Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 156. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Entschuldigt sind die Abgeordneten Dr. Blank ({0}), Dr. Nowack ({1}), Frau Albertz, Frau Dr. Steinbiß, Loritz, Neumann und Jacobi.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Mensing, Wagner, Gockeln, Dr. Richter ({2}), Even, Dr. Baur ({3}), Görlinger.
({4})
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach die Abgeordneten Kalbfell und Altmaier für eine Woche wegen Krankheit, Frau Hütter für zwei Wochen wegen Krankheit, Dr. Mücke und Nowack ({5}) für vier Wochen wegen Krankheit, Freitag für eine Woche wegen dienstlicher Inanspruchnahme, Dr. Povel für zwei Wochen aus dringenden familiären Gründen, Freiherr von Aretin, Bahlburg und Volkholz für zwei Wochen wegen persönlicher Verhinderung.
Meine Damen und Herren! Ich darf annehmen, daß die Gesuche um Urlaub, soweit er über eine Woche hinausgeht, genehmigt sind. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Abgeordnete Frau Dr. Steinbiß für morgen entschuldigt und heute anwesend ist.
Die weiteren amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Deutsche Bundesrat hat in seiner Sitzung am 27. bzw. 22. Juni 1951 beschlossen, den folgenden Gesetzen zuzustimmen oder einen Antrag gemäßt Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen:
rung und
Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des
Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes;
Gesetz betreffend die Industriekreditbank Aktiengesellschaft;
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen;
Gesetz über die Errichtung eines Bundesaufsichtamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen;
Gesetz betreffend Weitergeltung der Getreidepreise;
Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit; Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die
Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet;
Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes; Gesetz über die Verlängerung der Dauer bestimmter Patente;
Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft;
Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplanes für das Rechnungsjahr 1950;
Gesetz über die Verlängerung der Zuckerungsfrist bei Wein;
Gesetz über den vorläufigen Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 19. Dezember 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island.
Zum Zolltarifgesetz hat er die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 77 Abs. 2 GG verlangt.
Der Herr Bundeskanzler hat
die Verordnung über Preise für Margarine,
Kunstspeisefette sowie feste Speisefette,
die Verordnung über die Aufarbeitung von
Steinkohlenrohteer sowie
die Verordnung über Verwendungsbeschränkungen für Knochen
zur Kenntnisnahme gemäß § 18 Abs 5 des Milchund Fettgesetzes bzw. § 4 Abs. 2 des Sicherungsgesetzes übersandt. Die Vorlagen liegen im Archiv zur Einsichtnahme auf.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 26. Juni 1951 die Anfrage Nr. 197 der Fraktion der SPD betreffend Bundesgesundheitsrat ({0}) beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 2416 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat in Ausführung des Beschlusses des Deutschen Bundestages in seiner 114. Sitzung zum Grenzübergang Emmerich-Zevenaar berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 2415 verteilt.
Zur heutigen Tagesordnung möchte ich auf folgendes hinweisen: Im Ältestenrat ist eine Vereinbarung darüber zustande gekommen, daß die Tagesordnung um die Berichte des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen
- Nr. 2411 der Drucksachen -, zu dem Gesetz über eine Bundesbürgschaft zur Abwicklung von Saatenkrediten für die Ernten bis zum Jahre 1949
- Nr. 2413 der Drucksachen - und zum Zolltarifgesetz - Nr. 2412 der Drucksachen - erweitert wird.
Weiterhin ist der Punkt 2 der Tagesordnung
- Interpellation der Fraktion der FDP betreffend Abtransport der ausländischen, nach Gesetz Nr. 53 der Militärregierung abgelieferten Devisenwerte aus deutschem Besitz, Nr. 2332 - auf Antrag der Antragsteller bis zur nächsten Woche zurückgestellt worden.
Schließlich darf ich darauf hinweisen, daß mir der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität ein Schreiben zugesandt hat, nach dem der Ausschuß beschlossen hat, daß in der zukünftigen Geschäftsordnung eine Bestimmung vorgesehen werden solle, nach der die unmittelbar Beteiligten bei der Aufhebung der Immunität nicht sprechen sollten. Der Ausschuß hat mich gebeten, auch jetzt schon in gleicher Weise zu verfahren. Ich möchte jedenfalls von diesem Schreiben des Geschäftsordnungsausschusses, dessen endgültige Erledigung ja erst bei der Beratung über die Neufassung der Geschäftsordnung erfolgen kann, hier Kenntnis geben.
Ich bin dann noch gebeten worden, darauf hinzuweisen, daß der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität heute um 16 Uhr im Zimmer 02 des Südflügels eine dringende Sitzung abhält.
Damit sind meine Mitteilungen zur Tagesordnung erschöpft.
Zur Tagesordnung wünscht das Wort Herr Abgeordneter Kohl.
Meine Damen und Herren! Ich möchte im Auftrage meiner Fraktion beantragen, den Punkt 7 der Tagesordnung - Zweite Beratung des Entwurfs eines Kündigungsschutzgesetzes - abzusetzen. Dieser Antrag entspringt der rein sachlichen Erwägung, daß es unmöglich ist, heute bereits in einem solchen Gesetz in § 2 eine Vorwegnahme der Mitbestimmung der Betriebsräte festzulegen, die in diesem Paragraphen sehr eindeutig umrissen ist. Man kann nach unserer Auffassung das Kündigungsschutzgesetz erst dann verabschieden, wenn einmal der Bundestag das Betriebsverfassungsgesetz verabschiedet hat.
Aus diesem Grunde bitte ich Sie, unserm Antrage zu entsprechen und die Beratung des Entwurfs eines Kündigungsschutzgesetzes von der Tagesordnung der heutigen Sitzung abzusetzen
({0})
und zurückzustellen, bis das Betriebsverfassungsgesetz hier in diesem Hause verabschiedet worden ist.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag der Fraktion der Kommunistischen Partei gehört. Wünscht jemand, dazu das Wort zu nehmen? - Das ist nicht der Fall. Der Bundestag hat das Recht, einen Punkt der Tagesordnung abzusetzen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der Fraktion der Kommunistischen Partei auf Absetzung des Punktes 7 der Tagesordnung zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist abgelehnt.
Das Wort hat zur Geschäftsordnung Herr Meyer ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Sie im Namen meiner Fraktion zu bitten, den Punkt 6 der heutigen Tagesordnung, die zweite Lesung eines Bundesbahngesetzentwurfs und den Mündlichen Bericht des Verkehrsausschusses abzusetzen. Wir sind davon unterrichtet, daß am 29. Juni, nachdem das Ergebnis der Ausschußberatungen vorlag, zwischen dem Herrn Bundeskanzler und den Vertretern des Deutschen Gewerkschaftsbundes wichtige Verhandlungen über die Frage der Gestaltung des Mitbestimmungsrechts der Arbeitnehmer in den öffentlichen Betrieben angeknüpft worden sind. Es war infolge der Kürze der Zeit und weil die Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu der wichtigen Tagung des Internationalen Gewerkschaftsbundes freier Gewerkschaften nach Mailand mußten, nicht möglich, diese Verhandlungen bereits zu einem Abschluß zu bringen. Es ist mit dem Herrn Bundeskanzler vereinbart worden, daß diese Verhandlungen nach ihrer Rückkehr fortgesetzt und abgeschlossen werden sollen. Demgemäß scheint es uns dringend erwünscht zu sein, daß sowohl die Beratung des Ausschußberichts als auch die zweite Lesung des Bundesbahngesetzentwurfs heute von der Tagesordnung abgesetzt werden. Der Herr Bundeskanzler hat seinerseits erklärt, daß er gegen die Absetzung dieses Punktes von der Tagesordnung keine Bedenken hat. Meine Freunde bitten Sie, demgemäß beschließen zu wollen.
Meine Damen und Herren, wünscht jemand zu diesem Antrag zur Tagesordnung das Wort zu nehmen? - Das ist nicht der Fall. Sie haben den Antrag gehört. Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei hat beantragt, den Punkt 6 der Tagesordnung abzusetzen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Absetzungsantrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Sitzungsvorstand ist sich über das Ergebnis nicht einig. Ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Wer für die Absetzung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen bitte? - Da die Schriftführer sich nicht einig sind, müssen wir diese Frage durch Hammelsprung klären. Ich bitte Sie, den Saal zu räumen.
({0})
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Abstimmung beginnt.
({1})
Ich bitte, die Abstimmung zu schließen. Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis dieses Hammelsprungs bekannt in der Hoffnung, daß es der letzte für heute ist.
({2})
Für den Antrag der Fraktion der SPD haben gestimmt 121 Abgeordnete, dagegen 180. 8 Enthaltungen. Der Antrag ist abgelehnt.
({3})
Meine Damen und Herren, in der Hoffnung, daß die Erledigung dieses Punktes der Tagesordnung verhältnismäßig kurze Zeit in Anspruch nehmen wird, schlage ich Ihnen vor, die Behandlung der drei Anträge des Vermittlungsausschusses vorwegzunehmen. - Das Haus ist damit einverstanden. Ich rufe auf:
Mündliche Berichte des Vermittlungsausausschusses zu
a) dem Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen ({4});
b) dem Gesetz über eine Bundesbürgschaft zur Abwicklung von Saatenkrediten für die Ernten bis zum Jahre 1949 ({5});
c) dem Zolltarifgesetz ({6}).
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Hohes Haus! Am 26. Januar 1951 a legte die Bundesregierung dem Bundestag ,den Entwurf eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen mit der Bitte um Beschlußfassung vor. Der Bundesrat hatte zu dieser als Drucksache Nr. 1853 erschienenen Vorlage der Bundesregierung empfohlen, den Gesetzentwurf zurückzuziehen, da es zweifelhaft erscheine, ob eine Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß des Gesetzes gegeben sei, und da, falls die Frage bejaht würde, die Zustimmung des Bundesrats zu dem Gesetzentwurf erforderlich sei, die aber nicht in Aussicht gestellt werden könne Gleichzeitig hatte der Bundesrat den Herrn Bundesminister der Finanzen gebeten, die schwebenden Erörterungen über den Entwurf einer Vereinbarung mit den Ländern über die Verwaltung des vormaligen Reichsvermögens fortzusetzen.
Die Bundesregierung vermochte jedoch der Empfehlung des Bundesrats nicht zu entsprechen. Sie vertrat die Anschauung, zum Erlaß des als Vorschaltegesetz bezeichneten Gesetzes sei die Zuständigkeit des Bundes gegeben; das Gesetz bedürfe also nicht der Zustimmung des Bundesrats. Von der Fortführung der Verhandlungen über eine Verwaltungsvereinbarung versprach sich der Herr Bundesfinanzminister keinen Erfolg.
Der Bundestag hat daraufhin den Gesetzentwurf beraten und mit den aus Drucksache Nr. 2032 ersichtlichen Änderungen in seiner Sitzung vom 15. März 1951 mit großer Mehrheit angenommen. Die Änderungen bezogen sich auf die §§ 1 bis 3, die von der Rückgängigmachung der auf Besatzungsrecht gegründeten Übertragungen von Eigentum und Verwaltungsbefugnis auf die Länder handeln. Die Änderungen bezogen sich weiter auf
({0})
.§ 5, der die endgültige Regelung der Eigentums-und sonstigen Vermögensrechte vorbehält, sowie auf § 6, der die künftige Verwaltung des früheren Reichsvermögens durch die Bundesvermögens- und Bauabteilungen der Oberfinanzdirektionen sowie durch die Länder und sonstigen Aufgabenträger betrifft, denen früheres Reichsvermögen zur Verwaltung übertragen wird.
Der Bundesrat hat nunmehr in seiner Sitzung vom 6. April 1951 beschlossen, gegen das vom Bundestag am 15. März 1951 verabschiedete Gesetz, das ihm als Bundesrats-Drucksache Nr. 290/51 zuging, gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes den Vermittlungsausschuß mit dem Verlangen anzurufen: Erstens in § 1 Abs. 1 und in § 2 die Schlußworte: „und die Verwaltungsbefugnis als beendet" zu streichen, zweitens die §§ 3 und 6 zu streichen, und drittens in § 5 die Passiva des Reichsvermögens aufzunehmen und das Wort „Ausführungsgesetze" durch „Bundesgesetze" zu ersetzen.
Der Vermittlungsausschuß befaßte sich erstmals in seiner Sitzung vom 10. Mai 1951 mit dem Gesetzentwurf. In dieser Sitzung brachten die Herren
Vertreter des Bundesfinanzministers zunächst das
Gesetz Nr. A-16 der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland über Aufhebung einiger Rechtsvorschriften der Besatzung betreffend die Verfügung über früheres Vermögen des Reichs und der Länder zur Kenntnis des Ausschusses. In Art. 1 dieses Gesetzes hebt der Rat der Alliierten Hohen Kommission im Gebiet der Bundesrepublik folgende Rechtsvorschriften auf: Erstens das Gesetz Nr. 19 der amerikanischen Militärregierung in der durch Gesetz Nr. 37 der Alliierten Hohen Kommission geänderten Fassung, zweitens die Verordnung Nr. 217 des französischen Oberkommandierenden in Deutschland in der durch Verordnung Nr. 224 und Gesetz Nr. 37 der Alliierten Hohen Kommission geänderten Fassung drittens die Verordnung Nr. 202 der britischen Militärregierung.
Die Erörterungen im Vermittlungsausschuß darüber, ob durch das Gesetz Nr. A-16 die genannten Vorschriften mit. rückwirkender Kraft auf den 8. Mai 1945, also ex tune, aufgehoben und damit der Rechtszustand vom 8. Mai 1945 wiederhergestellt werden sollte, oder ob die genannten Besatzungsvorschriften nur fortan, also ex nunc, keine Anwendung mehr finden, also in der amerikanisch und in der französisch besetzten Zone keine Übertragung vormaligen Reichsvermögens auf die Länder zu Eigentum mehr stattfinden und in der britischen Zone den Ländern keine Verwaltungsbefugnis mehr erteilt werden dürfe, führten zu keinem abschließenden Ergebnis. Für die Länder der amerikanischen und der französischen Zone wurde geltend gemacht, daß eine rückwirkende Beseitigung der für sie einschlägigen Besatzungsvorschriften im Hinblick auf den Schutz des durch die Eintragung im Grundbuch begründeten guten Glaubens an die Richtigkeit des Grundbuches eine ausdrückliche Gesetzesbestimmung erfordert hätte, die in dem Vorbehalt der Fortwirkung der §§ 5 und 11 des Militärregierungsgesetzes Nr. 19 und des Art. 10 der Verordnung Nr. 217 nicht erblickt werden könne. Wenn dem Gesetz Nr. A-16 tatsächlich rückwirkende Kraft zukäme, bedürfe es im übrigen keines deutschen Gesetzes, das sich mit den Rechtswirkungen der Besatzungsvorschriften befasse.
Außerdem legten die Vertreter des Bundesfinanzministeriums den Entwurf eines Beschlusses der Bundesregierung zur Ausführung des § 6 Abs. 1 Satz 2 des Vorschaltegesetzes vor, der sich mit der grundsätzlichen Regelung der Verwaltung des begrifflich näher umschriebenen Verwaltungsvermögens des Bundes und der Länder sowie mit der Wahrnehmung der Beteiligungsrechte des Reiches und des preußischen Staates im einzelnen befaßte. In der Debatte über diesen Entwurf wurden lediglich einige Auslegungsfragen erörtert. Die Mitglieder des Vermittlungsausschusses behielten sich die Prüfung der ihnen übergebenen Materialien ausdrücklich vor.
Am 31. Mai 1951 wurden die Beratungen des Vermittlungsausschusses fortgesetzt. Nach einem zusammenfassenden Bericht über die Ergebnisse der ersten Sitzung des Ausschusses wurde die Einsetzung eines Unterausschusses beschlossen, der erstmals am 8. Juni 1951 tagte und sich zunächst mit den vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzeswortlauts befaßte. Der von diesem Unterausschuß unter Beiziehung von Sachverständigen ausgearbeitete und in der Sitzung vom 13. Juni 1951 formulierte Vermittlungsvorschlag ging zunächst davon aus, daß das Besatzungsrecht in der amerikanisch und in der französisch besetzten Zone den Ländern am früheren Reichsvermögen Eigentum u n d Verwaltung verschafft hatte, während das Besatzungsrecht in der britisch besetzten Zone den Ländern n u r die Verwaltungsbefugnis zuerkannte.
Der Unterausschuß glaubte diese Unterschiedlichkeit und die sich daraus ergebende Notwendigkeit, im ersteren Fall den Eigentumsübergang als. nicht erfolgt und gleichzeitig die Verwaltungsbefugnis als beendet, im letzteren Fall nur die Verwaltungsbefugnis als beendet zu erklären, im Entwurf des Vorschaltegesetzes klarer herausstellen zu müssen. Auf der anderen Seite erschien es dem Unterausschuß aber nicht möglich, dem Verlangen des Bundesrats entsprechend nur die Übertragung des Eigentums auf die Länder rückgängig zu machen, die derzeitigen Verwaltungsbefugnisse der Länder jedoch durch Streichung der Worte „und die Verwaltungsbefugnis als beendet" weiterbestehen zu lassen, da das Ziel des Vorschaltegesetzes, zu einer Neuregelung der Verwaltung des. früheren Reichsvermögens und seiner Bestandteile zu gelangen, sonst nicht erreicht worden wäre.
({1})
Meine Damen und Herren, darf ich Sie bitten, durch etwas größere Ruhe dem Herrn Berichterstatter seine Aufgabe zu erleichtern.
Danke, Herr Präsident. - Aus diesen Erwägungen heraus erhielten § 1 Abs. 1, der vom unmittelb a r en Reichsvermögen und von den Beteiligungen des ehemaligen Landes Preußen an Unternehmen des privaten Rechts handelt, sowie § 2 des Gesetzentwurfs, der vom Vermögen der Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt, an denen das Reich oder das ehemalige Land Preußen am 8. Mai 1945 unmittelbar oder mittelbar eine Beteiligung besaßen, die Ihnen auf Drucksache Nr. 2411 vorliegende Fassung. Dabei fand, wie ich bemerken darf, die vom Unterausschuß vorgeschlagene Fassung die einstimmige Billigung des Vermittlungsausschusses, nachdem im Schlußsatz des § 1 Abs. 1 der Fassung des Unterausschusses die Worte „die nach dem 19. April 1949 auf ein Land übergegangen sind" geändert wur({0})
den in „die nach dem 19. April 1949 auf ein Land übertragen oder einem Lande zur Verwaltung übergeben worden sind."
Nach dem vom Bundestage beschlossenen Entwurf des Vorschaltegesetzes blieb nach Rückführung des nach Besatzungsrecht begründeten Eigentums der Länder in das Reichseigentum und nach Beendigung der Verwaltungsbefugnis der Länder jedoch noch die Frage offen, ob im Hinblick auf das Verlangen des Bundesrats auf Streichung der §§ 3 und 6 des Gesetzentwurfs bereits im Vorschaltegesetz auf die Sonderbestimmungen der Abs. 2 und 3 des Art. 134 des Grundgesetzes, die vom sogenannten Verwaltungsvermögen und vom sogenannten Heimfailvermögen handeln, Rücksicht genommen werden müsse. Bei der Prüfung dieser Frage wurde zunächst auf den unterschiedlichen Wortlaut der Abs. 2 und 3 des Art. 134 des Grundgesetzes hingewiesen. Abs. 2, der von dem nach seiner ursprünglichen Zweckbestimmung überwiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmten Reichsvermögen spricht, schreibt vor, daß dieses Vermögen, soweit es nicht Verwaltungsaufgaben des Bundes dient, unentgeltlich auf die nunmehr zuständigen Aufgabenträger zu übertragen ist, während Abs. 3, der vom Heimfallvermögen handelt, erklärt, daß das seinerzeit von den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden dem Reiche unentgeltlich zur Verfügung gestellte Vermögen wiederum Eigen -t u m der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände wird, soweit es nicht der Bund für eigene Verwaltungsaufgaben benötigt. Für den ersteren Fall sieht somit das Grundgesetz einen Übertragungsakt vor, während sich im letzteren Falle ein unmittelbarer Eigentumsübergang von Reichs- auf Landes- bzw. Gemeinde- oder Gemeindeverbands-vermögen vollziehen soll. Aus der Erwägung, daß es bei einer auf die Verwaltungsbefugnis beschränkten Neuregelung nicht zweckmäßig sei, hinsichtlich des unter Art. 134 Abs. 2 des Grundgesetzes fallenden Verwaltungsvermögens zunächst eine Verwaltungsbefugnis des Bundes zu begründen und den Bund zu verpflichten, diese Verwaltungsbefugnis umgehend wieder in die Hand der das Vermögen zur Zeit verwaltenden Aufgabenträger zurückzugeben, schlug der Unterausschuß des Vermittlungsausschusses für das Verwaltungs- und für das Heimfallvermögen eine gleichheitliche Regelung des Inhalts vor, daß bereits im Gesetz, und zwar in einem neuen § 6 Abs. 2, für das sogenannte Verwaltungsvermögen die Verwaltungsbefugnis der Länder oder der sonst nach Landesrecht zutändigen Aufgabenträger und für das sogenannte Heimfallvermögen die Verwaltungsbefugnis der heimfallberechtigten Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände festgestellt werde. Das Nähere sollte eine mit Zustimmung des Bundesrats zu erlassende Rechtsverordnung regeln, nach der auch die Beratung des vom Bundesfinanzministerium vorgelegten Entwurfs eines Beschlusses der Bundesregierung gegenstandslos würde.
Die Vertreter des Bundesfinanzministeriums nahmen nun zwar nicht gegen die vom Ausschuß vorgeschlagene Einheitlichkeit der Verwaltungsregelung für die beiden Vermögensgruppen Stellung, wandten sich aber gegen die unmittelbare Übertragung der Verwaltungsbefugnis durch Gesetz und schlugen eine Fassung des § 6 Abs. 2 vor, die für beide Vermögensgruppen die Übertragung der Verwaltungsbefugnis durch eine mit Zustimmung des Bundesrats zu erlassende Rechtverordnung der Bundesregierung vorsieht. In gleicher Weise soll auch hinsichtlich der Verwaltung von Beteiligungen des deutschen Reichs und des ehemaligen Landes Preußen an Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit verfahren werden, deren Bedeutung die Verwaltung durch den Bund nicht erfordert. Das heißt, die Verwaltung soll nicht durch Gesetz unmittelbar, sondern auf Grund einer Rechtsverordnung der Bundesregierung vom Bundesminister der Finanzen auf die Länder übertragen werden.
Bei der Beratung dieser gegensätzlichen Vorschläge in der gestrigen Sitzung des Vermittlungsausschusses wurde darauf hingewiesen, daß auf dem Gebiete des Verwaltungs- und des Heimfallvermögens die Regelung der Verwaltungszuständigkeit begrifflich eine Art Vorgriff auf die Eigentumsregelung darstelle, die nach Art. 134 Abs. 4 des Grundgesetzes durch ein der Zustimmung des Bundesrats bedürftiges Bundesgesetz zu erfolgen habe, woraus sich die Notwendigkeit ergebe, das sogenannte Vorschaltegesetz als Zustimmungsgesetz im Sinne des Grundgesetzes zu betrachten und dies auch im Eingang des Gesetzes zum Ausdruck zu bringen.
Weiterhin wurde ausgeführt, daß es nicht zweckmäßig sei, gegenüber den die Vermögenswerte zur Zeit verwaltenden Aufgabenträgern und Heimfallberechtigten zunächst eine Verwaltungszuständigkeit des Bundes zu begründen und es dann dem Bunde zu überlassen, wann und nach welchen Grundsätzen er die Verwaltung in die Hand der nach dem Grundgesetz zuständigen Aufgabenträger und Heimfallberechtigten legen wolle. Auf der anderen Seite aber wurde betont, daß der Entwurf der diese Übertragung regelnden Rechtsverordnung bereits vorliege, dem Bundesrat am 30. Juni 1951 bereits als Drucksache Nr. 542/51 zugegangen sei; ein unliebsames Zwischenstadium in der Verwaltungszuständigkeit brauche daher nicht befürchtet zu werden.
Das Ergebnis der eingehenden Beratungen war, daß sich die überwiegende Mehrheit der Mitglieder des Vermittlungsausschusses für die von den Vertretern des Bundesfinanzministeriums vorgeschlagene Fassung des § 6 Abs. 2 aussprach.
Die Einschaltung des vom Unterausschuß vorgeschlagenen neuen Abs. 2 in § 6 hatte nun auch eine Neufassung des nunmehr zu Abs. 3 gewordenen bisherigen Abs. 2 des § 6 zur Folge. Die Neufassung unterschied zwischen der Verwaltung früheren Reichsvermögens durch die Bundesvermögens- und -bauabteilungen der Oberfinanzdirektionen und der Verwaltung früheren Reichsvermögens durch die Länder, sonstige Aufgabenträger oder Gemeinden bzw. Gemeindeverbände und gliederte sich demgemäß in die beiden Abs. 3 und 4, von denen der erstere den Verzicht des Bundesministers der Finanzen auf die Mitwirkung bei Verkäufen und Belastungen bis zu einem Wert von 50 000 DM, der letztere- nunmehr Abs. 5 - die Anwendung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Länder, der sonstigen Aufgabenträger und der Gemeinden oder Gemeindeverbände vorsieht.
Bei dieser Gliederung konnte es auch nach Annahme der von den Vertretern des Bundesfinanzministeriums vorgeschlagenen Neufassung des § 6 Abs. 2 verbleiben, wenn auch Abs. 4 ({1}) erst Anwendung finden wird, wenn die Übertragung der Verwaltung von Vermögenswerten auf die Länder usw. auf Grund der in § 6 Abs. 2 vorbehaltenen Rechtsverordnung erfolgt ist.
Ein Vorschlag, die mit der Reichshaushaltsordnung übereinstimmende Fassung der Verzichts({2})
grenze bei Grundstücksbelastungen sprachlich richtigzustellen, weil bei hypothekarischer Belastung eine Wertminderung des Grundstücks nicht eintrete, wurde nicht weiter verfolgt. Zwischen die beiden Absätze 3 und 4 wurde jedoch ein neuer Absatz als Abs. 4 eingeschaltet, der auf einen Vorschlag der Vertreter des Bundesfinanzministeriums zurückgeht. Der ursprüngliche Vorschlag ging dahin, sowohl dem Bundesfinanzminister als auch dem Bundesrechnungshof ein Auskunfts- und Einsichtnahmerecht hinsichtlich aller seit dem 8. Mai 1945 über Bestandteile des vormaligen Reichsvermögens getätigten Geschäfte zu geben. Nachdem das Bundesfinanzministerium auf den Schlußsatz: „Das gleiche Recht hat der Bundesrechnungshof" verzichtet hatte, stimmte der Vermittlungsausschuß der Einschaltung dieses Absatzes mit Mehrheit zu.
In Zusammenhang mit dieser Einschaltung steht auch die im Vermittlungsausschuß erörterte, in ihrer Fassung jedoch unverändert gebliebene Bestimmung des § 4 Abs. 2 des Vorschaltegesetzes, die die Wirksamkeit zurückliegender rechtsgeschäftlicher Verfügungen über früheres Reichsvermögen zugunsten von Ländern, anderen Gebietskörperschaften, ferner von Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts eines Landes oder einer juristischen Person des privaten Rechts, auf die das Land maßgeblichen Einfluß hat, von der Genehmigung des Bundesministers der Finanzen abhängig macht. Gegenüber dem Hinweis auf die Beunruhigung, die der Vorbehalt der Genehmigung, der gleichfalls bereits in die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern eingreift und an sich in das nach Art. 134 des Grundgesetzes mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassende Gesetz zu verweisen wäre, bei den durch Grunderwerb aus dem früheren Reichsvermögen beteiligten Körperschaften usw. ausgelöst hat, hat der Herr Vertreter des Bundesfinanzministeriums die Zusicherung gegeben, daß nicht beabsichtigt sei, die Genehmigung in Fällen zu verweigern, in denen ordnungsgemäß abgeschlossene, den Bedürfnissen der beteiligten Körperschaften usw. entsprechende Rechtsgeschäfte vorliegen. Die Erteilung der Genehmigung werde vielmehr nur in wenigen Ausnahmefällen, wenn triftige Gründe hierfür vorlägen, abgelehnt werden.
Das dritte Verlangen des Bundesrates, in § 5 die Passiva aufzunehmen und das Wort „Ausführungsgesetze" durch das Wort „Bundesgesetze" zu ersetzen, war zunächst in seinem ersten Teil mit dem Hinweis darauf begründet, wenn Art. 134 Abs. 1 des Grundgesetzes ausspreche, daß das Vermögen des Reiches grundsätzlich Bundesvermögen werde, dann könne man an den Passiven des Reichs nicht vorübergehen, weil Aktiva und Passiva zusammen das Vermögen bilden. Den auch für das öffentliche Recht bedeutsamen Grundsätzen des § 419 BGB entspreche es, daß auch der Übergang der Verbindlichkeiten, und zwar nicht nur jener, die unmittelbar mit den einzelnen Aktivwerten wie Liegenschaften, Beteiligungen usw. zusammenhängen, sondern der Gesamtheit der dem Aktivvermögen entsprechenden Verbindlichkeiten, gleichzeitig mit dem Übergang des Vermögens auf den Bund geregelt werde. Dies gelte insbesondere, so wurde ausgeführt, hinsichtlich der durch die Umstellungsgesetzgebung den Ländern überbürdeten Ausgleichsforderungen für Schuldtitel des Deutschen Reichs. Es gehe nicht an, das Aktivvermögen dem Bund zuzusprechen, aber die diesem Vermögen entsprechenden Verbindlichkeiten von den Ländern weiterhin verzinsen und tilgen zu lassen. Der Unterausschuß des Vermittlungsausschusses und der Vermittlungsausschuß selbst konnten sich der Berechtigung des Verlangens zu § 5 des Vorschaltegesetzes, der die endgültige Auseinandersetzung über die Eigentums-und sonstigen Vermögensrechte des Reichs und des Landes Preußen den gemäß Art. 134 Abs. 4 und Art. 135 Abs. 6 des Grundgesetzes zu erlassenden Gesetzen vorbehält, nicht verschließen und haben deshalb in § 5 die Worte „sowie die Regelung der Verbindlichkeiten des Deutschen Reichs und des ehemaligen Landes Preußen" eingefügt. In Übereinstimmung mit dem Wortlaut der genannten grundgesetzlichen Bestimmungen schlägt der Vermittlungsausschuß endlich vor, das Wort „Ausführungsgesetze" durch das Wort „Bundesgesetze" zu ersetzen.
Ich glaube mit meinen Ausführungen dem Hohen Hause über die Verhandlungen des Vermittlungsausschusses und über das Ergebnis seiner Beratungen unter Zurückstellung untergeordneter Fragen erschöpfend berichtet zu haben und entledige mich hiermit des Auftrages des Vermittlungsausschusses, Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Annahme des Ihnen vorliegenden Vermittlungsvorschlages zu empfehlen, der in der soeben verteilten Drucksache Nr. 2411 enthalten ist.
Ich darf noch folgendes bemerken. Die gemeinsame Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Art. 77 des Grundgesetzes schreibt in § 10 Abs. 3 vor, wenn der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses mehrere Änderungen des Gesetzesbeschlusses vorsieht, dann ist in dem Einigungsvorschlag zu bestimmen, ob und inwieweit im Bundestag über Änderungen g e m ein s am abzustimmen ist, und daß, wenn eine Einzelabstimmung über mehrere Änderungen erfolgt, eine Schlußabstimmung über den Einigungsvorschlag im ganzen erforderlich ist. In Vollzug des § 10 Abs. 3 Satz 1 dieser Geschäftsordnung hat der Vermittlungsausschuß beschlossen, daß über die von ihm vorgeschlagenen Änderungen des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes gemeinsam abzustimmen ist. Ich bitte, in diesem Sinne abstimmen zu lassen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Eine Aussprache über den Vorschlag des Vermittlungsausschusses findet nicht statt. Besteht der Wunsch, Erklärungen abzugeben? - Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung über den Ihnen vorliegenden Antrag des Vermittlungsausschusses auf Drucksache Nr. 2411, die aus der Zusammenstellung der Anlage ersichtlichen Änderungsbeschlüsse zu fassen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei, soweit ich sehe, einigen Enthaltungen ist dieser Vorschlag des Vermittlungsausschusses angenommen.
Meine Damen und Herren! Bevor ich zum nächsten Antrag des Vermittlungsausschusses komme, möchte ich Sie auf einen technischen Vorgang aufmerksam machen. Ihnen ist von der deutschen Fischwirtschaft eine Einladung zugegangen, heute abend eine Probe der ersten Erträgnisse des neuen Fischereijahres zu kosten.
({0})
Auch abgesehen von der Tatsache, daß es das Delikt der Abgeordnetenbestechung nicht gibt, habe ich keine Veranlassung gesehen, diese Einladung zurückzuhalten. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, daß wir, wenn die Tagesordnung sich in
({1})
diesem Tempo weiter abwickelt, zu der vorgesehenen Stunde sicherlich nicht fertig sind. Ich möchte Ihnen daher vorschlagen, diese Probe des Ertrages eines Zweiges unserer Ernährungswirtschaft, für die das ganze Haus sicher das größte Interesse hat, nach und nach heute in den Abendstunden im Restaurant entgegenzunehmen, wenn Sie wünschen, sich davon zu überzeugen, wie gut deutscher Matjeshering schmeckt.
({2})
Meine Damen und Herren! Ich rufe weiter auf den
Mündlichen Bericht des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({3}) über den Entwurf eines Gesetzes über eine Bundesbürgschaft zur Abwicklung von Saatenkrediten für die Ernten bis zum Jahre 1949 ({4}).
Berichterstater ist Herr Abgeordneter Schoettle.
Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Schoettle ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In seiner 147. Sitzung hat der Bundestag ein Gesetz über eine Bundesbürgschaft zur Abwicklung von Saatenkrediten für die Ernten bis zum Jahre 1949 in dritter Lesung verabschiedet. An der Beratung dieses Gesetzes waren der Ernährungsausschuß, der Ausschuß für Geld und Kredit und der Haushaltsausschuß beteiligt, der Ernährungsausschuß federführend. Das Gesetz ist dann dem Bundesrat zugeleitet worden, und der Bundesrat hat den Vermittlungsausschuß angerufen. Man kann nicht sagen: diesmal aus irgendwelchen bösen oder hintergründigen Absichten, sondern im Gegenteil: der Bundestag muß dem Bundesrat dankbar dafür sein, daß er ihn auf ein technisches Versehen aufmerksam gemacht
hat. Denn das, was der Bundesrat jetzt als Abänderung des in der dritten Lesung erreichten Beratungsergebnisses des Bundestages vorschlägt, ist nichts anderes als das Ergebnis, das die Fachausschüsse des Bundestages selbst erzielt haben.
Durch ein technisches Versehen ist der Beschlußfassung des Bundestages ein Text unterschoben worden, den die Ausschüsse gar nicht beraten haben, der vielmehr ein früherer Referentenentwurf der Regierung war.
({6})
Niemand in diesem Hause hat das gemerkt, weil die Beratung in einem Zeitpunkt stattfand, wo a) der Herr Berichterstatter nicht im Saal war und wo b) der Herr Präsident offenbar den Eindruck und das Bedürfnis hatte, die Beratung so schnell wie möglich über die Bühne gehen zu lassen, so daß sich niemand die Mühe nahm, die Drucksache genau anzusehen und den Unterschied zwischen der Ausschußberatung und der Vorlage festzustellen.
Was wir heute zu tun haben, ist nichts anderes, als das wiederherzustellen, was wir eigentlich schon in der 147. Sitzung haben beschließen wollen. Daß uns dies nicht gleich gelungen ist, hat der Bundesrat bemerkt, und er hat uns nun sozusagen die Mühe abgenommen, aus eigener Initiative unsere ursprünglich gute Absicht zu verwirklichen: Der Vermittlungsausschuß kam einstimmig zu dem Ergebnis, dem Hohen Hause die Annahme des Vorschlags des Bundesrates zu empfehlen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und darf unterstellen, daß das Wort „unterschoben" natürlich kein moralischer Vorwurf gegen den Bundestag war.
({0})
Wird gewünscht, daß Erklärungen abgegeben werden? - Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 2413. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, den Bericht des Vermittlungsausschusses Drucksache Nr. 2412, betreffend Zolltarifgesetz, noch etwas zurückzustellen. Der Herr Berichterstatter hat mich darum gebeten. Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist und rufe auf Punkt 1 der heutigen Tagesordnung:
Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Deutsche Dienstkommandos bei den Besatzungsmächten ({1}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 20 Minuten und eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor. - Das Haus ist damit einverstanden.
Zur Begründung der Interpellation, bitte, Herr Abgeordneter Gleisner!
Gleisner ({2}), Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Drucksache Nr. 2318 beantwortet die Regierung die Anfrage Nr. 181 meiner Fraktion zum Problem der Arbeitsdienstgruppen. Diese Antwort hat uns nicht überzeugen können. Wir legen daher dem Hohen Hause eine Interpellation in gleicher Sache vor. In dieser Interpellation fragen wir die Regierung: Hat sie von der Umgestaltung der Dienstgruppen durch die Besatzungsmächte gewußt, und was hat sie getan oder gedenkt sie zu tun, um den Dienstgruppenmännern das Recht als Deutsche zu erhalten?
Während bis vor einem Monat die Vertragsbedingungen bei der GSO gut und erträglich waren, hat sich mit dem neuen Vertrag seit dem 1. Juni 1951 die Lage sowohl arbeitsrechtlich wie auch staatsrechtlich grundlegend gewandelt. Diese Verträge ändern aber nicht nur die arbeitsrechtlichen Beziehungen, sondern sie ändern das Wesen der Dienstgruppen überhaupt. Innerhalb 24 respektive 48 Stunden mußten die Männer der GSO sich entschließen, die neuen Verträge zu unterschreiben, oder sie konnten gehen.
Bisher wurden die GSO-Gruppen nach deutschem Tarifrecht entlohnt. Verheiratete und Unterhaltspflichtige erhielten ihre Sozialzulage und einen Beweglichkeitszuschuß in Höhe von 60 DM und Unterkunft nebst Bekleidung gegen ein geringes Entgelt. Der neue Vertrag sieht Bezahlung nach Soldsätzen und Dienstgraden vor, für die Verheirateten eine Schlechterstellung von mindestens 80 DM und mehr. Alle bisherigen Vergünstigungen fallen fort oder werden stark eingeschränkt. Aus dem bisherigen Arbeitsvertrag ist ein Subordinationsverhältnis zur Streitmacht der Alliierten geworden. Damit hat die britische Streitmacht langsam nachgeholt, was seit langem bei der amerikanischen Streitmacht feste Übung ist. Die Uniformierung, Bewaffnung, der Ordnungsdienst, die Grußpflicht und die Gehorsamsleistung konnten in der britischen Zone nicht so geräuschlos über die Bühne gehen wie in der amerikanischen Zone.
({3})
Während das Durchschnittsalter der Dienstgruppen in der amerikanischen Streitmacht bei 23 Jahren liegt und der größte Teil der Männer unverheiratet ist, sind die Männer der GSO großenteils verheiratet, und ihr Durchschnittsalter liegt bei 37 Jahren. Da über 80 % dieser Bediensteten Flüchtlinge sind und diese zum größten Teil ihr Zuhause hinter der Oder-Neiße-Linie hatten, blieb ihnen keine Wahl; sie mußten unterschreiben oder arbeits- und wohnungslos werden.
Diese Situation war allen Beteiligten klar. Daher ist dieser Vertrag nicht nur arbeitsrechtlich angreifbar, sondern auch unsittlich.
({4})
Es ist offensichtlich und unverkennbar, daß mit den neuen Verträgen eine Verjüngung der GSOEinheiten erreicht werden soll. Die Dienststellen der britischen Besatzungsmacht haben selbst mit einem Abgang von mindestens 30 % gerechnet, die diese Verträge nicht unterschreiben würden. Daß es nur 10 % waren, die von der „Freiwilligkeit" keinen Gebrauch machten, zeigt, daß diese Menschen einer besonderen Tragik unterliegen. Um so schwerer trifft sie die unsoziale Besoldungsskala, trifft sie der Wegfall aller bisherigen Vergünstigungen.
({5})
Es ist unschwer zu erkennen, daß mit diesem neuen staatsrechtlich und arbeitsrechtlich anfechtbaren Vertrag die Dienstgruppen der britischen Streitmacht denen der amerikanischen Streitmacht gleichgeschaltet werden sollen. Dies ist nun geschehen. Auf Befehl der Streitmacht muß der Dienstgruppenmann an jedem Ort der Bundesrepublik Dienste verrichten. Im Vertrag steht: „Von den Bediensteten kann jede Arbeit verlangt werden, die von den Streitkräften für erforderlich gehalten wird".
({6})
Während die besonderen Begehren des Vertrages bis ins Detail formuliert wurden, ist die Gehorsamsleistung lapidar in einen Satz gekleidet, der lautet: „Insbesondere können wegen Ungehorsams gegen rechtmäßige Anordnungen die Bediensteten vor ein alliiertes Gericht gestellt werden". Sie müssen also unbedingten Gehorsam leisten. Von einem eigenen Gewissen steht in dem Vertrag kein Wort.
({7})
Würde es sich um einen normalen Arbeitsvertrag oder um übliche Arbeitsverrichtungen handeln, so wäre gegen die Gehorsamspflicht nichts einzuwenden. Da es sich aber um Dienstleistungen bei fremden Streitkräften handelt, die bei aktiven Handlungen von der Bereitschaft dieser Männer weitgehend abhängig sind, hat die Gehorsamspflicht mit Strafandrohung eine besondere Bedeutung.
({8})
Die Bundesregierung wäre allein schon auf Grund dieses Tatbestandes verpflichtet, zu überprüfen, ob ein solcher Vertrag nach dem Grundgesetz überhaupt möglich ist.
Wie sieht denn die Dienstleistung aus? Die Bediensteten sind Handwerker, Kraftfahrer, Arbeiter usw.; so heißt es jedenfalls im Vertrag. Wie bei Manövern beobachtet, bewegen sich die Bediensteten im Kampfgelände. Es ist doch klar, daß bei der Beweglichkeit und Schnelligkeit moderner Truppen, j a selbst beim Stellungskrieg für sie unmittelbare Feindberührung möglich ist. Diese Tatsache verlangt zwingend eine Bewaffnung, mindestens eine Selbstverteidigung. Damit wären sie Soldaten. Daß es so ist, mag folgende kleine Geschichte beweisen, die erzählt, daß bei einem Manöver die Dienstgruppen maßgeblich daran beteiligt waren, das feindliche Hauptquartier gefangenzunehmen.
({9})
Wir sind selbstverständlich der Meinung, daß die Besatzungsmacht Hilfskräfte zur Erledigung anfallender Arbeiten braucht. Wir meinen aber, daß diese Arbeit nach gültigen Arbeitsverträgen unter Beachtung der sozialen Erfordernisse verrichtet werden kann.
({10})
Warum diese Arbeitsleistung in Uniform, mit
Gruß- und Gehorsamspflicht und mit Waffentragen verrichtet werden muß, verstehen wir nicht.
({11})
Da es sich bisher aber im wesentlichen um arbeitsrechtliche Dinge handelt, verstehen wir insbesondere nicht, warum ein Generalreferat beim
Bundesfinanzminister eingerichtet wurde. Dieses
Generalreferat gehört zum Bundesarbeitsminister,
und wir glauben, daß es hier eine dankbare Aufgabe hat: diese Verträge schnellstens auf den Stand
des deutschen Arbeits- und Sozialrechts zu bringen.
({12})
Wenn z. B. ein Kraftfahrer in einem Kampfgelände, das ihm unbekannt und das unwegsam
ist, auf Befehl mit abgeblendetem Luftschutzlicht
fährt und hierbei verunglückt, wer soll dann
helfen? Der Vertrag lehnt jede Unterstützung ab!
({13})
Das gleiche gilt für Unfälle bei aktiven Handlungen der Streitmacht, an denen Bedienstete teilnehmen. Hier muß doch der Arbeitsminister sofort eingreifen und Unfallschutz, Haftpflicht, auch Schadenersatzansprüche für Krankheit, Unfall und Tod erzwingen.
Die Angelegenheit der Dienstgruppen hat aber auch eine staatspolitische und staatsrechtliche Seite. Einige Bestimmungen der Anstellungsbedingungen stehen im Widerspruch zum Grundgesetz, insbesondere zu den Artikeln 9, 11 und 12. Auch der Hinweis darauf, daß der Eintritt in die Dienstgruppen freiwillig sei, ändert nichts an dem Tatbestand, daß durch die neuen Arbeitsbedingungen eine weitere Herauslösung aus dem deutschen Sozial- und Rechtsgefüge erfolgt ist.
({14})
Die Auffassung der Bundesregierung deckt sich auffallend mit der Meinung der Alliierten.
({15})
Die amtlichen Verlautbarungen stehen gegen die tatsächlich verlangten Dienstleistungen. Selbst die Zeitung, die dem Herrn Bundeskanzler näher steht als uns, der „Rheinische Merkur", schreibt in ihrer Ausgabe Nr. 25 vom 15. Juni unter dem Titel „Der Zeiger rückt vor":
Schon sind die Engländer im Begriff, ihre
Wacheinheiten durch Verträge in einen Status
zu versetzen, der es ihnen erlaubt, sie im Ernstfall als militärische Verbände zu verwenden,
({16})
und zwar - hier zeigt sich die Kalamität einer
solchen Sicherung über die Hintertreppe ({17})
ohne die Einschaltung und den Einfluß irgendeiner deutschen Autorität und selbst außerhalb
der Grenzen des deutschen Staatsgebiets.
({18}) Ebenso wichtig erscheint uns daher auch die politische Seite dieser Entwicklung innerhalb der Dienstgruppen. Selbständig, heimlich und überraschend haben die Allierten diese Dienstgruppen nach ihrem Willen umgeformt.
({19})
Die Rücksichtslosigkeit, mit der dieser Prozeß durchgeführt worden ist, ist ebenso beachtlich wie die Tatsache, daß das Parlament in keiner Phase der Entwicklung gefragt oder gehört worden ist. Wir vermissen gerade in dieser für Deutschland so entscheidenden Frage den von den Alliierten proklamierten neuen Geist.
({20})
Hier ist der neue Geist mit alter Praxis wieder lebendig geworden.
Wir fragen die Regierung, warum sie dieses Vorgehen toleriert hat und warum die Opposition nicht einmal unterrichtet worden ist.
({21})
Wenn etwa auf diese Art die Frage der Beteiligung an einem deutschen Wehrbeitrag zum Teil vorweg gelöst werden soll, machen wir jetzt schon auf alle Konsequenzen aufmerksam.
({22})
Es ist unmöglich, einen Teilwehrbeitrag an Menschen ohne Zustimmung des Parlaments an Organisationen zu geben,
({23})
auf die wir weder Einwirkung nehmen können noch Kontrolle ausüben.
({24})
Es kann nicht unser Wille sein, deutsche Menschen zu fremder Verfügung und Verwendung freizustellen, die nach fremdem Gutdünken und Bedürfnis möglicherweise sogar gegen deutschen Willen und Absicht eingesetzt werden können.
({25}) Deutschland darf nicht die Liefernation für Landsknechtskontingente werden,
({26}) indem wir stillschweigend deutsche Menschen als Wehrbeitrag in die alliierten Organisationen einbauen lassen.
({27})
Wenn die Bundesregierung nicht schnell und überzeugend eingreift und die Dienstgruppen nicht wieder auf den tatsächlichen Stand zurückführt, wird der Wehrgedanke im Volke diffamiert.
Diese Methode, die Gleichberechtigung im Wort anders als in der Tat zu dokumentieren, rechtfertigt im weitesten Maße unsere Interpellation. Es wird heute schon bei der GSO darüber gesprochen, daß die Bundesregierung die Möglichkeit des Einbaus der deutschen Dienstgruppen in die alliierten Streitkräfte untersucht, die in einer zumutbaren Form in den deutschen Sicherheitsbeitrag einbezogen werden würden.
