Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Ich eröffne die 181. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es sucht für längere Zeit um Urlaub nach der Abgeordnete Bazille für zwei Wochen wegen Krankheit.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Altmaier, Ollenhauer, Dr. Becker ({0}), Fassbender, Wönner, Vesper, Reimann, Agatz, Harig.
Meine Damen und Herren! Ich darf annehmen, daß Sie mit der Erteilung des über eine Woche hinausgehenden Urlaubs einverstanden sind. - Das ist der Fall.
Für den verstorbenen Herrn Abgeordneten Fischer ist der Herr Abgeordnete Johann Segitz neu in den Bundestag eingetreten. Ich heiße Herrn Abgeordneten Segitz willkommen und wünsche ihm eine erfolgreiche Arbeit in unserem Hause.
Die weiteren amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung in das Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 11. Dezember 1951 die Anfrage Nr. 233 der Abgeordneten Strauß und Genossen betreffend Freigabe der deutschen Warenzeichen in Argentinien - Drucksache Nr. 2854 - beantwortet. Das Schreiben wird als Drucksache Nr. 2937 vervielfältigt.
Ich sehe eben, daß der Herr Abgeordnete Geheimrat Laforet nach Wiederherstellung seiner Gesundheit an unserer Sitzung wieder teilnimmt. Ich
darf ihn herzlich begrüßen.
({0})
Weiterhin habe ich folgendes bekanntzugeben. Der Haushaltsausschuß hat gebeten, ihm die Denkschrift des Bundesministers der Finanzen über Einsparungsmöglichkeiten im Besatzungslastenhaushalt
- Nr. 2824 der Drucksachen - zur Behandlung zu überweisen. Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist, daß kurzerhand so verfahren wird. - Das ist der Fall.
Dann ist im Ältestenrat eine Verständigung darüber herbeigeführt worden, daß die heutige Tagesordnung erweitert werden soll um die Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Zulagen und Mindestleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung - Unfallversicherungszulagengesetz
- Nr. 2934 der Drucksachen - und die Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die einstweilige Außerkraftsetzung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften - Nr. 2882 der Drucksachen -; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht - Nr. 2938 der Drucksachen -.
Weiterhin ist in der gestrigen Sitzung der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht gebeten worden, sich darüber zu äußern, in welcher Form sich der Bundestag in dem
Verfassungsrechtsstreit der sozialdemokratischen Fraktion gegen die Bundesregierung betreffend Petersberger Abkommen
äußern soll. Der Rechtsausschuß hat sich heute vormittag mit dieser Frage beschäftigt und einen Antrag formuliert, der mir zugegangen ist und folgenden Wortlaut hat:
1. Die Abgeordneten Dr. Kopf, Dr. Wahl und I Dr. von Merkatz werden beauftragt, in dem Verfassungsrechtsstreit der sozialdemokratischen Fraktion des Bundestages gegen die Bundesregierung über das Petersberger Abkommen eine schriftliche Äußerung für den Bundestag abzugeben.
2. Die Beschlußfassung über die Vertretung in
der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht bleibt vorbehalten.
Sind Sie einverstanden, meine Damen und Herren, daß wir über diesen Antrag zunächst abstimmen?
({1})
- Soll das Wort dazu genommen werden? Offenbar nicht.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Rechtsausschusses, den ich Ihnen eben verlesen habe. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich bin weiterhin gebeten worden, mitzuteilen, daß die Herren Abgeordneten ihre neuen Fahrkarten für das Jahr 1952 im Tagungsbüro in Empfang nehmen können. Mit Rücksicht auf die zu erwartenden Sitzungen halte ich es für zweckmäßig, daß Sie das möglichst bald tun.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Punkt 1 der Tagesordnung:
Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Investitionshilfe der deutschen gewerblichen Wirtschaft ({2});
Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung ({3}).
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Sie haben die Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung in Umdruck Nr. 391. Außerdem liegt der Antrag Umdruck Nr. 398 vor. Wird eine allgemeine Aussprache zu diesem Gesetz gewünscht?
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- Wird gewünscht. Dann darf ich Ihnen entsprechend dem Vorschlag des Ältestenrats empfehlen, diese allgemeine Aussprache auf 90 Minuten zu begrenzen. Wer wünscht zur allgemeinen Aussprache das Wort? - Herr Abgeordneter Kurlbaum, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, über den wir heute in dritter Lesung beraten, verdankt seine Entstehung der allgemein anerkannten Notwendigkeit eines schnellen Ausbaus der Grundstoffindustrien. Über dieses ursprüngliche Ziel war man sich allgemein einig. Die Gegensätze entstanden bei der Beratung über die Art der Durchführung dieser Maßnahmen. Für die Sozialdemokratische Partei ist die Grundbedingung für die Zustimmung zu diesem Gesetz erstens eine schnelle und wirksame Abhilfe und zweitens ein ausreichender Schutz der Verbraucher, also keine Gefährdung der Stabilität der Preise und keine Verschlechterung in der sozialen, Einkommensverteilung.
Für die Koalitionsparteien scheint mir die unausgesprochene Grundbedingung vorzuliegen: unter keinen Umständen ein Eingriff in die freien Dis({0})
positionen der Unternehmer. Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie scheinen gewillt zu sein, dieser Grundbedingung alle die anderen Voraussetzungen, die wir mit Recht aus volkswirtschaftlichen Gründen an diese Vorlage knüpfen, zu opfern. An Stelle dieser unausgesprochenen Bedingung der uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Unternehmer versuchen Sie nun der Öffentlichkeit zwei Fiktionen zu suggerieren, erstens die Fiktion von der Freiwilligkeit der Investitionsumlage und darum zweitens die Fiktion, daß es sich, wegen dieser Freiwilligkeit, um eine ureigenste Angelegenheit der aufbringenden Wirtschaft handele.
Wir stehen aber auf dem Standpunkt, das Investitionslenkungsproblem ist ein allgemeines volkswirtschaftliches Problem, und die Sicherung der richtigen Investitionen ist eine Pflicht der Bundesregierung. Man könnte sich nach den Gesichtspunkten der Koalition ebenso gut auf den Standpunkt stellen, daß auch die Umsatzsteuer nur eine Angelegenheit der Organisationen der Unternehmungen sei.
({1})
Diesen Fiktionen, meine Damen und Herren, entspricht nun allerdings auch der Gehalt dieses Gesetzentwurfes.
Sprechen wir erst einmal von der Organisation der Investitionshilfe. Ich verweise auf das Kuratorium mit seinem Übergewicht der Unternehmerseite; ich verweise auf die Konstruktion der Kredittitel, die die Aufbringenden bekommen sollen und die der ganzen Angelegenheit mehr die Eigenschaft eines profitablen Beteiligungsgeschäftes geben sollen als die einer wirklichen Hilfe.
Das wesentlich Schlimmere ist aber die Einwirkung der Fiktionen, von denen Sie ausgehen, auf die Durchführung der Investitionshilfe. Wir haben in der zweiten Lesung bereits ausführlich über die Beschränkung der Investitionshilfe gesprochen, die Sie durch den § 1 in Ihrer Fassung durchsetzen wollen. Sie wollen die echte Investitionsumlenkung auf 1 Milliarde und auf ein Jahr beschränken, obschon anerkannt ist, daß diese Summen völlig unzureichend sind. In letzter Minute haben Sie zwei Ersatzmaßnahmen vorgeschlagen, von denen man wirklich sagen kann, daß sie „Ersatz" im wahrsten Sinne des Wortes sind.
Ich spreche zunächst von den steuerlich begünstigten Abschreibungen nach § 36, die auf öffentliche Verkehrsbetriebe überhaupt keine Anwendung finden können. Man läßt also das Sanierungsproblem der Bundesbahn völlig außer Betracht. Ich spreche dann von der Bestimmung über preispolitische Maßnahmen, die Sie noch in der letzten Sitzung mit dem § 36 a hineingebracht haben. Es ist noch nicht ganz klar, welche Absichten Sie bezüglich des Umfangs der Anwendung dieses § 36 a haben. Aber eins ist klar: ohne wesentliche Preiserhöhungen werden auch keine wesentlichen Investitionen vorgenommen werden können. Wenn Sie nun die Verpflichtung übernehmen, keine wesentlichen Preiserhöhungen durchzuführen, dann wird auch dieser § 36 a zu keinem wesentlichen Investitionsvolumen führen. Das brauchen wir aber gerade.
Was ist nun die wirtschaftspolitische Folge dieser unzureichenden Konzeption? Der § 36 a kann nicht einmal eine nutzbringende Auswirkung auf die Energiewirtschaft haben, von der Bundesbahn gar nicht zu sprechen. Wir stehen also vor der einfachen Tatsache, daß auf Grund des Gesetzentwurfs, den Sie jetzt hier vorlegen, ein zureichender Ausbau der Grundstoffindustrien unmöglich ist. Dadurch, daß Sie auf einen möglichen
schnellen Ausbau der Grundstoffindustrien verzichten, verzichten Sie auch auf eine mögliche
Steigerung der Beschäftigtenzahlen. Sie verzichten
auf eine mögliche Steigerung der Produktion und
auf eine mögliche Steigerung des Lebensstandards.
In diesem Zusammenhang möchte ich - ich nenne
ausdrücklich nicht etwa Äußerungen aus unseren
Kreisen - auf eine Äußerung des rheinisch-westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung hinweisen, das in den letzten Tagen festgestellt hat:
Bei ausreichender Kohleversorgung hätte die Arbeitslosenzahl um 200 000 niedriger und das Volkseinkommen um zwei Milliarden höher sein können.
({2})
Dieser Verzicht auf einen möglichen schnellen Ausbau der Grundstoffindustrien erscheint mir besonders verhängnisvoll angesichts der bekannten großen Investitionspläne für die französischen Grundstoffindustrien und angesichts des von Ihnen empfohlenen Eintritts in die Montanunion. Dieser Verzicht bedeutet gleichzeitig einen solchen auf eine mögliche Exportsteigerung und auf eine mögliche Schließung der noch immer gefährlichen Dollarlücke. Ich weise darauf hin, daß es wichtigste Rohstoffe gibt, deren Zulieferung von der Schließung dieser Dollarlücke abhängt: USA-Kohle, Baumwolle, Zucker, Futtergetreide und anderes. Schließlich bedeutet es - und das scheint mir ein sehr wichtiger Punkt zu sein - den Verzicht auf die Möglichkeit, früher als sonst zu einer tatsächlichen Unabhängigkeit von materieller Auslandshilfe zu kommen. Ich glaube, durch einen solchen Schritt würden wir ein wichtiges Stück unserer tatsächlichen - nicht bloß fiktiven - politischen Unabhängigkeit erwerben.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie werden es in Zukunft mit den Hinweisen auf Ihre angeblichen wirtschaftspolitischen Erfolge zweifellos nicht mehr so leicht haben wie bisher, wo Sie in sehr bequemer Weise die Öffentlichkeit immer wieder auf die Fortschritte der deutschen Wirtschaft seit der Währungsreform hingewiesen haben. Diese Fortschritte sind doch im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß der Tüchtigkeit des deutschen Volkes durch die Währungsreform und durch die gleichzeitige Zulieferung ausländischer Rohstoffe zum ersten Mal eine effektive Chance gegeben worden ist.
({3})
Das verschweigen Sie immer, aber Sie werden in Zukunft vor der Aufgabe stehen. die günstigen Wirkungen ihrer Wirtschaftspolitik auf die deutsche Wirtschaft beweisen zu müssen, ohne daß so ein Deus ex machina zu Hilfe kommt.
({4})
Nun die anderen ungünstigen Wirkungen dieses Gesetzes. Vorhin habe ich schon von der Wirkung auf die Bildung des Einkommens und des Privatvermögens gesprochen. Ich habe schon in der ersten Debatte darauf hingewiesen, daß durch die Preissteigerungen im Zusammenhang mit dem Korea-Konflikt der Anteil der Löhne und Gehälter am Sozialprodukt der Industrie vom ersten Halbjahr 1950 bis zum ersten Halbjahr 1951 gesunken ist. Man kann das noch anders ausdrücken und sagen: durch diese Verschiebung des Anteils am Sozialprodukt infolge der Preissteigerungen ist die Lohn- und Gehaltssumme in der deutschen In({5})
dustrie im ersten Halbjahr 1951 um eine Milliarde niedriger gewesen, als sie es bei gleichbleibendem Anteil am Sozialprodukt gewesen wäre.
({6})
Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, festzustellen, daß diese eine Milliarde die gleiche Summe ist, die von der Wirtschaft „freiwillig" angeboten worden ist.
Nun zum Thema der bevorzugten Bildung von Privatvermögen durch die steuerliche Begünstigung der Abschreibungen. Man hat die Auffassung vertreten, es gebe hier ein Recht auf eine Gelegenheit zur Selbstfinanzierung, ein Recht auf Nachholung dieser unseligen Selbstfinanzierung, die wir nun Gott sei Dank eingeschränkt haben, erst sehr spät allerdings durch den späten Entschluß des Bundesfinanzministers.
Wie sieht es aber nun mit dem anderen Argument aus, daß es sich bei der steuerlichen Begünstigung der Abschreibungen nur um eine Stundung handelt? Beim beweglichen Vermögen beträgt die zusätzliche Abschreibung 50 °/o. Das wirkt sich in der Weise aus, daß der Steuerbetrag erst in 5 bis 10 Jahren nachgezahlt werden muß. Bei unbeweglichen Vermögen wird dieser Betrag jetzt. für 30 % der Neuanlagen gestundet und muß erst in 20 bis 30 Jahren in die öffentlichen Kassen gezahlt werden. Lassen Sie mich einmal nach den heutigen mittleren Zinssätzen - ich nehme gar nicht die höchsten - eine Bewertung solcher Forderungen vornehmen. Haben Sie sie in 5 bis 10 Jahren zu zahlen, dann kommen Sie auf einen Jetztwert von der Hälfte. Wenn Sie sie aber zinslos erst nach 20 bis 30 Jahren zurückzuzahlen haben, dann kommen Sie zu dem Ergebnis, daß
D eine solche Forderung heute einen Wert von 1/5 bis 1/io hat. Es ist also gar nicht so, wie es hier gesagt wird, daß es sich lediglich um ein Darlehen handelt. Vielmehr handelt es sich um eine Schenkung aus der Finanzkasse an die betreffenden Privatvermögen in der Größenordnung der Hälfte bis zu 9/10 dieser Steuerbeträge.
Nun noch zu dem Thema des Ausfalls in den öffentlichen Kassen. In der letzten Diskussion über diese Frage hier im Bundestag ist die Frage aufgetreten: Welche Ausfälle werden sich für die öffentlichen Kassen durch die steuerliche Begünstigung dieser Abschreibungen ergeben? Der Herr Bundesfinanzminister hat diesen Ausfall auf 150 Millionen DM pro Jahr geschätzt. Von unserer Seite ist er auf 500 Millionen DM geschätzt worden. Der Zusammenhang ist doch eigentlich furchtbar einfach. Sehen Sie sich einmal die gesetzlichen Bestimmungen an. Aus diesen geht klar hervor, daß die Investitionen das Drei- bis Fünffache des Ausfalls für die öffentlichen Kassen ausmachen werden. Wenn man also, wie der Herr Bundesfinanzminister, den Steuerausfall auf 150 Millionen DM schätzt, kommt man zu dem Ergebnis, daß das Investitionsvolumen, das wir durch diesen Steuerausfall bekommen, auf 450 bis 750 Millionen DM beschränkt sein wird. d. h. im Durchschnitt auf 600 Millionen DM. Wir wissen alle, daß diese 600 Millionen DM für den Zweck, den wir verfolgen, völlig unzureichend sind. Wenn Sie die Schätzungen der SPD zugrunde legen, dann kommen Sie auf ein Investitionsvolumen von ungefähr 2 Milliarden DM, wie wir es für notwendig halten.
Man kann also zu diesem § 36 a nur folgendes sagen. Entweder ergibt er die kleineren Steuerausfälle, die der Bundesfinanzminister geschätzt hat; dann ist die Folge ein völlig unzureichendes Investitionsvolumen. Oder es ergibt sich ein ausreichendes Investitionsvolumen; dann treten unerträgliche Schmälerungen des Steueraufkommens ein, und die ausgefallenen Beträge werden erst in 10 oder 20 Jahren wieder hereinkommen.
Nun habe ich in der Debatte hier in diesem Hause vergeblich nach irgendwelchen sachlichen Gründen gesucht, die für die Ablehnung unseres § 1 angeführt werden könnten. Mir ist nicht bekannt, daß ein einziger sachlicher Grund dafür genannt worden ist, ausgenommen höchstens wiederum der Grund, daß man eben den Unternehmern das volle Dispositionsrecht über ihre Mittel allein sichern will.
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Für den ausschließlichen Zweck, dieser kleinen Minderheit das alleinige Recht der Verfügung über ihre Mittel anzuvertrauen, opfern Sie die echte Investitionslenkung. Sie opfern dafür die Möglichkeit einer endgültigen Stabilisierung der Preise und Sie opfern unter Umständen die Sicherungen gegen eine weitere Verschlechterung der Einkommensverteilung. Sie nehmen weiter neue Belastungen für die öffentlichen Haushalte mit all den Folgen für die Sozialleistungen in Kauf.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch kurz etwas zitieren, was die OEEC in ihren neuesten Empfehlungen zur Inflationsbekämpfung
- Herr Dr. Preusker! - zum Deutschlandproblem gesagt hat:
Unter diesen Bedingungen muß daß Ziel der deutschen Politik sein, Investitionen in den Grundstoffindustrien zu fördern,
- und bitte, hören Sie zu gleichzeitig aber jene in weniger wichtigen Zweigen einzuschränken.
Das ist das, was wir verlangen, und das ist das, was auch die OEEC allgemein für eine deutsche Wirtschaftspolitik im jetzigen Zeitpunkt für notwendig hält.
Wir werden darauf verzichten, nachher im einzelnen nochmals unsere Änderungsanträge zu begründen, weil das schon ausführlich geschehen ist. Aber es ist klar, daß wir uns mit einem Gesetz, in dem unsere Änderungsanträge nicht berücksichtigt werden, nicht einverstanden erklären können. Für uns ist dieses Gesetz ein stümperhaftes Flickwerk. Es mangelt an konstruktivem Gehalt, und dieses Flickwerk, meine Damen und Herren von der Koalition, ist ein Ausdruck der Abhängigkeit Ihrer Kreise von gewissen finanzkräftigen Unternehmerkreisen.
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Es ist außerdem der traurige Ausdruck der Tatsache, daß man sich von der richtigen Idee einer echten Investitionslenkung hat abbringen lassen zugunsten restaurativer Ziele der Herstellung einer überalterten Einkommens- und Vermögensverteilung.
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Das Wort hat der Abgeordnete Etzel.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, im Rahmen einer Grundsatzaussprache über das Investitionshilfegesetz auch vom Standpunkt meiner Freunde aus noch einiges Zusätzliche zu sagen. Wir haben gerade in jüngster Zeit eine sehr interessante Studie über die
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Investitionen in aller Welt bekommen, und zwar in dem jüngst erschienenen Heft „Die Entwicklung der Investitionen in der Bundesrepublik" des Instituts „Finanzen und Steuern" in Bonn. Hier sind sehr wertvolle Untersuchungen über das grundsätzlich Notwendige auf diesem Gebiet angestellt worden. Nach diesen Untersuchungen sind im Kalenderjahr 1951 die Bruttoinvestitionen je Kopf der Bevölkerung in USA-Dollar nach dem amtlichen Kurs und nach der Kaufkraftparität folgende gewesen: in der Bundesrepublik Deutschland 139,84, in Großbritannien 171,84, in Frankreich 180,27, in Italien 76,51, in Schweden 173,47, in Dänemark 165,50, in den Niederlanden 180,08 und in den USA 451,99. Aus diesen Zahlen ergibt sich eine sehr interessante und eine sehr wesentliche Tatsache, daß nämlich die Gesamtinvestition - je Kopf der Bevölkerung gerechnet - in Deutschland die zweitschlechteste gewesen ist. Wir werden im Minimum nur von den Italienern übertroffen werden, und die Amerikaner - als Beispiel - haben etwa 320 % - etwa, ich habe es nicht genau ausgerechnet - mehr investiert als wir. Damit ist allerdings nicht gesagt - und das muß auch mit Deutlichkeit gesagt werden -, daß der Anteil der Bruttoinvestitionen am Bruttosozialprodukt, zu Marktpreisen gemessen, schlecht gewesen ist. Die Vergleichszahlen für das Kalenderjahr 1951 sind hier: in der Bundesrepublik Deutschland 23,65 %, in Großbritannien 15,74 %, in Frankreich 21,33 %, in Italien 23,06 %, in Schweden 18,53 %, in Dänemark 18,80 %, in den Niederlanden 26,90 % und in den USA 21,65 %. Also gemessen am Bruttosozialprodukt haben wir einen sehr hohen Anteil geleistet. Das ist etwas, was gegen Sie spricht, Herr Kurlbaum, daß nämlich die bisherigen Methoden im Rahmen der Leistungsmöglichkeit bei uns einen sehr hohen Anteil an Investierungen ermöglicht haben. Das ist ein Faktum, das nicht zu gering zu bewerten ist. Wenn die andern - absolut gesehen
- sehr viel mehr haben investieren können, wie ich eingangs sagte, so liegt das ganz einfach daran, daß diesen anderen erhebliche weitere Finanzierungsquellen zur Verfügung gestanden haben als uns.
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- Ich habe gerade darüber diskutiert, daß wir - und zwar mit den Methoden, die bisher angewandt worden sind, die Sie ja verfluchen und von denen Sie sagen, daß sie falsch seien -, an den absoluten Möglichkeiten gemessen, zu der höchstmöglichen Quote gekommen sind. Nur die Niederlande haben es zu einer höheren Quote gebracht. So liegen wir in dieser Sicht der Dinge - im Rahmen der Möglichkeiten - an zweitbester Stelle. Das ist eine Tatsache, die gesehen werden muß.
Richtig ist nun allerdings, daß die Grundstoffindustrien in einem besonders schlechten Maße investiert haben.
({2})
- „Na also"? Weiß Gott, zu einem nicht kleinen Teil liegt das daran, daß die Investitionen wegen der Aufgaben auf den übrigen Gebieten hier nicht getätigt worden sind, weil gerade der Widerstand der Linken dieses Hauses verhindert hat, auch hier die Finanzierungsmethoden in Gang zu setzen, die den übrigen investitionsbedürftigen Industriezweigen weitgehend Hilfe gebracht haben.
Wenn ich noch daran denke, wie in unserem Ausschuß bei den damals sehr minimalen Erhöhungen der Stahl- und Kohlepreise gerade Ihre Freunde von der Linken sich dagegen gewehrt haben, daß auch nur ganz bescheidene Abschreibungsmöglichkeiten, also Regenerationsmöglichkeiten der vorhandenen Produktionsmittel bewilligt wurden, dann zeigt das gerade, daß Sie in der Grundsatzfrage auf dem falschen Weg gewesen sind. Das muß an dieser Stelle noch einmal mit aller Deutlichkeit und mit aller Klarheit gesagt werden.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns im Hause im Prinzip aber nicht darüber uneinig, daß Investitionen in den Grundstoffindustrien in hohem Umfang vorgenommen werden müssen. Im Bergbau haben nach dem Jahresbericht der Kreditanstalt für Wiederaufbau im Jahre 1950 anerkannte Investitionsbedürfnisse in Höhe von 735 Millionen DM bestanden. Davon konnten nur 80 Millionen DM über ECA-Mittel bewilligt werden; 655 Millionen DM sind offengeblieben. Bei Eisen und Stahl waren die entsprechenden Ziffern: Bedarf 400 Millionen DM, durch die ECA erfüllt 75 Millionen DM, offengeblieben 325 Millionen DM. Bei der Elektrizitätswirtschaft: laufend vorhandener Bedarf 330 Millionen DM, ECA 275 Millionen DM geholfen, 55 Millionen DM sind offengeblieben; und Neuvorhaben 440 Millionen DM, die in voller Höhe offen sind. Bei Gas und Wasser sind 100 Millionen DM völlig offengeblieben. Also hier sind in der Tat die wichtigsten Ziele nicht realisiert worden. Deswegen ist das Gesetz über die Investitionshilfe notwendig, damit durch eine aktive Investitionspolitik dafür gesorgt werden kann, daß die Engpässe beseitigt werden.
Das vorliegende Gesetz sieht drei Wege vor. Der eine Weg ist im Prinzipiellen unstreitig. Ich glaube, daß auch die SPD im Grunde der Regelung betreffend die Verfügung über die eine Milliarde ihre Zustimmung gibt, weil hierdurch eine Investitionsumlenkung erzielt wird. Herr Kurlbaum hat dann auch gesagt, daß dies eine echte Investitionsumlenkung sei. Ich rede nicht darüber, ob ihm das genug oder zu wenig ist; aber ich glaube, im Prinzip ist Ihnen doch offenbar dieser Weg recht. So habe ich Sie verstanden. Die Frage ist nur: Müßte man diesen Weg über eine unbestimmte Anzahl von Jahren fortsetzen? Das ist Ihr Wunsch. Da sind Sie, glaube ich, eben in einer falschen Vorstellung über die Finanzkraft der übrigen deutschen Wirtschaft. Sie wissen, daß dieses Gesetz ursprünglich zwar von den Spitzenverbänden der gewerblichen Wirtschaft als eine Möglichkeit für die Umlenkung von Investitionen angeboten worden ist. Sie wissen auch, wie sehr, wenn ich mich mal so ausdrücken darf, die Gefolgschaftsleute dabei versagt haben. Wir können aber nun nicht sagen, das sei auf der ganzen Linie Übermut gewesen. Es sind uns doch sehr begründete Unterlagen dafür vorgelegt worden, daß die deutsche Wirtschaft zwar, wenn man es äußerstens sehen will, den Betrag in einem Jahre aufbringen könne. aber daß darüber hinaus doch sehr große Bedenken bestehen. die Wirtschaft im allgemeinen von Investitionsmitteln zu entblößen, weil dann die Gefahr bestehen könnte, daß die Produktionsgüterindustrie nicht mehr in der not- wendigen Weise versorgt wird.
