soll.
Deshalb werden wir gegen den Antrag auf Schluß der Debatte stimmen.
({2})
Meine Damen und Herren, der Antrag auf Schluß der Debatte ist gestellt. Er ist nach § 30 der Geschäftsordnung zulässig. Ich bin genötigt, über den Antrag abstimmen zu lassen.
Ich bitte die Damen und Herren; die dem Antrag des Abgeordneten Dr. Becker auf Schluß der Besprechung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist zweifellos die Mehrheit; der Antrag auf Schluß der Besprechung ist abgelehnt.
Das Wort hat der Abgeordnete Goetzendorff.
Goetzendorff ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beinahe jesuitisch anmutende Wortakrobatik des Herrn Dr. Kather, der sich hier so glatt aus der Affäre zog, wird auf die Vertriebenen wie ein kalter Wasserstrahl wirken. Ich möchte aber meinen, daß es auch Aufgabe des Herrn Vertriebenenministers wäre, sich hier einmal stark zu machen.
({1})
Ich habe mit besonderer Genugtuung festgestellt, wie hier einige aktienhörige und aktienbesitzende Kollegen sich mit auffallendem Temperament für die Aktienbesitzer eingesetzt haben, so daß es vielleicht in den nächsten Tagen so weit kommt, daß wir den Aktienbesitzern noch Fürsorgeunterstützung geben müssen.
({2})
- Wenn Sie sich, Kollege Schütz, mit Ihren guten Beziehungen zu den Aktienbesitzern ereifern, so ist das für mich eine Genugtuung und beweist, daß ich auf dem richtigen Wege bin.
({3})
- Sie haben, meine Damen und Herren, ein schlechtes Gewissen!
({4})
- Doch, das sage ich Ihnen! Ausgerechnet Sie, weil Sie ein markanter Vertreter des Besitzbürgertums sind, Herr Kollege!
Ich werde einen Beitrag leisten, die Debatte zu verkürzen, und ziehe meinen Änderungsantrag zugunsten des Antrags der SPD zurück.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Reitzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kather hat sich hier als die Stimme der Vertriebenen vorgestellt. Ich glaube, es war nur die halbe Stimme der Vertriebenen!
({0})
({1})
Kollege Kather, es ist hier eine entscheidungsvolle Angelegenheit: entweder sprechen und stimmen Sie als Mitglied der CDU, oder Sie sprechen und stimmen als Vorsitzender des BVD.
({2})
Die Mehrheit, die überwiegende Mehrheit der Vertriebenen wünscht, für den Antrag der SPD zu stimmen; das ist unzweifelhaft richtig.
({3})
Herr Kollege Kather, es geht nicht, daß Sie außerhalb des Hauses die Interessen der Vertriebenen
theoretisch wahrnehmen und dann, wenn es zum
hic Rhodus, hic salta kommt, hier die doppelte
Stimme Ihrer Brust zum Sprechen kommen lassen.
({4})
Ich fordere Sie deshalb auf, Herr Dr. Kather, - er hat es ja vorher an meine Adresse getan;
({5})
der Kollege Kather hat ja Rundbriefe geschickt und geschrieben: Kollege Reitzner, ich fordere Sie auf, für die Interessen der Vertriebenen zu stimmen.
({6})
Noch eine Angelegenheit. Ich hatte mir, bevor Goetzendorff sprach, vorgenommen, den Herrn Minister der Vertriebenen zu ersuchen, auch hier seinen Standpunkt zu formulieren.
({7})
Ich glaube, es ist notwendig, auch wenn der Herr Minister nicht Abgeordneter ist. Man muß sich einmal entscheiden, so oder so: Hie Welf, hie Waiblingen!
({8})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Vertriebene.
({0})
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist allen, die im Lastenausgleichsausschuß gesessen haben - auch Ihnen, Herr Seuffert -, bekannt, daß ich stets die Anträge unterstützt habe, daß die Aktien besteuert werden sollen.
({0})
Es stand auch in der alten Regierungsvorlage. Es ist also kein Abweichen, meine Herren.
Wie ist aber jetzt die Situation? Sprechen wir es doch einmal klar aus!
({1})
Man kann über die Einzelheiten der Anträge durchaus verschiedener Meinung sein; aber die Dinge sind doch in das große Politikum geraten, ob dieses Gesetz überhaupt angenommen wird oder nicht.
({2})
Das Interesse der Heimatvertriebenen geht meines Erachtens dahin, daß das Gesetz endlich angenommen wird.
({3})
Wenn Sie gestern in der Regierungserklärung gelesen haben, daß das die Notwendigkeit ist und
daß alle Fraktionen bereit sind, dann mit Novellen Fehler auszumerzen, - ({4})
- Ich habe Sie nicht verstanden.
({5})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Vertriebene!
({0})
Man hat abzuwägen, ob Sie durch ewige Anträge heute eine Hinauszögerung wollen
({0})
und das Gesetz zum Scheitern bringen
({1})
oder ob Sie im Interesse der Vertriebenen endlich Schluß machen.
({2})
Da die Vorteile des Entwurfs
({3})
des Lastenausgleichsgesetzes gegenüber dem Soforthilfegesetz unzweideutig da sind, kann ich im Interesse der Vertriebenen nur sagen: nehmen wir an und arbeiten wir daran weiter!
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
({0}) - Er verzichtet.
Das Wort hat der Abgeordnete Neuburger. ({1})
Meine Damen und Herren! Ich hatte nicht die Absicht zu sprechen; aber ich will nun doch gerade dem Wunsche nachkommen, den der Herr Kollege Kriedemann vorhin zum Ausdruck brachte, als er sagte, das Haus solle wissen, worum es geht. Ich habe den Eindruck, daß dieses Haus vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht.
({0})
Wir beraten meines Erachtens das Gesetz über den Lastenausgleich und keine Steuergesetze.
({1})
Ich habe daher kein Verständnis dafür, daß ständig von Steuern, von Doppelbesteuerung und sonstigen Dingen, aber nicht vom Lastenausgleich geredet wird.
({2})
({3})
Wir beraten auch kein Gesetz über die Beseitigung von Härten, die die Währungsreform gebracht hat, also kein Gesetz über die Regelung der Währungsreform, sondern wir beraten das Lastenausgleichsgesetz; und darüber haben wir abzustimmen. Der Lastenausgleichsgesetzentwurf bestimmt, daß jedes Vermögen zu 50 % zum Lastenausgleich herangezogen wird. Darüber haben wir abzustimmen. Wir haben also darüber abzustimmen, ob alle Vermögen zu 50 % herangezogen werden.
({4})
Hier wird nun ein Antrag gestellt, mit dem von uns gefordert wird, daß wir ein und dasselbe Vermögen zweimal zum Lastenausgleich heranziehen.
({5})
Nur um diese Frage geht es, meine sehr verehrten Damen und Herren, und sonst um nichts. Wir stehen also vor der Entscheidung, ob wir ein und dasselbe Vermögen zweimal zum Lastenausgleich heranziehen.
({6})
So gesehen kann uns die Entscheidung, für die wir die Verantwortung zu tragen haben, nicht schwer fallen.
Die Frage der Entschädigung der Altsparer hat mit diesem Gesetz nichts zu tun. Wir haben schon Schritte getan, um den Gedanken der Altsparerentschädigung zu verwirklichen, und er wird auch verwirklicht. Heute haben wir aber nur über das Lastenausgleichsgesetz zu entscheiden, haben darüber zu entscheiden, ob - ich wiederhole es - ein Vermögen zu 50 % oder im Widerspruch zum Grundgedanken des Gesetzes doppelt herangezogen werden soll.
({7})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen von Herrn Kollegen Reitzner zwingen mich doch, ganz kurz etwas zu sagen. Zunächst, Herr Reitzner: ich habe, als ich hier heraufkam, ausdrücklich gesagt, daß Zurufe von d e r Seite gekommen sind: Die Vertriebenen von dieser Seite mögen sich melden.
- Ich habe aber nicht in Anspruch genommen, hier für alle Vertriebenen des Hauses zu sprechen. Ich habe außerdem, als ich sagte, wie wir abstimmen werden, erklärt, daß nicht alle, sondern nur die Mehrheit der Vertriebenen dieser Seite diese Abstimmung vornehmen.
({0})
- Ja, bitte, das ist ja vorgebracht worden.
Dann haben Sie mich in einen Widerspruch setzen wollen zu meiner Haltung als Vorsitzender des BVD und Mitglied der CDU und haben auf das Rundschreiben Bezug genommen, das Sie bekommen haben. Herr Reitzner, in diesem Rundschreiben steht kein Wort von der Aktienbesteuerung. Es ist keine Forderung des BVD.
({1})
Sie gehört nicht zu den Forderungen, die der BVD erhoben hat.
({2})
Das ist eine weitergehende Forderung, zu der ich mich hier bekannt habe. Ich habe mich nur zur Hälfte dazu bekannt, zum Antrage der Föderalistischen Union, und zwar einmal, weil eine gewisse Besteuerung schon vorliegt, und zweitens, weil ich auch hier dem Beispiele Finnlands gefolgt bin, wo man genau dieselbe Regelung vorgenommen hat, die die Föderalistische Union beantragt hat.
Und noch ein Wort zum Schluß. Ich habe meine Selbständigkeit gegenüber meiner Fraktion so oft bewiesen und werde sie auch im Laufe dieser Diskussion noch zu beweisen haben, daß dieser Vorwurf und gerade aus Ihrem Munde, Herr Reitzner, mich nicht trifft.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert. Im Augenblick ist das die letzte vorliegende Wortmeldung. Ich will damit nicht auffordern, weitere Wortmeldungen abzugeben.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als der Kollege Neuburger seine Ausführungen begann und mit Recht darauf hinwies, daß man in dieser Frage doch nicht von Doppel-Besteuerungs-Theorien und Ähnlichem sprechen sollte, da glaubte ich allerdings, ich hätte in ihm einen Bundesgenossen für unseren Antrag bekommen.
({0})
Die Volte, die er dann vorgenommen hat, ist mir nicht ganz verständlich gewesen. Entweder reden wir vom Steuerrecht, Herr Kollege Neuburger, und dann wissen wir, daß auch für die Vermögensteuer und für das Steuerrecht die Aktie, der Aktienbesitz und das Vermögen der Gesellschaft zwei verschiedene Vermögen sind und jedes Vermögen Steuer bezahlt.
({1})
Oder wir reden nicht davon, dann reden wir vom Lastenausgleich und von der Frage, ob die Aktionäre von ihren Sachwerten Abgabe zahlen sollen oder nicht. Dann ist allerdings, wie Sie gesagt haben, einfach die Frage: Soll jedes Vermögen - und abgesehen von Doppelbesteuerungs-Theorien, Herr Kollege Neuburger, hat wirtschaftlich und praktisch doch niemand einen Zweifel, daß ein Aktienbesitz ein Vermögen ist - der Abgabe unterliegen?
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir haben nun der Argumente und Scheinargumente genug gehört.
({2})
Es ist jetzt zuletzt noch einmal gesagt worden, dieses Gesetz habe z. B. mit der Altsparerfrage nichts zu tun. - Aber vielleicht mit der Aufbringung von Mitteln für die Altsparerfrage, aber vielleicht mit der Einlösung von Versprechungen, die nicht von uns, aber von anderer Seite und auch in Regierungserklärungen außerordentlich leichtfertig in dieser Frage gegeben worden sind!
({3})
({4})
Die Argumente haben sich bis zu dem Punkte verstiegen, daß man diesen Zusammenhang zwischen Sachwerten und Geldwerten und Währungsreform usw. wieder einmal damit verwischen wollte, daß man sagte, die Wegnahme der Vermögenswerte z. B. der Sozialversicherung und anderer Geldwertbesitzer sei ja durch die Amerikaner geschehen, sei durch eine fremde Währungsreform geschehen. Nein, Herr Dr. Preusker, das Geld hat uns Herr Hitler kaputtgemacht!
({5})
Damals waren Sie noch nicht so klug.
({6})
Und ich will noch etwas anfügen, Herr Dr. Preusker. Die hohen Aktienkurse vor der Währungsreform, auf die Sie sich vorhin zum Vergleich und zur Rechtfertigung der heutigen Aktienkurse bezogen haben, hat auch Herr Hitler gemacht
({7})
Ein weiteres Argument, das die Öffentlichkeit sehr interessieren und sehr überzeugen wird, hat uns der Herr Bundesminister für Vertriebene noch beigebracht. Der Herr Bundesminister für Vertriebene ist für die Heranziehung des Aktienbesitzes, aber Kabinettsrücksichten verbieten ihm, im Augenblick dafür einzutreten.
({8})
- Das hat er sehr wohl gesagt.
({9})
- Er hat gesagt, daß höhere politische Rücksichten die Lage verändert haben, und - hat er das wirklich gesagt? -, es bedeute eine Verzögerung des Gesetzes, ob dieser Antrag so oder so entschieden
wird. Wollen Sie das in der Tat ernsthaft behaupten, daß es eine Verzögerung des Gesetzes bedeutet, wie dieser Antrag entschieden wird? Ich habe Ihnen gestern gesagt, daß dieses Gesetz, das ein verfassungsänderndes Gesetz ist oder Verfassungsänderungen voraussetzt, gewisse Mehrheiten und Voraussetzungen braucht und daß Sie sich noch nicht im geringsten um diese Mehrheiten weder im Bundestag noch im Bundesrat bemüht haben. Wer nimmt denn die Behauptung ernst, daß die Frage, ob die Aktionäre zahlen oder nicht, eine Verzögerung des Gesetzes bedeutet? Ich glaube, auch auf dieses Argument brauche ich nicht weiter einzugehen.
({10})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Mit Rücksicht auf die Bedeutung, die § 19 hat, schlage ich Ihnen vor, nicht erst am Schluß dieses Abschnitts abzustimmen, sondern die Abstimmung schon jetzt vorzunehmen.
({0})
Ich komme zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Atzenroth, der sich auf Ziffer 1 des § 19 bezieht. Da er nicht verteilt worden ist, lese ich ihn noch einmal vor:
§ 19 Ziffer 1 ist wie folgt zu ändern:
. . . sind nicht anzusetzen, soweit diese Wirtschaftsgüter insgesamt 150 000 DM nicht übersteigen, . . .
und dann fortgesetzt wie Absätze a, b, c usw. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Herrn Abgeordneten Atzenroth zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die
Gegenprobe. - Der Antrag ist gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Weiter liegt ein Antrag der kommunistischen Gruppe vor. Der Abgeordnete Goetzendorff hat seinen Bleichlautenden Antrag, die Ziffer 2 zu streichen, zurückgezogen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem kommunistischen Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Der kommunistische Antrag, die Ziffer 2 des § 19 zu streichen, ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Zu dem Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 4 ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Der Antrag ist hinreichend unterstützt. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Abstimmungskarten einzusammeln. Ich bitte die Berliner Abgeordneten, wieder einmal ihre Stimmen in die goldene Urne abzugeben.
({1})
Meine Damen und Herren, darf ich fragen, ob jemand seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Ganz hinten im Saal ruft noch jemand; darf ich die Herren Schriftführer bitten! Hat noch jemand seine Stimme nicht abgegeben? - Es meldet sich niemand; ich schließe die Abstimmung.
({2})
Meine Damen und Herren, ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung bekannt. Für den Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei haben gestimmt 136 Abgeordnete, dagegen 167 bei 39 Enthaltungen. Von den Berliner Abgeordneten haben mit Ja gestimmt 7, mit Nein 7, Enthaltungen 1. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Föderalistischen Union Umdruck Nr. 495 Ziffer 3. Auch für diesen Antrag ist namentliche Abstimmung beantragt. Wird ein solcher Antrag unterstützt? - Er ist unterstützt durch die Fraktion der SPD und darüber hinaus. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmzettel bei der Abstimmung über den Antrag der Föderalistischen Union einzusammeln.
({3})
Meine Damen und Herren, darf ich unterstellen, daß das Haus damit einverstanden ist, daß die Berliner Abgeordneten bei namentlichen Abstimmungen immer teilnehmen?
({4})
Bei namentlichen Abstimmungen in einer besonderen Urne!
Meine Damen und Herren, darf ich fragen, ob noch Abgeordnete vorhanden sind, die ihre Stimme nicht abgegeben haben? - Ich nehme an, daß die Frage von allen Abgeordneten verstanden worden ist. Es hat sich niemand gemeldet; ich schließe die Abstimmung.
({5})
Meine Damen und Herren, darf ich die Pause der Auszählung benutzen, um folgendes bekanntzugeben.
Der ERP-Ausschuß und der Finanzausschuß treten gemeinsam zu einer Sitzung - gemeinsam, habe ich richtig verstanden? - im Zimmer 108 alter Zählung unmittelbar nach der Beendigung der Abstimmungen zu § 19 zusammen.
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9120
({6})
Der Geschäftsordnungsausschuß tritt um 14 Uhr zu einer Sitzung in Zimmer 104 zusammen und der Auswärtige Ausschuß ebenfalls um 14 Uhr in Zimmer 03.
Meine Damen und Herren, ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung über den Antrag der Föderalistischen Union bekannt. Mit Ja haben gestimmt 183 Abgeordnete, mit Nein 120, Enthaltungen 33; von den Berliner Abgeordneten mit Ja 9, mit Nein 5, Enthaltungen 3. Der Antrag ist angenommen. Damit sind die Änderungsanträge zu § 19 erledigt.
Ich komme zur Abstimmung über den § 19 in der Ausschußfassung unter Berücksichtigung der eben beschlossenen Änderung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 19 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der § 19 ist mit großer Mehrheit angenommen.
Ich komme zu § 20. Es sind keine Änderungsanträge gestellt. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich bitte die Damen und Herren, die § 20 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; § 20 ist angenommen.
Sodann liegt zu einem § 20 a ein gemeinsamer Antrag sämtlicher Fraktionen vor; Umdruck Nr. 500 Ziffer 1. - Herr Abgeordneter Kunze!
Kunze ({7}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich den Antrag Umdruck Nr. 500 namens aller anstragstellenden Fraktionen mit wenigen Sätzen begründen. Es handelt sich hier um die Frage, in welchen Formen, in welchem Rahmen und in welchen Grenzen wir das Problem der durch das Dritte Reich Verfolgten in diesem Gesetz bei der Vermögensabgabe lösen wollen und lösen können. Nach sehr eingehenden und sorgfältigen Beratungen der Fachleute aller Fraktionen haben wir uns einmütig entschlossen, dem Hohen Hause diese Ordnung vorzuschlagen. Sie finden auf dem Antrag gleichzeitig die Regelung zu § 49 a, die ich bei der Beratung zu gegebener Stunde ebenfalls noch zu begründen haben werde. Namens aller Fraktionen bitte ich den Bundestag, dieser Einschiebung des § 20 a zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier teilweise um eine Frage, die auch, soweit man der Presse entnehmen konnte, in den schwebenden internationalen Verhandlungen offenbar berührt worden ist. Ich möchte namens meiner Fraktion zu dem Antrag erklären, daß wir das System, das hier angewendet worden ist, auf jeden Fall für richtig halten. Über die Frage, ob das Ausmaß der Ermäßigung genügt oder nicht und ob es unseren Wünschen entspricht, möchte ich mich hier nicht aussprechen. Wir haben diesem Antrag zugestimmt, um eine interfraktionelle Einigung herbeizuführen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der Fraktionen, § 20 a einzufügen, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Soweit ich sehe, ist das einstimmig. Keine Gegenstimmen, keine Enthaltungen? - Nein!
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9120
Zu § 21 liegen keine Anträge vor, ebenfalls keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die § 21 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Er ist auch einstimmig angenommen.
Zu § 22 ebenfalls nicht. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Der Paragraph ist auch einstimmig angenommen.
Zu § 23 liegt ein Änderungsantrag der Gruppe der KPD vor. Zur Begründung Herr Abgeordneter Kohl!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn etwas die Berechtigung unseres Antrags bewiesen hat, dann war es die bei den vorhergehenden Punkten geführte Diskussion über die Heranziehung des Aktienbesitzes für den Lastenausgleich. Wir stellen in diesem Änderungsantrag zu § 23 die Forderung, die Besteuerungsgrenze auf 40 000 DM festzusetzen. Wir wünschen also nicht, daß Vermögen unter 40 000 DM für den Lastenausgleich mit herangezogen wird. Wir stützen uns dabei auf die Tatsache, daß bei der Durchführung des Soforthilfegesetzes eine Unmenge von Stundungsanträgen und von Fällen der Unmöglichkeit, zu zahlen, in die Erscheinung getreten ist, gerade bei den Vermögen, die um die Grenze von 40 000 DM oder unter 40 000 DM liegen. Wir sind auf der anderen Seite der Auffassung, daß diese Grenze von 40 000 DM, die auch in dem Antrag meiner Fraktion zu § 25, den ich nachher noch begründen werde, festgelegt ist, unter allen Umständen in dieses Gesetz eingebaut werden muß, damit nicht der wirkliche Besitz von der Abgabe verschont bleibt, während die übergroße Masse der Handwerker und der Kleingewerbetreibenden bei der gegenwärtig in dem Gesetz enthaltenen Vermögensfreigrenze mit für den Lastenausgleich herangezogen wird. Wir wünschen also aus sozialen Gründen die Freigrenze von 40 000 DM und bitten Sie im Interesse der davon Betroffenen, diesem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte gewünscht, daß die Antragsteller sich etwas mehr mit der Materie befaßt hätten. Ich würde Ihnen raten, doch einmal Seite 141 der Begründung der Regierungsvorlage aufzuschlagen. Dann sehen Sie, daß Ihr Antrag 85 % aller deutschen Vermögen von vornherein freistellt. Sie haben sich über die Vermögensverteilung überhaupt keine Gedanken gemacht.
({0})
- Dann zeigen Sie, daß Sie von den Dingen gar nichts verstehen; dann hat es keinen Zweck, darauf einzugehen.
Wenn ich zweitens die Staffelung und hinterher ansehe, was für Entschädigungen Sie geben wollen, dann bitte ich Sie, daß Sie dem Hohen Hause eine Übersicht über das zu schätzende Aufkommen nach Ihren Abänderungen und über die zu schätzenden Ausgaben nach Ihren Abänderungen geben. Dann würde das Hohe Haus wahrscheinlich in ein stürmisches Gelächter ausbrechen.
({1})
Ich finde es unverantwortlich, derartige Anträge zu
stellen, von denen jeder denkende Mensch weiß,
daß sie undurchführbar sind. Wir haben uns lange
({2})
genug mit der Frage der Freigrenzen, der Belastungsgrenzen und dergleichen befaßt. Wenn hier im Ausschuß in all diesen Punkten Einstimmigkeit erzielt worden ist, dann dürften Sie daraus doch erkennen, daß den berechtigten sozialen Anliegen in den Grenzen des Möglichen durch die Ausschußvorlage Rechnung getragen ist.
Ich beantrage, den Antrag der kommunistischen Fraktion abzulehnen.
Herr Abgeordneter Ewers wünscht das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegt mir fern, für einen kommunistischen Antrag zu sprechen oder selbst einen Antrag zu stellen, was uns ja als politisch unerwünscht anheimgegeben ist.
({0})
Gestatten Sie mir daher nur zu der in Aussicht stehenden Novelle einige Bemerkungen. Ich gebe dem verehrten Herrn Kollegen Kunze recht, daß der Ausschuß tausend Dinge in den Kreis seiner Betrachtungen ziehen mußte und - ich möchte sagen - einen Überblick über das gesamte Weltwesen im Bereiche seiner Betrachtungen an sich hat vorüberziehen lassen, um jede Frage so gut wie möglich zu regeln.
Beim § 23 ist in Ansehung der Freigrenze ein vom Kleinlichen nicht ganz freies System einer variablen Gutschrift im Höchstbetrage von 5000 DM vorgesehen. Nun möchte ich für eine Berufsgruppe sprechen, an die man normalerweise am wenigsten denkt, nämlich für die große Gruppe der freien Berufe. Die älteren Angehörigen dieser Berufe sind zweimal um ihre Lebensleistung betrogen I worden. Dem einen oder andern von ihnen mag es unter Umständen gelungen sein, sich bis zum Stichtag der Währungsreform noch ein gesamtes steuerpflichtiges Vermögen von etwa 50 000 Mark zu erhalten. Wenn diese Leute von Haus aus nicht reich gewesen sind, so kann man sich ein Bild davon machen, was ihnen alles verlorengegangen ist, und davon, daß sie eine Lebensarbeit umsonst aufgewandt haben, um für ihre alten Tage zu sorgen. Ich bin der Ansicht, daß deshalb für diese Berufsgruppe in der zukünftigen Novelle etwas geschehen muß. Darüber liegen Vorschläge des Bundes der freien Berufe vor. Diese gehen von folgendem Prinzip aus:
Eine große Fülle von Angehörigen der Großwirtschaft, sämtliche Beamten, alle öffentlichen Angestellten und alle Angestellten der Privatwirtschaft haben Altersbezugsrechte. Das fehlt den freien Berufen. Deswegen muß zunächst einmal festgestellt werden, daß für denjenigen, der sich durch seine Lebensarbeit keine Pension oder keine sonstigen Rentenrechte erdienen konnte - denn auch die Lebensversicherungen sind ja in einer geradezu beklagenswerten Weise abgewertet ein wirklich nach vorhandenes Vermögen bis zu vollen 50 000 Mark frei sein sollte. Wenn man den Leuten nicht anders helfen kann, dann soll man ihnen als Ausgleich diesen durch ihre Lebensarbeit zusammengesparten Betrag freistellen. Ich meine, daß das bisher vergessen worden ist. Denn man kann bei der Vermögensabgabe die Tatsache nicht übersehen, daß zwar einige, wie z. B. auch ich, für eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst Pension bekommen und daher versorgt sind, die große Fülle der Angehörigen dieser Berufe aber nicht versorgt ist. Man muß daher, besonders von einem gewissen Lebensalter an, dafür sorgen, daß diesen Leuten nun nicht auch noch im Lastenausgleich weggenommen wird, was ihnen einzig bewahrt geblieben ist. Ich halte daher insoweit eine Abhilfe für dringend geboten, die hier bei der Höhe der Freigrenze berücksichtigt werden muß, ob der Betreffende - durch welche Maßnahmen immer - für sein Alter versorgt ist oder nicht. Das Lebensalter würde ich auf etwa 50 Jahre - Stichtag 20. Juni 1948 - bemessen.
Das sind Anregungen für eine Novelle, die ich für dringlich halten möchte. Denn ich glaube, hier ist der Ausgleichscharakter, den das Gesetz vorhat, nicht hinreichend berücksichtigt. Diese Anregungen gestatte ich mir und bitte, sie bei der weiteren Arbeit am Gesetz nach Verabschiedung in seiner gegenwärtig erreichten vorläufigen Form wohlwollend zu berücksichtigen.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Becker.
Meine Damen und Herren! Ich kann die Ausführungen meines Herrn Vorredners nur unterstreichen. Es ist in der Tat so, daß für weite Kreise des Mittelstandes - nicht nur der freien Berufe eine Altersversorgung in gar keiner Weise besteht. Wir freuen uns, daß es gelungen ist, die Ansprüche der Beamten, Angestellten und Rentenempfänger 1 zu 1 umzustellen und ihnen die Möglichkeit der Sicherung zu geben. Aber für alle anderen, die das nicht haben, fehlt etwas. Ich bin der Meinung, im Wege mindestens einer Novelle, eventuell eines Antrags in der dritten Lesung muß die Möglichkeit geschaffen werden, einen Freibetrag, sagen wir von 20 000 Mark, abzusetzen.
Es kommt aber noch etwas Weiteres hinzu. Wir wünschen alle, daß die Heimatvertriebenen möglichst schnell in das Wirtschaftsleben aufgenommen werden, daß also, mit anderen Worten, jede Beschränkung irgendeiner Zulassung fallen soll. Dann ist aber festzustellen, daß insbesondere für die freien Berufe, aber auch für manche Handwerks- und Handelsbetriebe schon dadurch, daß die freie Zulassung besteht, d. h. also dadurch, daß die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit soundso oft unterteilt wird
({0})
- ich komme gleich darauf, Herr Kollege -, eine
Vorausleistung geschaffen ist, die nur dadurch
ausgeglichen werden kann, daß auch ein Freibetrag
gegeben wird. Es wird mir zugerufen, diese Ausführung stimme nicht. Sie stimmt nicht, Herr Kollege Schütz, für die Bäcker, für die Metzger, für
die Kinobesitzer, für die Friseure; das ist klar.
Aber für diejenigen, bei denen der Zustrom der
Flüchtlinge nach Lage der Dinge keine Mehrbeschäftigung als solche herbeigeführt haben kann
({1})
- das ist kein Vorwurf, sondern nur eine Feststellung -, besteht eine Vorausleistung zum Lastenausgleich schon darin, daß sie ihr Einkommen soundso oft haben teilen müssen.
({2})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Kollege Kunze sollte sich abgewöhnen, in seiner überheblichen Form die Menschen, die nicht seiner Meinung huldigen, so zu apostrophieren, als verständen sie von diesen Dingen nichts. Herr Kollege Kunze, wir verstehen von dem Leben, das draußen pulsiert, genau so viel, vielleicht sogar mehr als Sie,
({0})
und den Vorwurf, den Sie mir machten, machen Sie genau so Herrn Ewers und Herrn Dr. Becker, die die gleiche Auffassung vorgetragen haben, wie ich sie vertreten habe. Beiden Herren Kollegen ist nur zu empfehlen, unserem Antrage zuzustimmen; dann haben Sie das erreicht, was sie erreichen wollen. Ich weiß nicht, was sie daran hindert, einem Antrag, der auch nach ihrer Meinung sachlich gerechtfertigt ist, die Zustimmung zu geben, gleichgültig, von welcher Seite er kommt. Wenn ein Antrag sachlich begründet und gerechtfertigt ist, ist es uns gleichgültig, von wem er kommt; wir werden ihm unter allen Umständen die Zustimmung geben.
({1})
Aber nun zu einigen anderen Fragen, die Herr Kollege Kunze gestellt hat. Herr Kollege Kunze, Sie haben den Nachweis zu erbringen versucht, daß 85 0/o der Aufbringungslasten, also der Löwenanteil, durch diese Freigrenze von 40 000 Mark aufs schwerste bedroht würden, und Sie haben im Zusammenhang damit gesagt, wir sollten einmal nachweisen, was nach unseren Vorschlägen aufkomme. Herr Kollege Kunze, ich verweise Sie auf die sicher von Ihnen auch sehr gründlich gelesenen Anträge zu § 25, und ich verweise Sie weiter auf die Tatsache, daß wir hier, bei der Entschädigung, die Grenze auf 120 000 Mark festgesetzt haben im Gegensatz zu Ihnen,
({2})
die Sie nach § 69, glaube ich, des Gesetzes bereit sind, die Millionäre in der Hauptentschädigung außerordentlich gut zu stellen. Darin liegt doch schon die zwingende Logik, Herr Kollege Kunze, daß man die Dinge ändern muß, wenn man überhaupt zu einem sozial gerechten Lastenausgleich kommen will. Gehen Sie einmal in den Bayerischen Wald! Sehen Sie sich dort einmal die bäuerlichen Betriebe an, die einen Einheitswert von 40- bis 45 000 Mark haben! Überzeugen Sie sich einmal davon, unter welchen Bedingungen diese Menschen dort vegetieren! Von denen verlangen Sie aber eine Abgabe zum Lastenausgleich, die Sie überhaupt nicht tragen können! Und so geht es vielen, vielen bäuerlichen Betrieben, für die wir eine Vermögensfreigrenze von 40 000 Mark haben wollen, weil wir wissen, daß eine weitere Belastung für diese Betriebe nicht tragbar ist.
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Ich glaube, Sie können eine sehr einfache Rechnung aufmachen, wie ein sozial gerechter Lastenausgleich in der Entschädigung und in der Erfassung aussehen soll. Nehmen Sie bei der Erfassung - wir werden darauf noch zurückkommen - das Geld da her, wo es ist, nämlich bei den Großvermögensbesitzern, und geben Sie es bei der Entschädigung dorthin, wo es gebraucht wird, aber nicht denen, die schon genügend haben!
({4})
Das Wort hat Herr Abgeordnete Loritz.
Loritz ({0}): Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Durch die Annahme des Antrags der Föderalistischen Union, die Aktienbesitzer ebenfalls, wenn auch leider nur in vermindertem Umfang, zum Lastenausgleich heranzuziehen, sind zusätzliche Einnahmequellen für den Lastenausgleich entstanden.
({1})
Wir können daher mit Rücksicht auf die Annahme dieses eben erwähnten Antrags die Freigrenze heraufsetzen, und ich möchte Sie dringend bitten, dies zu tun.
Ich schließe mich in dieser Beziehung zum Teil dem an, was die Vorredner, auch Herr Kollege Ewers und andere gesagt haben. Es betrifft nicht bloß die freien Berufe, es betrifft auch eine sehr große Kategorie anderer Personen, die bei Aufrechterhaltung der im Gesetzentwurf vorgesehenen geringen Freigrenze wirtschaftlich tatsächlich aufs schwerste gefährdet werden. Wir müssen die Freigrenze erhöhen, meine Damen und Herren! Wenn Sie nicht für einen Antrag der KPD stimmen wollen, dann werde ich mir erlauben
({2})
- oder vielleicht irgendein anderer aus diesem Hause -, einen Antrag auf Erhöhung der Freigrenze einzureichen. Aber die 5000 DM sind eine so lächerlich geringe Summe, daß Sie damit draußen in der Bevölkerung auf keinerlei Verständnis stoßen werden, auch nicht bei den Heimatvertriebenen, die keineswegs wollen, daß die armen Leute in unserem Volke noch schlechter gestellt werden. Auch die Heimatvertriebenen verlangen einen wirklich gerechten Lastenausgleich. Darum bitte ich Sie dringend, die Freigrenze auf 40 000 DM - Sie können ruhig sogar auf 45 000 DM gehen, im Interesse der Heimatvertriebenen u n d der Einheimischen - unter allen Umständen zu erhöhen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Mitarbeit am Lastenausgleichsgesetz ist für alle, die sich dieser Mitarbeit wirklich gewidmet haben, ein sehr hartes und verantwortungsvolles Geschäft gewesen, und ich kann zumindest für meine Freunde in Anspruch nehmen, daß wir uns bei der Stellung von Anträgen sorgfältig gehütet ,haben, den Eindruck zu erwecken, daß wir auch nur einen Agitationsantrag stellen wollten. Manche Leute haben ja die Meinung, es sei für die Opposition besonders naheliegend und besonders einfach, immer mehr zu fordern und weniger zu nehmen. Sie kennen alle miteinander nicht ein einziges Unternehmen der Opposition dieses Hauses in dieser Richtung und ganz besonders nicht im Rahmen des Lastenausgleichs.
({0})
- Na bitte, wenn Sie so etwas wissen, dann sagen Sie das nur bei Gelegenheit. Ich habe nicht gemerkt, wer da glaubt, einen solchen Beitrag zur Debatte liefern zu können. Aber das kommt hoffentlich auch noch heraus, nicht wahr?
({1})
({2})
Es macht nun einen ausgezeichneten Eindruck, wenn sich hier jemand hinstellt und sagt: Wir müssen endlich mal etwas für die Leute tun, die Vermögen bis zu 40 000 DM haben, wir müssen ihnen eine Erleichterung gewähren. Wir werden sicherlich nicht in den Verdacht kommen - die Abstimmung über unsere Anträge zu § 19 hat dazu ja schon einen Beitrag geliefert -, eine Einnahmeminderung zuzulassen, wenn sie auf irgendeine Weise verhindert werden kann. Wer im Ernst behauptet, daß etwa durch den Antrag der Föderalistischen Union, der nur die Hälfte von dem erreicht hat, was wir gewollt haben, nun eine Situation geschaffen sei, die es ermögliche, die Freigrenze so heraufzusetzen, wie es in dem Antrag der KPD gefordert wird, der von einigen Mitgliedern des Hauses unterstützt wird, der muß sich sagen lassen, daß er entweder in den Zahlenordnungen überhaupt nicht denken kann, mit denen man sich hier auseinandersetzt, oder daß er in Kenntnis dieser Zahlenordnungen und ihrer Verhältnisse etwas sagt, was zwar draußen einen ausgezeichneten Eindruck macht, in Wirklichkeit aber das Gesetz völlig über den Haufen werfen würde.
