Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 186. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Stahl, Dr. -Dorls, Wagner, Henßler, Gaul, Dr. Jaeger, Naegel, Reimann, Vesper, Harig, Paul ({0}), Agatz, Dr. Henle.
Meine Damen und Herren! Zur heutigen Tagesordnung habe ich folgendes bekanntzugeben. Es ist der Wunsch ausgesprochen worden, den Punkt 6 der heutigen Tagesordnung abzusetzen; das ist die
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ({0}).
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Es ist ferner gebeten worden, diesen Punkt auf die Tagesordnung des nächsten Mittwoch zu setzen. Darf ich unterstellen, daß das Haus damit einverstanden ist? - Das ist der Fall.
Zu einem Antrag auf Erweiterung der heutigen Tagesordnung wünscht der Abgeordnete Renner das Wort zu nehmen. - Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der ursprünglichen Tagesordnung für die heutige Sitzung war unter Punkt 9 vorgesehen: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der KPD betreffend Freilassung der an Frankreich ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Begleitumstände dieser Auslieferung und Schließung der Werbebüros für die Fremdenlegion.
Nachdem zwischen der Fertigstellung dieses Berichts und unserem Antrage Monate liegen, haben wir uns veranlaßt gesehen, dazu zusätzlich zwei neue Anträge einzureichen. Sie sind auch fristgerecht eingereicht worden. Sie beschäftigen sich einmal mit dem Problem der ehemaligen Fremdenlegionäre, die heute in Haft gehalten werden, deren Schicksal also vollkommen ungewiß ist. Einer ist, wie wir erfahren haben, nach wie vor von der Vollstreckung der gegen ihn verhängten Todesstrafe bedroht. Ferner haben wir verlangt, daß noch einmal das Problem der Schließung der auf dem Boden der Bundesrepublik bestehenden Werbebüros für die französische Fremdenlegion behandelt und die Werbung für alle Fremdenlegionen aller Länder eingestellt wird.
Es ist uns gesagt worden, die großen Fraktionen vertreten die Ansicht, daß eine Diskussion dieses Problems im Augenblick nicht opportun sei, und zwar im Hinblick auf die in Genf beginnenden Beratungen, die sich, wenigstens zum Teil, auch mit diesen in unseren Anträgen aufgeworfenen Problemen beschäftigen. Wir Kommunisten sind der Auffassung, es ist im Gegenteil, nachdem Monate vergangen sind, ohne daß der Bundestag und die Bundesregierung etwas zugunsten dieser deutschen Jungens in französischen Händen getan haben, hohe Zeit, daß sich der Deutsche Bundestag nun endlich dazu aufrafft, zu diesem Problem Stellung zu nehmen. Wir können auch nicht einsehen, daß die Beratungen in Genf dadurch irgendwie nach der unguten Seite hin tangiert werden können. Wir sehen in dem Bestreben, einer Aussprache über diese Dinge aus dem Wege zu gehen, nichts anderes als den Versuch, dieses Problem, das eng mit dem Generalvertrag zusammenhängt, hier nicht zur Aussprache zu stellen.
({0})
- Lachen Sie nicht! Hier handelt es sich um Deutsche in der französischen Fremdenlegion. Was Sie mit dem Generalvertrag und mit Ihrem deutschen Sicherheitsbeitrag machen wollen, ist nichts anderes als die Schaffung einer großen internationalen Fremdenlegion, in die unsere Jungens hineingesteckt werden sollen.
({1})
Herr Abgeordneter Renner, Sie haben das Wort zur Tagesordnung und nicht zur Sache. Falls Sie nicht zur Tagesordnung sprechen, entziehe ich Ihnen das Wort. Ich bitte Sie, zur Tagesordnung zu kommen.
({0})
Ich habe nur die Zwischenrufe zurückgewiesen. '
Wir bitten Sie deshalb zuzustimmen, daß der vorgesehene Tagesordnungspunkt heute behandelt wird. Wir bitten Sie, wenn Sie dem nicht stattgeben wollen, zumindest zu beschließen, daß die von uns fristgerecht eingereichten, genannten beiden Anträge heute besprochen werden.
({0})
Meine Damen und Herren! Ich habe mich, nachdem die Meinung der großen - Fraktionen an mich herangetragen wurde, veranlaßt gesehen, diesen Punkt der Tagesordnung von der heutigen Tagesordnung abzusetzen, und zwar nicht, weil ich der Auffassung war, daß das Haus beabsichtige, hier nichts zu tun,
({0}) sondern weil ich der Auffassung war, daß das Haus beabsichtige, für die Gefangenen und für alle anderen etwas Wirksames zu tun.
({1})
Ich habe darum diese Absetzung vorgenommen.
Es ist der Antrag gestellt worden, einen Gegenstand, der nicht auf der Tagesordnung steht, heute auf die Tagesordnung zu setzen. Gemäß Abs. 3 des § 26 der Geschäftsordnung ist das nur möglich, wenn nicht fünf Mitglieder widersprechen. Ich frage, ob- widersprochen wird.
({2})
- Es wird widersprochen. Dieser Punkt kann nicht
auf die Tagesordnung gebracht werden.
({3})
Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, - ({4})
- Meine Damen und Herren! Die Vorstellungen über Humanität gehen in diesem Hause auseinander. Ich glaube, wir sollten darüber keine Debatte führen.
({5})
Ich habe weiter auf folgendes hinzuweisen. Die in § 111 der Geschäftsordnung vorgesehene Fragestunde von höchstens genau einer Stunde Dauer wird erstmals zu Beginn der 187. Sitzung am Mittwoch, dem 23. Januar 1952, stattfinden. Nach der Geschäftsordnung müssen die Fragen den zuständigen Ministern drei Tage vorher zugeleitet werden. Ich darf also bitten, Fragen, die für diese Fragestunde vorgesehen sind, bis Freitag abend bei der Eingangsstelle abzugeben, da ich diese Fragen rechtzeitig an die Regierung weiterreichen muß. Ich weise darauf hin, daß nach den Vereinbarungen im Ältestenrat die eingehenden Fragen ent({6})
sprechend dem Zeitpunkt des Eingangs zusammengestellt und in einer Drucksache zusammengefaßt werden, so daß jedes Mitglied des Hauses über die vorliegenden Fragen im Bilde ist. Ich darf mir gestatten, darauf hinzuweisen, daß zwischen den Fragen, die in einer Fragestunde behandelt werden - Kleinen Anfragen -, und den Großen Anfragen ein sachlicher Unterschied besteht und es im Interesse der Fragestunde liegt, wenn diese Unterschiede nicht verwischt werden.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung in das Stenographische Protokoll aufgenommen.
Der Herr Bundeskanzler hat gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 121. Sitzung mit Schreiben vom 15. Januar 1952 über die Maßnahmen zur Betreuung von im Ausland lebenden Deutschen berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 3001 vervielfältigt.
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der DP, CDU/CSU, FDP betreffend Rückgabe des Vermögens des Reichskriegerbundes Kyffhäuser ({7}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 20 Minuten und - falls eine Aussprache stattfindet - eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor. - Das Haus ist damit einverstanden.
Das Wort zur Begründung der Großen Anfrage hat Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz.
Dr. von Merkatz ({8}), Anfragender: Herr Präsident!. Meine Damen und Herren! Bei dem Gegenstand unserer Interpellation handelt es sich um eine juristisch sehr verwickelte Materie, auf die wir aber die Aufmerksamkeit der Regierung und der Öffentlichkeit lenken wollen.
Nach dem Militärregierungsgesetz Nr. 52 und den entsprechenden Bestimmungen der Kontrollratsgesetzgebung sind alle Vermögensgegenstände der NS-Organisationen beschlagnahmt worden und auf Grund einer Liste auch das Vermögen des NSReichskriegerbundes Kyffhäuser e. V. in Berlin. Zu diesem Reichskriegerbundvermögen gehörte eine angebliche NS-Kyffhäuser-Stiftung, die auf Grund einer Verfügung Hitlers im Jahre 1943 errichtet worden war. Diese Kyffhäuser-Stiftung sollte das Vermögen des Reichskriegerbundes, und zwar des alten Kyffhäuser-Bundes übernehmen.
Dieser alte Kyffhäuser-Bund war ein karitativer Verband, der auf eine Geschichte etwa bis zum Jahre 1786 zurückzublicken vermag. Ich möchte betonen, daß diese Wohlfahrtsorganisation ehemaliger Soldaten eine rein karitative Angelegenheit war, deren Politisierung erst durch Zwangsverfügung des nationalsozialistischen Regimes vorgenommen worden ist. Auf Grund dieser Verfügung ist dann am 3. 3. 1943 die Auflösung des Vermögens und die Übertragung an die Stiftung verfügt worden.
Auch nach den damals, zur Zeit der Auflösungsverfügung, geltenden Rechtsgrundsätzen kann kein Zweifel daran bestehen, daß diese Verfügung rechtsunwirksam und damit nichtig war. Verschiedene Gerichte haben die Rechtsunwirksamkeit solcher Zwangsakte festgestellt; die Rechtsprechung ist hierin nicht einheitlich. Immerhin ist bemerkenswert, daß ein großer Teil der Grundstücke und der Vermögensgegenstände, die zu dieser Stiftung gehören sollen, bis zum heutigen Tage noch auf ihren alten Titeln eingetragen sind.
Das Vermögen des Reichskriegerbundes gehörte zur Zeit seiner Auflösung und Übertragung an diese Zwangsstiftung folgenden Rechtspersönlichkeiten: der deutschen Kriegerwohlfahrtsgemeinschaft, einer juristischen Person kraft staatlicher Verleihung vom Jahre 1922; ferner der Kronprinz- und Kronprinzessin-Stiftung zu Berlin, die durch eine Allerhöchste Kabinettsorder im Jahre 1888 und im Jahre 1902 gebildet worden war; der Offizierswohlfahrtsgemeinschaft zu Berlin, einem eingetragenen Verein; ferner 58 verschiedenen größeren und kleineren Stiftungen, deren Vermögen jetzt meistens in der Ostzone liegt, und dann folgenden acht Landeskriegerwohlfahrtsgemeinschaften: dem Preußischen Landeskriegerverband, der Sächsischen Kriegerwohlfahrtsgemeinschaft, der Bayerischen, Württembergischen, Badischen, Braunschweigischen, Hessischen und Pfälzischen Kriegerwohlfahrtsgemeinschaft.
Danach - bei dieser Rechtslage und bei der juristischen Unwirksamkeit der Zwangsverfügung
dürfte kein Zweifel daran bestehen, daß die alliierte Beschlagnahme des Kyffhäuser-Vermögens nur das Vermögen des NS-Reichskriegerbundes Kyffhäuser erfaßt bat, aber nicht das Vermögen des alten Kyffhäuser-Bundes, das an eine Zwangsstiftung, deren Gründungsakt nichtig ist, übertragen wurde.
Das Vermögen des NS-Reichskriegerbundes, das auf der Liste zum Kontrollratsgesetz genannt ist, beträgt nur einige tausend Mark, während die Vermögensmasse des aufgelösten alten Verbandes einen beträchtlichen Umfang hat. Wenn die alten Stiftungen und Korporationen als die Rechtsträger dieses karitativen Vermögens angesehen werden müssen, dann sollte es Rechtens sein, diesen alten und zum Teil sogar noch in den Grundbüchern stehenden Rechtsträgern das Vermögen zurückzugeben.
Hinsichtlich dieser früheren Rechtsträger hat sich eine Nachfolgegemeinschaft gebildet, die mit Notvorständen arbeitet; die Deutsche Kriegerwohlfahrtsgemeinschaft, die damit Hauptträgerin oder Treuhänderin des zurückzugebenden Vermögens sein müßte. Diese Rechtslage ist von dem zuständigen Polizeipräsidenten in Berlin-West durch eine Verfügung vom 21. Juli 1951 dem Grundsatz nach anerkannt worden. Hinsichtlich der Kronprinzen- und Kronprinzessin-Stiftung und der Offizierswohlfahrtsgemeinschaft laufen noch Verfahren für die Eintragung und die Bestellung von Notvorständen. Immerhin bestehen für die Nachfolgeorganisationen des alten Reichskriegerbundes, dieser karitativen Einrichtung, dadurch erhebliche Schwierigkeiten, daß sie nicht mehr über die notwendigen Akten verfügen, die zum Teil in der Ostzone liegen oder auch dort bei den Gerichten verbrannt sind.
Die Richtigkeit der Ansicht, daß das Vermögen des Reichskriegerbundes mit seinen selbständigen Stiftungen unverzüglich freigegeben werden müßte, ist von folgenden Behörden, soweit wir unterrichtet worden sind, bereits anerkannt worden: u. a. durch ein Gutachten des Bundesfinanzministers vom September 1950, durch ein Gutachten des Justizministers von Rheinland-Pfalz, des niedersächsischen Finanzministers, des Polizeipräsidenten von Berlin, den ich bereits erwähnt habe, und einiger Gerichte.
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Wir sind uns als Interpellanten darüber klar, daß die Materie, über die wir die Bundesregierung befragen, eine Angelegenheit der Länder ist. Aber mit Rücksicht auf die hohe Bedeutung dieser alten Wohlfahrtseinrichtung und im Hinblick auf die Streuung dieser Einrichtung über das ganze Bundesgebiet glaube ich, daß die Bundesregierung einem besonderen Bedürfnis abhelfen würde, wenn sie durch geeignete Mittel eine rechtseinheitliche Handhabung der Rückgabe dieses Vermögens ermöglichte.
Als einziges Land hat bisher Niedersachsen, und zwar im Juli 1951, die Freigabe des Kriegerwaisenhauses in Osnabrück, des sogenannten Renthe-FinckHauses verfügt. Die ursprüngliche Eigentümerin dieses Grundstücks ist wieder in dessen Besitz.
Besondere Schwierigkeiten sind leider beim Landesamt in Rheinland-Pfalz aufgetaucht. Ich kann nicht übersehen, aus welchen Gründen diese Behörde die Wirksamkeit der damaligen nationalsozialistischen Verfügung anerkennt. Das Argument, daß die französische Regierung eine Rückgabe der in Rheinland-Pfalz belegenen, angeblich etwa anderthalb Millionen ausmachenden Objekte des alten Kyffhäuser-Bundes nicht wünscht, ist durch eine Auskunft des französischen Hohen Kommissars ausgeräumt. Die Rechtslage konnte von uns in diesem Punkt nicht eindeutig genug geklärt werden. Nach den uns gegebenen Informationen wird vom Landesamt in Mainz ferner geltend gemacht, daß auch noch andere Organisationen auf diese Vermögensgegenstände Anspruch erheben würden und daß damit das Land als Treuhänderin verpflichtet sei, diese Vermögensgegenstände so lange zu verwalten, bis über die Rechtsansprüche entschieden sei. Immerhin glaube ich mit Rücksicht auf den Ursprung dieses Vermögens und seine Bedeutung, daß eine baldige Bereinigung dieser Rechtsfragen und die Rückgabe an -die Berechtigten möglich sind.
Es darf darauf hingewiesen werden, daß im gegenwärtigen Rechtszustand in bestimmten Zonen die dort geltende Wiedergutmachungs- und Rückerstattungsgesetzgebung Anwendung zu finden hat, und da es sich hier um einen karitativen Verband handelt, der humanitären und sozialen Zwecken zu dienen bestimmt ist, sollte mit der Rückgabe nicht weiter gezögert werden. Wer der Auffassung sein sollte, daß dieser alte Soldatenbund eine militärisch-politische oder gar militaristische Einrichtung gewesen sei, der ist falsch unterrichtet. Man soll sich dann die Stellungnahme der Londoner „Times" in ihrer Ausgabe vom 10. Oktober 1951 ansehen, in der besonders herausgestellt wird, daß das Land Niedersachsen in großzügiger Weise seiner Verpflichtung nachgekommen ist, das Vermögen zurückzugeben, und ferner wird auf die alten Beziehungen hingewiesen, die zwischen der British Legion, der dortigen Wohlfahrtsorganisation ehemaliger Soldaten, und dem alten Reichskriegerbund bestanden. Es kann also auf Grund der Geschichte und der rein karitativen Bedeutung des Verbandes auch nicht der leiseste Zweifel aufkommen, daß diese Einrichtung mit den Gründen, die zu einer Sequestrierung des Vermögens bei anderen Organisationen geführt haben, in keinen Zusammenhang gebracht werden kann. Ich glaube - das ist die Ansicht meiner politischen Freunde-, daß es angezeigt erscheint, hier die Gerechtigkeit wiederherzustellen und dieses Vermögen seinem ursprünglichen Zweck wieder zuzuführen. Da dies in den Ländern Schwierigkeiten macht, verfolgen wir mit dieser Interpellation den Zweck, eine Koordinierung der Maßnahmen durch die Bundesregierung zu erreichen. Ich glaube, es wird nicht angebracht sein, diese Dinge weiter in der Schwebe zu lassen. Wir wären der Regierung zu Dank verbunden, wenn sie uns über die bisher auf diesem Gebiet getroffenen Maßnahmen und ihre Rechtsansicht sowie auch über die Möglichkeiten, die Länder zu einer baldigen Lösung des Problems zu bewegen, eine Auskunft erteilen wollte.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ehe ich die Fragen der Interpellation beantworte, darf ich mit einigen Worten die Rechtslage darstellen, wie sie sich nach unserer Ansicht verhält. Der Reichskriegerbund Kyffhäuser e. V. wurde etwa 1937 mit dem NS-Frontsoldatenbund verschmolzen unter der Bezeichnung „NS-Reichskriegerbund ({0})". Unter dem 3. März 1943 verfügte Hitler die Auflösung des Reichskriegerbundes und die Einbringung des Bundesvermögens in die neue Kyffhäuser-Stiftung. Im Kontrollratsgesetz Nr. 2 und dessen Anhang wird der NS-Reichskriegerbund ausdrücklich als aufgelöst" bezeichnet. Das Vermögen der Kyffhäuserstiftung wurde nach dem Zusammenbruch ebenso wie alle übrigen NS-Vermögen durch Kontrollratsgesetz Nr. 2 beschlagnahmt und in Ausführung der Kontrollratsdirektive Nr. 50 durch die Militärregierungen auf die Länder, in der britischen Zone auf den allgemeinen Organisationsausschuß in Celle übertragen. Rechtlich zweifelhaft ist es, ob auch die zahlreichen vom Reichskriegerbund geschaffenen oder ihm zugehörigen Stiftungen und deren Vermögen ein gleiches Schicksal erfahren haben wie der Reichskriegerbund und sein Vermögen. Der Bundesregierung ist bekannt, daß von einzelnen Ländern die Auffassung vertreten wird, durch den angeführten Erlaß Hitlers vom 3. März 1943 und durch einen weiteren Ausführungserlaß des damaligen Leiters der Parteikanzlei Bormann vom 29. Juni 1943 sei nicht nur der NS-Reichskriegerbund, sondern seien auch die rechtlich selbständigen Stiftungen aufgelöst worden und es seien auch deren Vermögen in die Kyffhäuser-Stiftung übergegangen. Auch das Vermögen der Stiftungen des Reichskriegerbundes sei deshalb als ehemaliges NS-Vermögen zu betrachten und entsprechend zu behandeln. Soweit die Schilderung der Rechtslage und der Rechtsansichten.
Zu den Fragen habe ich folgendes zu sagen: Der in Punkt 1 geschilderte Tatbestand ist der Bundesregierung bekannt.