Davon ausgehend ist nach einem anderen Weg gesucht worden, vor allen Dingen, meine Freunde von der Linken. weil Sie, glaube ich, in Ihren Ansprüchen zu maßlos gewesen sind. Sonst hätte man vielleicht andere Wege finden können, das Problem einer echten Lösung zuzuführen. Hier ist nun der § 36 aufgenommen worden, der gleiche § 36, von
(Etzel [Duisburg»
dem Sie sagen, mit ihm beschreite man einen völlig unmöglichen Weg. Ich darf darauf hinweisen, daß der § 36 einen Gedanken enthält, mit dessen Anwendung wir - entsprechend den Ausführungen, die ich zu Anfang machen durfte - bisher auf weiten Gebieten im Rahmen der Produktivkraft der deutschen Wirtschaft große Erfolge gehabt haben. Es hat dort allerdings auch Fehllenkungen gegeben, die dazu geführt haben, den sogenannten Siebener-Katalog wieder zu beseitigen. Hier aber soll ja gerade eine Abschreibungsmöglichkeit nach § 36 nur bei dem Nachweis gegeben werden, daß die Abschreibungsbeträge produktionssteigernd angewandt werden, daß sie also nicht fehlinvestiert werden können. Die Erfüllung dieser Bedingung ist eine Voraussetzung für das Recht zur Abschreibung. Wenn man diese Dinge kontrolliert, sieht es allerdings wesentlich anders aus als bei dem früheren Siebener-Katalog. Das müssen Sie meines Erachtens anerkennen.
Nun haben Sie, Herr Kurlbaum, meines Erachtens falsche Ziffern angegeben. Sie haben behauptet, hier würde ein Ausfall von 400 bis 500 Millionen DM entstehen. Das mag absolut gesehen stimmen. Aber Sie haben übersehen, daß, wenn die Investierungen in dieser Form vorweggezogen werden, das zunächst einmal auch eine Erhöhung der übrigen Umsätze bedeutet. Man rechnet damit, daß in diesen zusätzlichen Umsätzen eine Steuerkraft liegt, die nicht klein ist. Es kommen hier in Frage zusätzliche Umsatzsteuer und zusätzliche Lohnsteuer als sofortige Einnahmequellen; es kommen als spätere Einnahmequellen Gewerbesteuer, Einkommensteuer und Körperschaftsteuer in Frage. Nach sehr genauen Rechnungen, die das Bundesfinanzministerium auf diesem Gebiete angestellt hat - ich habe mich eben von der Richtigkeit dieser Zahlen überzeugt -, kommt praktisch ein zunächst eintretender Steuerausfall von etwa 150 Millionen DM in Frage, der, wenn die Abschreibungen vorgenommen sind, in zwei, drei Jahren natürlich auch wieder dadurch ausgeglichen wird, daß dann die entsprechenden Normalabschreibungen in der Größenordnung der getätigten Abschreibungen nicht mehr vorgenommen werden können. Ich glaube also, daß der Weg des § 36 ein vernünftiger Weg ist.
§ 36 a sieht vor, daß unter bestimmten Beschränkungen - und das sind sehr wesentliche Beschränkungen, nämlich Beschränkungen aus Gründen des sozialen Schutzes - weitere Abschreibungen durch Möglichkeiten finanziert werden können, die nun einmal in der Preisgestaltung liegen. Meine Damen und Herren, wir sollten uns über diesen § 36 a nicht so sehr aufregen. Wenn wir in die Montan-Union hineingehen, wird dieser § 36 a ohnehin keine große Bedeutung mehr haben, weil die Preisgestaltung dann doch von einer ganz anderen Seite kommt, und wir uns mit diesen Fragen ohnehin nicht mehr beschäftigen müssen, sondern im Rahmen der internationalen Möglichkeiten dann sowieso ein Interesse daran haben, die Preise herauszuholen, die nun einmal für die deutsche Volkswirtschaft nötig sind.
Ich bin also der Meinung - insgesamt gesehen -: Investitionen sind dringend nötig. Darüber besteht kein Streit. Deutschland steht mit seinen Investitionen schlechter als alle anderen Länder der Welt mit Ausnahme von Italien. Im Verhältnis zu unserer Produktivkraft sind wir aber mit den bisherigen Mitteln hinsichtlich der vorgenommenen Investitionen bereits an die zweite
Stelle gerückt. Also ist der bisherige Weg absolut kein schlechter gewesen.
Der neue Weg ist eine Kombination von drei Möglichkeiten. Ich halte alle drei Möglichkeiten für geeignet, das Problem weitestgehend zu. lösen.
Ich bitte Sie daher, das Gesetz im Grunde anzunehmen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zentrumspartei nimmt zu dem sogenannten Investitionshilfegesetz mit folgender Erklärung Stellung:
Bei dem vorgesehenen Gesetz übersteigen, insbesondere infolge seines Charakters als Zwangsanleihegesetz, aie volkswirtschaftlichen Nachteile etwaige Vorteile. Das Gesetz ist auch verfassungswidrig, unter anderem, weil die Verteilung der Mittel einer parlamentarisch nicht verantwortlichen Körperschaft übertragen wird. Die Preiserhöhungen des laufenden Jahres für Kohle, Eisen und Stahl machen fast den Betrag des Gesamtvolumens der Investitionshilfe aus und haben den betreffenden Industriezweigen im ganzen stark erweiterte Investitions- und Kreditmöglichkeiten gebracht. Die belasteten Wirtschaftszweige sind willkürlich ausgewählt. Die Bemessungsgrundlage ist willkürlich, da sie auf Liquidität und möglichen nachhaltigen Ertrag zu wenig Rücksicht nimmt. Die Verschlechterung der Liquidität seit Beginn der Erörterungen bei den belasteten Wirtschaftszweigen läßt erhebliche Störungen des Wirtschaftslebens und wegen der Notwendigkeit der Kreditaufnahme eine Aufblähung des Geldumlaufs befürchten. Eine Förderung des Spargedankens zugunsten der Grundstoffindustrien, wie sie vom Zentrum beantragt worden war, ist von der Mehrheit des Hauses abgelehnt worden. Eine Begrenzung der zusätzlichen Abschreibungsmöglichkeiten, die dieses Gesetz bringt, auf das finanzpolitisch Mögliche ist ebenfalls von der Mehrheit abgelehnt worden, so daß die Wahrscheinlichkeit der Entstehung eines Haushaltsdefizits und damit die Notwendigkeit neuer Steuern gegeben ist. Die Übertragung der Befugnis zur Preiserhöhung auf die Exekutive ohne Kontrolle der Volksvertretung stärkt diese ohnehin nach dem Grundgesetz übermäßig mit Macht ausgestattete Staatsgewalt und entzieht wesentliche Aufgaben und Verantwortungen der Volksvertretung. Die Vorschläge der Zentrumspartei hätten ohne die gerügten Nachteile die Beseitigung der Engpässe durch Freiwilligkeit an Stelle durch Zwang ermöglicht. Zwangsanleihen müssen aber das Vertrauen in die staatliche Finanzpolitik und die Ansätze zur Bildung echten Kapitals schwer erschüttern.
Nachdem die Zentrumspartei mit ihren Anträgen in der zweiten Lesung nicht durchgedrungen ist, verzichtet sie darauf, die Anträge in dritter Lesung zu wiederholen, und wird gegen dieses Gesetz als Ganzes stimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.
Meine Damen und Herren! Herr Kurlbaum hat sich vorhin gerade an mich als Vertreter der FDP-Fraktion gewandt unter Zitierung des OEEC-Berichtes, daß Deutschland durch({0})
aus erhebliche Beträge in seinen Grundstoffindustrien investieren müsse und daß diese sicherlich nur am Wege der Einschränkung bei anderen Wirtschaftszweigen aufzubringen seien. Er hat im übrigen die Auffassung ausgesprochen, daß mit diesem Gesetz und den Richtungen, die es weisen wolle, das Recht der vollen Disposition - so habe ich mir notiert - einer kleinen Minderheit gegeben und dafür die Möglichkeit einer Investitionslenkung geopfert werden solle.
Wir sind durchaus Anhänger der Investitionslenkung. Wir sind auch durchaus der Meinung, daß unter Umständen gewisse Investitionen in der Volkswirtschaft erst einmal eingeschränkt werden müssen.
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Nur wünschen wir diese Lenkung weder durch eine kleine Minderheit, die irgendwo in der Wirtschaft sitzt, noch durch eine kleine Minderheit, die sich am grünen Tisch der Amtsstube vorstellt, wie eine Wirtschaft am Reißbrett funktionieren sollte. Denn wie so etwas nicht funktioniert, haben wir zur Genüge erlebt. Wir wünschen vielmehr, daß die Lenkung allein durch den Markt und durch die Preisbildung, die sich am Markt auf Grund von Angebot und Nachfrage vollzieht, bewirkt wird. Das ist nämlich der einzig gerechte Maßstab, bei dem man auf die Dauer in der Lage ist, Fehlinvestitionen und willkürliche Belastungen der Verbraucher auszuschließen.
Daß wir jetzt in die mißliche Situation geraten sind, auf dem Gebiete der Grundstoffe ein solches Gesetz, das unseren Vorstellungen zweifellos nicht entspricht, mit beschließen zu müssen, ist eben darin begründet, daß in diesem Bereich durch eine jahrelange Reißbrettwirtschaft die Verhältnisse grundlegend verzerrt worden sind. Der eine Teil hat durch viel zu geringe Preise erhebliche Investitionen, die volkswirtschaftlich dringend geboten waren, nicht durchführen können, während der andere Teil im Genuß der zu niedrigen Preise in der Lage war, Investitionen durchzuführen, die ihm sonst zum Teil nicht möglich gewesen wären. Für uns ist es deshalb darum gegangen - es ist völlig sicher, daß wir uns hier von der Opposition diametral unterscheiden -, eine ganz eindeutige Linie in dieses Gesetz hineinzubringen. Wir haben darum gekämpft, daß wieder der Weg zu einer Entzerrung der Preise, zur Lenkung der Investitionen in der deutschen Wirtschaft über den Markt geöffnet wird, der allein als gerechter Maßstab dem einzelnen Unternehmer sagt: Bitte, du kannst investieren, weil der Markt dir das vergütet, und der andererseits den Verbraucher davor schützt, daß er Preise bezahlen muß, die weit über das hinausgehen, was bei einer vernünftigen Wettbewerbswirtschaft möglich wäre. Weil wir wünschen, daß möglichst schnell und viel wieder richtig investiert wird, ist es für uns wesentlich, weiterhin die Entzerrung auf dem Preisgebiet anzustreben.
Es ist für uns mindestens genau so wesentlich, daß ohne Verzögerung alle Maßnahmen ergriffen werden - und wir werden die Bundesregierung ständig dazu auffordern und entsprechende Anträge stellen -, die geeignet sind, wieder einen funktionsfähigen Kapitalmarkt herzustellen und auch hier die Verzerrungen zu beseitigen, damit auf der Grundlage einer wiederhergestellten echten Marktwirtschaft auch das Sparkapital den Weg dorthin findet, wo es volkswirtschaftlich, nach der Rendite am dringendsten benötigt wird.
Diese Forderungen, die wir hinsichtlich der Durchsetzung einer wirklichen Marktwirtschaft
- die dann eine soziale ist -- in unserer Volkswirtschaft erheben, sind für uns die einzige Grundlage dafür, daß wir einem solchen Gesetz, wie es die Investitionshilfe darstellt, nähertreten konnten. Wir begrüßen dieses Gesetz nicht deswegen, weil es gewisse Zwangslenkungsmöglichkeiten eröffnet
- die Ihnen von der SPD noch viel zu gering sind -, sondern wir begrüßen es gerade deshalb, weil es auf der anderen Seite sicherstellt, daß mit dieser einen Milliarde der Impuls in die Volkswirtschaft hineingetragen werden kann, dank dessen es möglich ist, die Rückkehr zur Marktwirtschaft auf dem Gebiet der Grundstoffe vor der Volkswirtschaft zu verantworten.
Für unsere Fraktion ist die Zustimmung zu dem Gesetz kein leichter Entschluß gewesen. Wir wagen es aber, weil wir die Überzeugung haben, daß nach den Verbesserungen, die der Entwurf erfahren hat, dieses Opfer, das für die deutsche Volkswirtschaft bestimmt nicht leicht ist, reiche Früchte tragen wird, indem die Engpässe bei Kohle, Eisen und Stahl endlich überwunden werden, die Schwarzen Märkte auf diesem Gebiet mit ihren unerfreulichen Erscheinungen verschwinden und endlich auch die Möglichkeit besteht, auf einer gewachsenen volkswirtschaftlichen Erzeugung erhöhte soziale Leistungen und einen verbesserten Lebensstandard für die gesamte Bevölkerung aufzubauen.
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Das Wort hat als letzter der gemeldeten Redner der Abgeordnete Paul.
Meine Damen und Herren! Schon während der ersten Lesung haben wir unseren Standpunkt zu dem Investitionshilfegesetz dargelegt. Damals in der ersten Lesung hat man dem Hause noch einzureden versucht, daß dieses Gesetz zur Aufsprengung der Engpässe in der Grundstoffindustrie eingebracht worden sei, um die Deckung des Friedensbedarfs für unser Volk sicherzustellen. Ich habe bereits in der ersten Beratung dargelegt, daß wir in dem Investitionshilfegesetz ein Gesetz sehen, das dazu bestimmt ist, bestimmte Kapitalien in jene Industriezweige zu lenken, die stärker als bisher für militärische, für kriegerische Zwecke zum Einsatz kommen sollen.
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Unsere Auffassung wird durch die letzten Empfehlungen erhärtet, die die Marshallplanbehörde an die Bundesrepublik und an alle Atlantikpaktländer gegeben hat. In diesen Empfehlungen wird u. a. gesagt: Weniger dringliche Investitionsvorhaben sollen zurückgestellt werden, um den wirtschaftlichen und finanziellen Beitrag im Rahmen der Abmachungen des Atlantikpaktes zu leisten. Eindeutig wird damit die Richtigkeit unserer Darlegungen unterstrichen, daß es hier darum geht, mehr Mittel aus der Bedarfsgüterindustrie und mehr Steuergelder in jene Zweige der Volkswirtschaft zu lenken, die jetzt stärker in die Wiederaufrüstung und in die Vorbereitung eines dritten Weltkrieges gegen die Völker des Ostens eingeschaltet werden sollen.
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Wir haben weiter die Frage zu stellen: Wohin geht denn das Geld, das durch dieses Gesetz aufgebracht werden soll? Das Geld wird nicht eingesetzt, um die Lage der Werktätigen zu ver({2})
bessern, nein, das Geld fließt in die Taschen jener, die schon hauptschuldig an dem Ausbruch und an der Führung des zweiten Weltkrieges waren. Das Geld geht in die Taschen der deutschen Monopolkapitalisten,
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der Grubenbarone und der Stahlherren, auf Kosten der breiten Volksmassen und auf Kosten des Mittelstandes und der verarbeitenden Industrie.
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Allein Ihr Geschrei beweist mir, daß unsere Einschätzung dieses Gesetzes richtig ist.
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Man will ungeheure Mittel der Bedarfsgüterindustrie nach Art einer Zwangssteuer zwangsweise wegnehmen, um dieses Geld den Großkapitalisten zu geben. Man will ungeheure Steuermittel der Bevölkerung nehmen, um sie als Investitionshilfe an die deutschen Grubenbarone und die Stahlherren zu geben.
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- Ich weiß nicht, ob Sie blind sind. Gehen Sie ins
Ruhrgebiet, und fragen Sie die Arbeiter; die werden Ihnen schon sagen, wo die Kohlenbarone sind.
Gleichzeitig wurde auf Grund eines Zusatzantrages der FDP von der Mehrheit des Hauses die vollständige Freigabe der Preise für Kohle und Stahl beschlossen. Wenn das Haus dieses Gesetz mit dem Zusatzantrag annehmen sollte, wird das zur Folge haben, daß alle Preise für die Bedarfsgüter der breiten Massen der Gesamtbevölkerung steigen werden. Das wird sich auswirken auf den Wohnungsbau, auf die Zementerzeugung, auf die Erzeugung von Steinen, Dachziegeln usw., und so werden die breiten Massen und der Mittelstand für die Aufrüstung, für die Festigung der Positionen des deutschen Monopolkapitals zahlen müssen.
Im § 36, der das Ergebnis eines Kompromisses zwischen den Interessengruppen der beteiligten westdeutschen Industrie ist, wird ausdrücklich gesagt, daß die Großunternehmer während der Laufdauer der Investitionshilfe einen großen Teil der eingesetzten Mittel als Steuer absetzen können. Der sozialdemokratische Redner bei der ersten und zweiten Lesung, der Abgeordnete Koch, hat bereits darauf hingewiesen, daß damit 500 Millionen DM praktisch als neue zusätzliche Steuergeschenke den Großkapitalisten gegeben werden. Auf der einen Seite also große Steuergeschenke an die Großkapitalisten und andererseits neue Erhöhung der Massensteuern", der Umsatzsteuer, neue Erhöhung der Mieten und neue Verteuerung der Lebenslage der werktätigen Massen.
Wir hatten einen Antrag eingebracht, der besagte, daß aus dieser Leistung, aus dieser Zwangssteuer, die kommunalen Betriebe und alle Mittel-und Kleinbetriebe mit einer Zahl von bis zu 200 Beschäftigten ausgenommen werden sollten. Dieser Antrag wurde hier abgelehnt. Damit ist ganz deutlich geworden, daß die Koalitionsparteien eine mittelstandsfeindliche Politik betreiben. Das Investitionshilfegesetz schädigt nämlich den Mittelstand, schädigt die Klein- und Mittelbetriebe und muß schließlich zu einer Verteuerung der Lebenslage der Bevölkerung führen.
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Aus den genannten Gründen lehnen wir Kommunisten dieses Gesetz ab. Seien Sie versichert, die Arbeiter, die Mittelständler, die Kleingewerbetreibenden werden ebenfalls gegen dieses Gesetz Sturm laufen. Auch die Annahme dieses Gesetzes bedeutet noch nicht, daß damit der Kampf gegen diese Politik eingestellt wird. Das Volk wird gegen die Tendenzen, die in der Unterstützung des Großkapitals durch die Adenauer-Regierung liegen, gegen die Politik der Wiederaufrüstung und des Krieges, die unserem Volk solche schweren Lasten aufbürdet, Sturm laufen. Das deutsche Volk wird gegen alle diese Herren, die diese Politik durchzusetzen versuchen, kämpfen, bis die Clique, die auf einen Krieg ausgeht, niedergerungen ist.
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Das Wort hat noch einmal der Abgeordnete Kurlbaum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein paar kurze Ausführungen zu dem, was die Kollegen Preusker und Etzel gesagt haben. Der Kollege Preusker hat wieder einmal mit den Worten „Markt" und „freier Wettbewerb" operiert. Konkretisieren wir doch mal das Problem, werfen wir uns nicht nur Schlagworte an den Kopf, sondern fragen wir uns: Wo besteht denn der freie Wettbewerb in einem Deutschland, wo auf weiten Marktgebieten aus Rohstoffmangel, aus Kapitalmangel oder aus den bekannten stillen oder öffentlichen Abreden das Angebot viel zu klein und damit das Preis-Niveau überhöht ist? Und dann bedenken Sie unter diesen einschränkenden Bedingungen, unter denen der Wettbewerb sich heute nur auswirken kann, die sozialen Folgen, wenn Sie hier die These aufstellen, daß der Markt allein maßgebend sei, wenn Sie diese völlig ungleichen Kräfte auf beiden Seiten des Marktes gegeneinander kämpfen lassen.
Nun zu dem, was der Kollege Etzel gesagt hat. Hier liegen zweifellos eine Reihe von Mißverständnissen vor. Wir haben niemals behauptet, das Investitionsvolumen in Deutschland sei an sich zu gering. Im Gegenteil, wir neigen zu der Auffassung, daß es unter Umständen zugunsten eines höheren Lebensstandards auch einmal eingeschränkt werden sollte. Es geht also nicht um die absolute Höhe der Investitionen, sondern um ihre Verwendung.
Das zweite ist die Frage der Finanzierung der Investitionen. Selbstverständlich sind wir gegen eine Finanzierung der Investition über die Preise, weil diese, wie ich vorhin dargelegt habe, zu Preiserhöhungen und zu einer erneuten Gefährdung einer sozialen Verteilung des Einkommens führt. Ich glaube, ich habe das sehr klar und deutlich gesagt. Aus diesem Grunde lautet unsere These: Finanzierung der Investitionen durch Fremdkapital ohne Preissteigerungen und ohne daß damit ein ungerechtfertigter Zuwachs der Privatvermögen durch Geschenke aus der Bundeskasse und aus öffentlichen Mitteln erfolgt.
Nun zu der Behauptung, unsere Forderungen seien zu maßlos gewesen. Ja, Herr Etzel, ich glaube, wir haben mehrere Versuche gemacht, uns zu unterhalten. Aber von der Bereitschaft unserer Fraktion, sich mit Ihnen über diese Dinge zu unterhalten, ist nicht Gebrauch gemacht worden, sondern Sie haben es vorgezogen, Kompromisse zum Nachteil Ihrer ursprünglichen Linie, die Sie zuerst verfolgen wollten, mit der rechten Seite dieses
({0})
Hauses zu schließen, und das werden Sie nach außen hin, vor der Öffentlichkeit, auch zu vertreten haben.
Schließlich ein Wort zu der Frage, ob ein Teil des Steuerausfalls einmal wieder hereinkommen wird. Erstens ist es sehr zweifelhaft, ob das in den ersten Jahren, in denen die Abschreibungen gemacht werden können, der Fall sein wird, denn in dieser Zeit wird sich das sicher noch nicht auswirken. Zweitens stehen wir auf dem Standpunkt, daß, wenn in den öffentlichen Kassen einmal etwas reichlichere Mittel vorhanden sein sollten, diese reichlicheren Mittel einer Erhöhung der Sozialleistungen zugute kommen sollten, von denen wir doch wohl alle wissen, daß sie völlig unzureichend sind.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Besprechung.
Ich eröffne die Einzelaussprache der dritten Beratung und rufe auf den § 1. Dazu liegen zwei Abänderungsanträge der SPD und der CDU/CSU vor. Ich nehme an, daß beide Anträge nicht mehr ausdrücklich begründet werden sollen.
Ich komme zur Abstimmung zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Neufassung des § 1 des Gesetzes, „Zweck des Gesetzes".
({0})
- Das ist Umdruck Nr. 398 Ziffer 1. Ist diese Drucksache allgemein verteilt?
({1})
- Das ist offenbar der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die für den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 398 Ziffer 1 sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck Nr. 403 Ziffer 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf den § 2.
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- Das Wort hat Herr Abgeordneter Kurlbaum.
Die Ziffern 2 bis 8 unseres Antrags Umdruck Nr. 398 sind durch die Ablehnung der Ziffer 1 unseres Antrages hinfällig.
Also 2 bis 8. Das Haus hat davon Kenntnis genommen.
Zu § 2 liegen dann keine Abänderungsanträge vor. Ich bitte die Damen und Herren, die § 2 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Zu § 3 liegt der Abänderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck Nr. 403 Ziffer 2 vor, § 3 Nr. 11 zu streichen.
({0})
- Zur Begründung wünscht Herr Abgeordneter Etzel das Wort. Bitte!
Meine Damen und Herren! Wir haben diesen Antrag gestellt, weil wir der Meinung sind, daß den berechtigten Ansprüchen der Notstandsgebiete durch die bisherigen Bestimmungen der §§ 10, 20 und 21 Genüge getan ist. Der § 3 Ziffer 11 bringt dagegen eine derart unübersichtliche Begriffsbestimmung in das Gesetz hinein, daß wir es lieber bei den zuerst in das Gesetz aufgenommenen Bestimmungen belassen sollten. Dem Anliegen wird nach unserer Auffassung durch die bisherigen Bestimmungen in vollem Umfange entsprochen. Wir wollen nur um der Klarheit willen die Ziffer 11 in § 3 gestrichen wissen.
Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Kurlbaum!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich habe in der zweiten Lesung klar und -deutlich gesagt, daß uns ein Hinweis auf die Stundungs- und Erlaßbestimmungen dieses Gesetzes nicht genügt und auch den Notstandsgebieten nicht genügen kann, weil diese Bestimmungen die Entscheidung den örtlichen Finanzämtern bzw. den örtlichen Ausschüssen zuschieben, die vom Gemeinschaftsausschuß der Wirtschaft zu bilden sind, also in erster Linie unter den Gesichtspunkten der Aufbringungspflichtigen zusammengesetzt sind. Die Entscheidung, ob ein Notstandsgebiet in der Lage ist, sich an der Aufbringung der Aufbringungsschuld zu beteiligen, kann also nicht die Stelle fällen, die an einer Heranziehung möglichst vieler Aufbringungspflichtiger interessiert ist, sondern die Entscheidung darüber muß die oberste Wirtschaftsbehörde der zuständigen Landesregierung oder der Bundeswirtschaftsminister treffen, wie von uns vorgesehen ist, indem er die Gebiete richtig abgrenzt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 403 Ziffer 2. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; bei einigen Enthaltungen angenommen.
Damit komme ich zur Abstimmung über § 3 unter Berücksichtigung dieser Änderung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf die §§ 4, - 5, - 6, - 7, - 8, -9, - 10, - 11, - 12, - 13, - 14, - 15, - 16, -17, - 18, - 19. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Zu § 20 liegt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 398 Ziffer 9 vor. Soll nicht mehr begründet werden - oder doch?
({0}) - Herr Abgeordneter Freudenberg, bitte!
Wir alle waren von dem Bericht des Herrn Etzel sehr beeindruckt. Lediglich bei § 20 hat er, glaube ich, von einer Feststellung im Ausschuß nicht berichtet. Wir haben
({0})
damals festgestellt, daß bei der Fassung „Auf Antrag des Aufbringungsschuldners kann der Aufbringungsbetrag gestundet werden" die Änderung des Wortes „kann" in „ist" deswegen nicht erforderlich ist, weil nach dem steuerlichen Sprachgebrauch in dem Wort „kann" der Rechtsanspruch des Pflichtigen liegt, die Anträge zu stellen.
({1})
Sie stellen aber keinen Änderungsantrag, Herr Abgeordneter Freudenberg? - Offenbar nicht.
({0})
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 398 Ziffer 9. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Ich komme damit zur Abstimmung über § 20 in der Fassung der zweiten Beratung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf die §§ 21, - 22, - 23, - 24, -25. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Offenbar ohne Enthaltungen angenommen.
({1})
- Die Zeichen waren nicht ganz eindeutig. Also eine Enthaltung.