Wir haben uns ernsthaft überlegt, wo die Freigrenze gezogen werden muß. Wir sind darüber hinaus zu einer Reihe von Erleichterungen für die Besitzer kleiner Vermögen gekommen. Das drückt sich ja auch teilweise in der unterschiedlichen Höhe der Abgabesätze aus. Es gibt ferner schon in dem Soforthilfegesetz eine ganze Reihe von Vorschriften für die Stundung der Abgabe. In dieser Richtung ist meiner Überzeugung nach alles getan, was von denen verantwortet werden kann, die mit Ernst aus diesem Lastenausgleich ein echtes Opfer werden lassen wollen. Wir nehmen für uns das Recht in Anspruch, da wir für diese Freigrenze gestimmt haben und auch jetzt für sie stimmen werden, in jedem Falle sehr sorgfältig zu untersuchen, ob denn auch in den anderen Regionen der Abgabepflichtigen immer noch von einem ernst en Opfer geredet werden kann, und die Legitimation liegt nicht darin, etwa jetzt die Freigrenze heraufzusetzen, sondern sie liegt in der Zustimmung zu all den Anträgen, mit denen wir uns bemühen, die Vermögensabgabe so sehr zu einem ernsten, fühlbaren Opfer für das erhalten gebliebene Vermögen werden zu lassen, wie das nach Lage der Sache nur möglich ist.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Ewers.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wollte in erster Linie Herrn Abgeordneten K o h 1 antworten, daß wir größte Hemmungen haben, einem von der Kommunistischen Partei gestellten Antrag zuzustimmen, weil wir niemals das Fernziel dieses Antrags kennen, aber von vornherein der Verdacht besteht, daß der Antrag eingereicht ist, um die ganze Vorlage zu sabotieren. Das vorweg.
Im übrigen hat der Antrag Kohl und Genossen mit dem, was ich vorgetragen habe, sehr wenig zu tun; denn niemand denkt daran, das System dieses wohldurchdachten, sehr schwierigen Werks dadurch zu ändern, daß er diejenigen Leute, die ihr Leben lang in einem freien Beruf gearbeitet haben und ihre zweimal gesichert gewesene Altersversorgung durch die Währungsreformen verloren haben, mit anderen gleichgestellt, die ein Vermögen von, sagen wir, 30 000 DM haben. Das scheidet für uns
vollkommen aus. Ich gebe zu, daß man sich als Techniker der Gesetzgebung wundert, wenn Vermögen von nur 5000 DM herangezogen werden sollen. Die ungeheure Verwaltungsarbeit der Finanzämter, die das alles erfassen sollen, wird in einem argen Mißverhältnis zum Ertrag stehen, wie ich glauben möchte. Nun, es mag ja trotzdem wohlerwogen sein. Was wir anstreben, hat mit einer allgemeinen Freigrenze nichts zu tun. Uns geht es darum, einen Lastenausgleich auch für diejenigen vorzusehen, die das Produkt ihrer persönlichen Lebensarbeit infolge der von keinem Kapital gedeckten Art des Erwerbs verloren haben und die man eigentlich als Empfänger ansehen müßte, da die Sparer wegen ihrer Sparverluste bekanntlich ebenfalls abgabeberechtigt sind.
Ich möchte im übrigen Herrn Kriedemann erwidern, daß ich nicht glaube, daß bei der Beratung des § 29 die Hinweise des Verbandes der freien Berufe hinreichend berücksichtigt worden sind. Ich mache niemandem daraus einen Vorwurf. Der Berufsverband ist neu und ist nicht in aller Munde; die Gewerkschaften sind insoweit bekannter. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß der Verband doch ein Großteil wertvollsten deutschen Menschentums vertritt, und zwar denjenigen, der vornehmlich die verschämten Armen stellt, an die man nicht denkt. Ich möchte nur die Erinnerung daran wachrufen, und ich möchte in diesem Sinne bedauern, daß wir uns als politisch denkende Menschen verhindert sehen, die Anträge zu stellen.
Nun ein Wort zu meinem besonderen Kollegen Herrn Loritz, der bekanntlich auch Rechtsanwalt ist. Ob er die Praxis noch ausübt, weiß ich allerdings nicht. Herr Loritz, es ist richtig, durch die Heranziehung der halben Aktienwerte wird das Aufkommen gesteigert. Ich habe persönlich nichts dagegen; ich bin ja kein LastenausgleichsSpezialist. Aber ich habe meine großen Bedenken dagegen, als Gesetzgeber Gesetze zu machen, deren Auswirkung mir nicht im geringsten klar sein kann, und mit allgemeinen Redensarten wie „Es kommt ja mehr auf, also kannst du hier andererseits mehr zuteilen" zu operieren.
Wieviel das etwa bei den Aktien ausmacht, wird man berechnen können; aber man wird es berechnen müssen, bevor man daraus Konsequenzen zieht. Deswegen kommt also die Stellung solcher Anträge für mich persönlich und für meine Fraktion schon gar nicht in Betracht, sondern nur die Bitte, diesem Schönheitsfehler, den ich hier sehe, nach Möglichkeit rasch abzuhelfen, wenn sich in der Praxis ergibt, daß man hier tatsächlich den letzten Spargroschen derjenigen alten Leute schmälert, denen man eher Wohltaten zuteilen sollte.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
Loritz ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin vom Herrn Abgeordneten Kriedemann anscheinend gründlich mißverstanden worden. Ich habe mit keinem Wort gesagt, daß die Mittel für die Erhöhung der Freigrenze lediglich dadurch eingebracht werden können und müssen, daß jetzt der Antrag der Föderalistischen Union auf Heranziehung der Hälfte des Aktienbesitzes angenommen worden ist. Ich weiß ganz genau, daß es noch einiger weiterer Verbesse({1})
runganträge bedarf, um die Summen für eine Erhöhung der Freigrenze in dem von mir angedeuteten Umfang aufzubringen. Aber das darf mich nicht hindern, zu § 23 diesen Antrag einzubringen, wenn der Antrag volkswirtschaftlich vernünftig ist. Ich glaube, ein großer Teil der Abgeordneten in diesem Hause, auch wenn sie es hier öffentlich nicht zu sagen wagen, dürfte mit mir der Meinung sein, daß solche „Vermögen", solche kleine Vermögen, besser gesagt, einer Herausnahme aus `dem Lastenausgleich würdig sind, wobei ich - das möchte ich den Heimatvertriebenen gegenüber sagen - mit aller Entschiedenheit betone, daß durch diese Herausnahme der kleinen Vermögen unter gar keinen Umständen eine Schmälerung der sowieso schon zu geringen Beträge, die den Heimatvertriebenen und Fliegergeschädigten durch den Lastenausgleich zur Verfügung gestellt werden, eintreten darf.
Sie haben von mir schon eine Reihe Anregungen zum Lastenausgleich gehört. Ich bedauere es außerordentlich, daß lediglich der Antrag der Föderalistischen Union angenommen worden ist und nicht etwa der viel weitergehende Antrag, den ich angeregt habe, nämlich: Die Großverdiener bei den Aktionären schärfstens in einer Form heranzuziehen, die sogar über den sozialdemokratischen Antrag weit hinausgeht, weil sich meine Anregung auf eine Erweiterung des § 3 des Gesetzes stützte, dahingehend, eine zusätzliche Einnahmequelle für den Lastenausgleich zu schaffen.
({2})
Ich möchte dem Herr Präsidenten folgenden Antrag überreichen, den ich Ihnen verlesen zu dürfen bitte:
Der Bundestag wolle beschließen,
§ 23 wird folgendermaßen abgeändert: Beträgt bei unbeschränkt abgabepflichtigen natürlichen Personen das Vermögen weniger als 45 000 DM, so . . .
Der folgende Satz erhält die Fassung:
Der Freibetrag beträgt 45 000 DM, wenn das der Abgabe unterliegende abgerundete Vermögen 45 000 DM nicht übersteigt. Übersteigt dieses Vermögen 45 000 DM, so vermindert sich der Freibetrag für je volle 200 DM des Mehrvermögens um je 100 DM.
Nur der eben verlesene letzte Satz entspricht dem der Ausschußvorlage.
Meine Damen und Herren, diesen meinen Antrag können Sie annehmen und müssen Sie sogar annehmen, wenn Ihnen das Wohl der kleinen Existenzen im Volke am Herzen liegt. Es gibt genügend Möglichkeiten für Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, das, was durch die Erhöhung der Freigrenze nicht hereinkommen würde, auf ganz andere Art und Weise zu gewinnen; wie ich schon sagte, durch eine rücksichtslose Heranziehung der Großaktionäre mit ihren unerhörten Verdiensten, zweitens durch eine Heranziehung der Exportgewinne, die in den letzten Jahren bei zahlreichen Fabriken in größtem Umfang gemacht worden sind. Ich bitte Sie, diesem Antrag die Zustimmung zu geben, wobei ich Ihnen als Verwaltungsfachmann noch eines sagen möchte.
({3})
- Ja, als Verwaltungsfachmann, ganz richtig! Sie, meine Herren Zwischenrufer, haben wahrscheinlich in Verwaltungsrecht und Verwaltungstechnik kein Examen abgelegt wie ich, sonst würden Sie nämlich nicht lachen.
({4})
Ich kann für die Verwaltung sprechen, da ich davon etwas gelernt habe.
({5})
Verwaltungstechnisch wird die Einhebung und die
Fatierung - Veranlagung will ich Ihnen deutsch
sagen, damit Sie es verstehen; weil Sie hier vorne
mit dem Kopf wackeln - bei den kleinen Vermögen einen viel zu großen Aufwand erforderlich
machen. Die Heranziehung von kleinsten Vermögen
rentiert sich nicht. Das ist an alter Grundsatz der
Verwaltungstechnik. Wenn Sie den Freibetrag
nicht wesentlich über 5000 DM erhöhen, dann werden Sie einige tausend neue Personalstellen für
Beamte bei den Finanzämtern, Steuerämtern usw.
schaffen müssen. Herauskommen wird aber nichts,
außer Hunderttausenden von Stundungsanträgen
und von nutzlosen Vollstreckungsmaßnahmen.
So bitte ich Sie dringend, dem nunmehr dem Herrn Präsidenten überreichten Antrag Ihre Zustimmung geben zu wollen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Dann kommen wir zur Abstimmung. Wir haben zwei Änderungsanträge zu bescheiden, den Änderungsantrag Umdruck Nr. 498 Ziffer 6 und den soeben übergebenen Antrag. Wenn ich die Begründung richtig verstanden habe, geht dieser letztere Antrag weiter
({0})
als der Antrag der KPD Umdruck Nr. 498 Ziffer 6. Wir stimmen zunächst über den Antrag des Abgeordneten Loritz ab. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einige Enthaltungen. Die überwiegende Mehrheit ist gegen diesen Antrag.
Ich lasse abstimmen über den Antrag Umdruck Nr. 498 Ziffer 6. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über den § 23 in der Ausschußfassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen angenommen.
({1})
- Ja, ich habe mitgezählt.
§ 24. - Keine Wortmeldungen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
§ 25. Das Wort hat der Abgeordnete Kohl zur Begründung des Änderungsantrags Umdruck Nr. 498 Ziffer 7.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns erlaubt, zu § 25 einen Änderungsantrag zu bringen, der einmal die Vermögensabgabe gestaffelt durchgeführt sehen will und zweitens die Heranziehung aller Kriegs- und Währungsgewinne als Abgabeschuld restlos vorsieht, während drittens im Falle von Kriegssachschäden und Vertreibungsschäden die Abgabe entsprechend ermäßigt werden soll.
({0})
Nach unserer Meinung ist der § 25 das Kernstück des gesamten Lastenausgleichs. Die in § 25 vorgesehene einheitliche Vermögensabgabe von 50 % des abgabepflichtigen Vermögens ist nämlich, so wie sie in diesem Paragraphen festgelegt ist, nach unserer Auffassung absolut unsozial. Sie belastet die Kleinvermögen in derselben Form wie die großen Vermögen. In dieser Tatsache liegt die ungeheuere Härte begründet, die entsteht, wenn der Ausschußantrag, so wie er jetzt vorliegt, angenommen wird.
Der einfache Mensch draußen sieht die Frage des Lastenausgleichs anders. Er sieht einfach im Lastenausgleich eine Forderung, dort etwas zu nehmen, wo etwas zu nehmen ist. Das ist aber mit § 25, so wie er jetzt besteht, praktisch nicht der Fall. Deswegen wünschen wir eine Staffelung nach sozialen Gesichtspunkten, wie es in unserem Antrag auch vorgesehen ist.
Hinzu kommt aber, daß die Formulierung, die von einer einheitlichen Abgabe von 50 % spricht, den Tatsachen gar nicht gerecht wird. Der § 26, der ja eine Laufdauer von 30 Jahren vorsieht, besagt nämlich etwas ganz anderes. Gerade mit Rücksicht auf die Laufdauer von 30 Jahren zeigt sich, daß gar nicht daran gedacht ist, irgendwie einen Eingriff in die Substanz vorzunehmen, also an eine Vermögensumschichtung heranzugehen, oder auch nur den Versuch zu unternehmen, eine solche Vermögensumschichtung vorzunehmen. Diese Tatsache zeigt vielmehr, daß die Abgaben zum Lastenausgleich restlos aus dem Ertrag genommen werden können.
Darin liegt der entscheidende Bluff hinsichtlich des § 25, daß Sie den Menschen draußen erzählen, bei diesem Lastenausgleich handele es sich um eine 50 %ige Vermögensabgabe, während in Wirklichkeit gerade die §§ 25 und 26 beweisen, daß das wirkliche Vermögen mit keinem Pfennig für den Lastenausgleich überhaupt angetastet wird. Nach übereinstimmender Meinung aller Geschädigten ist diese Form der Vermögensabgabe uridiskutabel, ungerecht und dringend einer Änderung bedürftig.
Nach § 25 werden Sie ein Jahresaufkommen von im gunstigsten Falle 2,2 Milliarden DM zu verzeichnen haben. Davon ist von vornherein eine halbe Milliarde als uneinbringlich zu betrachten. Mit dem nach diesem Paragraphen vorgesehenen Aufbringungssoll können Sie nicht einmal die laufenden Leistungen für die Kriegsschadenrentner, für die Wohnungsbau- und Hausratentschadigung aufbringen, so daß also aus diesen Mitteln praktisch kein Pfennig übrigbleibt, um eine wirkliche Existenzeingliederung der Geschädigten zu erreichen.
Wenn wir die Heranziehung aller Kriegs- und Währungsgewinne verlangen, so stützen wir uns auf die 'Tatsache, daß allein das Aktienkapital von 2241 westdeutschen Aktiengesellschaften am 20. Juni 1948 eine Summe von etwas über 12 Milliarden DM und am 21. Juni 1948, also einen Tag nach der Wahrungsreform, 10 119 Millionen DM betragen hat, also nur ein Verlust von 1911 Millionen DM, praktisch 15,9 %, eingetreten ist. Stellen Sie dazu bitte in Parallele die Tatsache, daß die übrigen Menschen mit Verlusten von 93,5 % in die Geschädigtengruppe eingestuft werden müssen. Also eine Bevorzugung des Besitzes!
Alle westdeutschen Unternehmen waren bis Ende 1951 zur Vorlage ihrer D-Mark-Eröffnungsbilanz, und zwar per 21. Juni 1948, verpflichtet. Es bestand so die Möglichkeit, alle durch den Krieg
und seine Folgen bewirkten Vermögensschäden eines Unternehmens aus den Bilanzen herauszuschaffen, möglichst ohne das Eigenkapital irgendwie zu schädigen. Zu diesem Zweck wurde den Gesellschaften eine Neubewertung des verbliebenen Vermögens gestattet, die eine Aufwertung stiller Reserven ermöglichte und damit zur Realisierung bisher versteckter Gewinne aus den Kriegsjahren führte. Bis zum 30. Juni 1951 haben insgesamt 90 % aller in Frage kommenden Firmen diese Eröffnungsbilanz vorgelegt. Dabei ist nicht uninteressant, einmal festzustellen, wie sie aussieht. Von diesen 2241 Aktiengesellschaften haben 721, das sind 32,2 %, ihr Aktienkapital herabgesetzt, 1163, das sind 51,9 %, ihr Gundkapital in der bisherigen Höhe beibehalten und 327 Firmen - 15,9 % - sogar ein höheres Aktienkapital als vorher festgesetzt.
({1})
- Herr Kollege Atzenroth, das ist nicht vorgelesen worden; sondern was gestern gesagt worden ist, waren die Ziffern über die ausländischen Beteiligungen in der deutschen Wirtschaft, während es sich hier eindeutig um die Ergebnisse der D-Mark-Eröffnungsbilanz handelt. Man kann sie im Zusammenhang mit dem Lastenausgleich und unserer Forderung auf Heranziehung aller Kriegs- und Währungsgewinne für den Lastenausgleich der Öffentlichkeit nicht oft genug bekanntgeben.
({2})
Die Aktionäre dieser Gesellschaften haben also durch Krieg und Kriegsfolgen im Durchschnitt nur etwa 16 % ihres Kapitals eingebüßt - das ist das Ergebnis dieser Bilanz -, wahrend das Vermögen der Sparer und sonstigen Geschädigten um 93,0 % verringert worden ist. Die D-Mark-Eroffnungsbilanz hat also die Möglichkeit einer nachträglichen Realisierung der Kriegsgewinne geschaffen; denn 67,8 % alle Gesellschaften konnten ihr Aktienkapital in vollem Umfange erhalten und sogar über die Währungsreform hinuberretten. Diese D-MarkUmstellung hat weiterhin rund 3,6 Milliarden stiller Reserven, die bisher unsichtbar in den Aktiengesellschaften steckten, sichtbar werden lassen. Für weitere 1,2 Milliarden wurden Rückstellungen ausgelost, bei denen es sich gleichfalls zum Teil um stille Reserven handelte. Diese stillen Reserven wurden also bei der Vorlage der D-MarkEröffnungsbilanz dazu benutzt, den Aktionären trotz aller Kriegs- und Kriegsfolgeschäden den Nominalwert ihres Aktienbesitzes zu erhalten. An die Stelle einer exemplarischen Bestrafung von Kriegsverbrechern, wie sie im Potsdamer Abkommen vorgesehen war, ist also in Westdeutschland das Gegenteil getreten, nämlich eine beispiellose Begünstigung der Kriegsgewinnler. Es wäre sozial ungerecht, diese Kriegsgewinnler für den Lastenausgleich nicht mit heranzuziehen. Wir sehen in diesem Ergebnis der D-Mark-Eröffnungsbilanz, wie Mittel, und zwar in gewaltigem Umfange, für die Befriedigung des Lastenausgleichs herangezogen werden können.
Das Bundesfinanzministerium - das wollen wir in diesem Zusammenhang mal sagen, um in der Abwicklung des Lastenausgleichs, wenn man die §§ 25 und 26 so bestehen läßt, vollkommen klar zu sehen - schätzt die Hausratentschädigung nach dem Gesetz auf 7,2 Milliarden DM. Sie wird nach anderen Schätzungen auf ungefähr 10 Milliarden DM kommen. Unter Zugrundelegung der geringsten Gruppe - nämlich von 800 DM - werden zehn Jahre benötigt, um allein die Hausratentschä({3})
digung zur Auszahlung zu bringen. Man verweist dabei, weil man nicht gewillt ist, den von uns vorgeschlagenen Weg der Erfassung der Währungs-
und Kriegsgewinne zu gehen, auf eine gewisse Vorfinanzierung des Lastenausgleichs - auch der Herr Kollege Kunze hat das gestern erwähnt -, auf die Aufnahme von inländischen und ausländischen Anleihen. Man spricht von einem Kredit von 400 Millionen DM, und zwar von einem Inlandskredit, der für die Vorfinanzierung des produktiven Teils des Lastenausgleichs in Anspruch genommen werden soll, und vergißt, dabei gleichzeitig zu sagen, daß solche Gedanken der Inanspruchnahme von Inlands- und Auslandskrediten bereits bei dem Sonne-Gutachten, bei der Frage der Besatzungskosten, bei der Frage des sogenannten Sicherheitsbeitrags in Erscheinung getreten sind. Auch als der Schumanplan ratifiziert worden ist, hat die Frage der Inanspruchnahme von Krediten und Anleihen eine entscheidende Rolle gespielt.
Meine Damen und Herren, täuschen Sie doch die Öffentlichkeit nicht über die Tatsachen hinweg! Wenn Sie dem Volk erzählen, daß die Möglichkeit der Vorfinanzierung, die Möglichkeit der Aufnahme von Inlands- und Auslandskrediten für Zwecke des Lastenausgleichs besteht, betreiben Sie eine Politik der Täuschung der Anspruchsberechtigten, die sich einmal bitter rächen wird. Es wäre doch viel besser, sie sagten den Menschen draußen, daß die Frage des Generalvertrags, so wie wir sie gestern bereits gestellt haben, und die Frage des Lastenausgleichs nicht voneinander zu trennen sind, daß eins das andere ausschließt, daß man sich für das eine oder für das andere entscheiden muß. Sie haben sich für den Generalvertrag entschieden, wir haben uns für einen sozial gerechten Lastenausgleich entschieden. Ich empfehle übrigens den Befürwortern dieser Politik der sogenannten Inlands- und Auslandsanleihen einmal das Studium der der Bundesregierung nahestehenden Zeitung „Der Volkswirt", die sehr ein- gehend davor warnt, zu glauben, daß die Möglichkeit bestehe, für Zwecke des Lastenausgleichs irgendwelche Kredite im Inland sowohl als auch von seiten des Auslands aufzunehmen, es sei denn für einen bescheidenen Teil, nämlich für den sogenannten produktiven Lastenausgleich, also einen geringen Teil. Am Schluß ihres Artikels wird gesagt - und es ist nicht uninteressant, gerade von dieser Seite diesen Satz zu hören -: „Man wird jedenfalls gut daran tun, alle Hoffnungen aufzugeben, daß durch Anleihen jener Konstruktionsfehler des Lastenausgleichs wieder repariert werden könne, der darin liegt, daß in den ersten Jahren von einem Aufkommen von 2,2 Milliarden jährlich durch Renten und andere bereits festliegende konsumtive Ausgaben alles bis auf einen Rest von 600 Millionen DM aufgefressen und dieser Rest dann vollends für die Auszahlung der Hausrathilfe beansprucht wird."
Der § 25 läßt, wenn er so bestehen bleibt, wegen seiner Enge einen gerechten Lastenausgleich in keiner Form zu. Ich darf noch auf eine Notiz in der Hannoverschen Presse vom 19. 12. 51 hinweisen, um eine weitere Aufbringungsseite aufzuzeigen. Die Notiz hat folgenden Wortlaut: „Der Gesamtkurswert der Börsenaktien ist in den vergangenen Monaten um mehr als 80 % gestiegen. Allein die Aktien der Gesellschaften, die Dividenden verteilten, erhöhten sich im Kurswert von rund 5,5 Milliarden auf fast 10 Milliarden. Der Kurszuwachs war mehr als doppelt so hoch wie im Jahre 1949 und über siebenmal so hoch wie im vergangenen Jahr." Wir haben heute die Debatte
über die Kurswerte in diesem Hause gehabt, und Sie, meine Damen und Herren, sind bereit, eine Steigerung des Sozialprodukts um 25 % für Zwecke des Sicherheitsbeitrags durchzuführen; aber Sie sind nicht bereit, an die seit der Währungsreform neu investierten 60 Milliarden DM, die nach offiziellen Mitteilungen vorhanden sind, irgendwie heranzugehen,
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sei es auch nur in Form eines bescheidenen Eingriffs in die Substanz.
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- Ich kann mir vorstellen, daß es Ihnen langt,
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vor allem, Herr Kollege Horlacher, weil es nicht uninteressant ist, einmal die Tatsache zu sehen, daß die Herren, deren Besitz Sie hier verteidigen, heute bereits wieder die teuersten ausländischen Wagen fahren und damit ihre „Armut" dokumentieren.
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Der Herr Bundesfinanzminister und sein Staatssekretär haben wiederholt erklärt, daß sogar die 6%ige Vermögensabgabe für die Wirtschaft auf die Dauer untragbar sei. Der Wissenschaftliche Beirat hat weiter nachgewiesen, daß eine Änderung in der Verwendung der für den Lastenausgleich zweckgebundenen Mittel eintreten muß. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums hat festgestellt, daß die Mittel, die für den Lastenausgleich aufgebracht werden, in den allgemeinen Steuersäckel einfließen sollen, weil ohne dieses Einfließen eine organische Steuerreform nicht denkbar sei. Wenn Sie die Prioritäten der Ausgaben des Bundeshaushalts betrachten, nämlich in erster Linie die Prioritäten der Sicherleitsleistungen und Besatzungskosten und in zweiter Linie die anderen, vielleicht den Lastenausgleich, dann wissen wir, was mit dieser Forderung des Wissenschaftlichen Beirats wirklich gemeint ist. Wir sind der Überzeugung, daß der § 25 der Prüfstein für die Möglichkeit der Durchführung dieses Gesetzes sein wird. Wenn man den ernsthaften Willen hat, einen sozial gerechten Lastenausgleich durchzuführen, dann besteht die Möglichkeit dazu darin, daß Sie unseren Antrag annehmen,
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der im § 25 eine Staffelung der Abgabe vorsieht, Vermögen bis zu 40 000 DM freiläßt und darüber hinaus Vermögen, die wirklich so zum Lastenausgleich herangezogen werden können, wie es das Volk draußen verlangt, begreift und versteht, zum Lastenausgleich heranzieht. Sie können versichert sein, daß trotz aller vielleicht entgegengesetzten theoretischen Diskussionen, wie sie heute geführt worden sind, das Volk diesen Bluff nicht begreifen kann, den Sie in § 25 eingebaut haben, indem Sie dem Volke etwas von einer 50%igen Vermögensabgabe erzählen. Wir sind der Auffassung, daß der Lastenausgleich auch in der Jetztzeit durch die Annahme unseres Antrages zu § 25 finanziert werden kann, um dessen Annahme wir Sie ersuchen.
({9})
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
({0})
Loritz ({1}): Meine Damen und Herren! Der vorliegende § 25 ist einer der schwächsten und anfechtbarsten Paragraphen des ganzen Gesetzentwurfs. Es ist anerkannte volkswirtschaftliche Lehrmeinung, daß man die verschieden großen Vermögen nicht mit gleichbleibenden Sätzen belegen soll, ich sage sogar, besteuern soll, denn es ist nur ein Streit um Worte, wenn man hier leugnet, daß es sich tatsächlich um eine Steuer handelt, wie das einer der Redner heute bereits gemacht hat, der sagte, die Lastenausgleichs-Vorschriften seien doch keine Steuergesetze. Das ist nur ein Streit um Worte.
Wir müssen zu einer Staffelung kommen. Es ist eine Ungerechtigkeit sondergleichen, bei kleinen Vermögen denselben Satz von 50 % herzunehmen wie bei Riesenvermögen von mehreren Millionen. Es ist mir geradezu unverständlich, daß sich in diesem Hause keine Fraktion findet - ich spreche von den größeren Fraktionen -, die hier mit Staffelungsanträgen gekommen ist. Es ließe sich ja viel darüber sagen, wie anfechtbar dieses ganze Gesetz in seinen einzelnen Bestimmungen ist.
({2})
Ich möchte hier nur zu diesem § 25 sagen: wenn Sie keine Staffelung einfügen, machen Sie sich zum Wortführer der großen Millionäre!
({3})
- Das ist nicht lächerlich, Herr Zwischenrufer, sondern ich hoffe, das Volk draußen wird Ihnen bei kommenden Wahlen mit dem Stimmzettel in der Hand die wirkliche Meinung sagen,
({4})
die Sie, Herr Abgeordneter, hier zu vertreten hätten, aber leider nicht vertreten.
({5})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 7. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! ({0})
Gegen einige Stimmen abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über § 25 in der jetzigen Fassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe. - Gegen einige Stimmen angenommen.
§§ 25 a, - 25 b, - 25 c. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
({1})
- Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 26. Hier sind einige Änderungsanträge angekündigt, zunächst ein Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 5 a bis c. Wer begründet den Antrag? - Das Wort hat der Abgeordnete Stech.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 26 soll uns die von dem Herrn Generalberichterstatter aufgezeigten Zahlen des künftigen Aufkommens aus der Vermögensabgabe erbringen, die bisher mit 1 220 000 000 DM geschätzt worden sind, und zwar bei 30jährigen Laufzeit aus den Abgabesätzen von: erstens 6 v. H. der Abgabeschuld beim Betriebsvermögen, zweitens 5. v. H. der Abgabeschuld bei gemischtgenutzten Grundstücken und drittens 4 v. H. der Abgabeschuld beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen. Wie ich eben schon sagte, soll mindestens eine Summe von 1 220 000 000 DM jährlich herauskommen, außer den 130 000 000 DM Vermögensteuer und 330 000 000 DM aus der Hypothekengewinnabgabe, zuzüglich 140 Millionen DM aus der Kreditgewinnabgabe und endlich die bereits in diesem Hohen Hause öfters erörterten weiteren Schätzungsbeträge, und zwar aus Zinsnachzahlung zur Kreditgewinnabgabe von 40 Millionen DM, ferner der berühmte Zuschuß von 250 Millionen DM aus der öffentlichen Hand - von Ländern und Gemeinden -, und endlich, um zu einer geschätzten Gesamteinnahmesumme von 2 150 000 000 DM zu kommen, Rückflüsse aus Darlehen zu Soforthilfemitteln und Umstellungsgrundschulden in Höhe von 40 Millionen DM.
Die sozialdemokratische Fraktion hat im Ausschuß wegen dieser Sätze mit der Regierungsmehrheit zweifellos ernstlich gerungen und nach allen Seiten hin untersucht, wie man insbesondere die Vermögensabgabesumme steigern könne. Ich sagte eingangs schon, 1220 Millionen DM sind bis jetzt dafür geschätzt. Die sozialdemokratische Fraktion glaubt, auch in diesem Stadium der Verhandlungen erneut einen Änderungsantrag einbringen zu sollen, der bezweckt, wenigstens die Hauptsumme der sogenannte Vermögensabgabe nach § 25 in Verbindung mit § 26 zu steigern. Deshalb wünschen wir folgende Fassung des bisherigen § 26 bzw. der notwendig gewesenen Berichtigungen, wie sie der Herr Ausschußvorsitzende vorgelegt hat:
1,25 v. H. der Abgabeschuld:
beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, soweit nicht Nr. 3 Buchst. a zutrifft, sowie bei gemischtgenutzten Grundstücken . . ."
Dann folgen die Absätze a, b und c, wie sie in der neuen berichtigten Fassung zu lesen sind. Die SPDFraktion fordert ferner in Ziffer 5 b unseres Antrags, daß Nr. 3 Buchstabe a nicht mehr wie bisher in dem alten Text „4 v. H." pro Jahr, sondern „1 v. H." pro Vier t e 1 j a h r lauten soll, und in Abs. a soll es heißen:
beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, wenn das abgabepflichtige Vermögen ({0}) den Betrag von 35 000 Deutsche Mark nicht übersteigt,
wobei ich in diesem Zusammenhang auf den eben erörterten § 23 Bezug nehmen möchte.
Es muß uns daran liegen - auch den Herren Vertretern der Regierungsparteien -, daß alles landwirtschaftliche Vermögen über 35 000 DM unter die Ziffer 2 des § 26 fällt, und zwar mit einem Vierteljahresabgabeschuldsatz von 1,25 vom Hundert. Wir versprechen uns also bei größerem land- und forstwirtschaftlichem Besitz, der über eine Wertgrenze von 35 000 DM hinausgeht, eine höhere Einnahme, und dagegen sollten Sie wahrhaftig nicht sein. Wir wollen mit der Grenze von 35 000 DM in der Ziffer 5 b unseres Antrags unter Nr. 3 Buchstabe a denjenigen land- und forstwirtschaftlichen Besitz, der kleinbäuerlich ist bzw. an der Grenze des mittelbäuerlichen Besitzes liegt, unbedingt schützen.
({1})
Wir bitten Sie sehr, von Ihren bisher vorgebrachten Argumenten, dazu sei es zu spät, die Koalition habe sich geeinigt, im Ausschuß habe man lange genug darüber verhandelt, keinen Gebrauch zu machen. Wenn wir alle zweifelsfrei den Eindruck haben, daß das Gesamtaufkommen von 2150 Millionen DM nicht befriedigt, und wenn aus der bisherigen Vermögensabgabe die vom Herrn Generalberichterstatter erwähnte Summe von 1220 Millionen DM herausgerechnet worden ist, sollten wir jetzt diese erwähnten Argumente nicht mehr gelten lassen und nicht mehr sagen, daß das einer späteren Novelle überlassen bleiben müsse. Im Gegenteil, da auch noch viele andere Dinge ungewiß sind - z. B. wie die Vorfinanzierung für notwendigste sozialpolitische Ausgaben vorgenommen werden soll und kann, indem man sagt, mit der Bank deutscher Länder schweben Verhandlungen über die Vorfinanzierung usw. usf. -, ist die Sozialdemokratie der Meinung, daß die Dinge nicht auf eine künftige Novelle verschoben werden sollen, sondern daß die Dringlichkeit heute bei der Beratung dieses Paragraphen eingesehen und anerkannt werden muß. So leicht, wie es sich die Koalition bei einer Reihe von Erörterungen gestern und heute schon gemacht hat, können wir es uns nicht machen, zumal uns daran liegt, daß das Aufkommen, das sowieso knapp genug bemessen ist, pro Jahr um diese Beträge erhöht wird, wie sich das nach unseren Anträgen ergibt.
({2})
Das Wort zur Begründung des Änderungsantrags Umdruck Nr. 495 Ziffer 4 hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Meine Damen und Herren, ich schlage vor, daß wir von 13 bis 14 Uhr eine Pause und bis 15 Uhr eine Abstimmungssperre eintreten lassen, so daß bis 15 Uhr keine Abstimmung stattfindet. - Das Haus ist damit einverstanden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag betrifft einen temporären Erhebungssatz, den in § 26 Nr. 3 vorgesehenen zeitweiligen ermäßigten Erhebungssatz, der abgeändert werden muß, wenn wir die wahre Ertragslage der von uns erwähnten unbebauten Grundstücke und derjenigen Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser richtig treffen wollen; die verpachtet sind oder - bei Mietwohngrundstücken und Einfamilienhäusern - einen zu niedrigen Einheitswert haben.
Man kann natürlich sagen, diese Ungerechtigkeit, die sich in diesen Bestimmungen zeigt, müsse nachträglich durch eine Novelle beseitigt werden. Ich glaube aber, wenn wir hier ein Gesetz beschließen, muß es von vornherein richtig sein. Und wenn ich, wie ich glaube, Ihnen nachweisen kann, daß gerade in diesen beiden Punkten eine effektive Ungerechtigkeit vorliegt, dann sollten wir uns nicht scheuen, auch jetzt die notwendige Verbesserung durchzuführen. Sie alle wissen, daß gerade bei unbebauten Grundstücken, die verpachtet sind, die Ertrage teilweise außerordentlich gering sind. Es gibt unbebaute Grundstücke - sie sind meistens zwischen anderen unbebauten Grundstücken eingeklemmt, welche ihrerseits an ausgebauten Straßen liegen -, die selbst nicht verkäuflich sind, eben weil sie keine Straßenflucht haben. Sie sind zwar als Baugelände ausgewiesen, sind aber tatsächlich aus Kapitalmangel nicht verkäuflich, weil andere Grundstücke vorgehen. Infolge des Pachtzinsstopps bringen sie aber praktisch keinerlei Erträge.
Ähnlich ist die Lage bei zahlreichen Mietwohngrundstücken vor allem in kleineren und mittleren Gemeinden. Man wendet ein, wenn wir hier eine Änderung des Ermäßigungssatzes durchführten, wie es für § 26 b - zweiter Absatz unseres Antrages - vorgesehen ist, rüttelten wir an dem Prinzip der Einheitsbewertung. Das ist j a nicht richtig. Die Einheitsbewertung ist von der Mehrheit dieses Hauses akzeptiert worden. Trotzdem müssen wir uns aber darüber klar sein, daß die Grundlagen der Einheitsbewertung ganz verschiedenartig sind. Gerade bei Mietwohngrundstücken ist die Einheitsbewertung auf Grund von Kaufpreissammlungen vorgenommen worden. Es handelt sich also nicht um einen Einheitswert, der nach irgendwelchen theoretischen Erwägungen ermittelt worden wäre, bei dem insbesondere die Steuerbilanz gar keine Rolle spielt, sondern um einen Einheitswert, der auf Grund einer Kaufpreissammlung Mitte der 30er Jahre festgesetzt worden ist. Dabei hat sich ergeben, daß in Großstädten der Vervielfacher der Mieten bis zum Vierfachen absinkt, daß bei einem Haus, das einen Jahresertrag von 1000 DM hat, der Einheitswert, der Kaufpreis also, nur 4000 DM betragen hat, während in Kleinstädten der Vervielfacher bis zu 13 und 131/2 heraufgegangen ist, bei einem Mietertrag von 1000 DM der Kaufpreis also 13 000 bis 13 500 DM betragen hat, und zwar als Liebhaberwert. In diesen Kaufpreisen spiegelt sich die Traditionsgebundenheit der Leute in der Kleinstadt, die nicht von zuhause wegwollen und deswegen relativ hohe Preise für ihr Grundstück zahlen.