Zu Punkt 2: Die Frage einer Rückgabe des Vermögens des Reichskriegerbundes und der diesem angeschlossen gewesenen Stiftungen hängt ausschließlich davon ab, ob diese Vermögenswerte als NS-Organisationsvermögen anzusehen sind oder nicht. Den Ländern steht nach den Weisungen der Besatzungsmächte die Vermögenskontrolle bzw., soweit es sich um nichtrückerstattungspflichtiges Vermögen handelt, auch das Eigentumsrecht an den NS-Vermögenswerten zu. Die Frage ist also allein zwischen den Belegenheitsländern und den Personen auszutragen, die nachweislich für den ehemaligen Reichskriegerbund zu sprechen legitimiert sind, sowie zwischen den Ländern und den Organen der Stiftungen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß das Vermögen des Reichskrieger({1})
Bundes, nicht aber das Vermögen der Stiftungen NS-Vermögen im Sinne des Kontrollratsgesetzes Nr. 2 und der Kontrollratsdirektive Nr. 50 darstellt. Eine Gesetzgebungsbefugnis über diese Materie hat der Bund aber nicht. Die Bundesregierung hat auch keine Möglichkeit, den Ländern Anordnungen darüber zu erteilen, wie die besatzungsrechtlichen Bestimmungen auszulegen sind. Die Bundesregierung ist aber bereit, den Ländern ihre Rechtsauffassung mitzuteilen und - im Rahmen dessen, was ich vorhin gesagt habe - auf eine einheitliche Rechtsauslegung durch die Länder hinzuwirken.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Beantwortung der Großen Anfrage gehört. Ich frage: welche Abgeordneten wünschen eine Besprechung der Anfrage? - Nachdem ich lange genug gewartet habe, sind es 30. Damit findet eine Besprechung im Rahmen der Besprechungszeit von 60 Minuten statt. Wer wünscht das Wort? - Herr Abgeordneter Pohle, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe sehr aufmerksam der Begründung der Interpellation durch Herrn Abgeordneten von Merkatz zugehört. Ich habe dabei so das Empfinden gehabt, als habe er nur die ersten Takte einer Gespenstersonate auf dem Klavier angeschlagen; es waren nur einige Takte. Herr von Merkatz liebt die Reisen in die Vergangenheit, und er reist gleich immer bis zu Friedrich dem Großen zurück. Soweit möchte ich ihm nicht folgen; ich möchte mich hier etwas mit der jüngsten Vergangenheit beschäftigen.
Die Interpellation spricht davon, daß der Vorstand seit Jahren ergebnislos um die Rückgabe dieses Vermögens mit den Länderregierungen verhandele. Herr von Merkatz, wer ist dieser „Vorstand"? Wer ist hier legitimiert, dieses Vermögen zurückzufordern? Ich sehe auf der einen Seite aus den Veröffentlichungen des Wohlfahrtsbundes des Kyffhäuser-Bundes in Berlin, daß dieser erst am 26. Juli 1951 in Berlin gegründet worden ist. Er kann sich also nicht schon mehrere Jahre hindurch um die Rückgabe des Vermögens bemüht haben. Auf der anderen Seite tritt als angeblich - nämlich seiner Auffassung nach - legitimierter Vertreter des alten Reichskriegerbundes und Kyffhäuserbundes der General außer Dienst Reinhard auf. Dieser Herr Reinhard hat schon in mehreren Presseveröffentlichungen bekanntgegeben, daß er die Absicht habe, dieses Vermögen der Wohlfahrtsorganisationen in die Soldatenbünde einzubringen. Später hat er das widerrufen und hat erklärt: „Ich will nur, daß diesen Soldatenbünden Plätze in den Wohlfahrtsheimen zur Verfügung gestellt werden."
Jedenfalls scheint uns im Augenblick niemand rechtlich legitimiert zu sein - auch nicht von einer demokratischen Grundlage aus gesehen -, die Rückgabe dieses Vermögens zu fordern. Ich hoffe nicht, Herr von Merkatz, daß Sie sich bei der Beratung dieser Interpellation in die nächste Nachbarschaft des früheren Generals Reinhardt begeben haben; denn das erscheint uns politisch sehr bedenklich zu sein. Ich habe Herrn Oberst Reinhardt zum erstenmal kennengelernt, als ich als Soldat aus dem ersten Weltkrieg heimkehrte. Da stand er eines Tages um die Jahreswende 1918/19 auf dem Kasernenhof des 2. Garderegiments. Die Achselstücke hatte er abgetan, um seine Ärmel waren einige blaue Streifen genäht, und er forderte uns junge Soldaten auf, in sein Freikorps einzutreten. Er sprach damals viel von Demokratie, von Republik und von Vaterlandsliebe. Einige Monate später war dieser Oberst in der Reichswehr - und was tat er? Er beschimpfte die Republik, er beschimpfte die Regierung als Lumpengesindel, und er beschimpfte die Fahne der Republik als 'Judenfahne!
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Das ist Herr Oberst Reinhard gewesen, der dann später durch Hitlers Gnaden Reichskriegerführer des NS-Reichskriegerbundes geworden ist.
Meine Damen und Herren, Sie können verstehen, daß wir, wenn sich solche Leute um die Rückgabe dieses Vermögens bemühen, große Bedenken anzumelden und nach dieser Richtung hin etwas zu sagen haben. Wie hier bereits richtig erwähnt wurde, ist der Oberst Reinhard 1934 nicht als Vorsitzender oder als Präsident des Reichskriegerbundes gewählt worden, sondern er ist als Oberster Landesführer der SA-Reserve II als Bundesführer von Hitlers Gnaden eingesetzt worden.
({1})
Er ist zum Reichskriegerführer bestellt worden, und er muß in großer Gnade gestanden haben, wenn ihm diese Ehrung zuteil geworden ist.
Haben wir es denn nun wirklich nur mit einer Wohlfahrtsaufgabe auf diesem Gebiet zu tun gehabt? Es ist Ihnen erinnerlich, daß der Kyffhäuserbund einmal politisch in die Entscheidung eingegriffen hat, und zwar in einem Wahlaufruf vor 1933. Es ist Ihnen bekannt, daß in der Hitlerzeit große Sammlungen durchgeführt worden sind, damit man dem „Führer" ein Flugzeuggeschwader schenken konnte. Man hat sich also nicht auf reine Wohlfahrtsaufgaben beschränkt. Ich möchte, nachdem hier gestern offiziell von mehreren Seiten festgestellt worden ist, daß das Hakenkreuz kein Staatssymbol, sondern ein Parteisymbol gewesen sei, hinzufügen, daß auch die Mitglieder des Reichskriegerbundes dieses Parteisymbol um ihren Arm tragen mußten, wenn sie weiterhin im Reichskriegerbund in der Öffentlichkeit tätig sein wollten.
Für die Sozialdemokratie kann ich sagen, daß die Sorge für die Veteranen aller Kriege für uns nicht nur eine formale Pflicht bedeutet, sondern uns ein Herzensbedürfnis ist.
({2})
Es ist für uns in dieser Stunde durchaus einmal angebracht, einen Dank an alle Wohlfahrtsorganisationen zu sagen, die sich in der Zeit der Besatzungsunordnung und der ersten staatlichen Neugestaltung in Deutschland um diese Veteranen bemüht haben. Später kamen die großen Kriegsopferverbände hinzu, es kam weiter der sich tätig rührende Heimkehrerverband hinzu. - Entschuldigen Sie, wenn ich etwas aus meinem eigenen Leben sage. Ich glaube, wenn jemand wie ich mit sehr vielen Schlechtigkeiten im Leben gesegnet worden ist - es kann sich ja bestimmt kein Mensch davon frei halten -, doch sagen zu können, daß ich es in meinem Leben peinlichst vermieden habe, je ein Denunziant zu sein. Ich habe auch immer versucht, Haßgefühle, die hier und dort aufkamen, zu unterdrücken. Ich habe manches, was uns im „Dritten Reich" an Unbill geschehen ist, vergessen können. Aber ich kann eines nicht vergessen, was am tiefsten in mir festgewurzelt ist, das sind die Stunden, in denen ich mit meinen Kameraden aus dem Weltkrieg, den Kameraden von Verdun, von der Somme, von Amiens, von Saint Quentin eingesperrt war und in denen diese Kameraden, auch die Kriegsbeschädigten, unter dem Symbol des Hakenkreuzes geschunden und gepeinigt worden sind.
({3})
({4})
Wir sind also empfindlich dafür, wenn sich Verneiger vor diesem Parteisymbol heute wieder um Veteranenhilfe bemühen wollen.
({5}) Wir haben das Gefühl, wir sollten diese Tätigkeit durchaus den freien Wohlfahrtsverbänden überlassen, den Kriegsopferverbänden und dem Heimkehrerverband. Wenn etwas Gutes geschehen könnte und geschehen sollte, dann wäre es dies, daß auch diejenigen, die noch glauben, legitimiert zu sein, hier irgendwelche Rückerstattungsansprüche zu haben, freiwillig auf diese Dinge verzichten und daß diese Beträge in einer großen Stiftung des Volkes als Vermögen mit eingebracht werden, damit sie weiterhin der Wohlfahrt an den Veteranen, unbelastet durch die Bleigewichte der Vergangenheit, dienen können.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Hoogen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind der Regierung für ihre Antwort sehr dankbar, wonach sie dieses rechtlich wirklich sehr schwierige Problem auf der Rechtsgundlage zu regeln versucht; denn nur so, glaube ich, kann man der Situation gerecht werden.
Aus der Begründung des Herrn Kollegen von Merkatz haben wir gehört, daß der Reichskriegerbund Kyffhäuser 1943 aufgelöst und sein Vermögen der Verwaltung des damaligen Reichsschatzmeisters der NSDAP unterstellt wurde. Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 2 ist der NS-Reichskriegerbund aufgelöst worden. Durch die Direktive Nr. 50 ist eine Anordnung getroffen worden, auf die sich der Reichskriegerbund, der Kyffhäuserbund, heute berufen kann.
Auch von dem Herrn Kollegen Pohle ist hier zugestanden worden - und in der Ausgabe des „Neuen Vorwärts" vom 17. Dezember 1951 wird es ausdrücklich anerkannt -, daß das wichtigste Anliegen des Reichskriegerbundes, Kyffhäuserbund E. V., die gegenseitige Hilfsbereitschaft sei und daß mit jährlichen Unterstützungen in Höhe von 10 Millionen Mark und einer in 19 eigenen Heimen durchgeführten Erholungsfürsorge in der Tat eine beachtliche Wohlfahrtsleistung vollbracht worden sei. So ist es auch wirklich.
Die Direktive der Militärregierung Nr. 50 aus dem Jahre 1947 schreibt nun vor, daß das Vermögen der aufgelösten Organisationen entweder den Organisationen selbst, die dann neu zu bilden wären, oder Nachfolgeorganisationen mit gleichen oder ähnlichen Zielen zurückzugeben sei. Wir glauben, wir sollten uns auch hier als Bundesgesetzgeber überlegen, ob wir nicht eine gesetzliche Regelung auf Bundesebene deswegen in Erwägung ziehen sollten, weil auch das Kontrollratsgesetz Nr. 2 bzw. die Direktive Nr. 50 für das gesamte Bundesgebiet gilt.
({0})
- Herr Schoettle, ich wollte gerade fortfahren: der größere Teil der in dieser Liste zum Kontrollratsgesetz Nr. 2 aufgeführten Organisationen sind in der Tat NS-Organisationen gewesen, die wieder ins Leben zu rufen niemand hier im Sinn hat. Aber es sind auch.- ich darf Ihnen zwei Beispiele nennen - Organisationen darunter, z. B. der Deutsche Gemeindetag und die Technische Nothilfe, die doch jahrzehntelang vor 1933 bestanden haben und die, wenn ich recht unterrichtet bin, auch wieder ins Leben gerufen werden sollen, weil wir in diesen Notzeiten in der Tat eine Nothilfe brauchen. Auch diese Organisationen sind, weil sich die NS-Regierung ihrer bemächtigt hatte, damals aufgelöst worden, ihr Vermögen ist vertan worden. Ich glaube, es werden in diesem Hause manche der Meinung sein, daß z. B. der Deutsche Gemeindetag oder die Technische Nothilfe unter diesem oder einem anderen Namen wieder ins Leben gerufen werden sollten. Nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 2 und der Direktive Nr. 50 muß dann diesen Nachfolgeorganisationen das Vermögen überantwortet werden, wenn es sozialen oder karitativen, also Wohlfahrtszwecken dient.
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- Ich komme darauf, Herr Kollege Schoettle. - Ich glaube, wir sollten hier an der Auffassung festhalten, daß das Vermögen zurückgegeben werden muß.
Meine Damen und Herren, die weitere Frage ist, wem es im konkreten Fall zurückgegeben werden soll. Wir sollten das in diesem Hause nicht entscheiden; diese Frage muß im konkreten Fall durch die ordentlichen Gerichte etschieden werden.
Auf den Einwand, es könnte die Gefahr entstehen, daß das Vermögen in unrechte Hände geraten und daß das unserem Staat gefährlich werden könnte, ist zu erwidern, daß die Verfassung durchaus die Möglichkeit 'bietet, das zu verhindern. Ich bin (der Meinung, wir sollten hier nur darauf hinweisen, daß die derzeitigen Besitzer der Vermögenswerte in den eben von mir unter Hinweis auf die Kontrollratsdirektive Nr. 50 angeführten Fällen zur Rückgabe angehalten werden - insofern bin ich durchaus der Ansicht, die der Herr Staatssekretär Hartmann vorgetragen hat -, daß wir das aber im ganz konkreten Fall der Entscheidung der ordentlichen Gerichte überlassen sollten. Es ist natürlich sehr schwer, wenn man aus einer gewissen Einstellung gegen diese Organisationen gewesen ist, sich von dieser Einstellung freizumachen. Wenn wir Anspruch darauf erheben, in einem Rechtsstaat zu leben, tun wir, glaube ich, gut daran, diese Frage allein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zu behandeln und zu entscheiden.
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Das Wort hat der Abgeordnete Paul.
-Paul ({0}) ({1}): Meine Damen und Herren.! Es wird die Frage aufgeworfen, weshalb gerade heute die Rückgabe des Vermögens des Kyffhäuserbundes gefordert wird. Diese Frage steht in enger Verbindung mit dem Wiederaufleben der militaristischen Umtriebe in Westdeutschland.
({2})
Der Kyffhäuserbund, Herr von Merkatz, war keine humanitäre Organisation.
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Der Kyffhäuserbund führte unter der Parole der
sogenannten Pflege der Kameradschaft eine Propaganda durch, die darauf abzielte, den Revanche({4})
geist, den Kriegsgeist im deutschen Volke zu erhalten. Ich mache darauf aufmerksam, daß die führenden Kräfte des Kyffhäuserbundes nicht nur in den Freikorps tätig, sondern auch maßgeblich bei der Organisierung und Durchführung des Kapp-Putsches beteiligt waren, der sich gegen den Bestand der Weimarer Demokratie richtete. Man kann wirklich nicht von einer humanitären Einrichtung reden, wenn ein solcher Bund bei allen Aufmärschen von Kriegerverbänden, bei allen Reden, in allen Publikationen immer und immer wieder jene Dolchstoßlegende auftischte, die dann durch die Hitler-Bewegung weidlich ausgenützt wurde. Es waren die Führer des Kyffhäuserbundes, die die Machtübernahme der Hitler-Bewegung begrüßten. Wenn später durch Verfügung von Bormann das Vermögen des Kyffhäuserbundes eingezogen wurde, dann geschah das, um alle Mittel und alle Kräfte für die Durchführung des räuberischen Hitlerkrieges einzusetzen.
Man sagt hier, das Vermögen müsse auf Grund der Kontrollratsdirektive Nr. 50 zurückgegeben werden. Dazu ist zu sagen, daß auf keinen Fall das Vermögen des Kyffhäuserbundes an Soldatenvereinigungen zurückgegeben werden darf, die sich heute das gleiche Ziel gesetzt haben, nämlich militärische Propaganda zu betreiben und unser Volk für die Leistung eines sogenannten Wehrbeitrags für die Durchsetzung der amerikanischen Kriegsziele bereit zu machen. Wir sind der Meinung, daß das Vermögen an jene Organisationen gegeben werden sollte, die sich in der Weimarer Zeit und nach 1945 Mühe gegeben haben, das schwere Los der Kriegsbeschädigten und der sonst beschädigten Männer aus dem ersten und zweiten Weltkrieg zu lindern. Das Vermögen müßte nach unserer Meinung an die bestehenden Kriegsversehrtenorganisationen gegeben werden. Dann wäre einigermaßen die Gewähr geboten, daß das Vermögen im wahrsten Sinne des Wortes für humanitäre Zwecke eingesetzt würde.
Wir widersetzen uns der. Auffassung, daß das Vermögen an Generäle wie Herrn Reinhard oder an die Mitverantwortlichen für das Aufkommen des Hitler-Faschismus und für das große Elend, das über unser Volk gekommen ist, zurückgegeben werden soll.
Es war doch sehr charakteristisch, und ich möchte sagen, es müßte sogar für die sozialdemokratischen Freunde etwas beschämend gewesen sein, daß hier von bürgerlicher Seite aus dem „Neuen Vorwärts" zitiert wurde, in dem die Ansprüche dieses ehemaligen reaktionären, faschistischen Soldatenbundes grundsätzlich anerkannt wurden. Es dürfte auch nicht gerade ein gutes Licht auf den Ministerpräsidenten in Niedersachsen werfen, wenn hier durch Herrn von Merkatz festgestellt wurde, daß man in Niedersachsen bereits weitgehend die Ansprüche des Kyffhäuserbundes oder seiner Nachfolgeorganisationen befriedigt hat.
Wir sind der Meinung, das Vermögen darf nicht an solche Organisationen zurückgegeben werden, sondern das Vermögen sollte an die einzigen zur Versorgung der Kriegsbeschädigten berechtigten Organisationen gegeben werden, nämlich an die Kriegsversehrtenverbände.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die rechtliche Auffassung, die die Bundesregierung in Beantwortung unserer Interpellation zum Ausdruck gebracht hat, befriedigt uns. Wir möchten unterstreichen, daß uns die Bundesregierung auf Grund dieser Interpellation das Versprechen gegeben hat, mit den ihr geeignet erscheinenden Mitteln auf die Länder einzuwirken, damit eine einheitliche, gerechte Behandlung dieser Frage erfolgt.
Ich bin der Auffassung - und möchte das namens meiner politischen Freunde nochmals sagen -, daß hier möglichst bald gehandelt werden muß, wobei ich auch Herrn Kollegen Hoogen recht geben muß, daß hier im wesentlichen gerichtliche Entscheidungen herbeizuführen sind, damit diejenigen Berechtigten, an die die Rückgabe zu erfolgen hat, tatsächlich festgestellt werden. Sollten darüber Zweifel bestehen, welche rechtliche Bedeutung die Organisationen haben, die sich neuerdings in der Nachfolge des alten Kriegerbundes gebildet haben, so sei dazu folgendes gesagt.
Ich habe vorhin bei der Begründung der Interpellation ausgeführt, daß das Vermögen verschiedenen, und zwar sehr zahlreichen Rechtsträgern zustand, die im Reichskriegerbund gewissermaßen in einer Dachorganisation zusammengefaßt waren. Es könnte sich aber - ich kann das nach den Unterlagen, die ich habe, nicht mit absoluter Gewißheit behaupten - die Rechtsfigur ergeben, daß die Organisationen, die sich in der Nachfolge gebildet haben, für die alten Stiftungen und Verbände, die meistens keine Vorstände mehr haben, die Geschäfte führen. Also das, was Herr Kollege Hoogen gesagt hat, ist letzthin das juristische Ergebnis: es müssen gerichtliche Entscheidungen fallen, um den Rechtsträger festzustellen.
Ich möchte mich nicht des näheren mit Herrn Kollegen Pohle über die geschichtlichen Auffassungen und über die Imponderabilien auseinandersetzen. Über Gefühle läßt sich letzthin nicht streiten.
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Ebensowenig wie ich es für einen guten politischen Stil halte, daß damit, wie Herr Kollege Pohle die Vergangenheit dargestellt hat, bei uns Gefühle verletzt werden, so wenig möchte ich seine Gefühle verletzen. Eines sei immerhin sachlich festgestellt: Wir werden niemanden danach fragen, woher wir die Legitimation nehmen, uns um die Veteranen zu kümmern. Das ist unser gutes Recht und unsere Pflicht, für mich persönlich ein Herzensbedürfnis, um dasselbe Wort zu gebrauchen, das der Herr Kollege Pohle gebraucht hat. Wir freuen uns, daß er selber gesagt hat, auch ihm sei die Sorge für die Veteranen Herzensbedürfnis.
Wenn Sie mir zum Vorwurf gemacht haben, daß meine Argumentation häufig auf die Vergangenheit zurückgreife, so muß ich leider mit der Platitüde antworten: man muß einsehen, daß die Gegenwart nun einmal auf der Vergangenheit fußt, und daß wir unsere Entscheidungen und unsere Maßnahmen nicht nur nach dem sehr vergänglichen, flüchtigen Tagesbedürfnis auszurichten haben. Wenn wir einen deutschen Staat wieder aufbauen wollen, und das ist unsere oberste Pflicht in dieser Zeit, dann werden wir einfach nicht darum herumkommen, das Echte und Richtige unserer Vergangenheit, von dem unendlich vieles zerstört und verschüttet worden ist, in diese Maßnahmen mit
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hereinzunehmen und unsere grundsätzliche Politik auch an diesen Dingen zu orientieren. Die Vorwürfe gegenüber dem Reichskriegerbund, in seinen Versammlungen seien Gelder für ein Geschwader zur Verfügung .gestellt worden, treffen vielleicht auf den NS-Kriegerbund zu, der ja als politische Nachfolgeorganisation der alten karitativen Veteranenorganisation eingesetzt war.
