Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 148. Sitzung des Deutschen Bundestages. Ich bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Schmidt ({0}), Keuning, Dr. Henle, Ahrens. Entschuldigt sind die Abgeordneten Henßler, Gockeln, Neuburger.
Meine Damen und Herren, ich darf darauf hinweisen, daß die heutige Tagesordnung nach einer Vereinbarung im Altestenrat erweitert werden soll durch die Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dr. Müller ({0}), Kriedemann, Dannemann, Tobaben, Wartner, Dr. Glasmeyer und Genossen betreffend Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft, Drucksache Nr. 2304. - Ich darf annehmen, daß das Haus mit dieser Erweiterung der Tagesordnung einverstanden ist.
Dann darf ich noch auf folgendes aufmerksam machen. Die Drucksachen Nrn. 1983 und 2229 für die morgen als Punkt 1 der Tagesordnung anstehende dritte Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsteuergesetzes sind vergriffen. Beide Drucksachen sind bereits dreimal bzw. viermal an die Abgeordneten verteilt worden. Ich bitte freundlichst, diese Drucksachen für die morgige Beratung mitzubringen, da eine nochmalige Verteilung nicht möglich ist.
Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Richter zum Wort gemeldet. - Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landsberger Hinrichtungen verstoßen gegen das deutsche Grundgesetz,
({0})
gegen die Gesetze der Humanität
({1})
und haben das Verhältnis Deutschlands zu den Alliierten schwer belastet.
({2})
Herr Abgeordneter Dr. Richter, Sie wollten zur Geschäftsordnung sprechen!
Ich gestatte mir, Herr Präsident, erstens die Bundesregierung zu fragen,
({0})
ob sie im Hinblick auf ihre vor den Hinrichtungen gegen die Landsberger Prozesse geäußerten Bedenken
({1})
nach der vollzogenen Vollstreckung bereit ist, eine offizielle Erklärung im Namen des deutschen Volkes abzugeben; zweitens: Hält es die Bundesregierung in Ansehung der Landsberger Praktiken für möglich, unverändert vertrauensvoll mit der amerikanischen Hohen Kommission zusammenzuarbeiten?
Herr Abgeordneter, ich verstehe Ihre geschäftsordnungsmäßige Bemerkung so, daß Sie beantragen wollten, diesen Ihren Antrag auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Das wäre nur möglich, wenn kein Abgeordneter widerspricht. Darf ich fragen, ob widersprochen wird?
({0})
- Es wird widersprochen. Der Antrag, diesen Punkt auf die heutige Tagesordnung zu setzen, ist abgelehnt.
Weiterhin wünscht der Abgeordnete Hedler das Wort zur Geschäftsordnung zu nehmen.
({1})
- Bitte, Herr Abgeordneter!
Hedler ({2}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie ich bereits in der Sitzung des Hohen Hauses Vom 6. Juni 1951 ausdrücklich erklärt habe, bin ich bereit, mich freiwillig dem Gericht zu stellen.
({3})
Ich möchte jedoch hinzufügen, daß meine Bereitschaft sich nur auf die sitzungsfreien, d. h. im allgemeinen auf drei Tage in der Woche erstreckt. Solange allerdings der auf die Initiative des schleswig-holsteinischen Justizministers Wittenburg gegen mich erlassene Haftbefehl nicht aufgehoben wird, sehe ich mich leider genötigt, von einer Realisierung meiner Bereitschaft abzusehen.
({4})
Herr Abgeordneter Hedler, Sie haben das Wort zur Geschäftsordnung, nicht zu einer persönlichen Bemerkung.
Hedler ({0}): Ja, Herr Präsident, ich wollte diese Bemerkung machen, weil ich gestern die Erklärung nicht mehr abgeben konnte.
Herr Abgeordneter Hedler, Sie haben die Möglichkeit, nach Schluß der Beratung zu persönlichen Bemerkungen das Wort zu nehmen. Zur Geschäftsordnung können Sie nur Anträge stellen, die die Geschäftsordnung betreffen. Offenbar haben Sie nicht die Absicht.
({0})
Hedler ({1}): Es handelt sich darum, daß ich auf Schritt und Tritt im Bundeshaus verfolgt werde.
Klagen wegen des AufSchritt-und-Tritt-Verfolgtwerdens im Bundeshaus bitte ich an mich zu richten. Ich bin für die Aufrechterhaltung der Ordnung im Bundeshaus zuständig.
Hedler ({0}): Gut, Herr Präsident!
Dann brauche ich Ihnen also das Wort zur Geschäftsordnung weiterhin nicht zu erteilen.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der Bayernpartei eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland ({0}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf nach Begründung durch die Antragsteller ohne Debatte dem Ausschuß zu überweisen.
Zur Begründung Herr Abgeordneter Dr. Etzel ({1}), bitte!
Dr. Etzel ({2}) ({3}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Bundestag liegen zwei formulierte Vorschläge zur Änderung des Wahlgesetzes vor, nämlich die Anträge der Fraktion der Bayernpartei vom 2. März 1950 auf Drucksache Nr. 650 und vom 23. Mai 1951 auf Drucksache Nr. 2271. Der erste Antrag will die gleichzeitige Mitgliedschaft in der Regierung eines Bundeslandes und im Bundestag ausschließen, der zweitgenannte das Wahlgesetz den wesentlich veränderten Auffassungen über die Entnazifizierung anpassen. Der Gesetzesänderungsantrag der Fraktion der Deutschen Partei vom 19. April 1951 auf Drucksache Nr. 2178 ist von ihr am 9. Mai in der 140. Sitzung des Bundestages zurückgenommen worden. Der nicht datierte Antrag der Abgeordneten Dr. Jäger und Genossen über die Unzulässigkeit von Doppelmandaten - Drucksache Nr. 724 - hat nicht eine förmliche Änderung des Wahlgesetzes zum Gegenstande, würde aber seine tatsächliche Änderung zur Folge haben.
Die erste Beratung der Drucksachen Nrn. 650 und 724 fand in der 58. Sitzung am 26. April vorigen Jahres mit dem Ergebnis statt, daß sie zunächst dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht, später dem Ausschuß zum Schutze der Verfassung überwiesen wurden. Die zweite und dritte Beratung war für die Tagesordnung der 92. Sitzung am 18. Oktober 1950 auf der Grundlage des Mündlichen Berichts des 5. Ausschusses vorgesehen. Indes wurde weder die zweite Beratung zu Ende geführt noch die dritte begonnen, sondern der Bericht an den Ausschuß zurückverwiesen. Dies wurde vor allem deswegen für zweckmäßig erachtet, weil aus der Mitte des Hauses eine Reihe von Änderungsvorschlägen dazu eingereicht worden war. Seitdem liegen die beiden Gesetzesvorschläge wieder bei dem 5. Ausschuß.
Der heute zur ersten Beratung anstehende Gesetzesvorschlag der Fraktion der Bayernpartei ist dadurch veranlaßt, daß die Bestimmung des § 5 Abs. 1 c) des Wahlgesetzes praktisch den Entnazifizierten der Gruppen III und IV auch heute noch
die rechtliche Möglichkeit vorenthält, in den Bundestag gewählt zu werden; denn nach ihr ist nur der Wahlberechtigte wählbar, der „nach dem am 8. Mai 1949 geltenden Recht des Landes, in dem er kandidiert, zum Landtag wählbar wäre". Diese Bestimmung ist überholt und veraltet; sie steht wie ein erratischer Block in einer inzwischen völlig verwandelten politischen Wirklichkeit. Kein Verständiger leugnet heute noch, daß die Entnazifizierung und die Art ihrer Durchführung ein folgenschwerer Stoß mitten in das Herz des Rechtsgedankens, eine Sünde wider die politische Klugheit und Vernunft und ein erschütternder Schlag gegen die Demokratie war.
Aus dieser Erkenntnis hat der Bundestag in seiner 108. Sitzung am 15. Dezember 1950 die im Mündlichen Bericht des 5. Ausschusses beantragten Richtlinien - es handelt sich um die. Drucksache Nr. 1658 - beschlossen. Diese Richtlinien sollten den Regierungen der elf Länder zur Herbeiführung einer übereinstimmenden Abschlußregelung übermittelt werden und wurden ihnen auch, wie der Herr Bundeskanzler in seinem Bericht vom 10. Mai an den Herrn Präsidenten des Bundestages ausführte, am 13. Februar dieses Jahres mit der Anregung übermittelt, sich die Verwirklichung der in den Empfehlungen des Bundestages angestrebten Ziele angelegen sein zu lassen.
In der Ziffer 6 des Abschnittes I ist bestimmt: Beschränkungen des aktiven und passiven Wahlrechts entfallen mit Wirkung vom 1. April 1951, mit Ausnahme der Beschränkungen des passiven Wahlrechts für die Gruppen ({4}) I und II.
Mit dieser politischen Grundmeinung des Bundestages ist die Vorschrift des § 5 Abs. 1 c) nicht mehr vereinbar. Der Gesetzgeber hat vermutlich weder eine so grundlegende Wandlung in den Auffassungen über die Entnazifizierung vorausgesehen noch wahrscheinlich mit einer so großen Anzahl von Nachwahlen zum ersten Bundestag gerechnet, wie sie tatsächlich erfolgt sind. Bis jetzt sind aus dem Bundestag nicht weniger als 23 seiner ursprünglichen Mitglieder ausgeschieden und 22 andere für sie eingetreten. Der Ersatz eines Abgeordneten, des leider so jäh aus dem Leben geschiedenen Kollegen Roth, ist noch nicht erfolgt. 10 von 23 Abgeordneten haben ihr Mandat niedergelegt, 12 sind verstorben. Der Herr Bundespräsident ist durch die Wahl zu seinem hohen Amt ausgeschieden. In 7 Fällen einschließlich des Falles des Kollegen Roth sind Nachwahlen notwendig geworden. ' Bei der Auswahl und Aufstellung von Kandidaten für diese Nachwahlen hat sich die Bestimmung des § 5 des Wahlgesetzes wiederholt als höchst hinderlich und nachteilig erwiesen. Es ist an der Zeit, sie zu ändern, auch und gerade dann, wenn damit gerechnet oder darauf spekuliert werden wollte, daß dieser Bundestag vor Ablauf seiner Wahlperiode zu Ende geht.
Der Herr Bundeskanzler hat in seinem Bericht an den Herrn Präsidenten des Bundestages mitgeteilt, daß eine Stellungnahme der Länder zu den ihnen am 13. Februar übermittelten Anregungen noch nicht vorlag. Es ist in der Tat notwendig, daß die Länder vor allem in diesem politischen Bereich, um den es jetzt in der Beratung geht, alsbald eine übereinstimmende Regelung treffen.
Aus einer Zusammenstellung, die ich dem freundlichen Entgegenkommen des Bundesinnenministeriums verdanke, geht klar hervor, daß in den Regelungen der einzelnen Länder in dieser Beziehung
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noch eine außerordentlich große Buntscheckigkeit besteht. Bremen, Hessen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern bestimmen, daß Personen wählbar sind, die bei der Entnazifizierung in die Gruppen III und IV eingestuft sind. In Baden sind die Mitläufer wählbar, die Minderbelasteten erst nach Ablauf der Bewährungsfrist, frühestens mit dem 1. Januar 1953. In Bayern sind die Minderbelasteten und Mitläufer wählbar, sofern sie nicht bestimmten Gruppen von Amtsträgern der ehemaligen NSDAP und anderer Einrichtungen angehört haben. In Hamburg sind nur Mitläufer wählbar, dagegen nicht Angehörige der Gruppe In Niedersachsen sind die Betroffenen der Gruppe IV wählbar. In Nordrhein-Westfalen sind ,die Betroffenen der Gruppe III auf keinen Fall wählbar, die Betroffenen der Gruppe IV nur dann, wenn im Einzelfall nach dem Entnazifizierungsbescheid die staatsbürgerlichen Rechte nicht oder nicht mehr eingeschränkt sind.
Diese Buntheit in den bestehenden Regelungen macht es notwendig, daß die Länder nun ungesäumt der einladenden Aufforderung des Bundestags und der Bundesregierung Folge geben. An und für sich würde der Gesetzesvorschlag der Bayernpartei zu einer unmittelbaren Abstimmung reif sein. Ich gebe aber zu, daß es zweckmäßig sein kann, ihn in der weiteren Beratung mit den an den 5. Ausschuß zurückverwiesenen Gesetzesanträgen zu kombinieren und die sehr freundliche Bitte an den Herrn Vorsitzenden hinzuzufügen, die Materie nun endlich aus dem tiefgründigen Schoß des 5. Ausschusses herauszubringen.
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Meine Damen und Herren, nach dem Vorschlag des Ältestenrats sollte eine Besprechung nicht stattfinden. Der Abgeordnete Dr. Etzel hat Überweisung an den 5. Ausschuß beantragt; das ist der Ausschuß zum Schutze der Verfassung. Darf ich die Frage stellen, ob das Haus mit dieser Überweisung einverstanden ist? Es wird sich ja wohl kaum vermeiden lassen, auch an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu überweisen. Darf ich zunächst fragen, wer für die Überweisung an den 5. Ausschuß, den Ausschuß zum Schutze der Verfassung, ist?_ - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Darf ich nun fragen, wer auch für die Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht ist? - Das ist offenbar auch die Mehrheit. Federführend ist der Ausschuß zum Schutze der Verfassung.
Dann rufe ich auf den Punkt 2 der heutigen Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen ({0}) und des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit ({2}) ({3})
({4});
Erste, zweite und dritte Beratung des von den
Abgeordneten Dr. Krone, Dr. Reif und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über 1 den Sitz des Bundesaufsichtsamtes für das private Versicherungswesen ({5}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, daß die Gesamtaussprachezeit zu diesem Punkt 60 Minuten betragen soll. - Das Haus ist damit einverstanden.
Berichterstatter zu Punkt 2 a ist der Abgeordnete Ruhnke. Darf ich ihn bitten, das Wort zu nehmen.
Ruhnke ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei dieser Materie bekanntlich nicht um die Sozialversicherung, sondern um das vielfältige Versicherungswesen außerhalb der Sozialversicherung. Hierzu gehören einerseits die privaten Versicherungsgesellschaften, die hauptsächlich in der Unternehmungsform der Aktiengesellschaft oder des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit auftreten. Andererseits sind aber hier die öffentlichrechtlichen Versicherungsanstalten zu nennen, beispielsweise die Landesbrandkassen oder die Provinziallebensversicherungsanstalten.
Versicherung ist Hilfe, ja sie ist sogar soziale Gemeinschaftshilfe zur Abwehr einer drohenden Gefahr. Bei der gewaltigen Entwicklung dieses Versicherungswesens und der Bedeutung der bestehenden 'Gesellschaften als Kapitalsammelstellen ist es selbstverständliche Pflicht des Bundes, eine gesetzliche Grundlage zur Beaufsichtigung der Versicherungsgesellschaften zu schaffen. Nach der Weimarer, aber auch schon nach der vorhergehenden Bismarckschen Verfassung stand dem Reich die Gesetzgebung nicht nur für die Sozialversicherung, sondern auch für das gesamte übrige Versicherungswesen zu. Hinsichtlich der Sozialversicherung hat sich beim Bund nichts geändert. Dagegen verleiht das Grundgesetz nach Art. 74 Ziffer 11 dem Bund nur die Gesetzgebungskompetenz für privatrechtliche Versicherungen.
Obwohl das ehemalige Reich schon seit der Errichtung des Reichsaufsichtsamtes im Jahre 1901 die praktische wie auch die verfassungsrechtliche Möglichkeit hatte, die öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten außerhalb der Sozialversicherung dem Reichsaufsichtsamt zu unterstellen, hat es dies zunächst nicht getan. Erst der nationalsozialistische Staat hat im Jahre 1,943 diese öffentlichrechtlichen Versicherungsanstalten unter die Reichsaufsicht gestellt, und zwar mit der Begründung einer vereinfachenden Kriegsmaßnahme.
Die Frage ist nun, ob eine Regelung entsprechend derjenigen aus dem Jahre 1943 heute im Bundesgebiet zulässig ist. Nach Auffassung der Bundesregierung läßt es die Kompetenz für privatrechtliches Versicherungswesen nicht zu, die öffentlich-rechtlichen Versicherungsinstitute in ein Bundesaufsichtsamt einzubeziehen. Demgegenüber weisen aber vor allem die Privatversicherer darauf hin, daß ein Teil der öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten, nämlich die sogenannten Wettbewerbsanstalten, privatrechtliche Versicherungsverträge abschließen und daß daher diese öffentlichen Wettbewerbsanstalten dem Bundesaufsichtsamt unterstellt werden müßten.
Der Ausschuß für Geld und Kredit hat sich mit dieser Frage eingehend befaßt und ist dann mit Mehrheit zu dem Entschluß gekommen, eine zentralistische Versicherungsaufsicht abzulehnen. Er hat dann beschlossen, der Bundesaufsicht für das
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Versicherungswesen erstens die privaten Versicherungsunternehmen zu unterstellen, die im Bundesgebiet ihren Sitz, eine Niederlassung oder eine Geschäftsstelle haben oder auf andere Weise das Versicherungsgeschäft betreiben.
Im Gesetz ist die Möglichkeit vorgesehen worden, daß der Bundesminister für Wirtschaft auf Antrag des Bundesaufsichtsamtes die Aufsicht über private Versicherungsunternehmen geringerer wirtschaftlicher Bedeutung auf die zuständige Landesbehörde überträgt. In diesem Falle ist die Zustimmung der betreffenden Landesregierung erforderlich. Eine Rückübertragung ist auf Antrag des Bundesaufsichtsamtes vorgesehen, wenn die betreffenden Unternehmen eine größere wirtschaftliche Bedeutung erlangen.
Zweitens hat der Ausschuß beschlossen, das private Bausparwesen - nicht das öffentliche - unter die Versicherungsaufsicht zu stellen. Dasselbe gilt drittens für die öffentlich-rechtlichen Wettbewerbs-Versicherungsunternehmen, die über den Bereich eines Landes hinaus tätig sind. Da sich aber durch die Grenzziehung im Jahre 1945 der Geschäftsbereich öffentlich-rechtlicher Versicherungsanstalten in einigen Fällen nicht mehr mit den Ländergrenzen deckt, ist im Gesetz eine Übergangsregelung für die Dauer von zwei Jahren vorgesehen worden. Gedacht ist insbesondere an die Verhältnisse in Bayern, aber auch in anderen Ländern der Bundesrepublik.
Das Gesetz bietet auch die Möglichkeit, daß auf Antrag der zuständigen Landesregierung die Fachaufsicht über diejenigen öffentlich-rechtlichen Wettbewerbs-Versicherungsunternehmen, deren Tätigkeit sich auf ein Land beschränkt, vom Bundesaufsichtsamt übernommen werden kann. Eine entsprechende Rückübertragung ist ebenfalls auf Antrag vorgesehen.
Ausgeschlossen von der Bundesaufsicht bleiben hiernach die sogenannten Monopolanstalten und die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen, soweit sie nicht privatrechtliche Verträge abschließen. Das Gesetz ermöglicht jedoch auch die Einbeziehung dieser Versicherungsunternehmen, wenn die beteiligten Landesregierungen einen entsprechenden Antrag stellen. Auch hier kann eine Rückübertragung auf Antrag erfolgen.
Die ministerielle Zuständigkeit für das Versicherungsaufsichtsrecht lag bisher beim Bundesminister der Finanzen. Der Ausschuß für Geld und Kredit hat infolge seiner grundsätzlichen Einstellung, wonach für das Geld-, Kredit- und Versicherungswesen das Wirtschaftsressort federführend sein soll, in den Gesetzentwurf den Kompetenzübergang auf den Wirtschaftsminister eingearbeitet.
Das frühere Reichsaufsichtsamt stellte hinsichtlich seines Verfahrens eine Mischung zwischen Verwaltungsbehörde und Verwaltungsgericht dar. Diese Regelung läßt sich mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes nicht vereinbaren. Der für diese Sonderfrage eingesetzte Arbeitsstab des Ausschusses hat daher die Aufhebung der betreffenden Vorschriften des im übrigen als Bundesrecht fortgeltenden Aufsichtsgesetzes vorgeschlagen. Aufgabe der Bundesregierung wird es sein, durch Rechtsverordnung ein geeignetes neues Verfahren zu bestimmen. Demgemäß hat der Ausschuß den § 10 Abs. 2 dahingehend geändert, daß diese im Rahmen des früheren Reichsaufsichtsamtes durchgeführte besondere Verwaltungsgerichtsbarkeit beseitigt wird. Der
Ausschuß war der Ansicht, daß diese Frage schon in dem jetzt vorliegenden Gesetz geregelt werden soll und nicht bis zur Neuordnung der VAG, des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen, zurückgestellt werden kann.
Ich bitte namens des Ausschusses das Hohe Haus, dieses wichtige Gesetz in der vorgetragenen Form anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Zur Begründung des von den Abgeordneten Dr. Krone, Dr. Reif und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Sitz des Bundesaufsichtsamts für das private Versicherungswesen hat Herr Abgeordneter Dr. Tillmans das Wort.
Dr. Tillmanns ({0}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf Drucksache Nr. 2199 sieht vor, daß das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen seinen Sitz in Berlin haben soll. Wir haben in diesem Hohen Hause schon mehrfach über die Errichtung von Bundesbehörden in Berlin verhandelt. Dabei ist von allen Seiten der gemeinsame Wille zum Ausdruck gebracht worden, Bundesbehörden, soweit irgend möglich, nach Berlin zu legen. Das ist notwendig, nicht nur im Blick auf die 'große politische Bedeutung dieser Stadt, zur Stärkung ihrer politischen Position, die für die Wiedervereinigung Deutschlands von entscheidender Bedeutung ist, sondern auch im Blick auf die unumgänglich erforderliche Überwindung der Arbeitslosigkeit in Berlin, von der in erster Linie Verwaltungsangestellte und Behördenbedienstete betroffen sind. Auch die Bundesregierung hat mehrfach ihren Willen bekundet, Bundesbehörden in Berlin zu errichten. Dabei ist in dem Beschluß der Bundesregierung vom Februar dieses Jahres ausdrücklich erklärt worden, daß technische Schwierigkeiten, soweit diese zumutbar sind, in Kauf zu nehmen seien.
Leider haben diese Willenserklärungen des Bundestages und der Bundesregierung bisher nur sehr spärliche konkrete Folgen gehabt. Nun ist es aber notwendig, bei der Errichtung des Aufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen aus diesen wiederholten Willenserklärungen eine wirklich praktische Folgerung zu ziehen. Bei der Beratung über den Sitz des Bundesverfassungsgerichts und bei dem Beschluß dieses Hohen Hauses, das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe zu legen, war für einen großen Teil der Abgeordneten Voraussetzung für diese ihre Abstimmung, daß das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen nach Berlin kommt. Die Bundesregierung hat ihrerseits den Beschluß gefaßt, das Aufsichtsamt für das Versicherungswesen nach Berlin zu legen, und gelegentlich der Sitzung des Berlin-Ausschusses des Bundestages hat der Herr Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen diesen Beschluß in Berlin der Offentlichkeit zur Kenntnis gegeben. Danach sind, so scheint mir, Bundesregierung und Bundestag der Stadt Berlin im Wort. Ich denke, bei dieser Situation ist keine lange Diskussion erforderlich, sondern es wäre in Anbetracht der großen politischen Bedeutung, auf die ich eingangs hingewiesen habe, gut, wenn wir diesem Beschluß der Bundesregierung möglichst einmütig beitreten würden.