Das bedeutet, um die Sache durchzurechnen, folgendes. Bei einem Mietertrag von 1000 DM - ich gehe von dieser Zahl aus, weil es sich einfacher rechnen läßt - und einem Einheitswert von 13 000 DM auf Grund der Kaufpreissammlung in einer Kleinstadt ergibt sich ein Reinertrag des Grundstückes von vielleicht 300 DM. Der Besitzer hat also möglicherweise, wenn er keine Freibeträge für Familienangehörige usw. hat, mehr zu zahlen, als er überhaupt an Ertrag erhält. Und bei 20 000 DM Einheitswert wird die Sache noch schärfer. Bei einer Verzinsung dieser Mietwohngrundstücke von 11/2 %, wie es häufig der Fall ist, müssen die Besitzer 4 % abgeben. Sie müssen jährlich noch bares Geld dazu geben, und zwar nur deshalb, weil der Mietzins gestoppt ist, einerseits, und andererseits der Einheitswert in diesen Fällen ausnahmsweise nach dem Kaufpreis reguliert worden ist. Umgekehrt ist es in der Großstadt. Wenn der Einheitswert nur dem vierfachen Mietwert entspricht, ist natürlich dort die Abgabe relativ niedrig.
Wir haben deshalb beantragt, in all den Fällen, in denen der Vervielfacher über 8 liegt - das ist ungefähr die Grenze, bei der der gesamte Ertrag des Grundstückes für den Lastenausgleich Lereits weggenommen wird -, eine entsprechende Ermäßigung, d. h. eine Berichtigung der Einheitswerte vorzunehmen.
Line entsprechende Regelung soll nach Maßgabe einer Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, für diejenigen unbebauten Grundstücke gelten, die keinen Ertrag oder nur einen geringen Ertrag infolge des Pachtzinsstopps bringen und nicht verwertbar sind, weil sie eben wegen ihrer ganzen Lage zur Zeit nicht verkäuflich sind, weil sich auch wegen des Mangels auf dem Kapitalmarkt keine Umsatzmöglichkeit bietet.
Wir bitten Sie deshalb, da gerade diese Punkte vor allem für die Hausbesitzer in Klein- und Mit({0})
telstädten eine ganz große Härte im Vergleich zu den gesamten übrigen Vermögen und insbesondere auch zu den Haus- und Grundbesitzern in den größeren Städten darstellen, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.
Das Wort zur Begründung des Änderungsantrages auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 3 hat der Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute vormittag einen Änderungsantrag angenommen, der eine nicht unwesentliche Erhöhung des Aufkommens mit sich gebracht hat, ohne daß das ganze Gesetz auseinandergefallen ist, wie es gestern eigentlich angekündigt wurde. Ich habe mit besonderer Genugtuung zur Kenntnis genommen, daß auch der Herr Vorsitzende des Ausschusses dem Gesetz in dieser veränderten Fassung seine Zustimmung gegeben hat, und ich meine, wir sollten auf diesem Wege auch fortfahren.
Auch hier handelt es sich um eine Erhöhung der Abgabe, und zwar um eine sehr wesentliche Erhöhung. Die Antragsteller haben eine Neufassung des § 26 vorgeschlagen. Diese Neufassung bringt Änderungen nur in zwei Punkten. Sie verlangt eine Erhöhung des Abgabesatzes beim Haus- und Grundbesitz und bei Eigenheimen auf 5 % und ebenso beim landwirtschaftlichen Vermögen, in beiden Fällen mit der Maßgabe, daß die Erhöhung nur dann eintritt, wenn der Einheitswert 35 000 DM übersteigt. Ich darf bemerken, daß der Antrag hinsichtlich des landwirtschaftlichen Vermögens sich nach meiner Auffassung genau mit dem der Sozialdemokratischen Partei deckt,
({0})
während der andere Antrag weitergehend ist.
Meine Damen und Herren, es ist hier kurz die Frage aufzuwerfen und zu beantworten: Sind diese Erhöhungen notwendig, und sind sie wirtschaftlich vertretbar?
Zur Frage der Notwendigkeit muß ich mit einigen Worten auf die Bilanz des Gesetzes eingehen. Ich folge dabei den Angaben, die uns von den Herren gemacht worden sind, die für diesen Entwurf voll einstehen und ihn jetzt vertreten. Danach würde das Ergebnis sein, daß in den ersten Jahren oder im ersten Jahr 200 Millionen DM zur Eingliederung der Vertriebenen zur Verfügung stehen sollten. Dabei ist aber unstreitig ein Umstand nicht berücksichtigt, der vom Vertriebenenministerium und vom Finanzministerium übereinstimmend als aktuell angesehen wird, nämlich, daß es im ersten Jahre Übergangsschwierigkeiten wegen der Neuveranlagung geben wird. Das Vertriebenenministerium hat dieses Minderaufkommen mit 300 Millionen DM beziffert, das Finanzministerium schätzt geringer. Aber ich glaube, man kann ohne Irrtum davon ausgehen, daß praktisch im ersten Jahr für die Hauptaufgabe des Lastenausgleichs, für die produktive Eingliederung der Vertriebenen, nichts da sein wird. Dabei ist noch in keiner Weise berücksichtigt, was schon gestern hier zur Sprache kam: daß von diesem geschätzten Aufkommen doch manche Beträge noch dubios sind; und noch niemand hat eigentlich daran gedacht, daß wir auch mit erheblichen Schätzungsfehlern überrascht werden können.
Danach kann es nicht zweifelhaft sein - das wird ja im Ernst von niemandem, glaube ich, in diesem Hause in Abrede gestellt -, daß aller Grund vorliegt, diese Lücke zu schließen. Das kann nicht allein durch Vorfinanzierung geschehen. Was da in der Regierungserklärung gesagt ist, ist lediglich ein völlig unverbindlicher Hinweis auf Anleihen, über deren Problematik heute vormittag schon genug gesagt worden ist. Wir kommen also um eine echte Erhöhung der Abgabe nicht herum, wenn wir das Gesetz nicht zu einem Fehlschlag werden lassen wollen.
Die zweite Frage, die zu beantworten ist, ist die Frage: Sind die vorgeschlagenen Erhöhungen wirtschaftlich tragbar? Ich kann hinsichtlich der Landwirtschaft im wesentlichen auf das Bezug nehmen, was schon gesagt worden ist. Ich weise mit besonderem Nachdruck darauf hin, daß wir die kleinere Landwirtschaft, über deren Notlage ja immer besonders geklagt wird, von vornherein ausgenommen haben; und ich muß in diesem Zusammenhang auch auf die Feststellungen hinweisen, die gerade der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vor einiget Monaten hinsichtlich der Rentabilität der Landwirtschaft amtlich getroffen hat. Beim städtischen Grundbesitz können wir darauf hinweisen, daß im Regierungsentwurf, dem man ja nicht den Vorwurf machen kann, daß er allzu sehr auf die Höhe der Abgabe gedrückt habe, unser Vorschlag noch überschritten war. Unser Vorschlag stellt also nicht einmal in vollem Umfange den Regierungsentwurf wieder her, und zwar insofern nicht, als wir auch da die Grundstücke mit einem Einheitswert bis zu 35 000 DM ausgenommen haben.
Meine Damen und Herren, es mag richtig sein, daß diese Regelung vielleicht in manchen Fällen zu irgendwelchen Schwierigkeiten führen wird. Aber können wir deshalb diese Erhöhung unterlassen? Wir müssen uns doch - und ich werde in einem anderen Zusammenhang heute noch einmal darauf zurückkommen - vor Augen halten, daß ursprünglich insbesondere von seiten der Mehrheitsparteien in mehr oder weniger feierlicher Form immer wieder eine echte Vermögensumschichtung versprochen worden ist. Damit steht es in unvereinbarem Gegensatz, daß man schon im Hinblick auf die Möglichkeit, daß etwa Schwierigkeiten dadurch eintreten können, daß die Sache nur aus dem Ertrag finanziert wird, glaubt, eine solche Erhöhung ablehnen zu müssen. In der Regierungserklärung ist- zum Ausdruck gekommen, daß man tatsächlich bis an die äußerste Grenze der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft gegangen ist. Ich wage das zu bezweifeln. Ich bin der Meinung, daß diese Erhöhung sich durchaus im Rahmen hält, daß sie sachlich tragbar ist.
Ich bitte deshalb das Hohe Haus, unserem Antrage stattzugeben.
Meine Damen und Herren, es ist 13 Uhr. Sie haben beschlossen, um 13 Uhr die Sitzung zu unterbrechen. Ich unterbreche hiermit die Sitzung. Sie wird um 14 Uhr wieder eröffnet werden.
({0})
Die Sitzung wird um 14 Uhr 4 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer wieder eröffnet.
Die Sitzung ist wieder eröffnet. Sie war unterbrochen worden bei der Beratung des § 26 der Vorlage. Zum Änderungsantrag Umdruck Nr. 498 Ziffer 8 hat das Wort Herr Abgeordneter Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich bei der Begründung dieses Änderungsantrages, den wir zu § 26 gestellt haben, kurz fassen. Ich darf mich auf den schriftlich vorliegenden Bericht des Herrn Kollegen Kunze berufen, den ich schon wiederholt zitiert habe, der vollkommen richtig festgestellt hat, daß der Lastenausgleich, wenn er eine wirkliche Hilfe bringen soll, in möglichst kurzem Zeitraum durchgeführt werden muß. § 26 sieht eine 30jährige Laufdauer vor. Wir sind zwar mit der Gruppierung, die der § 26 aufweist, absolut einverstanden. Nur verlangen wir in unserem Antrag, daß die erste Gruppe ihre Verpflichtung gegenüber dem Lastenausgleich im Zeitraum von fünf Jahren zu tilgen hat, die zweite Gruppe im Zeitraum von sieben Jahren und die dritte Gruppe, land- und forstwirtschaftliches Vermögen, weil es dort am schwierigsten erscheint, im Zeitraum von zehn Jahren, so daß wir mit dem Ablauf des Lastenausgleichs nicht in 30, sondern in 10 Jahren zu rechnen hätten und die entscheidende Forderung, die wir an den Lastenausgleich zu stellen haben, realisiert wird, schnell Hilfe zu bringen, denn schnelle Hilfe tut not. Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Wartner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu § 23 sind heute zwei Anträge eingebracht worden, die eine Erhöhung der Freigrenze für die Landwirtschaft auf 40 000 bzw. 45 000 DM verlangen. Im Gegensatz zu diesen beiden Anträgen, die abgelehnt worden sind, steht aber der Antrag Umdruck Nr. 496, der verlangt, die Abgabe, die für die Landwirtschaft allgemein auf 1 % festgelegt worden ist, auf 5 % zu erhöhen, wenn der Einheitswert eines landwirtschaftlichen Anwesens den Betrag von 35 000 DM übersteigt. Zwischen den drei Anträgen besteht ein großer Unterschied. Die beiden ersten verlangen eine Freigrenze von 40- bzw. 45 000 DM insgesamt für die Landwirtschaft. Für mich als Landwirt wäre es ja an sich verlockend, einem solchen Antrag zuzustimmen, aber ich bin der Überzeugung, daß damit der Lastenausgleich zusammenbrechen müßte. Also ist das nicht möglich. In krassem Widerspruch hierzu steht aber, daß in Umdruck Nr. 496 schon bei 35 000 DM eine Erhöhung um 1 % beantragt wird. Ich widerspreche dem und glaube, das Hohe Haus wird sich dem Entwurf des Ausschusses anschließen.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht darf ich die Anträge, die jetzt begründet sind, zunächst einmal sortieren. Es handelt sich erstens um Anträge, die das land- und forstwirtschaftliche Vermögen angehen, zweitens um Anträge, die den Hausbesitz angehen, drittens um einen Antrag, der die gemischt genutzten Grundstücke angeht, und endlich um einen Antrag, der die nicht bebauten Grundstücke angeht.
Ich möchte nur grundsätzlich eins sagen: Der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion in der jetzigen Fassung verleitet. In § 26 sind Sie noch bei den Jahresraten von 6 v. H., und unter Ziffer 2 sprechen Sie plötzlich von 1,25 v. H., so daß der normale Leser annehmen muß, Sie wollten die Abgabe von 4 auf 1,25 v. H. senken,
({0})
während Ihr Berichterstatter - ich sage das für
die Kollegen, die nicht dabei waren, als der Bericht
erstattet wurde - darauf hingewiesen hat, daß mit
den 1,25 v. H. die Quartalsraten gemeint waren.
Also stimmt Ihr Antrag mit dem Antrag des
Kollegen Kather überein, bei land- und forstwirtschaftlich genutztem Vermögen, dessen Einheitswert über 35 000 DM liegt, die Abgabe von 4 auf
5 v. H. zu erhöhen, mithin für eine Erhöhung der
bisher vorgesehenen Abgabesätze um 25 v. H. einzutreten. Ich glaube, Ihren Antrag damit so klargestellt zu haben, daß jeder weiß, worum es geht.
({1})
- Nein, er ist wirklich technisch falsch verstanden worden. Darum habe ich es ja richtiggestellt.
({2})
Zur Sache können meine Kollegen, die als Fachleute die landwirtschaftliche Situation besser sehen, sprechen.
Zweitens kommt - und das scheint mir von großer Wichtigkeit zu sein - der Antrag, der von der Föderalistischen Union gestellt wurde und der erstens dahin geht, bei den Einfamilienhäusern und Mietwohngrundstücken, bei denen der Einheitswert über dem Achtfachen der Jahresrohmiete liegt, auf das Achtfache der Jahresrohmiete zurückzugehen. Ich habe gegen die Annahme eines solchen Antrages ernsthafte Bedenken. Damit würde - das ist nach sorgfältiger Prüfung meine Überzeugung - plötzlich willkürlich in die große Kompliziertheit der Einheitsbewertung mit irgendwelchen Maßstäben hineingegriffen, deren Auswirkung wir heute gar nicht beurteilen können. Wenn der Antragsteller, der den Antrag auch begründet hat, etwa darauf hingewiesen hat, daß in Kleinstädten unter Umständen auch sogenannte ideelle Werte zu einer Überbewertung geführt hätten, oder wenn er darauf hingewiesen hat, es sei möglich, daß ein Haus an der einen Stelle mit 4000 DM und ein gleichgebautes Haus an der anderen Stelle mit 12 000 DM Einheitswert herausgekommen sei, so muß ich sagen, das möchte ich doch lieber gern erst einmal sauber und sorgfältig geprüft wissen,
({3})
statt jetzt mit leichter Hand diese Dinge zu beschließen und zu einer Gesetzesänderung zu kommen, deren Folgen wir gar nicht übersehen können.
Ich komme nun zu dem Antrag, das Bauland, also die nicht bebauten Grundstücke anders zu behandeln. Ich warne auch vor einer solchen schematischen Regelung, weil wir nicht übersehen können, welche Auswirkungen eine solche Regelung etwa auf das Baulandbeschaffungsgesetz haben würde. Ich erkenne die Wichtigkeit dieser Fragen durch({4})
aus an. Ich bin aber davon überzeugt, daß wir das einer sehr sorgfältigen und gründlichen Prüfung unterziehen müssen, wie wir ja schon einmal Gelegenheit gehabt haben, sorgfältig zu prüfen, als mir der Gedanke nahegebracht wurde, daß etwa Maßstäbe für die Einheitsbewertung in der Landwirtschaft im Südwestraum, vor allen Dingen in Württemberg, ganz andere als etwa bei uns in Norddeutschland gewesen seien. Die Nachprüfung hat ergeben, daß diese Vorhaltungen in erheblichem Umfang nicht berechtigt gewesen sind. Ich halte es für falsch, nur auf Grund der Tatsache, daß einem Kollegen drei oder vier Beispiele bekanntgeworden sind, die offensichtlich aufzeigen, daß etwas falsch gehandhabt worden ist, zu einer Gesetzesänderung zu kommen. Wir müssen Fragen, die aufgeworfen werden, daraufhin prüfen, ob sie etwas grundsätzlich Wertvolles enthalten, um dann in Zusammenhang mit den gesammelten Erfahrungen zu einer endgültigen Entscheidung über diese Fragen zu kommen.
Zum Schluß: der Antrag Dr. Kathers und seiner Freunde deckt sich de facto völlig mit dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, ja er geht sogar noch darüber hinaus.
Der Antrag der kommunistischen Fraktion verdient meines Erachtens keine Würdigung. Sie könnten genau so gut sagen: In sechs Monaten, in neun Monaten, in zwölf Monaten muß es abgewickelt sein.
({5})
Es gibt niemanden in dem Ausschuß, der sich nicht mit mir darin eins wußte, daß die Frage einer schnellen Abwicklung des Lastenausgleichs,
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einer Vorfinanzierung, eine der entscheidendsten Fragen ist, wenn man wissen will, ob das Problem überhaupt gelöst werden kann. Aber nun einfach sagen: Vermögen A innerhalb fünf Jahren alles abgeben, Vermögen B innerhalb sieben Jahren alles abgeben und Vermögen C innerhalb zehn Jahren, - meine Herren, so bequem kann man es nicht machen! Die Wirtschaft ist kein Stück Vieh, das geschlachtet werden darf,
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sondern ein Organismus, der erhalten bleiben muß.
({8})
Wir sind der Meinung, daß dieses Hohe Haus mit der Diskussion solcher Anträge unmöglich seine wertvolle Zeit verbrauchen kann.
({9})
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Es ist sicherlich sehr verdienstvoll von dem Vorsitzenden des Lastenausgleichsausschusses, wenn er sich laufend darum bemüht, den Kollegen aus dem Hause das Verständnis der Sache zu erleichtern, die im Ausschuß nicht dabei gewesen sind; nur, glaube ich, braucht er dazu nicht auf angebliche Mängel in unseren Anträgen hinzuweisen.
({0})
Wir haben ja mitgearbeitet und wir wußten, daß
der § 26 - das haben wir ja gemeinsam beschlossen - jetzt nicht mehr auf Jahressätze, sondern auf Vierteljahressätze abgestellt ist. In Kenntnis dieser von uns gemeinsam beschlossenen Änderung konnten wir gar nicht anders formulieren, als hier unter 5 formuliert ist. Natürlich bleibt Ziffer 1 so, wie sie ist.
({1})
- Müssen wir gar nicht ändern. Wir wußten ja bei der Formulierung dieser Anträge genau, daß durch die Umstellung von Jahressätzen auf Vierteljahressätze der gesamte § 26 geändert werden würde. Das ist ja nicht unsere Änderung, das haben wir vorher gemeinsam beschlossen, Herr Kunze, und wir durften annehmen, daß alle, die so wie wir mitgearbeitet haben, darüber auch im Bilde sein würden. Aber die Belehrung ist sicher nicht überflüssig. Ich möchte nur nicht gern, daß es so aussieht, als wenn wir daran schuld wären, daß soundso viele nicht Bescheid wüßten. Wir haben uns im Gegenteil prompt an das gehalten, was wir gemeinsam beschlossen haben.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bertram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einwendungen, die Herr Kollege Kunz e gegen unseren Antrag gemacht hat, sind, glaube ich, nicht zutreffend. Der von uns vorgelegte Antrag bezieht sich gerade auf die Vervielfältiger der Mieteinnahmen, also einen ganz festen Maßstab. Es ist nicht so, daß etwa willkürlich gesagt würde: wenn das Haus, wie es in dem Beispiel von Herrn Kollegen Kunze bezüglich der landwirtschaftlichen Einheitswerte erwähnt wurde, wenn das Grundstück so oder so bewertet worden ist, dann wollen wir einem anderen Maßstab das Wort reden, sondern wir sagen ganz präzise: wenn der Vervielfältiger über acht liegt, dann ist die Rendite, die sich ohne weiteres ergibt, so niedrig, daß der Ertrag nicht ausreicht, um die vierprozentige Lastenausgleichsabgabe abzudecken. Bei einem Vervielfältiger von über acht - ich habe das Beispiel ja heute morgen schon vorgerechnet - muß die Rendite niedriger sein als die nach diesem Gesetz für den Lastenausgleich vorgesehene Abgabe. Das ist der entscheidende Gesichtspunkt. Es ist nicht der entscheidende Gesichtspunkt. ob der Einheitswert des Hauses in Kassel bei einem Vervielfältiger von vier 4000 DM beträgt oder ob der Einheitswert in irgendeiner kleinen Gemeinde 13 500 DM beträgt. Vielmehr ist der entscheidende Gesichtspunkt der: Sobald der Vervielfältiger der Miete so hoch wird, daß sich eine Rente von 4 % nicht mehr ergeben kann, muß eine Ermäßigung der Abgabe stattfinden, um noch eine Möglichkeit, die Abgabe aus dem Ertrage abzudecken, übrigzulassen. Das ist ein reines Rechenexempel. Dazu brauchen wir gar keine weiteren Erfahrungen, Herr Kollege Kunze. Wir wissen ohne weiteres: wenn der Vervielfältiger so hoch ist, dann ist die Rendite eben nicht höher. Ich bitte Sie deshalb, dafür zu sorgen, daß in diesen Fällen, die zweifellos vorkommen - das Bundesfinanzministerium hat uns im Lastenausgleichsausschuß darüber Vortrag gehalten und uns erklärt, daß diese Fälle bis zu einem Vervielfältiger von 131/2 und 14 tatsächlich vorkommen -, eine Ermäßigung stattfindet.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich möchte nur mit einigen Worten auf den letzten Absatz des sozialdemokratischen Antrags zu sprechen kommen. Danach soll in Nr. 3 Buchstabe b der zweite Satz gestrichen werden. In dem ursprünglichen Regierungsentwurf war der vermietende Hausbesitz einschließlich der Einfamilienhäuser mit dem Satz von 5 % eingesetzt worden. Es hat sich sehr schnell leerausgestellt, daß eine solche Belastung für diesen Kreis der Vermögensbesitzer zu hoch ist, und zwar einzig und allein aus dem Grunde, weil diesem Hausbesitz die Kostenmiete nach wie vor verweigert wird. Das war der Grund, weshalb die Mehrheit des Ausschusses sich entschlossen hat, für diesen Teil des Hausbesitzes den Abgabesatz von 5 auf 4 % herabzusetzen, solange die Zwangsbewirtschaftung der Mieten anhält, solange also die Ertragsfähigkeit nicht gesichert ist. Deshalb habe ich in meinem Bericht auch darauf hingewiesen, daß die Voraussetzungen für eine Änderung nicht gegeben sind, wenn es nur zu einer Anhebung der Mietsätze um 10 % kommen sollte. Nach der Forderung des sozialdemokratischen Antrags soll aber diese Vergünstigung - mit Ausnahme von einzelnen kleineren Vermögen - überhaupt gestrichen werden. Ich bitte daher auch aus diesem Grunde, den sozialdemokratischen Antrag abzulehnen.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Stierle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie mein Kollege Atzenroth bereits eben bemerkt hat, beantragen wir, in § 26 Nr. 3 Buchstabe b den zweiten Satz zu streichen. Er heißt:
Der Jahresabgabesatz wird durch Gesetz von 4 auf 5 v. H. erhöht werden, sobald eine Änderung der gesetzlichen Mietzinsregelung eine solche Erhöhung tragbar erscheinen läßt.
Wir sind der Auffassung, daß diese Ankündigung überhaupt nicht in dieses Gesetz hineinpaßt. Der Charakter der Abgabe ist doch ganz eindeutig der einer Vermögensabgabe. Hier wird jetzt die Verquickung vorgenommen mit einer geplanten Maßnahme, die einen ganz anderen Charakter hat, nämlich mit der Mietpreisneuregelung. Sie wissen, daß wir uns keineswegs der Tatsache verschließen, daß die Mietpreisangelegenheit gründlichst und in einer Gesamtkonzeption neu angepackt und geregelt werden muß. Wir wehren uns aber gegen das bis jetzt geübte Stückwerkverfahren.
Das Bedürfnis einer Mietpreisneuregelung wird doch hergeleitet aus der behaupteten nicht mehr vorhandenen Wirtschaftlichkeit der Objekte, und der Zweck ist der, eben die Ertragslage wiederherzustellen. Hier entsteht aber doch ganz eindeutig der Eindruck, daß die Mietanhebung zur Auffüllung des Lastenausgleichsfonds herangezogen werden soll. Das widerspricht zweifellos der Begründung, die man bisher für die Mietpreisanhebung als solche gebraucht hat. Oder ist etwa beabsichtigt, die Miete gleich so kräftig anzuheben, daß sie für alle Zwecke ausreicht, daß dieses Mehraufkommen ausreichen soll für die Herstellung der Ertragslage der Objekte, für die Befriedigung des aufgestauten Reparaturbedarfs, für die Erhöhung der Lastenausgleichsabgabe oder - wie sich's
manche Optimisten noch erhoffen - auch für eine ständig fließende Quelle der Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus? Das ist doch ganz offensichtlich angesichts der wirtschaftlichen Lage von Millionen von Mietern eine vollkommene Unmöglichkeit. Außerdem würde durch das hier vorgeschlagene Verfahren ohne Zweifel die Gefahr erwachsen, daß zumindest ein Teil der Lastenausgleichsabgabe auf den Verbraucher, hier also auf den Mieter, abgewälzt wird. Unserer Meinung nach hat die Regierung jederzeit die Möglichkeit, höhere Abgabesätze anzustreben. Sie sollte das aber in einer selbständigen Gesetzesvorlage ohne diese vage Verkoppelung mit der Mietpreisanhebung tun. Wir wünschen in diesem Gesetz keine Deklamationen etwa im Sinne einer Ermächtigung, die uns viel zu unbestimmt ist.
Deshalb werden wir in dritter Lesung in einer
Entschließung von der Regierung eine Vorlage
fordern, aus der klar ersichtlich ist, unter welchen
Voraussetzungen eine Erhöhung der Abgabesätze
in Frage kommt und zu welchem Zeitpunkt sie
möglich sein soll. Herr Abgeordneter Kunz e hat
vorhin in seiner Stellungnahme zu dem Antrag der
Förderalistischen Union gesagt: Wir müssen sauber
und gründlich prüfen, wir müssen sorgfältig vorgehen, wir müssen die gesammelten Erfahrungen
verwerten. Dasselbe wenden wir jetzt auch auf
diesen Fall an. Wir wünschen eine Gesamtkonzeption für die Neuregelung des Mietpreisgefüges. Da
gehört diese Geschichte hin. In diesem Gesetz ist
so viel einer späteren gesetzlichen Regelung vorbehalten, daß wir Ihnen empfehlen, das auch hier
zu tun. Wir bitten Sie deshalb, unserem Antrag
auf Streichung dieses zweiten Satzes zuzustimmen.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Farke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Soforthilfegesetz war der Abgabesatz für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen auf 3 % des Einheitswertes festgesetzt. Das entspricht beim Abgabevermögen im Lastenausgleich einem Satz von 6 %. Nach den Anträgen der SPD und des Herrn Kather soll der Satz nun auf 5% festgesetzt werden. Die Erfahrung hat aber gezeigt, daß der Satz von 6 % untragbar war. Die Mehrheit des Hauses hatte deshalb ein Gesetz beschlossen, und praktisch läuft diese Gesetzesregelung schon, wonach die Abgabe auf den hier im Gesetz vorgesehenen Satz von 4 % bis zum Einheitswert von 75 000 DM festgelegt wurde. Der Antrag Kather geht noch weiter und verlangt für die ersten 5 Jahre einen Abgabesatz von 71/2%.
Hier möchte ich aber auf eines aufmerksam machen-. Ich glaube, daß die Abgeordneten aus den verschiedenen Flüchtlingsländern, gleich welcher Fraktion sie angehören, diese Erhöhung der Abgabesätze für die Landwirtschaft kaum verantworten können.
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Denn wie sehen die Dinge in Schleswig-Holstein, in Niedersachsen, in Nordhessen und in Bayern aus? Hier sind ja die eigentlichen Landwirtschaftsgebiete, und hier wird praktisch die ganze Flüchtlingslast getragen, die einmal darin besteht, daß die Menschen, für beide unerträglich, zusammengepfercht sind, vor allen Dingen in Bauernhäusern. Zum andern ist hier aber schon seit Jahren durch
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erhöhte Gemeindesteuern und Aufwendungen ein Lastenausgleich in einem Maße im Gange, wie es kaum mehr vertretbar ist. Ich glaube, das wissen die Abgeordneten. Wenn wir nun ausgerechnet in den Hauptlandwirtschafts- und Flüchtlingsgebieten obendrein noch die Abgabesätze erhöhen, so muß ich sagen, daß das unverantwortlich ist. Es geht doch nicht, daß man einfach sagt: Wir müssen höhere Einnahmen haben. Ja, wir möchten das auch gern. Wir sind uns im Ausschuß aber immer darüber klar gewesen, daß wir nur bis an eine bestimmte Grenze gehen können, und wir können doch nicht jetzt bei der Beratung so einfach aus der Hand heraus Anträge bringen, die lediglich von höheren Einnahmen ausgehen, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, was daraus entstehen kann, und zwar - das möchte ich besonders hervorheben - ausgerechnet in den Gebieten, in denen an sich schon eine ungeheure Last zu tragen ist. Diese Last würde unerträglich werden, wenn weitere Belastungen hinzukämen, und meines Erachtens würden dadurch auch politische Gefahren heraufbeschworen werden, die wir vermeiden müssen und die keineswegs im Interesse der Vertriebenen liegen. Wir sollten das berücksichtigen und sollten demgemäß handeln. Ich möchte erklären, daß wir die Anträge der SPD und die Anträge des Herrn Kather ablehnen werden.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Preiß.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich in Ergänzung der Ausführungen des Herrn Kollegen Farke auf ganz kurze Bemerkungen beschränken. Seinen Ausführungen trete ich namens meiner Fraktion vollinhaltlich bei. Ich darf aber noch darauf verweisen, daß j a nicht nur aus Kreisen der Regierungskoalition, sondern sehr nachdrücklich gerade in jüngster Zeit aus Kreisen der Opposition laute Forderungen auf Modernisierung der deutschen Landwirtschaft erhoben worden sind, die man allzugern gegenüber den Landwirtschaften anderer Länder als Gott weiß wie rückständig bezeichnet. Wenn man das also verlangt, dem ohne weiteres beizutreten ist, wenn man von einem Investitionsnachholbedarf in Höhe von vielen Milliarden spricht und wenn gleichzeitig aus Ihrem Lager, sehr verehrter Herr Kollege Kriedemann, mit Recht eine baldige Angleichung der Löhne auf dem Lande an die der gewerblichen Wirtschaft verlangt wird, dann kann man nicht gleichzeitig jede Möglichkeit, diese berechtigten Forderungen auch nur in Angriff zu nehmen, dadurch wieder zunichte machen, daß man hier über ein von der Mehrheit als volkswirtschaftlich gerade noch vertretbar anerkanntes Maß hinaus diesem Wirtschaftszweig zusätzliche Abgaben auferlegt. Meine Damen und Herren, wir wollen doch nicht um die Dinge herumreden; es geht praktisch immer wieder um die gleiche Frage: Können wir diese schweren Lasten aus dem Ertrag oder müssen wir sie aus der Substanz meistern?
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Ich wäre mit den Förderern des Gedankens einer möglichst baldigen und weitgehenden Eingliederung ostvertriebener Landwirte in die Landwirtschaft dieses Gebiets hocherfreut, wenn Möglichkeiten dazu in ausreichendem Maße bestünden. Ich darf aber doch wohl darauf hinweisen, daß die beachtlichen Landflächen, die in den Ländern auf Grund
der Bodenreformgesetzgebung heute schon zur Verfügung stehen, keineswegs in ihrer Gesamtheit aufgesiedelt werden können, weil einfach die Mittel zur Durchführung nicht genügen; und ich frage, wie man es sich dann denkt, schon von 35 000 DM Einheitswert ab durch eine gestaffelte Abgabe sozusagen eine freiwilligere Hergabe oder einen freiwilligeren Landverkauf herbeiführen zu wollen, um ein großes Siedlungsprogramm durchzuführen. Es ist doch irrig, hier schon die Vorstellung eines Gott weiß wie großen und wie vielen Enterbten zum Ärgernis gereichenden Besitzes zu erwecken. Wir haben ja schließlich auch im Bundesgebiet Einheitsbewertungen bis 3000 DM und mehr je Hektar, so daß man schon bei 10 oder 12 ha Größe in derartige Dimensionen hineinkommt.
Insbesondere aber die sehr wichtigen Aufgaben der Modernisierung der Landwirtschaft im Bundesgebiet, die nun einmal in einer Motorisierung und Technisierung breitesten Ausmaßes bestehen muß und die unerhörte Kosten verursacht - Investitionen ohne Aufwand an Mitteln sind eben nicht denkbar -, können wir nicht auf der Basis von zehn- oder zwölfprozentigen Krediten, sondern nur auf der Basis der wirklich zunächst aus den Betrieben erwirtschafteten Erträgnisse durchführen. Wir hätten durchaus in Anbetracht einer sehr eindeutigen Konjunkturumkehr in breiten Teilen der Landwirtschaft die Möglichkeit gehabt, hier auch Anträge einzubringen, die vielleicht weitergehende Wünsche der Landwirtschaft zum Ausdruck gebracht hätten. Wir haben aber mit Rücksicht auf die sehr mühevolle Arbeit am Gesetz im Ausschuß auf jeden Änderungsantrag verzichtet und hätten auch gehofft und es für richtig befunden, wenn das bei den Ausschußmitgliedern auf der anderen Seite ebenso der Fall gewesen wäre. Da dem aber nicht so ist, darf ich Sie namens meiner Fraktion um die Ablehnung der beiden Änderungsanträge bitten.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Leibfried.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden Herren Vorredner, Herr Kollege Farke und Herr Kollege Dr. P r ei ß, haben bereits ausgeführt, daß die Soforthilfeverpflichtungen für die Landwirtschaft bisher eine untragbare Last gewesen sind, und in dem Antrag der SPD, der von Herrn Kollegen Stech begründet worden ist, ist ja auch erfreulicherweise zum Ausdruck gebracht worden, daß die Verpflichtungen, die dieses Gesetz der Landwirtschaft auferlegt, nun geringer sein müssen; denn der Antrag der SPD will ja nur die landwirtschaftlichen Betriebe höher verpflichten, deren Einheitswert über 35 000 DM hinausgeht.
Meine Damen und Herren, ich komme aus der kleinbäuerlichen Welt, aus einem kleinbäuerlichen Betrieb, von denen es im deutschen Bundesgebiet 1 900 000 gibt, und ich darf Ihnen sagen, daß das, was hier geschehen soll, von uns aus, von der kleinbäuerlichen Seite aus, nicht vertreten werden kann; denn wenn wir die wenigen größeren Betriebe, die in Deutschland noch vorhanden sind, in Zukunft so belasten wollten, wie das der Antrag der SPD und der Antrag des Herrn Dr. Kather vorsehen, dann ist die Existenz dieser Betriebe gefährdet. Dann ist aber auch die Grundlage der Betriebe gefährdet, die für uns als Kleinbetriebe die Quelle für den Bezug von Saatgut und ähnlichen Dingen sind, und dann ist
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auch die letzte Nahrungsmittelreserve des deutschen Volkes gefährdet. Aus diesem Grunde lehnen wir diese Anträge ab.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Kriedemann.
Ich habe mir vorhin schon die Bemerkung erlaubt, daß die Mitarbeit am Lastenausgleich eine Portion Mut und eine Portion Bereitschaft zur Verantwortung voraussetzt, nach beiden Seiten. Man kann nämlich immer nur das geben, was man vorher oder was man mindestens gleichzeitig zu nehmen bereit ist.
Als wir unseren Antrag gestellt haben, dahingehend, daß die landwirtschaftlichen Betriebe, soweit ihr Einheitswert über 35 000 DM beträgt - nicht Verkehrswert oder so etwas, sondern Einheitswert -, stärker zur Vermögensabgabe herangezogen werden sollten, und als das die Mehrheit des Ausschusses beschlossen hat, war es uns natürlich klar, daß wir hier die Vertreter der Agrarpolitik aufmarschieren sehen würden, denen im allgemeinen kaum etwas anderes einfällt, als für die Landwirtschaft auf mildernde Umstände zu plädieren.
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Auch in unseren Kreisen ist man daran gewöhnt, sich bei der Stellung von Anträgen die Auswirkungen auf die Öffentlichkeit, auf das Agitationsbedürfnis jeder Partei zu überlegen. Wir waren uns in vollem Umfang darüber klar, daß wir mit diesem Antrag jenen ein bißchen helfen würden, die in Ermangelung besserer Argumente auf dem Lande gern herumlaufen und erzählen, daß die Sozialdemokraten ihre geborenen Feinde seien.
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- Das ist historisch, das wird aber leider Gottes immer wieder gemacht, obwohl es aus einer ganz alten Kiste ist. Aber den Leuten fällt einfach nichts Besseres ein; da malen sie dann schwarze Männer an die Wand.
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Da ist gar nichts neu, da wird ihnen auch nichts Neues einfallen; da bin ich nicht bange. Das beweist mir jede Sitzung des Ernährungsausschusses, das beweist mir jede unserer Bemühungen. Denken Sie an die Sache mit der Milch! Lassen Sie sich erzählen, wie die Dinge liegen, wer da neue Wege sucht und wer den alten Kram verteidigt!
