Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 188. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es sucht für längere Zeit um Urlaub nach Abgeordnete Frau Strobel für vier Wochen ab 23. Januar 1952 wegen Krankheit.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Frau Niggemeyer, Frau Schroeder ({0}), Dr. Povel; Neuburger, Dr. Besold, Kriedemann, Harig, Paul ({1}), Kohl ({2}), Vesper, Reimann, Frau Thiele, Rische.
Meine Damen und Herren, ich darf zunächst feststellen, daß das Haus damit einverstanden ist, daß Frau Abgeordnete Strobel über eine Woche hinaus beurlaubt wird. - Das ist der Fall.
Ich habe weiter mitzuteilen, daß der Abgeordnete Bahlburg sich mit Wirkung vom 23. Januar 1952 der Fraktion der Deutschen Partei als Gast angeschlossen hat.
({0})
Weiterhin habe ich mitzuteilen, daß sich der Abgeordnete Clausen am gleichen Tage der Fraktion der Föderalistischen Union als Gast angeschlossen hat.
({1})
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen.
Der Herr Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 22. Januar 1952 im Nachtrag zu seinem Schreiben vom 14. Dezember 1951 zur Frage der Überwachung des Post- und Fernsprechverkehrs berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3021 vervielfältigt.
Zur heutigen Tagesordnung habe ich auf Grund der Sitzung des Ältestenrats zunächst folgendes mitzuteilen. Es ist Einverständnis darüber erzielt worden - und ich bitte das Haus um Zustimmung -, daß auf die Tagesordnung gesetzt werden die Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Abgeordneten Günther, Kohl ({2}), Eickhoff, Dr. Hamacher und Genossen betreffend Schaffung einer Unterabteilung Handwerk im Bundeswirtschaftsministerium, weiterhin die Beratung der Mündlichen Berichte des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Volkholz einmal gemäß einem Schreiben des Rechtsanwalts Seidl, München, vom 8. November 1951 und dann gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 17. Januar 1952. Berichterstatter ist einmal Herr Abgeordneter Müller, das andere Mal Herr Abgeordneter Ritzel. - Ich darf annehmen, daß das Haus mit der Erweiterung der Tagesordnung einverstanden ist.
Weiter wünscht zur Tagesordnung Herr Abgeordneter Renner das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage, auf die heutige Tagesordnung zusätzlich den nachstehenden Antrag zu
({0})
setzen und in eine Aussprache über diesen Antrag einzutreten:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Bundestag spricht dem Bundeskanzler die Mißbilligung
({1})
für die in seinem Auftrag von dem Sicherheitsbeauftragten Blank am 19. Januar 1952 im Rundfunk abgegebenen Erklärungen zum sogenannten Generalvertrag aus. Der Bundestag betrachtet die in der Rundfunkrede des Herrn Blank angekündigten Maßnahmen militärischer Art wie insbesondere die Einführung eines Wehrpflichtgesetzes als verfassungswidrig.
Wir Kommunisten sind der Auffassung, daß, nachdem jetzt infolge der Radiorede
({2})
des Herrn „Abgeordneten" Blank, wie er sich schamhaft genannt hat,
({3})
der Inhalt des sogenannten Generalvertrags allgemein bekannt geworden ist,
({4})
auch in Westdeutschland, außer den schwerwiegendsten politischen Bedingungen,
({5})
- wir sind der Auffassung, daß, nachdem im Bundestag bisher der Inhalt verschwiegen worden ist,
({6})
der Bundestag jetzt endlich die Verpflichtung fühlen muß, dem Willen des Volkes
({7}) Rechnung zu tragen
({8})
und diese ungeheuerlichen Abmachungen,
({9})
die der Herr Adenauer ohne Befragung des Bundestages - -({10})
Herr Abgeordneter Renner, Sie überschreiten die Möglichkeiten der Begründung eines Antrags zur Tagesordnung. Wollen Sie freundlichst nicht die Aussprache zu Punkt 6 der Tagesordnung für Ihre Person vorwegnehmen!
Ich bin also der Auffassung, daß der Bundestag dem Herrn Adenauer und seinen gegen unser Volk gerichteten Plänen jetzt endlich Paroli bieten muß. Und darum stellen wir den Antrag, weil wir kein Hinausschieben der Aussprache verantworten können.
({0})
Meine Damen und Herren, es können Punkte auf die Tagesordnung gesetzt werden, wenn nicht fünf Abgeordnete widersprechen. Ich frage, ob widersprochen wird.
({0}) - Es wird widersprochen; es bedarf also keiner Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Renner.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, die zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzten Punkte:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Volkholz gemäß Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Alfred Seidl, München, vom 8. November 1951 ({1}) und
- Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({2}) betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Volkholz gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 17. Januar 1952 ({3}),
zuerst zu erledigen.
Herr Abgeordneter Ritzel wünscht, an Stelle des Herrn Abgeordneten Müller auch den Bericht zu dem zweiten Immunitätsantrag zu erstatten. Bitte, Herr Abgeordneter Ritzel!
Ritzel ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Amtsgerichtsrat Franz Glaser in Coburg hat in .einem Schreiben, das über den Präsidenten des bayerischen Landtags und den bayerischen Staatsminister der Justiz dem Herrn Bundesjustizminister zugeleitet und von diesem dem Bundestag übermittelt worden ist, Angaben gemacht, die, wenn sie zutreffen sollten, die Durchführung von Strafverfahren gegen den Abgeordneten Volkholz wegen Versammlungssprengung - § 107 a StGB -, Betruges - § 263 StGB -, Beleidigung - §§ 185 ff. StGB -, Bedrohung - § 241 StGB - und falscher Anschuldigung - § 164 StGB - begründen würden.
Auf Grund des ministeriellen Ersuchens um Stellungnahme hat sich der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität in eingehender Aussprache mit dem vorliegenden Tatbestand befaßt und beschlossen, dem Bundestag die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Volkholz zu empfehlen.
Im einzelnen handelt es sich um folgendes.
Erstens. Der Abgeordnete Volkholz wird bezichtigt, vor der Landtagswahl in Bayern gegen die Zusicherung von Freibier zwanzig Parteifreunde angestiftet zu haben, Versammlungen in Bodenmais und Kötzting zu sprengen und den Abgeordneten Donhauser zu verprügeln.
({5})
Dieser Anstiftung sei in einem Fall Folge geleistet worden.
({6})
Zweitens. Volkholz habe als bayerischer Landtagsabgeordneter zu Unrecht Sitzungsgelder bezogen.
Drittens. Volkholz habe Bundespräsident Heuss, Bundeskanzler Dr. Adenauer und Bundesfinanzminister Schäffer verleumdet.
Viertens. Volkholz habe eine Aktivistengruppe in Neukirchen-Heiligenblut gegründet und dort erklärt, wenn ein Flüchtling etwas vom Lastenausgleich sage, sollten ihm die Aktivisten mit einem Prügel gleich den Schädel einschlagen,
({7})
Fünftens. Volkholz habe einen Forstarbeiter nach vorheriger mündlicher Bedrohung beschossen und dann entschuldigend erklärt, er habe diesen Forstarbeiter bloß auf die Probe stellen wollen, ob er feig sei.
({8})
- Ja, Abgeordneter Volkholz ist meines Wissens Revierförster.
({9})
Volkholz habe die Rechtsanwältin Lammers in München in einem Fall, der -den Bundestag außerdem beschäftigen wird - ich komme gleich getrennt darauf zurück wider besseres Wissen durch falsche Anschuldigung und üble Nachrede beleidigt. Die Anwaltskammer habe in diesem Fall festgestellt, daß die Anschuldigung jeder Begründung entbehre.
Der Ausschuß beantragt durch mich, das Hohe Haus wolle die Genehmigung erteilen zur Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Volkholz aus den erwähnten Gründen.
Der zweite Fall bezieht sich auf die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Volkholz aus folgendem Grund. Ein Rechtsanwalt, Dr. Seidl in München, hat namens der Rechtsanwältin Lammers mit Schreiben vom 8. November 1951 den Bundestag gebeten, die Genehmigung zur Durchführung des Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Volkholz wegen falscher Anschuldigung, übler Nachrede und Verleumdung zu erteilen. Strafanzeige ist bei der Staatsanwaltschaft München I erstattet worden.
Der Sachverhalt zeigt laut Akten, daß der Abgeordnete Volkholz vor dem Ältestenrat des bayerischen Landtags in dem gegen ihn anhängigen Untersuchungsverfahren dem Zeugen von Loeben Eigennutz mit der Begründung vorgeworfen habe, er habe sich von der Rechtsanwältin Lammers einen Betrag zahlen lassen; die Rechtsanwältin habe damit ihre Pflichten verletzt.
Wir haben die Sache seinerzeit im Ausschuß zunächst zurückgestellt, um das Ergebnis einer Untersuchung der Anwaltskammer abzuwarten. Das Ergebnis dieser Untersuchung liegt vor; es ist absolut negativ für den Herrn Volkholz und positiv für die Rechtsanwältin ausgegangen.
Zu dieser Frage haben wir heute ebenfalls Stellung zu nehmen. Der Ausschuß beantragt auch in diesem Fall die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Volkholz. Ich bitte das Hohe Haus, in beiden Fällen in diesem Sinne beschließen zu wollen.
Meine Damen und Herren! Sie haben die Begründung des Herrn Berichterstatters gehört. Ich danke ihm.
Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich darf unterstellen, daß das Haus bereit ist, über beide Anträge gleichzeitig abzustimmen. Ich bitte -die Damen und Herren, die den Anträgen des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen, Enthaltungen angenommen.
({0})Sie wollen sich enthalten? Oder wollen Sie das Wort haben?
({1})
- Bei einigen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen, um es ganz klar festzustellen.
Damit, meine Damen und Herren, ist dieser vorgezogene Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe zunächst auf:
Beratung des Mündlichen Berichts -des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({2}) über den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesgesundheitsamtes ({3}).
Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Krahnstöver. - Bitte schön!
Frau Krahnstöver ({4}), Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hatte den Vermittlungsausschuß angerufen, damit einige Abänderungswünsche berücksichtigt würden, die in der Drucksache Nr. 2955 niedergelegt sind. Es handelt sich um Abänderungswünsche betreffend den Entwurf des Gesetzes über die Errichtung eines Bundesgesundheitsamtes.
Der Vermittlungsausschuß hat zu diesem Gesetzentwurf in seiner Sitzung vom 17. Januar Stellung genommen. In drei Punkten wünschte der Bundesrat eine Abänderung. Zu § 2 Buchstabe b) wünschte er eine Änderung in der Richtung, . daß die statistischen Erhebungen, die das Bundesgesundheitsamt durchführen soll, auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben. Diese Sorge des Bundesrats hat ihre Ursache in der Befürchtung, daß durch derartige statistische Abteilungen, wenn sie bei allen Ämtern und Behörden eingeführt würden, ein Übermaß an Funktionen entstände, und dieses Übermaß glaubte man einschränken zu müssen. Vom Bundesministerium des Innern wurde darauf aufmerksam gemacht, daß daran gedacht sei, bei dieser statistischen Abteilung nur sechs Kräfte zu beschäftigen gegenüber 20 Kräften, die das frühere Reichsgesundheitsamt beschäftigt hat. Ferner machten Vertreter des Bundestages darauf aufmerksam, daß der Bundestag durch sein Haushaltsrecht die Möglichkeit habe, allzugroßen Wünschen auch Einhalt- zu gebieten, indem er die Planstellen verweigerte. Es wurde dann ein Vermittlungsvorschlag angenommen, der Ihnen auf der Drucksache Nr. 3013 vorliegt
In § 2 erhält Buchstabe b folgende Fassung:
b) Erhebungen auf dem Gebiete der medizinischen Statistik für Bundeszwecke, soweit
sie nicht von dem Statistischen Bundesamt
vorgenommen werden.
Dieser Beschluß des Vermittlungsausschusses wurde einstimmig gefaßt.
Der zweite Wunsch des Bundesrates bezog sich darauf, daß man im § 2 beim Buchstaben c die Funktionen der Landesopiumstellen erhalten wissen wollte. Es bestehen in einigen Ländern derartige Landesopiumstellen, die auf Anordnung der Besatzungsmächte nach 1945 errichtet worden sind. Diese Stellen haben zum Teil Aufgaben, die über den Bereich einer Opiumstelle hinausgehen, wie z. B. Überwachung des Apothekenwesens. Ihre rechtliche Grundlage ist keineswegs als einwandfrei zu bezeichnen. Für diese Aufgaben, die die
({5})
Landesopiumstellen übernommen haben, muß eine neue gesetzliche Regelung erfolgen. Die Vorarbeiten dazu sind im Gange. Nach einer eingehenden Debatte beschloß der Vermittlungsausschuß, den ursprünglichen Text der Gesetzesvorlage mit einer redaktionellen Änderung, nämlich- in § 2 Buchstabe c das Schlußwort „zustehen" durch das Wort „zustanden" zu ersetzen, wiederherzustellen.
Der dritte Änderungswunsch wurde nicht behandelt. Der Bundesrat hatte hier die Absicht, in die Präambel die Worte „mit Zustimmung des Bundesrats" einzufügen. Der Vermittlungsausschuß hatte sich schon bei früheren Gelegenheiten dahingehend entschieden, daß es nicht seine Aufgabe sein könne, in jedem einzelnen Fall zu entscheiden, ob ein Gesetz nun Zustimmungsgesetz sei oder nicht. Hier soll eine generelle Regelung erfolgen. Deshalb wurde dieser dritte Vorschlag nicht behandelt.
Ich darf Sie im Namen des Vermittlungsausschusses bitten, diesem Vermittlungsvorschlag Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. Ich entnehme dem Bericht, daß nicht gewünscht wird, über beide Vorschläge gemeinsam abzustimmen. Wünscht jemand, Erklärungen zu diesem Vermittlungsvorschlag abzugeben? - Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, ich komme zunächst
- zur Abstimmung über die Ziffer 1 des Mündlichen Berichts des Ausschusses gemäß Art. 77 des Grundgesetzes, Drucksache Nr. 3013. Ich bitte die Damen und Herren, die Ziffer 1 zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Ziffer 1 ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über Ziffer 2. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ziffer 2 ist ebenfalls angenommen.
Gemäß der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses komme ich zur Schlußabstimmung über den Einigungsvorschlag im ganzen, Drucksache Nr. 3013. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Vermittlungsvorschlag in' seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Gegenstimmen und, wenn ich recht sehe, bei einer Enthaltung angenommen. Damit ist dieser Punkt erledigt.
Meine Damen und Herren! Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes ({0}) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Facharztordnung für die deutschen Ärzte an die Fortschritte der medizinischen Wissenschaft und Praxis ({1}).
Berichterstatter ist Justizminister Becher von Rheinland-Pfalz. Ich darf Sie bitten, das Wort zu nehmen, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ihnen in Drucksache Nr. 3014 vorliegende Mündliche Bericht des Vermittlungsausschusses empfiehlt Ihnen die Aufhebung des Gesetzesbeschlusses. Bei dieser Empfehlung ist der Vermittlungsausschuß von folgenden Erwägungen ausgegangen:
Es ist nicht zu bestreiten, daß die in § 2 des Entwurfs ausgesprochene Ermächtigung für den aus Selbstverwaltungsorganen der Ärzteschaft gebildeten Ausschuß verfassungsrechtlich zu schweren Bedenken Anlaß gibt. Eine Facharztordnung enthält Bestimmungen materiellen Rechts, das entweder in Form einer autonomen Satzung oder auf dem durch das Grundgesetz vorgeschriebenen Wege gesetzt werden kann. Eine autonome Satzung, die alle Ärzte erfassen will, unabhängig davon, ob sie den ärztlichen Standesorganisationen angehören, kann aber nur von einer öffentlich-rechtlichen Institution gesetzt werden. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, da in einer Reihe von Ländern die ärztlichen Standesorganisationen nur in privatrechtlicher Rechtsform gebildet sind.
In zweiter Linie ging der Vermittlungsausschuß von folgender Erwägung aus: Eine Ermächtigung etwa des Bundesministers des Innern nach den Vorschriften des Art. 80 des Grundgesetzes hielt der Vermittlungsausschuß nicht für zweckmäßig. Es ist bekannt, daß die Ärzteschaft entscheidenden Wert darauf legt, die Facharztordnung als Aufgabe ihrer Selbstverwaltung zu regeln. Über diesen berechtigten Wunsch sollte nach Auffassung des Vermittlungsausschusses nur dann hinweggegangen werden, wenn das Bedürfnis nach einer schnellen Regelung so dringend wäre, daß die Schaffung der erwähnten Voraussetzungen nicht abgewartet werden könnte. Nachdem dem Vermittlungsausschuß mitgeteilt wurde, daß noch im Laufe dieses Jahres die Voraussetzungen für die Neufassung der Facharztordnung im Rahmen einer bundeseinheitlichen Zulassungsordnung für Ärzte geschaffen würde, entschloß sich der Vermittlungsausschuß zu der eingangs erwähnten Empfehlung. Der Beschluß des Vermittlungsausschusses war einstimmig.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Wünscht jemand, Erklärungen abzugeben? - Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses gemäß Drucksache Nr. 3014. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrage des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ohne Gegenstimmen angenommen. Damit ist dieser Punkt erledigt.
Der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheitswesen hat mich gebeten, darauf hinzuweisen, daß nach Erledigung des Punktes 6 der Tagesordnung der Gesundheitsausschuß zu einer Sitzung im Zimmer 10 des Südflügels zusammentritt. Ich bitte freundlichst, das zu vermerken.
Ich rufe auf den Punkt 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens ({0}).
Zur Begründung der Herr Bundesminister für Wirtschaft!
Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, daß für die allgemeine Besprechung der ersten Beratung eine Aussprachezeit von 90 Minuten vorgesehen wird. - Das Haus ist damit einverstanden.
Bitte, Herr Minister!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag hat sich zuletzt in der 170. Sitzung vom 24. Oktober 1951 mit der Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens befaßt und dabei einstimmig beschlossen,
die Bundesregierung zu ersuchen, bei der Alliierten Hohen Kommission dahingehend vorstellig zu werden, daß von dem Verkauf von Vermögenswerten nach Gesetz Nr. 32, insbesondere von dem angekündigten Verkauf der Bavaria Filmkunst GmbH., bis zu dem Erlaß des der Alliierten Hohen Kommission bekannten deutschen Gesetzes abgesehen wird.
Die Bundesregierung hat diesem Ersuchen. mit Note des Auswärtigen Amtes vom 2. November 1951 entsprochen und die Alliierte Hohe Kornmission gebeten, die Angelegenheit nochmals zu prüfen und keine Verfügungen über das ehemalige reichseigene Filmvermögen bis zu dem in Kürze zu erwartenden Erlaß des deutschen Gesetzes zu treffen.
Die Alliierte Hohe Kommission hat darauf mit Note vom 8. Dezember 1951, die kurz vor Weihnachten bei der Bundesregierung eingegangen ist, mitgeteilt, daß sie nicht den Wunsch habe, den Durchführungsbestimmungen des deutschen Gesetzes vorzugreifen, wenn dieses verkündet sein wird, so daß die Abfassung von Prospekten und die Vorbereitung der Bekanntgabe der Vermögenswerte lediglich einen wesentlichen Beitrag zur Durchführung des deutschen Gesetzes bilden werde. Es heißt weiter:
Mit Rücksicht auf die in Ihrem Schreiben geäußerte Auffassung und unter Berücksichtigung der demnächst erfolgenden Verkündung des deutschen Gesetzes, welches zur Zeit als Entwurf vorliegt, hat die Alliierte Hohe Kornmission beschlossen, einstweilen keine neue Bekanntgabe bezüglich der Vermögenswerte vorzunehmen, die noch nicht Gegenstand einer solchen Maßnahme im Gebiete der Bundesrepublik gewesen sind.
In derselben Note hat die Hohe Kommission mitgeteilt, daß sie beschlossen habe, der Bitte der Bundesregierung stattzugeben, die dahin ging, daß bei der Annahme des deutschen Gesetzes das Gesetz Nr. 32 in vollem Umfange suspendiert werde.
Wie aus der Bundestagsdrucksache - Anschreiben des Bundeskanzleramtes an den Präsidenten des Bundestages - hervorgeht, hatte die Alliierte Hohe Kommission bei der Billigung des Gesetzentwurfs auf Grund der Direktive Nr. 4 zum revidierten Besatzungsstatut vorgeschlagen, Maßnahmen zur Beibehaltung des Inhalts des Art. 6 des Gesetzes Nr. 32 zu treffen. Dieser Artikel sah vor, daß ehemalige Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Ufa aus der Zeit von 1935 bis 1945 vom Erwerb von Filmateliers ausgeschlossen sein sollten. Die Bundesregierung hatte in weiteren Verhandlungen Bedenken gegen diese Vorschrift erhoben, weil sie mit dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz unvereinbar sei, und darauf hingewiesen, daß der in dem deutschen Gesetzentwurf vorgesehene Beirat in der Lage sei, etwaige Kaufangebote von Personen zurückzuweisen, bei denen auf Grund ihrer früheren Betätigung die Besorgnis begründet sei, daß sie als Erwerber eines Filmateliers dem in § 1 des deutschen Gesetzentwurfs bezeichneten Zwecke zuwiderhandeln würden, eine gesunde, vom Staate unabhängige und auf demokratischen Grundsätzen beruhende Filmwirtschaft in der Bundesrepublik zu schaffen. Erfreulicherweise hat sich die Alliierte Hohe Kommission nunmehr diesem Standpunkt angeschlossen, so daß der in der Bundestagsdrucksache noch wiedergegebene Vorbehalt erledigt ist und das alliierte Gesetz Nr. 32 in vollem Umfange durch das deutsche Gesetz ersetzt werden kann. Dies ist um so mehr zu begrüßen, als es sich um die Verfügung über ehe- mals reichseigenes, jetzt bundeseigenes Vermögen handelt.
Die wesentlichen Grundsätze des deutschen Entwurfs sind im allgemeinen Teil der Begründung , wiedergegeben. Sie lassen sich kurz dahin zusammenfassen, daß die von der nationalsozialistischen Regierung durchgeführte Vereinigung der Filmwirtschaft in der öffentlichen Hand beseitigt werden soll. Zu diesem Zweck sollen die zur Verwaltung des reichseigenen Filmvermögens errichteten Dachgesellschaften, die Cautio Treuhand GmbH. und Ufa Film GmbH. - Ufi -, mit sofortiger Wirkung aufgelöst und die übrigen ehemals reichseigenen Filmgesellschaften nach den Vorschriften des deutschen Rechts aufgelöst und abgewickelt werden.
Die Abwicklung wird von einem Beirat geleitet werden, dem Vertreter der Bundesregierung, der hauptsächlich beteiligten Länder Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, der Filmwirtschaft und der Gewerkschaften sowie mit beratender Stimme Vertreter der Stadt Berlin und zwei weitere, vom Bundesrat zu bestellende Vertreter der Länder angehören sollen. Im wesentlichen entspricht die Zusammensetzung des Beirats derjenigen des bereits bestehenden Deutschen Beratenden Ausschusses für die Neuordnung der Filmwirtschaft, so daß dessen Tätigkeit in diejenige des künftigen Beirats übergeleitet werden kann. Gegen den Vorschlag des Bundesrates, auch den Vertretern der Filmwirtschaft und der Gewerkschaften volles Stimmrecht im Beirat einzuräumen, hat die Bundesregierung keine Einwendungen erhoben.
Der nach der Berichtigung der Schulden verbleibende Abwicklungserlös, der auf die Beteiligungsrechte des Reiches entfällt, ist an den Bund abzuführen und nach den Vorschlägen des Bundesrats, gegen die die Bundesregierung ebenfalls keine Einwendungen erhoben hat, zur Förderung der deutschen Filmwirtschaft zu verwenden. Es ist daher zu hoffen, daß die Durchführung des deutschen Gesetzes einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau einer gesunden privaten Filmwirtschaft in der Bundesrepublik erbringen wird.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die allgemeine Besprechung der ersten Beratung. Das Wort - im Rahmen der Redezeit von 90 Minuten - hat der Abgeordnete Dr. Schöne.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst darf ich der Freude darüber Ausdruck geben, daß es gelungen ist, dieses immerhin wichtige Gebiet der Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen Reichsvermögens nunmehr in deutsche Zuständigkeit zubekommen. Damit erfüllt sich ein Wunsch, den das Haus geschlossen vorgetragen hat. Zweitens ist bei einer Betrachtung der Drucksache Nr. 2962 zu sagen: es ist sicherlich eine gewisse Eile geboten; denn die Reste der ehemaligen reichseigenen Filmwirtschaft liegen nun schon die Zeit von 1945 bis zum heutigen Tage volkswirtschaftlich brach und nutzlos.
Wenn man den vorliegenden Entwurf jedoch einer sachlichen Kritik unterzieht, ergeben sich
({0})
meines Erachtens zwei wesentliche Punkte. Einmal spricht der Entwurf lediglich von Entflechtung und von Abwicklung. Ich glaube aber, das wirtschaftliche Interesse an der Filmwirtschaft verlangt, daß man zwar mit Eile, aber doch mit wirtschaftlicher Vernunft darangeht. Bei diesem Prozeß des Abwickelns und des Entflechtens kann es sich keinesfalls um ein Zerstückeln, um ein Verschleudern immerhin doch gegebenen Volksvermögens handeln. Es fehlen dem Entwurf eigentlich die Richtlinien, die den Abwicklern oder dem Beirat mit auf den Weg gegeben werden können.
Das zweite Bedenken, das man anbringen muß, wenn man den Entwurf sieht, ist - so glaube ich - doch etwas gewichtigerer Natur. Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat schon hervorgehoben, daß im Mittelpunkt des Gesetzes zur Abwicklung und Entflechtung der Filmwirtschaft ein sogenannter Beirat steht. Beirat ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck dafür. Wenn man sich die Funktionen dieses Beirats einmal näher ansieht, wird man feststellen, daß dieses Organ die ganzen Entflechtungs- und Liquidationsgeschicke des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens lenkt. Der Beirat setzt einmal Richtlinien für die Abwicklung und Verwertung fest. Ich darf darauf hinweisen, daß in § 7 Abs. 5 die Möglichkeit des freihändigen Verkaufs vorgesehen ist. Der Beirat kann zum andern Weisungen an die Abwickler erteilen, er setzt sogar die Vergütungen an die Abwickler fest, und letzten Endes übt der Beirat die Rechte des Eigentümers in der Gesellschafterversammlung, in der Hauptversammlung und in der Aufsichtsratssitzung aus. Das heißt, dieser Beirat ist die zentrale Institution, die das ganze Gebiet des reichseigenen Filmvermögens beherrscht.
Wenn man sich unter dem Gesichtspunkt der Funktionen die Zusammensetzung des Beirats ansieht, kommt man zu interessanten Ergebnissen. Unter Zugrundelegung der Änderung durch den Bundesrat finden wir in dem Beirat je einen Vertreter der Bundesminister der Finanzen, für Wirtschaft, des Innern und für Vertriebene, also vier Beamte des Bundes. Ferner finden wir Beamte der Länder Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Wir finden des weiteren drei Vertreter der Filmwirtschaft und dann einen Vertreter der Gewerkschaften. Das heißt, wir finden überall Beamte, wir finden Private, wir finden einen Vertreter der Gewerkschaften, und in dem ganzen Entwurf ist kein Wort davon gesagt, daß das Parlament oder eine Institution des Parlaments - sei es ein Ausschuß, sei es auch was nur immer - zu dieser Frage der, sagen wir, Umwandlung ehemaligen Reichsvermögens in irgendeiner Weise Stellung nimmt.
Es ist zwar richtig, wenn gesagt wird, daß der Beirat, der hier gebildet wird, auf dem beratenden Ausschuß aufbauen soll, wie er früher bestand. Gut! Aber muß man denn diesen Beirat so für sich hinstellen, so gleichsam als autoritäre, fast möchte ich sagen, Hohe Behörde? Es sieht beinahe so aus, als würde hier das Regime der Bürokratie verwirklicht. Bei der Betrachtung dieses Beirats finden sich wirklich sehr interessante Perspektiven zu der Zusammensetzung der Aufsichtsräte und Beiräte der ehemaligen Reichs- und preußischen Unternehmungen. Ich darf am Rande erwähnen, wir haben wohl auch einen Staatssekretär zur besonderen Verwendung, der sich um diese Dinge kümmert,
Diese Institution des Beirats mit den hier vorgesehenen Funktionen ist einfach unmöglich. Immerhin handelt es sich um ein Objekt von 50 bis 70 Millionen DM, und ich glaube, man kann Beamte nicht mit einer solchen Verantwortung belasten. Wir werden uns diesen Gesetzentwurf genau ansehen müssen; wir werden ihn in Zusammenhang bringen müssen mit den Gesprächen, die gegenwärtig in den zuständigen Ausschüssen über die Gesundung der Filmwirtschaft laufen. Deswegen darf ich namens meiner Freunde beantragen, die Drucksache Nr. 2962 dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik - federführend - und dem Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und Films als beteiligtem Ausschuß zu überweisen.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Muckermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die uns vorliegende Drucksache trägt die Nummer 2962. Die Drucksache, die sich in diesem Hohen Hause zum ersten Male mit diesem Problem befaßt hat, trägt die Nummer 34. Inzwischen sind also sehr viele Drucksachen erschienen, sehr viele Reden gehalten und Bemühungen gemacht worden, um uns endlich dem Zeitpunkt näherzubringen, von idem ab wir wieder über das so umstrittene bundeseigene, ehemalige reichseigene Filmvermögen in eigener Regie verfügen können. Wir freuen uns, und ich darf hier die Freude meiner politischen Freunde zum Ausdruck bringen, daß es der Regierung und vor allem den außenpolitischen Bemühungen des Herrn Bundeskanzlers zu verdanken ist, daß wir auf dem Wege zur Gleichberechtigung nun auch in diesem Sektor nicht einmal mehr an das Gesetz Nr. 32 gebunden sind und als Bund voll und ganz über das ehemalige reichseigene Vermögen verfügen dürfen.