Zur Person des Generals Reinhard kann ich nur sagen: Ich weiß nicht, ob das stimmt, was Sie behaupten. Solange mir das nicht nachgewiesen wird, kann ich mich nur f ü r diesen Mann erklären, dessen Ehrenhaftigkeit mir gegenüber bisher niemals angezweifelt worden ist. Aber das steht auch nicht im Mittelpunkt unserer Diskussion. Da General Reinhard diese Veteranenorganisation, wenn ich recht orientiert bin, durch Jahrzehnte hindurch geführt hat, ist jedenfalls er in erster Linie legitimiert, sich um das Vermögen zu kümmern.
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- Sie sagten selbst, man solle nicht denunzieren. Wir sollten es wirklich nicht tun. Hier kommt es darauf an, den Veteranen zu helfen und eine gerechte Lösung herbeizuführen. Alles andere ist Beiwerk, das wir weglassen wollen.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Anträge sind nicht gestellt. Damit ist die Große Anfrage erledigt.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, FU, DP und Gruppe BHE-DG eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über weitere Stundung von Soforthilfeabgabe ({0}) ({1}).
Der Ältestenrat schlägt hierzu eine Aussprachezeit von 40 Minuten vor. - Herr Abgeordneter Kunze zur Begründung!
Kunze ({2}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Begründung dieses Gesetzentwurfes ist nicht sehr viel zu sagen. Zunächst ist lediglich das Bedauern darüber auszusprechen, daß die Schwierigkeiten bei der Beratung des Lastenausgleichsgesetzes so eminent groß waren, daß unser aller seinerzeit bei der Verabschiedung des Soforthilfeanpassungsgesetzes gehegte Hoffnung nicht in Erfüllung gehen konnte und wir zum Hebetermin - 20. Februar - infolgedessen noch nicht auf den neuen Abgabesätzen und -vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes aufbauen können.
Demgemäß wünschen die antragstellenden Fraktionen lediglich, die Bestimmungen der §§ 1 und 7 - § 1 betrifft die Abgabesätze und ihre Stundung, § 7 betrifft die Ausdehnung dieser Bestimmung auf die drei französisch besetzten Länder - auch auf den- Hebetermin vom 20. Februar und etwaige weitere Hebetermine auszudehnen. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, ich schlage vor, eine allgemeine Besprechung in der ersten Beratung nicht stattfinden zu lassen. Oder legen Sie Wert darauf? - Herr Abgeordneter Seuffert, bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Beurteilung dieses Gesetzentwurfes muß man zunächst feststellen, daß durch ihn einzelne in Aussicht genommene Ermäßigungen auf der Abgabenseite im Stundungswege vorausgenommen werden, von denen man allerdings nicht weiß, ob die Auswirkungen der Neugestaltung der Abgabenseite des Lastenausgleichs auf das Soforthilfegesetz in den Fällen, in denen eine Stundung in Frage kommen soll, wirklich Ermäßigungen herbeiführen, wie sie hier vorgesehen sind.
Aber davon abgesehen muß bei dieser Gelegenheit doch bemerkt werden, daß der Fortgang der Beratungen und der Bemühungen um den Lastenausgleich uns mit ernster Sorge und mit Ungeduld zu erfüllen beginnt, die man nicht mit der von Zeit zu Zeit wiederholten Feststellung abtun kann, es hätten sich wieder einmal Hoffnungen nicht erfüllt. Wir sind nicht der Ansicht, daß der mangelnde Wille zu Entscheidungen, der mangelnde Wille, zu einem wirklichen Lastenausgleich zu kommen, durch die Vielzahl von Sitzungen ausgeglichen werden kann. Man spricht sehr gern von Ermäßigungen auf der Abgabenseite, und man kargt in keiner Weise mit Versprechungen. Man ist unbekümmert bei Forderungen an den Lastenausgleich, bedenkt dabei aber nicht, daß diese Forderungen auch den Willen voraussetzen, auf der Abgabenseite nicht nur von Ermäßigungen, sondern auch von Bewilligungen zu reden. Davon haben wir bisher jedoch leider nur sehr wenig gesehen.
Man hat die Zwischenzeit mit einem Feststellungsgesetz ausgefüllt. Dabei ist man zu keinem Ergebnis gelangt und konnte auch zu keinem Ergebnis kommen, weil man nämlich, wie man jetzt zugibt, keine Grundlage finden kann, auf der dieses Gesetz durchgeführt werden könnte, und weil nach dem Inhalt des Gesetzes diese Feststellung auch zu keinem Ergebnis führen kann. Statt hier wieder ein Stundungsgesetz zu beschließen, scheint es uns richtiger, nun endlich das zu tun, was die ganze Zeit schon versprochen wird, nämlich wenigstens einmal die Abgabenseite des Lastenausgleichs neu aufzubauen und mit Gesetzeskraft zu verabschieden, damit die Kassenseite geordnet ist. Kann gleichzeitig auch die Leistungsseite geregelt werden, um so besser! Aber unsere Bemühungen gerade der letzten Wochen, hier einen Schritt vorwärtszukommen, sind in den interfraktionellen Besprechungen gescheitert. Deswegen vermögen wir diesem Stundungsgesetz nicht zuzustimmen. Die Form, in der wir etwa einem solchen Gesetz zustimmen könnten, haben wir eben dargelegt in dem Abänderungsantrag zur zweiten Lesung, der Ihnen vorliegt. Wir bitten Sie in erster Linie, das Gesetz dem Ausschuß zu überweisen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Wir teilen in vollem Umfange die Bedenken, die Herr Kollege Seuffert gegen die verspätete Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes hier vorgebracht hat. Aus seinen Ausführungen könnte man entnehmen, an dieser Verzögerung trage nur ein Teil der an den Beratungen beteiligten Kreise Schuld. Ich muß doch wohl darauf hinweisen, daß, wenn man von einem Verschulden sprechen kann, dies sich auf alle Beteiligten erstreckt. Herr Kollege Seuffert, ich darf auch darauf hinweisen, daß Sie Vorsitzender eines Unterausschusses sind und daß gerade dieser Unterausschuß als einziger seine Beratungen noch nicht abgeschlossen hat. Wenn Sie
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von langsamem Arbeiten reden, Herr Kollege, dann könnte man in Ihrem Unterausschuß vielleicht auch für eine Beschleunigung eintreten.
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Denn die Arbeiten sind bestimmt von seiten des Vorsitzenden nicht sehr forciert worden.
Es handelt sich bei dem vorliegenden Antrag um eine sachlich notwendige Maßnahme, deren Grundlage wir damals für den Fälligkeitstermin vom 15. November beschlossen hatten,
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- und zwar einstimmig. Sie waren damals auch für diese Stundung, die wir allgemein als notwendig betrachtet haben.
Es handelt sich bei dieser Stundung nicht etwa um eine zusätzliche Ermäßigung, sondern um eine vorausgehende Anpassung an die Bestimmungen, die wir mit großer Wahrscheinlichkeit - und auch nicht gegen Ihren Widerspruch - in das Gesetz aufnehmen werden. Wir können also nun nicht den Druck auf eine Beschleunigung des Lastenausgleichs in dieser Form durchführen. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß wir allés tun sollten, um das Gesetz endlich zum Abschluß zu bringen; aber dieser Weg, hier etwa die Stundung für den nächsten Zahlungstermin abzulehnen, wäre doch der denkbar ungeeignetste. Wir haben uns damals davon überzeugt, daß ein Teil der Abgabepflichtigen zur Zeit mit einer wesentlich höheren Abgabe belastet ist, als er mit Sicherheit im kommenden Lastenausgleichsgesetz belastet werden wird. Es wäre ungerecht, wenn wir diesen Menschen heute die erhöhte Abgabe zumuteten, mit der sicheren Aussicht, daß wir sie erstatten oder. sonst in irgendeiner Form später anrechnen müßten. Der Vermittlungsantrag der Sozialdemokratischen Partei betrifft nur einen so kleinen Kreis von Menschen, daß das praktisch einer Ablehnung gleichzusetzen ist.
Ich bitte Sie aus diesem Grunde, der Verlängerung zuzustimmen.
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Herr Abgeordneter Dr. Horlacher!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur ganz kurz! Die Frage ist seinerzeit sehr eingehend beraten worden. Es ist nach meiner Überzeugung ganz unmöglich, daß man, nachdem man den letzten Stundungsantrag im Bundestag angenommen hat, jetzt eine Änderung eintreten läßt. Man soll den Standpunkt vertreten, daß das endgültige Lastenausgleichsgesetz sobald wie möglich verabschiedet werden soll, damit diese Zweifelsfragen ausgetilgt werden. Jetzt eine Änderung in den Stundungsbestimmungen eintreten zu lassen, halte ich für ganz unmöglich. Das ist im Ausschuß aufs eingehendste durchberaten worden. Ich bitte Sie daher, die Anträge auf Überweisung an den Ausschuß abzulehnen und dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, der FDP, der Föderalistischen Union, der DP und der Gruppe BHE/DG die Zustimmung erteilen zu wollen.
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Meine Damen und Herren, ich unterstelle, daß die Tatsache, daß Herr Kollege
Horlacher morgen seinen 64. Geburtstag feiert, Ihnen die Erfüllung seiner Bitte leichter macht.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die allgemeine Besprechung der ersten Beratung.
Ich rufe zur
zweiten Beratung
auf.
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- Es ist der Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für den Lastenausgleich gestellt worden. - Herr Abgeordneter Kunze zum Überweisungsantrag!
Meine Damen und Herren, ich bitte, dem Antrag auf Überweisung nicht zuzustimmen. Da alle Fraktionen des Hohen Hauses mit Ausnahme der SPD- und der KPD-Fraktion den Antrag gestellt haben, ist es gar keine Frage, daß eine Beratung im Ausschuß kein anderes Ergebnis zeitigen wird. Ich beantrage, die zweite und dritte Lesung heute vorzunehmen.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für den Lastenausgleich zu überweisen. Ich bitte die Damen und Herren, die für die Überweisung sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; die Überweisung ist abgelehnt.
Ich -rufe in der zweiten Beratung den einzigen Paragraphen auf. Es liegt dazu ein Abänderungsantrag vor, den Herr Abgeordneter Seuffert bereits begründet hat. Soll er nochmals begründet werden? - Offenbar nicht! - Weitere Wortmeldungen liegen ebenfalls nicht vor. Ich schließe die Einzelbesprechung zu dem einzigen Paragraphen des Gesetzes.
Ich komme zunächst zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD, Umdruck Nr. 423. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Abänderungsantrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Paragraphen in der Fassung des Antrages. Ich bitte die Damen und Herren, die für den einzigen Paragraphen des Antrags Drucksache Nr. 2990 sind, eine Hand zu erheben. - Das ist ohne Frage die Mehrheit des Hauses; der einzige Paragraph ist angenommen.
Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die für die Einleitung und Überschrift sind, eine Hand zu erheben. - Das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses; Einleitung und Überschrift sind angenommen.
Ich rufe die
dritte Beratung
auf. Erfolgen zur allgemeinen Aussprache Wortmeldungen? - Offenbar nicht. Ich schließe die allgemeine Besprechung.
Ich rufe zur Einzelbesprechung in der dritten Beratung den einzigen Paragraphen sowie Einleitung und Überschrift des Gesetzes auf. Ich bitte die Damen und Herren, die dem aufgerufenen Paragraphen sowie der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. ({0})
Das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses. - Angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz über weitere Stundung von Soforthilfeabgabe ({1}). Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses. - Das Gesetz ist in der Schlußabstimmung angenommen.
Ich rufe den dritten Punkt der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung von Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen auf dem Gebiet der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer ({2}).
Herr Staatssekretär Dr. Hartmann verzichtet auf eine Begründung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Aussprache zu verzichten. - Das Haus ist damit einverstanden.
Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf dem
Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zu überweisen. - Das Haus ist damit einverstanden.
Ich rufe den Punkt 4 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Belastung eines Teiles der Liegenschaft der durch Entmilitarisierungsmaßnahmen zerstörten ehemaligen Torpedoversuchsanstalt Nord in Eckernförde mit einem Erbbaurecht zu Gunsten der Jagd- und Sportwaffenfabrik J. P. Sauer & Sohn A. G. in Eckernförde ({3}).
Die Regierung verzichtet ebenfalls auf eine Begründung. - Eine Aussprache wird n icht gewünscht.
Ich schlage Ihnen vor, diesen Antrag des Bundesministers der Finanzen dem Haushaltsausschuß zu überweisen. - Das Haus ist mit der Überweisung einverstanden.
Ich rufe den Punkt 5 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem reichseigenen Grundstück in Mariensiel bei Wilhelmshaven ({4}).
Ich unterstelle, daß in gleicher Weise verfahren werden und Überweisung an den Haushaltsausschuß erfolgen soll. - Die Überweisung ist erfolgt.
Der Punkt 6 ist abgesetzt worden.
Ich rufe Punkt '7 auf:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung ({5}).
Dieser Punkt soll mit Punkt 8 der Tagesordnung verbunden werden:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Versicherungspflicht in der Knappschaftsversicherung ({6}).
Das Wort hat Herr Abgeordneter Meyer.
Meyer ({7}) ({8}), Antragsteller:, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem von meiner Fraktion vorgelegten Antrag Drucksache Nr. 2901 wird gefordert, in § 1 Abs. 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes die auf die Versicherungspflichtgrenze bezügliche Bestimmung und den § 3 selber zu streichen. Die Begrenzung der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung auf einen Jahresarbeitsverdienst von 7200 DM ist vor einer Reihe von Jahren, bereits vor 1933, erfolgt. Sie entspricht heute zweifellos nicht mehr den Gehaltsregelungen, die angesichts der Preissteigerung für weite Angestelltenschichten erfolgen mußten. Wir sind darüber hinaus der Meinung, daß man dem nicht begegnen sollte, indem man eine Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze vornimmt, wie wir sie auf dem Gebiete der Krankenversicherung auf Grund entsprechender Anträge bereits beschlossen haben. Man sollte vielmehr jetzt dazu übergehen, die Versicherungspflichtgrenze in der Angestelltenversicherung völlig zu beseitigen, wie das analog von vornherein auch für die Invalidenversicherung gegolten hat.
Wir glauben dabei davon ausgehen zu können, daß die Beseitigung der Versicherungspflichtgrenze keine Neuregelung des Beitragsklassensystems herbeizuführen braucht, sondern daß die jetzige Beitragsklassenregelung weiterhin bestehen bleiben kann und daß die Sätze für die höchste Beitragsklasse, die heute für die Versicherungspflichtgrenze festgesetzt ist, auch weiterhin Anwendung finden können. Es ist zweifellos, daß jede Festsetzung einer neuen Versicherungspflichtgrenze im Zuge der Preisentwicklung immer wieder zu: der Überlegung nötigt, wie hoch man die Versicherungspflichtgrenze festsetzen soll. Eine Anzahl von Angestellten gerät bei diesem Wechsel immer wieder aus der Versicherungspflichtgrenze heraus und ist dann genötigt, die Arbeitgeberbeiträge selbst zu zahlen. Dabei ist heute schon festzustellen, daß die Erhöhung ihrer Gehälter, die erfolgen mußte, im wesentlichen oder jedenfalls zu einem erheblichen Teil dadurch kompensiert wird, daß sie den Arbeitgeberanteil - neben den weiteren Aufwendungen, die sie für Einkommensteuer und im übrigen machen müssen - selber übernehmen müssen. Mir sind Gehaltserhöhungen von 15 % bekannt, die über die heutige Versicherungspflichtgrenze hinausgeführt haben, bei denen die Beteiligten von einem Erhöhungsbetrag von 100 DM effektiv ganze 28 DM ausgezahlt bekommen haben. Das andere ging verloren, weil sie diese Kosten übernehmen müssen.
Es besteht auch sachlich keine Notwendigkeit, eine Versicherungspflichtgrenze festzusetzen. Vielmehr liegt es sowohl im Interesse der Beteiligten als auch im Interesse der Angestelltenversicherung selber, daß alle die Möglichkeit haben, sich durch Beitragsleistung in der Angestelltenversicherung eine Rentensicherung zu verschaffen. Es besteht ein sachliches Interesse daran, durch gesetzliche Bestimmungen den Arbeitgeber zu verpflichten, den Arbeitgeberanteil auch für diese Angestelltenschicht zu übernehmen.
In dieser Schau der Dinge bitten wir Sie, unserem Antrag zuzustimmen, durch Beseitigung der Versicherungspflichtgrenze nunmehr der Gesamtheit der versicherungspflichtigen Angestellten - die im übrigen im Berufskatalog bestimmt werden - die Möglichkeit zu geben, ohne Einschränkung an der Angestelltenversicherung teilzunehmen. Wir bitten Sie, unseren Antrag dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen und ihn bei der Beratung im Ausschuß zu fördern.
Den zweiten Gesetzentwurf, Drucksache Nr. 2902, wünscht Herr Abgeordneter Mißmahl zu begründen. Bitte schön!
Mißmahl ({0}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Drucksache Nr. 2902 legt Ihnen meine Fraktion den Entwurf eines Gesetzes vor, der sich auf die Änderung des § 7 des Knappschaftsversicherungs-Anpassungsgesetzes bezieht. Dieser § 7 beinhaltet den alten § 28 des Reichsknappschaftsgesetzes. Der von meiner Fraktion vorgelegte Gesetzentwurf findet die Zustimmung der Industriegewerkschaft Bergbau und ebenso die Zustimmung der westdeutschen Knappschaften. Ich hoffe, daß auch Sie, meine Damen und Herren, ihm Ihre Unterstützung nicht versagen werden, auch dann nicht, wenn es schwer sein sollte, sich vom Althergebrachten abzuwenden und neue Wege zu gehen.
Die deutsche Sozialversicherung beschränkte sich in ihrer Regelung der Versicherungspflicht bewußt auf die Personenkreise, denen es auf Grund ihrer Einkommensverhältnisse nicht zugemutet werden konnte, die Versorgung bei Krankheit, Invalidität und Alter selbst zu sichern. Aus diesem Grunde waren und sind auch heute noch nicht nur in der Angestelltenversicherung, sondern auch in der knappschaftlichen Rentenversicherung nur die Angestellten versicherungspflichtig, deren Arbeitseinkommen - ohne Familienzuschläge - eine gewisse Grenze nicht übersteigt. Diese Grenze ist in den letztes Jahren auf Grund der wirtschaftlichen Schwankungen wiederholt geändert worden. Man ging aus von 4000 Mark und änderte die Grenze dann in 6000, in 8400 und in 7200 Mark. In der knappschaftlichen Rentenversicherung liegt diese Grenze seit dem 1. Juni 1949 wiederum bei 8400 DM jährlich. Diese Erhöhung auf 8400 DM war notwendig geworden, weil die Abteilungssteiger und die ihnen gleichgestellten Bergbauangestellten, die seit j eher versicherungspflichtig waren, durch Gehaltsaufbesserungen im Gefolge der Teuerung die bisherige Pflichtgrenze überschritten und dadurch versicherungsfrei wurden. Die Gefahr einer vorübergehenden Versicherungsfreiheit bei dem hier angeführten Personenkreis kehrte infolge von Gehaltsaufbesserungen und der leider oft mit Verzögerung durchgeführten Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze stets wieder und verursachte oft Lücken in der kontinuierlichen Beitragsleistung für die Sozialversicherung.
Diese Gefahr ist zur Zeit besonders groß. Sie veranlaßte den Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Knappschaften der Bundesrepublik, wiederholt die Erhöhung der Pflichtversicherungsgrenze zu beantragen, einmal auf 9600 DM, zum anderen und zum letzten Male auf 10 200 DM jährlich; leider ohne Erfolg.