Es ist bei dieser Sorte von Agrarpolitikern immer üblich, mit der großen Zahl der kleinen Landwirte zu operieren. Man stellt sie uns in ihrer wahrhaft nicht sehr großartigen Lage dar und tut das doch immer nur, um sie als Vorspann für die Interessen derjenigen zu benutzen, die in einer ganz anderen Situation sind als z. B. die Bauern in der Eifel.
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Besonders witzig ist das heute hier zum Ausdruck gekommen, als der Herr Kollege Leibfried, einer aus dem großen Heer der kleinen und ganz kleinen Landwirte, sich schützend vor die Besitzer größerer landwirtschaftlicher Vermögen stellte, mit dem Argument, die kleinen würden kaputtgehen, wenn man die größeren etwas mehr heranzieht. Machen wir uns doch einmal völlig klar, daß die Vertriebenen in ihrer kaum zu bezweifelnden Notlage in die Lebensverhältnisse keiner einzigen Bevölkerungsgruppe mehr
Einblick nehmen können als in die Verhältnisse der Landwirtschaft betreibenden Bevölkerung!
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Ich weiß ganz genau, wie da manches übertrieben wird. Es gibt ja einige Vereine, die davon leben, daß sie so etwas übertreiben.
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Aber auf der anderen Seite, meine Damen und Herren, denken Sie denn, daß es die Landwirtschaft aushalten kann, wenn man sie hier als Ganzes in eine Gruppe einrangiert, die nun einmal die niedrigste Gruppe - was die Vermögensabgabe betrifft - ist? Glauben Sie, daß es wirklich im Interesse der Landwirtschaft liegt, wenn man sie hier als eine solche Einheit darstellt? Im Soforthilfegesetz haben wir unterschieden zwischen denen, die unter 15 000 DM Einheitswert liegen, und denen, die darüber liegen. Wir haben denen, die unter 15 000 DM Einheitswert liegen, eine mildere Behandlung zugebilligt. Wir haben alle miteinander gesehen, daß das nicht ausreichend war, und haben deshalb die Grenze hier bei 35 000 DM Einheitswert festgelegt. Wer die landwirtschaftlichen Verhältnisse kennt, der weiß, daß mit dem Einheitswert nicht ohne weiteres etwas über die Betriebsgröße ausgesagt ist, über die Zahl der Morgen oder der Hektare, die da zur Verfügung stehen, daß aber sehr wohl mit dem Einheitswert darüber etwas ausgesagt ist, um welches Vermögen es sich handelt. Ich halte es für einen sehr schlechten Dienst an der Landwirtschaft, wenn man hier für den gesamten Berufsstand einen gleichen Maßstab anlegen will.
Ich glaube, es ist auch noch unter einem anderen Gesichtspunkt falsch. Die Landwirtschaft braucht - das habe ich hier mehrfach ausgeführt - zur Lösung ihrer vielseitigen Aufgaben, insbesondere zur Überwindung all der Benachteiligungen aus einer Jahrzehnte hindurch verfehlten Agrarpolitik und angesichts der Probleme, die an unsere Landwirtschaft im Rahmen der Europaunion herankommen, zweifellos große Hilfe aus der Volkswirtschaft. Glauben Sie, daß das um so leichter gehen wird, je mehr man die Landwirtschaft zunächst einmal immer wieder auf die Seite stellt?
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- Ja, das können alle anderen Wirtschaftszweige auch für sie in Anspruch nehmen, daß sie durch die Vermögensabgabe in ihrer Investition behindert werden. Das hat eine Vermögensabgabe nun einmal so an sich.
Ich möchte Sie mit allem Nachdruck bitten, in dieser Angelegenheit keine allzu billige Sache zu sehen und sich nicht damit zu trösten, daß man auf dem Lande schon wieder wird erzählen können: wir haben euch davor geschützt, als die Linke, die Sozialdemokraten, euch so hart ans Leder wollte!
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Sehen Sie lieber einmal genau nach, welcher Teil der Landwirtschaft wirklich schutzbedürftig ist, und überlegen Sie sich, ob der Rest im Interesse des Ganzen nicht ein bißchen mehr in Anspruch genommen werden kann! Ich will an dieser Stelle ganz bewußt nicht ausrechnen - einige von Ihnen werden vielleicht begreifen, warum ich es hier nicht tue - ({8})
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- Moment, Moment! Ich will es in diesem Moment bewußt nicht tun, aber rechnen Sie sich doch einmal selber aus - bezogen auf Ihnen bekannte Beispiele, Einheitswert usw. -, wie hoch denn nun diese Vermögensabgabe, in Vierteljahresraten ausgedrückt, ist. Überlegen Sie sich dann ganz genau, ob die sozialen Gefahren, die entstehen müssen, wenn man der Landwirtschaft im ganzen diese begünstigte Stellung einräumt, ob diese insbesondere für die Landwirtschaft treibende Bevölkerung auftretenden Gefahren das wirklich wert sind.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie eindringlich, unserem Antrag zuzustimmen. Er belastet einen kleinen Teil der - größeren oder reicheren - Landwirtschaft stärker, aber einen Teil, der es noch tragen kann. Zugleich ist diese Belastung eine Legitimation des ganzen Berufsstandes und eine Rechtfertigung der niedrigsten Abgabesätze für die große Masse der Landwirtschaft. Ich glaube, das sollten wir uns, die wir uns mit Agrarpolitik im besonderen zu befassen haben, wirklich einiges kosten lassen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja wohl vor der Abstimmung klargestellt, daß sich unser Antrag auf die letzte Fassung des § 26 bezieht, die er in der Berichtigung des Ausschußberichtes erhalten hat, und in dieser Form auch tatsächlich richtig ist. Ich darf wohl mit Erlaubnis des Kollegen Kather und der anderen Antragsteller sagen, daß im Gegenteil in ihrem Antrag Umdruck Nr. 496 - das gilt genau so für die Bleichlautenden anderen - die Sätze von 5 % bei Ziffer 2 und 4 % bei Ziffer 3 entsprechend der jetzigen Fassung des § 26 in 1,25 % und 1 % umgeändert werden müssen.
Der Herr Kollege Dr. Kather hat die Ansicht ausgesprochen, sein Antrag sei, soweit er das land-und forsfwirtschaftliche Vermögen betreffe, mit unserem Antrag sachlich gleichbedeutend. Es freut uns auch, wenn das die Absicht ist; leider ist es, genau genommen, nicht so. Während wir nämlich auf das gesamte abgabepflichtige Vermögen abstellen und deswegen nur einen ermäßigten Satz gewähren wollen, wenn das gesamte abgabepflichtige Vermögen - bei dem ja die Schulden von vornherein abgezogen sind - den Betrag von 35 000 DM nicht übersteigt, stellen Sie auf den Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens selber ab, was zur Folge hat, daß auch jemand, der ein sehr beträchtliches Vermögen in anderen Werten und daneben noch einen landwirtschaftlichen Besitz hat, die Ermäßigung genießt, wenn nur dieser landwirtschaftliche Besitz für sich selbst nach Abzug der Schulden nicht mehr als 35 000 DM wert ist.
Wir glauben deswegen, daß wir auf unserer Fassung des Antrags bestehen müssen. Wir glauben auch, daß dieser Antrag, da er die Ermäßigung mehr beschränkt, als in dem anderen Antrag vorgesehen ist, als der weitergehende zuerst zur Abstimmung kommen muß. Dasselbe gilt für den Antrag in der Fassung des Kollegen Goetzendorff, auch wenn dieser andere Ziffern eingesetzt hat.
Zu dem Antrag der KPD möchte ich nicht weiter Stellung nehmen. Wir kennen eine inflatorische Maßnahme, wenn wir sie sehen. Wir haben nicht
nur an diesem Punkte in diesem Gesetz bewiesen, daß wir auf unausführbare und aussichtslose Anträge verzichten.
Der Herr Kollege Dr. Kather hat außerdem den Antrag gestellt, eine ähnliche Einschränkung der ermäßigten Abgabesätze bei Mietwohngrundstücken vorzusehen und auch da von einer Wertgrenze von 35 000 DM auszugehen. Meine Damen und Herren, wenn wir schon einmal einem ermäßigten Abgabesatz wegen der Ertragslage des Miethausbesitzes, soweit er Wohnungen enthält, grundsätzlich zugestimmt haben, so müssen wir allerdings sagen, daß diese Voraussetzungen unabhängig von der Größe des Einheitswertes oder Nettowertes dieser Grundstücke vorliegen, zumal ein derartiger Antrag keinen Unterschied macht - allerdings auch in diesem Augenblick vielleicht nicht machen kann - zwischen solchem Grundbesitz, der unter besonderen Bedingungen steht, gemeinnützig verwaltet wird oder sozial gefördert ist, und anderem. Wir bedauern deswegen, auch diesem Antrag nicht zustimmen zu können.
Dasselbe gilt für die Anträge der Föderalistischen Union, zu denen wir uns auf die Ausführungen beziehen können, die von anderen Rednern dazu gemacht worden sind.
Unser Antrag - Ziffer 5 c unseres Sammelantrags - bedeutet, um das noch einmal klarzustellen, daß wir erstens eine derartige nicht bindende Verweisung auf spätere Gesetzgebung in einem Gesetz überhaupt für untunlich und unsachgemäß halten und daß wir zweitens nicht mit der Lösung dieses Problems im Sinne einer beiläufigen Erwähnung in diesem Gesetz einverstanden sein können. Wir werden vielmehr einige richtigere Grundsätze da, wo geschäftsordnungsmäßig der Ort dazu ist, nämlich in der dritten Lesung, in Form einer Entschließung vorlegen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beabsichtige nicht, in eine große agrarpolitische Debatte einzutreten - das kommt gar nicht in Frage -, sondern will, wie ich das schon einmal getan habe, nur noch mit einigen kurzen Bemerkungen auf die Grundsätze hinweisen, die bei dieser r rage für die Landwirtschaft maßgebend sind. Es handelt sich dabei um die Systematik eines Gesetzes, das nicht auseinandergerissen werden darf. Der § 23 gehört zu § 26; dann gehört der Paragraph noch hierher, der von den Familienermäßigungen spricht. Hier ist also eine allgemeine Zäsur bei den Betrieben getroffen, die unter 35 000 DM Einheitswert liegen, mit gewissen Ausnahmen und Vergünstigungen für die Betriebe unter 35 000 DM Einheitswert. Im übrigen sind alle Vermögensgruppen gleichmäßig behandelt, die Gruppe der Betriebsvermögen, der Grundvermögen, des landwirtschaftlichen Vermögens, mit den gewissen Ausnahmen. Da sind fest stipulierte Sätze von 6 %, 5 % und 4 %. Hier ist keine Differenzierung getroffen. Es besteht nur die eine Differenzierung, die der Gruppen unter sich; und die Differenzierung der Landwirtschaft gegenüber den anderen Gruppen ergibt sich daraus - ich habe das wiederholt hier ausgeführt -, daß man die Landwirtschaft beispielsweise nicht mit einem Großbetrieb vergleichen kann, der seinen Umsatz ganz anders gestalten kann als die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft ist auf einen bestimmten Grund und Boden angewie({0})
sen; sie kann, ob sie groß, klein oder mittel ist, nur einen ganz bestimmten Höchstbetrag herauswirtschaften; sie hat nicht die Differenzierung in sich, wie sie auf dem gewerblichen Gebiet beim Übergang vom kleineren zum mittleren und vom mittleren zum größeren Betrieb vorhanden ist. Wir haben den landwirtschaftlichen kleineren und mittleren Betrieben aber insofern Rechnung getragen, als wir bei den Einheitswerten unter 35 000 Mark gewisse Freigrenzen vorgesehen haben.
Das Gesetz ist also ganz systematisch aufgebaut. Wenn jetzt die Anträge von der SPD kommen, so bedeuten sie nichts anderes als eine unterschiedliche Behandlung innerhalb der Landwirtschaft selbst, während das bei den übrigen Bewertungsgruppen nicht in Frage kommt. Es ist notwendig, daß für die Landwirtschaft keine Ausnahmestellung geschaffen wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, diese Untergruppierung der Landwirtschaft - kleine, mittlere und große Betriebe - lehnen wir - das spreche ich hier aus - aus grundsätzlichen agrarpolitischen Bedenken heraus rundweg ab.
Ich habe auch schon damals erklärt, daß die Frage der Bodenreform keine Frage des Lastenausgleichsgesetzes ist. Das ist eine Frage, die auf einem ganz anderen Blatt steht. Hier handelt es sich um den Grad der Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe. Da ist den kleineren und mittleren besonders Rechnung getragen worden, und es besteht der allgemeine Grundsatz, daß die Landwirtschaft mit Rücksicht auf die besondere Gestaltung des Umsatzes und ihrer Verhältnisse eben in eine niedrigere Gruppe mit 4 % Belastung eingereiht werden muß.
Lassen Sie mich jetzt noch ein Wort sagen. Erschrecken Sie darüber nicht! Ich habe nun die Gelegenheit, das einmal zu sagen. Ich lasse die Reihe derer, die der Landwirtschaft zugehören oder mit ihr sympathisieren, so an mir vorüberziehen. Sie dürfen überzeugt sein, daß es auch für uns außerordentlich schwierig ist, dem Gesetz mit dieser Belastung überhaupt unsere Zustimmung zu erteilen. Einer solchen Belastung, wie sie der Kollege K a t her mit einem weiteren besonderen Zuschlag für ein paar Jahre - mit einer eineinhalbfachen Jahresleistung, also einem Abgabesatz von 71/2 % bei der Landwirtschaft - vorschlägt, können wir von unserem Standpunkt aus unmöglich nähertreten. Das müssen wir rundweg ablehnen.
Ich bitte also, auf diesem Gebiet zu beachten, Herr Kollege Kather, daß es auch anderen schwerfällt, dem Gesetzentwurf so, wie er gestaltet worden ist, zuzustimmen. Wir hätten hier manche Änderungsanträge zu stellen, besonders weitergehende wegen der mitarbeitenden Kinder des Bauern,
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weitergehende wegen Ausfalls der Abgabe bei Witterungsschäden usw., weil die Landwirtschaft ein besonderes Gewerbe ist. Wenn wir das momentan zurückstellen, so geschieht es, um eine allgemeine Rechtsgrundlage für alle Beteiligten zu finden und um insbesondere zu ermöglichen, daß die Bedürftigen - das sind diejenigen, die von dem Gesetz etwas bekommen sollen - so rasch wie möglich in den Genuß der Beträge kommen, die zum Wiederaufbau ihrer Existenz notwendig sind.
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Das Wort ist nicht weiter gewünscht. Damit sind wir am Ende der Aussprache zu § 26. Sämtliche Anträge sind begründet; nicht begründet ist der Antrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff.
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Ich stelle das ausdrücklich fest.
Meine Damen und Herren, es ist mit Rücksicht auf die Mitglieder des Hauses, die sich in Sitzungen einer Reihe von Ausschüssen befinden, vereinbart worden, bis 15 Uhr keine Abstimmungen vorzunehmen. Die Aussprache zu § 26 ist geschlossen und kann nicht wieder aufgenommen werden. Es kann später nur die Abstimmung stattfinden.
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- Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Farke!
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- Nein, es ist noch keine Abstimmung. Es ist zwar gleich 15 Uhr; aber es ist vereinbart, nicht vor 15 Uhr abzustimmen. Ich glaube, wir sollten diese Vereinbarung einhalten; denn die Kollegen, die in den verschiedensten Ausschüssen sitzen, sind noch nicht hier.
Zur Geschäftsordnung Herr Kollege Farke, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der Koalition beantrage ich, daß über die Anträge Kather und der SPD namentlich abgestimmt wird.
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Herr Abgeordneter Farke, bitte präzisieren Sie es. Es sind zwei Anträge des Abgeordneten Dr. Kather. Ist die namentliche Abstimmung beantragt zu Umdruck Nr. 496 Ziffer 3 oder Ziffer 4?
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- Also zu Umdruck Nr. 496 Ziffer 3. Ich merke das für die Abstimmung vor: Umdruck 496 Ziffer 3 und SPD-Antrag Umdruck Nr. 492 Ziffer 5 a und b.
Die Aussprache zu § 26 ist geschlossen.
Ich rufe § 27 auf.
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- Richtig, es liegt noch der andere Antrag vor, einen § 26 a einzufügen.
Zur Begründung der Herr Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben beantragt, hinter dem § 26 einen § 26 a einzufügen, der sich auf erhöhte Jahresabgabesätze bezieht. Der Antrag verlangt, daß in der Zeit vom 1. April 1952 bis zum 31. März 1955 von Abgabepflichtigen, deren abgabepflichtiges Vermögen 35 000 DM übersteigt, nicht die einfache, sondern die eineinhalbfache Jahresleistung erhoben wird; es sei denn, der Abgabepflichtige weist nach, daß er zur Leistung der erhöhten Jahresbeträge außerstande ist. Die erhöhte Leistung wird auf die Vierteljahresleistungen vom vierten Quartal 1977 bis zum ersten Quartal 1979 verrechnet.
Meine Damen und Herren! Ich habe bereits am Vormittag darauf hingewiesen, daß die Geschädigten immer wieder die Forderung nach einer echten Vermögensumschichtung erhoben haben.
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Ich habe weiter vorgetragen, daß insbesondere die
Regierungsparteien sich immer wieder zu dieser
Forderung bekannt haben. Aber wenn man sich
das Gesetz ansieht und sucht, wo dieser Grundsatz
einer echten Vermögensumschichtung eine Verwirklichung erfahren hat, dann kann man irgendwelche Bestimmungen dieses Inhalts nicht finden.
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Es ist im Laufe der Debatte schon mehrfach zum Ausdruck gekommen, daß das ganze Gesetz und das ganze Aufkommen auf den Ertrag abgestellt worden sind. Ich kann vielleicht in diesem Zusammenhang auch in Erinnerung zurückrufen, daß der Herr Bundesfinanzminister selbst davon gesprochen hat: Wir müssen den Weg der Höchstbesteuerung gehen, eine sofortige Vermögensumschichtung ist nicht möglich.
Aber die Grundkonzeption des ganzen Gesetzes beruht ja doch gerade auf diesem Verlangen nach einer sofortigen Vermögensumschichtung.
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Sonst wäre es doch widersinnig gewesen, dem Lastenausgleich ein Stichtagvermögen zugrunde zu legen und die Sache auf 30 Jahre zu verrenten. Dieser Antrag, den ich hier jetzt vor Ihnen zu begründen habe, ist das einzige, was von der Forderung nach einer echten Vermögensübertragung übrig geblieben ist. Er bringt keine Erhöhung der Abgabe.
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- Nein, er ist nur eine Vorfinanzierung, denn die Mehrleistungen werden, wie der letzte Satz des Antrags besagt, auf spätere Annuitäten angerechnet. Wir müssen an dieser Forderung festhalten aus der großen finanziellen Not heraus, vor der wir gerade in den ersten Jahren stehen. Es muß in diesem Zusammenhang einmal auf eine Gruppe der Vertriebenen hingewiesen werden, für die wir wirklich ins Gewicht fallende Beträge aufbringen müssen. Das sind die aus dem Osten gekommenen Bauern und Landwirte. Über 250 000 sind noch nicht wieder eingegliedert. Bis heute sind erst etwa 30 000 wieder zu einer eigenen Scholle gekommen. Diese Aufgabe muß energisch angepackt werden; denn wenn diese Bauern, die jetzt sieben Jahre als Landarbeiter oder als Arbeitslose leben, nicht bald wieder Bauern werden, dann ist es zu spät. Es ist für viele auch heute schon zu spät. Deshalb müssen alle Wege beschritten werden, die für die erste Zeit ein erhöhtes Aufkommen sicherstellen und es uns ermöglichen, ein wirklich beträchtliches Siedlungsprogramm aufzustellen, anzupacken und durchzuführen.
Welche Einwendungen können nun gegen diese Forderung erhoben werden? - Zunächst darf ich darauf hinweisen, daß wir uns sehr beschieden haben, indem wir auch hier eine Freigrenze von 35 000 DM. eingebaut haben; Daraus ergibt sich auch schon, daß die Mehrzahl aller Fälle - und gerade die kleinen Vermögen, was ja in anderem Zusammenhang immer wieder vorgebracht worden ist, stellen ja die Masse der Fälle - ausgenommen ist.
Nun ist soeben hier von einem der Herren Kollegen gesagt worden, daß insbesondere die Landwirtschaft nicht in der Lage sein würde, statt 4 v. H. dann 6 v. H. oder statt 5 v. H. dann 71/2 v. H. zu zahlen. Es gibt gewiß Landwirte, die das können. Wir haben ja die Möglichkeit eingebaut, den Landwirt, der das nicht kann, davon zu befreien.
Wir haben für alle Fälle zugelassen, daß der Abgabepflichtige, der für die ersten Jahre dieses erhöhte Aufkommen zahlen soll, den Nachweis führen kann, daß er zu dieser Zahlung nicht imstande ist.
Demgegenüber ist eingewandt worden und wird sicher auch heute eingewendet werden, daß dadurch ein großer Verwaltungsapparat aufgebaut wird. Es ist ja auch heute schon bei der Erörterung der Freigrenzen dieselbe Besorgnis - und da ja sicherlich mit größerem Recht - aufgetaucht. Das ist ja klar: wenn man alle Vermögen von 5000 DM ab heranzieht - und eine höhere Freigrenze ließ sich ja wirklich nicht rechtfertigen -, dann bedeutet das eine ganz gewaltige Arbeit. Wenn aber durch die Freigrenze von 35 000 DM die Fälle, die die Mehrzahl bilden, schon ausgeschaltet sind und wenn man sich weiter vor Augen hält, daß es sicherlich auch Fälle geben wird, wo man ganze Gruppen auf Grund ihrer gemeinsamen besonderen Lage ausschalten kann, so glaube ich nicht, daß wir hier vor einer Aufgabe stehen, die nicht zu überwinden oder die auch nur besonders schwierig ist.
Wenn wir auf der einen Seite die Not ansehen und die Notwendigkeit, gerade in den ersten Jahren das nötige Geld heranzuschaffen, dann werden wir uns durch Schwierigkeiten, wie sie immer, bei jeder Verwaltungsaufgabe, auftreten, nicht davon abhalten lassen können, diesen Weg zu beschreiten. Wenn wir das tun, werden wir auch einen erheblichen politischen und psychologischen Nutzeffekt davon haben; denn die Geschädigten sind nicht damit einverstanden, daß die ganze Abgabe nur auf den Ertrag abgestellt wird. Es würde daher zur Herstellung eines inneren Friedens wesentlich beitragen, wenn gerade diese Bestimmung durchkäme und auf diese Weise sichergestellt würde, daß in den ersten Jahren die erforderlichen Beträge da sind.
Ich bitte Sie deshalb, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Forderung nach der sofortigen Fälligkeit der Vermögensabgabe ist ein sehr wesentliches Stück aus dem Arsenal der Propagandisten des Lastenausgleichs. Wir haben uns auch im Ausschuß sehr ausgiebig darüber unterhalten müssen, zumal wir immer wieder von einigen Kollegen dazu angeregt wurden durch so ermutigende Formulierungen wie „Da sollte man doch noch einmal darüber nachdenken", „Das müßte sich doch irgendwie machen lassen" usw. usw. Leider ist niemand über diese Beiträge hinausgekommen.
Es hat sich insbesondere niemals jemand bereitgefunden - obwohl wir immer wieder darum gebeten haben -, nun zu definieren, wem unter den heutigen Umständen eine sofortige Fälligkeit zugemutet werden kann und unter welchen Voraussetzungen der Abgabepflichtige sich eben einer sofortigen Fälligkeit widersetzen kann, und mit so populären Formulierungen, wie sich das auf Versammlungen so gut macht, ist es dann eben bei dem Gesetz leider nicht geschehen; denn hier müßten ja Definitionen gefunden werden, die jeder Richter gegenüber einem Verdikt des Finanzamts dann handhaben könnte.
Meine Freunde und ich haben unseren vollen Teil an Verantwortung dafür übernommen, daß für
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die Vermögensabgabe dieses Verfahren gewählt wird, wie es im Gesetz steht, und das aus dem ganz einfachen Grund, weil ein anderes Verfahren unserer Meinung nach nicht möglich ist. Übriggeblieben ist dann die Forderung nach der Vorfinanzierung. Einige Leute haben aus der Vorfinanzierung etwas gemacht, das sich in ihrem Mund so leicht hantiert wie eben eine Rotationsdruckmaschine. Vielleicht wissen Sie, warum ich gerade auf diesen Vergleich komme. Wegen der außerordentlichen Gefahr, die mit dieser Art von Vorfinanzierung verbunden ist, haben wir auch mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften gegen jede Illusion gesprochen, und ich hoffe, daß man die Andeutungen, die z. B. gestern in der Regierungserklärung in dieser Richtung noch einmal zu hören waren, auch nicht allzu tragisch nimmt, jedenfalls keine allzu hohen Erwartungen daran knüpft.
Es steht ganz außer Zweifel, daß uns allen, die wir am Funktionieren eines solchen Gesetzes ernsthaft interessiert sind und nicht daran interessiert sind, daß es eben nicht funktioniert, die Frage des Aufkommens, vor allem in den ersten Jahren, große Sorge machen muß. Denn wenn es im allgemeinen schon richtig ist, zu sagen, daß der, der schnell gibt, doppelt gibt, so trifft das insbesondere hier zu, weil viele Jahre hindurch in diesem Komplex viel zuwenig getan worden ist. Der Herr Kollege Kather ist der Meinung, daß man mit seinem Antrag zu § 26 a etwas zur Vergrößerung des Aufkommens in den ersten Jahren tun könne. Es ist aber sehr die Frage, ob das wirklich eintreten wird, wenn man hier gleich so formuliert, daß das nur dann mehr gezahlt werden muß, wenn der Abgabepflichtige nicht nachweist, daß er es eben nicht kann. Wir haben ja schon öfters Gelegenheit gehabt, uns mit der Stundungspraxis auseinanderzusetzen. Es ist wahrscheinlich doch damit zu rechnen, daß es den Abgabepflichtigen in den meisten Fällen möglich sein wird, nachzuweisen, daß es nicht geht.
Wir, meine Damen und Herren, haben uns auf eine viel solidere Weise darum bemüht, die zweifellos zu erwartende Minderung des Aufkommens gegenüber dem Soforthilfegesetz abzumildern. Es kann überhaupt gar kein Zweifel daran sein, daß für den Großteil der Abgabepflichtigen aus privatem Vermögen das, was hier beschlossen werwerden soll, eine Minderung der Abgabe gegenüber dem Soforthilfegesetz ist. Ich weiß nicht, wie sich das mit den größeren Erwartungen auf der Leistungsseite gegenüber dem Soforthilfegesetz und seinen Leistungen in Einklang bringen läßt. Aber immerhin, das kann im großen und ganzen nicht bestritten werden:
({1})
Wir haben uns, wie gesagt, darum bemüht, auf eine solidere Weise, als es nach dem § 26 a möglich ist, das Minderaufkommen aufzufangen und für möglichst viel an Aufkommen zu sorgen, und zwar dadurch, daß wir Ihnen vorgeschlagen haben, die Vermögensabgabe - soweit wie es aus der Art der Sache und dem Verfahren, auf das wir hier angewiesen sind, nur möglich ist - zu dem zu machen, wovon immer soviel geredet wird, zu einem Opfer. Alle Anträge, die wir bisher in dieser Richtung gestellt haben, sind abgelehnt worden - erfreuliche Eindeutigkeit -, immer mit Ihren Stimmen. Ich habe auch kaum eine Hoffnung, daß unsere weiteren Anträge angenommen werden, die darauf abzielen, das Aufkommen an Vermögensabgabe direkt oder indirekt möglichst groß zu machen - in voller Berücksichtigung der Grenzen, die dem gezogen sind, und Sie werden mir keinen einzigen Fall nennen können, in dem wir, obwohl wir das nicht extra im „Arbeitgeber" publiziert haben, kein Verständnis für die Notwendigkeit der Wirtschaft gehabt hätten.
({2})
- Aber da habe ich auch nicht geschrieben, daß es nur drei gewesen sind, und habe Sie dabei ausgenommen, der Sie davon etwas verstehen, Herr Kollege Atzenroth. Das ist Ihnen überlassen geblieben, und den Ruhm wird Ihnen auch in diesem Hause keiner streitig machen. Hoffentlich wehrt sich keiner dagegen, daß er außer Ihnen zu den dreien gehören soll, nicht wahr! Aber lassen wir das jetzt einmal! Wie gesagt, wir haben in der Richtung durchaus keine Forderungen gestellt, die unmöglich sind. Die, die unserer Meinung nach möglich sind und die auch vielen von Ihnen durchaus möglich erschienen wären - das hat die Abstimmung bewiesen -, haben Sie abgelehnt. Wir möchten diese schöne Eindeutigkeit nicht unterbrechen und werden deshalb diesem § 26 a zustimmen, damit es nicht durch irgendein Versehen in der Presse heißt, der Herr Kollege Kather habe nun einmal etwas machen wollen, womit das Aufkommen habe gesteigert werden können, aber das sei dann mit den Stimmen der SPD abgelehnt worden. Auch das - selbst wenn ich ihm keine großen Chancen gebe - muß dann wieder mit Ihren Stimmen abgelehnt werden. Daß das so verläuft, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß Sie, wie gesagt, allen unseren Bemühungen um ein möglichst großes Aufkommen immer wieder so geschlossen ihr Nein entgegengesetzt haben.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Wir haben jetzt gerade aus dem Munde des Kollegen Kriedemann etwas für die parlamentarische Demokratie außerordentlich Wichtiges gehört,
({0})
und ich würde mich freuen, wenn auch die deutsche Öffentlichkeit das hören könnte oder wenn man es in die Presse brächte.
({1})
Sorgen wir selbst dafür! Wenn hier jemand, der zu einem Antrag Stellung nimmt, klar und deutlich sagt, daß man im Ausschuß zwar in Übereinstimmung mit uns allen die Durchführung einer solchen Maßnahme für unmöglich gehalten habe, daß man sie auch heute noch für unmöglich halte, aber für diesen Antrag stimmen werde, um nicht einem Antragsteller die Chance zu geben, das in Vertriebenenkreisen gegen die Sozialdemokraten als Material auszuwerten.
({2})
Ich habe den Mut, meine Damen und Herren, namens der Regierungsparteien zu erklären, daß wir nach sorgfältiger und eingehender Beratung und Prüfung geschlossen der Auffassung waren, daß diese Anregung des Kollegen K a t her, auf diesem Wege zur Vorfinanzierung zu kommen, nicht durchführbar und daher nicht annehmbar ist.
({3})
({4})
Ich bedaure, daß es uns in den eingehenden Darlegungen und Begründungen nicht gelungen ist, unseren Fraktionskollegen Kather davon zu überzeugen, daß auf diesem Wege das Ziel nicht erreicht wird. Denken Sie denn, meine Damen und Herren, daß uns das Schicksal der ostdeutschen Bauern nicht am Herzen läge?
({5})
Aber wir wollen uns nicht dazu hergeben, ihnen durch Annahme solcher Beschlüsse Chancen zu versprechen, von denen wir wissen, daß sie keinen Erfolg haben können.
({6})
Das hat, Herr Kollege Kather, nichts mit glauben oder nicht glauben, das hat ganz einfach etwas mit der Kenntnis von Wirtschaft, Geld, Kapital und Kredit zu tun.
({7})
Daraus resultiert unser Nein zu diesem Punkt. ({8})
- Nein, wir haben den Mut, das auszusprechen, während Sie aus propagandistischen Gründen gleich gegen Ihre eigene Überzeugung für einen Antrag stimmen wollen.
({9})
Das muß mit aller Deutlichkeit gesagt werden. Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, so bauen wir keine Demokratie!
({10})
- Verzeihen Sie, Sie haben die Erklärung der Regierungsparteien anscheinend nicht gehört oder nicht nachgelesen. Sie hätten gestern deutlich von uns hören können, daß wir über die Anträge auch der Opposition mit demselben Ernst beraten werden und daß wir sie genau so wie die aus unseren eigenen Reihen kommenden Anträge behandeln werden.
({11})
- Vielleicht können wir uns gelegentlich einmal von alterfahrenen Demokraten - ich sehe einen unter uns sitzen, der große Erfahrungen hat - gemeinsam einige Belehrungen über diese Auffassung von Demokratie geben lassen. Ich glaube, das wird sehr nützlich werden.
({12})
Lassen Sie mich zum Schluß kommen! Ich sagte, der Kollege Kather möge doch nicht glauben, daß wir das Schicksal der heimatvertriebenen Bauern nicht ebenfalls sähen und wüßten, was es bedeutet, wenn ihre Eingliederung und Seßhaftmachung nicht in absehbarer Zeit in den Grenzen des Möglichen gelingt. Nur, Herr Kollege Kather, hier sind Sie auf einem falschen Wege. Aber wir versprechen Ihnen, daß wir mit Ihnen gemeinsam jeden Weg, den wir als richtig erkennen, zu gehen bereit und gewillt sind und auch gehen werden, der uns diesem Ziele näherbringt.
({13})
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir ist jedes Zeichen von Mut sympathisch. Ich hoffe nur, Herr Kollege Kunze -
daß es Ihnen nicht an Mut dazu gebricht, bezweifle ich keinen Augenblick -, daß Sie die Zeit haben werden, noch einmal nachzulesen, was ich sagte. Ich habe nicht gesagt, wir seien uns im Ausschuß darüber einig gewesen, daß das, was hier in § 26 a vorgeschlagen wird, nicht gehe, wir stimmten aber doch aus den und den Überlegungen zu. Ich habe nur dem Hause mitgeteilt - Sie wissen es ja ohnehin -, daß wir im Ausschuß gemeinsam zu der Überzeugung gekommen waren, daß so etwas wie sofortige Fälligkeit nicht möglich ist.
Ich habe dann weiter ausgeführt, daß wir angesichts des zweifellos zu erwartenden Minderaufkommens in den ersten Jahren hier eine Reihe von Anträgen vorgebracht haben, mit denen wir das ausgleichen wollten, nämlich Erhöhung der Vermögensabgaben dort, wo sie tragbar ist. Ich habe darauf aufmerksam gemacht, daß alle diese Vorschläge einheitlich von Ihnen abgelehnt werden.
({0})
- Herr Farke, wir können doch besser in Hameln gemeinsam diskutieren; das steht Ihnen besonders gut zu Gesicht, und die Leute haben dann auch ihren Spaß.
({1})
- Na eben, da hören sie wenigstens, um was es sich handelt.
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- Ja, hören Sie zu, dann lernen Sie vielleicht auch einmal!
Herr Kollege Kather hat gesagt, er habe versucht, mit seinem § 26 a etwas in der Richtung zu tun, was ich nicht für aussichtsreich halte, weil hier gesagt wird: „sofern der Abgabepflichtige nicht nachweist, daß ..." usw. - Ich brauche j a nicht meine ganzen Ausführungen zu wiederholen! Nachdem es uns nicht gelungen ist, auf eine viel solidere und zuverlässigere Weise ein Mehraufkommen in den ersten Jahren zu sichern, weil Sie alles das abgelehnt haben, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn wir einem zweifellos weniger aussichtsreichen, weniger sicheren, weniger vernünftigen Antrag zustimmen, um das zu erreichen zu versuchen, was wir mit all unseren Anträgen erreichen wollten: ein Mehraufkommen in den ersten Jahren, weil es auf das Mehraufkommen in den ersten Jahren ankommt und nicht auf die bei Ihnen so beliebte Rechnung über 30 Jahre. Aus diesen Gründen und nicht aus irgendeiner Angst oder irgendeiner schlechten demokratischen Gewohnheit werden wir diesen Anträgen zustimmen
- trotz unseres Bedenkens!
Unser Bedenken gegen diesen Antrag ist sicherlich außerordentlich viel kleiner als die Bedenken, die einige Ihrer Kollegen haben herunterschlucken müssen unter dem Verdikt, hier keine Änderungsanträge zulassen zu dürfen. Und da würde ich dringend darum bitten, daß gerade Sie uns nicht den Vorwurf machen, wir hätten hier schlechte parlamentarische Sitten, die möglichst im ganzen Volke plakatiert werden sollten. Ich glaube, eine schlechtere Form der zweiten und dritten Beratung, als sie hier gestern mit der Regierungserklärung eingeleitet worden worden ist - „Wir wollen alle Anträge ablehnen und wollen alle Anträge als Material für eine demnächst irgendwann einmal
({3})
von uns erwartete Novelle auf die Seite legen" -, eine schlechtere Form von parlamentarischem Verfahren gibt es, glaube ich, überhaupt nicht,
({4})
und unser Bemühen, es hier doch zu einer Entscheidung über konkrete Anträge zu formulierten Paragraphen kommen zu lassen, ist unter anderem sowohl das Bemühen um einen vernünftigen Lastenausgleich, dem mit einer ausreichenden Mehrheit zugestimmt werden kann, wie auch das Bemühen, das Ansehen dieses Hauses in dieser Frage vor der deutschen Öffentlichkeit einigermaßen zu reparieren, das unserer Meinung nach durch das von Ihnen vorgeschlagene Verfahren erheblich lädiert worden ist.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wenn in späteren Tagen jemand sich die Mühe machen wird, einmal das Protokoll dieser Beratung zu lesen, dann wird er doch etwas staunen über die Art und Weise, wie hier verhandelt worden ist.