({28})
Man sagt, aus diesem Grunde müßten die Dienstgruppen für eine gewisse Zeit dieses Zwischenstadium der Rechtlosigkeit und des Zwielichts ertragen. Es muß unter allen Umständen klargestellt werden, daß die Dienstgruppen keine Hilfsverbände sind und Deutschland keine Leihsoldaten stellt; denn das haben die Männer der Dienstgruppen nicht verdient. Sie haben sich in schwerer Zeit nicht nur zum Minenräumen, zum Bombensprengen und zur Trümmerbeseitigung bereit erklärt; sie haben auch einen aktiven Beitrag zum Wiederaufbau geleistet. Sie müssen daher vom Parlament und von der Bundesregierung vor einer Diskriminierung geschützt werden, und dies kann nur geschehen, wenn ein normales Arbeitsverhältnis hergestellt wird.
({29})
Meine Fraktion erwartet aus all den angeführten Gründen, daß die Bundesregierung sofort eingehende Verhandlungen mit den Alliierten führt, damit die Verträge dem deutschen Arbeits-, Sozialund Staatsrecht angeglichen werden.
({30})
Zur Beantwortung der Interpellation hat das Wort der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Interpellation der Fraktion der SPD auf Drucksache Nr. 2327 nehme ich namens des Herrn Bundesministers der Finanzen wie folgt Stellung.
Die Interpellation befaßt sich erneut mit den deutschen zivilen Arbeitsgruppen bei den Besatzungsmächten. Hierzu hat der Herr Bundeskanzler namens der Bundesregierung in Beantwortung von zwei Anfragen der Fraktion der SPD bereits mit Schreiben vom 6. März und 7. Juni 1951 Stellung genommen. Diese ausführlichen Stellungnahmen liegen dem Hohen Hause als Drucksachen Nr. 2033 und 2318 vor. Ich darf bitten, sich den Inhalt dieser Drucksachen noch einmal zu vergegenwärtigen, in denen zu den rechtlichen Fragen, die der Herr Interpellant eben vorgetragen hat, in ausführlicher Weise Stellung genommen worden ist,
({0})
insbesondere auch zur Vereinbarkeit der Arbeitsverträge mit dem Grundgesetz.
({1})
Die beiden Fragen der Fraktion der SPD beantworte ich nunmehr in Ergänzung der beiden ausführlichen Stellungnahmen des Herrn Bundeskanzlers wie folgt:
Frage 1:
Hat die Bundesregierung von der Neugestaltung der deutschen Dienstkommandos bei den Besatzungsmächten als Deutsche Dienst-Organisation vorher Kenntnis gehabt?
Die Bezeichnung „Deutsche Dienst-Organisation" ({2}) wird nur von deutschen Arbeitsgruppen in der britischen Besatzungszone geführt. Von der Neugestaltung dieser Deutschen Dienst-Organisation in der britischen Zone hat die Bundesregierung erst nach ihrer Vollziehung durch eine am 3. November 1950 übergebene Aufzeichnung Kenntnis erhalten.
({3})
({4})
Über die bei der amerikanischen Besatzungsmacht bestehenden Arbeitsgruppen und ähnliche Gruppen bei der französischen Besatzungsmacht sind der Bundesregierung von alliierter Seite überhaupt keine Mitteilungen zugegangen. Das kann zum Teil damit zusammenhängen, daß die deutschen Dienststellen in der französischen und noch mehr in der amerikanischen Zone an der Einstellung und Besoldung der Arbeitskräfte nicht oder nur geringfügig beteiligt sind.
Frage 2:
Welche Schritte hat die Bundesregierung in Kenntnis dieser Neuordnung getan und gedenkt sie noch zu tun, ({5})
Auch die Herren von der kommunistischen Fraktion bitte ich, sich gegebenenfalls an der Aussprache zu beteiligen und ihre Bemerkungen nicht während der Beantwortung der Interpellation zu machen.
- und gedenkt sie noch zu tun, um den Angehörigen der Deutschen Dienst-Organisation ihre Rechte als Deutsche, insbesondere den Schutz des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere des deutschen Arbeitsrechts zu erhalten?
Die britische Besatzungsmacht hat sowohl in den Anstellungsbedingungen, insbesondere in Nr. 33 der am 1. Juni 1951 in Kraft getretenen Änderung als auch in Verhandlungen mehrfach betont, daß die DDO-Angehörigen dem deutschen Zivil- und Strafrecht unterstehen. Die Bundesregierung hat bereits bei der Beantwortung der zweiten Anfrage der Fraktion der SPD in ihrem Schreiben vorn 7. Juni festgestellt, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Dienst in der DDO nicht entgegenstehen. Auf die ausführliche Darlegung darf ich hier Bezug nehmen. Da sowohl von britischer als auch von deutscher Seite wiederholt festgestellt worden ist, daß es sich bei dem Dienst in der DDO um ein ziviles, freiwillig eingegangenes
({0})
und auch vom Arbeitnehmer kurzfristig zu lösendes Arbeitsverhältnis handelt, sind die staatsbürgerlichen Rechte der DDO-Angehörigen, insbesondere der Schutz des Grundgesetzes, nicht eingeschränkt.
({1})
Die Frage, ob den DDO-Angehörigen der Schutz des deutschen Arbeitsrechts gewährleistet ist, beantwortet sich dadurch, daß nach ausdrücklicher britischer Erklärung die DDO-Angehörigen dem deutschen Zivil- und Strafrecht, somit also auch dem deutschen Arbeitsrecht unterstellt bleiben. Die mit den einzelnen DDO-Angehörigen geschlossenen Arbeitsverträge entsprechen nicht in allen Punkten dem üblichen deutschen Tarifrecht.
({2})
Daher werden zwischen Sachverständigen der britischen Besatzungsmacht und der Bundesregierung Verhandlungen geführt mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen der DDO-Angehörigen dem deutschen Tarifrecht anzupassen.
({3}) Der Verlauf der bisherigen Besprechungen läßt erkennen, daß auf britischer Seite hierfür Verständnis besteht.
Die Bundesregierung wird weiter mit allem Nachdruck dafür sorgen, daß in diesen Fällen das deutsche Arbeits- und Tarifrecht Anwendung findet.
({4})
Meine Damen und Herren, Sie haben die Beantwortung der Interpellation gehört; ich frage, welche Abgeordneten wünschen eine sofortige Besprechung der Interpellation? - Es sind mehr als 50 Abgeordnete. Die Besprechung der Interpellation findet sofort statt. Wer wünscht, das Wort zu nehmen? - Frau Abgeordnete Strohbach, im Rahmen der Redezeit von 60 Minuten, d. h. 5 Minuten, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion hat, glaube ich, in seinen Ausführungen hinreichend klargestellt - und ich möchte das ganz besonders unterstreichen -, daß es sich bei dem Problem der sogenannten deutschen Dienstorganisationen längst nicht mehr um ein juristisches, um ein arbeitsrechtliches Problem handelt, sondern daß diese deutschen Dienstorganisationen - gleichgültig, ob sie nun im Bereich der britischen Rheinarmee oder in der US-Zone stehen - ein Teil der Remilitarisierung Westdeutschlands sind.
({0})
Mit der Durchführung der Maßnahmen der Umstellung dieser Truppen in Westdeutschland wurde bereits im vergangenen Sommer begonnen. Diese Umstellung hat damals im ganzen Bundesgebiet viel Staub aufgewirbelt. Ich bin außerordentlich erstaunt über die Feststellung des Herrn Staatssekretärs, daß in der US-Zone deutsche Stellen mit diesen Dingen nichts zu tun hätten. Man muß schon sehr weit von der amerikanischen Zone fort sein, um nicht zu wissen, daß dort von den Arbeitsämtern,
({1})
von deutschen Stellen also, die Leute für diese Truppen angeworben werden.
({2})
Damals, als diese Umstellung - übrigens auf Grund eines Rundschreibens der amerikanischen Behörden vom 27. Januar 1950, also vor nunmehr etwa eineinhalb Jahren - stattgefunden hat, war die Antwort vieler deutschen Männer in diesen Dienstorganisationen: Lieber gehen wir stempeln, als daß wir im eigenen Land zu Fremdenlegionären werden. Damals haben die Angehörigen der Dienstorganisationen in Ansbach, in Marburg, in Heidelberg, in Böblingen und in zahlreichen anderen Orten Westdeutschlands den Dienst in diesen Organisationen quittiert. Die Bundesregierung hat sich daraufhin veranlaßt gesehen, dagegen zu protestieren, daß deutsche Staatsbürger zu Söldnern für ausländische Mächte gemacht werden.
Aber das war, wie sich jetzt herausstellt und wie auch heute wieder klar zum Ausdruck gekommen ist, offenbar eine Täuschung. Bundeskanzler Adenauer hat erst vor wenigen Tagen erklärt, daß die Aufstellung solcher Truppen im
({3})
deutschen Interesse liege. Worin dieses deutsche Interesse bestehen soll, kann ich nicht sehen.
({4})
Trotz der heftigen Abneigung gegen diesen neuen Kommiß hat die trostlose soziale Lage viele Männer, insbesondere junge Männer in Westdeutschland, vor allem viele Arbeitslose, in die Dienstorganisationen getrieben. Was sie damals nach allen Erfahrungen, nach all unseren Feststellungen und Mitteilungen, die wir von den Lagern bekommen haben, erwartete, möchte ich an dem Beispiel einer Kaserne in Eßlingen dartun, in der 800 Mann liegen, die in Kompanien nach streng militärischen Grundsätzen eingeteilt sind. Sie werden mit amerikanischen Karabinern und als Funker durch ehemalige deutsche Wehrmachtsangehörige ausgebildet.
({5})
Neue Anleitungen für diese Ausbildung sind zur Zeit in Vorbereitung. Dort erwartet sie unter anderem, daß sie die Erklärung unterschreiben müssen, bereit zu sein, jeden Befehl auszuführen und sich keiner Versetzung zu widersetzen, außerdem bereit zu sein, auch außerhalb der Grenzen des Bundesgebiets Einsätze zu leisten.
({6})
Ganz nebenbei bemerkt: In dieser Kaserne wird unter den Truppen eine sehr lebhafte Werbung für eine besondere Kampfgruppe gegen den Kommunismus getrieben,
({7})
und zwar durch Beauftragte des Volksbundes für Frieden und Freiheit mit ausdrücklicher Unterstützung und Finanzierung durch das Kaiser-Ministerium. Das ist doch wohl offene Zusammenarbeit deutscher und alliierter Stellen in der Richtung auf die Schaffung von Kadertruppen für einen neuen Ostfeldzug.
({8})
Unter diesen Umständen ist den Männern nicht durch juristische, arbeitsrechtliche Maßnahmen geholfen. Das Ende wäre mit und ohne Arbeitsrecht für diese Männer dasselbe. Nach unserer Meinung gibt es nur eine Hilfe, die eine wirkliche Hilfe für die Männer der Dienstorganisationen sein könnte. Wir beziehen uns damit auf unseren Antrag vom 7. Oktober vorigen Jahres und wiederholen: Die Bundesregierung müßte angehalten werden, deutschen Staatsangehörigen den militärischen Dienst bei bewaffneten Einheiten fremder Mächte zu verbieten.
({9})
Das ist nach unserer Meinung die einzige Möglichkeit, um eine wirkliche Lösung dieser Probleme herbeizuführen.
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mende.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es scheint mir zweckmäßig, zunächst einmal kurz auf die Entstehung der Dienstorganisationen einzugehen. Herr Kollege Gleisner hat schon erwähnt, daß sich jene Menschen 1945, der Not gehorchend und nicht dem eigenen Triebe,
durch die Besatzungsmächte anwerben und einstellen ließen. Wir wissen, daß viele Menschen damals in den Gefangenenlagern keine Möglichkeit hatten, nach Hause zu kommen, nicht zuletzt durch die Maßnahmen derer, Frau Kollegin Strohbach, die Sie hier im Parlament so oft schützen und verteidigen.
({0})
Diese Menschen waren damals, wenn sie entlassen werden wollten, um nicht auf der Straße zu liegen oder noch länger in Gefangenenlagern in Holstein oder in Oldenburg oder hier im Westen zu bleiben, mehr oder minder gezwungen, sich für die Transporteinheiten oder Hilfsdienste der Besatzungsmacht zur Verfügung zu stellen, und zwar schon deswegen, weil leider deutsche Dienststellen damals den Menschen bei weitem nicht immer jene Hilfe zuteil werden ließen, die ihnen zum Teil von den Besatzungsmächten zuteil wurde.
({1})
Es ist völlig verkehrt, diesen Menschen etwa einen Vorwurf daraus zu machen. Es ist wichtig, in der Zeit der Begriffsverwirrungen und Geschichtsklitterung darauf hinzuweisen, daß nicht ein Deut militärischer Gesinnung etwa die Menschen veranlaßt hat, zu diesen Einheiten zu gehen, sondern daß die Not allein Motiv für die Dienste war. Wenn man einmal Militarismus als jene Geistesanschauung definiert, die alle Lösungen - auch die politischen Lösungen - letzten Endes mit Gewalt durchführen will, dann waren die Angehörigen der Dienstorganisationen die ersten Opfer des Militarismus, jener Auffassung von Gewaltlösungen; denn sie konnten nicht mehr nach Hause und sahen als einzigen Ausweg aus ihrer Situation die Verdingung an die Besatzungsmächte.
Nach 1948 ist natürlich eine Veränderung in dem Dienstverhältnis eingetreten - Herr Kollege Gleisner hat es schon erwähnt -, und zwar zum Teil eine soziale, zum Teil aber auch eine rein dienst-stellungsmäßige Verschlechterung. Ich habe hier ein Memorandum aus der Führung dieser Dienstorganisation und muß manches richtigstellen, was vor allem von meiner Vorrednerin leider falsch dargestellt wurde. Bei der Umstellung der Verträge im Oktober vorigen Jahres wurde sowohl mit den Regierungen als auch mit den Gewerkschaften verhandelt, und bereits damals wurden in gemeinsamer Arbeit dieser Stellen gewisse Verbesserungen erreicht. Es werden Übungshilfen für Bedienstete der DDO gezahlt, die an Manövern teilnehmen müssen. Es werden Unterhaltshilfen in all den Fällen gewährt, in denen Unterkunft und Verpflegung nicht zur Verfügung gestellt werden können. Die Einstellung hängt von einer gewissen Probezeit ab. Man gibt also jedem die Möglichkeit, sich nach Antritt des Dienstes noch einmal zu überlegen, ob er dabei verbleiben will. Überhaupt ist zu betonen, daß die Grundlage jener Verpflichtungen bei allen notlagemäßigen Motiven letzthin doch eine freiwillige ist.
({2})
- Ich komme noch darauf zurück!
Zur Frage der Aufrechterhaltung der Disziplin: Die Uniformen werden nur während der Dienstzeit getragen. Sie dürfen nicht außerhalb der Dienstzeit getragen werden, ausgenommen auf dem Wege vom und zum Arbeitsdienst. Ferner ist der DDOWachdienst der einzige Dienst, bei dem im Notfall verlangt werden kann, während des Dienstes Waffen zu tragen.
({3})
Die Rechtsstellung der Dienstorganisation ist schon von Herrn Staatssekretär Hartmann behandelt worden. Ihre Angehörigen unterliegen deutschem Zivil- und Strafrecht. Allerdings darf ohne die Genehmigung der Besatzungsmächte kein Verhör vor einem deutschen Gericht durchgeführt werden.
({4})
Ja, meine Damen und Herren, vergessen wir doch nicht, daß die bedauerliche Stellung dieser Dienstorganisationen ein Teil der bedauerlichen Situation ist, in der wir uns alle befinden; denn auch wir sind letzten Endes nicht Parlamentarier in der souveränen Art, wie wir das zur Zeit der Weimarer Republik einmal kannten. Auch wir können teilweise nur Gesetze machen, die von der Hohen Kommission genehmigt werden müssen.
({5})
Man muß also das Problem der DDO-Einheiten ({6}) Auch wir unterliegen letzten Endes einem gewissen Aufsichtsrecht und einem Vetorecht der Hohen Kommission. Sie müssen also die DDO-Einheiten als einen Teil der allgemeinen politischen und staatsrechtlichen Situation sehen.
Allerdings trete ich und tritt auch meine Fraktion schärfstens allen Versuchen entgegen, aus diesen Organisationen so etwas wie die HiwiOrganisation der vergangenen Wehrmacht zu machen.
({7})
Hier scheiden sich die Geister. Wir werden jedem Versuch entgegentreten, auf dem Umweg über diese Organisationen neue Formationen zu schaffen. Aber hier muß ich Herrn Kollegen Gleisner, der ja doch eine gewisse Erfahrung als ehemaliger militärischer Vorgesetzter hat, einmal sagen: es ist nicht so einfach, Divisionen und Armeen aufzustellen, Herr Kollege Gleisner! Sie wissen am besten, daß aus dieser Dienstorganisation beileibe nicht so schnell Truppen werden entstehen können. Der Verdacht ist hier doch etwas zu stark geäußert worden, daß man jene Dienstorganisation schon jetzt irgendwie als militärische Nebenorganisation ansehen könnte.
({8})
- Ja, „jetzt", weil Sie, Herr Kollege Renner, ja wissen wollen - die Rednerin Ihrer Fraktion sagte das -, das seien bereits Teile einer deutschen Armee. Ob diese Armee allerdings einmal kommen wird - wahrscheinlich viel später, als Sie sie selbst und die Lattmann, Bechler und Markgraf längst schon in der Volkspolizei aufgestellt haben -, das ist eine Frage, die letzten Endes hier vom Parlament erst entschieden werden muß und die sich dem heutigen Thema entzieht.
Ich darf hier meiner Vorrednerin eben noch folgendes sagen. Sie hat uns einmal einen Vortrag über den Zuckerpreis gehalten. Heute ist sie die Sachverständige der KPD-Fraktion in den Fragen der Deutschen Dienst-Organisation und der „Remilitarisierung". Wenn eine Notwendigkeit besteht, zu der berechtigten Interpellation der Fraktion der SPD zu sprechen, dann ist sie, Frau Kollegin Strohbach, nicht zuletzt auch auf all die Dinge zurückzuführen, die seit Jahren in der Sowjetzone geschehen, mit der Sie ja doch geistesmäßig eng liiert sind: Aufstellung, Ausrüstung und Bewaffnung der Volkspolizei unter Führung der Generale von Lensky, Lattmann, Vinzenz Müller, der Majore Bechler, Markgraf und all derer, die wegen Hoch- und Landesverrats längst vor ein deutsches Gericht gehörten.
({9})
Das Wort hat der Abgeordnete Erler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst nur ein Wort über die Legitimation zu dieser Interpellation. Ich bedauere es, daß ich mich ab und zu in einer Gesellschaft befinde, in der mir nicht ganz wohl ist. Das will ich hier ganz deutlich aussprechen: Legitimiert zu dieser Interpellation sind doch wohl in letzter Linie diejenigen, die dort, wo sie regieren, all das, was wir hier den westlichen Besatzungsmächten zum Vorwurf machen, viel schärfer und im größeren Umfange durchexerzieren.
({0})
Das ist das eine.
Und nun zur Sache selbst. Es ist hier der Eindruck erweckt wurden, ais handle es sich bei dieser Interpellation um einen Vorwurf gegen die Angehörigen der Dienstgruppen selbst. Das ist vollkommen falsch. Der Vorwurf richtet sich gegen diejenigen, die die Notlage der Angehörigen der Dienstgruppen ausnutzen und sie dadurch in ein für uns Deutsche unerträgliches Zwielicht bringen.
({1})
Die bedauerliche Situation, von der der Herr Kollege Mende gesprochen hat und in der, wie er gesagt hat, wir alle uns befinden, sieht doch etwas anders aus, als er es dargestellt hat. Ich bitte, sich einmal etwas eingehender über die Rechtslage nach dem Besatzungsstatut zu vergewissern, um zu ergründen, daß der Bundestag auf dem Gebiete der Gesetzgebung tatsächlich einige Befugnisse mehr hat und auch in Anspruch nehmen sollte, als sie uns der Kollege Mende eben „großzügigerweise" zubilligen wollte.
({2})
Ich bin etwas betroffen darüber, daß die Interpellation von dem Herrn Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums beantwortet worden ist.
({3})
Es ist, weiß Gott, zur Beantwortung dieser Interpellation nicht zuständig.
({4})
Das Bundesfinanzministerium ist an diesen Fragen nur finanziell interessiert, und es ist nicht diejenige Institution der Bundesrepublik, die das in dieser Interpellation angeschnittene menschliche und das viel wichtigere politische Problem behandeln und beantworten kann. Ich will den etwas naiven Kinderglauben, der aus den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs sprach, durchaus ernst nehmen; aber ich kann ihn leider nicht teilen. Man kann hier nicht lediglich von den Dienstgruppen in der britischen Besatzungszone sprechen, sondern muß zum Vergleich - die Dienstgruppen in der britischen Zone gehen schon diesen Weg - auf die Verhältnisse in der amerikanisch besetzten Zone eingehen. Schon die Altersunterschiede, die uns angegeben worden sind, sprechen Bände. 23 Jahre ist der Durchschnitt in der amerikanischen Besatzungszone, 38 Jahre ist das durchschnittliche Lebensalter in der britischen Besatzungszone; und die Briten passen sich jetzt den Amerikanern an.
({5})
Die neuen Einstellungsvorschriften sehen vor, daß das Verhältnis der Verheirateten zu den Unverheirateten künftig nicht mehr höher als 1:10 liegen darf. Was hat das mit einem normalen Arbeitsverhältnis zu tun? Seit wann wählt man bei Arbeiten, bei Hilfsarbeiten irgendwelcher Art danach aus, ob jemand verheiratet ist oder nicht? Damit wird der Charakter der jetzigen Organisation in der amerikanischen Zone und der künftigen Organisation in der britischen Zone doch wohl eindeutig und klar.
Es gibt einen sehr wesentlichen Unterschied in den Verträgen. Nach dem Vertrag, den die Angehörigen in der britischen Zone unterschreiben, können sie zu allen Arbeiten in der Bundesrepublik eingesetzt werden, die die britische Besatzungsarmee befiehlt. Diese Beschränkung auf das Gebiet der Bundesrepublik fehlt in den Bedingungen für die amerikanische Besatzungszone.
({6})
Der dort in die Organisation Eingetretene kann für jeden Dienst und an jedem Platz verwendet werden, den die amerikanische Armee für ihn für richtig hält.
({7})
Ich möchte darüber hinaus feststellen, daß es in der britischen Zone immerhin eine gewerkschaftsähnliche Betreuungsorganisation gibt, die sich die Amerikaner mit allem Nachdruck für ihr Gebiet verbeten haben.
({8})
Ich möchte auch darauf hinweisen, daß wir es in gewissen Teilen beider Zonen mit einem regelrechten öden Kommißbetrieb zu tun haben, den wir in Deutschland auf jeden Fall an unseren eigenen Staatsbürgern nicht wieder erleben wollen, weder
unter deutschem noch - erst recht nicht - unter fremdem Befehl.
({9})
Einem dieser fremden Befehlshaber hat es so gut gefallen, daß er sich nach einem besonders „zackig" ausgeführten Wachdienst anerkennend äußerte, das sei so wie bei der SS-Leibstandarte.
({10})
Ich glaube, das ist ein „Lob", das die Angehörigen
dieser Dienstgruppe eigentlich sehr zu Unrecht verdient haben. Wir sollten ihnen solche Vergleiche in
Zukunft dadurch ersparen, daß wir jetzt die Bundesregierung in dieser Frage zum Handeln zwingen.
Es ist darauf hingewiesen worden, es handle sich ja um Freiwillige. 80 % aller Angehörigen der Dienstgruppen haben ihre Heimat verloren. Es sind entweder Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone oder Heimatvertriebene aus den Gebieten jenseits der Oder und Neiße. Wie wollen Sie von Freiwilligkeit sprechen, wenn die Beendigung des Dienstverhältnisses praktisch mit sofortiger Obdach- und Arbeitslosigkeit geahndet wird!
({11})
Das ist keine Freiwilligkeit mehr, das ist wirklich Ausbeutung einer sozialen Notlage.
({12})
Nun noch ein Wort zum zivilen Charakter. Mit dem Ausscheiden in dem Augenblick, in dem die Dinge außenpolitisch einmal kritisch würden, hat es so eine eigene Bewandtnis. Am 19. Juni ging eine dpa-Meldung über die Verhandlungen des britischen Unterhauses durch die deutsche Presse. Darin heißt es, deutsche Zivilangestellte, die für die britischen Besatzungstruppen in Deutschland arbeiten, würden im Kriegsfalle nicht entlassen werden. - So sagte Kriegsminister John Strachey vor dem Unterhaus; er beantwortete eine Anfrage des konservativen Abgeordneten Duncan Sandys und fügte hinzu, es liege nicht im öffentlichen Interesse, über alle Maßnahmen zu sprechen, die im Fall eines Kriegsausbruchs getroffen würden. Und auf die Frage, ob die Bundesregierung damit einverstanden sei, deren Mitwirkung offensichtlich erforderlich sei, antwortete der Minister, daß er auf diese komplizierte und etwas delikate Frage nicht eingehen möchte. Das heißt also: er hat das Einverständnis der Bundesregierung nicht etwa abgestritten. Das ist das mindeste, was man aus dieser Erklärung zu schließen hat. Ich werde Ihnen darüber weiter noch einiges zu sagen haben.
Zum Charakter des Zivildienstes paßt es schlecht, daß die Militärgerichtsbarkeit eben doch entgegen den heute hier abgegebenen Erklärungen vorgeht. Der Dienstpflichtige untersteht nur insoweit den deutschen Gerichten, als ihn die alliierten Militärgerichte der deutschen Gerichtsbarkeit ausliefern. Die alliierte Militärgerichtsbarkeit geht vor. Aus dem Vertrag ist ein ganz eindeutiges militärisches Subordinationsverhältnis geworden.
In was für einem Staate leben wir eigentlich? In einem Staate, in dem man, wenn man nähere Informationen über den Charakter einer solchen deutschen Dienstorganisation einholen will, auf den Einwand stößt: Ja, hier gehe es um den Verrat militärischer Geheimnisse; deshalb könne man derartige Informationen nicht gut geben.
({13})
In einer Zeit, in der uns stets und ständig von der Gleichberechtigung gesprochen wird, nimmt sich die einseitige Inanspruchnahme deutscher Staatsbürger ohne Zustimmung des deutschen Parlaments, ohne Kontrolle durch deutsche Behörden und Organe mehr als seltsam und mehr als merkwürdig aus.
Die Bundesregierung hat durch den Herrn Staatssekretär sagen lassen, daß sie bereits ausführlich zu all diesen Problemen Stellung genommen habe. Diese Stellungnahme geht an all diesen Problemen völlig vorbei.
({14})
Die Bundesregierung hat von der Aufstellung der Dienstgruppen gewußt, bevor die Tatsachen vollzogen waren. Sie hat aber das eingeschlagene Verfahren auch nachträglich gutgeheißen. Sie hat die Opposition nicht von dem verständigt, was zu ihrer Kenntnis gekommen ist. Wie kann sich der Herr Bundeskanzler hier hinstellen und von uns immer wieder eine gemeinsame Außenpolitik in den lebenswichtigen Fragen der Nation fordern, wenn er es da, wo es um deutsche Menschenleben geht, nicht für notwendig erachtet, auch nur die primitivste Pflicht einer Informierung der Opposition zu erfüllen? Auf einer solchen Grundlage ist eben keine gemeinsame Politik möglich; denn dazu gehört für mich zunächst die gemeinsame Unterrichtung.
({15})
Zwei Daten möchte ich Ihnen vortragen. Aus dem Bericht des Herrn Staatssekretärs wurde deutlich: Am 3. November 1950 haben die Engländer die Einrichtung in ihrer Zone praktisch geschaffen. Am 3. Januar 1951, zwei Monate später, hat der Referent des Bundeskanzleramtes einen Brief geschrieben, in dem er die Meinung der Bundesregierung
({16})
dahin präzisierte, diese Angelegenheit biete nach Auffassung der Bundesregierung keine politischen Aspekte;
({17})
im übrigen bestehe über die Einrichtung der GSO volles Einverständnis.
({18})
Das ist das klare Eingeständnis, daß die Bundesregierung das Unternehmen tatsächlich gebilligt hat.
({19})
Meine Damen und Herren! Wir kämpfen alle um die Revision des Besatzungsstatuts, mag auch heute bei seiner Beurteilung des tatsächlichen Zustandes der Herr Kollege Mende hinter der Entwicklung etwas zurückgeblieben sein. Aber diesen Kampf können wir doch nicht führen, indem wir jetzt stillschweigend und ohne das Parlament zu fragen, einseitig militärische Vorleistungen in Gestalt von Menschen erbringen, die unserer Verfügungsgewalt entzogen
({20})
und zu Organisationen eingezogen werden, auf deren Lenkung wir keinerlei Einfluß haben. Über diese Hintertreppe kann man die Dinge unmöglich betreiben. Sie wissen ja, wir werden in dem Zusammenhang noch einige andere Probleme zu erörtern haben. Ich darf an den Grenzschutz, an die Bereitschaftspolizeien erinnern. Man hat aber bei den Angehörigen der Dienstgruppen, mindestens bei den höheren deutschen Stäben dort, die Illusion erweckt, als ob diese Organisation der Keim eines späteren deutschen Sicherheitsbeitrags sei. Und dann hat man den Alliierten gegenüber sogar durchblicken lassen, eigentlich sei die Haltung der Opposition daran schuld; sie habe ja den deutschen Sicherheitsbeitrag verhindert, und deshalb müsse man sich eben auf diese Weise zu helfen suchen.
Fragen Sie doch bitte nun einmal nicht den Herrn Finanzminister, sondern z. B. den persönlichen Referenten des Herrn Bundeskanzlers, Herrn Dr. May, der vielleicht einige weitere Aufschlüsse zu dieser Frage geben kann.
({21})
Ich möchte hier unmißverständlich feststellen: wenn man etwas Notwendiges tun will und tun muß, dann soll man diese Notwendigkeit offen und ehrlich vor diesem Hause begründen. Dann werden wir die Dinge eben durchdiskutieren. Aber die Diskussion über den künftigen Verteidigungsbeitrag Deutschlands wird unerträglich vorbelastet durch solche Vorleistungen hinter dem Rücken des Parlaments.
({22})
Daher geht unsere Forderung als Schlußergebnis dieser Debatte dahin: Zurück von dem Weg, der heute beschritten wird! Wiederherstellung normaler Arbeitsverhältnisse! Die Alliierten brauchen deutsche Arbeitskräfte - jawohl, sie sollen sie haben, aber normale Arbeitskräfte und nicht in einem militärähnlichen Dienstverhältnis! Denn darüber entscheidet der Bundestag und niemand sonst auf der Welt.
Im Interesse der Männer, die bei den Dienstgrupfen tätig sind, und im Hinblick auf unsere ganze politische Situation ist es wichtig: Fort aus dem Zwielicht und möglichst bald Klarheit auch in dieser Sache.
({23})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Seelos.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Interpellation erscheint mir durchaus berechtigt. Auch manches, was der Herr Vorredner vorgebracht hat, findet unsere volle Billigung, wenn auch nach unserer Auffassung bei der ganzen Situation, in der sich Deutschland befindet, seine Vorwürfe wohl mehr an die alliierte Adresse als an die Bundesregierung zu richten wären.
Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich glaubte, ein Punkt sei noch nicht erwähnt, der mir doch sehr erwähnenswert schien. Der Herr Redner hat aber in seinen letzten Worten doch noch darauf hingewiesen, und ich muß mich daher beschränken, das zu unterstreichen. Es ist allzuleicht möglich, daß in der öffentlichen Meinung des Auslandes und insbesondere auch Amerikas durch diese Interpellation und diese Debatte der Eindruck erweckt wird - immer durch diese leichte Drehung, die nicht mehr ganz der Wahrheit entspricht -, als ob wir uns von einer Aufgabe drücken wollten, an der sich die ganze Welt beteiligt, als ob wir uns nämlich an der Sicherheit des Westens nicht beteiligen wollten. Man wird in einer falschen Auswertung dieser Debatte in der amerikanischen Presse sehr bald lesen: ja, die Türken, die Kanadier und alle möglichen Völker der Welt leisten sogar Blutopfer in Korea, aber die Deutschen wollen sich davon drücken, auch nur ein gewisses Risiko zu tragen, wenn einige Tausend nun so verpflichtet werden. Darauf möchte ich ganz klar das sagen, was der Herr Vorredner in den letzten Sätzen auch betont hat: Über den Sicherheitsbeitrag Deutschlands entscheidet niemand anders als dieser Bundestag, ganz gleichgültig, ob wir nun positiv oder negativ zu dieser Frage stehen. Dieser Entscheidung darf jedenfalls auf keine Weise vorgegriffen werden. Wenn wir diesen Sicherheitsbeitrag leisten, dann wollen wir ihn in voller Freiwilligkeit leisten und nicht als Kulis der alliierten Besatzungsmächte, und ich glaube, daß ein Verfahren, das uns in eine Art der Dienstleistung hineinzwingen wollte, diese deutsche Zustimmung zu einem freiwilligen Wehrbeitrag nur erschweren könnte.
Das Wort hat der Abgeordnete von Thadden.
von Thadden ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bedauerlich, daß der Punkt 2 der Tagesordnung, die Interpellation der FDP, von der Tagesordnung abgesetzt worden ist. Beide Dinge, das, was eben in dieser Interpellation behandelt worden ist, und das, was in der FDP-Interpellation enthalten ist, stehen in einem engen, ursächlichen Zusammenhang, und beide Interpellationen sind dazu angetan, unsere Situation einmal schlaglichtartig zu beleuchten.
Wenn die Dinge, die sich in der britischen Zone in der GSO tun, hier so verharmlost werden, dann können wir nur sagen: es ist dort erhebliche Gefahr im Verzuge. In der amerikanischen Zone ist es noch schlimmer. Ich habe keinerlei Verständnis dafür, daß - um nur ein Beispiel zu nennen - auf dem Main Deutsche in merkwürdigen Spezialuniformen mit ähnlichen Rangabzeichen, wie die Amerikaner sie haben, in Amphibienbooten herumfahren, wie sie die Amerikaner in ihren Truppen haben. Ich frage mich: was hat ein deutscher Wachmann in einer Amphibienkompanie zu tun? Es ist schon so, daß hier auf die kalte Tour unter Ausnutzung einer großen sozialen Not, nämlich 80 %, die der Abgeordnete Erler eben erwähnte, Hilfstruppen geworben werden sollen.
({1})
Ich möchte noch kurz auf das eingehen, was der Abgeordnete Seelos bezüglich des „Drückens vor einem Beitrag" gesagt hat. Herr Kollege Seelos, wir können in dieser Frage den Alliierten nur das eine sagen: mit Leuten, die sich auf eine solche Art und Weise zusammenfinden, wie dies in den Dienstgruppen der britischen und amerikanischen Zone der Fall ist, werden wir im Ernstfall sowieso keinen Verteidigungsbeitrag leisten.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, meine Damen und Herren. Anträge sind nicht gestellt. Damit ist die Interpellation erledigt.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten ({0}) über den Antrag der Fraktion der Bayernpartei betreffend Anrechnung von Besatzungskohle auf die Exportquote ({1}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Henle. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, eine Aussprache über diesen Punkt nicht stattfinden zu lassen. Das Haus ist damit einverstanden. Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Henle!
Dr. Henle ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten sowie der Wirtschaftsausschuß haben den Antrag der Fraktion der Bayernpartei Drucksache Nr. 2170 vom 18. April 1951 betreffend die Anrechnung der Besatzungskohle auf die Ausfuhrquote in ihren Sitzungen vom 20. Juni und 4. Juli einer eingehenden Beratung unterzogen. Beide Ausschüsse gelangten hierbei zu den gleichen Ergebnissen und zu einer übereinstimmenden Beurteilung des Sachverhalts, die ich Ihnen hier vorzutragen beauftragt bin.
Einleitend ist hierzu festzustellen, daß eine solche Übereinstimmung zunächst in der Überzeugung bestand, daß diese Frage der Besatzungskohle nur in dem größeren Rahmen der gesamten deutschen Kohlenausfuhr gesehen und behandelt werden kann. Dieses Problem hat sich bekanntlich zu einem der Hauptsorgenpunkte der ganzen deutschen Wirtschaftspolitik entwickelt, denn jede Verknappung auf dem Gebiete der Kohlenversorgung zieht sofort zwangsläufig die gesamte Wirtschaft und darüber hinaus jeden deutschen Privathaushalt, d. h. also die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik, in Mitleidenschaft. Die heutige Kohlenknappheit ist, wie ebenfalls allgemein bekannt sein dürfte, eine keineswegs auf Deutschland beschränkte, unmittelbar mit dem Koreakrieg in Zusammenhang stehende Erscheinung. Die Folgewirkungen dieses Krieges haben allgemein einen erheblich gestiegenen Industriebedarf an Kohle gebracht, mit dem die Kohlenförderung nicht Schritt halten konnte. Die gleiche Erscheinung wie bei uns ist auch in Großbritannien zutage getreten, was dort dazu geführt hat, daß im ersten Vierteljahr 1951 kurzerhand die Kohlenausfuhrquote nach dem europäischen Festland auf ein knappes Drittel der früheren Menge herabgesetzt worden ist.
Uns steht dieser einfache Ausweg zur Linderung der eingetretenen Mangellage nicht zur Verfügung, weil nach dem heute noch geltenden Ruhrstatut die Aufteilung der Kohlenförderung des Ruhrgebiets auf den innerdeutschen Verbrauch und auf die Ausfuhr der Internationalen Ruhrbehörde obliegt. Deren Rat hat aber in seiner Sitzung vom 19. Mai 1951 entschieden, daß die deutsche Kohlenausfuhrquote für das dritte Vierteljahr 1951 wiederum 6,2 Millionen t betragen soll. Dieser Beschluß wurde gegen die Stimme des deutschen Vertreters gefaßt. Dieser mußte ihn ablehnen, weil die danach und nach Berücksichtigung der Sonderanforderungen der Alliierten verbleibende Fördermenge für innerdeutsche Zwecke notorisch unzureichend ist und sowohl wirtschaftlich wie politisch und sozial ernste Auswirkungen nach sich ziehen muß.
Die Bundesregierung hat die schweren Sorgen, die durch die so geschaffene Sachlage bei ihr hervorgerufen wurden, den Westmächten in einem ausführlichen Memorandum zur Kenntnis gebracht. Es schließt mit der Bitte, die Ruhrbehörde zu veranlassen, unter Würdigung der in dem Memorandum dargelegten Gesichtspunkte eine Nachprüfung und Änderung ihres Beschlusses vom 19. Mai vorzunehmen. Der Erfolg dieses Schrittes bleibt noch abzuwarten. Die Bundesregierung hält bekanntlich eine Ausfuhrmenge von 5,2 Millionen t im dritten Vierteljahr 1951 für das Maximum der wirtschaftlich vertretbaren deutschen Leistungsfähigkeit. Der Unterschied gegenüber der Anforderung der Ruhrbehörde beträgt mithin rund 1 Million t Kohle.
Die Anforderungen an Besatzungskohle für das dritte Vierteljahr liegen nach dem Ansatz im Plan des Bundeswirtschaftsministeriums zusammen mit dem steigenden Kohlebedarf für notwendige Bauvorhaben der Besatzungsmächte noch über dieser eben erwähnten Differenzmenge von 1 Million t Kohle. So ist es ein naheliegender Gedanke gewesen, dem dann auch der Antrag der Bayernpartei vom 18. April Ausdruck gegeben hat, nämlich die genannte Differenz dadurch auszugleichen, daß die Besatzungskohle auf die der Bundesrepublik auferlegte Kohleausfuhrmenge angerechnet wird.
Was zunächst die Höhe der Anforderungen an Besatzungskohle anlangt, so weist diese eine bedeutende Steigerung gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres auf. Diese Steigerung hat offenkundig zwei Hauptursachen. Einmal wünschen die Besatzungsbehörden in diesem Jahr offenbar möglichst frühzeitig eine Winterbevorratung sicherzustellen, so daß nicht wieder ein starkes Ansteigen der Anforderungen in den Wintermonaten selbst erfolgt, wie das im Vorjahr der Fall war. Sodann macht sich natürlich das neuerdings angelaufene Eintreffen größerer neuer Truppenkontingente auch in dieser Beziehung stark fühlbar. Wieweit die angeforderten Mengen tatsächlich unbedingt benötigt werden, entzieht sich natürlich einer deutschen Nachprüfung. Von deutscher Seite kann wie auch stets an die deutschen Behörden und hier auch an die Besatzungsbehörden nur der Appell gerichtet werden, daß von oben her entgegen der natürlichen Neigung aller Besatzungstruppen auf eine gewisse Einschränkung im Verbrauch wegen der angespannten deutschen Kohlenlage möglichst eindringlich hingewirkt wird.
Ein solcher Appell wird schon durch die Beobachtung nahegelegt, daß der Verbrauch der einzelnen Besatzungsmächte recht unterschiedlich ist. Die Forderung dürfte deshalb kaum unberechtigt sein, daß der Verbrauch allgemein wenigstens auf das Ausmaß der am wenigsten verbrauchenden Besatzungsmacht herabgemindert wird; denn es ist ein wenig erbaulicher Zustand, daß unsere Bevölkerung beobachten muß, daß bei Besatzungsbehörden im Winter in überheizten Räumen die Fenster aufge({3})
rissen werden, während vielfach der dringendste deutsche Bedarf für Wirtschaft und Hausbrand ungedeckt bleibt.
({4})
Die Besatzungskohle stellt als solche natürlich keinen Teil der deutschen Kohleausfuhr dar, sondern einen Teil des innerdeutschen Verbrauchs, dessen Höhe der Einflußnahme der Bundesregierung entzogen ist. Es ist aber kein gewöhnlicher innerdeutscher Verbrauch, sondern eine Sonderbelastung, die als Teil des deutschen Beitrags für die Verteidigung des Westens bezeichnet werden muß.
In diesem Sinne ist die Frage auch von der deutschen Vertretung bei der Internationalen Ruhrbehörde zur Sprache gebracht worden. Die dabei erhobene Forderung, daß die Besatzungskohle - und zwar dem üblichen Verfahren entsprechend - im Rahmen des innerdeutschen Bedarfs mit aufgeführt werde, daß sie aber doch als Bedarfsanforderung besonderer Art auch die entsprechende Sonderbehandlung erfahren müsse, - diese Forderung läuft dem Sinne nach auf das gleiche hinaus wie der Antrag der Bayernpartei auf Anrechnung dieser Sonderleistung auf die Kohlenausfuhrquote. Der Rat der Ruhrbehörde hat sich demgegenüber auf den Standpunkt gestellt, daß die gerechte Verteilung der Verteidigungslasten aus dem Zuständigkeitsbereiche der Ruhrbehörde herausfalle und daß diese Frage deshalb den Mitgliederregierungen zur Prüfung zu unterbreiten ist. Damit ist die Angelegenheit, die auch schon in dem erwähnten Memorandum der Bundesregierung eine entsprechende Hervorhebung erfahren hat, nicht nur durch dieses Memorandum, sondern auch auf dem Wege über die Ruhrbehörde selbst an die zuständigen Regierungen herangetragen worden. Insoweit dürfte dem Antrag der Bayernpartei bereits von der Bundesregierung Rechnung getragen worden sein. Selbstverständlich wird diese Frage der Besatzungskohle auch bei der weiteren Behandlung dieses Fragenkomplexes die gleiche besondere Berücksichtigung erhalten.
Eine vor allem mißliche Seite der Kohleausfuhrangelegenheit ist bekanntlich die Frage des Kohlenexportpreises. Es will der deutschen öffentlichkeit nicht verständlich und nicht gerecht erscheinen, daß wir für unsere Ausfuhrkohle gemäß dem von der Alliierten Hohen Kommission festgesetzten Preis durchschnittlich 11 Dollar je Tonne erzielen, während wir für die amerikanische Einfuhrkohle einen Preis von etwa 23 Dollar je Tonne zu entrichten haben. Die Begründung der Gegenseite lautet meist, daß der innerdeutsche Markt keinen Vorzugspreis genießen dürfe, der ihn zu erhöhtem Wettbewerb befähige, weshalb der Ausfuhrpreis dem Inlandspreis zumindest weitgehend angeglichen sein müsse. Dabei wird nur regelmäßig übersehen, daß es sich bei unserem Inlandskohlepreis nicht um einen wirtschaftlich gerechtfertigten Preis und noch weniger um ein Wettbewerbsmanöver der deutschen Wirtschaft handelt, sondern um einen aus für zwingend gehaltenen politischen Gründen niedrig gehaltenen, also um einen politisch fixierten Preis. Seine Beseitigung und Ersetzung durch den wirtschaftlich gerechtfertigten Preis scheint heute aus den verschiedensten Gründen noch nicht gegeben zu sein. Es wäre damit aller Voraussicht nach die Gefahr verbunden, die Preis- und Lohnspirale bei uns in rasche Aufwärtsbewegung zu versetzen. Dies hätte unübersehbare soziale und politische Auswirkungen. Das müßte dann wiederum die mühsam wiedergewonnene leidliche Ordnung in Westdeutschland baldigst in Unordnung bringen mit den dann unausbleiblichen, leicht vorstellbaren Folgewirkungen. Damit wäre aber gerade den gemeinsamen und übereinstimmenden Interessen der Welt der freien Völker der schlechteste Dienst geleistet.
Gleiche Gründe sind es, die der Bundesregierung die Sorge für eine zureichende Deckung des innerdeutschen Hausbrandbedarfs zu einer vordringlichen Pflicht machen; denn auch da kann das Ausland - soweit es der Welt der freien Völker angehört - kein Interesse daran haben, daß sich in der deutschen Bevölkerung Notstände ergeben, die Unzufriedenheit und Mißmut so auf die Spitze treiben könnten, daß dadurch den Radikalisten nur das Wasser auf die Mühlen geleitet würde.
Alle diese Umstände sollten die in der Ruhrbehörde vertretenen Mächte unbedingt veranlassen, den Anträgen der Bundesregierung auf eine Ermäßigung der derzeitigen deutschen Kohleausfuhrquote ernstlichst Rechnung zu tragen. Die volle und der Sonderlage des Falles entsprechende gebührende Berücksichtigung der deutschen Leistungen an Besatzungskohle bildet in diesem Gesamtproblem nur einen Teilausschnitt, auf dessen Bedeutung der Antrag der Bayernpartei aber nicht zu Unrecht unser Augenmerk gelenkt hat. Wenn auch die Bundesregierung diesem Antrage sachlich bereits Rechnung getragen hat, so wird doch dieses ganze Problem weiter unsere sowohl als auch der Bundesregierung ernsteste Aufmerksamkeit erfordern. Auch die Besatzungsmächte werden an ihm nicht vorbeigehen können, indem sie an der von der Ruhrbehörde am 19. Mai getroffenen Festsetzung festhalten. Auch sie sollten sich im wohlverstandenen Gesamtinteresse der Einsicht und der Erkenntnis nicht verschließen, daß sich eine entsprechende Korrektur vielmehr als eine unabweisbare Notwendigkeit erwiesen hat.
In diesem Sinne, meine Damen lind Herren schlagen Ihnen die beiden Ausschüsse einstimmig vor: Der Bundestag wolle beschließen, dem Antrag der Bayernpartei - Nr. 2170 der Drucksachen - zuzustimmen.
({5})
Meine Damen und Herren, eine Aussprache über diesen Punkt der Tagesordnung sollte nicht stattfinden.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten auf Drucksache Nr. 2371, den Antrag der Fraktion der Bayernpartei Drucksache Nr. 7120 anzunehmen. Ich bitte die Damen und Herren, welche diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Protokoll von Torquay vom 21. April 1951 und den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 1947. ({0}).