Aber der vorgelegte Gesetzentwurf muß doch - und da stimme ich mit dem Herrn Vorredner von der SPD, Herrn Dr. Schöne, völlig überein - sehr sorgfältig überprüft werden. Es handelt sich hier nicht nur um eine wirtschaftliche Angelegenheit, wenn gleich uns allen die wirtschaftlichen Sorgen sehr auf den Nägeln brennen, zumal der Bund durch seine Bürgschaften zur Zeit in der deutschen Filmwirtschaft sehr engagiert ist. Es ist auch eine politische Frage. In dem Kommentar zu diesem Gesetz steht ausdrücklich drin, daß wir bemüht sein müßten, eine demokratisch ausgerichtete deutsche Filmwirtschaft auf die Beine zu stellen. Ich glaube, daß es nicht zu den ersten Aufgaben der Interessentenvertreter gehört, hier das demokratische Kontroll- oder Überwachungsorgan zu bilden. Ich bin darum der Auffassung, daß mindestens für die erste Zeit - die ersten zwölf Monate der Entflechtung - das Parlament sich die Dinge nicht aus der Hand nehmen lassen darf.
({0})
Wir haben auf diesem Gebiet in den letzten Jahrzehnten auch einige Erfahrungen gemacht und
wollen nicht, daß auf dem Umweg über den Film
und über die Filmwirtschaft wieder antidemokratische Ideen in unser Volk hineingestreut werden.
({1})
Wenn ich sagte, das Parlament soll sich nicht ausschalten lassen, so will ich nichts dagegen einwenden, daß die Filmwirtschaft entsprechend vertreten ist. Ich will nichts dagegen einwenden, daß die Gewerkschaften und die Vertriebenen - wie
({2})
es vorgesehen ist, wenigstens in den Bestimmungen, die von der Regierung ausgegangen sind - im Beirat vertreten sind. Ich möchte auf Einzelheiten jetzt bei der ersten Beratung nicht eingehen. Ich stimme in diesem Punkt mit dem Vorredner überein, daß der Beirat in dieser Form nicht gebilligt werden kann.
In dem Kommentar zum Gesetz steht, daß bisher schon ein Ausschuß bemüht gewesen sei, die Vorarbeiten zu leisten und als Überwachungsorgan tätig zu sein. Es steht dann dabei, es wäre das einfachste, nun diesen Ausschuß in den Beirat überzuleiten. Nein, so einfach wird die Sache nicht gehen. Wir als Parlament haben die Pflicht, uns genau die Leute anzusehen; die in den letzten sechs Jahren über das bundeseigene Vermögen verfügt haben.
({3})
Wir wissen genau, daß nicht alles ordnungsgemäß
verwaltet worden ist. Ich erinnere nur an den
kleinen Fall, der vor einigen Monaten in Düsseldorf passiert ist, wo nachher bei der Abrechnung
eines Treuhänders 65 000 DM fehlten. Inzwischen
hat ein Prozeß stattgefunden, ein Fehlbetrag von
25 000 DM ist nachgewiesen worden. Über die anderen 40 000 DM hat man nichts mehr gehört; das
wird dann mit dem Mantel der Liebe zugedeckt.
({4})
Ich könnte mir vorstellen, daß auch im amerikanischen Zonenbereich nicht alles ordnungsgemäß verlaufen ist. Zumindest müssen wir das Recht haben, darüber eine Rechenschaft zu verlangen; denn als Parlament sind wir für dieses bundeseigene Vermögen haftbar und auch dafür haftbar, daß es in Zukunft in volkswirtschaftlich richtiger Weise angewandt wird.
Das sind Punkte, die zum Grundsätzlichen gehören und die ich hier nur andeuten will. Ich glaube, daß entsprechende Änderungsanträge bei der zweiten und dritten Lesung von verschiedenen Seiten des Hauses vorliegen werden. Im Grunde genommen freuen wir uns, daß wir so weit sind. Aber das Parlament muß auch weiterhin noch seine schützende Hand über die Entwicklung in der deutschen Filmwirtschaft halten, damit wir das Kind richtig aufwachsen lassen.
Im Gegensatz zu der Auffassung des Herrn Dr. Schöne beantrage ich, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuß für Presse, Rundfunk und Film als federführenden Ausschuß
({5})
und außerdem an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß zu überweisen. Das beantrage ich deshalb, weil der Ausschuß für Presse, Film und Rundfunk nicht nur ein kulturpolitischer Ausschuß ist. Wir haben uns jetzt schon seit zweieinhalb Jahren sehr intensiv mit der Materie Film befaßt, und ich glaube, es sind genügend Experten in diesem Ausschuß, um in gemeinsamer Beratung mit den Kollegen aus dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.
({6})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Strohbach.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die kommunistische Fraktion hat sich bei der Beurteilung des vorliegenden Gesetzentwurfs von der Sorge um die Existenz der deutschen Filmwirtschaft im Bundesgebiet leiten lassen. Wir sind der Meinung, daß unser Bestreben darauf gerichtet sein muß, die deutsche Filmwirtschaft im Bundesgebiet wirtschaftlich gesund zu machen, sie vor allen Dingen aus ihrer Abhängigkeit von ausländischen, insbesondere amerikanischen Filmkonzernen zu befreien und sie zu einem Faktor unseres nationalen friedlichen kulturellen Lebens zu entwickeln.
({0})
Der vorliegende Gesetzentwurf ist nach unserer Meinung nicht geeignet, dieser Entwicklung zu dienen. Wir müssen deshalb aus grundsätzlichen Erwägungen einem solchen Gesetzentwurf unsere Zustimmung versagen. Wir mässen sie vor allen Dingen deswegen versagen, weil nach § 12 des Gesetzentwurfs ausdrücklich das Recht der Alliierten Hohen Kommission anerkannt ist, auch in Fragen der deutschen Filmwirtschaft Anordnungen zu erlassen, die für die deutsche Gesetzgebung bindend sind. Dieses Zugeständnis bestätigt die weitere Unterordnung der deutschen Filmwirtschaft unter die Interessen der ausländischen, insbesondere der amerikanischen Filmkonzerne, und es bedeutet eine Anerkennung der für die westdeutsche Filmsituation so verhängnisvollen Zollabmachungen von Torquay, die zu einer solchen Überfremdung unseres Filmmarktes geführt haben, daß beispielsweise in den Monaten Januar bis Oktober des vergangenen Jahres nicht weniger als 42,4 % aller in Westdeutschland laufenden Filme amerikanischen Ursprungs waren. Wie sehr diese Filme unseren Interessen zuwiderlaufen, wie sehr diese Filme vor allem für unsere Jugend schädlich sind,
({1})
darüber sind sich, glaube ich, doch die allermeisten Menschen in Westdeutschland einig. Ich denke, das sollte auch einmal ausgesprochen werden.
({2})
Nach den Erfahrungen mit der Entflechtung der Eisen- und Stahlindustrie im Bundesgebiet können wir nicht erwarten, daß der vorliegende Gesetzentwurf die in § 1 ausgesprochene Absicht verwirklicht. Die in § 8 und § 9 ausgesprochenen Erwerbsverbote und Erwerbsbeschränkungen sind nach unserer Meinung keine Garantie dafür, daß nicht doch eine übermäßige Zusammenballung wirtschaftlicher Macht in der Filmwirtschaft zustande kommt. Solange das Vorrecht der alliierten Kommissare ausdrücklich anerkannt und damit jeder Umgehung der genannten Paragraphen Tür und Tor geöffnet ist, kann man nicht erwarten, daß die formalen Bestimmungen der §§ 8 und 9 eine Vertrustung der westdeutschen Filmwirtschaft unmöglich machen.
Der laut § 5 zu bildende Beirat kann nach seiner ganzen Zusammensetzung nicht im geringsten unser Vertrauen besitzen. Die Bundesministerien sowie die in § 5 genannten Länderregierungen von Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen haben durch ihre bisherige Haltung zu allen Lebensfragen des deutschen Volkes bewiesen, daß wir von ihnen keine Wahrnehmung der Volksinteressen innerhalb des zu bildenden Beirats zu erwarten haben. Die genannten Regierungen haben sich als die eindeutigsten Interessenvertreter des neu erstandenen deutschen Imperialismus erwiesen. Sie werden auch ihre Sitze im Beirat nur zur Wahrnehmung der Interessen des deutschen Monopolkapitals und seiner ausländischen Verbündeten,
({3})
({4})
nicht aber im Interesse einer nationalen deutschen Filmpolitik verwenden.
({5})
- Darüber wollten Sie ja auch nicht reden, Herr Kollege Dr. Mende.
({6})
Die vorgesehenen drei Vertreter der westdeutschen Filmwirtschaft werden nicht in der Lage sein, gegen die Majorität der Regierungsvertreter ihre berechtigten Interessen durchzusetzen. Noch viel weniger wird der einzige im Beirat vorgesehene Vertreter der Gewerkschaften in der Lage sein, die nationalen, kulturellen und wirtschaftlichen Interessen der werktätigen deutschen Bevölkerung gegenüber den Interessen der deutschen und ausländischen Monopolisten durchzusetzen. Der Beirat wird in seinen Beschlüssen um so weniger den Willen der deutschen Bevölkerung verkörpern, als der Gesetzentwurf den Vertretern der Filmwirtschaft und den Vertretern der Gewerkschaften nur beratende Stimme zubilligt, das Beschlußrecht aber allein den Regierungsvertretern vorbehält.
Die in § 7 vorgesehene Veräußerung der Vermögensgegenstände der ehemals reichseigenen Filmvermögen auf dem Wege der öffentlichen Versteigerung bietet nach unserer Meinung keine Garantie dafür, daß der Vermögenswert in den Besitz solcher deutscher Personen oder Personengruppen gelangt,
({7})
die die Voraussetzungen dafür mitbringen, daß sie das Filmvermögen im Interesse des deutschen Volkes und seiner nationalen, kulturellen Belange verwenden.
Die Bestimmung des § 8 c des Gesetzentwurfs, daß Personen, die auf Grund der Vorschriften über die Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus in dem Erwerb von Vermögen beschränkt sind, idem Gesetz unterliegende Vermögenswerte nicht erwerben dürfen, kann unsere Besorgnis nicht zerstreuen. Denn dieser Personenkreis umfaßt zwar viele kleine Nationalsozialisten; maßgebliche Verantwortliche für Nationalsozialismus und Militarismus aber fallen bekanntlich nach der Auslegung der Bundesregierung nicht unter diese diskriminierende Formulierung, so daß die großen Rüstungsgewinnler des Dritten Reiches nicht zu befürchten haben, daß sie auf Grund dieses § 8 c vom Erwerb des deutschen Filmvermögens ausgeschlossen sind.
({8})
Die §§ 9 bis 11 werden die neuerliche Zusammenballung wirtschaftlicher Macht in der Filmwirtschaft ebensowenig vermeiden, wie einzelne Paragraphen der Trustgesetzgebung anderer monopolistisch beherrschter Länder die Konzentration des Finanzkapitals zu verhindern vermochten. Da die Überwachung und Auslegung derartiger Gesetze den Interessenvertretern eben jener Monopolisten selbst ausgeliefert ist, kann man von ihnen nicht erwarten, daß sie gegen die Interessen ihrer monopolistischen Auftraggeber entscheiden.
Die Begründung, die die Bundesregierung für den Abs. 2 des § 14 des Gesetzentwurfs gibt, gesteht ein, daß der Gesetzentwurf alle Ansprüche auf ehemals reichseigenes Filmvermögen, die von Personen oder Körperschaften in der Deutschen Demokratischen Republik erhoben werden könnten, grundsätzlich ablehnt. Selbst gesetzlich fundierte Ansprüche der in deutsches Volkseigentum übergeführten Filmwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik
({9})
werden damit von vornherein zurückgewiesen. Dies bedeutet nicht weniger als die versuchte Legalisierung eines Rechtsbruchs, nicht weniger als die Beraubung der volkseigenen deutschen Filmwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik um rechtsgültige Ansprüche, nicht weniger als den Versuch, die Beraubung des deutschen Volkes durch deutsche und ausländische Monopolisten gesetzlich zu verankern. Dieser § 14 versucht vergeblich, hinter seiner formal-juristischen Terminologie einen neuerlichen Verrat gesamtdeutscher Volksinteressen zu verbergen.
Der § 15 des Gesetzentwurfs bestimmt hinsichtlich der Verteilung des verbleibenden Abwicklungsvermögens,
({10})
- bitte, noch einen Satz! ({11})
daß der nach Berichtigung aller Schuldverpflichtungen verbleibende Erlös des zu versteigernden Filmvermögens an den Bund abzuführen ist. Der Gesetzentwurf sagt aber kein Wort darüber, in welcher Weise dieser Erlös zu verwenden ist, und stellt es damit der Bundesregierung frei, den Erlös dieser Versteigerung ehemals reichseigenen Filmvermögens an deutsche und ausländische Monopolisten in das große Faß ohne Boden zu werfen, in die Remilitarisierung Westdeutschlands zu stecken,
({12})
anstatt diesen Erlös zweckgebunden der notleidenden westdeutschen Filmwirtschaft zuzuführen.
Aus allen diesen Gründen können wir dem Gesetzentwurf unsere Zustimmung nicht geben. ({13})
Meine Damen und Herren, ich greife das Wort „abgelesen" auf. In dieser Richtung appelliere ich allerdings nicht nur an Frau Abgeordnete Strohbach.
({0})
- Frau Abgeordnete Strohbach, ich habe doch eine so freundliche Bemerkung gemacht! Warum greifen Sie mich nun an? Das Wort hat Herr Abgeordneter Stegner.
Herr Präsident! Meine Damen und-Herren! Sehr verehrte Frau Kollegin Strohbach, nachdem man einige unfreundliche Bemerkungen gemacht hat, möchte ich eine freundliche Bemerkung Ihnen gegenüber machen. Ich muß Ihnen mein Kompliment machen dazu, wie es Ihnen immer wieder gelingt, von welchem Thema Sie auch ausgehen, stets bei der Walze des Monopolkapitalismus und bei der Remilitarisierung zu landen.
({0})
({1})
- Ich sage Ihnen ja: ich erkenne das an und kann Ihnen dazu nur mein Kompliment sagen.
({2})
- Sehen Sie, Frau Kollegin Strohbach, wir pflegen es in diesem Hause. so zu halten, daß wir bei der ersten Lesung eines Gesetzes immer eine Grundsatz-, eine Generaldebatte durchführen. Wir regen uns also nicht so sehr über die einzelnen Paragraphen auf, denn wir haben es schon erlebt, daß Gesetze dieses Haus ganz anders verlassen haben, als sie in der Regierungsvorlage ausgesehen hatten.
Aber, Frau Kollegin Strohbach, Sie hätten hier die Möglichkeit gehabt, einmal an einem Parallel-f all aus der Ihnen doch viel besser als uns bekannten sowjetischen Besatzungszone eine falsche Entflechtungsmaßnahme zu schildern. Ich denke an die Entwicklung der Defa,
({3})
und ich denke auch an die Einwirkung der sowjetischen Besatzungsmacht auf die ostdeutsche Filmproduktion, Frau Strohbach!
({4})
Ich darf hier nur zu § 12 sagen: Bei der Gültigkeit gewisser alliierter Vorschriften handelt es sich um ein ganz fest umrissenes Gebiet, das gerade durch dieses Gesetz nicht erweitert werden kann oder darf. Also die Dinge liegen schon etwas anders.
Nun, meine Damen und Herren, wir können, glaube ich, unserer Genugtuung darüber Ausdruck geben, daß über diese Entflechtung des ehemals reichseigenen Filmvermögens durch ein deutsches Gesetz in diesem Hohen Hause befunden werden kann. Das ist sicher ein großer Fortschritt, und wir sollten bei der Generaldebatte deshalb auch auf den § 1, der diesem Gesetz Sinn und Inhalt gibt, hinweisen. Es handelt sich j a nicht nur darum, die übermäßige Zusammenballung wirtschaftlicher Macht im deutschen Film zu verhindern, worüber in diesem Gesetz befunden werden soll, sondern es soll eine gesunde, vom Staat unabhängige, auf demokratischen Grundsätzen beruhende Filmwirtschaft geschaffen werden. Das scheint mir der Kern zu sein, und ich habe mich gefreut, daß auch meine Herren Vorredner von diesem Kern ausgegangen sind.
Auch wir haben unsere großen Bedenken, ob ein Beirat, der so zusammengesetzt ist, wie es dieses Gesetz vorsieht, eine vom Staat unabhängige Filmwirtschaft wird schaffen können. Ich glaube, gerade die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Schöne haben die Bedeutung dieser Bedenken klar aufgezeigt. Kollege Schöne hatte auch recht, wenn er hier gewissermaßen von einer „Hohen Behörde" sprach. Ja, man hat in diesem Gesetz irgendwie die „Beratende Versammlung" vergessen, wenn ich das einmal so sagen darf. Aber ich glaube, daß nach den Vorarbeiten zur Gesundung der Filmwirtschaft - die Unterausschußarbeiten sind ja auf diesem Wege schon weit vorangekommen - die Arbeit im Ausschuß gut und schnell vonstatten gehen wird, so daß diesem Gesetz der Inhalt und die Form gegeben werden können, die wir wohl alle wünschen.
Der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung, wie sie Herr Kollege Dr. Schöne vorgeschlagen hat, stimme ich zu. Aber ich möchte, selbst wenn ich mir damit das Mißfallen des Herrn Präsidenten zuziehe, bitten, darüber hinaus noch einen weiteren Ausschuß mit der Behandlung dieser Materie zu beauftragen, nämlich den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen.
({5})
- Ich sehe Ihre Abneigung, Herr Kollege Vogel. Es handelt sich aber um die Entflechtung ehemaligen reichseigenen, jetzt bundeseigenen Vermögens, und es wäre ein schlechter Präzedenzfall, wenn wir bei diesem Gesetz den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen übergehen würden. Ich glaube, daß Wirtschafts- und Filmausschuß gut zusammenarbeiten werden, wie sie das auch bisher getan haben. Durch die Einschaltung des Finanz- und Steuerausschusses würde sich eine wesentliche Verzögerung im Ablauf der Beratungen nicht ergeben.
({6})
Ich möchte diese Erweiterung zum Antrag erheben, Herr Präsident.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Besprechung der ersten Beratung.
Es geht also zunächst um die Überweisung an den federführenden Ausschuß. Dafür ist beantragt worden Überweisung an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß und an den Ausschuß für Presse, Rundfunk und Film.
({0})
- Herr Abgeordneter Dr. Vogel möchte dazu noch eine Bemerkung machen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn schon Fachausschüsse hier überhaupt eine Tätigkeit ausüben sollen, dann müssen sie von sich aus, wenn sie sich auf ein bestimmtes Gebiet spezialisieren, auch den Anspruch darauf erheben dürfen, auf diesem Gebiet federführend zu sein. Wenn die Praxis einreißen würde, einem Spezialausschuß die Federführung in einer ihn angehenden Sache nicht zu übertragen, würden die Folgen auch auf anderen Sachgebieten unvermeidlich sein.
({0})
Herr Dr. Schöne dazu, also in einer verlängerten allgemeinen Besprechung.
Meine Damen und Herren! Wir haben aus den beiden Ausschüssen für Wirtschaftspolitik und für Finanz- und Steuerfragen einen Unterausschuß gebildet, der sich in diesen Tagen mit den Fragen des ehemaligen Reichs-und preußischen Vermögens beschäftigt. Bei dem vorliegenden Antrag handelt es sich um ein Objekt von etwa 50 bis '70 Millionen DM, also um einen wesentlichen Bestandteil des ehemaligen Reichsvermögens. Ich anerkenne deswegen den Zusatzantrag von Herrn Kollegen Stegner und möchte Sie bitten: geben Sie die Federführung dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß, beteiligen Sie den Finanzausschuß, und ziehen Sie den Fachausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und Films hinzu! Sie können sicher sein, daß dieses Problem sachgemäß und auch mit der notwendigen Eile über die Bühne gehen wird. Bitte, stimmen Sie unserem Antrag zu!
Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß auch die Besprechung über diese Frage jetzt zu einem Ende gekommen ist. - Das ist der Fall. Ich bitte die Damen und Herren - ich lasse zunächst über den zuerst gestellten Antrag abstimmen -, die für die Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik als federführenden Ausschuß sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte
({0})
um die Gegenprobe. - Das erste war zweifellos die Mehrheit; die Überweisung an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß als federführenden Ausschuß ist erfolgt.
Wird der Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen widersprechen oder nicht? - Dann unterstelle ich, daß dieser Gesetzentwurf dem Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films und dem Finanz- und Steuerausschuß überwiesen worden ist. - Das ist der Fall.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung ebenfalls erledigt.
Ich rufe auf Punkt 4:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien zur Förderung des Wohnungsbaues ({1}) ({2}); Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen ({3}) ({4}).
({5})
Berichterstatter des Wiederaufbauausschusses ist
Herr Abgeordneter Dr. Brönner.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, eine allgemeine Aussprache in der dritten Beratung nicht stattfinden zu lassen. - Das Haus ist damit einverstanden.
Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Brönner!
Dr. Brönner ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe, Ihnen über die Arbeiten des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen zur Drucksache Nr. 3005 - Wohnungsbau-Prämiengesetz -zu berichten. Ich habe Ihnen einen schriftlichen Bericht*) vorlegen lassen, weil ich aus den früheren Darlegungen gerade über den Wohnungsbau den Eindruck gewonnen habe, daß man eigentlich gar nicht so sehr geneigt ist, große Ausführungen über einzelne Paragraphen zu den Gesetzen entgegenzunehmen. Ich beschränke mich daher in meinen Ausführungen auf das Grundsätzliche im Gesetz, glaube aber, Ihnen doch zunächst einmal über die Geschichte dieses Gesetzes berichten zu müssen.
Es hat eine ganz lange und eine sonderbare Geschichte. Sie wissen, daß wir in der Bundestagssitzung vom 28. März 1950 eine Entschließung gefaßt haben, nach der die kleinen Wohnungsbausparer endlich auch eine gewisse Vergünstigung gegenüber den großen Einkommensbeziehern bekommen sollen, wenn sie etwas für den Wohnungsbau auf die Seite legen. Wir denken dabei an. die Mittel, die nach § 7 c des Einkommensteuergesetzes von Gesellschaften und Einzelpersonen unter Abzug vom Einkommen für den Wohnungsbau gegeben werden konnten; wir denken weiter an die Großeinkommensbezieher, die durch hohe Sonderausgaben einen ganz erheblichen steuerlichen Vorteil erringen. Der kleine Einkommensbezieher, insbesondere der Lohnsteuerpflichtige muß ja, wenn er auf seine Lohnsteuerkarte einen steuerfreien Betrag gesetzt bekommen will, erst monatlich 39 DM an Werbungskosten und Sonderausgaben auffüllen, und erst das, was darüber hinausgeht, bekommt er auf die Lohnsteuerkarte. Dieser Betrag wird vom steuerbaren Einkommen abgesetzt, und vom Rest muß er dann die Steuer bezahlen. Aber sein Vorteil ist gering oder gleich Null.
Siehe Anlage Seite 8019.
Nun hat der Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen diese Angelegenheit im Auge behalten und geglaubt, es würde alsbald von der Regierung ein entsprechender Gesetzentwurf kommen. In der Entschließung ist ausdrücklich gesagt, daß ein Gesetzentwurf rechtzeitig vorgelegt werden soll, damit er am 1. Juli 1950 auch schon in Kraft tritt. Dieser erwartete Gesetzentwurf kam nicht. Es ist verständlich, daß dann die Fraktion der SPD unter dem 15. September 1950 eine Interpellation einbrachte, in der gefragt wurde: „Weswegen ist die Gesetzesvorlage dem Bundestag noch nicht zugeleitet worden? Wann ist die Gesetzesvorlage zu erwarten?" Die Interpellation ist am 15. November 1950 beraten worden. Damals hat im Namen der Bundesregierung Herr Staatssekretär Hartmann zu den Fragen Stellung genommen. Er hat erklärt, ein solcher Gesetzentwurf würde außerhalb des Rahmens unseres Steuersystems liegen. Außerdem würden schwerwiegende Bedenken auftauchen. Ferner seien die Länderregierungen weng geneigt, einem solchen Gesetzentwurf näherzutreten. In der Aussprache kam aber zum Ausdruck, daß diese Bedenken ausgeräumt werden können, insbesondere das Bedenken, daß die Länder auf einen Teil ihrer Wohnungsbaumittel, die sie vom Bund bekommen, nicht verzichten könnten. Es wurde ein Antrag angenommen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, unverzüglich einen Gesetzentwurf vorzulegen.
Wir haben gewartet bis zum 29. Januar 1951. Dann kam ein Schreiben des Herrn Bundesfinanzministers und ein sogenannter „Vermerk", eine Abhandlung, wie dieses Prämiengesetz aufgebaut werden könnte. In diesem Schreiben heißt es ausdrücklich, das reine Prämienverfahren sei die sauberste Lösung, die rechtlich klar und technisch einfach wäre. Außerdem erklärt aber der Herr Finanzminister, daß es nur ein unverbindlicher Entwurf sei, daß weder er noch die Regierung hinter dem Entwurf ständen und auch nicht die Länder. Aber der Ausschuß ließ natürlich nicht locker. Er hat weitergearbeitet und dringend gebeten, daß uns nach gewissen Gesichtspunkten - die in einem Unterausschuß geklärt worden sind - ein neuer Gesetzentwurf vorgelegt wird. Diesen Gesetzentwurf hat der Ausschuß unter dem 8. März 1951 bekommen. Der Wohnungssparer sollte danach &ne reine Prämie von 25 % erhalten, wie es j a auch in der Entschließung steht. Aber es wurde eine Bedingung daran geknüpft: die einkommensteuerlichen Vergünstigungen und Sonderausgaben für den Wohnungsbau sollten wegfallen, wenn diese Prämie Gesetz wird. Dagegen hat sich der Ausschuß gewandt. Wir wissen ja, wie sehr gerade die Bestimmung des § 7 c des Einkommensteuergesetzes von gewissen Firmen und auch leistungsfähigen Einzelpersonen mißbraucht worden ist, indem unter ungeheurer Steuerersparnis Wohnbauten hergestellt und in das Vermögen der Verwandtschaft übergegangen sind. Der Bundestag hat ja dann einen Riegel vorgeschoben, indem er eine Bestimmung geschaffen hat, nach der für eine Wohnung nur bis zu 7 200 DM steuerbegünstigt verwendet werden können. Wir wollten also nicht, daß durch dieses Prämiengesetz diese immerhin wertvolle Geldquelle für den Wohnungsbau verstopft und beseitigt wird, und haben erklärt, daß wir uns unter keinen Umständen darauf einlassen werden. Wir brauchen ein reines Prämiengesetz, in welchem die Vergünstigungen nach § 7 c des Einkommensteuergesetzes bleiben und für
({7})
jeden ein Wahlrecht enthalten ist, ob er die Begünstigung für den Wohnungsbau in der Form von Sonderausgaben von seinem Einkommen absetzen oder ob cr von der reinen Prämie, unabhängig von den Sonderausgaben nach dem Einkommensteuergesetz, Gebrauch machen will.
Nach dieser Aussprache und einem uns neu vorgelegten Entwurf haben die Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums unter dem 11. Juli 1951 den Gesetzentwurf auf Drucksache Nr. 2488 eingereicht, der in die Tagesordnung vom 13. September 1951 aufgenommen wurde. Damals wurde auf eine Aussprache verzichtet. Es wurde beschlossen, den Initiativgesetzentwurf an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen zur Bearbeitung zu überweisen.