Die gegen diese Lösung vorgebrachten Bedenken sind rein technisch-verwaltungsmäßiger Natur. Es ist einleuchtend, daß jede Verlegung einer obersten
({1})
) Bundesbehörde nach Berlin in der heutigen Situation gewisse technische Erschwerungen mit sich bringt. Wenn dieser Gesichtspunkt der technischen Bequemlichkeit der entscheidende und allein ausschlaggebende sein würde, dann wäre in keinem Fall die Verwirklichung unserer gemeinsamen Absicht, Bundesbehörden nach Berlin zu legen, möglich. Ich darf nochmals darauf hinweisen, daß auch die Regierung in ihrem Beschluß erklärt hat, daß technische Schwierigkeiten, soweit zumutbar, in Kauf genommen werden müssen. Der Berlin-Ausschuß des Bundestages hat im vorigen Jahre in eingehenden Beratungen unter Hinzuziehung von Sachverständigen der verschiedenen beteiligten Gruppen die Frage geprüft, ob die Verlegung des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen nach Berlin möglich ist. Diese Frage ist seinerzeit im Berlin-Ausschuß nicht endgültig geklärt worden. Aber die Meinungsäußerungen aller Sachverständigen gingen dahin, daß, wenn überwiegende politische Gesichtspunkte für die Errichtung dieses Amtes in Berlin sprechen, dann gewisse technische Unbequemlichkeiten nicht nur in Kauf zu nehmen seien, sondern sehr wohl in Kauf genommen werden könnten. Ich glaube, daß diese Stellungnahme, die seinerzeit erarbeitet worden ist, auch für den 'Beschluß des Bundestages maßgebend sein sollte. Der Personen- und Schriftverkehr nach Berlin ist in jeder Weise reibungslos möglich. Durch die Errichtung dieses Amtes in Berlin entstehen auch keineswegs höhere Kosten; im Gegenteil, die einmaligen Aufwendungen für die Errichtung des Amtes und der notwendigen Dienstgebäude sind in Berlin denkbar gering, weil das alte Reichsaufsichtsamt nur mit verhältnismäßig geringem Kostenaufwand wiederhergestellt werden kann und für den Betrieb der Behörde ausreichend zur Verfügung steht. In anderen Städten des Bundesgebietes würden für die Errichtung der Dienstgebäude sehr, viel höhere einmalige Kosten aufgewandt werden müssen.
Die anderen vorliegenden Anträge, die vorsehen, daß das Bundesaufsichtsamt entweder in Hamburg oder in München errichtet werden und daß dann Außenstellen errichtet werden sollen, darunter auch eine in Berlin, sind gegenüber den Gesichtspunkten, die ich hier zu vertreten die Ehre habe, ein glattes Nein. Denn eine derartige Außenstelle würde weder in politischer noch in anderer Hinsicht den Zweck erfüllen, den wir bei der Entscheidung, vor der wir stehen, primär im Auge haben.
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Jedes Nein gegenüber Berlin bedeutet heute aber eine Schwächung der Position Deutschlands und unseres gesamtdeutschen Zieles in der großen weltpolitischen Auseinandersetzung, in der wir stehen.
Daher, meine Damen und Herren, bitte ich um die Ablehnung dieser anderen Anträge und um die Zustimmung zu dem Antrag Drucksache Nr. 2199 bzw. zu dem inhaltlich gleichlautenden Antrag der Fraktion der SPD nach Umdruck Nr. 194.
({3})
Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt zunächst auf zur Einzelbesprechung: § 1 des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen. Ich weise darauf hin, daß zu dem § 1 Satz 2 Änderungsanträge gemäß den Umdrucken Nrn. 170, 185 und 194 vorliegen.
Zur Begründung des Antrages Umdruck Nr. 170 hat sich Herr Abgeordneter Dr. Brönner zum Wort gemeldet. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe, zu dem Umdruck Nr. 170 Stellung zu nehmen und ihn zu begründen. Der Antrag lautet:
Es hat seinen vorläufigen Sitz in Hamburg und unterhält Außenstellen in Berlin, Köln und München.
Wir haben eben die eindringlichen Ausführungen des Herrn Kollegen Tillmanns gehört. Wir stehen alle auf dem Standpunkt, daß wir uns sehr bemühen müssen, Berlin in jeder Weise zu unterstützen. Wir haben diesen Anträgen, die nach der Richtung gestellt worden sind, bisher auch immer wieder zugestimmt: Wenn hier einige unserer Kollegen sich erlauben, einen Antrag zu stellen, den Sitz dort zu belassen, wo er ist, dann soll das keine Beiseiteschiebung Berlins sein,
({0})
sondern es sind Gründe, die immerhin beachtlich sind. Wir sind ja auch duldsam genug, um die Gesichtspunkte eines anderen ebenso zu würdigen 'wie auch, wenn andere hier einen Vorschlag machen und einen Antrag stellen, den ebensogut anzuhören, zu erwägen und dazu Stellung zu nehmen.
Ich darf über die Gesichtspunkte, die für diesen Antrag maßgebend sind, folgendes anführen. Einmal sind es die erheblichen einmaligen und laufenden Mehrkosten.
({1})
Das Amt ist zur Zeit in Hamburg. Dort sind die Gebäude, dort wohnen die Beamten und Angestellten; es ist nicht notwendig, neue Gebäude zu errichten oder erheblich zerstörte Gebäude wie in Berlin wiederherzustellen. Wenn es sich darum handeln würde, eine neue Behörde irgendwohin zu errichten, dann läge der Fall anders. Hier aber müßten diese Angestellten mit Sack und Pack nach Berlin, müßten schauen, ob und wann sie dort eine Wohnung bekommen; es würde dadurch ihre Arbeitsfreudigkeit bestimmt nicht vermehrt.
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Zu diesen einmaligen Kosten kommen die laufenden Kosten, die mit dem Weg von Berlin nach der westdeutschen Bundesrepublik verbunden sind. Diese laufenden Mehrkosten bestehen vor allem darin, daß die Prüfungsbeamten von Berlin laufend ihre Reisen nach dem Westen machen müßten, wo ja die Versicherungsunternehmungen untergebracht sind. In Berlin sind rund 2,7 % der Versicherten, und im übrigen Deutschland wohnen 97,5 % der Versicherten. Eine Behörde, die die Aufgabe hat, die Versicherungsunternehmen zu überwachen und für die Versicherten dazusein, gehört auch dorthin, wo die große Mehrzahl dieser Versicherten sich befindet. Wir muten außerdem der privaten Wirtschaft erhebliche Mehrkosten zu. Das Bundesaufsichtsamt hat die Aufgabe, den Schutz der Versicherten zu gewährleisten. Die privaten Versicherten, die Prämienzahler, haben ein Anrecht darauf, daß diese Aufgabe mit den geringsten Kosten durchgeführt wird. Alle Mehrkosten, die mit Berlin zusammenhängen, werden auf die Versicherten umgelegt und abgeladen. Wir haben hier schon einmal eine Auseinandersetzung darüber gehabt, wo man am meisten sparen könnte, in Frank({3})
furt oder in Bonn. Damals wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, es sei eine Verschwendung ohnegleichen und es könne nicht verantwortet werden, den Bundestag nach Bonn zu verlegen. Andere waren anderer Auffassung. Aber eines steht hier fest: Wenn diese einmaligen und laufenden Mehrkosten durch den Sitz in Berlin den Prämienzahlern, der großen Masse der Versicherten zugemutet werden, dann gehen wir über unsere Befugnisse weit hinaus. Wenn es sich um Steuerzahler handeln würde, die da die Aufgabe haben, die Mehrkosten aufzubringen, wenn also diese Kosten allgemein umgelegt würden, könnte man das verstehen. Hier müssen die Versicherten Mehrkosten in Form von Prämien deshalb aufbringen, weil wir den Beschluß fassen: das Amt kommt nicht dorthin, wo es am billigsten verwaltet werden könnte und wo es schon besteht, nämlich nach Hamburg, sondern das Amt kommt nach Berlin, und ihr Versicherten-ihr habt einfach die Mehrkosten zu bezahlen! Wir haben als Abgeordnete wirklich keinen Grund, unseren guten Ruf in der Masse der Bevölkerung noch mehr zu verschlechtern, d. h. neue zusätzliche Leistungen zu verlangen, wo es nicht notwendig ist.
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Und so, glaube ich, wird man sich bei vernünftiger Abwägung der Dinge doch sagen müssen: Es ist wohl zu überlegen, ob man diese Mehrkosten dein Amt selbst, den zahlreichen Versicherungsunternehmen, den Prämienzahlern und all diesen Stellen zumuten kann.
Dazu kommen an zweiter Stelle die Gefahren und Schwierigkeiten. Die ganzen Akten werden nach Berlin transportiert. Wir wissen, welche Gefahren heute mit jedem Transport über die Ostzone verbunden sind.
({5}) Wir wissen daneben auch, wie schwierig es heute für die Vertreter der Versicherungsunternehmen ist, über die Ostzone nach Berlin zu kommen. Entweder brauchen sie einen Interzonenpaß, der nicht so leicht zu haben ist, oder sie brauchen ein Flugzeug. Beides ist nicht unter allen Umständen gesichert. Die Versicherungsunternehmen haben aber eine so wichtige Aufgabe. Das Bundesaufsichtsamt ist eine für die Gesamtwirtschaft so bedeutsame Behörde, daß wir es kaum verantworten können, der Versicherungswirtschaft dieses Risiko zuzumuten.
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Weiter ist es fraglich, ob die Funktionsfähigkeit dieses Bundesaufsichtsamts in Berlin gesichert ist. Ein Amt soll möglichst dort sein, wo die Menschen wohnen, die durch dieses Amt betreut werden sollen. Also gehört es, rein sachlich gesprochen, dahin, wo 97,5 °/o der Versicherten wohnen.
Wenn Sie ferner etwas Rücksicht nehmen wollen auf die Stellungnahme der Verbände der Versicherten wié die der Versicherungsunternehmen -- eine ganze Reihe, die alle der Auffassung sind, daß aus vielen Gründen das Versicherungsaufsichtsamt in der westdeutschen Bundesrepublik bleiben solle -, wenn Sie der Meinung sind, daß diese Versicherungsunternehmen und auch die Versicherten hier zu hören sind, dann darf man über diese berechtigten Forderungen nicht einfach hinweggehen.
Meine Frauen und Männer! Wenn der Sitz des Amtes in Hamburg bleibt und die bereits organisch
gewachsenen Nebenstellen in Berlin und München weiter bestehen bleiben, dann ist damit eine Regelung getroffen, die wohl alle Beteiligten zufrieden stellen kann.
Man erwartet in Berlin sehr viel mehr von diesem Bundesaufsichtsamt, als es sicherlich bieten kann und bieten wird. Glauben wir ja nicht, daß die Zentralverwaltungen der Versicherungsunternehmungen nun deshalb wieder nach Berlin wandern würden! Sie werden es nicht tun, in der Überzeugung, daß sie dort in zu hohem Maße gefährdet sind. Wir können es einfach nicht verantworten, dem deutschen Volke noch Lasten aufzubürden, die vermieden werden können. Wenn es sich darum handeln würde, eine neue Bundesbehörde zu schaffen, die nicht so engen Kontakt mit den Beteiligten haben müßte, dann könnte man diese Verlegung nach Berlin verstehen.
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Wer all diese Überlegungen überdenkt und das Beste des Bundesaufsichtsamts, der Versicherungsunternehmen und der Versicherten im Auge hat, der wird auch unseren Antrag verstehen und ihm zustimmen.
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Herr Abgeordneter Dr. Brönner, ich möchte nur verhindern, daß den Bemühungen, die wir alle um die Verbesserung des Rufes dieses Hauses haben, dadurch Schaden getan wird, daß Ihre Äußerung kolportiert wird, wir hätten keine Veranlassung, unseren guten Ruf noch mehr zu verschlechtern. Das scheint mir nicht möglich zu sein.
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Ich würde dankbar sein, wenn das nicht weiter . verbreitet würde.
Zur Begründung des Antrages auf Umdruck Nr. 194 Herr Abgeordneter Brandt, bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe hier den Antrag zu begründen, der Ihnen als Umdruck Nr. 194 von der sozialdemokratischen Fraktion unterbreitet worden ist. Ich darf sagen, daß es unserer Meinung nach richtiger wäre, die Sitzfrage im Gesetz selbst zu entscheiden. Inhaltlich deckt sich ja dieser Vorschlag mit dem Antrag den der Herr Kollege Dr. Tillmanns begründet hat. Aber wenn unser Antrag angenommen würde - darüber sind wir uns doch wohl alle einig -, dann würde damit der andere überflüssig sein. Ich kann mich auch auf einen Teil der Begründung beziehen, die der Herr Kollege Dr. Tillmanns hier vorgetragen hat. Wir können aber als sozialdemokratische Fraktion nicht darauf verzichten, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß die Behandlung der Frage der Verlegung von Bundesbehörden nach Berlin kein Ruhmesblatt des offiziellen Bonn ist. Dreimal hat sich dieses Hohe Haus für die Verlegung von Bundesbehörden nach Berlin ausgesprochen, und zwar am 21. Oktober' 1949, im Mai vergangenen Jahres und Herbst vergangenen Jahres. Die Bundesregierung hat einen im Grunde unverpflichtenden Zwischenbescheid im März 1950 erteilt. Sie hat im März dieses Jahres einen neuen Bescheid erteilt, der sich dadurch auszeichnete, daß
({0})
er inhaltlich hinter den Vorschlägen zurückblieb, die ein Jahr zuvor diesem Hause gemacht worden waren.
Inzwischen hat sich das Kabinett auf Grund der starken Enttäuschung, die die Kabinettsliste vom März dieses Jahres hervorgerufen hatte, veranlaßt gesehen, in der Frage des Bundesaufsichtsamts, mit der wir uns heute zu befassen haben, seinen ursprünglichen Standpunkt zu revidieren. Am 18. April hat nun in diesem Hause auch der gemeinsame Sprecher der drei Regierungsparteien bei der Aussprache über den Sitz des Bundesverfassungsgerichts von einem gewissen Junktim zwischen dem Verfassungsgericht und dem Bundesaufsichtsamt gesprochen. Wenn das eine nach Karlsruhe käme, solle das andere nach Berlin kommen. Meine politischen Freunde hatten sich diese Verkoppelung nicht zu eigen gemacht; aber es mußte bei uns ernste Verwunderung hervorrufen, daß hier, nachdem ein Kabinettsbeschluß vorlag, zu dem sich vielleicht ja auch der inzwischen hinzugekommene Herr Minister für gesamtdeutsche Fragen noch äußern wird, zwei Anträge aus dem Lager der Regierungskoalition vorliegen, Anträge, die, wenn sie angenommen würden, den Erklärungen, die hier am 18. April von dem Sprecher der drei Parteien abgegeben wurden, nicht Rechnung tragen würden.
Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde und ich möchten nicht den Eindruck aufkommen lassen, als handle es sich bei dieser Frage für uns um eine vorwiegend politische Entscheidung in dem Sinne, daß die politischen Gründe für und die sachlichen Erwägungen gegen Berlin sprächen. Es handelt sich für uns nicht um eine politische Demonstration, sondern um eine aus der Sache und aus nationalpolitischen Gründen heraus zu treffende richtige Entscheidung.
Ich hoffe, daß wir uns bei der Begründung dieses Antrages nicht auch noch mit staatsrechtlichen Einwänden zu beschäftigen brauchen; denn die prinzipielle Frage, ob obere Bundesbehörden ihren Sitz in Berlin haben und von dort für ganz Deutschland tätig hein können, ist längst positiv entschieden, auch durch die Bundesregierung, indem sie vorgeschlagen hat, das Bundesverwaltungsgericht nach Berlin zu legen. Ich hatte, bevor der Herr Kollege Dr. Brönner hier sprach, gehofft, daß wir uns in diesem Hause auch nicht mit dem sehr schwachen - um nicht ein sehr viel stärkeres Wort zu benutzen - Argument auseinanderzusetzen brauchten, in Berlin sei die Sicherheit von Bundesbehörden nicht gewährleistet. Meine Damen und Herren, einer solchen Auffassung liegt eine geradezu groteske Illusion zu Grunde.
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Berlin erfreut sich genau so großer oder genau so beschränkter Sicherheit wie Hamburg, Hannover, Nürnberg oder Bonn.
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Es sei denn, man denkt an eine katastrophenhafte Entwicklung, vor der uns das, Schicksal bewahren möge. Aber auch in einer solchen Situation, meine Damen und Herren, wäre die Sicherheit unserer Menschen und die Sicherheit der hier eben erwähnten, so gewichtigen Akten im Westen nicht größer als in Berlin.
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Ernster zu nehmen ist der Einwand, der Abstand und die Verkehrsschwierigkeiten könnten den Betrieb einer Bundesbehörde in Berlin erschweren.
Was den Abstand angeht, so sollte man sich wirklich vor restdeutschem - ich sage nicht „westdeutschem", sondern „restdeutschem" - Denken bewahren. Berlin liegt nicht in Sibirien, sondern immer noch an der Spree.
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Der Abstand zwischen Köln und Hamburg ist nicht wesentlich kürzer, der zwischen München und Hamburg weiter als der zwischen Bonn und Berlin. Die Beamten der Berliner Aufsichtsbehörde haben den größten Teil ihrer Besuche im Westen auf dem Schienenwege oder auf der Autobahn zurückgelegt. Daneben steht für besonders dringende Reisen zwischen Berlin und dem Westen das Flugzeug zur Verfügung. Der Publikumsverkehr eines Bundesaufsichtsamtes dieser Art wird übrigens häufig überschätzt. Für die zahlenmäßig durchaus übersehbaren Reisen der Beamten zu den Gesellschaften und für Besuche der Vertreter der Versicherungswirtschaft, sofern sie ihren Sitz nicht am Sitz der Aufsichtsbehörde haben, dürfte die Verlegung der Behörde nach Berlin kein ernster Hinderungsgrund sein.
Der Herr Kollege Dr. Brönner hat sich nun eben sehr besorgt über den Transport von Akten geäußert. Zunächst - und auch darüber herrschen sehr irrtümliche Auffassungen - bleiben die Akten ja in der Regel bei den Versicherungsunternehmen und werden nicht bei der Aufsichtsbehörde aufbewahrt. Die paar Mal im Jahre, wo ein Aktenvorgang angefordert wird, kann man ihn auch nach Berlin schicken. Wenn man besondere Vorsicht walten lassen will, kann man sich der Luftpost bedienen. Im übrigen hat die von mir erwähnte Berliner Aufsichtsbehörde diese Akten bei ihren Reisen über die Autobahn mitgenommen, und, meine Damen und Herren, bei allem Respekt vor der Sorge, daß die Sowjets Einblick in die Gegebenheiten der westdeutschen Wirtschaft nehmen könnten, fürchte ich, daß sie auf ganz anderen Wegen sehr viel bessere Einsicht bekommen als aus den Unterlagen der Versicherungswirtschaft.
Nun ist zu sagen, daß gewiß einige größere Aktentransporte notwendig sein werden; nämlich von den Landesaufsichtsbehörden, welche nach 1945 die Akten angelegt haben, die überregionale Gesellschaften betreffen und die zur Bundesbehörde hinmüssen. Wenn aber die Bundesbehörde an einen anderen Sitz verlegt würde, dann müßte ein noch viel größerer Transport stattfinden, nämlich ein Transport der alten, aber noch benötigten Akten des früheren Reichsaufsichtsamtes in Berlin. Übrigens könnte es, meine Damen und Herren, wenn ich es am Rande sagen darf und wenn wir von diesen praktischen Schwierigkeiten, die natürlich bis zu einem gewissen Grade mit den Reisen verbunden sind, sprechen, wahrhaftig nicht schaden, sondern es könnte nur wünschenswert sein, daß möglichst viele praktisch zu lösende Fragen in dieser Bundesrepublik aus dem unmittelbaren Miterleben der Berliner und der gesamtdeutschen Problematik gestaltet werden.
Es gibt noch einen Einwand, den auch der Herr Kollege Dr. Brönner vorgetragen hat; das ist der Kosteneinwand. Es ist zuzugeben, daß vielleicht das Reisekonto ein klein wenig größer sein kann, obgleich es ja auch bei wichtigen Reisen zwischen Hamburg und München manchmal nicht ohne Flugzeug geht, wenn es wirklich eilig ist. Da kostet es nicht weniger als von Berlin. Aber es trifft meiner Meinung nach nicht den Kern der Dinge, wenn man sagt, daß Kosten durch die Errichtung dieses Amtes
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in Berlin in größerer Höhe entstehen als woanders. In Berlin steht das bundeseigene Gebäude. Die Berliner Verwaltung hat überzeugende Berechnungen darüber angestellt, daß die Behörde in der weiteren Entwicklung in Berlin nicht teurer, sondern eher billiger werden würde.
Es ist auch nicht richtig, daß die Beamten in Berlin keine Wohnungen bekommen würden. Der Berliner Senat hat erklärt, daß er sich in der Lage sieht, die Wohnungen unmittelbar zur Verfügung zu stellen. Im übrigen - verzeihen Sie, Herr Kollege Dr. Brönner -, angesichts der Sorge, die Sie heute hier wegen der Wohnungen der Beamten in Berlin ausgesprochen haben, darf doch die Frage gestellt werden, ob man sich dieselbe Sorge gemacht hat, als es darum ging, die Beamten nach Bonn zu bringen.
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Nun darf ich auch noch hinzufügen, daß die Einwände auf dem verkehrstechnischen und dem Kostengebiet nicht als Vorwand benutzt werden dürfen für die Bequemlichkeit und für die Trägheit einzelner Beamten und einzelner Direktoren. Sie können kein Maßstab für die Entscheidung dieses Hohen Hauses sein.
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Maßstab für die Entscheidung dieses Hohen Hauses kann und muß aber sein, daß nach dem Willen dieses Hauses Berlin geholfen werden soll, seine unverschuldet große wirtschaftliche Not zu überwinden. Ein Beitrag dazu kann heute geleistet werden, und zwar auch in der Form, daß wir der Hoffnung Ausdruck geben, gewisse Teile der Versicherungswirtschaft möchten nach Berlin zurückströmen im Zusammenhang mit einer solchen Sitzbestimmung der Bundesaufsichtsbehörde.
Eine Bitte noch: Höhlen Sie bitte das Bundesaufsichtsamt und seine zukünftige Tätigkeit nicht durch die Errichtung sogenannter Außen- und Zweigstellen aus. Es würde sich ein Durcheinander und eine Richtungslosigkeit ergeben, durch die weder den Ländern noch dem Bund noch der Versicherungswirtschaft geholfen wäre.