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Ich rufe auf § 26: Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Umdruck Nr. 398 Ziffer 10. - Auch keine Begründung. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über § 26 in der Fassung der zweiten Beratung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 26 ist angenommen.
Ich rufe auf die §§ 27, - 28, - 29. - Keine Wortmeldungen. Ich darf die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen bitten. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Zu § 30 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 398 Ziffer 11 vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 30 in der Fassung der zweiten Beratung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - § 30 ist angenommen.
Zu § 31 liegt ebenfalls ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor, und zwar unter Ziffer 12 des Umdrucks Nr. 398. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über § 31. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 31 ist angenommen.
Zu § 32 ebenfalls - ({3})
- Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 32 ist wegen der Ablehnung bei § 31 gegenstandslos. Ich rufe also auf § 32. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Paragraphen zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 32 ist angenommen.
§ 33. Abänderungsantrag der Fraktion der SPD, Umdruck Nr. 398 Ziffer 14. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 33 in der Fassung der zweiten Beratung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - § 33 ist bei einigen Enthaltungen angenommen.
Die §§ 34, 35, 36, 36 a und § 37 Ziffer 3 sollen nach dem Antrag der Fraktion der SPD - Umdruck Nr. 398 Ziffer 15 - entfallen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der SPD-Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über die §§ 34, -35, - 36, - 36 a, - 37 und 38 sowie über die Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Die Paragraphen, Einleitung und Überschrift sind angenommen. Damit ist die Einzelbesprechung der dritten Beratung beendet.
Ich komme zur Schlußabstimmung *) über das Gesetz über die Investitionshilfe der deutschen gewerblichen Wirtschaft. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen ist das Gesetz mit Mehrheit angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag unter Ziffer 2 des Ausschußantrages auf Drucksache Nr. 2758 ({4}), die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Ich bitte die Damen und Herren, die dem zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich darf Ihnen vorschlagen, mit Rücksicht auf die Inanspruchnahme von Abgeordneten die Punkte 4 und 5 der Tagesordnung, Änderung des Grundgesetzes und Gesetz über die Feststellung kriegsbedingter Vermögensverluste, letzt zu erledigen. Ich darf darauf hinweisen, daß zu Punkt 4, Änderung des Grundgesetzes, die Anwesenheit einer
*) Erklärung des Abg. Hagge ({5}) zur Abstimmung siehe Anlage Seite 7578.
({6})
entsprechenden Zahl von Abgeordneten erforderlich ist.
Weiterhin bin ich gebeten worden, darauf hinzuweisen, daß für die Sitzung des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen während des Plenums das Zimmer 02 zur Verfügung steht. Die Sitzung soll offenbar dort stattfinden.
({7})
- Um 15 Uhr 15, in der Hoffnung, daß bis dahin die Punkte 4 und 5 erledigt sind.
Ich rufe auf Punkt 4 der heutigen Tagesordnung:
Fortsetzung der zweiten und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ({8});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({9}) ({10}).
({11})
Sie erinnern sich, daß wir nach der Abstimmung über Art. 1 des Gesetzentwurfs die zweite Beratung unterbrochen haben mit Rücksicht auf die Abwesenheit eines Teils der Mitglieder des Hauses, die zur Tagung der Beratenden Versammlung des Europarats nach Straßburg gefahren waren.
Ich rufe also auf Art. 2, - Einleitung und Überschrift des Gesetzentwurfs. Wünscht jemand dazu das Wort zu nehmen? - Ich bitte die Damen und Herren, die Art. 2, Einleitung und Überschrift des Gesetzentwurfs zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. ({12})
- Meine Damen und Herren, ist das Haus damit einverstanden, daß wir uns den Hammelsprung für die Abstimmung bei der dritten Beratung über den entscheidenden Art. 1 des Gesetzentwurfs aufsparen?
({13})
- Offenbar. Dann stelle ich fest, daß Art. 2, Einleitung und Überschrift in der zweiten Beratung angenommen worden sind.
Ich eröffne die
dritte Beratung
des Gesetzentwurfs. Wünscht jemand zur allgemeinen Aussprache das Wort zu nehmen? - Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage, den Art. 1 in der Ausschußfassung wiederherzustellen.
Meine Damen und Herren, es ist beantragt, Art. 1 in der Fassung des Ausschußberichts wiederherzustellen, und zwar unter Berücksichtigung der Abänderung, die in dem Antrag auf Drucksache Nr. 2885 vorgesehen ist. Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß es sich um ein Gesetz zur Abänderung des Grundgesetzes handelt und die Zustimmung von zwei Datteln der Mitglieder des Hauses, d. h. also von 268 Abgeordneten erforderlich ist, schlage ich Ihnen vor, die Abstimmung wieder in der Form des Hammelsprungs vorzunehmen. Ich darf Sie freundlichst bitten, den Saal zu verlassen. Wir vereinfachen uns das Verfahren, indem ich gleichzeitig Art. 2 sowie Einleitung und Überschrift aufrufe. Ich bitte die Damen und Herren, die für die Art. 1 und 2 und Einleitung und Überschrift sind, durch die JaTür, diejenigen, die dagegen sind, durch die Nein-Tür, die Abgeordneten, die sich der Stimme enthalten, durch die Mitteltür den Saal wieder zu betreten. Ich wäre dankbar, wenn der Saal möglichst schnell geräumt werden könnte.
({0})
Ich wäre dankbar, wenn auch die letzten Abgeordneten den Saal verlassen würden, damit wir mit der Auszählung beginnen können. - Ich bitte mit der Auszählung zu beginnen.
({1})
Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen. - Ich bitte, die Abstimmung zu schließen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis dieser dramatischen Abstimmung bekannt. Für die aufgerufenen Artikel, die Einleitung und die Überschrift haben gestimmt 271 Abgeordnete, dagegen 69 bei 2 Enthaltungen. Damit ist die verfassungändernde Mehrheit erreicht.
({2})
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes und darf als Ihre gemeinsame Ansicht unterstellen, daß wir die Feststellung der verfassungändernden Mehrheit ohne erneuten Hammelsprung vornehmen können. Ich bitte die Damen und Herren, die für das Gesetz in seiner Gesamtheit sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Ohne Frage stimmten mehr als 268 Abgeordnete dafür. Damit ist die verfassungändernde Mehrheit sichergestellt, und das Gesetz ist in dritter Beratung in der Schlußabstimmung angenommen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Kather und Genossen sowie der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung kriegsbedingter Vermögensverluste ({3});
Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung ({4}).
({5})
Meine Damen und Herren, ich eröffne zunächst die allgemeine Besprechung. Wünscht jemand das Wort zur allgemeinen Besprechung? - Das ist offenbar nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Besprechung.
Ich komme zur Einzelbesprechung. Ich rufe § 1 auf. Dazu liegt der Abänderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 397 Ziffer 1 vor. - Bitte schön, Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß es der Bedeutung der Angelegenheit nicht gerecht wird, wenn wir uns heute auf allen Seiten die Wiederholung dessen ersparen, was anläßlich der zweiten Lesung gesagt worden ist. Es ist wahrscheinlich jedem von Ihnen - oder mindestens den Damen und Herren, die unmittelbar mit den Angelegenheiten zu tun haben -, in den letzten Tagen noch durch den Posteingang ganz klar geworden, mit welcher Aufmerksamkeit die beteiligten Kreise in unserem Lande - und die zählen in diesem Fall leider, leider in die Millionen - dem folgen, was hier beschlossen werden soll. Insbesondere wird Ihnen allen klar geworden sein, wieviel berechtigte Beschwerden darüber laut werden, daß wir mit dem Schadensfeststellungsgesetz eine Auswahl der
({0})
Schäden treffen, die festgestellt werden sollen. Gerade wenn man zu den Leuten gehört, die um ein Schadensfeststellungsgesetz gekämpft haben, muß man zugeben, daß die Empörung derjenigen, die nun von der Feststellung ausgeschlossen werden, berechtigt ist. In etwa haben Sie ja durch einen Abänderungsantrag versucht, den verheerenden Eindruck zu verwischen, der durch die Vorlage, wie sie die Mehrheit des Ausschusses dem Hause zur zweiten und dritten Lesung vorgelegt hat, entstanden ist. Während Sie sich damals auf die Vertreibungsschäden und auf die Kriegssachschäden beschränkt haben, haben sie nun - sicherlich im Bewußtsein der Tatsache, daß nicht einmal alle Kriegssachschäden auf solche Weise festgestellt werden' können, sondern daß hierbei &ne sehr erhebliche Differenz zwischen den Möglichkeiten für die einheimische und denen für die vertriebene Bevölkerung entsteht - mit dem Zusatz der „Ostschäden" den Versuch gemacht, das in etwa auszugleichen. Hoffentlich ist denjenigen, die diesen Antrag eingebracht, und allen, die ihm zugestimmt haben - meine Freunde haben das ausdrücklich nicht getan - klar, daß diese Ergänzung des § 1 auch nicht annähernd den meiner Meinung nach berechtigten Wünschen entspricht, die gegenüber einem Feststellungsgesetz, wie es heute verabschiedet werden soll, in der Öffentlichkeit laut werden.
Meine Damen und Herren, bitte halten Sie sich noch einmal ganz klar hinsichtlich des Zweckes des Gesetzes vor Augen: entweder es wird das festgestellt, was im Rahmen des Lastenausgleichs feststellungsbedürftig ist, oder aber es wird schlechthin festgestellt. Wir haben jetzt in das Feststellungsgesetz schon einige Dinge hineingenommen, von denen diejenigen, die an der Lastenausgleichsgesetzgebung arbeiten und über den Stand der Beratungen im Bilde sind, vor allen Dingen die, die im Laufe der Beratungen gelernt haben, d' e Grenzen des Möglichen zu sehen, und die den Mut aufbringen, sich zu diesen Grenzen auch zu bekennen, wissen, daß das, was hier festgestellt werden soll. nicht in den Lastenausgleich einbezogen wird. Wir versuchen, uns gegen das Erwecken von Illusionen aus der Feststellung dadurch zu schützen, daß wir in § 2 ausdrücklich sagen, daß das eine mit dem andern nichts zu tun hat, daß die Feststellung der Schäden nicht zu Erwartungen in puncto Lastenausgleich berechtigt. Wenn wir das tun, meine Damen und Herren, dann ist die Verpflichtung um so größer, nun auch all die Schäden festzustellen, die sonst noch entstanden sind. Aus diesem Grunde und in dem Bemühen, nun ein richtiges Feststellungsgesetz hier zu verabschieden, wenn es schon mit aller Gewalt verabschiedet werden soll, schlagen wir Ihnen vor, aufs Ganze zu gehen, ganze Arbeit zu leisten und an Stelle der von Ihnen neulich hereingebrachten Ziffer 3 - Ostschäden -, so wie wir Ihnen das neulich schon vorgeschlagen haben, durch eine Ziffer 3 die Sparerschäden und eine Ziffer 4 Schäden durch kriegsbedingten Vermögensentzug in die Feststellung einzubeziehen.
Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf die Ziffer 2 unseres Antrags eingehen, mit der wir vorschlagen, in § 7 u. a. den Abs. 1 zu streichen. Hier handelt es sich darum, &ne willkürlich gezogene Grenze für die Feststellung abzuschaffen und im ganzen Umfange festzustellen. Es dreht sich gerade hier um sehr wesentliche Schadenstatbestände, insbesondere um die Begründung eines gleichen Rechts für die, die kriegsbedingte Vermögensschäden erlitten haben, ohne daß sie vertrieben sind; denn niemand wird begreifen, daß man den Bonner Bürger bezüglich des Verlusts seines Hauses im Vertreibungsgebiet anders behandelt als den Vertriebenen bezüglich seines Verlusts im Bundesgebiet.
Meine Damen und Herren! Im Ernst, Sie wissen, daß wir von vornherein alle Bedenken gegen ein vom Lastenausgleich losgelöstes Feststellungsverfahren haben; Sie wissen, daß wir uns im Ausschuß in redlicher Arbeit darum bemüht haben, für diese unsere Bedenken auch bei der Mehrheit Verständnis zu finden. Das ist uns nicht gelungen. Daraus folgt aber für uns die Verpflichtung, dem Hause nun zu einem richtiggehenden Feststellungsgesetz zu verhelfen; und diese Anstrengungen sollten insbesondere von denen gewürdigt werden, die in der Öffentlichkeit durch ihr Eintreten, durch ihre immer wiederholten Forderungen nach einem Feststellungsgesetz die Erwartungen so hoch gespannt haben, wie sie heute sind. Wir sollten diese Hoffnungen im Interesse der parlamentarischen Arbeit, aber auch im Interesse der Glaubwürdigkeit der politischen Versprechungen im Zusammenhang mit dem Lastenausgleich nicht enttäuschen.
Bitte, stimmen Sie unseren Anträgen zu, wie sie hier unter Ziffer 1 und 2 auf Umdruck Nr. 397 vor Ihnen liegen.
({1})
Meine Damen und Herren! Wird weiterhin das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung über die Ziffer 1 des Antrages der Fraktion der SPD auf Umdruck 397 und mache darauf aufmerksam, daß sich aus einer Annahme des Antrages die unter b) vorgesehenen Folgen für § 4 a ergeben würden. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag der Fraktion der SPD zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, der Vorstand ist sich nicht völlig einig. Ich bitte Sie, im Wege des Hammelsprunges zu entscheiden. Wer für den Antrag der Fraktion der SPD ist, begibt sich durch die Ja-Tür in den Saal. ({0})
Ich wäre dankbar, wenn der Saal möglichst schnell geräumt werden könnte. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({1})
Ich bitte die Abstimmung zu schließen. - Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt und darf dabei bemerken, daß wir uns den Hammelsprung hätten sparen können, wenn die Besetzung des Hauses gleichmäßig stark gewesen wäre.
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Für den Antrag haben gestimmt 129 Abgeordnete, dagegen 186, enthalten haben sich 13. Der Antrag der SPD ist abgelehnt. Ich darf an Sie appellieren, bei derartig knappen Abstimmungen nach Möglichkeit während der Abstimmung im Saal zu bleiben.
({3})
Nachdem dieser Abänderungsantrag abgelehnt ist, komme ich zur Abstimmung über den § 1 in der Fassung der Beschlüsse der zweiten Beratung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um
({4})
die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf die §§ 2, - 3, - 4, - 4 a. Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu heben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen?
- Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Zu § 5 liegt der Antrag der CDU/CSU Umdruck Nr. 4C0 Ziffer 1 vor. Es ist ein Antrag redaktioneller Art, der nicht begründet zu werden braucht, oder doch?
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- Herr Abgeordneter Wackerzapp.
Ich kann mich auf ein paar kurze Ausführungen beschränken. Es handelt sich darum, daß bei der schwierigen Materie während der letzten Beratung einige Flüchtigkeitsversehen unterlaufen sind, die jetzt ausgeglichen werden sollen. Diesem Zweck dienen die Positionen 1 bis 6 in Umdruck Nr. 400.
Dann kommt ein Antrag Umdruck Nr. 401, der sich mit den Heimatauskunftsstellen beschäftigt. Wenn wir daran kommen, werde ich eine kurze Begründung geben. Je nach dem, wie die Abstimmung über die Heimatauskunftstellen ausfällt, werden sich auch noch einige andere redaktionelle Änderungen ergeben, die bei den einschlägigen Paragraphen zur Sprache gebracht werden können.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck Nr. 400 Ziffer 1 betreffend § 5 Abs. 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Unter Berücksichtigung dieser Abänderung komme ich zur Abstimmung über § 5. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Zu § 6 liegt ebenfalls ein Berichtigungsantrag unter Ziffer 2 des Umdrucks 400 vor mit der gleichen Begründung wie zu Ziffer 1. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über § 6. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Zu § 7 liegen vor: einmal der Abänderungsantrag Umdruck Nr. 400 Ziffer 3, ebenfalls redaktioneller Art, und der Antrag Umdruck Nr. 397 Ziffer 2. Soll dieser ausdrücklich begründet werden?
({0})
- Jawohl, Herr Abgeordneter Kriedemann hat den Antrag Umdruck Nr. 397, in § 7 Abs. 1 und in
bs. 2 Ziffer 1 zu streichen, bereits begründet. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Streichungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zum Abänderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck Nr. 400 Ziffer 3. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser technischen Abänderung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Unter Berücksichtigung dieser Abänderung komme ich zur Abstimmung über § 7. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf die §§ 8, - 9, - 9 a; - zweiter Abschnitt, Überschrift, §§ 10, - 11, - 12 - und 13. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Zu dem Änderungsantrag Umdruck Nr. 397 Ziffer 3 betreffend § 14 hat der Abgeordnete Kriedemann das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch in diesem Fall handelt es sich um die Wiederaufnahme eines Antrags, den Sie uns leider in der zweiten Lesung abgelehnt haben. Ich kann mich im wesentlichen auf das beziehen, was ich in der zweiten Lesung zur Begründung angeführt habe. Es ist eine Tatsache, die von niemand bestritten worden ist, daß bei ungefähr 75 % der Geschädigten der Schaden nur im Verlust des Hausrates besteht. Das ist ganz begreiflich; denn die Struktur der Bevölkerung und ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sind in jenen Gebieten, aus denen Deutsche vertrieben worden sind, nicht anders als in den übrigen Teilen Deutschlands. Wir wissen, daß auch bei uns mehr Leute in Mietwohnungen wohnen, mehr Leute ihr ganzes Hab und Gut in Hausrat, Wäsche und Kleidern besitzen und daß es vielen trotz Fleiß, Geduld und Genügsamkeit eben nicht gelingt, Vermögen im eigentlichen Sinne zu erwerben. Es ist von uns aus nicht einzusehen, warum diese Sorte von Vermögen, diese Sorte von Besitz, der eben nur im Hausrat besteht, bei der Schadensfeststellung anders, weniger sorgfältig behandelt werden soll als der andere Besitz.
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- Ich weiß genau, warum Sie diesen Unterschied nicht behandeln wollen. Ich kann aber deshalb nicht anerkennen, daß das unterschiedlich behandelt werden muß. Wenn man sich im Ernst zutraut, Vermögensschäden ihrem Wert nach festzustellen, die im Verlust eines Grundstücks, im Verlust von Häusern und Anlagen industrieller Art bestehen, dann vermag ich nicht einzusehen, warum man nicht mindestens im gleichen Umfang und mit der gleichen Glaubwürdigkeit auch die Schäden feststellen kann, die an Hausrat entstanden sind. Gerade weil es sich hier um den Vermögensverlust der größten Zahl der Geschädigten handelt. möchten wir eben nicht den Eindruck entstehen lassen, daß man hier plötzlich pauschal verfährt, und das doch mit einem recht primitiven Verfahren. Es soll hier nach vier pauschalen Gruppen festgestellt werden, wie hoch der Vermögensverlust an Hausrat nun in die Rechnung eingesetzt werden soll. Trotzdem wird deswegen niemand glauben, daß man mit einer so primitiven, so zusammengedräng({1})
ten Skala auch nur annähernd den großen Unterschieden gerecht wird, um die es sich hier tatsächlich handelt. Deshalb machen wir mit unserem Abänderungsantrag zu § 14 den Vorschlag, die Schadensberechnung bei Verlusten von Hausrat etwa nach den gleichen Maßstäben vorzunehmen, nach denen auch alle anderen Schadensfeststellungen vorgenommen werden sollen.
Meine Damen und Herren, wir wissen alle, daß eine vernünftige Bemessung des erlittenen Schadens in dieser Kategorie für eine große Zahl von Menschen sehr wichtig ist. Wir sollten uns deshalb auch in diesem Fall die Mühe machen, sorgfältig festzustellen und so richtig wie nur irgend möglich zu bewerten, damit sich niemand den Vorwurf zuzieht, daß er für diese Sorte von Vermögen nicht das gleiche Interesse aufbringt wie für andere Sorten von Vermögen.
Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Kriedemann klingen verlockend. Aber wenn Sie sich einen Augenblick Zeit nehmen und sich vergegenwärtigen, was dieser Vorschlag der SPD-Fraktion in dem Antrag auf Umdruck Nr. 397 bedeutet, dann sehen Sie, daß das j a in Wirklichkeit undurchführbar ist.
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- Herr Kollege Mellies, Sie sagen: „Ach nee!" Wie wollen Sie, wenn Sie eine Ehe von 20 oder 30 Jahren glücklich hinter sich gebracht haben, heute noch den Nachweis über den Anschaffungspreis Ihres Hausrats erbringen? Wie wollen Sie den D Hausrat abzüglich einer angemessenen Abschreibung bewerten? Hausrat ist ein so individueller Vermögensbestandteil oder Besitz, daß er eben nicht mit den groben Maßstäben der Abschreibung der wirtschaftlichen Güter berechnet werden kann. Sie werden also in Wirklichkeit folgendes erreichen: zunächst werden von den Heimatvertriebenen - behaupte ich - 99,9 % nicht in der Lage sein, gemäß Ziffer 1 den Hausrat mit seinem Anschaffungspreis nachzuweisen. Sie stoßen also praktisch alle Heimatvertriebenen in die Schadensgruppe - pauschaliert - 3500 RM. Zweitens behaupte ich, daß auch 95 %o derjenigen, die in der Bundesrepublik ihren Hausrat verloren haben, nicht in der Lage sein werden, einen solchen Beweis für den Anschaffungspreis des Hausrats zu liefern. Das ist doch einfach eine Fiktion. In Wirklichkeit läuft es also, wenn man die Sache durchgezogen sieht, praktisch darauf hinaus, Herr Kollege Kriedemann, daß wir 95 bis 100 % der Vertriebenen und vieleicht auch 90 . bis 95 % der Einheimischen mit 3500 RM nivellieren.
Darum haben wir uns in sehr eingehenden Beratungen zu dem Vorschlag, wie er jetzt in § 14 der Ausschußfassung steht, durchgekämpft. Wir haben das insonderheit auch eingehend mit den Vertriebenen aller Fraktionen verhandelt. Wir haben ferner mit dem Zentralverband vertriebener Deutscher und mit dem Zentralverband der Fliegergeschädigten verhandelt. Es ist j a nicht etwa irgendeine künstliche Konstruktion gemacht worden, von der wir das Heil erwarteten. Aber was wir -hier erreicht haben, ist die Möglichkeit für jeden, auf einfachem Wege in eine der vier Pauschalgruppen hineinzukommen und danach wenigstens in etwa individuell eine Entschädigung zu bekommen. Bitte, machen Sie sich das doch einmal klar, denken Sie an das Hausratsvermögen, das vererbt und ererbt ist, - wie wollen Sie den Anschaffungspreis feststellen? Das kann unter Umständen wertmäßig kostbarstes Vermögen sein. Keiner von Ihnen und uns denkt daran, derartige Werte ersetzen zu wollen. Unser Vorschlag - und ich bitte, den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion abzulehnen -geht dahin, die Feststellung der Hausratsschäden auf dem Wege zu vollziehen, den der Ausschuß mit Mehrheit beschlossen hat.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kunze hat Ausführungen über die Schwierigkeiten der Hausratsfeststellung gemacht. Ich habe Sie schon in der vorigen Lesung darauf aufmerksam gemacht, daß diese Überlegungen vielleicht bei dem vorhergehenden § 13 hätten angestellt werden können. Wenn Sie es in § 13 für möglich halten, Gegenstände der Berufsausübung, das Inventar eines Arztes oder die Bibliothek eines Anwalts oder das Gerät eines Handwerksmeisters nach Anschaffungskosten und Abschreibungskosten zu berechnen, können Sie das auch in § 14 beim Hausrat.
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Daß auf der anderen Seite die Dinge schwierig sind und daß man daneben eine Pauschalberechnung vornehmen muß, wissen wir auch, Herr Kollege Kunze. Aber Sie haben in der vorigen zweiten Lesung von Schablonisierung gesprochen, gegen die Sie sich wenden. Was ist denn Ihr § 14 anderes als eine Schablonisierung, und zwar eine Schablonisierung von sehr fragwürdigem Maßstab?
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Sie wollen da nicht etwa feststellen, was an Hausrat verloren gegangen ist, sondern Sie wollen festgestellt haben: erstens das Durchschnittseinkommen von drei Jahren - der Jahre 1937 bis 1939 -, die heute zwölf Jahre zurückliegen, und zweitens das Vermögen in diesem Zeitpunkt. Fragen Sie doch mal die Vertriebenen, wieviele von den Leuten in der Lage sind, Ihnen einen Nachweis oder Vermögensteuernachweise aus dieser Zeit vorzulegen! Ich glaube, ein Hohnlachen wird die Antwort sein. Wenn der Wert nicht festgestellt werden kann, treten dann die Bestimmungen Ihres Abs. 1 Ziffer 3 ein, nämlich eine Rechtsverordnung, die nach Berufsklassen einteilt. In Wirklichkeit wird es also für den Vertriebenen darauf ankommen, welchen Hausrat gnädigerweise eine Rechtsverordnung dem und jenem Beruf und der und jener Tarifklasse oder einem Angestellten zuteilt, der nach Gruppe VI a oder IV b besoldet wird. Das ist Ihre Schablone, und gegen die wenden wir uns. Da es uns völlig klar ist, daß die Mehrheit der Betroffenen einfach nicht über Ihre niedrigste Pauschalstufe hinauskommen kann, halten wir es für richtig, eine ausreichende niedrige Pauschalstufe zu schaffen und nicht, wie Sie beantragen, 2500, sondern 3500 RM, aber für alle, einzusetzen. Das ist gerechter, als für einige Leute, die sich irgendwie privilegieren können, andere Stufen zu schaffen. Das ist der Sinn unseres Antrags.
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Keine weiteren Wortmeldungen? - Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD zu § 14 auf Umdruck
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Nr. 397 Ziffer 3. Ich bitte die Damen und Herren,
die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine
Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, ich bitte, damit jede Unklarheit beseitigt wird, diese Abstimmung durch Erheben von den Plätzen vorzunehmen. Ich bitte die Damen und Herren, die für den Antrag der SPD sind, sich von den Plätzen zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen, bitte! - Das zweite war eindeutig die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 14 in der Fassung der zweiten Beratung. Ich bitte die Damen und Herren, die für § 14 sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - § 14 ist angenommen.