({0})
Meine Damen und Herren, was liegt denn vor? Es liegt ein Antrag vor, der übrigens gar nicht neu ist, der seit Jahr und Tag von uns immer wieder vorgebracht worden ist und der den Versuch macht, zu erreichen, daß Leute, die es können, in den ersten Jahren etwas mehr bezahlen, weil wir das Geld dringend brauchen. Nehmen wir z. B. die gewerbliche Wirtschaft: sie würde statt 6 % 9 % zahlen. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß das genau der Satz ist, den die Vertriebenen für die Betriebsmittelkredite der Vertriebenenbank zahlen. Wer will mir da nun sagen, daß ich hier etwas Unmögliches verlange? Und wenn wir die Stundungsmöglichkeit oder vielmehr den Nachweis zugelassen haben, so dürfen wir doch, glaube ich, darauf vertrauen, daß in zahlreichen Fällen die Möglichkeit einer Vorleistung so evident ist, daß dabei auch etwas herauskommt.
Herr Kollege Kunz e, Sie haben gesagt, ich habe mich nicht von diesem Antrag abbringen lassen. Aber weshalb denn? Schließlich können Verhandlungen nicht darin ihren letzten Inhalt finden, daß man immer nein sagt, immer sagt: „Es geht nicht!" Wenn Sie in der Lage und bereit gewesen wären, mir die notwendige Summe auf irgend eine Weise zu geben! Ich habe mich nie an eine bestimmte Forderung gebunden. Aber wir stehen doch vor der Tatsache - ich habe das heute schon einmal unwidersprochen vorgetragen -, daß wir, wenn wir nicht zu neuen Lösungen kommen, mit leeren Händen vor unseren Leuten stehen, die wir eingliedern wollen. Es sind ja nicht nur die Bauern, es sind auch die Handwerker und Gewerbetreibenden und andere Berufe. Also man sollte sich das doch einmal in aller Ruhe überlegen. Es wird niemandem etwas Unmögliches zugemutet. Man sollte wirklich diesem Antrag, den wir gestellt haben, die Zustimmung geben.
Hinsichtlich der Abstimmung zu § 26 habe ich mich davon überzeugt, daß der Antrag der SPD zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Abgabe weiter geht als der unsere, und bin daher damit einverstanden, daß über ihn zuerst abgestimmt
wird. Wir müssen auch unseren Antrag insoweit berichtigen, als wir nun nicht mehr Jahresraten von 5 %, sondern Vierteljahresraten von 1,25 % beantragen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache zu 26 a beendet.
Wir kommen nun zur Abstimmung, zunächst über die Änderungsanträge zu § 26. Nach der nicht ganz einfach zu überprürenden Frage des Weitergehens der Anträge glaube ich, Ihnen vorschlagen zu können, in folgender Reihenfolge abzustimmen: zunächst über den Antrag der KPD, Umdruck Nr. 498 Ziffer 8, dann über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 5 a und b, wozu bereits namentliche Abstimmung beantragt ist, dann über den Antrag des Abgeordneten Goetzendorff, Umdruck Nr. 499 Ziffer 5, dann über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kather und Genossen auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 3, worüber auch namentlich abzustimmen ist, dann über den Antrag der Föderalistischen Union, Umdruck Nr. 495 Ziffer 4 und schließlich über den Antrag auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 5 c.
Wir kommen also zunächst zur Abstimmung über den Antrag der KPD auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 8. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 5 a und b. Dazu ist namentliche Abstimmung beantragt.
({0})
- c ist ja wieder eine andere Sache!
({1})
Wir stimmen ab über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 5 a und b.
({2})
- Der Antrag zu Ziffer 5 e ist eigentlich ein besonderer Antrag und bezieht sich auf einen anderen Gegenstand. Darüber können wir nicht zusammen abstimmen.
Wir stimmen also ab über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 5 a und b. Ich bitte die Herren Schriftführer, mit der Einsammlung der Stimmzettel zu beginnen.
({3}) Haben alle Abgeordneten ihre Stimmzettel abgegeben?
({4})
- Die Stimmabgabe ist beendet. Ich mache darauf aufmerksam, dais im Anschluß an diese Abstimmung noch über einen weiteren Änderungsantrag eine namentliche Abstimmung stattfindet; ich bitte also diejenigen Mitglieder des Hauses, die in Ausschüssen tätig sind, noch hier zu bleiben.
({5}) der Abstimmung: Mit Ja haben gestimmt 131, mit Nein 193, enthalten 2. Der Antrag ist abgelehnt. Von den Berliner Mitgliedern haben gestimmt: mit Ja 8, mit Nein 9.
Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über den Antrag Dr. Kather auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 3.
({6}) *) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9120
({7})
- Zur Abstimmung hat das Wort Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bitten um die Zustimmung der Antragsteller dazu, getrennt abzustimmen über diejenigen Anträge, die sich auf das land- und forstwirtschaftliche Vermögen beziehen, und diejenigen Anträge, die sich auf die Mietwohngrundstücke beziehen, d. h. über die Anträge zu Ziffer 2 a - 2 b ist ja keine Änderung - und Ziffer 3 a auf der einen Seite und über die Anträge zu Ziffer 2 c und Ziffer 3 b auf der anderen Seite.
Herr Dr. Kather zur Abstimmung.
Nachdem der Antrag der SPD über das landwirtschaftliche Vermögen, der im wesentlichen mit unserem Antrag identisch ist, mit so großer Mehrheit abgelehnt worden ist, diese Trennung vorgeschlagen ist und daraus zu entnehmen ist, daß die SPD auch gegen den zweiten Antrag stimmen wird, halte ich eine Abstimmung für Zeitverschwendung und ziehe den Antrag zurück mit dem Vorbehalt, ihn evtl. in neuer Formulierung in der dritten Lesung vorzubringen.
({0})
Meine Damen und Herren, nachdem der Antragsteller selber seinen Antrag zurückgezogen hat, kann die Abstimmung nicht stattfinden.
Es liegt dann aber vor der Antrag Goetzendorff auf Umdruck Nr. 499 Ziffer 5. Ich bitte diejenigen, die für diesen Antrag sind, die Hand zu erheben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? Ich bitte um die Gegenprobe. - Das ist die Mehr- Bei einigen Enthaltungen gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Nun kommt der Antrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 495 Ziffer 4. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Dann kommt der Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 5 c. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
({0})
- Enthaltungen?
({1})
- Also ich lasse noch einmal abstimmen. Meine Damen und Herren, das Bild war absolut eindeutig. Ich bitte also diejenigen, die für den Antrag der SPD-Fraktion auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 5 c sind, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. ({2})
Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Damit sind die Abstimmungen zu § 26 beendet.
Wir stimmen jetzt ab über den Antrag Dr. Kather zu § 26 a auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 4. Ich bitte diejenigen, die dafür sind, die Hand zu heben. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nun ab über den Antrag Goetzendorff auf Umdruck Nr. 499 Ziffer 6. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben.
({3})
- Heiterkeit.)
Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe nun auf § 27. Dazu liegen Änderungsanträge nicht vor, Wortmeldungen auch nicht. -Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem § 27 zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf die §§ 28, - 29, - 30. - Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor, auch keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
({4})
- Bitte, Herr Abgeordneter Kriedemann, zur Abstimmung? Zu dieser Abstimmung? Die ist vorbei.
({5})
Ja, das ist richtig.- Ich bitte diejenigen, die § 26
in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen,
die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Enthaltungen? - Angenommen.
§ 31. Dazu liegt ein Änderungsantrag Dr. Kather auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 5 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Zur Begründung Herr Dr. von Golitschek.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Antragstellern erschien es notwendig, eine Ergänzung in § 31 zu beantragen. Der erste Absatz des § 31 legt fest, daß für Kriegssachgeschädigte, für Heimatvertriebene und für Ostgeschädigte auch bei der Erbfolge ein bestimmtes Verfahren gleichmäßig gehandhabt werden soll, während Absatz 2 im Falle der vorweggenommenen Erbfolge nur eine Regelung für Kriegssachschäden vorsieht. Die Unterzeichner beantragen in Umdruck Nr. 496, diesen Abs. 2 dahin zu erweitern, daß er sich nicht nur auf Kriegssachschäden, sondern ebenfalls auf Vertreibungsschäden und Ostschäden bezieht. Ich bitte um ihre Zustimmung.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.
Meine Damen und Herren! Ich muß offen gestehen, daß ich den Sinn des Antrags trotzdem noch nicht verständlich finde. Es ist ja keine Gleichstellung von Vertreibungsschäden schlechthin vorgesehen, sondern nur eine Gleichstellung von Vertreibungsschäden, die an Betriebsvermögen entstanden sind, ganz abgesehen davon, daß das Feststellungsgesetz für die Entschädigungsberechtigung bei Vertreibungsschäden die notwendigen Grundsätze bereits vorsieht. Vielleicht kann noch einmal erläutert werden, warum das in dieser Form beantragt wird.
Das Wort hat Herr Abgeordneter von Golitschek.
Es mag sein, daß der Fall verhältnismäßig selten bei Vertreibungsschäden, bei denen der Erblasser Vertreibungsschäden anzumelden hat, irgendwie zum Zuge kommen wird. Aber ich denke insbesondere an die Gebiete unten im Bayerischen Wald, die durch die Entwicklung nach dem Jahre 1938 nicht zum Sudetenland, sondern zu Bayern geschlagen worden sind, so daß in der Zwischenzeit Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind, die eventuell dazu führen, daß hier eine unterschiedliche Behandlung eintritt, je nachdem, ob der Betreffende einen Vermögensverlust diesseits oder jenseits der Grenze gehabt hat, einen Kriegsverlust in diesem Falle.
({0})
- Das ist ja gleichgestellt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag Dr. Kather und Genossen auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 5 zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, es ist bei der etwas vagen Gemengelage der Stimmen nicht ganz klar festzustellen. Wir müssen einen Hammelsprung machen.
Ich bitte die Herren Schriftführer, ihre Plätze an den Türen einzunehmen. Ich bitte die Mitglieder des Hauses, den Saal bald zu räumen, damit die Zählung schnell beginnen kann.
({0})
Ich bitte, die Türen zu schließen. - Ich bitte, mit der Zählung zu beginnen.
({1})
- Ich bitte um Beschleunigung!
Die Abstimmung ist beendet. Ich bitte, die Türen zu schließen.
Das Ergebnis der Abstimmung: Mit Ja haben gestimmt 143, mit Nein 175; eine Enthaltung. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nun diejenigen, die § 31 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf § 32. Dazu liegt der Änderungsantrag Dr. Reismann auf Umdruck Nr. 506 Ziffer 1 vor. Zur Begründung hat Herr Abgeordneter Dr. Reismann das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den § 32 mit dem § 34 zu vergleichen. Sie werden dann feststellen, daß in Abs. 2 der beiden Paragraphen eine unterschiedliche Behandlung der einheimischen Geschädigten und der Vertriebenen erfolgt. Es heißt in § 32, daß sich bei der Berechnung von Kriegssachschäden an land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, Grundstücken und Betriebsvermögen der Schadensbetrag um den vollen Betrag mindert, um den die Hypothekengewinnabgabe vermindert worden ist, also praktisch um die volle Hypothek, während sich bei den Vertriebenen der Schadensbetrag nur um den halben Reichsmarknennbetrag der festgestellten Verbindlichkeiten ermäßigt. Das verstößt gegen den früher an dieser Stelle verkündeten und vom Hause fast einmütig akzeptierten Grundsatz der Gleichbehandlung der beiden Kategorien der Geschädigten. Noch vor wenigen Wochen ist vom Ausschuß für innere Verwaltung ganz eindeutig der Grundsatz der Gleichberechtigung vorgeschlagen worden, und er ist hier akzeptiert worden. Ich erinnere daran, daß es sich da unter anderem um die Frage der Evakuiertenvergünstigungen bei der freien Bahnfahrt handelt. Das war nur ein Detail; aber es ist damals ausdrücklich hier gesagt worden: Das ist ein Grundsatz und nicht ein Einzelfall.
Man hat sich natürlich im Ausschuß für den Lastenausgleich mit dieser Frage näher befaßt, und es sind dort auch Erwägungen für und gegen gepflogen worden. Ich erinnere daran, daß der Kollege Nöll von der Nahmer es war, der diesen Grundsatz, so wie er jetzt von mir vertreten wird, für absolut erforderlich gehalten hat. Er hat auch außerhalb dieses Hauses diesen Grundsatz mit Recht vertreten. Wenn man die Leitgedanken des Herrn Ausschußvorsitzenden, des Kollegen Kunze, liest, ersieht man daraus, daß selbst diejenigen, die sich zu den gegenwärtigen Vorschlägen entschlossen haben, doch etwas vom bösen Gewissen gequält worden sind. Herr Kollege Kunze sagt in seinen Leitgedanken selbst, daß in gewissen Fällen ein augenfälliges Mißverhältnis entsteht, wenn man diesen Vorschlag akzeptiert. Dabei wird nur übersehen, nicht bloß in gewissen Fällen, sondern immer ergibt sich ein erhebliches Mißverhältnis. Denn man hat an eins nicht gedacht. In der Begründung, die Herr Kunze in seinen Leitgedanken für diesen Vorschlag gibt, heißt es, daß die Heimatvertriebenen das gesamte Vermögen verloren hätten und daß es im Hinblick auf die bescheidene Höhe der möglichen Hauptentschädigung notwendig sei, durch die Halbierung der Schulden einen kleinen Ausgleich zu bewilligen. Dieser kleine Ausgleich ist doch nur zufällig, auch der Höhe nach, und er würde nur diejenigen begünstigen, die Schulden gehabt haben, aber nicht diejenigen, die keine Schulden gehabt haben, insbesondere solche, die keine Hypothekenschulden gehabt haben. Das beweist schon, daß es ein schlechter Trost für die Geschädigten ist, wenn man ihnen hier so flickweise entgegenkommt.
Noch schlimmer aber scheint mir folgendes zu sein. Wenn man hier meint, daß das nur die Vertriebenen treffe, daß sie alles verloren hätten, so ist das gerade ein fundamentaler Irrtum. Die Einheimischen, die durch Hypothekenschulden belastet sind, sind genau so wie die Vertriebenen um alle ihre diesbezügliche Habe gebracht; denn was ihnen verblieben ist, ist ja durch die Resthypotheken in Anspruch genommen, ist also wirtschaftlich nicht ihnen verblieben, sondern den Hypothekengläubigern, eventuell sogar wegen der Grundschulden, die zum Teil dem Staat zugute kommen, dem Staat verblieben. Das hat man offensichtlich bei dieser Regelung übersehen. Das Verbliebene ist nicht den Geschädigten, sondern den Hypothekengläubigern verblieben. Dabei hat man weiter zu beachten, daß gerade die Geschädigten, die Hypotheken hatten, am meisten darunter leiden, daß der Schaden nach dem Einheitswert bemessen wird. Wenn Beleihungen stattgefunden haben, so erreichen diese fast immer die Höhe des Einheitswertes. Darüber hin({0})
aus setzt also erst der Schaden an, den die Geschädigten erlitten haben und für den sie nichts bekommen. Die Erwägungen, die also für die Vertriebenen sprechen, wenn man ihnen nur die halben Schäden anrechnet, treffen genau so gut die einheimischen Geschädigten und müssen deshalb in gleichem Maße den einheimischen Geschädigten zugute gehalten werden.
Ich weise nicht zuletzt auch auf die untragbare psychologische Folge hin. Wir hier im Bundesgebiet behandeln die Vertriebenen als welche von uns, in keinem Punkt schlechter, in vielen Fällen besser, weil wir anerkennen, daß sie es in manchen Dingen schlechter haben als die einheimischen Geschädigten. Da aber, wo die Schäden die gleichen sind, ist es für die Psyche unseres Volkes völlig untragbar, die einheimischen Geschädigten bewußt und systematisch schlechter zu stellen als die andern. Es ist hier viel vom Frieden im Lande gesprochen worden und von der Unruhe, die eine ungerechte Regelung herbeiführt. Hier ist ein Punkt, der in den Augen der einheimischen Geschädigten nicht wiedergutgemacht werden kann, wenn man sie bewußt schlechter stellt als die Vertriebenen.
Ich bitte Sie deswegen, schon jetzt diesem Antrag zuzustimmen und es nicht, wie die Regierungskoalition es wünscht, auf die lange Bank zu schieben. Dann wird nämlich die Sache doch nie erledigt.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Nöll von der Nahmer.
Meine Damen und Herren! Mit dem § 32 müssen wir Probleme erörtern, die mit zu den grundlegendsten und wichtigsten des ganzen Gesetzes gehören. Die Probleme treten im § 268 noch einmal auf; aber wir können vielleicht jetzt schon die grundsätzlichen Fragen erörtern, die im Zusammenhang mit diesen beiden Paragraphen stehen.
Wir haben schon beim Feststellungsgesetz unsere Bedenken gegenüber einer Heranziehung nach den Einheitswerten bei der Entschädigungsseite zum Ausdruck gebracht und haben dort darauf hingewiesen, daß kein Zweifel darüber besteht - nirgends in diesem Hause, bei keiner Fraktion -, daß die Einheitswerte für die Entschädigungszwecke nicht ohne weiteres hingenommen werden können. Der Streit zwischen einer Reihe meiner Parteifreunde und den übrigen Fraktionen bestand aber darin, wie die allgemein als notwendig anerkannte Korrektur vorgenommen werden sollte. Die Entscheidung ist dann so gefallen, wie sie in der Vorlage zum Ausdruck kommt. Man hat allgemein, auch in den Reihen meiner eigenen Fraktion, Bedenken dagegen gehabt, die als notwendig erachtete Anpassung in der Form vorzunehmen, daß man gewisse Zuschläge für die landwirtschaftlichen Einheitswerte und für die Grundvermögen vorsieht, und hat statt dessen in diesem Punkt an der Regierungsvorlage festgehalten.
Die Regierungsvorlage hatte die Korrektur in der Weise vorgesehen, daß lediglich die verschuldeten Vermögen eine entsprechende Korrektur erfahren, indem nämlich nur - wie Sie es jetzt in der Vorlage lesen - die Hälfte der Schulden in gewissem Umfang abgezogen werden sollte. Ich kann nicht verhehlen, daß ich die Lösung, die hier gefunden worden ist, für nicht richtig und nicht glücklich halte, aus dem ganz einfachen Grund, weil der Einheitswert sowohl beim Verschuldeten wie beim Unverschuldeten unzulänglich ist und es an sich nicht einzusehen ist, weshalb diese Korrektur nur vorgenommen werden soll, wenn der Mann verschuldet ist. Es bestand aber im Ausschuß eine absolute Abneigung dagegen, von der Regierungsvorlage abzugehen. Es bleibt mir und meinen Freunden nichts anderes übrig, als uns hier der Mehrheit zu fügen.
Nun kommt das andere Problem, die schon von Herrn Kollegen Reismann angeschnittene Frage der Gleichbehandlung der Kriegssachgeschädigten und der Heimatvertriebenen. Meine Fraktion hat sich bei den Beratungen einmütig auf den Standpunkt gestellt, daß wir grundsätzlich keine verschiedene Behandlung der Kriegssachgeschädigten und der Heimatvertriebenen mitmachen können. Auch diese Frage ist im Ausschuß erörtert worden, und ich habe den Eindruck, daß bei den Diskussionen gewisse Probleme nicht richtig durchdacht worden sind. Sicherlich hat z. B. der alteingesessene ausgebombte Hauseigentümer noch einen gewissen Vermögenswert in Form des verbliebenen Grundstücks behalten, während der Mann aus Königsberg oder Breslau, der ein Haus im gleichen Wert hatte, das ganze Grundstück, das ganze Vermögen, das in dem Haus plus Grundstück bestand, verloren hat. Aber die Tatsache, daß dem Einheimischen noch ein Grundstück geblieben ist, ist nicht das Wesentliche. Das wird j a auch in § 32 durchaus berücksichtigt. Er bekommt ja auf alle Fälle nur eine geringere Entschädigung gegenüber demjenigen, der z. B. in Breslau Haus plus Grundstück verloren hat und für den ganzen Verlust, Haus plus Grundstück, entschädigt werden soll. Der Einheimische bekommt nur für das zerbombte Haus eine Entschädigung, nicht aber für das verbliebene Grundstück. Es steht immer nur der effektiv erlittene Schaden zur Diskussion.
({0})
Da sind wir nun allerdings der Ansicht - und können auch auf Grund unserer Haltung in der Ostschädenfrage zu keinem anderen Ergebnis kommen -, daß jeder Schaden als solcher gleich behandelt werden muß, ohne daß wir sozusagen eine Skala des Elends aufstellen und prüfen, ob die eine Gruppe rein menschlich gesehen noch schwerer betroffen ist als die andere. Nein, wir haben schon bei der Ostschädenfrage sozusagen das „Realprinzip zum Ausdruck gebracht: Der Schaden als solcher soll entschädigt werden, gleichgültig, ob das nun ein Ostschaden, ein Kriegssachschaden oder ein Vertreibungsschaden ist.
Ich darf Sie auf § 36 hinweisen. Die dortige Regelung ist schon aus rein technischen Gründen zwingend. Ich nehme das berühmte Beispiel des Beamten, der 1944 von Breslau nach Köln versetzt worden ist und in Breslau sein Haus verloren hat. Dieser Mann bekommt nach § 36 die Schulden genau so nur mit der Hälfte angerechnet wie der Mann, der das schwere und furchtbare Schicksal der Vertreibung aus Breslau nach 1945 erlitten hat. Es scheint uns nicht gut denkbar, daß bei einem Ostschaden nur die Hälfte der Schulden und andererseits dem einheimischen Kriegssachgeschädigten die Schulden voll abgezogen werden. Meine Freunde sind der Ansicht, daß diese Frage noch einmal geprüft werden muß, da die Regelung, wie sie jetzt vorgesehen ist, nicht richtig ist. Sie ist vor allem auch unlogisch.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Kollegen Dr. Reismann und Genossen, der natürlich eine Ermäßigung der Abgabe zur Folge hätte, berücksichtigt zwei Dinge nicht. In § 34, der gegenübergestellt worden ist, ist von Reichsmarknennbeträgen von Verbindlichkeiten die Rede, die zum Zeitpunkt der Vertreibung bestanden haben und von denen niemand weiß, in welcher Höhe sie bei normaler Entwicklung am Währungsstichtag noch bestanden hätten. In § 32 handelt es sich dagegen um in harter D-Mark ausgedrückte Minderungen von Abgaben, die ebenfalls in harter D-Mark ausgedrückt sind. Es handelt sich also um ganz inkommensurable, ganz unvergleichbare Größen. Ich glaube deshalb, daß die Behauptung, es sei hier eine Verletzung der Gleichstellung von Kriegssachgeschädigten und Vertriebenen festzustellen, künstlich konstruiert ist und daß eine derartige Verletzung in Wirklichkeit nicht vorliegt.
Der Antrag berücksichtigt weiter nicht, daß die Minderungsbeträge der Hypothekengewinnabgabe bereits den gesamten Kriegsschaden eines Grundstücks auf die Hypothekengewinnabgabe übernehmen einschließlich des Anteils, der auf die 1/10Restverbindlichkeiten entfallen würde, und bei gewissen Verbindlichkeiten - Hauszinssteuerabgeltungslasten - sogar 135 % dieser Kriegssachschäden an der Abgabe quotal kürzen. Aus diesem Grunde würde bei Annahme des Antrags nicht nur eine Ermäßigung der Abgabe eintreten, sondern es würde auch ein Unterschied zwischen verschuldetem und nicht verschuldetem kriegssachgeschädigtem Grundbesitz eintreten, der nicht vertretbar wäre. Wir bedauern deshalb, dem Antrag unsere Zustimmung nicht geben zu können.
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Damit ist die Rednerliste zu § 32 erschöpft.
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- Es ist der Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt. Wird dieser Antrag von 50 Mitgliedern des Hauses unterstützt? Ich bitte um ein Handzeichen. - Das sind ohne Zweifel sehr viel weniger als 50 Mitglieder des Hauses.
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Ich kann Ihrem Antrag daher nicht stattgeben.
Wer für den Änderungsantrag Umdruck Nr. 506 Ziffer 1 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe die §§ 33, 34 und 35 auf. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Sind angenommen.
§ 36. Hierzu ist ein Antrag der KPD Umdruck Nr. 498 Ziffer 9 angekündigt.
({2})
- Ohne Begründung! Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir stimmen ab. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrags ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
§ 36 in der Ausschußfassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; § 36 ist in der Ausschußfassung angenommen.
§ 37. Auch hierzu ist ein Änderungsantrag der KPD Umdruck Nr. 498 Ziffer 10 angekündigt. Wird auch hier verzichtet?
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- Keine Wortmeldungen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme des § 37 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! Das erste war die Mehrheit; § 37 ist in der Ausschußfassung angenommen.
§ 38. Hierzu sind eine Reihe von Änderungsanträgen angekündigt. Zunächst Umdruck Nr. 498 Ziffer 11. Verzichten Sie?
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Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben zu § 38 einen Änderungsantrag gestellt, der nach unserer Auffassung den sozialen Bedürfnissen viel mehr entspricht als die Ausschußfassung. Bei einer rein rechnerischen Überlegung müssen wir in der Ausschußfassung die Tatsache feststellen, daß Sie bereit sind, die Kriegsschäden in jeder x-beliebigen Höhe anzurechnen, was sozial nicht gerechtfertigt ist und auch von den Geschädigten selber nicht verstanden werden kann. Wir haben in unserem Antrag eindeutig verlangt, daß bei einem Vermögen, das am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes bis zu 120 000 DM beträgt, die erlittenen Schäden in voller Höhe in Anrechnung gebracht werden und daß bei einem über 120 000 DM hinausgehenden Vermögen keine Anrechnung der Schäden erfolgt. Wir haben diesen Antrag deshalb gestellt, weil wir auch in der Frage der Hauptentschädigung nicht bereit sind, nach oben überhaupt keine Grenze zu ziehen, aber nach unten die Grenze sehr eng zu gestalten. Wir sind der Auffassung: Wer heute bereits wieder über ein Vermögen von über 120 000 DM verfügt, hat bei der allgemeinen Not der Geschädigten kein Anrecht darauf, entschädigt zu werden, wie es die Ausschußvorlage vorsieht, bzw. kein Anrecht darauf, daß die Schäden in Anrechnung gebracht werden.
Wir bitten Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
Der Änderungsantrag Umdruck Nr. 492 Ziffer 6 wird von dem Abgeordneten Paul begründet. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es scheint zu den Sisyphusaufgaben zu gehören, einen Änderungsantrag zum Lastenausgleichsgesetz vertreten zu müssen. Von wenigen rühmlichen Ausnahmen abgesehen, hat die Regierungsmehrheit ihren Plan, keinerlei Änderungen zuzulassen, bisher durchgehalten.
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Ich glaube zu der Feststellung berechtigt zu sein, daß jene, die sich bemühen, dieses Gesetz durch wohlgemeinte und bestens fundierte Anträge zu verbessern, ob des vergeblichen Bemühens in wachsendem Maße verbittert werden.
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Wenn ich es trotzdem unternehme, einen Änderungsantrag zu dem aufgerufenen Paragraphen zu vertreten, so tue ich es deshalb, weil dafür ein besonderer Grund vorliegt. Die vom Ausschuß vorgeschlagene Fassung stellt eine erhebliche Verschlechterung gegenüber der Regierungsvorlage dar. Unser Antrag greift daher die Regierungsvorlage in verbesserter Form wieder auf. Er verfolgt den Zweck, dem Ausgleichsfonds einen Betrag zu retten, der ihm nach der Fassung der Ausschußvorlage zu entgehen droht. Es handelt sich dabei um keine geringe Summe. Der Herr Berichterstatter zu diesem Abschnitt hat in seinem Schriftlichen Bericht festgestellt, daß bei Berücksichtigung der Schäden dem Ausgleichsfonds ein Betrag von 100 Millionen DM verloren geht; das dürfte die niedrigste Schätzung sein.
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Nun ist zweifellos eine Berücksichtigung von Schäden von einem bestimmten Ausmaß und bei einem bestimmten Vermögen berechtigt. Es dreht sich nur darum, die richtige Begrenzung zu finden. Wir sind der Meinung, daß große Schäden bei geringem Vermögen möglichst voll berücksichtigt werden sollten. Wer ein erhebliches Vermögen gerettet hat oder seit der Währungsreform wieder erwerben konnte, besitzt angesichts der Tatsache, daß Millionen alles verloren haben und noch nichts oder nur Unwesentliches wieder erwerben konnten, keinen moralischen Anspruch auf Berücksichtigung erlittener Schäden. Unser Antrag sieht daher in Abs. 2 Ziffer 2 vor, daß bei Vermögen bis 75 000 DM die Ermäßigung bei einer Schadenspunktzahl von 30 mit 3 v. H. der Abgabe beginnt und bei höheren Schadenspunktzahlen derart steigt, daß die Abgabe bei einer Schadenspunktzahl von 400 und mehr wegfällt. In Ziffer 3 wird vorgesehen, daß sich bei Vermögen über 75 000 DM, jedoch weniger als 150 000 DM, die Ermäßigungen nach Nr. 2 bei steigendem Vermögen derart vermindern, daß sich bei Vermögen von 150 000 DM auch bei einer Schadenspunktzahl von 400 und mehr die Abgabe nicht mehr ermäßigt.
Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, die Tendenz unseres Antrags zu würdigen. Er verfolgt den Zweck, die Besitzer kleiner Vermögen zu schonen und trotzdem dem Ausgleichsfonds zu beachtenswert höheren, Dutzende von Millionen betragenden Einnahmen zu verhelfen. Wenn wir den Ausgleichsfonds stärken, haben wir die Möglichkeit, den Bedürftigen vermehrte Hilfe zu bringen.
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Das Wort zur Begründung des Änderungsantrags der Föderalistischen Union Umdruck Nr. 495 Ziffer 5 a und b hat der Abgeordnete Reismann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um mit dem letzten Teil unseres Antrags zu beginnen: es heißt in § 38 Abs. 4 des Entwurfs, daß durch Rechtsverordnung der Ermäßigungstarif nach Abs. 2 zu ändern sei, wenn die durch die Ermäßigung eintretenden Ausfälle den Betrag von 100 Millionen DM jährlich übersteigen. Meine Fraktion ist der Ansicht, daß es unmöglich ist, es einer Regierung als der Exekutive zu überlassen, durch Rechtsverordnung die Sätze zu ändern, die wir heute hier beschließen. Das zu tun, ist eine typische Gesetzgebungsangelegenheit und ist von derart einschneidender Wirkung und so wichtig für das ganze Volk, sowohl
für die Geschädigten als auch für die Aufbringungspflichtigen, insbesondere aber für die Geschädigten, die schon lange auf diese Entschädigungen warten, daß sich das Haus auf gar keinen Fall des Rechts und der Pflicht begeben darf, die Höhe der Berücksichtigung der Schäden zu bestimmen; auf gar keinen Fall darf es die Angelegenheit auf die Regierung abwälzen.
Zu der Berücksichtigung der Höhe der Schäden selbst. Man hat im Gegensatz zu der Möglichkeit, eine einfache, dann vielleicht weniger subtile Regelung zu finden, die weniger spezifiziert alle Einzelheiten berücksichtigt, hier nun einen Weg gewählt, der ziemlich kompliziert ist und auf dem die Berechnung ziemlich kompliziert ist. Deswegen ist es vielen von Ihnen vielleicht auch noch nicht zum Bewußtsein gekommen, daß jemand, der Schäden erlitten hat, die den Restbestand seines Vermögens um weit über 100 % übersteigen, die etwa zwischen 100 und 200 % des gegenwärtigen Bestandes, vom Stichtag 1948 gerechnet, liegen, dann zusätzlich noch bezahlen muß. Wenn z. B. der Schaden, den ein Mann mit einem Stichtag-Vermögen von 12 000 Mark erlitten hat, etwa bis zu 24 000 Mark betragen hat, dann ist er nach dem jetzt vorliegenden Entwurf noch verpflichtet, selber Zahlungen zu leisten. Das erscheint außerordentlich unbillig, wenn man bedenkt, daß die, die alles behalten haben, auf die Dauer von 30 Jahren nur mit wenigen Prozenten von dem Vermögen herangezogen werden, das sie im Laufe der Zeit langsam aufbringen können. Jeder, der Verluste gehabt hat, würde sehr froh sein, wenn es ihm gestattet wäre, statt der Verluste, die er von heute auf morgen plötzlich in einer Brandnacht hatte oder die er durch die Vertreibung von heute auf morgen hatte - wenn er diese Vermögen besessen und behalten hätte -, diese Beträge so langsam im Laufe von 30 Jahren mit 3 oder 4 % aufzubringen.
Diese Saldierung ist für die Geschädigten, die wenigstens noch et was behalten haben, eine Frage von ungeheurer Bedeutung. Man darf es ihnen nicht so erschweren, sich nun wieder auf die eigenen Füße 7a stellen und wieder etwas dazu zu erwerben. Kein Mensch unter- den Geschädigten kann es verstehen, daß man die, die von vornherein mit solchen Verlusten belastet in die Währungsreform gegangen sind, jetzt noch zusätzlich mit Abgaben belastet, so daß sie in der Folge bedeutend höher herangezogen werden als die, die keine Schäden erlitten haben.
Meine Freunde und ich, die wir den Antrag unterzeichnet haben, haben sich nun überlegt, wie man dem am besten abhilft. Ich habe Verständnis dafür, wenn man bei einem Vermögen von größerem Volumen, das erhalten geblieben ist, davon absieht, dem in vollem Maße Rechnung zu tragen. Aber bei den kleineren Vermögen kann man das nicht. Da ist absolut erforderlich, vorzusorgen, daß einer, wenn er mehr als die Hälfte verloren hat, nicht noch zusätzlich jetzt Abgaben zum Lastenausgleich bezahlen muß. Wir glauben, dem kann man am besten dadurch Rechnung tragen, wenn man sich an das nun einmal hier gewählte System anschließt, daß man aber die Prozentsätze des § 38 Abs. 2 in der Ziffer 2 entsprechend ändert.
Eine solche Änderung schlagen wir Ihnen nur für die drei unteren Stufen vor. Das heißt: Für die Vermögen bis zu 50 000 DM setzen wir an die Stelle von 1/4 v. H. des der Abgabe unterliegenden Vermögens 1/2 v. H.; und da, wo es bisher 1/5 v. H. heißt, muß es 1/4 v. H. heißen, statt 1/6 nun 1/5({0})
Bei Vermögen von 100 100 bis 120 000 DM muß es
v. H. heißen, und dann ist der Betrag der Tabelle des Entwurfs wieder eingeholt. Auf solche Art und Weise wird vermieden, daß die Geschädigten, die mehr als die Hälfte ihres Vermögens verloren haben, jetzt selber noch einmal herangezogen werden. Das Gegenteil wäre eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die dem Gesetz zum Lastenausgleich die Berechtigung, diesen Namen zu führen, völlig nehmen würde.
Es sei mir in diesem Zusammenhang ein Wort zu der Methode gestattet, nun alle Anträge en bloc zu vertagen. Wenn man so weiter verfährt, meine sehr verehrten Damen und Herren, können wir die Beratungen einfach einstellen. Dann hat die Sache überhaupt keinen Zweck. So wird eine echte parlamentarische Erörterung und Debatte abgeschnitten, und zwar nach meiner Meinung sehr zum Schaden des parlamentarischen Gedankens überhaupt. So kann man natürlich einen Ausschuß mit einer Art von Blankovollmacht versehen. Wenn die Methode einreißt, können wir überhaupt die Ausschüsse beschließen lassen und treten nur noch zum Zwecke der Abstimmung hier zusammen. Wie das Ergebnis ausfällt, das wissen wir ja von vornherein, weil ja sowohl im Ausschuß als auch im Hause die Mehrheiten - Regierungskoalition und Opposition - klar sind.
Ich bitte Sie deswegen dringend, von dieser Methode abzulassen. Vergessen Sie bitte nicht, meine Damen und Herren, daß es sich hier nicht um ein Verfahren bloß für unser Haus handelt, sondern daß die deutsche Öffentlichkeit von uns eine echte Auseinandersetzung über die Frage erwartet und nicht das Funktionieren einer Abstimmungsmaschine.