Bei den Beratungen im Ausschuß hat es sich als zweckmäßig herausgestellt, einige Organisationen zu hören, um zu erfahren, wie sich die Prämienregelung, wie wir sie uns vorstellten, praktisch durchführen läßt. Zu diesem Zweck wurden die Herren Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Sparkassen- und Giroverbände und Girozentralen, dann der Herr Vertreter des Verbandes der öffentlichen Bausparkassen, der Herr Vertreter des Verbandes der privaten Bausparkassen und der Herr Vertreter des Verbandes gemeinnütziger Wohnungsbaunternehmen eingeladen. Der Ausschuß hat an diese Herren die Frage gerichtet, ob sie sich dahingehend erklären können, daß sie als Organisationen bereit und imstande sind, die Berechnung, den Einzug und die Verwaltung der Prämien zu übernehmen. Es kam uns vor allem darauf an, den Einwurf von seiten des Herrn Bundesfinanzministers zu entkräften, daß die Finanzämter nicht mit weiteren Arbeiten belastet werden dürfen und
können. Es war in der ganzen Beratung unser Bestreben, eine Form zu finden, bei der die Finanzämter möglichst wenig in Anspruch genommen werden. Die Herren Vertreter der Verbände haben uns erklärt, daß sie bereit sind, diese Arbeit zu übernehmen. Damit waren wir ein gutes Stück weitergekommen.
Wir haben den Antrag alsdann bis Anfang Dezember zu Ende beraten und ihn an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen weitergegeben. Dort wurden einige Vereinfachungen vorgenommen. Insbesondere wurde die Ermächtigung gestrichen, Rechtsverordnungen dazu zu erlassen. Schließlich hat der Ausschuß den Antrag einstimmig angenommen. Es kam noch zum Ausdruck, daß der Wohnungsbauausschuß mit dem Gesetzentwurf eine gute Arbeit geleistet habe..
Ich glaubte, Ihnen diese Darstellung geben zu müssen, damit Sie ermessen, mit welchen großen Schwierigkeiten der Ausschuß zu kämpfen hatte, um endlich den Willen des Bundestages zu erfüllen. Fast 22 Monate lang haben wir mit Zähigkeit an dieser Arbeit geschafft. Es kamen Bedenken und Hemmn sse von allen Seiten. Schließlich ist es doch gelungen. Auch der Ausschuß für Bau- und Bodenrecht hat mitgearbeitet. Wir haben den Bedenken, die von der Bundesregierung in bezug auf die Finanzämter vorgetragen worden sind, und den Bedenken, die von den Länderregierungen in bezug auf die Beschaffung der Mittel vorgetragen worden sind, in hohem Maße Rechnung getragen, so daß sowohl die Bundesregierung als auch die Länderregierungen wohl keinen Grund haben, sich gegen das Gesetz zu wenden. Wir haben daher die Hoffnung, daß es von dortaus keine Schwierigkeiten mehr gibt.
Nachdem ich Ihnen den Hergang der Beratungen dargelegt habe, darf ich Ihnen schlagwortartig noch das Wesentliche dieses Gesetzentwurfs vortragen. An erster Stelle ist die Frage aufgetaucht: Soll jeder Steuerzahler prämienberechtigt werden, soll eine obere Einkommensgrenze angesetzt werden, sollen Firmen prämienberechtigt sein? Diese Fragen wurden wie folgt entschieden. Prämienberechtigt sind nur natürliche Einzelpersonen, nicht Firmen. Die Begründung ist die, daß Firmen bisher nach dem Einkommensteuergesetz keine Sonderausgaben absetzen können. Die Einzelpersonen müssen unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sein. Es kommt aber noch eine andere Gruppe hinzu, an die man vielleicht sonst nicht denkt, nämlich die Gruppe derjenigen Menschen, die weder Lohnsteuer noch Einkommensteuer zahlen. Auch sie sollen in den Genuß dieser Prämien kommen.. Nehmen wir einmal an, eine sehr ärmlich lebende Familie erhält unerwartet eine Erbschaft von 5 000 DM. Für diese 5 000 DM an Vermögenszuwachs braucht sie ja keine Einkommensteuer zu zahlen. Sie kann aber diese 5 000 DM in dreimal 1 600 DM aufteilen und kann drei Jahre lang die Prämie bekommen, jedes Jahr 400 DM. Es ist also schon von Bedeutung, daß ein nicht Lohn- und Einkommensteuerpflichtiger auch das Recht hat, prämienbegünstigt zu sparen. Es kommt hier noch dazu, daß diese Ersparnisse zur Förderung des Wohnungsbaues verwendet werden müssen.
Die nächste Frage ist nun, welche Organisationen berechtigt sein sollen, derartige Gelder in Anspruch zu nehmen und nachher die Prämien anzufordern. Wir haben vier Gruppen vorgesehen, und zwar einmal die Bausparkassen. Wenn Beiträge zur Erlangung von Baudarlehen gezahlt werden, dann sollen diese Beiträge prämienbegünstigt sein. Die Bausparkassen haben vermutlich, natürlich genau so die Sparer, so gut wie sicher den allergrößten Nutzen von diesem Gesetz; denn es handelt sich hier um die kleinen Bausparer, die ihre Einzahlungen bisher nur als Sonderausgaben im Rahmen ihres Einkommens absetzen konnten. Dabei haben sie aber keine Steuerersparnis in Höhe von 25 % gehabt, sondern vielleicht eine solche in Höhe von 10, 12 oder 15 %. Sie werden nun alle in den Genuß der hohen Prämie kommen. Daraus wird sich hoffentlich, ja, so gut wie sicher, ein ganz starker Antrieb unter den sparenden Menschen entwickeln, die ein Haus als Zukunftsideal im Auge haben, mit dem Sparen zu beginnen, das sich jetzt viel mehr lohnt als bisher. Die Gelder, die auf diese Art gesammelt werden, können zum Bau und auch zum Kauf eines Wohnhauses, zum Ausbau eines Wohnhauses mit Wohnungen und schließlich- zur Entschuldung von Wohnhäusern verwendet werden. Damit wird eine ganz große Ebene geschaffen, um zum Sparen anzuregen, und da dieses Ziel eine ganze Reihe von Möglichkeiten aufweist, ist anzunehmen, daß weitere Kreise davon Gebrauch machen, um auch die Prämien zu bekommen und auch das höhere Ziel zu erreichen.
An zweiter Stelle ist an Aufwendungen im Rahmen von Sparverträgen gedacht. Nun sind ja Sparverträge im derzeit geltenden Einkommensteuerrecht schon mit der Vergünstigung bedacht, daß die Einzahlungen, wenn sie drei Jahre festliegen, als Sonderausgaben vom Einkommen abgesetzt werden können. Aber wir gehen jetzt noch etwas weiter. Die Sparverträge werden wie bisher weiterlaufen. Aber die Sparverträge, um die es sich hier handelt, enthalten noch eine Bedingung. Der Spar({8})
vertrag und auch die Prämie, die später gegeben wird, müssen entweder im Rahmen des Wohnungsbaues oder für den Erwerb von Rechten nach dem Wohnungseigentumgesetz, also des Wohnungseigentums oder eines Dauerwohnrechts, aufgewandt werden.
An dritter Stelle stehen die Aufwendungen für den ersten Erwerb von Anteilen an Bau- und Wohnungsgenossenschaften. Wir legen ja Wert darauf, daß die Interessenten durch den Erwerb von Anteilen die Hoffnung bekommen, eines Tages ein Haus oder wenigstens eine Wohnung zu erhalten. Deshalb haben wir auch diesen Erwerb als prämienbegünstigt herausgestellt.
Endlich sind die Beiträge auf Grund von Kapitalansammlungsverträgen mit gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsunternehmen prämienbegünstigt. Diese Unternehmen haben die Aufgabe, für den Wohnungsbau ganz besonders zu sorgen. Sie werden das Geld hundertprozentig in den Wohnungsbau stecken, und sie werden diese Verträge mit den Prämiensparern wahrscheinlich auch so lange laufen lassen, daß der Sparer es verdient, für die Hingabe seines Geldes für diese Jahre auch eine Prämie zu beziehen.
Herr Abgeordneter Brönner, darf ich Sie einen Augenblick unterbrechen. Sie sind augenblicklich auf Seite 9 Ihres schriftlichen Berichts.
({0})
Wenn die schriftliche Berichterstattung einen Sinn haben soll, darf ich Sie freundlichst bitten, doch zu unterstellen, daß der schriftliche Bericht bekannt ist.
({1})
Ich fürchte etwas für die Länge des Stenographischen Berichts und für die Druckkosten, die daraus erwachsen, wenn alles doppelt gesagt wird; denn das ist nicht der Sinn des § 74 der Geschäftsordnung.
({2})
Dr. Brönner ({3}), Berichterstatter: Ich werde mich bemühen, mich kurz zu fassen und schlagwortartig zu berichten.
({4})
Es wird noch bestimmt, daß fremde Mittel für solches prämienbegünstigtes Sparen nicht verwendet werden dürfen.
Hinsichtlich der sachlichen Begrenzung war die Frage, ob auch die Lebensversicherungsgesellschaften, Hypothekenbanken und Sparkassen das Recht haben sollten, auf Einzahlungen, die bei ihnen geleistet worden sind, Prämien anzufordern. Der Ausschuß ist zu dem Ergebnis gekommen, daß man davon absehen soll; denn dieses Gesetz soll ja nicht der Gesundung des Kapitalmarktes dienen, sondern den kleinen Sparer begünstigen. Wir sind also zu einem reinen Prämiengesetz gekommen.
Eine obere Grenze für den Prämiensparer ist nicht festgelegt worden. Jeder wird ja selber überlegen, ob er größere Vorteile hat, wenn er die Prämie benützt oder wenn er die Sonderausgaben absetzt. Als Prämienbetrag wurden 400 DM im Jahr gegeben. Bei 25 % Prämie müssen also 1600 DM gespart werden, wenn man diese 400 DM erhalten will.
In der Aussprache ist noch zum Ausdruck gekommen, daß dieses Gesetz auch einen sozialen
Einschlag bekommen sollte, und aus diesem Grunde ist eine Erhöhung des Prozentsatzes vorgenommen worden. Bei Alleinstehenden und kinderlos Verheirateten sind 25 % vorgesehen, für Familien mit einem Kind oder zwei Kindern 27 %, mit drei bis fünf Kindern 30 % und bei mehr als fünf Kindern 35 %. Eine Familie mit zwei Kindern braucht also nicht 1600 DM zu sparen, um die Prämie von 400 DM zu bekommen, sondern schon bei einem gesparten Betrag von 1481 DM bekommt sie die Prämie von 400 DM. Bei drei bis fünf Kindern müssen 1333 DM gespart werden; bei über fünf Kindern nur 1143 DM.
Die steuerliche Behandlung der Prämie ist auch wichtig. Es besteht nämlich die Gefahr, insbesondere bei Gewerbetreibenden, daß die Prämie von einem Finanzamt als Einkommen herangezogen werden könnte. Daher ist bestimmt, daß die Prämien nicht als Einkommen betrachtet werden; denn das würde dem Gedanken des Prämiensystems zuwiderlaufen.
Herr Abgeordneter Brönner, ich appeliere noch einmal an Sie, uns nicht noch die Seite 13 vorzulesen. Sie verstoßen mit dieser Berichterstattung gegen die Geschäftsordnung.
Dr. Brönner ({0}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Ich habe damit versucht, Ihnen einen Überblick zu geben. Wir sind der Überzeugung, daß dieses Gesetz ein Markstein auf dem Weg zur sozialen Gerechtigkeit ist. Auf diese Weise wird mehr gespart, und die Prämie, die der kleine Mann erhält, wird durch das verstärkte Sparen vervierfacht. Wir kommen damit zu einer besseren Finanzierung des Wohnungsbaus, indem die Eigenmittel verstärkt werden.
Ich habe den Auftrag, im Namen der beteiligten drei Ausschüsse die Annahme dieses Gesetzentwurfs - Drucksache Nr. 3005 - in zweiter und dritter Lesung zu beantragen.
Außerdem bin ich beauftragt, den Änderungsantrag Umdruck Nr. 431 zu § 10 im Namen der unterzeichneten Fraktionen vorzutragen. Es dreht sich dabei um die Regelung für das Land Berlin.
Schließlich bin ich gebeten worden, zu erklären, daß die Fraktionen auf eine Aussprache über dieses Gesetz verzichten.
({1})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe auf zur Einzelbesprechung der zweiten Beratung. Falls Sie zu einzelnen Paragraphen das Wort zu nehmen wünschen, bitte ich Sie, sich zu melden.
§ § 1, - 2, - 3, - 4, - 5, - 6, - 7, - 8, -9. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, . eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Die Paragraphen sind angenommen.
Zu § 10 liegt der von dem Herrn Berichterstatter erwähnte Änderungsantrag Umdruck Nr. 431 vor.
- Auch dazu wünscht niemand das Wort. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; § 10 ist in dieser Fassung angenommen.
Ich rufe auf § 11, - Einleitung und Überschrift.
- Ich bitte die Damen und Herren, die dem zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
({0})
Der Herr Bundesminister für Wohnungsbau wünscht das Wort zu nehmen. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Begründung, die der Herr Berichterstatter gegeben hat, nicht widerholen. Ich möchte nur mit ein paar Worten die Bedeutung unterstreichen, die das Gesetz für den Wohnungsbau hat. Ich begrüße das Gesetz, das aus der Initiative des Wohnungsbauausschusses heraus entstanden ist, nicht nur, weil ich die hierin gewährten Steuerbegünstigungen für gerecht halte, sondern vor allem deswegen, weil es zwei Gedanken, die ich für den Wohnungsbau für wesentlich halte, fördern wird: erstens den Gedanken der Selbsthilfe, indem es auch den Beziehern kleiner Einkommen ermöglicht und sie dazu anreizt, aus eigenen Mitteln möglichst viel für ihre Wohnung aufzubringen; zweitens deswegen, weil dieses Gesetz der Schaffung von Eigenheimen, sei es in der Form von eigenen Häusern, sei es in der Form von Wohnungseigentum, zugute kommt, so daß die Zahl der Eigentümer in breiter Streuung vergrößert wird.
({0})
Meine Damen und Herren, damit ist die zweite Beratung beendet.
Ich komme zur
dritten Beratung
des Gesetzes. Nach dem Beschluß des Hauses soll eine allgemeine Besprechung nicht stattfinden. Einzelberatung ist nur erforderlich, soweit Änderungsanträge gestellt sind. Das ist bei keinem Paragraphen der Fall. Wir brauchen also keine Einzelberatung der §§ 1 bis 11 vorzunehmen.
Ich komme zur Abstimmung über die aufgerufenen §§ 1 bis 11, Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; sie sind angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz über die Gewährung von Prämien zur Förderung des Wohnungsbaues, Wohnungsbau-Prämiengesetz. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Dieses Gesetz ist einstimmig ohne Enthaltungen angenommen worden.
({0})
Damit ist der Punkt erledigt.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung; nach der Reihenfolge des Eingangs der Drucksachen:.
Beratung des Antrags der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Neufassung der §§ 353 b und c StGB ({1});
Erste Beratung des von der Fraktion der Föderalistischen Union ({2}) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 2. Juli 1936 ({3}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von je 10 Minuten und eine Aussprachezeit von höchstens 120 Minuten vor.
Wer wünscht, den Antrag Drucksache Nr. 2965 zu begründen? -- Herr Abgeordneter Ewers, bitte!
Ewers ({4}), Antragsteller: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich mit einem Goethewort beginnen darf, so ist das bekannte Zitat
Es erben sich Gesetz und Rechte
wie eine ew'ge Krankheit fort
auf den ersten Blick am Platz. Zwar lebte Goethe unter der Herrschaft des römischen Rechts, das im Altertum über ein Jahrtausend und in der Neuzeit vom Ende des 15. Jahrhunderts bis 1900 in weiten Teilen Deutschlands galt, und er hatte von der Fabrik der Gesetzgebung, als die wir uns hier in Bonn betätigen mussen, noch keine Vorstellung. Ich meine aber, das Goethewort ist deshalb am Platz, weil ich glaube, daß das „Tausendjährige Reich" der beiden §§ 353 b und c inzwischen abgelaufen ist und wir bei unserem Betrieb alle Veranlassung haben, uns dieser beiden Paragraphen, die plötzlich aus einer Versenkung aufgetaucht sind und hier in Bonn und bei der gesamten Presse größte Unruhe hervorgerufen haben, mal etwas liebevoll anzunehmen.
Der Herr Kollege Dr. Reismann und seine Fraktion beantragen, den § 353 c einfach ersatzlos aufzuheben. Wir beantragen, nicht nur diesen Paragraphen, sondern auch den vorangehenden § 353 b unter die Lupe zu nehmen.
Wenn ich mit einer Redezeit von nur zehn Minuten auskommen will - ich bitte schon jetzt, eine ganz kurze Verlängerung vorzusehen -, muß ich mich sehr kurz fassen; denn zu diesem Komplex ist unendlich viel zu sagen. Man muß nämlich schon, wenn man etwas sagen will, bei § 353 a anfangen, den die Laien im Strafgesetzbuch nicht mehr finden werden. Normalerweise fängt man ja mit a und nicht mit b, c an. Der § 353 a ist der sogenannte Arnim-Paragraph, von Bismarck in das Strafgesetzbuch eingeführt, weil er es für notwendig hielt, wegen des Falles Arnim den diplomatischen Vertretern im Ausland eine besondere Geheimhaltungspflicht in bezug auf Regierungsabsichten und -pläne aufzuerlegen. Dieser Paragraph ist dem Kontrollrat zum Opfer gefallen, der uns bekanntlich verbot, diplomatische Vertretungen zu haben und überhaupt Außenpolitik zu betreiben. Es wird hohe Zeit, daß wir uns besonders darüber Gedanken machen, ob wir, nachdem wir wieder ein Auswärtiges Amt haben, nicht alle Veranlassung haben, einen § 353 a oder ähnliches wieder einzuführen.
Nun komme ich zu § 353 b, der erst der eigentliche Inhalt dieses Tagesordnungspunktes ist. Dieser Paragraph hat immerhin den Vorzug, daß er dort, wo er steht, auch hingehört. Er behandelt einen Tatbestand aus dem Beamtenstrafrecht. Insofern steht er an der richtigen Stelle, nämlich hinter dem a-Paragraphen, der einen anderen Geheimnisverrat spezieller Natur behandelt hat. Dieser § 353 b soll, ebenso wie der § 353 c, nach der Denkschrift des Justizministeriums kein Typ aus dem Nazirecht sein. Ich bekenne offen, daß mich diese Argumentation, die mit rechtshistorisch sehr wertvollen Ausführungen in der Denkschrift belegt ist, nicht überzeugt hat. Es steht wohl fest, daß ein Professor Beling in den Jahren 1906 oder 1905, zehn Jahre vor Ausbruch des ersten Weltkriegs, mal so etwas von sich aus angeregt hat. Aber von einem Echo seiner Anregungen ist in der damaligen Zeit nichts spürbar geworden. Man müßte zunächst mal nachprüfen, ob jener Professor Beling nicht vielleicht damals schon ein „alter Kämpfer" war.
({5})
({6})
1918 auch noch; 1918 ist noch einmal die Rede davon gewesen, Ende des Krieges und in der Kriegszeit, wo es bekanntlich immer mehr Geheimnisse, gibt als im Frieden, wo es sich z. B. um Geheimhaltung der ganzen Rüstungsproduktion handelt. Da liegen jedenfalls keine normalen demokratischen Verhältnisse vor. Fest steht nun aber, daß Anregungen in dieser Form im alten Reichstag im Jahre 1930, ich glaube, mit großer Stimmenmehrheit abgelehnt wurden und daß seitdem darüber alles schwieg, bis dann die Nationalsozialisten im Jahre 1936 die §§ 353 b und c eingeführt haben. Daß sie beide etwas nationalsozialistisch angehaucht sind, ergibt ein Blick auf das Strafmaß, das von einem Tag Gefängnis für den leichtesten Fall bis zu zehn Jahren Zuchthaus für den schwersten Fall reicht, wohlverstanden bei einem Delikt, wo der „schwere Fall" nicht in besonderen Tatbestandsmerkmalen, sondern ausschließlich durch die Auffassung des Gerichts gegeben ist. Wie solche Bestimmungen im Dritten Reich gehandhabt wurden, ist uns Verteidigern aus dem Dritten Reich hinlänglich bekannt.
Daß neben dem Strafmaß die Strafbarkeit des Versuchs und die Strafbarkeit der Fahrlässigkeit Dinge sind, die unter allen Umständen schon heute einer Änderung bedürfen, erkennt das Justizministerium dankenswerterweise selbst an. Insofern besteht kein Streit zwischen dem Ministerium und dem Bundestag. Ich hoffe, daß auch in anderen Dingen kein Streit entstehen wird.
Was nun die beiden Paragraphen und ihr Wesen anlangt, so möchte ich mich sehr kurz über die Einzelheiten des § 353 b, die mir und ebenfalls anderen Leuten bedenklich erscheinen, äußern. Objekt des Delikts ist ein Geheimnis. Das Wort ,,Geheimnis" haben wir vor einem knappen Jahr hier im Bundestag bei dem sogenannten Staatsgeheimnis des Landesverrats sehr eingehend behandelt. In dieser Novelle haben wir uns als echte rechtsstaatliche Gesetzgeber die Mühe gemacht, in einem Extra-Paragraphen festzustellen, was denn eigentlich ein „Staatsgeheimnis" im Sinne des Landesverrats ist. Ich bitte, das in unserer Novelle, die im Bundesgesetzblatt verkündet worden ist, nachzulesen. Daß der Gesetzgeber im Fall des § 353 b nicht auch nur den Versuch einer Begriffsbestimmung gemacht hat, das spricht für die Quelle, aus der das Gesetz kommt.
Was ist denn nun also ein Geheimnis? Jedenfalls kein Staatsgeheimnis; denn das ist beim Landesverrat definiert. Der Begriff in § 353 b ist also ein anderer. Es ist auch kein Aktenstück, das als „Geheim" bezeichnet ist; denn es werden viele Aktenstücke als „Geheim" bezeichnet, die urbi et orbi bekannt sind, wo man es nur im inneren Dienst für nötig hält, daß gerade dieses Papier in den Akten bleibt und nicht herumwandert und etwa dorthin kommt, wo es nicht hingehört. Es ist auch nicht alles schon ein Geheimnis, was etwa unter die beamtenrechtliche Schweigepflicht fällt. Dazu gehört unendlich vieles, was nicht Geheimnis, sondern nur dienstlicher Vorgang ist, über den man aber nicht groß sprechen soll. Es ist jedenfalls nach seiner Tendenz im § 353 b ein Amtsgeheimnis gemeint. Das steht zwar nicht ausdrücklich im Gesetz, ergibt sich aber daraus, daß durch seine Offenbarung „öffentliche Interessen" gefährdet werden müssen, was bei einem Privatgeheimnis in einem freien Staatswesen kaum denkbar ist. Denn Geheimnisse sind natürlich Wahrheiten, und Wahrheiten, die ich über eine Privatperson - sie mag stehen, wo sie will - verbreite, können öffentliche Interessen höchstens in einem Gauleiterstaat berühren.
Deswegen meine ich, die Vorschrift bezieht sich zunächst einmal auf Amtsgeheimnisse. Was das Wort „Geheimnis" anlangt, so mag darüber in der Rechtsprechung allerhand ausgeführt sein. Für den denkenden Menschen, der kein Jurist ist, ist „Geheimnis" jedenfalls ein Tatbestand oder auch ein Umstand - also z. B. ein Plan, der noch keine gegenständliche Form hat -, der bisher nur einer sehr beschränkten und zum mindesten übersehbaren Anzahl Menschen bekannt ist. Alles andere ist kein Geheimnis, sondern ist vielleicht eine Tatsache, die sich noch nicht sehr weit herumgesprochen hat. Sobald aber ein mehr als übersehbarer Menschenkreis ein Geheimnis kennt, hört es auf, ein Geheimnis zu sein. Deswegen kann ich mir ein Gesetz, das rechtsstaatlichen Anforderungen entspricht, nicht anders vorstellen, als daß zunächst einmal nach dem Muster des Landesverrats bestimmt wird, was ein Amtsgeheimnis ist. Wer hat die Befugnis, die Macht, zu erklären: Dieser oder jener Tatbestand soll ein Geheimnis sein? Diese Befugnis wird in das Gesetz hineinzuarbeiten sein.
Wenn es sich um den Verrat eines Amtsgeheimnisses handelt, bedeutet der Zusatz, daß dadurch öffentliche Interessen nicht gefährdet werden dürfen, kein neues Tatbestandsmerkmal. Diese Logik ist vom Gesetzgeber übersehen worden; denn ein Tatbestand ist eben deswegen ein Amtsgeheimnis, weil die öffentlichen Interessen seine Offenbarung nicht gestatten. Durch den Verrat jedes Amtsgeheimnisses wird also selbstverständlich das öffentliche Interesse mehr oder weniger stark gefährdet. Davon muß man ausgehen und muß sich nicht einbilden, daß in § 353 b - in § 353 c ist es I anders - das Tatbestandsmerkmal der „Gefährdung öffentlicher Interessen" irgendein Akzidens sei; diese liegt vielmehr ohne weiteres im Offenbarungsakt begründet. Wenn es ein besonderes Akzidens wäre, bliebe festzustellen: Es sind, wie es heißt, „wichtige öffentliche" Interessen gefährdet. Wer bestimmt das? Der Amtsrichter der Kleinstadt soll das übersehen können, soll genug Urteilskraft besitzen, um diese Frage zu entscheiden?!
Ich bin mit der Erörterung des § 353 b am Ende. Darf ich noch kurz unseren Antrag zu § 353 c begründen? Oder ist es nicht möglich? Ich müßte lebhaft dagegen protestieren, daß man für die Erörterung eines so komplexen Tatbestandes und für die Begründung eines Antrags zu zwei derartigen Paragraphen nur zehn Minuten Redezeit zudiktiert bekommt. Daher bitte ich, mir - mit Erlaubnis des Hauses - noch fünf Minuten zu gewähren.
Ist das Haus damit einverstanden?
({0})
Ewers ({1}), Antragsteller: Vielen herzlichen Dank an das Hohe Haus und den Herrn Präsidenten!
Ich will mich sehr kurz fassen. Ich komme zu § 353 c. Zunächst einmal ist es erforderlich, diesen Paragraphen aus dem Abschnitt über die Beamtendelikte herauszuwerfen; denn er ist das genaue Gegenteil eines Beamtendelikts. Hier ist Voraussetzung, daß der Täter kein Beamter ist. Sonst können alle allgemeinen Delikte von Beamten und Nichtbeamten begangen werden; dieses Delikt kann überhaupt nur von Nichtbeamten verübt werden,
({2})
weil das einschlägige Beamtendelikt schon in § 353 b geregelt ist. Deswegen gehört es bestimmt nicht an diese Stelle.
Was ist nun zu dem Tatbestand zu sagen? In Abs. 1 wird ein völlig anderer Tatbestand als in dem - ach so kurz gefaßten - Abs. 2 für strafbar erklärt. Abs. 1 geht von dem Besitz einer Urkunde aus, die, wie es heißt, als „geheim" oder „vertraulich" bezeichnet - gemeint ist: gekennzeichnet - ist, also einer Urkunde, deren Inhalt dem äußeren Anschein nach zwar noch lange kein Geheimnis zu sein braucht, die aber von irgendeinem Behördenmitglied, der das zu verfügen hat, mit dem Stempel „geheim" oder „vertraulich" versehen ist, so daß jeder, der die Urkunde findet, sieht, es ist nicht nur eine gewöhnliche Urkunde einer Behörde, nein, sie ist auch als Geheimsache bezeichnet; allein damit schon ist diese Urkunde besonderem Schutz unterworfen.
Nun heißt es in dem Text, man dürfe die Urkunde nicht „mitteilen". Ich muß offen sagen, versuchen Sie bitte mal, eine Urkunde mitzuteilen. Das können Sie nicht; Sie können nur den Inhalt einer Urkunde mitteilen. Die Urkunde selbst können Sie nur übergeben, aushändigen; man kann nur eine Nachricht „mitteilen". Also auch das muß geändert werden, damit man klar sieht, welches die äußeren Tatbestandsmerkmale eigentlich sind: die Übergabe dieser als geheim bezeichneten Urkunde an einen Dritten.
Wer der Dritte ist, ist vollkommen belanglos. Getroffen fühlt sich heute hier besonders die Presse, und das nicht ohne Grund. Denn die Presse jagt natürlich mit Recht nach Nachrichten, insbesondere nach neuen Nachrichten; und neu sind eben nur Nachrichten, die bisher irgendwie vertraulichen Charakter hatten oder unbekannt waren. So ist diese Bestimmung in der Tat geeignet, in den Kreisen der Presse größte Unruhe hervorzurufen; denn sie darf solche Urkunden, wenn sie sie empfangen hat, nicht weitergeben. Falls da „geheim" draufsteht, ist es für jeden Empfänger einer solchen Mitteilung gefährlich, sie weiterzugeben und ihren Inhalt zu verbreiten. Nun lebt aber die Presse von der Verbreitung von Nachrichten. Das ist ihr Geschäft. Es ist also kein Wunder, daß die gesamten Presseorgane die Frage aufwerfen: Dürfen wir überhaupt noch Nachrichten verbreiten?