Zur Begründung des Gesetzentwurfs hat der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf über das Protokoll
({0})
von Torquay eine eingehende schriftliche Begründung beigegeben, aus der Sie die Einzelheiten, die im Zusammenhang mit dem Gesetz von Bedeutung sind, ersehen. Ich darf mich daher auf einige grundlegende Bemerkungen beschränken.
Die Mitarbeit am Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 1947, dem sogenannten GATT - General Agreement on Tariffs and Trade - ist für die Bundesrepublik ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Wiedereingliederung in das weltwirtschaftliche Zoll- und Handelssystem. Dieses Handelsabkommen ist für die Bundesrepublik hinsichtlich der Regelung ihrer internationalen Wirtschaftsbeziehungen von besonderer Bedeutung.
Zu dem GATT gehören zur Zeit 32 Vertragsstaaten, zu denen in den nächsten Monaten schon weitere 7 hinzutreten werden. Die deutsche Delegation hat in Torquay mit 23 Delegationen verhandelt; sie hat 21 Abkommen abgeschlossen. Insgesamt wurden dort 147 Abkommen getroffen, in denen über 8000 verschiedene Zollkonzessionen festgelegt worden sind.
Vorgänger der Zollkonferenz von Torquay waren das Abkommen von Genf 1947 und die Konferenz von Annecy 1949. In Torquay war erstmalig nach dem Kriege die Bundesrepublik bei der Zollkonferenz vertreten.
Die Verhandlungen wurden jeweils zwischen zwei Staaten, also bilateral geführt; das Gesamtergebnis wurde in den sogenannten multilateralen Listen zusammengefaßt. Die Ihnen vorliegende Liste, die mit dem Namen „Die ausländischen ZollZugeständnisse von Torquay" bezeichnet ist, läßt nicht mehr erkennen, mit welchem Land eine Konzession ausgehandelt wurde. Alle Verhandlungsteilnehmer kommen vielmehr in den Genuß der von uns dem einen oder anderen Lande gemachten Konzessionen. Ebenso aber kommen auch wir in den Genuß aller zwischen dritten Staaten ausgehandelten Konzessionen, und zwar zusätzlich zu denjenigen, die uns direkt gewährt wurden.
Als positives Ergebnis der Torquay-Konferenz kann insbesondere folgendes gewertet werden:
1. Mit der Abmachung von Torquay hat die Bundesrepublik Anschluß an ein internationales System stabiler Zollpolitik gewonnen, da das Verhandlungsergebnis von Torquay zunächst für drei Jahre festgelegt ist, praktisch aber wahrscheinlich wesentlich länger in Kraft bleiben wird.
2. Die Konzessionen, die sich die bisherigen GATT-Mitglieder in den Konferenzen von Genf und Annecy gegenseitig gemacht haben, wurden in Torquay mit geringfügigen Änderungen ebenfalls bis zum 31. Dezember 1953 verlängert und werden damit auch der Bundesrepublik zugute kommen.
3. Der neue deutsche Zolltarif, der inzwischen vom Bundestag verabschiedet wurde, wird durch den Beitritt zum GATT anerkannt.
4. Der Export der Bundesrepublik wird direkt und indirekt durch das Ergebnis von Torquay gefördert, insofern als 2570 Konzessionen in unseren bilateralen Verhandlungen vereinbart wurden, während über '7000 Konzessionen zwischen dritten Staaten gewährt wurden, die uns als sogenannte Indirekt-Benefits zugute kommen. Das durch direkte Konzessionen begünstigte deutsche Exportvolumen kann unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Preisentwicklung auf etwa 1 Milliarde DM geschätzt werden. Es wird über
2 Milliarden DM steigen, wenn man die indirekten Begünstigurwen einschließt.
5. Die Bundesrepublik erlangt durch Torquay und den Beitritt zum GATT zoll- und handelspolitische Selbständigkeit, da die alliierten Kontrollen über den Außenhandel - soweit sie nicht Fragen der militärischen Sicherheit und die besonderen alliierten Vorrechte auf dem Gebiete der Zölle betreffen - mit dem Anschluß an das GATT wegfallen.
Es ist selbstverständlich, daß diese bedeutenden positiven Ergebnisse mit bemerkenswerten Zugeständnissen erkauft werden mußten. Diese haben ihren Niederschlag gefunden in den Ihnen vorliegenden sogenannten „Deutschen Zoll-Zugeständnissen von Torquay". Bezüglich etwa 50% der deutschen Zolltarifstellen, nämlich ca. 1800 Zollsätzen, waren durch 23 Teilnehmerstaaten über 3000 verschiedene Wünsche angemeldet. Im Laufe langwieriger Verhandlungen ist mit 21 Staaten bei 1179 Tarifstellen eine Einigung erzielt worden, hiervon betreffen 264 Positionen die Landwirtschaft und 915 Positionen die gewerbliche Wirtschaft. Die 1179 Zugeständnisse verteilen sich ziemlich gleichmäßig auf Bindungen und auf Senkungen von Zollsätzen, die sich nicht immer auf die ganze Zollposition, sondern häufig nur auf Teile von Tarifpositionen erstrecken.
Die Verhandlungen waren für die deutsche Delegation im besonderen Maße dadurch erschwert, daß ihr damals noch kein endgültiger Zolltarif - der in der Zwischenzeit vom Bundestag verabschiedet ist - zur Verfügung stand. Trotzdem war es dank der ständig gehaltenen Fühlungnahme zwischen der Unterkommission Zolltarif des Außenhandelsausschusses des Bundestages und der deutschen Delegation in Torquay möglich, bei den internationalen Verhandlungen in Torquay zu befriedigenden Ergebnissen zu gelangen. Die Zollzugeständnisse sind erst gemacht worden, nachdem die interessierten Kreise der Wirtschaft gehört waren. Die Zugeständnisse sind übrigens in vielen Fällen auf Wünsche des Ausschusses des Bundestages zurückzuführen. Es war für die deutsche Delegation von großem Wert, daß die deutsche Industrie, Landwirtschaft und Handel sowie die Gewerkschaften durch Sachverständige ständig in Torquay vertreten waren und daher laufend um ihre Meinung befragt werden konnten.
Die Ihnen vorliegende Schlußakte von Torquay ist namens der Bundesregierung unterschrieben von Ministerialdirektor von Maltzan, der, besonders verdienstvoll unterstützt durch Herrn Geheimrat Hagemann, die Leitung der deutschen Delegation hatte. Diese Schlußakte legt den Wortlaut des Protokolls von Torquay mit seinen Anlagen, den multilateralen Zollkonzessionslisten, fest. Die Unterzeichnung besitzt nur die Rechtskraft einer Paraphierung, so daß das Torquay-Protokoll selbst mit seinen Zollisten von den parlamentarischen Instanzen genehmigt sein muß, bevor die Bundesregierung ihre Unterschrift beim Generalsekretariat der Vereinten Nationen hinterlegen kann. Erst nach Verabschiedung dieses Gesetzes kann die Bundesregierung das Torquay-Protokoll unterschreiben. Die Bundesrepublik wird dadurch Mitglied des GATT werden, zumal sich inzwischen schon mehr als die erforderliche Zweidrittelmehrheit der GATT-Mitglieder für die Aufnahme der Bundesrepublik ausgesprochen haben. Erst danach treten nach einem festgesetzten Zeitplan die von uns zu gewährenden und von uns zu empfangenden Zollkonzessionen in Kraft. Es ist beabsichtigt,
({1})
so vorzugehen, daß der neue deutsche Zolltarif und die Torquay-Konzessionen gleichzeitig zum 1. Oktober dieses Jahres wirksam werden. Dies würde ermöglichen, bis dahin dem Zöllner wie dem Kaufmann den sogenannten Gebrauchstarif in die Hand zu geben, der sich aus dem vom Bundestag bereits verabschiedeten autonomen Tarif und den im vorliegenden Gesetzentwurf enthaltenen Vertragszöllen ergibt.
Ich schlage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daher vor, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.
Ich eröffne die Aussprache der ersten Beratung. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Außenhandelsfragen zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe den Punkt 5 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung und Ergännzung
des Gesetzes über Viehzählungen vom 31. Oktober 1938 ({0});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({1}) ({2}). ({3})
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, diesen Punkt der Tagesordnung ohne Aussprache zu erledigen.
Das Wort als Berichterstatter hat Herr Abgeordneter Happe.
Happe ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ernährungsausschuß hat sich in seiner Sitzung am 13. Juni 1951 mit der Änderung und Ergänzung des Viehzählungsgesetzes vom 31. Oktober 1938, Drucksache Nr. 2186, befaßt. Der Ausschuß hat der Änderung einmütig zugestimmt, und zwar in § 6 Abs. 1 der Bundesratsfassung und in den §§ 9 und 9 a dem Regierungsentwurf. Der Fassung des § 6 Abs. 1 Satz 2 des Regierungsentwurfs hat der Ausschuß nicht zugestimmt, weil darin bei Verhinderung des Viehhalters lediglich sein Vertreter angabe- und auskunftspflichtig gemacht wird. Wie die Praxis lehrt, besteht eine zwingende Notwendigkeit, für den Fall der Abwesenheit des Viehhalters die Angabe- und Auskunftspflicht auf die Familienmitglieder und die betriebsangehörigen Personen auszudehnen.
Der Fassung der §§ 9 und 9 a der Regierungsvorlage hat der Ausschuß zugestimmt, weil es sich bei den Verstößen gegen das Gesetz über Viehzählungen nicht um Verstöße gegen Bewirtschaftungsvorschriften handelt, sondern lediglich um Verstöße gegen Bestimmungen, die wirtschaftsstatistischen Erhebungen dienen. Ein strafrechtlicher Schutz kann nicht entbehrt werden, da ein erhebliches öffentliches Interesse daran besteht, daß Viehzählungen ordnungsgemäß durchgeführt werden können und zu einem wahrheitsgemäßen Bild über den Viehbestand führen.
Im übrigen nehme ich auf die schriftliche Begründung in der Drucksache Nr. 2186 Bezug. Der Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 2338 lautet: Der Bundestag wolle beschließen, dem Gesetzentwurf mit den aus der nachstehenden Zusammenstellung ersichtlichen Änderungen, im übrigen unverändert nach der Vorlage zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe in der zweiten Beratung Art. I Ziffer 1 und Ziffer 2, - Art. II, - Einleitung und Überschrift auf. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Artikeln sowie der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Das ist einstimmig angenommen.
Ich rufe in der
dritten Beratung
Art. I, - Art. II, - Einleitung und Überschrift auf. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das ist einstimmig angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Viehzählungen vom 31. Oktober 1938. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Bundesbahngesetzes und des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Deutsche Bundesbahn ({0})
({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen ({2}) ({3}). a
({4})
Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Rademacher. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Rademacher ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Der Ausschuß für Verkehrswesen hat in 22 Sitzungen und zwei Beratungen das Ergebnis erarbeitet, das Ihnen hl dem Mündlichen Bericht Drucksache Nr. 2399 vorliegt. Er hat dabei die Vorgänger des Bundesbahngesetzes, insbesondere die Reichsbahngesetze von 1924 und von 1930 berücksichtigt und bei seiner Arbeit gleichmäßig die von der Bundesregierung und vom Bundesrat eingebrachten Gesetzesvorlagen behandelt.
Das Gesetz selbst zerfällt in acht Abschnitte und eine Schlußbestimmung. Ich habe nicht die Absicht, Paragraphen für Paragraphen hier zu behandeln, sondern möchte aus den einzelnen Abschnitten diejenigen Paragraphen begründen, die das Wesentliche an den Beschlüssen des Ausschusses darstellen.
In dem ersten Abschnitt handelt es sich um die Rechtsstellung und die Aufgabe der Bundesbahn. In § 1 ist ausdrücklich festgestellt, daß es sich bei der Deutschen Bundesbahn um ein Bundeseisenbahnvermögen handelt, das als nicht rechtsfähiges Sondervermögen mit eigener Wirtschafts-und Rechnungsführung zu betrachten ist.
In § 4 des Regierungsentwurfs steht der Satz: „Die Richtlinien der Politik der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Verkehrs-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik sind für die Deutsche Bundesbahn verbindlich." Der Ausschuß ist zu der Überzeugung gekommen, daß eine der({6})
artige Generalvorschrift in dem ersten Abschnitt zu Mißverständnissen führen könnte, und hat daher den Satz betreffend die Richtlinien der Politik der Bundesrepublik in den Katalog der Aufgaben des Bundesverkehrsministers verwiesen, in den § 14 Abs. 1, auf den ich noch kurz zu sprechen kommen werde.
Dem § 4 Abs. 2 ist ein wichtiger Zusatz angefügt worden, auf den ich Sie besonders aufmerksam machen darf. Er besagt, daß der Bund, sagen wir einmal, moralisch verpflichtet sein soll, in den Grenzen seiner Haushaltsführung dem Sondervermögen der Deutschen Bundesbahn Darlehen zur Verfügung zu stellen, die zur Ausbesserung und Erneuerung der Anlagen und des rollenden Materials verwendet werden sollen. Es ist bedauerlich, daß es nicht möglich war, diesen Paragraphen etwas präziser und konkreter zu fassen. Es wird Aufgabe des Haushaltsausschusses des Bundestages sein, sich bei den alljährlichen Haushaltsberatungen besonders mit diesem Abs. 2 des § 4 auseinanderzusetzen, um, soweit es nur irgend möglich ist, für den größten deutschen Verkehrsträger das nachzuholen, was in der Vergangenheit leider versäumt wurde.
Der zweite Abschnitt, meine Damen und Herren, befaßt sich mit dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn. Mit 12:8 Stimmen hat sich der Ausschuß dafür entschieden, daß der Vorstand der Bundesbahn aus vier Köpfen bestehen soll, dem Vorsitzer und drei weiteren Mitgliedern, wobei die Frage der Bestellung eines Sozialdirektors und, wie es von der Opposition verlangt wurde, die Stellung eines Arbeitsdirektors im Ausschuß ausführlich behandelt und so entschieden wurde, daß nach einmütiger Auffassung in einer Körperschaft, die eine halbe Million Menschen beschäftigt, ein Mitglied des Vorstandes die besondere Aufgabe haben muß, sich mit den sozialen Aufgaben innerhalb der Bundesbahn zu befassen. Die Mehrheit wollte keinesfalls, daß in diesem Paragraphen ein Vorgriff auf eine kommende Gesetzgebung über Mitbestimmungsfragen usw. geschaffen werden sollte.
Ursprünglich war in § 7 auch verankert, daß bei Stimmengleichheit der Vorsitzer zu entscheiden hat. Ich darf Sie auf die Berichtigung Umdruck Nr. 240 hinweisen, durch die dieser Satz aus rein praktischen Gründen hier gestrichen und in § 8 Abs. 2 eingebaut worden ist. Diese Berichtigungen - es folgen nachher noch zwei weitere - sind bei der Endabstimmung in der zweiten und dritten Lesung zu berücksichtigen.
Damit darf ich gleich zu dem § 8 Abs. 2 kommen, in dem hinter den Worten „Mehrheit der Mitglieder" nunmehr eingefügt wird: „Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzer." Meine Damen und Herren! Nach Unterhaltungen und Auseinandersetzungen im Ausschuß - Sie wissen, der ursprüngliche Regierungsentwurf sprach nur von drei Köpfen im Vorstand, bei denen das Stimmrecht später noch festgelegt werden sollte - hat man schließlich diesen Mittelweg beschritten, der nun doch dem Vorsitzer, also dem kommenden Generaldirektor der Bundesbahn, eine besondere Stellung innerhalb der Bundesbahn einräumt, indem er eben bei Stimmengleichheit durch seine Stimme den Ausschlag gibt.
Ich darf zum dritten Abschnitt, Verwaltungsrat, übergehen, § 10, Rechtsstellung des Verwaltungsrates, Zusammensetzung des Verwaltungsrates überhaupt. Über die ursprüngliche Zahl von 20 ist man nicht hinausgegangen. Man knüpfte dabei an den bisherigen Verwaltungsrat an. Schon in dem Gesetz von 1924 war ein 18köpfiger Verwaltungsrat vorgesehen, und auch in dem Gesetz von 1930 umfaßte der Verwaltungsrat als solcher nicht mehr als 18 Mitglieder.
Sie finden im Abs. 1 des § 10 noch die Ausnahme, daß die Regierung auf Grund eines besonderen Beschlusses auch Nichtdeutsche in den Verwaltungsrat hineinnehmen kann. Das bedarf einer besonderen Erklärung. Es geht einfach darum, daß wir alle die Hoffnung haben, zu einer Vereinbarung über die Vereinigung der europäischen Bahnen zu kommen, und daß dann der Weg zu einem internationalen Austausch von Männern innerhalb der verschiedenen nationalen Bahnen Europas nicht verbaut werden soll. Das ist also die Bedeutung dieses Zusatzes.
Die Zusammensetzung des Verwaltungsrates selbst hat naturgemäß zu großen Auseinandersetzungen geführt. Ausgehend von der grundsätzlichen Auffassung, die hier auch in der ersten Lesung von allen Parteien zum Ausdruck gekommen ist, den Verwaltungsrat nicht zu groß werden zu lassen, sind wir auf vier verschiedene, aber gleichmäßig starke Gruppen abgekommen, die aus je fünf Personen bestehen. Zu der ersten Gruppe, die der Bundesrat vorzuschlagen hat, wäre folgendes zu sagen: Die Vertreter des Bundesrates sind keinesfalls Vertreter ihres einzelnen Landes, genau so, wie die übrigen Vertreter im Verwaltungsrat nicht Vertreter ihrer Gruppen oder deren Interessen sein sollen. Sie haben vielmehr die allgemeine Aufgabe, zum Wohl und zum Besten der Bundesbahn zu wirken. Allenfalls könnte man sagen, daß die Mitglieder, die vom Bundesrat gestellt werden, die Gesamtaufgabe haben, die Interessen der Länder wahrzunehmen, wie sie im achten Abschnitt des Bundesbahngesetzes in 10 Paragraphen ausdrücklich niedergelegt worden sind.
Schwierig wurde die Sache in der Bestimmung der vorschlagsberechtigten Organe. Wir sind uns darüber klar, meine Damen und Herren, daß unter Umständen Meinungsverschiedenheiten entstehen können, wenn es z. B. bei der Gruppe B, wo die Wirtschaft ihre Vertretung finden soll, heißt: „auf Vorschlag der . Spitzenverbände der gewerblichen Wirtschaft, des Handels, der Landwirtschaft, des Handwerks und des Verkehrs", welches nun diese Spitzenverbände sein werden. Ich glaube aber, es ist kein ungewöhnlicher Weg mehr, beispielsweise bei der gewerblichen Wirtschaft, die sich aus verschiedenen Spitzenorganisationen zusammensetzt, in der Durchführungsverordnung vorzusehen, daß der Gemeinschaftsausschuß der deutschen Wirtschaft das Gremium sein könnte und sein sollte, das diese Vorschläge nach Abs. 2 des § 10 zu machen hat.
In Gruppe C sind fünf Vertreter der Gewerkschaften vorgesehen, und es heißt auch hier lapidar: „auf Vorschlag der Gewerkschaften". Die Mehrheit des Ausschusses war der Auffassung, daß alle Gewerkschaften, die nun in der Deutschen Bundesbahn eine Rolle spielen, auch bei der Ausübung dieses Vorschlagsrechts herangezogen werden sollen.
Bei der letzten Gruppe, der Gruppe D, geht es um das Vorschlagsrecht des Bundesverkehrsministers. Hier ist an einen Ausgleich der verschiedenen Gruppen untereinander gedacht, dergestalt, daß beispielsweise ein unabhängiger Verkehrswissenschaftler und ebenso ein unabhängiger Finanz({7})
wissenschaftler usw. in die Gruppe hineingenommen werden können.
§ 11 regelt die Wahl des Präsidiums des Verwaltungsrates. Es heißt dort, daß der Verwaltungsrat alle zwei Jahre zu Beginn des Geschäftsjahrs aus seiner Mitte den Präsidenten wählt.
§ 12 legt schließlich die Aufgaben des Verwaltungsrates fest. Hier stand also die Frage der Kompetenzkompetenz zur Debatte. Mit 12 gegen 8 Stimmen bei einer Enthaltung ist diese Frage dahin entschieden worden, daß es grundsätzlich bei dem in den Ziffern 1 bis 8 aufgezählten Katalog verbleibt. die Mehrheit des Ausschusses war der Auffassung, daß diese einzeln aufgeführten 8 Positionen im allgemeinen genügen, um all die Dinge an den Verwaltungsrat heranzuziehen, die für seine Aufgabe von großer und allgemeiner Bedeutung sind. Für den Fall aber, daß einmal über eine Aufgabe entschieden werden muß, bei der nicht ohne weiteres feststeht, ob man einen der 8 Paragraphen heranziehen kann, haben wir einen neuen Abs. 2 geschaffen, der folgendermaßen lautet:
({8}) Über die in Absatz 1 genannten Aufgaben
hinaus kann der Verwaltungsrat eine bestimmte Frage von allgemeiner Bedeutung durch Mehrheitsbeschluß von mindestens zwei Dritteln seiner gesetzlichen Mitgliederzahl an sich ziehen.
Es ist also, wenn Sie wollen, eine erschwerte Kompetenzkompetenz, ausgehend von der Ansicht, daß es nicht Aufgabe des Verwaltungsrates ist, sich mit all den vielen kleinen Dingen zu befassen, sondern daß er sich auf die großen Dinge zu beschränken hat. Sollte aber einmal eine weitere große Aufgabe an die Bundesbahn herantreten, dann soll er auf Grund dieses Abs. 2 die Möglichkeit haben, die Kompetenz für diese Sache an sich zu ziehen.
Ich darf dann auf den vierten Abschnitt eingehen, und zwar zunächst auf das Aufsichtsrecht des Bundesministers für Verkehr. Der Abs. 1 des § 14 hat im Ausschuß folgende Fassung erhalten:
({9}) Der Bundesminister für Verkehr erläßt die
allgemeinen Anordnungen, die erforderlich
sind
a) um den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Verkehrs-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik Geltung zu verschaffen,
b) um die Interessen der Deutschen Bundesbahn und der übrigen Verkehrsträger miteinander in Einklang zu bringen.
Diese Kompetenz des Bundesverkehrsministers sollte meines Erachtens niemand bestreiten, zumal in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz, das wir in diesem Hohen Hause bereits verabschiedet haben, ausdrücklich festgelegt ist, daß eine der Hauptaufgaben des Bundesverkehrsminister darin besteht, die Interessen der Deutschen Bundesbahn mit denen der übrigen Verkehrsträger in Einklang zu bringen bzw., wie es so schön heißt, zu koordinieren. In dem § 14 ist weiter im einzelnen aufgezählt, in welchen Fällen der Bundesverkehrsminister die Genehmigung erteilen muß bzw. die Genehmigung versagen kann.
In Abs. 3 haben wir dann noch eine Änderung vorgenommen. Wir wollten nicht, daß sich auch der Bundesverkehrsminister bei seiner übergeordneten Aufsichtsstellung um alle technischen Einzelheiten der Entwicklung durch Anordnungsbefugnisse kümmern muß. Vielmehr ist hier ausdrücklich gesagt, er solle darauf hinwirken,
daß die Anlagen und Betriebsmittel der Deutschen Bundesbahn der technischen Entwicklung angepaßt und laufend weiterentwickelt werden.
Ein für die Funktion des Bundesverkehrsministers
besonders wichtiger Paragraph ist der § 16, der sich
mit den Tarifen befaßt. In seinem Abs. 1 heißt es
u. a.:
Änderung und Aufhebung von internationalen Tarifen und von Ausnahmetarifen sowie aller sonstigen Tarifvergünstigungen bedürfen der Genehmigung durch den Bundesminister für Verkehr.
Das bedeutet also mit einem Satz gesagt: Die Tarifhoheit verbleibt - auch in diesem Falle aus Gründen der Koordinierung mit den anderen Verkehrsträgern -- ausschließlich bei dem Bundesverkehrsminister.
Von Bedeutung ist in § 16 noch der Abs. 4:
Der Bundesminister für Verkehr kann Änderungen von Verkehrstarifen der Deutschen
Bundesbahn verlangen, die er im öffentlichen
Verkehrsinteresse oder im Interesse der deutschen Volkswirtschaft für notwendig erachtet. Dabei bleibt der § 26 Abs. 2, auf den ich noch eingehen werde, unberührt. Diese Fassung bedeutet also, daß, wenn der Bundesbahn solche Dinge auferlegt werden, die Mehrbelastungen unter gewissen Voraussetzungen auf den Etat des Bundes übernommen werden müssen.
Ich darf dann zu dem fünften Abschnitt, Personalwesen, übergehen. In § 19 wird ausdrücklich festgestellt, daß die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Deutschen Bundesbahn im Dienst des Bundes stehen und die Bundesbahnbeamten unmittelbare Bundesbeamte sind. In § 19 a Abs. 1 heißt es sodann:
Oberster Dienstvorgesetzter der Vorstandsmitglieder ist der Bundesminister für Verkehr. Der Vorstand ist oberster Dienstvorgesetzter aller übrigen Bundesbahnbeamten.
Von besonderer Bedeutung ist der § 23 a. Er war
im Ausschuß Gegenstand sehr lebhafter Unterhaltungen. Dieser § 23 a behandelt die Zusammenarbeit
zwischen der Verwaltung und den Angehörigen
der Deutschen Bundesbahn und lautet wie folgt: Durch Vereinbarung zwischen dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn und den Gewerkschaften wird die Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung und den Angehörigen der der Deutschen Bundesbahn nach einheitlichen Grundsätzen sichergestellt.
Ein großer Teil der Ausschußmitglieder befürchtete, daß durch diesen § 23 a etwaige kommende gesetzliche Regelungen auf diesem Gebiete präjudiziert würden. Es ist daher protokollarisch ausdrücklich festgehalten worden, daß § 23 a keinesfalls eine kommende Gesetzgebung präjudizieren soll.
Damit gehe ich zum sechsten Abschnitt über die Wirtschaftsführung über. Da heißt es im ersten Absatz von § 26:
Die Deutsche Bundesbahn hat ihre Wirtschaft so zu führen, daß sie die zur Erfüllung ihrer Aufgaben und Verpflichtungen notwendigen Aufwendungen selbst bestreiten kann.
Ich habe vorhin schon auf § 26 Abs. 2 hingewiesen, worin es heißt:
Die Durchführung oder Unterlassung tariflicher
Maßnahmen darf der Deutschen Bundesbahn
({10})
nur insoweit auferlegt werden, als sie für sie unter Berücksichtigung ihrer Pflichten gemäß Absatz 1 und § 4 zumutbar ist. Gegen Auflagen, die darüber hinausgehen, kann die Deutsche Bundesbahn Einspruch erheben. Über den Einspruch entscheidet die Bundesregierung. Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung, es sei denn, daß die Bundesregierung die Vollziehung der Auflage anordnet.
In Abs. 3 ist dann aber ausdrücklich gesagt worden: Wenn die Bundesregierung den Einspruch gegen die Auflage der Durchführung einer tariflichen Maßnahme zurückweist, so ist die Mehrbelastung, die der Deutschen Bundesbahn hierdurch entsteht, auf den Bundeshaushalt zu übernehmen.
Das ist an sich nur eine einseitige Maßnahme; etwas Weiteres war leider nicht zu erreichen. Es handelt sich also nur um diejenigen Maßnahmen, die von der Regierung oder vom Bundesverkehrsminister der Bundesbahn auf tarifarischem Gebiet auferlegt werden, während wir uns umgekehrt leider nicht entschließen konnten, daß in dem Falle, daß die Bundesbahn Erhöhungen auf verschiedenen Gebieten für notwendig hält und ihr diese verweigert werden, der Bundesetat für das Minus, das daraus entstehen könnte, aufzukommen hat.
In § 28, der noch zu dem gleichen Abschnitt gehört, ist dann ausdrücklich gesagt, daß die Bundesregierung Vorschriften über die Gliederung des Wirtschaftsplans erlassen kann. In diesem Zusammenhang heißt es:
In dem Wirtschaftsplan sind die wirtschaftlichen Ergebnisse des Kraftverkehrs und der größeren gewerblichen Nebenbetriebe sowie die Ergebnisse der Beteiligungen gesondert darzustellen.
Diese Formel, die noch etwas ergänzt wurde, ist bewußt hereingebracht worden aus der verkehrspolitischen Erkenntnis heraus - ich glaube, die Meinungen dazu haben übereingestimmt -, daß die Bundesbahn ihre technische und organisatorische Entwicklung in erster Linie auf der Schiene und nicht auf anderen Transportgebieten suchen soll.
In § 29 wird dann die Kreditaufnahme behandelt. Danach ist die Deutsche Bundesbahn berechtigt, selbständig Kredite aufzunehmen. In Abs. 3 wird ausdrücklich bestimmt, daß das Eingehen von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen gegen Schuldschein, die Begebung von unverzinslichen Schatzanweisungen und die Bestellung von Sicherheiten und Bürgschaften der Genehmigung des Bundesministers für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen bedürfen, soweit es sich um Vorgänge handelt, die nach Umfang und Bedeutung den üblichen Rahmen der Wirtschaftsführung der Deutschen Bundesbahn übersteigen. Man hat also für diese Kreditaufnahme der Bundesbahn selber durchaus eine gewisse Beweglichkeit gelassen. Nur dann, wenn die Dinge über das übliche Maß hinausgehen, haben der Bundesverkehrsminister und der Bundesfinanzminister ein Wort mitzureden.
In § 30 wird der Jahresabschluß behandelt. Er wiederholt das, was bereits in § 28 gesagt wird, daß nämlich die Betriebsergebnisse aus den einzelnen Disziplinen der Bundesbahn, aus den Beteiligungen usw. gesondert aufgeführt werden müssen und daß mit dem Jahresabschluß auch ein besonderer Geschäftsbericht aufgestellt werden muß.
Meine Damen und Herren! Bei der Behandlung des § 31 hatten wir die Ehre, den Herrn Bundesfinanzminister selber im Ausschuß zu sehen. Es ging dabei um die Konzessionsabgabe in Höhe von 50 Millionen DM. In einer Zeit, in der die Eisenbahn noch als Monopol fungierte, wie es bei der Bundespost heute der Fall ist, konnte man wohl eine solche grundsätzliche Betriebsabgabe vorsehen. Wir alle aber wissen, in welchem Zustand sich die Deutsche Bundesbahn heute befindet. Die Mehrheit des Ausschusses war daher der Meinung, es habe keinen Zweck, Deklarationen in einem Gesetz zu bringen und Abgaben hin und her zu buchen, die die Bundesbahn leider voraussichtlich noch auf mehrere Jahre hinaus nicht leisten kann. Es ist ja auch so, daß nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 32 über die Verwendung des Überschusses die Bundesregierung beschließt. Wenn also die Bundesbahn, was wir hoffen, recht bald einen Überschuß erzielt, dann wird die Bundesregierung die Möglichkeit haben, über diesen Überschuß selber zu bestimmen.
In § 32 Abs. 1 Ziffer 2 wird dann noch ausdrücklich gesagt, daß zur betriebstechnischen Entwicklung und Vervollkommnung der Deutschen Bun- desbahn Sonderrücklagen gebildet werden können. Ich glaube, es genügt hier, das Wort Elektrifizierung zu erwähnen, um allen klarzumachen, was der Ausschuß mit dieser Fassung gemeint hat.
§ 33 befaßt sich mit der Wirtschafts- und Rechnungsprüfung und stellt fest, daß ein vollkommen unabhängiges Hauptprüfungsamt eingesetzt wird, das bei der Erfüllung seiner Aufgaben weder an Weisungen der Bundesregierung oder eines einzelnen Bundesministers noch an solche des Verwaltungsrates oder des Vorstandes gebunden ist.
Der siebente Abschnitt enthält die verwaltungsrechtlichen Vorschriften. Hier bestimmt § 35 über die Planfeststellung, daß neue Anlagen der Bundesbahn nur dann gebaut werden dürfen, wenn der Plan zuvor festgestellt worden ist. Die Rechte der Länder sind hier, worauf ich in der Einführung schon hingewiesen habe, dadurch gewahrt, daß die Deutsche Bundesbahn die Pläne für den Bau neuer oder die Änderung bestehender Betriebsanlagen der höheren Verwaltungsbehörde des Landes, in dem die Anlagen liegen, zur Stellungnahme zuzuleiten hat.
§ 36 regelt das Enteignungsrecht. Dies ist eine Selbstverständlichkeit. Wenn die Bundesbahn entwickelt werden soll, wenn sie Neubauten durchführen muß, dann muß ihr auch das Recht verbleiben, in entsprechenden Fällen zu enteignen. Es heißt dann aber ausdrücklich, daß im übrigen die Enteignungsgesetze gelten.
Zu § 38, Zwangsverfahren, ist auf eine Berichtigung hinzuweisen, die Ihnen in dem schon erwähnten Umdruck Nr. 240 vorliegt. Es handelt sich da um den Satz:
Über Einwendungen, daß eine Sache unentbehrlich sei, entscheidet das Vollstreckungsgericht nach Anhörung des Bundesministers für Verkehr.
Dieser Satz ist - darin stimmten die beteiligten Ministerien mit dem Ausschuß überein - zu streichen. Es handelt sich dabei lediglich um eine formelle Angelegenheit.
Und nun der § 40, der uns im Ausschuß sehr viel Kopfschmerzen gemacht hat. Es ist die Bestimmung, die sich mit den Verkaufsständen auf den Bahnhöfen befaßt. Es ist zunächst einmal in Übernahme der früheren Bestimmungen in Abs. 1 festgestellt:
({11})
Für den Betrieb der Deutschen Bundesbahn
und die Nebenbetriebe, die den Bedürfnissen
des Eisenbahnverkehrs . . . . zu dienen bestimmt sind, gelten nicht die Gewerbeordnung .... und das Gaststättengesetz.
Hier haben wir nach einer Aussprache und auf
Antrag des Bundesverkehrsministers die Worte
„mit Ausnahme der für Lehrlinge getroffenen Bestimmungen" hineingenommen, so daß also das
Recht der Lehrlinge in den Fällen, wo überhaupt
Ausnahmen gegenüber dem allgemeinen Ladenschlußgesetz bestehen, in dem § 40 geschützt wird.
Dann heißt es in Abs. 2 weiter:
Der Bundesminister für Verkehr erläßt gemeinsam mit dem Bundesminister für Wirtschaft und dem Bundesminister für Arbeit für die Behandlung von Bahnhofswirtschaften und Bahnhofsverkaufsstellen allgemeine Verwaltungsvorschriften.
- Und nun kommt der entscheidende Satz! Sie sollen die Beschränkung auf Reisebedarf außerhalb der ortsüblichen Geschäftszeit sicherstellen.
Wir sind uns klar darüber, daß dieser Satz bei einem großen Teil der deutschen Bevölkerung, insbesondere beim beim Einzelhandel, keinen Beifall finden wird. Der Ausschuß ist aber schließlich der Meinung gewesen, daß man sich angesichts der Zerstörung der Bahnhöfe und angesichts der Tatsache, daß man keinen Trennungsstrich zwischen den Bereichen vor und hinter der Sperre machen kann, angesichts des Bemühens, Deutschland wieder zu einem Fremdenverkehrsland zu entwickeln, schließlich auch in Anbetracht des Umstandes, daß die Größenordnung des Verkaufs nach der offiziellen Ladenschlußzeit doch nicht so bedeutend ist, wie von anderer Seite angeführt wird, auf diese Soll-Bestimmung beschränken sollte. Es wird Aufgabe des Vorstandes und vor allen Dingen des Verwaltungsrates sein, diese Dinge mit allergrößter Aufmerksamkeit zu beobachten und unerträgliche Auswüchse durch entsprechende Verwaltungsvorschriften zu beseitigen.
Schließlich der achte Abschnitt, der letzte vor den Schlußbestimmungen. Er befaßt sich mit dem Verhältnis der Bundesbahn zu den Ländern. Ich möchte auf diesen Abschnitt besonders deswegen eingehen, weil immer die irrtümliche Annahme besteht, daß die Vertreter der Länder im Verwaltungsrat primär die Interessen ihres Landes vertreten. Die Rechte, die hier im einzelnen aufgeführt sind - daß man sich gegenseitig über die Absichten der Bundesbahn unterrichtet, daß die Länder die erforderliche Auskunft erteilen können usw. usw. - sind in dem Gesetz ausdrücklich festgelegt. Aufgabe der Vertreter des Bundesrates wäre es nur, im Verwaltungsrat darüber zu wachen, daß die allgemeinen Rechte der einzelnen Länder berücksichtigt werden. Ich will auf die Einzelheiten dieser Länderrechte nicht weiter eingehen. Sie können sie selbst nachlesen und werden mir zustimmen, wenn ich feststelle: Der Ausschuß hat die Bestimmungen so gefaßt, daß man wirklich nicht von einer Gefährdung der Interessen der einzelnen Länder sprechen kann; im Gegenteil, sie sind in vielen einzelnen Punkten ausdrücklich festgelegt worden.
Bei den Schlußbestimmungen, die mit dem § 52 beginnen, handelt es sich im wesentlichen um Übergangsbestimmungen. Ein Hinweis noch auf den § 53, der die Bundesbahn in den Stand setzen sollte, in gewissen Fällen Beamte in den Wartestand zu
versetzen. Es war der Wunsch der jetzigen Leitung der Deutschen Bundesbahn, in dem Gesetz das Recht zu bekommen, Beamte bereits mit 62 Jahren in den Ruhestand zu versetzen in den Fällen, wo es aus praktischen Gründen für die Arbeiten der Bundesbahn unbedingt nötig war. Wir sind dann aber von dieser Absicht vollkommen abgegangen. Wir haben ihn in toto gestrichen aus der Erkenntnis heraus, daß es nach den neuen Auflagen, die im Gesetz nach Art. 131 auch die Bundesbahn treffen, gar keinen Sinn hat, diesen Paragraphen bestehen zu lassen oder ihn in der Schärfe anzuwenden, wie ich es aufgezeigt habe. Es war die Leitung der Bundesbahn selbst, die schließlich unter dem Eindruck der Auswirkungen des Gesetzes nach Art. 131 auf diese Bestimmung verzichtet hat.
Abschließend wäre auf den § 54 hinzuweisen, um Ihnen zu zeigen, von welcher Bedeutung die baldige Verabschiedung des Gesetzes ist. Dort heißt es in Abs. 1:
Der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn ist binnen einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu bilden.
Es heißt weiter in Abs. 2
Der Bundesminister für Verkehr veranlaßt die Bildung des Vorstandes.
Der Ausschuß für Verkehrswesen, der in seiner Mehrheit die Annahme des Gesetzes in der vorliegenden Form empfiehlt, äußert abschließend durch mich den Wunsch, daß es - nicht zuletzt auch durch die Begründung, die ich als Berichterstatter gegeben habe - hoffentlich gelingen wird, die Bedenken, die etwa noch auf der Seite des Bundesrats bestehen sollten, zu beheben, damit dieses letzte und wichtigste Gesetz für den größten Verkehrsträger so schnell wie möglich in Kraft tritt.
({12})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf § 1, - § 2, - § 3, - § 4, - § 5, - § 6. - Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Zu § 7 ist ein Abänderungsantrag - Umdruck Nr. 239 Ziffer 1 - angekündigt. Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Meyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben bereits bei den Beratungen im Ausschuß den Antrag gestellt - in Abänderung der Beschlüsse, die Sie in der Ausschußfassung auf Drucksache Nr. 2399 finden -, zu beschließen:
Der Vorstand besteht aus einem Vorsitzer und drei weiteren Mitgliedern. Ein Mitglied wird als Arbeitsdirektor bestellt. Er kann nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Gewerkschaftsvertreter bestellt oder abberufen werden.
Das ist der wesentliche Punkt, auf den es ankommt. Der Herr Berichterstatter hat aus den Ausschußberatungen richtig vorgetragen, daß nach der Ausschußfassung ein Mitglied dieses vierköpfigen Vorstandes mit den sozialen Aufgaben betraut werden soll. Von besonderer Bedeutung ist für uns - und wir meinen, auch für das gesamte Haus, wenn es den arbeitenden Menschen das Gefühl geben will, daß es dem Deutschen
({0})
Bundestag darum geht, die Forderung nach echter Mitbestimmung zu erfüllen -, daß der Mann, der in die Leitung dieses Unternehmens, eines der größten Unternehmen Europas überhaupt, berufen ist - und zwar im vollen Einvernehmen mit den gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern -, um dort die wichtigen Aufgaben des Arbeitslebens zu vertreten, auch nicht gegen den Willen der Vertreter dieser gewerkschaftlich organisierten Mitglieder im Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn aus seinem Amt wieder abberufen werden kann. Das ist eine völlig andere Stellung, als sie das Vorstandsmitglied in der Rechtsregelung, wie sie die Ausschußfassung vorsieht, im übrigen hat. Es handelt sich hierbei um eine der wichtigsten Fragen der Neugestaltung unserer Betriebsorganisation, unseres Betriebsverfassungsrechts, von dem wir überzeugt sind, daß es innerhalb des neu zu schaffenden Vorstandes der Bundesbahn von vornherein berücksichtigt werden muß.
Wir wiederholen den Abänderungsantrag, den wir in der Ausschußberatung gestellt hatten. Wir bitten Sie, meine Damen und Herren, diesen Antrag nicht als einen Streit um Worte ansehen zu wollen, sondern davon überzeugt zu sein, daß es sich um einen Antrag handelt, der grundsätzliche Bedeutung für die künftige Gestaltung unseres Sozial- und Wirtschaftsleben hat, und daß wir die Haltung des Hauses in dieser Frage - und in der weitergehenden Frage, über die wir später zu sprechen haben - als Maßstab für unsere Entscheidung zu dem Gesetz überhaupt nehmen müssen. Ich bitte Sie deshalb um Ihre Zustimmung.
({1})
Ein weiterer Abänderungsantrag ist auf Umdruck Nr. 247 gestellt.
Das Wort hat der Abgeordnete Vesper.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren. Meine politischen Freunde und ich sind der Auffassung, daß in dem vorliegenden Gesetz für die Arbeiter, Angestellten und Beamten der Bundesbahn nicht die geringste Einflußnahme auf die wirtschaftliche, soziale und personelle Gestaltung der Bundesbahn gegeben ist.
({0})
Das beginnt bei der Zusammensetzung des Vorstandes und zeigt sich bis in die untersten Dienststellen. Wir sind der Meinung, ,daß den 500 000 Arbeitern, Angestellten und Beamten bei der Bundesbahn ein entscheidendes Mitbestimmungsrecht gesichert werden muß. Aus diesem Grunde haben wir zu § 7 Abs. 1 einen Abänderungsantrag eingebracht, in dem verlangt wird, daß der Vorstand nicht, wie vorgesehen, aus vier, sondern nur aus drei Mitgliedern besteht. Eines dieser Mitglieder muß Mitglied des Hauptbetriebsrates der Bundesbahn sein. Mit dieser Bestimmung, daß der Hauptbetriebsrat selbst dieses Mitglied in den Vorstand delegiert, wollen wir erreichen, daß die Interessen der Bediensteten der Bundesbahn auch unmittelbar im Vorstand wahrgenommen werden. Wir sind, wie wir das auch anläßlich der Debatte über das Mitbestimmungsrecht zum Ausdruck gebracht haben, der Auffassung, daß die Aufgabe dieses Vorstandsmitgliedes darin bestehen muß, sich in erster Linie dafür einzusetzen, daß die
Bundesbahn nicht für die Ziele der amerikanischen Kriegspolitik ausgenutzt wird
({1})
und daß die sozialen und wirtschaftlichen Belange der Eisenbahner wahrgenommen werden. Aus diesen Erwägungen heraus ist dieses Mitglied des Vorstands allein gegenüber der Gesamtbelegschaft verantwortlich; es muß jederzeit durch den Hauptbetriebsrat abberufen werden können. Diese Forderung wird in unserem Antrag zu Abs. 4 des § 7 zum Ausdruck gebracht.
Nach Abs. 3 des § 7 in der Fassung, die vom Ausschuß beschlossen worden ist, werden der Vorsitzer und die übrigen Vorstandsmitglieder vom Bundesverkehrsminister vorgeschlagen. Gegen diese Bestimmung wenden wir uns und verlangen in unserem Antrag:
Der Vorsitzende und das eine gleichberechtigte Mitglied des Vorstandes werden vom Verwaltungsrat bestimmt.
Ich werde zu der Frage der Zusammensetzung des Verwaltungsrats im Verlaufe der weiteren Debatte noch Stellung nehmen. Aus dem noch zu begründenden Antrag wird sich ergeben, daß die Formulierung, wie wir sie in unserem Antrag zu § 7 Abs. 3 verlangen, berechtigt und zweckentsprechend ist. Nur so kann das Mitbestimmungsrecht gesichert und gesetzlich verankert werden, wie wir es in unserem Antrag fordern. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, diesem unserm Antrag Ihre Zustimmung zu erteilen.
({2})
Weitere Abänderungsanträge sind nicht angekündigt. Das Wort wird nicht weiter gewünscht.
Ehe ich abstimmen lasse, habe ich das Haus zu fragen, ob es mit den auf Umdruck Nr. 240 verzeichneten Berichtigungen zum Mündlichen Bericht des Ausschusses einverstanden ist.
({0})
Nun lasse ich abstimmen. Am weitesten geht der Antrag der Fraktion der KPD Umdruck Nr. 247. Ich lasse über den Abänderungsantrag Ziffer 1 a), b) und c) abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Der Antrag ist abgelehnt.
Nun lasse ich über den Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 239 Ziffer 1 abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Darf ich bitten, die Abstimmung zu wiederholen. Es ist keine Übereinstimmung im Präsidium zu erzielen. Wer für den Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Es ist nicht festzustellen, welches die Mehrheit war. Wir müssen daher zum Hammelsprung schreiten. Ich bitte, den Saal zu räumen.
({1})
Ich bitte, die Türen zu schließen. - Die Abstimmung beginnt.
({2})
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
({3})
Das Ergebnis der Abstimmung ist: mit Ja haben 141 Mitglieder des Hauses gestimmt, mit Nein 188. Der Antrag ist abgelehnt.
({4})
Ich lasse nunmehr abstimmen über den § 7 in der berichtigten Ausschußfassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben - Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. § 7 ist angenommen.
§ 8. - Auch hier ist ein Abänderungsantrag angekündigt. Sie finden den Antrag auf Umdruck Nr. 239 unter Ziffer 2.
Das Wort hat der Abgeordnete Meyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben auf Umdruck Nr. 239 Anträge auf Abänderung der Absätze 2, 3, und 4 eingebracht. Der Antrag zu Abs. 1, der sich ebenfalls auf Umdruck Nr. 239 befindet, deckt sich wortwörtlich mit der Ausschußfassung.
Zur Begründung unseres Änderungsantrages zu Abs. 2 und den folgenden habe ich zu sagen: Meine Fraktion ist der Meinung, daß es für die Bundesbahn, die durch dieses Bundesbahngesetz zur Erfüllung ihrer betriebswirtschaftlichen Aufgabe eine möglichst weitgehende Selbständigkeit bekommen soll, von entscheidender Bedeutung ist, daß sie ihre
Aufgaben innerhalb ihrer Organe weitgehend bestimmt und durchführt. Um das zu erreichen, haben wir Ihnen vorgeschlagen, daß die Geschäfte unter den Mitgliedern des Vorstandes durch eine Geschäftsordnung verteilt werden, die der Genehmigung des Verwaltungsrates bedarf. In Abs. 3 haben wir vorgeschlagen, zu sagen, daß die Vorstandsmitglieder die Pflicht haben, die Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu führen.
Schließlich haben wir zu Abs. 4 den entscheidenden Abänderungsantrag gestellt, der dahin geht,
D daß der Vorstand der Aufsicht des Verwaltungsrates untersteht, an dessen Richtlinien und Beschlüsse er gebunden ist, während die Ausschußfassung darüber hinaus vorsieht, daß diese Regelung letztlich durch die Verwaltungsordnung erreicht werden soll, deren Erlaß der Zustimmung des Bundesministers für Verkehr bedarf. Für die Gestaltung der Verwaltungsordnung hat der Verwaltungsrat zwar ein Beschlußrecht, aber eben lediglich ein Beschlußrecht, das in der Praxis ein Vorschlagsrecht ist. Der Bundesminister für Verkehr bestimmt schließlich, welchen Inhalt die Verwaltungsordnung haben soll.