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Das Wort hat der Abgeordnete Farke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade der § 38 wird am deutlichsten zeigen, wie hypothetisch manche Regelungen getroffen werden mußten und wie notwendig es ist, erst einmal Erfahrungen zu sammeln, um dann durch eine Novelle zu einer richtigen Regelung zu kommen.
Um was geht es im 38? - Um eines der wichtigsten Probleme, nämlich um die Berücksichtigung von Kriegsschäden, um die Saldierung. Es ist richtig, daß die Betriebsinhaber, die große Kriegsschäden erlitten haben, die bis zu 400 und 500 % gehen, oder daß die Hausbesitzer, deren Schäden ebenfalls zu solch hohen Prozentsätzen gehen, es nicht verstehen können, daß sie 400 bis 500 % verloren haben - oder anders ausgedrückt: vom Gesamtwert aus 80 % ihres bisherigen Besitzes - und nun noch mit einer 50 %igen Abgabe des Restes herangezogen werden sollen.
Wenn wir das so regeln, dann ist es aber doch wohl selbstverständlich, daß wir bei dieser Regelung, die eine ungeheure Ungerechtigkeit in sich birgt, den Kriegsschaden berücksichtigen. Wenn ich heute einen Betrieb habe, der einen Betriebswert von 100 000 DM darstellt und keinerlei Schäden erlitten hat, so ist es berechtigt - und so bestimmt es auch das Gesetz -, daß ich davon eine 50 %ige Abgabe leiste. Daneben habe ich nun aber einen
Betrieb, der jetzt auch einen Betriebswert von 100 000 DM darstellt, der aber 400°A verloren hat, also vorher einen Betriebswert von 500 000 DM darstellte. Dieser Betrieb muß jetzt von den 100 000 DM, die er in seinem Wert noch darstellt, ebenso wie der andere, der nicht von einem Schaden betroffen war, die Hälfte, nämlich 50 000 DM, abgeben, so daß er im ganzen 450 000 DM gleich 90 % abgegeben hat und der andere 50 000 DM gleich 50N, ein unverhältnismäßiger Unterschied, eine Ungerechtigkeit, die sehr schwer zu tragen ist. Da wir aber von dem Stichtag-Vermögen ausgehen, sind wir gezwungen, das vorhandene Vermögen zu belasten; wir sind aber auch gezwungen, die Schäden zu berücksichtigen.
Der SPD-Antrag geht wieder auf die erste Fassung der Regierungsvorlage zurück. Ich möchte hierzu sagen, daß wir im Ausschuß gegen diese Regelung sehr viel einzuwenden hatten und lange miteinander gerungen haben, sie zu ändern, aber praktisch damit noch nicht zum Abschluß gekommen sind und daß die Mehrheit vorläufig diese Regelung, wie wir sie jetzt im § 38 haben, beschlossen hat. Es ist damals festgestellt worden - und ich habe das durch besondere Erhebungen untersuchen lassen, durch Enqueten -, daß die damalige Regelung etwa 30 bis 40 Millionen DM erforderte. Es ist aber vom ersten Tage an gesagt worden - ich möchte die Ausschußmitglieder darauf aufmerksam machen, sie wissen das; es ist heute sehr viel Falsches in dieser Beziehung gesagt worden, auch gestern schon -, daß für die Saldierung, die Berücksichtigung der Kriegsschäden, 100 Millionen DM einkalkuliert wurden, die nicht irgendwie in die Abgabeeinnahmen - in die Bilanz - eingerechnet waren. Diese 100 Millionen DM haben niemals dazugehört.
Es ist doch ein wenig gefährlich - ich weiß nicht, ob es aus Unbedachtsamkeit gekommen ist oder aus Absicht -, wenn man hier erklärt - und zwar haben dies mehrere Redner der Opposition getan -, daß wir für die Schadensberücksichtigung 100 Millionen dem Aufkommen aus dem Lastenausgleich entzögen. Das ist nicht der Fall. Wir haben schon lange vor der Behandlung des Lastenausgleichsgesetzes im Bundestag darüber verhandelt und haben einen Plafond in Rechnung gestellt - ich möchte das noch einmal unterstreichen -, und es sind dafür von vornherein 100 Millionen DM einkalkuliert worden, die niemals in der Bilanz des Aufkommens erschienen sind. Ich glaube, es ist gegenüber diesen Geschädigten, die Abgabepflichtige sind, doch wohl eine verschwindend kleine Summe, die in das Aufkommen nicht hineingehört, die ihnen als Entschädigung zugebilligt wird.
Nun möchte ich aber noch einem falschen Vergleich entgegentreten. Auch der kam heute mehrfach zum Ausdruck. Die kriegsgeschädigten Betriebe oder die kriegsgeschädigten Vermögensinhaber wurden in Vergleich gesetzt mit den Vertriebenen, die alles verloren haben, zu denen auch ich gehöre. Da möchte ich Ihnen aber sagen, daß man diesen Vergleich mit dem besten Willen nicht führen kann. Die beiden Gruppen gehören nicht zusammen. Die Abgabeverpflichteten gehören zusammen; denn die kriegsgeschädigten Betriebe oder kriegsgeschädigten Vermögensinhaber müssen ja eine Abgabe leisten, und man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Ich kann nur Vermögensinhaber vergleichen, die abgeben müssen; der andere Vergleich gehört nicht hierher. Das muß einmal deutlich gesagt werden.
({0})
Nun ist dagegen polemisiert worden - und ich kann das von der Oppositionsseite verstehen; das kommt aus ihrer politischen Diktion heraus, die ich ihr nicht übelnehme, aber wir können dieser sozialistischen Diktion nicht folgen -, daß große Zahlen oder große Vermögen genannt werden. Es geht hier aber nicht um große Vermögen, sondern es geht hier um Betriebe, die kriegsgeschädigt sind, in denen Menschen arbeiten, die aber heute noch nicht so weit sind, daß sie wieder im früheren Ausmaß Menschen Arbeit geben können. Wenn ich sie nun noch abgabenmäßig so behandle wie die andern, dann bringe ich sie noch einmal in Bedrängnis, indirekt aber diejenigen, die dort Arbeit und Brot fnden, die Menschen, die in Arbeit stehen. Es kann sogar sein, daß sich ein Restbetrieb mit einem Betriebswert von 50 000 DM wesentlich besser steht als beispielsweise ein Betrieb mit einem Betriebswert von 500 000 DM. Dieser Unterschied darf nicht gemacht werden; denn es geht hier um Betriebe, in denen Menschen arbeiten. Es geht nicht um Vermögen, das jemand in Tausendmarkscheinen in der Tasche hat.
({1})
- Nein! Auf diesen Zwischenruf kann ich mit dem besten Willen nicht antworten.
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Es geht um Betriebe Herr Seuffert! Ob dieselben klein oder groß sind, ist gleich. Wenn der Betrieb groß ist, hat er viele Arbeitnehmer; die sind mir wichtig, und hoffentlich Ihnen auch, und ich glaube, daß uns das allen in erster Linie wichtig sein muß. Es ist also falsch und entspringt nur einer politischsozialistischen Diktion, wenn hier vor der großen Zahl bange gemacht wird.
Und nun die Regelung, wie sie hier getroffen ist. Wir haben bei den Hundertsätzen der Schadensberücksichtigung eine innere Degression verfolgt. Nach dieser inneren Degression gemäß einer Enquete,
({3})
die sehr gewissenhaft durchgeführt worden ist,
({4})
ist festgestellt worden, daß von dem Plafond von 100 Millionen etwa 40 Millionen gebraucht werden, der 100-Millionen-Plafond also gar nicht ausgenutzt wird. Würde man beispielsweise nach derselben Enquete generell ein Viertel vom Hundert als Entschädigungssatz ansetzen, würde man nach der Enquete auf 60 Millionen kommen. Die Regierungsvertreter haben uns demgegenüber im Ausschuß gesagt: Nein, die 100 Millionen würden nach ihren Hundertsätzen restlos gebraucht werden. Ich kann nicht mit aller Konsequenz behaupten, daß meine Aufstellung oder die Grundlagen der Enquete absolut richtig sind.
({5})
- Nein, Herr Kriedemann, gestatten Sie, daß ich sehr, sehr vorsichtig bin!
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Aber ebenso kann die Regierung nicht behaupten, daß ihre Aufstellungen absolut richtig sind.
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- Behaupten kann sie es, aber sie hat es in diesem Falle nicht getan. Seien Sie ganz friedlich! Das haben Sie selbst erlebt. - Man kann also hier absolut nicht sagen, hier würden 100 Millionen gebraucht. Hier stehen sich verschiedene Feststellungen gegenüber, und da gibt es nur einen Ausweg: man ließe erst einmal dieses System laufen, um dann - das wird sich sehr bald herausstellen - auf Grund der praktischen Erfahrungen festzustellen, ob nun diese 100 Millionen, die von vornherein dafür festgesetzt waren - ich betone das immer wieder -, die keinen Verlust an Aufkommen bedeuten, - ({8})
- Verzeihen Sie, die sind niemals in das Aufkommen einkalkuliert worden!
({9})
- Nein, im Ausschuß nicht und auch in der Koalition nicht! Sehen Sie die Bilanz nach, die aufgestellt ist! - Also: es wird dann festgestellt werden, ob diese 100 Millionen ausgenutzt werden oder nicht. Und ich habe jetzt im Namen der Koalition, Herr Kriedemann, zu erklären,
({10})
daß wir vorläufig, weil wir hier eine hypothetische Regelung haben, gewillt sind, diesen Plafond auszunutzen. Auch die Regelung, die die FU vorschlägt, wird an dem ganzen Charakter nichts ändern und keine Verbesserung bringen: sie bedeutet auch nur für einen Teil der Betroffenen eine kleine Verbesserung; es geht hier aber um die generelle Gerechtigkeit für die kriegsgeschädigten Abgabepflichtigen. Wir sind aber gewillt, diesen von vornherein vorgesehenen Plafond von 100 Millionen auszunutzen. Sobald die Erfahrung zeigt, daß er nicht ausgenutzt wird, werden wir den jetzigen Ermäßigungssatz bis zur Ausnutzung des Plafonds unter Einbeziehung von Schäden, die in diesem Gesetze noch keine Berücksichtigung gefunden haben, erhöhen.
Gerade bei diesem § 38 ist es wohl am deutlichsten geworden, daß viele Regelungen absolut hypothetischen Charakter haben müssen und wir auch durch Änderungsanträge nichts verbessern oder, sagen wir besser: endgültig gestalten können. Hier brauchen wir die praktische Erfahrung. Und von der Koalition aus kann ich hier erklären: Wir werden in diesem Falle eine der ersten Novellen einbringen, um eine gerechte Lösung endgültig zu schaffen.
({11})
- Auch wenn Sie lachen, Herr Kriedemann, auch wenn Sie widersprechen!
({12})
Ich bitte im Namen der Koalition, die Anträge der SPD und ebenso den Antrag der FU abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Farke hat schon recht: das ist ein sehr entscheidender Punkt im Gesetz! Ich muß mich allerdings über einiges wundern. Wir verteidigen hier als Opposition eine Re({0})
gierungsvorlage! Was sagt denn die Regierung zu ihrer Vorlage? Soll es eigentlich immer so bleiben, daß die Regierung bei der Beratung dieses Gesetzes in dieser Weise vertreten ist und, soweit sie überhaupt vertreten ist, in dieser schweigsamen Weise vertreten ist?
({1})
Wir haben hier eine Regierungsvorlage, und ich glaube, die Regierung hätte uns etwas darüber zu sagen, warum sie diese Vorlage gemacht hat.
({2})
Ich wundere mich auch, wo die Stellungnahme der Geschädigten und Vertriebenen ist. Ich wundere mich, wo die Stellungnahme derjenigen Leute ist, die doch hoffentlich
({3})
- eben, darauf möchte ich zurückkommen! - nicht nur jene Geschädigten und Vertriebenen vertreten, welche noch Vermögen in großem Umfange zurückbehalten haben. Denn, Herr Kollege Farke, es war eine sehr interessante und sehr aufschlußreiche Erklärung, wenn Sie gesagt haben, Abgabepflichtige auf der einen und Geschädigte auf der andern Seite seien Äpfel und Birnen, die man nicht miteinander vergleichen könne. Herr Kollege Farke, Geschädigte sind Geschädigte, und es ist nicht so, daß die Geschädigten, die noch Vermögen zurückbehalten haben - und wir sprechen hier ja von Vermögen über 150 000 DM, von Vermögen von 500 000 DM und von mehreren Millionen -, Äpfel sind und die anderen Geschädigten Birnen.
({4})
- Darum handelt es sich nicht? - Sie müssen zunächst einmal die Geschädigten miteinander vergleichen und können nicht sagen: die Abgabepflichtigen - diejenigen, die Vermögen haben - sind eine Kategorie; mit der kann man niemand anders vergleichen.
Herr Kollege Farke, Sie haben einige, ich muß schon sagen, belustigende Ausführungen darüber gemacht, ob diese hundert Millionen, von denen da die Rede ist, zur Abgabe und zur Bilanz gehören oder nicht. Daß die hundert Millionen bei der Bilanzberechnung abgezogen worden sind, ist richtig. Aber nebenbei waren das hundert Millionen, die berechnet worden sind für den Regierungsentwurf und für unseren Antrag und nicht für die Anträge, die hier im Gesetz stehen.
({5})
- Die hundert Millionen waren für unseren Entwurf berechnet.
({6})
- Auf den Plafond werde ich zu sprechen kommen. - Jedenfalls steht es nirgends geschrieben, daß die Bilanz des Lastenausgleichs auf 2,1 oder 2,2 Milliarden DM im Gesetz beschränkt ist. Was man davon abzieht, geht von der Bilanz ab. Das ist klar und deutlich.
Aber ich will Ihnen noch einmal sagen, Herr Farke: diese Unterschiede zwischen Abgabepflichtigen, die vielleicht auch Schäden erlitten haben, und Geschädigten, die kein Vermögen mehr übrig haben, die sollten Sie etwas klarer durchdenken; und dazu möchte ich gern auch einmal die Vertreter der Vertriebenen wirklich hören. Denn was ist denn hier? Sind Sie sich eigentlich klar darüber, was Sie hier machen?
Ich greife einen Fall heraus, und zwar absichtlich keinen krassen Fall; man könnte noch viel krassere Fälle konstruieren. Ich greife einen Mann heraus mit 400 000 DM abgabepflichtigem Vermögen. Ich nehme an, daß er das Doppelte verloren hat. Schadenspunktzahl: 200 %. Er hat 800 000 DM verloren, und er bekommt dafür durch Minderung seiner Abgabe als Entschädigung sofort 80 000 DM.
({7})
- Und wenn er die Abgabe heute ablöst und wenn er die Abgabe heute berechnet?
({8}) Die Abgabe wird um 80 000 DM gemindert. Wann können Sie und in welcher Höhe können Sie bei jemanden, der 800 000 DM verloren hat, eine solche Entschädigung auszahlen? - Sehen Sie, das sind nicht Äpfel und Birnen, sondern das sind Geschädigte und Geschädigte, und gegen diesen Unterschied zwischen Geschädigten mit Restvermögen und Geschädigten ohne Restvermögen, gegen diesen Unterschied in dieser Höhe wenden wir uns.
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- Ach nein! Steht denn darin, daß es um Betriebe geht?
({10})
- Ach nein: „nur Betriebe können Kriegsgeschädigte sein"? Das wollen wir mal den kriegsgeschädigten Hausbesitzern erzählen! Für die Hausbesitzer ist ja bei unseren Anträgen, die bis zu 150 000 DM gehen, reichlich gesorgt. Sprechen Sie von den Betrieben, gut; aber sehen Sie sich einmal die D-Mark-Bilanzen an und sehen Sie sich das an, was heute in diesem Hause schon festgestellt worden ist: daß die Kriegsschäden der Betriebe inzwischen aufgeholt sind und vorher schon aufgeholt waren.
Aber, Herr Farke, glauben Sie denn wirklich, daß jemand ein Verständnis dafür hat, daß ein Mann mit einem Vermögen von 200 000, 300 000, 400 000 DM und noch mehr, bis in die Millionen - Sie haben keine Begrenzung nach oben hin vorgesehen - überhaupt noch einem wirklich Geschädigten, einem Totalgeschädigten, einem Heimatvertriebenen sagen kann: „Bei diesem Vermögen beanspruche ich noch eine Ermäßigung, weil ich den und den Schaden gehabt habe, weil ich früher noch mehr Vermögen gehabt habe!"? Meine Damen und Herren, es ist nicht sehr schlimm, von zwei Millionen eine zu verlieren; es ist weitaus schlimmer, von 50 000 Mark 10 000 Mark zu verlieren. Das machen Sie einmal den Leuten klar, daß bei diesem Vermögen, unbegrenzt in der Höhe, ein Anspruch auf Ermäßigung der Abgabe überhaupt noch gerechtfertigt ist. Keiner dieser Betriebe, Herr Kollege Farke, das wage ich auszusprechen, ist heute nicht lebensfähig oder wäre nicht lebensfähig, wenn diese Ermäßigung nicht in Anspruch genommen wird.
Nun noch ein Wort zu Abs.4, zu dem „Plafond", wie Sie ihn freundlicherweise nennen, Herr Farke. Die Föderalistische Union hat beantragt, diesen Abs. 4 als unsinnig zu streichen. Ich muß sagen, daß es außerordentlich schwer fällt, diesem Antrag
({11})
entgegenzutreten; denn dieser Abs. 4 ist wirklich eine undurchführbare, in einem Gesetz geradezu deplacierte Bestimmung und ist eine Augenauswischerei. Ganz abgesehen davon, daß Sie ja gar nicht die Rechenmaschinen erfinden können, die feststellen, ob die Ermäßigungen auf Grund dieser Bestimmung hundert Millionen DM jährlich oder so etwas erreichen, werden Sie niemals, wenn einmal die Ermäßigungen gewährt sind, das in den Lastenausgleich zurückholen können, was Ihnen da verlorengegangen ist. Oder wollen Sie das vielleicht nachzahlen lassen? Liegt das im Interesse der Wirtschaft?
Trotzdem, meine Damen und Herren, trotz dieser unmöglichen Form des Abs. 4 können wir dem Antrag nicht zustimmen, denn sie bietet immerhin noch die letzte, wenn auch verzweifelte Möglichkeit, daß man sich auf den Unfug dieser Gesetzesfassung eines Tages noch einmal besinnt.
Ich weiß nicht, ob eine Stellungnahme der Geschädigten, die nicht an solchen Dingen hier interessiert sind, inzwischen angekündigt worden ist. Ich weiß auch nicht, ob eine Stellungnahme der Regierung angekündigt ist. Aber ich möchte doch hoffen, daß die Antwort auf diesen Standpunkt: „Leute, die Vermögen haben, sind Äpfel, und Leute, die geschädigt worden sind, sind Birnen!",
({12})
einmal richtig gegeben wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reismann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verstehe nicht ganz, wie Herr Abgeordneter Farke auf der einen Seite zugeben kann, daß es sich bei diesem Entwurf um eine große Ungerechtigkeit handelt, und diese, wie er sagt, provisorisch hinnehmen will in der Hoffnung, daß sie demnächst geändert wird, während er gleichzeitig sagt, von dem Plafond der 100 Millionen DM gehe er unter gar keinen Umständen herunter. Wenn, was ich billige, seine Ansicht richtig ist, daß es sich um eine große Ungerechtigkeit handle, die Leute mit d'en großen Verlusten noch zahlen zu lassen, dann muß man auch grundsätzlich dagegenstehen und darf nicht sagen: die Ungerechtigkeit interessiert mich nicht mehr, wenn dabei ein Fehlbetrag von 100 Millionen DM und mehr herauskommt. So geht das nicht.
Durch die Reden, die hier gehalten worden sind, ist der Eindruck aufgekommen, es handele sich bei dem Lastenausgleichsgesetz eigentlich um eine Angelegenheit unter Millionären. Man spricht von 1 und 2 Millionen, man spricht von 100 000 und von 50 000 DM. Was uns bewegt, ist aber nicht ein Betrag in solcher Höhe. Denn es ist ganz richtig gesagt worden, wenn einer 2 Millionen gehabt hat und noch 1 Million hat, könnte man über seinen Verlust zur Tagesordnung übergehen.
({0})
- Darum geht es nicht. Ich wende mich gegen die Erwähnung der hohen Zahlen. Dadurch entsteht ein völlig falscher Eindruck.
Es geht doch in Wirklichkeit darum, daß Leute, die ein kleines Anwesen mit einem Einheitswert von 25 000 bis 30 000 DM gehabt, die Reste davon stehenbehalten haben und jetzt mit einem Einheitswert von, sagen wir, 12 000 DM geschätzt worden sind, dasjenige, was sie vor der Währungsreform mit geliehenem Geld wieder hergerichtet
haben, jetzt mit dem neu geschätzten Einheitswert,
der höher ist als früher, angerechnet bekommen
und dafür bezahlen müssen, weil es am Währungsstichtag bestanden hat. Die haben nur einen
Bruchteil ihres Anwesens wieder hergerichtet und
später mit hohen Hypothekenzinsen weitergebaut.
({1})
- Nicht so eifrig„ Herr Kollege Schütz; Sie müssen dem, was ich sage, zuhören. Das ist das beste. -Weil diese Leute hinterher Hypotheken zu hohen Zinsen aufgenommen haben, ist es ihnen gar nicht möglich, für das bißchen, das stehengeblieben ist, auch noch hohe Abgaben zu zahlen.
({2})
- Natürlich müssen sie das. Denn nach der Tabelle, die Sie in § 38 vorgelegt haben, ist es doch so, daß jemand, der 12 000 DM behalten und 20 000 DM verloren hat, noch weiter abgabepflichtig ist, weil die Saldierung ihn trotz seines hohen Schadens vor der Abgabe nicht schützt.
In welchem Maße sind denn gerade Geschäftsleute dadurch gehandicapt, daß die Konkurrenz unbelastet ist, während sie selber mit den hohen Wiederaufbaukosten nach der Währungsreform rechnen müssen, die sie zu verzinsen und zu amortisieren haben! Es sind kleine und mittlere Existenzen, um die es geht. Ich bitte Sie, nicht zu übersehen, daß es sich hier um Existenzfragen handelt, nicht um die Frage, ob jemand von 1 Million 500 000 DM oder von 50 000 DM 10 000 DM verloren hat. Es geht um ein Mehrfaches. Es geht um die Geschädigten, die mehr als 100 % ihres jetzigen Vermögens verloren haben, und da vor allen Dingen wiederum um die kleinen Geschädigten mit den kleinen Restvermögen. Deswegen haben wir unseren Änderungsantrag im Rahmen des Erreichbaren gehalten.
Unser Antrag verlangt bezüglich des § 38 Abs. 7 Ziffer 2 doch nur in den unteren vier Stufen eine Änderung, während es hinsichtlich der großen Vermögen ruhig bei dem bewenden kann, was die Vorlage vorsieht. Ich bitte Sie dringend, diesen Bedenken Rechnung zu tragen. Es ist eine der größten Ungerechtigkeiten dieses Gesetzes, abgesehen von der geringen Entschädigung, daß man gerade die Geschädigten selber noch aufbringen läßt. Wir haben hinsichtlich der aufbringungspflichtigen und der in Anspruch genommenen Vermögen sorgfältig überlegt, wer in Anspruch genommen werden kann und was man freistellen muß. Aber in allererster Linie sollte man doch dafür Sorge tragen, daß diejenigen, die den Schaden schon gehabt haben, einen Schaden, der höher ist als das, was von den Ungeschädigten in Anspruch genommen wird, nicht noch zusätzlich durch dieses Gesetz geschädigt werden. Ich habe kein Verständnis dafür, daß man das nicht einsehen will. Es handelt sich um eine Frage der fundamentalsten Gerechtigkeit, die man nicht vertagen kann. Bei dieser Gelegenheit äußert sich die Stellungnahme jedes einzelnen Abgeordneten zu der Frage der Gerechtigkeit selber. Das kann man nicht durch Vertagung aus der Welt schaffen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, daß die Differenzen, die hier bestehen, verwischt und andererseits unnötig dramatisiert werden. Wir sind uns
({0})
darüber einig, daß wir einen Ausgleich gewähren wollen. Die Regierungsvorlage hat das vorgesehen; die SPD wiederholt diese Regierungsvorlage in ihrem Antrag, und wir wollen in dem Ausschußantrag eine solche Berücksichtigung der Kriegsschäden vornehmen. Die Differenz taucht erst dort auf, wo wir eine Begrenzung nach oben durchführen wollen. Es kommt nicht darauf an, Herr Reismann - das ist gar kein Streit -, daß wir den kleinen Vermögen eine Anrechnung von Kriegsschäden gewähren wollen. Der Unterschied liegt nur darin: wo setzen wir die Grenze?
({1})
Der Regierungs- und der SPD-Vorschlag ziehen die Grenze praktisch bei 75 000 DM erhaltengebliebenem Vermögen. Es geht zwar bis 150 000 DM. Aber die Kurve geht j a so weit herunter, daß sie bei 150 000 DM auf null kommt. Nach diesem Regierungsvorschlag käme also praktisch nur ein erhaltengebliebenes Vermögen von 75 000 DM in den Genuß einer Anrechnung. Nach unserer Meinung ist das ungerecht. Es gibt sehr viele Fälle, in denen auch größeres erhalten gebliebenes Vermögen bei großem Schaden in den Genuß einer Vergünstigung kommen muß. Nur ein sehr großer Schadensprozentsatz kommt überhaupt zum Zuge, nicht die kleinen Schäden von 25 oder 30 % des zurückgebliebenen Vermögens. Darin liegt die Differenz zwischen den beiden Auffassungen.
({2})
Ich kann der Argumentation nicht beipflichten, daß man bei einem größeren Vermögen, das teilweise erhalten geblieben ist, aber einen sehr großen Schaden erlitten hat - es gibt Fälle, in denen von 2 Millionen vielleicht noch 400 000 DM übriggeblieben sind -, diesen Geschädigten die Anrechnung versagen will.
Ich stimme mit Ihnen absolut überein, daß man nicht den hier erwähnten Unterschied „Äpfel und Birnen" machen kann; aber auch die Vergleiche, die Sie gezogen haben, kann man nicht einseitig machen. Denn bei unseren Arbeiten am Lastenausgleichsgesetz haben wir immer vor der Frage gestanden: mit wem vergleichen wir? Vergleichen wir mit dem, der alles behalten hat, oder vergleichen wir mit dem, der alles verloren hat? Wir mußten daraus eine Mitte ziehen. Wir konnten den Vergleich nicht einseitig nach der einen oder andern Seite vornehmen. Wir mußten also eine Mitte ziehen, und das haben wir versucht, hier zu tun. Wir haben das Ausmaß der Anrechnung stark sinken lassen, bis zu 1/15 %, wie Sie aus der Tabelle ersehen. Wir haben also den sozialen Gedanken durchaus bejaht, daß die kleinen Vermögensschäden bei der Entschädigung stärker berücksichtigt werden. Aber wir müssen auch bei einem größeren erhalten gebliebenen Vermögen diese Vergünstigung gewähren.
Ich muß die Behauptung von Herrn Seuffert bestreiten, daß es kein größeres Unternehmen gebe, das die Kriegsschäden noch nicht überwunden habe. So ähnlich hat er sich soeben hier ausgedrückt. Im Gegenteil, es gibt eine Reihe von größeren Betrieben, die noch stark nachhinken und gar nicht ins Rollen kommen können. Es gibt Betriebe, die bei der Währungsreform zwar ein Vermögen von einem Viertel oder einem Drittel ihres früheren Vermögens gehabt haben, deren Restvermögen sich aber so unglücklich zusammengesetzt hat, daß ein Arbeitsbeginn damit nicht oder nur unter sehr
großen Schwierigkeiten möglich war. Diese Fälle sollen getroffen werden. Ein großer Teil der anderen Fälle wird schon dadurch ausgeschaltet, daß viele Betriebe die D-Mark-Werte, die ja der Berechnung zugrunde liegen, neu festgesetzt haben. Dann liegt der Wert sehr hoch, und der Schaden ist sehr gering. Ein solcher Betrieb kommt wahrscheinlich gar nicht in den Genuß irgendeines der Punkte aus dieser Tabelle.
Wir halten also unseren Antrag durchaus für gerecht und angemessen. Das soziale Moment ist berücksichtigt. Es sind aber auch die Kreise berücksichtigt, die durch die Härte ihres Verlustes ebenso stark und vielleicht noch stärker betroffen sind und denen man eine Hilfe unbedingt zugestehen muß.
({3})
Damit ist die Rednerliste zu § 38 erschöpft. - Ich scheine mich getäuscht zu haben. Herr Abgeordneter Seuffert meldet sich zum Wort. Ich erteile es ihm.
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich habe heute schon einmal gesagt,
daß wir mit den wirtschaftlichen Sachverständigen
auf diesem Gebiete nicht konkurrieren können. Der
Herr Kollege Dr. Atzenroth hat es mit erfrischender
Deutlichkeit gesagt: bei den kleinen Vermögen sind
wir ja einig. Das sind wir. Es handelt sich ganz
einfach um die Frage, ob angesichts der Anforderungen, die an den Lastenausgleich gestellt werden
müssen, und gegenüber den Ansprüchen der Vertriebenen und der Geschädigten ein Mann mit
einem Vermögen von über 150 000 DM, das ihm
verblieben ist - wir haben diese Grenze von
150 000 DM mit dem Regierungsentwurf in unserem
Antrag sehr weitherzig gezogen -, noch beanspruchen kann, daß seine Abgabe ermäßigt wird.
({0})
Um diese Frage handelt es sich. Diese Frage halten wir allerdings für so klar und deutlich und für so wichtig, daß wir um namentliche Abstimmung bitten.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Farke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Seuffert hat erklärt, praktisch seien nun ohne Begrenzung nach oben alle Vermögen bei der Saldierung berücksichtigt. Ich möchte dazu sagen - das wissen Sie auch -, daß wir die Begrenzung in der inneren Degression durch Minderung der Prozentsätze und zweitens auch in der Begrenzung der Gesamtprozentsätze haben. Sie können also nicht sagen, es sei keine Begrenzung da.
Nun möchte Herr Kollege Dr. Reismann die 100Millionen-Grenze gestrichen haben. Dahin geht ja sein Antrag. Das möchten wir nicht, weil, wenn die 100-Millionen-Grenze überschritten wird, tatsächlich das eintreten könnte, was hier befürchtet wird, daß dem Aufkommen etwas genommen werden könnte. Die Faktoren sind eben unsicher; von der einen Seite kann man es nicht absolut sagen, auch nicht von der andern Seite. Die Erfahrung muß jetzt erst zeigen, was richtig ist. Darum muß die Grenze nach oben gesetzt werden. Aber sie muß auch so gehandhabt werden, daß dieser Plafond, der nun einmal dafür angesetzt ist, um Ungerechtigkeiten einigermaßen auszugleichen, ausgenutzt wird.
({0})
Ich wiederhole, daß wir beiden Anträgen nicht zustimmen können und daß diese Frage erst in einer auf Grund der Erfahrungen der Praxis zu schaffenden Novelle gelöst werden kann.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Namentliche Abstimmung ist für den Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 6 beantragt.
({0})
Für den Antrag auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 11 ist keine namentliche Abstimmung beantragt, ebenso nicht für den Antrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 495 Ziffer 5 a und b.
Ich lasse zunächst über den Antrag auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 11 abstimmen. Wer für die Annahme des Änderungsantrages auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 11 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die überwiegende Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Am nächsten weit geht dann der Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 6, für den namentliche Abstimmung beantragt ist. Ich bitte die Herren Schriftführer, sich der Urnen zu bemächtigen und durch den Saal zu schreiten.
({1})
Meine Damen und Herren, haben alle Mitglieder des Hauses, die sich an der Abstimmung beteiligen wollen, ihre Stimme abgegeben? - Die Abstimmung ist geschlossen.
({2})
Meine Damen und Herren, das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 6 ist: Mit Ja haben gestimmt 127, mit Nein 192 Mitglieder des Hauses, 11 haben sich der Stimme enthalten. Von den Berliner Abgeordneten haben 7 mit Ja und 9 mit Nein gestimmt. Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr abstimmen über den Änderungsantrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 495 Ziffer 5 a und b. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Die große Mehrheit; dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr abstimmen über § 38 in der Ausschußfassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; § 38 ist in der Ausschußfassung angenommen.
39. Hier sind zwei Anträge angekündigt, einmal der Antrag Dr. Kather auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 6 und dann der Antrag des Abgeordneten Goetzendorff auf Umdruck Nr. 499 Ziffer 7.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Kather.
({3})
- Sie verzichten auf Begründung.
Herr Abgeordneter Goetzendorff, verzichten Sie auch? Ihr Antrag ist ja gleichlautend.
({4})
- Dann erteile ich Ihnen das Wort.
Goetzendorff ({5}): Meine Damen und Herren! Bekanntlich ist die Soforthilfe-Sonderabgabe geschaffen worden, um jene Kreise stärker heranzuziehen, die zur Zeit der Geldreform be-
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9120
sonders reichlich mit Waren versorgt worden sind. 1 Der Ausschußvorschlag bedeutet nichts anderes als die nachträgliche teilweise Aufhebung der Soforthilfe-Sonderabgabe. Die Vertriebenen und auch der größte Teil der Einheimischen würden kein Verständnis dafür haben, daß man jene Kreise entlastet, die am besten zum Lastenausgleich beitragen können.
Ich habe daher beantragt, den Abs. 1 des § 39 zu streichen.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Bucerius.
Meine Damen und Herren, die Streichung der ursprünglich in der Vorlage vorgesehenen Bestimmung mit dem Ziele, daß die auf die Soforthilfe-Sonderabgabe geleisteten Beträge nunmehr auf die Lastenausgleichsabgabe angerechnet werden, hat folgende Ursache gehabt. Der Ausschuß hat sich in seiner überwiegenden Mehrheit durch die Zusage gebunden gefühlt, die der Soforthilfegesetzgeber im Wirtschaftsrat gemacht hat. Diese Zusage lautete dahin, daß alle Abgaben, die erhoben werden, auf die endgültige Abgabe angerechnet werden. Wir sahen uns aus diesem Grunde rechtlich nicht in der Lage, einem Kreis von Beteiligten auferlegte Sonderabgaben auch in Zukunft als Sonderabgaben zu erheben, sondern fühlten uns demgemäß verpflichtet, sie auf die Gesamtschuld zur Anrechnung zu bringen.
Ich lasse abstimmen. Wer für die Änderungsanträge Umdruck Nr. 496 Ziffer 6 und - gleichlautend - Umdruck Nr. 499 Ziffer 7 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit; die Anträge sind abgelehnt. Wer für die Annahme des § 39 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 40. Hier liegt ein Antrag der Föderalistischen Union vor, Umdruck 495 Ziffer 6. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Reismann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Föderalistische Union beantragt, an der Stelle des in der Vorlage gestrichenen § 40 einen andern Paragraphen einzufügen, der sich, wie es eben bei § 38 unser Anliegen war, mit den Geschädigten mit kleinem Restvermögen und großen Schäden befaßt. Es ist eben beschlossen worden, daß sie trotz der großen Schäden und trotz ihres kleinen Restvermögens bezahlen sollen.
({0})
- Es ist beschlossen. Ich brauche darauf nicht einzugehen. Die Geschädigten haben also zu zahlen. Unter diesen Umständen sind wir der Ansicht, daß mindestens die Entschädigung, die ihnen zusteht, aufgerechnet werden muß, damit das, was sie zu fordern haben, nicht am Ende der Zeit steht und das, was sie zu zahlen haben, am Anfang, damit ihnen wenigstens der Start in das neue Leben erleichtert wird. Das ist eine Forderung der Gerechtigkeit, der sich eigentlich niemand widersetzen kann.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des gestellten Antrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. § 40 bleibt gestrichen.
Die §§ 41 und 42 sind gestrichen.
({0})
- In der Vorlage, die vor mir liegt, sind die beiden Paragraphen gestrichen. Das ist eine Berichtigung, die nachträglich vorgenommen worden ist.
({1})
§§ 43, - 44, - 45, - 46. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
§ 47. Zur Begründung des Antrags Umdruck Nr. 501 erteile ich dem Abgeordneten Dr. Wuermeling das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Ausschuß wie im Plenum dieses Hauses sind zu dem Lastenausgleichsgesetz Anträge aus allen möglichen interessierten Kreisen und Schichten gestellt worden, weil in allen Schichten der Bevölkerung bei der Gestaltung vor allem der Abgabenseite des Gesetzes nach dieser oder jener Richtung hin Interessen bestehen. So kamen hier zur Geltung landwirtschaftliche Interessen, Arbeitnehmerinteressen, Mittelstandsinteressen, Hausbesitzerinteressen, Aktienbesitzerinteressen usw. usw. Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, daß wir bei der Behandlung dieses Gesetzes ein Anliegen haben, das über allen Interessengegensätzen der einzelnen Berufsschichten steht, nämlich das Anliegen des Schutzes und der Förderung der deutschen Familie.