({3})
- Mit solchen Urkunden belegt, wohl verstanden; hier handelt es sich nur .um Urkunden.
Das ist also eine Tatbestandsgestaltung, die man ablehnen muß. Sie müssen bedenken, daß die Kennzeichnung als „geheim" j a ewig bestehen bleibt. Eine Urkunde, die vier Jahre alt ist, hat immer noch den Stempel „geheim". Ausradieren kann man diese Stempelfarbe meistens nicht. Ist aber dann der Inhalt noch geheim? Ist das Geheimnis nicht oft schon seit zwei Jahren oder länger gelüftet? Diese Frage spielt nach dem Gesetzestext überhaupt keine Rolle, wenn nur „öffentliche Interessen" gefährdet werden.
Dann muß man die Frage stellen, die ich vorhin schon angedeutet habe: Wer bestimmt das Vorliegen wesentlicher Interessen? Dieses Tatbestandsmerkmal ist hier besonders gefährlich; es hat größte, selbständige Bedeutung. An sich ist der materielle Geheimnischarakter der Urkunde nämlich belanglos, wie gesagt, der Geheimnischarakter ist nur ein äußerliches Tatbestandsmerkmal. Das Delikt des Abs. 1 ist, was die Urkundenqualität anlangt, ein reines Formaldelikt und, was die Folge - die Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses - anlangt, ein Delikt, dessen strafbare Bestimmbarkeit fast unmöglich ist. Sind z. B. die öffentlichen Interessen der Opposition die gleichen wie die der Regierungsparteien? Das ist eine Frage, die sich aufdrängt. Gibt es im politischen Leben einer Demokratie die gleichen „öffentlichen Interessen" vom radikalsten Flügel der Kommunisten bis zum radikalsten Flügel der SRP? Diese Fragen drängen sich gerade auf dem politischen Feld auf. Deswegen ist zu sagen, daß das Tatbestandsmerkmal der Interessengefährdung hier entscheidend und außerordentlich gefährlich ist.
Nun ist weiter noch folgendes zu bemerken. Dieses Delikt setzt als Täter eine Privatperson voraus, die nicht Beamter ist, und muß deshalb an anderer Stelle untergebracht werden, nämlich bei den Delikten gegen die öffentliche Sicherheit.
Ich möchte jetzt zum Schluß kommen und einige weitere wichtige Einzelfragen sowie Nebengesichtspunkte nicht mehr behandeln. Abschließend möchte ich folgendes ausführen. Wenn die Gesetzesbestimmungen der §§ 353 b und c nicht ausgesprochen nationalsozialistisches Rechtsgut sein sollen - und sie sollen es j a nicht sein -, so wollen wir uns darüber klar sein, daß in einem freiheitlich-parlamentarisch-demokratischen Staat die Arbeit der Behörden in einem diametralen Gegensatz zu derjenigen zu stehen hat, wie sie in einem totalitären Staat allein möglich ist. In der Demokratie handelt es sich darum, daß jeder Plan Regierung der öffentlichen Kritik unterstellt worden muß. Hier handelt es sich darum, daß sich die öffentliche Meinung bilden muß, wenn wir mit dem Volk Verbindung haben wollen. Hier hat die Presse die Funktion, nicht etwa das Sprachrohr für die Regierung zu sein, sondern in taktvoller und gewissenhafter Weise das Volk über das Für und Wider aufzuklären. Diese Dinge setzen also, was den inneren Betrieb der Behörden anlangt, eine bedeutend engere, ja überhaupt die engste Beziehung zwischen der charakterlich festen, anständigen Presse und den Ministerien voraus.
Unter diesen Gesichtspunkten sind die beiden §§ 353 b und c in der heutigen Fassung unmöglich. Sie sind vielleicht nicht ganz entbehrlich, das gebe ich zu, und ich halte es für sehr gefährlich, etwa beide mit einem Federstrich zu beseitigen.
Ich habe die bedeutendsten Schwierigkeiten und Bedenken gegen die jetzige Fassung erörtert. Was nun die Abänderungen anlangt, so beantrage ich, die beiden Ihnen hier vorliegenden Anträge dem Rechtsausschuß mit dem Auftrag zu überweisen, wenn irgend möglich, diese Bestimmungen und eine weitere, auf die ich gleich noch komme
({4})
- ich muß doch sagen, was wichtig ist - in das neue, sehr eilbedürftige, noch nicht verabschiedete Strafrechtsänderungsgesetz einzubauen. Sie gehören in die Materie des neuen politischen Strafrechts, das aus folgendem Grunde besonders eilbedürftig ist.
({5})
In § 2 des Strafgesetzbuchs ist bestimmt, welches Gesetz anzuwenden ist, wenn sich seit dem Tage der strafbaren Tat bis zu ihrer Verurteilung die Gesetze geändert haben. Dort ist durch die Nazis jetzt nur noch eine Kann-Vorschrift vorhanden, nach der das mildere Gesetz angewandt werden „kann". Deshalb ist bei einem anhängigen Strafverfahren die
({6})
Frage sehr wichtig, ob wir die notwendige Änderung und Ergänzung der Bestimmungen - auch des § 2 in seiner früheren Fassung - noch so rechtzeitig unter Dach und Fach bringen, daß die heute nach diesem Gesetz verdächtigen Personen in die Wohltat einer demokratisch gefaßten Norm kommen können.
Ich bedauere, mich so kurz fassen zu müssen, aber ich bin dankbar, daß es lange genug war, um wenigstens die wesentlichsten Gedanken auszusprechen, und bitte um Überweisung der beiden Anträge an den Rechtsausschuß.
({7})
Meine Damen und Herren! Zur Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktion der Föderalistischen Union Herr Abgeordneter Dr. Reismann.
Dr. Reismann ({0}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin mit dem Antrage des Herrn Kollegen Ewers einverstanden, die beiden Anträge der Foderalistischen Union und der Deutschen Partei dem Rechtsausschuß zu überweisen. Ich bin allerdings im Gegensatz zu ihm der Ansicht, daß der § 353 c glatt gestrichen und nicht etwa nur geändert werden sollte, während beim § 353 b - Verletzung der Amtsverschwiegenheit durch einen Beamten - vielleicht eine Änderung ausreichend wäre.
Wenn wir uns daran erinnern, daß in den zwanziger Jahren dieser Komplex schon einmal Gegenstand eingehender Beratungen gewesen ist, so gibt uns das in etwa eine Richtschnur und einen Hinweis dafür, was heute Rechtens wäre, und wie man heute denken würde, wenn nicht der Nationalsozialismus die Begriffe auf den Kopf gestellt hätte. Ich bin nämlich der Ansicht, daß man über die Tragbarkeit einer Vorschrift, wie sie § 353 c ist, überhaupt nicht debattieren würde, wenn nicht durch den Nationalsozialismus der Boden im Sinne einer Sucht nach Strafen und Straftatbeständen vorbereitet worden wäre, die normalen, in Freiheit aufgewachsenen Staatsbürgern, die immer in Freiheit gelebt haben, unverständlich ist.
({1})
§ 353 c stellt nämlich die Verletzung von Geheimnissen durch eine Person unter Strafe, die mit den Geheimnissen an sich gar nichts zu tun hat, die nicht von irgendeiner Stelle verpflichtet wurde, irgend etwas geheimzuhalten.
Sie verweisen auf die Schweiz. Ich frage Sie, Herr Kollege Weber, hat die Schweiz einen Straftatbestand wie den des Landesverrats, den wir in den §§ 99 und 100 des Strafrechtsänderungsgesetzes vom August 1951 haben? Den hat sie nämlich in diesem weiten Sinne nicht. Die Staatsbürger sind durch die §§ 99 und 100 der Strafrechtsnovelle völlig ausreichend gehalten, die Interessen ihres Landes zu wahren, soweit eben ein öffentliches Interesse vorliegt.
§ 353 c bedroht also jeden mit Strafe, der_ unbefugt ein amtliches Schriftstück, das als geheim oder vertraulich bezeichnet worden ist, bekanntgibt, und zwar mit Gefängnisstrafen, wenn er dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet. Ein Tatbestandsmerkmal ist also, daß dieses Schriftstück als geheim oder vertraulich bezeichnet ist. Frage: Betrifft das wirklich nur geheime Sachen, nur solche Sachen, die dem Inhalt nach geheim sind?
Herr Kollege Ewers hat mit Recht darauf hingewiesen, daß dieselbe Sache immer noch als geheim bezeichnet wird, selbst wenn sie nach dreijährigem Zeitablauf längst uninteressant geworden ist. Wer bestimmt denn, wann der Stempel „Geheim" verwendet wird? Das bestimmt meistens das Vorzimmer des Dezernenten, und da ist man im Zweifel so vorsichtig, den Stempel lieber einmal mehr als zu wenig zu verwenden. -- Und dann steht der Stempel für ewige Zeit darauf!
Das also ist das eine Tatbestandsmerkmal, das andere ist, daß öffentliche Interessen gefährdet sind. Was „öffentliche Interessen gefährden" bedeutet, kann zunächst einmal der Reichsminister, jetzt der Bundesminister der Justiz bestimmen, denn er hat ein Anordnungsrecht, und darüber hinaus, hinterher kann es das Gericht. Wenn der Minister aber einmal die Anordnung getroffen hat, daß diese Tat zu verfolgen ist, so wird dies zur Folge haben, daß sich dann der Amtsrichter und das Landgericht wahrscheinlich schwer von diesem Präjudiz freimachen können und das, was der Minister bestimmt hat, natürlich akzeptieren werden. Da sind also öffentliche Interessen immer dann verletzt, wenn der Minister der Ansicht ist, diese Sache müßte verfolgt werden, oder, anders ausgesprochen, es handelt sich hier darum, all das zu bestrafen, was den Behörden unbequem ist oder dessen Bekanntwerden den Behörden unbequem ist. Schließlich gibt es gar keine Bindung für die Behörden, den Stempel „Geheim" zu verwenden. Es ist der Organisationsgewalt des unteren und mittleren Behördenchefs überlassen zu bestimmen, wer über den Stempel verfügt. Das tut also letzten Endes das Vorzimmerfräulein des Regierungsrats. Diese Bestimmung des § 353-c verstößt hinsichtlich der Möglichkeit des Bundesjustizministers, die Bestrafung von seiner Anordnung abhängig zu machen, gegen das Legalitätsprinzip. Wenn schon eine strafbare Handlung vorliegt, dann muß jede strafbare Handlung verfolgt werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob das ein Minister wünscht oder nicht wünscht. Wenn man nun sagt: Das geht aber hier nicht, all die Kleinigkeiten, auf die es schließlich nicht ankommt, zu verfolgen; das wünschen wir selbst nicht, - dann bedeutet das eben, daß der Tatbestand dieses Gesetzes unrichtig, unscharf und untragbar bestimmt worden ist. Dann muß man ihn eben anders umreißen. Dann muß man sich eben mit dem Sachverhalt der §§ 99 und 100 der Strafgesetznovelle begnügen.
Die Bestimmung des § 353 c sieht weiter vor, daß immer dann eine Person bestraft wird, wenn sie Dinge verraten hat, zu deren Geheimhaltung sie von einer zuständigen Stelle besonders verpflichtet worden war. Das sind also nicht Beamte, sondern freie Bürger, die in Besprechungen hineingezogen worden sind, wobei man sie gebeten hat, dies oder jenes vertraulich zu behandeln. So war es mir sehr interessant, die Denkschrift des Herrn Bundesjustizministers zu diesem Punkt durchzulesen. Ich muß sagen, die besten Argumente für unseren Aufhebungsantrag ergeben sich gerade daraus. Herr Präsident, ich bitte Sie, es auch bei mir mit der Begründungsfrist nicht so kurz zu nehmen. Ich sehe gerade, daß das Licht schon aufleuchtet. Ich bitte um dieselbe Verlängerung, die Sie meinem Herrn Vorredner gewährt haben.
Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, den Antrag doch erst dann zu stellen,
({0})
wenn die fünf Minuten um sind, die Sie noch haben, nicht aber schon vorsorglich.
({1})
- Fünf Minuten haben Sie noch. Wir haben doch diese Technik.
Dr. Reismann ({2}), Antragsteller: Das war also das erste Zeichen, na schön! - Der Herr Bundesjustizminister gibt in seiner Begründung seines im wesentlichen ablehnenden Standpunktes einige Beispiele an, die nach seiner Ansicht beweisen, daß es dann, wenn diese Bestimmung des § 353 c gestrichen würde, Fälle gäbe, die strafwürdig erscheinen, ohne daß sie strafrechtlich erfaßt werden könnten. Da ist also der Fall, daß ein Bankbeamter in einem Zuge eine Aktentasche eines „richtigen" Beamten mit einer Schrift findet, die als geheim bezeichnet worden ist. Nun läuft er hin und verkauft das, was er auf diese Weise aus der Aktentasche des vergeßlichen Beamten - nennen wir ihn Herrn von Papen - gesehen hat, für einen hohen Preis an interessierte Kreise.
({3})
Wenn es solche Fälle gibt und sie in solchem Maße schutzbedürftig erscheinen, dann würde ich den Ministern empfehlen, dafür zu sorgen, daß sie nicht so vergeßliche Beamte haben. Aber dann wären doch die Beamten zu bestrafen und nicht die Leute, die das finden. Ich sehe absolut kein schutzbedürftiges Interesse einer Verwaltung nach der Richtung, daß etwa die Bürger für die Vergeßlichkeit der Beamten bestraft werden, als ein Strafschutz für die Duseligkeit einzelner Beamter.
Es ist aber sogar die Frage, ob man so weit gehen muß, den Geheimnisbruch durch Beamte zu bestrafen. Ich erinnere hier an die eben schon zitierten Überlegungen des Reichstagsausschusses in der Zeit um 1928. Damals stand bei den Beratungen eines ganz neuen Strafgesetzbuches der damalige § 140 zur Debatte. Die Redner aller Parteien waren sich mit dem damaligen Reichsjustizminister darüber einig, daß man eine Amtspflichtverletzung durch Geheimhaltungsbruch von Beamten, wenn es sich nicht um Landesverrat, sondern um andere Tatbestände handelte, nicht bestrafen wollte. Davon könnte man auch heute ausgehen. Die echten schutzwürdigen Fälle sind die der §§ 99 und 100. Die anderen Fälle brauchen dagegen nicht einmal dann verfolgt zu werden, wenn es sich um Beamte handelt. Aber die Fahrlässigkeit, hier das Beispiel der vergessenen Aktentasche, also die Verletzung von Geheimnissen, wird überhaupt nicht anders als im Wege des Dienststrafverfahrens zu ahnden und zu korrigieren sein.
Ein anderer Fall, den der Herr Bundesjustizminister hier als Beispiel anführt, ist der, daß ein Kaufmann versehentlich in ein Telefongespräch von Beamten eingeschaltet wird. Wenn es sich um echte Geheimnisse handelt, dann sollten solche Gespräche eben nicht am Telefon verhandelt werden, wo man immer mit dem Abhören, mit einem Versehen oder auch mit einer technischen Unvollkommenheit und der Übertragung des Gesprächs auf eine benachbarte Leitung rechnen muß. Das ist aber doch gar kein Grund, nun jedermann zu bestrafen, der auf "solche Art und Weise davon erfährt und es weitergibt.
({4})
- Sie haben nach meiner Meinung völlig Recht. Ich habe nichts gegen das einzuwenden, was Sie da sagen.
Wenn nun der weitere Fall so arg strafwürdig angesehen wird, in dem ein Besucher einer Behörde die Indiskretion begeht und eine Sache, die auf dem Schreibtisch des Beamten liegt, durchliest, während sich dieser Beamte entfernt, so kommt dieser Fall der Sache schon näher. Aber es ist eine andere Frage, ob das bestraft werden muß. Ich wehre mich überhaupt gegen die Tendenz, alle Unkorrektheiten zu bestrafen.
({5})
- Wenn er es weitergibt! Auch das braucht noch nicht bestraft zu werden. Wenn es sich um echten Landesverrat handelt, dann ja. Wenn es sich aber lediglich um die Ausbreitung von irgendwelchen Nachrichten handelt, die jeder Beamte aus mehr oder minder großer Vorsorge als vertraulich oder geheim abgestempelt hat, ohne daß es sich um Staatsgeheimnisse im Sinne des § 99 handelt, so erscheint das gar nicht so wichtig, daß deswegen eine Bestrafung erfolgen soll. Wir müssen uns freimachen von dem Gedanken, daß jede Unkorrektheit sofort bestraft werden muß. Es gibt andere Mittel und Wege. Man könnte sonst im nationalsozialistischen Sinne sehr einfach an Stelle des ganzen Strafgesetzes einen Paragraphen setzen: Wer etwas tut oder läßt, wird bestraft; auf Anordnung des Bundesjustizministers kann von einer Verfolgung abgesehen werden.
({6})
- Nein, darauf läuft es hinaus, wenn man die Tatbestande so weit faßt und wenn man solch wichtige Tatbestände dem Vorzimmerfraulein eines Regierungsrats überläßt, nämlich die Frage, ob der Stempel „Geheim" oder „Vertraulich" auf eine Sache gesetzt wird.
Ich möchte mich vergewissern. Ist das Haus damit einverstanden, daß auch der Herr Abgeordnete Dr. Reismann eine um fünf Minuten längere Begründungszeit bekommt?
Dr. Reismann ({0}), Antragsteller: Ich brauche keine fünf Minuten, sondern nur zwei Minuten!
Herr Abgeordneter Dr. Reismann ist mit zwei Minuten zufrieden. Ich werde das so einstellen.
Dr. Reismann ({0}), Antragsteller: Ich will nur noch darauf hinweisen, meine verehrten Damen und Herren, daß der Abs. 2, für den sich der Herr Bundesjustizminister in seiner Denkschrift einsetzt, rein fiskalische und geradezu private Interessen von Gemeinden und unter Umständen auch des Staates schützen will. Er führt da z. B. den Fall an, daß bei Grundstücksverhandlungen einer Stadtgemeinde durch einen Makler, der davon erfährt, die Absicht der Stadtgemeinde, Grundstücke zu erwerben, bekannt wird. Es gibt dann zwei Möglichkeiten: entweder hat sie ein rein privatrechtliches Interesse an dem Erwerb oder sie hat die Möglichkeit der Enteignung. Im letzteren Falle passiert ihr durch das Bekanntwerden sowieso nichts. Wenn sie aber rein privatrechtlich ein Geschäft machen will, so verdient sie keinen weitergehenden Schutz als ihn irgendein Staatsbürger zum Schutz seines eigenen Geheimnisses verdient.
({1})
({2})
Nehmen Sie die Bestimmung des § 353 c insgesamt, so müssen Sie sagen: sie paßt nicht mehr in die Zeit. Sie stellt eine Ausweitung, eine Verzerrung der Treuepflicht dar, die man bei Beamten vielleicht noch hinnehmen kann, und eine Übertragung dieser Treuepflicht auf den Staatsbürger, der eine solche Verpflichtung nie übernommen hat und das nach dem Wesen seiner staatsbürgerlichen Bindung zum Staate und zu seiner Gemeinde hin - zum Land sowohl wie zum Bund hin - nicht nötig hat. Es ist etwas anderes, ob mit einem von jedem Bürger erkennbaren echten Staatsgeheimnis im Sinne der Landesverratsbestimmungen Mißbrauch getrieben und ein solches bekanntgegeben wird oder ob ein Staatsgeheimnis, das nur von einem Stempel abhängt, das in Wirklichkeit für die öffentlichen Interessen von untergeordneter Bedeutung ist, dadurch geschützt wird, daß man eine Maulkorbbestimmung aufrechterhält, die in normalen Zeiten nie Rechtens geworden wäre und die lediglich in der Zeit des Führerstaats, der von Anfang bis zum Ende aus Geheimnissen bestand und dessen Geheimniskrämerei auch den Zweck hatte, das volksfremde Regiment krampfhaft aufrechtzuerhalten, Geltung haben konnte.
Deshalb vertritt meine Fraktion den Standpunkt, daß es zum § 353 c überhaupt keine denkbare Verbesserung und Abänderung gibt, sondern daß er einfach gestrichen, abgeschafft werden muß. Beim § 353 b dagegen kann man darüber reden, und wir sind damit einverstanden, wenn eine Abänderung erfolgt.
Das Wort hat der Abgeordnete Wagner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir halten den § 353 b für unnötig und unerwünscht, den § 353 c für unmöglich. Der Herr Bundesjustizminister hat zu den beiden Paragraphen, insbesondere aber zu § 353 c, eine Denkschrift herausgegeben, die wirklich Veranlassung zum Nachdenken gibt,
({0})
allerdings zum Nachdenken in einer ganz anderen Richtung, als es der Herr Bundesjustizminister bei ihrer Abfassung wahrscheinlich vermutet hat.
Für jeden, der sich den Wesensgehalt dieser Geheimnisparagraphen 353 b, insbesondere 353 c, ansieht, ist es ganz klar, daß sich der nationalsozialistische Staat im Jahre 1936 eine Waffe geschmiedet hat, um in der rücksichtslosesten Weise vorgehen, um die öffentliche Meinung in der Weise knebeln zu können, wie er es zur totalen Vorbereitung eines totalen Krieges gebraucht hat. Das ist der Wesenscharakter dieser beiden strafrechtlichen Bestimmungen.
Der Herr Bundesminister der Justiz nimmt dagegen den Standpunkt ein, diese Gesetzesbestimmungen hätten in keiner Weise nationalsozialistischen Charakter, und er versucht, für diese kühne Behauptung den Beweis zu führen. Ich muß sagen, bei aller wohlwollender Prüfung bin ich zu dem Ergebnis gekommen, daß er genau das Gegenteil von dem bewiesen hat, was er beweisen wollte. Er versteigt sich sogar so weit, daß er erklärt - ich darf das wörtlich wiedergeben -:
Diese Gedankengänge, die heute noch ebenso
gültig erscheinen und mit nationalsozialistischem Gedankengut nicht das geringste zu tun haben, führen folgerichtig zu § 353 c und tragen diese Bestimmung. Es kommt daher nicht darauf an, ob es zufällig der nationalsozialistische Gesetzgeber war, der die Vorschriften in das Strafgesetzbuch einfügte, und ob er etwa dabei noch konkrete Motive im Auge hatte, die lediglich vermutet werden könnten.
({1})
Meine Damen und Herren, was ich sagen wollte, ist durch den Zwischenruf gesagt worden. Ich möchte keinen unhöflichen Ausdruck gebrauchen; aber wenn ein Mann mit der Vergangenheit des Herrn Bundesjustizministers einen derartigen Satz niederschreibt, so muß man darüber nicht nur erstaunt, man muß darüber erschrocken sein.
({2})
Wenn man sagt, ob andere Motive bei den Nazis
noch eine Rolle gespielt haben, könnte lediglich
vermutet werden, dann muß ich erklären: dieser Paragraph ist so typisch Naziungeist, daß ich es für unbegreiflich halte, wie man in einem demokratischen Parlament, das aus demokratischen Wahlen hervorgegangen ist, eine solche Frage überhaupt zur Erörterung stellen kann.
({3})
Wie ist es denn möglich, die Beweisführung, die der Herr Just zminister versucht hat, zu einem folgerichtigen Ende zu führen? Er sagt: Der Plan dieses Gesetzgebungsgedankens geht weit zurück; 1907 hat ein Schriftsteller in der Juristenzeitung begonnen, 1918 hat Beling bereits einen ähnlichen Begriff entwickelt. - Und dann sagt er: Alles das enthält im embryonalen Zustand, möchte ich sagen, schon das, was die Nazis später gemacht haben. - Ich will über diesen Punkt, ob die Ausführungen der genannten juristischen Schriftsteller im Keim schon etwas von dem enthalten haben, was d e Nazis später ausbauten, gar nicht streiten. Vielleicht war es so; denn es gab schon lange vorher, ehe die Nazis die Macht ergriffen hatten, Gedankengut in embryonalem Zustand, das schließlich zu dem Naziungeist und zu dem Naziverderben geführt hat.
({4})
Es ist kein Beweis dafür, daß es kein Nazigut ist, wenn man sich wie im vorliegenden Fall auf Schriftsteller aus der Vornazizeit beruft. Die Dinge haben sich sehr langsam entwickelt und sind allerdings dann von vielen unbemerkt sehr plötzlich zu dieser Gewalt gekommen.
Wenn dann der Herr Minister sagte, es sei schließlich diese Entwicklung - er verwendet dieses Wort - gebremst worden durch den Beschluß des zuständigen Ausschusses des Deutschen Reichtags vom Jahre 1929, der sich auf Grund des Antrags seines Amtsvorgängers Koch-Weser, eines Mitglieds der alten Demokratischen Partei, auf den Standpunkt gestellt hat: Wir brauchen keine Bestimmung im Sinne des § 353 b - von c war gar keine Rede; daran hat gar niemand gedacht -, so ist dazu zu sagen, daß der zuständige Ausschuß des Reichstags im Jahre 1929 eine solche Regelung, wie sie § 353 b vorsieht, nicht nur gebremst, sondern diese Entwicklung radikal unterbrochen und Schluß damit gemacht hat. Schließlich ist es dann den Nazis überlassen geblieben, Gesetze zu schaffen, die mit demokratischem Geist und mit juristisch-rechtsstaatlichem- Denken nicht das geringste zu tun haben.
({5})
Schließlich sagte der Herr Minister, die These, daß der erweiterte Schutz des Amtsgeheimnisses der modernen Staatsentwicklung entspricht, sei eine heute gültige These. Dazu muß ich ihm sagen, daß wir dieser seiner Meinung widersprechen. Wir widersprechen dieser These mit aller Entschiedenheit. Wenn das eine moderne Staatsentwicklung sein soll, daß ein erweiterter Schutz des Amtsgeheimnisses Platz greift, so müssen wir sagen, daß wir es dann nicht mit einer modernen, sondern mit einer reaktionären Staatsentwicklung zu tun haben.
({6})
Dann haben wir es mit einer Staatsentwicklung zu tun, deren Hauptsorge die Geheimnisse und die Geheimniskrämerei sind.
({7})
Es scheint uns, daß ein Staat um so weniger demokratisch ist, je mehr er Gebrauch macht von den Stempeln „Geheime Staatssache" und „Geheimes". Wir glauben, daß nicht der Staat auf einer Grundlage beruht, die gesund genannt werden kann, der mit Geheimnistuerei arbeitet und es vermeidet, die Dinge in einer frischen und offenen Weise mit dem ganzen Volk zu erörtern, der möglichst alles in den Kabinettsstuben der Ministerialbürokratie eingeschlossen haben will und das Volk von dem, was vor sich geht, erst in dem Augenblick unterrichtet, in dem es vor nahezu vollendeten Tatsachen steht. So haben wir es in den letzten Wochen erlebt, und wir werden es in den nächsten Wochen wieder so erleben.
({8})
Ich finde deshalb, daß allerdings die Haltung des Herrn Bundesjustizministers zur politischen Haltung des Kabinetts Adenauer außerordentlich gut
a paßt; denn diese Geheimnistuerei nimmt Ausmaße an, daß uns das als eine Gefährdung des wahren demokratischen Gedankens erscheint.
({9})
Dabei dürfen Sie eins nicht übersehen. Was ist ein ;,Geheimnis"? Das haben verschiedene meiner Vorredner behandelt, und der Herr Justizminister arbeitet das in ganz klarer Weise heraus. Er sagt nämlich: „Der Geheimnisbegriff des § 353 c ist ein rein formeller". Was heißt das also? Das heißt: es wird auf ein x-beliebiges Schriftstück der Stempel „Geheime Sache" gedrückt, und damit ist es ein Geheimnis. Ganz gleich, welcher materielle Inhalt darin verborgen ist, es ist ein Geheimnis.
Und was erklärt man alles zum Geheimnis? Ich glaube, bei den Papieren, bei den Urkunden, die vor einiger Zeit eine Rolle gespielt haben, war auch eines mit dem Geheimstempel versehen, das eine Art Rundfrage beim Bundeskanzleramt enthielt, wer an den Veranstaltungen des Contra-Kreises teilnehmen will.
({10})
Das waren so die Geheimnisse, die man anscheinend zu wahren hat, und das sind d e Dinge, die unvermeidlich sind, wenn man den formellen Geheimnisbegriff des § 353 c überhaupt in irgendeiner Weise akzeptieren will.
Der Herr Minister hat ausgezeichnete Beispiele gebracht für den § 353 c, sowohl für den Abs. 1 wie für den Abs. 2, Beispiele, die so treffend die Unmöglichkeit dieses Paragraphen dartun, daß man bessere gar nicht finden _ kann. Der Herr Kollege Reismann, glaube ich, hat bereits auf das Beispiel unter 3 a hingewiesen, daß ein Journalist den
Ministerialbeamten besucht. Der Ministerialbeamte g hat auf seinem Schreibtisch ein Aktenstück liegen; darauf steht „Geheim". Der Beamte muß einen Augenblick hinaus, der Journalist schaut in das Schriftstück hinein -und veröffentlicht es. Das sei, wie der Herr Minister meint, wenn § 353 c nicht existiert, nicht zu bestrafen, und das sei doch ein strafwürdiger Tatbestand.