Ich rufe auf § 15, - § 16, - § 16a,-§ 17,18. - Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 19 auf. Dazu liegen ebenfalls zwei Anträge technischer Art der Fraktion der CDU/ CSU ohne besondere Begründung vor. Ich bitte die Damen und Herren, die den Ziffern 4 und 5 des Umdrucks Nr. 400 - diesen beiden Änderungsanträgen - zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Unter Berücksichtigung dieser Änderungen bitte ich, über § 19 abzustimmen. Ich bitte die Damen und Herren die § 19 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
1 Ich rufe auf: Dritter Abschnitt, Organisation. § 20. Hierzu liegen keine Wortmeldungen vor. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich darf zweckmäßigerweise wohl die §§ 21 und 22 gemeinsam aufrufen. Die Fraktion der CDU/ CSU hat unter den Ziffern 1 und 2 des Umdrucks Nr. 401 je einen Änderungsantrag zu diesen beiden Paragraphen gestellt. - Bitte schön, Herr Abgeordneter Wackerzapp!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die §§ 21 und 22 der Drucksache Nr. 2810 der Ausschußvorlage des Feststellungsgesetzes behandeln die Heimatauskunftstellen. Diese Paragraphen sind in der 178. Sitzung vom 5. Dezember 1951, in der sie behandelt wurden, unter eigentümlichen, durch Erwägungen der Parlamentstaktik beeinfluß en Vorgängen abgelehnt worden. Dadurch ist im Gesetz ein Vakuum entstanden. Mit unserem Antrag ist beabsichtigt, diese Lücke dadurch auszufüllen, daß die §§ 21 und 22 in der Fassung des Lastenausgleichsausschusses
- Drucksache Nr. 2810 - wiederhergestellt werden.
De Heimatauskunftstellen sind für die Heimatvertriebenen ein Anliegen von sehr ernster und weittragender Bedeutung. Die Heimatvertriebenen wissen, daß im Lastenausgleichsgesetz der Grundsatz festgelegt werden wird, daß Schäden nur dann festgestellt und entschädigt werden können, wenn sie nachgewiesen worden sind. Die Führung des Nachweises ist aber für die Heimatvertriebenen außerordentlich schwer, weil sie ihre Urkunden und sonstigen Belege im allgemeinen nicht retten konnten. Sie sind im wesentlichen darauf angewiesen, ihre Angaben durch Zeugen und Sachverständige auf die objektive Wahrheit hin überprüfen und feststellen zu lassen. Diese Beweismöglichkeiten sollen ihnen in einer Form dargeboten werden, die nicht wild wächst, sondern nach methodischen Grundsätzen entwickelt wird. Aus diesem Grunde ist für den Aufbau der Heimatauskunftstellen und ihr Verfahren ein gewisses Schema entwickelt worden. Die Aufgaben, die sie zu erfüllen haben, wurden im einzelnen bezeichnet; über die personelle Besetzung hat man Richtlinien gegeben. Organisatorisch sollen sie den Landesfeststellungsämtern angegliedert werden, sachlich aber dem Präsidenten des Hauptfeststellungsamts unterstellt werden, dessen Geschäfte bis zum Inkrafttreten der endgültigen Regelung durch den Präsidenten des Hauptamtes für Soforthilfe wahrgenommen werden.
In der Verhandlung vom 5. Dezember 1951 ging es im wesentlichen um die Frage, wie die Heimatauskunftstellen organisatorisch entwickelt werden sollen. Es standen sich zwei Theorien gegenüber. Der Verband der Heimatvertriebenen und ebenso der Vertriebenenausschuß gingen davon aus, es müßte eine lückenlose Organisation möglichst auf der Ebene der Heimatkreise aufgezogen werden, während die Vorlage des Ausschusses den Standpunkt vertrat, man sollte nicht von vornherein eine bis ins einzelne gehende Organisation schaffen, sondern zunächst einmal den Raum eines Regierungsbezirks zur Grundlage nehmen und Erfahrungen sammeln. Je nachdem, wie die praktischen Verhältnisse es gebieten würden, sollte dann erforderlichenfalls ein Unterbau aufgezogen werden. Dies wird klargestellt durch die Worte, daß „in der Regel" die Regierungsbezirke die Grundlage bilden sollen. Es sind also auch Ausnahmen möglich.
Nun ist die Heimatauskunftstelle nicht nur als ein Helfer zur Unterstützung der Vertriebenen gedacht, sondern gleichzeitig auch als ein Kontrolleur über die Wahrheit der von ihnen gemachten Angaben. Wir legen den allergrößten Wert darauf, daß d'e Entschädigungsansprüche, die angemeldet werden, nicht nur subjektiv erhoben, sondern daß sie auch objektiv gerechtfertigt werden.
Ich möchte mich auf diese Ausführungen beschränken und nur noch erwähnen, daß die Heimatauskunftstellen lediglich eine subsidiäre Bedeutung haben. Es ist nicht so, daß jeder Entschädigungsantrag, den der Vertriebene einreicht, zwangsläufig durch seine Heimatauskunftstelle durchgeschleust werden muß. Die Anträge werden vielmehr bei den örtlich zuständigen Feststellungsämtern eingereicht. Diese haben die Entscheidung darüber zu treffen, ob die vorgelegten Unterlagen ausreichen, um den Akt der Feststellung zu vollziehen, oder ob sie durch die Einschaltung von Heimatkundigen ergänzt werden müssen. Die Arbeitsergebnisse der Heimatauskunftstellen sind nicht von zwingender Wirkung für die Entscheidung der Feststellungsstellen; sie sind nur Material, das im Wege der freien Beweiswürdigung von ihnen auszuwerten ist.
Das ist also der Sinn und die Bedeutung der Heimatauskunftstellen. Wir möchten Sie darum bitten. die Heimatauskunftstellen gemäß den §§ 21 und 22 in der Fassung der Drucksache Nr. 2810 wiederherzustellen, wobei im § 22 noch ein Zusatz gemacht werden soll, der sich daraus ergibt, daß
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wir nunmehr in § 4 a auch die sogenannten Ostgeschädigten in den Kreis der Feststellungsberechtigten einbezogen haben.
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Aus diesem Grunde ist es notwendig, auch die Ostgeschädigten zu erwähnen. Dies soll durch einen neuen Abs. 3 geschehen, den wir hinter Abs. 2 einfügen wollen, wodurch dann der bisherige Abs. 3 die Ziffer 4 erhält.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer Gelegenheit hatte, im Laufe der Beratungen dieses Gesetzentwurfs und nicht zum wenigsten auch im Zuge der zweiten Beratung unter den verschiedenen Hammelsprüngen usw. den einen und anderen Stoßseufzer in diesem Hause aufzufangen, der konnte sich ein bißchen damit trösten, daß irgendwo ganz tief im Herzen sehr vieler doch sehr erhebliche Zweifel daran bestehen, ob es sich hier nun wirklich um einen positiven Beitrag zu einer der brennendsten Fragen unseres Volkes, zum Lastenausgleich, handelt. Ich persönlich glaube auch, daß sich die Mehrheit für dieses Gesetz zu einem großen Teil aus solchen Damen und Herren zusammensetzt, die jetzt, nachdem die Dinge so weit getrieben sind, d. h. nachdem man draußen so viel darüber geredet hat und nachdem Monate hindurch die These vertreten worden ist. dieses Schadensfeststellungsgesetz sei geradezu die Voraussetzung für den Lastenausgleich - es ist ganz besonders bedauerlich, wenn das solche Leute getan haben, die schon im Zuge der Beratung über den Lastenausgleich über das, was da geschehen wird, sehr viel klarer zu sehen gelernt haben, als sie vorher leider sahen -, dem Gesetz nur zustimmen werden, weil sie nicht wissen, wie sie nun, nachdem die Dinge so weit gediehen sind, wieder davon herunterkommen sollen.
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Ich glaube, meine Damen und Herren, es ist ein bißchen übertrieben, wenn hier gesagt wird, daß durch die Streichung der §§ 21 und 22 ein Vakuum entstanden sei. Ich kann nur sagen, daß durch de Streichung der §§ 21 und 22 die ganze Angelegenheit höchstens an Glaubwürdigkeit gewonnen hat.
Wir haben bereits in der zweiten Lesung darauf hingewiesen, daß es unserer Meinung nach sehr zweifelhaft ist, ob denn mit solchen Einrichtungen, wie sie hier in § 21 begründet werden sollen, wirklich etwas erreicht werden kann. Die meisten der Geschädigten, insbesondere die Vertriebenen - und man kann da vielleicht eher sagen, fast alle, als daß man nur sagt, eine gewisse Mehrheit - haben keine Dokumente. Wir wissen genau, daß die Geschädigten das nicht zu vertreten haben. Sie haben diese Dokumente nicht vergessen oder verloren; sie haben sie nicht mitnehmen können. Die Dokumente mitnehmen konnten am ehesten noch diejenigen, die wegen ihrer guten Beziehungen zum „Dritten Reich" rechtzeitig abreisen konnten, während all die anderen unglücklichen Opfer zur höheren Ehre des „Führers" und seiner militärischen Helfershelfer so lange in den Gebieten bleiben mußten, bis sie unter Einsatz ihres Lebens nackt und bloß weglaufen mußten; und den anderen, die noch etwas an ihrem Leibe trugen, hat man es einfach weggenommen. Sie haben keine Dokumente.
Ich frage Sie noch einmal: In welcher Lage befindet sich ein Mann, der nicht Mitglied der Organisation ist, die hier so wesentlich an dem Zustandekommen der Heimatauskunftstellen beteiligt ist? Lesen Sie einmal den Absatz 4 nach, wonach die in den Absätzen 2 und 3 genannten Personen nach Anhörung der vom Bundesminister für Vertriebene anerkannten Vertriebenenverbände zu bestellen sind. Wir wissen, daß es unglücklicherweise auch auf diesem Gebiet weitgehend eine Politisierung gibt, die bis ins Parteipolitische hineingeht. Das ist doch, ganz gleich, wie man darüber denkt, offensichtlich festzustellen. In welche Lage bringen wir die Menschen, die das Schicksal ihrer Anträge der Begutachtung durch einen Kreis anvertrauen müssen, von dem sie sich auf anderen Gebieten, politisch oder organisatorisch, ausdrücklich distanziert haben? Oder - ich komme gern auf mein Beispiel aus der zweiten Lesung zurück - in welch fürchterlicher Lage befindet sich ein Mann, der meinetwegen in einem wesentlich evangelischen Kreis schon damals zu Hause unter dem Eindruck gestanden hat, daß die anderen Kreiseinwohner ihn aus konfessionellen Gründen anders behandelt haben, als er gern behandelt worden wäre? Dieser Mann wird bestimmt darauf zurückkommen, vor allen Dingen, wenn man ihm das, was er dort vorlegt, nicht anerkennt. Es ist klar, daß erhebliche Anstrengungen gemacht werden müssen, um den Vertriebenen zu helfen, ihre Behauptungen so weit wie nur irgendwie möglich glaubhaft zu machen. Aber dazu sind unserer Meinung nach Einrichtungen da, die richtige Behörden und keine solche Ersatzeinrichtungen sind. Das zum Grundsätzlichen.
Machen wir uns bitte nichts darüber vor, es gibt ein ganz bestimmtes Interesse gerade an diesem § 21, ein so persönlich gefärbtes Interesse, daß es - hoffentlich nimmt es mir keiner krumm - nicht ganz abwegig ist, wenn man sagt, für viele Leute ist es eigentlich mehr ein Gesetz zur Einrichtung von Heimatauskunftsstellen als irgend etwas anderes.
Wenn man aber gegen alle diese Bedenken doch den Versuch machen will, soll man ihn auch mit allen Konsequenzen machen. Früher hieß es - und das war meiner Ansicht nach mindestens vom Standpunkt derjenigen, die sich zu solchen Dingen bekennen, durchaus logisch -, man müsse die Heimatauskunftsstellen in der Regel auf der Ebene der früheren Kreise einrichten. Das ist auch ganz klar. Wenn Sie Behauptungen, die Sie mit Dokumenten nicht beweisen können, ersatzweise, aus der Kenntnis der Verhältnisse belegen wollen, müssen Sie so weit wie möglich heruntergehen. Oder wer bildet sich denn ein, daß man über so etwas wie Einheitswerte, Klimazahlen usw., all die Faktoren, die z. B. zur Bewertung eines landwirtschaftlichen Betriebes erforderlich sind, von der Ebene des Regierungsbezirks aus irgend etwas Vernünftiges sagen kann? Mit Recht ist im Ausschuß, als wir darüber sprachen, gesagt worden, daß man da in soundsovielen Fällen, gerade wo es sich um Bodenbewertung handelt - und das wird im Feststellungsverfahren einen sehr erheblichen Raum einnehmen -, viel eher auf die Ortsebene herunter gehen sollte als etwa von der Kreisebene weg nach oben. Es ist ganz klar, warum man sich in der Vorlage zum Schluß so beschieden
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hat. In den Heimatauskunftstellen liegt ja der Hauptpunkt der finanziellen Konsequenzen des Feststellungsgesetzes. Da wollte man so bescheiden wie nur irgendwie möglich in Erscheinung treten und hat gesagt: in der Regel auf der Ebene der Regierungsbezirke. In der Begründung für den Antrag auf Wiederaufnahme des § 21 ist eben schon gesagt worden, daß man sich dann einen Unterbau schaffen wird. Stellen Sie sich bitte selber vor, wie schnell wir hier zu einem Unterbau mit allen personellen und auch allen finanziellen Konsequenzen kommen werden, wenn wir erst einmal einen Anfang machen. Davon sollten wir uns dann nicht überraschen lassen.
Wir sollten uns auf der anderen Seite auch nicht dem Vorwurf aussetzen, daß wir hier nur so tun, als ob wir etwas täten, indem wir, weil die Leute das gern möchten, ihnen ein bißchen entgegenkommen und sagen: Na schön, Regierungsbezirke. Für beide, für die, die so entgegenkommend sein wollen, wie für die anderen, die es später gründlicher machen wollen, ist es viel reeller, wenn wir hier gleich wissen, um was es sich handelt. Deswegen schlagen wir Ihnen vor, an Stelle des Wortes „Regierungsbezirke" das Wort „Kreise" zu setzen.
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Dann wollen wir schon etwas Ganzes.
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Auch in diesem Falle wollen wir aufs Ganze gehen. - Sie müssen es uns schon überlassen. zu versuchen, in der Durchsetzung unserer Wünsche so weit wie möglich zu kommen.
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- Mit Bauernfang hat das gar nichts 7U tun. Bauernfang ist etwas ganz anderes. Bauernfang ist das, was hier gemacht wird, indem man den Leuten einredet, daß sie . auf diese Weise wirklich zu irgendwelchen Unterlagen kommen. daß sie auf diese Unterlagen dann irgendwelche Ansprüche gründen können.
Wir bitten Sie, unserem Abänderungsantrag zu § 21 zuzustimmen und an die Stelle des Wortes „Regierungsbezirke" das Wort „Kreise" zu setzen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
Meine Damen und Herren! Ich wundere mich einigermaßen darüber, mit welcher Wärme der Herr Kollege Wackerzapp nun die Errichtung der Heimatauskunftsstellen verteidigt. Ich hätte noch einiges Verständnis dafür gehabt, wenn der Herr Kollege Dr. Kather der Verteidiger der Heimatauskunftsstellen gewesen wäre, weil ja er und seine Organisation sehr entscheidend an der Errichtung der Heimatauskunftstellen interessiert sind. Nach diesem Gesetz wird den Vertriebenenorganisationen für Ausfüllhilfe je Hilfefall 1.50 DM gewährt.
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Ich glaube, ein entscheidendes Interesse des Herrn Dr. Kather besteht darin, seine „Kather-Abteilung", möchte ich einmal sagen,
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in diese Heimatauskunftstellen einzureihen.
Meine Damen und Herren, was wollen Sie eigentlich erreichen? Wollen Sie noch weitere Illusionen erwecken? Sie müssen doch den Anspruchsberechtigten immer wieder den § 2 dieses Gesetzes vorhalten. Der § 2 dieses Gesetzes, um den es eigentlich geht, enthält doch die Kernfrage dieser ganzen Problematik. Meine Damen und Herren, nehmen Sie einen Mann aus Ihren Kreisen, den Professor Oberländer, der Ihnen vor etwa 14 Tagen einige goldene Worte ins Stammbuch geschrieben hat, indem er zur Frage des Lastenausgleichs festgestellt hat, der Lastenausgleich werde niemals kommen; was in Bonn als Lastenausgleich verabschiedet werde, sei ein langwieriges, sich über eine Generation hinziehendes Abzahlungsgeschäft, falls nicht Schlimmeres komme. Ich glaube, Sie machen sich mitschuldig an einem Betrugsmanöver gegenüber den Flüchtlingen, wenn Sie diesem Gesetz und der Errichtung der Heimatauskunftstellen zustimmen, weil damit weitere Illusionen erweckt werden. Deswegen werden wir für die Beibehaltung der Beschlüsse der zweiten Lesung eintreten.
Das Wort hat der Abgeordnete Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte an sich nicht die Absicht, zu diesem Punkt noch einmal das Wort zu ergreifen. Aber die Ausführungen, die insbesondere von Herrn Abgeordneten Kriedemann gemacht worden sind, zwingen mich doch dazu. Ich möchte zunächst einen Irrtum des Herrn Abgeordneten Kohl richtigstellen. Der Antrag, den Verbänden der Geschädigten je bearbeiteten Fall sage und schreibe 1,50 DM zu geben, ist nicht im Gesetz enthalten.
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- Nein, er ist nicht abgelehnt worden. Er ist auch in zweiter Lesung und im Plenum überhaupt noch niemals gestellt worden.
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- Herr Kriedemann, Sie haben Ihre Einstellung zu diesem Gesetz und den Leuten, die dahinterstehen, schon so deutlich gemacht, daß Sie sich in dieser Hinsicht keine Mühe mehr zu geben brauchen.
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Meine Damen und Herren, ein Wort zur Sache. Die Sozialdemokratische Partei hat jetzt den Antrag gestellt, den ich in der vergangenen zweiten Lesung gestellt habe. Damals hat das aber dazu geführt, daß die Heimatauskunftstellen überhaupt herausgenommen wurden, und zwar mit den Stimmen der Sozialdemokratie.
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Ich stehe nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die jetzige Formulierung nicht glücklich ist und daß die damalige Fassung besser wäre. Aber, Herr Kriedemann, ich lasse mir die Heimatauskunftstellen nicht zum zweitenmal in Gefahr bringen. Deshalb werde ich gegen Ihren Antrag stimmen.
Meine Damen und Herren, die Praxis wird hier der mangelhaften Fassung abhelfen. Es wird unmöglich sein, auf der Bezirksebene dieses Problem zu bereinigen.
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Die Fassung „in der Regel" läßt Ausnahmen zu, wie Ihnen, Herr Seuffert, als Jurist nicht unbekannt sein dürfte,
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und wir werden praktisch dazu kommen, eine große Heimatauskunftstelle zu haben, die mit Filialen wird arbeiten müssen.
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- Jawohl, das paßt Ihnen vielleicht nicht.
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Aber es wird so sein.
Herr Kriedemann hat weiter gesagt: Wenn schon, dann richtige Behörden, aber keine solchen Ersatzeinrichtungen. Ja, meine Damen und Herren, einmal sagt man uns: Ihr wollt einen großen Behördenapparat aufbauen, und jetzt macht man uns wieder zum Vorwurf, daß es doch kein richtiger Behördenapparat ist. Wir brauchen diese Heimatauskunftstellen nicht, wie Herr Kriedemann anzudeuten beliebte, aus ganz persönlichen Interessen. Ich habe schon in der vorigen Sitzung gesagt, daß wir Mühe haben werden, die Fachkräfte - und es müssen qualifizierte Kräfte sein - überhaupt zusammenzubekommen. Uns geht es um die Sache. Wir sind allerdings der Auffassung, daß man die Feststellung von Vertreibungsschäden unter den Umständen, die auch der Abgeordnete Kriedemann hier soeben zugegeben hat, nicht ohne die Mitwirkung der Vertriebenen vornehmen kann. Wenn man diese Notwendigkeit einsieht - die überhaupt nicht bestritten werden kann -, dann muß man uns zugeben, daß wir in der Gestaltung der Heimatauskunftstellen, von denen der Kollege Wackerzapp mit Recht gesagt hat, daß sie in der Mehrzahl der Fälle nicht in Anspruch genommen zu werden brauchen, sehr sparsam und sehr ökonomisch verfahren sind.
Ich möchte gegenüber allen anderen Vorwürfen, die erhoben worden sind, namens der Antragsteller - und ich glaube auch auf die Zustimmung meiner politischen Freunde rechnen zu können - sagen, daß wir uns von ganzem Herzen nach wie vor zu diesem Gesetz bekennen; und wenn es nicht durch allerlei Widerstände 1 1/2 Jahre verzögert worden wäre, dann hätte es seine Segnungen bereits erweisen können.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Kather hat soeben ausgeführt, daß nach seiner Überzeugung Heimatauskunftstellen auf Regierungsbezirksebene nicht arbeiten könnten und daß beabsichtigt sei, sozusagen als Ausnahme diejenigen Stellen, die allein arbeiten könnten - obwohl sie nicht im Gesetz stehen -, einzuführen, und zwar hinter dem Gesetz. Ich stelle das fest. Der Abgeordnete Kather will trotzdem nicht für unseren Abänderungsantrag stimmen. Ich glaube, er hat damit die Katze aus dem Sack gelassen.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache über die §§ 21 und 22 ist geschlossen.
Ich lasse abstimmen zunächst über den Abänderungsantrag der SPD zu dem Abänderungsantrag der CDU. Dieser Antrag geht dahin, in Abs. 1 des § 21 - Abänderungsantrag der CDU - das Wort „Regierungsbezirke" zu ersetzen durch das Wort „Kreise". Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das zweite ist die Mehrheit; der Abänderungsantrag der SPD zu dem Abänderungsantrag der CDU ist damit abgelehnt.
Nun lasse ich abstimmen über den Abänderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck Nr. 401 Ziffern 1 und 2; beide Ziffern gehören ja zusammen. Wer für die Annahme dieser beiden Abänderungsanträge ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Meine Damen und Herren, es ist nicht ganz sicher festzustellen, welches die Mehrheit ist. Ich bitte Sie, zum Hammelsprung anzutreten.
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Ich bitte den Saal zu räumen.
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Ich bitte die Türen zu schließen. - Sind überall Schriftführer zum Zählen?
({2})
- Dann bitte ich, mit der Auszählung zu beginnen.
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- Meine Damen und Herren, ich bitte, sich zu beeilen!
Ich bitte, die Türen zu schließen. - Die Auszählung ist geschlossen.
Das Ergebnis der Abstimmung ist folgendes. Mit Ja haben 174 Mitglieder des Hauses gestimmt, mit Nein 129; 12 haben sich enthalten. Damit ist der Änderungsantrag angenommen.
Ich rufe auf die §§ 23, - 24, B 25.
({4})
- Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Gesamtabstimmung über die §§21 und 22!
Die §§ 21 und 22 wurden eben im Hammelsprung angenommen. Ich brauche darüber nicht mehr abstimmen zu lassen.
§§ 23, 24 und 25. - Änderungsanträge sind nicht angekündigt. Wer für die Annahme dieser Paragraphen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
§ 26. Hier ist ein Änderungsantrag angekündigt: Umdruck Nr. 400 Ziffer 6. Der Antrag ist offensichtlich rein redaktioneller Art.
({0})
Er braucht wohl nicht besonders begründet zu werden.
({1})
„und 9 a" wird in der Klammer hinzugefügt. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Wer für die Annahme des § 26 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
§ 27. Hier ist ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU angekündigt. Er befindet sich auf Umdruck Nr. 401 unter Ziffer 3. Wird er begründet?
- Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich abstim({2})
men. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ein weiterer Änderungsantrag ist erledigt. Damit ist § 27 in der neuen Fassung, die auf Umdruck Nr. 401 verzeichnet ist, angenommen.
§ 28. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 29. Hierzu liegt eine Reihe von Änderungsanträgen vor, alle von der Fraktion der CDU/CSU. Der Antrag auf Umdruck Nr. 400 Ziffer 8 ist durch die bisherigen Abstimmungen erledigt. Der Antrag auf Umdruck Nr. 401 Ziffer 4 wird nicht begründet? - Das Wort wird nicht gewünscht. Dann lasse ich abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Nunmehr lasse ich über § 29 in der neuen Fassung abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§§ 30, - 31, - 32, - 33, - 34, - 35, - 36, - 37. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den. bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Zu § 38 ist ein Änderungsantrag angekündigt: Umdruck Nr. 396. Er lautet:
In § 38 werden in Absatz 1 Ziffer 1 erste Zeile die Worte „oder grob fahrlässig" gestrichen.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte es für notwendig, ein paar Worte zur Begründung dieses Antrages zu sagen, weil er im Plenum bisher nicht behandelt worden ist. § 38 behandelt die Ausschließung von der Feststellung. Es heißt dort:
Von der Feststellung eines Vertreibungsschadens oder Kriegssachschadens ist unbeschadet der Ausschließung von Ausgleichsleistungen oder von Vergünstigungen im Lastenausgleich sowie einer strafrechtlichen oder steuerstrafrechtlichen Verfolgung ausgeschlossen, wer in eigener oder fremder Sache
1. wissentlich oder grob fahrlässig falsche Angaben usw. gemacht ... hat.
Diese Bestimmung rührt aus dem von den Antragstellern eingereichten Entwurf her. Wir haben also selber den Vorschlag gemacht, daß derjenige, der sich eines Täuschungsversuchs oder, besser gesagt, eines Betrugsversuchs schuldig macht, von der Feststellung ausgeschlossen wird, und wir sind auch dafür, daß er vom Lastenausgleich selbst ausgeschlossen wird. Die Fassung, die uns aber hier vorliegt, geht weiter. Sie bringt diesen Ausschluß schon bei grober Fahrlässigkeit. Dagegen haben wir Bedenken. Es ist ein neuer Weg, den wir mit dieser Bestimmung beschreiten; denn z. B. im Zivilprozeß ist es bisher nicht üblich gewesen. daß Verletzungen der Wahrheitspflicht mit Entziehung des Anspruchs geahndet werden. Ich bin deshalb der Meinung, daß wir diesen Weg nur mit Vorsicht gehen sollten. Ich glaube nicht, daß es richtig ist, bei Verletzungen der Wahrheitspflicht, die auf grobe Fahrlässigkeit zurückgehen, diesen Ausschluß vorzunehmen. Es kommt hinzu, daß der Begriff der groben Fahrlässigkeit natürlich schwankend und wenig fest umrissen ist, so daß Fehlentscheidungen möglich sind.