({0})
Ich glaube, die Vereinbarung, die zwischen den Koalitionsparteien des Hauses dahin getroffen ist, in Fragen, bei denen Interessengegensätze einander gegenüberstehen, hier keine abweichenden Anträge zu stellen, braucht für das Anliegen des Schutzes und der Förderung der deutschen Familie nicht zu gelten; denn es handelt sich dabei um ein gemeinsames Anliegen des ganzen Hauses, das zudem im Grundgesetz als besonders förderungswürdig herausgestellt ist.
({1})
Meine Damen und Herren, wir haben auf der Empfängerseite dieses Gesetzes dem Familiengedanken in verschiedener Weise durch entsprechende Zuschläge Rechnung getragen, so bei der Unterhaltshilfe, bei der Entschädigungsrente und nicht zuletzt auch bei der Hausratentschädigung. Auf der Abgabenseite hingegen ist das, was im jetzigen Ausschußentwurf vorgesehen ist, hinter den ursprünglichen Absichten weit zurückgeblieben, die insbesondere bei meinen politischen Freunden in dieser Frage bestanden haben, so daß effektiv etwas Wirksames in dieser Richtung nicht geschehen ist.
Man wird den Einwand erheben, daß die Lastenausgleichsabgaben Realabgaben seien, die sich für eine Berücksichtigung des Familienstandes oder der sozialen Verhältnisse des Abgabepflichtigen nicht eigneten. Ich muß mich gegen diesen Einwand wenden, weil wir angesichts des Ausmaßes der Abgaben allen Anlaß haben, auch auf der Abgabenseite diese Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Im
übrigen hat sich der Ausschuß im Grunde ja auch bereits für den Gedanken der Familienermäßigungen ausgesprochen, allerdings in so geringfügigem Ausmaß, daß von einem ernsten Willen, hier Maßgebliches zu tun, nicht die Rede sein kann. Ich glaube, das ganze Haus wird doch den Satz unterstreichen, daß die Vermögen der Familien - j eden-falls in dem Rahmen, wie wir überhaupt Ermäßigungen geben, bis zur Höhe von 25- bis 35 000 DM - schonungsbedürftiger sind als die Vermögen der Einzelnen oder der Kinderlosen. Ich weise in diesem Zusammenhang erneut auf Art. 6 unseres Grundgesetzes hin, demzufolge die „Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung" steht.
Wie hat nun der Ausschuß diese Dinge berücksichtigt? Im Ergebnis kommt die Ausschußvorlage - jetzt einmal von der technischen Durchführung abgesehen; es ist technisch etwas anders gestaltet - darauf hinaus, daß der grundsätzliche Freibetrag von 5000 DM für die Frau und für jedes Kind, das noch im Unterhalt der Eltern steht, um je 500 DM erhöht wird. Diese Regelung haben wir als einziges Land der deutschen Bundesrepublik im Lande Rheinland-Pfalz bereits bei der Soforthilfe getroffen, in der Absicht, hiermit einmal einen Ansatzpunkt dafür zu geben und eine Richtung zu weisen, wie beim endgültigen Lastenausgleich die Berücksichtigung der Familien geregelt werden kann. Wir waren uns aber in Rheinland-Pfalz voll und ganz darüber klar, daß dieser zusätzliche Freibetrag von 500 DM dem Anliegen, um das es geht, in keiner Weise ausreichend Rechnung trägt und daß bei dem endgültigen Lastenausgleich unter allen Umständen mindestens eine Erhöhung des Freibetrags auf 1000 DM je Kind notwendig sei.
Kein echt sozial denkender Mensch wird bestreiten, daß der Satz von 2,50 DM vierteljährlicher Ermäßigung für die Frau und für jedes Kind dem Anliegen nicht angemessen ist, um das es uns hier geht. Wir müssen bei einem so wichtigen Gesetz wie diesem wie bei manchen anderen Gesetzen auch; ich glaube, wir vergessen dieses Anliegen der Familie in diesem Hause zu leicht und zu oft unter dem Druck der Interessengegensätze in anderen Punkten ({2}) dem Familiengedanken grundsätzlich mehr Rechnung tragen. Unser Antrag geht dahin, diesen Freibetrag - nun wahrlich ganz bescheiden! - von 500 DM auf 1000 DM je Kind zu erhöhen, so daß der Ermäßigungssatz sich vierteljährlich auf 5 DM statt 2,50 DM beläuft.
Andererseits müssen wir uns darüber klar sein, daß - insbesondere von Angehörigen einer Regierungspartei - kein Antrag in diesem Sinne eingebracht werden kann, der nicht gleichzeitig sicherstellt, daß keine Ausfälle im Ertrag eintreten. Wir müssen natürlich für den Ausfall, der durch die Erhöhung der Freibeträge für die Kinder entsteht, einen Ausgleich schaffen. Den Ausgleich schlagen wir in unserem Antrag in der Form vor, daß wir auf eine Erhöhung des Freibetrags von 5000 DM in allen den Fällen verzichten, in denen keine unterhaltsberechtigten Kinder vorhanden sind, so daß also der einzelne und das alleinstehende Ehepaar einen Freibetrag von 5000 DM hat, der sich dann je unterhaltspflichtiges Kind um 1000 DM erhöht.
In der praktischen Auswirkung würden die Dinge dann wie folgt aussehen. Nach der Ausschußvor({3})
Lage war der Freibetrag bei einem Ehepaar mit einem Kind 6000 DM, nach unserem Vorschlag wiederum 6000 DM, bei zwei Kindern nach dem Ausschußvorschlag 6500 DM, nach unserem jetzigen Vorschlag 7000 DM, bei drei Kindern statt 7000 künftig 8000 DM, bei vier Kindern statt 7500 künftig 9000 DM und bei fünf Kindern statt bisher 8000 künftig 10 000 DM, - keine allzu große Differenz, aber immerhin eine Differenz, die die Wertung der Familie und vor allem der größeren Familie wirksamer zur Geltung kommen läßt. Dieses Ziel erreichen wir ausschließlich dadurch, daß wir dem kinderlosen Ehepaar statt eines bisherigen Freibetrags von 5500 DM einen Freibetrag von 5000 DM geben. Was also bei den sehr zahlreichen Ehepaaren, die nicht mehr für Kinder zu sorgen haben, nach unserem Vorschlag weniger ermäßigt wird, wird bei den Familien mit Kindern doppelt ermäßigt. Das erscheint uns sozial gerechter im Sinne des Familiengedankens.
Wenn man nun fragt: stimmt denn dieser Deckungsvorschlag, geht diese Rechnung auf, wenn wir bei den Kinderlosen die 500 DM nicht geben und für Kinder 1000 DM geben?, so können wir ohne weiteres nachweisen, daß die Rechnung aufgeht, ohne daß der Ertrag aus dem Gesetz gefährdet wird. Denn wir haben etwa 15 bis 16 Millionen Kinder unter 20 Jahren in der Bundesrepublik und etwa 21 Millionen zusammenlebende Ehepaare, d. h. wenn wir in vier Fällen 500 DM weniger Ermäßigung geben, geben wir dafür in drei Fällen für die Kinder 500 DM mehr Ermäßigung. In dieser Regelung steckt also sogar noch eine erhebliche Reserve zum Ausgleich etwaiger Unsicherheiten in dieser Rechnung. Ich glaube also nicht, daß man von der Ertragseite des Lastenausgleichsgesetzes irgendwelche Bedenken gegen diesen Vorschlag geltend machen kann.
Man könnte den Ausgleich für die Mehrermäßigung zugunsten der Kinder auch in der Weise vornehmen, daß man den 5000-DM-Freibetrag auf 4000 DM generell herabsetzt und dann auch für die Ehefrau diese 1000 DM beläßt. Ich hatte aber Bedenken, den Antrag in diesem Sinne zu formulieren, weil ich nicht glaube, daß das Haus bereit sein wird, den grundsätzlichen Freibetrag von 5000 DM unter die bisherige Grenze zu senken. Wir dürfen uns aber notfalls für die dritte Lesung die Einreichung einer entsprechenden Formulierung vorbehalten.
Damit habe ich das Wesentliche zur Begründung des gestellten Antrags gesagt. Ich meine, es sollte unser aller gemeinsames Anliegen sein, dem Gedanken der Familie und der Förderung und des Schutzes der Familie und ihres Eigentums zumindest in der beantragten Weise Rechnung zu tragen.
Eine Verständigung und eine Mehrheit im Hause für diesen Antrag sollte nun nicht daran scheitern, daß man davor Angst hat, ein Abweichen von der Ausschußvorlage -in diesem Falle würde von anderen Mitgliedern des Hauses als Berufungsfall mißbraucht werden, um in anderen Fällen, wo es sich um Interessen ganz anderer Art handelt, nun ebenfalls Anträge durchzudrücken. Wenn gesagt wird, man wolle auch diesen Antrag einer späteren Beschlußfassung anläßlich einer Novelle vorbehalten,
({4})
so kann ich nur darauf antworten: ich habe nicht den mindesten Zweifel daran, daß es dann für diese Dinge zu spät sein wird.
({5})
Wenn wir nämlich einmal die Veranlagung in Gang gesetzt haben und auf der bisherigen Basis ein Teil der Veranlagungen vorgenommen ist, dann wird uns die Verwaltung antworten: diese zusätzliche Verwaltungsarbeit, den größten Teil der bisher bearbeiteten Anträge nochmals neu zu bearbeiten, kann man uns nicht zumuten!, und dann wird dieses Anliegen, um das es uns geht, endgültig zum Tode verurteilt sein.
({6})
- Ich habe Sie leider nicht verstanden, Herr Kollege. Ich habe mich hier lediglich dazu geäußert, ob die s e s Anliegen in der Novelle zweckmäßig geregelt werden kann oder nicht.
({7})
Meine Damen und Herren, wenn in der Erklärung der Regierungsparteien gesagt worden ist, daß das Gesetzeswerk ein einheitliches Ganzes bilde und Änderungen eines Teiles zwangsläufig das Ganze beeinflußten und in ihrer Folge zu Änderungen auch anderer Abschnitte der Vorlage zwängen, so trifft diese Begründung auf unseren Antrag in keiner Weise zu, weil durch ihn eine in sich geschlossene Angelegenheit lediglich gerechter und sozialer geregelt wird.
Ich darf der Hoffnung Ausdruck geben, der ehrlichen Hoffnung,
({8})
daß die Behandlung der Frage der Förderung und des Schutzes der deutschen Familie sich in diesem Hause nicht in Proklamationen und Verfassungsgrundsätzen erschöpft, sondern daß das Haus, wenn es wirklich einmal darum geht, zu zeigen, daß wir in dieser Hinsicht in der Förderung der rechten sozialen Grundstruktur unseres Volkes, ernsten Willens sind, auch zu einer wirklichen Tat bereit ist. In diesem Sinne bitte ich, dem gestellten Antrage zu entsprechen.
({9})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Mulert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich ganz kurz fassen. Ich möchte vorausschicken, daß ich hier nicht die Meinung meiner Parteifreunde, sondern lediglich meine persönliche Meinung vertrete.
Das, was mein Vorredner über die Notwendigkeit der Unterstützung und der Förderung der Familie als des Gebildes, das das Grundgefüge des Staates abgibt, gesagt hat, möchte ich befürworten. Ich würde wünschen, daß man den Gedankengängen, die soeben hier entwickelt worden sind, nachgeht. Ich befürworte diese Gedankengänge aufs wärmste.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Dr. Wuermeling hat in sehr zutreffender und sehr offenherziger Weise den Wert gekennzeichnet, den Vertröstungen und Versprechungen für künftige Gesetzentwürfe bei einer Gesetzesberatung haben.
({0})
Wir Sozialdemokraten jedenfalls pflegen unsere Meinung und unsere Entschließung in einer Debatte über
({1})
einen Gesetzentwurf zu diesem Gesetzentwurf bekanntzugeben und nicht zu zukünftigen Novellen. Es ist lange bekannt, daß die sozialdemokratische Fraktion alle die Ermäßigungsbestimmungen für Familien, die in allen möglichen Gesetzen verstreut sind, für Stück- und Flickwerk hält, und daß sie eine Lösung dieses Problems nur durch Gewährung ausreichender Kinderbeihilfen für möglich hält. Dazu liegt ein Entwurf, ich glaube, seit einem Jahre oder mehr diesem Bundestag vor.
Ein solches Stück- und Flickwerk ist auch die Fassung des § 47, auf die sich der Ausschuß geeinigt hat. Der jetzt vorliegende Antrag hat die Tendenz, das System des § 47 so umzubauen, daß für die kinderlos Verheirateten nichts mehr an Ermäßigungen gewährt wird, dagegen etwas mehr für kinderreiche Familien. Das ließe sich vielleicht an sich hören, aber man könnte auch noch andere Dinge dazu sagen. Kinderlos Verheiratete sind schließlich zum großen Teil Leute, die Kinder haben wollen und die wenigstens auch imstande sein sollen, einmal Kinder zu haben.
Da nun der Antrag ganz offenbar sowieso nicht die notwendige Unterstützung der anderen Parteien des Hauses findet, halten wir es nicht für richtig, an der Einigung im Ausschuß etwas zu ändern. Wir wollen es bei der Ausschußfassung belassen.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrags Dr. Wuermeling Umdruck Nr. 501 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! ({0})
Letzteres ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
({1})
- Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe!
Wer für die Annahme des § 47 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Ersteres war die Mehrheit. § 47 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe § 48 auf.
Das Wort zur Begründung des Änderungsantrags Umdruck Nr. 495 Ziffer 7 hat Frau Abgeordnete Arnold.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Nach § 131 der Reichsabgabenordnung kann der Bundesminister der Finanzen für einzelne Fälle oder eine Mehrheit von Einzelfällen Bundessteuern, deren Einziehung unbillig wäre, ganz oder teilweise erstatten oder die Erstattung oder Anrechnung bereits entrichteter Bundessteuern verfügen. Es scheint angebracht, zu bestimmen, daß eine solche Unbilligkeit insbesondere dann vorliegen soll, wenn der Abgabepflichtige oder sein Rechtsnachfolger gezwungen wäre, zur Entrichtung der Abgabeschuld Vermögensteile in unzumutbarer Weise zu veräußern, oder wenn dauernde Erwerbsminderung von wenigstens 80 %, z. B. infolge von Kriegsblindheit, vorliegt und das
Gesamtvermögen gemäß Abs. 2 Ziffer 3 geringer als 30 000 DM ist. Eine solche Bestimmung ist dringend erforderlich, da z. B. bei einem großen Teil der Kriegsblinden, die sich mit ungeheuren Opfern ein Eigenheim geschaffen haben, die Erhaltung dieses Eigenheims gefährdet ist. Ich verweise auch darauf, daß nach dem Vermögensteuergesetz den Kriegsblinden früher schon ein Betrag von 10 000 Mark pro Person, also 20 000 Mark für den Kriegsblinden und seine Ehefrau, freigelassen wurde. Das entspricht heute infolge der inzwischen eingetretenen Preisentwicklung einem Betrag von mindestens 30 000 Mark für einen Kriegsblinden mit Ehefrau.
({0})
In diesem Sinne haben das Zentrum und die Bayernpartei mit Umdruck Nr. 495 einen darauf abzielenden Änderungsantrag eingebracht, daß § 48 folgenden Abs. 5 erhält:
({1}) Unbilligkeit im Sinne des § 131 Reichsabgaben-Ordnung liegt insbesondere dann vor, wenn der Abgabepflichtige oder sein Rechtsnachfolger zur Entrichtung der Abgabeschuld gezwungen wäre, Vermögensteile in unzumutbarer Weise zu veräußern, oder ferner, wenn dauernde Erwerbsminderung von wenigstens 80 v. H., z. B. infolge von Kriegsblindheit, vorliegt und das Gesamtvermögen gemäß Abs. 2 Nr. 3 geringer als 30 000 DM ist.
Ich bitte das Hohe Haus, diesem unserem Antrag zustimmen zu wollen.
Weitere Wortmeldungen? - Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich will keinen Antrag stellen, aber im Hinblick auf die geplante Novelle
({0}) einem Wunsche Ausdruck geben,
({1})
dessen Verwirklichung vielleicht sogar - und ich bitte die Regierung, diese Frage zu überprüfen - auf dem Wege der Gesetzesauslegung oder des Erlasses einer Verordnung möglich ist. Nach § 48 Abs. 3 werden die dem Abgabepflichtigen gestundeten Vierteljahrsbeträge mit seinem Tode fällig. Es wäre völlig unverständlich und eine unbillige Härte, wenn die Leistungen dann von solchen Erben gefordert würden, die dazu ebensowenig in der Lage sind, wie es der Erblasser gewesen ist. Deswegen ist erforderlich, für diese Fälle die Möglichkeit eines Erlasses nach § 131 der Reichsabgabenordnung vorzusehen. Wenn es zu einer Novelle käme, würde ich diesen Antrag stellen. Ich bitte aber die Regierung, zu prüfen, ob die Verwirklichung dieses Anliegens nicht schon auf Grund der jetzigen Fassung des Gesetzes auf direktem Wege möglich ist.
({2})
Herr Abgeordneter Kunze wünscht das Wort. - Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einen Satz zu den Äußerungen des Kollegen Atzenroth. Herr Kollege Atzenroth, Sie haben recht mit Ihrer Vermutung, das kann auf dem Wege der Verwaltungsanweisung geschehen; denn es ist eine diesbezügliche Auslegung des Willens
({0})
des Ausschusses ausdrücklich bei dieser Fassung im Protokoll aufgenommen worden.
Zu dem Antrage, der von der Föderalistischen Union gestellt und vorhin begründet wurde, bitte ich sehr herzlich, ihn nicht anzunehmen. Es hat keinen Zweck, daß wir jetzt - statt uns damit zu begnügen, die allgemeinen Grundsätze von § 131 Reichsabgabenordnung auch für dieses Gesetzgebungswerk anzuerkennen - nun plötzlich anfangen, irgendeine Teilauslegung der Reichsabgabenordnung specialiter für dieses Gesetz zu machen. Die Verwaltung hat durchaus die Möglichkeit, den berechtigten Anliegen, die sich gemäß § 131 der Reichsabgabenordnung ergeben können, stattzugeben. Wir haben gerade die Frage der Berücksichtigung aus Gründen des Alters, der Erwerbsunfähigkeit und all der anderen Dinge sehr sorgfältig und eingehend Punkt für Punkt im Ausschuß durchgeprüft und das alles einstimmig als Ergebnis unserer Beratungen beschlossen. Lassen Sie sich jetzt nicht auf Einzelheiten ein, die im Moment keiner in ihrer Tragweite zu übersehen vermag.
({1})
- Die Mitglieder des Ausschusses haben ja dadurch, daß sie Ihnen diese Dinge einstimmig vorschlagen, gezeigt, daß sie überzeugt sind, daß wir mit der Bestimmung, wie wir sie einmütig vorschlagen, voll und ganz auskommen.
({2})
- Verzeihen Sie, Herr Atzenroth hat doch eine ganz andere Frage gestellt. Das hat mit d i es er Frage gar nichts zu tun. Da haben Sie im Moment nicht zugehört, Herr Kollege. Das haben Sie in diesem Falle verwechselt; das kann auch Ihnen passieren.
({3})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 495 Ziffer 7. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Gegen die Antragsteller abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den § 48 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 48 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - § 48 ist angenommen.
Zu § 49 liegt ein Änderungsantrag nicht vor. Wünscht jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; § 49 ist angenommen.
Dann liegt ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen auf Einführung eines § 49 a vor.
Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich beim § 49 a um den interfraktionell eingebrachten Vorschlag der Regelung für die Vermögen, die nach dem Soforthilfegesetz befreit waren. Wir hatten die Überzeugung - und darum haben wir diesen Antrag von allen Fraktionen eingereicht -, daß es nicht zweckmäßig sei, jetzt nachträglich die Befreiungen aufzuheben, die damals beschlossen worden sind oder auch auf Veranlassung der Besatzungsmächte in bezug auf das Vermögen der Vereinten Nationen aufgenommen
werden mußten. Was hier vorgeschlagen ist, hat die Billigung aller Fraktionen gefunden, und ich rate, den Antrag auf Aufnahme eines § 49 a anzunehmen.
Ich sehe keine Wortmeldungen und schließe die Besprechung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen, einen § 49 a einzufügen, Umdruck Nr. 500 Ziffer 2, entsprechen wollen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
({0})
- Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen!
Zu § 50 liegt kein Änderungsantrag vor, Wortmeldungen ebenfalls nicht. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das scheint mir einstimmig angenommen worden zu sein.
Zu § 51, der nach dem Ausschußantrag gestrichen wird, liegt der Antrag der Fraktion der SPD vor, Umdruck Nr. 492 Ziffer 7. Zur Begründung Herr Abgeordneter Meyer ({1}), bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag zu § 51 ist im Grunde genommen eine Wiederholung dessen, was das Ergebnis langer, eingehender Ausschußberatungen war und worauf wir uns in zweiter Lesung im Ausschuß eigentlich geeinigt hatten, nachdem insofern alle diejenigen, die im Unterausschuß für Befreiung mitgearbeitet hatten, übereinstimmend der Meinung waren, daß es hier keine Befreiung geben könne, daß man aber eine neue Form der Abgabemöglichkeit für diejenigen Lastenausgleichsabgaben oder Vermögensabgaben sichern müsse, die aus den sogenannten Wohnhausgrundstücken erfolgen sollten. Auf dieses Ergebnis, das unser Antrag Ihnen wiedergibt, haben wir uns geeinigt. Wir mußten leider in der dritten Lesung des Ausschusses erleben, daß eine Mehrheit des Ausschusses dieses Ergebnis ablehnte.
Wir wollen damit, daß wir diesen Antrag nunmehr wiederholen, nicht zum Ausdruck bringen, daß wir uns - nachdem nun inzwischen eine Reihe von Änderungsanträgen vorliegen, vor allem der Antrag der Abgeordneten Lücke und Genossen auf Umdruck Nr. 502 - nicht auch mit den Formulierungen dieses Antrags einverstanden erklären könnten. Worauf es uns ankommt, das ist nicht, daß hier für eine Gruppe, nämlich für die Gruppe Wohnungswirtschaft, eine Sondermöglichkeit geschaffen wird, die sie etwa von Leistungsverpflichtungen befreit, sondern, daß ihr die ihr gemäße Form der Abgabeleistung ermöglicht wird, daß sie nicht in ihrer effektiven Aufgabenstellung behindert wird, nämlich derjenigen, den Wohnungsbau, der ihr zu eigen ist, fortsetzen zu können.
Nachdem der Antrag der Abgeordneten Lücke und Genossen, der uns gegenüber unserem Antrage der weitergehende zu sein scheint, vorgelegt worden ist, würden wir diesem Antrage unter der Voraussetzung zustimmen, daß die Änderungsanträge, die dazu mit Umdruck Nrn. 507 und 509 ergangen sind - wonach also einmal eindeutig klargestellt wird, daß es sich um die Vermögensabgabe aus Wohngrundstücken handeln muß, und andererseits klargestellt sein muß, daß es sich um Abgabeleistungen handelt, die „alsbald" dem Wohnungsbau in effektiven Bauleistungen zugeführt werden müssen -, angenommen werden, weil damit unser Anliegen in seiner dringlichen Form erfüllt zu sein scheint.
({0})
Wir bitten Sie also unsererseits um Unterstützung dieser Anträge.
Ich darf es so verstehen, Herr Abgeordneter Meyer, daß für den Fall, daß der Antrag des Abgeordneten Lücke mit diesen Änderungen angenommen würde, Ihr Antrag entfällt.
Zur Begründung des Antrags Lücke hat Herr Abgeordneter Winkelheide das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Kollege Meyer grundsätzlich die Angelegenheit des § 51 begründet und erklärt hat, daß er unserem Antrag zustimme, erübrigen sich noch sehr viele Worte. Der Unterschied zwischen dem SPD-Antrag und unserem besteht darin, daß im Antrag der SPD nur die Wohnungsbaugenossenschaften und in unserem Antrag alle Abgabeschuldner - das ist wohl das Stichwort - berücksichtigt sind. Zu unserem Antrag kommt noch ein Ergänzungsantrag des Kollegen Wirths. Ich darf im Interesse des Wohnungsbaues, im Interesse einer schnellen Abwicklung und der Vermeidung des überflüssigen Verwaltungswegs bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
({0})
Herr Abgeordneter Wirths, bitte!
Meine Damen und Herren, um ganz klarzustellen, daß sich der Antrag Umdruck Nr. 502 nur auf die Vermögensabgabe aus Wohngrundstücken bezieht, habe ich noch den Antrag Umdruck Nr. 507 eingebracht. Ich bitte, diesen Antrag anzunehmen und dem Antrag auf Umdruck Nr. 502 unter Berücksichtigung dieser Änderung zuzustimmen.
Ich darf unterstellen, daß nach den Ausführungen des Abgeordneten Meyer eine besondere Begründung des Antrags Kriedemann nicht mehr zu erfolgen braucht.
Herr Abgeordneter Nöll von der Nahmer, wünschen Sie das Wort? - Bitte schön!
Meine Damen und Herren! Mit den Fragen, die hier erneut angeschnitten werden, haben wir uns im Ausschuß wiederholt sehr gründlich beschäftigt. Wenn wir uns zur Streichung des § 51 entschlossen haben, so einmal deswegen, weil wir an einer späteren Stelle des Gesetzes - ich glaube, es ist wohl § 229 - ja ausdrücklich das sehr schwierige Problem der Naturalabgaben der Regelung durch Rechtsverordnung vorbehalten haben. Es scheint nicht zweckmäßig, hier einen Teil der Naturalabgabenfrage besonders zu regeln. Das ist der eine schwerwiegende Einwand.
Der zweite Einwand besteht natürlich darin, daß es zunächst darauf ankommt, daß die Lastenausgleichsabgaben in Bargeld eingehen. Ich entsinne mich, daß Herr Kollege Seuffert einmal im Ausschuß sehr wirkungsvoll dargelegt hat, wie wir gerade in den ersten Jahren Bargeld verlangen müßten, nicht aber etwa Landabgaben oder andere „Naturalien". Das ist meines Erachtens vollständig richtig, gerade in den ersten besonders schwierigen Übergangsjahren: Wenn wir einmal klar sehen, wie sich der Fonds gestalten wird, wird über eine Lösung, wie sie in den Abänderungsanträgen verlangt wird, durchaus zu reden sein. Aber wir müssen erst einmal sehen, wie wir in den ersten Jahren die nötigen Barmittel bekommen, damit wir die vorgesehenen Leistungen erfüllen können.
Aus diesen Gründen halte ich die Haltung, die der Ausschuß in der Frage des § 51 eingenommen hat, für voll begründet und richtig. Es ist damit nichts für die Zukunft verbaut, wobei ich ausdrücklich betone, daß das Gesetz ja die Ermächtigung für die Verwaltung vorsieht, eventuell im Wege einer besonderen Rechtsverordnung diese Fragen zu regeln.
Ich bitte also um Ablehnung der gestellten Anträge.
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß dem Herrn Kollegen Nöll von der Nahmer kurz antworten. Erstens handelt es sich ja in keiner Weise irgendwie um eine Schmälerung des Aufkommens der Abgaben,
({0})
sondern nur um eine direkte und verwaltungsmäßig einfache Verwendung bestimmter Abgabemittel, die ja nun wirklich in dieser Höhe einmal ganz bestimmt dem Wohnungsbau zugeführt werden müssen, und zwar gerade bei den Leuten, bei denen die Abgabe selbst anfällt.
Zweitens, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, ist das dann doch praktisch ein Antrag aller in diesem Hause mit dem Wohnungsbau und mit der Wohnungswirtschaft Befaßten, und ich glaube, daß dieser Einigung gegenüber die doch sehr theoretischen Argumente, die Sie hier angeführt haben, nicht stichhaltig sind. Wir bitten noch einmal um Annahme der Anträge.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Meine Damen und Herren, es sollte ja nur über den Antrag Lücke abgestimmt werden. Zunächst lasse ich über die Änderungsanträge zu idem Antrag des Herrn Abgeordneten Lücke abstimmen, und zwar zuerst über den Antrag auf Umdruck Nr. 507 auf Einfügung der Worte: „aus Wohngrundstücken" hinter idem Wort „Vermögensabgabe" in § 51 Abs. 1 Zeile 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Eine Gegenprobe ist nicht erforderlich.
Der zweite Änderungsantrag der Abgeordneten Kriedemann, Seuffert, Meyer ({0}) und Stierle, in § 51 Abs. 1 Zeile 3 hinter dem Wort „Beträge" das Wort „alsbald" einzufügen, liegt Ihnen vor. Ich bitte die Damen und Herren, die. diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. -Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Dieser Änderungsantrag ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die unter Berücksichtigung dieser Änderungsanträge dem Antrag des Herrn Abgeordneten Lücke auf Umdruck Nr. 502 auf Einfügung des § 51 zustimmen wollen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist gegen wenige Stimmen angenommen. Damit erübrigt sich die Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 7.
Weiter liegt ein Antrag der Abgeordneten Lücke und Genossen vor, einen § 51 a einzufügen.
Herr Abgeordneter Wirths hat das Wort.
Meine Damen und Herren! Dieser Antrag liegt ungefähr auf derselben Linie wie der vorhin angenommene. Es handelt sich darum, daß dem Abgabepflichtigen gestattet wird, an Stelle von Bargeld, das er im Laufe der Jahre zu entrichten hat, auf einmal Teile eines Hauses in Form von Wohnungen abzugeben, und zwar an Geschädigte. Das ist ein direkter Sachausgleich: der Abgabepflichtige hat ,die Möglichkeit, sich dadurch von den jährlichen Ratenzahlungen zu befreien, und der Geschädigte kommt sofort und unmittelbar in den Genuß seiner Entschädigung, die einen Sachwert darstellt. Nachdem der Bundestag seinerzeit das Wohnungseigentumgesetz einstimmig verabschiedet hat, können wir heute bereits feststellen, daß der Gedanke in weiten Kreisen unseres Volkes Wurzeln geschlagen hat und sich immer weiter ausdehnen wird. Wir sollten also da die Wege auch weiter ebnen und diese Form des Naturalausgleichs auch im Lastenausgleich möglich machen. Ich bitte Sie um Annahme dieses Antrags.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Besprechung.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der Abgeordneten Lücke und Genossen Umdruck Nr. 503 auf Einfügung eines § 51 a zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.
§ 52 hat keinen Inhalt.
§ 53. - Ich darf bitten, meine Damen und Herren, soweit Sie das Wort zu einzelnen Paragraphen wünschen, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, sich zu melden. - §§ 53, - 54, - 56, -57, - 58, - 59, - 60, - 61, - 62, - 63, - 64, -65, - 66, - 67. - Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; die Paragraphen sind angenommen.
Ich komme zum Fünften Titel. §§ 67a, - 68, - 68b, - 69, - 70.
Sechster Titel. §§ 71, - 72, - 73, - 74, - 75,- 76, - 77, - 78, - 79, - 80, - 81. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich bitte diejenigen, welche den aufgerufenen Paragraphen und Titeln zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Die Paragraphen sind angenommen.
Zu § 82 liegen ebenfalls keine Änderungsanträge vor. Ich bitte. die Damen und Herren, die § 82 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; § 82 ist angenommen.
Es liegt dann der Antrag des Abgeordneten Kather Umdruck Nr. 496 vor, einen Abschnitt I a einzufügen, und der Antrag Goetzendorff auf Umdruck Nr. 499 Ziffer 8.
({0})
- Der Antrag des Abgeordneten Dr. Kather wird zurückgezogen.
({1})
- Wie ist es mit dem Antrag des Herrn Goetzendorff?
({2})
Herr Goetzendorff ist nicht anwesend und kann seinen Antrag nicht begründen.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff Umdruck Nr. 499 Ziffer 8. Ich bitte die Damen und Herren, welche für oden Antrag sind, eine Hand zu erheben. - Das ist niemand.
({3})
- Ich habe niemand gesehen. - Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zum Zweiten Teil. Berichterstatter ist Herr Dr. Bucerius. Bitte!
Dr. Bucerius ({4}), Berichterstatter: Ich beziehe mich auf den schriftlichen Bericht*).
({5})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter! Meine Damen und Herren, auf diese Weise steht zu hoffen, daß wir doch noch im Laufe dieser Woche zu einem Ende kommen.
Ich rufe auf § 84. Dazu liegt der Antrag der kommunistischen Gruppe Umdruck Nr.498 Ziffer 12 vor. Wünscht niemand, ihn zu begründen?
({0})
Herr Abgeordneter Kohl, wünschen Sie, ihn zu begründen?
({1})
Dann bitte ich die Damen und Herren, die dem Antrag der kommunistischen Gruppe Umdruck Nr. 498 Ziffer 12 auf Streichung der §§ 84 bis 122 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt worden.
Ich rufe weiter auf §§ 84, - 85, - 86, - 87. - Keine Wortmeldung!
({2})
- Ich habe keine Wortmeldungen gesehen. ({3})
- Also habe ich nun Wortmeldungen oder nicht?
({4})
- Also stimmen wir zunächst über die §§ 84 bis 86 ab. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; die drei Paragraphen sind angenommen.
Zu § 87 hat der Abgeordnete Preusker das Wort.
Meine Damen und Herren! In § 87, unter „Befreiungen", befindet sich in Ziffer 3 die Bemerkung, daß von der Vermögensteuer befreit sein sollen „Unternehmen, wenn die Anteile an ihnen ausschließlich dem Bund, einem Land, einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder einem Zweckverband gehören und die Erträge ausschließlich diesen Körperschaften zufließen. Dies gilt nicht für Kreditunternehmen." Diese Bestimmung ist offenbar hineingekommen, weil man den gesamten Befreiungskatalog des Vermögensteuergesetzes übernommen hat. Dort hat es auch seinen Sinn. Denn um was für Unternehmen handelt es sich, deren Erträge den genannten Körperschaften zufließen, in deren Hand sich die Anteile befinden? Zum Beispiel die Viag, die Hibernia; wirtschaftliche Unternehmen jedenfalls mit eigener Rechtspersönlichkeit. Im Falle der normalen Vermögensteuer wären der Empfänger der Vermögensteuer und der Empfänger der Erträge ein und dieselbe
*) siehe Stenographischen Bericht der 207. Sitzung Seite 9024
({0})
Person, nämlich der Staat. Es läge dann eine völlige Identität vor, und deshalb ist für die normale Vermögensteuer diese Befreiung eine selbstverständliche Erleichterung.
Hier aber handelt es sich um das Zufließen der Vermögensteuer an den Lastenausgleich; es ist also eine ganz andere Stelle, die den Ertrag bekommen soll. Es ist nach unserer Auffassung aus Gründen einer gleichmäßigen wirtschaftlichen Behandlung von wirtschaftlichen Unternehmen, die miteinander im Wettbewerb stehen - die öffentliche Gesellschaft mit der privaten Gesellschaft -, nicht einzusehen, warum gleichartige wirtschaftliche Unternehmen nicht auch einer gleichartigen Belastung für den Lastenausgleich unterworfen werden sollen.
Ich möchte deshalb für uns den Antrag stellen, daß diese offenbar doch wohl nicht ganz zwingende Befreiung, die hier hineingekommen ist, gestrichen wird, ich möchte schon fast sagen, zur logischen Formulierung des Paragraphen im Sinne dieses Gesetzes.
Das ist also der Antrag der Fraktion der Freien Demokratischen Partei auf Streichung der Ziffer 3 in § 87?
({0}) - Es ist nicht einmal nötig, daß Sie „andere" hinzufügen, Herr Abgeordneter Dr. Preusker. Sie können in der zweiten Lesung allein Anträge stellen. Also „Antrag Dr. Preusker". Wünscht jemand dazu das Wort? - Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Dr. Preusker auf Streichung der Ziffer 3 in § 87. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nun die Damen und Herren, ,die dem § 87 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Meine Damen und Herren, ich bin nicht ganz sicher - dies Abstimmungsergebnis wechselt ständig!
({1})
Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 88 auf. Dazu liegt zunächst der Antrag der Fraktion der SPD - Umdruck Nr. 492, Ziffer 8 - vor. Bitte, Herr Abgeordneter Reitzner, zur Begründung.
herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines der Hauptanliegen meiner Freunde ist, das Aufkommen überhaupt und besonders in den ersten Jahren so hoch wie möglich zu gestalten. § 88 Abs. 2 in der Ausschußfassung würde diesem Grundsatz und dieser Absicht widersprechen. Der Ausschußantrag verlangt nämlich, daß von dem nach Nr. 1 ermittelten Gesamtvermögen oder Inlandsvermögen bei dem jeweiligen Abgabeschuldner der doppelte Betrag der nach § 25 festgesetzten Abgabeschuld abzuziehen ist. Wenn wir diesem Vorschlag zustimmen würden, dann würden wir das Aufkommen vermindern und die berechtigten Ansprüche der Geschädigten schmälern. Ohne Zweifel würde darin ein bedeutender Verlust zu sehen sein. Daher widerspricht die SPD dieser Formulierung und schlägt dem Hohen Hause folgende Fassung vor:
Von dem nach Nr. 1 ermittelten Gesamtvermögen oder Inlandsvermögen ist bei dem jeweiligen Abgabeschuldner die Abgabeschuld mit ihrem Zeitwert ({0}) im Feststellungszeitpunkt abzuziehen.