({11})
Es gibt unter Umständen auch Beamte, die ganz
bewußt oder ganz gern oder ganz geschickt im
richtigen Augenblick einmal das Zimmer verlassen,
um den andern die Möglichkeit zu geben, Einblick
in Dinge zu nehmen, den sie nicht geben können.
({12})
Das mag es geben.
Aber schließlich, wenn der Beamte nicht diese Absicht hat, sondern das aus Leichtsinn tut, dann möge man gegen ihn auf dem disziplinären Weg vorgehen, wie wir überhaupt nicht einsehen können, warum bei Beamten der § 353 anzuwenden ist, warum nicht das rein disziplinäre Verfahren genügt und warum überhaupt ein Strafverfahren notwendig ist. Vor 1936 war an und für sich nur der disziplinäre Weg möglich, und das war ausreichend.
Ich glaube, in einem gesunden Staatswesen reicht das tatsächlich auch aus. Ich will auf die anderen sehr verlockenden Beispiele, die Herr Kollege Reismann bereits erwähnt hat, nicht eingehen. Gestatten Sie mir aber, zum § 353 c Abs. 2 ein wunderbares Beispiel zu bringen. Der Herr Minister sagt, wenn der § 353 c Abs. 2 nicht da wäre, dann wäre folgender Fall nicht strafbar, der doch strafwürdig sei. Wie ist der Fall? Bei einer städtischen Sparkasse spricht einer ihrer langjährigen Kunden vor und bittet um einen größeren Kredit, den man ablehnen muß, da sich die Kasse in vorübergehenden, aber ernstlichen Zahlungsschwierigkeiten befindet. Der Direktor teilt das dem Kunden unter Verpflichtung zu unbedingter Geheimhaltung mit, um die Ablehnung verständlich zu machen. Der verärgerte Kunde bringt aber die Lage der Sparkasse an die Öffentlichkeit und ruft dadurch einen Sturm auf die Sparkasse hervor. Es entstehen erhebliche Weiterungen für die Finanzlage der Stadt. - Meine Damen und Herren, wenn der Sparkassendirektor ein so dummer und unfähiger Mensch ist,
({13})
daß er seinem Kunden erklärt: Ich kann dir keinen Kredit geben, weil ich morgen ummache, dann gehört er natürlich gejagt und dann muß man mit ihm abrechnen.
({14})
Dann kann man doch nicht den Mann, der diese
Auskunft bekommt, bestrafen, weil er in Sorge
über die Gefahr eines Zusammenbruchs der Bank
das dritten mitteilt. Gibt es einen besseren Beweis
gegen diese Bestimmung als gerade dieses Beispiel?
({15})
Was ist es denn übrigens, wenn dieser Kunde, dem man den Kredit ablehnt, dies einem Dritten sagt, und der. Dritte erzählt es weiter? Dann kann also dem` Dritten überhaupt nichts passieren. Das gibt auch der Herr Minister zu, und das geht auch aus den Kommentaren einwandfrei hervor.
Aber ist denn das Verhalten dieses enttäuschten und besorgten Kunden etwas, was eine Bestrafung erforderlich macht? Und schließlich, wie kommt denn der Sparkassendirektor dazu, den Kunden
({16})
zu verpflichten, seinen Mund zu halten über das, was ihm gesagt wird?
({17})
Welche Kompetenzen gibt man denn da einzelnen
Menschen gegenüber anderen? Wohin führen denn
die Dinge? Wohin sie führen, kann ich Ihnen an
einem praktischen Beispiel aus diesem Hause sagen.
Die Kriminalpolizei macht - mit der erforderlichen
Genehmigung - irgendeine Durchsuchung. Es
kommt dazu der Sekretär des Ausschusses. Dann
kommt ein Kriminalassistent oder Kriminalsekretär
und erklärt: Ich verpflichte Sie, über das, was Sie
gesehen haben, Stillschweigen zu bewahren. Da haben Sie keine Rechtssituation mehr,
da haben Sie ausgesprochenen Polizeigeist, da
haben Sie den Geist purer polizeilicher Willkür.
Dieser kleine Kriminalsekretär oder -assistent was er immer gewesen sein mag - verpflichtet
einen anderen, daß er den Mund hält über das,
was er gesehen hat. Wer gibt ihm die Kompetenz?
({18})
§ 353 c Abs. 2 sagt, daß der bestraft wird, der unbefugt einem anderen eine Mitteilung weitergibt, zu deren Geheimhaltung er von einer zuständigen Stelle besonders verpflichtet worden ist usw. „Von einer zuständigen Stelle" heißt es, nicht einmal „von einer zuständigen Behörde". Es heißt nicht: „auf Grund e nes Beschlusses einer zuständigen Behörde", wie in dem schweizerischen Gesetz, sondern es heißt nur: „von einer zuständigen Stelle". Und nun kommt der Sparkassendirektor, der Kriminalassistent, irgendein städtischer Beamter, es kommt, was sich für zuständig hält, und legt den Staatsbürgern Verpflichtungen auf, und kein Mensch weiß mehr, was Rechtens ist, und kein Mensch kann es mehr wissen.
({19})
Das ist eine Bestimmung, die in den Gauleiterstaat - wie heute gesagt worden ist -, die in den Nazimachtstaat sehr gut gepaßt hat. Da wußte man nicht, was Rechtens ist, da hieß es: „Recht ist, was der Führer für Recht erklärt". Hier in diesem Paragraphen haben wir das ausgesprochene Führerprinzip im Recht, bei dem jeder Ihnen den Maulkorb umbinden kann und Sie nichts mehr sagen können, wenn Sie nicht Gefahr laufen wollen, auf Grund des § 353 c angezeigt und verfolgt zu werden. Unter Umständen können Sie dann auch nach dem Abs. 3 noch mit Zuchthaus bestraft werden, wenn es sich nach Auffassung des Gerichts um einen besonders schweren Fall handelt. Dabei ist der Abs. 2 nicht ausgenommen, sondern er ist eingeschlossen.
Deshalb, meine Damen und Herren, muß man sagen: es zeigt sich in der Tatsache, daß ein solches Gesetz verteidigt wird, etwas Besorgniserregendes. Ich finde, es ist ein Symptom unserer Zeit, daß man überhaupt eine Bestimmung wie die des § 353 c noch verteidigt.
({20})
Ich stehe auf dem Standpunkt, daß ein Parlament wie dieses diesen § 353 c ohne Ausschußüberweisung in einer Sitzung in allen drei Lesungen hätte abschaffen müssen.
({21})
Der Herr Minister sagte auch, daß auf dem Deutschen Juristentag in Stuttgart, wo die Rede davon war, was an alten Naziüberbleibseln beseitigt werden soll, davon nicht gesprochen worden ist. Ich war nicht auf dem Deutschen Juristentag in Stuttgart; ich unterstelle, es ist richtig. Diese
Beeinflussung unseres Rechtslebens und unserer Paragraphen durch die Nazis ist derartig stark, daß man sie gar nicht alle auf einmal durchkämmen kann. Plötzlich leuchtet dann ein Fall wie ein Fanal auf, und man wird darauf aufmerksam gemacht, daß hier auch noch so ein stinkendes Nazinest in unserem Strafgesetzbuch übriggeblieben ist.
({22})
Wenn man weiter bedenkt, daß dieser § 353 c insbesondere auf die Presse angewandt worden ist, und sich vergegenwärtigt, daß man bei der ganzen schriftstellerischen Behandlung dieser Frage von 1907 bis 1918 immer die Sorge hatte, daß die Presse etwas verraten könnte - denn davon geht dieser Artikel in der Juristenzeitung aus dem Jahre 1907 aus und darüber spricht auch Beling -, so muß man dabei berücksichtigen, daß die Presse im Jahre 1907 und vor dem November 1918 noch eine etwas andere Stellung gehabt hat, als sie heute - nun bin ich vorsichtig - haben soll. Heute, sage ich, kann man doch die Presse in ihrer ganzen Stellung nicht mehr so sehen, wie wir sie vor einem halben Jahrhundert gesehen haben! In einer lebendigen Demokratie ist die Presse der Ausdruck der Volksmeinung. Eine lebendige Demokratie kann nicht von dem leben, was ein Ministerium von Zeit zu Zeit einmal als nicht geheime Sache an die Presse herausgibt. Der Pressemann muß offene Augen und offene Ohren haben, er muß sehen und hören und muß das Volk über das unterrichten, was vor sich geht. Das ist Demokratie, und nur so kann Demokratie leben. Dabei muß man sich auf den gesunden Sinn der Presse verlassen.
({23})
Schließlich sind auch die Männer von der Presse
ein Berufsstand wie jeder andere, mit seinen Fehlern und mit seinen Stärken. Wenn man dann der
Presse mit derartigen Bestimmungen Fesseln anlegen will und sie ihr tatsächlich anlegt, so muß
ich sagen: mit diesem geheimnisvollen Verhalten
der Presse gegenüber befindet sich die Demokratie
in Deutschland in einem Zustand, der jeden wahren Demokraten mit großer Sorge erfüllen muß.
({24})
Da meine Redezeit bald abgelaufen ist, lassen Sie mich zum Schluß nur noch folgendes sagen: Unter all den Argumenten des Herrn Ministers, der ja der Verteidiger des § 353 c ist, ist kein einziges, das einer juristischen und politischen Prüfung standhält. Meine Damen und Herren, es ist viel weniger eine juristische Frage, über die wir heute sprechen - das Juristische ist das rein Technische -, es ist eine ausgesprochen politische Frage, über die wir hier diskutieren,
({25})
die Frage nämlich, ob ein Staat und seine Regierung mit dem Volk, mit dem Sprachrohr dieses Volkes, in einer offenen und klaren Weise sprechen wollen, ob sie möglichst wenig Dinge geheim behandeln und die großen Fragen offen vor ihm darlegen. Es ist eine Frage des Verhältnisses der Regierung zum Volk, zur Presse und zum Parlament. Es ist eine charakteristische Frage, an der sich die Geister scheiden. Die §§ 353 b und c sehen so harmlos aus, als handele es sich um rein technische Dinge. In Wirklichkeit zeigt sich hier, wieweit sich bei denen, die sie verteidigen, unbewußt doch jenes Gift eingeschlichen hat, eingeschlichen in ein Staatswesen, das zu einem autoritären Machtstaat zu werden droht, wenn wir nicht beizeiten dafür sorgen, daß die letzten Überbleibsel
({26})
von Gesetzen aus dem Nazireich radikal verschwinden.
({27})
Das Wort hat der Herr Justizminister.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Meinung, der sehr verehrte Herr Kollege Wagner betrachtet den § 353 b und den § 353 c des Strafgesetzbuches und das in diesen Bestimmungen liegende strafrechtliche Problem als zu bedeutsam und sieht in meiner - ich möchte beinahe sagen - unschuldigen Denkschrift,
({0})
in der ich versucht habe, die Entwicklung dieser strafrechtlichen Bestimmungen rechtspolitisch darzulegen und das Für und Wider abzuwägen, doch zuviel politische Tendenz.
({1}) Das ist eine juristische, eine rechtspolitische Betrachtung, sonst nichts.
Ich gehe mit dem Antrag der Deutschen Partei, , wie er schriftlich vorliegt, völlig einig, daß diese beiden Bestimmungen überprüft und in ihrer Fassung geändert werden müssen. Ich bin nicht der Meinung, wie sie in dem schriftlichen Antrag der Föderalistischen Union zum Ausdruck kommt, daß der § 353 c gegenstandslos ist. Dabei befinde ich mich wirklich in guter Gesellschaft. Wenn ein Land, das für unsere Begriffe der Hort freiheitlicher Demokratie ist, wenn die Schweiz eine Bestimmung ähnlicher. Art hat, eine Bestimmung, die teilweise über unseren Tatbestand hinausgeht, teilweise ihn nicht deckt und in den Strafmaßen weit zurückbleibt, dann ist, glaube ich, durch meinen Diskussionsbeitrag zu der uns heute berührenden Frage meine Qualität als guter Demokrat nicht beeinträchtigt.
({2})
Ist es wirklich Sache einer Plenarsitzung, diese rechtstechnische Frage zu behandeln?
({3})
Sie ist eine charakteristische Aufgabe für den Rechtsausschuß. Ich wollte Ihnen Ihre Arbeit erleichtern und habe mir die Mühe gemacht, Ihnen eine Denkschrift vorzulegen, erfahre aber wenig Dank dafür, sondern harte Angriffe von den Antragstellern und vom Herrn Kollegen Wagner. Wenn Sie wollen, schneide ich alle Probleme an. Ich habe nur das Gefühl, daß ich Ihnen damit die Zeit für wichtigere Dinge nehme.
Herr Kollege Reismann hat, unterstützt von Herrn Kollegen Wagner, gemeint, es gehe nur um die „Geheimniskrämerei der Bundesregierung", die Bundesregierung wolle sich -vor der Öffentlichkeit, vor der Presse abschirmen,
({4})
wolle durch einen Stempel des Vorzimmers die
Dinge zurückhalten, auf deren Kenntnis die Öffentlichkeit ein Anrecht habe. Meine Damen und Herren, wie wenig wird doch die wirkliche ratio dieser
gesetzlichen Bestimmung erfaßt! Nur ein Hinweis:
Geheimnis im Sinne des § 353 c kann eine höchstpersönliche Angelegenheit eines Einzelnen sein, die
die Behörde erfährt, auf deren Kenntnis niemand
Anspruch hat. Die Behörde ist verpflichtet, dieses
private Geheimnis auch zu sichern und zu wahren
und den Vorgang als geheim zu bezeichnen. Da
kommt nun das Unheil, daß irgend jemand durch eine Indiskretion von diesem Geheimnis erfährt. Dann soll das nicht strafwürdig sein, wenn die Folge ist, - ({5})
- Ich verschiebe nicht, Herr Kollege Greve! - Wenn ein solcher Vorgang durch eine Verfügung der Behörde für geheim erklärt worden ist, dann besteht - auch des einzelnen Staatsbürgers wegen
- doch selbstverständlich ein berechtigtes Interesse, das auch unter Strafrechtsschutz gestellt werden muß. Keiner der Redner, weder die Antragsteller noch Herr Kollege Wagner, hat erwähnt, daß bei einer Bestrafung ein wichtiges Tatbestandsmerkmal des § 353 c erfüllt sein muß, nämlich daß durch die Indiskretion ein wichtiges öffentliches Interesse gefährdet wird. Ein wichtiges öffentliches Interesse! Wenn das nicht geschieht, dann ist eine Bestrafung ja überhaupt nicht möglich.
({6})
- Aber auf jeden Fall entscheidet der Richter darüber, ob das, was die Behörde als geheim erklärt, ein wichtiges öffentliches Interesse berührt oder nicht.
Wir haben in unserem Strafrechtsänderungsgesetz hundertfach wichtigere Probleme erwogen als dieses, über die hier im Plenum kein Wort gesprochen worden ist. Wollen wir wirklich diese Frage, so wie sie Herr Kollege Wagner - ich muß wirklich sagen, gegen mein Erwarten - dramatisiert und vergrößert hat, hier behandeln? Ich halte es für richtig, daß wir im Ausschuß über die Frage und über die Zweckmäßigkeit sprechen. Dort werden auf jeden Fall - ich möchte einmal sagen, Reden für die Tribüne nicht gehalten werden; und das hat manches Gute.
({7})
Das Wort hat der Abgeordnete Weber.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gewisse Vorgänge haben in der letzten Zeit in der Offentlichkeit Veranlassung zu Erörterungen über Sinn und Zweck des § 353 c gegeben. Es sind laute Stimmen erschollen, die verlangt haben,- daß diese Vorschrift nunmehr endlich beseitigt wird. Die heutige Debatte war bisher - das darf man wohl sagen -wesentlich von emotionalen Gründen getragen. Ich bin der Meinung - darin stimme ich dem Herrn Justizminister bei -, daß ein derartiges Thema es verdient, in durchaus nüchterner und sachlicher Weise behandelt zu werden.
({0})
AUch ist die erste Lesung - das möchte ich betonen - nicht dazu bestimmt, in breitester Öffentlichkeit die Einzelbestimmungen anzuschneiden und hier Beispiele im einzelnen zu behandeln. Ich verzichte bewußt darauf und glaube deshalb auch, Ihre Aufmerksamkeit erheblich kürzere Zeit in Anspruch nehmen zu müssen.
({1})
({2})
Das Justizministerium hat uns dankenswerterweise, ehe die beiden heute zur Debatte stehenden Anträge eingereicht wurden, eine Denkschrift über die Entstehungsgeschichte und die rechtspolitische Bedeutung - die rechtspolitische Bedeutung! - des § 353 b und des § 353 c vorgelegt. Ich glaube, diese Denkschrift verdiente es, daß sie mit Aufmerksamkeit und Gründlichkeit gelesen und studiert würde; dann würden nicht solch absprechende Urteile gefällt werden, wie das bisher zum Teil der Fall gewesen ist.
({3})
Ich fühle mich nicht berufen, den nationalsozialistischen Charakter dieses Gesetzes zu verteidigen. Aber ich meine, es ist Vorsicht dabei geboten. Man sollte dem Nationalsozialismus auch keine Verdienste zuschreiben, die er für sich nicht in Anspruch nehmen kann. Es war doch eine seiner Eigenarten, Früchte als auf seinem Mist gewachsen auszugeben, die von anderen gesät und gezogen waren, und Ideen für sich in Anspruch zu nehmen, die andere erdacht und erarbeitet hatten. Man darf doch nicht übersehen, daß der Kontrollrat das Strafgesetzbuch einer sehr eingehenden Durchsicht unterzogen hat und gar nicht zimperlich in der Aufhebung von Vorschriften gewesen ist. Er hat sich dabei veranlaßt gesehen - es wäre das gar nicht nötig gewesen -, die ganzen Vorschriften über Landesverrat und Hochverrat aufzuheben. Wir 'sahen uns infolgedessen gezwungen, im letzten Sommer in mühsamer Arbeit wiederum eine Strafrechtsänderungsnovelle zu schaffen, die nunmehr diese für einen freien Staat notwendigen Bestimmungen in das Strafgesetzbuch eingefügt hat. Diese Strafrechtsänderungsnovelle ist, das darf ich zu meiner Freude feststellen, vom allergrößten Teil des Hauses, nahezu einstimmig, angenommen worden. Da ist es nun bemerkenswert, Herr Kollege Ewers, daß wir bei dieser Gelegenheit bereits den § 353 a in einer etwas abgeänderten Fassung wieder eingefügt haben. Dieser Mühe brauchen wir uns also nicht mehr zu unterziehen. Der sogenannte Arnim-Paragraph ist in seinem wesentlichen-Inhalt wieder Inhalt unseres Strafrechts. Aber während man den § 353 a aufhob, hat man die in unmittelbarer Nähe stehenden §§ 353 b und 353 c nicht aufgehoben. Nun, die Experten des Kontrollrats haben sehr genau geprüft. Wenn es so gewesen wäre, wie es eben in, wie mit Recht gesagt- wurde, dramatisierender Weise hier dargestellt wurde, wenn die Vorschriften von so eminent nationalsozialistischem Charakter gewesen wären, dann verstehe ich nicht, weshalb der Kontrollrat. der sich doch berufen fühlte, in dieser Hinsicht „reinigend" zu wirken,
({4})
das deutsche Gesetz von nationalsozialistischem Inhalt zu befreien, nicht auch bereits diese beiden Bestimmungen aufgehoben hat.
Es wird vielfach auch gesagt - es erscheint mir, ich betone das nochmals, in der ersten Lesung nur notwendig, auf das Grundsätzliche einzugehen -, daß diese Bestimmung ein „Maulkorbparagraph" sei. Ich gebe zu, es tritt hier ein Widerstreit in den Interessen des Staates und seiner Einrichtungen und auch seiner Bürger - das soll man nicht übersehen - an der Geheimhaltung mit den Interessen der Öffentlichkeit auf, über wichtige Pläne und Vorhaben der Regierung und öffentlicher Stellen rechtzeitig und ausreichend unterrichtet zu werden.
Der Herr Kollege Wagner hat mit Recht betont, es entspricht durchaus demokratischer Auffassung - es ist eine demokratische Grundvoraussetzung - daß die Öffentlichkeit ausreichend unterrichtet wird, daß die Öffentlichkeit zur Diskussion der Gegenstände und Pläne veranlaßt wird, die die Regierungen bewegen und die sie zur Aufrechterhaltung und Schaffung geordneter Zustände im Staat für erforderlich halten. Aber wir haben selbst in dem Gesetz zur Volkszählung, selbst bei Beschlüssen betreffend -statistische Erhebungen, die doch heute bei unserem komplizierten wirtschaftlichen System in sehr großer Anzahl gemacht werden müssen, stets darauf gedrungen - und es sind hier Interpellationen eingebracht worden, weil selbst Behörden gegenüber die Geheimhaltungspflicht, die im Gesetz ausdrücklich vorgesehen war, nicht eingehalten wurde -, daß die statistischen Erhebungen niemand anderem zugänglich gemacht werden, noch nicht einmal Behörden. Der Steuerfiskus hätte gewiß darin eine angenehme Unterstützung erblickt. Aber das haben wir von vornherein verhindern wollen.
Meine Fraktion ist der Auffassung, daß die Öffentlichkeit ausreichend unterrichtet werden muß. Sie, meine Damen und Herren von links, haben wirklich keine Veranlassung, sich nunmehr etwa darüber zu beschweren, daß das bei den derzeit zur Debatte stehenden Problemen nicht in ausreichender Weise geschehen sollte.
({5})
Erstens wird der nächste Punkt der Tagesordnung dazu wahrscheinlich schon Gelegenheit geben. Es ist auch Ihnen bekannt, daß vereinbart ist, gerade das Verteidigungsproblem in der übernächsten Woche hier eingehend an mehreren Sitzungstagen zu diskutieren. Dann ergibt sich die Gelegenheit, all die Gesichtspunkte vorzubringen, deren Offenlegung und Klarlegung man im Interesse unseres Vaterlandes für notwendig' hält.
Es ist gesagt worden, diese Bestimmung sei verfassungswidrig und undemokratisch. Der Herr Justizminister hat schon darauf hingewiesen, daß das Urland der Demokratie - so darf man es wohl bezeichnen -, die freiheitliche Schweiz, in ihrem Strafgesetzbuch von 1941 bereits eine Bestimmung geschaffen hat, die etwa gleichen Inhalt hat.
({6})
Deshalb meine ich, daß das Problem, das hier zur Erörterung steht, einer eingehend en Beleuchtung im zuständigen Ausschuß würdig ist. Ich mache mich durchaus nicht zum Anwalt dieser Bestimmung. Ich gebe zu, daß man, selbst wenn man das Grundsätzliche, das darin liegt, bejaht, sehr darüber streiten kann, ob dieses Grundsätzliche in dem zur Zeit geltenden Gesetz den richtigen Ausdruck und Niederschlag, die richtige tatbestandsmäßige Fassung gefunden hat. Darüber wird man vor allen Dingen im Ausschuß diskutieren müssen. Falls man den Grundsatz, einer gewissen Geheimhaltungspflicht sowohl in öffentlichen als auch in privaten Angelegenheiten, die Behörden bekannt werden, bejaht, wird man sich darüber sehr eingehend unterhalten müssen.
Wir haben schon jetzt Verschiedenes an dem Gesetz auszusetzen. Der Begriff des Geheimnisses - das ist mit Recht hervorgehoben worden - ist im Gesetz nicht bestimmt. In § 99 des Strafrechtsänderungsgesetzes haben wir entscheidenden Wert darauf gelegt, daß der Richter nach bestimmten Merkmalen beurteilen kann, was Staatsgeheimnis
({7})
ist und wann dieses Staatsgeheimnis verraten wird. Nach meiner Meinung wird man etwas Ähnliches auch in dieses Gesetz einbauen müssen.
Weiter wird klargestellt werden müssen, daß nicht etwa das Vorzimmermädchen dazu berufen ist, den Geheimstempel auf eine Sache zu drücken. Es muß vielmehr im Gesetz oder durch entsprechende Anordnung der Regierung klargelegt werden, welche Schriftstücke als geheim zu bezeichnen sind. Wenn sie dann aber als geheim bezeichnet sind, sollte man auch annehmen, daß ein Interesse daran besteht, daß diese Geheimhaltung wirklich garantiert ist.
Wir sind weiter der Meinung, daß allenfalls lediglich vorsätzliche Vergehen unter Strafe gestellt werden sollten und nicht auch, wie es im geltenden Gesetz geschehen ist, bereits fahrlässige Vergehen. Eine Strafbarkeit des Versuchs kann mit Rücksicht darauf, daß bereits die Interessengefährdung unter Strafe gestellt ist, entfallen. Für völlig indiskutabel halten wir die Androhung der Zuchthausstrafe für derartige Vergehen. Mehr als Vergehen sind diese Verstöße nämlich unseres Erachtens nicht.
Untragbar ist auch die Bestimmung, daß die Strafverfolgung nur auf Antrag des Justizministers erfolgen kann. Wenn sich jemand strafbar gemacht hat, muß die Frage, ob Anklage erhoben werden soll oder nicht, im pflichtgemäßen Ermessen der Anklagebehörde liegen. Die Anklageerhebung darf nicht von der Anordnung sonstiger Stellen abhängig gemacht werden. Man kann hier nicht etwa einen Vergleich mit dem Strafantragsrecht ziehen, das der Verletzte bei einer Reihe von Vergehen hat. Hier wird, obwohl eine strafbare Handlung feststeht, bestimmt, daß die Verfolgung nur auf Anordnung des Ministers erfolgen kann. Das scheint uns nicht tragbar zu sein. Wir werden uns auf alle Fälle für eine Streichung dieser Bestimmung einsetzen.
Es ist deshalb schon angebracht, die beiden Anträge, wie es von den Antragstellern auch beantragt ist, in dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht einer eingehenden Beratung zu unterziehen.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Fisch.
Meine Damen und Herren! Die kommunistische Fraktion wird dem Antrag der Föderalistischen Union zustimmen. Sie wird dagegen den Antrag der Deutschen Partei ablehnen, weil sie der Meinung ist, daß eine von einer Regierungspartei beantragte Neufassung der umstrittenen Paragraphen die Sache nur verschlimmern, aber nicht verbessern kann.
Die umstrittenen Paragraphen sind von den Nazis im Jahre 1936 in das Strafgesetzbuch eingebaut worden. Sie- sind damals als Hilfsmittel für die Geheimhaltung der Rüstungspolitik des nationalsozialistischen Regimes geschaffen worden. Sie haben Methoden zum Gesetz erhoben, die den menschlichen Grundrechten widersprechen und die der Willkür der Verwaltungsbürokratie und einer willfährigen Justiz alle Türen öffnen. Sie sind schließlich ein Schutzpatent für die Praxis der Geheimdiplomatie.
Meine Damen und Herren, gerade aus diesem Grunde braucht die Adenauer-Regierung heute solche Paragraphen. Darum läßt sie heute schon nach diesen Paragraphen verhaften und verurteilen, und darum möchte sie sie unter allen Umständen erhalten wissen. Darum soll es uns auch nicht wundern, daß ausgerechnet Herr Dr. Dehler als Preisfechter für die Erhaltung dieser unwürdigen Naziparagraphen aufgeboten wird. Es braucht uns nicht zu wundern, nachdem wir den Herrn Justizminister im vergangenen Jahre bei seinem Bemühen beobachtet haben, ganze Serien von Grundsätzen des nationalsozialistischen Strafrechts in die Gesetzgebung und die Praxis der Bundesrepublik zu übernehmen.
Mit Gefängnis oder Zuchthaus wird bedroht, wer amtliche Schriftstücke, die als geheim oder vertraulich bezeichnet werden, weitergibt. Was erscheint uns dabei wesentlich? Wesentlich ist erstens, daß ein jeweils sich als zuständig erklärender Bürokrat bestimmen kann, was geheim oder vertraulich ist. Es ist in keinem Gesetz und in keinem allgemein gültigen Rechtsgrundsatz ausgesprochen, was dieser Geheimnisklausel verfallen soll.
Zweitens soll jeder einzelne Bürger, nicht bloß der Beamte und der öffentliche Angestellte, diesen diffamierenden Einschränkungen unterworfen werden, insbesondere aber die Presse, soweit sie sich nicht an die Empfehlungen bzw. Direktiven des Propagandaministeriums des Herrn Dr. Adenauer gebunden betrachtet. f
Drittens ist eine jede sich als „zuständig" bezeichnende Stelle befugt, diesen ganzen Mechanismus bis zur Verurteilung zu Zuchthaus in Gang zu setzen. Es bleibt vollkommen offen, welche private oder öffentliche Stelle sich als „zuständig" betrachtet, um für sich den Schutz der Geheimnisklausel in Anspruch zu nehmen.