In den Beratungen des Verkehrsausschusses hat keine Meinungsverschiedenheit darüber bestanden, daß die Bundesbahn auf rationellste Betriebsführung bedacht sein muß. Wir meinen daher, daß man, wenn die Bundesbahn als ein betriebliches Sondervermögen des Bundes erfolgreich geführt werden soll, sowohl den Vorstandsmitgliedern als auch den Aufsichtsorganen die entscheidende Stellung, die sie innerhalb der Bundesbahn haben sollen, durch die Bestimmung des Bundesbahngesetzes, das übrigens quasi die Aufgabe einer Satzung für die Gesellschaft erfüllt, einräumen solle.
In diesem Sinne wollen Sie unseren Abänderungsantrag verstehen, nämlich aus einer echten Besorgnis für die Bundesbahn, die zwar ein der Aufsicht der Bundesregierung unterstelltes, aber doch ein betriebliches Sondervermögen sein soll, daß dieses Sondervermögen tatsächlich nach den wirtschaftlichen Gesichtspunkten, die sich in der Betriebsführung ergeben werden, geführt werden kann und ihm die erforderliche Rechtsstellung dafür gewährt werden muß. Dazu ist es notwendig, daß der Vorstand auch die entsprechende Autonomie erhält.
Wir bitten Sie daher, unseren Abänderungsanträgen zustimmen zu wollen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des soeben begründeten Antrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!- Letzteres ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich mache darauf aufmerksam, daß Abs. 2 des § 8 nach Umdruck Nr. 240 insoweit berichtigt ist, als vor dem letzten Satz der folgende Satz eingefügt wird:
Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzer.
Ich lasse nunmehr abstimmen über den § 8. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. § 8 ist angenommen.
§ 9 entfällt.
§ 10. - Hier sind Abänderungsanträge gestellt. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Bei allen bisherigen Verhandlungen über das Mitbestimmungsrecht hat sich die sozialdemokratische Fraktion für die Gleichberechtigung des Faktors Arbeit in den Verwaltungsorganen ausgesprochen. Ich darf Sie daran erinnern, daß am 10. April dieses Jahres von einer Mehrheit des Hohen Hauses das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen des Bergbaus sowie der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie beschlossen wurde.
Heute steht in der Drucksache Nr. 2399 ein anderes großes Gebiet unserer Wirtschaft zur Debatte, o die gesetzliche Regelung der Verhältnisse bei der Bundesbahn. Die Bundesbahn ist nach § 1 des Entwurfes ein Sondervermögen. Meine Freunde und ich sind der Meinung, daß die Vermögensgruppen Kohle, Stahl und Bundesbahn eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen aufweisen. Es bedeutet daher für uns - und das sollte für alle Damen und Herren des Hauses gelten, die am 10. April dem Mitbestimmungsgesetz ihre Zustimmung gegeben haben - eine konsequente Fortsetzung der am 10. April begonnenen Politik, den Grundsatz der Parität der Arbeit auch in dem jetzt vorliegenden Entwurf eines Bundesbahngesetzes zu verankern.
Der Gesetzentwurf der Regierung über die Bundesbahn ist vor der gesetzlichen Verankerung des Mitbestimmungsrechts in Kohle und Stahl entstanden. Deshalb wohl ist damals die Regierung davon ausgegangen, daß es genügt, wenn von insgesamt 29 Mitgliedern des Verwaltungsrats lediglich 6 auf den Faktor Arbeit - vertreten durch die Gewerkschaften - entfallen. Der Verkehrsausschuß hat in seinen Verhandlungen den Regierungsentwurf etwas abgemildert und billigte den Gewerkschaften 5 von 20 Sitzen zu. Würde es bei diesem Beschluß des Verkehrsausschusses bleiben, dann hätten wir in zwei großen Sektoren unseres Wirtschaftslebens eine völlig voneinander abweichende Regelung des Mitbestimmungsrechts in der Weise, daß bei Kohle und Stahl die Gewerkschaften zur Hälfte im Aufsichtsrat vertreten sind, bei der Bundesbahn dieselben Vertreter des Faktors Arbeit aber nur zu einem Viertel im Verwaltungsrat tätig sein dürfen. Ich kann Sie versichern, daß niemand in der breiten Öffentlichkeit ein derartiges Durcheinander verstehen würde,
({0})
({1})
und ich glaube am wenigsten diejenigen, die in den Betrieben der Bundesbahn arbeiten. Sie werden das meiner Meinung nach um so weniger verstehen können, wenn sie beispielsweise erfahren, daß über die Besetzung von fünf der übrigen 15 Sitze der Bundesverkehrsminister allein nach seinem eigenen freien Ermessen bestimmen kann und daß die restlichen 10 Verwaltungsratssitze sich auf den Bundesrat und auf die gesamte Wirtschaft verteilen.
Meine Freunde und ich sind der Meinung, daß der von einer knappen Mehrheit des Verkehrsausschusses gefaßte Beschluß nicht haltbar ist. Wir müssen im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung verwandter Vermögensgruppen die Forderung erheben, daß genau wie bei Kohle und Stahl auch im Verwaltungsrat der Bundesbahn der Faktor Arbeit die Parität zugebilligt erhält. Wir haben in unserem Abänderungsantrag zu § 10 vorgeschlagen, daß der Verwaltungsrat aus 20 Mitgliedern bestehen soll, daß diese Mitglieder erfahrene Kenner des Wirtschaftslebens oder Eisenbahnsachverständige sein müssen und daß sechs von diesen Mitgliedern in besonderem Maße geeignet sein sollen, gesamtwirtschaftliche und öffentliche Interessen zu wahren.
Mit Rücksicht darauf, daß die Bundesbahn ein Sondervermögen des Bundes ist, halten wir es auch für erforderlich, daß 10 Mitglieder des Verwaltungsrats von den beiden gesetzgebenden Körperschaften des Bundes bestellt werden, und zwar 7 vom Bundestag und 3 vom Bundesrat. Die anderen 10 Mitglieder sollen nach dem von mir erläuterten Grundsatz der Parität von den Gewerkschaften benannt werden.
Meine Damen und Herren! Bei Kohle und Stahl hat sich die Mehrheit des Hohen Hauses zum Grundsatz der Parität der Arbeit bekannt, und ich glaube, wenn wir unser Gesicht wahren wollen, dann müßten wir auch bei der Bundesbahn den Beschäftigten das gleiche Recht bei der Vertretung im Verwaltungsrat zugestehen. Deshalb darf ich Sie im Namen meiner Freunde bitten, unserem Abänderungsantrag zu § 10 zuzustimmen.
({2})
Ein weiterer Abänderungsantrag ist auf Umdruck Nr. 241 angekündigt. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Decker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag Nr. 241, der von den Abgeordneten der CSU, der Bayernpartei und weiteren Abgeordneten eingebracht worden ist, geht von rein technischen und wirtschaftlichen Zweckerwägungen aus. Auch im Verwaltungsrat der Bundesbahn muß sich, soll er ersprießlich arbeiten können, der technische Aufbau der Bundesbahn widerspiegeln, d. h. der Verwaltungsrat darf nicht durch irgendeinen Zufall in der personellen Besetzung regional einseitig gebildet sein. Der gute Wille der Mitglieder des Verwaltungsrates zu einer neutralen Beurteilung der Verhältnisse sei in keiner Weise angezweifelt. Wir geben auch zu, daß die Mitglieder nicht nur als Vertreter von Ländern handeln sollen, aber es bleibt doch eine mögliche Einseitigkeit durch die Zufälligkeiten regional erworbener Erfahrungen.
Das Gesamtinteresse des Bundes ist das Integral über die Interessen der Länder. Es ist daher für alle Länder von Bedeutung, daß gerade die größten Anteilnehmer an der Bundesbahn stetig und ständig im Verwaltungsrat vertreten sind. Wenn bei einem dieser großen Teilnehmer eine Verkehrsstörung auftritt, so sind damit alle, auch die kleineren Teilnehmer, schwerstens gefährdet. Wenn z. B. in Nordrhein-Westfalen der Kohlentransport versagt, dann ist davon jedes Land betroffen. Wenn der Durchgangsverkehr in Bayern Mängel aufweist, dann wird sich das auch in den übrigen Ländern nachteilig auswirken. Es ist daher zweckmäßig, ja eigentlich Selbstverständlichkeit, daß die Länder, die den größten wirtschaftlichen und technischen Anteil an der Bundesbahn haben, im Verwaltungsrat ständig vertreten sind.
Der Umfang des Anteils bemißt sich wohl am einwandfreiesten nach der Länge der Streckenkilometer, und da haben nun Bayern mit 25,6 %; Nordrhein-Westfalen mit 20 % und Niedersachsen mit 14,9 % den höchsten Anteil. Die beiden Länder mit dem höchsten Anteil zeichnen sich durch eine Art polarer Gegensätzlichkeit im Wesen ihrer Schienennetze aus. Dies allein berechtigt eigentlich schon die ständige Anwesenheit eines Vertreters im Verwaltungsrat, ganz besonders deshalb, weil der Verwaltungsrat die Entscheidungsinstanz bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ländern sein soll.
Der Unterschied der beiden genannten Länder besteht in Folgendem: Nordrhein-Westfalen liegt in der Mitte des Bundesgebiets. Es ist das Land mit der höchsten Bevölkerungsdichte und mit dem dichtesten Maschennetz. Seine Verkehrsaufgaben sind vor allem Zubringerdienste, Zubringerdienste zu der großen Industrie sowohl in bezug auf den Transport von Material als auch in bezug auf den Transport von beschäftigten Menschen. Zeitlich und in der technischen Durchführung stellt die Kohleverfrachtung ganz besondere Ansprüche und weist besondere Eigenarten auf.
Während Bayern mit seiner peripheren Lage an der Südostecke des Bundesgebiets Durchgangsland ist - sein Streckensystem besteht in einem Stichbahnnetz -, ist das Streckensystem Nordrhein-Westfalens ein ganz anderes. Bayern ist verkehrspolitisch gekennzeichnet durch seine Lage an den Grenzen und vor allem auch durch die Verbindungen, die nach dem Kohlengebiet gehen, infolge des Eisernen Vorhangs aber nicht mehr wirksam sein können.
Diese Verschiedenartigkeit der Probleme zeigt allein, wie wichtig es ist, daß diese beiden größten Teilnehmer der Bundesbahn unter allen Umständen und stetig im Verwaltungsrat vertreten sind; sonst würden ja gerade die beiden Brennpunkte des Verkehrs in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht in diesem Gremium nicht dargestellt sein, das eben das Spiegelbild des Aufbaues der Bundesbahn sein soll. Es ist weiterhin durchaus berechtigt, daß die drei Länder mit den größten Schienenlängen Vertreter bekommen, da sie ja auch 60,5 % des gesamten Schienennetzes umfassen.
Wir haben daher den Antrag gestellt: In § 10 Abs. 2 wird der Satz:
Die Ernennung erfolgt:
a) für Gruppe A auf Vorschlag des Bundesrates,
geändert in:
Die Ernennung erfolgt:
a) für Gruppe A auf Vorschlag des Bundesrates. Die Ernennung dreier Mitglieder soll dabei von den drei Ländern mit den größten Schienenstreckenlängen vorgeschlagen werden, die beiden andern gemeinsam von den übrigen Ländern.
Das Wort zur Begründung eines weiteren Abänderungsantrags hat der Abgeordnete Vesper.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Antrag meiner Fraktion zu § 10 verlangen wir, daß der letzte Satz in Abs. 1 des § 1 gestrichen wird. Sowohl in der Regierungsvorlage als auch in der Vorlage des Ausschusses ist vorgesehen, daß neben deutschen Mitgliedern auch Ausländer dem Verwaltungsrat angehören können. Die Zulassung ausländischer Vertreter im Verwaltungsrat der Bundesbahn entspricht den Forderungen der Amerikaner. Diese Forderung läßt klar erkennen, daß das deutsche Verkehrswesen immer mehr in die Hände der amerikanischen Kriegstreiber fällt und in ihre Pläne einbezogen wird.
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Die Formulierung des Abs. 1 des § 10 richtet sich gegen die nationalen Interessen des deutschen Volkes. Wir verlangen, daß der letzte Satz des Abs. 1 gestrichen wird.
Für den Abs. 2 des § 10 fordern wir eine grundsätzlich andere Zusammensetzung des Verwaltungsrats. Auch hier sind wir der Meinung, daß die Bundesbahn ausschließlich den friedlichen Interessen des deutschen Volkes dienen muß. Die Vierteilung des Verwaltungsrats, wie sie der 27. Ausschuß empfiehlt, lehnt meine Fraktion ab.
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Wir wünschen Sicherheiten, daß der Verwaltungsrat sich in seiner Mehrheit aus Angehörigen der Bundesbahn zusammensetzt. Bei der Ausschußberatung des Gesetzes in erster Lesung wurde von dem
Kollegen Jahn die Dreiteilung des Verwaltungsrats vorgeschlagen. Diese Dreiteilung bedeutet in der Praxis, daß der gewerkschaftliche Einfluß innerhalb der Deutschen Bundesbahn restlos ausgeschaltet wird und von vornherein die Mehrheit kapitalistischer Interessenvertretungen im Verwaltungsrat gesichert wäre. Dasselbe kommt auch in dem Vorschlag des Ausschusses zum Ausdruck, der eine Vierteilung des Verwaltungsrats vorsieht.
Aber auch der Abänderungsantrag der SPD sichert nicht die volle Mitbestimmung der Eisenbahner. Der SPD-Antrag sieht zwar eine paritätische Zusammensetzung des Verwaltungsrats vor; demgegenüber fordert aber der Antrag meiner Fraktion, daß elf Mitglieder des Verwaltungsrats von den bei der Bundesbahn beschäftigten Arbeitern, Angestellten und Beamten gewählt werden. Die übrigen neun Mitglieder sollen vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt werden. Damit ist gesichert, daß das Mitbestimmungsrecht der Eisenbahner in vollem Umfang zur Geltung kommt.
Wir sind weiter der Meinung, daß diese elf Mitglieder des Verwaltungsrats auf den Bezirksdelegiertenkonferenzen der zuständigen Gewerkschaften vorgeschlagen werden und daß dann die Gesamtheit der Bediensteten der Bundesbahn die elf Mitglieder wählt. Ebenso wie im § 7 beim Vorstand verlangen wir auch hier, daß die Mitglieder des Verwaltungsrats jederzeit, d. h. wenn sie ihre Pflichten gegenüber der Gesamtbelegschaft der Eisenbahner verletzen, mit Mehrheitsbeschluß der Belegschaften abberufen werden können. Wir bitten Sie, diesen Antrag zu unterstützen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Weitere Anträge sind nicht angekündigt.
Ich lasse abstimmen, und zwar zunächst über den weitestgehenden Abänderungsantrag. Das ist der Antrag auf Umdruck Nr. 247 Ziffer 2 a) bis i). Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letztere ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr lasse ich abstimmen über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 239 Ziffer 4. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr lasse ich abstimmen über den Eventualantrag der SPD, den Sie auf Seite 3 des Umdrucks Nr. 239 finden. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Dann lasse ich abstimmen über den Antrag der Bayernpartei auf Umdruck Nr. 241. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über § 10 in der Ausschußfassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; der Paragraph ist angenommen.
§ 11. Das Wort hat der Abgeordnete Vesper.
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- Da ist ein Abänderungsantrag gemäß Umdruck Nr. 247 Ziffer 3 gestellt. Die antragstellende Fraktion verzichtet auf Begründung. Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme des § 11 ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
§ 12.
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- Auch hier ist ein Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 247 Ziffer 4 gestellt, der nicht weiter begründet wird. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme von § 12 nach der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste ist die Mehrheit; er ist angenommen.
§ 13. Keine Abänderungsanträge. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen.
- Gegenprobe! - Ist angenommen.
§ 14. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Begründung unseres Abänderungsantrages zu § 10 habe ich schon kurz darauf hinweisen dürfen, daß die Bundesbahn ein Sondervermögen des Bundes mit einer eigenen Wirtschafts- und mit einer eigenen Rechnungsführung ist, mit selbständigen Verwaltungsorganen, von denen der Vorstand die Geschäfte führt und der Verwaltungsrat über eine Vielzahl von Geschäftsvorgängen zu beschließen hat. Wenn diese Bestimmungen nicht nur auf dem Papier stehen sollen, sondern wenn man ihnen einen praktischen Sinn geben will, dann muß man dem aus hervorragenden Kennern des Verkehrswesens und der Wirtschaft bestehenden Vorstand doch die gleic h en Rechte einräumen wie den Vorstandsmit({0})
gliedern anderer kaufmännischer Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft, d. h. man muß sie in den Stand setzen, Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften nicht nur zu führen, sondern die Tarifverträge auch in eigener Vollmacht abzuschließen.
Wenn nun in § 14 Abs. 5 vorgesehen ist, daß derartige Vereinbarungen an die Genehmigung des Herrn Bundesverkehrsministers gebunden sein sollen, dann liegt darin nach unserer Auffassung eine so weitgehende Beschränkung der Funktionen des Vorstandes, daß der Vorstand praktisch auf vielen Gebieten nur noch eine Auftragsangelegenheit des Bundesverkehrsministers zu besorgen hat. Das soll aber nach unserer Auffassung nicht der Sinn des Gesetzes sein. Deswegen beantrage ich im Namen meiner Freunde die Streichung des Abs. 5 von § 14.
Wir haben auch Bedenken gegen Abs. 8 des § 14:
Der Bundesminister für Verkehr kann Beamte
der Deutschen Bundesbahn zur Erfüllung der
ihnen nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben heranziehen. Das Nähere bestimmt die
Verwaltungsanordnung.
Der Wortlaut dieses Absatzes bedeutet doch nichts anderes, als daß sich der Bundesverkehrsminister jederzeit und in jedem Umfang in die Geschäftsführung der Bundesbahn einschalten kann. Meine Freunde und ich wollen der Bundesbahn wenigstens ein bescheidenes Maß von Autonomie erhalten. Deshalb beantragen wir, den Abs. 8 von § 14 zu streichen.
Das Wort hat der Abgeordnete Vesper.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine geradezu unmögliche Bestimmung enthält der § 14 in Abs. 5. Danach bedürfen Tarifvereinbarungen der Bundesbahn mit den Gewerkschaften der Genehmigung des Verkehrsministers und des Finanzministers. Da diese Regierung und insbesondere der Finanzminister in seiner Finanz- und Steuerpolitik nur das eine Ziel kennt, durch immer neue steuerliche Belastung der Massen die Gelder für seine Politik der Aufrüstung und für die Besatzungskosten einzutreiben, ist es selbstverständlich, daß der Finanzminister gegen jede berechtigte Lohn- und Gehaltserhöhung der Eisenbahner sein Veto einlegen wird. Wir und der Auffassung, daß die Absätze 5 und 6 des § 14 unter allen Umständen fallen müssen und bitten Sie, dem Änderungsantrag meiner Fraktion zuzustimmen.
Weitere Anträge liegen nicht vor; ich lasse abstimmen.
Wer für den soeben begründeten Änderungsantrag Umdruck Nr. 247 Ziffer 5 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für _die Annahme des Änderungsantrags Umdruck Nr. 239 Ziffer 3 ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme des § 14 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Der Paragraph ist angenommen.
§ 15,- § 16, - § 17, - § 18. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die Paragraphen sind angenommen.
§ 19. Das Wort zur Begründung des Abänderungsantrages hat der Abgeordnete Vesper.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit unserem Antrage zu § 19 wollen wir das Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte der Bundesbahn in allen wirtschaftlichen, personellen und sozialen Fragen in diesem Gesetz verankern. Wir ziehen damit die Schlußfolgerung aus der bisherigen Entwicklung und möchten daran erinnern, daß bis Ende 1949 70 000 Eisenbahner entlassen wurden. Es war beabsichtigt, weitere 30 000 bei der Bahn Beschäftigte zu entlassen. Auch eine verfügte vorübergehende Entlassungssperre wird die Eisenbahner vor weiteren Entlassungen nicht schützen.
Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu der Sozial- und Personalpolitik der Verwaltung der Bundesbahn. Herr Minister Seebohm, Sie haben auf der Gewerkschaftstagung der deutschen Eisenbahner im Herbst 1950 in Gelsenkirchen erklärt, daß der Mensch im Mittelpunkt aller Maßnahmen stehen müsse. Ich frage Sie: haben Sie Kenntnis von einer Verfügung einiger Direktionsbezirke, in der vorgeschrieben wird, daß alle Betriebsversammlungen der Eisenbahner durch die Bahnstellenleiter bespitzelt werden? Die Erörterung gewerkschaftlicher Fragen wie Brotpreiserhöhung, Steigerung der Lebenshaltungskosten usw. ist nach Auffassung einer gewissen Bürokratie im Eisenbahnwesen nicht gestattet.
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Erörterungen dieser Fragen und Reden dieser Art sollen als Hausfriedensbruch geahndet werden. Für diese Behauptungen haben wir konkrete Beweise. Herr Minister, ich stelle eine weitere Frage: Kennen Sie die erlassene Verfügung der Eisenbahndirektion Stuttgart vom 17. Oktober 1950, nach der sich jeder Beamte schriftlich verpflichten mußte, sich an einer kommenden Lohnbewegung nicht zu beteiligen?
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Wissen Sie, Herr Minister, daß seinerzeit ein gewisser Oberinspektor Dühren im Direktionsbezirk Essen im Auftrage der Besatzungsmacht unter der Bezeichnung ,.geheim" schwarze Listen von KPD-und SPD-Funktionären angelegt hat?
Alle diese Dinge veranlassen uns, gerade bei der Bundesbahn. die Frage der Mitbestimmung der Betriebsräte zu stellen. Ich könnte noch eine Fülle von weiteren Tatsachen anführen, die klar erkennen lassen. daß Willkür bei einem Teil der reaktionären Bürokratie in der Verwaltung vorberrscht, daß die Belange der Eisenbahnerschaft in jeder Form sabotiert werden und daß versucht wird. bestimmte Gruppen der Eisenbahner gegeneinander auszuspielen:
Aus diesem Grunde stellen wir den Antrag, das Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte der Bundesbahn in diesem Gesetze zu verankern, und bitten Sie. unserem Antrage zuzustimmen.
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Ich lasse abstimmen. Wer für den Antrag Umdruck Nr. 247 Ziffer 6 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für § 19 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Der Paragraph ist angenommen.
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Zu § 19 a liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 239 Ziffer 5 vor. Das Wort hat der Abgeordnete Meyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen nach der Vorstellung, die uns bei der gesamten Beratung des Bundesbahngesetzentwurfs beherrscht hat, auch hier Wert darauf legen und bringen das durch unseren Abänderungsantrag zum Ausdruck, daß oberster Dienstvorgesetzter der Vorstandsmitglieder der Bundesbahn nur der Verwaltungsrat der Bundesbahn sein kann. Ich weiß, daß in den Ausschußberatungen unter Berufung auf die Konstruktion unserer Gesetzgebung Einwände beamtenrechtlicher Natur erhoben worden sind. Es ist gesagt worden, es sei unmöglich, daß eine Körperschaft Vorgesetzter von Beamten sei. Ich habe festgestellt, daß in dem Reichsbahngesetz von 1930 nichts anderes dringestanden hat, als daß der Verwaltungsrat der Dienstvorgesetzte war. Wenn Sie in der Tat hier die Scheidung aufrechterhalten wollen, wenn auch nur noch zum Schein, daß etwa der Vorstand eine unabhängige Stellung zur Führung des Unternehmens hat und daß der Verwaltungsrat jene aufsichtfiihrende Stelle ist, die selbstverständlich in privatwirtschaftlichen Gesellschaften die Richtlinien für die Betriebsführung des Unternehmens bestimmt, daß der Verwaltungsrat hier also funktionell etwa die gleiche Stellung ausüben soll wie ein Aufsichtsrat, ist es unmöglich, daß der Bundesminister für Verkehr, wie die Ausschußfassung es vorsieht, Dienstvorgesetzter der Vorstandsmitglieder ist. Denn dann hat er die Vorstandsmitglieder außerhalb der übrigen Funktionsstellung, die man im Bundesbahngesetz doch mindestens theoretisch aufrechterhalten will, in seiner unmittelbaren Dienstgewalt und ist - über die Bestimmungen hinaus, die bereits bei früheren Paragraphen gegen unseren Willen beschlossen worden sind - nunmehr in der Lage, die Dienstanweisungen zu erteilen, die geradezu in Gegensatz zu dem stehen können, was die Betriebsführung der Bundesbahn erheischt. Weil das nicht so sein kann, müssen wir logischerweise darum bitten, daß unserem Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 239 stattgegeben wird, nach welchem der Verwaltungsrat Dienstvorgesetzter der Vorstandsmitglieder werden soll.
Das Wort hat der Abgeordnete Vesper.
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- Sie verzichten! Sie stellen auch den Antrag nicht?
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- Sie verzichten also nur auf die Begründung!
Dann lasse ich zunächst über den weitestgehenden Antrag, über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 239 Ziffer 5 abstimmen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr lasse ich über den Abänderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 247 Ziffer 7 abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen.
- Gegenprobe! -Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme des § 19 a in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Der § 19 a ist angenommen.
Zu § 20 liegt ein Abänderungsantrag der KPD 1 vor. Das Wort zur Begrüdung hat Herr Abgeordneter Vesper.
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Reden Sie nicht! Sie können nachher reden.
Wir verlangen die Streichung des § 20, weil, wenn die Vorschrift in der Ausschußfassung angenommen wird, praktisch einem Teil der Bürokratie das Recht eingeräumt wird, im Bereich der Dienststellen ein Willkürregiment zu führen. Die ganze bisherige Personalpolitik der Bundesbahn beweist, wie ich das bei den vorhergehenden Paragraphen begründet habe, daß gewisse Bürokraten ihnen unbequeme, fortschrittliche Beamte schikanieren.
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Es wurde meines Wissens wiederholt in dieser Art verfahren, daß Beamte nicht nur rückversetzt wurden, sondern auch wirtschaftliche Nachteile hinnehmen mußten. Meine Fraktion möchte nicht, daß Vorsteher von Dienststellen der Deutschen Bundeshahn Beamte auf einen geringeren Dienstposten versetzen können. Da die Vorschrift des § 20 diese Möglichkeit zuläßt und da das Mitbestimmungsrecht nicht gesichert ist, bitten wir, der Streichung dieses Paragraphen zuzustirnmen.
Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse über §§ 20, - 21, - 22, - 23, - 23 a, - 24, - 25, - 26, - 27, - 28 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die Bestimmungen sind angenommen.
Wir kommen zu § 29. Das Wort hat der Abgeordnete Vesper.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen, daß hinter dem ersten Satz von § 29 Abs. 1 folgender neuer Satz eingefügt wird:
Die Aufnahme von Anleihen und Krediten aus dem Ausland bedarf der Zustimmung des Bundestags.
Meine Fraktion fordert diese Einfügung, weil wir Kenntnis haben, daß in Zusammenhang mit der Untersuchung General Hanes, des Leiters der ECA-Kommission, die Bewilligung von ECA-Mitteln von einem empfehlenden Gutachten abhängig gemacht wurde. Mit diesem Gutachten wurde eine amerikanische Firma beauftragt, die die Zukunftsaussichten der Bundesbahn untersuchen soll.
Meine Damen und Herren! Ständig ansteigende Verschuldung der westdeutschen Eisenbahnen und die Bemühungen der Verwaltung, Auslandskredite zu erhalten, sind der sichtbare Ausdruck dafür, daß Vertreter des amerikanischen Finanzkapitals
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die ansteigende Verschuldung der Bundesbahn ausnutzen, um diese in ihre offensichtliche Aggressionspolitik einzubeziehen.
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Die bisher durchgesickerten Nachrichten über Pläne des amerikanischen Finanzkapitals sprechen von einer Anleihe von 1,2 Milliarden Dollar.
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Zu den Sicherheiten dieser Anleihe gehört natürlich in erster Linie die Garantie, daß die westdeutschen Bahnen einen Überschuß erwirtschaften.
Deshalb geht das bekannte Homberger Gutachten davon aus, es müsse als vordringlichste gesetzgeberische und Betriebsführungsaufgabe angesehen werden, eine ordnungsgemäße Wirtschaft der Bundesbahn mit ausgeglichenem Haushalt zu erreichen. Die Empfehlungen des Gutachtens sind nachgerade ungeheuerlich. 59 seiner Anregungen soll die Bundesbahn - will sie ECA-Mittel erhalten - umgehend und 32 weitere, Kreditempfehlungen, später folgen. Das Gutachten fordert bekanntlich einen weiteren Abbau von 80 000 Arbeitern und Angestellten. Damit würde jeder fünfte Eisenbahner seine Papiere erhalten. Zur Personaleinschränkung sollen bei etwa 150 000 Kreuzungen die Bahnschranken durch Warnungsschilder ersetzt werden. Ich möchte auf die Einzelheiten dieses Gutachtens nicht näher eingehen.
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Es wird sich wohl noch Gelegenheit finden, in diesem Haus dazu Stellung zu nehmen. Ich möchte nur an die entsetzlichen Verkehrsunfälle erinnern, die durch nichtüberwachte Bahnübergänge in Hersching, an der Mosel und in anderen Teilen des Landes die Öffentlichkeit in Erregung versetzen. Wir sehen, daß ausländische Kredite und Anleihen an Bedingungen geknüpft werden, wie sie z. B. in dem amerikanischen Gutachten festgelegt worden sind.
Wir wollen keine Verpachtung oder Verpfändung der Bundesbahn. Wir wollen nicht, daß die deutsche Staatseisenbahn, deren Anlagewert zirka 20 Milliarden beträgt, ausländischen Finanzkapitalisten als Schacherobjekt in die Hände gespielt wird. Die deutsche Eisenbahn gehört dem deutschen Volk und ist als Volksvermögen nur der Friedenswirtschaft dienstbar zu machen. Aus diesem Grunde bitten wir Sie, unserem Abänderungsantrag zu § 29 Abs. 1 zuzustimmen.
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Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme der §§ 29 und 30 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die beiden Paragraphen sind angenommen.
§ 31 entfällt.
§ 32. - Das Wort hat der Abgeordnete Vesper.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der bisherigen Formulierung des § 32 soll eine Rücklage von 800 Millionen DM gebildet werden. Über die Verwendung eines eventuell danach verbleibenden Überschusses soll in letzter Instanz der Bundesminister der Finanzen entscheiden. Wir sind der Auffassung, daß Überschüsse der Bundesbahn in erster Linie für die Verbesserung der sozialen Einrichtungen verwandt werden müssen. Weiter wünschen wir, daß endlich die Erhöhung der Löhne und Gehälter der Arbeiter, Angestellten, der unteren und mittleren Beamten und schließlich eine grundsätzliche Änderung der Tarifpolitik vorgenommen wird. Wir verlangen eine Zurücknahme der Verordnung über die vor kurzem durchgeführte Preiserhöhung der Berufs- und Schülerkarten. Wir fordern eine Tarifgestaltung im Personenverkehr, bei der die minderbemittelte Bevölkerung, Schüler, Arbeiter, Angestellte, Schwerkriegsbeschädigte usw. Fahrvergünstigungen erhalten, die den Löhnen und den Gehältern angepaßt sind.
Es ist bekannt, daß die Finanzlage der Bundesbahn katastrophal ist. Wir sind aber der Meinung, daß die Sanierung der Bundesbahn nicht auf Kosten der breiten Massen erfolgen darf. Die Sanierung der westdeutschen Eisenbahn ist also eine Aufgabe, die nicht nur nach Gesetzesparagraphen, sondern nach einem wohldurchdachten Plan erfolgen müßte. Aus diesen Erwägungen lehnen wir den § 32 ab und bitten um Unterstützung unseres Antrages.
Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme der §§ 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38 und der Berichtigung auf Umdruck Nr. 240 Ziffer 3 und des § 39 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Die Bestimmungen sind angenommen.
§ 40. - Das Wort hat der Abgeordnete Meyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was man gar nicht vermuten sollte, ist der Fall: Im Bundesbahngesetz und analog etwa im Reichsbahngesetz befinden sich Bestimmungen darüber, welche gewerberechtlichen Regelungen für die Bundesbahn gelten sollen. Jeder Vernünftige, der diese Bestimmungen betrachtet, würde, wenn es dort heißt: „für den Betrieb der Deutschen Bundesbahn und die Nebenbetriebe", annehmen, es handele sich wirklich um Nebenbetriebe der Deutschen Bundesbahn. Tatsächlich hat sich aber in den vergangenen Jahren, worauf der Herr Berichterstatter auf Grund der Ausschußberatungen freundlicherweise schon hingewiesen hat, folgendes ereignet: Die sogenannten Nebenbetriebe der Bundesbahn haben eine Ausdehnung nach jeder Richtung gefunden. Wenn man sich vor der Sperre des Hamburger Hauptbahnhofes aufhält, kann man sich dort beinahe alle Bedarfsartikel, die normalerweise vom deutschen Einzelhandel zu beziehen sind, jederzeit außerhalb der üblichen Ladenschlußzeit beschaffen einschließlich Karbonaden, Mettwürsten, Schinken, Backwaren, Photoapparaten, Drogerieartikeln und allem Möglichen, was sonst noch denkbar ist. In Nordrhein-Westfalen gibt es dagegen Bahnhöfe, wo man sich abends um 9 Uhr noch Jumper beschaffen kann. Das alles gehört ja wohl zum Reisebedarf!
Wir vermögen nicht einzusehen, daß das überhaupt Nebenbetriebe der Bundesbahn sein sollen, die unter die Bestimmungen des § 40 fallen. Außerdem aber müssen wir uns in Fortsetzung der Gespräche, die wir im Ausschuß geführt haben, zum Mundwalter derjenigen Interessenten machen, die mit Recht sagen, daß ihnen, die 25 Meter vor dem Bahnhof liegen und denen es nicht gestattet ist, außerhalb der Ladenschlußzeit noch irgendwelche Artikel auch an Reisende zu verkaufen, bei ihren Verkaufsständen keine andere Behandlung in den Bahnhöfen zuteil werden kann als dem
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gleichen Einzelhändler, der sein Geschäft 25 Meter vor dem Bahnhof hat. Wir sind mit dem Herrn Berichterstatter der Auffassung, daß die Möglichkeit bestehen muß, echten Reisebedarf auch außerhalb der Ladenschlußzeit zu decken. Es hat selbst auf großen Bahnhöfen Jahrzehnte hindurch genügt, daß man dort Getränke einnehmen und Speisen verzehren konnte, daß man sich Zeitschriften und ein Buch beschaffen konnte, etwas, was man auf der Reise lesen wollte. Plötzlich, nach der Währungsreform, haben alle möglichen Geschäftsleute entdeckt, daß sie auf diesen Bahnhöfen eine Monopolstellung einnehmen können, die ihnen noch über die übliche Ladenschlußzeit hinaus die Möglichkeit gibt, ihre besonderen Geschäfte - vielleicht auch zu besonderen Preisen - fortzusetzen. Wir sind der Meinung, daß schon im Interesse des beteiligten Einzelhandels, aber auch im Interesse der beteiligten Arbeitnehmer hierfür absolut keine Notwendigkeit besteht. Deutschland ist vor 1933 oder 1936, Herr Rademacher, ein Reiseland gewesen und auch ohne diese Verkaufsstände und wird es ohne sie auch wieder werden. Um Deutschland als Reiseland zu propagieren, benötigen wir nicht diese Verkaufsstände. Die deutsche Landschaft bietet Gott sei Dank dem Ausländer auch heute noch so viel Interessantes, daß er schon deshalb, um es kennenzulernen, nach Deutschland kommt.
Kein vernünftiger Mensch wird sich dagegen wehren, daß man meinetwegen für gewisse Kurorte Ausnahmemöglichkeiten schafft im gleichen Rahmen wie für den ortsansässigen Einzelhandel. Wir wissen aber positiv, daß diese Bestimmungen mißbräuchlich ausgenutzt worden sind und daß auch die bisher geltenden Verwaltungsrichtlinien, wonach die zuständigen Stellen der Bundesbahn genötigt sind, mit den örtlichen Behörden oder mit den Landesbehörden ein Einvernehmen darüber herbeizuführen, weithin nicht beachtet worden sind.
Der unseres Erachtens völlig klare materielle Grund ist der, daß die Bundesbahn glaubte, diese Verkaufsstände erlaubten ihr bis zu einem gewissen Grade eine Finanzierung der Wiederherstellung der unteren Flächen ihrer Bahnhöfe. Wenn man sich aber einmal einen solchen Bahnhof ansieht, dessen untere Fläche mit geschmackvollen Verkaufsständen - wie gar nicht bestritten werden soll - ausgestattet ist, und wenn man dann darüber sich das unveränderte obere Bild der Zerstörung betrachtet, dann muß man schon feststellen, daß diese Ausstattung im Grunde genommen geschmacklos wirkt.
Das einzige Interesse, das hier von bestimmender Bedeutung ist, ist das des beteiligten Einzelhandels, der ja hier schon eine Vorzugsstellung hat, denn die Bundesbahn muß über jeden ihrer Bahnhöfe täglich einen großen Teil von Pendelarbeitern befördern. Für meine Heimatstadt macht das, wenn ich 60 °/o von der Gesamtzahl der Pendler abziehe, täglich 12 000 Menschen aus. Alle Zigarrenläden, die dort frühmorgens um 7 Uhr bereits geöffnet sind, liefern schon den Rauchwarenbedarf für diese Pendelarbeiter und haben damit den anderen Geschäften vor dem Bahnhof den Rahm abgeschöpft.
Aber das zweite materielle Interesse besteht darin, daß alle diese Verkaufsstände ja von der Bundesbahn gegen eine Beteiligung am Umsatz verpachtet werden. Das ist wiederum ein berechtigtes volkswirtschaftliches Interesse. Andererseits glauben wir aber nicht, daß die Einnahmen daraus so groß sind, daß die Bundesbahn damit saniert werden kann. Die überzeugenden Gründe sprechen vielmehr für die andere Seite. Deshalb bitten wir Sie, mit uns für die Aufnahme des Abs. 2 unter Ziffer 6 des Umdrucks Nr. 239 einzutreten, d. h. vorzuschreiben, daß Gaststätten, Zeitschriftenvertrieb und Buchhandel, die auch außerhalb der Sperre dem nichtreisenden Publikum zugängig sind, außerhalb der Ladenschlußzeit ihren Betrieb fortführen können, daß aber alle anderen auf dem Bahnhof gelegenen, außerhalb der Sperre oder der Bahnsteige betriebenen Verkaufsstände ihren Laden zur üblichen Ladenschlußzeit zu schließen haben genau so wie die ortsansässigen Geschäfte. Wir halten das für eine richtige und gesunde Regelung und bitten um Ihre Zustimmung.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Decker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat schon in der ersten Beratung des Bundeshahngesetzes auf bazarähnliche Entwicklung bei den Verkaufsbetrieben auf den Bahnhöfen hingewiesen und eine Einschränkung dieses Unfugs verlangt. Der Herr Berichterstatter hat diese Schwierigkeiten kurz aufgezeigt, und mein Vorredner hat sie nun in allen Einzelheiten dargestellt. Ich darf daher nach dem Grundsatz Kürze-Würze verfahren und Ihnen sagen, daß meine Fraktion es für richtig hält, § 40 Abs. 2 Satz 2 folgendermaßen zu ändern:
Sie müssen für die Abgabe von Waren außerhalb der ortsüblichen Geschäftszeit die Beschränkung auf echten Reisebedarf und bei a Bahnhofsverkaufsstellen auch die Abgabe an Reisende sicherstellen.
Keine weiteren Wortmeldungen? Ich lasse abstimmen, und zwar zunächst über den weitergehenden Antrag auf Umdruck Nr. 239 unter Ziffer 6. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Meine Damen und Herren, ich bitte, die Abstimmung wiederholen zu dürfen. Es handelt sich um die Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 239 Ziffer 6, der soeben von dem Abgeordneten Meyer begründet worden ist. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich lasse weiter abstimmen über den Antrag der Bayernpartei.
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- Sie ziehen den Antrag zurück.
Dann lasse ich über § 40 in der nunmehrigen Fassung abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
§§ 41, - 42, - 43. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Die Bestimmungen sind angenommen.
Zu § 44 hat das Wort der Abgeordnete Dr. Decker.
Dem in der Verfassung geplanten föderalistischen Aufbau des Bundes hätte ja in der Organisation der Bundesbahn eigentlich
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das System der Gruppenverwaltung entsprochen. Es ist nicht gewählt worden; deshalb muß den Ländern wenigstens ein starker Einfluß auf die personelle Besetzung der für die Länder besonders bedeutungsvollen Instanzen eingeräumt werden, den Ländern, die ja doch schließlich durch die Einbringung der ländereigenen Bahnen erst die Bundesbahn zustande gebracht haben. Wir schlagen daher vor, in § 44 das Wort „Benehmen" durch das Wort „Einvernehmen" zu ersetzen.
Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme der §§ 44, - 45, - 46, -47, - 48, - 49, - 50, -51, - 52, - 53 entfällt -54 mit der Berichtigung laut Umdruck Nr. 240 Ziffer 4 - und 55 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen. Einleitung und Überschrift. - Gegenprobe! - Angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, ist die zweite Beratung des Entwurfs des Bundesbahngesetzes und hiermit auch die Ziffer 6 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung: Zweite Beratung des Entwurfs eines Kündigungsschutzgesetzes ({0}) ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({2}) ({3})
({4})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Preller als Berichterstatter.
Dr. Preller ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der gesetzliche Kündigungsschutz ist in Deutschland nichts Neues. Wir hatten seinerzeit im Betriebsrätegesetz von 1920 für die Einzelentlassungen und -kündigungen und in verschiedenen Stillegungsverordnungen von 1920 und 1923 für die Massenentlassungen Vorschriften dieser Art bereits vorliegen. Aber wir hatten und haben auch einen Kündigungsschutz für Sondergruppen, etwa für die Schwerbeschädigten, für die Frauen vor und nach der Niederkunft, für ältere Angestellte. Wenn es nun heute nötig ist, den Kündigungsschutz neu zu fassen, so liegt dies daran, daß durch das Kontrollratsgesetz Nr. 40 die bis dahin geltenden Bestimmungen des AOG aufgehoben worden sind und wir zur Zeit in weiten Teilen der Bundesrepublik keinen gesetzlichen Kündigungsschutz haben.
Die Bundesregierung und die sozialpolitisch niteressierte Öffentlichkeit standen damit vor der Frage, ob dieser neu zu schaffende Kündigungsschutz in einer gleichen oder in einer ähnlichen Form durchgeführt werden sollte, wie wir ihn vor 1933 gekannt haben, oder aber ob in diese Bestimmungen sozialpolitisch fortschrittliche arbeitsrechtliche Gedanken eingearbeitet werden sollten. Der Entwurf, der uns vorliegt, ist den Weg des arbeitsrechtlichen Fortschritts gegangen. Damit ist im deutschen Arbeitsrecht eine wahrhafte Tat vollbracht worden. Es werden hier Rechtsgedanken entwickelt und weitergeführt, die bereits in der britischen Zone - ich muß allerdings zugeben, daß sie auf einem gesetzgeberischen Manko beruhten - durchgeführt worden waren, daß nämlich die Rechtsbehelfe gegen den Rechtsmißbrauch, die wir in §§ 138 und 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
vorliegen haben, lebendig gemacht und von den Arbeitsgerichten der britischen Zone aufgegriffen und fortgeführt worden sind. Wir haben außerdem in den Ländern der amerikanischen und französischen Zone nach 1945 verschiedene Rechtsformen des Kündigungsschutzes bekommen, so daß wir ein ausgesprochenes Durcheinander auf diesem Rechtsgebiet hatten.
Um nun diesen Wirrwarr des Rechts in den deutschen Ländern zu beseitigen, hatte bereits der Frankfurter Wirtschaftsrat am 20. Juli 1949 ein Kündigungsschutzgesetz verabschiedet, das allerdings in dem Endspurt des Wirtschaftsrates dann nicht mehr die Zustimmung der Militärregierung fand.
Dann ist in einer beachtenswerten Weise eine neue Basis des Kündigungsschutzes bei den Gesprächen der beiden Sozialpartner in Hattenheim gefunden worden. Ihr Ergebnis war, daß wir einen von beiden Seiten gemeinsam erarbeiteten und gebilligten Entwurf bekamen. Dies war eine der ersten Früchte der seinerzeitigen Hattenheimer Besprechungen zwischen den Sozialpartnern.
Der Bundesarbeitsminister hat nunmehr in dem vorliegenden Gesetzentwurf über den Kündigungsschutz diese Anregungen der Sozialpartner verwendet und in einem nicht geringen Umfang gleichzeitig auch auf das Wirtschaftsratsgesetz zurückgegriffen. Wir können damit feststellen - und ich glaube, daß dies die Annahme des Gesetzes auf einer breiten Basis erleichtern sollte -, daß wir in diesem Gesetzentwurf die Frucht einer Einigung der Spitzenverbände aller in Betracht kommenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, die seinerzeit in Hattenheim zustande gekommen war, vor uns haben.
Der Entwurf beschränkt sich - und damit möchte ich den Entwurf materiell besprechen - auf den. Kündigungsschutz für alle betroffenen Arbeitnehmer und Betriebsräte. Im Ausschuß ist darüber gesprochen worden, ob die Regelung auf das gesamte Kündigungsrecht der Arbeitnehmer ausgedehnt werden sollte. Diese Anregungen sind im Ausschuß von Sprechern der SPD wie der CDU vorgetragen, dann aber vom Ausschuß zurückgestellt worden. Damit ist die Hoffnung ausgesprochen worden, daß wir bald die Vorlage eines Gesetzentwurfs über das Arbeitsverhältnis bekommen werden, eines Gesetzes, das bekanntlich seit 30 Jahren in der öffentlichen Diskussion sozialpolitischer Fragen in Deutschland erörtert worden ist, ohne daß wir bisher ein solches Gesetz vorliegen haben. Dieses Gesetz hätte überholte Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes der 90er Jahre abzulösen.
Die Grundidee dieses Gesetzentwurfs ist nun, wie im Ausschuß von dem Schöpfer dieses neuen Rechtsgedankens vorgetragen worden ist, die, daß der Arbeitnehmer ein Mindestmaß von Rechtssicherheit gegen Willkür haben sollte. Während im früheren Recht auch die sozialwidrige Kündigung doch rechtswirksam war, so daß nach früherem Recht der Arbeitnehmer auf Widerruf dieser Kündigung klagen mußte, ist im Entwurf die sogenannte sozial ungerechtfertigte Kündigung von vornherein grundsätzlich rechtsunwirksam, unter der Voraussetzung, daß der Arbeitnehmer binnen drei Wochen eine Klage auf Feststellung eben dieser Rechtsunwirksamkeit erhebt. Der Entwurf betont damit die Verbundenheit des Arbeitnehmers mit dem Betrieb, aber auch - und das ist wesentlich - die aus dieser Verbundenheit fol({6})
gende Sorgepflicht des Arbeitgebers auch im Kündigungsfall. Damit wird in diesem Gesetzentwurf ein Riegel vor die Existenzunsicherheit des Arbeitnehmers geschoben. Gleichzeitig wird dieser Entwurf aber auch den wirtschaftlichen Erfordernissen einer unbehinderten Produktion dadurch gerecht, daß Gründe aus der Person oder aus dem Verhalten des Arbeitnehmers oder aber, soweit der Betrieb selbst in Betracht kommt, dringende betriebliche Erfordernisse eine Kündigung ohne die Hindernisse des Entwurfs rechtfertigen sollen.