Abschließend und zusammenfassend wäre nun noch zu sagen, daß die sachlichen Erwägungen nicht gegen, daß aber die gesamtdeutschen Interessen für Berlin als Sitz dieser Bundesbehörde sprechen. Es geht darum, daß hier nicht irgendeine Demonstration veranstaltet, eine Fassadenbehörde durch die Versetzung des einen oder anderen Beamten geschaffen werden soll, sondern darum, daß durch einen praktischen Beschluß der Anspruch der Bundesrepublik auf das ganze Deutschland und auf die deutsche Hauptstadt geltend gemacht werden soll, und zwar nicht nur in Noten und Reden, sondern in der Praxis. Deshalb handelt es sich für meine politischen Freunde und mich auch nicht darum, irgendwelche Stellen und Behörden nach Berlin zu verlegen, sondern gewichtige Behörden, wie es das Bundesaufsichtsamt ist, die von Berlin aus für den ganzen Bund, für Deutschland tätig sein können. Durch einen solchen Beschluß - und hoffentlich künftige Beschlüsse ähnlicher Art - können die Organe der Bundesrepublik Deutschland zeigen, daß sie entschlossen sind, heute schon mit dem einen Bein nach Berlin hinüberzusteigen mit der festen Entschlossenheit, das andere Bein sobald wie möglich nachzuziehen.
Meine Damen und Herren, bringen Sie durch den heute zu fassenden Beschluß zum Ausdruck, daß der Bundestag zu seinem Wort vom 21. Oktober 1949 steht und daß er entschlossen ist, damit zu beginnen, feierliche Bekenntnisse durch positive, praktische Beschlüsse einzulösen.
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Zur Begründung des Antrags Umdruck Nr. 185 hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Etzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Absicht, mich nur mit einigen Takten an dem „Sängerwettstreit", der hier ausgebrochen ist, zu beteiligen.
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Denn es fehlen uns hier nicht nur Tannhäuser und Wolfram von Eschenbach, sondern auch die Wartburg, von der wir in Bonn ziemlich weit entfernt sind.
({1})
Es ist immerhin ein mißlich Ding, sich für die eigene Sache einsetzen zu müssen, aber auf der groben Waage dieser Zeit ist mit feinen Gewichten nichts ausgerichtet. Wenn ich hinzufüge, daß der eigene Glaube an das, was man verkündet, eine Berechtigung dazu geben kann und darf, sich an einem solchen Preislied auf das eigene Haus - ich habe nicht gesagt: auf die eigene Firma, sondern auf das eigene Haus - zu beteiligen, so darf ich für mich eine solche Berechtigung in Anspruch nehmen.
({2})
Wenn wir für München plädieren, so tun wir das aus sachlichen Gründen.
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München ist unbestritten einer der bedeutendsten Versicherungsplätze des Bundes. Große Erst- und Rückversicherungsunternehmungen von europäischem Rang wie Allianz und Münchener Rückversicherungsgesellschaft haben dort ihren Sitz. Die „Münchener Rück" war bis zum letzten Kriege das größte Rückdeckungsunternehmen Europas und ist auf dem Wege, es bald wieder zu werden. München ist außerdem der Sitz des größten öffentlichrechtlichen Versicherungsunternehmens Deutschlands, nämlich der Bayerischen Versicherungskammer. Das Bayerische Landesaufsichtsamt beaufsichtigt gegenwärtig 66 Versicherungsgesellschaften, deren jährliche Prämieneinnahmen ohne Berücksichtigung der Sterbekassen und der kleinen Vereine 1949 schon wieder rund 660 Millionen DM betrugen. Außerdem arbeiten 112 Niederlassungen deutscher und 13 Niederlassungen ausländischer Unternehmen mit schon 1949 auf 350 Millionen DM gestiegenen jährlichen Prämieneinnahmen in Bayern.
München ist - ich bitte mir diesen Gemeinplatz zu gestatten - ein bevorzugter Tagungs- und Reiseort und günstig gelegener Verkehrsknotenpunkt, vor allem ein immer größere Bedeutung gewinnender Mittelpunkt des Luftverkehrs. Es besitzt alte und wirksame Beziehungen zum Ausland, insbesondere zu Österreich, der Schweiz, zu Italien und Frankreich.
({4})
Bayern ist - und hier möchte ich auf einen häufig nicht genügend gewürdigten Gesichtspunkt hinweisen - in einem nicht nur mittelbaren Sinn Anrainerstaat des Mittelmeers und klassischer Durchgangs- und Verkehrsboden zum Südosten.
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Es ist nicht gleichgültig, ob in diesem Teil des Bundesgebiets der Bund selbst mit seinen Einrichtungen gegenwärtig ist, und es ist nicht gleichgültig, wie an dieser Haustüre des Bundes - die eine Haupttüre, nicht bloß eine Hintertüre ist - das Gewicht des Bundes beschaffen ist, ob dort der Bund ein hohes oder ein geringes spezifisches Gewicht besitzt.
({7})
Bayern als zweitgrößtes Bundesland - ich darf das bemerken, nicht um eine Anklage zu erheben, sondern nur um eine Tatsache festzustellen - und am drittstärksten belegtes Vertriebenen- und Flüchtlingsland ist bisher im Vergleich zu manch anderen Bundesländern - ich sage nicht: zu allen - etwas stiefmütterlich in der Verteilung der Sitze oberer und oberster Bundesbehörden und Bundesgerichte behandelt worden.
Die Frage der Unterbringung ist in München ohne Schwierigkeiten lösbar. Namhafte Münchener Versicherungsunternehmen haben sich in verbindlicher Weise bereit erklärt, ein neues Bürohaus zur Unterbringung des Bundesaufsichtsamts im Zentrum Münchens zu errichten und in verschiedenen Wohnlagen Münchens Ein-, Zwei- und Dreifamilienhäuser in offener Bauweise für die Beamten und Angestellten aufzuführen. Aber auch unabhängig hiervon könnten die Büroräume für das Amt und die Wohnräume für etwa 180 Beamte und Anger stellte sofort zur Verfügung gestellt werden.
Ich darf zum Schluß noch auf folgendes hinweisen. Schon 1901 hat München bei der Errichtung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung nach dem damaligen Stand der Versicherungswirtschaft Sitz dieser Behörde werden sollen. Das ist dann aus politischen Gründen, nicht aus versicherungswirtschaftlichen Erwägungen unterblieben. Die Errichtung des neuen Bundesamtes in München wird früher Verhindertes wiedergutmachen können.
Wir möchten uns also als Hauptantrag erlauben, das Bundeshaus um die Zustimmung zur folgenden gesetzlichen Vorschrift zu bitten:
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§ 1 Satz 2 lautet:
Es hat seinen vorläufigen Sitz in München
mit Zweigstellen in Berlin und Hamburg.
Sollte dieser Antrag die Zustimmung des Hohen Hauses nicht finden, dann bitten wir, folgende Bestimmung anzunehmen:
Es hat seinen vorläufigen Sitz in Hamburg mit Zweigstellen in Berlin und München.
Mit diesen Anträgen haben auch wir zum Ausdruck gebracht, daß wir es für zweckmäßig halten, den Sitz des Bundesaufsichtsamts im Gesetz selbst zu bestimmen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reif.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In mancher Beziehung bedaure ich, daß die Diskussion so verlaufen ist, wie es bisher geschehen ist.
({0})
Ich glaube nicht, daß der Anspruch, das Versicherungsaufsichtsamt in die Nähe des Mittelmeers zu verlegen,
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im deutschen Volk eine große Resonanz finden wird.
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Ich kann mir auch nicht recht vorstellen, daß, wie Herr Etzel soeben gesagt hat, diese Verlegung nach München als ein Akt innerdeutscher Wiedergutmachung aufgefaßt werden sollte. Ich glaube, es gibt in Deutschland ganz andere Dinge, die wiedergutgemacht werden müssen.
({3})
Ich bedaure auch die Rede des Herrn .Abgeordneten Brönner und ganz besonders den Hinweis auf die Tatsache, daß in Berlin etwas mehr als 2% der Versicherten und, wie er sagt, hier über 97% der Versicherten leben. Meine Damen und Herren, dieser Unterschied zwischen hier und Berlin mit den Prozentsätzen wirkt doch etwas peinlich.
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Es ist doch nicht so, daß da eine kleine Minderheit von Deutschen lebt, die irgendwelche Ansprüche an eine gewaltige Mehrheit stellt, sondern es ist doch so: es leben nicht 2,7%, oder wieviel Prozent es sein sollen, Deutsche in Berlin und 97% hier, sondern es leben 100% in Deutschland,
({5})
und davon ist die Bundesrepublik ein Teil, und Berlin ist auch ein Teil, und alles andere verbitten wir uns im Namen Berlins und im Namen der 20 Millionen, die in, der sowjetischen Besatzungszone heute noch wohnen.
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Ferner, meine Damen und Herren, möchten wir, wenn hier immer wieder - unglücklicherweise immer wieder, sage ich - der Gesichtspunkt der Sicherheit ausgesprochen wird, doch die Herren, die das tun, ergebenst darauf hinweisen, daß die sowjetische Macht nicht an der Elbe. nicht in Berlin, sondern an der Werra steht und daß alle Fragen der Sicherheit von da aus beurteilt werden müssen und daß unter diesem Gesichtspunkt, wie Herr Kollege Tillmanns und Herr Kollege Brandt schon gesagt haben, die Frage der Sicherheit entweder überhaupt nicht gegeben ist, oder wenn, dann ist Berlin genau so sicher wie Bonn oder irgendeine andere Stadt in Deutschland. Bilde sich doch niemand ein, meine Damen und Herren, daß ein Zugriff auf Berlin ohne Krieg denkbar isst und daß im Falle eines russischen Angriffes etwas anderes denkbar wäre, als daß Berlin Etappe ist und der Angriff von der Linie der Werra aus nach Westen vorgetragen wird. Etwas anderes ist doch überhaupt nicht denkbar. Infolgedessen sind alle diese Fragen der politischen und militärischen Sicherheit vollkommen dilettantisch.
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Meine Damen und Herren, die Kostenfrage! Es ist einwandfrei festgestellt worden, daß doch zum mindesten die großen Erstaufwendungen, die etwa in Hamburg oder in München gemacht werden müssen - wobei es volkswirtschaftlich vollkommen gleichgültig ist, ob die daran interessierten Versicherungsunternehmen ein Gebäude errichten oder nicht, denn auch 'das würde ja aus dem Gelde der Versicherten bezahlt werden müssen -, es ist, sage ich, gar kein Zweifel darüber, daß die Investierungen, die notwendig sind, wenn das Amt in Berlin errichtet wird, höchstens ein Fünftel dessen betragen - ach, noch nicht einmal ein Fünftel -,
({8})
' was in Hamburg notwendig wäre. Was die Frage der laufenden Kosten anlangt - darüber haben ja der Herr Kollege Tillmanns und auch der Herr Kollege Brandt gesprochen -: lassen wir uns 'doch nicht jetzt, nachdem es ursprünglich nicht gebraucht wurde, das Argument aufdrängen, als sei der unmittelbare Publikumsverkehr für die Versicherungsaufsicht wesentlich. Es ist immer noch so gewesen, daß die am Ort des Versicherungsaufsichtsamts ansässigen Versicherten nun in der Tat, weil es bequemer war, das Amt aufgesucht haben, die übrigen haben es im Grunde nie getan, sondern haben sich vertreten lassen, und das wird auch in Zukunft so sein.
Aber, meine Damen und Herren. Herr Kollege Tillmanns hat mit Recht daran erinnert. daß hier ein Versprechen der Bundesregierung vorliegt, ein Versprechen, das mit der Frage des Sitzes des Bundesverfassungsgerichtes verkoppelt war. Mancher in Berlin und auch in der sowjetischen Besatzungszone, wo man ja immer darauf sieht, was in Berlin und mit Berlin geschieht, ist in seinem Vertrauen etwas müde geworden. Aber dieses Schwinden des Vertrauens richtet sich nicht gegen den Deutschen Bundestag, sondern entsteht dadurch, daß man immer wieder feststellt. daß entgegen den ausdrücklichen Wünschen und Beschlössen des Bundestags die Forderungen, die im Interesse einer nationalen Realpolitik hinsichtlich Berlins anerkannt werden, nachträglich nicht erfüllt werden. Also, meine Damen und Herren, wir Berliner und die Menschen im Osten, die darauf warten, was für Berlin geschieht, haben ein sehr großes Vertrauen zu ,diesem Bundestag. Ich bin auch überzeugt, daß im Bundestag in diesem Falle eine sehr große Mehrheit für den Sitz Berlin zustande kommt, wobei es ja gar keine Rolle spielt, ob sich diese Mehrheit für die Änderung oder besser gesagt für die Regelung im § 1 oder für ein eigenes Gesetz entscheidet. Ich möchte diejenigen, die in diesem Hohen Hause glauben, sachliche Bedenken haben zu müssen, doch bitten, die Eindruck dieser Entscheidung nicht abzuschwächen. Die Entscheidung wird für Berlin fallen. Es ist auch eine Frage unserer Politik nach dem Osten hin, daß diese Entscheidung mit ganz großer Mehrheit gefällt wird, und darum möchte ich Sie bitten.
({9})
Meine Damen und Herren! Ich erinnere daran, daß wir heute noch ein großes Programm vor uns haben, und wäre dankbar, wenn dieser Dreistädtekampf jetzt möglichst kurz zu einem Ende gebracht werden könnte.
Herr Abgeordneter Walter, bitte!
Meine Damen und Herren! Ich werde mich bemühen, den Kampf um die drei Städte so kurz wie möglich zu gestalten. Wer in diesem Saale wäre wohl ein so schlechter Deutscher, daß er Berlin nicht .helfen möchte?
({0})
Wir alle sind der Meinung, daß Berlin geholfen werden muß.
({1})
Wenn aber
({2})
diese Hilfe in einer Weise erfolgen soll, wie sie hier bei der Behandlung des Aufsichtsamts für das Versicherungswesen in Aussicht genommen ist,
dann fehlt mir das Verständnis für eine solche Hilfe.
({3})
Überlegen Sie doch einmal!
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Von den Herren, die für Berlin gesprochen haben, ist gesagt worden, daß sie Berlin helfen wollen und deshalb für die Verlegung des Aufsichtsamts nach dort eintreten. Es wurde gesagt, Berlin müsse geholfen werden, indem das Versicherungsaufsichtsamt dort hinkommt, um Angestellte in Arbeit zu bekommen. Es kann sich doch nur um wenige handeln, die in Arbeit kommen könnten. Hamburg ist aber bereits der Sitz der größten Aufsichtsbehörde, und die Familien der Angestellten, die dort wohnen und ihre Arbeit haben, müßten nach Berlin umquartiert werden. Das würde gewiß keine geringe Belastung für diese Angestellten sowohl wie für die Staatskasse sein. Das ist die ernste Frage, die wir zu überlegen haben. Wir müssen einmal darüber nachdenken. wie Berlin praktisch zu helfen ist. Die Mittel die aufgebracht werden müssen, um den teuren Verkehr mit Berlin aufrechtzuerhalten und die gesamten Angestellten mit ihren Familien nach Berlin umzuquartieren, wären eine bessere Hilfe für diese Stadt, wenn wir sie ihr direkt geben würden.
({5})
Auf dem Umwege, wie er hier vorgeschlagen wird, ist es keine Hilfe. Wir haben zu beachten, daß man es in der Bevölkerung nicht versteht, wenn wir im Parlament sinnlose Beschlüsse fassen,
({6})
und die Verlegung des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen nach Berlin wäre so ein sinnloser Beschluß.
({7}) Davor haben wir uns zu hüten. Mit Recht wird von uns gefordert, daß wir mit den Mitteln der Steuerzahler und der Versicherten sparsam umgehen. Halten wir uns daran und entscheiden wir uns dafür, daß das Versicherungsamt dort bleibt, wo es bereits mit vollem Erfolg arbeitet: in Hamburg!
({8})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelbesprechung zu § 1.
({0})
-Der Minister für gesamtdeutsche Fragen wünscht dass Wort zu nehmen. Bitte!
Meine Damen und Herren! Ich bitte zunächst um Nachsicht, daß ich bei Beginn der Debatte nicht schon zur Stelle sein konnte. Es war ein anderes Anliegen von Berlin, das mich daran gehindert hat.
Ich will kurz und bündig nur folgendes sagen. Die Bundesregierung wünscht dringend, daß der Bundestag ihren eigenen Beschluß. daß das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen seinen Sitz in Berlin findet, bestätigt. Die Gründe für den Beschluß der Bundesregierung sind früher bereits dargelegt worden, zuletzt bei der Entscheidung dieses Hauses über den Sitz des Bundesver({0})
fassungsgerichts. Meine Damen und Herren, man braucht keine weiteren Worte zu verlieren, Berlin braucht einfach diese Bekundung unserer Verbundenheit. Die Lage Berlins ist schwer genug, und je einmütiger das Hohe Haus der Entscheidung für Berlin beitritt, um so besser ist es. Ich persönlich bin davon überzeugt, daß die beiden Städte Hamburg und München, die ihren gesamtdeutschen Sinn so oft unter Beweis gestellt haben, ihre innere Zustimmung zu der Entscheidung für Berlin nicht versagen werden.
({1})
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor; die Debatte braucht also nicht wieder eröffnet zu werden.
Meine Damen und Herren, der weitestgehende der Änderungsanträge ist derjenige der Fraktion der SPD, Umdruck Nr. 194, da dieser Antrag den endgültigen Sitz des Bundesaufsichtsamts festlegt. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag Umdruck Nr. 194 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Es handelt sich also um den Antrag: „Es hat seinen Sitz in Berlin." - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; `der Antrag ist angenommen.
({0})
Damit, meine Damen und Herren, sind die beiden
anderen Abänderungsanträge und, wie ich annehmen darf, auch der Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Krone, Dr. Reif und Genossen erledigt.
({1})
Ich komme zur Abstimmung über § 1 unter Berücksichtigung der jetzt vorgenommenen Änderung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf § 2. Dazu liegt der Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 185 zu Ziffer 2 vor. Soll er ausdrücklich begründet werden, Herr Abgeordneter Dr. Etzel? - Zur Begründung des Änderungsantrages Herr Abg. Dr. Etzel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns erlaubt, Ihnen den Änderungsantrag zu § 2 Abs. 1 vorzulegen, wonach diesem die Bestimmung hinzugefügt werden soll:
sofern der Geschäftsbetrieb der Unternehmen
nicht durch die Satzung oder andere Geschäftsunterlagen auf ein Land beschränkt ist.
Wir sind der Auffassung, daß der Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes nicht unterliegen können und dürfen: erstens öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen und zweitens Versicherungsunternehmen, deren Geschäftsbetrieb nach Satzung oder Geschäftsunterlagen anderer Art über die Grenzen eines Landes hinaus nicht ausgedehnt wird. Schon der § 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes von 1931, der unverändert aus dem VerVersicherungsaufsichtsgesetz von 1901 übernommen wurde, bestimmt:
Die Versicherungsunternehmungen werden,
wenn ihr Geschäftsbetrieb durch die Satzung
oder andere Geschäftsunterlagen auf ein Land
beschränkt ist, von Landesbehörden. sonst vom Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung beaufsichtigt.
Hier ist also ganz klar der Grundsatz zum Ausdruck gebracht, daß eine Zuständigkeit des Bundesaufsichtsamts dann nicht gegeben zu sein braucht und nicht erforderlich ist, wenn die Versicherungstätigkeit eines Unternehmens nicht über die Landesgrenzen hinausreicht.
§ 4 des Gesetzes von 1931, der ebenfalls fast gleichlautend aus dem Gesetz von 1901 übernommen worden ist, sagte:
Versicherungsunternehmungen, deren Geschäftsbetrieb auf ein Land beschränkt ist, werden vom Reichsaufsichtsamte beaufsichtigt, wenn es das Land beantragt und der Reichswirtschaftsminister anordnet.
Der Reichswirtschaftsminister mußte das natürlich anordnen, wenn und weil eine Reichsbehörde eine Zuständigkeit übernehmen sollte. § 4 bestimmte weiter:
Der Reichswirtschaftsminister kann anordnen, daß Behörden des Landes bei 'der Aufsicht mitwirken und das Verfahren der Aufsichtsbehörde abweichend von diesem Gesetz regeln.
Und nun 'hat dieses Gesetz, das doch in der Weimarer Republik, also in der Zeit einer zentralistischen politischen Gestaltung des deutschen Lebensraums, in Kraft war, weiterhin noch den Fall vorgesehen, daß zwar ein Versicherungsunternehmen über die Grenzen eines Landes hinaus betrieben wird, daß es aber sachlich, örtlich oder dem Personenkreis nach eng begrenzt ist, id. h. sein Geschärft eng begrenzt ist. Für diesen Fall bestimmte der § 4 Abs. 2 folgendes:
Versicherungsunternehmungen, deren Geschäftsbetrieb sich zwar über ein Land hinaus erstreckt, aber sachlich, örtlich oder dem Personenkreis nach eng begrenzt ist, werden von der Behörde 'des Landes beaufsichtigt, wo sie ihren Sitz haben, wenn es 'der Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit den Regierungen der beteiligten Länder anordnet.
Wir sehen also hier nicht nur in dem Bismarckschen Reich, sondern auch in der zentralistischen Weimarer Republik eine angemessene Berücksichtigung der Interessen der Länder. Wir sehen vor allem eine verständnis- und maßvolle Würdigung der Erfordernisse einer Bundes- und einer Landesaufsicht und eine vernünftige Abgrenzung zwischen den beiden Zuständigkeitsbereichen. Die Reichsaufsicht sollte nur dann tätig werden, wenn es sich wirklich um eine gesamtdeutsche. über das ganze Deutsche Reich ausgedehnte Versicherungstätigkeit handelte. Es blieb dem nationalsozialistischen, dem „Dritten", idem „Tausendi ä'hrigen" Reich vorbehalten, in diese besonnene föderalistische, vernünftige Regelung einzugreifen und sie mit einem Federstrich aus den Angeln zu heben. Das geschah durch die ,sogenannte Keitel-Verordnung von 1943. Diese Verordnung beseitigte jede Zuständigkeit der Lander. Das war dem „Tausend, jährigen Reich" adäquat, es entsprach ihm und seiner Grundkonzeption. Das wunderte uns daher nicht. Daß aber jetzt - im Vierten Reich. hätte ich fast gesagt; ich will sagen: in der Bundesrepublik Deutschland auf eine solche Denkweise zurückgegriffen wird, das allerdings setzt uns sehr in Erstaunen; daß man hier über die wohlberechtigten Interessen der Länder hinwegschreitet und daß
({0})
man eine übermäßige Ausdehnung der Zuständigkeit des Bundes über die praktischen, sachlichen, persönlichen und örtlichen Erfordernisse hinaus durchsetzen will. Bayern beispielsweise hat die Keitel-Verordnung außer Kraft gesetzt, und nach Art. 125 des Grundgesetzes ist diese Außerkraftsetzung der Verordnung in Bayern Bundesrecht geworden.
Wir setzen in die besonnene Einsicht dieses Hohen Hauses das Vertrauen, daß es davon Abstand nimmt, auf den Spuren des „Dritten Reiches" zu wandeln.