Selbst dann, wenn man sich dazu entschließen könnte, dieser Forderung stattzugeben, ware das, was wir mit unserem Antrag erreichen wollen, noch nicht erreicht, nämlich die. Erfassung aller im Bergbau Beschäftigten, die doch alle den gleichen Gefahren ausgesetzt sind. Dieser bisher nicht erfaßte Personenkreis - etwa 3500 bis 4000 Menschen - hat die jetzige Berufsstellung erst im Laufe eines langen Arbeitslebens erreicht und daher zum Teil eine erhebliche Zeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung zugebracht; er hat damit die für die Errechnung der Wartezeit notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Die Anwartschaft auf spätere Rentenansprüche wird durch freiwillige Weiterversicherung erhalten. Die relativ hohen Beiträge mögen dafür Veranlassung gewesen sein, daß nicht wenige Angestellte nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung sich nicht um die Erhaltung ihrer Anwartschaft bemüht haben. Vielleicht geschah dies aus Sorglosigkeit oder auch aus Unkenntnis der Dinge. Ist nun bei Eintritt des Versicherungsfalles die Halbdeckung nicht erreicht oder sind freiwillige Beiträge nicht gezahlt worden, dann würde kein Rentenanspruch bestehen, selbst dann nicht, wenn der Betreffende zehn oder zwanzig Jahre Beiträge in die Pflichtversicherung gezahlt hat.
Die Praxis beweist uns immer wieder, daß Rentenanträge der ehemals Versicherungspflichtigen abgelehnt werden müssen, weil die Anwartschaft erloschen ist. Diese Leute fallen dann trotz einer jahrelangen Beitragsleistung der öffentlichen Fürsorge zur Last. Niemand - mag er sozial stehen, wo er will - konnte oder kann für die Zukunft von sich behaupten, gegen alle Wechselfälle des Lebens gefeit zu sein. Die früheren Auffassungen über den Personenkreis der sozial Gefährdeten sind heute völlig veraltet. Die großen politischen sozialen und wirtschaftlichen Umwälzungen der letzten Jahrzehnte und die sich daraus ergebende Labilität unserer Wirtschaft und unseres ganzen Seins sollten uns davor schützen, anzunehmen, daß der einzelne auf sich allein gestellt sich durch private Maßnahmen für sein Alter, für den Fall der Berufsunfähigkeit oder Invalidität eine auskömmliche Rente schaffen kann. Das kann nur die Solidarität der Sozialversicherung. Ich bitte Sie, unserem Entwurf zuzustimmen.
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Meine Damen und Herren, ich eröffne die gemeinsame Besprechung der beiden Gesetzentwürfe, deren erste Beratung im Rahmen der vereinbarten Redezeit von 60 Minuten erfolgen soll.
Herr Abgeordneter Horn hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich im Rahmen der ersten Lesung dieser beiden Gesetzentwürfe der SPD für die Fraktion der CDU/CSU auf folgende kurze Erklärung beschränken.
Meine Fraktion stimmt der Überweisung der Anträge an den Sozialpolitischen Ausschuß zu. Ich möchte aber schon jetzt keinen Zweifel darüber lassen, daß die Anträge so, wie sie gestellt sind, unsere Zustimmung nicht finden können. Wir werden tins weder im Ausschuß noch bei der späteren zweiten und der darauffolgenden' dritten Lesung für eine völlige Beseitigung der Versicherungspflichtgrenze bei diesen beiden Versicherungsträgern aussprechen können. Es bedarf das hier, wie ich glaube, keiner eingehenden Begründung.
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Was sachlich dazu zu sagen ist, werden wir im Ausschuß vorbringen. Aber ich wiederhole nur Bekanntes in dieser Frage, wenn ich sage, daß uns hier eben ganz grundsätzliche Verschiedenheiten in der Auffassung von dem, was die Sozialversicherung sein soll, trennen.
Mir ist bekannt, daß sich das Bundesarbeitsministerium seit einiger Zeit bereits damit beschäftigt, eine Gesetzesvorlage auszuarbeiten, die sowohl die Erhöhung der Krankenversicherungspflichtgrenze als auch die Änderung der Versicherungspflichtgrenzen bei der Angestellten- und be der Knappschaftsversicherung zum Inhalt haber soll. Es ist keineswegs so, daß sich meine Freund
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etwa gegen jede Veränderung der Grenzen nach oben aussprechen würden. Auch wir halten eine Änderung des derzeitig geltenden Betrags für notwendig, und wir sind auch der Meinung, daß die erforderliche Anpassung mit aller Beschleunigung vorgenommen werden muß. Das gilt für alle drei Versicherungsarten. Das Hohe Haus hat sich neulich hier in dem Auftrag, den es der Bundesregierung gegeben hat, bezüglich der Krankenversicherung für die Festsetzung der Grenze auf 500 DM ausgesprochen. Wenn jetzt die Regierung die drei Versicherungsarten in einer Gesetzesvorlage behandeln will, dann möchte ich mit allem Nachdruck noch einmal sagen, daß diese Erarbeitung des Gesetzentwurfs dann aber der allergrößten Beschleunigung bedarf.
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Wenn wir uns nur den technischen Ablauf der Gesetzesberatung vorstellen und uns vergegenwärtigen, daß wir heute schon den 17. Januar zählen, dann ergibt sich doch, daß es größter Eile bedarf, wenn beispielsweise - um die Krankenversicherung zu erwähnen - die Dinge schon zum 1. April zum Tragen kommen sollen. Ich glaube, es ist niemand hier in diesem Hause, der es als zumutbar und erträglich ansehen wollte, wenn die Regelung dieser Fragen etwa noch um ein weiteres Vierteljahr hinausgeschoben wird, eben dadurch, daß wir nicht rechtzeitig vor dem 1. April mit der gesamten Prozedur zu Ende kommen.
Was für die Krankenversicherung gilt, möchte ich aber auch für die beiden andern Versicherungsarten mit genau demselben Nachdruck sagen. Die Anpassung in der Angestelltenversicherung und vor allen Dingen auch in der Knappschaftsversicherung ist eben dringend und eilig.
Ich möchte deshalb diese kurzen Darlegungen mit der ausdrücklichen Bitte an den Herrn Vertreter des Bundesarbeitsministeriums, Herrn Staatssekretär Sauerborn, abschließen, doch bei der Bundesregierung alles dafür zu tun, daß uns die Gesetzesvorlage noch im Verlauf dieses Monats zugeht.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hoffmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der Freien Demokratischen Partei kann ich mich den Ausführungen des Herrn Vorredners vollinhaltlich anschließen. Auch wir halten es für erforderlich, daß die Frage der Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze in der Angestelltenversicherung und in der knappschaftlichen Rentenversicherung eingehend im Ausschuß für Sozialpolitik diskutiert wird.
Wir werden daher der Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik zustimmen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Schroeder.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich teile das Bedauern des Herrn Kollegen Horn in vollem Umfang, daß wir heute noch nicht das Gesetz über die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung haben. Wir haben uns nach langen Bemühungen im- Ausschuß mit der Erhöhung auf 500 DM einverstanden erklärt, obgleich sie uns bei weitem nicht hoch genug schien. Wir haben aber deshalb zugestimmt, um endlich in dieser Frage einen Fortschritt zu erzielen. Auch ich möchte deshalb an das Bundesarbeitsministerium den dringenden Appell richten, uns nun endlich so schnell wie möglich diesen Gesetzentwurf zugehen zu lassen.
Ich freue mich darüber, daß der Herr Kollege Horn die Notwendigkeit anerkannt hat, die Versicherungspflichtgrenze in der Angestelltenversicherung und in der Knappschaftsversicherung zu erhöhen. Aber ich bedaure, daß Herr Kollege Horn nicht mit uns einen ganzen Schritt vorwärtsgegangen ist. Gerade die Geschichte der Angestelltenversicherung, auf die auch schon kurz eingegangen worden ist, mit der immerwährenden Veränderung der Versicherungspflichtgrenze zeigt doch, daß wir hier endlich einen ganzen Schritt tun sollten. Ich glaube, ich brauche keine großen Begründungen mehr zusätzlich zu dem anzuführen, was meine beiden Herren Kollegen als Begründer unserer Anträge bereits ausgeführt haben. Ich meine, daß die Ereignisse der letzten Jahre mit ihrem ständigen Auf und Ab in der Wirtschaft, mit ihrer ganzen Unsicherheit, die sich doch nicht nur auf die Arbeiter erstreckt hat, sondern genau so auf die Angestellten, bei uns den dringenden Wunsch wecken sollten, nun endlich auch dem Angestellten ohne Rücksicht auf sein Einkommen die soziale Sicherung zu geben, die der Arbeiter bereits hat.
Kürzlich hat der Herr Bundeskanzler - ich glaube, es war in seiner Neujahrsrede - mit vollem Recht auf die Not der älteren arbeitslosen Angestellten hingewiesen. Das zeigt doch, wie die Dinge tatsächlich liegen. Selbst wenn ein Angestellter einmal kurze Zeit lang zu den höher Besoldeten gehört, so ist seine ganze Existenz doch in der heutigen Zeit der Wirtschaftskrisen, der Kriegs- und Kriegsfolgeerscheinungen genau so unsicher, und er braucht für den Fall seiner Invalidität und des Alters genau so die Sicherheit, einerlei, ob er nun heute ein Einkommen von 600 DM hat oder ob er es einmal auf 800 DM oder 850 DM oder darüber gebracht hat.
Dazu kommt die gesundheitliche Labilität, in der sich die Menschen befinden und die es ebenfalls notwendig macht, daß derjenige, der vielleicht früh aus dem Leben gehen muß und Frau und Kinder zurücklaßt, ohne Rücksicht auf sein bisheriges Einkommen wirklich geschert ist. Dabei will ich nur einschieben, daß dadurch irgendeine große Belastung nicht entsteht; denn wir wissen, daß der Beitrag und die Renten auf Grund der Höchstgrenze von 600 DM berechnet werden, daß aber eine Sicherung auch für diejenigen sein muß, die darüber hinaus verdienen.
Dann gestatten Sie mir noch ein Wort aus meiner Erfahrung in der Stadt Berlin. Ich weiß, daß die Versicherungspflicht in Berlin immer ein großes Für und Wider und vielleicht hier im Bundesgebiet noch mehr Wider als Für hervorgerufen hat. Aber eines darf ich Ihnen sagen: dadurch, daß wir für die Angestellten eine Versicherungspflichtgrenze nicht haben, also dadurch, daß das günstigere Risiko, das doch der höher besoldete Angestellte immerhin gegenüber dem schlecht besoldeten darstellt, einen Ausgleich zwischen diesen beiden Kategorien gebracht hat, sind wir gerade auch zu gewissen Leistungen, vielleicht über das allgemeine Maß hinaus, imstande gewesen.
Ich bitte Sie also, daß Sie sich, wenn im Ausschuß diese Frage besprochen wird - und ich hoffe, sie wird recht bald besprochen werden -, dazu durchringen, nun einmal etwas Ganzes zu tun und eine gleichmäßige soziale Sicherung für jeden Arbeiter und Angestellten zu schaffen.
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Herr Abgeordneter Kohl und danach Frau Abgeordnete Kalinke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Botschaft des Herrn Kollegen Horn, daß im Bundesarbeitsministerium eine Reform der Sozialversicherung vorbereitet wird, hör' ich wohl; aber Sie gestatten mir, daß ich daran anfüge: Mir fehlt tatsächlich - wegen der Länge der inzwischen vergangenen Zeit - der Glaube an diese `Botschaft.
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Aber warten wir ab, vielleicht wird aus diesen Dingen doch noch etwas.
Wir haben in der Frage der Erweiterung der Pflichtversicherungsgrenze sowohl in der Krankenals auch in der Angestelltenversicherung eine Grenze nach dem Einkommen - aus einem Gebot der dringenden Notwendigkeit heraus - nicht für wünschenswert gehalten, eben um die Sozialversicherung und in diesem Falle insbesondere die Angestelltenversicherung zu sanieren und ihr eine Grundlage zu geben, die es ermöglicht, auf breiter finanzieller Basis die Aufgaben zu erfüllen, die der Angestelltenversicherung erstehen.
Wir sind der Auffassung, daß dieser Antrag auf Aufhebung der Pflichtversicherungsgrenze in der Angestelltenversicherung, der heute gestellt worden ist, wohl der Unterstützung wert ist. Wir Stimmen diesem Antrag vollinhaltlich zu; aber wir sind auch der Auffassung, daß diese Methode der - sagen wir -Reformbestrebungen in der Sozialversicherung „auf Stottern" auf die Dauer nicht tragbar ist und daß sich das Bundesarbeitsministerium einmal überlegen sollte, ob das eigentlich der Sinn der Aufgaben ist, die beim Bundesarbeitsministerium liegen.
Ich darf darauf hinweisen, daß vor den Bundestagswahlen von seiten der Gewerkschaften allen Kandidaten - und auch auf seiten der Regierungsparteien sitzen ja eine Anzahl gewerkschaftlich organisierter Abgeordneter - eine Reihe von Fragen in bezug auf ihre Einstellung zu der Sozialversicherung überhaupt gestellt worden sind. Dabei wurde auch die Frage nach der Sanierung der Sozialversicherung sehr eindeutig gestellt. Ich habe nichts davon gehört, daß den Gewerkschaften gerade von diesen Abgeordneten, die heute gegen diese Sanierung Stellung nehmen, eine entsprechende Stellungnahme zugegangen wäre.
({1}) - Ja, leider!
Bereits im Jahre 1946 und auch im Verlaufe der weiteren Jahre haben sich die zuständigen Länderminister mit der Frage der Sanierung beschäftigt. Sie haben damals einen sehr eindeutigen Vorschlag gemacht, der unsere Unterstützung eigentlich heute noch verdiente, nämlich den Sozialversicherungsanstalten, den Landesversicherungsanstalten, die Reichsschatzanweisungen abzukaufen, um die sie betrogen worden sind, ihnen also einen Teil des Vermögens wiederzugeben, das ihnen durch den nationalsozialistischen Staat geraubt worden ist.
Eine andere Frage, die uns interessiert, ist die der Ressortverschiebung in der Behandlung der Frage der Sozialversicherung. Bisher waren wir der bescheidenen Meinung, daß die Sozialprobleme eigentlich im Bundesarbeitsministerium behandelt werden müßten. Wir sind nicht unterrichtet worden, daß eine Ressortverschiebung durchgeführt worden ist. Die Sozialprobleme werden aber, wie es scheint, im Bundesjustizministerium behandelt.
Denn der Herr Bundesjustizminister hat in einem Interview, das er vor einiger Zeit gegeben hat, ebenfalls zur Reform der Sozialversicherung Stellung genommen, und in seiner Art, so wie er die Dinge versteht - er versteht nämlich nichts davon -,
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nun eine brutale Reform der Sozialversicherung verlangt. Der Herr Bundesjustizminister Dr. Dehler sieht die Verhältnisse nun nicht so, daß er offen und ehrlich sagt: Es gibt zwei Möglichkeiten, wie wir die Probleme in Deutschland lösen können; entweder der Sicherheitsbeitrag und die neue Wehrmacht oder eine Reform der Sozialversicherung. Er sieht eine Reform der Sozialversicherung nur nach der Richtung: Wir müssen die Gewerkschaften auffordern, auf genossenschaftlicher Grundlage ein neues Gebilde zu schaffen. Er sieht seine Aufgabe weiter darin, festzustellen, daß die Kranken sich an den Arzt- und Arzneikosten noch viel stärker beteiligen müßten als bisher.
Meine Damen und Herren! Wenn das Arbeitsministerium Reformvorschläge in dieser Linie ernst nimmt, dann sehen sie ungefähr so ähnlich aus wie die Vorschläge, die einmal unter Mitwirkung des Herrn Staatssekretärs Sauerborn in einem Gutachterkomitee verabschiedet worden sind, in dem auch Herr Professor Sitzler tätig gewesen ist, Reformvorschläge, die bei fortschrittlichen Menschen auf den stärksten Widerspruch stoßen müssen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Antrag der Sozialdemokratischen Partei auf Aufhebung jeder Versicherungspflichtgrenze in der Angestelltenversicherung' und in der Knappschaft wird von meiner Partei abgelehnt.
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Wir sind der Auffassung, daß über die Frage der Versicherungspflichtgrenze - über die Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung ist kürzlich hier diskutiert worden - auch in der Angestelltenversicherung und Knappschaft gesprochen werden soll. Wir sind aber nicht der Meinung - und wir verwahren uns dagegen -, daß über diese so wichtige Frage in einem Augenblick diskutiert wird, in dem die wesentlichsten Grundlagen für die Reform der Angestelltenversicherung, von der hier gesprochen wird - gemeint ist allerdings von den Antragstellern die einheitliche Rentenversicherung -, wie für die notwendigerweise zu lösenden übrigen Probleme nicht gegeben sind.
Von diesem Platz aus haben wir bereits im November 1949 die Anträge zur Errichtung, der Angestelltenversicherung und zur Wiederherstellung der Geschäftsfähigkeit der Angestelltenversicherung auch im Bundesgebiet gestellt. Im Jahre 1950 haben wir erneut diese Anträge gestellt. Mit der Mehrheit dieses Hauses ist beschlossen worden, so zu verfahren. Trotzdem hat die Bundesregierung bis zur Stunde kein Errichtungsgesetz vorgelegt und auch nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen. Wir bedauern das um so mehr, als darüber hinaus der Termin für die Anpassung Berlins und für die endliche Einbeziehung aller Berliner in das Recht der deutschen Sozialgesetzgebung nun naherückt. Wir können es nicht mehr ertragen, daß entgegen deutschem Recht noch bis zum März dieses Jahres die Staatsbürger Berlins
({1})
nach anderem Recht behandelt werden als nach dem, was für jeden deutschen Bürger im Bundesgebiet gilt.
Darum wünschen wir, daß erstens die Angestelltenversicherung wieder geschäftsfähig gemacht und von der treuhänderischen Verwaltung der Landesversicherungsanstalten befreit wird. Wir wünschen weiter, -daß endlich Aufschluß gegeben wird über die getrennte Rechnungsführung zwischen Angestellten- und Invalidenversicherung. Wir wünschen, daß unser Antrag auf Überprüfung des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes, der, in Abwesenheit unserer Fraktion im Ausschuß, der Bundesregierung überwiesen wurde und der bis zu dieser Reform zurückgestellt werden sollte, nun geprüft wird. Das heißt, wir werden nicht zustimmen, weitere Kreise der deutschen Angestellten in die Pflichtversicherung einbeziehen zu lassen, solange nicht geklärt ist, daß die Fehler des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes und dieses Lohnabzugsverfahrens beseitigt sind.
Ich verweise auf eine Eingabe, die die Deutsche Angestelltengewerkschaft in diesen Tagen an die Fraktionen gemacht hat - ohne mich etwa mit der Forderung auf Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze zu identifizieren, wie sie die DAG erhoben hat -, verweise mit Genehmigung des Herrn Präsidenten auf die Feststellung, die die deutsche Angestelltengewerkschaft getroffen hat, daß nämlich den hohen Beiträgen der Angestellten in gehobener Stellung ein dem Wert ihrer Beiträge überhaupt nicht entsprechender Steigerungsbetrag gegenübersteht. Würde, so schreibt die DAG, die seit der Einführung des Lohnabzugsverfahrens geltende Regelung schematisch auf Angestellte mit mehr als 7200 DM Jahresarbeitsverdienst übertragen werden, dann ergäbe sich beispielsweise für einen Angestellten mit 700 DM Monatsgehalt ein Beitrag von 70 DM und ein Steigerungsbetrag von 4,90 DM. Für den ebenfalls 70 DM Bezahlenden der Klasse XI - für die freiwillige Versicherung - wird nach § 9 der Verordnung zur Durchführung des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes ein Steigerungsbetrag von 6 DM gewährt.
Sie sehen schon daran, daß dieses Verhältnis den versicherungstechnischen und -mathematischen Grundsätzen in keiner Weise gerecht wird und daß es auch untragbar ist, wenn man etwa daran denkt, zwangsweise weitere Kreise in die Versicherungspflicht einzubeziehen, ohne in der Lage zu sein, ihnen einen echten und dem Beitrag gemäßen gerechten Steigerungsbetrag zu gewähren.
Wir erwarten weiter, daß die längst überfällige Altersversorgung des deutschen Handwerks nun endlich geordnet wird. Erst wenn wir wissen, wie diese Altersversorgung aussehen und wie weit sie die Angestelltenversicherung betreffen wird, sind wir bereit, die Erhöhung der Angestelltenversicherungspflichtgrenze im Ausschuß zu diskutieren.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Besprechung der ersten Beratung.
Es ist der Antrag gestellt worden, die beiden Gesetzentwürfe dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen. Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist. - Das ist der Fall.
Ich rufe auf Punkt 9:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung von Vorschriften auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes ({0}).
Ich darf annehmen, daß sich die Bundesregierung auf die schriftliche Begründung bezieht und auf eine mündliche Begründung verzichtet. Da eine allgemeine Aussprache in der ersten Beratung nicht gewünscht wird, schlage ich Ihnen vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Arbeit zu überweisen. - Sie sind damit einverstanden.