Im Ausschuß und bekanntlich auch, wie Vorgänge der letzten Tage beweisen, außerhalb des Parlaments blieben Bestimmungen dieses Entwurfs nicht unbestritten: nämlich die Bestimmung, daß das Gesetz gegenüber jedem Arbeitnehmer wirksam werden soll, sofern er länger als drei Monate ohne Unterbrechung im gleichen Betrieb oder Unternehmen beschäftigt ist. Im Ausschuß stellte ein Vertreter der FDP den Antrag auf Ausdehnung dieser Dreimonatsfrist auf sechs Monate. Vertreter aller anderen im Ausschuß vertretenen Parteien sprachen sich in Übereinstimmung mit der Bundesregierung dahin aus, daß eine Frist von drei Monaten genüge, um die Eignung eines Arbeitnehmers zu
beurteilen und daß überdies in schwiergeren Fällen die Möglichkeit bestehe, befristete Arbeitsverhältnisse zu schaffen, die eine längere Frist als drei Monate vorsehen. Wenn sich dann auch in der weiteren Diskussion andere Vertreter der CDU wie der FDP ebenfalls für diese sechs Monate Karenzfrist einsetzten, beschloß der Ausschuß doch mit Mehrheit, es bei dem Regierungsvorschlag einer dreimonatigen Frist zu lassen, zumal sie nach Auskunft der Bundesregierung dem gemeinsamen Willen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen entspräche.
Ich habe nun über die wesentlichsten Änderungen, die im Ausschuß gegenüber der Regierungsvorlage beschlossen worden sind, kurz zu berichten.
Zunächst zu § 1 Abs. 3. Hier handelt es sich darum, daß im Entwurf der Bundesregierung der dort vorgesehene Begriff des Vertriebenen und der des Heimkehrers nach dem betreffenden geltenden Gesetz näher umschrieben und erläutert waren. Um aber Mängel in dieser Begriffsbestimmung der Vertriebenen nach dem geltenden Recht zu vermeiden, ist die im Regierungsentwurf vorgesehene Begriffsbestimmung sowohl für die Vertriebenen als auch für die Heimkehrer gestrichen worden.
Weiter wurde dann vorgebracht, daß für die politisch Verfolgten nach einem vorliegenden Brief der entsprechenden Organisation ein gleicher verstärkter Schutz wie für die Vertriebenen und Heimkehrer gefordert würde. Der Ausschuß hat besonders diese Frage sehr eingehend diskutiert. Er kam zu der Entscheidung, daß man gerade im Interesse der politisch Verfolgten selbst diese Gleichstellung mit den Vertriebenen und Heimkehrern nicht durchführen solle, da eine solche Gleichstellung eine Art Bumerang für die Einstellung von politisch Verfolgten in den Betrieben sein dürfte.
Weiterhin wurde vorgetragen, daß der „Unterausschuß Kunst" des Bundestagsausschusses für Kulturpolitik darauf hingewiesen habe, daß der Kündigungsschutz auf Theaterunternehmungen nicht schematisch angewendet werden solle. Der Ausschuß hat diese Anregung nicht weiter verfolgt, weil er festzustellen glaubte, daß im Gesetz ausreichende Möglichkeiten gegeben seien, den besonderen Interessen der Theater zu entsprechen.
In § 2, wo es sich darum handelt, daß gegen Kündigungen beim Betriebsrat Einspruch erhoben werden kann, ist diese Einspruchsfrist gegenüber der Regierungsvorlage von 5 Tagen auf eine Woche erweitert worden. Diese Änderung wurde mit Mehrheit beschlossen.
In § 9, der sich mit der Anrechnung entgangenen Zwischenverdienstes befaßt, war im Regierungsentwurf vorgesehen, daß der Arbeitnehmer sich auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für diese Zeit schuldet, Leistungen anrechnen lassen muß, die in vier nach den entsprechenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches festgelegten Positionen genannt sind. Der Ausschuß ist von diesen Bestimmungen in einem Falle abgewichen, nämlich in dem im Gesetz formulierten Falle, in dem sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen müsse, „was er erspart habe, weil er nicht gearbeitet" habe. Diese etwas eigentümliche Formulierung trifft die Fälle, in denen der Arbeitnehmer etwa Fahrtkosten spart, weil er nicht mehr zur Arbeitsstelle fährt. Es handelt sich hierbei um so geringfügige Beträge, daß der Ausschuß sich entschlossen hat, nicht kleinlich zu verfahren, sondern diese Position fallen zu lassen.
Bei § 10, der sich mit der Möglichkeit beschäftigt daß derArbeitnehmer, der bereits ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist, auf die Auflösung des alten Arbeitsverhältnisses dringen kann, wenn das Gericht das Fortbestehen seines bisherigen Arbeitsverhältnisses feststellt, war von einem Vertreter der FDP vorgeschlagen worden, das gleiche Recht auch dem Arbeitgeber zuzubilligen. Der Ausschuß glaubte aber, dieser Anregung nicht folgen zu dürfen oder zu brauchen.
Ich komme zum zweiten Abschnitt des Gesetzes, der den Kündigungsschutz für die Betriebsratsmitglieder bringt. Hier war zum ersten Absatz von der Sozialdemokratie die Anregung gegeben worden, den schärferen Kündigungsschutz, der für die Betriebsräte vorgesehen ist, auch auf die Bewerber für eine Betriebsratswahl auszudehnen, und zwar bis zur Wahl. Dieser Antrag ist im Ausschuß mit Stimmengleichheit bei einer Stimmenthaltung abgelehnt worden.
In Abs. 2 wurde eine schärfere Bestimmung zugunsten der Betriebsräte eingefügt, wonach für die Zulässigkeit von Kündigungen nicht nur dringende, sondern zwingende betriebliche Erfordernisse vorliegen müssen, wenn der Betriebsrat im Falle der Stillegung des Betriebes frühzeitig gekündigt werden soll.
Der dritte Abschnitt befaßt sich mit den Bestimmungen des Kündigungschutzes bei Massenentlassungen, also dem sogenannten Stillegungsrecht. Er ist in enger Anlehnung an die frühere Stillegungsverordnung gefaßt worden. In § 15 sind allerdings die Grenzen bei Massenentlassungen für die Arbeitnehmer günstiger geregelt worden, und zwar auf Vorschlag der Sozialpartner selbst. Im übrigen sind die Bestimmungen dieses Abschnitts dem Entwurf des Gesetzes über die Bundesanstalt, den wir als nächsten Tagesordnungspunkt behandeln, bereits angepaßt worden. Das hat bestimmte Konsequenzen, auf die ich noch eingehen will.
In § 16 ist es entgegen einer Anregung des Bundesrates dabei belassen worden, daß bei Stillegungen die Einigungsverhandlungen beim Landesarbeitsamt geführt werden und die Entlassungen der Unternehmungen nur mit Zustimmung dieses Landesarbeitsamtes wirksam werden sollen und können.
({7})
Im § 10, der sich mit der Einführung der Kurzarbeit in der Zwischenzeit, d. h. in der Zeit bis zu den Entlassungen, beschäftigt, hat der Ausschuß eine Bestimmung eingefügt, die dem früheren Stillegungsrecht entspricht, daß nämlich diese Kurzarbeit vom Landesarbeitsamt zuzulassen ist. Der Arbeitgeber ist also auf diese Zulassung angewiesen. Es soll damit der Willkür ein Riegel vorgeschoben werden.
Zu Abs. 2 des § 17 darf ich noch bemerken, daß sich die Kürzung des Arbeitsentgeltes bei Kurzarbeit nicht nur nach den gesetzlichen Bestimmungen richten soll, sondern daß die Kürzung bei Vorliegen vereinbarter Bestimmungen, also tariflicher Vereinbarungen, erst von dem Zeitpunkt an wirksam wird, an dem das Arbeitsverhältnis nach diesen vereinbarten Bestimmungen enden würde.
Ich komme nun zu § 18. Hier konnte sich der Ausschuß dem Vorschlag des Bundesrates, der vorsah, daß die Einigungsverhandlungen vom Arbeitsminister des Landes zu führen seien, nicht anschließen. Meine Damen und Herren, das hat eine wichtige Folge. Die Tatsache, daß wir nunmehr die Landesarbeitsämter - also künftig selbständige Behörden des Bundesrechts - mit diesen Verhandlungen betraut haben, hat zur Folge, daß dieses Gesetz nicht mehr ein Zustimmungsgesetz für den Bundesrat darstellt. Wir haben im Ausschuß beschlossen, die Bestimmung so zu treffen, daß die Verhandlungen von einem Ausschuß beim Landesarbeitsamt durchzuführen sind. Von dem künftigen Verwaltungsausschuß des Landesarbeitsamtes werden je zwei Vertreter der in Betracht kommenden Sozialpartner und der öffentlichen Körperschaften benannt werden, die in diesen Ausschuß entsandt werden. Wir haben vorgesehen, daß außerdem
zwei Vertreter der obersten Landesbehörde zuzuziehen sind. Die Zahl von zwei Vertretern haben wir deswegen gewählt, weil es sich um Angelegenheiten handelt, die nicht nur das Arbeitsministerium des Landes, sondern gleichzeitig auch das Wirtschaftsministerium interessieren und interessieren müssen. Im Ausschuß ist dabei betont worden, daß es sich nicht nur, wie in der amtlichen Begründung erklärt wurde, um Arbeitsmarktangelegenheiten handelt, sondern daß die Stillegung weitgehend wirtschaftspolitische Bedeutung hat, so daß die Einschaltung auch des Wirtschaftsministeriums in den Landesinstanzen gerechtfertigt erscheint.
Im Abs. 1 war weiterhin vorgesehen, daß Mitglieder dieses Ausschusses von dem Arbeitgeber wegen Besorgnis der Befangenheit oder aus Wettbewerbsgründen abgelehnt werden können. Über diesen Passus ist lange diskutiert worden. Es war schließlich vorgeschlagen, lediglich aus Wettbewerbsgründen eine Ablehnung zuzulassen; dann wurde aber auf der anderen Seite von der Sozialdemokratie angeregt, den Arbeitnehmern ein gleiches Recht zu geben. Nachdem eine Einigung über diese Streitfrage nicht herbeigeführt werden konnte, beschloß der Ausschuß, auf die beiden letzten Sätze des Abs. 1 der Regierungsvorlage zu verzichten, sie also zu streichen.
§ 19 bringt eine Sonderregelung für die Betriebe der Bahn und der Post und sonstige in den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr fallende Betriebe. Mit Rücksicht auf den noch zu beschließenden Gesetzentwurf über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung wurde beschlossen, daß dieser Ausschuß nicht, wie es in der Regierungsvorlage vorgesehen ist, beim Bundesminister für Ar- beit, sondern nunmehr konsequenterweise bei der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu errichten ist. Dieser Ausschuß soll entsprechend dem vorhin genannten Ausschuß wiederum aus je zwei Vertretern der drei Hauptgruppen zusammengesetzt sein; weiterhin sollen von dem zuständigen Bundesminister zwei Vertreter mit beratender Stimme in den Ausschuß entsandt werden können. Der Ausschuß hat sich also zum Unterschied von der Regierungsvorlage dahin entschieden, daß die entsprechenden Verhandlungen nicht von den beteiligten Interessenten, sondern von den Vertretern des Allgemeininteresses, die in diesen Ausschüssen sitzen, geführt werden.
Weiterhin hat der Ausschuß beschlossen, daß dieser Ausschuß nur dann in Tätigkeit treten soll, wenn Massenentlassungen, nämlich Entlassungen von mehr als 500 Arbeitnehmern der Bahn und der Post vorgenommen werden sollen. Wir waren der Auffassung, daß nur dann das Tätigwerden eines solchen Sonderausschusses gerechtfertigt sein könnte; denn bei der Entlassung einer so großen Zahl von Arbeitnehmern werden natürlich zentrale Interessen der Bahn oder der Post berührt und sind deshalb bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Gleichzeitig hat aber der Ausschuß - ich möchte das betonen - erwähnt, daß bei Entlassungen von weniger als 500 Arbeitnehmern das Verfahren einzuhalten sei, das in den §§ 15 bis 18 festgelegt ist. Das bedeutet also das Erfordernis der Anzeigepflicht nach § 15 und das sonstige Verfahren nach den weiteren Paragraphen bis zum § 18.
§ 20 sah eine Begriffsbestimmung für die Saisonbetriebe und die Kampagnebetriebe vor. Wir haben diese Sonderdefinitionen, die damit erstmalig in das Recht eingefügt worden wären, fallen gelassen und haben auf Empfehlung der Bundesregierung dafür dem Bundesminister für Arbeit im Abs. 2 die Befugnis gegeben, Rechtsvorschriften darüber zu erlassen, welche Betriebe als Saison- oder Kampagne-Betriebe zu gelten haben.
§ 24. Hier möchte ich lediglich erwähnen, daß die hier vorgesehene Verpflichtung zur Meldung von Einstellungen und Entlassungen nach Auffassung des Ausschusses eigentlich in das künftige Gesetz über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung gehört. Wir haben die hier vorgesehenen Änderungen nach den vorliegenden Beschlüssen und Vorschlägen des Bundesrates und der Bundesregierung vorgenommen.
§ 25. Hier sind Ergänzungen für die außer Kraft zu setzenden Landesbestimmungen vorgenommen worden. Wir haben noch einige Bestimmungen, die Sie hier fett gedruckt vorfinden, eingesetzt.
Im § 26 mußten wir in Abs. 3 eine nicht unwesentliche Entscheidung treffen. Da wir dieses Gesetz voraussichtlich beschließen werden, bevor das Gesetz über die künftige Bundesanstalt beschlossen werden wird, in diesem Kündigungsschutzgesetz aber die Gliederungen der künftigen Bundesanstalt bereits als entscheidende Körperschaften eingefügt sind, mußten wir in Abs. 3 vorsehen, daß die Bestimmungen, die sich mit den Gliederungen der Bundesanstalt befassen, erst dann in Kraft treten, wenn die Bundesanstalt selbst errichtet ist.
Meine Damen und Herren! Ich bin damit am Schluß des Berichts. Unser Ausschuß glaubte, daß er mit dieser Vorlage eine recht intensive und, wie wir auch glauben, verantwortungsbewußte Arbeit
({8})
geleistet hätte. Der Ausschuß bittet Sie, diese Vorlage, die ein wesentliches Stück unseres Arbeitsrechts darstellt und die genau durchgearbeitet
worden ist, in der Ausschußfassung anzunehmen.
({9})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf: § 1. - Zu § 1 sind fünf Abänderungsanträge angekündigt. Diese fünf Abänderungsanträge sind aber im wesentlichen identisch. Alle gehen darauf aus, die Frist, die in § 1 Abs. 1 vorgesehen ist, von drei Monaten auf „12 Monate" bzw. „ein Jahr" zu verlängern. Drei dieser Anträge verlangen noch ein Mindestalter von 25 Jahren. - Zur Abkürzung unserer Beratungen möchte ich Ihnen vorschlagen, daß Sie sich vielleicht damit begnügen, daß diese fünf Anträge nur durch eine Dame oder einen Herrn dieses Hauses begründet werden. Ich weiß, daß ich damit hohe Anforderungen an die Fähigkeit zur Selbstverleugnung einiger Kollegen stelle; aber es wäre wohl im Interesse des Hauses, wenn
nicht alle fünf Anträge besonders begründet
würden.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Günther.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Kündigungsschutzgesetz ist auf Grund einer Vereinbarung der beiden Sozialpartner zustande gekommen, nur mit dem einen Unterschied, daß bei den Arbeitgebern im wesentlichen nur die Industrie daran beteiligt war. Der Vertreter, der vom Handwerk anwesend war, hatte bei diesen Verhandlungen Bedenken angemeldet; er ist aber überstimmt worden. Es hat sich nun herausgestellt, daß nicht nur die Kräfte des Handwerks, sondern auch die der Landwirtschaft, des Gaststättengewerbes und der freien Berufe, des Großhandels und Einzelhandels zu diesen Besprechungen nicht herangezogen worden waren und deswegen auch ihre Bedenken nicht anmelden konnten.
Wir sind im großen und ganzen absolut für ein Kündigungsschutzgesetz, nur mit dem Unterschied, daß wir diese weitgehenden Forderungen nicht ganz mitmachen können. Wir haben deshalb zu § 1 und § 21 Abänderungsanträge gestellt. Ich möchte Sie bitten, doch zu beachten, daß in der Mittelwirtschaft, im Handwerk usw. ganz andere Gesetze maßgebend sind als in der Großwirtschaft und daß Sie, sollten Sie dieses Gesetz in der Ausschußvorlage annehmen, damit innerhalb der Wirtschaft einen außerordentlich großen Schaden anrichten würden. Ich möchte sagen, daß sich dieses Gesetz zuungunsten derer auswirken würde, für die es eigentlich gemacht worden ist.
Wenn ich mich zunächst nur zu § 1 äußern darf, wo nach unserem Antrag die Worte „länger als drei Monate" durch die Worte „länger als 12 Monate" ersetzt werden sollen, dann begründe ich dies damit, daß in der Kleinwirtschaft sowohl die Handwerksmeister als auch der Einzelhandel usw. nicht innerhalb von drei Monaten feststellen können, ob der Betreffende in dem Betriebe verbleiben kann oder nicht.
({0})
Das ist in einem solchen Betriebe außerordentlich schwer, wo doch ganz andere Verhältnisse, ich möchte sagen: auch kameradschaftlichere Verhältnisse vorhanden sind als in einem Großbetrieb. Dem muß hier Rechnung getragen werden. Ich
möchte als Beispiel nur angeben: Wenn in einem Baunebengewerbe jemand im Sommer in Siedlungen beschäftigt wird, im Winter aber ganz andere Arbeiten anfallen, feinere Arbeiten oder solche für bestimmte Kundschaften in Frage kommen, dann kann der Meister mit dem besten Willen nicht im Sommer feststellen, ob er den Betreffenden dauernd beschäftigen kann.
Zudem muß man eines festhalten. Wenn alle im Betriebe geschützt sind, dann ist grundsätzlich der Schutz für jeden sehr dünn, auch für den älteren Angestellten, weil eben der Schutz hier für alle Anwendung findet. Können aber diejenigen, die nur kurze Zeit in einem Betrieb beschäftigt sind - ein halbes Jahr oder bis zu einem Jahre -, eher entlassen werden, dann ist der Schutz für die Stammarbeiter um so besser. Das wirkt sich dann auch entsprechend für diesen Betrieb aus.
Wenn wir zweitens jugendliche Menschen bis zu 25 Jahren nicht schützen wollen, so hat diese Haltung in erster Linie ihren Grund darin, daß diese jungen Menschen sich draußen den Wind um die Nase wehen lassen sollen. Diese Zwanzig-, Einundzwanzig-, ja auch die Vierundzwanzigjährigen
befinden sich immer noch in der Ausbildung. Sie
sollen sich ruhig einmal betrieblich verändern und
auf Wanderschaft gehen, aber nicht durch einen
derartigen Schutz nun gehalten sein, in einem Betrieb zu bleiben. Dadurch würden sich ihre Kenntnisse nicht so entwickeln, wie es notwendig wäre,
({1})
um vor allem einen wirklich tüchtigen Facharbeiter
heranzubilden, den wir gerade in Deutschland und
gerade in der jetzigen Zeit dringendst brauchen.
Aus diesen Gründen bitte ich Sie, den Abänderungsanträgen Ihre Zustimmung zu geben.
Wenn der Herr Präsident es gestattet, bin ich bereit, auch zu den anderen Abänderungsanträgen zu sprechen. Inhaltlich hängen sie im großen und ganzen zusammen. Wenn wir sagen, daß Kleinbetriebe, wenn sie 10 oder weniger Arbeitnehmer haben, nicht geschützt werden sollen, dann möchten wir damit eben den Schutz der kleinen und mittleren Betriebe stärker herausstellen. Wir wollen damit die Masse dieser Arbeitnehmer nicht schutzlos lassen. Mit einem Antrag, der die Stammarbeiter, die fünf Jahre und länger in diesen Betrieben arbeiten, schützt, wären wir absolut einverstanden. Wir möchten aber nicht die kleinen Betriebe damit belasten, daß Leute, die noch kein Jahr in einem Betrieb sind, einen größeren Schutz erfahren. Bei einem Großbetrieb liegen die Ver- hältnisse anders. Der Großbetrieb ist immer in der Lage, einen Mann an einen Platz zu bringen, wo er vielleicht nicht ganz so ausgelastet ist und von wo der Betreffende dann von selbst geht, wenn man ihn quitt sein will. In einem Kleinbetrieb wäre dies nicht möglich, wenn wir derartige Leute schützen wollten. Ich bitte deshalb, auch diesen Abänderungsanträgen Ihre Zustimmung zu geben.
({2})
Ich wiederhole meine Anregung: Wollen sich die Damen und Herren, die die anderen, völlig gleichlautenden Anträge eingebracht haben, nicht mit der Begründung dieser Anträge durch Herrn Abgeordneten Günther begnügen? Sie können ja nichts wesentlich anderes dazu sagen. Herr Atzenroth, sind Sie damit einverstanden? - Sie verzichten. Herr Reismann, verzichten Sie auch?
({0})
({1})
Und die Bayernpartei? - Herr Dr. Etzel und die Deutsche Partei verzichten ebenfalls.
({2})
- Ich bedanke mich sehr für das Kompliment. Dann erteile ich das Wort dem Abgeordneten Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich hätte ganz gerne verzichtet, aber ich bin gegenteiliger Auffassung, und deswegen muß ich meine Meinung hier vortragen.
({0})
- Ich will es so kurz wie möglich machen.
Zur ersten Frage, der Betriebszugehörigkeit, möchte ich folgendes sagen: Es geht hier nicht darum, daß durch eine längere Betriebszugehörigkeit nun ein bestimmtes Treueverhältnis zum Betrieb dokumentiert werden soll, sondern es geht darum, den Betrieben Zeit zu lassen, den Arbeitnehmer nach seiner fachlichen und sonstigen Eignung für den Betrieb kennenzulernen. Darum geht es. Ich darf namens einer großen Zahl meiner Freunde sagen, daß wir der Meinung sind, daß gerade in den Kleinbetrieben der einzelne hinsichtlich seiner fachlichen und sonstigen Eignung schneller erkannt wird.
({1}) Wir glauben deshalb, daß die Regierungsvorlage, die ja auch weitgehend auf Vereinbarungen der Sozialpartner beruht, doch hier das richtige Maß getroffen hat. Ich weiß, daß Bemühungen, hier einen Mittelweg zu finden, leider nicht zum Erfolg führten. Ich darf darauf hinweisen, daß eine Regelung nach den hier vorliegenden Abänderungsanträgen weitgehend eine Verschlechterung gegenüber den bestehenden Ländergesetzen bringen würde. Bei den Vorschlägen hat man sich in etwa nach den Ländergesetzen orientiert. Bayern und Württemberg-Hohenzollern haben jetzt bereits diese Fristen von drei Monaten. Sie haben diese Fristen für ausreichend erachtet.
Von Kollegen Günther ist darauf hingewiesen worden, daß man die Vereinbarungen der Sozialpartner nicht überbewerten solle, weil das Handwerk hieran nicht beteiligt gewesen sei. Ich möchte dazu doch feststellen, daß auch das Handwerk an diesen Beratungen der Sozialpartner nach den mir zuteil gewordenen Informationen beteiligt war, und der Vertreter des Handwerks, Herr Wieser, hat damals, nachdem er zunächst Bedenken äußerte, doch dieser Regelung zugestimmt.
({2})
Ich darf auch feststellen, daß diese Fragen eingehend im Ausschuß behandelt worden sind. Wie bereits der Herr Berichterstatter zum Ausdruck gebracht hat, war der Ausschuß in seiner überwiegenden Mehrheit der Meinung, es doch bei den Vorschlägen der Regierung belassen zu sollen.
Nun ist von Herrn Kollegen Günther auch im Namen der übrigen Antragsteller der Antrag begründet worden, man sollte den Kündigungsschutz von der Vollendung des 25. Lebensjahres abhängig machen. Die Sache hat keine so große Bedeutung, wie es scheint; denn man wird doch im allgemeinen nicht von einer sozialwidrigen Kündigung reden können, wenn es sich um jüngere Menschen handelt. Es ist nur zu prüfen, ob wir nicht bei einer solchen Regelung eventuell Fälle treffen, bei denen auch ein gewisses Bedürfnis auf Schutz vorhanden ist. Es kann sein, daß der noch nicht 25jährige Ernährer der Familie ist. Es kann sein, daß er selbst Familienvater ist, und eben dann muß in diesem Fall auch die soziale Seite bei notwendig werdenden Entlassungen geprüft werden. Man geht doch weitgehend in etwa fehl, wenn man glaubt, daß durch dieses Kündigungsschutzgesetz die Arbeitsverhältnisse zementiert werden sollten. Überlesen und überprüfen Sie die Absätze 2 und 3 des § 1, dann sehen Sie, daß nur gefordert wird, daß man bei notwendigen Entlassungen eben eine größere Sorgfalt anwendet und daß man gerade genauer überprüft, ob die soziale Situation in den einzelnen Fällen auch entsprechend berücksichtigt ist.
Zu dem Änderungsantrag bezüglich des § 21 habe ich folgendes zu erklären. Es ist so: Würde man dem Antrag stattgeben, den ganzen Kündigungsschutz nur denen zu gewähren, die in Betrieben von mehr als 10 Arbeitnehmern beschäftigt sind, dann wäre das Ergebnis, daß man - ausgenommen häusliche Dienste und öffentlichen Dienst - rund 4 Millionen Arbeitnehmer von dem Kündigungsschutz ausnehmen würde. Ich halte das für äußerst bedenklich.
({3})
- Nein, das sind keine statistischen Betrachtungen, hier handelt es sich um 4 Millionen Arbeitnehmer, die schutzbedürftig sind, Herr Euler!
({4})
Wir wollen uns doch die Wirklichkeit vor Augen führen. In großen Betrieben ist dieses Gesetz weitgehend überflüssig, weil in großen Betrieben Betriebsvertretungen dafür Sorge tragen, daß all diese Dinge gewährt werden, die nach dem Gesetz gewährt sein sollen. Wir müssen aber auch daran denken, den Menschen, die in mittleren und kleinen Betrieben beschäftigt sind, eben doch diesen Schutz in diesem bestimmten Umfang zu geben. Ich glaube, das sollten wir bei der Beurteilung dieser Frage nicht vergessen.
Persönlich darf ich noch sagen: ich hätte es begrüßt, wenn man in beiden Streitpunkten einen Mittelweg gefunden hätte.
({5})
Leider war das nicht möglich. Ich möchte daher namens meiner Freunde bitten, der Regierungsvorlage und der Ausschußvorlage zuzustimmen.
({6})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich habe an den Beratungen zum Kündigungsschutz nicht teilgenommen.
({0})
- Ich werde Sie enttäuschen. - Ich habe daher nicht die Absicht, zu den einzelnen Paragraphen dieser Anträge zu sprechen. Ich habe aber die Absicht, im Namen meiner politischen Freunde um der Demokratie und um des Ansehens unseres Parlaments willen - ({1})
- Warum sind Sie so ängstlich? Warum schreien Sie so?
({2})
Ich wollte Ihnen sagen, daß Sie um der Demokratie willen die Verantwortung für die Entscheidungen in diesem Hause dem gewählten Parlament überlassen sollten. Dieses Parlament ist keine Vereinigung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
({3})
({4})
Es ist die Vertretung des deutschen Volkes.
({5})
Ich glaube, daß es eine gefährliche Sache ist, wenn in diesem Hause Absprachen zwischen einer Gruppe der Arbeitgeber, nämlich der Industrie, oder Absprachen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund, der in seiner Massenorganisation auch nur weitgehend die Industriearbeiter vertritt, etwa gewertet werden als die Meinung der deutschen Arbeitgeber schlechthin und der deutschen Arbeitnehmer schlechthin.
({6})
Ich möchte nicht auf die Zahlen eingehen, die beweisen würden, wie gering der Prozentsatz der Arbeitnehmer ist, die hier durch den Verhandlungspartner vertreten sind.
Zum Schluß möchte ich noch sagen, daß meine Freunde glücklich sind über jede verständnisvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und daß sie sich über jede Verständigung freuen, die dem sozialen Frieden dient. Wir glauben aber, daß die Entscheidungen in diesem Hohen Hause unbeeinflußt von Absprachen dieser Art sein sollten, soweit der Bundestag Gesetze zu beschließen hat.
({7})
Das Wort hat der Abgeordnete Ludwig.
Meine Damen und Herren! Wir waren außerordentlich überrascht über die Häufung von Anträgen gerade zum § 1 dieses Gesetzes, und wir waren noch mehr überrascht, unter den Anstragstellern sogar Kollegen zu finden, die im Ausschuß nicht nur mitgearbeitet, sondern auch dieser Formulierung zugestimmt haben.
({0})
Wir waren auch weiter überrascht über die Widerstände, die hier aufgetreten sind, weil gerade Vertreter dieser Parteien sehr oft die Auffassung vertreten haben, daß es eigentlich Aufgabe der Sozialpartner sei, sich zu einigen.
Hier liegt nun ein typischer Fall vor, wo die Sozialpartner sich tatsächlich geeinigt haben.
({1})
Selbstverständlich bleiben auf beiden Seiten noch Wünsche übrig. So ist das ja immer, wenn man über etwas verhandelt und sich dann verständigt. Es ist sicher keiner restlos befriedigt; aber die Tatsache steht doch fest, daß der Inhalt dieses Gesetzes auf Abmachungen beruht, die beide Sozialpartner bei verschiedenen Besnrechungen miteinander getroffen haben. Es ist bereits erwähnt worden - und das stimmt auch -, daß auch das Handwerk in Hattenheim bei diesen Beratungen vertreten war und daß auch der Vertreter des Handwerks zugestimmt hat.
Wenn nun der Einwand gemacht wird, man könne in drei Monaten nicht wissen, mit wem man es zu tun hat, so stellt sich gerade das Handwerk ein Armutszeugnis aus,
({2})
wenn es derartiges sagt.
({3})
Denn die Zusammenarbeit beim Handwerk ist
doch so eng, ja man kann sagen familiär, daß
wirklich jeder weiß, mit wem er es zu tun hat.
Meistens hat sich ja jeder schon vorher sehr genau erkundigt, mit wem er es bei dem Einzustellenden zu tun hat. Dieses Argument kann also nicht stechen. Ich kann nicht annehmen, daß sich in diesem Hause eine Mehrheit ergibt, die einen hohen Prozentsatz Schutzbedürftiger von diesem Schutze ausschließen will. Denn stellen Sie sich vor, was es bedeutet, wenn Sie die Frist auf ein Jahr verlängern! Sie schließen damit Millionen von diesem Schutz aus, und - das ist schon betont worden - Sie stellen viele schlechter, als sie nach den Ländergesetzen bisher standen. Draußen herrscht sowieso schon eine Mißstimmung, weil bei der Bundesgesetzgebung verschiedenes gegenüber der Ländergesetzgebung verschlechtert worden ist. Sie schließen also sehr viele Menschen aus, und zwar gerade diejenigen, die des besonderen Schutzes bedürften.
Wenn Sie das Gesetz genau lesen, dann können Sie doch feststellen, daß es Handhaben genug bietet, um die Härten zu vermeiden, die hier befürchtet sind. Über die Bestimmung der sogenannten betrieblichen Erfordernisse bestehen wirklich Möglichkeiten für die kleineren Betriebe, über Härten hinwegzukommen. Es ist also genügend Rücksicht genommen, um den Wünschen entgegenzukommen, die hier geäußert worden sind. Wenn das Gesetz seinem Namen Ehre machen soll und wenn Sie vor allem den unverschuldet längere Zeit nicht Beschäftigten helfen wollen - denn das wissen auch Sie, daß es Menschen gibt, die unverschuldet ausscheiden, entweder weil technische Änderungen vorgenommen wurden oder weil der Betrieb aus anderen Gründen stillgelegt werden mußte -, dann können Sie doch nicht wünschen, daß die Menschen, die in neue Arbeitsverhältnisse eintreten müssen, in der Weise benachteiligt werden sollen, wie das geschehen würde. Wenn Sie also das nicht wollen, dann müssen Sie diese fünf gestellten Anträge ablehnen.
Nachdem hier auch gleich die Abänderungsanträge zum § 21 begründet worden sind und nachdem auch schon darüber gesprochen worden ist, möchte ich bitten, auch diese Anträge abzulehnen. Hier liegt der Fall vielleicht noch krasser als bei dem Antrag zu § 1. Denn es kann nachgewiesen werden - und ich glaube, das sind sogar offizielle Zahlen -, daß mindestens 4 Millionen Menschen dadurch diesen Kündigungsschutz verlieren würden. Ich glaube, es widerspricht sogar den Interessen derjenigen, die hier diese Anträge vertreten. Denn es ist doch klar: wenn soundsoviele Menschen von dem Schutz ausgeschlossen sind, dann werden sie das Bestreben haben, in solche Betriebe nicht hineinzugehen. Das kann sich sehr nachteilig auswirken; denn ich kann mir sehr gut vorstellen, daß sich dann nicht gerade die besten Facharbeiter in Betriebe begeben, in denen sie dieses Schutzes nicht teilhaftig werden. Auch hier muß man sagen, daß das Gesetz auch für die kleinen Betriebe genügend Schutz bietet. Denn es ist an verschiedenen Stellen immer wieder betont, daß auch die Richter darauf Rücksicht nehmen müssen.
Wir dürfen also nicht so weit gehen, meine Damen und Herren, daß wir weite Teile des Volkes unter Ausnahmerecht stellen, daß wir weite Teile des Volkes von einem Gesetz ausschließen, das wir Kündigungsschutzgesetz nennen. Deshalb bitte ich Sie, die Anträge zu § 1 und § 21 abzulehnen.
({4})
Das Wort hat der Abordnete Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich habe zwar auf die Begründung meines Antrages verzichtet, aber die Ausführungen der Vorredner zwingen ja nun doch zu einigen Erwiderungen. Die Vorredner gehen immer wieder zurück auf die sogenannte Vereinbarung der Sozialpartner. Meine Damen und Herren, das sind doch Vereinbarungen gewesen, die unter ganz anderen Aspekten zustande gekommen sind als etwa unsere Maßnahmen, die wir hier als Vertreter des Volkes zu treffen haben.
({0})
Sie könnten sich viel besser auf die Vereinbarungen berufen, die der Wirtschaftsrat seinerzeit getroffen hat.
({1})
Das war ein Gremium, das dem unseren ungefähr gleich war. Damals waren in dem Gesetzentwurf die Zahl von 12 Monaten und die Zahl von 10 Arbeitnehmern enthalten. Das wäre ein viel besserer Vergleich.
Meine Damen und Herren, die Vorredner haben sich ferner darauf berufen, daß einzelne Arbeitnehmer eines besonderen Kündigungsschutzes bedürfen. Man konnte den Eindruck haben, daß sie schutzlos seien, wenn sie nicht unter dieses Gesetz fielen. Das ist aber doch nicht richtig, sondern jeder Arbeitnehmer hat doch einen ausreichenden, an und für sich schon weitgehenden Kündigungsschutz durch die Gesetze, von denen wir das Betriebsverfassungsgesetz in nächster Zeit ja wohl auch hier verabschieden werden.
({2})
Hier handelt es sich um einen Schutz gegen sozial ungerechtfertigte Entlassungen. Wenn ich als Arbeitnehmer einen so weitgehenden Schutz in Anspruch nehme, dann muß ich eine gewisse Vorleistung dafür erbringen. Ich muß mich bewähren. Diese Forderung kann man doch zweifellos an den Arbeitnehmer stellen. Eine Bewährungsfrist von drei Monaten - das wird jeder zugeben - ist zu kurz. Eine Bewährungfrist von einem Jahr ist für ein Leben wirklich keine allzugroße Forderung.
Noch ein Wort zur Befristung des Alters! Das Gesetz selber ist die beste Begründung für unseren Antrag, den Kündigungsschutz auf Arbeitnehmer von mehr als 25 Jahren zu beschränken. Das Gesetz soll eine Sicherung gegen sozial ungerechtfertigte Kündigungen darstellen, und eine sozial ungerechtfertigte Kündigung eines jungen Menschen ist eigentlich in diesem Zusammenhange nicht denkbar.
({3})
Es handelt sich doch in den seltensten Fällen um verheiratete Menschen, sondern um Arbeitnehmer, bei denen das Wandern von der einen Arbeiststelle zur andern üblich und notwendig ist. Darüber hinaus liegt kein Bedürfnis für einen besonderen Schutz vor; denn in unserer Volkswirtschaft suchen wir doch händeringend nach jungen Facharbeitern. Ein junger Facharbeiter, der etwas versteht und kann, bedarf doch keines besonderen Schutzes gegen Entlassungen!
({4})
Im Gegenteil, diese Beschränkung fördert eigentlich den Charakter des Gesetzes gegen sozial ungerechtfertigte Entlassungen.
Ich möchte nun noch - was nicht zur Begründung dieses Antrages gehört - einem Befremden Ausdruck geben. Ich würde, wünschen, daß wir zu der alten Übung zurückkehren, daß sich der Berichterstatter auf die sächliche Berichterstattung beschränkt und keine eigenen Werturteile abgibt.
({5})
Andernfalls würden wir wahrscheinlich zu zahlreichen Komplikationen in diesem Hause kommen.
Das Wort hat der Abgeordnete Reismann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte davor warnen, in diesem Gesetz alles in einen Topf zu werfen. Es ist von den Hattenheimer Beschlüssen die Rede gewesen. Damals haben sich doch bloß die Großen unterhalten,
({0})
die Großindustrie -und die Gewerkschaften.
({1})
Wo sind z. B. die freien Berufe gewesen? Die hat man doch gar nicht einmal zur Teilnahme aufgefordert. Man muß doch auch auf sie Rücksicht nehmen. Wo ist denn die Landwirtschaft in Hattenheim gewesen? Auch sie ist nicht vertreten gewesen.
({2})
Und gerade für sie will ich bei § 1 sprechen. Sehen
Sie sich doch einmal die Verhältnisse im Betrieb an!
({3})
Das kann man doch ganz ohne besondere Erregung machen, lieber Herr Kollege. Nehmen wir es doch, wie es ist! Da lernen Sie einen Mann kennen; der wird während der Erntezeit eingestellt. Weiß man denn, ob er auch für die Bestellungsarbeiten im Frühjahr zu gebrauchen ist? Wenn er ein Vierteljahr da ist, trifft das Gesetz für ihn zu. Dann wird die Folge sein, daß er zwangsweise entlassen werden muß, bevor es soweit ist.
Nehmen wir einen freien Beruf, den Architekten! Der Mann hat einen größeren Auftrag, er arbeitet eine gewisse Zeit daran und stellt einen Stab von 12 technischen Mitarbeitern ein. Soll er die entlassen, weil die Leute nach einem Vierteljahr Rechte erwerben, die einem anderen, älteren Mitarbeiter im Wege stehen? Gerade bei den freien Berufen, auch bei den künstlerischen Berufen, handelt es sich um Individualleistungen; da kann man nicht einen Mann wegschicken und einen andern für ihn hineinsetzen, weil er vielleicht mehr Kinder hat oder andere soziale Gründe vorliegen. Wenn man die Arbeitgeber aber dazu zwingt, so zu verfahren, dann verleitet man sie dazu, sozial Schwache erst überhaupt nicht einzustellen, damit diese den Älteren, die sie bisher schon beschäftigt haben, nachher nicht im Wege stehen.
Denken Sie einmal an den Fall meines eigenen Bürovorstehers! Ich habe seit Jahr und Tag einen Mann, der kinderlos verheiratet ist. Wenn ich nun aus Gefälligkeit jemanden einstelle, der viele Kinder hat, um ihm vorübergehend zu helfen, soll ich dann gezwungen sein, späterhin den älteren Getreuen, der mir, als es mir schlecht ging, geholfen hat, zu entlassen, weil der nachträglich Aufgenommene Kinder hat? Das geht doch nicht!
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- Doch, das steht drin! Das kann man in der Großindustrie machen, wo mit einer größeren Zahl von
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Teilnehmern zu rechnen ist und man den einen durch den andern mehr oder weniger ersetzen kann. Das können Sie aber überall dort nicht, wo es sich um Vertrauensverhältnisse handelt, also in allen Kleinbetrieben, und das sind; wenn man generalisieren will, alle Betriebe bis zu 10 Beschäftigten. Wer übernimmt unter anderem auch die Haftung für den Angestellten, wenn sich -nach Ablauf von drei Monaten herausstellt, daß der Mann weniger geeignet ist und faul wird? Die drei Monate lang hat er sich zusammengerissen, und jetzt bringt er seinen Dienstherrn laufend in die Gefahr von Regreßverpflichtungen. Nimmt das Gesetz dem Dienstherrn die Regreßpflicht ab? Wenn ich einen Stift habe - so etwas ist vorgekommen; er war nicht mehr Lehrling -, der geruht, Berufungsbegründungen mit Porto in den Briefkasten zu stecken, statt sie persönlich abzugeben, muß ich für die Folgen aufkommen. Aber bei Gericht muß ich den Nachweis führen, daß der Mann untragbar ist!
Nun stellen Sie sich einmal vor, wie das in einem Handwerksbetrieb oder in einem Einzelbetrieb mit wenigen Angestellten geht Anderswo haben Sie einen Sozialdirektor, der Karteien führt und schöne Listen macht, in denen sauber zu lesen steht, wie der betreffende Mann sich 23 Jahre oder 1, 2 oder 3 Jahre benommen hat. Da ist es zu beweisen. In einem großen Büro sind viele Leute vorhanden, die dem Mann auf die Finger sehen. Aber bei einem Bauern, bei einem Handwerker oder bei einem Freiberufler mit einer kleinen Beschäftigtenzahl ist derjenige, der es beweisen könnte, in der Lage der Partei. Er kann es nicht beweisen, hat keine Zeugen, er wird also bei Gericht unterliegen. Dann steht er da und muß bezahlen. Jetzt zeigt sich, daß der Mann, der hier kurzerhand als der sozial Stärkere hingestellt wird, in sehr vielen Fällen der sozial Schwächere ist. Da ist überhaupt gar nicht das soziale Gefälle, das wirtschaftliche Gefälle vorhanden, von dem man hier generalisierend ein für allemal ausgeht. Gerade der Inhaber eines Kleinbetriebes mit ein, zwei oder drei Gehilfen ist doch nicht ein Krösus, der einen Mann ein ganzes Jahr umsonst durchziehen kann. Bei fünf oder sechs Gehilfen wird er auch noch kein großer Unternehmer sein, bei dem es keine Rolle spielt, ob er einen Mann durchzieht. Bei ihm spielt eine solche Abfindung eine erhebliche Rolle. Die Rentabilität, unter Umständen sogar die Existenzmöglichkeit hängt gerade bei einem Angehörigen des freien Berufes davon ab.
Denken Sie einmal an den Fall des Architekten, der für ein bestimmtes Objekt eine größere Zahl von Technikern eingestellt hat. Er muß entweder seine alten Stammarbeiter vielleicht aus sozialen Gründen entlassen, oder aber er muß so viel dafür aufbringen, daß seine eigene Existenz gefährdet wird.
Ich wünsche hier nicht mehr, als daß gerade auch auf die kleinen Betriebe, die kleinen Unternehmer, auf die individuellen Verhältnisse Rücksicht genommen wird. Gerade bei den kleinen Betrieben - die Zahl der Beschäftigten liegt praktisch zwischen 3 und 10 - muß man noch bedenken, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Beteiligten ohnehin so eng und so vertraulich ist, daß überflüssige Entlassungen praktisch nicht erfolgen, weil die Beteiligten viel zu sehr mit ihrer Existenz aufeinander angewiesen sind.
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- Ich möchte wissen, wo Sie wohnen, wenn Sie
unterstellen, daß in einem kleinen Betrieb die Leute von vornherein so feindlich und so uninteressiert aneinander vorbeigehen. Da, wo ich zu Hause bin, in Münster, ist das nicht Sitte. Da lebt man so miteinander, daß man füreinander Interesse hat. Das kann man aber auseinandertreiben, wenn man die Leute durch solche Gesetze zwingt, egoistisch zu denken. Es besteht die Gefahr, daß das, was man gutherzig sozial gemeint hat, hinterher sehr zum Nachteil derer ausschlägt, für die es nützlich sein soll. Letzten Endes ist der Unternehmer sich selber der nächste. Er kann es, je kleiner der Betrieb ist, im Interesse seiner Existenz und der Existenz seiner Familie gar nicht verantworten, daß er sich da in ein Abenteuer begibt und hinterher ein Jahr lang eine Kraft mit durchziehen muß, ohne daß er von ihr eine Arbeitsleistung hat.
In einem kleinen Betrieb ist noch eine Gefahr vorhanden. Wenn ein Mann lebenslängliche Rechte bekommen soll, setzt man im allgemeinen eine längere Erfahrung mit ihm voraus. Man bezeichnet jemanden als leichtfertig, wenn er heiratet, nachdem die Partner sich erst ein Vierteljahr kennengelernt haben. Man bezeichnet im zivilen Leben jemand als leichtfertig, wenn er eine Einstellung für einen wichtigen Posten vornimmt, ohne den Mann ausreichend lange untersucht zu haben. Man läßt ihn deswegen haften. Wenn aber in dem vorliegenden Fall nach einem Vierteljahr schon eine so gut wie lebenslängliche Anstellung erfolgen soll, so geht das zu weit.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse abstimmen. Es ist sehr schwer, hier die Abstimmung zufriedenstellend anzuordnen. Ich schlage Ihnen vor, als den weitestgehenden Antrag den Antrag Günther und Genossen anzusehen; denn dort werden die 12 Monate und die 25 Jahre Mindestalter vorgesehen. Das ist Umdruck Nr. 251.
({0})
- Ich wollte an sich nachher über die Anträge des Zentrums und der Bayernpartei abstimmen lassen, die nur die 12 Monate, aber nicht die 25 Jahre haben. Wir können es getrennt machen.
Ich lasse also über Ziffer 1 des Umdrucks Nr. 251 abstimmen, worin beantragt ist, die Worte „länger als drei Monate" durch die Worte „länger als zwölf Monate" zu ersetzen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Es ist schwer zu sagen. Ich darf bitten, die Abstimmung zu wiederholen. - Die Gegenprobe! - Ich bedaure: es ist keine Einmütigkeit festzustellen. Wir müssen durch Hammelsprung entscheiden.
Ich bitte, den Saal zu räumen.
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Die Abstimmung beginnt.
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Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, die Abstimmung zu beschleunigen. - Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
Das Ergebnis der Abstimmung ist: Mit Ja haben gestimmt 159, mit Nein 140, 3 Enthaltungen. De: Antrag ist angenommen.
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Nun lasse ich abstimmen über Ziffer 2 des Umdrucks Nr. 251. Wer für die Annahme ist, den bitte
({4})
ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das
ist dieselbe Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Jetzt lasse ich abstimmen über den § 1 in der nunmehrigen Fassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
§ 2. Hierzu liegt ein Antrag Umdruck Nr. 249 vor. Das Wort hat der Abgeordnete Müller.
Meine Damen und Herren! Wir hatten bei Beginn unserer heutigen Tagung den Antrag gestellt, dieses Gesetz von der Tagesordnung abzusetzen und zurückzustellen, bis das Betriebsverfassungsgesetz behandelt würde. Dabei gingen wir von der Überlegung aus, 1. daß mit diesem Gesetz, das jetzt zur Beratung steht, ein Kündigungsschutz für die Arbeitnehmer praktisch nicht geschaffen wird, 2. daß eigentlich die Überschrift über diesem Gesetz anders lauten müßte, nämlich „Leitfaden für Unternehmer, wie sie am besten und unauffälligsten ihre Entlassungen durchführen können".
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- Ich werde es Ihnen sofort beweisen.