Ich habe Ihnen daher namens der Fraktion der CDU/CSU vorzuschlagen, in § 38 Abs. 1 Ziffer 1 die Worte „oder grob fahrlässig" zu streichen und es dabei zu belassen, daß nur der vorsätzliche Täuschungsversuch mit dem Rechtsverlust geahndet wird. Ich glaube, wir können das um so eher machen, als nicht nur die Täuschung in eigener, sondern auch die in fremder Sache unter diese Ausschlußdrohung gestellt ist. Damit ist wohl hinreichend Gewähr dafür gegeben, daß sich jeder überlegen wird, ob er mit falschen Angaben operiert oder nicht. Ich bitte Sie daher, diesen Abänderungsantrag anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder, der einmal mit Beweiswürdigung oder mit der Würdigung von Aussagen zu tun gehabt hat, weiß, wie schwer es ist, zwischen einer wissentlich und einer grob fahrlässig falsch gemachten Aussage zu unterscheiden. Der Begriff „wissentlich" setzt einen Vorsatztatbestand voraus, der nur außerordentlich schwer nachgewiesen werden kann. Hier kommt es dagegen darauf an, ob eine unrichtige Angabe entschuldbar oder nicht entschuldbar unrichtig gemacht worden ist. Diese Unterscheidung deckt sich mit der Grenze zwischen grob fahrlässig oder leicht fahrlässig falschen Angaben. Der Begriff „grob fahrlässig" ist durchaus nicht unklar und unsicher in unserem Recht. Dagegen würde die Unterscheidung zwischen „wissentlich" und „grob fahrlässig", also zwischen zwei Arten von unentschuldbar falschen Angaben, eine Beweisführung erfordern, die mit vielen Schwierigkeiten verbunden ist. Wir müssen Sie bitten, diesem Antrag nicht zuzustimmen, wenn Sie nicht das ganze Prinzip entwerten und die Anwendung des § 38 dieses Gesetzes illusorisch machen wollen.
Keine weiteren Wortmeldungen? - Die Aussprache ist geschlossen.
Ich lasse abstimmen. Wer für den Abänderungsantrag ist, der dahin geht, die Worte „oder grob fahrlässig" zu streichen, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Dann lasse ich abstimmen über die §§ 38 und 39. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
§ 40. Hier ist ein Abänderungsantrag angekündigt, Umdruck Nr. 400 Ziffer 9. Es handelt sich offensichtlich nur um eine redaktionelle Änderung, die nicht begründet werden soll. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Dann lasse ich abstimmen über § 40. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
§ 41. Auch hier ist ein Abänderungsantrag angekündigt, Umdruck Nr. 400 Ziffer 10. Es handelt sich ebenfalls nur um eine redaktionelle Änderung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand
({0})
zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen?, - Bei Enthaltungen angenommen.
§§ 41 und 42, - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Schlußabstimmung.
({1})
- Zur Schlußabstimmung Herr Abgeordneter Kriedemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Bemerkung zur Schlußabstimmung. Als vor fast einem halben Jahr in diesem Haus die erste Lesung dieses Initiativgesetzentwurfs stattfand
({0})
- vor eineinhalb Jahren, 1950 war es tatsächlich schon oder besser erst -, machte der Sprecher unserer Fraktion, mein Freund Seuffert, den Stand- punkt unserer Fraktion durch seine Ablehnung klar. Wir haben zum Ausdruck gebracht, welche Illusionen durch ein solches Gesetz heraufbeschworen werden müssen, und wir haben die Damen und Herren Kollegen, die sich für eine solche Feststellung ausgesprochen haben, dringend gebeten, doch wenigstens erst einmal zur Kenntnis zu nehmen, was mit dem Lastenausgleich wirklich möglich sein würde. Wir haben immer wieder gefordert, daß man nicht feststellen, daß man nicht Einzelheiten vorziehen, - sondern daß man endlich an die Beratung und möglichst schnelle Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes herangehen soll, weil alles, was im Zusammenhang damit notwendig ist, erst dann wirklich in Angriff genommen werden kann.
Das hat uns von der Seite derjenigen, die wenigstens etwas tun wollten, wenn der Lastenausgleich nicht käme, die wenigstens feststellen wollten, Angriffe in großer Zahl eingetragen. Eine ganze Weile hatte sich verhältnismäßig bequem die Tatsache überbrücken lassen, daß man mit dem Lastenausgleich nicht weiterkam, wenn man wenigstens über die Feststellung redete. Man hat geglaubt, uns wegen unserer Einstellung zu diesem Feststellungsgesetz so lächerliche Vorwürfe machen zu müssen wie etwa den, wir bekundeten damit, wie wenig uns eigentlich am Eigentum gelegen sei, und ähnliche Redereien.
Meine Damen und Herren, wenn man damals den Initiatoren noch zugute halten konnte, daß sie sich über den Lastenausgleich, wie wir ihn hier zu verabschieden haben, noch nicht klar waren, daß sie noch im Bereich der Wünsche und Hoffnungen und Illusionen lebten, die in den Jahren seit 1945 so sorgsam gepflegt worden sind, so kann man ihnen das heute nicht mehr sozusagen als mildernden Umstand zubilligen.
Gestern wurde in einer Berliner Zeitung, die Ihnen auf der rechten Seite des Hauses sehr viel nähersteht als uns, einmal von der „wahrscheinlich besseren Hälfte des Bundestags" gesprochen, die neulich bei den Abstimmungen über das Schadensfeststellungsgesetz hier in Erscheinung getreten sei. Dabei ist darauf aufmerksam gemacht worden, daß sich doch im Zuge der Beratungen über den Gesetzentwurf zum Lastenausgleich, die nun praktisch auch schon ein Jahr dauern, manches klargestellt habe, was so lange im Bereich der Wunschträume gewesen sei. Diese Zeitung hat uns das Kompliment gemacht, daß wir sehr viel realistischer an die Dinge herangegangen seien als alle anderen, zugleich aber festgestellt, daß sich die Standpunkte jetzt auf der Ebene des Realen allmählich zu nähern begännen, d. h. daß Einsicht da Platz greife, wo bisher Wünsche und Hoffnungen gewesen seien.
Meine Damen und Herren, mit dem Feststellungsgesetz werden Sie keinen Trost dafür spenden, daß bei dem ganzen Lastenausgleich weniger herauskommt, als wir alle miteinander hoffen. Sie werden nur diesen traurigen Tatbestand um so nachdrücklicher unterstreichen. Wir haben uns mit unseren Anträgen bemüht, aus diesem Feststellungsgesetz wenn Sie schon nicht mehr davon abkommen konnten - wenigstens einrichtiges Feststellungsgesetz zu machen. Sie haben durch die Ablehnung der Anträge vorgezogen, bequemer zu leben und so zu tun, als ob Sie etwas täten. Auf Ihr Haupt kommt die Verantwortung für alles das an Enttäuschung und Empörung, was mit diesem Feststellungsgesetz nun in die Welt gesetzt wird.
({1})
Wir wünschen uns daran nicht mitschuldig zu machen. Wir wünschen uns auch nicht an den Kosten mitschuldig zu machen, die auf diese Weise entstehen,
({2}) und die auch dann entstehen, wenn wir hier auf eine verhältnismäßig urelegante Weise versuchen, uns an einer Entscheidung über diese Frage vorbeizudrücken. Wir werden also nicht für dieses Gesetz stimmen; wir werden uns der Stimme enthalten.
({3})
- Ja, dachten Sie, daß wir Ihnen außerdem auch noch den Spaß machten zu sagen, die Sozialdemokraten seien gegen die Feststellung überhaupt?
({4})
Sie wissen ja, daß wir gar nicht gegen die Schadensfeststellung überhaupt sind. bie wissen, daß wir nur gegen den Zauber der Vorziehung sind, daß wir erst dann feststellen wollen, wenn wir nach Ihrem Bekenntnis zum Lastenausgleich wissen, was denn überhaupt festgestellt werden soll.
({5})
Meine Damen und Herren, ich begründe Ihnen vor
der Abstimmung die Haltung meiner Fraktion, um
ganz deutlich werden zu lassen, wer für das verantwortlich ist, was heute hier geboren werden soll.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Kather, ebenfalls zu einer Erklärung zur Abstimmung.
Meine Damen und Herren! Ich möchte auf diese Worte des Herrn Kriedemann doch noch etwas entgegnen. Herr Kriedemann sagte: Wir werden Ihnen nicht die Gelegenheit geben, auch noch zu behaupten, die SPD sei überhaupt gegen die Feststellung gewesen. Herr Kriedemann, wer die Protokolle der letzten Verhandlungen im Bundestag über das Feststellungsgesetz verfolgt, der kann nicht im Zweifel sein, daß Sie von Anfang an dagegen waren.
({0})
Meine Damen und Herren, bitte nicht so laut!
Sie haben sich darüber beklagt,
({0})
- Sie sind sehr nervös, meine Damen und Herren! ({1})
daß Sie wegen Ihrer Haltung Angriffen ausgesetzt gewesen seien. Nun, ich wüßte nicht; ich habe von solchen Angriffen eigentlich sehr wenig gelesen und muß feststellen, daß wir die Situation in keiner Weise ausgenutzt haben. Wenn Sie aber die letzten Nummern des „Neuen Vorwärts" - um nur dieses Blatt zu nennen - durchblättern, dann finden Sie Angriffe gegen uns und gerade auch gegen mich am laufenden Band.
({2})
Ich möchte doch abschließend feststellen, daß wir, wenn auch einzelne Mängel an dem Gesetz vorhanden sein mögen, dieses Gesetz in der Überzeugung verabschieden können, denen, denen es gilt, einen guten Dienst erwiesen zu haben.
({3})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes als ganzes ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Mitteilung zu machen, einen Brief zu verlesen, der an den Präsidenten des Bundestages gerichtet ist. Der Brief kommt von der „Föderalistischen Union ({0})" und lautet:
Die unterzeichneten 22 Bundestagsabgeordneten sind heute der neugegründeten Partei „Föderalistische Union ({1})" als Mitglieder beigetreten.
Gleichzeitig haben sich die Unterzeichneten mit Wirkung vom 14. dieses Monats zur Bundestagsfraktion „Föderalistische Union ({2})" zusammengeschlossen.
({3})
Den Fraktionsvorstand der „Föderalistischen Union ({4})" bilden
1. die gleichberechtigten Vorsitzenden
a) Dr. Hugo Decker,
b) Frau Helene Wessel;
2. deren Stellvertreter
a) Dr. Anton Besold,
b) Dr. Bernhard Reismann;
3. die Geschäftsführer und Kassierer
a) Dr. Conrad Fink,
b) Otto Pannenbecker. Wir beehren uns, Sie hiervon in Kenntnis zu setzen.
({5})
- Ich hatte dies dem Hause mitzuteilen. ({6})
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Handelsabkommen vom 20. Juli 1951 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Peru ({7});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({8}) ({9}).
({10})
({11})
- Punkt 2 der Tagesordnung ist aufgerufen. Das Wort hat der Abgeordnete Lange als Berichterstatter.
Lange ({12}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Drucksache Nr. 2702 hat uns die Regierung den Entwurf eines Gesetzes über das Handelsabkommen vom 20. Juli 1951 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Peru vorgelegt. Das mit diesem Gesetz zu ratifizierende Handelsabkommen ist das erste seiner Art zwischen beiden Ländern. Es stellt einmal hinsichtlich der Meistbegünstigung, zum andern hinsichtlich der Entwicklung der Schiffahrt, allerdings da nach Maßgabe der Gesetze, wieder normale Beziehungen her. Zum dritten wollen die Vertragschließenden hinsichtlich der gewerblichen Schutzrechte natürlichen und juristischen Personen Inländerbehandlung zukommen lassen.
Was vielleicht noch - das geht allerdings nicht aus dem Schlußprotokoll, sondern aus dem Schreiben vom 20. Juli, Seite 7 der Drucksache, hervor - von besonderer Bedeutung für die Belebung des Handelsverkehrs zwischen Peru und Deutschland sein mag, ist die Tatsache, daß seitens der peruanischen Regierung angeregt worden ist, eine peruanisch-deutsche Handelskammer ins Leben zu rufen.
Der Begründung, die die Regierung gegeben hat, hat sich der Ausschuß angeschlossen.
Ich habe her nur namens des Ausschusses die Bitte vorzutragen, dem Gesetzentwurf Drucksache Nr. 2702 unverändert nach der Vorlage Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe in der zweiten Beratung auf: Art. I, - Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift.
- Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf und eröffne die allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen. Ich eröffne die Einzelaussprache: Art. I bis III, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
({0})
Schlußabstimmung: Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das Gesetz ist angenommen. Dieser Punkt der Tagesordnung ist erledigt.
Ich rufe Ziffer 3 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen unbegründete Nichtausnutzung von Einfuhrgenehmigungen ({1}),
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen ({2}) ({3}).
({4}).
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Bromme als Berichterstatter.
Bromme ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 1. Januar des neuen Jahres beginnt für die Bundesrepublik die zweite Periode der Liberalisierung. Es liegt im deutschen und im ausländischen Interesse, Maßnahmen zu treffen, dam t sich in der Entwicklung der wirtschaftlichen Situation nicht die gleichen Schwierigkeiten wiederholen, die uns im Frühjahr dieses Jahres zu einem Liberalisierungsstopp zwangen. Solche gesetzgeberischen Maßnahmen dürfen natürlich weder den Grundsätzen der Liberalisierung noch den GATT-Bestimmungen widersprechen.
Im Hinblick auf die deutsche Devisenlage erscheinen einschneidende Sicherungen eigentlich selbstverständlich. Diese Sicherungen sind bei den Importen möglich. Die Erfahrung lehrt, daß bei Einfuhranträgen an Devisenkontingent häufig das Vielfache von dem nachher in Anspruch Genommenen beantragt worden ist.
Der unter Nr. 2888 der Drucksachen von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachte Entwurf eines Gesetzes gegen unbegründete Nichtausnutzung von Einfuhrgenehmigungen ist am 6. Dezember 1951 vom Bundestag dem Ausschuß für Außenhandelsfragen überwiesen worden. Dieser hat ihn am 7. und 13. Dezember 1951 beraten und ohne wesentliche Änderungen akzeptiert.
Der Gesetzentwurf sieht die Festsetzung eines Reugeldes vor, wenn eine im Einfuhrverfahren erteilte Genehmigung nicht oder nicht vollständig ausgenutzt wird. In den §§ 2, 3 und 4 des Gesetzentwurfs sind vom 14. Ausschuß geringfügige Änderungen bzw. Streichungen vorgenommen worden. In § 2 Abs. 2 ist eine nicht erhebliche materielle Änderung dahingehend erfolgt, daß ein Reugeld nicht erhoben wird, wenn der Fehlbetrag 10 v. H. oder weniger des Einfuhrwertes ausmacht.
In § 3 sollen die Worte „({6})" entfallen, weil die Art der Sicherstellung des Reugeldes in besonderen Durchführungsverordnungen näher erläutert werden soll. Die Regelung in § 4, die die Frist für die Festsetzung des Reugeldes von drei auf zwei Monate verkürzt, ist aus Gründen wirtschaftlicher Beweglichkeit geschehen. Die vom Ausschuß vorgenommene Änderung des § 4 Abs. 2 betrifft den Verzicht auf Reugeld, wenn - das dürfte eigentlich selbstverständlich sein - die Nichtausnutzung oder nicht vollständige Ausnutzung der Genehmigung vom Reugeldpflichtigen nicht zu vertreten ist. In § 5 ist keine Änderung erfolgt. Es sei jedoch erwähnt, daß das Reugeld bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht abzugsfähig ist.
Gemäß Beschluß des Ausschusses, der Ihnen in Umdruck Nr. 402 vorliegt, habe ich darum zu bitten, nach § 5 einen § 5 a folgenden Inhalts einzufügen:
Dieses Gesetz gilt in Berlin, sobald das Land Berlin die Einführung des Gesetzes gemäß Artikel 87 Absatz 2 seiner Verfassung beschließt.
Im Ausschuß für Außenhandelsfragen bestand Einmütigkeit über die Notwendigkeit der Erhebung eines Reugeldes, um Mißbräuche bei Einfuhrgenehmigungen, wie sie in der Vergangenheit häufig genug vorgekommen sind, möglichst zu unterbinden. Ob die vorgeschlagenen Maßnahmen, insbesondere die Höhe des festgesetzten Reu-geldes, ein etwaiges Spekulantentum effektiv zu bekämpfen vermögen, bleibt jedoch - zumindest für e nige Wirtschaftszweige - sehr fragwürdig. Es ist der Wunsch des Ausschusses, daß die Verwaltung solchen Spekulanten besondere Aufmerksamkeit widmet.
Im Auftrage des Ausschusses möchte ich das Hohe Haus bitten, dem Gesetzentwurf mit den aus dem Umdruck Nr. 402 und der Drucksache Nr. 2914 ersichtlichen Änderungen zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die zweite Beratung und rufe auf die §§ 1,-2,-3,-4,-5.-5a.6, - Einleitung und Überschrift. - Keine Wortmeldungen. Dann lasse ich abstimmen. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen. Die zweite Beratung ist geschlossen.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache in
dritter Beratung.
- Keine Wortmeldungen. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Ich eröffne die Einzelberatung: § 1, - § 2, -§ 3, - § 4, - § 5, - § 5 a, - § 6, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, d'e Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme. Dieser Punkt der Tagesordnung ist erledigt.
Meine Damen und Herren! Absprachegemäß rufe ich nunmehr den noch nicht auf der Tagesordnung verzeichneten Gegenstand auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die einstweilige Außerkraftsetzung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({1}).
Es handelt sich um eine Terminsache. Berichterstatter ist der Abgeordnete Hoppe. Ich erteile ihm das Wort. ({2})
({3})
- Ich rufe mit Ihrem Einverständnis, da der Berichterstatter nicht anwesend ist, eine weitere Sache auf, die heute zusätzlich behandelt werden soll:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Zulagen und Mindestleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung ({4}) ({5}).
Hier hat Ihnen der Ältestenrat den Vorschlag zu machen, sich mit der Entgegennahme der gedruckten Begründung zu begnügen und auf Aussprache zu verzichten. Es ist eine erste Lesung. - Das Haus ist einverstanden. An welchen Ausschuß wäre dann zu verweisen?
({6})
- An den Ausschuß für Sozialpolitik! - Wer für die Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Es ist so beschlossen.
Ist der Abgeordnete Hoppe nunmehr da?
({7})
- Verzichtet das Haus auf mündliche Berichterstattung? - Kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Der Ausschuß empfiehlt, dem Gesetzentwurf in der aus der Zusammenstellung auf Drucksache Nr. 2938 ersichtlichen Fassung zuzustimmen und die Bundesregierung zu ersuchen, den gesetzgebenden Körperschaften ein Gesetz zur Neuregelung des Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaftsrechts bis zum 31. Dezember 1952 vorzulegen.
Wir treten ein in die Einzelberatung der zweiten Beratung. Ich rufe auf den § 1. Hier ist ein Abänderungsantrag von Dr. Etzel ({8}), Dr. Decker, angekündigt. Wollen Sie ihn begründen? Er geht lediglich dahin, statt „31. Dezember 1953" zu setzen „31. Dezember 1952".
({9})
- Herr Dr. Etzel, Sie könnten auf Begründung verzichten; ich habe eben den Antrag verlesen. ({10})
- Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Etzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bestreiten nicht das Recht jener Kreise der Bevölkerung, die, sozial und wirtschaftlich schwach, glauben, durch Selbsthilfeeinrichtungen ihre realen Einkommen verbessern zu können. Wir geben auch zu, daß die Konsumgenossenschaften, die unter der nationalsozialistischen Herrschaft enteignet worden sind, einen juristischen und einen moralischen Anspruch auf Wiedergutmachung haben. Wir sind aber der Meinung, daß die ursprünglich von dem Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in Aussicht genommene Begrenzung der Wiederaufbauperiode der Konsumgenossenschaften mit dem 31. Dezember 1951 wohl als ausreichend bemessen anzusehen ist. Die Entwicklung der Mitgliederbestände und der Zahl der Verteilungsstellen der Konsumgenossenschaften läßt durchaus eine positive Tendenz erkennen. So ist der Mitgliederstand nach den eigenen Mitteilungen des Zentralverbandes vom Jahre 1948 auf 1949 von 756 000 auf 1 018 000, also um rund 263 000, gestiegen. Vom Jahre 1949 auf 1950 hat er sich um weitere 305 000 erhöht, und es darf vielleicht mit einiger Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß diese günstige Entwicklung auch im Jahre 1951, für das eine authentische Zahl noch nicht vorliegt, angehalten hat. Wir sind sogar der Meinung, daß die kommenden Jahre noch eine raschere Entwicklung bringen werden, als es die zurückliegenden ersten Aufbauphasen ersehen lassen; denn die absolute Steigerung der Zunàhme von 263 000 Mitgliedern im Jahre 1948/ 49 auf 305 000 im Jahre 1949/50 ist beträchtlich. Wir sind also der Auffassung, daß es wohl ausreichend sein dürfte, die ursprünglich auf den 31. Dezember 1951 bemessene Auslaufzeit noch bis zum 31. Dezember 1952 zu erstrecken. Wir glauben, daß es möglich sein wird, bis dahin sowohl bei den Verteilungsstellen wie auch bei den Mitgliederbeständen ungefähr wieder zu den Zahlen des Jahres 1930 zu kommen und die Verluste aufzuholen.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich kann noch bekanntgeben, daß eben zu § 1 ein Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP mit demselben Inhalt eingereicht worden ist, „1953" durch „1952" zu ersetzen.
({0})
- Hier steht 31. Dezember. Das ist für die Entschließung, die nachher zu fassen ist. Das Datum, das Sie mir eben zurufen, steht in Ziffer 2 dieses Antrags und betrifft die Entschließung.
Wer für Annahme des Abänderungsantrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!
- Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt, § 1 unverändert angenommen.
Ich rufe auf die §§ 1 a und 2, - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen angenommen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf und eröffne die allgemeine Aussprache. Keine Wortmeldungen. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir treten in die Einzelberatung ein: Ich rufe auf die §§ 1, - 1 a und 2, - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit.
Schlußabstimmung: Wer für Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist angenommen.
Wir müssen noch über die Entschließung abstimmen. Auch hier ist ein Abänderungsantrag gestellt. Der Unterschied zwischen den beiden Anträgen besteht darin, daß im Antrag des Ausschusses die Regierung ersucht wird, bis zum 31. Dezember 1952 das neue Gesetz vorzulegen, während sie im Abänderungsantrag ersucht wird, das Änderungsgesetz bis zum 1. Juli 1952 vorzulegen. Der Abänderungsantrag hat Vorrecht bei der Abstimmung. Ich lasse darüber abstimmen.
Wer für den Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; der Abänderungsantrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über den Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 2938 Ziffer 2. Wer dafür
({1})
ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; die Entschließung ist angenommen. Der Punkt der Tagesordnung ist erledigt.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen ({2});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit ({3}) ({4}).
({5})
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dr. Hoffmann ({6}).
Dr. Hoffmann ({7}) ({8}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Durchführung des Gesetzes über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen vom 11. Juni 1951 haben sich einige technische Schwierigkeiten ergeben, deren Behebung der interfraktionelle Initiativgesetzentwurf auf Drucksache Nr. 2640 bezweckt. Dieser Entwurf wurde in der 169. Sitzung dem Ausschuß für Geld und Kredit - federführend - und weiterhin dem Ausschuß für Sozialpolitik überwiesen. Der Entwurf sah weitgehende Ermächtigungen der Bundesregierung - mit Zustimmung des Bundesrats - zum Erlaß von Rechtsverordnungen vor.
Gegen diesen Vorschlag hat der Vertreter des Bundesjustizministeriums in den Ausschußberatungen Bedenken geltend gemacht. Er hat insbesondere darauf hingewiesen, daß nach Art. 80 des Grundgesetzes Ermächtigungen für die Bundesregierung zum Erlaß von Rechtsverordnungen nach Inhalt, Zweck und Ausmaß genau bestimmt werden müssen, was in dem Initiativgesetzentwurf nicht der Fall sei. Es ist dann im Ausschuß ein Vorschlag der beteiligten Ministerien zur Diskussion gestellt worden, der die verschiedenen notwendigen Ergänzungen und Änderungen materiell zu regeln beabsichtigte, aber auf die Ermächtigung zu Rechtsverordnungen verzichtete. Dieser Entwurf hat dann in den Beratungen im Ausschuß für Geld und Kredit die Fassung gefunden, die Ihnen in der Drucksache Nr. 2904 vorliegt.
Ich kann mich darauf beschränken, zu einigen Bestimmungen dieses Entwurfes Bemerkungen zu machen. Der § 5 des Gesetzes sah eine Frist von sechs Monaten für die Berechnung der Beträge vor, für die Rentenausgleichsforderungen gegen den Bund zuzuteilen sind. Diese Frist hat sich in einigen Fällen als unzulänglich erwiesen. Infolgedessen wird jetzt in der Ergänzung zu § 5 der Versicherungsaufsichtsbehörde das Recht zugestanden, in Ausnahmefällen die Frist zu verlängern. Weiterhin ist in § 5 ein Abs. 4 eingefügt worden, der vorsieht, daß Zinsbeträge für eine Rentenausgleichsforderung, die der Schuldner der Rentenausgleichsforderungen an das Versicherungsunternehmen erst nach dem Zeitpunkt leistet, zu dem sie nach Abs. 1 Satz 2 zu zahlen sind, von diesem Zeitpunkt an jährlich mit 5 v. H. zu verzinsen sind. Ebenso sind mit 5 v. H. zu verzinsen Zinsbeträge für eine Rentenausgleichsforderung, die dem Schuldner zu erstatten sind.
§ 5 a neuer Fassung hat lediglich formale Bedeutung. Er legt fest, daß Rentenausgleichsforderungen Schuldbuchforderungen sind und daß sie auf Ersuchen des Bundesministeriums der Finanzen in das Bundesschuldbuch einzutragen sind.