Viertens behält sich der Herr Justizminister Dr. Dehler bei Inkraftbleiben dieser Paragraphen die Entscheidung darüber vor, welche Fälle überhaupt aufgegriffen und verfolgt werden sollen. Wiederum nicht irgendwelche Rechtsgrundsätze, sondern das freie Ermessen der Bürokratie, das freie Ermessen der Staatsraison des Herrn Dr. Adenauer wird darüber entscheiden, ob hochnotpeinliche Verfahren mit Zuchthausdrohung eingeleitet werden.
Fünftens aber ist die Preisgabe von Geheimnissen nicht strafbar, wenn sie an Organe der Besatzungsmacht erfolgt. Es wird ausdrücklich zugegeben, daß das alliierte Gesetz Nr. 62 vom August 1951, welches die Straffreiheit für Zuträger, Denunzianten und Spitzel deutscher Nationalität vorschreibt, von den Bestimmungen dieser Paragraphen unberührt bleibt. Man muß also sagen, daß diese Paragraphen nichts anderes sein können als Ausführungsbestimmungen für das Spitzelgesetz der Alliierten Hohen Kommission.
Nach dem Text des Gesetzes ist strafwürdig, wer „wichtige öffentliche Interessen gefährdet". Meine Damen und Herren, was sind denn diese öffentlichen Interessen, die auf solch undemokratische Weise geschützt werden sollen? Sie sind nicht durch das Grundgesetz bestimmt; sie sind bestimmt durch die selbstherrlichen Entscheidungen des Herrn Dr. Adenauer, des Herrn Dr. Lehr und des Petersbergs. Wollen wir doch nicht im luftleeren Raum herumreden, als ob es sich um Geheimnisse einer Sparkasse oder irgendeiner Genossenschaftsbank handle.
({0})
Es geht um die Geheimnisse der Aufrüstung.
({1})
Es geht um den ganzen Geheimniskram der Verschwörung, die auf dem Petersberg und auf den
({2})
Schlössern der Alliierten von der Bundesregierung mit den Vertretern der Westmächte seit Monaten ausgeheckt wird. Darum geht es doch.
({3})
Wir haben in den letzten Tagen ein drastisches Beispiel dafür erlebt, worum es geht und warum die Bundesregierung an der Erhaltung dieser schändlichen Naziparagraphen so sehr interessiert ist. Herr Blank, der Kommissar des Herrn Dr. Adenauer, hat sich doch kühn und unverblümt hingestellt und erklärt, seit über einem Jahr betreibe er Dinge, die in seinem ihm ursprünglich gegebenen offiziellen Auftrag überhaupt nicht enthalten sind, für die seiner Amtsstelle von den Organen dieses Hauses überhaupt niemals Geld bewilligt worden ist. Er gibt zu, daß er seit Jahr und Tag daran arbeitet, fertige Tatsachen zu schaffen, mit denen jetzt nicht nur unser Volk, sondern auch dieses Haus überrumpelt werden soll.
Deshalb braucht die Bundesregierung solche Paragraphen. In der Weimarer Republik wurde der Friedenskämpfer Carl von Ossietzky ins Zuchthaus geschickt, weil er der Öffentlichkeit von geheimen Dokumenten über die Aufrüstung der schwarzen Reichswehr Mitteilung gemacht hat. Würde Ossietzky heute noch am Leben sein, Herr Dehler würde ihn mit Hilfe dieser Paragraphen ins Zuchthaus schicken.
({4})
Ja, geht es denn der Regierung um irgendwelche Geheimnisse schlechthin? Keineswegs! Herr Platow hat doch jahrelang völlig unbehelligt mit den Geheimnissen der Ministerien Geschäfte gemacht. Wer zahlte, konnte die Geheimnisse aus den Ministerien bekommen, soviel und woher er auch wollte. Man hat doch diese Vermittlung sogenannter Wirtschaftsnachrichten nicht nur geduldet, sondern zum Teil gefördert! Für 300 Mark pro Stück konnte ein jeder Interessent sich das kaufen, was es da an geheimen Dingen gab. Aber in welchem Augenblick hielt es die Bundesregierung für nötig, zuzugreifen? In dem Augenblick, als Herr Platow es für angebracht hielt, aus den Protokollen der Londoner Schuldenkonferenz etwas über die delikate Frage der Höhe der Verpflichtungen mitzuteilen, die Herr Adenauer eingegangen ist, ohne dieses Haus zu fragen, über die entwürdigenden und diskriminierenden Bedingungen, unter denen die Vertreter der Besatzungsmächte einen „Nachlaß" der Milliardenschulden in Aussicht gestellt haben. Erst in diesem Moment hielt es die Bundesregierung für angebracht, einzugreifen und sich empört zu zeigen über einen solchen Fall von „Geheimnisverrat".
Ja, Pressefreiheit möchte die Bundesregierung sehen, aber nur für die Interessenten aus ihrem eigenen Klüngel, nicht für das Volk. Sie will ein Sondergesetz gegen die Presse, nicht gegen die Presse im allgemeinen, sondern gegen die Presse, die sich nicht gleichschalten läßt, die sich nicht zu hörigen Organen des Herrn Adenauer degradieren lassen will. Die Aufrechterhaltung der Bestimmungen der §§ 353 b und c liegt völlig in der Linie des von Herrn Dr. Lehr in Aussicht gestellten Bundespressegesetzes, von dem er sagte, es sei nicht so liberal wie das Pressegesetz des Jahres 1874. Wir wissen, daß Herr Dr. Lehr den Ehrgeiz hat, den reaktionären Geist eines Bismarck noch zu übertrumpfen. Wir wissen aber auch, daß dieser stockreaktionäre Geist, gefördert und ergänzt durch die Elemente des Nazismus, den Organen des Petersbergs, dem Bundeskanzler selbst gerade erwünscht ist, weil man nur mit Hilfe solcher reaktionärer
Ausnahmebestimmungen jene Friedhofsruhe garantieren zu können glaubt, die man braucht, um seine Kriegspolitik vorzubereiten. Die Politik des Herrn Adenauer hat offenbar das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen.
Ihre Redezeit ist abgelaufen!
Sie hat es offenbar nötig, Schutz hinter Hitlerschen Sondergesetzen zu suchen. Aber Sie mögen sich darauf verlassen: die Zahl derer in Ihren eigenen Reihen, die es ablehnen, sich auf solch unwürdige Weise zu degradieren, wird immer größer. Es wächst auch in den Reihen Ihrer eigenen Gefolgsleute die Zahl derer, die die Verantwortung gegenüber unserem Volk höher stellen als verfassungswidrige und volksfeindliche Geheimnisverpflichtungen, die niemand anderem nützen als den amerikanischen Auftraggebern.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Wagner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Worte des Herrn Ministers Dr. Dehler eine ganz kurze Antwort. Herr Minister Dr. Dehler, Sie dürfen überzeugt sein, daß ich Ihnen meinen herzlichen Glückwunsch ausgesprochen haben würde und daß ich das gern getan haben würde, wenn ich von dem Inhalt Ihrer Denkschrift geglaubt hätte, daß sie das verdient. Ich habe aber nach gründlichem Studium die Auffassung bekommen, daß sie es wirklich nicht verdient. Dem Herrn Kollegen Weber kann ich sagen, daß wohl keiner in diesem Haus diese Denkschrift mit so großer Aufmerksamkeit gelesen hat wie ich, nicht gelesen, der sie studiert hat. Sie sehen das an meinen Bemerkungen, in meinem Exemplar der Denkschrift, die ich gar nicht alle habe verwerten können und auch gar nicht alle habe verwerten wollen.
Herr Minister, noch ein Wort. Einige meiner Freunde, die zu den regelmäßigen Besuchern des Rechtsausschusses gehören, haben das Bedürfnis, gewisse Fragen an Sie heranzubringen. Sie glaubten, daß dieses Bedürfnis nur dadurch befriedigt werden kann, daß man Ihnen im Plenum das sagt, was uns drückt. Sie haben den Eindruck, Ihr Erscheinen im Rechtsausschuß ist so selten, daß die Möglichkeit, dort Fragen an Sie zu richten, nicht immer gegeben ist. Sie werden großen Wert darauf legen, Herr Minister, daß Aussprachen wie die, die wir jetzt in der Öffentlichkeit führen müssen, in Ihrer Gegenwart im Rechtsausschuß geführt werden können. Dann könnten auch die rechtstechnischen und die anderen Fragen, zu denen ich heute Stellung genommen habe, behandelt werden.
Nun, Herr Kollege Weber, ich muß sagen, ich befinde mich Ihnen gegenüber nicht gern in einem Gegensatz, das wissen Sie; es gibt aber Dinge im Recht, da muß man auch etwas von einer Emotion verspüren bei dem, der für das Recht kämpft. Es scheint mir, es ist keine Schande für einen Menschen, der sich zum Ziel gesetzt hat, für das Recht zu kämpfen, daß er in dem Glauben und Bewußtsein, daß es hier um tiefgehende Dinge geht, in eine gewisse Emotion gerät. Es ist nicht Absicht, es läßt sich einfach nicht vermeiden.
Sowohl in der Denkschrift des Herrn Ministers wie in den Ausführungen meines sehr geschätzten Herrn Kollegen Weber ist die Rede davon gewesen,
({0})
daß sogar der Kontrollrat die §§ 353 b und 353 c nicht gestrichen habe. Herr Minister, eine Frage: Ist es nicht etwa so - oder bin ich in der Richtung falsch unterrichtet? -, daß der Kontrollrat jedesmal von der Voraussetzung ausgegangen ist, die §§ 353 b und 353 c würden nicht angewandt, und erklärt hat, die beiden Paragraphen, falls sie angewandt würden, abzuschaffen? Selbst wenn das nicht zutrifft, ist für mich die _Tatsache, daß der Kontrollrat in diesen Bestimmungen keine Nazibestimmungen gesehen hat, ohne jede politische Bedeutung.
({1})
Die Sachverständigen des Kontrollrats mögen verstehen, was sie wollen, sie verstehen jedenfalls das Wesen des Nazismus nicht so wie wir, die wir den Nazismus bekämpft haben von der Minute an, da er sich in Deutschland gezeigt hat.
({2})
Es ist für uns also keinerlei excuse, daß die Bestimmung etwa keine Bestimmung sei, die aus dem Nazigeist komme.
Herr Kollege Weber, Sie sagen, die Nazis rühmten sich manchmal und behaupteten, daß gute Früchte auf ihrem eigenen Mist gewachsen seien. Das mag sein; aber ich glaube, diese Frucht ist wirklich auf ihrem Mist gewachsen. Um diese Frucht brauchen wir sie nicht zu beneiden, und diese Frucht sollten wir auch gar nicht irgendwie zu erhalten versuchen.
Dann das berühmte Beispiel der Schweiz. Solche Dinge sind nicht leicht von Land zu Land zu vergleichen. Die Schweiz hat keinen Faschismus gekannt, die Schweiz war nicht unter der Herrschaft der braunen Tyrannei, die Schweiz hat nicht die beiden Weltkriege gekannt, die Schweiz hat eine
völlig andere Entwicklung genommen. Sie hat im Jahre 1943 zur Bekämpfung von Nazibestrebungen diese gesetzliche Bestimmung neben anderen aufgenommen.
({3})
Sie hat einen Teil der anderen Bestimmungen nach Wegfall der Gefahr wieder beseitigt und diese eine Bestimmung stehen lassen, die übrigens wesentlich anderes klingt als unser eigenes Gesetz. Ich darf, damit kein schiefes Licht in der Öffentlichkeit entsteht, den einen Satz - mit Zustimmung des Herrn Präsidenten - vorlesen. Das Schweizer Gesetz lautet:
Wer, ohne dazu berechtigt zu sein, aus Akten, Verhandlungen oder Untersuchungen einer Behörde, die durch Gesetz oder durch Beschluß der Behörde im Rahmen einer Befugnis als „Geheim" erklärt worden sind, etwas an die Öffentlichkeit bringt, wird mit Haft oder mit Buße bestraft.
Es muß also ein Gesetz vorliegen - das ist die eine Alternative, die diese Sache zu einer geheimen Sache macht -, oder es muß der Beschluß einer Behörde vorliegen; es muß ein formelles Verbot vorliegen, eine formelle Erklärung zur geheimen Sache. Es ist dort also von vornherein viel schwieriger, als es bei uns nach § 353 c der Fall ist.
({4})
- Der Schweizer Bundesgerichtshof ist nicht der
Gesetzgeber, sondern ist der Ausleger des Gesetzes.
Der Gesetzgeber hat bestimmt erklärt, daß diese
Erklärung durch Gesetz oder durch Beschluß der
Behörde herbeigeführt werden muß. Daß die Gerichte oft die Dinge anders auslegen, als der Gesetzgeber es will oder gedacht hat, das ist ja auch bei
uns in Deutschland nicht gerade eine überraschende Tatsache. Das sind Dinge, die es wahrscheinlich auch in anderen Ländern als in der Schweiz gibt, die das in dem verständlichen Bestreben, die Schweiz gegen faschistische Einflüsse zu schützen, getan haben mag. Aber während es dort eine Bestimmung gegen die Faschisten war, hatten wir es hier doch mit einer Bestimmung der Faschisten gegen das deutsche Volk und gegen die Unabhängigkeit des Bürgers zu tun.
({5})
Das ist der große Unterschied, und das ist kein Beispiel, das irgendwie geeignet wäre, die Dinge anders erscheinen zu lassen.
Dann sagt man: Gewisse Dinge müssen geheimgehalten werden - es ist z. B. eine Zollreform geplant, es ist eine Änderung des Steuerwesens geplant; das sind die Beispiele des Herrn Ministers Dr. Dehler -, wenn da ein Dritter irgend etwas erfährt, können öffentliche Interessen geschädigt werden, ergo: zugreifen! Meine Herren, wir haben in den Vereinigten Staaten von Amerika, von denen so oft die Rede ist, die sogenannten public hearings. Wird geplant, eine Zolländerung vorzunehmen, eine Steueränderung vorzunehmen, irgendeine Maßnahme zu ergreifen, dann sind diese hearings dazu da, alle interessierten Wirtschaftsgruppen anzuhören, ihre Auffassungen zu hören, und zwar in einem so frühzeitigen Stadium, daß die Idee, die Dinge geheimzuhalten, gegenüber den interessierten Kreisen kaum aufkommen kann. Sie finden deshalb dort auch nicht eine solche Bestimmung. Wenn man Demokratie praktizieren will, darf man sich vor solchen Dingen nicht scheuen, sondern muß sie sehr frühzeitig herausgreifen, um das sachverständige Urteil all derer zu hören, die mit der Materie zu tun haben.
Ich glaube also, Herr Minister, daß meine Einwendungen in keiner Weise widerlegt sind. Ich freue mich, daß der Herr Kollege Weber in dem einen Punkt von der Auffassung des Herrn Ministers abgewichen ist, in einem Punkt, den ich gar nicht behandelt habe, weil man die Aufmerksamkeit dieses Hohen Hauses gar nicht so lange in Anspruch nehmen darf. Herr Kollege Weber hat erklärt, daß es nicht angeht, die Strafverfolgung vom Antrag des Justizministers abhängig zu machen. Ich stimme ihm darin vollständig zu. Ich habe es auch nicht erörtert, weil ich grundsätzlich gegen diese Bestimmung bin. Die Beweisführung des Herrn Bundesjustizministers, daß es durchaus „systemtreu" sei, wenn man das tue, ist sicherlich völlig abwegig. Die Frage der Antragsdelikte - da stimme ich Herrn Kollegen Weber zu -, hat damit nichts zu tun. Aber noch viel abwegiger ist das, was Sie, Herr Minister, in diesem Zusammenhang zur Stützung Ihrer Auffassung vortragen, daß auch ' ein Abgeordneter wegen einer strafbaren Handlung nur verfolgt werden kann, wenn der Bundestag zustimmt. Das ist doch kein Vergleich, das ist doch einfach der Schutz der Immunität und die Folge, die sich aus diesem Immunitätsschutz ergibt und nichts weiter.
Schließlich, Herr Bundesjustizminister, sind Sie etwas optimistisch - diese Schlußbemerkung möchte ich nicht ganz unterdrücken -, wenn Sie unter Buchstabe E d) ausführen, die Dinge seien gar nicht so schlimm, man könne sie ändern: so durch Beseitigung der Zuchthausstrafe. Ich habe mich sehr gefreut, daß Sie durch die Beseitigung der Strafbarkeit der Fahrlässigkeit und des Versuchs den Dingen gewisse Giftzähne ausbrechen wollen, aber es
Wagner)
ist ja ein ganzes Gebiß von Giftzähnen; es würden also nur einzelne herausgebrochen. Sie vertreten aber unter Buchstabe E d) auf der letzten Seite die optimistische Auffassung, der Umstand, daß die Tat nur auf Anordnung des Bundesjustizministers bzw. der Landesjustizminister verfolgt werden könne, biete die Gewähr dafür, daß nur schwerwiegendere Fälle zu einer Bestrafung führten. Herr Minister, ich möchte zum Schluß sagen, daß meine Freunde nicht von der Überzeugung durchdrungen sind, daß hierin eine Gewähr gegeben ist.
({6})
Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister.
Ich hoffe, es wird der Tag kommen, an dem der Herr Justizrat Wagner den Sessel des Bundesjustizministers drückt, und ich hoffe, daß er sich dann genau so ehrlich bemüht im Amt wie ich, amtlich, d. h. objektiv und gerecht zu sein und die Gewähr zu geben, von der ich spreche. Aber deswegen komme ich nicht hierher.
({0})
Ich komme, um dem Herrn Fisch, dem Herrn Kommunisten Fisch den Spiegel vorzuhalten. Vielleicht, Herr Kollege Wagner, ist es fur Sie doch bitter, daß Sie diese merkwürdige Unterstützung finden. Wir müssen fragen: Wie ist die Rechtslage in dem glorreichen Staat, der das Ideal der Herren Fisch und Konsorten ist?
({1})
Dort hat man das deutsche Strafgesetzbuch geändert.
({2})
Man hat es geändert, wie man es für nötig hielt.
({3})
Gibt es in dem, was sich Deutsche Demokratische Republik nennt, noch den § 353 c? Im vorigen Jahr ist dort das Strafgesetzbuch neu herausgegeben worden; und selbstverständlich ist der § 353 c darin noch enthalten. Nun kann man allerdings fragen, ob das für oder gegen den § 353 c spricht. Auf jeden Fall, Herr Fisch, sind Sie nicht legitimiert, darüber zu sprechen.
Ich hoffe, daß wir uns über das Problem im Rechtsausschuß unterhalten.
({4})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erteile dem Abgeordneten Ewers das Schlußwort.
({0})
- Herr Abgeordneter Renner, das Wort „Konsorten" ist keine Beleidigung;
({1})
es ist zwar ein Fremdwort, aber keine Beleidigung.
({2})
Ewers ({3}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige kurze Schlußworte.
Zunächst möchte ich betonen, daß es meine Absicht war, dem Herrn Bundesjustizminister für die ausgezeichneten rechtshistorischen Darlegungen in seiner Denkschrift ausdrücklich zu danken. Wenn ich es versäumt haben sollte - was ja aus dem Protokoll festzustellen wäre -, möchte ich das Versäumte auf alle Fälle hiermit nachholen. Ich halte die Ausführungen der Denkschrift - mag man nun die Argumente für mehr oder weniger stark halten -, soweit sie sich auf die historische Entwicklung beziehen, nicht bloß für lesenswert, sondern glaube, daß kein Jurist dieses Material entbehren kann, wenn er hier zur Sache Stellung nehmen will.
Was allerdings die Auslegung der Paragraphen anlangt, so muß ich sagen, ich höre mit wachsendem Befremden aus dem Munde des Herrn Bundesjustizministers, daß nach seiner Meinung durch § 353 c die Privatgeheimnisse, die ein Beamter kennt, geschützt seien. Davon kann, wie ich betonen möchte, nach meiner Auslegung des Paragraphen überhaupt nicht die Rede sein;
({4})
denn § 300 des Strafgesetzbuches kennt ja den Begriff und Schutz des „Privatgeheimnisses".
({5})
Sollte hier das gleiche gemeint sein, dann würde ich doch bitten, die Gesetze wenigstens so genau zu fassen, daß auch ein normaler Jurist auf diesen, ich möchte sagen, sehr fremden Gedanken kommen kann. Daß der Gedanke fremd ist, ergibt sich daraus, daß die Verletzung eines Privatgeheimnisses niemals öffentliche Interessen gefährden kann.
({6})
Deswegen ist diese Auslegung meines Erachtens so verfehlt. Wenn wir das wollen, müssen wir das Gesetz ändern.
Meine sehr geehrten Herren Juristen, beachten Sie bitte, daß nach § 300 - allerdings nur mit Geldstrafe oder Haftstrafe - der V errat von Privatgeheimnissen bedroht ist, wenn er durch Rechtsanwaite, Notare, Ärzte, Hebammen und Apotheker erfolgt. Nach Fußnote von „Schönfelders Reichsgesetze" - 1951 - zu § 300 ist angeblich § 300 insoweit außer Kraft gesetzt, als er sich auf. Ärzte und Apotheker bezieht; verwiesen wird dort auf Reichsärzte- und Reichsapothekerordnung. Die anderen Gesetze für Ärzte und Apotheker enthalten meines Wissens materiell genau die gleichen Bestimmungen wie § 30U, es liegt also keine sachliche Änderung vor. W o eine Vorschrift sich findet, ist belanglos. Bedenken Sie bitte, wieviel Privatgeheimnisse heute mittlerweile bei allen Versorgungs- und Fürsorgebehörden liegen, und doch gibt es dort - wenn nicht die verwunderliche Auslegung des Herrn Bundesjustizministers zu § 353 c richtig sein sollte, was ich bezweifle - bisher keinen Geheimnisschutz. Muß man diesen nicht einführen, zwar nicht an diesem Otte, aber etwa in einer § 300 a? Ist das nicht ein dringendes Bedürfnis, nachdem sich unsere Ämter seit 1870 so sehr aufgebläht haben, daß heute beinahe schon in jedem Amt Privatgeheimnisse schlummern? Muß man nicht unsere Mitbürger davor schützen, daß sie durch die Behörden verraten werden?!
Das ist also eine Erwägung zu §§ 353 b und c. Ich habe eingangs bei der Begründung keine Zeit gehabt, zu § 353 c Abs. 2 im einzelnen Stellung zu nehmen. Meine Notizen, die ich mir darüber gemacht hatte, decken sich weitgehend mit den Ausführungen von Herrn Dr. Reismann. In der Kritik der bis({7})
herigen Vorschriften bin ich mit ihm einig. Dennoch möchte ich das Haus ausdrücklich davor warnen, hier im Galopp eine Bestimmung einfach aufzuheben, ehe ihre Tragweite noch mehr durchleuchtet ist, als es in der Denkschrift des Ministeriums der Fall ist. Ich halte eine solche sachliche Prüfung, die aus der Emotion herausgehoben ist, für dringend geboten und bitte darum das Haus nochmals aus diesen rechtsstaatlichen Gründen, auf jeden Fall die beiden Anträge dem Rechtsausschuß mit -der Bitte zu überweisen, sie im Zusammenhang mit der Strafrechtsnovelle und mit der Hilfe des Justizministeriums zu bearbeiten.
({8})
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zunächst über den Antrag Drucksache Nr. 2975 abstimmen. Dazu ist der Antrag auf Überweisung an den Rechtsausschuß gestellt. Wer für die Überweisung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Wir kommen zum Antrag Drucksache Nr. 2965. Auch hier ist Antrag auf Überweisung an den Rechtsausschuß gestellt. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Die Überweisung ist beschlossen.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Fraktion der Föderalistischen Union ({0}) betreffend Verhandlungen über den deutschen Verteidigungsbeitrag ({1}).
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Etzel.
Dr. Etzel ({2}) ({3}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein weiter Weg von dem Interview des Herrn Bundeskanzlers mit dem Vertreter des „Cleveland Plain Dealer" von Anfang Dezember 1949 sowie der Debatte des Bundestags am 16. Dezember 1949 und dem gegenwärtigen Stand der politischen Entwicklung. Damals erklärte der Herr Bundeskanzler, er lehne eine deutsche Wiederaufrüstung auf das entschiedenste ab. Auch wenn das Verlangen nach einem deutschen Beitrag zur Sicherung Europas in einer unabdingbaren Weise von den Alliierten gestellt würde, so komme die Aufstellung einer deutschen Wehrmacht nicht in Frage. Im äußersten Falle sei alsdann die Frage eines deutschen Kontingents im Rahmen der Armee einer europäischen Föderation zu überlegen. Die Erklärungen aller Fraktionen richteten sich gegen eine deutsche Wiederaufrüstung. So einmütig war die allgemeine Ablehnung, daß noch vor der Plenarsitzung des 16. Dezember sogar der Herr Bundespräsident, aus seiner Zurückhaltung heraustretend, einem Vertreter der AP erklärte, er sei absolut gegen eine deutsche Wehrmacht, ganz gleich, unter wessen Kommando sie stehen würde. „Unsere Verfassung", sagte er wörtlich, „erlaubt keine allgemeine Wehrpflicht. Jeder Deutsche hat das Recht, den Dienst in einer bewaffneten Macht zu verweigern."
Bislang waren Parlament und Bevölkerung in der Frage eines etwaigen Verteidigungsbeitrags der Bundesrepublik darauf angewiesen, sich aus zweiter Hand, aus der deutschen und der ausländischen Presse, also unvollständig und möglicherweise unzutreffend zu informieren. Infolge der Unterlassung rechtzeitiger und ausreichender Unterrichtung durch den Herrn Bundeskanzler ist ein gefährliches politisch-psychologisches Vakuum entstanden. Die Unruhe nimmt zu. Die Menschen haben das Gefühl, daß über sie hinweg eine Entwicklung eingeleitet und eine Entscheidung getroffen wird, deren Kosten sie wieder mit ihrer Person und ihrer Existenz zu tragen haben würden. Sie wissen nicht mehr, woran sie sind. Das monatelange Trommelfeuer widerspruchsvoller Nachrichten und Dementis, gleißnerischer Darstellungen und schönrednerischer Umschreibungen haben Verwirrung gestiftet. Es verbreiten sich Argwohn, Furcht und Verbitterung, die sich bis zur Ablehnung des ganzen demokratischen Systems der Bundesrepublik steigern, und das Volk hat den Eindruck: die Abgeordneten schweigen.
({4})
Daher ist es nicht zu verwundern, daß die zu spät gekommenen, übergangslos und schroff erfolgten Eröffnungen des Herrn Sicherheitsbeauftragten in seiner Rundfunkansprache vom 19. Januar über einen insgeheim fertiggestellten, auf sogenannter Dienstpflichtauslese beruhenden Wehrpflichtplan weithin alarmierend gewirkt haben. Man fühlt sich hintergangen, überlistet, getäuscht und gefährdet. Was dem Bundestag, was der Nation im Zusammenhang mit dem Problem eines deutschen Verteidigungsbeitrags an entsagungsvollem, an Selbstaufgabe grenzendem Verzicht auf rechtzeitige authentische Information zugemutet wurde, wäre bei wirklich demokratischen Regierungen undenkbar.
({5})
Auch die Reichstage des Ersten und des Zweiten Reiches - auf diese geschichtlichen Hinweise will ich mich beschränken - sind bei außenpolitischen Fragen nie in einer solchen Weise ausgeschaltet gewesen. Die gelegentliche und sachlich nur auswahlweise Unterrichtung der Vorsitzenden von Fraktionen der Koalition und der Sozialdemokratischen Partei durch den Kanzler oder seine Beauftragten hat mit der politisch und verfassungsrechtlich gebotenen Einschaltung und Befassung des Bundestages nicht das geringste zu tun. Sich in dieser Frage auf Leben und Tod wieder einmal vor vollendete Tatsachen gestellt zu sehen, ist für den Bundestag im Hinblick auf seine moralische, politische und verfassungsrechtliche Verantwortung nicht mehr erträglich. Ein solcher Zustand widerspricht der grundgesetzlichen Ordnung und den unverzichtbaren Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie, aber auch dem Gebot selbstverständlicher politischer und psychologischer Klugheit.
({6})
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik, aber er bestimmt sie nur gegenüber und innerhalb der Bundesregierung, night gegenüber dem Parlament. Er müßte doch fühlen und erkennen, daß zwischen ihm und der deutschen Öffentlichkeit, daß zwischen der Bevölkerung und seiner Außenpolitik, mag es um den Generalvertrag und seine Zusatzverträge zur Ablösung des Besatzungsstatuts oder um den deutschen Verteidigungsbeitrag gehen, eine tiefe Kluft besteht. Natürlich weiß der Kanzler sehr gut, daß auf die Dauer auch keine Außenpolitik ohne oder gegen das Volk und die Volksvertretung möglich ist. Warum aber handelt
({7})
er anders? Er möge doch von seiner einsamen tragischen Höhe herabsteigen, aus dem Elfenbeinturm heraustreten, in dem er esoterische politische Gespräche und Verhandlungen mit seinen Mysten, Adepten und Partnern führt. Der Herr Bundeskanzler sollte die Kluft beseitigen, die ihn von der Bevölkerung trennt, den Vorwurf der Kabinetts- und Geheimpolitik widerlegen und niemandem das Recht oder auch nur einen Vorwand dazu geben, die Anklage einer menschenverächterischen oder gar unmenschlichen politischen Methode gegen ihnzu erheben.