Meine Damen und Herren! Warum wir die Forderung erhoben haben und nach wie vor darauf bestehen, daß der Kündigungsschutz unter allen Umständen ein Bestandteil des Betriebsverfassungsgesetzes wird, das erklärt sich aus folgendem, und ich glaube, aus weiten Kreisen der Arbeiterschaft und auch der Gewerkschaftler wird unsere Auffassung unterstützt: Wenn überhaupt über die sogenannte Gleichberechtigung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gesprochen werden kann - eine These, die von den Gewerkschaften vertreten wird: wir sind der Auffassung, daß das bei weitem noch nicht genügt, weil der entscheidende Teil der Produktionskraft die Arbeitskraft ist -, muß in der gesamten sozialen Gesetzgebung die Arbeiterschaft die Mehrheit in allen Organen haben. Diese unsere Auffassung setzt voraus, daß unter allen Umständen das Mitbestimmungsrecht verankert wird. Dieses Gesetz aber greift einem kommenden Betriebsverfassungsgesetz oder einem Gesetz über die Mitbestimmung vor und schaltet die Betriebsräte in ihrem Recht der Mitbestimmung aus.
({1})
- Herr Kollege, ich werde Ihnen das an einem Beispiel demonstrieren.
Nun ist es mir eigentlich unverständlich, wie Herr Kollege Preller in seiner Berichterstattung einleitend davon sprechen konnte, mit diesem Gesetz sei ein Fortschritt erzielt worden. Ich glaube, eine eingehende Durchsicht dieses Gesetzes wird das Gegenteil beweisen. Ich möchte nicht nur verweisen auf die jetzt von den Regierungsparteien zum § 1 bereits getätigten Abstimmungen über die Hinausschiebung des Kündigungsschutzes von 3 auf 12 Monate, sondern auch auf die zweifellos von denselben Parteien noch beabsichtigte Durchsetzung ihrer Forderung, daß erst nach dem 25. Lebensjahr ein Kündigungsschutz eintreten soll. Die Begründungen, die hier gegeben worden sind, haben das, was in Wirklichkeit beabsichtigt ist, keineswegs zum Ausdruck gebracht. Den Herren der Regierungsparteien liegt daran, im Zuge ihrer gesamten Politik die Jugend nicht irgendeines Schutzes teilhaftig werden zu lassen, sondern sie
als Freiwild für die Rekrutierungsabsichten der amerikanischen Milliardäre zur Verfügung zu stellen.
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- Meine Damen und Herren, daß das zutrifft, haben Sie mir eben bewiesen!
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Ich sage also: wir können doch nicht davon sprechen, Herr Kollege Preller, daß hier eine Verbesserung eingetreten sei.
Ich möchte aber auch noch auf folgendes verweisen. In dem zweiten Abschnitt heißt es, daß die Kündigung berechtigt sei, die durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Wer entscheidet darüber? Darüber entscheidet der Unternehmer! Dazu kommt dann nur das Recht des Einspruchs, der über den Betriebsrat bei Einzelfällen beim Arbeitsgericht oder bei Massenentlassungen bei der Arbeitsverwaltung einzulegen ist. Meine Damen und Herren, wir geben uns keinerlei Illusionen darüber hin, daß angesichts des Charakters dieses Staates, in welchem 200 Millionäre ihre Vertretung hier bei den Regierungsparteien und dort auf der Ministerbank haben,
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die Gerichte so besetzt werden, daß sie Fleisch vom Fleische und Blut vom Blute der herrschenden Klasse sind. Wir wollen das doch einmal an einem anderen Beispiel erläutern.
Bei den Opelwerken in Rüsselsheim schwebt nach wie vor die Frage von Betriebseinschränkungen auf Grund von Materialmangel. Wenn daher von einer Massenentlassung von zunächst einmal 1500 Arbeitern gesprochen wird und dann die entsprechenden Anträge vorgelegt werden, dann wird die zuständige Stelle diesen Anträgen der Leitung dieses amerikanischen Betriebes ohne weiteres ihre Zustimmung geben. Hätte dagegen der Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht, und zwar nicht nur das wirtschaftliche, sondern selbstverständlich auch das personelle Mitbestimmungsrecht, und wäre, wie wir es fordern, jede Kündigung, wären vor allem Massenentlassungen abhängig von der Zustimmung des Betriebsrates, dann würde dieser seine Zustimmung berechtigterweise verweigern.
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- Ich glaube, Herr Kollege Freudenberg, in Ihrem Betrieb wird das Resultat der Produktion, der Betriebsertrag kein anderer sein als in den Opelwerken! - Ich habe bereits einmal darauf hingewiesen, daß allein durch die Aktienumstellung 1 : 1 den Aktionären der Opelwerke 72 Millionen DM geschenkt worden sind. Dieser Betrag würde ausreichen, um pro Kopf der gesamten Belegschaft von 20 000 Mann ein ganzes Jahr monatlich 300 Mark zu zahlen.
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- Es gibt noch erhebliche weitere Gewinne, die iii der Bilanz der Opelwerke versteckt sind, Herr Dr. Becker! Daß Sie sich zum Interpreten der General Motors machen, ist allerdings bei der FDP kein Wunder.
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Das Mitbestimmungsrecht bei Entlassungen ist entscheidend, wenn wir überhaupt von einem
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Kündigungsschutz sprechen wollen. Deswegen fordern wir, daß der § 2 folgende völlig neue Fassung erhält:
Eine Kündigung kann nur ausgesprochen werden, wenn der Betriebsrat hierzu seine Zustimmung gibt.
Auch die Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion und die Gewerkschaftler werden sich zu überlegen haben, ob sie mit der Zustimmung zu einem solchen Gesetz den Kampf draußen um ein wirkliches Mitbestimmungsrecht nicht versperren, statt sich mit uns dafür einzusetzen, daß die Frage des Kündigungsschutzes zu einer Angelegenheit des Mitbestimmungsrechtes in wirtschaftlichen, personellen und sozialen Fragen gemacht wird. Bei diesem Gesetz jedenfalls hat der Unternehmer nach wile vor, wenn auch in einigen Fällen etwas verbrämt, aber praktisch jede Möglichkeit, seine Absichten bei einer Entlassung durchzusetzen. Dagegen wenden wir uns. Wir glauben deshalb, daß es notwendig ist, unserem Antrag zu § 2 zuzustimmen.
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Weitere Wortmeldungen zu § 2 liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 249 Ziffer 1 zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nunmehr, über § 2 in der Fassung der Ausschußvorlage abzustimmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. -- Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; § 2 ist angenommen.
Ich rufe nun auf §§ 3, - 4, - 5, - 6, - 7. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf § 8. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 243 vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Bitte, Herr Abgeordneter!
Meine Damen und Herren! Es handelt sich nicht um einen Antrag von grundsätzlicher Bedeutung, aber um eine Formulierung, die schon vom Wirtschaftsrat angenommen war, jedoch nicht Gesetz wurde. Wir beantragen diese Ergänzung mit Rücksicht auf ältere Arbeiter und Angestellte. Sie wissen ja, daß es diesen Leuten, wenn sie einmal arbeitslos werden, sehr schwer ist, wieder unterzukommen, so daß in diesem Fall eine Verlängerung der Dauer der Entschädigung auf 18 Monate angebracht wäre. In jedem Falle entscheidet ja das Gericht, und dieses kann beurteilen, ob es angebracht ist oder nicht. Das Gericht wird selbstverständlich die Verhältnisse des Betriebes, die Lage des Unternehmens usw. genügend berücksichtigen. Es handelt sich also um einen Schutz für Ausnahmefälle besonderer Art. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen zu § 8 liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderungsantrag auf Umdruck
Nr. 243 Ziffer 1 zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 8 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nunmehr auf §§ 9, - 10, - 11, - 12. Dazu liegen keine Änderungsanträge und auch keine Wortmeldungen vor. Wir kommen daher zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe nun § 13 auf. Dazu liegt auf Umdruck Nr. 243 Ziffer 2 ein Änderungsantrag vor. Zur Begründung Herr Abgeordneter Ludwig!
Meine Damen und Herren! Es handelt sich darum, in diesem besonderen Fall auch den Kandidaten zur Betriebsratswahl einen
Die Betriebsräte sind eine ja
Schutz zu gewähren. Die Betriebsräte sind ja eine
gesetzliche Einrichtung, und es ist für alle Unternehmen wünschenswert, daß auch wirklich geeignete Kräfte für die Betriebsräte zur Verfügung stehen. Wenn nun die Betriebsratswahl ausgerechnet in eine Krisenperiode fällt, wenn also der Zustand eintritt, der hier mit dem Gesetz gemeint ist, dann sollte auch der Kandidat noch diesen Schutz genießen. Denn es besteht durchaus die Möglichkeit - und diese Erfahrung haben wir ja in zahlreichen Fällen gemacht -, daß es gar nicht zur Stillegung kommt, sondern daß im letzten Moment durch Kreditgewährung oder andere Umstände der Betrieb noch weiterlaufen kann, so daß es sich dann als zweckmäßig herausstellt, wenn man auch dem Kandidaten in diesem Fall den Schutz gewährt und ihn so bis zum letzten Moment im Betrieb gehalten hat. Ich bitte Sie also, diesen Antrag anzunehmen.
Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Abänderungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 13 in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe nun auf die §§ 14, - 15, - 16, - 17, -18, - 19, - 20. - Dazu liegen Abänderungsanträge nicht vor, Wortmeldungen ebenfalls nicht. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen zustimmen, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe nun auf § 21. Ich glaube, wir können da von besonderen Begründungen der Abänderungsanträge absehen, da sie schon im Laufe der Debatte gegeben worden sind.
Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst ab über den Antrag Umdruck Nr. 251 Ziffer 3. Ich bitte diejenigen, die diesem Abände({0})
rungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? ({1})
-Meine Damen und Herren, es ist bei der eingetretenen Zersplitterung nicht eindeutig festzustellen, welches die Mehrheit ist. Wir müssen also durch Hammelsprung auszählen. Darf ich bitten, die Räumung des Saales möglichst zu beschleunigen. Ich bitte die Damen und Herren Schriftführer, an den Türen Aufstellung zu nehmen.
({2})
Ich bitte, die Türen zu schließen und mit der Auszählung zu beginnen.
({3})
Die Auszählung ist beendet. Ich bitte, die Türen zu schließen.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Auszählung: mit Ja haben gestimmt 162, mit Nein 141, 3 Enthaltungen. Damit ist der Abänderungsantrag angenommen. Mit der Annahme dieses Abänderungsantrages sind die übrigen Anträge zu der gleichen Bestimmung gegenstandslos geworden.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 21 in der soeben beschlossenen abgeänderten Fassung zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Der Paragraph ist angenommen.
Ich rufe nun § 22 auf und bitte diejenigen, me dem § 22 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer größeren Zahl von Enthaltungen angenommen.
Auf Umdruck Nr. 249 ist ein Antrag der Fraktion der KPD auf Einfügung eines § 22 a gestellt worden. Zur Begründung dieses Antrages hat Herr Abgeordneter Kohl das Wort.
Meine Damen und Herren! Die kommunistische Fraktion fühlte sich veranlaßt, auf Umdruck Nr. 249 einen Antrag zu stellen, der im wesentlichen den Wünschen der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft entspricht und der durch die Verhältnisse, wie sie bei den Jungärzten bestehen, untermauert wird. Wir sind der Auffassung, daß auch in diesem Gesetz ein Paragraph eingebaut werden muß, und zwar als § 22 a, der gewissen Bestrebungen einen Riegel vorschiebt und der vor allen Dingen einer bestimmten Personengruppe eine gewisse Sicherheit gibt, die sonst außerhalb des Rahmens dieses Gesetzes bliebe.
Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft stellt nicht ohne Recht fest - und sie hat dafür eine ganze Reihe von Beweisen -, daß im Hinblick auf die Verabschiedung dieses Kündigungsschutzgesetzes die Arbeitgeberverbände, vor allen Dingen die kommunalen Verbände, bereits dazu übergehen, zeitlich begrenzte Arbeitsverhältnisse abzuschließen, und damit die Möglichkeit geben, gerade diese Personengruppen aus dem Gesetz herauszulassen, d. h. auszuschließen. Wir beantragen also entsprechend den Wünschen des Marburger Bundes, der die Jungärzte vertritt, und gestützt auf die Erfahrungen der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, den Einbau eines Riegels, den wir in § 22 a auf Umdruck Nr. 249 sehen. Ich bitte Sie aus den genannten Gründen, diesem Antrag die Zustimmung zu geben.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte die-jenigen, die dem Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 249 Ziffer 2 zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe nun auf die §§ 23, - 24, - 25, - 26, -Einleitung und Überschrift. Ich bitte diejenigen, die diesen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Die aufgerufenen Paragraphen und die Einleitung und die Überschrift sind damit angenommen. Damit ist die zweite Beratung des Entwurfs eines Kündigungsschutzgesetzes beendet.
Meine Damen und Herren! Bevor ich den nächsten Punkt der Tagesordnung aufrufe, habe ich dem Hause von einem erschütternden Ereignis Kenntnis zu geben, das sich in Berlin zugetragen hat.
({0})
Ein Dampfschiff mit Kindern, und zwar mit Schulkindern aus Ost-Berlin, die an ihre Ferienplätze gebracht werden sollten, ist durch eine Explosion zu großem Schaden gekommen. Nach den Pressemeldungen ist mit einer großen Zahl von Todesopfern zu rechnen.
Ich glaube, meine Damen und Herren, wir alle stehen in schwerer Erschütterung unter dem Eindruck dieser Nachricht und beklagen dieses tragische und schmerzliche Ereignis. Ich fühle mich berechtigt, in Ihrem Namen, im Namen des Deutschen Bundestages, den Angehörigen der Betroffenen zum Ausdruck zu bringen, daß wir in tiefstem Mitgefühl an diesem schrecklichen und bedauernswerten Schicksalsschlag Anteil nehmen.
Sie haben sich zur Bekundung Ihres Mitgefühls und zu Ehren der Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen. Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth.
Ich stelle den Antrag, noch heute in die dritte Lesung dieses Gesetzentwurfes einzutreten.
({0})
Meine Damen und Herren, ich kann diesem Antrag nur stattgeben, wenn nicht widersprochen wird. Der Widerspruch ist bereits erfolgt. Infolgedessen ist die dritte Beratung des eben in zweiter Lesung angenommenen Gesetzes nicht möglich.
Wir haben aber dann noch eine Angelegenheit, deren Erledigung ich eben in die Tagesordnung einschieben möchte. Es handelt sich um den
Mündlichen Bericht des Vermittlungsausschusses zum Entwurf eines Zolltarifgesetzes
({0}).
Herr Abgeordneter Dr. Arndt, der als Berichterstatter vorgesehen ist, war vorher verhindert. Ich möchte die Behandlung dieser Sache jetzt nachholen und bitte um Ihre Zustimmung.
Ich erteile dem Abgeordneten Dr. Arndt das Wort.
Dr. Arndt ({1}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag hat ein Zolltarifgesetz beschlossen. In § 4 dieses Gesetzes
({2})
ist der Bundesregierung die Ermächtigung eingeräumt, Rechtsverordnungen zu erlassen. Die Ermächtigung ist jedoch an die Bedingung geknüpft worden, daß der Erlaß dieser Verordnungen nur mit Zustimmung des Bundestages erfolgen kann. Wegen dieser Bestimmung hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuß angerufen und geltend gemacht, nach Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes könne eine solche Ermächtigung nur entweder erteilt oder nicht erteilt werden, dagegen sei es verfassungsrechtlich unzulässig, die Erteilung der Ermächtigung an Bedingungen zu knüpfen.
Diese Frage ist im Vermittlungsausschuß behandelt worden. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht des Bundestages sich mit dieser verfassungsrechtlichen Frage eingehend beschäftigt hatte und in seiner Mehrheit zu dem Ergebnis gekommen war, daß zwar die Möglichkeit, das Gesetzgebungsrecht auf die Bundesregierung zu übertragen, durch Art. 80 gewissermaßen nach oben hin beschränkt ist, aber dieses Höchstmaß an Übertragungsbefugnis nicht ausschließt, daß die Übertragung im geringeren Maße erfolgen könne, daß also die gesetzgebenden Körperschaften in der Lage sind, eine Ermächtigung nicht bedingungslos, sondern unter gewissen Bedingungen zu erteilen. Ein derartiges Verfahren hat sich j a nach Auffassung der Bundesregierung und des Bundestages auch schon als sehr zweckmäßig erwiesen.
Der Vermittlungsausschuß hat sich in seiner Mehrheit diesen Rechtsgründen nicht verschlossen und auf dieser Rechtsgrundlage dann einen Vermittlungsantrag angenommen, der dahin geht: es bleibt dabei, daß die Bundesregierung nach § 4 des Gesetzes die Rechtsverordnungen nur mit Zustimmung des Bundestages erlassen kann; aber sie soll gehalten sein, in Zukunft den Bundesrat vorher zu hören. Ein Zustimmungserfordernis auch für den Bundesrat einzuführen, erschien allgemein untunlich, weil in diesem Falle j a stärkere Anforderungen in bezug auf die Übereinstimmung beider Häuser zu stellen gewesen wären als selbst bei einem Zustimmungsgesetz. Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen deshalb vor, daß in § 4 Abs. 1 die Worte eingefügt werden: „nachdem dem Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben warden ist".
Der Bundesrat hatte den Vermittlungsausschuß auch wegen der Bestimmung in § 4 Abs. 2 des Zolltarifgesetzes angerufen, in der es heißt:
Vertagt sich der Bundestag länger als drei
Wochen, so kann die Bundesregierung die im
Abs. 1 bezeichneten Rechtsverordnungen ohne
Zustimmung des Bundestags mit einer Geltungsdauer bis zu drei Monaten erlassen. Hiergegen bestanden sowohl rechtliche als auch politische Bedenken, weil die Befugnisse der Bundesregierung kaum davon abhängig gemacht werden können, ob sich der Bundestag nun vertagt oder nicht vertagt hat. Unter Umständen ist es auch im Streit, ob die Vertagung erfolgt ist, ob sie zu Recht erfolgt ist und ähnliches mehr. Es ist auch darauf hinzuweisen, daß der Bundestag j a jederzeit einberufen werden kann. Der Vermittlungsausschuß hat daher dem Einspruch des Bundesrates Rechnung getragen und empfiehlt Ihnen, § 4 Abs. 2 zu streichen.
({3})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, es findet nur eine Beschlußfassung ohne Aussprache statt. Ich bitte diejenigen, die der Vorlage des Ausschusses Drucksache Nr. 2412 zustimmen, die Hand zu erheben. -Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
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- Also bei einigen Enthaltungen angenommen. Ich rufe nun Punkt 8 der heutigen Tagesordnung auf:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({2}) ({3}).
({4})
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen.
Dr. Wellhausen ({5}) Berichterstattern Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mir leid, daß ich Ihre Zeit zum zweiten Male mit einem etwas längeren Bericht zu einem arbeitsrechtlichen Gesetz in Anspruch nehmen muß. Die Länge meines Berichtes erklärt sich daraus, daß der Bundesrat eine ganze Fülle von Vorschlägen gemacht hat, zu denen sich dann wieder die Bundesregierung - teils zustimmend, teils ablehnend - geäußert hat. Das hat auch die Veranlassung dazu gegeben, daß der Ausschuß für Arbeit in nicht weniger als zehn Sitzungen - davon sechs zusammen mit dem Ausschuß für Sozialpolitik - den Gesetzentwurf durchberaten hat. Der Ausschuß für Sozialpolitik hat sich dann noch in vier Sitzungen allein - ohne den Ausschuß für Arbeit - dieser Materie gewidmet.
Meine Damen und Herren! Die Erkenntnis, daß es hohe Zeit sei - ich glaube, man kann sagen: höchste Zeit -, auf der Bundesebene eine Anstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu errichten, beherrschte sämtliche Beratungen. Es ist bekannt, daß die 1927 ins Leben getretene Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung mindestens bis zum Jahre 1933 eine - man darf diesen Ausdruck wohl gebrauchen - sehr segensreiche Tätigkeit entfaltet hat und schon damals . auf dem Grundsatz der Selbstverwaltung basierte. Nach 1933 fiel auch diese Reichsanstalt in die Hände des sogenannten Führerstaates. Nach einigen wenigen Etappen fanden sich schließlich die Arbeitsämter als Gauarbeitsämter oder als Treuhänder der Arbeit wieder. In sehr dankenswerter Weise haben nach dem Zusammenbruch die Länder mehr oder weniger in Anlehnung an die Regelung der Weimarer Zeit die Arbeiten weitergeführt; aber es zeigte sich natürlich schon bald in bezug auf die Mittel das Fehlen der Möglichkeit eines Ausgleichs von Land zu Land. Es gab auch in dieser Beziehung reiche und arme Länder. Das machte sich besonders in der britischen Zone unangenehm bemerkbar, und die Militärregierung schuf eine Ausgleichsmöglichkeit in der Form eines Treuhänderausschusses. In der amerikanischen und in der französischen Zone erfolgte aber nichts.
Sie werden sich vielleicht erinnern, daß der Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebiets in bezug auf seine Kompetenz, arbeitsrechtliche
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Fragen zu behandeln und über sie zu beschließen, recht beschränkt war. Er trat zunächst überhaupt ohne eine Verwaltung für Arbeit ins Leben, und erst das Grundgesetz gab die gesetzlichen Grundlagen zur Bildung einer Anstalt, wie wir sie heute ins Leben rufen wollen.
Die sogenannten Sozialpartner - Frau Kalinke ist ja nicht da-, also die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und die Vereinigung der Arbeitgeber, haben im Jahre 1950 gemeinsame und im großen wohl erfolgreiche Verhandlungen über diese Bundesanstalt geführt. Der Bundesarbeitsminister hat dann weitgehend unter Zugrundelegung des Ergebnisses dieser Beratungen, wofür er natürlich Indemnität erbitten muß, und unter Hinzuziehung der Länder diesen Gesetzentwurf vorgelegt. Ich möchte besonders herausstellen, da Sie, meine Damen und Herren, sicherlich nicht alle das Gesetz genau studiert haben können, daß dieser Gesetzentwurf das materielle Recht, also das Unterstützungsrecht, nicht ändert. Das steht in der Begründung der Regierung und entspricht auch der Ansicht des Ausschusses. Damit soll natürlich keineswegs gesagt werden, daß eine solche Änderung des Rechtes nicht nötig, ja, nicht dringlich sei. Der Ausschuß hat auch dieser Ansicht Ausdruck gegeben, daß man schnellstens an die Regelung der materiellen Dinge herangehen solle. Der Ausschuß selber hat sich aber ebenso wie die Regierung in dem Entwurf einer gewissen Selbstbescheidung befleißigt und hat sich von irgendwelchen Ergänzungsvorschlägen materieller Art ferngehalten. Er hat auch das Aufgabengebiet der Bundesanstalt nicht geändert.
Damit komme ich nun zu den einzelnen Paragraphen. Was in § 1 geändert worden ist, trägt dem Grundsatz Rechnung - und dieser Grundsatz hat mehrfach die Veranlassung zu Beschlüssen gegeben -, daß die Bundesanstalt als Partner der Bundesregierung, in diesem Falle nicht einzelner Bundesminister, sondern der ganzen Bundesregierung, wo erforderlich, Vereinbarungen über die Kostentragung trifft. Der Regierungsentwurf hatte die Bundesanstalt in diesem Zusammenhang überhaupt nicht erwähnt, sondern kurzerhand zwei Bundesminister als Partner für solche Vereinbarungen bestimmt. Das schien uns dem Gedanken der Selbstverwaltung zu widersprechen.
Länger haben wir darüber diskutiert, ob entsprechend einer Anregung des Bundesrates in Abs. 2 des § 1 vorgesehen werden sollte, daß der Bundesanstalt weitere Aufgaben übertragen werden können. Die Bundesregierung hat sich gegen diese Anregung des Bundesrates gewandt, und zwar, wie sie schreibt, aus verfassungsrechtlichen Gründen. Der Ausschuß glaubte dem nicht widersprechen zu sollen, schlägt Ihnen aber eine Entschließung vor, die Sie in der Drucksache Nr. 2385, über die ich referiere, auf Seite 2 oben unter 3 a finden. Ich glaube, ich brauche diese Entschließung nicht vorzutragen. Sie können sie selbst lesen.
Ich komme zum § 2, den der Ausschuß - entgegen der Volksmeinung - nicht als die wichtigste Bestimmung angesehen hat. Er beschäftigt sich mit dem Sitz der Bundesanstalt. Mit großer Mehrheit hat sich der Ausschuß der Auffassung der Regierung angeschlossen, nämlich daß dieser Sitz im Gesetz festzulegen sei und daß seine Bestimmung nicht, wie der Bundesrat meinte, den Sozialpartnern überlassen werden könne. Die Regierung hatte in ihrem Entwurf Koblenz vorgeschlagen. Diesem Vorschlag hat sich, wie Sie sehen, die Mehrheit des Ausschusses angeschlossen; er hatte eine Unterkommission eingesetzt, die nach Prüfung dem Ausschuß Vorschläge unterbreiten sollte. Die Mehrheit des Ausschusses oder, so möchte ich lieber sagen, der ganze Ausschuß war nach außenhin der Meinung, man sollte sich nicht von den Interessen einzelner Städte leiten lassen und diese in den Vordergrund rücken, sondern man sollte die Notwendigkeit, schnell eine arbeitsfähige Bundesanstalt zu schaffen, in erster Linie zum Leitmotiv der Entschlüsse machen. Koblenz hat bezugsfähige Verwaltungsräume angeboten, was auch für Kassel zutrifft. Für Koblenz ist von der Mehrheit, soweit sie ihre Motive nach außen hat in die Erscheinung treten lassen - dazu ist sie ja nicht verpflichtet, nicht wahr? -, die Nähe der Bundesregierung als Argument für Koblenz angeführt worden. Sie hat auch darauf verwiesen, daß die Sitze der Hauptverwaltungen der beiden wichtigsten Sozialpartner sich in der Nähe von Koblenz befänden, und sie hat sich im übrigen darauf berufen, daß in dem einheitlichen Verteilungsplan der Bundesregierung, der uns ja erstmals zugegangen ist, Koblenz als Sitz einer obersten Bundesbehörde vorgesehen wurde.
Die Beschlüsse des Ausschusses, die ich in diesem Punkt wohl einzeln vorführen muß, lauteten so: Es wurden einstimmig als Mitbewerber Aschaffenburg, Kiel, Würzburg, Essen, Köln und Frankfurt am Main ausgeschieden. Das reicht. Stuttgart wurde gegen eine Stimme ausgeschieden. Es wurde davon abgesehen, zu diesem Punkt die Sozialpartner vor dem Ausschuß zu hören. Es wurde auch beschlossen, davon abzusehen, Städte besichtigen zu lassen. Über die verbleibenden drei Städte, die ich mit Absicht in alphabetischer Reihenfolge nenne: Kassel, Koblenz und Nürnberg, wurde abgestimmt. Das Ergebnis war folgendes: Kassel wurde mit 18 : 14 : 2 - die letzte Zahl sind die Enthaltungen - abgelehnt. Koblenz wurde mit 19 : 14 : 1 angenommen und Nürnberg mit 24 : 16 abgelehnt. Soviel zu § 2.
Ich komme zu § 3. Der Ausschuß hörte zu diesem und den folgenden Paragraphen eine ganze Reihe von Sachverständigen, und zwar vom Deutschen Städtetag, vom Deutschen Städtebund, vom Deutschen Gemeindetag, vom Deutschen Landkreistag, von der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, vom Deutschen Gewerkschaftsbund und von der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft. Diese Sachverständigen äußerten sich in ihren Vorträgen und auch in den anschließenden Wechselreden mit dem Ausschuß zu der Frage, ob die sogenannte Dreigleisigkeit, die schon bis 1933 nicht nur in der Spitze, sondern auch in den unteren und mittleren Instanzen bestand, gelten solle oder nicht. Der Regierungsentwurf sah diese Dreigleisigkeit nur für die oberste Spitze, die Bundesanstalt vor. Die Auffassung der Sachverständigen war ebensowenig einheitlich wie die des Ausschusses. Sie war auch nicht innerhalb der Sozialpartner einheitlich, indem nämlich die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft sich für die Dreigleisigkeit in allen Ebenen der Bundesanstalt aussprach, während der Arbeitgeberverband und der Gewerkschaftsbund das Gegenteil taten. Ein Teil der Sachverständigen äußerte sich auch noch zur Frage des § 27, d. h. dazu, wie der Präsident und sein Stellvertreter bei der Bundesanstalt und wie die Präsidenten der Landesarbeitsämter und deren Stellvertreter gewählt oder ernannt oder in einer gewissen Kombination gekürt, so wollen wir mal sagen, werden sollen. Hier waren beide Gewerkschaften und der Arbeitgeberverband der Meinung, daß der Verwal({7})
tungsrat der Bundesanstalt das Wahlrecht haben müsse.
Der Ausschuß hat in seinen Schlußberatungen, sagen wir: in einer zweiten Lesung, zu den §§ 2 bis 4 keine wesentlichen Änderungen an dem Regierungsentwurf vorgenommen. Er nahm das Prinzip der Dreigleisigkeit in allen drei Instanzen an und anerkannte damit, daß die Interessen der öffentlichen Körperschaften eine beachtliche, nicht zu übersehende und demgemäß auch nicht zu übergehende Rolle spielen.
In § 4 wurde ein neuer Abs. 3 eingefügt mit den Worten:
Die Organe
- und zwar der Bundesanstalt können die Erledigung einzelner Aufgaben Ausschüssen übertragen.
Der Ausschuß für Arbeit wollte damit - wenn auch nicht in derselben Form - einer Anregung des Bundesrates folgen, die dieser in seinem Antrag auf Einfügung eines neuen § 10 a vorgebracht hatte. Dieser Anregung ganz zu folgen, sah sich die Mehrheit des Ausschusses nicht in der Lage, insbesondere nicht hinsichtlich der Regelung des Vorsitzes in den verschiedenen Ausschüssen und Organen. Der Bundesrat wollte nämlich, daß der Direktor des Arbeitsamtes bzw. der Präsident des Landesarbeitsamtes den Gremien vorsäße, obwohl er kein Stimmrecht hat. Das schien dem Ausschuß unzweckmäßig.
Zu § 5: Nachdem der Ausschuß nun das Prinzip der Dreigleisigkeit auch in der mitderen und unteren Instanz angenommen hatte - wie ich Ihnen berichtet habe -, wurde der Abs. 2 von § 5 dahin geändert, daß jede der drei Gruppen, mit denen wir es zu tun haben, mit mindestens drei
Vertretern in der unteren Instanz und mit mindestens fünf Vertretern in der mittleren Instanz an den Verwaltungsausschüssen beteiligt sein müsse. Das war die einhellige Meinung des Ausschusses für Arbeit. Aus dem erwähnten Prinzip wurde auch in § 6 der Abs. 2 - bisher 3 - wie folgt gefaßt:
Der Vorstand besteht aus je drei Mitgliedern jeder Gruppe.
Dem zu § 4 von mir Vorgetragenen entsprechend konnte sich die Mehrheit des Ausschusses nicht entschließen, dem Vorschlag des Bundesrats zu folgen und dem Vorstand der Bundesanstalt den Präsidenten der Bundesanstalt ({8}) zuzuordnen. Ich kann dabei erwähnen, daß die Bundesregierung geglaubt hatte, diesem Vorschlag des Bundesrates zustimmen zu können.
Zu § 7 sei kurz bemerkt, daß nach einer vom Ausschuß angenommenen Fassung der Verwaltungsrat seine Befugnisse, die Bezirke der Arbeitsämter festzusetzen, delegieren kann, daß er aber nicht - und insoweit abweichend vom Regierungsentwurf - die Festsetzung der Bezirke der Landesarbeitsämter delegieren kann. Das ist zweifellos eine klare Verbesserung der Regierungsvorlage.
In Abs. 6 des § 9 ist zusätzlich für den Fall, daß ein Mitglied oder ein Stellvertreter wegfällt, festgelegt, daß der Vorschlagsberechtigte den Ersatzmann bindend benennt, eine Regelung, die Mißverständnisse oder falsche Auslegungen ausschließt.
§ 10 spricht nun aus, daß trotz der Dreigleisigkeit der Vorsitzende und sein Stellvertreter nur aus den Reihen der Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter genommen werden können. Hier findet sich der Ausdruck „politische Bezirke". Zur
Beruhigung eines Kollegen, der diese Frage an mich gerichtet hat, will ich ausdrücklich sagen, daß es sich hier nicht um parteipolitische Bezirke handelt.
In diesem § 10 wird also der Bundesratsvorschlag übernommen, und zwar in Anerkennung der von ihm für richtig befundenen Selbstbescheidung der öffentlichen Körperschaften, die selbst gesagt haben, sie wünschten die Vorsitze nicht zu führen. - Zu § 11 möchte ich nichts bemerken.
Zu § 12: Er ist wesentlich geändert und leider auch erheblich länger geworden. Die ausführlichen Vorschriften waren nötig, weil die Dreigleisigkeit nunmehr durch alle Instanzen beschlossen ist und demgemäß eine Regelung des Vorschlagsrechts der öffentlichen Körperschaften geschaffen werden mußte. Sie lehnt sich an die alte Regelung des AVAVG an. Damit dürften Ihnen die Abs. 3 bis 5 hinreichend erklärt sein, sofern Sie etwa mitlesen sollten.
Zu Abs. 6 möchte ich erwähnen, daß der Ausschuß das Vorschlagsrecht für die Sitze im Verwaltungsrat anders aufgeteilt hat, soweit es sich um die öffentlichen Körperschaften handelt: nämlich nunmehr schlägt die Bundesregierung fünf Mitglieder vor, der Bundesrat vier und die Spitzenvereinigungen der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften auch vier.
Ein kurzes Wort zu den Abs. 1 und 2 - ich gehe damit etwas rückwärts - des § 11. Hier sind die kurzen Vorschriften über das Vorschlagsrecht der Organisation der Arbeitgeber und Arbeitnehmer erweitert, indem auch jene Organisationen auf beiden Seiten vorschlagsberechtigt sind, die nicht selbst Spitzenorganisationen darstellen; auf beiden Seiten aber unter der Voraussetzung, daß sie für die Vertretung der betreffenden Interessen eine wesentliche - unterstrichen! - Bedeutung haben.
§ 14 wurde mit kleinen Änderungen aus dem Regierungsentwurf übernommen und ein neuer Abs. 4 mit Rücksicht darauf eingefügt, daß die Dreigleisigkeit beschlossen ist. - Zu den §§ 15 bis 18 ist nichts zu bemerken. § 19 beschäftigt sich mit der Beschlußfähigkeit und ist ebenfalls ohne Begründung verständlich. § 20 erschien der überwiegenden Mehrheit des Ausschusses entbehrlich, nachdem seine wichtigsten Bestimmungen in § 19 übernommen waren.
Ich komme zu § 21, dessen Beratung den Ausschuß längere Zeit in Anspruch genommen hat. Dieser Paragraph beschäftigt sich mit dem leider zu berücksichtigenden Tatbestand, daß ein Beschluß der Organe der Bundesanstalt usw. gegen Gesetz oder Satzung verstößt. Wie ist da im Einzelfall Abhilfe zu schaffen? Die Regierung meinte, der maßgebliche Vorstand müsse die Dinge auf gleicher Ebene in Gang bringen, d. h. also er müsse gesetz- oder satzungswidrige Beschlüsse beanstanden.
Der Ausschuß hat einen anderen Weg für besser befunden. Er hat beschlossen, daß das nicht Sache des Direktors auf der gleichen Ebene, sondern der übergeordneten Instanz, d. h. des Präsidenten des Landesarbeitsamtes sei. Dementsprechend wurden in Abs. 2 als Initiator dieser Beanstandung bei fehlerhaften Beschlüssen der Präsident des Landesarbeitsamtes und eine Etage höher der Präsident der Bundesanstalt genannt. Dieser muß natürlich gleichzeitig, da es ja dann höher nimmer geht, auch derjenige sein, der auf der Bundesebene die in Rede stehenden fehlerhaften Beschlüsse angreift
({9})
Das sagt der Abs. 3. Mit dem Regierungsentwurf meinte der Ausschuß der jeweiligen Beanstandung eine aufschiebende Wirkung zubilligen zu sollen, aber mit der Einschränkung, daß der Präsident der Bundesanstalt die sofortige Vollziehung anordnen kann, wenn - ich zitiere wörtlich - „er sie im Interesse der ordnungsgemäßen Durchführung der Dienstgeschäfte für geboten hält."
Ich komme zum § 23 und bitte Sie, ihn und den § 21 scharf auseinanderzuhalten. Er bestimmt nämlich, was zu geschehen hat, wenn die Beschlüsse zwar nicht gegen Gesetz und Satzung verstoßen, wenn aber eine ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben bei den Verwaltungsausschüssen überhaupt nicht gewährleistet ist, sei es aus Schlamperei oder aus sonstigen Gründen. Dann kann sich die höhere Instanz einschalten - aber unter Hinzuziehung der Verwaltungsausschüsse - und die Befugnisse der Stelle, die nicht ordnungsgemäß arbeitet, auf sich übernehmen. In der obersten Spitze wieder, in der diese Regelung nicht möglich ist, kann der Verwaltungsrat die Abberufung des Vorstandes der Bundesanstalt beim Arbeitsminister beantragen. Mit dieser Regelung, die jedenfalls für die Verwaltungsausschüsse der Arbeits- und der Landesarbeitsämter wesentlich von dem Vorschlag der Regierung abweicht, hat der Ausschuß im großen die Gedanken des Bundesrats übernommen und glaubte, damit mehr im Rahmen der Selbstverwaltung zu bleiben als der Regierungsvorschlag.
§ 24 hat einen Abs. 2 erhalten, der die Delegierung von Aufgaben der Verwaltungsausschüsse der Landesarbeitsämter an solche der Arbeitsämter ausdrücklich ermöglicht, soweit es in der Satzung bestimmt wird.
Ich komme zu § 25 und damit zu III im ersten Abschnitt mit der Überschrift „Beamte, Angestellte, Arbeiter". Der Ausschuß behandelte ausführlich die Frage, inwieweit die Geschäfte der Bundesanstalt durch Beamte oder - wollen wir lieber sagen - au c h durch Beamte wahrgenommen werden sollen oder gar müssen. Nun war hier übereinstimmend die Meinung, daß die Zahl der Beamten bei der Bundesanstalt und bei den anderen Körperschaften auf ein Mindestmaß zu beschränken sei, daß aber im Hinblick auf das Grundgesetz hoheitsrechtliche Funktionen, die anfallen, Beamten übertragen werden müßten. Dieser Grundsatz wurde in Abs. 1 des § 25 durch eine gegenüber dem Regierungsentwurf veränderte Fassung klargestellt, und in Abs. 2 wurde der Tätigkeitsbereich der Beamten wieder in Anlehnung an das Grundgesetz umrissen. Ich lenke dabei Ihre Aufmerksamkeit auf das Wort „überwiegend", das wir der Klarstellung wegen einzuschalten für notwendig befunden haben. Außerdem hat der Ausschuß es für richtig befunden, es in dieser Beziehung nicht bei einer Sollbestimmung bewenden zu lassen. Es ist von „dürfen" die Rede, was einer Mußbestimmung entspricht.
Aus dem § 25 Abs. 2 des Regierungsentwurfs wurde zur Klarstellung absichtlich ein § 25 a gemacht. Da habe ich nur ein kurzes Wort zum Abs. 2 dieses neuen Paragraphen zu sagen. Der Ausschuß glaubte nämlich hinsichtlich der Eignung - und das scheint mir im Hinblick auf andere Diskussionen dieses Hauses vor etwa einem Jahr nicht ganz unwichtig zu sein -, Beamter in der Bundesanstalt zu werden, die allgemein üblichen Voraussetzungen ausweiten zu sollen. Daher der Satz 2 dieses Abs. 2, womit andererseits nicht ein Außenseitertum gezüchtet werden soll. Es war nicht unwichtig festzulegen, daß der Bundesminister für Arbeit abweichende Bestimmungen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Beamteneinstellung nur auf Vorschlag des Verwaltungsrates und im Benehmen - nicht im Einvernehmen - mit den beiden zuständigen anderen Bundesministern treffen kann.
§ 26. Die Mehrheit des Ausschusses konnte sich nicht entschließen, im Gesetz ausdrücklich auf einen Tarifvertrag zwischen Bundesanstalt und den zuständigen Gewerkschaften hinzuweisen. Sie glaubte auch nicht, die Dienstordnung der Bundesanstalt von der Genehmigung des Bundesministers für Arbeit abhängig machen zu sollen.
Mit § 27 komme ich nun zu dem zweiten Paragraphen, der das Interesse und die Arbeit des Ausschusses im besonderen Maß in Anspruch genommen hat. Eine Mehrheit entschloß sich dazu, die Regierungsvorlage hinsichtlich der Bestellung des Präsidenten der Bundesanstalt, seines Stellvertreters, der Präsidenten der Landesarbeitsämter und deren Stellvertreter anzunehmen. Hier standen sich die Ansichten des Bundesrats und der Bundesregierung gegenüber. Der Bundesrat hielt nämlich eine Wahl der leitenden Beamten durch die Selbstverwaltungsorgane für erforderlich. Das hielt die Mehrheit nicht für tragbar, zumal eine solche Regelung nicht dem Umstande Rechnung tragen würde, daß die Bundesanstalt doch in einem sehr beachtlichen Umfange Hoheitsfunktionen auszuüben hat. Der Einfluß der Regierung darf nicht zu gering und muß durch die Art der Wahl, die § 27 vorschreibt, sichergestellt werden.
Wir haben uns dennoch entschlossen, das in § 27 Abs. 1 am Schluß enthaltene Anhörungsrecht des Verwaltungsrats, also des Selbstverwaltungsorgans, gewichtiger zu machen, nach Ansicht der Mehrheit wesentlich gewichtiger, als es nach dem Regierungsvorschlage der Fall war. Demgemäß haben wir den Bundesminister für Arbeit verpflichtet, von der Stellungnahme des Verwaltungsrats nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes abzuweichen. Es wollte der Mehrheit scheinen, daß diese Lösung allen Interessen, insbesondere auch denen der Sozialpartner, die immerhin wichtig sind, gerecht wird.
§ 28 ist in den ersten drei Worten geändert. Wenn Sie das vergleichen, werden Sie es als ein stärkeres Herausstellen des Sinnes dieses Paragraphen erkennen.
Zu den §§ 29, 30 und 31 ist nichts zu sagen, allenfalls zu Abs. 2 des § 31. Da verdient erwähnt zu werden, daß der Haushalt eines Landesarbeitsamts nicht unter die Genehmigung des Verwaltungsrats, sondern unter die Genehmigung des Vorstandes der Bundesanstalt gestellt ist. - In § 33 ist der Abs. 3 als überflüssig gestrichen worden.
Zu § 34 vertrat eine Minderheit im Ausschuß die Ansicht, daß der Bundesrechnungshof kaum zur Beurteilung der fachlichen Fragen der Bundesanstalt geeignet sei. Die Mehrheit glaubte aber der Einschränkung dieser Befugnisse, zum Kummer meines Freundes Richter, nicht zustimmen zu können.
Der Bundesrat hat vorgeschlagen, einen neuen § 34 a einzufügen, der die Bundesanstalt verpflichtet, der Landesregierung laufend über Mittel, Verwendung und Anlage der Mittel, über den Stand des Vermögens usw. zu berichten. Der Ausschuß hat sich dem nicht angeschlossen. Er war der Meinung, daß den Ländern verschiedene Wege, sich zu orientieren, zur Verfügung stehen.
({10})
Damit komme ich zum zweiten Abschnitt: Übergangs- und Schlußbestimmungen. Die §§ 36 und 37 sind, von kleinen Änderungen abgesehen, angenommen worden. Die §§ 38 bis 44, die mit der schon im ersten Abschnitt besprochenen Überschrift „Beamte, Angestellte und Arbeiter" erscheinen, haben lange und schwierige Diskussionen im Ausschuß ausgelöst, wurden aber am Schluß in der zweiten Beratung von einer Mehrheit mit folgenden verhältnismäßig kleinen Änderungen angenommen.
In § 38 Abs. 2 wurde die Ziffer 3 gestrichen. Es wollte dem Ausschuß nicht richtig erscheinen, für ältere Beamte und Angestellte an dieser Stelle Ausnahmebestimmungen zu schaffen. Das dürfte wohl nicht die Aufgabe dieses Gesetzes sein. In § 42 wurde ein Abs. 2 eingefügt, der beamtenrechtliche Gründe hat und wohl aus sich verständlich ist. - § 44 stellt sicher, daß im Zeitpunkt der Übernahme alle Arbeiter und Angestellte, die den Schutz eines eingeengten Kündigungsrechts nach § 43 nicht besitzen, übernommen werden. Damit ist selbstverständlich nicht gesagt und soll nicht gesagt werden, daß sie auch bei der Bundesanstalt oder in den sonstigen Ämtern bleiben müssen. Das wird vielmehr von dem Bedarf abhängen der sich nach der Übernahme ergeben wird.
Eine Minderheit hat in Zusammenhang mit den §§ 38 bis 44 den Vorschlag gemacht - das wird in der Diskussion wohl noch eine Rolle spielen -, nicht nur die von mir soeben bezeichneten Kräfte zu übernehmen, sondern alle Verwaltungsangehörigen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes vorhanden sind. Dabei hat man allerdings die Einschränkung gemacht, daß Beamte nicht übernommen werden sollen, deren Anstellung nach dem ersten Zusammentritt des Bundestags erfolgt ist. Wir haben über den richtigen Termin lange diskutiert. Schließlich haben wir geglaubt, daß dies ein Zeitpunkt ist, den man fixieren könnte.
Die Minderheit hat noch einige weitere Änderungen vorgeschlagen.
Bei Annahme der Vorschläge der Minderheit wären die §§ 41 bis 44 überhaupt überflüssig geworden. Der Ausschuß hat geglaubt, eine so weitgehende Zusicherung, wie sie der § 38 nach dem Vorschlag der Minderheit enthalten würde, nicht geben zu können, wiewohl der Bundesrat mit seinen Vorschlägen ähnliche Wege beschritten hat. Die Minderheit hat vielmehr anerkannt, daß die Regierung recht haben dürfte, wenn sie in ihrer Begründung sagt, sie habe mit ihrem Entwurf versucht, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Länder, denen diese Beamten und Angestellten jetzt dienen, und den Interessen der Bundesanstalt herbeizuführen. Der Mehrheit des Ausschusses wollte es auch scheinen, daß die Regierung nicht unrecht hat, wenn sie auf den Parallelfall in dem Gesetz über die Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung verweist, womit sie seinerzeit die Zustimmung auch des Bundesrates gefunden hat.
Ich komme nunmehr zu Ziffer III, „Vermögen", im zweiten Abschnitt. Sowohl vom Bundesrat, insbesondere von dem Vertreter für Württemberg-Baden, als auch aus der Mitte des Ausschusses sind Vorschläge gemacht worden, die ausführlich erörtert wurden. Die überwiegende Mehrheit glaubte schließlich, die angeschnittenen Fragen nicht expressis verbis durch eine Gesetzesbestimmung regeln zu sollen, sondern durch eine gleichzeitig mit der Verabschiedung des Gesetzes zu fassende
Entschließung. Es handelt sich um die zweite Entschließung unter Ziffer 3 b der Drucksache Nr. 2385. Ich möchte auch hier davon absehen, die Entschließung zu verlesen. Sie ist zweifellos eine Notgeburt. Die Entschließung soll sicherstellen, daß die Bundesanstalt bei der Verwaltung und Anlage ihrer nicht für die laufenden Aufgaben benötigten Mittel allen berechtigten Interessen der Länder Rechnung trägt. Die Bundesanstalt soll die Gelder dort anlegen, wo es aus arbeitsmarktpolitischen und wirtschaftspolitischen Gründen zweckmäßig ist. Etwas deutlicher gesagt: das reiche Land - um diesen Ausdruck noch einmal zu gebrauchen - soll nicht auf dem in seinem Gebiet aufgebrachten Geld unter allen Umständen sitzen bleiben, sondern es sollen die Interessen des ganzen Bundesgebietes an einer grundsätzlich gleichmäßigen Förderung des Arbeitsmarktes berücksichtigt werden. Der Ausschuß war sich darüber klar, daß er hiermit wahrscheinlich nur etwas Selbstverständliches sagt, daß es aber der Bundesanstalt nicht immer leicht sein wird, allen Wünschen gerecht zu werden. Wenn man es noch etwas glossieren will, könnte man sagen: Württemberg-Baden und andere wollten ein Kalb mit fünf Beinen haben, und man muß nun sehen,
ob sie mit diesem Kalb herumlaufen können ({11})
- Ja, ich stelle anheim. Wie Sie es machen wollen, weiß ich auch nicht.