Wir bitten das Hohe Haus, diesem Antrag zuzustimmen.
Weiter liegt der Antrag Dr. Kather und Genossen, Umdruck Nr. 496 Ziffer 8, vor.
Herr Abgeordneter Dr. Kather hat das Wort zur Begründung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von uns gestellte Antrag betrifft denselben Gegenstand, geht aber nicht so weit wie der Antrag der SPD. Der Antrag der SPD geht insofern etwas weiter, als nur der Zeitwert abgesetzt wird, während wir vorschlagen, die Abgabesumme in Abzug zu bringen.
Es handelt sich hier um eine sehr wichtige Entscheidung. Heute ist schon mehrfach zur Sprache gekommen, daß wir vor der dringenden Notwendigkeit stehen, Erhöhungen des Aufkommens vorzunehmen. Sie haben unsere Anträge- bisher im wesentlichen abgelehnt. Es ist meiner Ansicht nach nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch untragbar, wenn alle Versuche, das unzulängliche Aufkommen zu erhöhen, der Ablehnung anheimfallen. Praktisch geht der Antrag darauf hinaus, daß der Teil des Stichtagsvermögens, der nicht der Abgabe unterliegt, zur Vermögensteuer herangezogen wird. Wie schon Herr Reitzner ausgeführt hat, sieht die Fassung des Ausschusses vor, das ganze Stichtagsvermögen von der Vermögensteuer freizustellen, auch den nicht abgabepflichtigen Teil. Als Begründung wird angegeben, es müsse als ausreichend angesehen werden, daß die Hälfte des Vermögens abgegeben werde; deshalb könne man die verbleibende Hälfte freilassen. Das Argument kann aber schon insofern nicht ziehen, als ja praktisch auf Grund dieses Gesetzes niemand die Hälfte seines Vermögens abgeben wird. Der Ausdruck „50 %" - das ist ja heute schon bei der Beratung des § 25 zum Ausdruck gekommen - ist absolut irreführend. Es ist nicht berücksichtigt, daß hier eine Abgabe in 30 Jahren erfolgt, daß man also nur den Zeitwert einsetzen dürfte, was ungefähr die Hälfte ist. Es ist auch nicht berücksichtigt, daß der Einheitswert doch nicht dem wahren Verkehrswert gleichkommt. Auch die Freigrenzen spielen eine erhebliche Rolle. Es wird also niemand 50 % abgeben.
Ich möchte nur einen Vergleich anstellen. Wir rechnen jetzt mit einem Sozialprodukt von etwa 120 Milliarden DM. Da macht also die ganze Abgabe, wenn man sie zu ihrem Zeitwert mit 30 Milliarden DM in Vergleich zieht, nur 25 % des Sozialprodukts in einem Jahre aus. Nun möchte ich hier keine Erörterungen über die Höhe des Volksvermögens anfangen. Sie wissen, daß die Sonne-Kommission dieses Volksvermögen mit 500 Milliarden DM angesetzt hat. Aber man kann erheblich niedrigere Beträge nehmen. Man braucht nur die Hälfte zu nehmen. Dann kommt man bestenfalls auf eine Vermögensabgabe von 12 %. Weil also die Abgabepflichtigen infolge dieser Regelung gar nicht 50 % abgeben, sondern 80 % und mehr behalten, kann dieses Argument nicht ziehen.
Ich darf auch nicht unerwähnt lassen, daß diesem Vorschlag vor einigen Wochen oder Monaten das, Kabinett und auch der Bundesfinanzminister die
({0})
Zustimmung gegeben haben. Ich bin selbst in der Kabinettssitzung anwesend gewesen.
({1})
- Verzeihung, Herr Kunze, ich kann ja nicht alles auf einmal sagen. Man kann das zweite Glas Bier nicht vor dem ersten trinken.
({2})
Es wurde allerdings gewünscht, daß dann der Prozentsatz von 1 auf 0,75 ermäßigt wird und auch die alten Freigrenzen beibehalten werden. Das würde eine erhebliche Minderung des Aufkommens bedeuten; es würde aber immer noch erheblich, mehr als jetzt dabei herauskommen. Tatsache ist also, daß die Regierung und der Bundesfinanzminister einer Erhöhung dieser Steuer zugestimmt haben.
Weil das die letzte Gelegenheit ist, noch eine zu Buch schlagende Erhöhung der Lastenausgleichsabgabe herbeizuführen, bitte ich doch alle Mitglieder des Hohen Hauses, sich einmal zu überlegen, ob sie nicht hier die Zustimmung geben können. Das Vermögen bleibt ja in in dieser Höhe erhalten. Es ist immer so gewesen, daß Vermögensteuer gezahlt wird. Also hier ist einmal eine völlig greifbare und annehmbare Möglichkeit. Im Hinblick auf den hohen Finanzbedarf sollte es sich jeder überlegen, ob er hier nein sagen kann. Ich bitte deshalb, diesen Anträgen zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Goetzendorff hat den gleichen Antrag gestellt und wünscht, ihn zu begründen.
({0})
Goetzendorff ({1}): Ich möchte bestätigen, daß ich lebe. Ich muß aber auch einmal telefonieren.
({2})
Ich möchte den Ausführungen meiner Vorredner nur zwei Sätze hinzufügen. Im Vermögensteuerrecht ist es nicht gebräuchlich, eine Schuld bei der Berechnung des Reinvermögens mit dem doppelten Betrag abzuziehen. Der Abzug des doppelten Betrags der Abgabeschuld muß abgelehnt werden, um das ohnehin so geringe Aufkommen des Lastenausgleichs nicht weiterhin zu schmälern. Ich bitte daher, dem Antrag, in Ziffer 2 des § 88 das Wort „doppelte" zu streichen, stattzugeben.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem sich offenbar in der Regierungskoalition niemand bereit findet, die Fassung des Ausschußberichts hier zu verteidigen, muß ich denn doch Gelegenheit nehmen, Sie auf die Bedeutung des Punktes noch einmal hinzuweisen. Die Sozialdemokratie hat sich, wie ich bereits gestern erklärt habe, die Stellungnahme zu der Frage, ob die Vermögensteuer überhaupt in den Lastenausgleich gehört - was nur im Wege einer Verfassungsänderung möglich ist - oder ob der Versuch, sie dazu zu ziehen, nicht gemacht werden soll, vorbehalten, weil sie erst einmal wissen wollte, wie diese Vermögensteuer etwa aussehen könnte. Ich habe gestern Gelegenheit nehmen müssen, Ihnen einige Bemerkungen zu der Gesamtbilanz des Lastenausgleichs zu machen. Ich habe Ihnen dabei dargelegt, daß Sie außer rund
500 Millionen DM direkten Zuschüssen des Steuerzahlers zum Lastenausgleich weitere Verzichte des Steuerzahlers und weitere Verzichte der öffentlichen Haushalte zur Entlastung der Abgabepflichtigen von etwa 400 Millionen DM jährlich verlangen. In beiden Zahlen sind noch nicht die Leistungen des Steuerzahlers und der öffentlichen Haushalte im Betrag von 700 Millionen DM für Teuerungszuschläge, Krankenversorgung, ausfallende Wohnungsbaumittel usw. inbegriffen, über die an sich kein Zweifel ist. Ich habe Sie darauf hingewiesen, daß man nicht gleichzeitig Leistungen verlangen und den Steueranfall in diesem Ausmaß schwächen kann. Wenn wir uns über die Vermögensteuer, über ihr Ausmaß und ihr Aufkommen einigen könnten, wäre es letzten Endes gleichgültig, ob die Vermögensteuer direkt oder indirekt zum Lastenausgleich zukommt. Zunächst müssen wir einmal über die Vermögensteuer Bescheid wissen.
Tatsache ist folgendes. Bisher hat man Soforthilfeabgabe und daneben Vermögensteuer gezahlt, und zwar ohne Abzug der Abgabeschuld von dem vermögensteuerpflichtigen Vermögen. Der Antrag, den wir jetzt stellen und der einfach einer normalen Vermögensteuerhandhabung entspricht, bedeutet in zwei Punkten bereits eine Entlastung der Abgabepflichtigen. Erstens sind die Lastenausgleichsabgaben in vielen Fällen durchschnittlich niedriger als die Soforthilfeabgaben. Zweitens wird jetzt bei der Vermögensteuer die Abgabeschuld, d. h. zunächst 50 % des Vermögens, abgezogen, was bisher nicht der Fall war.
({0})
- Deswegen, Herr Kollege, beantragen wir ja, die Abgabeschuld abzuziehen. Aber Sie sehen hier vor, die Vermogensteuer für die Dauer von 30 Jahren ganz zu streichen, auch wenn die Abgabeschuld überhaupt nicht mehr besteht, 30 Jahre lang die Vermögensteuer zu erlassen, auch wenn die Abgabeschuld längst getilgt ist. Ich habe Ihnen gestern die Zahlen genannt, was das bedeutet. 240 Millionen DM an Vermögensteuer werden weder für die Länder und die öffentlichen Haushalte erhoben, noch werden sie dem Lastenausgleich zugeführt, sondern diese 240 Millionen DM werden den Abgabepflichtigen zu den sonstigen Begünstigungen, die dieses Gesetz gegenüber dem Soforthilfegesetz bringt, geschenkt. Bei diesen 240 Millionen DM ist schon die Rückgängigmachung der Herabsetzung der Freigrenzen berücksichtigt, die hier in § 89 vorgenommen werden soll. Denn kurioserweise hat man sich zwar sehr gescheut, durch eine normale Vermögensteuer oben etwas wegzunehmen. Man hat sich aber nicht gescheut, das Aufkommen dieser Vermögensteuer für den Lastenausgleich um ein paar Millionen zu erhöhen, indem man sich ausgerechnet auf die Vermögen zwischen 5000 und 10 000 DM gestürzt hat. Zu diesem Zweck will man sogar eine Verwaltungsarbeit in Kauf nehmen, der der Ertrag in keiner Weise entsprechen kann. Diese Streichung von 240 Millionen DM aus den öffentlichen Haushalten und aus dem Aufkommen des Lastenausgleichs ist eine Maßnahme, die eine Einigung über das Lastenausgleichsgesetz in Bundestag und Bundesrat offenbar unmöglich macht und die es unmöglich macht, eine tragfähige Bilanz des Lastenausgleichs aufzustellen.
Der Antrag des Herrn Kollegen Dr. Kather geht, wie er selber richtig bemerkt hat, nicht so weit wie unser Antrag. Ich weiß eigentlich nicht, warum er nicht so weit geht. Der Unterschied
({1})
ist ja nicht nur der, daß eine 50 %ige Abgabeschuld statt des Zeitwerts abgezogen wird, sondern daß daran festgehalten wird, daß derselbe Abzug für die ganzen 30 Jahre durchgeführt wird, auch wenn, wie gesagt, die Abgabeschuld längst getilgt ist, während wir vernünftiger-
und normalerweise wie sonst bei einer Vermögensteuer nur diejenige Schuld abziehen wollen, die in einem Feststellungszeitpunkt tatsächlich noch vorhanden ist. Auch diese Frage ist ein Prüfstein für die Einstellung zum Lastenausgleich. Wir beantragen namentliche Abstimmung.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Die sozialdemokratische Fraktion hat namentliche Abstimmung beantragt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 8 betreffend eine neue Fassung von § 88 Ziffer 2 Satz 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, die JaKarten abzugeben. Die Herren Schriftführer bitte ich, die Abstimmungskarten einzusammeln.
({0})
Meine Damen und Herren, die Berliner Abgeordneten bitte ich, wieder die golden schimmernde Metallurne zu benutzen.
Meine Damen und Herren, ich frage: sind noch Abgeordnete vorhanden, die nicht abgestimmt haben? - Wir können das natürlich noch verhältnismäßig lange so fortsetzen, aber - ({1})
Meine Damen und Herren, haben jetzt alle Abgeordneten abgestimmt? - Das ist der Fall. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte um Auszählung.
({2})
Meine Damen und Herren, ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung bekannt. Für den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion haben gestimmt 142 Abgeordnete, dagegen 189 Abgeordnete bei 3 Stimmenthaltungen. Von den Berliner Abgeordneten haben 8 mit Ja und 8 mit Nein gestimmt bei einer Enthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Meine Damen und Herren, darf ich zur Technik der namentlichen Abstimmung jetzt vielleicht, einem Vorschlag des Herrn Vorsitzenden des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität entsprechend, sagen, daß ich, um den ständigen Erschwerungen, die sich daraus ergeben, daß einzelne Abgeordnete telefonieren oder infolge der langen Dauer der Sitzung auch einmal andere Wege anzutreten haben,
({3})
zu begegnen, die Auszählung beginnen lassen werde, die Stimmabgabemöglichkeit aber bis zum Ende der Auszählung verlängert und dann ausdrücklich der Schluß der Abstimmung festgelegt wird.
({4})
Ich glaube, das führt dann nicht mehr zu diesen Auseinandersetzungen. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall.
Meine Damen und Herren, ich komme dann zur Abstimmung über die übereinstimmenden Anträge. ({5})
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9119
- Herr Abgeordneter Kather bittet ums Wort .zur Abstimmung.
Ich beantrage namentliche Abstimmung.
({0})
Meine Damen und Herren! Ich frage: wird dieser Antrag des Abgeordneten Kather auf namentliche Abstimmung auch über seinen Antrag unterstützt?
({0})
- Das ist der Fall; der Antrag ist hinreichend unterstützt. Es findet also wieder namentliche Abstimmung statt.
Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln.
({1})
- Ich kann nur den Vorschlag machen, wenn die Nein-Zettel ausgegangen sind, Ja-Stimmen abzugeben.
({2})
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({3})
Sind keine Abgeordneten mehr vorhanden, die ihre Stimme abzugeben wünschen? - Wir sind am Ende der Auszählung. Ich schließe die Abstimmung. -
Meine Damen und Herren, ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Abstimmung bekannt. Mit Ja haben gestimmt 146 Abgeordnete, mit Nein 181; 5 Enthaltungen; von den Berliner Abgeordneten 9 mit Ja und 7 mit Nein. Damit ist der Antrag des Abgeordneten Dr. Kather abgelehnt worden. Gleichzeitig ist damit der Antrag des Abgeordneten Goetzendorff, der wörtlich übereinstimmt, erledigt.
Ich komme zur Abstimmung über § 88 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 88 in der Áusschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 88 ist angenommen.
Ich rufe auf § 89. Herr Abgeordneter Paul!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Abänderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 9 ist in dem Bestreben gestellt worden, den Besitzern kleiner Vermögen durch Erhöhung der Freibeträge eine schwer tragbare Belastung zu ersparen. Wir beantragen, daß die Freibeträge in § 89 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 verdoppelt, also von 5000 auf 10 000 DM erhöht werden. In Ziffer 3 schlagen wir eine Erhöhung von 2000 auf 5000 DM vor.
Wir lassen uns bei unserem Antrag von dem klaren sozialen Motiv leiten, den kleinen Sparern ihr Vermögen steuerfrei zu erhalten. Solche Vermögen dienen in der Regel einerseits der Sicherung des Alters, andererseits der Heranbildung der Jugend. Es gibt z. B., wie Sie alle wissen, Witwen, denen nach dem großen Schnitt der Währungsreform noch ein Vermögen von 10 000 oder 15 000 DM verblieben ist. Dieses ist ein Notgroschen für die Tage des Alters.
Wir haben auch noch einen praktischen Grund, auf den wir unseren Antrag stützen. Die normale
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9119
({0})
Vermögensteuer beginnt bei der Grenze von 10 000 DM. Wenn im Lastenausgleich auf 5000 DM heruntergegangen werden soll, dann ist eine neue Veranlagung erforderlich. Es ist zu befürchten, daß der dazu notwendige Apparat einen großen Teil der Mittel kostet, die hereingebracht werden sollen.
Sie, meine Damen und Herren von der Regierungsseite, haben gestern und heute wiederholt eine uns unbegreifliche Großzügigkeit für die großen Vermögensbesitzer bewiesen. Ich appelliere an Sie, nun wenigstens auch Verständnis für die Menschen mit einem kleinen Vermögen zu zeigen.
({1})
Die Herren Kollegen Dr. Becker und Ewers haben heute bei einem anderen Anlaß verständnisvolle Worte für die Besitzer solcher kleiner Vermögen gefunden. Ich bitte Sie, dieses Verständnis auch durch die Tat zu beweisen, indem Sie sich unserem Antrag anschließen. Im Auftrage meiner Fraktion beantrage ich die namentliche Abstimmung über unseren Antrag.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was kleines Vermögen ist, verschiebt sich plötzlich in Größenordnungen, bei denen man anscheinend überhaupt nicht daran denkt, welchen Vermögenszusammenbruch wir in Deutschland eigentlich erlebt haben. Ich bitte Sie doch gütigst, auch die Verteilerseite aufzuschlagen und sich einmal klarzumachen, was wir dem Geschädigten an Hauptentschädigungen bieten. Sehen Sie da einmal in die sogenannten kleinen Vermögensgruppen hinein!
({0})
- Ach, Herr Kollege Mellies, im Ausschuß haben Ihre sämtlichen Kolleginnen und Kollegen vorbehaltlich ihrer Grundsatzablehnung diese Dinge genau so beschlossen wie wir auch.
({1})
- Jawohl, ich habe den Auszug aus dem Protokoll auf meinem Tisch liegen und kann das bei jedem Paragraphen nachweisen.
({2})
Ich möchte Ihnen doch einmal folgendes zu bedenken geben. Sie sprechen von den kleinen Vermögen und sprechen von den Vermögen von 30 000 DM und mehr. Ja, wieviel Menschen gibt es denn heute, die Vermögen von 30 000 DM und mehr haben und denen wir nicht da, wo sie in sozial bedrängten Verhältnissen leben, durch andere Hilfen gezeigt haben, daß wir für sie Verständnis haben? Derjenige, an den Sie denken sollten und an den ich jetzt denke, das ist der kleine Mann, der sich durch seine Lebensarbeit sein Vermögen in Gestalt eines kleinen Häuschens mit einem Stück Gartenland geschaffen hat. Dessen Vermögenswert ist aber nach den Bewertungsgrundsätzen so niedrig, daß er nahezu immer unter die Freigrenzen, die jetzt vorgesehen sind, fällt. Sobald Sie darüber hinausgehen und 10 000 plus 10 000 plus je Kind 5000 gewähren, haben Sie mit ihrer Methode bei der sogenannten Normalfamilie - Mann, Frau und zwei Kinder - 30 000 DM Vermögen von der Vermögensteuer freigestellt und ziehen es auch bei größerer
Vermögen von dem größeren Vermögen zunächst als steuerfrei ab. Das würde ich nicht im Sinne unserer Grundsatzkonzeption als sozial bezeichnen können.
Ich habe vielmehr die Auffassung, daß die Rücksicht auf die Millionen Menschen, die alles verloren haben, gebietet, daran zu denken, daß 5000 DM für den, der sie erhalten hat, und der gleiche Betrag dazu für seine Frau und je 2000 DM für ein Kind eine durchaus respektable Größe sind. Wir brauchen uns nicht zu schämen und uns nicht den Vorwurf machen zu lassen, mangelndes soziales Verständnis zu beweisen. Bei der Gesamtkonzeption der Vermögensteuer, wie sie jetzt vorgesehen ist, würde ich nichts ändern. Ich wäre bereit, mich über Änderungsmöglichkeiten zu unterhalten, wenn man über die Frage der Wiederherstellung der alten Steuersätze und damit auch der alten Freigrenzen ernster in ein Gespräch einzugehen bereit wäre. So schlage ich in diesem Augenblick die Ablehnung des sozialdemokratischen Antrages vor.
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß dem Herrn Kollegen Kunze etwas antworten. Sie wissen doch sehr wohl, daß wir unsere grundsätzlich ablehnende Haltung gegen die ganze Vermögensteuer beim Lastenausgleich im Ausschuß immer durchgehalten haben und daß wir in Einzelabstimmungen unsere Zustimmung zur Vermögensteuer immer unter dem Vorbehalt dieser grundsätzlichen Ablehnung gegeben haben.
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Wir haben uns auch speziell in diesem Punkte niemals mit irgendeinem Ausschußbeschluß bezüglich der herabgesetzten Freigrenzen einverstanden erklärt.
Im übrigen, Herr Kollege Kunze, ist es sehr bedauerlich, daß Ihr Hinweis auf die Leute, die alles verloren haben usw., Ihnen nicht einige Paragraphen früher eingefallen ist!
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Das, was Sie den kleinen Leuten mit Vermögen
zwischen 5000 und 10 000 DM wegnehmen wollen,
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das ist allenfalls, Herr Kollege Kunze, sagen wir einmal, ein Fünftel bis ein Zehntel des Betrages, den Sie soeben den großen Vermögen geschenkt haben.
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Wir haben deswegen namentliche Abstimmung beantragt, weil wir wissen wollen, wer sich hier auf die kleinen Vermögen stürzen will, um den Ausfall bei den großen wieder einzubringen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wuermeling.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grundsätzlich muß natürlich den Darlegungen des Herrn Kollegen Kunze zugestimmt werden, daß wir hier nicht in beliebigem Ausmaße auf der Abgabenseite Ermäßigungen eintreten lassen können, die notwendigerweise auf
({0})
der Seite der Empfänger zu entsprechenden Kürzungen führen müssen.
({1})
Ich habe aber vorher zu § 47 einige allgemeine Ausführungen bezüglich der Berücksichtigung der Belange der Familie gemacht. Es scheint mir doch unerläßlich, daß wir uns im Zusammenhang mit dem von der SPD gestellten Antrag nochmals darüber Gedanken machen, ob es wirklich notwendig ist, daß der Freibetrag je Kind auf 2000 DM beschränkt bleibt. Ich vermag im Augenblick allerdings nicht zu übersehen, wie die Auswirkung ist, wenn man ihn auf 3000 oder 4000 oder nach dem Antrag auf 5000 DM erhöht. Ich fürchte, das letztere würde solche Ausfälle im Gefolge haben, daß es nicht tragbar wäre. Ich möchte 'deshalb davon absehen, bei dieser Lesung zu diesem Antrag einen Gegenantrag zu stellen, möchte mir aber im Namen meiner Freunde vorbehalten, nach Beratung in unserer Fraktion in der dritten Lesung einen Änderungsantrag einzubringen. Ich bitte meine Freunde, sich wegen der bestehenden Unklarheit über die Auswirkung des zu Ziffer 3 gestellten Antrags der Stimme zu enthalten.
Nun taucht eine technische Schwierigkeit auf. Wenn wir über Abs. 1 und Abs. 2 der Ziffer 9 des SPD-Antrages getrennt abstimmen wollten, müßten wir, da namentliche Abstimmung beantragt ist, über beide Anträge namentlich abstimmen. Das möchte ich, wenn es irgend geht, dem Hause ersparen. Können wir uns mit den Antragstellern der SPD dahin verständigen, daß namentliche Abstimmung nur über einen der beiden Absätze der Ziffer 9 stattfindet? Dann wäre die Sache vereinfacht. Wenn insgesamt namentlich abgestimmt würde, würden wir uns bezüglich des ganzen Antrags der Stimme enthalten.
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Es hat sich nun zunächst Herr Abgeordneter Dr. Reismann gemeldet. Bitte
Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, daß abgesehen von den Gründen, die für den SPDAntrag schon vorgetragen wurden, noch folgende Überlegung zu berücksichtigen ist. Hier bietet sich die Gelegenheit, die Unzulänglichkeit der Saldierungsvorschriften in etwa für die Geschädigten, die außerdem noch bezahlen müssen, zu korrigieren. Deswegen stimme ich dafür und bitte Sie, unter Berücksichtigung dieser Gründe für den SPD-Antrag zu stimmen.
Herr Abgeordneter Kunze hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf, weil Mißverständnisse vorliegen - und das ist ja jetzt um halb acht Uhr abends verständlich, wenn man seit neun Uhr gearbeitet hat -, auf folgendes hinweisen, was der Aufmerksamkeit entgangen zu sein scheint. Alles Vermögen, das - auf den Währungsstichtag abgestellt - abgabepflichtig ist, ist nach den jetzigen Beschlüssen der zweiten Lesung sowieso vermögensteuerfrei.
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Es handelt sich also nur um das Zuwachsvermögen. Nun kann man doch wirklich nicht, wenn
jemand die Chance hatte, nach 1948 5000 DM für
sich, 5000 DM für seine Ehefrau und 2000 DM für jedes Kind aus seinem Geschäft oder sonstigen Einkommen zusätzlich zur Vermögensbildung zu benutzen, behaupten, daß es unsozial sei, wenn wir sagen: diese Grenze muß nun reichen, wir machen nicht die Grenze bei zehn plus zehn plus fünf. Ich bitte das zu überlegen. Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Kollege Seuffert, daß Sie, wenn Sie die Gesamtkonzeption sehen, zu diesem Antrag stehen. Ich könnte es verstehen, wenn die Geschichte herumgedreht würde, wie ich das schon einmal mit Ihnen besprochen habe; dann könnten wir ernsthaft darüber reden.
Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind dem Herrn Kollegen Kunze für seine Ausführungen über die Grenze eines normalen Vermögenszuwachses in diesen Jahren dankbar. Ich kenne sehr viele Leute, die sehr unzufrieden wären, wenn sie lediglich 5000 DM mehr Vermögen seit 1948 gemacht hätten.
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Ich danke Ihnen auch, daß Sie darauf aufmerksam gemacht haben, es handle sich hier allerdings zu einem großen Teil um Vermögen, das sich vielleicht ein Vertriebener oder Geschädigter - bei andern kommt es auf 5000 DM nicht an-seit 1948 wieder erworben hat, wenn er endlich einmal wieder eingegliedert worden ist.
Was die Anregung des Kollegen Dr. Wuermeling anlangt, so möchte ich doch darauf aufmerksam machen, daß der Freibetrag für die Ehefrau - Abs. 1 Ziffer 2 des Paragraphen - auch ein Freibetrag aus familiären Gründen und sachlich kaum von dem Freibetrag für die Kinder zu trennen ist. Wenn Sie sich, Herr Kollege Dr. Wuermeling, schon nicht heute entschließen können, so haben wir, glaube ich, keine Veranlassung, unseren Antrag zu trennen, um einige Enthaltungen einzuheimsen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Angesichts dieser Erklärung glaube ich also vorschlagen zu sollen, daß wir in der beantragten namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 492 Ziffer 9 insgesamt abstimmen. - Die Abstimmungsfrage ist klar, meine Damen und Herren. Ich bitte die Herren Schriftführer, die Abstimmungskarten einzusammeln.
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Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({1})
Ich bitte die Damen und Herren, zu denen die Herren Schriftführer nicht vorgedrungen sind, die Liebenswürdigkeit zu haben, ihre Karten hier vorne abzugeben.
({2})
Meine Damen und Herren, ich frage: sind noch Abgeordnete im Saal, die ihre Stimme nicht abgegeben haben? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung.
({3})
Darf ich die Pause benutzen, darauf hinzuweisen, daß morgen, Freitag, den 8. - -({4})
- Meine Damen und Herren, es handelt sich um
({5})
eine Mitteilung des Auswärtigen Ausschusses. Der ist offenbar der Welt um 24 Stunden voraus. ({6})
Ich weise also darauf hin, daß morgen, Donnerstag, den 8. 8., 10 Uhr, eine gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen und des Auswärtigen Ausschusses stattfindet.
({7})
- Ich lehne jede Verantwortung ab, ich habe nur abgelesen.
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- Ich stelle aber fest, nachdem ich überprüft habe, daß Sie recht haben: Donnerstag, den 8. 5., 10 Uhr, gemeinsame Sitzung des Auswärtigen Ausschusses und des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen. Jetzt ist die letzte Unklarheit beseitigt.
Ich gebe das vorläufige Ergebnis *) bekannt, das annähernd genau so überraschend ist. Für den Antrag der Fraktion der SPD haben gestimmt: 157 Abgeordnete, dagegen: 158 bei 16 Enthaltungen. Von den Berliner Abgeordneten haben 8 mit Ja, 6 mit Nein gestimmt und 2 sich enthalten. Damit ist der Antrag der SPD abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den § 89 in der Ausschußfassung und bitte die Damen und Herren, die der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 89 ist angenommen.
Ich rufe auf § 90. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; ist angenommen.
. Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen den Vorschlag machen, zu versuchen, bis § 121 heute noch vorzudringen.
({9})
- Nach Meinung der Sachverständigen ist das möglich. Allerdings ist Voraussetzung dazu, daß hier vorne keine interfraktionellen Ministerbesprechungen stattfinden,
({10}),
sondern daß die Herren Abgeordneten Platz nehmen.
Ich rufe auf § 91. Wer wünscht, den dazu vorliegenden Antrag zu begründen? - Herr Abgeordneter Seuffert wünscht, Ziffer 10 des Antrages auf Umdruck Nr. 492 zu begründen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag zu § 91 ist durch die zur Zeit beschlossene Fassung des § 89 gegenstandslos. Ich ziehe ihn zurück.
Der Antrag ist zurückgezogen. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich rufe gleichzeitig mit § 91 die §§ 92, - 93, -94, - 95, - 96 und 97 auf. - Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Die Paragraphen sind angenommen.
Zu § 98 wünscht Herr Abgeordneter Reismann den Änderungsantrag Nr. 495 Ziffer 8 zu begründen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen, in Abs. 1 Nr. 1 des § 98 die Zahl „100 000 DM" durch die Zahl „10 000 DM" zu ersetzen. Der Grund ist der:
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9119
Im § 98 ist man ohnehin von den Sätzen des Vermögensteuergesetzes abgewichen, worin es nämlich 20 % sind, die Veranlassung zu einer Neuveranlagung geben. Wenn man bei dem hier vorgesehenen Betrag verbliebe, so wäre das so, daß ein Mann, der eine Million DM und mehr Vermögen hat, erst dann erneut veranlagt wird, wenn er 100 000 DM zusätzlich erworben hat. Bis dahin braucht er also keine Vermögensteuer in den Lastenausgleichsstock zu bezahlen, auch wenn es sich sehr wohl lohnen würde, ihn dafür in Anspruch zu nehmen. Statt dessen greift man aber die kleinen Vermögen, nehmen wir einmal an, von 15 000 oder 20 000 DM schon an und veranlagt sie neu, wenn sie 10 %, d. h. in den eben genannten Fällen 1500 oder 2000 DM zusätzliches Vermögen erworben haben. Das macht eine ungeheure Menge von Verwaltungsarbeit, die sich gar nicht lohnt; und da, wo es sich lohnt, geht man nach der Vorlage, über die .wir jetzt verhandeln, achtlos an dem möglichen Aufkommen vorüber.
Deswegen bitten wir, daß die Zahl „10 000" an die Stelle der Zahl „100 000" gesetzt wird.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muß den Paragraphen ganz lesen, um zu wissen, daß diese Änderung überflüssig ist.
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Denn es heißt in dem dann folgenden Absatz, der Absatz 2: „Die Neuveranlagung wird auf den Beginn des Kalenderjahres vorgenommen, für den sich die Wertabweichung ergibt... Der Beginn dieses Kalenderjahrs ist der Neuveranlagungszeitpunkt." Es wird also jede entsprechende Vermögenserhöhung vom Beginn des Kalenderjahrs an, in dem sie eingetreten ist, in vollem Umfange erfaßt und damit gedeckt. Was verhindert werden soll, ist nur, daß man bei Großunternehmungen, bei denen 10 000 DM Vermögenszuwachs bedeutungslos sind gegenüber dem zur Abgabe kommenden oder zur Vermögensteuer zu veranlagenden Vermögen, die ständigen Veranlagungen hat. Der finanzielle Effekt für das Aufkommen der Vermögensteuer ist der gleiche. Darum schlage ich vor, es bei der bisherigen Fassung des Ausschusses zu belassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reismann.
Herr Kollege Kunze irrt in der Auslegung dieses Paragraphen und in seiner Auffassung über die Bedeutung der Nachveranlagung. Erst von dem Zeitpunkt der Veranlagung an wird die Steuer fällig, rückwirkend wird sie natürlich nicht fällig; und dann sind die 99 000 DM für die Zeit steuerfrei geblieben. In der gleichen Zeit hat aber der kleine Mann, der 20 000 DM Vermögen hat, schon 2000 DM versteuern müssen.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrage der Föderalistischen Union - Umdruck Nr. 495 Ziffer 8 - zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 98 in der Ausschußfassung. Ich rufe gleichzeitig auf § 99, ({0})
§ 100, - § 101. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf die §§ 102, - 103, - 104, - 105, -106, - 106 a, - 107, - 108, - 109, - 110, -111. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen,, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf § 112. - Wer wünscht, den Antrag auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 11 zu begründen? - Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den §§ 112 und 113 darf ich nochmals den Hinweis wiederholen, daß diese Fassung des Gesetzes unserer Ansicht nach in keiner Weise den verfassungsmäßigen Vorschriften Rechnung trägt. Hier ist eine Verfassungsänderung notwendig, um das zu machen, was hier gemacht werden soll. Schon aus diesem Grunde können wir den Paragraphen nicht zustimmen.
Im übrigen haben wir zu § 112 in bezug auf das Datum und zu den §§ 114 bis 119 sowie den damit in Zusammenhang stehenden §§ 122 und 237 Anträge gestellt, die darauf hinauslaufen, die sogenannte Übergangsabgabe aus dem Gesetze verschwinden zu lassen. Ich darf diese Anträge kurz begründen.
Die Übergangsabgabe ist bekanntlich der Versuch, den Ländern die von ihnen bereits erhobene Vermögensteuer nachträglich abzunehmen und dem Lastenausgleich zuzuführen. Wenn etwas aussichtslos ist, so ist es dieser Versuch. Ich habe bereits darauf aufmerksam gemacht, daß man nicht einmal gewagt hat, irgendeinen Posten für diese Vermögensabgabe in die Bilanz des Lastenausgleichs einzustellen. Wenn etwas sicher ist, so ist es, daß der Vermittlungsausschuß, wenn es zu seiner Anrufung kommt, Ihnen die Bedingung stellen wird, diese Bestimmungen fallenzulassen, und daß Sie diese Bedingung dann unter allen Umständen annehmen müssen, wie Sie auch sonst zu den etwaigen Vorschlägen dies Vermittlungsausschusses stehen mögen.
Da es wirklich nicht schlimm ist, wenn das Gesetz fünf Paragraphen weniger hat, glaube ich, daß man sich der Einsicht in diese wirklich unbestreitbaren Dinge nicht verschließen und die Paragraphen aus dem Gesetz verschwinden lassen sollte.
Ich danke dem Abgeordneten Seuffert, daß er gleich beide Anträge begründet hat.
Wünscht jemand das Wort zu § 112? - Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag Nr. 492 Ziffer 11 der Fraktion der SPD zu § 112. Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 112 in der Ausschußfassung.
({0}) - Von Ihnen aus, Herr Loritz, mag es zweifelhaft sein. Wir haben hier oben festgestellt, daß es die Mehrheit war.
Ich bitte diejenigen, die § 112 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Dieselbe Mehrheit. § 112 ist angenommen.
Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die § 113 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Es ist die gleiche Mehrheit; § 113 ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der Fraktion der SPD auf Streichung der §§ 114 bis 119 und 122 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Ich bitte die Damen und Herren, die für die Streichung der genannten Paragraphen sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, ich hatte den Eindruck, daß das die Mehrheit wäre. Angesichts der etwas zahlreicheren Enthaltungen möchte ich aber Klarheit haben. Ich bitte Sie, durch Hammelsprung zu entscheiden. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, im Interesse der Zeitersparnis möglichst schnell den Saal zu verlassen.
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Meine Damen und Herren, ich möchte Sie doch bitten, Ihre Gespräche draußen fortzusetzen, damit wir mit der Auszählung beginnen können. - Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
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Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen. - Ich bitte, die Abstimmung zu schließen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Für den Streichungsantrag der Fraktion der SPD haben gestimmt 143 Abgeordnete, dagegen 156 Abgeordnete; enthalten haben sich 12 Abgeordnete. Damit ist der Streichungsantrag abgelehnt.
Ich darf annehmen, daß mit der Ablehnung des Streichungsantrags die Paragraphen, über deren Streichung abgestimmt worden ist, als angenommen gelten und keine besondere Abstimmung erforderlich ist. - Das Haus ist damit einverstanden.
Noch nicht abgestimmt ist über die §§ 120 und 121. Es liegen keine Wortmeldungen vor. Ich bitte die Damen und Herren, die für die §§ 120 und 121 sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir pünktlich um 20 Uhr am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages, die 209., auf Donnerstag, den 8. Mai, 9 Uhr, und schließe die 208. Sitzung.