Die Anzeichen einer schweren Krise häufen sich. Wer im Parlament weiß Sicheres darüber, wie auf beiden Seiten, zwischen uns und den anderen, die ihre Hauptdepots, ihre wesentlichen Versorgungs- und Nachschubeinrichtungen, ihre Luftbasen auf die linke Rheinseite verbracht habe, die Risiken und die Chancen verteilt sind, welches die wirklichen strategischen Pläne der anderen sind, ob uns eine Vorfeldrolle im Niemandsland, das jeglicher Vorkehrungen des Luftschutzes entbehrt, zugedacht ist und wie die Finanzierung eines deutschen Verteidigungsbeitrages ohne empfindliche Senkung des Lebensstandards der Bevölkerung erfolgen soll? - Wir wissen trotz der Rundfunkrede des Sicherheitsbeauftragten nichts Zuverlässiges über die endgültige Stellung der etwaigen deutschen Divisionen innerhalb der Europa-Armee und über deren Stellung in der Atlantik-Organisation,
({8})
nichts über die Zulassung oder Aufrechterhaltung zusätzlicher eigener nationaler Wehrkräfte der anderen. Noch steht offenbar auch nicht fest, ob deutsche Divisionen in der Bewaffnung den anderen völlig gleichgestellt würden. Wir haben keine Kenntnis davon, ob die Schaffung einer europäischen föderativen Oberbehörde, der die Verfügung über die Europa-Armee, ihre Ausrüstung usw. zustände, beabsichtigt und möglich ist. Vor allem ist in absolutes Dunkel gehüllt, welches die Gegenleistung der anderen für einen deutschen Verteidigungsbeitrag im Generalvertrag und seinen Zusatzverträgen sein wird, ob nicht wieder einmal eine deutsche Vorleistung gefordert wird, der nicht die Erfüllung gemachter Versprechungen und Zusicherungen über die Beseitigung des Besatzungsstatuts und Besatzungsstatus folgt. Nicht einmal darüber wissen wir Bescheid, ob deutsche Divisionen auch außerhalb des Bundesgebiets eingesetzt werden sollen oder dürfen.
Der Herr Sicherheitsbeauftragte beteuerte im Rundfunk, es würden keine voreiligen Entscheidungen getroffen, und alles werde seinen ordentlichen und gesetzmäßigen Gang gehen. Man wird Verständnis dafür haben, daß wir uns durch eine solche Beruhigungspille nicht beschwichtigen oder einschläfern lassen können. Besteht nicht überhaupt die Gefahr, daß die Entscheidung über die Einführung und Gestaltung einer Wehrpflicht in der Bundesrepublik gar nicht mehr bei deutschen Instanzen, sondern bei dem europäischen Verteidigungskommissariat nach den Weisungen des europäischen Ministerrates liegen wird?
Daß alles seinen gesetzmäßigen Gang gehen wird, sagt also Herr Blank.
({9})
Gewiß, gerade darum geht es auch. Aber auf diese verfassungsrechtliche Frage will ich im Rahmen einer Begründung des vorliegenden Antrages nicht näher eingehen.
Der Bundestag muß erwarten, daß die bisherige Methode aufgegeben wird, insbesondere, daß er rechtzeitig vor der Paraphierung des Vertrages über die Europa-Armee die erforderlichen Unterlagen und Auskünfte zur Stellungnahme und Beschlußfassung erhält. Parlament und Öffentlichkeit der Bundesrepublik können und müssen verlangen, daß sie in den Stand gesetzt werden das Für und Wider sorgfältigst zu prüfen und gegeneinander abzuwägen. Wir sind gegen Geheimpolitik und Geheimdiplomatie, wir fordern volle Publizität. In der Hand des Herrn Bundeskanzlers liegt es, einer krisenhaften Entwicklung vorzubeugen.
Die Föderalistische Union - Bayernpartei/Zentrum - ist überzeugt, daß der von ihr eingebrachte Antrag Drucksache Nr. 2976 in der Fassung des Änderungsantrages Umdruck Nr. 432 der Meinung und dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung entspricht. Wir sind ferner gewiß, daß der Bundestag entschlossen ist, die Dinge nicht in der bisherigen Weise weitertreiben zu lassen. Wir bitten daher das Hohe Haus, den Antrag in unmittelbarer Abstimmung ohne Ausschußüberweisung zu billigen.
({10})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem im Ältestenrat heute morgen beschlossen worden ist, am 7. und 8. Februar eine außenpolitische Debatte in diesem -Hause stattfinden zu lassen, und zwar mit dem Thema, das der Umdruck Nr. 428 - Antrag der FDP - beinhaltet, erübrigt sich unseres Erachtens eine Begründung dieser Anträge; denn die Zusage der Regierung liegt vor.
({0})
Als wir jedoch unseren Antrag einreichten, lag nur der Antrag der Föderalistischen Union zu Ziffer 1 vor; heute hat sie ihn ergänzt.
Wir haben schon vorgestern einen Antrag eingereicht, in dem wir auf den engen Zusammenhang der beiden Dinge, Verteidigungsbeitrag und Generalvertrag, hingewiesen haben. Nur deshalb sage ich noch drei Sätze. Es ist in der Tat höchste Zeit, daß diese Dinge aus der Berichterstattung der Presse, deren Aufgaben in einem solchen Falle man nun wahrlich auch nicht überschätzen soll und deren Fähigkeit in dieser Beziehung man nicht überschätzen kann, herauskommen und daß die Bundesregierung eine Erklärung abgibt und eine offene Aussprache über diese Dinge zuläßt.
({1})
Der Zusammenhang liegt völlig auf der Hand. Soll ich ihn noch kurz umreißen?
Wenn es eines Tages, was Gott in seiner Gnade verhüten möge,
({2})
erforderlich werden sollte, daß freie Menschen Europa verteidigen, - ({3})
- Schweigen Sie! - was Gott in seiner Gnade verhüten möge, ich sage es noch einmal mit tiefer innerer Überzeugung,
({4})
sollten freie Menschen eines Tages genötigt sein,
in Europa ihre Freiheit zu verteidigen, so können
({5})
wir, so kann dieses Haus nur von freien deutschen Menschen verlangen, daß sie sich an dieser Verteidigung beteiligen.
({6})
Diese Freiheit herbeizuführen, ist nach unserer Ansicht der Sinn des Generalvertrags einschließlich aller seiner Nebenverträge, und daher der unlösbare und völlig logische, nicht tragische - Gott gebe auch das - Zusammenhang. Ich möchte drei Worte von Herrn Etzel aufnehmen. Es sollen nicht, Herr Etzel, Argwohn, Furcht und Verbitterung in der Deutschen Bundesrepublik herrschen, sondern Hoffnung und Vertrauen, aber auch Entschlossenheit.
({7})
Das Wort hat Herr Staatssekretär Hallstein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens des Herrn Bundeskanzlers habe ich zu erklären: Die Bundesregierung begrüßt den Antrag. Sie teilt die Auffassung der Antragsteller, daß es erwünscht ist, bevor die Bundesregierung bindende Schritte tut, eine möglichst umfassende Debatte über die beiden Gegenstände, deren Erörterung den Inhalt dieser beiden Anträge bildet, in diesem Hohen Hause stattfinden zu lassen, nämlich eine Aussprache über die Frage des deutschen Verteidigungsbeitrags und über die Frage der, Ablösung des Besatzungsstatuts, die damit in einen Zusammenhang gebracht worden ist; eine möglichst umfassende Debatte, die Gelegenheit gibt, das Für und Wider der Entscheidungen, die vor uns liegen, möglichst gründlich darzulegen, und die damit auch der deutschen Öffentlichkeit die Möglichkeit gewährt, sich selber ein Urteil in diesen Fragen zu bilden.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein erstes Wort an Herrn Professor Hallstein.
({0})
Wie ungeheuer flammend das Begehren der Bundesregierung ist, dem Bundestag endlich den Inhalt des Generalvertrags bekanntzugeben, geht wohl am eindeutigsten aus der Tatsache hervor, daß dem Ältestenrat, sehr zur Überraschung des Herrn Bundestagspräsidenten, heute morgen erst davon Kenntnis gegeben worden ist. Wenn hier gesagt worden ist, die Bundesregierung, der Herr Bundeskanzler, lege Wert darauf, daß die Generaldebatte am 8. Februar zu einer gründlichen Diskussion des gesamten Problems benutzt werden soll, so ist dazu zu sagen: Ein Sprecher der Regierung hat vorgestern erklärt, daß es der Regierung nicht darauf ankomme, ja daß sie eine Diskussion der Einzelbestimmungen des Generalvertrages vermieden sehen möchte. Das nur an die Adresse des Herrn Professor Hallstein. Ich schlußfolgere daraus: die Diskussion am 8. Februar wird auch nichts anderes sein als ein Herumreden um die sogenannten allgemeinen Probleme; man wird, genau so wie heute, vermeiden, auf den tatsächlichen Inhalt einzugehen.
Im übrigen: Wie ernst die Situation ist, wie zwingend notwendig es wäre, heute dem Herrn Bundeskanzler in die Arme zu fallen, das hat uns doch Herr Blank verraten. Er sagte doch, daß jetzt, in diesen Tagen, morgen, in Paris der letzte - wie war's doch wörtlich? ({1})
der letzte ({2})
„Verputz" an seinen Vertrag gesetzt werden soll. Er hat gesagt, daß heute in Paris der Generalvertrag „redigiert" werden soll. Morgen also bereits stehen wir vor der Tatsache, daß, paragraphiert und redigiert, der ganze Inhalt des Generalvertrages festgelegt sein wird.
Es ist auch nicht wahr, daß „das Volk" den gesamten Inhalt des Vertrages heute noch nicht kennt. Zwar hat Herr Kollege Etzel absolut recht, wenn er sich darüber beklagt, daß dem Bundestag bisher der Inhalt verschwiegen worden ist. Aber wir stehen doch vor der Tatsache, daß der stellvertretende Ministerpräsident der Deutschen Demokratischen Republik, Walter Ulbricht, den Inhalt des gesamten ,Generalvertrags in der vergangenen Woche bereits durch den Rundfunk und vor der Presse bekanntgegeben hat.
({3})
- Woher ich das weiß? Sie wissen das genau so wie ich! Sie wissen aber auch, daß die westdeutsche, mit GARIO-Mitteln gespeiste „freie" Presse die Anweisung erhalten hat, diese Dinge totzuschweigen. Die amerikanische „Neue Zeitung" hat über die Pressekonferenz in Berlin einen Kommentar gebracht. Sie hat aber mit keinem Wort gewagt, die Erklärungen Ulbrichts über den Inhalt des Generalvertrages auch nur in etwa anzuzweifeln. Wir wissen also, um was es geht. Wir wissen, daß es nicht nur darum geht, einen deutschen Beitrag für die internationale Fremdenlegion zu leisten. Wir wissen, daß es um mehr geht. Das, was wir wissen, verdanken -wir aber nicht der Unterrichtung durch den Herrn Adenauer, sondern der Information durch einen Mann, der sich unserem gesamten Volk gegenüber wirklich verpflichtet fühlt.
Was hat er gesagt? Er hat gesagt, daß sich die Bundesregierung in diesem Generalvertrag verpflichtet, auf die Dauer von fünfzig Jahren auf eine Änderung des derzeit geltenden Besatzungsstatuts zu verzichten. Er hat gesagt, daß, dieser Generalvertrag die Verewigung des Besatzungsregimes für Deutschland beinhalte. Er hat gesagt, daß durch diesen Generalvertrag deutsche junge Menschen verpflichtet werden sollen, auf jedem Kriegsschauplatz, den der Amerikaner bestimmt, zu bluten, zu sterben für die Interessen des amerikanischen Kapitals. Er hat gesagt. daß dieser Generalvertrag den Zweck hat, die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands, die Wiederherstellung der staatlichen Souveränität Deutschlands auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. Er hat uns gesagt, daß dieser Generalvertrag die Aufrechterhaltung der Besatzung auf ewige Zeiten bedeute. Wir wissen also, was im Generalvertrag steht, und Sie wissen es genau so, wie ich es weiß!
({4})
Und wenn hier zum ersten Male, außer uns Kommunisten, ein Bundestagsabgeordneter die Katze aus dem Sack gelassen hat, dann ist das doch nur geschehen unter dem Druck der Meinung
({5})
unseres Volkes. Sie wissen, was unsere Jugend über diese Pläne Adenauers denkt. Sie wissen, was unsere Bevölkerung über die Pläne Adenauers denkt. Sie wissen, daß unsere Jugend leben und nicht sterben will.
({6})
Das wissen Sie nur zu gut. Und Sie wissen auch,
daß unsere Jugend begriffen hat, was hinter den
Plänen Adenauers steckt. Unsere Jugend will nicht
sterben für den dreckigen amerikanischen Krieg.
({7})
Unsere Jugend wird Sie aber eines Tages verantwortlich dafür machen,
({8})
daß Sie mitgewirkt haben bei der verderblichen Politik eines Adenauers.
Darum bitten wir, daß heute noch über den Antrag abgestimmt wird, den wir eingereicht haben und der darauf hinausläuft, dem Herrn Bundeskanzler Adenauer in den Arm zu fallen und ihn zu hindern, seine Politik der Vernichtung Deutschlands, die Politik des Mordes seiner Jugend weiterzuverfolgen.
({9})
Herr Abgeordneter Renner, Sie haben eben im Zusammenhang mit der Politik des Herrn Bundeskanzlers von dem Mord an der Jugend Deutschlands gesprochen. Ich rufe Sie dafür zur Ordnung.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist klar, daß die Debatte über den vorliegenden Antrag der Föderalistischen Union nur ein Vorgefecht vor der wirklichen Auseinandersetzung ist. Der Herr Kollege Renner liebt ja im Grunde genommen nur die Kokarde nicht,
({0}) die der künftigen Armee voranleuchten soll.
({1})
Herr Abgeordneter, ich bitte, einen Augenblick zu unterbrechen. - Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß es den Tribünenbesuchern nicht gestattet ist, sich an Kundgebungen des Beifalls oder des Mißfallens zu beteiligen.
Ich bitte fortzufahren.
Herr Kollege Renner, Sie machen soviele witzige Bemerkungen in diesem Hause,
({0})
daß Sie sich nicht wundern dürfen, wenn man Ihnen auch einmal eine etwas bissige Bemerkung an den Kopf wirft. Schließlich laufen Sie ja im Lande herum unter einer falschen Flagge und
reden über Dinge, von denen Sie genau wissen, daß Sie sie nicht so meinen.
({1})
Was wir Sozialdemokraten zu dem Gesamtkomplex zu sagen haben, das wird in voller Offentlichkeit und mit unzweideutiger Klarheit bei der Debatte in vierzehn Tagen in diesem Hause von uns gesagt werden.
({2})
Es wird nicht zum ersten Mal gesagt. Es ist gesagt worden in den Anfängen der Auseinandersetzung um den deutschen Verteidigungsbeitrag von meinem Freund Schumacher von dieser Stelle vor vierzehn Monaten.
({3})
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu Beginn eines gleich feststellen: Wir wenden uns mit aller Entschiedenheit gegen die Methode, die neuerdings angewandt worden ist, durch die tropfenweise Bekanntgabe von Einzelheiten aus Verhandlungen über technische Details die Diskussion auf eine Ebene zu schieben, wo die Bevölkerung zwangsläufig abgelenkt wird von den wirklichen Aufgaben und Problemen.
({4})
Wir werden uns mit aller Entschiedenheit zur Wehr setzen auch gegen den Versuch, bei der Aussprache über diese Frage in vierzehn Tagen über technische Details zu reden und darüber zu vergessen, daß es sich hier um eine der größten politischen Entscheidungen handelt, die dieses Land überhaupt zu treffen hat.
({5})
Es geht ja schließlich nicht um den Schnitt der Uniformen oder um die Grußpflicht des gemeinen Mannes.
({6})
- Lieber Herr Renner, überlassen Sie doch diese
Dinge uns allein.
({7})
Wir reden ja auch nicht mit Ihnen darüber, wie Ihre sogenannten Staatsmänner in der DDR - russische Staatsbürger im Gewand deutscher Staatsmänner - über Dinge reden, von denen man erst mal abwarten muß, wieviel Wahrheitsgehalt in ihnen ist.
({8})
- Herr Renner, bei Ihnen ist überhaupt nichts mehr zu verkohlen!
({9})
- Ich möchte mich jetzt nicht in eine Auseinandersetzung mit Ihnen einlassen; dazu haben wir noch reichlich Gelegenheit, und Sie können sicher sein, daß Sie in vollem Umfange bedient werden.
Meine Damen und Herren, ich sage, es geht nicht um Einzelheiten, nicht um den Schnitt der Uniform oder um die Grußpflicht oder ähnliche Dinge, sondern es geht um eine politische Entscheidung.
({10})
({11})
Wir möchten auch mit aller Entschiedenheit gegen die Lesart auftreten, daß es sich hier um eine außenpolitische Entscheidung handle. Es geht in Wirklichkeit hier um das Fundament der deutschen Demokratie. Es geht um eine innenpolitische Entscheidung von einer Tragweite, von der wir uns heute vielleicht im einzelnen noch gar keine Vorstellung machen.
({12})
Wenn die Menschen sich in diesem Punkt betrogen fühlen, dann braucht man sich nicht zu wundern, daß auch die Fundamente einer demokratischen Ordnung in unserem Lande wanken.
({13})
Dieser Fall wird eintreten, wenn wir versuchen, unter irgendwelchen Vorwänden oder unter irgendeinem Druck, der nicht in der Sache selber liegt, eine Entscheidung zu treffen, die jeden einzelnen angeht und bei der sowohl die falsche Richtung wie der falsche Zeitpunkt auf das künftige Schicksal des deutschen Volkes geradezu verheerend wirken können. Ich glaube, die Worte, die mein Freund Schumacher in diesem Hause vor 14 Monaten ausgesprochen hat, gelten auch noch heute für die Haltung der Sozialdemokratie.
({14})
Er sagte:
Gegen eine die Fundamente klärende wissenschaftlich exakte Tätigkeit, die alle Parteien dieses Hauses in die Lage versetzt, an Hand von gewissenhaft geprüftem Material dem Volk Rede und Antwort zu stehen, hat niemand von uns etwas.
- Kurt Schumacher fuhr fort:
Aber alles haben wir gegen Vorbereitungshandlungen, die davon ausgehen, als ob die große politische Entscheidung des Ja oder Nein bereits gefallen wäre.
({15})
Meine Damen und Herren, wenn man sich so die verschiedenen Verlautbarungen der letzten Zeit mit anhörte, dann konnte man den Eindruck gewinnen, daß man von der Voraussetzung ausgeht, über das Ja wäre überhaupt nicht mehr zu diskutieren.
({16})
Wir sind völlig anderer Meinung. Im übrigen, es sind zahlreiche Vorbereitungshandlungen begangen worden, und ich möchte den Herren Antragstellern von der Föderalistischen Union sagen, daß auch ihre Zustimmung zum Schumanplan vor zwei Wochen eine solche Vorbereitungshandlung war.
({17})
Man sollte da immerhin konsequent sein.
({18})
Meine Damen und Herren, ich sage im Namen der sozialdemokratischen Fraktion im einzelnen, daß die Voraussetzungen für eine freie Entscheidung eines deutschen Parlaments weder in der Sache und in dem Stand der Verhandlungen noch verfassungsrechtlich gegeben sind. Wo ist die Gleichheit der Chancen? Wo ist eine klipp und klare Erklärung derjenigen, die von uns einen deutschen Verteidigungsbeitrag fordern, über ihre eigenen Pläne und Absichten? Wo ist eine klare Erklärung darüber, daß unser Volk und unser Land nicht als ein Objekt fremder Strategie betrachtet werden, ohne Rücksicht darauf, was mit
den Menschen dieses Landes geschehen ist und noch geschehen kann?
({19})
- Herr Kollege Arndgen, wir können uns j a privat unterhalten, nicht wahr! - Oder gilt auch heute noch das Wort, das der französische Verteidigungsminister am 4. August 1950 gesagt hat? Ich sollte mich nicht wundern, und meine Erinnerung trügt mich vielleicht nicht, wenn der Herr Verteidigungsminister der französischen Republik damals René Pleven geheißen hätte. Der sagte damals:
Wir müssen für uns die Verteidigung des Glacis sichern, welches der Sieg von 1945 uns erlaubt hat -zu besetzen. Unsere dauernde Sorge muß die Schaffung eines Manövrierfeldes zwischen Elbe und Rhein sein.
Wo, meine Damen und Herren, ist eine klipp und klare Darstellung der Situation so, wie sie heute die Mächte sehen, die die deutsche Jugend in ihr Verteidigungssystem eingliedern möchten? Und schließlich: Zum Thema Gleichberechtigung hat der britische Hohe Kommissar Sir Ivone Kirkpatrick erst gestern eine sehr bemerkenswerte Erklärung abgegeben, als er sagte: Gleichberechtigung bedeutet nicht gleiche Behandlung.
({20})
Ja, wenn man von solcher Stelle auch im Zusammenhang mit der Erörterung über die Tragung der Verteidigungs- und Besatzungslasten solche Erklärungen hört, dann muß man daraus den Schluß ziehen, daß in Wirklichkeit noch keine einzige der Voraussetzungen erfüllt ist, unter denen dieses Parlament oder ein neu gewähltes Parlament einer solchen Forderung zustimmen könnte.
Schließlich möchten wir Sozialdemokraten schon in diesem Zeitpunkt noch einmal nachdrücklich darauf hinweisen, daß nach unserer Meinung eine Entscheidung in dieser Frage nach dem Wortlaut und dem Sinn des Art. 4 Ziffer 3 des Grundgesetzes nicht möglich ist.
({21})
Wir würden es außerordentlich bedauern, wenn die Rechtsgelehrten im Schoße der Bundesregierung es fertigbringen würden, die maßgebenden Persönlichkeiten der Bundesregierung davon zu überzeugen, daß sie ohne Rücksicht auf den Sinn des Grundgesetzes dieses Parlament, dessen Mehrheit sich ja zu gewissen Zeiten als lammfromm erwiesen hat, überfahren und hier eine politische Entscheidung erzwingen könnten, für die im Volke keinerlei Grundlage vorhanden ist.
({22})
Wir bestreiten mit allem Nachdruck diesem Bundestag, der unter ganz anderen Voraussetzungen gewählt wurde, die Kompetenz zu einer solchen Entscheidung.
({23})
Ein letztes Wort, meine Damen und Herren. Es wird uns so oft und so nachdrücklich gesagt, die Zeit dränge. Ja, wie ist es denn mit diesem Zeitargument? Wir sollten uns das auch einmal ganz nüchtern überlegen. Wo drängt denn die Zeit? Ich halte es mit meinem Freunde Schumacher, der in diesem Hause vor 14 Monaten erklärt hat: Man kann die Angst vor dem Osten nicht als ein Instrument benützen, um eine solche Entscheidung herbeizuführen.
Auf der andern Seite sollten wir doch nicht verkennen, daß auf die politischen Entscheidungen
({24})
dieses Parlaments und unserer Regierung ein gewisser Druck ausgeübt wird, der sehr nachdrücklich zur Geltung gebracht wird. Man hat ein Junktim zwischen dem Generalvertrag und dem deutschen Verteidigungsbeitrag hergestellt. Es ist eine völlig untragbare Zumutung,
({25})
daß das, was im Zuge der Geschichte liegt, die Wiederherstellung der deutschen Souveränität und der deutschen Freiheit, an die Bedingung geknüpft wird: Erst müßt ihr deutsche Soldaten stellen, dann geben wir euch das zurück, was euch noch fehlt!
({26})
So, meine Damen und Herren, kann man nicht verhandeln, und auf dieser Basis können wir nicht verhandeln.
({27})
Wenn das Wort „Junktim" einen Sinn hat, meine Damen und Herren, dann meint es „Gleichzeitigkeit", nicht wahr, und dann möchte man ja doch wohl wissen, welcher Art die Stücke von Souveränität sind, die man uns zurückgibt, und welcher Art die Dinge sind, die man sich selber vorbehält. Ich hoffe, darüber wird in diesem Hause in aller Eindringlichkeit und mit aller Deutlichkeit gesprochen werden.
Woher kommt denn ein erheblicher Teil des Druckes, der auf uns ausgeübt wird? Kommt er aus einer akuten Zuspitzung der internationalen Situation? Wenn ich mich an gewisse Äußerungen maßgebender Männer der Bundesregierung in gewissen Ausschüssen des Bundestages vor einem Jahr erinnere, dann stand damals der Krieg unmittelbar vor der Tür.
({28})
Ja, meine Damen und Herren, mit Methoden, die man sonst an Stammtischen gewohnt ist, hat man uns an Hand von Zeitungsnachrichten zu beweisen versucht, daß die Situation so gefährlich sei, daß man jetzt und hier entscheiden müsse.
({29})
Sollen wir das als eine Methode der politischen Klärung akzeptieren? Wir wollen es nicht akzeptieren!
Wir können auch nicht akzeptieren,, daß die doch offenkundigen Bedürfnisse der amerikanischen Politik in einem Wahljahr entscheidend sein sollen für das, was wir hier in diesem Hause tun.
({30})
Ein wesentlicher Teil der Erhitzung der jetzigen Atmosphäre ist doch darauf zurückzuführen, daß Amerika sich ein ganzes Jahr lang in einer inner-politischen Auseinandersetzung befindet. Aus dieser Auseinandersetzung ergibt sich für die beiden Parteien das Bedürfnis, auf den Tisch des amerikanischen Hauses etwas zu legen, was man als Erfolg der eigenen Politik buchen kann.
({31})
- Ich bin gleich fertig, meine Damen und Herren. - Aus diesem Bedürfnis nach Erfolg im Felde der Außenpolitik ergibt sich ein gewisses Drängen auf die Entscheidung der europäischen Nationen, und ich sage Ihnen ganz offen, meine Damen und Herren: wir Sozialdemokraten werden uns in dieser Frage den Bedürfnissen der amerikanischen Innenpolitik nicht beugen!
({32})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Loritz.
({0})
Loritz ({1}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn dieses Haus auch nur noch einen Funken von Selbstachtung besitzt, - ({2})
Herr Abgeordneter Loritz, diese Äußerung stellt eine Beleidigung des ganzen Hauses dar. Ich rufe Sie zur Ordnung!
({0})
Loritz ({1}): Sie haben ja den zweiten Satz nicht gehört.
Ich habe den Satz genau gehört.
Loritz ({0}): Lassen Sie mich doch. das zu Ende sprechen, was ich sagen will!
({1})
Ich sagte: Wenn dieses Haus Selbstachtung besitzt, dann muß es dafür sorgen,
({2})
- ich bitte, mich bei diesem Satz nicht zu unterbrechen! -, dann muß es dafür sorgen, - ({3})
- Lassen Sie mich doch bitte ausreden! ({4})
- Ich habe ja noch gar nichts gesagt!
Meine Damen und Herren, ich bitte, den Redner fortfahren zu lassen!
({0})
Loritz ({1}): Lassen Sie mich den Satz erst einmal weiterführen, bevor Sie sprechen!
({2})
- Das lasse ich mir nicht gefallen, daß hier auf Grund eines Halbsatzes überhaupt schon derartige Bemerkungen von Ihnen kommen.
({3})
Ich sagte - und lassen Sie mich jetzt den Satz bitte im Zusammenhang sprechen! -: Wenn dieses Haus einen Funken von Selbstachtung besitzt, dann muß es dafür sorgen, daß unter allen Umständen die Regierung sofort veranlaßt wird, dem Parlament Rede und Antwort zu stehen, den parlamentarischen Stellen, die allein befugt sind, darüber zu entscheiden, ob ein „Verteidigungsbeitrag", wie es so schön heißt, dem deutschen Volke abverlangt werden kann oder nicht. Der Bundestag und nur der Bundestag und dreimal nur der Bundestag ist allein zuständig, über diese Dinge zu sprechen! Es ist unerhört, daß hierüber schon Verhandlungen stattgefunden haben, ohne den Bundestag vorher überhaupt einzuschalten.
({4})
Es geht nicht an, daß man erst, nachdem die Paraphierung erfolgt ist oder erst, wenn die Paraphierung unmittelbar bevorsteht, ' den Bundestag hört.
Ich bedaure es, daß der Antrag der Föderalistischen Union keinen Zeitpunkt nennt, an welchem
diese Regierung Rede und Antwort stehen muß für
({5})
das Porzellan, das sie schon zerbrochen hat, für die Festlegungen, die sie in irgendeinem Generalvertrag oder in irgendwelchen Zusatzanträgen vielleicht schon getroffen hat.
({6})
Meine Damen und Herren! Ich habe als unparteiischer Vorsitzender dieser Versammlung dem Umstand Rechnung zu tragen, daß der Redner durch Unterbrechungen nicht zur Ausnutzung seiner Redezeit gekommen ist.