Der § 46 Abs. 1 ist unverändert. Der Bundesrat hat vorgeschlagen, die Absätze 2 und 3 von § 46 zu streichen und sie durch die kurze Fassung auf Seite 19 der Drucksache Nr. 2131 zu ersetzen. Der Ausschuß ist hierin dem Bundesrat nicht gefolgt, weil der Regierungsvorschlag sich mit den Formulierungen betreffend Reichsvermögen in anderen Spezialgesetzen deckt. Solche Gesetze haben wir hier gerade behandelt. Der Ausschuß hat jedoch gemeint, daß Verfügungen und Rechtsänderungen, von den in Abs. 2 gesprochen wird, nur wirksam werden sollen, wenn nicht nur der Bundesminister für Arbeit es genehmigt, sondern wenn der Vorstand der Bundesanstalt in dieser Angelegenheit die Initiative ergreift, dem man sie also kraft Gesetzes ausdrücklich zuschiebt.
Der § 47 - ich bin gleich zu Ende - ist eine typische Überleitungsbestimmung hinsichtlich laufender Miet- und Pachtverträge. Hier soll der Bundesanstalt ein Kündigungsrecht mit sechsmonatiger Frist zugebilligt werden, wenn ihr aus orginisatorischen oder anderen wichtigen Gründen die Fortsetzung des Vertrages nicht zugemutet werden kann. Das ist eine in der Praxis zwar immer noch schwierige, schwer zu handhabende, aber doch einfachere Regelung, als sie die Regierung vorschlug.
In § 48 hat der Ausschuß wieder - ich mache besonders darauf aufmerksam, wie oft das geschehen ist - die Fassung des Bundesrats übernommen. Die Abweichung vom Regierungsentwurf liegt im Abs. 1 und will mehr noch als der Regierungsentwurf zum Ausdruck bringen, daß nur ein wirklicher Mißbrauch in der Vermögensverfügung nach dem Zusammenbruch eine Verpflichtung zum Schadenersatz begründet, und wir geben uns ja alle der Hoffnung hin, daß solche Schadenersatzprozesse oder auf welchem Wege die Ansprüche ausgetragen werden müssen, uns möglichst erspart bleiben.
Die §§ 49, 50 und 51 sind unverändert.
({12})
Zu IV, Spruchbehörden - es sind die §§ 52 bis 54 - sind erwähnenswerte Änderungen hier nicht vorzutragen.
Ich komme zu V, Schlußbestimmungen. Hier hat der Ausschuß beschlossen, in einem § 55 a die Einbeziehung von West-Berlin vorzusehen, natürlich unter dem üblichen oder notwendigen Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen der Berliner Verfassung.
Wenige Sätze noch zu § 56. Das Gesetz tritt nach diesem Paragraphen am 1. Oktober 1951 in Kraft, jedoch treten die Vorschriften über den Verwaltungsrat, über den Vorstand und den Präsidenten bereits am Tage nach der Verkündung in Kraft. Auf diesem Wege glaubte der Ausschuß, am ehesten sicherzustellen, daß die verschiedenen organisatorischen und systematischen Vorarbeiten für den Aufbau der Bundesanstalt schon, sagen wir, ab morgen oder übermorgen beginnen können, und der Ausschuß gab sich mit der Regierung damit der Hoffnung hin, daß doch schon sehr schnell nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, also nach dem 1. Oktober, die Bundesanstalt ihre Arbeit tatsächlich aufnehmen kann. Das war ja, wie ich schon eingangs gesagt habe, unser aller Wunsch.
Rein formal muß ich noch darauf hinweisen, daß die neueingefügten Ziffern 5 und 6 in § 56 von uns nicht ohne Ermächtigung der Hohen Kommission in Kraft gesetzt werden können. Diese Ermächtigung ist beantragt, und wir hoffen, daß sie nicht lange ausbleiben und nicht etwa das Inkrafttreten des Gesetzes verzögern möchte.
Ich entspreche dem Wunsche der Mehrheit des Ausschusses, wenn ich Sie bitte, der Drucksache, über die ich berichtet habe - Nr. 2385 -, zuzustimmen.
({13})
Diesem zum Teil „stürmi schen" Beifall brauche ich keinen besonderen Dank hinzuzufügen.
({0})
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Einzelbesprechung der zweiten Beratung und rufe zunächst auf die Überschrift des ersten Abschnitts und § 1. Zu § 1 liegt ein Abänderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 246 Ziffer 1 vor mit dem Ziel der Hinzufügung eines zweiten Absatzes. - Zur Begründung Herr Dr. Preller!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokratie hat vorgeschlagen, der Bundesanstalt auch die Möglichkeit zu geben, weitere Verwaltungsaufgaben zu übernehmen. Dies entspricht einer Anregung, die bereits vom Bundesrat gegeben worden ist, und, wie wir glauben, auch einer Notwendigkeit. Die Notwendigkeit wird wahrscheinlich z. B. bereits im Heimkehrergesetz auftreten. Wir stehen dann vor der Frage, ob wir in dem betreffenden anderen Gesetz der Bundesanstalt solche Aufgaben auftragsweise übertragen sollen oder ob wir durch das Gesetz über die Bundesanstalt selbst die Möglichkeit schaffen sollen, dabei den Verwaltungsrat entsprechend dem Selbstverwaltungsgedanken einzuschalten. Es handelt sich hier also um eine Frage der Zweckmäßigkeit, und wir wären dankbar, wenn Sie diesem Antrag zustimmen würden.
Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Ich schließe die Einzelbesprechung zu § 1.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Abänderungsantrag, den der Abgeordnete Preller Ihnen vorgetragen hat, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 1 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? -Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf § 2. Zu § 2 liegen vor ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Umdruck Nr. 254, ein Änderungsantrag der Fraktion der Bayernpartei, Umdruck Nr. 253, ein Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Neufassung des § 2, Umdruck Nr. 246 Ziffer 2 und ein Eventualantrag.
Zum Wort hat sich Abgeordneter Euler gemeldet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten hat zu § 2 den Abänderungsantrag gestellt, die Stadt Kassel als Sitz der Bundesanstalt vorzusehen. Ich darf Ihnen kurz die Gründe darlegen, die uns zu diesem Antrag bestimmt haben. In der Stadt Kassel ist in der Gestalt des ehemaligen Generalkommandos ein vorzügliches Gebäude vorhanden, das im Bundeseigentum steht und jetzt leider seit drei Jahren nicht mehr benutzt ist. Dessen ungeachtet befindet sich das Gebäude in bestem Zustand. Es verfügt über insgesamt 600 Zimmer mit 1000 Arbeitsplätzen in vier Geschossen und einem Kellergeschoß. Die gesamte Nutzungsfläche beträgt 21 200 qm. Davon entfallen auf die Bürofläche 14 490 qm und auf die Verkehrsfläche, also Treppen, Korridore usw., 6700 qm. Es sind 4 Sitzungssäle für je 200 Personen vorhanden, zwei Paternoster, ein Lastenaufzug, eine Großküchenanlage, und in der Umgebung des Gebäudes befinden sich Parkplätze für einige hundert Wagen. Damit ist wohl zur Genüge gekennzeichnet, daß es sich um ein ausgezeichnetes Bürogebäude handelt. Die Stadt Kassel hat weiter versichert, daß sie in der Lage sei, für die Beamten und Angestellten der Bundesanstalt binnen verhältnismäßig kurzer Zeit 700 Wohnungen zur Verfügung zu stellen, und zwar Wohnungen, die kürzlich erstellt wurden oder im Bau begriffen sind oder aber demnächst gebaut werden.
({0})
Nach seiner Verkehrslage ist Kassel hervorragend geeignet, Sitz einer Bundesbehörde zu werden. Kassel war schon verschiedentlich als Sitz von Bundesbehörden vorgesehen, ist aber bei der Entscheidung hier im Hause jeweils anderen Städten unterlegen.
Ich darf nun noch ausführen, aus welchen besonderen Gründen es Kassel und der nordhessische Raum verdienen, als Sitz der Bundesanstalt ausersehen zu werden, nachdem die technischen Voraussetzungen günstig sind. Kassel ist eine der meistzerstörten Städte, und es ist Mittelpunkt des hessischen Notstandsgebietes. Seit 1945 hat sich allerdings das Aussehen der Stadt schon stark gewandelt, konnte doch die Einwohnerzahl wieder von 72 000 auf 170 000 erhöht werden. Die Entwicklung der Stadt leidet aber außerordentlich unter der wirtschaftlichen Misere, die ihre Ursache darin hat, daß Kurhessen eine sehr starke strukturelle Arbeitslosigkeit hat, die heute noch 25 % beträgt. Diese strukturelle Arbeitslosigkeit liegt darin begründet, daß Kassel seit 1933 Rüstungszentrum ge({1})
worden war und deshalb nach dem Kriege von den Demontagen und Stillegungen in besonders starkem Umfang betroffen wurde, abgesehen von den Zerstörungen, die vorher infolge der Bombenangriffe eingetreten waren. Nicht weniger als 50-bis 55 000 Arbeitsplätze sind allein dadurch weggefallen, daß 21 Betriebe total demontiert wurden. Die Industrie, die verblieben ist, leidet unter dem Nachteil, daß sie in starkem Maße auf Aufträge von Bundesstellen angewiesen ist. Ich brauche hier nur drei Namen zu nennen: für den Lokomotivbau die Firma Henschel & Sohn und für den Waggonbau die Firmen Credé und Wegmann. Sie können sich vorstellen, daß die industrielle Lage in Kassel zu einem erheblichen Teil dadurch gekennzeichnet ist, daß unter den obwaltenden Umständen Bundesbahn und Bundespost nur in einem unvergleichlich geringeren Ausmaß als in früheren Zeiten Auftraggeber sein können.
Und nun der dritte, vielleicht einschneidendste Grund für die Zuspitzung der strukturellen Arbeitslosigkeit: 35 km östlich von Kassel verläuft die Grenze gegen die sowjetische Zone.
({2})
Meine Damen und Herren! Es war so schön leise, als wir in kleinem Kreise versammelt waren. Ich darf die hinzugekommenen Abgeordneten bitten, sich doch dieser guten Übung anzuschließen.
({0})
Durch die Zonengrenze ist der enge Zusammenhang, der früher zwischen dem kurhessischen und dem thüringischen Industriegebiet bestand, durchbrochen worden. Der Zusammenhang
a war so eng, daß es früher eine Industrie- und Handelskammer Kassel-Mühlhausen mit dem Sitz in beiden Städten gab. Durch die Grenzziehung ist Kassel ein toter Winkel geworden, und es besteht nun die außerordentliche Gefahr, daß die Industrien, die noch vorhanden sind, sich aus dem kurhessischen Notstandsgebiet weiter nach dem Westen verlagern, so daß die strukturelle Arbeitslosigkeit noch verschärft würde. Gerade dieser psychologische Tatbestand, daß man sich in Kassel und im nordhessischen Notstandsgebiet abgeschrieben und verlassen fühlt, verdient besondere Beachtung. Den gefährlichen Tendenzen, die von da her ihren Ausgang nehmen, sollte entgegengetreten werden, indem man nach Kassel einen umfassenden Behördenapparat bringt, wie ihn die Bundesanstalt darstellt.
Ich darf hinzufügen, daß sich Kassel als Sitz der Bundesanstalt auch deshalb empfiehlt, weil die Bundesanstalt gegenüber den Regierungsinstanzen eine gewisse Selbständigkeit als Ausdruck des Selbstverwaltungscharakters hab en soll. Der Zusammenhang zwischen den Regierungsinstanzen in Bonn und der Leitung der Bundesanstalt in Kassel, soweit er nötig ist, kann ohne weiteres dadurch hergestellt werden, daß man auf der Strecke Gießen-Koblenz Triebwagen verkehren läßt, die dem Zugverkehr auf der Strecke die notwendige Dichte geben.
Aus allen diesen Gründen möchte ich an das Hohe Haus appellieren, dem Antrag der FDP, dem ein gleichgerichteter Antrag der SPD entspricht, zu folgen und Kassel zum Sitz der Bundesanstalt auszuersehen.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Preller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage des Sitzes der Bundesanstalt war ja seinerzeit zunächst, wie Herr Abgeordneter Wellhausen bereits erwähnt hat, eigentlich dem Verwaltungsrat der Bundesanstalt überlassen. Bei den Abstimmungen im Ausschuß handelte es sich zuletzt darum, zwischen Koblenz und Kassel zu wählen. Die sachliche Eignung von Kassel ist in den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Euler eben ausreichend dargestellt worden.
({0})
- Sie können ja mitkommen!
Diesen sachlichen Erwägungen sind noch politische hinzuzufügen. Es ist ja bereits gesagt worden, daß Kassel durch die Nähe des Eisernen Vorhangs und durch die Ausbombungen wie der Raum Nordhessen insgesamt besonders schwer geschädigt worden ist. Die Bevölkerung Kassels fordert eine Anerkennung dieses Zustandes, ihres Notstandes durch die Bundesregierung und die Bundesinstanzen. Damit könnte auch den sehr törichten Gerüchten entgegengetreten werden, die dort immer wieder auftreten und die dahin gehen, daß dieser Streifen im Oaten vom Bund irgendwie bereits abgeschrieben wäre.
({1})
Die geographische Lage, die Kassel heute auf der einen Seite an den Rand der Bundesrepublik bringt, hat auf der anderen Seite doch den Vorteil, daß die Stadt zwischen Norden und Süden zentral und günstig gelegen ist. Man könnte sagen, Koblenz hätte etwa gleiche Gründe anzuführen, insbesondere die Nähe Bonns. Meine Damen und Herren, darf ich noch einmal darauf hinweisen: Bonn ist nach dem Beschluß des Bundestages vorläufige Bundeshauptstadt. Wir alle hoffen, daß wir in irgendeiner absehbaren Zeit eine Bundeshauptstadt Berlin haben. In diesem Falle würde aber Koblenz am Rande der erweiterten Bundesrepublik stehen, Kassel dagegen in der Mitte. Die Bundesanstalt würde dann genau dort liegen, wo sie hingehört, wenn sie nicht innerhalb der Bundeshauptstadt selbst errichtet wird. Das aber ist, wie bereits gesagt worden ist, nicht notwendig, da ja diese Bundesanstalt ein Selbstverwaltungskörper sein soll.
Wir kommen also gerade dann, wenn wir den Sitz der Bundesanstalt als endgültigen Sitz auffassen und auffassen müssen, zu dem Schluß, daß wir mit Kassel den richtigen Ort wählen. Ich darf deshalb bitten, aus sachlichen, aber auch aus den vorgetragenen politischen Gründen den ernsten Willen des Bundestages dahin auszusprechen, Kassel zuni Sitz der Bundesanstalt zu machen.
({2})
Meine Damen und Herren, darf ich an Sie appellieren, daß diese Beweisführungen möglichst kurz gehalten werden. Ich vermute, daß doch einer den anderen nicht überzeugt.
Das Wort hat der Abgeordnete Sassnick zu dem Eventualantrag der SPD.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem hier für die Stadt Kassel große Reklame gemacht worden ist,
({0})
({1})
muß ich doch dafür sorgen, daß die alte Freie
Reichsstadt Nürnberg nicht ganz untergeht.
({2})
Es ist tief bedauerlich, daß der Ausschuß den interfraktionellen Antrag Drucksache Nr. 2210 als erledigt erklärt haben will. Ich muß an diesem Antrag festhalten, muß ihn vertreten, und ich bin dafür, daß wir dem Eventualantrag der sozialdemokratischen Fraktion, den Sitz der Bundesanstalt nach Nürnberg zu legen, mit Mehrheit zustimmen.
({3})
Es geht nicht an, und es ist weder sachlich noch politisch noch optisch gut, die meisten Bundesbehörden im engen Raum zwischen Bonn und Frankfurt zu konzentrieren. Im Gegenteil, es ist besser, wenn eine weite Streuung der Bundesbehörden über das ganze Bundesgebiet vorgenommen wird. Das fördert die Arbeit; das gibt Vertrauen in die Arbeit des Bundes und Vertrauen in die Arbeit der Bundesbehörden.
Wir haben bisher in Bayern nur die Stadt München berücksichtigt, während der große fränkische Raum lediglich die ziemlich unerhebliche Bundesforschungsanstalt für Fleischwirtschaft mit dem Sitz in Kulmbach erhalten soll.
Die Bundestreue Frankens und seiner größten Stadt Nürnberg ist über jeden Zweifel erhaben. Sie bedarf keiner besonderen Belohnung; aber man möchte diesen großen Raum auch nicht gern übergangen sehen. Nürnberg hat das Naziverbrechen, Stadt der Reichsparteitage zu werden, bitter und hart bezahlen müssen.
({4})
Aber der unermüdliche und schöpferische Arbeitsgeist seiner Bewohner hat ein Wunder vollbracht. Diese alte Stadt hat wieder ein Gesicht bekommen und Gestalt angenommen. Sie ist im besten Sinne ihres Ehrenbürgers, des Arbeiterdichters Karl Bröger, eine echte Stadt der Arbeit. Sie ist das wirtschaftliche und industrielle Haupt Bayerns,
({5}) und in diesen Geist,
({6}) in diesen Rhythmus der Arbeit
({7}) gehört die Bundesanstalt der Arbeit.
Es ist nicht richtig, was da und dort und auch im Ausschuß gesagt worden ist, daß Nürnberg nicht in der Lage wäre, die Bundesanstalt in seinen Mauern aufzunehmen. Die Unterbringungsmöglichkeit ist in vollem Umfang gesichert. Gewiß hat Nürnberg als schwerstgeschädigte Stadt - das werden Sie, meine Damen und Herren, verstehen ({8})
kein Übermaß an Raum, und sie kann auch nicht auf Zusehen und Abwarten Bürohäuser bauen. In dieser Stadt ist der Wohnungsbau das Vordringlichste. Aber schon heute kann die Bundesanstalt nach Nürnberg kommen. Dazu ist der Ausbau des „Deutschen Hofes" vorgesehen; aber die Dependance des Hotels „Deutscher Hof" gibt schon heute die Möglichkeit, daß die Bundesanstalt sofort einziehen kann. In vier bis fünf Monaten kann das andere
Haus fix und fertig ausgebaut sein. Bis dahin wird
sicher auch der Aufbau der Bundesanstalt dauern.
Im schönsten Wohnzentrum, am Luitpoidhain, ist Vorsorge getroffen, daß die Angehörigen der Bundesanstalt dort eine angemessene und gute Heimstätte finden.
({9})
Somit ist alles bestens vorbereitet, und es gibt im Zeitalter - der Herr Kollege Euler hat schon darauf hingewiesen - der FDT-Züge nicht mehr die Ausrede, daß Nürnberg zu weit von der provisorischen Bundeshauptstadt entfernt sei. Man kann heute mit einem schnellen FDT-Zug in 5 Stunden Nürnberg erreichen. Der Einwand der großen Entfernung fällt also für Nürnberg fort. Und wer noch schneller reisen will, der hat in Nürnberg Flugplatz und Flugzeug zur Verfügung.
({10})
Ich bitte das Hohe Haus nun, in gerechter Erwägung aller von mir vorgetragenen Gründe für Nürnberg zu stimmen.
({11})
Das Wort hat der Abgeordnete Kuntscher, damit auch Koblenz zu seinem Recht kommt.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war vorauszusehen, daß die Bestimmung des Sitzes der Bundesanstalt wieder zu recht erheblichen Meinungsverschiedenheiten führen wird. Wenn i c h zu dieser Angelegenheit spreche, werde ich nicht von vornherein in den Verdacht kommen, aus irgendwelchem Lokalpatriotismus meine Stellung zu beziehen.
({0})
Der Ausschuß für Arbeit hat zur Prüfung der vorliegenden Ansuchen und Angebote für den Sitz
der Bundesanstalt einen Unterausschuß eingesetzt.
Ich wurde zum Vorsitzenden dieses Unterausschusses bestellt. Aus diesem Grunde kenne ich
die Materie und den Inhalt der vorliegenden Angebote der sich bewerbenden Städte ganz genau.
Ich kann feststellen, daß wir sachlich und ohne
Vorurteil diese Angebote geprüft haben. Im
wesentlichen muß es uns darum gehen, die Momente zu beachten, damit die Bundesanstalt so
schnell wie möglich ihre Arbeit aufnehmen kann.
({1})
Damit müssen d i e Bewerber berücksichtigt werden, die bezugsfertige Gebäude anbieten. Auch vom Standpunkt der entstehenden Kosten war es notwendig zu prüfen, bei welchem Projekt die geringsten Kosten entstehen und welche der sich bewerbenden Städte die Möglichkeit bietet, das in der Bundesanstalt zu beschäftigende Personal wohnungsmäßig unterzubringen. Letzten Endes ist es auch wichtig, daß die Bundesanstalt an einem Ort liegt, der verkehrstechnisch als zentral gelegen angesprochen werden kann.
Es wurde vorhin wohl gesagt, daß es nicht gut sei, allzuviele Bundesanstalten in den Raum zwischen Bonn und Frankfurt zu plazieren. Es wurde auch die Auffassung vertreten, wenn die Bundesanstalt weiter von Bonn entfernt sei, so werde dem Gedanken der Selbstverwaltung mehr Rechnung getragen, und es werde, wie es im Ausschuß ausgedrückt wurde, der Einfluß von Bonn geringer sein.
({2})
Nun sind wir da aber anderer Auffassung, nämlich daß - bei aller Hochachtung vor der Selbst({3})
verwaltung - es doch sehr, sehr viele Fragen geben wird, die nur in engstem Kontakt zwischen Bundesanstalt und Arbeitsministerium gelöst werden können.
({4})
Zehn Bewerber waren in die Schranken getreten, um die Bundesanstalt in ihre Mauern zu bekommen. Ich habe vorhin ganz kurz die Gründe angeführt, die uns bei unseren Vorschlägen an den Ausschuß geleitet haben. Unter diesen zehn Bewerbern sind nur zwei Städte, die Räumlichkeiten und Gebäude anbieten konnten, in denen der Betrieb der Bundesanstalt sofort aufgenommen werden kann, und das sind Kassel und Koblenz.
Ich will hier nicht auf die Größe der angebotenen Räumlichkeiten eingehen; sie entsprechen in diesen beiden Angeboten. Ich muß nur noch hinzufügen, daß auch Koblenz Wohnraum angeboten hat; und zwar 73 sofort zu beziehende Wohnungen und 230 weitere Wohnungen, die im Laufe eines halben Jahres erstellt werden sollen. Also in bezug auf die angebotenen Verwaltungsräume und auf die angebotene Schaffung von Wohnraum sind Koblenz und Kassel gleichwertig. Wenn wir uns bei unserer letzten Entscheidung im Ausschuß mit Mehrheit für Koblenz ausgesprochen haben und wenn meine politischen Freunde und ich uns bei der heutigen Abstimmung wieder für Koblenz entscheiden werden, so möchte ich als sachliche Begründung nochmals rekapitulieren: erstens: die vorhandenen Verwaltungsräume in Koblenz sind sofort zu beziehen; zweitens: das Angebot der zur Verfügung gestellten Wohnungen zeugt von großem Entgegenkommen; drittens die zentrale Lage ist die günstigste, und viertens kennen wir auch einen Verteilungsplan, der seinerzeit von diesem Hohen Hause gefordert wurde und, da er nun vorliegt, auch eingehalten werden sollte. An Hand dieses Verteilungsplanes ist in der Regierungsvorlage Koblenz als Sitz der Bundesanstalt vorgesehen. Für Kassel sieht dieser Verteilungsplan das Bundesarbeits- und das Bundessozialgericht sowie das Bundesversicherungsamt vor. Ich glaube, wenn dieses Hohe Haus der Regierung die Verpflichtung auferlegt hat, einen derartigen Plan zu erstellen, dann haben wir auch die Verpflichtung, uns an diesen Plan zu halten.
Das letzte und wichtigste Moment ist, daß alle, die ein Interesse an der Errichtung der Bundesanstalt haben, diese Bundesanstalt so schnell wie möglich arbeitsfähig sehen wollen. Das Gesetz sieht bereits fixierte, sehr nahe liegende Termine vor. Es ist also unmöglich, auf Angebote anderer Städte einzugehen, in denen nur Baugelände zur Verfügung steht oder in denen Trümmergrundstücke angeboten werden, die natürlich zum Aufbau bzw. Ausbau Monate in Anspruch nehmen würden.
Aus diesem Grunde haben wir im Vorschlag des Unterausschusses Nürnberg nicht in die engere Wahl gezogen. Das Angebot der Stadt Nürnberg betrifft ein Trümmergrundstück, und der Ausbau dieses Trümmergrundstückes, die Erstellung der notwendigen Behördenräume würden Monate in Anspruch nehmen und große Kosten verursachen.
Unter Berücksichtigung der vorgetragenen Gründe ersuche ich Sie im Namen meiner politischen Freunde, sich bei der Abstimmung über den Sitz der Bundesanstalt für Koblenz auszusprechen.
({5})
Zur Geschäftsordnung wünscht Herr Abgeordneter Dr. Mühlenfeld das Wort.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben jedesmal das Theater, wenn es um den Sitz einer Bundesbehörde geht - „Preisend mit viel schönen Reden" ! Wie ich höre, liegen noch eine ganze Reihe von Wortmeldungen vor. Ich sehe Sie mit mir darin einverstanden, daß wir diese Debatte abkürzen, und beantrage daher Schluß der Beratung.
Herr Kollege Mühlenfeld, ich habe Sie nicht ganz verstanden: Sie haben „abkürzen" gesagt?
({0})
- Schluß der Debatte?! - Meine Damen und Herren, Sie haben gehört, daß zu diesem Punkt Schluß der Aussprache beantragt worden ist. Darf ich fragen, - ({1})
- Meine Damen und Herren, Schluß der Aussprache kann beantragt werden.
({2})
- Da Herr Kollege Seelos es zweifellos kurz machen wird, darf ich vorschlagen, die Begründung seines Antrags zu hören und dann abzustimmen. Ist das Haus damit einverstanden? ({3})
- Bitte, Herr Kollege Seelos!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Herr Vorredner, der zur Geschäftsordnung gesprochen hat, hat mit Recht darauf hingewiesen, daß es die unerquicklichsten Debatten sind, die sich um das Recht oder Nicht-Recht einer Stadt, Sitz einer Behörde zu werden, ergeben. Ich stimme ihm vollkommen bei. Wir können hier im Plenum nicht das Recht einer Stadt auf eine Behörde austragen. Hier werden in Minuten Marmorpaläste gezaubert, die dann, wenn sie bezogen werden sollen, gewaltige Nachteile aufweisen.
({0})
Hier wird mit den Argumenten gearbeitet, - ({1})
- Kann ich reden oder nicht?
({2})
Es wird mit dem Argument gearbeitet, daß bei Kassel ein toter Winkel vorliege. Ich kann denselben Grund für Nürnberg vorbringen. Für das zerbombte Kassel sagt man, die Bevölkerung fordere das Amt. Genau so kann man sagen, die Nürnberger Bevölkerung fordere das Amt. Es wird mit dem Argument gearbeitet: diese Stadt ist hauptbelastet, die andere ist Mitläufer, die andere ist entlastet.
({3})
So können wir diese Frage, bei Gott, nicht entscheiden. Für Nürnberg spricht vor allem noch
- das möchte ich mit einem Satz sagen -, ({4})
daß es eine Stadt voller Industrie ist, die zusammen mit Fürth über eine halbe Million Einwohner zählt, und daß diese Stadt bisher nicht Sitz einer Bundesbehörde ist. Deshalb glaube ich, Nürnberg hat
6230 Deutscher Bundestag - 15(
({5})
ein gutes Recht darauf, daß eine so wichtige Bundesanstalt dort hinkommt. Um aber - jetzt bin ich schon fertig mit der Begründung - dem Herrn Präsidenten die Arbeit zu erleichtern, die Reihenfolge der Städte in der Abstimmung einzuhalten, möchte ich meinen Antrag zurückziehen.
({6})
Meine Damen und Herren, ich darf zunächst fragen, ob der Antrag auf Schluß der Debatte von 30 Mitgliedern des Hauses unterstützt wird.
({0})
- Das scheinen mir 300 zu sein. Ich brauche dann über den Antrag auf Schluß der Aussprache nicht mehr abstimmen zu lassen.
Meine Damen und Herren, es liegen folgende Anträge vor: der Antrag des Ausschusses gemäß § 2 des Gesetzentwurfs Drucksache Nr. 2385, die beiden sich wörtlich deckenden Abänderungsanträge der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 246 Ziffer 2 und der Fraktion der FDP Umdruck Nr. 254; weiterhin der Antrag der Fraktion der Bayernpartei Umdruck Nr. 253,
({1})
- der zurückgezogen worden ist; ferner der Eventualantrag der Fraktion der SPD.
Ich lasse zunächst über den Antrag abstimmen, daß die Bundesanstalt ihren Sitz in Kassel hat; es bleibt sich gleich, ob ich Umdruck Nr. 246 oder Umdruck Nr. 254 sage, denn die beiden Anträge decken sich. Ich bitte die Damen und Herren, die der in Umdruck Nr. 246 Ziffer 2 vorgesehenen Fassung des § 2 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
({2})
- Meine Damen und Herren, auch wenn Frau Kollegin Weber meint, es sei die Mehrheit, hier oben sind wir nicht ganz einig. Ich bitte also, die Abstimmung zu wiederholen. Wer für den Antrag der Fraktionen der SPD und der FDP ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, der Vorstand ist eindeutig überfordert, wenn er sagen soll, was die Mehrheit ist. Hier ist wieder Hessen im Spiel, und das ist immer schwierig.
({3})
Ich bitte also unr Abstimmung durch Hammelsprung.
({4})
- Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, daß es um die Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD geht; das heißt: Ja ist Kassel, Nein ist Ablehnung des Antrags.
({5}) Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen. ({6})
Ich bitte, die Abstimmung zu schließen. - Die Abstimmung ist geschlossen.
Meine Damen und Herren! Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Für den Antrag haben 152 Abgeordnete gestimmt, dagegen 145 bei sechs Enthaltungen.
({7})
Damit sind die übrigen Anträge zu § 2 erledigt.
Ich rufe auf § 3, - § 4, - § 5. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen §§ 3, 4 und 5 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Die Paragraphen sind angenommen.
({8})
- Meine Damen und Herren, darf ich um etwas mehr Ruhe bitten!
Ich rufe auf § 6. - Zu § 6 liegt ein Abänderungsantrag der Fraktion der KPD auf Umdruck Nr. 250 Ziffer 1 betreffend eine neue Fassung des Abs. 2 vor. Wer wünscht, den Antrag zu begründen? - Herr Abgeordneter Müller, bitte!
Herr Präsident! Ich bitte um Ihr Einverständnis, daß ich neben unserem Antrage zu § 6 auch gleichzeitig unsere Anträge zu den §§ 7 und 9 mitbegründe, weil sie im wesentlichen dieselbe Sache behandeln.
Meine Daniell und Herren! Ich rufe also, dem Vorschlage des Abgeordneten Müller folgend, nicht nur den § 6, sondern auch die §§ 7, 8 und 9 auf. - Bitte!
Meine Damen und Herren! Wir haben zu § 6 den Antrag eingebracht, daß der Vorstand eine andere Zusammensetzung als nach der Gesetzesvorlage erfahren solle. Ich will hier nun auf das Bezug nehmen, was ich heute in Zusammenhang mit einem anderen Gesetz schon gesagt habe, und möchte jetzt nur darauf verweisen, daß z. B. auf dem Gebiete der Sozialversicherung unsere Forderungen auch in der Richtung liegen, daß die Arbeiterschaft in den Organen mit zwei Dritteln der Mitglieder, die Unternehmer nur mit einem Drittel vertreten sein sollen. Die Bedeutung dieser Forderung ergibt sich ohne weiteres, wenn man weiß, welchen entscheidenden Einfluß die Politik der Bundesanstalt haben wird. Dabei wünschen wir, daß der Einfluß der Arbeitnehmer in den Organen der Bundesanstalt entsprechend ihrer Bedeutung durch eine entsprechend starke Vertretung zur Geltung kommt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelbesprechung zu den aufgerufenen Paragraphen.
Ich komme zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der KPD auf Umdruck Nr. 250 Ziffer 1. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen
- Der Antrag ist bei Enthaltungen abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den § 6 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Zu § 7 komme ich zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der KPD auf Umdruck Nr. 250 Ziffer 2. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt.
Über § 7 in der Ausschußfassung und § 8 kann ich gleichzeitig abstimmen lassen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Beide Paragraphen sind angenommen.
Zu § 9 liegt der Abänderungsantrag der Fraktion der KPD auf Umdruck Nr. 250 Ziffer 3 vor. Ich
({0})
bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen gegen die Antragsteller abgelehnt.
§ 9 in der Ausschußfassung: Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. - Ist angenommen.
Ich rufe auf § 10, - § 11. - Angenommen. Zu § 12 liegt ein Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 246 Ziffer 3 vor. Wer wünscht, ihn zu begründen? Bitte schön, Herr Abgeordneter Freidhof!
Meine Damen und Herren! Nachdem die Dreigleisigkeit beschlossen worden ist, also neben den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern auch die öffentlichen Körperschaften, die kommunalen Verbände mit eingeschaltet sind, meinen wir, daß § 12 Abs. 6 einer Änderung bedarf. Der § 12 Abs. 6 schlägt vor, daß sich der Verwaltungsrat aus fünf Mitgliedern der Bundesregierung, vier Mitgliedern des Bundesrats und vier Mitgliedern der Spitzenorganisationen der kommunalen Selbstverwaltungskörnerschaften zusammensetzen soll. Bei der Bedeutung, die die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften haben - ich erinnere daran, daß allein der Gemeindetag 23 621 Gemeinden vertritt und, daß der Städtetag und der Landkreistag vorhanden sind -, sind wir der Meinung, daß die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften im Verwaltungsrat nicht vier, sondern sechs Vertreter erhalten sollen, während sich die Bundesregierung mit drei Mitgliedern begnügen sollte. Ich bitte Sie, unserem Antrage zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Sabel, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war ursprünglich folgende Verteilung vorgesehen: fünf Vertreter der Bundesregierung, fünf Vertreter des Bundesrats und drei Vertreter der kommunalen Spitzenorganisationen. Mit Rücksicht auf die Wünsche, die Herr Kollege Freidhof hier vorgetragen hat, kam der Ausschuß zu dem Beschluß, die Verteilung zu ändern und für die kommunalen Spitzenorganisationen vier statt drei Vertreter vorzusehen. Wir glauben aber, daß damit das möglichste getan ist, wenn wir nicht andere benachteiligen wollen; denn es besteht ein Bedürfnis, gerade die einzelnen Ressorts innerhalb der Bundesregierung angemessen zu beteiligen. Wir würden also eine neue Lücke schaffen. Ich darf deswegen bitten, dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 246 Ziffer 3 zu § 12 Abs. 6. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Das letztere ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den § 12. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 12 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf § 13. - Angenommen. Zu § 14 liegt der Antrag auf Streichung des Abs. 4 vor. Wer will den Antrag begründen? - Frau Abgeordnete Döhring, bitte schön!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! In § 14 Abs. 4 soll entgegen seitherigem Recht als Vertreter einer öffentlichen Körperschaft nur berufen werden können, wer der Verwaltung hauptberuflich angehört. Ich und meine Freunde in der SPD fragen uns vergeblich, warum in diesem Organ nur hauptberuflich Tätige berufen werden sollen. Damit wären alle jene Männer und Frauen, die ehrenamtlich oder nebenberuflich im öffentlichen Leben stehen, - und Sie werden mir doch zugeben, daß gerade auch unter ihnen auf Grund ihrer langen Erfahrungen im öffentlichen Leben viele fachlich geeignete und wertvolle Personen sind -, von der Mitwirkung an diesen wichtigen Aufgaben ausgeschlossen. Wir fragen Sie, meine Herren und Damen: Wollen Sie wirklich auf den Rat und die Hilfe dieser erfahrenen Menschen verzichten? Das wollen Sie sich bitte noch einmal überlegen, zumal da diese Einschränkung nach dem zweiten Satz des Abs. 4 für den Verwaltungsrat und den Vorstand, also bei der Zentrale nicht gelten soll. Wenn aber diese Einschränkung schon für die Zentrale, wo doch die Entscheidungen für die gesamte Bundesanstalt gefällt werden, nicht notwendig sein soli, dann ist sie unseres Erachtens erst recht nicht für die öffentlichen Körperschaften, als der unteren Instanz, entbehrlich. Wir sind deshalb der Auffassung, daß wir es den öffentlichen Körperschaften selbst überlassen sollten, wem sie Vertrauen schenken und wen sie als Vertreter berufen wollen. Wir bitten Sie deshalb, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben und den Abs. 4 zu streichen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.
Zu diesem Antrag folgendes: Der Ausschußbeschluß kam zustande, weil man in den Organen der Bundesanstalt eine klare Aufteilung eben der drei Gruppen wollte. Es besteht die Befürchtung, daß unter Umständen eine Verlagerung eintritt, wenn meinetwegen der erste Kreisdeputierte, der, sagen wir einmal Syndikus einer Unternehmerorganisation oder Gewerkschaftssekretär ist, nun als Vertreter der öffentlichen Körperschaft, der Gebietskörperschaft berufen wird. Dann gibt es doch eine gewisse Verlagerung, und die wollten wir vermeiden. Das ist der Sinn dieser Regelung. Wir glaubten allerdings in der Spitze die Möglichkeit schaffen zu sollen, die Vertreter der Organisationen - ich denke an die kommunalen Spitzenorganisationen - zum Zuge kommen zu lassen. Dies wollten wir nicht verhindern, weil ihre Arbeit in der Spitze sehr wertvoll ist. Das sind die Gründe, die den Ausschuß zu dieser Regelung veranlaßten, und ich glaube, sie hat auch ihren Zweck.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dresbach.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Kollege Sabel, Ihre Begründung nimmt nicht genügend Bezug auf die Verhältnisse im kommunalen Verfassungsrecht der britischen Zone. Ich darf feststellen, daß der Hauptgemeindebearete, Gemeindedirektor, Stadtdirektor, Oberkreisdirektor oder Oberstadtdirektor der Clerk des Council ist, der Schreiber des Rats. Das ist der Sinn des kommunalen Verfassungsrechts in der britischen Zone. Es ist unmöglich, dem Rat die Vertretung der gewählten Körperschaft hier zwingend vorschreiben zu wollen,
({0})
daß sein Schreiber - entschuldigen Sie den Ausdruck, ich habe sonst sehr große Hochachtung vor diesen Herren - obligatorisch zum Vertreter in diesem Organ der Bundesanstalt bestimmt wird.
({1})
Ich möchte doch bitten, es den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften zu überlassen, wen sie entsenden wollen. Das ist angesichts der von mir sehr beklagten Zerrissenheit im Kommunalverfassungsrecht der verschiedenen Zonen und Länder notwendig.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht var. Ich schließe die Besprechung und komme zur Abstimmung über den Antrag der SPD-Fraktion Umdruck Nr. 246 Ziffer 4 auf Streichung des Abs. 4 des § 14. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über § 14 unter Berücksichtigung dieser Änderung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Diese Fassung des § 14 ist angenommen.
Ich rufe die §§ 15, 16, 17, 18 und 19 auf. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. - Die Paragraphen sind angenommen.
Ich rufe § 21 auf. Dazu liegt ein Abänderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 246 Ziffer 5 vor. Das Wort hat Frau Abgeordnete Döhring.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! § 21 des vorliegenden Gesetzentwurfes sieht vor, daß der Präsident des Landesarbeitsamtes Beschlüsse des Verwaltungsausschusses eines Arbeitsamtes, bzw. der Präsident der Bundesanstalt Beschlüsse des Verwaltungsausschusses eines Landesarbeitsamtes zu beanstanden hat, die gegen Gesetz oder Satzung verstoßen. Das würde bedeuten, daß man die Bürokratie über die Selbstverwaltungsorgane setzen will.
({0})
Meine Fraktion kann sich niemals damit einverstanden erklären; sie ist deshalb gegen die Fassung des Ausschusses. Wir stehen auch hier auf dem Standpunkt, daß die echte Selbstverwaltung hier genau so wie im Gesetz über die Selbstverwaltung für die Sozialversicherung gewahrt werden muß. Dort ist im § 5 Abs. 4 die klare Fassung enthalten, daß der Vorsitzende des Vorstandes Beschlüsse der Organe, die gegen Gesetz und Satzung verstoßen, zu beanstanden hat; die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Nichts anderes wollen wir mit der von uns vorgeschlagenen Fassung zu § 21, weshalb wir Sie bitten, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.
Meine Herren und Damen, wenn Sie eine lebendige Demokratie schaffen wollen - und das wollen Sie doch, da es von diesem Platz so oft versichert wird -, dann sollten Sie mit uns dafür eintreten, daß der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses auch selbst die Verantwortung trägt.
({1})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über Ziffer 5 des Antrags der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 246 betreffend Neufassung des § 21. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, ein Hand zu erheben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 21 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Der Paragraph ist in der Ausschußfassung angenommen.
Zu § 22 liegen keine Wortmeldungen vor. Ich komme zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - § 22 ist angenommen.
Ich rufe auf § 23, zu dem ein Abänderungsantrag der Fraktion der SPD vorliegt. Frau Abgeordnete Döhring, bitte!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Meine Fraktion hat diese Änderung zu § 23 der Vorlage deshalb beantragt, weil wir auch hier die echte Selbstverwaltung gewahrt wissen wollen, so wie sie im Grundsatz in § 25 Abs. 4 des alten Gesetzes enthalten ist. In der vorliegenden Ausschußfassung des § 23 wird von der „ordnungsmäßigen Durchführung" der Aufgaben gesprochen. Wir möchten auch hier, wie schon in den Ausschußberatungen, die Frage aufwerfen: Was ist überhaupt unter „ordnungsmäßiger Durchführung" zu verstehen? Wo beginnt und wo endet dieser Begriff? Wer soll überhaupt genau unterscheiden und entscheiden? Die alte Fassung sprach von der Weigerung der Organe. Das ist ein klarer Begriff, von dem abzugehen keine Notwendigkeit gegeben ist. Wir sollten uns hüten, irgendwelche Halbheiten in dieses Gesetz hineinzubringen, die nur zu unnötigen Schwierigkeiten führen könnten. Unser Abänderungsantrag entspricht der alten gesetzlichen Regelung von 1927, bei deren Durchführung sich keinerlei Differenzen gezeigt haben. Wir bitten Sie deshalb, dem von uns gestellten Abänderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich bitte die Damen und Herren, die der Ziffer 6 des Abänderungsantrags der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 246 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 23 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Ich rufe auf § 24, - § 25, - § 25a, - § 26. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe § 27 auf. Auch hier liegt ein Abänderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Frau Abgeordnete Schroeder, bitte!
Herr Präsident, ich möchte um die Erlaubnis bitten, die Änderungsanträge zu den §§ 27 bis 29 zusammen zu begründen.
Gleichzeitig mit § 27 rufe ich die §§ 28 und 29 auf.
Meine Herren und Damen! Bei diesen Paragraphen - ganz besonders bei § 27 und § 29 - handelt es sich um die Wahl derjenigen Persönlichkeiten, die in allererster Linie die Bundesanstalt zu schaffen und das Gesetz durchzuführen haben. Es handelt sich also hier darum, die wichtigste Aufgabe von vornherein zu erfüllen, um die gute Durchführung des Gesetzes zu gewährleisten.
Wir haben verschiedentlich bei der Diskussion um dieses Gesetz das Wort „Selbstverwaltung" gehört. Wenn es eine Aufgabe der Selbstverwaltung gibt, die die wichtigste ist, so ist es doch selbstverständlich die, den Präsidenten der Bundesanstalt sowie auch die Präsidenten der Landesarbeitsämter zu bestimmen.
({0})
Wenn wir nun daraufhin die Vorlage, wie sie von der Bundesregierung und wie sie aus dem Ausschuß gekommen ist, überprüfen, dann sehen Sie, daß hier das Gegenteil der Selbstverwaltung bestimmt worden ist. Es heißt, daß der Präsident der Bundesanstalt und sein ständiger Vertreter auf Vorschlag des Bundesministers für Arbeit und nach Zustimmung der Bundesregierung ernannt und entlassen werden sollen. Der Bundesminister für Arbeit hort lediglich vorher den Verwaltungsrat.
Ganz ähnlich ist es in dem folgenden Abs. 2 und im § 29, in dem es sich darum handelt, die Präsidenten der Landesarbeitsämter und die Direktoren der Arbeitsämter zu bestimmen. Die Präsidenten der Landesarbeitsämter und ihre ständigen Vertreter sollen vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundesministers für Arbeit und nach Zustimmung der Bundesregierung ernannt werden. Wiederum soll der Verwaltungsrat lediglich gehört werden. Es heißt sodann, daß der Verwaltungsrat den Verwaltungsausschuß des Landesarbeitsamtes zu hören hat. Aus diesem Grunde haben wir bereits im Ausschuß verlangt, daß in diesen Fällen in erster Linie die Verwaltungsausschüsse bzw. der Verwaltungsrat die Entscheidung haben sollen. Gerade bei diesen Bestimmungen sind wir der Ansicht, daß sie der Selbstverwaltung Genüge tun sollen. Wir haben deshalb im Umdruck Nr. 246 für § 27 noch einmal den Antrag gestellt, daß der Präsident der Bundesanstalt und sein ständiger Vertreter durch den Verwaltungsrat der Bundesanstalt gewählt werden sollen und daß die Wahl lediglich der Bestätigung durch den Bundesminister für Arbeit bedürfen soll, die aber nur aus einem wichtigen Grunde verweigert werden kann. Ebenso sollen der Präsident des Landesarbeitsamtes und sein Stellvertreter durch den Verwaltungsausschuß des Landesarbeitsamtes gewählt werden. Auch hier soll wiederum die Wahl lediglich der Bestätigung des Vorstandes der Bundesanstalt bedürfen, die nur aus einem wichtigen Grunde verweigert werden kann.
Dasselbe gilt in § 29. Hier handelt es sich um die unterste Instanz, nämlich den Direktor des Arbeitsamtes, der wiederum vom Verwaltungsausschuß des Arbeitsamtes gewählt werden soll und vom Verwaltungsausschuß des Landesarbeitsamtes dem Vorstand vorzuschlagen ist, der die Bestätigung nur aus einem wichtigen Grunde verweigern kann.
Diese unsere Anträge sind analog den Beschlüssen des Bundesrats. Die Bundesregierung hat aber geglaubt, sich den Bundesratsbeschlüssen
nicht fügen zu sollen. Vielmehr hat der Herr Bundesminister für Arbeit unter dem 22. Mai ein Schreiben an den Ausschuß für Arbeit des Deutschen Bundestages gerichtet, in dem er den nach seiner Ansicht vorhandenen Unterschied zwischen der Sozialversicherung und dem uns jetzt vorliegenden Gesetz auseinandergesetzt hat. Er hat geglaubt, daß es sich, wenn in der Sozialversicherung tatsächlich die Selbstverwaltung diese wichtigsten Entscheidungen in der Hand hat, auch nur darum handele, den Versicherten gegenüber verantwortlich zu sein, während es sich bei diesem Gesetz nicht nur um die Versicherten handelt, wie es zwar bei der Arbeitslosenversicherung der Fall ist, aber in dem übrigen Teil des Gesetzes um eine Verantwortung gegenüber dem Gesamtvolk. Ich glaube, daß dieser Unterschied nicht richtig ist. Einmal ist der Kreis auch in der Sozialversicherung kaum geringer, als er nach diesem Gesetz ist. Zum zweiten aber haben wir doch den Gedanken, daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber - und in diesem Fall kommen dazu noch die öffentlichen Körperschaften - nicht etwa nur versicherungsmäßig etwas zu sagen haben sollen. Ich darf Sie an das Mitbestimmungsgesetz erinnern, in dem der ge Samte Bundestag und die Bundesregierung unter Anführung des Herrn Bundeskanzlers ausdrücklich ausgesprochen haben, daß die Sozialpartner, d. h. Arbeitgeber und Arbeitnehmer, in steigendem Maße an der Gestaltung unserer Wirtschaft und damit am öffentlichen Leben mitarbeiten sollen.