Wesentlich ist die neue Fassung des § 6 des Gesetzes. Die bisherige Fassung des § 6 bestimmt, daß die Beleihung oder der Verkauf von Rentenausgleichsforderungen unzulässig ist, es sei denn, daß die Versicherungsaufsichtsbehörde die Unmöglichkeit der Rentenauszahlung, also die Illiquidität bei einzelnen Versicherungsunternehmen feststellt. Diese Bestimmung hat sich in der Praxis als unwirksam erwiesen. Man hat nämlich auch mit Zustimmung der Versicherungsaufsichtsbehörde in Fällen, in denen es erforderlich gewesen wäre, Liquiditätshilfe nicht leisten können, weil das Zentralbanksystem sich zu Recht auf den Standpunkt gestellt hat, daß nach dem Bankgesetz die Möglichkeit des Ankaufs solcher Rentenausgleichsforderungen nicht besteht. Um die mancherlei Schwierigkeiten zu beheben, die infolge mangelnder Liquidität einzelner Versicherungsunternehmungen entstanden sind, ist inzwischen eine Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und der Bank deutscher Länder dahin erzielt worden, daß in solchen Fällen zwar nicht Rentenausgleichsforderungen, wohl aber andere Ausgleichsforderungen vorübergehend illiquiden Versicherungsunternehmungen abgenommen werden dürfen. Das ist eine vorübergehende Hilfe. In Verbindung mit dem kommenden Bundesbankgesetz wird dieser Fragenkomplex erneut zu behandeln sein. Es besteht aber nunmehr die Gewißheit, daß in dieser Übergangszeit den Versicherungsunternehmungen wirksam geholfen werden kann, die wegen vorübergehender Illiquidität die zusätzlichen Rentenforderungen nicht oder nicht pünktlich haben erfüllen können.
Der § 7 des Gesetzes, der neu eingefügt werden soll, regelt die Ausdehnung des Gesetzes auf Berlin. In Abs. 1 finden Sie die übliche Formel für die Ausdehnung von Bundesgesetzen auf Berlin mit den Abweichungen, die sich daraus ergeben, daß die Neuordnung des Geldwesens in Berlin auf anderen Rechtsgrundlagen beruht als in der Bundesrepublik.
Schließlich wird der Bundesminister der Justiz ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und dem Bundesminister der Finanzen die neue Fassung des Gesetzes bekanntzugeben.
Meine Damen und Herren, der Ausschuß für Sozialpolitik, dem die Vorlage ebenfalls überwiesen wurde, hat sich in seiner Sitzung am 5. Dezember 1951 damit befaßt und den Beschlüssen des Ausschusses für Geld und Kredit zugestimmt. Ich habe Sie daher im Namen beider Ausschüsse zu bitten, der Vorlage in der Fassung der Drucksache Nr. 2904 Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten ein in die Einzelberatung der zweiten Lesung.
Ich rufe auf Art. I, - keine Wortmeldungen, Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!
- Einstimmige Annahme.
({0})
- Bei einigen Enthaltungen der kommunistischen Fraktion. - Die zweite Beratung ist geschlossen.
({1}) Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen; die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Wir treten ein in die Einzelbesprechung. Ich rufe auf Art. I bis III, Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich darf ohne besondere Abstimmung feststellen, daß das Haus den Ausschußantrag betreffend Erledigung der Petitionen annimmt.
Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung erledigt. Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes ({2}).
({3})
Dieser Antrag war nicht einem Ausschuß überwiesen. Es ist also keine Berichterstattung möglich. Das Gesetz besteht aus einem einzigen Paragraphen.
({4})
- Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kleindinst.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzesantrag war dem Ausschuß für Beamtenrecht nicht überwiesen. Es hat sich in der letzten Beratung darum gehandelt, ob der Antrag sofort in erster, zweiter und dritter Lesung beraten werden soll. Dabei hat es sich aber doch gezeigt, daß es notwendig ist, auch über einfache Gesetzesvorschläge im Ausschuß zu beraten. Wir haben diese Beratung interfraktionell vorgenommen. Es wäre nämlich die Gefahr entstanden, daß zwischen dem Ablauf der Frist nach dem Gesetz selbst und dem Beginn der Frist nach dem neuen Gesetz ein Zwischenzustand eingetreten wäre, und daß die Anträge, die in dieser Zeit gestellt worden sind, hätten erneuert werden müssen.
Deshalb beantragen wir folgendes: Der „Einzige Paragraph" im Antrag der SPD-Fraktion wird § 1. Dazu kommt noch ein zweiter Paragraph des Wortlauts:
Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 30. September 1951 in Kraft.
Damit ist die Frist von sechs Monaten, die das Gesetz gestellt hat, ohne weiteres auf ein Jahr verlängert, ohne daß ein Zwischenzustand zwischen dem Ablauf der ursprünglichen Frist und der Frist eintritt, die durch das neue Gesetz nach der Verkündung sich ergeben würde. Ich bitte Sie also, das Gesetz mit dieser Ergänzung - § 1, § 2: „Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 30. September 1951 in Kraft" - annehmen zu wollen. Ich darf den Antrag, der von allen Fraktionsmitgliedern gestellt ist, die an der Vorberatung beteiligt waren, dem Herrn Präsidenten überreichen.
Wir haben darüber abzustimmen. Es handelt sich also praktisch darum, statt „Einziger Paragraph" die Worte „§ 1" zu setzen und anschließend einen § 2 des Inhalts anzufügen, daß dieses Gesetz mit Wirkung vom 30. September 1951 in Kraft tritt. Ich glaube, wir können über beides gleichzeitig abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu heben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen. Einleitung und Überschrift. - Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen. Damit ist die zweite Beratung geschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Wir treten ein in die Einzelberatung. Ich rufe auf § 1, - § 2, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! Angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die
Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich
um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Land Berlin ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Berlin ({1}) ({2}). ({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucerius als Berichterstatter.
Dr. Bucerius ({4}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Angesichts des nahezu leeren Hauses ist dem Berichterstatter eine ausführliche Berichterstattung nicht zuzumuten.
({5})
Ich verweise daher auf die Drucksache, insbesondere darauf, daß die Drucksache Nr. 2915 durch den Umdruck Nr. 399 ergänzt ist. Der Finanzausschuß hat die Vorlage in der Fassung verabschiedet, wie sie in der Drucksache Nr. 2915 vorliegt; er ist also im § 16 von der des Berlin-Ausschusses abgewichen, indem er den § 16 Abs. 3 gestrichen hat. Ich darf den Text des § 16 Abs. 3 vorlesen:
Solange die Abgabe „Notopfer Berlin" erhoben wird, dient ihr Aufkommen der Deckung des Bundeszuschusses. Übersteigt das Aufkommen den festgesetzten Bundeszuschuß, so verbleibt der Mehrbetrag dem Bund.
Der Finanzausschuß war der Meinung, daß die hier niedergelegten Grundsätze sich von selbst verstünden. Im Einvernehmen mit dem Vertreter des Landes Berlin war aber der Berlin-Ausschuß der Meinung, daß dieser, obwohl selbstverständliche Satz, noch einmal ausgesprochen werden sollte. - Bisher ist ein Änderungsantrag im Sinne der Auffassung des Finanzausschusses nicht gestellt worden.
Lediglich auf einen Punkt möchte ich noch hinweisen, weil er über die Beziehungen des Landes Berlin zur Bundesrepublik hinaus von allgemeinem Interesse ist. Mit § 3 Abs. 2 wird nunmehr die Regelung der sogenannten Berliner Uraltkonten zugunsten derjenigen Personen, die in den Westgebieten leben, in Angriff genommen. Es ist in absehbarer Zeit damit zu rechnen, daß ein Gesetz erlassen wird, das nunmehr auch die in den Westzonen lebenden Inhaber von Berliner Konten in den Besitz ihrer aufgewerteten Konten bringen wird.
({6})
Meine Damen und Herren, das Gesetz entspricht einem Wunsch Berlins und der übrigen Teile der Bundesrepublik. Es erfüllt nicht alle Wünsche, die zugleich in Berlin und in den übrigen Teilen der Bundesrepublik geäußert worden sind. Indessen werden die großen Entscheidungen der Geschichte nicht immer im Sturmschritt erreicht. Festigkeit und Beharrlichkeit sind meist die zuverlässigsten Grundlagen für dauernden Erfolg. Von diesem Geist beseelt, haben sich die Ausschüsse für Post, für Finanzen und für Berlin entschlossen, Ihnen den Gesetzentwurf in der gegenwärtigen Fassung vorzulegen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten ein in die zweite Beratung. Ich nehme an, meine Damen und Herren, daß wir den gedruckten Text als durch den Umdruck Nr. 399 ergänzt betrachten dürfen, so daß wir nicht besonders über die Berichtigungen abzustimmen haben, die auf Umdruck Nr. 399 verzeichnet sind. Ist das Haus einverstanden?
({0})
Auch der Herr Berichterstatter als Kenner der Sache?
({1})
- Können Sie dem Hause dazu raten, daß wir den gedruckten Text zugrunde legen und die Berichtigungen, die auf Umdruck Nr. 399 verzeichnet sind, als in den gedruckten Text eingefügt ansehen?
({2})
- Wir brauchen also nicht besonders darüber abzustimmen.
Dann rufe ich auf die §§ 1, - 2, - 3, - 4, -5,-6,-7,-8,-9,-10.
Zu § 10 hat Herr Abgeordneter Kohl das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der § 10 befaßt sich mit dem Post- und Fernmeldewesen. Wir haben, wie der Herr Vorredner schon gesagt hat, leider nicht alles erreicht. Die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben gehen nun auf die Bundespost über. Das bedeutet für unseren Posthaushalt ein Defizit von etwa 35 Millionen DM.
Ihnen allen ist bekannt, daß die Post von ihren Betriebseinnahmen 62/3 % an den Bundesfinanzminister abzuführen hat. Wir wissen auf Grund der jetzt vorliegenden Schätzung, daß für 1951/52 bei einer Betriebseinnahme von etwa 131 Millionen DM 8 Millionen zusätzlich an den Bundesfinanzminister abzuführen sind, trotz des Defizits, das wir in Berlin haben. Diese Maßnahme erscheint uns unbillig. Wir haben den Eindruck, daß wohl dieses Defizit getragen werden muß; aber diese zusätzlichen 8 Millionen nun dem Finanzminister auszuhändigen, erscheint uns vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus nicht tragbar.
Im übrigen wissen wir aus dem Postausschuß - ich kann mich hier auf meine Kollegen aus der Koalition berufen, die alle dieser Meinung sind, und nehme an, daß auch von seiten der SPD zu der Frage Stellung genommen wird -, daß die Post dringende Investitionen - das ist bisher vernachlässigt worden - durchzuführen hat. Wir haben die Überzeugung und auch die Beweise, daß das Geld, das die Post anlegt, sich rasch rentiert. Es wäre deshalb nach unserem Gefühl verkehrt, jetzt dem
Finanzminister diese zusätzlichen 8 Millionen DM zu geben und dafür die Investitionsmöglichkeiten der Post zu beeinträchtigen.
Deshalb möchte ich dem Hohen Hause, und ich bitte um Ihre Zustimmung, folgenden Vorschlag unterbreiten: Der Abs. 1 des § 10 erhält folgenden Zusatz:
Die Deutsche Bundespost hat aus diesen Betriebseinnahmen Ablieferungen nur zu leisten, wenn die Betriebseinnahmen die Betriebsausgaben übersteigen.
Diese Maßnahme steht in einem gewissen Widerspruch zu Abs. 3. Nach Abs. 3 des § 10 durfte bis zum 31. März 1952 ein Abzug der 6 2/3 % nicht erfolgen. Damit ist eo ipso eingeschlossen, daß vom 1. April 1952 ab, für die Jahre 1952, 1953 usw., diese 6 2/3 % abgeliefert werden müßten. Ich glaube also, es liegt im Interesse einer Weiterentwicklung der Post, daß diese beiden Anträge angenommen werden, die wahrscheinlich schon vorliegen.
Nein, ich habe keinen Antrag hier.
Ich darf diesen Antrag einbringen. Wir haben uns in der Koalition darüber geeinigt.
Das Wort hat der Abgeordnete Cramer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Berichterstatters enthalten eine kleine Unrichtigkeit. Der Postausschuß hat zwar bis zur achten Fassung des Gesetzentwurfs Stellung genommen; die neunte und zehnte hat uns nicht mehr vorgelegen. Infolgedessen konnten wir auch zu der letzten Angelegenheit nicht mehr Stellung nehmen, wir hätten das sonst getan. Wir wollten aber das Gesetz nicht aufhalten, wollen es auch heute nicht, bitten Sie aber auch von seiten der SPD-Fraktion, dem Antrage des Kollegen Kohl zuzustimmen.
({0})
Herr Bucerius, - als Berichterstatter?
({0}) - In Ihrer Eigenschaft als Abgeordneter!
Meine Damen und Herren! Als Mitglied des Berlin-Ausschusses darf ich sagen, daß diesem Ausschuß vom Postausschuß Mitteilung über das Ergebnis der Beratungen gemacht worden ist. Diese Mitteilung hat den weiteren Beratungen des Berlin-Ausschusses zugrunde gelegen. Wenn später noch beim Postausschuß Anträge eingegangen sein sollten, die er nicht behandelt hat, ist dies nicht ein Fehler der Mitglieder des Berlin-Ausschusses.
Zur Sache: Ich bitte Sie, den Antrag abzulehnen. Es handelt sich um eine Divergenz zwischen dem Postausschuß auf der einen und dem Finanz- und dem Berlin-Ausschuß auf der anderen Seite. Sachlich geht es um folgendes: Wir alle haben den Wunsch, daß die Berliner Verwaltungen, insbesondere die mit wirtschaftlichen Dingen befaßten Verwaltungen wie die Postverwaltung, in die Verwaltung des Bundesgebiets übernommen werden. Das läßt sich rechtlich mit Rücksicht auf den Einspruch der Alliierten nicht voll durchführen. Es soll daher
({0})
in der Form durchgeführt werden, daß alle Einnahmen und alle Ausgaben übernommen werden. So weit wie möglich soll daher die Berliner Post als Bestandteil der Bundespost behandelt werden.
Nun hat die Bundespost von ihren Umsätzen im übrigen Bundesgebiet eine Abgabe zu zahlen, die nicht vom Reingewinn sondern vom Umsatz abhängt; 6 2/3 % vom Umsatz, glaube ich, sind es. Die Bundespost möchte diese Umsatzprovision von ihren Bruttoeinnahmen im Land Berlin nur dann zahlen, wenn die Einnahmen der Post in Berlin die Ausgaben übersteigen. Ich würde hierin einen sehr bedauerlichen Einbruch in das System, das in der Bundesrepublik herrscht, und eine ebenfalls sehr bedauerliche Abweichung von den Grundlinien dieses Gesetzes darin sehen, wenn hier wiederum eine Sonderstellung für Berlin begründet würde, die keineswegs im Interesse derjenigen liegt, die das Zustandekommen dieses Gesetzes gewünscht haben. Deshalb bitte ich Sie, diesen Antrag abzulehnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir stimmen ab. Zunächst, meine Damen und Herren, lasse ich über die aufgerufenen §§ 1 bis 9 abstimmen. Wer für deren Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen die Stimmen der kommunistischen Fraktion angenommen.
Nun lasse ich über den Abänderungsantrag zu § 10 abstimmen, den Herr Kollege Kohl eingereicht und begründet hat. Wer für die Annahme dieses Abänderungsantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Ohne Frage ist das die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Dann lasse ich über § 10 in der Fassung des Ausschußvorschlages abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen die Stimmen der kommunistischen Fraktion angenommen.
Ich rufe auf § 11, - § 12, - § 13, - § 14, -§ 15, - § 16, - § 17, - § 18, - § 19, - § 20, - Einleitung und Überschrift, wobei die Berichtigungen auf Umdruck Nr. 399 als berücksichtigt gelten. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Dieser Punkt der Tagesordnung ist erledigt.
Meine Damen und Herren, ich habe einen Fehler begangen. Wir haben erst die zweite Lesung hinter uns gebracht; die Schlußabstimmung war also verfrüht. Ich bitte, das zu entschuldigen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Ausprache. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Müller.
Die Gesamtaussprachezeit, die der Ältestenrat vorschlägt, ist 40 Minuten. - Das Haus ist damit einverstanden.
Meine Damen und Herren! Entgegen den Viermächtebestimmungen bedeutet dieses Gesetz einen weiteren Schritt auf dem kalten Wege, Westberlin als zwölftes Bundesland zu deklarieren und in die gesetzlichen Maßnahmen des Bundes einzubeziehen.
({0})
Ich glaube, daß die Verhältnisse in Westberlin so eindeutig gegen die Aufrechterhaltung der vom Westen aus herbeigeführten und gewünschten Spaltung sprechen,
({1})
daß die Regelung der Berliner Frage, d. h. die Wiederherstellung der Berliner Einheit
({2})
im Rahmen der gesamtdeutschen Einheit das vordringlichste Problem sein müßte, dessen Prüfung sich eigentlich alle Abgeordneten dieses Hauses unterziehen müßten.
Ich möchte nur eine Frage aufwerfen: Was kostet eigentlich den Steuerzahler im Bundesgebiet die Aufrechterhaltung der Spaltung Berlins? Ich denke - ohne auf Einzelheiten eingehen zu wollen -, daß die treffendste Antwort darauf wohl der erste Nachtrag des Haushalts für Berlin gibt. Nicht nur ist in diesem ersten Nachtragshaushalt an Finanzhilfe für Berlin der Betrag von 550 Millionen DM eingesetzt; es kommen Ausgaben in verschiedenen Einzelplänen hinzu, z. B. Besatzungskosten und Auftragsausgaben einmal in der Höhe von 129 366 000 DM, ein weiterer Posten von 15 Millionen DM und schließlich noch ein Posten von 14 226 000 DM. Das heißt, daß der Bund allein für Besatzungskosten für Berlin den Gesamtbetrag von 158 592 000 DM ausgeben muß. Die gesamten Leistungen für Berlin nach diesem Haushalt betragen 1 273 116 000 DM. Diese Summe beweist, daß die wirtschaftliche und die allgemeine soziale Lage in Berlin geradezu danach schreit, daß der Zustand der Spaltung endlich überwunden wird.
({3})
Ich darf nur auf die Arbeitslosen in Westberlin hinweisen, deren Zahl die Grenze von 300 000 erreicht hat. Das sind Verhältnisse, die dringend eine Änderung des Zustandes von Westberlin erfordern.
({4})
Ihre Redezeit ist abgelaufen. Kommen Sie zum Schluß!
Wir sind der Meinung, daß eine Änderung der Lage Westberlins nur auf dem Wege der Herstellung der Einheit erreicht werden kann.
({0})
Durch die Herstellung dieser Einheit auf dem Wege der Herstellung der gesamtdeutschen Einheit, durch die Annahme der Vorschläge der Volkskammer, gesamtdeutsche Beratungen und gesamtdeutsche Wahlen durchzuführen, werden die katastrophalen Verhältnisse in Westberlin endlich beseitigt werden.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Mellies.
Meine Damen und Herren! Wenn die übrigen Fraktionen des Hauses zu diesen Darlegungen des kommunistischen Abgeordneten keine Stellung nehmen, so bedeutet das lediglich das Schweigen der Verachtung gegenüber diesen Ausführungen.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache der dritten Beratung ist geschlossen.
Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe die §§ 1 bis 20 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen die kommunistischen Stimmen angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Mende.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Auftrag, im Namen der drei Regierungsfraktionen um eine Unterbrechung der Sitzung für zwei Stunden und um Einberufung des Ältestenrates für 18 Uhr 30 zu bitten. Die drei Regierungsfraktionen wollen . wichtige politische Fragen und politische Planungen für die nächste Zukunft besprechen.
({0})
Widerspruch erhebt sich nicht; das Haus ist einverstanden. Dann wird die Sitzung unterbrochen. Wir versammeln uns wieder um 19 Uhr 15. Der Ältestenrat wird auf 18 Uhr 30 einberufen werden.
({0})
Die Sitzung wird um 20 Uhr 39 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer wieder eröffnet.
Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Wir fahren in der Beratung der Tagesordnung
fort. Ich rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung der von der Fraktion der Bayernpartei und von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes zum ersten Deutschen Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung ({1}) ({2}).
({3}) Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Hoffmann.
Hoffmann ({4}) ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich Ihnen den Mündlichen Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung - Drucksache Nr. 2905 - erstatte, möchte ich darauf hinweisen, daß dem Hohen Hause zu dem gleichen Fragenkomplex eine Reihe weiterer Anträge vorlagen, die aber zum Teil während der Ausschußberatungen von den antragstellenden Fraktionen zurückgezogen oder aber im Einvernehmen mit den antragstellenden Fraktionen als erledigt betrachtet wurden. Nach Vorlage einer Gegenüberstellung der Zahl der Doppelmandatsträger am 1. Oktober 1949 und am 1. Oktober 1951 wurde der Antrag der Abgeordneten Dr. Jaeger, Kemmer, Stücklen und Genossen - Drucksache Nr. 724 - als erledigt betrachtet. Aus der eben genannten Gegenüberstellung ergab sich, daß die Zahl der Doppelmandatsträger von 85 am 1. Oktober 1949 auf 12 am 1. Oktober 1951 gesunken ist. Daher wurde eine gesetzliche Regelung nicht mehr für notwendig gehalten. Damit erledigt sich der Mündliche Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung vom 8. September 1950. Sie sehen daraus, daß sich einzelne Sachen auch durch Liegenlassen erledigen.
Der Antrag der Bayernpartei auf Umdruck Nr. 10 wurde nach eingehender Beratung im Ausschuß gegen die Stimmen der antragstellenden Fraktion mit der Begründung abgelehnt, daß der Antrag im Endergebnis die Schaffung einer präsidentiellen Demokratie zum Ziele habe. Die Frage der parlamentarischen oder der präsidentiellen Demokratie ist schon bei der Beratung des Grundgesetzes zugunsten des parlamentarischen Systems entschieden worden. Inzwischen hat aber auch die Fraktion der Bayernpartei nach Abschluß der Ausschußberatung mit Schreiben vom 16. November 1951 dem Herrn Präsidenten mitgeteilt, daß die Fraktion diesen Antrag zurückzieht.
Der Änderungsantrag der Abgeordneten Gengler, Dr. von Brentano und Fraktion der CDU/CSU, Umdruck Nr. 12, wurde nach eingehenden Beratungen im Einvernehmen mit den Vertretern der antragstellenden Fraktion als überholt und damit als erledigt betrachtet.
Ich komme jetzt zur Behandlung der in dem Mündlichen Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung, Drucksache Nr. 2905, aufgeführten Anträge der Fraktion der Bayernpartei auf Drucksache Nr. 650 und Drucksache Nr. 2271 und zu dem Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache Nr. 2639. Der Antrag der Fraktion der Bayernpartei auf Drucksache Nr. 650 wurde in mehreren Sitzungen des Ausschusses eingehend beraten. Die Mehrheit des Ausschusses war mit Rücksicht auf die fortgeschrittene Legislaturperiode des ersten Deutschen Bundestages der Meinung, daß eine entsprechende Änderung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Juni 1949 nicht mehr aktuell sei. Am 1. 10. 1949 waren noch elf Länderminister im Bundestag, am 1. 10. 1951 nur noch zwei.
({6})
Darf ich einen Augenblick unterbrechen. - Meine Damen und Herren, bei dieser Unruhe ist es nicht möglich, den Herrn Berichterstatter zu verstehen. Ich bitte doch, die Gespräche einzuschränken.
Hoffmann ({0}) ({1}), Berichterstatter: In einzelnen Ländern, wie Nordrhein-Westfalen, besteht schon das Verbot, daß ein Minister gleichzeitig Bundestagsabgeordneter ist.
Der Antrag der Bayernpartei auf Drucksache 2271, mit dem beantragt wird, in § 5 Abs. 1 Buchstabe c des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundes({2})
republik Deutschland vom 15. Juni 1949 ({3}) in der Fassung des Gesetzes vom 5. August 1949 ({4}) die Worte „am 8. Mai 1949 geltenden" zu streichen, wurde den veränderten Verhältnissen und der vom Bundestag beschlossenen Empfehlung betreffend Beendigung der Entnazifizierung entsprechend angenommen.
Der Antrag der Fraktion der SPD Drucksache Nr. 2639, der vorsieht, den § 26 des Wahlgesetzes zum ersten Deutschen Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Juni 1949 insoweit zu ändern, als die Zahl der Berliner Vertreter von 8 auf 19 erhöht wird, wurde nach einstimmiger Annahme durch den beteiligten Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht auch vom Ausschuß zum Schutze der Verfassung ohne Diskussion einstimmig angenommen.
Der Ausschuß zum Schutze der Verfassung bittet das Hohe Haus, insbesondere mit Rücksicht auf die baldige Durchführung der mit dem Antrag der Fraktion der SPD geforderten Erhöhung der Zahl der Berliner Vertreter im Bundestag, den im Mündlichen Bericht gemachten Vorschlägen des Ausschusses zuzustimmen, und erwartet, daß die Änderungsvorschläge in zweiter Lesung angenommen und möglichst anschließend in dritter Lesung verabschiedet werden.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Beratung ein.
Zunächst der Antrag auf Drucksache Nr. 650. Ich rufe auf § 1, - § 2, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur
B1 Abstimmung. Ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, meine Damen und Herren, daß es sich hier um eine Vorlage handelt, die im Ausschuß keine Mehrheit gefunden hat, wie aus den Ausführungen des Herrn Berichterstatters hervorgegangen ist. Ich bitte also diejenigen, die dieser Vorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist aie Mehrheit; der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt.
({0})
Wir kommen jetzt zum Antrag auf Drucksache Nr. 2271, auch Entwurf eines Gesetzes: Einziger Paragraph, - Einleitung und Überschrift.
({1})
Das Wort dazu ist nicht gewünscht. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. ({2}) Ich bitte um die Gegenprobe. ({3})
Ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Wer für diesen Gesetzentwurf auf Drucksache Nr. 2271 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. ({4})
Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; damit ist dieser Entwurf in zweiter Beratung angenommen.
Ich rufe nun auf zur
dritten Beratung,
Antrag Drucksache Nr. 2271, Einziger Paragraph,
Einleitung und Überschrift. - Das Wort ist nicht
gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich
bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; das Gesetz ist damit angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz zustimmen, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit, damit ist das Gesetz nach dem Antrag auf Drucksache Nr. 2271 in dritter Beratung verabschiedet.
Ich rufe nun auf den Entwurf eines Gesetzes nach dem Antrag auf Drucksache Nr. 2639: § 1, - § 2,
- Einleitung und Überschrift. ({5})
- Ist nicht abgelehnt. Abgelehnt worden ist der Antrag auf Drucksache Nr. 650. - Das Wort ist nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und Überschrift zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen angenommen. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
- Das Wort zur Aussprache ist nicht gewünscht. Ich rufe auf § 1, - § 2, - Einleitung und Überschrift. - Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; damit ist dieses Gesetz angenommen.