Ich rufe auf Punkt 10 der Tagesordnung: Beratung des Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten ({1}) über den Antrag der Fraktion der FDP und den Änderungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Wegnahme der bundeseigenen, im Auslande gelegenen Dienstgebäude des ehemaligen Auswärtigen Amtes ({2}).
Berichterstatter ist Herr Dr. von Merkatz. Ich
glaube, Herr Dr. von Merkatz befindet sich augenblicklich im Richterwahlausschuß. Sind Sie damit
einverstanden, daß wir diesen Punkt der Tagesordnung etwas zurückstellen? - Das Haus ist
damit einverstanden.
Ich rufe dann zunächst auf Punkt 11:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über den Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen ({3}).
Auch zu diesem Gesetz liegt eine schriftliche Begründung der Bundesregierung vor. Ich unterstelle, daß die Bundesregierung auf eine mündliche Begründung verzichtet. - Das Haus wünscht, keine allgemeine Aussprache in der ersten Beratung.
Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Arbeit zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall.
Ich rufe auf Punkt 12 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den vorläufigen Handelsvertrag vom 12. Februar 1951 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königreichs Griechenland ({4});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({5}) ({6}).
({7})
Berichterstatter des Ausschusses für Außenhandelsfragen ist an Stelle des Herrn Abgeordneten Margulies Herr Abgeordneter Kuhlemann als_ Vorsitzender. Darf ich bitten, Herr Abgeordneter.
Kuhlemann ({8}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! .Mit der Vorlage Drucksache Nr. 2946 legt Ihnen der Außenhandelsausschuß den Beschluß vor, den er zu Drucksache Nr. 2792 - Entwurf eines Gesetzes über den vorläufigen Handelsvertrag mit Griechenland - gefaßt hat.
Wir haben im Beirat für handelspolitische Vereinbarungen und im Außenhandelsausschuß über diese Angelegenheit gesprochen. Der handelspolitische Beirat sowie der Außenhandelsausschuß sind damit einverstanden gewesen, daß die Angelegenheit hier vorgelegt wird, weil in Art. I die Meistbegünstigung zwischen Griechenland und der Bundesrepublik Deutschland festgelegt ist. Wegen dieser Meistbegünstigung ist eine Ratifizierung durch den Bundestag erforderlich.
({9})
Der Bundesrat hat vorgeschlagen, in Art. 1 des Gesetzentwurfs hinter dem Wort „Handelsvertrag" die Worte „und dem Notenwechsel vom gleichen Tage" hinzuzufügen. Der Notenwechsel ist in der Ihnen vorliegenden Drucksache enthalten. Darin werden über die verschiedenen Dinge Feststellungen getroffen, die in bezug auf Warenzeichen im Verhältnis zu Griechenland festgelegt werden sollen. Hiernach sollen alle Warenzeichen bis auf drei, - Osram, Nivea und Schering - frei sein. Wir hoffen aber, in weiteren Verhandlungen über diese drei Warenzeichen noch zu einer Einigung mit Griechenland zu kommen.
Der Außenhandelsausschuß schlägt Ihnen vor, dem Gesetzentwurf mit seinen zwei Artikeln mit dem Zusatz, den der Bundesrat empfohlen hat, zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Meine Damen und Herren, ich unterstelle, daß Sie auf eine Aussprache keinen Wert legen. - Das ist der Fall.
Ich rufe zur Einzelbesprechung und Abstimmung der zweiten Beratung auf: Art. I unter Berücksichtigung der eben von dem Herrn Berichterstatter vorgetragenen Änderung, - Art. II, - Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Zur allgemeinen Besprechung der
dritten Beratung
wünscht niemand das Wort. Ich rufe zur Einzelabstimmung der dritten Beratung auf: Art. I, - II, - Einleitung und Oberschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz über den vorläufigen Handelsvertrag vom 12. Februar 1951 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königreichs Griechenland. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; dieses Gesetz ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 13:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({1}) ({2}).
({3})
Auch hier ist Herr Abgeordneter Kuhlemann Berichterstatter für den Ausschuß für Außenhandelsfragen. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Kuhlemann ({4}), Berichterstatter: Mit der Drucksache Nr. 2793 legen wir Ihnen den dritten Gesetzentwurf über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft vor. Wir haben Ihnen bei der zweiten Vorlage, die mit dem Datum des 20. April 1951 Gesetz geworden ist, eine genaue Begründung dafür gegeben, daß wir mit den zuerst festgesetzten 600 Millionen nicht ausgekommen sind und gebeten haben, diese Sicherheitsleistung auf 1,2 t Milliarden zu erhöhen. Diese 1,2 Milliarden sind bis jetzt in Anspruch genommen; augenblicklich sind aber derart viele Anträge gestellt, daß wir bitten, diesen Betrag nochmals, und zwar um 1,2 Milliarden zu erhöhen. Bei der bisherigen Inanspruchnahme sind bis auf kleine Bagatellen keinerlei Ausfälle irgendwelcher Art entstanden. Auch in diesem Augenblick, wo wir die Erhöhung auf 2,4 Milliarden beantragen, glauben wir, Ihnen versichern zu können, daß die Aufsicht, die durch den Außenhandelsausschuß geführt wird - wir bekommen dauernd Berichte - so erfolgt, daß wir alles in dieser Sache richtig in der Hand haben. Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf ebenfalls zugestimmt. Ich möchte Ihnen empfehlen, der Erhöhung auf 2,4 Milliarden Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir kommen zur Einzelbesprechung der zweiten Beratung. Ich rufe auf § 1, - § 2, - Einleitung und Überschrift. - Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich komme zur Abstimmung über die aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
des Gesetzentwurfs. - Zur allgemeinen Besprechung wird das Wort nicht gewünscht. Zur Einzelbesprechung rufe ich die soeben in der zweiten Beratung bereits aufgerufenen Paragraphen auf. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Das Gesetz ist in der Schlußabstimmung angenommen.
Ich rufe auf Punkt 14:
Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 7 Abs. 2 des Güterfernverkehrs-Änderungsgesetzes ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen ({1}) ({2}).
({3})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Hoffmann ({4}). - Ist der Herr Berichterstatter nicht im Saal? - Meine Damen und Herren, ist das Haus bereit, auf die Berichterstattung zu verzichten?
({5})
- Das Haus ist bereit, in diesem Falle auf die Berichterstattung zu verzichten. Es handelt sich um den Mündlichen Bericht Drucksache Nr. 2978.
Ich rufe in der zweiten Beratung zur Einzelbesprechung auf § 1, - § 2, - Einleitung und Überschrift. - Wünscht jemand das Wort dazu? - Das ist nicht der Fall.
({6})
Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen beiden Paragraphen, der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit.
Ich rufe auf zur allgemeinen Besprechung der
dritten Beratung.
Auch da liegen keine Wortmeldungen vor. Zur Einzelbesprechung: § 1, - § 2, - Einleitung und Überschrift. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit.
Ich komme zur Schlußabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 7 Abs. 2 des Güterfernverkehrs-Änderungsgesetzes vom 2. September 1949 in der Fassung des Gesetzes vom 8. Juli 1950. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Das Gesetz ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 15 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({7}) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betreffend Einsetzung eines Bundessparkommissars ({8}),
ferner einen Abänderungsantrag hierzu.
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Ritzel.
Ich schlage Ihnen vor, für die Besprechung eine Zeit von 40 Minuten in Aussicht zu nehmen. - Das Haus ist damit einverstanden.
Bitte, Herr Abgeordneter Ritzel!
Ritzel ({9}), Berichterstatter: Herr Präsident! t) Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter des Haushaltsausschusses möchte ich von der Vorschrift der neuen Geschäftsordnung Gebrauch machen - § 74 Abs. 1 -:
Ausschußberichte an den Bundestag über Gesetzentwürfe und Grundsatzfragen erheblichen Umfangs sind in der Regel schriftlich zu erstatten und in den stenographischen Bericht aufzunehmen. Im übrigen erfolgt mündliche Berichterstattung.
Ich möchte Ihnen also die Vorlesung des sogenannnten „Mündlichen Berichts" zur Drucksache Nr. 2924 ersparen.
({10})
und mich kurz mit der Angelegenheit auseinandersetzen.
({11})
- Aus dem Grunde tue ich es, Herr Kollege Mende.
Sie erinnern sich, daß vor geraumer Zeit mit der Drucksache Nr. 1460 die damalige Fraktion des Zentrums einen Antrag auf Einsetzung eines Bundessparkommissars gestellt hat. Dieses Problem hat den Haushaltsausschuß in mehreren Sitzungen beschäftigt. Die Bundesregierung war an sich bereit, durch einen Verwaltungsakt dem Grundgedanken zu entsprechen. Der Haushaltsausschuß hatte mich als Berichterstatter damals beauftragt, mit der Bundesregierung eine Möglichkeit ausfindig zu machen, um vor allen Dingen dem im Haushaltsausschuß auch durch mich zum Ausdruck gebrachten Gesichtspunkt Rechnung zu tragen, daß man den Weg zur Sparsamkeit nicht mit der Errichtung einer neuen Bundesbehörde beginnen sollte, mit anderen Worten, daß auf die Errichtung I einer neuen Behörde, genannt Bundessparkommissar, im Interesse der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung verzichtet werden sollte. In den Aussprachen, die zwischen den Herren Vertretern des Bundesfinanzministers und mir stattgefunden haben, haben wir einen Weg gefunden; er ist in dem Bericht - Drucksache Nr. 2924 - aufgezeigt. Er geht im wesentlichen darauf hinaus, daß die Präsidialabteilung des Bundesrechnungshofs bestimmt werden soll, eine begutachtende Tätigkeit zu entfalten, die auch auf Verlangen des Bundestags entfaltet werden muß.
Dazu hat heute die Fraktion der Föderalistischen Union einen Antrag gestellt, daß es, um diesen Auftrag zur Berichterstattung durch die Präsidialabteilung des Bundesrechnungshofs herbeizuführen, genügen soll, wenn 'ein Viertel der Mitglieder des Bundestags darum ersuchen. Da dieser Antrag erst heute gestellt worden ist, bestand keine Möglichkeit, ihn im Haushaltsausschuß zu beraten. Ich kann also auch als Berichterstatter dazu nicht Stellung nehmen und darf in dieser Frage die Entscheidung des Hauses erbitten.
Zur Sache selbst ist festzustellen, daß der Wunsch auf Sicherung einer Wirtschaftlichkeit in allen Teilen der Verwaltung im Haushaltsausschuß einmütig zum Ausdruck gekommen ist. Ich glaube unterstellen zu dürfen, daß der gleiche Wunsch auch das gesamte Parlament beseelt. Bei den Etatberatungen - das darf einmal öffentlich festgestellt werden - hat der Haushaltsausschuß wie auch andere Ausschüsse klar erkennen lassen, daß es der absolute Wille des Bundestags und seiner einzelnen Ausschüsse ist, eine Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung herbeizuführen, praktisch also sie so sparsam wie nur möglich wirtschaften zu lassen Was an Möglichkeiten im einzelnen besteht, soll durch eine dazu berufene und befähigte Instanz unter der Leitung des Präsidenten des Bundesrechnungshofes - dessen eigene Tätigkeit im wesentlichen rückschauend ist, weil er die oberste Instanz für die Rechnungsprüfung im Bund überhaupt ist -, nämlich durch die Präsidialabteilung des Bundesrechnungshofs gewährleistet werden. Sie soll von der Regierung, vom Parlament, vom Bundesrat, vom Bundesfinanzminister beauftragt werden können, Gutachten zu erstatten, die der beauftragenden Stelle vorzulegen und den anderen Stellen zur Kenntnis zu bringen sind. Wir würden also künftig die Möglichkeit haben, durch einen einfachen Mehrheitsbeschluß des Bundestages - das ist also anders als in dem Antrag der Föderalistischen Union - an diese Stelle, die Präsidialabteilung 'des Bundesrechnungshofs, einen Auftrag zu erteilen, in irgendeiner von uns aufgegriffenen Frage ein peinlich genaues Gutachten zu verlangen und auf Grund dieses Gutachtens unsere Beschlüsse zu fassen.
Ich glaube, daß es in diesem Hohen Hause keine Meinungsverschiedenheit darüber gibt, daß ein solches Instrument notwendig und nützlich ist. Wir sind uns - das ersehe ich auch aus dem Antrag der damaligen Herren Antragsteller - im großen und ganzen darüber einig, daß wir auf die Errichtung einer besonderen Behörde gerade aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, aus Gründen der Sparsamkeit verzichten und - eben das erreichen wir durch diesen Verwaltungsakt - unter Beteiligung des Hohen Hauses ein bereits vorhandenes Instrument benutzen sollten. Dabei ist zu bemerken, daß die nötigen Richtlinien im Einver({12})
nehmen mit dem Haushaltsausschuß ausgearbeitet worden sind und nur im Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuß geändert werden können. Wir hoffen, durch die Inanspruchnahme eines solchen Instruments das Ziel zu erreichen: eine sparsame und wirtschaftliche Verwaltung.
Aus den angeführten Gründen empfehle ich Ihnen namens des Haushaltsausschusses die Annahme der Vorlage Drucksache Nr. 2924.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Besprechung. Das Wort hat zunächst der Herr Abgeordnete Wacker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor ungefähr zwei Jahren wurde der Bundestag und wurden insbesondere die Regierungsparteien landauf, landab beschuldigt, Gelder in erheblichem Umfange für Luxus- und Prachtbauten aufzuwenden. Prachtbauten mit einem Aufwand von Millionen, luxuriöse Einrichtungen wie Schreibtische aus Rosenbaumholz, Türfüllungen aus wertvollem Nußbaum- und Kirschbaumholz - das waren die Parolen, die man allüberall zu hören bekam. Diese Propaganda, die meines Erachtens von einer bestimmten Clique von Menschen bewußt in das Volk hineingetragen wurde, sollte zur Folge haben, daß das Volk sich von dem neugewählten, für den demokratischen Staatsaufbau verantwortlichen Gremium entzweite. Diese Parolen wurden ausgegeben in der Annahme, daß das Volk nach 13jähriger Diktatur, nach 13jährigem einseitig ausgerichtetem Denken das politische Denken verlernt hätte. Beinahe wäre es den Propagandisten gelungen, zum Ziele zu kommen. Beinahe wäre es den Propagandisten gelungen, das Volk von Regierung und Volksvertretung zu trennen. Beinahe wäre es gelungen, den Aufbau des demokratischen Staates zu verhindern. Es ist nicht ohne Grund, daß heute so viele Beucher in das Gebäude des Bundestags kommen. Sie alle fragen nach den Prachtbauten, sie alle fragen nach den luxuriösen Einrichtungen, obwohl durch die Tageszeitungen, in Reden und Vorträgen dem Volke immer und immer wieder dargetan wird, daß wegen des verlorenen Krieges 87 % des Steueraufkommens und der dem Haushalt zur Verfügung stehenden Gelder in Form von Besatzungslasten und Sozialaufwendungen zwangsläufig festgelegt sind, und obwohl dem Volk immer wieder gesagt wurde, daß der verlorene Krieg das ganze Volksvermögen vernichtet hat.
Ich glaube, doch im Namen aller vernünftig denkenden politisch arbeitenden Menschen zu sprechen, wenn ich von hier aus sage; daß von Anbeginn bis zur Stunde in der sparsamsten Weise mit den Steuergeldern gewirtschaftet wurde.
({0})
Das möge doch auch einmal den Menschen gesagt werden, die meinen, durch Rundschreiben die Steuerzahler überzeugen zu können, daß dies nicht der Fall sei.
({1})
Die Verwaltung des Finanzministeriums sowie die Mitglieder des Haushaltsausschusses waren immer auf sparsamste Bewirtschaftung der Steuergelder bedacht.
({2})
Die Schreiber werden bei dem vernünftig denkenden Volk nicht auf ihre Rechnung kommen. Das Volk besucht unseren Bundestag, besichtigt die Einrichtungen und ist über die Einfachheit und Sparsamkeit angenehm überrascht.
({3})
Damals, als diese Propaganda gegen das Parlament als einen der gesetzgebenden Faktoren begann, wäre die Einsetzung einer Sparkommissars die Bestätigung der Worte der Propagandisten gewesen. Damals hätte ein solcher Antrag aus rein taktischen Gründen abgelehnt werden müssen. Um so erfreulicher aber ist es, daß das Bundesfinanzministerium es verstanden hat, den richtigen Augenblick zu erfassen, um von sich aus zu beantragen, daß der Bundesrechnungshof über seine gesetzlich festgelegte Arbeit hinaus die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung und der Bundesregierung zu überwachen hat.
Meine Fraktion begrüßt diese Einrichtung und begrüßt vor allem, daß dieser vom Bund Beauftragte in allen Fragen der Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung beratend hinzugezogen werden muß mit dem Ziel, den Aufwand zu verringern und den Wirkungsgrad der Verwaltung zu steigern.
({4})
Darin sieht meine Fraktion die Anstrengung dès Bundesfinanzministeriums, weil damit der Beweis geliefert wird, daß nun noch mehr als seither mit Hilfe des Beauftragten die Verteilung der zur Verfügung stehenden Gelder zweckmäßig vorgenommen wird.
Diese Einrichtung bedeutet für uns etwas ganz anderes, als der Antrag der Zentrumspartei mit der Einsetzung des Sparkommissars erreichen will. Wenn das Bundesfinanzministerium in den Richtlinien das Aufgabengebiet des Bundesbeauftragten dahin umreißt, daß er in seine Prüfung die gesamte Bundesverwaltung einschließlich der Sondervermögen
({5})
und alle Behörden, Anstalten, Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts einbezieht, so wird dies von meiner Fraktion außerordentlich begrüßt. Es wäre zu wünschen, daß auch die Länder und Gemeinden, die nach dem vorliegenden Antrag die Möglichkeit haben, den Beauftragten heranzuziehen, hiervon Gebrauch machen würden. Der Bundesbeauftragte soll vor allem auf den wirtschaftlichen Einsatz der Haushaltsmittel hinwirken, soll Vorschläge für eine sparsame, nach zeitgemäßen Grundsätzen aufgebaute Organisation machen und prüfen, ob die Zielsetzung der geldwirtschaftlichen Maßnahmen in wirtschaftlicher Weise erreicht werden kann.
Unter dieser Festlegung hat sich meine Fraktion entschlossen, dem Antrag des Haushaltsausschusses zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, zu dem Antrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 424 ist zu bemerken, daß er dem Wortlaut des Antrags Drucksache Nr. 2924 nicht ganz angepaßt ist.
({6})
Er gibt nicht genau das wieder, wie es sinngemäß sein müßte. Deshalb bitte ich, diesen Antrag abzulehnen.
({7})
Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion stimmt mit der Tendenz des Antrags des Haushaltsausschusses überein. Wir sind der Meinung, daß die Aufgabe, die dem Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung zufällt, durchaus eine wichtige und weithin wirksame sein kann; denn es handelt sich nicht lediglich um die sparsame Verwendung der öffentlichen Gelder. Und obendrein kann man in dieser Frage verschiedener Meinung sein. Der Herr Kollege Hasemann, der ja Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses ist, wird zweifellos etwas anderer Meinung sein als der Herr Kollege Wacker.
({0})
Ich will mich aber im Augenblick nicht in diese
Kontroverse einmischen, sondern nur feststellen,
daß man darüber verschiedener Meinung sein kann.
Etwas anderes ist es bei der Frage der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung. Meine Damen und Herren, wir wissen alle, daß unsere Verwaltungen ja nicht nur durch die Art ihres Aufbaues, sondern auch durch das Gewicht der Tradition,- das an ihnen hängt, eine Reihe von Methoden, von Verfahrensweisen in die Gegenwart hinein übernommen haben, die nicht unbedingt den Aufgaben entsprechen, die die Wirklichkeit, die Gegenwart stellt. Hier ist also ein weites Feld für die Tätigkeit eines Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit. In Amerika gibt es ein ganz großes Departement, das sich damit beschäftigt, die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung zu untersuchen und Möglichkeiten einer Vereinfachung des Behördenzuges und der Beziehungen einzelner Ressorts zueinander und zu den Staatsbürgern zu erforschen. Das ist eine Sache, die man auch von diesem Bundesbeauftragten mit wahrgenommen wissen möchte.