In dem vorliegenden Gesetz ist tatsächlich eine Verantwortung in bezug auf die Schaffung von Arbeit, in bezug auf die Versorgung von Arbeitslosen sowie in bezug auf die Jugend, die in die Arbeit hineinkommen soll, enthalten. Wie schwierig diese Aufgabe ist, das haben wir bei dem vorherigen Gesetz gesehen, wo einer der Herren Abgeordneten noch Ausführungen gemacht hat, die gezeigt haben, daß er nicht verstanden hat, welche sozialen Nöte in der Jugend heute wirklich vorhanden sind. Gerade aus all diesen Gründen, sage ich, ist es richtig, daß in diesem Gesetz eine große Verantwortung enthalten ist. Aber wenn wir uns vergegenwärtigen, daß die wichtigsten Faktoren unseres Wirtschaftslebens, d. h. die Arbeitnehmer und Arbeitgeber, von denen wir jetzt gern als Sozialpartnern sprechen, und die öffentlichen Körperschaften vereinigt sind, dann, glaube ich, können wir ihnen die Verantwortung schon zutrauen, nun auch die wichtigsten Persönlichkeiten zu bestimmen, die dieses Gesetz durchzuführen haben.
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Dann hat der Herr Arbeitsminister gemeint, hier läge ein außergewöhnliches finanzielles Interesse vor. Nun, Herr Arbeitsminister, das liegt - Sie haben es selbst in dem Gesetz gezeigt, das wir morgen beraten werden, nämlich bei der Erhöhung der Renten - heute bei allen Gesetzen vor. Heute ist auch die Sozialversicherung nicht mehr in der Lage, die Aufgaben in finanzpolitischer Hinsicht vollkommen allein meistern zu können. Ich glaube, daß das hier überhaupt kein Grund für Ihre Ablehnung sein kann.
Aber, meine Herren und Damen, nun hat ja auch der Ausschuß eine gewisse Milderung beschlossen. Da darauf sicher in der Diskussion hingewiesen wird, will ich gleich etwas dazu sagen. Es ist gesagt worden, daß der Herr Bundesminister für Arbeit den Verwaltungsrat vorher hört, von dessen Stellungnahme er nur bei Vorliegen eines
({2})
wichtigen Grundes abweichen kann. Das ist eine Milderung, das gebe ich ohne weiteres zu. Aber es ist eben auch nur eine Milderung. Es ändert an der grundsätzlichen Frage der Selbstbestimmung in diesen so wichtigen sozialpolitischen Fragen nichts.
Zum Schluß darf ich vielleicht noch darauf hinweisen, daß nicht etwa nur unsere Fraktion und die Gewerkschaften auf dem Standpunkt stehen, daß hier die Selbstverwaltung zur Durchführung kommen muß. Ich darf Sie erinnern an einen Artikel des Präsidenten des Arbeitgeberverbandes, Herrn Dr. Erdmann, über die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, aus dem ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten ein paar Zeilen vorlesen darf. In dem Artikel schreibt Herr Dr. Erdmann wie folgt:
Wenn allerdings bei der Wahl der Beamten die zuständigen Verwaltungsausschüsse bzw. der Verwaltungsrat nur gehört werden sollen, so verdient aus den oben dargelegten Gründen unbedingt der Vorschlag des Bundesrats den Vorzug, der das Wahlrecht von den Selbstverwaltungsorganen ihrer Dienststellen ausgeübt zu sehen wünscht.
Nur auf diese Weise kann der Grundsatz der Selbstverwaltung bei der Ernennung der Beamten der Bundesanstalt gewahrt werden. Hiernach müßte also der Präsident der Bundesanstalt vom Verwaltungsrat, die Präsidenten der Landesarbeitsämter von den Verwaltungsausschüssen der Landesarbeitsämter gewählt werden. Die Beschränkung der Selbstverwaltungsorgane lediglich auf ein Anhörungsrecht überträgt das überragende Schwergewicht der Verwaltung der künftigen Anstalt lediglich dann doch wieder auf einen Behördenaufbau, der mit dem Grundgedanken der verantwortlichen Selbstverwaltung der Beteiligten nicht vereinbar ist.
Sie sehen also, daß wir in dieser Frage nicht alleinstehen, daß Arbeitnehmer und Arbeigeber, aber auch die öffentlichen Körperschaften, gemeinsam stehen.
Lassen Sie mich nun der Zeitersparnis in dieser späten Stunde wegen gleich ein Wort über § 28 sagen! Wir haben beantragt, daß im § 28 der Satz, nach welchem der Vorstand seine Befugnisse auf den Präsidenten der Bundesanstalt oder auf die Präsidenten der Landesarbeitsämter übertragen kann - in Verbindung mit Abs. 1 heißt das, daß die Ernennung und die Entlassung der übrigen Beamten durch den Vorstand geschehen soll -, aus den gleichen Gründen gestrichen wird. Wir wollen hier nicht die Befugnis einer Einzelperson, sondern wir wollen hier die Befugnis des Vorstandes, der sich in einer Weise, über die an anderer Stelle gesprochen wird, zusammensetzt, nämlich aus Arbeitnehmervertretern, Arbeitgebervertretern und Vertretern der öffentlichen Körperschaften.
Ich möchte Sie also bitten, meine Herren und Damen, diesen unseren Anträgen zuzustimmen.
({3})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat bereits darauf hingewiesen, daß die §§ 27 bis 29 uns im Ausschuß sehr lange beschäftigt haben. Der Ausschuß hat sich wirklich bemüht, hier zu einer Klarheit zu kommen. Ich darf daran erinnern, daß insbesondere auch das Bundesinnenministerium gebeten wurde, sich zu diesen Fragen sachverständig zu äußern. Das hat das Bundesinnenministerium in einem ausführlichen Exposé getan. Es geht darum, daß hier in der Arbeitsverwaltung zum Unterschied von der von Frau Schroeder zitierten Sozialversicherung weitgehend Hoheitsfunktionen erfüllt werden müssen und ein echtes Bedürfnis dafür vorhanden ist, daß die Bundesregierung Einfluß auf die Benennung der führenden Persönlichkeiten bei den Landesarbeitsämtern und in der Spitze, in der Bundesanstalt gewinnt. Wir sind uns darüber im klaren, daß wir hier in der Selbstverwaltung nicht so weit gehen können wie beispielsweise in der Rentenversicherung oder in der Krankenversicherung, weil eben eine Reihe von Aufgaben miter-füllt werden muß, die keine Versicherungsaufgaben, sondern Aufgaben anderer Art sind und weil hier auch weitestgehend Mittel verwandt werden, die nicht aus den Beiträgen der Versicherten kommen. Das war der Grund dafür, daß man hier der Bundesregierung einen wesentlichen Einfluß zubilligen wollte.
Nun besteht zweifellos ein Bedürfnis dafür, auch die Organe über die Besetzung der leitenden Stellen zu hören, um dadurch auch eine gute Zusammenarbeit zu garantieren. Deswegen hat der Ausschuß in § 27 Abs. 1 und § 27 Abs. 2 festgelegt, daß der Bundesarbeitsminister nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes von der Stellungnahme des Verwaltungsrats abweichen kann. Ich glaube, hiermit ist eine weitgehende Sicherung dafür eingebaut, daß die Organe entsprechend zum Zuge kommen und ihre Meinung nicht ignoriert werden kann.
Weiterhin ist zu § 28 beantragt worden, den Satz 2 zu streichen. Der Ausschuß war der Auf- fassung, daß es den Organen, in diesem Falle dem Vorstand möglich sein sollte, bestimmte Funktionen, wenn er es wünscht, zu übertragen. Man denkt hierbei an die unteren Chargen, nicht an die Spitzenstellungen, und man glaubte es dem Vorstande nicht zumuten zu können, sich nun bezüglich aller übrigen Beamten allein mit dieser Frage zu beschäftigen. Ich denke daran, daß wir auch in der Arbeitsverwaltung andere Beamte - des unteren, des mittleren und des gehobenen Dienstes - haben, und es liegt hier am Vorstand, inwieweit er bereit sein will, seine Funktionen auf andere - in diesem Falle auf den Präsidenten der Bundesanstalt oder die Präsidenten der Landesarbeitsämter - zu übertragen. Also auch da habe ich keine Sorge hinsichtlich eines Mißbrauchs, weil das Organ, der gewählte Vorstand, das zu entscheiden hat.
Zu § 29: die Bestellung erfolgt durch den Vorstand, in dem sowohl die Arbeitnehmer und Arbeitgeber als auch die Gebietskörperschaften vertreten sind. Auch hier ist sichergestellt, daß die Verwaltungsausschüsse des Arbeitsamtes und des Landesarbeitsamtes gehört werden. Wir glauben, daß es bei einer solchen Fassung leichter sein wird, zu einem Ausgleich innerhalb des Bundesgebiets zu kommen. Wir wissen, manchmal haben lokale Einflüsse hier nicht gut getan. Man hat geglaubt bestimmte Bewerber aus lokalen Rücksichten nicht übersehen zu sollen. Durch die vorliegende Bestimmung ist eher die Gewähr für einen vernünftigen Ausgleich, für die Möglichkeit gegeben, den richtigen Mann an den richtigen Platz zu setzen.
Ich bitte deswegen, den Beschlüssen des Ausschusses zuzustimmen,
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 246 Ziffer 7 betreffend § 27. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
({0})
- Der Vorstand ist einmütig dieser Überzeugung. Außerdem ist es eine Erfahrung - ich muß einmal darauf hinweisen -, daß das Bild einer Abstimmung von unten immer wesentlich anders aussieht als von oben.
({1})
- Herr Abgeordneter Schoettle, bedeutet das, daß Sie die Objektivität des Sitzungsvorstandes anzweifeln wollen?
({2})
- Ich stelle ausdrücklich fest, daß Sie das nicht wo lien.
Ich komme zur Abstimmung über § 27 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der § 27 ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD betreffend § 28 auf Umdruck Nr. 246 Ziffer 8. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen! - Das ist die gleiche Mehrheit; der Abänderungsantrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 28 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 28 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der § 28 ist angenommen.
Zu § 29 liegt ein Abänderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 246 Ziffer 9 vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Enthaltungen! - Das letztere war die Mehrheit; der Abänderungsantrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 29 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen?
- Das erste war die Mehrheit; der § 29 ist angenommen.
Ich rufe § 30 auf. Dazu liegt ein AbänderungsAntrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 246 Ziffer 10 vor. Hierzu hat Frau Abgeordnete Korspeter das Wort.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der § 30 lautet in der Ausschußfassung:
Der Verwaltungsrat beschließt die Satzung der Bundesanstalt. Sie bedarf der Genehmigung durch den Bundesminister für Arbeit.
Wir beantragen, den Satz 2 von § 30 zu streichen,
weil wir eine Genehmigung der Satzung durch den
Bundesminister für Arbeit im Interesse einer
echten Selbstverwaltung nicht für richtig halten. Wir haben uns in dem vorliegenden Gesetz für eine Selbstverwaltung in der Bundesanstalt entschieden und sollten hier konsequent sein, Wenn wir den zweiten Satz von § 30 beibehalten, sind wir es keineswegs. Diese Einschränkung hat es .in der Reichsanstalt niemals gegeben, diese Einschränkung gibt es auch nicht bei den Selbstverwaltungsorganen in der Sozialversicherung. Wir sollten deshalb diese Einschränkung für den Verwaltungsrat aufheben. Ich bitte Sie, unserem Antrag auf Streichung von Satz 2 stattzugeben.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung,
Ich komme zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 246 Ziffer 10, den Satz 2 von § 30 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Abänderungsantrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 30 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der § 30 ist angenommen.
Ich rufe § 31 auf. Zu dem Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 246 Ziffer 11 hat Frau Abgeordnete Korspeter das Wort.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wir beantragen, den Abs. 3 von § 31 zu ändern, weil wir auch hier der Ansicht sind, daß der Gedanke der Selbstverwaltung nicht. genügend berücksichtigt wird. Nach der Fassung des Ausschusses bedarf der Gesamthaushalt der Bundesanstalt der Genehmigung durch die Bundesregierung. Wir können uns mit dieser Regelung nicht einverstanden erklären. Wir würden es sehr begrüßen, wenn Sie sich unserem Antrag, der dem Gedanken der Selbstverwaltung gerecht wird, an- schließen könnten. Unser Antrag geht dahin, den Abs. 3 des § 31 in der Ausschußfassung zu streichen und durch folgende Regelung zu ersetzen:
Der Gesamthaushalt ist dem Bundesminister für Arbeit zuzuleiten. Beanstandungen des Bundesministers für Arbeit können vom Verwaltungsrat mit Zweidrittelmehrheit abgelehnt werden.
Dieser Vorschlag bietet nach unserer Ansicht die Sicherheit, daß berechtigte Beanstandungen durch den Bundesminister für Arbeit auch wirklich berücksichtigt werden. Wir bitten Sie, der Selbstverwaltung zu ihrem Recht zu verhelfen und unserem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 246 Ziffer 11. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 31 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit, es ist angenommen.
Ich rufe auf §§ 32 und 33. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. ({0})
Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf § 34. Hierzu liegt ein Abänderungsantrag vor. - Frau Abgeordnete Korspeter!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der § 34 lautet in der augenblicklichen Fassung:
Der Bundesrechnungshof prüft Haushalts- und Wirtschaftsführung der Bundesanstalt.
Wir beantragen folgende Neufassung:
Die Rechnung der Bundesanstalt prüft der Bundesrechnungshof.
Wir sind selbstverständlich, meine Herren und
Damen, der Ansicht, daß der Bundesrechnungshof
das Recht haben soll und haben muß, Einnahmen,
Ausgaben und Belege auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren.
({0})
Er soll weiterhin prüfen, daß keine Verstöße oder Unterlassungen gegen gesetzliche Bestimmungen oder gegen Satzungen erfolgen. Das ist Aufgabe des Bundesrechnungshofes. Aber es ist unseres Erachtens nicht seine Aufgabe, die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Bundesanstalt einschließlich des Stellenplans etwa auch auf Entscheidungen über die Zweckmäßigkeit von Einnahmen und Ausgaben zu überprüfen. Wir sollten uns darüber klar sein, daß diese Sache ureigenste Aufgabe der Selbstverwaltungsorgane ist. Wir schaffen diese Selbstverwaltungsorgane, und wir sollten diesen Organen auch die Verantwortung für diese Aufgaben geben. Wir bitten Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD, wobei Ihnen, meine Damen und Herren, aufgefallen ist, daß in Ziffer 12 ein Schreibfehler ist. Es muß nicht heißen: § 23, sondern „ § 34 erhält folgende Fassung". Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit. Der Abänderungsantrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 34, Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Angenommen!
§§ 35, 36 und 37. - Keine Wortmeldungen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen!
Ich rufe auf §§,38, 39, 40, 41, 42, 43, 44. Abänderungsantrag der Fraktion der SPD. Bitte, Herr Abgeordneter Preller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um die Übernahme oder Nichtübernahme eines Teils der Bediensteten der jetzigen Landesarbeitsämter und Arbeitsämter. Nach der Vorlage der Bundesregierung und nunmehr auch des Ausschusses glaubt die Bundesregierung nicht, alle Bediensteten der jetzigen Landesarbeitsämter und Arbeitsämter übernehmen zu können. Meine Damen und Herren, damit wird von vornherein ein Mißtrauen gegenüber der bisherigen Beamtenpolitik in diesen bestehenden Arbeitsmarktbehörden ausgedrückt, für das jede sachliche Begründung
fehlt, ein Mißtrauen, das besonders in den Bestimmungen des § 38 zu Abs. 2 deutlich bemerkbar wird. In Abs. 2 Ziffer 2 heißt es, daß die Bundesanstalt von der Übernahme Beamte ausnehmen kann, die nach dem 31. März 1949 in einem Arbeitsamt oder Landesarbeitsamt zu Beamten ernannt worden sind.
Dièses Datum - der 31. März 1949 - ist genau das Datum, an dem die Oberhoheit des der britischen Militärregierung verantwortlichen Amtes für Arbeit in Lemgo aufhörte. Damit begann die Eigenverantwortung der Länder der britischen Zone eben für die Landesarbeitsämter und Arbeitsämter. Durch dieses Datum, meine Damen und Herren, wird die Politik der Länder der britischen Zone in einer nicht begreiflichen Weise diskriminiert, soweit sie nach dem 31. März 1949 einsetzte.
In gleicher Weise müssen wir aber feststellen, daß in Ziffer 1 desselben Absatzes dem Ermessen der Bundesanstalt weitgehend Freiheit gegeben wird. Denn es heißt dort, daß die Bundesanstalt wiederum Beamte von der Übernahme ausnehmen kann, die für den Dienst in der Bundesanstalt von ihr nicht als geeignet angesehen werden. Das heißt, das Ermessen der Bundesanstalt ist der alleinige Maßstab für diese Maßnahme, aber nicht eine objektive Prüfung durch Stellen, die dazu befugt erscheinen.
In der Regierungsvorlage war außerdem in Ziffer 3 noch vorgesehen, daß auch Beamte über 55 Jahre, die in den letzten Jahren erst eingestellt worden waren, nicht übernommen zu werden brauchten.
({0})
Wir fragen: Wo blieb hier das soziale Gewissen des Bundesarbeitsministers, das er doch gerade verkörpern soll? Erst der Ausschuß mußte diese Bestimmung für die älteren Beamten streichen.
In Ziffer 4 endlich ist der Willkür Tür und Tor geöffnet. Dort heißt es, daß Beamte entlassen oder nicht übernommen werden können, deren Ernennung oder Beförderung den für die unmittelbaren Bundesbeamten geltenden Regelvorschriften nicht entspricht. Meine Damen und Herren, der Ausschuß hat bei § 25 a mit Mehrheit festgestellt, daß gerade die üblichen Vorschriften für das Berufsbeamtentum für die Bediensteten der Bundesanstalt nicht in Betracht kommen sollten. Es hieß dort, daß die außerhalb der öffentlichen Verwaltung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Anstellung berücksichtigt werden müßten. Hier aber, bei der Nichtübernahme der betreffenden Beamten, soll nicht einmal die Regel Gültigkeit haben, die der Ausschuß in § 25 a festgelegt hat.
Das gleiche erleben wir bei § 41, dessen Streichung wir ebenfalls beantragt haben. Dort heißt es, daß Anstellungen, Beförderungen und Festsetzungen des Besoldungsdienstalters unberücksichtigt bleiben sollen, soweit sie den für die Bundesbeamten geltenden Bestimmungen widersprechen. Auch das steht in Widerspruch zu den Bestimmungen, die in dem vorhin angenommenen § 25 a vorgesehen sind. Zumindest müßte also in Ziffer 4 des § 38 Abs. 2 das Wort „Regel" in „Regelvorschriften" gestrichen werden, weil sonst diese Bestimmungen nicht in Einklang mit dem Gesetzestext stehen würden. Wir haben dieses Wort „Regel" in den Bestimmungen des § 42, bei dem es sich um die Hinterbliebenen handelt, gestrichen. Dort haben wir die Konsequenz gezogen - die die Bundesregierung nicht einmal hier in § 38 gezogen hat -, nicht die vollen Bestimmungen des Berufsbeamten({1})
gesetzes, sondern lediglich die Vorschriften und nicht die Regelvorschriften zu übernehmen. Auf jeden Fall müssen wir die Bestimmungen des Abs. 2 des § 38 ändern.
Wir meinen aber, daß die in den §§ 38 bis 40 vorgesehenen Bestimmungen den Bedürfnissen der Bediensteten der jetzigen Landesarbeitsämter und Arbeitsämter tatsächlich nicht gerecht werden. Aus diesem Grunde haben wir in den neu formulierten §§ 38 bis 40 vorgesehen, daß die Bediensteten generell übernommen werden sollen bis auf jene, die nach dem Tage des Zusammentritts des Bundestages ernannt worden sind.
({2})
- Die Selbstverwaltung ist bereits in den Maßnahmen der bisherigen Landesarbeitsämter und Arbeitsämter gewahrt geblieben, Herr Wellhausen. Sie wissen selbst, daß die Vorschläge der beratenden Ausschüsse bei den Landesarbeitsämtern und Arbeitsämtern die Richtschnur für die Ernennungen waren und daß in allen Ländern die Selbstverwaltung praktisch bereits weitgehend durchgeführt war. Mit diesem Argument kommen Sie nicht durch.
In gleicher Weise sind in § 43 für die Angestellten, die schon unter einem Kündigungsschutz stehen, die also bereits 25 Jahre und länger in einem Angestelltenverhältnis waren, diskriminierende Vorschriften vorgesehen.
Meine Damen und Herren, es handelt sich hier um Menschen! Es handelt sich um die Bediensteten der künftigen Bundesanstalt, um die Bediensteten der Landesarbeitsämter und Arbeitsämter, Menschen, die jahrelang unter den schwersten Verhältnissen gerade der ersten Zeit nach der Kapitulation nach bestem Wissen und Gewissen ihre Pflicht getan haben, oft unter übermenschlichen Anstrengungen und unter den schwierigsten Verhältnissen. Meine Damen und Herren, diese Menschen haben ein Recht darauf, an ihrem Arbeitsplatz verbleiben zu können.
({3})
Die Stellungnahme zu unserem Antrag zu den §§ 38 bis 44 wird ein Prüfstein für die Regierungsparteien und für die Bundesregierung sein, ob sie gewillt sind, ihren menschlichen und moralischen Verpflichtungen gegenüber den Bediensteten der Arbeitsämter nachzukommen
({4})
oder ob sie sich von anderen Erwägungen leiten lassen.
({5})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu diesem Punkt und komme zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 246 Ziffer 13, an Stelle der §§ 38 bis 44 die §§ 38, 39 und 40 nach dem Vorschlag zu setzen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über die §§ 38, 39, 40, 41, 42, 43 und 44 in der Ausschußfassung und bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; die Paragraphen sind angenommen.
Ich rufe auf den § 45. Dazu liegt ein Abänderungsantrag der Fraktion der SPD vor.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Freidhof.
Meine Damen und Herren! § 45 bestimmt, daß mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes der Reichsstock für Arbeitseinsatz aufgelöst wird und das Vermögen des Reichsstockes und alle Vermögen, die sich nach dem 8. Mai 1945 aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung gebildet haben, an die Bundesanstalt übergehen. So weit ist das in Ordnung; so weit findet § 45 unsere Zustimmung.
Nun folgt aber der Schlußsatz, der lautet:
Alle Werte und Unterlagen sind der Bundesanstalt auf Verlangen unverzüglich zuzuführen.
Es ist selbstverständlich in den ersten Sätzen bereits sehr klar und eindeutig gesagt, daß die Vermögen an die Bundesanstalt übergehen. Damit ist aber auch alles gemeint, was mit dem Vermögen zusammenhängt, wie Belege usw. Wenn nun im letzten Satz gesagt wird, daß die Unterlagen der Bundesanstalt unverzüglich zuzuführen sind, so ist darin ein so starkes Mißtrauen gegen die jetzige Verwaltung enthalten, daß wir das nicht mitmachen können. Aus diesem Grunde beantragen wir, daß der Schlußsatz gestrichen wird, und wir bitten Sie, unserm Antrag zuzustimmen.
({0})
Meine Damen und Herren, es liegt weiterhin ein Änderungsantrag der Fraktion der KPD Umdruck Nr. 250 Ziffer 4 vor. Herr Abgeordneter Kohl bitte zur Begründung!
Meine Damen und Herren! Mit diesem Änderungsantrag, der bereits im Ausschuß eine Rolle gespielt hat, wollen wir erreichen, daß einmal bei der Verwendung der bei den einzelnen Landesarbeitsämtern angesammelten Mittel die Kontrollinstanzen der Landesarbeitsämter weitgehend eingeschaltet werden. Wir sprechen im ersten Absatz davon, daß die Hälfte all der Mittel, die am Monatsende als Überschüsse angesammelt werden, zwar an den Bund abgeführt werden können, aber die andere Hälfte zur Verfügung der Landesarbeitsämter gegeben werden soll. Wir wenden uns mit diesem Antrag nicht gegen den bisher gut funktionierenden Finanzausgleich der Landesarbeitsämter untereinander; aber wir können praktisch nicht einsehen, daß Mittel, die im einen Land aufgebracht werden, von anderen Landesarbeitsämtern, die weniger sparsam wirtschaften, in irgendeiner Form verplempert werden wie beispielsweise bei der Erstellung großer Paläste für die Arbeitsämter oder andere Dinge mehr oder durch eine überspitzte Verwaltung. Wir sind der Auffassung, daß das Land, das die Mittel aufbringt, in erster Linie darüber zu verfügen hat.
Wir sind aber noch aus einem anderen Grunde dagegen. Wir wissen, daß mit der Annahme der Regierungsvorlage insofern ein unmöglicher Zustand eintreten würde, als die Landesarbeitsämter dann für den Einsatz notwendiger, in ihrem Land angesammelter Mittel bei der Bundesanstalt einen Kampf führen müßten. Ein solcher Zustand kann weder im Interesse der Bundesanstalt noch im Interesse der Landesanstalten liegen. Aber das
({0})
stärkste Argument hat, glaube ich, der Herr Bundeswirtschaftsminister Erhard vor einigen Wochen von dieser Stelle aus gegeben, als er andeutete, daß die vorhandenen Rücklagen der Sozialversicherung und der Arbeitsämter nach seinen Plänen für Zwecke der Investitionen eingesetzt werden sollen. Wir verwahren uns dagegen, daß für Zwecke der Rüstung Mittel der Arbeitslosenversicherung genommen werden, und ersuchen Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
({1})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr, 246 Ziffer 14. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das letzte war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der KPD Umdruck Nr. 250 Ziffer 4 auf Einfügung der Absätze 2, 3 und 4. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte em die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller und des Abgeordneten Leonhard abgelehnt.
({0})
Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 45 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. Meine Damen und Herren, ich stimme gerade über § 45 ab. Wenn Sie dem freundlichst Aufmerksamkeit schenken wollen: § 45 in der Ausschußfassung.
Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Paragraph ist angenommen.
§§ 46 und 47. Keine Wortmeldung.
Ich bitte die Damen und Herren. die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Zu § 48 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Herr Abgeordneter Freidhof, bitte!
Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion beantragt, § 48 zu streichen. In § 48 ist festgelegt, daß dann, wenn nach dem 8. Mai 1945 aus dem Vermögen oder aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung Gelder in offensichtlich den Zweckbestimmungen zuwiderhandelnder Weise und, wie es hier heißt, unter Mißbrauch für andere Zwecke ausgegeben worden sind, die Bundesanstalt von der Stelle, die diese Gelder ausgegeben hat, oder aber auch von der Stelle, die sie angenommen hat, Schadenersatz verlangen kann.
({0})
Das Entscheidende ist aber der Abs. 3, in dem gesagt wird, daß die Bundesanstalt bis zum 31. März 1956, also fast fünf Jahre lang, die Möglichkeit hat, diese Prozesse anzustrengen.
({1})
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Wellhausen, hat vorhin bereits darauf hingewiesen. Er hat gesagt: es ist zu wünschen, daß uns solche Prozesse erspart bleiben.
({2}) Meine Damen und Herren, versetzen Sie sich in die Zeit nach dem 8. Mai 1945,
({3})
und sehen Sie sich einmal an, was die Arbeitsämter im Interesse des deutschen Volkes und der Wirtschaft geleistet haben.
({4})
- Ich weiß, daß Ihnen die politische Richtung mancher Arbeitsämter nicht paßt und daß deshalb auch dies in das Gesetz hineinkommen soll. Aber bedenken Sie, welchen Schaden Sie in Deutschland anrichten, wenn Sie sechs Jahre lang solche Prozesse durchführen wollen.
({5})
Gerade weil wir wissen, daß in der turbulenten Zeit, die wir hinter uns haben, manchmal vielleicht Gelder ausgegeben werden mußten, um die Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten, wünschen wir nicht, daß dieser Paragraph in das Gesetz hineinkommt. Wir sollten einen endgültigen Schlußstrich ziehen. Aber wenn Sie noch etwas wollen: ich hätte noch Verständnis gehabt, wenn Sie gesagt hätten, daß eine Kontrolle über die Gelder vorgenommen werden solle, die nach der Währungsreform, nach dem 21. Juni 1948, ausgegeben worden sind. Das hätte dann noch einigermaßen einen Sinn gehabt. Aber wenn Sie die Dinge vom 8. Mai 1945 an nachkontrollieren und bis zum Jahre 1956 Prozesse führen wollen, dann haben wir dafür kein Verständnis. Wir bitten Sie deshalb, diesen Paragraphen im ganzen abzulehnen.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Jaeger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der CDU/CSU beantrage ich namentliche Abstimmung. Die Begründung hierfür liegt nicht in der Materie selbst, sondern in Umständen, die ich Ihnen im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit bestimmt nicht mehr auseinanderzusetzen brauche.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag, den der Abgeordnete Dr. Jaeger gestellt hat, gehört. Darf ich fragen, ob der Antrag hinreichend unterstützt wird? Wer unterstützt den Antrag auf namentliche Abstimmung? - Der Antrag ist nicht hinreichend unterstützt; ich brauche darüber nicht abstimmen zu lassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß mein Vorredner den Wunsch, den ich vorhin als Berichterstatter ausgesprochen habe, teilt. Aber mein Vorredner will doch unter gar keinen Umständen - das weiß ich genau - Dinge verdeckt wissen, die das Licht der Öffentlichkeit scheuen müssen. Wir wollen uns darüber klar sein, daß jedes vernünftige Gericht - mit solchen Gerichten rechne ich -, bei einem Prozeß oder bei einem Urteil den Zeitumständen im Rahmen des Möglichen Rechnung tragen wird. Ich bitte Sie, doch zu bedenken, daß wir dem Vorschlag der Regierung im Ausschuß nicht unwesentlich erschwerende Bedingungen hinzugefügt haben, also, wenn Sie so wollen, die Möglichkeit, Prozesse anzustrengen, wesentlich eingeschränkt haben, was auch im Hinblick auf die Turbulenz der damaligen Zeit richtig ist,
({0})
Ich muß Ihnen gestehen, daß ich den Antrag der SPD schon aus psychologischen Gründen nicht recht verstehe. Meine Herren, Sie wollen sich doch nicht dem Vorwurf aussetzen - den ich nicht erhebe -, daß Sie Dinge verwischen oder ohne Nachprüfung in Vergessenheit geraten lassen wollen! Bitte, überlegen Sie einmal unter diesem Gesichtspunkt und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß gegenüber der Fassung der Regierungsvorlage erschwerende Bestimmungen eingebaut worden sind, ob es dem Wohle des Ganzen dient, wenn Sie diesen Antrag aufrechterhalten.
({1})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 246 Ziffer 15. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
ich komme zur Abstimmung über § 48 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Ausschußantrag ist angenommen.
Ich rufe auf die §§ 49, - 50, - 51; - Vierter Abschnitt, §§ 52, - 53, - 54; - Fünfter Abschnitt, Schlußbestimmungen, §§ 55, - 55 a, - 56; - Einleitung und Überschrift. - Es liegen keine Wortmeldungen vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über die aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Die Paragraphen, Einleitung und Überschrift sind angenommen. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Ich gebe zwischendurch bekannt - ich weiß nicht, ob diese Bekanntgabe noch aktuell ist -, daß der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu einer kurzen Sitzung im Zimmer 102 des Südflügels sofort zusammentritt.
[eh rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung:
a) Beratung des Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen ({0}) über den Antrag der Abgeordneten Frommhold und Genossen betreffend Autobahnreklame ({1});
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Freiherr v. Fürstenberg, Dr. Solleder und Genossen betreffend Verkehrsgesetz ({2}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Aussprachezeit von 40 Minuten vor.
Zur Berichterstattung hat das Wort der Abgeordnete Dr. Decker.
Dr.-lng. Decker ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten Frommhold und Genossen haben den Antrag gestellt, die Autobahnreklame in größerem Umfang zuzulassen und das von ihnen auf 8 Millionen DM geschätzte Aufkommen den Bundesfinanzen nutzbar zu machen. Zu diesem Antrag hat der Ausschuß für Verkehrswesen seine Stellungnahme in Drucksache Nr. 2250 niedergelegt. Diese Drucksache ist sehr umfangreich geworden, weil in ihr das ganze erarbeitete Material auch für später niedergelegt werden sollte. Ich darf mit Sicherheit annehmen, daß alle Mitglieder des Hohen Hauses diese Drucksache bis ins kleinste durchgelesen haben. Aus diesem Grunde erübrigt es sich, diese Drucksache noch ein zweites Mal vorzulesen. Ich möchte daher nur einzelne kleine Punkte in Erinnerung bringen und etwas zur Illustration anführen.
In der Drucksache berichtet der Ausschuß über das Wesen der Autobahnreklame, ihr Recht, ihren Einfluß auf die Verkehrssicherheit, auf die Baukultur und die Landschaftspflege sowie über die Stellungnahme der Länder zur Autobahnreklame. In allen Punkten kam der Ausschuß zu einer ablehnenden Stellungnahme. Als der Gedanke, die Autobahnreklame in größerem Umfange einzuführen, bekannt wurde, sind von draußen Stellungnahmen an die Abgeordneten und an den Ausschuß ergangen, die in der Mehrzahl ablehnend waren. Lediglich Firmen und Betriebe, die ein direktes Interesse an der Autobahnreklame hatten, haben zugestimmt. Der Hauptgrund für die Ablehnung war die drohende Verschandelung der Autobahn und der umliegenden Landschaften. Ein nennenswerter finanzieller Ertrag ist nicht zu erwarten, denn die Schätzung von 8 Millionen DM stimmt nicht. Im übrigen wird diese Art von Reklame zwangsläufig zu einem dauernden gegenseitigen Überschreien. Nach dem Gesetz der abnehmenden Reize geht das so vor sich, daß der eine mit Flötentönen anpreist, der andere mit Posaunen, und der letzte muß schließlich auf die Kunden mit dem Holzhammer einarbeiten.
({4}) Im Bundesgebiet ist Autobahnreklame auf der Strecke zwischen Karlsruhe und Frankfurt zugelassen. Was aus diesem Beispiel zu ersehen ist, spricht eindeutig für eine absolute Ablehnung. Die Brücken dieser Strecke sind verunstaltet mit häßlichen und ideenlosen Blechschildern, auf denen die plattesten und ödesten Allerweltsphrasen zum weiß Gott wieviel tausendsten Malen wiedergekaut werden, - ein öffentliches Armutszeugnis für die Werbechefs dieser Firmen. Wenn schon die Werbung an der Autobahn durchgeführt werden soll, - warum bringt man nicht einmal neue Ideen? Man schaffe z. B. Bänke oder Plätze oder Brunnen oder Kioske an den Stellen, wo geparkt wird, und bringe da ein nettes kleines Firmenschild an, das wäre einmal eine wirklich brauchbare Idee!
Das Ausland hat Reklame an den Autostraßen weitgehend zugelassen und hat ebenfalls schlechteste Erfahrungen gemacht: Verhunzung der Landschaft und Verminderung der Verkehrssicherheit. Aus diesen Gründen ist das Ausland längst wieder davon abgekommen. Im Bundesgebiet haben wir ein schönes Beispiel an einer Ausfahrt in Traunstein, wo allein bei den Ausfahrt-Verkehrsschildern noch 8 Reklameschilder stehen. Welcher Fahrer soll sich da noch auskennen? Mit Rücksicht auf die Verkehrssicherheit kann daher die Autobahnreklame ohnehin nicht im ganzen Gelände der Autobahn zugelassen werden. Es bleiben letzten Endes nur die Brücken übrig, und von diesen ist ein Teil aus ästhetischen Gründen auszunehmen, ein anderer mit Rücksicht auf bevorzugte landschaftliche Gegenden. So bleibt also letzten Endes nur ein Drittel der Brücken übrig. Rechnet man durch, wie hoch der Ertrag werden wird, so kommt man auf eine Million DM. Das ist praktisch ein Zehntausendstel der Besatzungskosten, und das allein
({5})
zeigt schon, wie bedeutungslos der Ertrag der Autobahnreklame im Verhältnis zu dem Schaden ist, den sie anrichten würde. Die Autobahnreklame würde außerdem einen Rückschritt in die Ideen des 19. Jahrhunderts bedeuten, in denen Wirtschaft und Technik weit über die kulturellen Erfordernisse geherrscht haben. Sie würde zu ähnlichen Ergebnissen führen wie seinerzeit die „Rücksicht auf den Verkehr" - wie man es genannt hat -, die die schönsten Städtebilder vernichtet hat.
Der Ausschuß empfiehlt daher, den Antrag der Abgeordneten Frommhold und Genossen, Drucksache Nr. 1688, abzulehnen.
({6})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich nehme an, daß der Antrag unter Punkt 9b der Tagesordnung nach diesem Bericht nicht besonders begründet werden wird. - Die Aussprache ist eröffnet.
({0})
- Für 9b?
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- Entschuldigen Sie, ich verstehe nicht ganz - wir haben soeben den Bericht des Ausschusses zu Punkt 9 a gehört. Nun ist Punkt 9 b noch aufzurufen.
({2})
- Ich habe ihn allerdings schon aufgerufen. Ich habe allerdings vorausgesetzt, daß niemand das Bedürfnis empfinden wird, diese Litera des Punktes 9 noch besonders zu begründen.
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- Ich habe die Damen und Herren dieses Hauses offenbar anders eingeschätzt, als Sie es tun, Herr Kollege!
({4})
- Sie beantragen Überweisung an den Ausschuß. An welchen?
({5})
- Muß es denn unbedingt sein, daß dieser Antrag an einen Ausschuß überwiesen wird? Kann er nicht so angenommen werden? Ich meine doch! Aber ich sehe, daß sich doch jemand zum Wort gemeldet hat. Das Wort hat der Abgeordnete Müller ({6}).
Meine Damen und Herren, fürchten Sie nicht, daß ich die Aussprachezeit von 40 Minuten - auch nicht meinen Anteil von 8 Minuten der Aussprachezeit ausnutzen werde. Ich möchte mich angesichts der vorgeschrittenen Zeit lediglich darauf beschränken, namens der Fraktion der SPD zu erklären, daß auch wir die verunstaltende, belästigende und die Verkehrssicherheit mindernde Wirkung der Autobahnreklame für unbestreibar ansehen. Auch wir müssen, was die volkswirtschaftliche Bedeutung und die finanzielle Auswirkung der Autobahnreklame anlangt, feststellen, daß die Zahlen, die in dem Antrag genannt wurden und die auch im Ausschuß zur Sprache kamen, weitestgehend überschätzt wurden und daß drittens die Erhaltung der Schönheit unserer Landschaft ein kulturelles Gebot ist, dem auch wir uns nicht entziehen wollen.
({0})
Wir stimmen deshalb dem Ausschußantrag auf K Drucksache Nr. 2350 in vollem Umfange zu.
({1})
Was den Antrag Drucksache Nr. 2386 angeht, so möchte ich empfehlen, ihn anzunehmen und in eine eingehende Behandlung des Themas erst dann einzutreten, wenn die Regierung den beantragten Gesetzentwurf vorlegt. Dann wird Gelegenheit gegeben sein, auf die Dinge im Ausschuß näher einzugehen. Also nicht jetzt schon Überweisung an den Ausschuß, Herr von Fürstenberg, sondern erst später!
Dies ist unsere Stellungnahme zu den Vorlagen Drucksachen Nr. 2350 und 2386.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse zunächst über den Antrag Drucksache Nr. 2350 abstimmen. Wer für die Annahme des Ausschußvorschlags ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
({0})
- Ich hatte gedacht, sie hätten sich überzeugen lassen.
({1})
- Es läßt sich sogar gelegentlich im Parlament jemand überzeugen; man sollte da nicht verzweifeln.
({2})
Wer für die Annahme des Antrags Drucksache Nr. 2386 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 10 auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({3}) betreffend Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Parzinger gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 28. Februar 1951 ({4}).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Sassnick.
Sassnick ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das bayerische Staatsministerium der Justiz hat ordnungsmäßig über das Bundesjustizministerium Antrag auf Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Sepp Parzinger gestellt. Dem Antrag liegt eine Anzeige des Rechtsanwalts Schnappinger, Traunstein, zugrunde. Ich zitiere aus dieser Anzeige. Darnach soll Parzinger im Traunsteiner Kreistag ein anderes Kreistagsmitglied namens Vogelmeier des Fahrraddiebstahls beschuldigt und diese Beschuldigung wiederholt haben, obwohl ein vom Kreistag eingesetzter Untersuchungsausschuß keinen Anlaß zu einem Einschreiten gegen Vogelmeier fand. Das bayerische Staatsministerium der Justiz ist der Meinung, daß die in Frage stehenden Äußerungen Parzingers einen Tatbestand der §§ 186 und 187 des Strafgesetzbuchs erfüllen können; ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung sei zu bejahen.
Der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität hat sich mit diesem Fall beschäftigt und war in seiner Mehrheit der Ansicht, daß die Angelegenheit abgeklärt werden muß und daß diese Klärung auch im Interesse des beschuldigten Abgeordneten liegt.
({6})
Ich bitte das Hohe Haus, nach dem Ausschußantrag zu verfahren und die Immunität des Abgeordneten Parzinger aufzuheben.
Ich darf noch bemerken, daß die Angelegenheit längst erledigt sein konnte, daß aber der Ausschuß auf die Bitte des Abgeordneten Parzingers hin, der eine private Vergleichsmöglichkeit mit Herrn Vogelmeier in Aussicht stellte, die Sache eine Zeit ruhen ließ. Nachdem die gewährte Frist ergebnislos verstrichen ist, muß der Bundestag nunmehr zu einer Entscheidung in dieser Angelegenheit kommen. Ich bitte, diese Entscheidung im Sinne des von mir vorgetragenen Ausschußantrags zu treffen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Die Aussprache ist eröffnet. - Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Ausschußantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({0}) betreffend Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Bahlburg gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 3. Juli 1951 ({1}).
Das Wort hat der Berichterstatter, Abgeordneter Gengler.
Gengler ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Schreiben vom 3. Juli 1951 hat der Bundesjustizminister beantragt, eine Entscheidung des Bundestages über die Aufhebung der Immunität des Herrn Abgeordneten Wilhelm Bahlburg herbeizuführen. Die Entscheidung wird als dringlich bezeichnet, weil in Durchführung eines anderen Strafverfahrens vier Angeschuldigte in Untersuchungshaft sind und sich dabei ein gewisser Zusammenhang mit der Sache Bahlburg ergeben hat. Dem Antrag des Bundesjustizministers ist ein Bericht mit Antrag des Oberstaatsanwalts in Stade vom 30. Juni 1951 beigefügt. Hierin wird unter Beifügung der Akten ausgeführt:
„Hiernach ist neben den darin genannten Angeschuldigten auch der Bundestagsabgeordnete Wilhelm Bahlburg hinreichend verdächtigt, sich des Kreditbetruges zum Nachteil der Kreissparkasse Harburg in Winsen schuldig gemacht zu haben."
Es handele sich, so wird weiter gesagt, darum, weitere Aufklärung in der ganzen Strafsache wie auch über die dem Abgeordneten Bahlburg zur Last gelegten Vergehen zu erhalten. Aus diesem Grunde sei die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Bahlburg erforderlich.
Der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität hat sich diesem Ersuchen einstimmig angeschlossen. Die Aufhebung der Immunität soll auch - und das gilt allgemein, also für alle Fälle, worauf mein Vorredner in der Berichterstattung zu einem anderen Fall ebenfalls hingewiesen hat dem Beschuldigten die Möglichkeit geben, vor Gericht zu den Beschuldigungen Stellung zu nehmen.
Der Ausschuß stellt den in Drucksache Nr. 2406 niedergelegten Antrag:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Durchführung des Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Bahlburg wird in Ansehung aller nach Artikel 46 Absatz 2 des Grundgesetzes genehmungspflichtigen Maßnahmen zugestimmt.
Namens des Ausschusses beantrage ich Zustimmung zu diesem Antrag.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Die Aussprache ist eröffnet. - Keine Wortmeldung. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Punkt 12 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({0}) betreffend Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Wehner gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 19. März 1951 ({1}).
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers als Berichterstatter.
Ewers ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht über diese Sache ist mit wenigen Worten erstattet. Herr Kollege Dr. Kather hat gegen den Kollegen Wehner Strafantrag gestellt, weil dieser am 11. März dieses Jahres in einer politischen Versammlung in Düren an der Politik des Herrn Dr. Kather zum Lastenausgleich Kritik geübt und nach einem Bericht der „Rheinischen Zeitung" vom 14. März darin unter anderem folgende Wendungen - die übrigen sind rein sachlich - gebraucht hat: Er warne die Ostvertriebenen, sich von einem Kather und Genossen mißbrauchen zu lassen. - Die Ausführungen schließen damit: „Kather und seine Hintermänner einschließlich BHE, dessen Vertreter im Bundesrat für die Aufhebung der Dividendensteuer eintraten, versuchten, die Vertriebenen in einem gigantischen Ausmaß zu betrügen." Begründet wird diese Auffassung damit, daß die Vertriebenen in der Mehrzahl nichts verloren hätten, während der Ausgleich nach dem Wunsche des Herrn Dr. Kather - wie hier im Bundestag bekannt ist - auf der Grundlage des nachgewiesenen Verlustes geschehen solle.
Nach den Richtlinien unseres Geschäftsordnungsausschusses besteht darüber Einstimmigkeit, daß rein politische Angriffe nicht zum Gegenstand eines Verfahrens gemacht werden können, indem wir die Immunität aufheben. Bei der Kritik des Herrn Wehner, die sicherlich mit scharfen Worten geführt worden ist, handelt es sich nirgendwo um Vorwürfe, die in den persönlichen Bereich des Herrn Dr. Kather eingreifen. Es ist nicht gesagt worden, daß er selbst auch nur eines Betrugsversuches schuldig sei, sondern es ist nur gesagt worden, seine Politik laufe auf einen Betrug hinaus. Wir sind nach unseren Grundsätzen bei politischen Streitigkeiten überhaupt nur dann in der Lage, die Aufhebung der Immunität zu erwägen, also das Interesse des Parlaments dem Interesse der Justiz unterzuordnen, wenn die Kritik in den persönlichen Bereich vorstößt und die persönliche Ehre des Angegriffenen berührt. Das ist hier ganz unzweifelhaft nicht der Fall. Es handelt sich um eine rein politische Auseinandersetzung, bei der nach unseren allgemeinen Richtlinien die Aufhebung der Immunität nicht erfolgen kann. Der Ausschuß hat einstimmig beschlossen, dem Hause zu empfehlen, in diesem Falle die Immunität nicht aufzuheben, also den Antrag, der vom Herrn Justizminister unterbreitet worden ist, abzulehnen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Die Aussprache ist eröffnet. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist gegen einige Stimmen angenommen.
Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die
Ausschüsse ({0}).
- Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer für die Überweisung der Anträge an die im Umdruck angegebenen Ausschüsse ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe als letzten Punkt Punkt 14 der Tagesordnung auf:
Beratung der Übersichten Nr. 32 und Nr. 33 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen ({1}).
Wer für die Annahme der in den beiden Umdrucken gegebenen Empfehlungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe. - Die Empfehlungen sind angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung erledigt.
Ich berufe die nächste, die 157. Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Freitag, den 6. Juli, 9 Uhr.
Die 156. Sitzung ist geschlossen.