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Das Wort hat der Abgeordnete Preusker.
Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Geld und Kredit hat sich sehr eingehend mit den Fragen des Bundesaufsichtsamts beschäftigt. Er hat bei der Entscheidung, wie sie in dem Ihnen vorliegenden Entwurf getroffen worden ist, bestimmt nicht beabsichtigt, auf irgendwelchen „Spuren" zu wandeln, sondern er hatte sowohl im Interesse einer funktionsfähigen Aufsicht über das Versicherungswesen als auch im Interesse des Schutzes der Millionen von Versicherten einzig und allein vor, das Vernünftige zu tun. Es ist ja keineswegs so, daß etwa die Länderaufsichtsbehörden in irgendeiner Weise zu kurz kämen; im Gegenteil, bei ihnen wird nach wie vor das Schwergewicht der gesamten Aufsicht liegen. In § 3 ist ausdrücklich auch hinsichtlich der privaten Versicherungsunternehmen vorgesehen, daß der Bundesminister für Wirtschaft auf Antrag des Bundesaufsichtsamts die Aufsicht über private Versicherungsunternehmen von geringerer wirtschaftlicher Bedeutung auf die zuständigen Landesbehörden mit Zustimmung der Landesregierung übertragen kann. Es gibt aber - und das hat uns im Ausschuß mitbestimmt - eine Reihe von Ländern, die im Interesse einer Einsparung von Kosten durchaus daran interessiert sind, daß ihnen die schwierigen versicherungsfachlichen Aufsichtsfragen von der Bundesaufsichtsbehörde abgenommen werden, daß sie diese Aufgaben, die eine außerordentlich hohe Verantwortung vor den Versicherten bedeuten, dorthin übertragen können.
Wenn wir den Antrag, der von der Bayernpartei gestellt worden ist, darauf einmal ansehen, dann gäbe es diese Möglichkeit der Übertragung für irgendein Land, das selber nicht die notwendigen fachlichen Kräfte oder Behörden aufbauen und bezahlen kann, gar nicht mehr. Dann ist jedes Land der Bundesrepublik - alle 11 oder 12 Länder - automatisch verpflichtet, das private Versicherungswesen mit einer eigenen Aufsichtsbehörde zu kontrollieren.
Schon aus diesem Grunde wäre der Antrag der Bayernpartei in der gegenwärtig vorliegenden Form unzureichend und müßte abgelehnt werden. Darüber hinaus bitte ich aber das Hohe Haus, aus den allgemeinen sachlichen Erwägungen, die auch von dem Berichterstatter vorgetragen worden sind, hier nicht irgendwelche Prinzipien zu überspitzen, sondern an die gestellten Aufgaben zu denken und daran, wie sie am besten erfüllt werden können.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr, Horlacher:
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es tut mir außerordentlich leid, daß ich in diese Debatte hier eingreifen muß; aber auf dem Gebiet des Versicherungswesens habe ich auch manches zu tun. Ich sehe nicht ein, warum hier die Dinge zentralistischer gehandhabt werden müssen, als es unbedingt notwendig ist, und daß man insbesondere über den Zustand hinausgehen will, wie er im Zweiten Reich bestanden hat. Der Herr Kollege Etzel hat das ganz richtig ausgeführt, und die Ausführungen des Herrn Kollegen Preusker können mich nicht überzeugen. Dann könnten wir ja den Antrag der Bayernpartei noch dahin ergänzen: und sofern nicht ein Land die Beaufsichtigung durch die Bundesaufsichtsbehörde wünscht, dann ist dem Bedenken Rechnung getragen. Das Land Bayern wird das sicher nicht wünschen,
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denn das Land Bayern ist groß genug, um seine eigenen Versicherungsunternehmen, also die, die in seinem eigenen Lande tätig sind, zu beaufsichtigen. Es wäre eine direkt merkwürdige Angelegenheit, wenn hierbei die Bayerische Versicherungskammer durch das Bundesaufsichtsamt noch besonders kontrolliert werden müßte.
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Ich bin selbst Verwaltungsratsvorsitzender der „Bayern", öffentlich-rechtliche Lebensversicherung. Da genügt mir die Beaufsichtigung Bayerns vollkommen, da brauche ich kein Bundesaufsichtsamt. Das sind Gesichtspunkte, die schon eine Rolle spielen. Man soll den Zentralismus und Föderalismus nicht überspitzen, nicht nach der einen und nicht nach der anderen Seite. Man soll die Kirche im Dorfe lassen und soll den Ländern dort, wo sie die Aufgaben erfüllen können, diese Aufgaben überlassen und zur Entlastung der entstehenden großen Bundesbehörden, die wir in ihrem Ausmaß nicht über gewisse Grenzen hinauswachsen sehen möchten.
Deswegen stelle ich den Antrag, folgende Ergänzung einzufügen:
und sofern die Landesregierung nicht die besondere Beaufsichtigung durch die Bundesaufsichtsbehörde wünscht.
Dann ist dem Verlangen des Kollegen Preusker Rechnung getragen. Ich bitte den Herrn Kollegen Etzel, seinen Antrag in dem Sinne zu ergänzen und das gleich niederzuschreiben, damit ihn der Herr Präsident bei der Abstimmung zu Händen hat.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 2.
Meine Damen und Herren, ich darf unterstellen, daß Ihnen zum Bewußtsein gekommen ist, daß der Abgeordnete Dr. Etzel mit der von Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher vorgeschlagenen Ergänzung seines Antrags einverstanden ist:
sofern der Geschäftsbetrieb der Unternehmen nicht durch die Satzung oder andere Geschäftsunterlagen auf ein Land beschränkt ist
- „und" oder „oder"? ({0})
und sofern die Landesbehörde die Beaufsichtigung durch das Bundesaufsichtsamt - - ({1})
- Bitte schön, Herr Abgeordneter Etzel!
Nach dem Ergänzungsantrag des Herrn Kollegen Dr. Horlacher würde also unser gemeinsam mit ihm und seinen Parteifreunden gestellter Antrag lauten:
Sofern der Geschäftsbetrieb der Unternehmen nicht durch die Satzung oder andere Geschäftsunterlagen auf ein Land beschränkt ist und sofern nicht die Landesregierung die Übernahme der Aufsicht durch das Bundesaufsichtsamt beantragt.
({0})
Meine Damen und Herren, der Antrag ist gestellt, der Antrag ist Ihnen klar.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Etzel in der jetzt abgeänderten Form. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit, der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 2 in der Ausschußfassung. Ich bitte ,die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Ich darf dann aufrufen die §§ 3, - 4, - 5, - 6, - 7, - 8, - 9, - 10, - 11, - 12, - Einleitung und Überschrift. - Es liegen keine Wortmeldungen vor. Ich schließe die Einzelbesprechung zu den aufgerufenen Paragraphen.
Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen angenommen. Damit ist die zweite Beratung des Gesetzes beendet.
Ich rufe auf 'zur
dritten Beratung.
Zur allgemeinen Aussprache Herr Abgeordneter Preusker, bitte!
Meine Damen und Herren! Im Namen der FDP-Fraktion möchte ich zur dritten Lesung erklären, daß wir, ohne Abänderungsanträge zu stellen, dem Gesetz in der durch den Ausschuß erarbeiteten Form nur deshalb zuzustimmen vermögen, weil uns daran liegt, irgendwelche Schwierigkeiten zu vermeiden, die sonst durch einen Einspruch des Bundesrates zu befürchten wären und die zu einer Verzögerung der Arbeit des Bundesaufsichtsamtes führen müßten. Wir müssen uns aber vorbehalten, zu gegebener Zeit darauf zurückzukommen, daß nach unserer Meinung das Grundgesetz mit dem Auftrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse des privatwirtschaftlichen Versicherungswesens nicht auf die Unternehmensform, sondern auf die Form des abgeschlossenen Versicherungsvertrags abstellen wollte. In diesem Sinne wäre eine Einbeziehung der öffentlich-rechtlichen Wettbewerbsunternehmen der Versicherungswirtschaft in die Unterstellung unter die Bundesaufsicht im Interesse einer Gleichmäßigkeit der Wettbewerbsbedingungen und einer Gleichmäßigkeit des Schutzes 'der Versicherten das Richtige gewesen.
Ebenso möchten wir anmerken: Wir bedauern es, daß nicht der Entschluß gefaßt werden konnte,
auch die öffentlich-rechtlichen Bausparkassen ebenso wie die privaten Bausparkassen einer fachlichen Bundesaufsicht zu unterstellen. Wir sind zwar der Meinung, daß auch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen wahrscheinlich nicht die letzte geeignete Aufsichtsstelle für die Bausparkassen ist und daß diese Frage in dem Augenblick neu aufgegriffen werden muß, in dem wir - hoffentlich bald - über das Gesetz über die Rankenaufsicht zu debattieren haben werden.
Die Bausparkassen - gleichgültig ob private oder öffentlich-rechtliche - haben sich in einer für unsere deutsche Wirtschaft sehr erfreulichen Weise ständig ausgeweitet. Sie haben mit ihren Bauspareinlagen bereits Ende vorigen Jahres die Grenze von einer halben Milliarde DM überschritten und nehmen daher eine immer gewichtigere Stellung in unserer Volkswirtschaft ein. Um so wichtiger erscheint es uns, gerade im Interesse des Schutzes der Bausparer, die ja meistens ärmere oder weniger verdienende Angehörige unseres Volkes sind, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, daß hier keinerlei Enttäuschungen vorkommen können. Wenn wir glauben, daß der Schutz der Bausparer noch vor dem Erlaß des Bankenaufsichtsgesetzes eine gesetzliche Regelung erfordert, werden wir die Frage der Einbeziehung der öffentlich-rechtlichen Bausparkassen wieder aufwerfen.
Wir stimmen dem Gesetz in der gegenwärtigen Form nur zu, damit ohne weitere Verzögerung das Bundesaufsichtsamt überhaupt erst entstehen kann.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Besprechung.
Ich rufe zur Einzelbesprechung der dritten Beratung auf: §§ 1 bis 12, - Einleitung und Überschrift. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelbesprechung.
Ich lasse über die aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei einigen Stimmenthaltungen angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen angenommen.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. Der Initiativgesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Krone, Dr. Reif und Genossen hat sich durch die Abstimmung über § 1 erledigt.
Ich schiebe in der Tagesordnung den Punkt ein: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dr. Müller ({0}), Kriedemann, Dannemann, Tobaben, Wartner, Dr. Glasmeyer und Genossen betreffend Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft ({1}).
Wünscht zur Begründung jemand das Wort zu nehmen? - Herr Abgeordneter Dr. Müller ({2})!
Das Gesetz zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf
({0})
dem Gebiete der Mineralölwirtschaft ist am 31. Mai dieses Jahres von diesem Hohen Hause beschlossen und von der Regierung in Nr. 26 des Bundesgesetzblatts vom 5. Juni 1951 veröffentlicht. In diesem Gesetz heißt es in § 2 Abs. 2:2
Die Bundesregierung oder der Bundesminister der Finanzen hat durch Rechtsverordnung Vorschriften über die Verbilligung von Dieselkraftstoff für die Landwirtschaft und zum Betriebe von Schiffsmotoren in der Binnen-, Küsten-, Hochseefischerei und in der Binnen-, Küsten-, Hochsee-Schiffahrt zu erlassen.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat eine entsprechende Verordnung für die Fischerei und Schifferei im Haushaltsausschuß vorgelegt, lehnt es aber ab, eine gleiche Verordnung für die Landwirtschaft vorzulegen.
({1})
Aus diesem Grunde sahen sich die Vertreter der, Landwirtschaft aller Fraktionen dieses Hauses veranlaßt, den vorliegenden Antrag einzubringen.
Man könnte annehmen, daß der Herr Bundesfinanzminister seine Weigerung mit Art. 113 des Grundgesetzes zu begründen versucht; aber meines Erachtens wäre eine solche Begründung nicht stichhaltig. Der Art. 113 bestimmt:
Beschlüsse des Bundestages und des Bundesrates, welche die von der Bundesregierung
vorgeschlagenen Ausgaben des Haushaltsplanes
erhöhen oder neue Ausgaben in sich schließen
oder für die Zukunft mit sich bringen, bedürfen der Zustimmung der Bundesregierung. Ich nehme an, daß die Bundesregierung, wenn sie ein Gesetz, das von diesem Hohen Hause beschlossen ist, im Bundesgesetzblatt verkündet, damit ihre Zustimmung zu diesem Gesetz geäußert und festgelegt hat. Ich bin mit den Antragstellern der Auffassung, daß der Herr. Bundesfinanzminister dann nur noch die Aufgabe haben kann, dieses Gesetz, so wie es in § 2 Abs. 2 vorgesehen ist, zur Durchführung zu bringen und die entsprechenden Rechtsverordnungen zu erlassen.
Damit darf ich die Begründung dieses Antrages abschließen und das Hohe Haus bitten, dem Antrag zuzustimmen, um diese Frage, die die Landwirtschaft nun schon seit dem 1. April in Bewegung hält, einer endgültigen Regelung zuzuführen.
({2})
Meine Damen und Herren! Sie haben die Begründung des Antrages gehört, Wünscht jemand das Wort zu nehmen? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Besprechung.
({0})
- Ich hatte die Besprechung geschlossen, Herr Abgeordneter Dr. Horlacher.
.({1})
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Drucksache Nr. 2304. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Beratung des Berichts des Untersuchungsausschusses ({2}) gemäß Antrag der Fraktionen der Bayernpartei, CDU/CSU, SPD, FDP, DP, WAV und des Zentrums ({3}) in Verbindung mit
a) der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betreffend Subventionen an die Industrie ({4}) und
b) der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betreffend Zahlungen der Industrie an politische Fonds ({5}).
Berichterstatter zu dem Bericht des Untersuchungsausschusses ist der Herr Abgeordnete Seuffert. Der Untersuchungsausschuß hat einen schriftlichen Bericht erstattet. Der Abgeordnete Seuffert wünscht noch kurz dazu das Wort zu nehmen.
Seuffert ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß bittet Sie, den auf Drucksache Nr. 2274 schriftlich erteilten Bericht anzunehmen und auf eine mündliche Berichterstattung zu verzichten. Der Bericht ist vom Ausschuß einstimmig beschlossen worden. Der Antrag des Ausschusses beschränkt sich darauf, den Bericht zu genehmigen und damit die dem Ausschuß gestellte Aufgabe als erfüllt anzusehen. Da der Ausschuß seine Aufgabe darin gesehen hat, lediglich Tatsachenfeststellungen zu treffen und sie dem Bundestag vorzulegen, hat er zu anderen Anträgen an das Plenum keinen Raum gesehen.
Darf ich fragen, ob die Fraktion des Zentrums ihre Anträge vorweg oder im Rahmen der Aussprache zu begründen wünscht?
({0})
- Dann können wir im Augenblick auf eine Vorwegbegründung verzichten. Ich eröffne also die Aussprache zu Punkt 3 der Tagesordnung.
Zunächst wünscht das Wort zu nehmen der Herr Abgeordnete Dr. Seelos.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bayernpartei hat am 5. Oktober 1950 den Antrag gestellt, die in der Presse erschienenen Vorwürfe der Bestechung von Abgeordneten in der Hauptstadtfrage durch einen Untersuchungsausschuß prüfen zu lassen, der mit größter Beschleunigung und mit größtem Nachdruck volle Aufklärung schaffen und alle etwa Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen sollte. Der Antrag der Bayernpartei, dem sämtliche Fraktionen gefolgt sind, ist einstimmig angenommen worden, denn jeder Abgeordnete und jeder Demokrat war sich bewußt, daß hier völlige Klarheit geschaffen werden müsse, wenn nicht der Demokratie schwerer Schaden zugefügt werden sollte. Insbesondere für die junge deutsche Demokratie ist es unerläßlich, von Anfang ah für Sauberkeit der wichtigsten demokratischen Einrichtung, nämlich des Bundestages, zu sorgen.
Jedes Volk hat seine guten und seine schlechten Eigenschaften. Auch wir Deutsche haben nicht nur gute, sondern auch gefährliche und unangenehme Eigenschaften. Zu unseren Vorzügen gehörte, von verschwindenden Ausnahmen abgesehen, die Unbestechlichkeit und Sauberkeit des politischen und geschäftlichen Lebens. Wenn auch zwei verlorene Kriege, einige politische und wirtschaftliche Revolutionen, die Entrechtung und Entmachtung ganzer Schichten und die unsägliche Härte und Not der Zeit bei vielen die Ehrbegriffe leider haben laxer werden lassen, so dürfen die Träger eines Regimes, besonders wenn dieses Regime gar nicht so sehr volkstümlich und beliebt ist, diese laxen Ansichten
({0})
nicht durchgehen lassen. Die Deutschen würden sonst ihr Gesicht verlieren. Deshalb müssen wir kompromißlos alles ausmerzen, was unsauber ist und was zur Diffamierung, zur Herabsetzung der wesentlichen Institution der Demokratie führen könnte.
({1})
Wenn ich von dieser Ansicht ausgehe, dann kann ich meine Ausführungen auch nicht als Parteipolitiker machen, sondern kann dazu nur sprechen mit der Objektivität eines Menschen, der sein Leben lang für Sauberkeit in allen Dingen eingetreten ist und der es bedauert, mit politischem Schmutz auch nur in Berührung zu kommen. Ich darf annehmen, daß auch die anderen Redner im Geiste einer allgemeinen Verantwortung sprechen und nicht etwa versuchen werden, ein parteipolitisches Süppchen zu kochen. Denn die Feinde der Demokratie lauern schon darauf, aus etwaigen Verfehlungen einzelner der Institution der Demokratie als solcher einen Strick zu drehen.
Indem ich von dieser Auffassung ausgehe, stehe ich nicht an zu erklären, daß ich die in dem Bericht gegebene Darstellung der Vorkommnisse als maßvoll betrachte. Ich erkenne an, daß die Mitglieder des Ausschusses die zeitweise bestehende große Gefahr vermieden haben, in zwei Gruppen zu zerfallen und eine Mehrheits- und eine Minderheitsmeinung abzugeben, was die Beurteilung des Ausschußergebnisses sehr beeinflußt hätte.
Es war schon bedauerlich, daß in den Sitzungen des Ausschusses die Abstimmungen in der Regel nach politischen Fraktionen erfolgten.
({2})
Wären sie auch quer durch die Fraktionen gegangen, hätte das die Einschätzung der Arbeiten als unpolitisch von Anfang an erleichtert. Wenn der Ausschuß schon mit hohen richterlichen Befugnissen ausgestattet ist und über die politische Qualifikation und die Ehre eines Abgeordneten ein Urteil fällen kann, gegen das es keine Berufung gibt, so mußten sich alle Mitglieder des Ausschusses dieser hohen richterlichen Funktion bewußt sein und durften nicht Iden Ausschuß dadurch in den Verdacht eines politischen Instruments bringen, daß verschiedene Mitglieder 'des Ausschusses, ohne das Endergebnis abzuwarten, einzelne Aussagen im Wahlkamf für ihre politischen Zwecke benutzten.
({3})
Dies läßt daran zweifeln, ob in unserer so sehr politisierten Zeit völlig neutrale Untersuchungsausschüsse, wie sie die Verfassung für unser Parlament vorsieht, überhaupt möglich sind und ob es nicht viel besser und viel richtiger wäre, wenn das Parlament das oberste Gericht oder unabhängige Richter mit den Arbeiten eines Untersuchungsausschusses beauftragen würde. Ich begrüße deshalb die Tendenz des Antrages der SPD Drucksache Nr. 2303, der vorsieht, die Verfassung dahingehend zu ergänzen, daß auf Antrag des Bundestages das Bundesverfassungsgericht einem Abgeordneten, der seine Mitgliedschaft im Bundestag gewinnsüchtig mißbraucht, diese Mitgliedschaft aberkennen kann.
Die Mitglieder des Ausschusses hätten sich um so mehr zurückhalten müssen, als ein Teil der Presse trotz meines bei der Einbringung des Antrages an sie gerichteten Appells, an dieser schwierigen Angelegenheit verantwortungsvoll mitzuarbeiten, in den ersten Wochen geglaubt hat, mit
wahrer Lust in politischem Unrat wühlen zu müssen, ohne das Endergebnis abzuwarten, 'das doch nun ganz anders aussieht, als diese teilweise unverantwortlichen Pressemitteilungen haben erwarten lassen.
({4})
Die Presse hat die Angelegenheit weitgehend so dargestellt, als ob sie eine Entdeckung des „Spiegel" sei, und meist verschwiegen, daß diese Frage vor über einem Jahr in Regensburg vor allen Bezirksvorsitzenden der Bayernpartei öffentlich verhandelt worden ist
({5})
und daß die Bayernpartei geradezu darum gerungen hat, über die Hintergründe einer möglichen finanziellen Beeinflussung von außen her Klarheit zu gewinnen,
({6})
ohne die Machtmittel des 44. Ausschusses zu besitzen. Obwohl damals nur ein Teil der Vorkomnisse bekannt wurde, hat die Bayernpartei bereits im Juli einen der betroffenen Abgeordneten aus der Partei ausgeschlossen.
({7})
Ich kann insbesondere mit Befriedigung feststellen, daß der Bericht die Integrität der Bayernpartei nicht angreift, 'sie vielmehr ausdrücklich bestätigt, wenn auch manche Methoden des politischen Kampfes mit Recht 'kritisiert werden. Man muß aber unterscheiden zwischen dem Verhalten der Partei als solcher und dem Verhalten einzelner Abgeordneter. Ich wäre nie so unanständig, etwa die jetzigen Millionenskandale in München gemäß der Parteizugehörigkeit der Angeklagten einer Partei in die Schuhe zu schieben.
Bei der Objektivität, die ich angekündigt habe, stehe 'ich aber auch nicht an, zu erklären, daß ich die Kritik des Untersuchungsausschusses an dem
erhalten einiger Abgeordneter, gleichgültig welcher Partei sie angehören, nicht nur billige, sondern als fast allzu zurückhaltend bezeichnen muß.
Was mich an dem Bericht aber nicht befriedigt, ist die Unklarheit über einige Vorgänge, deren Klärung zum Verständnis notwendig ist. Aus den Protokollen muß man nämlich feststellen, daß zu Beginn der Vernehmungen die Inempfangnahme geringfügiger politischer Geldmittel durch Abgeordnete mit Entrüstung zur Kenntnis genommen worden ist und daß man dies zum Anlaß genommen hat, die internen Angelegenheiten einer Partei aufs peinlichste zu erforschen, während das Fragespiel auf einmal versickerte, als die Riesensummen zur Diskussion kamen, die an andere Parteien geflossen sind. Ich gebe allerdings zu, daß diese verschiedene Behandlung bei den Vernehmungen in dem Bericht keinen Niederschlag gefunden hat.
Im übrigen möchte ich auf Einzelheiten des Berichtes nicht eingehen, sondern mich auf diese allgemeinen Betrachtungen beschränken; denn wenn ich den Bericht, der eine Gemeinschaftsarbeit aller im Ausschuß vertretenen Fraktionen ist, akzeptiere, so steht es mir nicht zu, Einzelheiten zu kritisieren. Ich bedaure aber, daß der Ausschuß sich mit Feststellungen begnügt und trotz des Fehlens gesetzlicher Handhaben nicht auch Empfehlungen ausspricht hinsichtlich des Vorgehens des Bundestages gegen betroffene Abgeordnete, sondern dies dem Bundestag selbst überläßt.