Zur Sache selber haben wir keine besonderen Anträge zu stellen. Wir glauben, daß erst die Praxis erweisen muß, in welchem Umfang diese neue Einrichtung wirksam werden kann; aber es ist j a keine eigene Behörde, sondern wir haben nur die Personalunion zwischen dem Präsidenten des Bundesrechnungshofs und diesem Bundesbeauftragten, wodurch schon an der Quelle eine möglichst sparsame Wirtschaft garantiert werden soll.
Eine wichtige Voraussetzung, meine Damen und Herren, ist nach unserer Auffassung, daß der Beauftragte für Wirtschaftslichkeit nicht nur formal befreit, sondern daß er in Tat und Wahrheit von den Regierungsstellen unabhängig ist, so daß er nach allen Seiten nur nach seinem Gewissen und nur aus seiner Aufgabe heraus wirken kann.
Eine andere Frage. Die Föderalistische Union hat einen Antrag eingebracht, daß hinter den Worten „auf Ersuchen" in Ziffer 2 die Worte „eines Viertels der Mitglieder" eingefügt werden. Stilistisch geht das nicht so. Herr Kollege Bertram, wenn S e den Text lesen, werden Sie zugeben, daß man diese Worte nicht einfach einfügen kann; denn dann würden sich diese Worte ja auch auf den Bundesrat, die Bundesregierung und den Bundesminister der Finanzen beziehen. Man müßte also einen Weg finden, um die Einfügung stilistisch zu ermöglichen.
In der Sache selber, meine Damen und Herren, möchte ich im Namen meiner Fraktion sagen, daß wir nach verschiedenen Unterhaltungen mit den 1 Antragstellern und mit anderen Mitgliedern des Hauses der Meinung sind, der Antrag der Föderalistischen Union sollte wirklich ernsthaft geprüft werden. Es handelt sich hier nach unserer Auffassung um ein Minderheitenrecht, das man auf seine Wirkung hin wirklich überlegen sollte. Wir sehen uns nicht in der Lage, heute unser letztes Wort darüber zu sprechen. Wir glauben, daß der Sache selber kein Abtrag getan würde, wenn wir dem Haushaltsausschuß die Aufgabe zuweisen, seinen Antrag noch einmal in Zusammenhang mit dem Antrag der Föderalistischen Union zu erwägen.
Wir beantragen deshalb, die Abstimmung über den Antrag des Haushaltsausschusses zurückzustellen und den Haushaltsausschuß zu ersuchen, noch einmal zu beraten und dem Hause zu berichten.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Bertram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kann uns mit Befriedigung erfüllen, daß ein Antrag unserer Fraktion, der in diesem Hause zuerst recht kühl aufgenommen worden ist, wenigstens doch in einer Hinsicht allgemeine Zustimmung gefunden hat.
Hat nun die vorgeschlagene Namensgebung eine sachliche Einschränkung zu bedeuten? Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in der gesamten Verwaltung sind Aufgaben, die dem Präsidenten des Rechnungshofes zugewiesen werden. Sparsamkeit hat drei Seiten. Die eine Seite ist die, die Ausgaben, die nicht notwendig sind, zu drosseln. Eine andere Seite dieses Begriffes bezieht sich auf die Bildung von Rücklagen. Endlich aber heißt Sparen auch Wirtschaften nach einer gerechten Wertordnung. Wenn man den Begriff der Sparsamkeit in dieser vielfältigen Bedeutung auffaßt, so genügt der Auftrag, der in Ziffer 2 des Antrags des Ausschusses dem Bundesbeauftragten gegeben ist, allen Anforderungen, die man billigerweise stellen kann.
Gemeint sein soll also zunächst eine Rationalisierung der Büro- und Kanzleitätigkeit, eine außerordentlich wichtige Aufgabe, in der gerade bei uns in Deutschland wesentliche Dinge nachzuholen sind. Es liegt an dem Zeitmangel, daß ich die sonstigen Aufgaben des Bundessparkommissars nicht im einzelnen vortragen kann, die Möglichkeiten der Überschneidung der Zuständigkeit bei Bundes-, Länder- und Gemeindebehörden zu überprüfen, die Möglichkeiten vor allem aber auch zu überprüfen, ob sämtliche Einnahmen, die Bund, Ländern und Gemeinden zustehen, auch restlos ausgeschöpft werden, ob nicht beim Wettrennen der Finanzminister im Heranziehen neuer Firmen tatsächlich Zugeständnisse gemacht worden sind, die das Steueraufkommen unbillig verkürzen, ob nicht die Stundungspraxis mancher Länder eine ganz starke Einschränkung des Steueraufkommens verursacht, ob nicht durch die Gewährung von Sonderabschreibungen im Rahmen des § 7 a Steuervorteile gewährt werden, die unzulässig sind, und dergleichen Dinge mehr, Aufgaben, bei denen der Bundesbeauftragte im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung außerordentlich Wirksames leisten könnte.
({0})
Das Entscheidende ist aber, daß dieses Recht nicht nur, wie vorgesehen, von der Bundesregierung und der Mehrheit des Bundestags, vom Bundesrat usw. ausgeübt werden kann, sondern daß dieses Recht tatsächlich als ein echtes Minderheitenrecht ausgestaltet wird. In Art. 44 des Grundgesetzes ist bestimmt, daß ein Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestags die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verlangen kann. Um wieviel mehr muß bei dem Untersuchungsauftrag an diesen Beauftragten ein Viertel der Mitglieder des Bundestags genügen! Es würde auch nicht recht mit einer parlamentarischen Kleiderordnung zu vereinbaren sein, wenn ein einzelner Bundesminister einen solchen Untersuchungsauftrag erteilen könnte, aber auf der anderen Seite ein Viertel der Mitglieder dieses Hauses nicht in der Lage sein sollte, das gleiche zu verlangen. Ich glaube, man müßte schon unter diesem Gesichtspunkt eine qualifizierte Minderheit genügen lassen.
Die wichtigste Funktion der Opposition ist doch gerade die Überwachung der Exekutive. Die Überwachung der Exekutive mit Hilfe dieses Minderheitenrechts scheint mir eine zukunftweisende Entwicklung zu sein, die wir mit unserem Antrag fördern wollen.
Ich stimme im übrigen dem Antrage des Herrn Kollegen Schoettle auf Aussetzung der Abstimmung und Rückverweisung an den Haushaltsausschuß zu.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Leuchtgens.
Meine Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, daß die steuerliche Belastung des deutschen Volkes ungeheuer geworden ist und allmählich an die Grenze heranrückt, wo man sich auf neue Mittel und Wege besinnen muß, wie den Ansprüchen der Regierung und des deutschen Volkes überhaupt Rechnung getragen werden soll, hat meine Fraktion es sehr begrüßt, daß hier darüber nachgedacht wird, was man zur Beseitigung dieser Schwierigkeiten tun kann.
tin Sparkommissar ist vorgeschlagen worden, eine Einrichtung, die aus der Geschichte des deutschen Volkes bekannt ist, die aber in ihren Ergebnissen früher nicht begeisternd gewesen ist. Deshalb haben wir es begrüßt, daß das Finanzministerium aus sich heraus einen Vorschlag gemacht hat, der im Haushaltsausschuß Zustimmung gefunden hat, nämlich den Vorsitzenden des Rechnungshofes, das Präsidium des Rechnungshofes damit zu beauftragen, die Wirtschaftlichkeit des Voranschlages in jeder Weise zu überprüfen
Das ist auch insofern eine glückliche Lösung, als sie uns keine neuen Ausgaben verursacht. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß die Einrichtung eines Sparkommissars mit all seinem Drum und Dran wahrscheinlich sehr viel mehr Geld gekostet hätte, als er uns vielleicht erspart hätte. Wir von der Deutschen Partei begrüßen deshalb diese Einrichtung und stimmen dem Vorschlag des Haushaltsausschusses zu.
Nachdem heute von der Föderalistischen Union ein Antrag vorgelegt worden ist, der im Haushaltsausschuß noch nicht beraten worden ist, ist zu überlegen, ob man den Vorschlag des Ausschusses jetzt annehmen und nachher noch einmal in eine besondere Beratung im Haushaltsausschuß darüber eintreten soll, wie man sich zu dem Antrag der Föderalistischen Union stellt. Ich begrüße den Vorschlag des Herrn Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, daß wir heute über die Gesamtfrage nicht abstimmen, sondern den Antrag der Föderalistischen Union dem Haushaltsausschuß überweisen und dann endgültig über den gesamten Vorschlag des Haushaltsausschusses betreffend die Einsetzung eines Sparkommissars in der Form abstimmen, daß das Präsidium des Rechnungshofes diese Stellung einnimmt. Ich bitte also, diesen Antrag der Föderalistischen Union dem Haushaltsausschuß zu überweisen und die endgültige Abstimmung erst dann vorzunehmen, wenn sich der Haushaltsausschuß damit befaßt hat.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir können abstimmen.
Ich lasse zunächst abstimmen über den Antrag, die Abstimmung auszusetzen und den Bericht des Haushaltsausschusses zur erneuten Beratung an den Haushaltsausschuß zurückzuverweisen,
({0})
- zusammen mit dem Antrag der Föderalistischen Union. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall; dann ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 16 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen ({1}) über den Antrag der Fraktion der FDP betreffend Ausdehnung der 50prozentigen Ermäßigung der Arbeiterkarte für deutsche Seeleute auf einen Angehörigen für Besuchszwecke ({2}).
Das Wort hat der Abgeordnete Ahrens als Berichterstatter.
Ahrens ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Antrag wurde in der 170. Plenarsitzung am 24. Oktober vorigen Jahres an den Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen. Der Ausschuß für Verkehrswesen hat auch in diesem Fall das Bundesministerium für Verkehr um Stellungnahme gebeten, die ihm mit Schreiben vom 14. November 1951 übersandt wurde.
Der Ausschuß hat sich seit Beginn seiner Tätigkeit mit dem Problem der Fahrpreisermäßigung, man kann wohl sagen, laufend beschäftigt und eine größere Anzahl von Anträgen dieser Art bearbeitet. In den meisten Fällen ist er jedoch zu dem Ergebnis gekommen, daß es der Deutschen Bundesbahn im Hinblick auf ihre gespannte Finanzlage nicht zugemutet werden kann, noch weitere Fahrpreisermäßigungen zu gewähren, wenn von der Tatsache ausgegangen wird, daß etwa 75 % sämtlicher von der Deutschen Bundesbahn beförderten Personen fahrpreisvergünstigt fahren. Bei der Stellungnahme zu dem Antrag Drucksache Nr. 2678 ist es aber unbedingt erforderlich, von den derzeitigen Gegebenheiten der Seeschiffahrt auszugehen.
Aus der Praxis kann ich Ihnen berichten, daß die Liegezeiten der modernen Seeschiffe und insbesondere der Tanker im Hafen viel weniger als 24 Stunden betragen. Es kommt auch vor, daß deutsche Seeleute ein ganzes Jahr keine Möglichkeit haben, Urlaub zu erhalten, da die Zeit für die Lade- und Löscharbeiten zu kurz ist. In dieser Zeit der Be- und Entladung des Schiffes sind die Seeleute auf dem Schiff unentbehrlich und haben
({4})
keine Gelegenheit, ihre nächsten Angehörigen aufzusuchen, was in den meisten Fällen auch mit größeren Reisen auf der Eisenbahn verbunden ist. Wie oft gibt es persönliche Belange zu klären, die im Hinblick auf die Dringlichkeit durch Schriftwechsel nicht erledigt werden können. Es muß also eine Möglichkeit geschaffen werden, daß ein Angehöriger den Seemann auf seinem Schiff im Hafen besuchen kann und dabei dieselbe Fahrpreisermäßigung erhält, die der Seemann bekommen würde, wenn er seine Angehörigen besuchte. Das ist es, in kurzen Sätzen, worum es sich bei diesem Antrag handelt und womit letzten Endes auch eine alte soziale Forderung der deutschen Seeleute erfüllt würde.
Der Ausschuß für Verkehrswesen hat sich in seiner 91. Sitzung am 12. Dezember vorigen Jahres mit dem Antrag Drucksache Nr. 2678 eingehend beschäftigt und bittet Sie, diesem Antrag unverändert zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, bei diesem Punkt auf eine Aussprache zu verzichten. Ist das Haus einverstanden?
({0})
- Das ist der Fall. Dann lasse ich abstimmen. Wer für die Annahme des Ausschußantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!
- Einstimmige Annahme.
Ich rufe auf Punkt 17 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Zurückziehung des Antrags der Bundesregierung auf Verbot der KPD ({1}).
Der Ältestenrat schlägt für die Begründung des Antrags eine Redezeit von 15 Minuten, für die Aussprache insgesamt 60 Minuten vor. - Das Haus ist damit einverstanden.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Fisch.
Fisch ({2}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 16. November 1951 hat das Bundeskabinett beschlossen, beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu beantragen, die Kommunistische Partei Deutschlands für verfassungswidrig zu erklären und sie aufzulösen. Seitdem ist das Vorverfahren in dieser Sache in Gang gekommen. Am 8. Dezember wurde der Kommunistischen Partei die Antragsbegründung der Bundesregierung zugestellt. Innerhalb der gesetzten Frist hat sich die Kommunistische Partei zu dieser Antragsbegründung der Bundesregierung geäußert. Sie hat ihrerseits den Antrag gestellt, den Antrag der Bundesregierung als unzulässig und unbegründet zurückzuweisen und demgemäß keine Verhandlung durchzuführen.
({3})
Schon die Methode, die die Bundesregierung bei diesem Vorverfahren angewandt hat, ist bezeichnend für den ganzen Charakter der Angelegenheit. In ihrer Schrift spricht sie von Beweisdokumenten, und bei der Einreichung ihres Antrages hat sie erklärt, sie werde dem Bundesverfassungsgericht die erwähnten Beweisdokumente unverzüglich nachreichen. Ich stelle hier fest, daß bis zum heutigen Tage, also 10 Tage nach Ablauf der meiner Partei für eine Rückäußerung gesetzten Frist, es die Bundesregierung nicht für nötig gehalten hat, dem Verfassungsgericht diese Beweisdokumente vorzulegen.
({4})
Das ist wohl Ausdruck der 'Geringschätzung, die die Bundesregierung der rechtlichen Seite dieser Sache und damit auch dem Bundesverfassungsgericht selbst entgegenbringt. Für sie genügt es offenbar, daß die Amerikaner ein Verbot wollen; damit glaubt sie sich jeder Sorge enthoben, für ihre Behauptungen das entsprechende Beweismaterial beizubringen.
Warum bringen wir diese Angelegenheit vor den Bundestag? Weil wir der Meinung sind, daß es sich hier nicht um die Sache einer Partei allein handelt, weil wir der Meinung sind, daß es sich um eine Frage nicht nur von nationaler, sondern darüber hinaus von großer internationaler Bedeutung handelt.
({5})
Der Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei hat im November unmittelbar nach Bekanntwerden der Absicht der Bundesregierung eine Erklärung in dieser Sache herausgegeben. Darin hat er erklärt:
Der Antrag, die Kommunistische Partei zu verbieten, erhält seine besondere Bedeutung noch dadurch, daß er in einem Augenblick erfolgt, in dem das Thema der deutschen Einheit auf der politischen Tagesordnung steht. Die Einheit darf nicht durch die Anwendung falscher Mittel in der notwendigen Bekämpfung der Kommunistischen Partei vereitelt oder auch nur erschwert werden.
Ich möchte mich nicht länger dabei aufhalten, daß es die Sozialdemokratische Partei für angebracht hält, bei einem solchen Anlaß auf die gleiche Pauke zu hauen wie die Bundesregierung. Aber immerhin muß unterstrichen werden, daß auch diese Partei das Vorgehen der Bundesregierung für unvereinbar mit der politischen Situation hält und darum dagegen ist. Ich bin gespannt, ob die sozialdemokratische Fraktion dieses Hauses zu dieser ihrer damals geäußerten Stellungnahme auch heute stehen wird.
Die Bundesregierung will mit scheinjuristischen Mitteln eine politische Entscheidung erzwingen, zu der sie von amerikanischer Seite her inspiriert worden ist.
({6})
Als im November die Dinge zum ersten Male in der Presse kommentiert wurden, lasen wir einen interessanten Hinweis, nämlich, daß zwei der Hohen Kommissare der Bundesregierung von diesem Verfahren abgeraten hätten. Da wir aber in der Bundesrepublik drei dieser hohen Herren haben, läßt sich leicht ausrechnen, daß der Dritte im Spiele eine andere Empfehlung gegeben hat, und ich glaube, es ist nicht daneben geraten, wenn ich sage, daß dieser dritte Herr, der der Bundesregierung diese Empfehlung gegeben hat, Mr. McCloy heißt.
({7})
Es ist auch kein Zufall, daß der Verbotsantrag der Bundesregierung gerade . mit einer Reihe schärfster Aggressionen der amerikanischen Kriegstreiber gegen die deutsche Nation zeitlich zusammenfällt. Es ist doch kein Zufall, daß wir diese Sache zur gleichen Zeit erleben, in der Dr. Adenauer hinter dem Rücken des deutschen Volkes und selbst des Bundestages mit den westalliierten Regierungen Verhandlungen über die Bereitstellung von Menschen und Material für die amerikanischen Kriegspläne führt. Den sogenannten Generalvertrag wollte man in Washington noch vor Weih7932 Deutsche- Bundestag ({8})
nachten unter Dach und Fach bringen, das westdeutsche Wehrgesetz sollte ebenfalls noch im alten Jahr herauskommen, und den Schumanplan wollte Herr Dr. Adenauer bekanntlich gleichfalls noch vor Weihnachten durch den Bundestag jagen, damit er noch im alten Jahr mit seiner Vollzugsmeldung antreten konnte.
({9})
Ist es ein Zufall, daß eine sehr bedeutende Persönlichkeit der Bundesrepublik Mitte Dezember verlauten ließ, man habe ursprünglich beabsichtigt, das Verfahren gegen die Kommunistische Partei Deutschlands auch vor Weihnachten starten zu lassen? Es ist klar, ein solches Zusammenfallen ist kein Zufall. Man ist in Washington sehr ungehalten darüber, daß es im Jahre 1951 nicht gelungen ist, den Zeitplan für die Remilitarisierung Westdeutschlands einzuhalten. Man weiß in Washington zwei Dinge sehr genau. Man weiß erstens, daß der Widerstand in der deutschen Bevölkerung, vor allem in der deutschen Jugend, gegen die Remilitarisierungspläne immer stärker wird und täglich weitere Kreise erfaßt; man weiß in Washington aber zweitens, daß die aktivsten und konsequentesten Kräfte im Kampf um die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands und damit auch gegen die Remilitarisierung durch die Kommunistische Partei Deutschlands gestellt werden. Das ist der entscheidende politische Grund für den Versuch, die KPD zu unterdrücken, koste es, was es wolle, und möge die Begründung auch noch so lächerlich sein.
In einem ihrer Dokumente hat die KPD erklärt: Es ist das natürliche Recht des deutschen Volkes, die Herstellung der Einheit Deutschlands und seine Wiedergeburt auf demokratischer und friedlicher Grundlage in die eigenen Hände zu nehmen.
Jeder anständige Mensch würde sich diesen Grundsatz zu eigen machen, jeder würde ihn mit Begeisterung gegen alle Widersacher verteidigen. Anders die Bundesregierung. Sie nimmt sich gerade diesen Satz heraus, zitiert ihn auf Seite 27 der Begründung ihres Antrags 'gegen die KPD und sieht in ihm ein verbotswürdiges Verbrechen. Kommt denn darin nicht am deutlichsten zum Ausdruck, wovor die Bundesregierung Angst hat und was sie mit dem KPD-Verbot zu verhindern trachtet - nämlich, daß sich das deutsche Volk der Bevormundung durch fremde Kräfte entwindet, daß es sein Schicksal in die eigenen Hände nimmt, daß es seine Vertreter zu einer gesamtdeutschen Beratung entsendet .und daß es auf diesem Wege der Selbstbestimmung zu gesamtdeutschen freien Wahlen, zu einer Nationalversammlung kommt? Das ist es, was Adenauer verhindern will.
Die Rechnung des Herrn Dr. Adenauer ist einfach. Ohne sogenannten Wehrbeitrag Westdeutschlands ist der amerikanische Aufmarsch- und Kriegsplan nicht durchführbar. Wenn es aber kein separates westdeutsches Staatsgebilde mehr gibt, dann gibt es auch keinen Wehrbeitrag. Schuman-plan und Generalvertrag sind ohnedies nur denkbar auf der Grundlage eines gespaltenen Deutschlands. Aus diesem Grunde steht und fällt die ganze Politik Adenauers mit der Aufrechterhaltung der Spaltung Deutschlands. Darum ist er bestrebt, eine gesamtdeutsche Beratung und 'gesamtdeutsche freie Wahlen mit allen Mitteln zu verhindern, und darum hält er ein Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands für unumgänglich, der Partei, die am entschiedensten für diesen Weg eintritt.