({0})
Loritz ({1}): Nein, daran bin ich nicht schuld!
({2})
Ich bitte, nicht zu unterbrechen; dann geht's schneller!
({0})
Loritz ({1}): Meine Damen und Herren, der Herr Vorredner hat gefragt, wer denn unter Zeitdruck stehe. Ich habe den Eindruck: unter Zeitdruck steht die Regierung Adenauer, die weiß, daß ihr nach eineinhalb Jahren keine Mehrheit mehr zur Verfügung steht.
({2})
Ich habe den Eindruck: unter Zeitdruck stehen die Leute, die wissen, daß 'die weltpolitische Situation dermaßen in rascher Entwicklung begriffen ist, daß man es vielleicht schon in wenigen Monaten nicht mehr wagen würde, dem deutschen Volk zuzumuten, länger unter einem Kolonialstatut zu leben. Jetzt aber verlangt man von ihm noch, Soldaten zur Verteidigung eines Kolonialstatuts zu stellen.
Meine Damen und Herren, ich habe schon im Zusammenhang mit der Diskussion über den Schumanplan davor gewarnt, im Juni grüne Äpfel essen zu wollen, statt zu warten, bis sie im September reif sind. Die Bundesregierung könnte durch ein Zuwarten nur gewinnen, indem sie sich nicht dazu herbeiläßt, den Wünschen der Alliierten zu entsprechen und heute schon das zu unterzeichnen, was man von uns jetzt noch verlangt. Der Bundestag hat, ich wiederhole es, die heilige Verpflichtung gegenüber den Wählern, dafür zu sorgen, daß die Regierung veranlaßt wird, diese Besprechungen, die heute stattfinden und für die federführend sind Herr Blank, Herr Professor Hallstein und Bundeskanzler Adenauer selbst, abzustoppen, weil diese Besprechungen uns politisch auf einen Weg festlegen, der nochmals zum Unglück und zur Katastrophe unseres ganzen Volkes werden kann. Es gibt kein Wort, das scharf genug ist, um zu brandmarken, was in den letzten Monaten geschehen ist. Es gibt auch kein Wort, das scharf genug ist, um eine Mentalität der Alliierten zu brandmarken, die vor vier Jahren noch verlangten, sozusagen jeden deutschen Unteroffizier als Militaristen zu erklären, und die heute etwas tun wollen, was zum Unglück Deutschlands und der ganzen Welt ausschlagen kann.
({3})
Wenn Sie demokratisch fühlen und denken, meine
Herren, dann müssen Sie alles tun, daß der Bundestag hier raschestens eingeschaltet wird; und ich
hoffe, daß sich vielleicht noch irgendeine Fraktion finden wird, die verlangt, daß bei dieser so wichtigen Debatte wenigstens der Herr Bundeskanzler herbeigeholt wird. Wir wehren uns dagegen, hier faits accomplis zu schaffen, die bezahlt werden müssen mit dem Blut der jungen Jahrgänge, die jetzt noch ohne Kriegsversehrungen herumlaufen, und die bezahlt werden müssen mit dem Rest dessen, was uns zwei verlorene Weltkriege noch übriggelassen haben.
({4})
Wir warnen Sie vor einer Politik, die Sie schon begonnen haben
({5})
und die in eine Katastrophe hineinführen kann, über deren Ausmaß Sie sich anscheinend noch gar nicht im klaren sind!
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Pünder.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es scheint mir tief bedauerlich zu sein, daß solche tumultuarischen Szenen der Auftakt zu solch überaus lebenswichtigen Beratungen des Deutschen Bundestages sind. Es ist ein bedauerliches Schauspiel, das damit ein Teil unserer Mitglieder der Weltöffentlichkeit gibt.
Namens meiner politischen Freunde habe ich zu erklären, daß uns die Erklärung des Herrn Staatssekretärs Hallstein befriedigt hat.
({0})
- Einen Augenblick! - Ich bin auch durchaus der Auffassung von Herrn Kollegen Schoettle, daß wir heute noch nicht in ein Vorpostengefecht eintreten sollten. Aber es scheint mir, lieber Herr Schoettle
- ich will mich nicht in militärischen Bildern weiter verlieren -, daß Sie schon über das Vorgefecht etwas hinausgegangen sind.
({1})
Es will mir scheinen, -daß es vielleicht doch nicht ganz zweckmäßig war - da wir uns heute darüber einig waren, daß wir in einem sehr baldigen Zeitpunkt sehr gründlich über die Dinge sprechen wollen -, wenn wir heute doch schon so ein kleines Vorgericht von dem vorgesetzt bekommen haben. Das ist bedauerlich, und dies darf ich im Namen meiner politischen Freunde erklären. Lieber Herr Schoettle, das eine sage ich Ihnen ausdrücklich - da können Sie völlig beruhigt sein -: niemand von uns - ich 'glaube, von der überwältigenden Mehrheit des Hauses - wird sich damit beruhigen, wenn uns hier etwa nur etwas über den Schnitt der Uniformen und die Grußpflicht der künftigen europäischen Soldaten gesagt würde. Das ist völlig ausgeschlossen;
({2})
und es ist eine Verkleinerung und eine Geringschätzung des Verantwortungsgefühls von uns allen, glaube ich - von den meisten jedenfalls -, wenn Sie meinen, wir wären uns der hochpolitischen Bedeutung dieser lebenswichtigen Fragen für unser Schicksal und für die ganze deutsche Zukunft nicht zutiefst bewußt. ({3})
Auch der Hinweis auf das Zeitdrängen - wir haben ja noch gar keine Erklärung der Regierung gehört - ist durchaus richtig. Aber er ist augenblicklich nicht am Platze. Ich erkläre jedenfalls
({4})
namens meiner politischen Freunde, daß auch wir uns nicht durch irgendwelche Zeitrücksichten bedrängen lassen; alle diese lebenswichtigen Fragen müssen genauestens bis zum letzten mit uns erörtert werden.
Ich beschränke mich also auf diese wenigen grundsätzlichen Bemerkungen. Ich lasse mich heute weder auf ein Vorgefecht noch auf eine Kanonade ein; ich gehe auch gar nicht darauf ein, was mein unmittelbarer Vorredner gesagt hat. Wir sind zufrieden mit der Erklärung, die Herr Hallstein heute abgegeben hat, und werden den beiden vorliegenden Anträgen der FDP und der Föderalistischen Union nachher zustimmen.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reismann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Herr Abgeordneter Pünder soeben von dem Zeitdruck sprach, unter den er sich nicht bringen lassen möchte, so muß ich ihm erwidern: Von Zeitdruck kann eigentlich bei der Länge der Zeit, die bisher verlaufen ist, doch gar nicht die Rede sein,
({0})
und es erhebt sich die Frage, weshalb die Regierung denn erst nach dem Antrag der Föderalistischen Union diese Bekenntnisfreudigkeit bekundet. Wir wären j a glücklich gewesen, wenn es gar nicht erst nötig gewesen wäre, diesen Antrag einzubringen. Dann hätte man j a längst Gelegenheit gehabt, darüber zu sprechen. Herr Loritz vermißt in unserem Antrag die Angabe des Zeitpunkts: „Wann soll denn darüber debattiert werden?" Ja, das ist doch ganz klar: wenn keine Zeit angegeben ist, sofort. Sofort, das heißt: die nächste Gelegenheit soll ergriffen werden; und wenn so beschlossen wird, bedeutet das „sofort", da die nächste Woche sitzungsfrei ist, daß dieses Thema übernächste Woche zum Zuge kommt.
({1})
Auch die Äußerung von Herrn Kollegen Pünder gibt mir Veranlassung, auf die Frage „Wann?" einzugehen. Wenn etwa jetzt noch die Zeit der Erörterung, die Zeit des Rede-und-Antwort-Stehens der Regierung so weit hinausgeschoben werden sollte, daß diese Frage berechtigt wäre, dann wäre das nicht eine Erfüllung dieses Begehrens. Es ergibt sich j a überhaupt die Frage, ob es nicht schon zu spät ist.
({2})
Wir wissen j a gar nicht, wieweit die Beratungen bereits vorangeschritten sind. Es geht j a um die Grundlagen, um die Richtlinien, die den Unterhändlern in Paris mit auf den Weg gegeben werden sollen, die dem Bundeskanzler mit auf den Weg gegeben werden sollen.
Ich halte es nicht für richtig, jetzt über den Inhalt, über die Details zu sprechen, sondern die Regierung soll sich zunächst in einer besonderen Debatte mit dem Bundestag darüber auseinandersetzen, was sie wünscht und was der Bundestag will. Heute haben wir nur über diese Formalitäten zu sprechen, über dieses Rede-und-Antwort-Stehen vor dem Bundestag überhaupt, aber nicht über den Inhalt. Die Debatte darüber wird dann nach 14 Tagen die Folge sein.
Herr Kollege Schoettle, wenn Sie sagen, wir hätten mit der Zustimmung zum Schumanplan A gesagt, infolgedessen müßten wir auch B bis Z sagen, so kann ich Ihnen versichern: Sie wissen noch längst nicht, was wir in Zukunft zu den Erklärungen, den Wünschen und den Absichten der Regierung sagen werden. Wir lassen die Dinge an uns herantreten. Wir haben heute gar keine Veranlassung, diese Frage vorweg zu erörtern.
({3})
- Das sind nach unserer Ansicht zwei völlig getrennte Komplexe, die nicht so miteinander verbunden werden können, wie Sie meinen.
({4})
- Ja, es ist nun einmal so; darüber haben Sie eine andere Auffassung als wir.
Wir hoffen, daß die Verhandlungen noch nicht so weit gediehen sind, daß wir hinterher nur noch Ja und Amen zu sagen haben. Jedenfalls soll durch diesen Antrag, und zwar gerade auch das Ausland darauf hingewiesen werden: bis heute hat der Bundeskanzler Verhandlungen geführt, ohne die Repräsentation des deutschen Volkes überhaupt nur angehört zu haben; was er also verhandelt hat, hängt in der Luft; denn der Souverän, derjenige, der die Politik dem Ausland gegenüber zu bestimmen hat, ist nicht der Bundeskanzler, das ist das deutsche Volk und der Bundestag, der es vertritt.
Die Initiative zu dieser Aussprache hätte bei einer Regierung, die von der Wurzel aus von demokratischen Gedanken durchdrungen ist, von der Regierung selber ausgehen müssen. Nehmen Sie doch die Verhältnisse in Frankreich, wo die Regierung selber Wert darauf legt, nicht eher nach Lissabon zu gehen, als sie sich mit der französischen Kammer darüber ausgesprochen hatte. Ganz anders hier. Hier geht man längst in Verhandlungen hinein, und der Bundestag muß, da er sich nun darüber beklagen muß, daß er überhaupt nicht unterrichtet wird, von sich aus das nachdrückliche Verlangen stellen, daß die Regierung sich darüber mit ihm in Verbindung setzt. Es handelt sich bei unserem heutigen Antrag nicht um die Debatte zu der Sache selbst, sondern darum, daß die Prärogative des Bundestages gegenüber der Regierung gewahrt wird, daß Verhandlungen von so fundamentaler Bedeutung nicht entriert, nicht geführt und vor allen Dingen nicht zu Ende geführt werden dürfen, ohne daß der Bundestag über die Richtlinien seine Entscheidung gefällt hat.
Die Initiative, die die Bundesregierung nach außenhin an den Tag gelegt hat, hätte sie an die Weisungen binden müssen, die der Bundestag ihr mitgibt. Es muß zum Abschluß nochmals mit allem Nachdruck gesagt werden: Wir verlangen von der Bundesregierung, daß sie uns hier im Bundestag nicht wieder vor ein Ja oder Nein stellt. Wir verlangen, daß sie, bevor sie verhandelt, eine Meinungsabklärung herbeiführt. Stellt sie aber das Parlament vor die Frage: Ja oder Nein und nichts weiter, dann muß sie damit rechnen, daß sie nicht wie beim Schumanplan eine Mehrheit findet, sondern eine Ablehnung erfährt, die dem Ansehen des deutschen Bundes bestimmt nicht nützlich und dienlich sein würde. Die Verhandlungen, die die Bundesregierung bisher geführt hat, ohne ihre Meinungen mit den Meinungen der Abgeordneten dieses Hohen Hauses abzuklären und diesen Meinungen gegenüberzustellen, haben unter der Hypothek
({5})
der Ungewißheit gestanden: Was wird demnächst; wird das deutsche Volk zustimmen, oder wird es nicht zustimmen? Was uns demnächst abschließend unterbreitet werden soll, sollte uns nach gutem demokratischen Brauch nicht überraschen, sondern sollte vorher so weit durchberaten sein, daß sich übersehen läßt, was dem deutschen Volk an Lasten auferlegt und an Vorteilen in Aussicht gestellt wird.
Wir bitten deswegen, unserem Antrag zuzustimmen. Wir bitten die Regierung, die endgültige Aussprache über den Fragenkomplex selbst sobald wie möglich stattfinden zu lassen.
({6})
Das Wart hat der Herr Abgeordnete Euler.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat ihrer Entschlossenheit, die so überaus wichtigen Themen des Verteidigungsbeitrages und des Generalvertrages hier in aller Ausführlichkeit möglichst schnell erörtert zu sehen, durch ihren Antrag Ausdruck gegeben. Wir haben dabei den Antrag der Föderalistischen Union dahin erweitert, daß gerade der Generalvertrag in die Erörterung einbezogen werden soll, weil er nach unserer Auffassung die Voraussetzung für eine Teilnahme Deutschlands an der Verteidigungsgemeinschaft ist. Denn über den Generalvertrag und die Annexverträge muß klargestellt werden, daß wir gleichberechtigt in die Gemeinschaft der freien Völker eingegliedert werden.
Wir sind durch die Erklärung, die Herr Staatssekretär Dr. Hallstein abgegeben hat, zufrieden gestellt. Nachdem wir wissen, daß die Debatte in vierzehn Tagen stattfindet, hätten wir hier nichts mehr zu erklären, wenn nicht einige Erklärungen, die in der Debatte abgegeben wurden, uns genötigt hätten, einige Worte hinzuzufügen. Zum ersten ist es falsch, das, was in der sowjetischen Zone von der SED-Regierung bekanntgemacht wurde, als einen Entwurf des Generalvertrages anzusehen. Es handelt sich dabei um eine plumpe Fälschung.
({0})
Was drüben in der sowjetischen Zone veröffentlicht worden ist, ist auch in einem ganz frühen Stadium der Verhandlungen niemals Gegenstand eines Vorentwurfs gewesen.
({1})
Zum zweiten möchten wir nachdrücklich Verwahrung gegen die Annahme einlegen, daß die Erwägungen irgendwelcher Parteien in diesem Hause von den Bedürfnissen der amerikanischen Innenpolitik abhängig sein könnten. Es handelt sich um etwas ganz anderes und nur insoweit möchte ich den Herrn Kollegen Schoettle verbessern: Uns scheint bei der Entscheidung über diese Fragen nicht nur das Fundament der Demokratie in Deutschland auf dem Spiele zu stehen, sondern es handelt sich einfach um die Sicherung der Existenz unseres Volkes schlechthin.
({2})
Und weil es sich darum handelt, wünschen wir uns von der Debatte, die hier in aller Breite stattfinden soll - wir hoffen es zuversichtlich -, daß gerade sie dazu beiträgt, den gesunden Sinn der deutschen
Bevölkerung dafür zu stärken, daß wir verpflichtet sind, die europäische Sicherheit insgesamt zu verbessern, unter der Voraussetzung - die zu schaffen gerade die Aufgabe der westlichen Demokratien ist und von der die Verteidigungskraft eines deutschen Soldaten abhängt -, daß wir gleichberechtigt in die Gemeinschaft der westlichen Völker einkehren. Wenn das klargestellt werden könnte und wenn es uns gelingt, diese Gleichberechtigung durchzusetzen, fernerhin sicherzustellen, daß die Verteidigungsgemeinschaft nicht einen unerschwinglichen Finanzbedarf für uns mit sich bringt, sondern einen Aufwand, der unsere wirtschaftliche und soziale Entwicklung nicht gefährdet, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich, trägen wir auch dazu bei, daß die Entscheidung, die wir zu fällen haben, eine breite Mehrheitsbasis findet.
({3})
Das' Wort hat der Abgeordnete Farke.
Ich darf inzwischen auf Wunsch des Vorsitzenden des Ausschusses für den Lastenausgleich bekanntgeben, daß dieser Ausschuß eine Stunde nach Schluß des Plenums zusammentritt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Deutschen Partei hat zur Kenntnis genommen, daß der Herr Staatssekretär bekanntgegeben hat, daß in der übernächsten Woche die Richtlinien und auch das, was zum Generalvertrag gehört, bekanntgegeben werden und darüber eine ausführliche Aussprache stattfinden soll. Wir wissen allerdings, daß es praktisch erst jetzt möglich war, an den Bundestag heranzutreten; denn es ist bei allen Vorlagen der Regierung so, daß Vorbereitungen nötig sind und aus dem Vorbereitungsstadium heraus an das Hohe Haus nicht herangetreten werden kann. Wir hätten es allerdings lieber gesehen, wenn nicht erst eine Initiative des Bundestages nötig gewesen wäre. Wir halten es aber grundsätzlich für abwegig, nachdem nun die Anträge praktisch durch die Regierung schon erfüllt sind, zu Einzelheiten überzugehen und zu Verträgen oder Gesetzesvorlagen Stellung zu nehmen, die der einzelne noch gar nicht kennen kann. Das kann doch erst dann möglich sein, wenn sie uns vorliegen. Wir wissen, daß wir uns in sehr naher Zeit damit beschäftigen werden, und wir werden also ausgiebig Gelegenheit nehmen können, zu den einzelnen Dingen unsere Meinung zu sagen.
Das eine möchte ich aber noch anfügen. Wir kämpfen um unsere Freiheit und ringen darum, freie Menschen bleiben zu können. Wir ringen um Deutschland; wir ringen um Europa; und wir wissen: wenn wir in diesem Vorhaben leben wollen, dann müssen wir auch bereit sein, dafür einzutreten, uns einzusetzen und auch bereit sein, das zu verteidigen, was. jeder freie Mensch als das Höchste ansieht und was eigentlich für ein Volk, wenn es Volk bleiben will, das Entscheidende ist.
({0})
Will es noch Volk sein, dann muß es auch bereit sein, sich als Volk zu verteidigen. Unter welchen Bedingungen das möglich sein wird, werden wir erfahren. Ob wir dazu ja sagen können, werden wir dann, wenn uns die Gesetze und Verträge vorliegen, zu entscheiden haben.
({1})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Es liegt vor einmal der Antrag der Fraktion der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 432. Das ist, soviel ich weiß, die Fassung, die an die Stelle des ursprünglichen Antrags getreten ist. Zum andern liegt dazu ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck Nr. 428 vor. Außerdem ist seitens der KPD eine Art Ergänzungsantrag eingereicht worden; er nennt sich Antrag zum Antrag der Fraktion der Föderalistischen Union. Die Stärke der KPD reicht nicht aus, das Erfordernis der Geschäftsordnung - 15 Mitglieder - zu erfüllen. Ich frage das Haus, ob der Antrag anderweit unterstützt wird. - Das ist nicht der Fall.
({0})
- Ich habe ihn nicht bekanntzugeben! - Es handelt sich also nicht um einen ordnungsgemäß gestellten Antrag. Nach der Geschäftsordnung muß jeder Antrag von 15 Mitgliedern des Hauses unterstützt sein. Ich bin also nicht in der Lage, ihn zu verlesen oder bekanntzugeben oder zur Abstimmung zu stellen.
Wir kommen jetzt zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag zu dem Antrag der Föderalistischen Union, der von der FDP auf Umdruck Nr. 428 gestellt worden ist.
({1})
- Zur Abstimmung Herr Dr. Reismann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß der weitergehende Antrag der auf Umdruck Nr. 432 ist. Denn während der Antrag auf Umdruck Nr. 428 nur davon spricht, daß über die Verhandlungen über die Ablösung des Besatzungsstatuts Auskunft erteilt werden soll, verlangt unser Antrag auf Umdruck Nr. 432 Auskunft weiter über den Generalvertrag und seine sämtlichen Zusatzverträge. Der weitergehende Antrag ist danach der Antrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 432, und ich bitte, darüber zuerst abzustimmen.
({0})
Herr Abgeordneter Euler zur Abstimmung! Nicht zur Geschäftsordnung! Sie können jetzt nicht zur Geschäftsordnung sprechen.
Nachdem die Föderalistische Union ihren Antrag ergänzt hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, muß ich feststellen, daß inhaltlich zwischen unserem Antrag und dem ihren überhaupt kein Unterschied besteht. Denn wenn wir von den Verhandlungen zur Ablösung des Besatzungsstatuts sprechen, meinen wir den Gesamtkomplex der Verträge, die die Föderalistische Union im einzelnen bezeichnet hat. Also: ein sachlicher Unterschied besteht nicht mehr, und es ist unseres Erachtens keine Notwendigkeit gegeben, über diese beiden Anträge getrennt abzustimmen. Da sie sachlich identisch sind, könnte die Entscheidung in einer Abstimmung gefällt werden.
({0})
Meine Damen und Herren, ich bin damit einverstanden, daß wir diese
Vereinfachung vornehmen. Wollen Sie diese beiden Anträge als einen Antrag ansehen?
({0})
- Das Haus scheint damit einverstanden zu sein. Ich lasse also über beide Anträge gleichzeitig abstimmen. Ich bitte diejenigen, die dafür sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. ({1})
Meine Damen und Herren, der Herr Vorsitzende des Ausschusses für das Gesundheitswesen läßt darauf hinweisen, daß im Anschluß an die Beratung dieses Punktes der Tagesordnung der Ausschuß zusammentritt.
Wir kommen zum nächsten Punkt der Tagesordnung, und zwar ist an dieser Stelle eingefügt der Punkt 6 a:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ({2}) über den Antrag der Abgeordneten Günther, Kohl ({3}), Eickhoff, Dr. Hamacher und Genossen betreffend Schaffung einer Unterabteilung Handwerk im Bundeswirtschaftsministerium ({4}).
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Lange.
Lange ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit einem Antrag befaßt, der am 10. April vergangenen Jahres dem Hohen Hause zugestellt und am 26. April in seiner 139. Sitzung dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik mit Sammelantrag Umdruck Nr. 155 überwiesen worden war.
Das Petitum dieses Antrags ist aus politischen sowohl als auch aus wirtschaftspolitischen Gründen durchaus gerechtfertigt. Die Verzögerung, die es mit sich brachte, daß der Wirtschaftsausschuß seinen Bericht auf Drucksache Nr. 3019 erst heute vorlegen kann, hat ihre Ursache darin, daß in der Zwischenzeit, und zwar Mitte vergangenen Jahres, der Wirtschaftsminister von sich aus dem Kabinett gegenüber ein Ersuchen gestellt hat, ihm die Genehmigung zu erteilen, das Referat Handwerk in der Abteilung II - Wirtschaftsordnung - seines Ministeriums in eine Unterabteilung umzuwandeln. Darüber hinaus ist im gleichen Zusammenhang von dem Minister das Ersuchen an das Kabinett gerichtet worden, auch die Referate Handel und Technik in eine selbständige Unterabteilung umzuwandeln.
Für das Referat Handwerk ist, wie gesagt, die Genehmigung erteilt worden; faktisch besteht also eine Unterabteilung Handwerk, so wie im Antrag der Abgeordneten Günther und Genossen gewünscht. Ein kleiner Schönheitsfehler ist nur, daß diese Unterabteilung Handwerk personell unterbesetzt ist. Sie wird im Augenblick auch nur von einem Ministerialrat geleitet, während alle übrigen Unterabteilungen im Wirtschaftsministerium einem Ministerialdirigenten unterstehen. Der Wirtschaftsausschuß war daher der Auffassung, daß es bei der wirtschaftspolitischen und politischen Bedeutung des Handwerks erforderlich sei, die Unterabteilung Handwerk so zu behandeln wie die übrigen Unterabteilungen im Wirtschaftsministerium auch. Aus dem Grunde wird die Bundesregierung in Ziffer 1 des Ausschußantrags - Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik, Drucksache Nr. 3019 - ersucht,
({6})
unverzüglich eine Unterabteilung Handwerk unter Leitung eines Ministerialdirigenten im Bundeswirtschaftsministerium zu errichten.
Damit soll von diesem Hause zum Ausdruck gebracht werden, welche Bedeutung man im gesamten wirtschaftlichen Leben und damit auch nicht zuletzt in der Vertretung innerhalb des Wirtschaftsministeriums, in der Wahrnehmung seiner Belange, diesem Wirtschaftszweig beimißt.
Weiter hat sich der Wirtschaftspolitische Ausschuß auf den Standpunkt gestellt, daß auch die beiden anderen Punkte, die der Bundeswirtschaftsminister in seinem Ersuchen an das Kabinett zum Ausdruck gebracht hat, behandelt werden sollten. Er hat deshalb auch dazu Anträge gestellt, die dem Mündlichen Bericht beigefügt sind. So wird in Ziffer 2 des Antrags die Bundesregierung ersucht, zwei weitere Unterabteilungen im Bundeswirtschaftsministerium, und zwar für „Handel" - das ist das gegenwärtige Referat 3 in der Unterabteilung II - und eine Unterabteilung für „Berufsausbildung, Forschung und Technik" zu bilden, die beide wie die Unterabteilung Handwerk unter einem Ministerialdirigenten stehen sollen, um auch dort die Bedeutung gegenüber den anderen, schon bestehenden Unterabteilungen herauszustellen. Die Unterabteilung „Berufsausbildung, Forschung und Technik" soll aus dem jetzigen Referat 8 der Abteilung II, die nur Technik und Gewerbeförderung allgemein umfaßt, hervorgehen.
In der Abteilung II ist auch noch das Referat 4, Genossenschaften. Zu dem Thema Genossenschaften hat der Ausschuß ebenfalls ein Ersuchen an den Wirtschaftsminister in seinem Antrag ausgesprochen, wonach der Bundesminister für Wirtschaft diese an sich komplizierte Frage der Behandlung der gesamten Genossenschaftsbelange so erledigen soll, daß dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik eingehende Vorschläge für die Behandlung der Fragen des Genossenschaftswesens im Wirtschaftsministerium gemacht werden.
Der Antrag auf Drucksache Nr. 3019, den zu vertreten ich die Ehre habe, ist im Wirtschaftspolitischen Ausschuß einstimmig angenommen worden. Ich darf deshalb der Hoffnung Ausdruck geben, daß dieses Hohe Haus sich ebenfalls bereit findet, angesichts der politischen, wirtschaftspolitischen und sonstigen sachlichen Notwendigkeiten, denen sich der Ausschuß nicht verschlossen hat, diesem Antrag zuzustimmen. Ich bitte das Haus um eine entsprechende Entscheidung.
Meine Damen und Herren, dieser Punkt ist unter der Voraussetzung auf die heutige Tagesordnung gesetzt worden, daß man auf eine Aussprache im Hinblick auf die allseitige Übereinstimmung verzichten kann. Ich schließe also die Aussprache und komme zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die der Vorlage Drucksache Nr. 3019 zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung angenommen.
- Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({0}) über die Wahlanfechtung des Dr. Rudolf Böhm, Weilburg/ Lahn ({1}).
Das Wort zur Berichterstattung - ({2})
- Ja, ich sehe, daß sämtliche Berichte schriftlich erstattet sind. Den Mitgliedern des Hauses liegen die Entscheidungen vor. Ich glaube, ich kann mich deswegen darauf beschränken, die einzelnen Punkte der Tagesordnung nacheinander aufzurufen.
({3})
Ich bitte diejenigen, die der Ausschußvorlage zu Punkt 7 der Tagesordnung zustimmen, die Hand zu erheben. - Enthaltungen? - Gegenstimmen?
- Nicht vorhanden. Einstimmig angenommen.
Punkt 8 der Tagesordnung:
Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({4}) über die Wahlanfechtung des Louis Trott, Haiger ({5}) ({6}).
s Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Punkt 9 der Tagesordnung:
Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({7}) über die Wahlanfechtung des Pfarrers Klundt, Sickenhofen, sowie Lt. Walentowski, Heubach, Post Groß-Umstadt ({8}).
Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Punkt 10 der Tagesordnung:
Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({9}) über die Wahlanfechtung des Dr. Helmut Mix, Syke, Bez. Bremen ({10}).
Ich bitte diejenigen, die der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Punkt 11 der Tagesordnung:
Beratung des Berichts des Wahlprüfungsausschusses ({11}) über die Wahlanfechtung des Kaufmanns Fritz Steinkuhle, Mannheim ({12}).
Ich bitte diejenigen, die der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Wir kommen nun zu Punkt 12 der Tagesordnung:
Beratung der Ubersicht Nr. 47 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen ({13}).
Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste, die 189. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 6. Februar 1952, 13 Uhr 30.
Die 188. Sitzung ist geschlossen.