Von verschiedenen Fraktionen wurde, in Abstufung schon angeregt, sechs, vier, zwei oder nur
({8})
einem der betroffenen Abgeordneten zu empfehlen, das Bundestagsmandat niederzulegen. Wenn ich auch die Auffassung vertrete, daß es eine selbstverständliche Pflicht des Bundestages ist, sich im Interesse einer Selbstreinigung von den eindeutig betroffenen Mitgliedern zu befreien, so erscheint es mir doch bedenklich, auf Grund der Feststellungen des Ausschusses durch ein Votum des Plenums eine Maßnahme zu treffen, ,die das politische Leben der Betreffenden vernichtet, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, vorher noch einmal dazu Stellung zu nehmen, was schon deshalb notwendig ist, weil der „Spiegel"-Ausschuß jede subjektive Wertung bewußt vermieden hat. Ferner bestehen ja keine Berufungsmöglichkeiten. Der Bundestag hat allerdings kein Zwangsmittel gegen die betreffenden Abgeordneten. Er kann sie nur auffordern, ihr Mandat von sich aus niederzulegen.
Ich bitte deshalb, zu erwägen, ob nicht ein ad hoc berufener Ehrenrat nach Anhörung der betroffenen Abgeordneten dem Bundestag die Maßnahmen vorschlagen soll, die er auf Grund der Feststellungen des Untersuchungsausschusses treffen möge und über die dann möglichst ohne Diskussion abgestimmt werden sollte. Der Ehrenrat sollte sich, um diesmal die Erledigung innerhalb von 8 Tagen zu sichern, nur aus wenigen, vielleich einer Gruppe von fünf Mitgliedern, bestehend aus zwei Mitgliedern der CDU/CSU, zweien der SPD und einem der FDP, zusammensetzen. Es ist bedauerlich, daß -meiner Bitte vom 5. Oktober vorigen Jahres, den damals schon längst beschlossenen Ehrenrat durch Fertigstellung einer Ehrenordnung funktionsfähig zu machen, dies bis heute nicht geschehen ist, obwohl ich die Angelegenheit im Ältestenrat wiederholt angemahnt habe. Das 'Vertrauen des Volkes zum Bundestag muß leiden, wenn er nicht einmal in der Lage ist, die für sein eigenes Funktionieren notwendigen Einrichtungen zu schaffen. Man kann deshalb nicht einen schon vorhandenen Ehrenrat damit befassen, sondern muß zu diesem besonderen Zweck diesen vorgeschlagenen Ehrenrat schaffen. Ich behalte mir vor, später noch entsprechende Anträge einzureichen.
Im übrigen kann ich hier mitteilen, daß die Abgeordneten von Aretin und Volkholz, um eine völlig objektive Klärung der Vorwürfe zu ermöglichen, beim Oberstaatsanwalt in Bonn bereits Strafanzeige gegen sich selbst erhoben und dem Präsidenten ein Schreiben überreicht und ihn um Aufhebung der Immunität gebeten haben.
Es erscheint ferner dringend erforderlich, die gesamte Finanzierung der Parteien durchsichtiger zu gestalten. Ich muß hier offen aussprechen, .daß ich die Finanzierung von Parteien durch Interessenverbände nicht für gut halte, weil es unmöglich ist, die Grenzen zu ziehen, in denen eine Beeinflussung der Stimmabgabe ausgeschaltet werden kann. Die Parteien sind nun einmal eine notwendige Einrichtung unserer parlamentarischen Demokratie, und das Staatsvolk wird es, damit solche Zwischenfälle vermieden werden, gerne hinnehmen, wenn ihre Finanzierung in einer Weise erfolgt, daß etwa pro Wähler zum Bundestag ein Betrag von monatlich 2 Pfennig den Parteien zur Verfügung gestellt wird und daß es ihnen verboten wird, andere Gelder anzunehmen.
({9})
Wir richten deshalb an die Bundesregierung das dringende Ersuchen, das verfassungsmäßig vorgesehene Parteiengesetz mit größter Beschleunigung vorzulegen. Die Fraktion der SPD hat soeben einen Umdruck eingereicht, in dem Vorschläge in dieser Richtung gemacht werden. Wir sind mit den Punkten 1 und 2 der Anträge der Fraktion der SPD einverstanden.
Darüber hinaus erscheint es uns notwendig, daß - schon zur Abschreckung für künftige Fälle -eine Ergänzung des Strafgesetzbuches hinsichtlich der Bestechung von Abgeordneten eingeführt wird.
Ich glaube, wenn alle diese Maßnahmen getroffen sind, dann ist das getan, was eine Demokratie zu ihrem Selbstschutz tun muß. Dann kann auch die Bevölkerung die Sicherheit haben, daß die politisch verantwortlichen Parteien der Allgemeinheit objektiv und ohne Rücksicht auf Interessengruppen dienen.
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte als Generalnenner
({0})
- schreien Sie doch nachher, ich habe ja noch gar nichts gesagt - über das Ergebnis der Arbeit dieses Untersuchungsausschusses den Satz stellen: „Es kreißen die Berge und sie gebären eine Maus!" Mehr ist dabei nicht herausgekommen. Einige kleine Sünder, die sich unmanierlich betragen haben, haben gegen die Regeln, die man in der vornehmen Gesellschaft zu wahren verpflichtet ist, wenn man das Gesicht wahren will - das „deutsche, Gesicht" ist hier sogar gesagt worden -, verstoßen. Sie waren ungeschickt, und das muß man büßen, zumal wenn gewisse Parteien in gewissen Situationen daran interessiert sind, einige kleine Sünder herauszustellen. Das war in Bayern der Fall, wo man ja die Bayernpartei zur Ausbreitung der dortigen und der hiesigen Koalition innerlich ein bißchen zersetzen mußte, innerlich etwas auseinanderbringen mußte. Dabei sind diese kleinen Sünder auf der Strecke geblieben. Es lohnt sich kaum, über sie viel zu reden.
Aber desto mehr muß man meines Erachtens über die Art reden, wie diese Untersuchungen in dem zuständigen Ausschuß von vornherein aufgezogen worden sind, wie man sich an das Wort „Beweisthema" geklammert hat, wie man sich systematisch gegen alle Versuche, hinter die Schleier zu kommen, die wahren Geldgeber, die wahren Blutspender für gewisse Parteien zu ermitteln, mit Erfolg zur Wehr gesetzt hat.
Um das zu erkennen, muß man nur den Ausschußbericht selber einmal etwas studieren. Da heißt es in seinem Auftakt:
Der Ausschuß hatte den Gegenstand' seiner Untersuchungen durch Auslegung des Bundestagsbeschlusses festzustellen, nachdem der Beschluß selbst das Thema nicht ganz klar abgegrenzt hatte. Dabei war zu berücksichtigen, daß der Beschluß selbst den Gegentand der Untersuchung nicht auf Zahlungen im Falle der Hauptstadtfrage Bonn-Frankfurt beschränkt, sondern auch von Zahlungen bei anderen Angelegenheiten an Abgeordnete spricht.
Dann heißt es weiter:
Der Ausschuß hat es demnach als seine Aufgabe angesehen, zu prüfen, ob Zahlungen an Abgeordnete erfolgt sind oder angeboten worden sind, oder ob Abgeordnete solche Zahlun({1})
gen zu erlangen versucht haben unter Bedingungen oder Zweckbestimmungen, die mit den an einen Abgeordneten zu stellenden Anforderungen nicht vereinbar waren.
Und dann weiter:
Zu den für die Beurteilung der Zahlungen in
Betracht zu ziehenden Umständen war unvermeidlich auch die Frage zu rechnen, wie Abgeordnete Gelder, die ihnen aus politischen
Gründen oder in politischem Zusammenhang
übergeben worden waren, verwandt hatten.
Wenn wir uns dann die Geldgeber betrachten, die im Zuge dieser Verhandlungen, die unser Volk - es ist wohl nicht übertrieben - viele Zehntausende von Mark gekostet haben, vernommen wurden, wenn man die Art, wie man sie angepackt hat, wenn man ihre Aussagen, wenn man das Entgegenkommen gewisser Mitglieder des Ausschusses diesen Herren gegenüber - als es darauf ankam, ihnen allzu unbequeme Fragen zu vermeiden - betrachtet, dann gewinnt das, was ich sage, meiner festen Überzeugung nach eine wirkliche Beweiskraft.
Nun, fangen wir einmal an mit den Herren, die im Ausschuß als Geldgeber aufgetaucht sind. Da steht im Vordergrund der Herr Abgeordnete Pferdmenges,
({2})
uns allen ja nicht unbekannt. Das ist der Mann,
({3})
der nach dem Protokoll folgendermaßen aussieht: Der Abgeordnete Pferdmenges hat nach seiner Aussage im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 1949 Wahlgelder für verschiedene Parteien, insbesondere die CDU, gesammelt. ({4})
- Das ist das Protokoll.
({5})
- Das ist das Protokoll, meine Herren!
({6})
- Das steht im Protokoll,
({7})
in dem Protokoll, das Ihr Vertreter mit genehmigt hat!
Aber dann geht es weiter:
Nach der Aussage des Abgeordneten Pferdmenges und nach der Überzeugung des Ausschusses handelt es sich nicht um Gelder, die im Sinne des Bundestagsbeschlusses zur Beeinflussung der politischen Haltung von Abgeordneten oder Parteien oder mit unzulässigen Zweckbestimmungen gegeben worden sind.
In dieser Beziehung hat der Ausschuß dann „in
der Regel" - so heißt es -, wenn solche Fragen
gestellt wurden, von weiteren Ermittlungen abgesehen, wenn die Verwendung von Geldern zu politischen Zwecken im Interesse einer Partei oder in
einem echten politischen Interesse genügend glaubhaft gemacht erschien, und beim Herrn Pferdmenges hat man das geglaubt!
({8}) Man hat ihm geglaubt, daß er Gelder für alle Parteien sammelt und sie ohne jede Zweckbestimmung, ohne jeden Hintergedanken,
({9})
ohne jede politische Bindung, so wie der liebe Gott seinen Segen über alle, mehr oder weniger Gute, herabträufelt, ({10})
an sie verteilt hätte. Der vornehme Herr Pferdmenges, der Großbankier ,der Regierungskoalition, - bei ihm war man sehr vorsichtig. Man hat nicht gekratzt, und er kam sehr gut ab. Das ist auch zu verstehen, wenn er selber sagt: „Ich habe ihnen allen etwas gegeben". Nun, es ist schlecht dagegen anstinken.
({11})
- Er hat gesagt: „Ich habe allen Parteien, die mich - ({12})
- Dann bin ich gezwungen, mir nachher das Protokoll - ({13})
- Da müssen Sie` Ihr Protokoll holen! Er hat
natürlich nicht Sie gemeint, Herr Dr. Schumacher.
({14})
- Ich zitiere hier, Herr Arndt, wörtlich aus dem Protokoll;
({15})
und wenn die Zitate nicht stimmen, dann sind die
Abfasser des Protokolls lächerliche Figuren, nicht
ich! Ich zitiere und werde Ihnen gleich an Hand
der Protokolle zeigen, daß ich, richtig zitiert habe.
({16})
Nun, dieser vornehme und feine Mann, der die Gelder sammelt und sie an alle abgibt - er meint natürlich die Parteien der Koalition! -, dieser feine Mann ist, wie gesagt, wenig belästigt worden. Man hat ihm geglaubt, daß er nicht irgendwelche zweckbestimmten Absichten mit dieser Hergabe der Gelder, die er gesammelt hat, verbindet. Es heißt aber dann in dem Bericht:
Nicht außer Betracht gelassen werden konnten
die Geldgeber solcher Zahlungen und die Absichten und Gründe, aus denen heraus die Zahlungen von ihnen geleistet worden waren.
Damit kommen wir zu der zweiten Gruppe von Geldgebern. Das waren, möchte ich sagen, die Männer, die so in der ersten Dreckfront der Politik ihre Spenden abgegeben haben. Die haben das nicht gemacht wie der Herr Pferdmenges, der die Beträge, die er gesammelt hat, an die Kassen der Parteien abgeführt hat; die haben sich einzelne Abgeordnete vorgeknöpft und diese einzelnen Abgeordneten dotiert. Deshalb bezeichne ich sie als die Männer, die ihre Korruptionsarbeit in der vordersten Drecklinie gemacht haben, und zwar an den Kleinen. Auch wieder einmal - damit ich das ja nicht vergesse - ein Beweis dafür, wie man versucht hat, gewisse Zusammenhänge zwischen diesen Spenden und etwa der Frage der Versteuerung, der Verbuchung dieser Spenden aus der Welt zu schaffen. Da steht an einer Stelle im Protokoll - als Aussage, als Auffassung des Abgeordneten Schmitt ({17}) -: „Verbuchung der Gelder geht uns nichts an". Also ob die Gelder als verlorener Zuschuß, als Geschenk oder als Betriebsunkosten verbucht worden sind, ob Steuern dafür bezahlt worden sind oder nicht, das geht nach Meinung des Herrn Schmitt den Ausschuß nichts an.
({18})
- Ich bin der Meinung, meine Herren, es geht uns sehr viel an!
({19})
({20})
- Ja, aber Sie sind doch schließlich der Repräsentant des Staates,
({21})
und man sollte Ihnen, die Sie auch die Finanzämter unter sich haben oder zu kontrollieren vorgeben, auch zutrauen dürfen, daß Sie ein Interesse daran haben, ob die Gelder versteuert worden sind oder ob sie einfach der Steuer hinterzogen worden sind. Das sollte für uns von Interesse sein. Ich stelle nur fest, daß laut Protokoll der Ausschuß dafür kein Interesse gezeigt hat.
Dann heißt es weiter zur Sache selber:
Es werden zwar nun bekanntermaßen ständig und in nicht geringem Umfange Zahlungen für politische Zwecke geleistet, jedoch, wie dem Ausschuß ersichtlich wurde, in vielen Fällen durch Mittelsmänner, wobei der eigentliche Geber dem eigentlichen Empfänger oft gar nicht bekannt ist und die Weiterleitung sowie die schließliche Verwendung der Gelder oft dem Ermessen der Beteiligten oder aber auch der Mittelsmänner überlassen bleibt.
Damit kommen wir wieder zu der zweiten Gruppe, die ich eben als die Gruppe der kleinen Macher in der vordersten Drecklinie bezeichnet habe. Da steht im Vordergrund Herr Heinrichsbauer. Er ist gefragt worden, was er eigentlich sei. Nach dem Protokoll hat er gesagt, er sei Syndikus, er habe eine Handelsgesellschaft. Erst nach und nach hat er sich dazu bequemt zu sagen, daß er ein Angestellter ist. Er ist aber auch vom Ausschuß gar nicht besonders gedrängt worden zu erklären, wer denn seine „Brötchengeber" sind. Aber das ist auch wieder begreiflich. Er hat gesagt: „Das ist eine Frage des Vertrauens, daß man mir das Geld zur Weiterleitung gibt; das ist eine Frage des Vertrauens zwischen mir und meinen Geldgebern, an wen und in welcher Höhe ich das Geld abgebe". - Quittungen? -- Unter Ehrenmännern braucht man doch keine Quittungen, sagt er, das ist eine Frage des Vertrauens, der „Ehre". So ist es zu erklären, daß Quittungen bei diesen „Transformationen
({22})
und Transfigurationen"
({23})
kaum aufgetaucht sind. Das ging alles so auf der Basis des Ehrenwortes und des gegenseitigen Vertrauens vor sich.
Nun ist dieser Herr Heinrichsbauer ja bekanntlich kein Neuling. Er hat selber gesagt, daß er zu seinen Geldgebern zum Teil schon seit 25 und 30 Jahren in einem absoluten Vertrauensverhältnis steht. Das stimmt. Er ist ein alter Mann, der in jahrzehntelanger Arbeit immer wieder dasselbe gemacht hat:
({24})
Er hat die Gelder, die ihm die Großunternehmer und die Syndikate abgaben, um einzelne Abgeordnete zu bestechen und zu kaufen, weitergeleitet.
({25})
- Diese Gelder hat er weitergeleitet. - Sehen Sie, hier vor mir liegt ein Werk von ihm, erschienen im Jahre 1948: Schwerindustrie und Politik, von August Heinrichsbauer, vertraulich, nur zur persönlichen Information, jeder Nachdruck ist untersagt, da die Abhandlung nicht zur Veröffentlichung und Weiterverbreitung bestimmt ist. Das Ganze ist im Zuge des Prozesses in Nürnberg gegen die großen industriellen Kriegsverbrecher herausgekommen. Es läuft darauf hinaus, den Nachweis zu erbringen, daß sie eigentlich gar nicht in
nennenswertem Umfange die Nazis unterstützt haben.
({26})
Er geht sogar zu Anfang von einer Feststellung aus, die man etwa so zusammenfassen kann: Er wirft den deutschen Großunternehmern vor der Nazizeit vor, daß sie eigentlich den Wert einer politischen Steuerung der Arbeit der Parteien und der Parlamente durch Hergabe von Geldern in ihrer ganzen Bedeutung gar nicht erkannt hätten. Er wirft ihnen direkt vor: Damals haben sie eigentlich viel zu wenig getan, und in der Nazizeit haben sie such nicht allzu viel getan. - Dann ist auch noch ein Versuch darin, die denkwürdige Konferenz in Düsseldorf 1932, an deren Vorbereitung der Herr Lehr sehr wesentlich beteiligt war,
({27})
in ihrer Bedeutung herabzusetzen - nicht wahr? Aber eines ist da schon interessant. Herr Dr. Heinrichsbauer zeigte damals auch schon die jetzige Linie in seiner Arbeit auf. Er geht nicht an die Parteien heran, er holt sich da auch einzelne, in der NSDAP führende Spitzenfunktionäre heraus, löst sie aus der Reihe heraus, macht sie korrupt und kauft sie so. Und dann besitzt er die Kühnheit zu sagen, das hätte er eigentlich nur getan, um dem Nationalsozialismus gewisse „Giftzähne" auszubrechen. Das hört man auch heute noch gelegentlich von anderer Seite, dieselbe Formulierung!
Aber das war der Mann, der sozusagen den Finger auf dem richtigen Knopf hatte. Der Mann stand unter Eidespflicht. Wenn man gewollt hätte, dann hätte man ihn bestimmt aus seiner Diskretion herausbringen können. Dann hätte man erreicht, daß er diese hohen ehrenwerten Personen, mit deren Geldern er schon seit 25 und 30 und mehr Jahren politische Parteifunktionäre und Parlamentarier besticht, genannt hätte. Man hätte diese Hintermänner entdecken können, wenn man nur gewollt hätte.
({28})
Was wäre das eine illustre Liste von illustren Namen geworden!
({29})
Eine illustre Liste! Was hätten wir da an manchen alten Bekannten wiedergesehen,
({30})
so manchen alten Bekannten aus den hohen Kreisen um den Herrn Pferdmenges und den Herrn Adenauer herum! Aber auch da wieder fiel der Mantel der christlichen Nächstenliebe: Noli me tangere - nur nicht daran rühren -, es könnte unangenehm werden! Aber da hätte man die Blutspender herauskriegen können. Da hätte man die Namen dieser Personen, dieser Großgeldbesitzer, dieser Großaktionäre, der wahren Leiter und Lenker der Politik der bürgerlichen Reaktion herauskriegen können. Da hätte man die Hintermänner entdecken können, in deren Namen Adenauer wie Hitler Politik gegen das Volk machen.
({31})
- Die Namen hätte man aufdecken können.
({32})
Aber man hat das nicht gewollt. Man ist darüber hinweggegangen.
Dann ist da noch ein anderer in diesem illustren Kreis. Der Mann riecht bedenklich nach Petroleum. Das ist der Herr Telle von der Gewerkschaft
({33})
Elwerath: Ich habe gelegentlich schon immer wieder hier gesagt: Wenn Sie, meine Herren, von Moral reden, dann stinkt das nach Petroleum.
({34})
Und hier haben wir wieder einmal einen Beweis.
({35})
Sehen Sie, das ist dieser Herr Telle; der holt sich einen von diesen kleinen Männern heraus. Er weiß gar nicht, wer der Mann ist. Er weiß nicht, daß der Vater dieses Bundestagsabgeordneten schon in der bayerischen Erdölindustrie gewisse Interessen gehabt hat. Das weiß er alles gar nicht. Er wagt dem Ausschuß zu erzählen, er sei Preuße, und da er die bekannte Aversion der Bayern gegen uns S-a-u-Preußen kenne und da er diese Aversion etwas besänftigen wolle, habe er es für richtig gehalten, diesem Bajuvaren reinsten Blutes ein bißchen mit Geld auf die Sprünge zu helfen.
({36})
Das steht alles im Ausschußbericht drin, das ist nicht meine Erfindung. Aber als er diese Gelder lockergemacht hatte, da stand im Bundestag ein sehr heißes Thema an, die Frage nämlich der Erhöhung des Preises für Treibstoffe. Es täte mir direkt weh, wenn ich mir einreden wollte oder sollte, daß zwischen dieser Geldhergabe und dem Problem der Erhöhung der Preise kein logischer Zusammenhang bestände. Ich bin nicht dumm genug, mir das einzureden, und ich glaube, auch keiner von Ihnen ist so dumm, das anzunehmen; Sie sehen genau so wie wir diese Zusammenhänge. Hier ist also Geld hergegeben worden von einem Mann, der jetzt an der Stelle sitzt, an der früher einmal einer unserer jetzigen Minister gesessen hat. Das hatte den Sinn, eine Abstimmung im Interesse der Ölmagnaten zu beeinflussen, gegen die Interessen der Verbraucher und damit gegen die Interessen des Volkes.
Damit komme ich zu einem anderen Thema. Das ist das Thema Schäffer-Donhauser.
({37})
Ich berufe mich da auch nur - als vorsichtiger Europäer - auf das Protokoll!
({38})
- Glauben Sie denn daran, daß ich keiner bin? Oder unterstellen Sie mir, ich könnte ruhig ein bißchen mehr riskieren?
({39})
- Ich sage Ihnen gleich, warum ich vielleicht ein bißchen mehr riskieren kann. Ich freue mich, wenn Sie mir das Stichwort nachher geben, damit ich es ja nicht vergesse. Vielleicht kann ich dann noch ein bißchen weitergehen.
Sehen Sie, das ist das Protokoll, der Ausschußbericht. Da lese ich:
Der Abgeordnete Donhauser hat überdies mehrfach, insbesondere in einem Gespräch am Buß- und Bettag
- einen eigenartigen Tag hat er sich da herausgesucht! des Jahres 1949, welches im Arbeitzszimmer des Bundesministers der Finanzen Schäffer im Beisein des Abgeordneten Strauß
- Strauß! ({40})
und mindestens teilweise im Beisein des Abgeordneten Aumer stattfand, dem Abgeordneten und Bundesminister der Finanzen Schäffer, mit dem er von Beginn seiner politischen Tätigkeit an politisch befreundet war. - Dasselbe sagt auch der Herr Schäffer in seiner
Aussage, siehe im Stenogramm über die Sitzung.