Nun noch zwei interessante Dinge aus der Antragsbegründung des Herrn Dr. Lehr. In dieser Schrift gibt es einen Punkt, wo man von der sogenannten inneren Aggression der KPD spricht. Was ist das für ein Begriff? In der deutschen Rechtsprechung sowie im Bonner Grundgesetz ist er unbekannt. In unserer Erwiderungsschrift sagen wir, daß Aggression ein völkerrechtlicher Tatbestand ist und darum auf Beziehungen innerhalb ein und derselben Nation nicht angewandt werden kann. Man fragt sich, was will die Bundesregierung eigentlich mit der Einführung dieses Begriffs? Wenn man die Herkunft studiert, dann erhält man die Antwort darauf. Dabei ergibt sich, daß es sich gar nicht um eine Originalerfindung der Bundesregierung handelt, sondern um eine amerikanische Zweckkonstruktion, die man bei der Abfassung des Atlantikpaktes geschaffen hat. In der außenpolitischen Kommission des amerikanischen Senats wurde der Art. V des Atlantikpaktes in der Weise erläutert, daß innere Unruhen innerhalb der amerikanischen Einflußsphäre als Aggression gewertet und somit als willkommener Anlaß für die Auslösung des Kriegsmechanismus verwandt werden können. Der Begriff der inneren Aggression ist von amerikanischer Seite speziell zu dem einen Zweck geschaffen worden, jede Einmischung in die inneren Verhältnisse eines Landes an jedem gewünschten Punkte mit dem Schein des Rechts zu umgeben. Deutlicher gesprochen, wenn die Chinesen den Strolch Tschiang-Kai-Schek aus ihrem Lande hinausgeworfen haben, so ist das eine innere Aggression. Der Ruf „Ägypten den Ägyptern!" ist eine innere Aggression. Die Losung „Das persische Öl idem persischen Volke!" ist eine innere Aggression.
({10})
Die ganze Geschichte der Menschheit ist eine Kette solcher „inneren Aggressionen" von Menschen, die um ihre Freiheit kämpfen. Nur die Amerikaner sollen machen dürfen, was sie machen wollen. Diesen Begriff der inneren Aggression hat Herr Dr. Lehr - es ist ja gleich, auf wessen Diktat hin - in sein Dokument aufgenommen.
Damit ist zweierlei festgestellt, erstens, daß die Bundesregierung -die Forderung des amerikanischen Imperialismus auf gewaltsame Einmischung in die inneren Verhältnisse prinzipiell gutheißt, begrüßt und ermuntert, und zweitens, daß der Verbotsantrag der Bundesregierung ein Bestandteil der Außenpolitik aggressiver, gegen die Interessen des deutschen Volkes gerichteter Kräfte ist.
Zweite Frage! In der Erklärung der Bundesregierung wird die Errichtung des Sozialismus als Endziel der KPD als eine Ideologie bezeichnet, die mit der sogenannten demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik nicht vereinbar sei. Die Bundesregierung ist wahrlich gar nicht einmal originell, sie hätte eine solche Verbotsbegründung doch sehr viel einfacher aus der Hinterlassenschaft des Fürsten von Bismarck abschreiben können. Das ist zwar schon 70 Jahre her. Aber damals wurde ja der gleiche Versuch mit den gleichen Mitteln gemacht, Herr Dr. Lehr. 'Sie wissen, wie die Sache zu Ende gegangen ist. Seit den Tagen ihrer Gründung - und wie Sie wissen, ist das mehr als 33 Jahre her - hat sich die KPD stets bekannt und sie bekennt sich heute wie stets zum Sozialismus. Zum Sozialismus hat sich das Kommunistische Manifest vor mehr als 100 Jahren bekannt. Zum Sozialismus bekennen sich Millionen sozialdemo({11})
kratischer Mitglieder und Anhänger. Die Bundesregierung will verbieten, daß man sich zum Sozialismus bekennt,
({12})
dem Traum und der Hoffnung von vielen Millionen Menschen auf der ganzen Erde. Wenn die Bundesregierung es wagte, die KPD wegen dieses ihres Endziels zu unterdrücken, so würde sie damit gleichzeitig einen Schlag gegen Millionen von Sozialdemokraten führen und sie würde die politischen Rechte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ernsthaft gefährden.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen nur zwei dieser Punkte dargelegt. Wir werden Gelegenheit haben, an anderer Stelle auf die ganze Serie sonstiger unhaltbarer Behauptungen der Bundesregierung, die durch nichts belegt sind, einzugehen. Ich könnte Ihnen zur Charakterisierung der Beweisführung eine ganze Reihe bewußter Fälschungen und Entstellungen darlegen, deren sich Herr Dr. Lehr und seine Schreiberlinge bedient haben.
({13})
Wir behalten uns vor, das gleichfalls bei anderer Gelegenheit -vorzutragen. Heute scheint mir der Hinweis das Entscheidendste zu sein, daß beabsichtigt ist, mit dem Schlag gegen die KPD einen Schlag gegen die demokratischen Rechte des Volkes überhaupt zu führen. So fing es 1932 und 1933 auch an. Man schlug zuerst gegen die KPD, dann schlug man gegen die SPD und dann gegen alle anderen Parteien, die es außer der NSDAP noch gab. Ich möchte die Bundesregierung darauf hinweisen, auch Hitler und Göring haben es einstmals versucht, die KPD zu unterdrücken. Sie taten dies, damit sie ihren Krieg ungestört vorbereiten konnten. Herr Lehr weiß genau, wie dieses Abenteuer für unser Volk, aber auch für seine, Herrn Lehrs Vorbilder, Hitler und Göring, geendet hat. Herr Lehr und seine Freunde mögen hieraus rechtzeitig die Lehre ziehen.
Die kommunistische Fraktion hat den Antrag gestellt, die Bundesregierung aufzufordern, ihren Antrag beim Bundesverfassungsgericht zurückzuziehen. Wenn die Bundesregierung so sicher ist, daß ihre Politik richtig ist, so braucht sie eine politische Auseinandersetzung nicht zu fürchten. Aber Sie, meine Damen und Herren, sollten die Bundesregierung daran hindern, Rechts- und Verfassungsbruch zu Hilfe zu nehmen, um eine politisch verwerfliche Politik durchzusetzen.
({14})
Der Antrag ist eingebracht und begründet. Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen erfolgen nicht; dann ist die Aussprache geschlossen.
Ich ' lasse abstimmen. Wer für den Antrag der Fraktion der KPD auf Drucksache Nr. 2920 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. -Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf Punkt 18 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Osthandel ({0}).
Hier schlägt der Ältestenrat vor, den Antrag ohne weitere Begründung und Aussprache zu überweisen an den Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten als federführendem Ausschuß und an den Ausschuß für Außenhandelsfragen. Ist das Haus einverstanden?
({1})
- Dann ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 19 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Vorlage eines Wahlgesetzes für die gesamtdeutschen Wahlen ({2})
Hier schlägt der Ältestenrat Ihnen vor, für die Begründung 15 Minuten und für die Aussprache insgesamt 60 Minuten anzusetzen. - Das Haus hat so beschlossen. Das Wort hat der Abgeordnete Rische.
Rische ({3}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen den Antrag meiner Fraktion auf Drucksache Nr. 2966 betreffend Vorlage eines Wahlgesetzes für gesamtdeutsche Wahlen zu begründen. Der Antrag der kommunistischen Fraktion kommt meiner Meinung nach zu einem Zeitpunkt, in dem sich jeder angesichts des Ernstes der Lage entscheiden muß: Wollen wir freie Wahlen, wollen wir die friedliche demokratische Wiedervereinigung unseres deutschen Vaterlandes?!
Wie ist nun die Situation? In der 165. Sitzung des Deutschen Bundestages am 21. September 1951 führte der Herr Bundeskanzler aus:
Um nichts unversucht zu lassen, wird die Bundesregierung eine Wahlordnung für freie gesamtdeutsche Wahlen vorlegen.
Dies entsprach dem Willen der Mehrheit des deutschen Volkes und auch der Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, wie es ja doch eindeutig aus dem Protokoll der 165. Sitzung des Bundestages hervorgeht. Der Herr Bundeskanzler wiederholte dann später sein Versprechen in dem bekannten Schreiben an die Hohen Kommissare vom 4. Oktober 1951. Mittlerweile sind Wochen ins Land gegangen. Dreieinhalb Monate tat der Herr Bundeskanzler nichts, um dem Auftrag der gewählten Abgeordneten des deutschen Volkes in Westdeutschland Rechnung zu tragen und ein Wahlgesetz vorzulegen. Seine Versprechungen wurden, obwohl das Volk ein Wahlgesetz forderte, nicht eingelöst. Man kann sogar feststellen, daß dieses Parlament durch diese sicherlich beabsichtigten Verzögerungen bewußt an der Nase herumgeführt wurde.
Währenddessen zog es der Herr Bundeskanzler vor, mit den Herren Hohen Kommissaren auf dem Petersberg über so entscheidende Fragen wie den Schumanplan, den Pleven-Plan und den Generalvertrag mit seinen diskriminierenden Zusätzen zu verhandeln. Dem Bundesrat wurde ein auch Ihnen bekannter Entwurf vorgelegt. Aber es erhebt sich die Frage: Was geschah nun mit diesem Entwurf der Bundesregierung? Ich habe vor mir liegen den Bericht des Bundesrats, d. h. die wörtlichen Protokolle der 73. Sitzung vom 23. November 1951. Der Bundesrat hat sich ganze drei Minuten mit diesem Entwurf einer Wahlordnung beschäftigt. Mehr hat der Bundesrat nicht für nötig befunden. Er fand dafür die Begründung, daß die dafür zuständigen Ausschüsse des Bundesrats bisher noch keine Gelegenheit gefunden hätten, sich mit diesem Entwurf der Regierung zu beschäftigen.
Meine Damen und Herren, das deutsche Volk in allen seinen Schichten denkt über diese Praxis der Bundesregierung völlig anders. Das deutsche Volk
({4})
ist von einer tiefen Sehnsucht nach Einheit, Demokratie und Frieden erfüllt und verlangt von der Bundesregierung, daß sie ihr Versprechen einhält. Stattdessen hat der Bundeskanzler es vorgezogen, im Eiltempo den Schumanplan durch dieses Haus zu peitschen. Er hat es vorgezogen, Verhandlungen über den Abschluß des sogenannten Generalvertrages einzuleiten. Er fuhr nach Paris, nach Straßburg und London, um über den sogenannten Pleven-Plan die Grundlage für die Errichtung einer Söldnerarmee zu legen. Das deutsche Volk wünscht von all dem nichts. Es wünscht weder Schumanplan noch Generalvertrag und Zusätze noch den Pleven-Plan. Das deutsche Volk will Einheit und Frieden und will Demokratie. Damit dient es dem Frieden der Welt und auch dem Zusammenleben der Völker Europas. Das deutsche Volk, meine Damen und Herren, wünscht volle Gleichberechtigung und Souveränität. Der Weg dazu geht nun einmal über die Herstellung der Einheit Deutschlands, d. h. über die Durchführung einer freien Wahl für eine deutsche Nationalversammlung.
({5})
Wir Kommunisten stellen darum fest, daß diese Verzögerungstaktik Adenauers lind seiner Regierung eine Mißachtung des Willens des deutschen Volkes in Ost und West darstellt. Schließlich ist sie auch eine Mißachtung der von diesem Hause gefaßten Beschlüsse.
Nun lesen wir gestern in der bekannten Zeitung „Die Welt", daß die Bundesregierung ihren Kabinettsentwurf für eine Wahlordnung jetzt einer umfassenden Revision unterzieht oder sogar vollständig zurückzuziehen gedenkt. Welche Gründe kann es für diese - ich möchte sagen - neuen Manöver Adenauers und seiner Regierung geben? Ich denke, die Regierung hat erfahren, daß es beim Volk einen scharfen Widerstand gegen den Entwurf gibt, den das Bundeskabinett ausgearbeitet hat, daß es auch bei den Fraktionen dieses Hauses einen scharfen Widerstand gegen jene Bestimmungen in diesem Entwurf gibt, die überhaupt nicht mit einer Wahlordnung vereinbar waren. Schließlich muß man, glaube ich, auch feststellen, daß der demokratische Wahlvorschlag der Regierung und der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik
({6})
seine Wirkung auf diese Entscheidung der Bundesregierung tat.
({7})
Dann möchte ich noch hinzufügen: Der Bundeskanzler will den Generalvertrag unter Dach und Fach bringen, und er will sich dabei nicht durch eine Debatte unseres Volkes über die Durchführung wirklich freier demokratischer Wahlen zu einer Nationalversammlung stören lassen. Er will überhaupt keine freien Wahlen. Er will keine Nationalversammlung, und er will auch nicht die friedliche demokratische Wiedervereinigung unseres deutschen Vaterlands. Bundesregierung und Bundeskanzler suchen also offensichtlich neue Hintertüren, um eine freie Willensentscheidung des deutschen Volkes über seine friedliche demokratische Wiedervereinigung zu verhindern.
Meine Damen und Herren! Die Gefahren für. unser deutsches Volk sind durch den Schumanplan, den Generalvertrag und den Plevenplan unerhört groß geworden. Die Adenauer-Regierung verhandelt über die Aufstellung einer deutschen Söldnerarmee, über die restlose Freigabe der Produktion für Kanonen, Panzer und Flugzeuge in der westdeutschen Industrie sowie über die Übergabe sämtlicher Souveränitätsrechte unseres Volkes an den anglo-amerikanischen Kriegsblock.
Ich möchte auch von dieser Stelle aus ein Wort zur Haltung der sozialdemokratischen Fraktion sagen. Auch sie hatte sich in der bekannten Sitzung des Bundestags zum Fürsprecher der Ausarbeitung eines Wahlgesetzentwurfs gemacht. Sie war maßgeblich beteiligt an der Ausarbeitung der bekannten vierzehn Punkte. Wo ist die sozialdemokratische Fraktion heute und steht auf und verlangt, daß der Bundeskanzler sein Versprechen einlöst und eine solche demokratische Wahlordnung dem Parlament und damit dem deutschen Volk zur Diskussion vorlegt? Es hat keinen Zweck, große Plakate zu drucken und anzukleben, während man es an entscheidenden Taten fehlen läßt, obwohl die Mitgliedschaft der Sozialdemokratischen Partei und die Millionen Gewerkschaftler eine friedliche Wiedervereinigung unseres deutschen Volkes und freie demokratische Wahlen für eine Nationalversammlung fordern.
Gestern beispielsweise erfuhr die deutsche Öffentlichkeit - man höre - durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten der DDR Walter Ulbricht die ersten wirklich authentischen Einzelheiten über den Generalvertrag und seine Zusatzprotokolle. Dr. Adenauer hat dem Hohen Hause in der Schumanplan-Debatte lediglich zwei nichtssagende Sätze aus der Präambel des Vertrags und aus weiteren Paragraphen vorgetragen. Dieser von Adenauer bereits ausgehandelte Generalvertrag beinhaltet in der Hauptsache die militärischen Verpflichtungen der Bundesrepublik gegenüber Amerika, England und Frankreich; d. h. er ist die feste Fessel, die unser deutsches Volk an den Kriegspakt bindet, und beinhaltet tatsächlich den Verzicht auf die Souveränität unseres Volkes. Statt Gleichberechtigung mit allen Völkern, was der Wunsch aller anständigen Menschen in Europa und in Deutschland ist, soll nach dem Generalvertrag lediglich eine Gleichberechtigung im Militärblock - wie es im Art. 1 heißt - gesichert werden; d. h. die deutsche Jugend soll auf die Schlachtfelder getrieben werden und dort in den Massengräbern vermodern.
Ich will darauf verzichten, weitere Einzelheiten aus dem Generalvertrag hier bekanntzugeben. Ich empfehle Ihnen die Lektüre des Berichts des stellvertretenden Ministerpräsidenten der DDR Walter Ulbricht.
Meine Damen und Herren! Jede Minute ist jetzt kostbar.
({8})
Der Bundestag, der vom Herrn Bundeskanzler an der Nase herumgeführt wurde, muß nun selber handeln. Wir denken, daß die Ausarbeitung eines Wahlgesetzes das Gebot der Stunde ist. Darum hat meine Fraktion zu dem Antrag, der Ihnen vorliegt, folgenden Ergänzungsantrag ausgearbeitet. Meine Fraktion bittet Sie, auch diesem Ergänzungsantrag der Fraktion der KPD zu dem Antrag Drucksache Nr. 2966 betreffend Vorlage eines Wahlgesetzes für gesamtdeutsche Wahlen zuzustimmen. Der Antrag lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Bundestag bildet einen aus Abgeordneten
aller Fraktionen und Gruppen zusammengesetzten Ausschuß, der die Aufgabe hat, den
({9})
Entwurf eines Wahlgesetzes für die deutsche Nationalversammlung auszuarbeiten. Dieser Ausschuß soll zum Gegenstand seiner Beratungen auch das Wahlgesetz der Weimarer Republik machen.
Herr Präsident, hier ist der Antrag.
Wir denken, daß man auf dieser Grundlage jetzt einige entscheidende Schritte auch hier von Westdeutschland aus tun muß. Wir denken, daß die Vorbereitung gesamtdeutscher freier Wahlen eine deutsche Angelegenheit ist, nicht aber eine Angelegenheit irgendeiner UN-Kommission, die sich anmaßt, sich in innere deutsche Verhältnisse einzumischen. Wir haben auch kein Recht und haben auch nicht die Absicht, uns in fremden Ländern - beispielsweise bei Wahlakten in Brasilien oder in Holland - einzumischen. Wir denken, unser deutsches Volk sollte jetzt handeln.
Ministerpräsident Otto Grotewohl machte in seiner bekannten Regierungserklärung vom 9. November 1951 den Vorschlag eines freien Meinungsaustausches über den Wahlvorschlag der DDR und schlug vor:
Erstens: Zur beschleunigten Beratung eines für ganz Deutschland gültigen Wahlgesetzes wird eine Kommission aus je fünf Vertretern der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik gebildet.
Zweitens: Diese Kommission soll alle vorliegenden Vorschläge zur Schaffung eines Wahlgesetzes bearbeiten und einen gemeinsamen Entwurf eines Gesetzes für die Durchführung gesamtdeutscher Wahlen zu einer Nationalversammlung der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik und dem Bundestag der Deutschen Bundesrepublik zur Annahme unterbreiten.
Ich denke, es ist an der Zeit, diesen Vorschlag auch hier in diesem Bundestag aufzugreifen, wie dies von der übergroßen Mehrheit unseres deutschen Volkes gewünscht wird und wie es auch in den Äußerungen des bayrischen Ministerpräsidenten Dr. Ehard zum Ausdruck kam. Es ergibt sich für den Bundestag die zwingende Notwendigkeit, entsprechend den vielfältigen feierlichen Erklärungen aller Fraktionen nunmehr auch in Westdeutschland die Initiative zu ergreifen. Der Bundestag muß handeln. Er tut dies am besten, indem er entsprechend dem Antrag, meiner Fraktion die unverzügliche Vorlage eines Wahlgesetzentwurfs durch einen Ausschuß ermöglicht, damit durch die Vorschläge der Volkskammer und des Deutschen Bundestags die Grundlage für die Schaffung eines gesamtdeutschen Wahlgesetzes gelegt wird. Die Verständigung der Deutschen untereinander, die 'Durchführung von Beratungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung durch die Schaffung der vom Ministerpräsidenten Otto Grotewohl angeregten Kommission wird die Türen zu freien Wahlen für eine Nationalversammlung öffnen, während der Schumanplan, der Pleven-Plan und der Generalvertrag die Spaltung vertiefen und unsagbares Elend über unser deutsches Volk heraufbeschwören werden.
({10})
Die Wahl einer Nationalversammlung entspricht schließlich der Würde und Größe unseres Volkes. Sie bringt uns die friedliche Wiedervereinigung, sie bringt uns demokratische Freiheiten und Rechte und schließlich den lange ersehnten Friedensvertrag.
Meine Damen und Herren! Dies ist auch der Beitrag unseres deutschen Volkes in Ost und West zur Erhaltung des Friedens, zur Erringung unserer Souveränität; dies ist auch der beste Beitrag dazu, dauerhafte friedliche Beziehungen zu allen Völkern in Europa herzustellen. Dies ist der beste Beitrag des deutschen Volkes für Frieden und Demokratie in Europa.