Ich rufe nun auf zur Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die der Vorlage im ganzen zustimmen, die Hand zu erheben. - Zweifellos die Mehrheit; damit ist dieser Gesetzentwurf in dritter Beratung verabschiedet.
Meine Damen und Herren, ich glaube, die Zustimmung des Hauses dazu annehmen zu können, daß die beiden Gesetze auf Drucksachen Nrn. 2271 und 2639 in einem Gesetz zusammengefaßt werden können. - Ich stelle die Zustimmung des Hauses dazu fest.
Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Punkt der Tagesordnung aufrufe, will ich wenigstens kurz Mitteilung machen über die Ergebnisse der Besprechung des Ältestenrats.
({6})
Es ist durch Vereinbarung vorgesehen, daß in der kommenden Woche keine Sitzung stattfindet, sondern daß der Bundestag zu seiner ersten Sitzung im neuen Jahre am 9. Januar zusammentritt.
({7})
- Ich bin sehr dankbar für diese Zustimmung; aber die Vereinbarung ist ohne mein Verdienst zustande gekommen.
({8})
Meine Damen und Herren, ich muß nun aufrufen Punkt 10 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ordnung des Schornsteinfegerwesens ({9});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({10}) ({11}).
({12})
Der Berichterstatter hat seinen Bericht schriftlich erstattet. Ich nehme an, daß das Haus unter diesen Umständen auf die mündliche Berichterstattung verzichtet.
({13})
Außerdem ist im Ältestenrat vorgesehen worden, über dieses Gesetz keinerlei Aussprache stattfinden zu lassen.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf § 1. - Dazu liegt ein Abänderungsantrag der Bayernpartei auf Umdruck Nr. 404 vor. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Besold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn meine Fraktion und ich in dieser Sache beharrlich bleiben, so nicht bloß deshalb, weil es sich um die Verteidigung echter und bewährter Berufsinteressen handelt, sondern weil es auch darum geht, verbürgte Rechte und anerkannte Rechtsgrundsätze nicht falschen Erwägungen, Spekulationen und Versicherungsgeschäften kampflos zu opfern.
({0})
Wir haben gegen dieses Gesetz verfassungsrechtliche Bedenken schon im wirtschaftspolitischen Ausschuß und auch im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht geltend gemacht, und wir möchten diese Bedenken hier im Plenum noch einmal vortragen, weil sie von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Zunächst stellen wir fest, daß die Zuständigkeit des Bundes überhaupt nicht gegeben ist, und zwar deshalb nicht, weil es sich hier um eine konzessionspflichtige öffentlich-rechtliche Tätigkeit des Kaminkehrergewerbes handelt. Bei der Zuständigkeitsfrage muß man sich darüber klarwerden, ob man das Kaminkehrwesen überwiegend als eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit oder als handwerkliche Tätigkeit ansieht. Die öffentliche Stellung der Kaminkehrer tritt gegenüber ihrer handwerklichen und gewerblichen Tätigkeit unter allen Umständen in den Hintergrund. Das geht schon daraus hervor, daß der Kaminkehrer zunächst - aus feuerpolizeilichen Gründen - Beauftragter der Polizeibehörde ist. Außerdem weist die Einführung gerade der Altersgrenze durch dieses Gesetz darauf hin, daß es sich hier um eine dominierend von öffentlicher Verantwortung getragene Tätigkeit handelt, weil eine Altersgrenze eben nur auf Grund einer solchen öffentlich-rechtlichen Tätigkeit eingeführt werden kann. Dieser Standpunkt wurde auch von den Behörden in dem Prozeß vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster vertreten, wie aus dem Urteil vom 14. Dezember 1950 hervorgeht. Der beklagte Regierungspräsident hat in diesem Prozeß seine Einwendungen mit der öffentlich-rechtlichen Stellung des Kaminkehrers begründet.
Handelt es sich aber um eine öffentlich-rechtliche Stellung mit Rücksicht auf die feuerpolizeilichen Befugnisse, dann ist hier eine ausschließliche Zuständigkeit der Länder gegeben, weil die feuerpolizeilichen Merkmale zuvörderst zu berücksichtigen sind. Ist dagegen die Grundlage des Kaminkehrwesens handwerklicher Art, dann gibt es überhaupt keine Altersgrenze. Keine Verordnung und kein Gesetz, auch nicht die Gewerbeordnung, kennt eine Altersgrenze für Handwerker, insbesondere nicht für Kaminkehrer. Ein Gewerbetreibender kann nicht genötigt werden, sein Gewerbe in vorgerücktem Alter aufzugeben. In keinem Lande der Welt kennt man eine Altersgrenze für die Handwerksmeister. Sie wäre nur möglich, wenn der öffentliche Charakter eines solchen Handwerks überwiegt. Der Rechtsausschuß hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß das Kaminkehrgewerbe zuvörderst eine handwerkliche Grundlage habe, somit also Art. 74 Ziffer 11 für die Zuständigkeit maßgebend sei. Trifft das zu, so ist auf keinen Fall das Bedürfnis für eine bundesrechtliche Regelung nach Art. 72 Abs. 2 gegeben.
Aus der Begründung der Gesetzesvorlage sind folgende Hauptpunkte herauszugreifen: Es wird behauptet, durch die bisherige Regelung sei die öffentliche Sicherheit gefährdet. Meine Damen und Herren, so wie das Kaminkehrgewerbe zur Zeit fachlich-beruflich geregelt ist, steht fest, daß aus einer über hundertjährigen Tätigkeit dieses Gewerbes den Behörden keinerlei Beanstandungen bekanntgeworden sind, daß man in der bisherigen Regelung keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit erblicken kann.
({1})
- Herr Präsident, ich darf doch um Aufmerksamkeit bitten!
({2})
In der Begründung wird weiter fälschlicherweise behauptet,
({3})
daß die sozialen Grundlagen durch den gegenwärtigen Zustand aufs.. schwerste erschüttert seien, daß die nachrückenden Kräfte, insbesondere die Gesellen, benachteiligt würden und daß eine Überalterung der Gesellen in diesem Gewerbe vorliege. Was ist die Wahrheit? Durch dieses Gesetz wird gerade und besonders die Ordnung der bayerischen Kaminkehrer ({4})
- ich danke Ihnen für das Kompliment! - in Gefahr gebracht.
({5})
Man sagt und beruft sich darauf, daß die Gesellen
nicht nachrücken könnten. Ich möchte Ihnen hier
sagen, meine Damen und Herren: es ist scheinbar
({6})
offensichtlich versäumt worden, die Wahrheit zu sagen.
({7})
Das sind doch schließlich und endlich Tatsachen, und ich möchte, auch wenn es sich nur um einen beschränkten Kreis von Männern handelt,
({8})
doch wissen, warum Sie hier in dieser Art und Weise reagieren.
({9})
Hören Sie nur zu, was diese Leute zugunsten der Flüchtlinge geopfert haben!
({10})
- Ich weiß nicht: sind wir hier in einem Zirkus oder in einem parlamentarischen Gremium?
({11})
Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß es nicht der Ordnung des Hauses entspricht, das Haus in dieser Weise anzu({0})
reden. Wenn Sie diese Reaktion aus dem Haus€ bekommen, so bitte ich Sie, zu prüfen, inwieweit das auf Ihre Ausführungen zurückzuführen ist.
({1})
Ich glaube, meine Ausführungen waren bisher von sachlichen Argumenten getragen.
({0})
Wenn das bayerische Kaminkehrerhandwerk ({1})
freiwillig die ihm zugeteilten Kehrbezirke aufgeteilt und verkleinert hat,
({2})
um 116 Flüchtlingen eine Lebensexistenz zu schaffen, wie das in keinem andern deutschen Land der Fall gewesen ist,
({3})
so ist das eine vorbildliche Haltung,
({4})
und es kann nicht die Unterbringungsnot der Flüchtlinge zur Begründung dieses Gesetzentwurfs vorgetragen werden. Da weiter feststeht, daß das bayerische Kaminkehrerhandwerk
({5}) im Gegensatz zu dem in anderen Ländern für seine Witwen und für die Witwen und Waisen seiner Gesellen aus eigener Kraft und nicht mit öffentlichen Mitteln und versicherungstaktischen Maßnahmen eine Altersversorgung sichergestellt hat, so kann in der Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs auch nicht davon gesprochen werden, daß die sozialen Grundlagen dieses Berufes gefährdet wären.
({6})
Weiterhin wird gesagt, deshalb müßten außergewöhnliche Maßnahmen ergriffen werden. Worum handelt es sich denn bei diesem Gesetz?
({7})
Es handelt sich darum, daß man auf Kosten wohlbegründeter und wohlerworbener Rechte nur einen momentanen Erfolg erzielt, indem man hundert nachrückende Gesellen in die Meisterstellen bringt, während in Zukunft das Alter der nachrückenden Gesellen höchstens um zwei Jahre und nicht mehr verbessert wird.
({8})
Wenn ferner vorgetragen wird, daß die Zuständigkeit des Bundes nach Art. 72 Abs. 2 deshalb gegeben sei, weil die Rechtsunsicherheit auf Grund der Bestimmung des § 45 der VOSch bestehe, so kann man die Schuld daran nicht diesem Handwerk zur Last legen, sondern das ist einzig und allein Schuld des Gesetzgebers, der in den Jahren 1935 und 1937 Maßnahmen getroffen hat, die der gesetzlichen Grundlage entbehrt haben.
({9})
Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf hat, wie insbesondere aus der Begründung im Bericht des Berichterstatters des Rechts- und Verfassungsausschusses hervorgeht, eine weitere Verfassungsverletzung zur Grundlage. Es handelt sich hier nämlich um einen Eingriff in wohlerworbene Rechte
({10})
und um eine entschädigungslose Enteignung.
({11}) In Bayern sind die Kaminkehrerbezirke auf Grund Gesetzes auf Lebenszeit übertragen.
({12})
Sie wollen nun mit einem Strich rückwirkend diese durch den Staat übertragenen Rechte auf einmal auslöschen.
({13})
Aus der Rechtsprechung zur alten Reichsverfassung zu Art. 153 geht hervor, daß der Enteignungsbegriff nicht auf subjektive Privatrechte bestimmter Art, insbesondere nicht auf das Eigentum beschränkt ist. Der Enteignungsbegriff umfaßt alle subjektiven Rechte einschließlich der Forderungsrechte, und die Rechtsprechung kennt auch den Schutz gegen Eingriffe in sonstige Rechte, die nach ihrem wirtschaftlichen Wert wie nach der Art des Eingriffs ebenso des Schutzes bedürftig sind. Es darf keine willkürliche Eigentumsentziehung stattfinden. Hier findet aber eine willkürliche Eigentumsentziehung dadurch statt, daß Sie mit einem Strich rückwirkend die auf Lebenszeit den Kaminkehrermeistern in Bayern übertragenen Kehrbezirke wegnehmen wollen.
({14})
In dem Bericht des Berichterstatters des Rechtsausschusses, des Professors der Rechte Wahl, steht: Die „Enteignung" der Kehrbezirke erfolgt nicht zugunsten des Staates, sondern zugunsten der Gesamtheit des Schornsteinfeger-standes.
({15})
- Ich danke Ihnen, daß Sie da „Sehr richtig!" sagen. In der Verfassung heißt es nämlich: „Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig." Hier wird aber von unserem Rechts- und Verfassungsausschuß die Enteignungsberechtigung damit begründet, daß die Enteignung für einen ganz beschränkten Teil, nämlich für einen Berufsstand erfolgen soll. Das ist nicht eine Enteignung zugunsten der Allgemeinheit. Diese Voraussetzung muß aber bei der Enteignung gegeben sein. Wenn Sie also trotzdem hier ein Gesetz erlassen, das im Sinne unserer Verfassung nur für einen Berufsstand und nicht für die Allgemeinheit gegeben ist, dann beschließen Sie ein verfassungswidriges Gesetz.
({16})
Ich möchte Ihnen auch folgendes sagen. Die Frage, ob die Altersgrenze eingeführt wird, muß zweifellos geprüft werden.
({17})
Aber man kann dabei nicht über die wohlerworbenen Rechte, die bis zum Erlaß des Gesetzes bestehen, einfach hinweggehen.
({18})
Meine Damen und Herren, diesen Versuch hat man auch in der nationalsozialistischen Zeit gemacht.
({19})
Aber der nationalsozialistische Staat
({20})
hat respektvoll vor der Enteignung, wie Sie sie heute in Ihrem Gesetz vornehmen, haltgemacht. ({21})
({22})
- Ja, so ist est
({23})
Im Jahre 1935 hat man nicht an die Übertragung der Kehrbezirke gerührt, die vor Erlaß dieses Gesetzes übertragen worden sind.
({24})
Sie aber wollen durch dieses Gesetz auch die wohlerworbenen Rechte, vor denen die Nationalsozialisten haltgemacht haben, heute mit einem Federstrich beseitigen!
({25})
Wenn Sie die Prinzipien des Rechtsstaates durchsetzen und sich von den Methoden der Nationalsozialisten distanzieren wollen, dann müssen Sie, meine Damen und Herren, auch konsequent sein, und Sie, meine Herren von der FDP, die Sie gerade beim Mitbestimmungsrecht die Grenzen des Eigentumsrechts ganz genau kennen, müßten auch hier vor einem Eingriff in die Eigentumsrechte haltmachen.
({26})
Es gibt keine Enteignung zugunsten eines Berufsstandes; es gibt nur eine Enteignung zugunsten der Allgemeinheit. Aus den Gründen, die der Berichterstatter angeführt hat, geht hervor, daß die Enteignung so, wie sie im Bericht - zu Drucksache Nr. 2925 - steht, nur zugunsten eines Teils eines Berufsstandes durchgeführt werden soll.
Außerdem ist es auch unerhört,
({27})
daß nunmehr der Bund, der als Enteigner auftritt, mit diesem Gesetz die Entschädigungspflicht im Gesetz auf den Versorgungsverein der Schornsteinfeger überträgt, in den die Schornsteinfeger selbst einzahlen, und der Bund somit die Entschädigungspflicht auf die Schornsteinfeger selbst abwälzen will.
({28}) Das ist nicht Rechtens.
({29})
Wenn eine Enteignung durchgeführt wird, dann muß auch die Entschädigung nach Art und Umfang, so wie es der Art. 14 des Grundgesetzes vorschreibt, in dem Gesetz festgelegt werden.
({30})
Weil das bei diesem Gesetz nicht der Fall ist, haben wir uns erlaubt, einen Abänderungsantrag zu stellen, der vorsieht, daß zwar § 1 in etwas abgeänderter Form bestehen bleiben soll, daß aber die Entziehung der Kehrbezirke nur vom Zeitpunkt des Erlasses an für die Zukunft möglich sein soll. Wir bitten Sie, unseren Abänderungsantrag anzunehmen.
({31})
Das Wort hat der Abgeordnete Schuster.
Schuster ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde Ihre Aufmerksamkeit nicht so lange in Anspruch nehmen, wie es der Redner der Föderalistischen, - Verzeihung, Bayernpartei war's noch - getan hat.
({1})
Mit den einzelnen rechtlichen und verfassungsrechtlichen Argumenten, die der Herr Besold angeführt hat, brauche ich mich wohl nicht zu befassen. Sie sind eindeutig in dem Bericht widerlegt, den der Rechtsausschuß gegeben hat. In puncto Zuständigkeit des Bundes brauche ich wohl auch nichts zu sagen. Es wäre ja das erste Mal gewesen, wenn der Herr Besold diese bejaht hätte. Der Änderungsantrag, den die Bayernpartei eingebracht hat, ist wohl einmalig. Nähme man ihn an, dann würde sich dieses Gesetz frühestens in zwanzig Jahren erstmalig auswirken. Ich glaube, der Zweck dieses Gesetzentwurfs ist nicht, daß in zwanzig Jahren die Flüchtlingskaminkehrermeister und die übrigen, nun schon bald 50 Jahre alten Kaminkehrermeister, die keinen Bezirk haben, endlich einen bekommen, sondern daß wenigstens ein Teil von ihnen jetzt einen Bezirk bekommt und die anderen im Laufe der kommenden Jahre. Ich sehe in diesem Änderungsantrag gar nichts anderes als einen letzten Versuch, noch ein letztes Torpedo von seiten der Bayernpartei gegen dieses Gesetz abzuschießen, nachdem die bisher abgeschossenen Torpedos immer ihr Ziel verfehlt haben. Man braucht wohl auch keine Bedenken zu haben, daß sich das Hohe Haus dazu hergibt, einem solchen Änderungsantrag seine Zustimmung zu geben.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Bausch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe in dieser Stunde aus dem Munde des Herrn Abgeordneten Besold zum erstenmal etwas von der Problematik dieses Gesetzes gehört. Ich bin der Meinung, wir haben in diesem Hohen Hause die Aufgabe, wenigstens den Versuch zu machen, aufeinander zu hören. Sonst hat das, was wir hier tun, nicht viel Sinn. Ich weiß, daß ich jetzt etwas ungeschützt spreche. Aber ich muß gestehen, daß mich die Rede des Herrn Abgeordneten Besold davon überzeugt hat, daß es
({0})
lohnt, einige Überlegungen darüber anzustellen, ob es gut und nützlich ist, wenn sich die Bundesrepublik um die von altersher geregelten Rechtsverhältnisse der Kaminfegermeister in Bayern kümmert. Ich glaube, es wäre gut und nützlich, wenn wir es uns doppelt und dreifach überlegen würden, ob es wirklich die Aufgabe der Bundesrepublik ist, in diese von altersher geregelten Rechtsverhältnisse in Bayern einzugreifen.
({1})
Dies ist mein Anliegen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung über den § 1. Dazu liegt der Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 404 Ziffer 1 vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. ({0})
- Über den Änderungsantrag der Bayernpartei wird abgestimmt. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Das letzte ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nun ab über § 1 in der Fassung der Ausschußvorlage. Ich bitte diejenigen, die zu({1})
stimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf § 2. Dazu liegt ein Abänderungsantrag der Bayernpartei - Umdruck Nr. 404 Ziffer 2 - vor. Er ist eben schon begründet worden. Es bedarf also keiner weiteren Begründung. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag Umdruck Nr. 404 Ziffer 2. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 2 in der Ausschußfassung. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. § 2 ist angenommen.
Ich rufe auf die §§ 2.a, - 3, - Einleitung und Überschrift. Hierzu liegen keine Abänderungsanträge vor. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die den §§ 2 a und 3, Einleitung und Überschrift zustimmen, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei einigen Enthaltungen angenommen. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Zur allgemeinen Aussprache ist das Wort nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe auf § 1, - § 2, - § 2 a, - § 3, - Einleitung und Überschrift und bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Bitte die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste .war die Mehrheit; das Gesetz ist angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung und bitte diejenigen, die dem Gesetz als ganzem zustimmen, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; damit ist dieser Gesetzentwurf in dritter Beratung verabschiedet.
Weiterhin liegt mit dem Mündlichen Bericht der Antrag des Ausschusses vor, die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Darf ich die Zustimmung des Hauses dazu annehmen? - Das ist der Fall.
Ich rufe nun Punkt 11 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Artikels 87 des Grundgesetzes ({2}).
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Zawadil.
Dr. Zawadil ({3}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es wird für viele Millionen Heimatvertriebener eine Genugtuung bedeuten, wenn das verehrte Hohe Haus dem jetzt zur Debatte stehenden Tagesordnungspunkt für wenige Minuten ein ebensolches Interesse entgegenbringt - allerdings ein mehr inneres und sachliches und weniger äußerlich lebhaftes Interesse -, wie Sie, meine Damen und Herren, es unserem Kollegen, dem Abgeordneten Besold bei seinem mannhaften Eintreten für die Belange der bayerischen Kaminkehrer entgegengebracht haben.
Es handelt sich um eine sehr wesentliche Angelegenheit, denn wir sind durch die Entwicklung und durch die Umstände gezwungen, der Frage näherzutreten, was zu geschehen hat, um dem Ministerium für Angelegenheiten der Vertriebenen eine größere und wirkungsvollere Vollmacht und Kompetenz zu geben. Am 24. März 1950 hat der Herr Minister Lukaschek von dieser Stelle aus - es war bei der ersten Haushaltsdebatte - seine Aufgaben in großen Zügen umrissen. Er nannte damals folgende drei Aufgaben:
erstens den Heimatvertriebenen das Bewußtsein zu vermitteln, daß das deutsche Volk alles tut, um dieses Leid zu mildern; zweitens gegenüber der westdeutschen Bevölkerung mit allem Nachdruck darauf hinzuweisen, daß das eine Sache der Gesellschaft, des gesamten Volkes ist, und drittens, in die Welt hineinzurufen, daß sie helfen muß, dieses Problem zu lösen.
Und ein Jahr später sagte der Minister wörtlich: Es handelt sich um das riesigste Problem, um ein gesamtdeutsches Problem, um ein Problem, das die Beheimateten hier beinahe mehr angeht als die Heimatvertriebenen.
Damit ist in großen Zügen klargestellt worden, welche Aufgaben das Vertriebenenministerium hat. Detailliert brauche ich sie vor diesem Hohen Hause nicht anzuführen. Sie sind derart vielfältig und umfangreich, daß man sagen kann: das Ministerium hat sich mit all den Problemen zu befassen, wie sie die heutige turbulente Zeit überhaupt hervorbringt.
Die Wirkungsmöglichkeit des Ministeriums war bisher durch die Artikel 83 und 84 des Grundgesetzes gegeben. Das Recht der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 scheiterte am mangelnden Durchführungswillen der Länder. Es ist dem Hause zur Genüge bekannt, daß wir uns vor 3 Wochen mit der Frage der Umsiedlung befassen mußten. Dabei ist von allen Seiten des Hauses bestätigt worden, daß es mit den bisherigen Methoden und den beschränkten Wirkungsmöglichkeiten des Ministeriums so nicht weitergeht. Dem Ministerium fehlen das Weisungsrecht und die Auftragsverwaltung, dazu eine klare und einheitliche Organisation. Der Mangel an Kompetenz und der Mangel an Vollmacht sind für das Ministerium die stärksten Hindernisse bei der Lösung des Heimatvertriebenenproblems.
Ich könnte hier, wenn ich Ihre Zeit in Anspruch nehmen wollte - aber das liegt mir jetzt fern -, eine große Reihe von Stimmen aus diesem Hause, und zwar von links bis rechts, zitieren - ich habe mir die Mühe genommen, diese Stellen aus den Protokollen herauszusuchen -, die eindeutig immer wieder als das Grundübel und eine der Hauptursachen für die Behinderung in der Durchführung aller Maßnahmen bei der Lösung der Heimatvertriebenenprobleme die mangelnde Kompetenz und die mangelnde Vollmacht des Ministeriums herausstellen. Ich meine, wir müßten aus dieser übereinstimmenden Auffassung auch die Konsequenz ziehen, wenn wir es ehrlich mit der Lösung des Vertriebenenproblems meinen. Immer wieder wird an der Person des Ministers Lukaschek Kritik geübt. Ich weiß nicht, ob sich diese Kritik nicht eher gegen die tieferen Ursachen richten müßte als gegen die Person des Dr. Lukaschek. Es geht hier nicht um die Frage: Lukaschek oder irgendein anderer, sondern es handelt sich darum, daß der Minister in Zukunft - gleichgültig, wie er heißt - die entsprechenden Vollmachten bekommt, um die an ihn herantretenden Probleme lösen zu können.
({4})
Daher ist, meine ich, eine Erweiterung der Vollmacht erforderlich, so daß wir in gleichzeitiger Anerkennung des Vertriebenenproblems als einer gesamtdeutschen Aufgabe - vor der Notwendigkeit einer Revision oder Korrektur des Grundgesetzes zugunsten einer stärkeren Wirkungsmöglichkeit des Vertriebenenministeriums stehen. Es ist vollkommen richtig, meine Damen und Herren, und viele von Ihnen werden der Auffassung sein - auch ich stimme damit überein -, daß Verfassungsänderungen nicht täglich und nicht leichtfertig durchgeführt werden sollten; denn das Grundgesetz ist die Grundlage der gesamten Ordnung. Wir dürfen eine Verfassungsänderung nicht so betrachten wie irgendeine x-beliebige Gesetzesänderung, müssen aber doch Ergänzungen und Änderungen vornehmen, wenn veränderte Zeitlagen, soziologische Strukturveränderungen oder nicht vorausgesehene Entwicklungen sie erforderlich machen. Das vielfältige und umfassende Vertriebenenproblem fordert ständig veränderte Maßnahmen zur Lösung. Die Voraussetzungen und Bedingungen, die zur Zeit der Schaffung des Grundgesetzes bestanden, sind heute praktisch überholt, und neue Gesichtspunkte erfordern neue Handhabungen. Inwieweit bei der Schaffung des Grundgesetzes auch die Siegermächte mitgesprochen und gewisse Formulierungen mit bestimmt haben, ist wahrscheinlich allen zur Genüge bekannt.
Der an sich richtige Grundsatz der Unantastbarkeit einer Verfassung darf jedoch nicht davon abhalten, auf Grund der Erfahrungen in der Praxis gewisse Dinge zu verbessern. Wir müssen die begreifliche Zurückhaltung oder Furcht vor Verfassungsänderungen überwinden, wenn dadurch in der Lösung der Probleme Fortschritte erzielt werden können. Unser Antrag ist daher unter der Perspektive der Vervollkommnung, der Verbesserung, der Ergänzung des Grundgesetzes und nicht eines die Verfassung erschütternden oder deren Charakter verändernden Eingriffs zu sehen.
Erfährt der Grundsatz des Föderalismus durch unseren Antrag etwa eine Einbuße? Ich glaube nicht. Im Gegenteil, Teile des Ganzen - ich meine jetzt die Länder - durch entsprechende Einwirkungsmöglichkeit stark, aber paritätisch stark, zu machen, ist unser Ziel, nicht, daß einem starken Land dank seiner Macht die Vorherrschaft vor einem anderen, schwächeren Land und dessen Interessen ermöglicht wird. So dient unser Antrag in seiner ausgleichenden Tendenz hinsichtlich des allzu differenzierten Vertriebenenproblems der Stärkung der föderativen Grundidee, allerdings der echten föderativen Grundidee unserer Verfassung. Er dient keinem Föderalismus der Zersplitterung im Sinne des kleinlichsten Länderegoismus. Ich selber bin keineswegs ein Vertreter des Zentralismus, wie er heute vom Standpunkt eines unechten Föderalismus oft und unberechtigterweise gefürchtet wird. Ich bin allerdings ein Gegner des Föderalismus bayerischer Prägung, weil ich auf dem Boden einer natürlichen und echten Selbstverwaltung stehe.