Er betont auch die politische Freundschaft,
die alte politische Bindung! Also da hat der Herr
Aumer dem Herrn Finanzminister Schäffer
die bestehenden Finanznöte dargelegt. Er hat insbesondere darauf hingewiesen, daß die Leitung der Partei unter Dr. Baumgartner denjenigen Mitgliedern der Partei, die politische Gegensätze mit Dr. Baumgartner hätten, finanzielle Schwierigkeiten mache und ihnen keine Mittel zur Verfügung stelle. Die innerhalb der Bayernpartei bestehenden Gegensätze brauchen hier nicht im einzelnen erörtert zu werden;
- das steht im Bericht! klar geworden ist jedoch, daß die sogenannte Gruppe Donhauser, im Gegensatz zur Führung der Partei unter Dr. Baumgartner, Ansichten vertrat, die denjenigen des Bundesministers der Finanzen in Bezug auf die bayerische Politik mehr entgegenkamen als die offizielle Politik der Landesleitung. In diesem Gespräch oder mehreren Gesprächen hat der Abgeordnete Donhauser dem Bundesminister der Finanzen offenbar zumindest nahegelegt, ihn doch bei der Beschaffung von Mitteln zur Abdeckung seiner Wahlschulden aus der Bundestagswahl zu unterstützen. Es kann kein Zweifel bestehen, daß allen Beteiligten die Möglichkeiten, solche Mittel aufzubringen, bekannt waren, wie ja auch die mit Heinrichsbauer angeknüpften Verhandlungen zeigen.
Fest steht jedenfalls, daß der Bundesminister der Finanzen auf Grund seiner politischen Verbindungen nach seiner Aussage zustimmend und
- im Protokoll Soundso empfehlend dahin gewirkt hat, daß dem Abgeordneten Donhauser oder seiner Gruppe Zahlungen aus dem Fonds, der aus allgemeinen Sammlungen großer Wirtschaftsverbände für den Bundestagswahlkampf stammt, zuflossen.
- Das war in den Tagen der Nachwahl in Kulmbach,
({41})
kurz vorher oder kurz nachher, um die Zeit herum.
({42})
- Die Wahl in Kulmbach war im Mai 1950. Einigen wir uns aber auf den halben Nenner! Aber die Wahl war, und sie hat sich unter gewissen neuen Aspekten vollzogen. Neu war nämlich das Wahlbündnis, das man eingegangen war, das Wahlbündnis CSU, FDP und Bayernpartei. Die örtlichen Funktionäre und die Gruppe Donhauser haben da in Einheitsfront für den Kandidaten der CSU gekämpft, und dieser wurde dann auch gewählt. Das hat dem Herrn Donhauser einige tausend Mark eingebracht. Und der Gewählte ist jetzt der Vorsitzende des 44. Ausschusses.
({43})
- Ja, ja, der Gewählte ist der Vorsitzende des 44. Ausschusses! Es gibt böse Menschen und Ausschußmitglieder, die behaupten, daß der Herr Finanzminister mit dem Blick auf diese Wahl im besonderen, auf die Tatsache, daß die Bayernpartei
({44})
unter der Führung dieser Leute immer mehr zu einer Adenauer-koalitionstreuen Partei sich entwickle, die Meinung gewann, daß dies durch Beteiligung an dem großen Futternapf belohnt werden müsse, über den der Herr Heinrichsbauer zum Teil, aber zum überwiegenden Teil auch der Herr Bankier Pferdmenges und unser Minister verfügt hat.
({45})
Wenn ich vorhin gesagt habe, als vorsichtiger Europäer will ich mich vorsichtig ausdrücken, fällt mir jetzt ein, daß ich das eigentlich gar nicht nötig habe. Ich kann ruhig etwas deutlicher werden. Sehen Sie, da ist der Herr Etzel. Der Herr Etzel, däs ist auch so eine Person, die in den „Rahmen" nicht hineinpaßt,
({46})
dem es offensichtlich unwohl war angesichts all dieser Korruption um ihn herum. Dieser Herr Etzel sagte im Ausschuß:
Schäffer ist die zentrale Figur der ganzen Affäre. Der Herr Bundesfinanzminister ist der Großsiegelbewahrer der Korruptionsgelder.
Das sagt der Herr Etzel,
({47})
und ich habe bisher noch nicht gehört, daß der Herr Bundesfinanzminister gegen ihn eine Beleidigungsklage angestrengt hat.
({48})
- Hat er es zurückgenommen? - Ja, komisch, dann fällt damit wohl die Feststellung in dem heutigen offizielen Ausschußprotokoll zusammen, daß er die „zentrale Figur" ist? Fällt das damit zusammen? - Dann bin ich beruhigt.
({49})
Ich stelle nur fest: Diese Herren Minister aus diesem Kreis von illustren Personen, die so hauchzart empfindlich sind und entsprechend reagieren, wenn es gilt, irgendeine vermeintliche Beleidigung irgendeines Bundestagsabgeordneten zurückweisen zu müssen, etwa durch Anrufung des Gerichts, diese Herren Minister sind in d e r Frage ziemlich dickfellig. --- Sie lassen das über sich heruntergehen, ohne sich irgendwie zu wehren!
Nun komme ich langsam zum Schluß meiner Betrachtungen.
({50})
Viele Monate lang hat dieser Ausschuß gebraucht, um trotz einer Unzahl von Sitzungen und eines umfangreichen Berichts und viel, viel, viel Geld an der Klärung der Frage vorbeizukommen. Man ist nämlich glatt an der Klärung der Grundfrage vorbeigekommen: Wo sitzen denn nun die wirklichen großen Geldgeber und damit die wirklichen Männer,
({51})
die die Politik dieser reaktionären Adenauer-Regierung bestimmen? An dieser Klärung geht man bewußt aus parteiegoistischen Gründen vorbei.
Nun, in Bonn versuchte Dr. Adenauer, der politische Geschäftsfüher der westdeutschen Schwerindustrie, vom ersten Tag an
({52})
mit allen Miteln seine recht schmale Regierungsbasis zu erweitern. Und nun hören wir aus dem Beschluß und aus dem Protokoll, das der Ausschuß erarbeitet hat, daß zwar nicht direkt beweisbar, aber mit einer großen Wahrscheinlichkeit annehmbar ist, daß sogar die Frage der Wahl Bonns als Sitz der Bundesregierung nur diesem Ergebnis zu danken ist, daß in der letzten Minute aus einer gewissen Front, nicht wahr, einzelne Abgeordnete herausgelöst worden sind.
({53})
- Ich empfehle Ihnen das Studium der Ausschußberichte!
({54})
Aber abgesehen von dieser Frage komme ich jetzt zur Frage der Wahl Dr. Adenauers, die damals bekanntlich mit einer Stimme Mehrheit erfolgt ist. Wir haben bisher immer angenommen, diese eine Stimme wäre seine eigene Stimme gewesen.
({55})
- Hören Sie, ich hätte beinahe gesagt, so dumm sind Sie nicht einmal, wenn Sie schlafen!
({56})
Wir haben immer angenommen, es war seine Stimme, mit der er gewählt worden ist. Jetzt ist immerhin mit einer Spur von Wahrscheinlichkeit die Annahme berechtigt, daß da auch bereits die Stimme irgend so eines gekauften Abgeordneten dahintersteckt.
({57})
Es ist immerhin mit einer deutlichen Spur von Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß er mit der Stimme eines gekauften Abgeordneten regiert.
({58})
Nun zu entscheidenden Fragen. Welche Industriegruppe finanziert - -({59})
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, den Redner 'ausreden zu lassen.
({0})
Beruhigen Sie sich doch! Ich wollte doch nur sagen, was einer Ihrer führenden Männer dem Ausschuß gesagt hat.
({0})
- Herr Strauß, darf ich Ihnen einmal etwas sagen.
({1})
Nachdem wir heute morgen im Ältestenrat erfahren haben, daß Sie sogar gelobt haben, sich gegenüber dem Herrn Loritz etwas vornehmer zu be({2})
nehmen, versuchen Sie es vielleicht auch einmal mir gegenüber!
({3})
Ich zitiere z. B. den Herrn Schrader,
({4})
der gesagt hat, daß bei allen bürgerlichen Parteien
über die Finanzierung durch die Industrie doch
gar kein Zweifel bestünde. Und ich zitiere ein noch
etwas wichtigeres Organ Ihrer Front, ein Organ,
das doch vor allen Dingen die Aufgabe hat, Ihre
Jugend zu demokratischer Konzeption zu erziehen.
Ich meine den „Michael", in dem zu lesen steht: Nur muß man aber zunächst einmal festhalten, daß es juristisch keine Bestechung von Abgeordneten gibt. Abgeordnete sind keine Beamte. Wenn sie für eine bestimmte Haltung in einer bestimmten Frage Geschenke annehmen oder sie sich zusagen lassen, machen sie sich keiner Amtspflichtverletzung im juristischen Sinne schuldig, und kein Richter kann sie zur Verantwortung ziehen. Sie können ihre Parlamentsreden und das Gewicht ihrer Stimmen verkaufen, ohne sich strafbar zu machen. Das gehört nun einmal zur Freiheit der Abgeordneten. Es ist bekannt, daß unsere Parteien verhältnismäßig wenig eingeschriebene Mitglieder haben und deshalb auf Geldspenden angewiesen sind. Daß an solche Geschenke mehr oder weniger bestimmte politische Bedingungen geknüpft sind, ist wahrscheinlich.
„Wahrscheinlich", sagt der „Michael"; ich sage:
Es ist sicher.
({5})
- Ja, der muß es wissen, weil er Ihnen - nicht nur Ihnen, trotzdem Sie doch gar nicht ein so hundertprozentiger Gläubiger sind ({6})
und Ihren Freunden von der CDU/CSU absolut nahesteht. Wenn also der „Michael" ausspricht, daß es, „wahrscheinlich" ist, daß die Hergabe dieser Bestechungsgelder die Empfänger dieser Bestechungsgeiler verpflichte, politische Entscheidungen nach dem Willen der Geldgeber auszurichten, dann brauche ich da wohl als Kommunist nicht mehr viel hinzuzufügen.
({7})
- Nein, das kann ich nicht sagen! Ich will nur an der Stelle festhalten, daß - laut Bericht - der Herr Heinrichsbauer und der Herr Telle es weit von sich gewiesen haben, daß sie etwa an uns Kommunisten Geld gegeben haben.
({8})
Das mußten die Herren weit von sich weisen. Mir genügt diese Erklärung.
({9})
Aber nun ein anderes Wort noch. Sehen Sie, gelegentlich hören wir hier einmal, vor allem aus dem Mund der Koalitionsfraktionen, die es so als selbstverständlich ansehen, daß sie mit Geldern der Großindustrie gefüttert werden, solche Feststellungen wie: man müsse die Forderung des Art. 21 des Grundgesetzes endlich erfüllen, man müsse ein Gesetz schaffen, durch das die Parteien gehalten wären, ihre finanziellen Einkünfte und die Herkunft ihrer Mittel öffentlich aufzudecken, usw. usw.
({10})
Ich weiß nicht, woher Sie den Mut nehmen, ein solches Gesetz überhaupt zu befürworten, wenn Sie doch selber zugeben müssen und wenn Sie durch den „Michael" ihrer eigenen Jugend erzählen, daß es „wahrscheinlich" sei, daß ihre Geldgeber die Linie Ihrer Politik bestimmen. Wie können Sie dann Ihren Wählern erzählen, daß in Ihrer Partei eine Politik im Sinne einer sozialen, einer christlichen Konzeption gemacht würde? Wie können Sie das denen erzählen? Das nimmt Ihnen nicht einmal mehr der dümmste Wähler ab. So liegen doch die Dinge. Deshalb bin ich der Meinung, Sie sollten bei der Propagierung dieser Ihrer Forderung auf Offenlegung der Geldgeberlisten vorsichtig sein. Es gibt in Deutschland ein Sprichwort: „Wes Brot ich ess', ,des Lied ich sing!"
({11})
Das fällt auf Sie zurück! Sie essen das Brot der deutschen Großunternehmer, und Sie singen ihr Lied, und Sie machen ihre Politik.
Nun sagt der Herr Telle, der es ja eigentlich wissen müßte, im Ausschuß: „Politik ist kein Geschäft. Ach, der Kauf von Abgeordneten, das ist eigentlich gar kein richtiges Geschäft." - Ich frage mich, warum werden sie denn geschmiert, die Abgeordneten, wenn das kein Geschäft ist. Warum schmiert ' man sie da, die kleinen Sünder? Die großen Sünder, die die Linie der Politik der großen bürgerlichen Parteien bestimmen, arbeiten ja mit vornehmeren Methoden. Aber alle beziehen sie die Masse ihres Geldes von den Herren der Kohle und des Eisens und von den großen Bankhyänen.
So sieht denn auch die Politik aus, die ihr Platzhalter und Interessenvertreter in der Person des Herrn Adenauer hier macht. Wenn man die Ergebnisse dieser Politik einmal kurz rekapituliert, wenn man sich z. B. an ein Werturteil der SPD-Fraktion erinnert, das besagt, daß die Politik der AdenauerRegierung die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher macht, wenn man sich 'an die Feststellung erinnert, daß die Großunternehmer, die Aktionäre, es fertiggebracht haben, daß ihre Aktienpakete im Verhältnis 1 : 1 aufgewertet worden sind, wenn man an die hohen Gewinne denkt, die gelegentlich einmal publik werden, wenn wir auf der anderen Seite daran denken, wie erbärmlich die Sozialpolitik dieser Regierung gegenüber den Massen des Volkes ist, dann scheint es doch bewiesen zu sein, daß der Ankauf von Abgeordneten und die Finanzierung bestimmter reaktionärer Parteien sich für das deutsche Großunternehmertum absolut lohnt, daß es ein lukratives Geschäft für sie ist.
Aber ich komme zurück auf die erste Feststellung. Da ist diese Regierung Adenauer gewählt mit einer Stimme Mehrheit, mit einer sehr, sehr fragwürdigen Mehrheit, was die Homogenität der Parteien angeht, die seinerzeit dahinter gestanden haben. Jedenfalls eine Regierung auf denkbar schmalster Basis. Daß diese Koalition und ihr „großer Führer" ein Interesse daran hatten, die Basis zu erweitern, das versteht sich für jeden denkenden Menschen. Aber woher nimmt diese Regierung, die sich stützt nicht auf das Vertrauen des Volkes, sondern auf eine erkaufte Mehrheit, ({12})
({13})
woher resultiert der Rechtsanspruch dieser Regierung, sich als die Regierung zu bezeichnen, die getragen wird vom Vertrauen unseres Volkes? Oder woher resultiert der Anspruch, den sie bei jeder Gelegenheit geltend macht, anerkannt zu werden als die Regierung etwa sogar des gesamten deutschen Volkes?
({14})
Nein, diese Adenauer-Regierung, deren politische
Parteien finanziert und getragen werden in der
Hauptsache von den Geldern der deutschen Monopolkapitalisten, diese Regierung, deren Politik
gegenüber dem Volk systematisch darauf hinausläuft, den Hunger und das Elend zu vergrößern, ({15})
Herr Abgeordneter Renner, für diesen Ausdruck rufe ich Sie zur Ordnung.
- deren Regierungspolitik systematisch darauf hinausläuft, die Kriegsvorbereitung vorwärtszutreiben, - ({0})
Herr Abgeordneter Renner, auch dafür rufe ich Sie ein zweites Mal zur Ordnung, und ich weise Sie auf die Folgen eines dritten Ordnungsrufs hin.
- diese Regierung, deren Politik ausgerichtet ist nach den Befehlen des USA-Monopolkapitals und nach deren Interessen, - ({0}) diese Regierung sollte sich abgewöhnen zu sagen, daß sie getragen ist von dem Vertrauen unseres Volkes
({1}) und daß sie das Recht habe, im Sinne dieses nicht vorhandenen Vertrauens auch in Zukunft noch die Geschicke unseres Volkes in Westdeutschland weiter zu leiten.
Ich komme zum Schluß. Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen gesagt, wie systematisch man im Ausschuß bemüht war, die wahren Hintergründe dieser Korruptionserscheinungen zu vernebeln
Ich rufe Sie ein drittes Mal zur Ordnung und entziehe Ihnen damit das Wort.
({0}) Das Wort hat der Abgeordnete Reismann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Zentrumsantrag, der auf der seit langem vom Zentrum vertretenen Tendenz beruht, gerade unserem neuen Staat eine Grundlage von Ordnung und von öffentlichem Ansehen zu verschaffen und durch die Offenlegung der Parteifinanzierung allgemeines Vertrauen gerade in das Parteiwesen zu begründen, würde allerdings den Kommunisten, die gerade vor mir ihren Sprecher so heftig gegen die bestehenden Parteien wettern ließen, wie mir scheint, wenig Freude machen. Wenn sie sich also mit ihrer Kritik gegen das gegenwärtige Verhalten der Parteien wendeten, so bin ich gerade deswegen überrascht, weil das, was sie hier als Einzelentgleisung zum Anlaß einer so maßlosen Kritik überhaupt nehmen, bei ihnen selbst in ganz anderem Maß vorkommt. Gerade die Frage der Finanzierung der Parteien, die hier
im Vordergrund und im Hintergrund stehen muß, ist doch für diese Partei in unserm Hause ein reichlich heikles Kapitel.
({0})
Der ganzen Angelegenheit des „Spiegel"-Ausschusses und der Debatte um diese beiden „Spiegel"-Artikel, die in der Öffentlichkeit so großes Aufsehen erregt hat, möchte ich die Erklärung vorausschicken, daß man eigentlich für die öffentliche Erörterung an berufener Stelle dankbar sein sollte; denn es war - ganz abgesehen von den Artikeln, die da erschienen waren - in der Öffentlichkeit ein Rumoren und ein anonymes Drumherumreden, das ein Bedürfnis zur Folge hatte, die Dinge nun einmal zu klären.
Man hat damals dem „Spiegel" Vorwürfe darüber gemacht, daß die Erörterung in dieser und nicht in anderer Art geschehen wäre, und ich selber bin der Ansicht, daß es richtiger gewesen wäre, es wäre aus der Mitte unseres Hauses in irgendeiner Form die Veranlassung gegeben worden, die Dinge zu klären. Nachdem aber nun einmal das Gerücht und das Gerede in der Welt war, da gab es keine wichtigere Aufgabe für das Haus, als diesen Dingen nachzugehen und sie zu klären.
Wenn nun über den vorliegenden Bericht in weiten Kreisen eine gewisse Unzufriedenheit und Enttäuschung herrscht, so ist das erklärlich. Der Herr Abgeordnete Seelos hat eben nicht ohne Grund darauf hingewiesen, daß man sich hier über kleinere Summen in großen Beratungen ergangen und über große Summen geschwiegen hat. Auf große Summen sind die Untersuchungen nicht ausgedehnt worden, und zwar deswegen nicht, weil die Fassung des Beschlusses, der den Untersuchungsausschuß eingesetzt hat, die - wie man sich ausdrückte - allgemeine Finanzierung von politischen Parteien nicht zum Gegenstand hatte. Zum Gegenstand der Untersuchungen war die Behauptung gemacht worden, daß „anläßlich der Abstimmung in der Hauptstadtfrage Bonn-Frankfurt und bei anderen Gelegenheiten an Abgeordnete aller Fraktionen ein Betrag von insgesamt etwa 2 Millionen DM" gezahlt worden sei.
Hält man sich zunächst an die engste Fassung dieses Beschlusses, so ist in aller Öffentlichkeit und unter Mitwirkung der gesamten Öffentlichkeit - denn alle Ausschußmitglieder haben zahlreiche Anregungen der verschiedensten Art aus breitesten Kreisen der gesamten Bevölkerung, nicht mir aus diesem Parlament erhalten - dargelegt worden, daß man weder von 100 Abgeordneten noch von Millionen DM noch auch nur von großen Summen oder einer größeren Zahl von Abgeordneten sprechen kann noch auch, daß konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß die Abstimmungsfrage Bonn-Frankfurt Veranlassung zu solchen Geldhingaben gegeben hat.
Bei der Gelegenheit ist aber auch die Quelle aufgedeckt worden, von. welcher dieses ganze dem Ansehen des deutschen Parlaments äußerst abträgliche Gerede den Ausgang genommen hat. Das war das Geschwätz - man kann es nicht anders bezeichnen -- eines verantwortungslosen Abgeordneten, der damit renommiert hat und glaubte, einen faulen Witz zu machen, dessen Tragweite er nicht erkannt haben will und wobei er sich später mit der eigenen Dummheit als Entschuldigung herausredete.
({1})
Das muß einmal im Interesse des Ansehens und der
Ehre des Hauses selbst und der deutschen Abgeordneten klargestellt werden, die hier völlig un({2})
berechtigt von einem gewissenlosen Schwätzer in Verruf gebracht worden wären, wenn nicht diese öffentliche Klärung erfolgt wäre. Deswegen sind wir der Ansicht, daß man einem Mann, der - sei es aus Dummheit, sei es Verantwortungslosigkeit - ein solches Geschwätz in Umlauf gesetzt hat, nicht mehr das Vertrauen geben kann, das man jedem Abgeordneten entgegenbringen muß. Deswegen fordern wir das Haus auf, es möge ihn auffordern, seinen Sitz zur Verfügung zu stellen und den Platz zu räumen, den einzunehmen er seinen Anspruch verwirkt hat.
({3})
Aber gehen wir nun den Dingen weiter auf den Grund, so fällt zunächst als die dabei unangenehm, als Korruptionsblüte aufgefallene Persönlichkeit - das sei mit aller Brutalität gesagt - der Abgeordnete Aumer ins Auge. Der Abgeordnete Aumer hat dreimal, die Interessen der Erdölindustrie vertretend, hier von dieser Tribüne des Bundestags aus geredet. In der 31. Sitzung am 26. Januar 1950 sprach er gegen die Stellungnahme meines Fraktionskollegen Dr. Bertram über den Preis, der für das Erdöl festgesetzt werden sollte. An demselben Tag hat er eine nennenswerte Zuwendung von einer dabei sehr interessierten Firma, der Firma Elwerath in Hannover, erhalten. Er hat insgesamt dreimal für die Interessen der Erdölindustrie gesprochen, und er hat dreimal von der Erdölgesellschaft Geldsummen erhalten, die insgesamt 22 093 DM betragen haben. Man kann natürlich weder feststellen, daß irgendein konkretes Wort über eine Verpflichtung dieses Herrn gesprochen worden wäre; „so dumm und so plump doch nicht", sagte Herr von Aretin einmal, als er als Zeuge vor dem Ausschuß vernommen wurde. Das war ja auch gar nicht nötig. Die Geschichte war doch offenbar so, daß durch die Hingabe von Geld eine innige Verbindung zwischen dem Geldgeber und dem Geldnehmer hergestellt werden sollte und daß auf diese Art und Weise die Generallinie dieses Herrn festgelegt wurde.