({11})
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion, die an der baldigen Vorlage eines Wahlgesetzes interessiert ist, durch das die Bundestagsbeschlüsse vom 27. September verwirklicht werden, beantragt, den Antrag Drucksache Nr. 2966 ohne Debatte dem Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen' zu überweisen.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Die Aussprache ist geschlossen.
Wer für den soeben gestellten Antrag auf Überweisung an den Ausschuß ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Ich rufe auf Punkt 20 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Verbot der Veräußerung der bundeseigenen Werften ({0}).
Hier schlägt Ihnen der Ältestenrat vor, für die Begründung 5 Minuten und für die Aussprache insgesamt 40 Minuten vorzusehen.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Gundelach.
Gundelach ({1}), Antragsteller: Meine Damen und Herren! Nach Pressemeldungen beabsichtigt die Bundesregierung, die im Bundesbesitz befindlichen Howaldtwerften in Hamburg und Kiel zu reprivatisieren. Im „Hamburger Echo" vom 27. November des vorigen Jahres wird zu dieser Frage unter anderem folgendes ausgeführt:
Die Howaldtwerke A.G., die im Jahre 1937 in Reichsbesitz überging und 'nach 1945 Bundeseigentum wurde, soll in private Hände überführt werden. Für die Aktien der Werke haben mehrere Kapitalistengruppen, darunter auch eine amerikanische, bereits Angebote abgegeben. Die Verhandlungen über den Verkauf der Werke
- so wird weiter gesagt - werden in Bonn geführt.
Nach Äußerungen derselben Zeitung hat der Herr Finanzminister Schäffer den Hamburger amtlichen Stellen die feste Zusage gegeben, daß in der Frage des Verkaufs keine Entscheidungen gefällt werden sollen, ohne vorher Hamburg zu hören.
Das ist also ein Tatbestand. Es steht fest, daß die Howaldtwerften in Hamburg und Kiel an Kapitalistengruppen verkauft werden sollen. Wie bekannt ist, gehören die genannten Werften zu den leistungsfähigsten Betrieben und sind mit Auf({2})
trägen für Handelsschiffbauten auf Jahre hin versehen, sofern Bleche und andere für den Schiffbau erforderliche Materialien in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden.
Mit dem von meiner Fraktion gestellten Antrag soll verhindert werden, daß die Bundesregierung die genannten Betriebe an in- oder ausländische Profitmacher veräußert. Unser Antrag entspricht auch den Forderungen der Arbeiter- und Angestelltenschaft der Werften wie überhaupt der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung der Hafenstädte Hamburg und Kiel, die hier besonders betroffen werden.
Zum Beweise, dieser meiner Ausführungen zitiere ich ebenfalls aus dem „Hamburger Echo" vom 8. Dezember des vorigen Jahres. Dort steht unter der Überschrift „Mit Zähnen und Klauen" folgendes:
Ganz Hamburg wird sich mit Nägeln und Klauen dagegen wehren, daß die im Bundesbesitz befindlichen Howaldtwerften gegen ein Linsengericht in ausländisches Privateigentum überführt werden.
Meine Damen und Herren, das hat nicht irgendein Zeitungsschreiber geschrieben, sondern das sind Äußerungen des Hamburger Bürgermeisters Brauer. Weiter hat der Bürgermeister Brauer erklärt, daß in dieser Frage Senat, Arbeiterschaft und Reeder völlig einig seien.
Damit ist meine Äußerung- bewiesen, daß die überwiegende Mehrheit in den Hafenstädten, in denen diese Werften liegen, gegen die Reprivatisierung, gegen die Absichten der Bundesregierung ist.
Da nach diesen Pressemeldungen auch amerikanische Finanzkreise an den Howaldtwerften sehr interessiert sind, muß damit gerechnet werden, daß diese Kreise nicht nur die Hoffnung haben, billige deutsche Arbeitskräfte für ihre Profitinteressen nutzbar zu machen, sondern daß auch die große Gefahr besteht, daß diese Herren aus Konkurrenzgründen den Aufbau einer deutschen Handelsflotte behindern und diese Werften restlos für den Bau amerikanischer Kriegsfahrzeuge ausnutzen werden.
Wir Kommunisten - das bringe ich hier zum Ausdruck - sind gegen jede Veräußerung von Staatsbesitz an private Leute. Der vorliegende Fall der beabsichtigten Veräußerung der Howaldtwerften rechtfertigt den von meiner Fraktion gestellten Antrag, der Regierung durch Beschluß des Bundestages zu untersagen, in Bundesbesitz befindliche Betriebe zu reprivatisieren.
({3})
Das- Wort hat der Herr Staatssekretär Hartmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, daß die Angelegenheit, die mit diesem Antrag dem Hohen Hause unterbreitet wird, eigentlich gar nicht spruchreif ist.
({0}) Im zweiten Satz heißt es:
Auch die teilweise Veräußerung der Aktien ... wird der Bundesregierung untersagt.
Dabei ist anscheinend nicht gesehen worden, daß die Bundesregierung keinerlei Bundeseigentum, weder Grundstücke noch Aktien, verkaufen kann, ohne daß das Hohe Haus und der Bundesrat dem
zustimmen. Die Angelegenheit wird also, wenn sie überhaupt einmal soweit kommen sollte, selbstverständlich dem Hohen Hause zu der ihm zustehenden Entscheidung vorgelegt werden.
In der Sache möchte ich noch folgendes sagen. Man braucht keinen Glaubenssatz daraus zu machen, daß der Bund all die verschiedenen großen und kleinen Eigentumsstücke behalten muß, die in der Hitlerzeit - aus durchsichtigen oder auch aus weniger durchsichtigen Gründen - Reichseigentum geworden sind. Ich glaube, es ist eine reine Zweckmäßigkeitsfrage, ob dieses Vielerlei von Grundstücken, Aktien, Gesellschaften und Betrieben im Bundeseigentum bleiben oder ob es unter Umständen auch einmal verkauft werden soll, um den Erlös daraus selbstverständlich wieder Zwecken des Bundesvermögens zuzuführen, nicht etwa daß dieser Erlös dann in den allgemeinen Haushaltseinnahmen und -ausgaben verschwinden sollte.
An die Bundesregierung sind nun verschiedene Interessentengruppen herangetreten und haben mitgeteilt, sie hätten Interesse an diesen Aktien. Wir haben uns mit den anderen zuständigen Ressorts in Verbindung gesetzt, und die Bundesregierung hat gewisse Richtlinien aufgestellt, die nach ihrer Ansicht ganz allgemein zu beachten seien, wenn überhaupt über derartige Anträge gesprochen werden soll.
Diese Grundlinien sind folgende. Wenn es sich um den Erwerb durch ausländische Kreise handeln sollte, d. h. also um die Einfuhr ausländischen Kapitals nach Deutschland, dann muß nach unserer Ansicht die Mehrheit der Aktien in deutscher Hand bleiben; der Vorstand und der Aufsichtsrat dieser Unternehmen müssen überwiegend mit Deutschen besetzt bleiben. Es muß sichergestellt sein, daß die Werke in möglichst großem Umfang weiterhin dem Aufbau der deutschen Handelsschiffahrt dienstbar gemacht werden. Der Verkaufserlös dürfte nicht . etwa in Sperrmark, sondern lediglich in Devisen hereinkommen. Der Erlös - ich habe das schon angedeutet - müßte der Erhaltung des Bundesvermögens dienen, also wieder den wirtschaftlichen Unternehmungen des Bundes zum Ausbau oder zum Wiederaufbau zugeführt werden. Es ist ganz selbstverständlich, daß eine Veräußerung von Bundeseigentum, sei es an In- oder an Ausländer oder zu gewissen Teilen an beide, überhaupt nur in Betracht gezogen werden kann, wenn das im Interesse der gesamten deutschen Volkswirtschaft liegen würde, d. h. auch der Arbeitnehmerschaft des betreffenden Unternehmens.
Ein Angebot der Bundesregierung an irgend jemanden ist nicht erfolgt und wird nicht erfolgen. Wenn aber Interessentengruppen glauben, der Bundesregierung ein Angebot machen zu sollen, dann wird es an Hand dieser Richtlinien geprüft werden. Wenn die Bundesregierung glaubt, das Angebot befürworten zu können, dann wird es dem Hohen Hause und dem Bundesrat zur Entscheidung vorgelegt werden.
Die Aussprache ist eröffnet. Das Wort hat der Abgeordnete Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Hartmann stellte in den Mittelpunkt seiner Ausführungen, daß es sich um reine Zweckmäßigkeits- und nicht um Glaubensfragen handle; das ist selbstverständlich. Wir machen aus dieser Sache keine Glaubensfrage. Es ist auch zuzugeben, daß nicht alles, was im Drit({0})
ten Reich zusammengekauft, zusammenenteignet, unter Gewalt oder unter Druck zu einem großen Reichsvermögen vereinigt worden ist, unter allen Umständen Bundesvermögen bleiben soll. Ich selbst habe Ende Januar vorigen Jahres bei einer Interpellation der FDP über das ehemalige Reichsvermögen auf diesen Tatbestand hingewiesen.
Aber das, was Herr Staatssekretär Hartmann gesagt hat, muß doch dahingehend interpretiert werden, daß wir uns diese Sache n cht zu leicht machen; denn es dürfen auf keinen Fall Interessen des Bundes verletzt werden. Herr Staatssekretär Hartmann hat allerdings ausdrücklich bei den interessanten Richtlinien darauf hingewiesen, daß der Verkauf nur in Frage käme, wenn er im Gesamtinteresse der deutschen Volkswirtschaft läge; das soll anerkannt werden.
Der Verkauf so wichtiger großer Unternehmen wie der Howaldtwerke in Hamburg und Kiel ist natürlich nicht unproblematisch. Man bedenke, mit wie großen öffentlichen Mitteln die Howaldtwerke wiederhergestellt wurden, daß sie völlig intakt sind und bestens arbeiten, mit etwa 60 % - jedenfalls weiß ich das von Kiel - Auslandsaufträgen. Es ist also prinzipiell problematisch, ob man von der öffentlichen Hand wiederhergestellte Werke in die Privatwirtschaft überführen, ob man also privaten Interessenten ein derart gut gemachtes Bett geben soll.
Wir haben gehört, daß es sich bisher nur um Vorverhandlungen gehandelt hat; wir haben gehört, daß der Kaufpreis in Devisen bezahlt werden soll. Wir haben aber nichts über die Höhe des Kaufpreises gehört. Die Bewertung eines solchen Objekts ist natürlich nicht einfach. Aber es ist klar, daß der Substanzwert weit höher ist als der Bilanzwert oder gar das Aktienkapital, vom Namen einer solchen Firma und vom Goodwill ganz zu schweigen. Die Tatsache, daß der Hamburger Senat sich bereits gegen den Verkauf ausgesprochen hat, ebenso der Deutsche Gewerkschaftsbund, muß in diesem Zusammenhang vermerkt werden. Gewiß ist es richtig, daß vorläufig nichts passieren kann, weil der Verkauf von Objekten über 250 000 DM vom Bundestag, nach vorheriger Beratung im Haushaltsausschuß, genehmigt werden muß.
Aber es hat sich um die ganze Diskussion über den Verkauf der Howaldt-Werke doch schon sehr viel politischer Zündstoff angesammelt, und es wäre gut, diesen Zündstoff aus der öffentlichen Diskussion herauszubringen. Es ist deswegen an die Adresse der Bundesregierung die ernsthafte Warnung zu richten, die Verkaufsverhandlungen nicht voreilig weiterzutreiben, zumal man noch gar nicht übersehen kann, welche Interessentengruppen mit vielleicht undurchsichtigen Interessen hier die Hand nach deutschen Werten ausstrecken. Die Angelegenheit erscheint uns von so grundsätzlicher Bedeutung, daß es geboten erscheint, den Herrn Bundesminister der Finanzen in diesem Stadium der Verhandlungen zu ersuchen, vor dem Ausschuß für Finanzen und Steuern über die Pläne der Bundesregierung Auskunft zu geben, damit wir im Finanzausschuß jetzt schon zu dieser Frage Stellung nehmen können. Ich stelle deshalb namens meiner Fraktion den Antrag, die Drucksache Nr. 2932 dem Ausschuß für Finanzen und Steuern zur Beratung zu überweisen.
Das Wort hat der Abgeordnete Bucerius.
Meine Damen und Herren! Herr Professor Gülich hat gesagt, daß wir es uns bei der Behandlung dieser Materie nicht zu leicht machen sollten. Ich teile seine Auffassung. Zu leicht gemacht hat es sich in dieser Sache allerdings der Hamburger Bürgermeister Brauer, so sehr er an dieser Sache auch beteiligt gewesen sein mag.
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Nach den mir vorliegenden Notizen aus einer, wie Sie zugeben werden, zuverlässigen Quelle, nämlich der Hamburger sozialdemokratischen Parteizeitung, hat Herr Brauer bereits vor Monaten genaue Einzelheiten darüber gewußt, zu welchen Bedingungen das Bundeskabinett und der Bundestag demnächst die Werft verkaufen werden. Er wußte nämlich z. B., daß die Howaldt-Werft gegen ein „Linsengericht" in ausländisches Privateigentum überführt wird; er wußte z. B., daß der Verkauf nicht etwa gegen Devisen, sondern gegen Sperrmark stattfindet. Wir haben nun gerade heute gehört, daß selbstverständlich die Angemessenheit des Kaufpreises einer eingehenden Untersuchung unterzogen wird. Wir teilen die Meinung von Herrn Professor Gülich und sind sehr interessiert daran, von einem bedeutenden Wissenschaftler zu hören, daß Aktienkurse keineswegs den inneren Wert eines Unternehmens ausdrücken, und wir werden diesen Hinweis für etwaige zukünftige Sozialisierungsverhandlungen gern notieren.
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Meine Damen und Herren, in der Tat muß eine solche Angelegenheit sorgfältig und nach allen Richtungen hin erwogen werden. Hamburg hat an dieser Werft mehr als finanzielle Interessen, und diese nicht-finanziellen Interessen, die im Zusammenhang der Struktur Hamburgs eine sehr wichtige Rolle spielen, müssen und werden bei den Verhandlungen über den Verkauf der Werft von großer Bedeutung sein.
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- Dann allerdings, Herr Professor Gülich, habe ich mich zu Ihren Gunsten verhört. Daß die nominelle Ziffer eines vor Jahrzehnten begründeten Kapitals bei Bemessung des Kaufpreises keine Rolle spielen kann, ist allerdings eine Sache, von der ich nicht glaube, daß sie noch erwähnt werden müßte.
Ich sagte: eingehende Prüfung ist erforderlich. Angesichts der ausgezeichneten Beziehungen, über die alle Abgeordneten dieses Hauses zum Bundesfinanzministerium verfügen, habe ich keinen Zweifel, daß diese Prüfung im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen zugunsten Hamburgs verlaufen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Gundelach.
Meine Damen und Herren! Die Stellungnahme des Regierungsvertreters zu dem Antrag der kommunistischen Fraktion in der Angelegenheit der beabsichtigten Veräußerung der Werftbetriebe der Howaldt-Werke in Hamburg und Kiel zeigt mit aller Klarheit, daß hier eine sehr große Gefahr besteht, daß hier sehr wichtige Teile unserer Wirtschaft, die zur Zeit Bundeseigentum sind, in private Hände übergeführt werden. Es handelt sich gerade bei den Werften, die in dem Antrag meiner Fraktion genannt werden, um absolut rentable Betriebe, die für den Aufbau
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unserer eigenen Handelsflotte außerordentlich bedeutungsvoll sind. Wenn der Herr Regierungsvertreter erklärt, man könne nicht alles, was während der Hitler-Jahre in Staatsbesitz gekommen sei, für alle Zeiten im Staatsbesitz lassen, so sind wir Kommunisten anderer Meinung. Wir sind der Meinung, man soll das, was der Staat in Händen hat, auch durch Maßnahmen des Staates im Interesse des Volkes schützen.
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Aber wir können von dieser Frage absehen, denn unser Antrag ist absolut konkret gehalten und 'bezieht sich auf Werftbetriebe, die in Staatsbesitz sind. Hier sollte also der Bundestag durch seine Stellungnahme und seine Beschlußfassung rechtzeitig einen Riegel vorschieben, indem er den Antrag der kommunistischen Fraktion annimmt.
Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den sehr vorsichtigen Ausführungen des Herrn Professor Gülich hat es doch den Anschein, als ob dieser ohne Zweifel von Pankow veranlaßte Antrag
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eine sehr starke Unterstützung bei der SPD finden wird. Herr Professor Gülich hat das zwar nicht so deutlich zum Ausdruck gebracht; immerhin scheint es mir erforderlich zu sein, auf die unterschiedliche Auffassung des Hamburger Bürgermeisters Brauer einzugehen. Ich hoffe, daß gerade die Hamburger Kollegen von der SPD noch in genügender Zahl anwesend sind, um das zu hören, was ich hier auszuführen habe.
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Meine Damen und Herren und vor allen Dingen meine Kollegen von der SPD aus Hamburg, erinnern Sie sich noch an den Wahlkampf 1949, als Herr Bürgermeister Brauer einen ganzen Wahlkampf bestritt mit dem ihm nach seiner Rückkehr aus Amerika angeblich folgendem Goldschiff? Nun, aus diesem Goldschiff ist nicht viel geworden. Aber immerhin ist es jetzt das erste Mal, daß eine Möglichkeit besteht, in einem größeren Umfang ausländisches Kapital, wie Herr Bürgermeister Brauer es immer wollte, an deutschen Unternehmen zu beteiligen.
Wir von der Freien Demokratischen Partei sind überzeugt, daß es des Antrags nicht bedurft hätte, daß die Regierung ohnehin die nötige Sorgfalt walten lassen wird, um Verträge vorzubereiten, die nachher durch dieses Haus und durch den Bundesrat angenommen werden können.
Das Wesentliche von dem, was mir am Herzen liegt, habe ich gesagt; -das andere ist von den Vorrednern gesagt worden. Wir in der Freien Demokratischen Partei sind gemeinsam der Auffassung, daß ein Staat in erster Linie dazu da ist, zu regieren und zu verwalten, und daß er die Wirtschaft denjenigen überlassen soll, ,die etwas davon verstehen.
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Ich bitte daher, den Antrag der Kommunistischen Partei nicht an den Ausschuß zu überweisen, sondern ihn hier direkt abzulehnen.
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Ich bitte um Ruhe, ' meine Damen und Herren.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zunächst abstimmen über den Überweisungsantrag. Wer für die Überweisung des Antrags an den Finanz- und Steuerausschuß ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Die Überweisung ist beschlossen.
Ich habe bekanntzugeben, daß die Landesgruppe der CSU der Fraktion der CDU/CSU sich eine halbe Stunde nach Ende der Plenarsitzung im Zimmer 106 Südflügel versammelt.
Ich rufe auf den zurückgestellten Punkt 10 der Tagesordnung:
Beratung des Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten ({0}) über den Antrag der Fraktion der FDP und den Anderungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Wegnahme der bundeseigenen, im Auslande gelegenen Dienstgebäude des ehemaligen Auswärtigen Amtes ({1}).
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. von Merkatz als Berichterstatter.
Dr. von Merkatz ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Antrag des Ausschusses liegt ein Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache Nr. 2468 - zugrunde, auf den ich mich beziehen kann. Nach Ansicht des Ausschusses war eine Überweisung dieses Antrags an den Ausschuß nicht erforderlich. Die Übermittlung an die Bundesregierung hätte ohne Ausschußüberweisung beschlossen werden können. Der Ausschuß wünscht die Vorlage einer Denkschrift mit Ausführungen zu den im Antragsvorschlag erwähnten 6 Punkten. Im einzelnen darf ich auf die Formulierung des Ausschußantrags - Drucksache Nr. 2850 - verweisen. Ich empfehle die Annahme.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Wir stimmen ab. Wer für die Annahme des Ausschußberichts ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen die Stimmen der kommunistischen Fraktion angenommen.
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Ich rufe auf Punkt 21:
Beratung der Übersichten Nrn. 45, 46 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen ({1}).
Ich darf annehmen, daß der Bundestag mit den Anträgen der Ausschüsse einverstanden ist. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung erledigt. Ich berufe die nächste, die 187. Sitzung des Deutschen Bundestags ein auf Mittwoch, den 23. Januar 1952, 13 Uhr 30, und schließe die 186. Sitzung des Deutschen Bundestags.