Zusammengefaßt, meine Damen und Herren: die Grundidee des Grundgesetzes erfährt durch unseren Antrag in keiner Weise irgendwelche Einbuße, sondern im Gegenteil eine Stärkung. Ich bitte Sie daher, unter Berücksichtigung der nur angedeuteten, Ihnen aber zur Genüge bekannten vielfältigen Aufgaben der Flüchtlingsverwaltung, unserem Antrag zuzustimmen.
Ich beantrage die Überweisung an den Ausschuß für Heimatvertriebene - federführend -, ferner an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung. Die Ausschüsse werden wahrscheinlich auch den Einbau unseres Antrags auf Errichtung einer bundeseigenen Verwaltung für die Angelegenheiten der Vertriebenen im Bundesvertriebenengesetz unter Beachtung des § 27 zu behandeln haben.
Dem Hohen Hause darf ich noch mitteilen, daß ich heute eine ausführliche Besprechung mit Minister Lukaschek hatte, der im Augenblick leider nicht anwesend sein kann.
({5})
- Ich weiß den Grund dafür nicht; aber ich nehme mir die Freiheit, dem Hohen Hause mitzuteilen, daß auch Minister Lukaschek, wenn er Gelegenheit gehabt hätte, hier zu sein, die Annahme dieses Antrags im Sinne der Überweisung an die zuständigen Ausschüsse wärmstens befürwortet hätte.
({6})
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat hat zu diesem Punkt der Tagesordnung vorgesehen, heute nicht in eine Aussprache einzutreten, sondern unmittelbar nach der Begründung die Überweisung an den Ausschuß zu beschließen und die Aussprache bei der zweiten Beratung vorzunehmen. - Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an.
Wir kommen zur Abstimmung über den Überweisungsantrag. Ich bitte diejenigen, die der Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zustimmen, die Hand zu erheben.
- Das ist die Mehrheit. Es ist so beschlossen. ({0})
- Sie haben noch Überweisung an den Ausschuß für Heimatvertriebene beantragt?
({1})
- Also, meine Damen und Herren, es ist zusätzlich beantragt, den Antrag dem Ausschuß für Heimatvertriebene zu überweisen. - Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an.
Ich rufe nun Punkt 12 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({2}) über die vor dem Bundesverfassungsgericht erhobene Klage der sozialdemokratischen Fraktion des Bundestages gegen
a) den Bundestag,
b) die Bundestagsfraktion der Christlich Demokratischen Union / Christlich Sozialen Union,
c) die Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei,
d) die Bundestagsfraktion der Deutschen Partei
wegen § 48 a der Vorläufigen Geschäftsordnung des Bundestages ({3}).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Dr. Reismann.
Dr. Reismann ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion hat unter dem 9. Juli 1951 eine Klage eingereicht, erstens gegen den Bundestag
({5})
und zweitens, drittens und viertens gegen die Koalitionsfraktionen, mit dem Antrag, festzustellen,
1. daß der vom Bundestag in seiner 35. Sitzung beschlossene § 48 a der Vorläufigen Ge-Geschäftsordnung des Bundestages dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 widerspricht,
2. daß das Recht, aus der Mitte des Bundestages Gesetzesvorlagen einzubringen, ohne Änderung des Grundgesetzes sachlich nicht beschränkbar ist und
3. daß der § 48 a der Vorläufigen Geschäftsordnung des Bundestags das Bundeshaushaltsrecht verletzt.
In der kurzen vorläufigen Begründung wird folgendes ausgeführt. Ich bemerke dazu, daß inzwischen eine eingehendere Begründung eingetroffen ist, daß sie aber dem Rechtsausschuß noch nicht vorgelegen hat und ich deswegen auch noch nicht darüber berichten kann.
Ich darf den § 48 a als bekannt voraussetzen, will ihn nur kurz für diejenigen ins Gedächtnis rufen, denen er gerade nicht gegenwärtig ist.
Abs. 1 des § 48 a der nunmehr ablaufenden Geschäftsordnung sieht vor, daß Finanzvorlagen in der Regel vom Präsidenten nach Anhörung des Ältestenrats unmittelbar dem zuständigen Ausschuß und dem Haushaltsausschuß oder nur dem Haushaltsausschuß überwiesen werden. Der Abs. 2 des § 48 a definiert den Begriff Finanzvorlagen. Der Abs. 3 bestimmt, daß ein Antrag von Mitgliedern des Bundestages, der eine Finanzvorlage darstellt und eine Ausgabenerhöhung oder Einnahmensenkung zur Folge hat, nur dann beraten werden soll, wenn er mit einem Ausgleichsantrag zu ihrer Deckung verbunden ist. Dieser Ausgleichsantrag bildet mit dem Antrag selbst für die Beratung und Abstimmung einen einheitlichen, nicht teilbaren Antrag.
Zur Begründung wird folgendes ausgeführt. Nach Art. 40 des Grundgesetzes gibt sich der Bundestag eine Geschäftsordnung; aber diese Geschäftsordnung kann nach allgemeinen Grundsätzen über die Delegation einer Befugnis nicht die im Art. 40 des Grundgesetzes begründete Befugnis zum Erlaß der Geschäftsordnung überschreiten. Demgemäß müssen Gesetzesvorlagen beim Bundestag eingebracht werden. Das kann durch die Delegation nicht abgeändert werden.
Nach Art. 76 Abs. 1 des Grundgesetzes müssen alle Gesetzesvorlagen beim Bundestag eingebracht werden; dagegen verstößt es also erstens nach Ansicht der Kläger, daß ein solcher Antrag lediglich nach Anhörung des Ältestenrates unmittelbar einem Ausschuß zugewiesen werden kann. Zweitens wird darauf hingewiesen, daß nach Art. 76 Abs. 1 des Grundgesetzes das Recht begründet ist, aus der Mitte des Bundestages Gesetzesvorlagen einzubringen. Das Recht auf die Initiative umfaßt auch das Recht auf die Ausgabeninitiative, so führt die Klage aus. Dieses Recht sachlich einzuschränken und vop Voraussetzungen abhängig zu machen, ist mit den! Grundgesetz nach Ansicht der Kläger nicht vereinbar. Nach deutschem Staatsrecht könne, so wird ausgeführt, das Initiativrecht nur verfassungsrechtlich eingeschränkt werden. Das Grundgesetz habe eine solche Einschränkung nicht vorgesehen. Statt dessen habe es aber im Art. 113 vorgesehen, daß Beschlüsse des Bundestages, die die von der Regierung nach dem Haushaltsplan vorgeschlagenen Ausgaben erhöhen oder neue Ausgaben in sich schließen oder für die Zukunft mit sich bringen, der Zustimmung der Bundesregierung bedürfen.
Durch den § 48 a werde nun, so heißt es in der Klage, die Verantwortung, die der Bundesregierung hier für die Zustimmung oder Ablehnung zugewiesen werde, von der Bundesregierung genommen.
Und endlich, so wird ausgeführt, verstoße der § 48 a gegen den Grundsatz des deutschen Haushaltsrechts der universalen Deckung, weil für bestimmte zu beschließende Ausgaben hier eine spezielle Deckung verlangt werde.
Dieser Antrag ist im Rechtsausschuß beraten worden. Der Rechtsausschuß macht dem Hause keinen bestimmten Vorschlag. Der Rechtsausschuß war der Ansicht, daß wegen der Bedeutung, aber auch wegen der Eigenart dieser Sache die Debatte darüber hier stattfinden und daß es den Fraktionen überlassen werden solle, in der Plenarbesprechung Anregungen nach der Richtung zu geben, ob sich der Bundestag in dieser Klagesache vertreten lassen solle oder nicht. Die Frage, die uns hier vorliegt, ist nämlich nicht die Sachfrage: Wer hat in diesem Streit recht? Die Frage ist: Soll sich der Bundestag in diesem Prozeß vertreten lassen?
Außer dem Bundestag sind auch die Regierungskoalitionsfraktionen verklagt worden. Die FDP hat mitgeteilt, daß sie ihre Fraktion nicht für passiv legitimiert ansehe. Diese Stellungnahme wird, wie ich soeben hörte, von der FDP-Fraktion gleich noch näher vertreten werden.
Nun ist die Frage der Passivlegitimation der Fraktionen für dieses Haus jedoch uninteressant. Von Interesse ist dagegen die Frage: Soll sich der Bundestag selbst vertreten lassen? Es wurde im Bundestag die Ansicht geäußert, daß es, da es sich um einen Streit der Opposition mit den Regierungsparteien oder umgekehrt handele, deswegen an sich Sache der streitenden Parteien sei, den Verfassungsgerichtshof anzurufen und ihren Rechtsstandpunkt zu vertreten.
Dagegen wurde dann geltend gemacht, daß passiv legitimiert lediglich der Bund sein könne, wobei dann die Schwierigkeit entsteht, daß der Bundestag zwar eine einheitliche Meinungsäußerung nach außen von sich geben kann, daß aber die Frage ist, ob der Sprecher des Bundestages, falls einer bestimmt wird, in der Lage ist, diese Erklärung auch für die Opposition abzugeben. Es müßten dann vielleicht zwei Sprecher, einer der Opposition und einer der Regierungsparteien, das Wort vor dem Verfassungsgerichtshof haben, wobei übrigens allen Fraktionen, auch den Nicht-Koalitionsparteien, die Möglichkeit gegeben ist, sich vor dem Bundesverfassungsgerichtshof vertreten zu lassen und ihre Stellung dort selber zu beziehen.
Ich habe Ihnen diese Standpunkte, die im Rechtsausschuß zur Erörterung gekommen sind, als die Sache dort besprochen wurde, darzulegen und Ihnen den Sachverhalt zu unterbreiten. Dagegen hat der Rechtsausschuß beschlossen, Ihnen keinen Vorschlag zur Sache zu machen.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat hat in diesem Falle vorgesehen, von einer Aussprache abzusehen. Es sollen aber Erklärungen abgegeben werden. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mende.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen als Erklärung zu diesem Punkt der Tagesordnung einen Brief bekannt({0})
geben, den der Herr Vorsitzende der FDP-Fraktion unter dem 23. November 1951 an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gerichtet hat. Der Brief hat folgenden Wortlaut:
In der Klagesache der sozialdemokratischen Fraktion des Bundestages, vertreten durch ihren ersten Vorsitzenden, Bundestagsabgeordneten Dr. Kurt Schumacher in Bonn, gegen ...
- nun folgt die Aufstellung der Beklagten, wie
sie aus der Drucksache hervorgeht trage ich als erster Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei folgendes vor:
Ich bestreite die Passiv-Legitimation meiner Fraktion.
Gründe: Nach § 63 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes können zwar an und für sich auch die Fraktionen des Bundestages Antragsteller oder Antragsgegner in einem Verfahren über die Auslegung des Grundgesetzes bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundesorganen sein. Im vorliegenden Falle trifft das allerdings nicht zu; denn hier handelt es sich nicht um eine Meinungsverschiedenheit der SPD-Fraktion mit einzelnen Fraktionen des Bundestages, sondern um Meinungsverschiedenheiten der SPD-Fraktion mit dem Bundestag als solchem. Er allein, nämlich der Bundestag, ist für diese Klage passiv legitimiert. Daher wird sich die Fraktion der Freien Demokratischen Partei an dem Verfahren nicht beteiligen.
gez. Martin Euler
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der Deutschen Partei darf ich mich der Erklärung der Fraktion der Freien Demokratischen Partei anschließen. Hierbei entsteht die Frage, ob bei einer Meinungsbildung durch den Bundestag die einzelnen Faktoren, aus denen die Meinungsbildung hervorgeht, in den Streit als passiv legitimiert einbezogen werden können. Diese Frage ist zu verneinen, da in Rechtsfragen wie der hier im Streit befindlichen die Meinungen und die Stimmen in den einzelnen Fraktionen sehr häufig durcheinanderlaufen können. Schon aus diesem Grunde ergibt sich, daß in diesem Fall eine Fraktion nicht passiv legitimiert sein kann. Meine Fraktion unterstützt daher die rechtlichen Gesichtspunkte, die von der Fraktion der Freien Demokratischen Partei vorgetragen worden sind.
Nun erhebt sich hier die weitere Frage, ob es eines besonderen Antrags bedarf, einen Vertreter des Bundestags zu benennen. Ich möchte auch diese Frage verneinen. Nach der Verfassung ist der Vertreter des Bundestags der Präsident des Bundestags, so daß es eines besonderen Antrags, ihm einen Auftrag zu geben, nicht bedarf.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Gengler.
Die materielle Seite des § 48 a der früheren Geschäftsordnung hat letzte Woche bei der Beratung der neuen Geschäftsordnung bei Erörterung des § 94 - Finanzfragen - bereits eine Rolle gespielt. Wie damals, so wollen wir auch heute auf eine Diskussion der Grundsatzfrage selbst verzichten und sie dem Verfassungsgerichtshof überlassen. Ich kann mich den Erklärungen, die meine beiden Vorredner bezüglich der Passivlegitimation ihrer Fraktionen abgegeben haben, nur anschließen. Die Klagesache der sozialdemokratischen Fraktion kann sich in diesem Falle nur richten an den Deutschen Bundestag. Dessen Vertretung obliegt nach dem Grundgesetz und der Geschäftsordnung seinem Präsidenten.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu Erklärungen liegen nicht vor. Auf eine Aussprache sollte verzichtet werden. Ein Antrag ist nicht gestellt. Ich kann also lediglich feststellen, daß die Angelegenheit durch Kenntnisnahme erledigt ist.
Ich rufe auf Punkt 13 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({0}) über den Antrag der Fraktion der Bayernpartei betreffend Leistung von Vorschüssen auf festzusetzende Entschädigungsansprüche besatzungsgeschädigter Personen ({1}).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Gengler.
Gengler ({2}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der Bayernpartei vom 19. Oktober 1951 Drucksache Nr. 2711 fordert die unverzügliche Zahlung von angemessenen Vorschüssen auf die gemäß dem alliierten Gesetz Nr. 47 vom 8. Februar 1951 Art. 6 Ziffer 2 a und 3 neu festzusetzenden Entschädigungen für Besatzungspersonenschäden, die vor dem 21. Juni 1948 verursacht und in Reichsmark oder Deutscher Mark im Verhältnis 10:1 gezahlt wurden. Im Haushaltsausschuß gab die Regierung Bericht über diese Angelegenheit. Aus den Mitteilungen ging hervor, daß die Bundesregierung sich schon seit längerer Zeit um die Regelung der Besatzungspersonenschäden bei den zuständigen Besatzungsdienststellen bemüht und auch hilfsweise für Leistungen von Vorschußzahlungen eigene finanzielle Maßnahmen getroffen hat.
({3})
Der Stand der Sache, insbesondere hinsichtlich der Leistung von Vorschüssen, ist folgender:
Erstens: Die Neufestsetzung der Entschädigungen auf Grund des Art. 6 Nr. 2 a und 3 des Gesetzes Nr. 47 erfolgt durch die Claims Office Teams von EUCOM, bei denen sich die zur Bearbeitung benötigten Unterlagen befinden.
Gelegentlich einer Besprechung bei HICOG am 20. Juli 1951 und mit einem Schreiben des Amtes des Amerikanischen Hohen Kommissars vom 24. Juli 1951 wurde mitgeteilt, daß EUCOM unverzüglich mit der Bearbeitung der unter die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 47 fallenden Fälle beginnen werde. Es wurde versichert, daß sich Claims Branch, Judge Advocate's Division, EUCOM, mit den Betroffenen in Verbindung setzen und die Zahlungen leisten werde und durch dieses Verfahren eine schnelle Erledigung der Fälle zu erwarten sei. Inzwischen konnte festgestellt werden, daß die zuständigen US-Dienststellen bereits in zahlreichen Fällen die Umrechnung durchgeführt und den Besatzungskostenämtern die entsprechenden Zah({4})
lungsdokumente zur Zahlung der Unterschiedsbeträge übergeben haben.
Zweitens: Sollte im Einzelfall ein Verfahren längere Zeit in Anspruch nehmen und aus diesem Grunde eine Vorschußzahlung erforderlich werden, so ist die Möglichkeit hierzu gegeben. Die Besatzungsmächte selbst lehnen allerdings die Zahlung von Vorschüssen zu Lasten des Besatzungskosten- und Auftragsausgabenhaushalts grundsätzlich ab. Das Bundesministerium der Finanzen hat jedoch im Hinblick auf diese Haltung der Besatzungsmächte bereits im Oktober 1950 die Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder mit Schreiben vom 16. Oktober 1950 - C Bes 4035 -1795/50 - ermächtigt, Vorschüsse bis zur Höhe von 1 950 000 DM zu zahlen. Mit Runderlaß vom 18. August 1951 - II C BLG 1312 - 4/51 - ist dieser Betrag auf 2 970 000 DM erhöht worden. Damit ist Vorsorge getroffen, daß etwa auftretende Schwierigkeiten behoben werden können.
Hiernach kann der Antrag der Bayernpartei auf Drucksache Nr. 2711 für erledigt erklärt werden. In diesem Sinne beantrage ich namens des Haushaltsausschusses die Zustimmung zu dem einstimmig angenommenen Antrag auf Drucksache Nr. 2863.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wünscht jemand das Wort zu nehmen? Die Antragsteller?
({0})
- Offenbar nicht. - Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über die Drucksache Nr. 2863. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Haushaltsausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 14 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({1}) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Institut für landwirtschaftliches Bauwesen und
Bauforschung ({2}).
Herr Abgeordneter Eckstein bitte als Berichterstatter! - Mit emsländischer Kürze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde meine Berichterstattung nicht so lange ausdehnen wie mein Vorredner.
({0})
Ich habe im Auftrag des Haushaltsausschusses über den Antrag Drucksache Nr. 2375 zu berichten. In dieser Drucksache beantragt die SPD-Fraktion:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen der Forschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig-Völkenrode ein Institut für landwirtschaftliches Bauwesen und
Bauforschung einzurichten und dafür die Mittel im Haushaltsplan 1951 bereitzustellen.
Dieser Antrag wurde eingehend diskutiert. Es wurde festgestellt, daß er ein sehr wichtiges agrarpolitisches Problem aufrollt. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß die Rentabilität der Landwirtschaft nur dann gewährleistet sei, wenn die Möglichkeiten der Technik voll ausgenutzt würden. Die landwirtschaftlichen Bauten - gleichgültig, ob die Höfe in Ost oder West, in Süd oder Nord liegen - stehen schon seit Jahrhunderten und können, da die nötigen technischen Mittel fehlen, heute nicht mehr voll ausgenutzt werden. Dafür sind erhebliche Umbauten erforderlich. Um dafür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen und damit Fehlinvestitionen vermieden werden, muß ein Institut eingerichtet werden. Auch für die Hauswirtschaft dieser Höfe wäre manches zu tun. Denn während der Großvater, wenn er heute wieder auf seinen Hof käme, ihn sicher nicht mehr wiedererkennen würde, könnte die Großmutter in ihrem Teil der Wirtschaft sicher wieder so mit ihrer Arbeit anfangen, wie sie vor fünfzig oder ihre Mutter vor hundert Jahren aufgehört hat.
Deswegen hat der Haushaltsausschuß einstimmig beschlossen,
({1})
die Bundesregierung zu ersuchen, im Rahmen des Haushaltsplans 1951 Mittel für dieses Institut bereitzustellen. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Antrag stattzugeben.
({2})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Meine Damen und Herren, ich hoffe allerdings, daß die elektrische Kraft inzwischen auch im Emsland eingeführt worden ist.
({0})
Wünscht jemand, das Wort zu nehmen? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache Nr. 2864. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 15 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfs gegen die Herstellung usw. von Kriegsspielzeug ({1}).
Frau Thiele wünscht, diesen Antrag in höchstens fünf Minuten zu begründen.
Frau Thiele ({2}), Antragstellerin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Nach unserem Antrag soll die Bundesregierung verpflichtet werden, einen Gesetzentwurf vorzulegen, nach dem die Herstellung, der Verkauf, die Ein- und Ausfuhr von Kriegsspielzeug verboten und unter Strafe gestellt wird. Ich verweise ausdrücklich auf diese umfassend verpflichtende Formulierung, da die CDU bereits im vergangenen Jahr einen ähnlichen Antrag eingebracht hat, der aber nichts anderes besagte, als daß hier der Vertrieb von Kriegsspielzeug nicht empfohlen werden soll. Jedenfalls enthielt dieser Antrag dann nach der Ausschußberatung nichts anderes als eine „Empfehlung". Leider
- vielmehr bezeichnenderweise, möchte ich sagen
- führte diese Empfehlung dazu, daß in verstärktem Maße Kriegsspielzeug produziert, in andere Länder eingeführt und vertrieben wurde, wahrscheinlich weil sowohl die Kriegsspielzeug einführenden Länder als auch die Bundesregierung daran interessiert sind, daß unsere Kinder schon frühzeitig mit dem Umgang von Pistolen, Gewehren, Panzern, Tanks, ja jetzt sogar schießenden Tanks und ähnlichen Mordwerkzeugen in Miniatur vertraut werden. Man handelt also nach dem Motto
- abgewandelt -: Früh soll sich üben, was ein Meister werden soll.
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Hier handelt es sich ganz eindeutig um psychologische Kriegsvorbereitungen, die leider jetzt schon sehr große Auswirkungen auf den seelischen und auch auf den körperlichen Zustand unserer Kinder haben.
Ich verweise hier auf den Artikel in der „Abendpost" vom 6. Dezember 1951. Der Schreiber dieses Artikels war auch ausgegangen, um einmal zu untersuchen, wie die Verhältnisse sind, und kam ganz erschüttert über diese Auswirkungen nach Hause. Wie sehr die Gemüter unserer Kinder dabei verrohen und für die Brutalitäten des Kriegshandwerks in frühester Jugend vorbereitet werden, das wird sehr anschaulich unterstrichen durch die schwersten kriminellen Taten, die in der letzten Zeit von Kindern und Jugendlichen verübt worden sind. Die eingeführten Gangsterfilme, die eingeführte Mordliteratur tragen ein Übriges dazu bei, das Wertvolle in unserem Volk schon im Keim zu zerstören. Der Antrag wurde deshalb von uns eingebracht, weil erfreulicherweise entgegen Ihrer Reaktion viele Frauen- und Jugendorganisationen in ganz Westdeutschland, j a ich möchte sagen, die übergroße Mehrzahl aller Frauen und überhaupt aller anständigen Menschen eine Protestaktion gerade jetzt vor Weihnachten begonnen haben. Sie haben eindringlichst an den Bundestag appelliert; denn die Frauen, die Eltern und Erzieher sind in großer Sorge um die Entwicklung ihrer Kinder.
Deswegen ist es notwendig, daß wir uns hier in etwas ernsterer Form, als Sie es jetzt tun, damit beschäftigen. Zu diesen großen Organisationen gehören u. a. die Falken, die internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit, evangelische und katholische Frauen- und Jugendverbände, der Demokratische Frauenbund Deutschlands, die Lehrer Ind Erzieher, die Gewerkschaftsjugend, die Deutsche Gemeinschaft zum Schutze der Kinder und andere Organisationen.
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Verschließen Sie sich bitte nicht dem Appell aller jener Kreise an den Bundestag, nicht zuzulassen, daß die Herzen und Hirne unserer Kinder durch Kriegsspielzeug vergiftet werden.
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Prüfen Sie sehr aufmerksam, was wir im Bundestag tun können, um durch geeignete und wirksame Maßnahmen der Gefahr für unsere Kinder entgegenzutreten. Seien Sie versichert, daß die Frauen und Mütter in ganz Westdeutschland sehr aufmerksam zuhören werden und sehr darauf achten werden, wie Sie auf diesen Antrag, der dem Appell der Organisationen entspricht, reagieren!
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Meine Damen und Herren, der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, eine Aussprache nicht stattfinden zu lassen, da die zuständigen Ausschösse zweifellos Anlaß zu einer gründlichen Beratung haben werden. Ist das Haus mit dem Wegfall einer Aussprache einverstanden?
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Ich schlage Ihnen vor, - ({1})
- Herr Abgeordneter von Thadden wünscht das
Wort. Aber allein können Sie sich nicht durchsetzen, Herr von Thadden; es hilft nichts. - Ich
schlage Ihnen vor, meine Damen und Herren, den
Antrag dem Ausschuß für Angelegenheiten der
inneren Verwaltung als federführendem Ausschuß
und dem Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge
zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden?
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Ich rufe auf Punkt 16 der Tagesordnung: Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse ({3}).
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag
auf Umdruck Nr. 392 zuzustimmen wünschen, eine
Hand zu erheben. - Das ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 17 der Tagesordnung: Beratung der Übersicht Nr. 44 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen ({4}).
Ich bitte die Damen und Herren, die den in der Übersicht Nr. 44 - Umdruck Nr. 393 - zusammengestellten Anträgen der Ausschüsse über die Erledigung von Petitionen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit. Damit sind diese Anträge angenommen.
Meine Damen und Herren! Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung und damit zugleich der Tagesordnung der letzten Sitzung dieses Jahres. Ich versage es mir, noch auf die Arbeit des Bundestags in diesem Jahre einzugehen, weil ich annehmen darf, daß die Presse die Öffentlichkeit über die Arbeit des Bundestags in rückwirkender Betrachtung ausgiebig unterrichten wird.
Ich möchte - obwohl er nicht anwesend ist - doch nicht versäumen, dem verehrten Alterspräsidenten dieses Hauses, Herrn Abgeordneten Paul Löbe, zu seinem morgigen 76. Geburtstag herzliche Glückwünsche auszusprechen.
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Jetzt bleibt mir noch die Aufgabe, meine Damen und Herren, Ihnen eine erholsame, der allgemeinen Beruhigung und Besinnung dienende gesegnete Weihnachtszeit und ein gutes neues Jahr zu wünschen. Ich hoffe, daß wir im neuen Jahr zu einer erfolgreichen und segensreichen Arbeit für unser Volk wieder zusammenkommen können.
Ich berufe die nächste, die 182. Sitzung des Deutschen Bundestags auf Mittwoch, den 9. Januar 1952, 13 Uhr 30, und schließe die 181. Sitzung.