In welchem Zusammenhang denn? Weswegen gab man gerade ihm das Geld? Wenn man glaubte, man müßte sich in Bayern als „Preuße" anfreunden, so hätte man eine große Spende für irgendeinen guten Zweck machen können, und man hätte das in die Zeitung setzen können. Aber hier gab man unter der Hand Geld, so daß die eine Hand nicht wußte, daß die andere gab. Da gab man einem Abgeordneten Geld, der eine bestimmte Richtung innerhalb einer bayerischen Partei repräsentierte, und die Öffentlichkeit erfuhr davon gar nichts.
({4})
- Er war Mitglied im Erdölausschuß des Wirtschaftsausschusses, und der Geldgeber, Herr Telle,
der sich dabei selber keineswegs besser verhalten
hat als der Abgeordnete, wenngleich ihn nicht die
gleiche besondere Sorgfaltspflicht und Treuepflicht
gegenüber dem deutschen Volke traf, hat das, wie
er erklärt hat, getan, weil er ihn als den Vorsitzenden dieses Unterausschusses angesehen hat.
({5})
Ob das richtig war oder nicht - er war einfaches Mitglied -, spielt dabei keine Rolle. Aber das war offenbar das Motiv oder das hervorstechende Motiv bei der Hingabe dieses Geldes.
Dieser vermeintliche Vorsitzende zapfte nun in geradezu schamloser Art und Weise bei der ersten Gelegenheit, wo dieser Interessenexponent mit ihm in Fühlung trat, diesen Mann an und verlangte von ihm die Hergabe von Geld. Bis dahin hatte er schon Geld ausgegeben. Er hatte schon Freunden seiner Richtung innerhalb seiner Partei, offenbar um diese Richtung zu festigen und von der Gesamtrichtung seiner Fraktion abspenstig zu machen, Gelder teils in Aussicht gestellt, teils gegeben, obwohl er selbst aus dieser Quelle Elwerath noch keines bekommen hatte. Er hat behauptet, er habe mit Rücksicht auf die erwarteten Zuwendungen Geld hergegeben. Aber es hat sich herausgestellt, daß er in diesem Punkt den Ausschuß mit Unwahrheit bedient hat. Es war nicht wahr, denn Telle hat uns gesagt, daß er bis zu diesem Zeitpunkt - Ende Dezember - überhaupt kein Geld in Aussicht gestellt hatte und daß er bis zu der ersten Zuwendung auch keine Versprechen dieser Art gemacht hatte. Daraus ergibt sich also zwingend, daß Aumer noch weitere Geldquellen hatte und daß er sogar noch von anderer Seite Geld erhalten hat. Er hat das auch nicht ernsthaft in Abrede gestellt; aber er hat sich geweigert anzugeben, woher, und er hat sich dabei auf das Aussageverweigerungsrecht der Abgeordneten berufen.
Daß diese Dinge allesamt kein Licht vertragen konnten, ergibt sich insbesondere auch aus der Art der Verbuchung. Eine immerhin nach mehr als einer Richtung auffällige Erscheinung ist es doch, daß die Gewerkschaft Elwerath aufgefordert wurde, die letzte Zahlung von 9 593 DM an die Mercedesvertretung in München zu überweisen. Die Mercedesvertretung sollte damit für einen Wagen bezahlt werden, der in Wirklichkeit schon längst bezahlt war, mit der Begründung: „Das läßt sich dann besser verbuchen". Wenn man also so vorging, so wollte man damit einmal den politischen Zweck kaschieren, zum andern offenbar aber auch die Steuerbehörde darum betrügen. Das ist ein ganz offensichtlicher, zumindest vorhanden gewesener Nebenzweck diese Art der Verbuchung, welcher Umstand uns Veranlassung gibt, darauf hinzuweisen - Sie haben einen besonderen Antrag darüber vorliegen -, daß man sich gerade die Bilanzen und die Gewinn- und Verlustrechnungen dieser Firma Elwerath einmal genauer ansehen sollte.
Daß natürlich Herr Telle keinen Bestechungszweck nannte, daß er keine konkreten Forderungen stellte, ist gar nicht weiter auffällig. Das kann man nicht erwarten. Aber wir halten es - nicht bloß ich, sondern meine ganze Fraktion ist dieser Auffassung - für einen Rechtsirrtum des Herrn Kollegen Schröder, wenn er sagt, daß die Bestechung von Abgeordneten schlechthin nicht bestraft werden könne. Man muß sich nur den § 109 des Strafgesetzbuchs etwas näher ansehen. Da heißt es:
Wer in einer öffentlichen Angelegenheit eine Wahlstimme kauft oder verkauft, .. .
Es dreht sich dabei um irgendeine Abstimmung, auch um Abstimmungen im Parlament, und es ist nicht gesagt, daß konkret die Abstimmung ad hoc verabredet sein muß, sondern es genügt völlig, wenn man sich den ganzen Abgeordneten in seiner Gesamtrichtung kauft, wenn nur ein nachweislicher Zusammenhang zwischen der Geldhingabe auf der einen Seite und dem Verhalten bei einer Abstimmung auf der anderen Seite vorhanden ist. Die Staatsanwaltschaft wird Veranlassung nehmen müssen, gerade nach dieser Hinsicht den im Untersuchungsausschuß ermittelten Sachverhalt näher zu untersuchen. Das Kaufen oder Verkaufen ist dabei nicht, wie die Kommentare es ausdrücklich auf Grund von Entscheidungen höchster Gerichte fest({6})
stellen, allein auf den Begriff des Kaufs nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt, sondern darunter ist alles zu verstehen, was der Mann auf der Straße als einen Kauf von Stimmen bezeichnen und betrachten kann.
Neben diesen Zuwendungen ist natürlich auch die Frage von Interesse, wie denn das Geld weiter verwendet worden ist. Und da ist allerdings kennzeichnend und wirft auch auf die Abstimmung Bonn-Frankfurt ein gewisses Rücklicht die folgende Frage, die als unzweifelhaft herauskristallisiert worden ist. Als der Mayerhofer auf vielfaches Drängen von Aumer 1000 DM erhalten hat, da hat man ihn gefragt, ob er „denn auch richtig abgestimmt habe". Man kann natürlich jeder Frage eine mehrfache Auslegung geben. Aber in diesem Zusammenhang: 1000 DM auf der einen Seite, Abstimmung Bonn-Frankfurt auf der anderen Seite, wird nun gefragt: „Hast du auch richtig abgestimmt?". Und zwar wird danach gefragt, nachdem vorher das Geld für die Verwendung von Wahlkreisschulden erbettelt worden war, also für Schulden, die die Wahlkreise als solche entriert hatten. Und das Geld wird, nachdem es gegeben war, dann mehr als ein halbes Jahr, von Dezember bis Juni, von diesem Abgeordneten hinter sich gehalten, bis er endlich durch das Murren der Öffentlichkeit und durch das Geraune im Parlament selbst dazu veranlaßt werden kann, seinem Fraktionsvorsitzenden zu bekennen, daß er Geld bekommen hat, und dann stellt er es zur Verfügung. Sicher ist diese Äußerung von etwas reichlich verspäteter tätiger Reue irgendwie zu berücksichtigen, vielleicht auch das Schwanken zu berücksichtigen. Korrekt war aber auch das nicht.
Was man nun an anderen Abgeordneten auszusetzen haben mag, verblaßt im Vergleich zu dem, was ich vorab von den beiden ersten Hauptschuldigen gesagt habe. Insbesondere ist es natürlich in keiner Weise zu rechtfertigen und zu erklären, daß Abgeordnete uns wissentlich und trotz Vorhalts nicht bloß in einer, sondern in einer ganzen Reihe von Sitzungen mit Unwahrheiten am laufenden Band bedient haben; der eine davon hat sie noch beschworen. Die strafrechtliche Klärung mag der Staatsanwaltschaft und dem Gericht überlassen sein. Das Haus muß nach meiner Meinung für sich die Konsequenz daraus ziehen. Es ist nicht im Eifer des Gefechts oder unter dem Druck einer momentanen Beschämung da vielleicht etwas frisiert worden, obwohl sich auch das schon nicht gehören würde. Namentlich bei dem ethischen und intellektuellen Stand, den man von Abgeordneten dieses Hauses verlangen müßte, wäre es nicht zu entschuldigen. Aber nicht einmal s o ist es gewesen, sondern mit Überlegung über eine Reihe von Sitzungen hin und trotz Vorhaltungen und Verwarnungen und trotz der Kenntnis von dem, was andere Zeugen zu der Sache gesagt haben, ist das vorgekommen. Wir beurteilen auch dies Verhalten dieser Abgeordneten als äußerst schwer, und ich glaube, man darf nicht menschliche Rücksichtnahme walten lassen, wo das Ansehen der Demokratie auf dem Spiel steht.
Aber trotz allem, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wenn wir sehen, daß hier bei Anlegung strengster Maßstäbe vielleicht fünf Abgeordnete entgleist sind, so besagt das gar nichts gegen die Ehre des ganzen Parlaments, und wir können von uns sagen, daß wir ein Parlament sind, welches alle bis dahin bekanntgewordenen Vorwürfe gründlichst untersucht hat, und daß nicht mehr zutage getreten ist. Ich weiß nicht, ob das
alle Parlamente der Welt von sich sagen können. Ganz zu schweigen von Diktaturen!
({7})
Trotzdem bleibt das hier aufgeworfene Problem der Wertung des „Spiegel"-Komplexes bestehen, das man darüber nicht in den Hintergrund treten lassen sollte.
Die formale Fassung des Beschlusses, die den Ausschuß gebunden hat, ließ es nicht zu, daß man auf die Finanzierungsmethoden überhaupt einging, die das politische Leben der Parteien bisher leider Gottes bestimmt haben. Denn tatsächlich läßt sich nicht verkennen, daß die Hingabe großer Summen, ganz großer Summen - nicht von 5-oder 10- oder 20 000 DM, sondern von Millionenbeträgen - zwangsläufig die Richtung und die Linie der Politik bei den Kreisen bestimmt, denen das Geld zufließt. Denn sie bringt diese Parteien in derartige Abhängigkeit, daß ihre Existenz gefährdet ist, wenn diese Zuwendungen ausfallen. Ich halte es für durchaus richtig, wenn die Anregung gegeben worden ist, daß die Parteien auf legale Art und Weise finanziert werden müssen, wie das beispielsweise in England ja auch der Fall ist, wo gleichzeitig aber Verbotsbestimmungen gegen zusätzliche Finanzierung bestehen, die überwacht und kontrolliert werden. Aber es ist nach unserem Darfürhalten mit einer ehrenhaften Demokratie absolut unverträglich, daß Millionenzuwendungen sozusagen goldene Ketten an die so Beschenkten legen, und wir können es unserem Volk nicht verübeln, wenn man zwischen diesen goldenen Ketten und den Zuwendungen und der konkreten Politik, die die so beschenkten Parteien hinterher machen, Rückschlüsse zieht und Verbindungen herstellt. Wenn also auf der einen Seite - das waren ja verhältnismäßig kleine Beträge - ein bestimmtes Unternehmen der Erdölindustrie, auf der anderen Seite aber große Verbände der Wirtschaft über einen bestimmten Bankier Parteien finanzieren, die sich hinterher, nach dem mit Hilfe dieser Gelder siegreich bestandenen Wahlkampf, prompt zu einer Regierungsmehrheit zusammenschließen, so muß das keinen guten Eindruck auf die Öffentlichkeit insbesondere bei unserem Volk
({8})
gerade dann machen, wenn das Volk die Folgen der Politik dieses Kabinetts - ich erinnere an die Steuergesetze und an die Wirtschaftspolitik, die das darauf beruhende Kabinett seither betrieben hat -, wenn das Volk die Folgen dieses Zusammenschlusses mit Hilfe der goldenen Ketten Tag für Tag derart spürt;
({9})
wenn beispielsweise die Steuergesetze, die wir in den letzten Wochen beraten haben, immer wieder merkwürdige Verbindungen gerade mit den Interessen der großen Wirtschaft zutage treten lassen, wenn beispielsweise gerade diese Steuergesetze auf der einen Seite Millionen- und Milliardengeschenke gerade denen übriglassen, die an sich durchaus in der Lage wären, höhere Steuern aufzubringen, wenn aber auf der andern Seite die durch Rückgang der Kaufkraft ohnehin stark geschwächten Kleinverdiener immer noch mehr und zusätzlich mit Steuern belastet werden, wie zum Beispiel die Zusammenbesteuerung der Ehegatten, wie zum Beispiel die vor etwa einem Jahr erfolgte Tariferhöhung bei der Steuer, wie zum Beispiel die Herabsetzung der Sonderabsetzungen für die Kriegsgeschädigten, Bombengeschädigten und
({10})
Flüchtlinge. Alles das bringt man in der Öffentlichkeit - und selbst wenn Sie jetzt sagen wollten, es geschähe zu Unrecht - in Verbindung mit den Geldzuwendungen jener Kreise, die vor einem Jahr durch ein Geschenk von rund einer Milliarde DM begünstigt wurden. Und man muß noch hinzunehmen, auf welche Art und Weise das geschah. Dieser Vorgang muß vollends das Vertrauen derjenigen erschüttern, die geglaubt haben, wir würden nun mit absoluter Offenheit. Öffentlichkeit und Korrektheit das System unserer neuen Parteien aufbauen.
Da ist zunächst der Finanzminister, der Empfehlungen über einen Fonds macht, der mehrere Parteien bestreicht. Schon der Umstand, daß der Finanzminister, ein Mitglied der Regierung, Empfehlungen machen kann und Zuwendungen auf diese Art und Weise an Stellen leitet, die den Regierungsparteien bisher nicht angehörten, im Gegenteil in der Opposition gestanden haben, muß mehr als befremden.
({11}) Ich bitte Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, sich einmal vorzuhalten, was für einen Eindruck das macht: eine Oppositionspartei wird auf einmal um eine Gruppe von Abgeordneten verkleinert, und zwar geht diese Spaltung von dem Abgeordneten aus, der „aus Gründen der Menschlichkeit" - so hat sich der Herr Finanzminister ausgedrückt - ein Geschenk bekommen hat, das ihn von seinen Schulden befreien soll.
({12})
Aus diesen „rein menschlichen Gründen" wird ein Geschenk von etlichen Tausend Mark gemacht; und der Erfolg ist, daß der bisherige Oppositionsabgeordnete hinterher nicht mehr in der Opposition ist.
({13})
Cicero fragte bei solcher Gelegenheit: „Wer hatte den Vorteil davon?" Man sollte diese Methode, die schon die alten Römer kannten, zu sagen, daß der Erfolg wahrscheinlich der Zweck gewesen ist, auch hier einmal anwenden. Das ist der Finanzminister!
Wenn man später auf das Geschwätz eines Herrn, der kein besonderes Renommee gehabt hat - das war der Herr Messmer -, nicht weiter eingegangen ist, so war das nicht nötig; denn es bestand ja außerdem ein handschriftlicher Vermerk von Herrn Schäffer, der erklärte, er habe in der gleichen Richtung, in der die Bemühungen des Herrn Messmer gelaufen hätten, auch schon „Schritte getan". „Schritte getan" bedeutet natürlich nicht ohne weiteres, daß der Herr Finanzminister diese Schritte gerade auf finanziellem Gebiete getan hätte. Aber was sollte es denn eigentlich sonst bedeuten? Wir haben Herrn Schäffer in dem Bericht, der die gesamten Verhandlungen wiedergibt, gerade als den Mann erkannt und geschildert bekommen, der in der Lage und willens war, Abgeordneten, denen es wirtschaftlich schlecht ging, durch Empfehlungen unter die Arme zu greifen und Kreisvereine, die durch ihre Politik in Schulden geraten waren, zu sanieren. Wenn nun dieser Mann Schritte tut, die dazu führen sollen, eine Verbindung zu weiteren oppositionellen Gruppen dieses Hauses zu schlagen, dann muß man sich fragen, was das bedeutet. Wenn dieser Mann einen Aktenvermerk dahin macht, er hätte Schritte unternommen, so bleibt er uns den Beweis dafür schuldig, welcher Art diese Schritte gewesen sind, wenn er sich gegen den Verdacht wehren will, daß diese Schritte auch
auf dem gleichen, nämlich finanziellen Gebiete gelegen haben. Er ist bloß nicht auf Gegenliebe gestoßen.
Ich will bei dieser Gelegenheit folgendes sagen. Wenn irgend jemand den Auftrag gehabt hat, an die Gruppe der WAV oder die Fraktion des Zentrums heranzutreten - bei uns hat es erst gar keiner versucht, weil er gewußt hat, daß er beim Zentrum absolut nicht auf irgendwelche Neigung, sich darauf einzulassen, gestoßen wäre, - ({14})
- Herr Kollege Loritz, wenn Sie das auch für sich in Anspruch nehmen, will ich Ihnen das gern überlassen. Ich nehme an, daß Sie das später noch sagen werden. Aber ich spreche für das Zentrum. Es ist uns niemals eine Zuwendung gemacht worden, noch bestand Aussicht, daß wir uns in eine solche Sache eingelassen hätten. Ich will Ihnen auch sagen, daß wir den Mann sofort vor die Öffentlichkeit dieses Hauses gebracht hätten, wenn es passiert wäre, auch wenn er irgendwo Träger hoher Funktionen gewesen wäre.
Aber nicht bloß das! Auch die merkwürdige Art des Herrn Heinrichsbauer verdient besonders erwähnt zu werden. Es ist der Mann, der nach dem urchristlichen Grundsatz handelt, daß die Rechte nicht wissen soll, was die Linke tut. Es ist der Mann, der kein Buch führt, weder über die Spenden, die er bekommt, noch über die Spenden, die er weitergibt.
({15})
Es ist der Mann, der nicht abrechnet, der Mann, der auch nicht die Beträge vermerkt und der immer dann, wenn es darauf ankommt, ein ganz wundervoll funktionierendes Gedächtnis hat, nämlich so, daß er nichts mehr weiß. In meiner Praxis als Anwalt seit 1929 bin ich auf keinen Zeugen gestoßen, der ein so fabelhaft lückenhaftes Gedächtnis hat, und ich bin auf keinen Zeugen gestoßen, dem ich so wenig geglaubt habe wie diesem Herrn. Dieser Herr Heinrichsbauer betätigt sich - offenbar hinter den Kulissen - auf politischem Gebiet schon sehr lange. Von einem Parteifreund ist mir eine Schrift zugeschickt worden, die im Verlag der Gelben Hefte vor 1933 erschienen war. Es ist ein Sonderdruck aus einem Artikel, den er damals verfaßt hat. Damals hat er die verehrte Frau Kollegin Dr. Weber deswegen angegriffen, weil sie als Zentrumsabgeordnete im Reichstag viel zu weit links stand.
- ({16})
- Ja, gerade ihre Kulturpolitik hat er damals sehr lebhaft angegriffen. Sollte er inzwischen selber so sehr bekehrt worden sein?! Oder sollte er infolge seiner hervorragenden Verbindungen und sonstigen politischen Tätigkeiten die Fraktion der CDU nunmehr so weit an sich und seine Richtung hingezogen haben, daß sie ihm nun als würdig erscheint, von ihm sehr wesentlich gefördert zu werden?! Die Frage bleibt offen.
({17})
- Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Geld von Herrn Heinrichsbauer haben Sie doch sehr gern genommen, Ihre Partei jedenfalls! Warum entrüsten Sie sich, wenn ich darüber spreche?
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Also dieser Herr tat seine milde Hand auf und füllte die Hand seiner Freunde mit dem goldenen
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Segen. Das war also der .Mann, er zwar Flüchtling war, Vertriebener war, dem es aber nicht schlecht ging. Das Finanzamt möge sich doch dieses Herrn einmal mit besonderem Interesse annehmen. Bücher führt er nicht; leben tut er gut. Der himmlische Vater ernährt ihn gut und reichlich. Und wer muß das denn bezahlen? Letzten Endes wird die Industrie das doch in irgendeiner Weise als Kosten verbuchen, da sie ganz offensichtlich nicht Lust hat, das aus den Gewinnen zu nehmen.
Deswegen kommt auch unser zweiter Antrag. Wir verlangen, daß untersucht wird, wie alle diese politischen Zuwendungen bisher verbucht worden sind. Ich erinnere daran, daß wir bei der Beratung der Steuergesetze den Standpunkt vertreten haben, die Zuwendungen an politische Parteien sollten nur dann steuerfrei bleiben, wenn sie auch von denjenigen entsprechend offengelegt würden, die die Zuwendungen empfangen haben. Dabei sollte sich die Steuerfreiheit auch nur auf die Befreiung von der Schenkungssteuer erstrecken. Für diese Zuwendungen ist aber keine Schenkungssteuer entrichtet worden, und ich bin auch bis zum Beweis des Gegenteils davon überzeugt, daß diese Zuwendungen nicht ordnungsmäßig in den Büchern der Spender verbucht worden sind. Vielleicht hat man das nachträglich, nachdem unser Antrag vorlag, korrigiert.
Es ist außerdem von Interesse zu wissen, in welchem Maße staatliche Betriebe an den Unternehmungen beteiligt gewesen sind, insbesondere etwa die Preußag, die hier Zuwendungen gemacht haben. Ein Rechtsanwalt aus Hannover, ein Vertreter der Elwerath-Gesellschaft hat sich eines Tages bei mir angemeldet und hat mich gebeten, ihn anzuhören. Er hat mir gesagt, daß die Gesellschaft gerne bereit wäre, Auskünfte zu geben; er habe mitzuteilen, daß keine Gesellschaft mit öffentlicher Beteiligung im Gewerkebuch eingetragen stünde. Er sagte zunächst, es gäbe solche nicht. Ich habe ihn gefragt, woher er das wisse. Dann hat er erwidert, daß kein gemischtwirtschaftlicher oder öffentlicher Betrieb als Kuxeninhaber in dem Gewerkebuch verzeichnet stünde. Aber der Kuxhandel kann auch außerhalb des Gewerkebuchs vollzogen werden. Darüber weiß die Gesellschaft Elwerath vielleicht selbst nicht Bescheid. Es ist aber von der Regierung zu verlangen, daß sie feststellt und uns mitteilt, welche halböffentlichen oder öffentlichen Betriebe und Unternehmungen bei den Geldgebern beteiligt gewesen sind. Denn es drängt sich sogar der Verdacht auf, daß sich die Regierung auf Umwegen selbst finanziert habe, ihre eigenen Parteien finanziert habe.
Diese Dinge, meine sehr verehrten Damen und Herren, konnten im Ausschuß leider nicht so erörtert werden, wie es die Öffentlichkeit verlangte. Denn die Öffentlichkeit hatte sich die Auswirkungen des enger gefaßten Beschlusses nicht so vorgestellt, daß dadurch etwa die Erörterung dieser Frage der Parteifinanzierung an sich abgeschnitten werden sollte. Der Gesamteindruck, der jetzt zurückbleibt, macht es besonders notwendig, endlich das Parteiengesetz mit der Pflicht zur Offenlegung der Parteifinanzen zu beschließen. Jetzt hat man insgesamt den Eindruck, man müsse nur den großen Stil wahren. Wenn man mit Kleinigkeiten auffalle, sei das bitterböse; aber wenn man die Dinge im großen betreibe, dann sei man, wie immer im Leben, mehr dagegen gesichert, angefaßt zu werden.
Es muß hier mit aller Offenheit und in aller Öffentlichkeit gesagt werden, daß das Verhalten eines Regierungsmitglieds diesen bösen Eindruck
ganz wesentlich mit verschuldet hat. Dieses Regierungsmitglied sollte wissen, daß es sich gerade in diesem Amt eine größere Zurückhaltung auferlegen müßte, als es beispielsweise die anderen hier betroffenen Abgeordneten nötig hatten. Gerade die Verbindung zwischen seinem Amt und diesen Zuweisungen läßt den Vorgang besonders bedenklich erscheinen. Und ich muß sagen: Ich bin jetzt wirklich darauf gespannt, welches Verhalten die Fraktion der Bayernpartei an den Tag legen wird. Sie hat sich durch ihren damaligen Vorsitzenden mit Recht bitter darüber beklagt, daß hier Geld unter den Auspizien eines Ministers gegeben worden ist, um eine Gruppe aus der Bayernfraktion abzuplittern und sie in die Regierungskoalition überzuführen. Es. liegt von ihr noch ein Antrag vor, in welchem diesem selbén Finanzminister nahegelegt wird, zurückzutreten und ihm das Mißtrauen ausgesprochen wird. Diese beiden Anträge - jetzt kommt der von der SPD dazu -, die wir durchaus für berechtigt halten, diese beiden Anträge, die von den verschiedensten Seiten des Hauses kommen, sollten wirklich die Öffentlichkeit und ihn selbst darüber aufklären, daß seine Stellung durch dieses sein Verhalten aufs schwerste erschüttert ist.
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- Das will ich Ihnen sagen: erstens in dieser Koalition und zweitens unter diesem Kanzler wird kein Zentrumsmann Lust haben, in die Koalition einzusteigen!
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- Ich kann Sie leider nicht verstehen; aber vielleicht sparen Sie den Witz bis gleich auf, Herr Kollege! Sie können ja nach mir reden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt scheint es endlich Zeit auf unsern Antrag zurückzukommen, den wir als einen der ersten in diesem Bundestag gestellt haben und der, glaube ich, als ältester unerledigter Antrag immer noch vorliegt. Der Antrag trägt die Nr. 275 - schon bald nicht mehr wahr, so lange ist das her -; er datiert vom 6. Dezember 1949. Schon damals haben wir erkannt, daß die Ordnung und Sauberkeit im öffentlichen Leben auch auf diesem Prinzip beruht. Die Zentrumsfraktion im Parlamentarischen Rat ist es gewesen, die schon während der Verfassungsberatungen verlangt hat, durch den Zwang, die Finanzen der Parteien offenzulegen, Sauberkeit gerade auf diesem Gebiet zu schaffen. Wir haben damals, am 6. Dezember 1949, beantragt:
Die Bundesregierung wird ersucht, unverzüglich den Entwurf eines Parteiengesetzes entsprechend dem Art. 21 des Grundgesetzes dem Bundestag vorzulegen.
Lange, lange hat man darüber gebrütet, aber schließlich ist man doch am 4. Oktober 1950, also mehr als 3/4 Jahre später, im Ausschuß dazu gekommen, diesen Antrag anzunehmen; und zwar ist er einstimmig angenommen, nachdem der Vertreter der DP zunächst die Anregung gegeben hatte, wir sollten den Antrag zurücknehmen. Was soll das eigentlich bedeuten, daß man einstimmig dafür ist, nachdem man sich zuvor maßgeblich gegen diesen Antrag äußerte und wünschte, daß er zurückgenommen werde?! Aber dann ist einige Zeit später, am 5. Dezember, hier vom Plenum beschlossen worden, diesen Antrag anzunehmen, und der Herr Innenminister hat damals erklärt - damals war das Herr Dr. Heinemann -, ein Rohentwurf sei fertig und in wenigen Wochen kabinettsreif. Herr Heinemann hat damals erklärt, er halte das Gesetz für dringend notwendig. Aber bis
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heute liegt der nun schon seit drei Vierteljahren kabinettsreife Entwurf immer noch nicht vor.
Welches sind denn eigentlich die Hemmungen? Fürchtet man sich etwa, die goldenen Adern abzustechen? Dann möchten wir darauf hinweisen, daß es nicht goldene Adern, sondern goldene Ketten sind, die dann fallen, und daß nur auf diese Weise das Ansehen, die Reputation des Hauses, vor allen Dingen aber auch die innere Freiheit der Abgeordneten und besonders der Fraktionen hergestellt werden kann. Denn man spürt hier oft, daß Abgeordnete anders möchten, wenn sie könnten, wie sie wollten. Das alles ist darauf zurückzuführen, daß die Folge der leider zu engen finanziellen Verbindungen eine gewisse innere Unfreiheit .ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses sehr ernste Kapitel der Beratungen des „Spiegel"-Ausschusses können wir abschließen mit dem Gefühl, daß ein bereinigendes Gewitter die Atmosphäre für die Zukunft klar gemacht hat. Nachdem nun mal eine offene Aussprache darüber heute stattfindet, können wir für die Zukunft an die Dinge herangehen mit dem Vertrauen, daß sich ähnliche Vorkommnisse unmöglich wiederholen werden. Aber damit sie sich nicht wiederholen, halten wir es allerdings auch für erforderlich, die in den Anträgen der SPD verlangte Resolution zu fassen, in der es heißt: Der Bundestag wolle beschließen, es sei unvereinbar, daß ein Abgeordneter für seine Partei Geld nimmt, dessen Herkunft ihm durch die Einschaltung eines Mittelsmannes oder durch die Art der Zahlung absichtlich verborgen wird.
Ich möchte dazu sagen, das Nähere sei Sache der Ausschußberatungen. Ich bin nicht der Ansicht, daß man darüber jetzt beschließen sollte, sondern ich bin der Ansicht, man sollte das dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und dem Ausschuß zum Schutze der Verfassung überweisen. Man müßte auch hinzunehmen, daß auch Geld, das mach der Herkunft zwar klar, aber nach dem Zweck verdächtig ist, das „riecht", abgewiesen werden muß und nicht angenommen werden darf.
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- Nein, so ist es nicht. Es wäre noch besser, wenn wir, wie es eben von der Fraktion der BP verlangt wurde, durch eine gesetzliche Regelung der Finanzierung des Parteienwesens überhaupt davon abkämen, private Gelder in Anspruch zu nehmen. Die private Finanzierung sollte abgeschafft werden. Es sollte verboten sein, wie es in England verboten ist, den Wahlkampf mit Subventionen zu bestreiten - damit eben die Abgeordneten wirtschaftlich absolut frei sind. Denn wir sind uns darüber klar: Gerade diese Vorgänge haben bewiesen, daß wirtschaftliche Unfreiheit auch politische Unfreiheit zur Folge hat.
Wir sind auch durchaus mit dem Antrag in Abs. 2 des Umdruckes Nr. 214 und damit einverstanden, daß das Bundesverfassungsgericht einen Abgeordneten des Mandats verlustig erklären kann. In diesem Zusammenhang will ich aber darauf hinweisen, daß das nur möglich sein darf in einem Fall mit einem ganz bestimmten klar umrissenen, gesetzlich festgelegten Sachverhalt. Denn letzten Endes kann niemand anders als dieses Parlament selbst für die Frage entscheidend sein, wer würdig oder wer unwürdig ist. Letzten Endes nehmen die Abgeordneten die Autorität, mit der sie hier auftreten, vom Volk, von ihren Wählern, und außer im Falle eines bestimmten kriminellen Sachverhalts darf mich irgendeine andere Stelle dasein, die einem Abgeordneten als unwürdig dieses Mandat aberkennen kann. Die Aberkennung des Mandats nach einem kriminellen Verhalten aber ist j a schon immer möglich gewesen. Und da ist die Frage, ob es überhaupt erforderlich ist, das Bundesverfassungsgericht einzuschalten, wenn man entsprechende Strafandrohungen in das Gesetz einbaut. Es kann dann ohnehin die Aberkennung des Mandats die Folge sein, wenn ein Abgeordneter wegen Verstoßes gegen dieses Strafgesetz verurteilt worden ist.
Wir stimmen auch den nunmehr vorliegenden beiden Anträgen auf Mißbilligung des Verhaltens des Abgeordneten und Bundesfinanzministers Schäffer zu. Ich weiß nicht, ob die Fraktion der Bayernpartei ihren alten auf Eis gelegten Antrag heute hervorholen wird.
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Jedenfalls scheint es an der Zeit, jetzt über diese Frage zu beschließen. Es ist dabei die verfassungsrechtliche Frage aufgeworfen worden, ob es möglich sei, einen Minister zum Rücktritt aufzufordern. Wir sind uns darüber klar, daß das nicht mit der bindenden Wirkung möglich ist, so daß er seines Amtes verlustig geht. Aber wir sind auch der Ansicht, daß weder der Herr Bundeskanzler noch der Minister selbst sich einem mit entsprechender Mehrheit gefaßten Beschluß dieses Hohen Hauses wird entziehen können noch wird entziehen wollen. Denn ich glaube nicht, daß es jemand fertigbringt, mit einer solchen Belastung, d. h. wegen dieser Vorfälle mit dem Mißtrauen des Hauses belastet, die Würde dieses Amtes noch weiter zu tragen, zumal das nicht ohne Rückwirkungen auf die Öffentlichkeit sein und das Ansehen der Regierung, des Parlaments, aber auch gerade dieses Ministeriums und damit der von ihm zu vertretenden Gesetzgebung leiden wird, wenn er trotz eines solchen Mißtrauens im Amt bleiben wird.
({25})
Das Wort hat der Abgeordnete Mayer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vornehme Zurückhaltung der großen Parteien läßt mich überraschend früh zu Wort kommen. Ich werde mich mit diesem Vorzug abzufinden wissen.
({0})
Lassen Sie mich beginnen mit einem Zitat aus dem Bericht des Untersuchungsausschusses. Ich meine den Satz in einem 'darin zitierten Briefe des Herrn Kollegen Dr. Besold. Darin wird also der Herr Donhauser bedroht und von verschiedenen Erzählungen gesprochen, die kursierten und bei denen es nur darauf ankomme, „wie man sie auslegt". Mir scheint, daß dieser Satz und die aus ihm sprechende Einstellung sehr bezeichnend sind für das Aufkommen dieser Affäre, für ihre Weiterführung und auch für ihre parteipolitische Ausschlachtung. Nach diesem Satz hat Herr Baumgartner gehandelt, nach diesem Satz haben viele Publizisten gehandelt, und nach diesem Satz wurde heute auch hier bis zuletzt geredet:
({1})
Es kommt darauf an, wie man es auslegt! Von dieser Freiheit der Auslegung ist, glaube ich, sehr reichlich Gebrauch gemacht worden.
({2})
({3})
Nach dem zumindest vorläufigen Abschluß der Affäre, die eine Affäre nicht dieses Parlaments und nicht eine Affäre Bonn-Frankfurt, noch nicht einmal eine Affäre Bayernpartei ist, sondern ganz einfach eine Affäre Baumgartner,
({4})
lassen Sie mich im Namen meiner Freunde zunächst einmal Dank sagen den Mitgliedern des Ausschusses,
({5})
die in ungezählten Arbeitsstunden dieses sehr unangenehme Geschäft der Untersuchung durchgeführt haben. Lassen Sie mich auch Dank sagen dem Großteil der deutschen Presse, die nach dem ersten Schock über die „Neuigkeit" sehr schnell den Wahrheitsgehalt Baumgartnerscher Gedächtnisprotokolle und das gewichtige parteipolitische Bedürfnis, das hier mitspielte, zu würdigen wußte.
({6})
Im ganzen gesehen hat sich die deutsche Presse bei allen Entgleisungen um die Ehre und das Ansehen dieses Hauses besorgter erwiesen als eine ganze Anzahl einer Mitglieder.
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Dazu gehört bis in die letzten Tage etwa dies: daß ein Mitglied des Hauses den Bericht des Ausschusses, noch ehe er in Drucklegung gegangen ist, gerade dem Publikationsorgan zur Verfügung stellte, dessen Verhalten im Ausschuß ja auch gerichtet worden ist.
({8})
Das zweite, was gesagt werden muß und was sehr deutlich gesagt werden muß: Worum handelt es sich denn bei der ganzen Geschichte? Hier ist von dem Führer einer Partei, dem zur Kräftigung und Festigung seiner Macht in der eigenen Partei und Fraktion und zur Ausschaltung seiner Gegner jedes Mittel recht war, mit dem Ansehen des Parlaments und mit unser aller Ehre in einer Weise Schindluder getrieben worden, die jedes Maß übersteigt.
({9})
Weil Herr Baumgartner sich in seiner Macht bedroht fühlte, wurde ein Mann diffamiert, der in der Partei für die Partei so ziemlich das unangenehmste Geschäft besorgte! Weil Herr Baumgartner sich in seiner Macht bedroht fühlte, wurde das ganze Parlament verdächtigt! Herr Baumgartner wußte ganz genau, daß die Hauptstadtentscheidung nicht erkauft worden war. Das geht aus dem Protokoll und aus der Stellungnahme der einzelnen, die vernommen worden sind, eindeutig hervor. Darum ist festzustellen: Die zuerst aufgestellte Behauptung, diese Stimmen für Bonn seien gekauft worden, stützte sich -Herrgott, worauf stützte sie sich denn? - auf die Aussage des sehr ehrenwerten Herrn Kollegen Schmidt und darauf, daß Herr Loritz im Lokal darauf angesprochen worden ist, was die Geschichte denn koste, wenn seine Partei für Bonn stimme. Herr Loritz möge es uns nicht übelnehmen. Er hat uns hier auch schon erzählt, ,daß man in Stadelheim einen Mordversuch an ihm verübt habe.
({10})
Ich habe den Mordversuch nicht geglaubt.
({11})
Meine Damen und Herren, ich will nicht mißverstanden sein. Ich räume ein, daß die Kollegen der Bayernpartei, die diesen Antrag hier eingebracht haben, ein ehrliches Bedürfnis nach Reinlichkeit hatten. Aber ich widerspreche der Meinung, daß das gleiche Bedürfnis den Herrn Parteivorsitzenden Baumgartner inspirierte.
({12})
Es ist schon ein komisches Reinlichkeitsbedürfnis, zunächst alle verfügbaren Wände mit Dreck zu besudeln und dann die zu beschimpfen, die sich bemühen, den Dreck mit der Zahnbürste wieder abzubürsten!
({13})
Es ist eine sehr scheinheilige Behauptung, man habe aus Reinlichkeitsbedürfnis eine Aktion in Gang gesetzt, die uns Tausende von Arbeitsstunden, Zehntausende von D-Mark Steuergeldern und ein Kapital an Vertrauen der Öffentlichkeit gekostet hat!
({14})
Welches wirkliche Bedürfnis maßgebend war, wurde im Bericht festgestellt. Es ist sehr schade, daß Herr Baumgartner die Stätte seines frühen Ruhms so schnell verlassen hat.
({15})
Ich hätte ihm sonst, auch auf die Gefahr eines Ordnungsrufes hin, hier sagen müssen, daß er sich politisch, parteipolitisch und menschlich seinen Fraktionskollegen gegenüber schweinemäßig benommen hat.
({16})
Trotz der Abwesenheit des so Bezeichneten erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.
Ich muß ihn annehmen, Herr Präsident. Es tut mir leid, daß ich ein unparlamentarisches Verhalten nicht mit parlamentarischen Ausdrücken kennzeichnen kann.
({0})
Meine Damen und Herren! Solange solche Parteiführer in Deutschland sind und solange solche innerparteilichen Praktiken möglich sind, so lange dürfen wir uns nicht wundern und so lange dürfen wir uns nicht beschweren, wenn das Ansehen dieser Parteien in der Öffentlichkeit nicht immer ganz unumstritten ist.
Was war denn geschehen, meine Damen und Herren, schon früher, vor dem Tage X, als das draußen erzählt wurde? Es ist kein Geheimnis. Es war in Bayern, und es war anderwärts von Wirtschaftsgruppen und von Leuten, die den Sozialismus genau- so wenig wollten wie wir oder andere Parteien, Geld gesammelt worden, und das war diesen Parteien zur Bestreitung des Wahlkampfes zugeführt worden.
({1})
- Ja, ja, Herr Renner. Ich bin nachher noch ehrlicher. Sie werden sich freuen. - Bei der Verteilung dieser Gelder zeigte sich, daß aus der Bayernpartei nun auf einmal zwei oder drei Bayernparteien geworden waren. Und nun kommt der Sündenfall, nicht des Herrn Bundesfinanzministers, sondern des Parteipolitikers Schäffer: Er hatte offenbar - das ist der Sündenfall, wenn Sie so wollen - die größere Sympathie für Herrn Donhauser und anscheinend eine geringere für Herrn Baumgartner. D a s kann ich verstehen.
({2})
({3})
Meine Damen und Herren, ich sagte, die Parteien dürfen sich nicht wundern, wenn ihr Ansehen nicht unbestritten ist, wenn solche Dinge möglich sind. Das Parlament darf sich nicht wundern, wenn sein Ansehen bestritten wird, wenn ein Abgeordneter - wie er sagt, aus Dummheit - verleumderische Lügen in die Welt setzt,
({4})
wenn ein Fraktionsvorsitzender diese Lügen weiterverbreitet, wenn drei Abgeordnete meineidig werden oder in der Gefahr sind, es zu werden, wenn einer mindestens einen Zweifel daran läßt, ob er Gelder, die ihm für politische Zwecke übergeben worden sind, nicht zu persönlichen Zwecken verwandt haben könnte. Wir bedauern, daß keine gesetzliche Möglichkeit gegeben ist, daß das Parlament sich von solchen Herren selbst reinigen kann. Wir werden alle Wege mitgehen, die dazu führen. Aber das kann uns nicht hindern, diesen Herren gegenüber festzustellen, daß wir mit ihnen nicht mehr zusammenarbeiten möchten, und dies ihrer Fraktion zu sagen.
({5})
Leider stellen weder Grundgesetz noch Wahlgesetz das für einen Abgeordneten zulässige Höchstmaß von Dummheit
({6})
und das erforderliche Mindestmaß von Charakter fest. Für unseren Geschmack ist hier in einem Fall sowohl das Höchstmaß bedenklich überschritten wie im anderen Fall das Mindestmaß ebenso bedenklich unterschritten worden.
({7})
Meine Freunde nehmen diesen traurigen Vorfall zum Anlaß, unsere alte Forderung auf Erlaß einer Ehrenordnung, Einsetzung eines Ehrenrates zu wiederholen und auf die sehr schnelle Verabschiedung und entsprechende Ausstattung der Strafrechtsnovelle zu drängen. Wir werden, wenn es notwendig sein sollte - ich kenne den Entwurf nicht -, uns vorbehalten, einen Passus hineinzubringen, der den Abgeordneten mit Zuchthausstrafe bedroht, der sich für pflichtwidrige oder auch für pflichtmäßige Handlungen Geld oder Vorteile anbieten läßt und sie annimmt.
({8})
Wir fühlen uns wohl - und da darf ich wohl im Namen aller reden - als Vertreter, als Sprecher von Parteien verpflichtet, alles dazu zu tun, daß in einem sauberen Staat saubere Parteien den Dienst am Volke tun.
Etwas anderes aber sollte, glaube ich, in dieser Stunde auch wiederum im Interesse aller gesagt werden: Wir dürfen als Parteien auch erwarten, daß das Volk saubere Parteien ermöglicht und ihnen eine saubere Finanzgebarung möglich macht.
({9})
- Wenn Beiträge und wenn die Mitgliedschaft an und in den Parteien auch nur halbwegs dem entsprechen würden, was dieses deutsche Volk den Parteien zumutet und von ihnen als selbstverständlich verlangt, dann, glaube ich, wäre gar kein Raum mehr für trübe Aktionen und trübe Akteure.
({10}) Sind wir doch ehrlich: es gibt keine Partei, die von den Beiträgen ihrer Mitglieder lebt.
({11})
- Ach Gott, Herr Loritz, wenn ich meine Schulden nicht bezahle, dann brauche ich auch überhaupt keine Einnahmen zu haben. - Wir sind alle auf Spenden angewiesen. Ihre Erlangung ist, glaube ich, weniger eine Frage des Geschicks als eine Frage der Ehrenhaftigkeit und politischen Charakterfestigkeit derer, die sie werben. Auch dies möchte ich wieder im Namen aller Parteien feststellen: Die Methode Aumer ist, glaube ich, Gott sei Dank! - nicht die Regel, sondern eine bedauerliche Ausnahme.
({12})
Meine Partei, soweit ich sie übersehen kann, hat noch keine Spende angenommen und wird keine annehmen, die an irgendeine Bestimmung, an irgendeine Bedingung gebunden ist. Es ist von einem führenden bei uns allen sehr hochgeachteten Kollegen aus der SPD-Fraktion bei einer früheren Erörterung dieser Dinge im Ältestenrat einmal gesagt worden: es ist ganz selbstverständlich, daß Parteien von solchen Gruppen, die mit ihnen gleichlaufende Interessen haben, unterstützt werden. So etwa sagte damals der sozialdemokratische Kollege zu mir herüber: Sie von der Industrie und wir von den Konsumvereinen! Bitte, es war keine Behauptung, und es war kein Geständnis, es war eine Hypothese! Aber, meine Damen und Herren, bleiben wir doch einmal dabei und lassen wir sie auch hier gelten, daß es sich nicht darum handelt, daß da fremde Interessen gegen Geld vertreten werden; sondern es ist links wahrscheinlich so wie in der Mitte und rechts, daß einzelne Gruppen, einzelne Menschen d i e Parteien unterstützen, von denen sie glauben: deren Politik dient mir, dient meiner Meinung, dient auch meinen wirtschaftlichen Interessen am meisten.
Mancher unserer Spender könnte wahrscheinlich schon gemerkt haben, daß wir uns durch Geschenke in der Freiheit unserer Meinung und in der Freiheit unseres Handelns nicht beschränken lassen.
({13})
Wir sind bereit, noch ein weiteres zu tun.
({14})
Ja, das ist wahr. Sie brauchten ja nur die Verhandlungen der letzten Wochen in diesem Hause zu verfolgen, dann hätten Sie, wenn Sie Beispiele hätten haben wollen, welche finden können. - Wir sind bereit, alles mit zu tun, ein Parteiengesetz zu machen, Rechnung legen zu lassen, wie es Herr Reismann wünscht. Aber, lieber Herr Reismann, entschuldigen Sie: Wir sind nicht bereit, uns auf die Dauer gefallen zu lassen - bei allem Respekt vor Ihrem Fleiß und Ihrem Eifer -, daß Sie sich hier so gewissermaßen als das einzige legitime Gewissen der deutschen Demokratie aufspielen.
({15})
Wir sind schon selbst bereit, über uns zu wachen; wir brauchen Sie nicht unbedingt als Mahner. Wir glauben nur nicht, meine Damen und meine Herren, daß mit solchen gesetzlichen Bestimmungen alles in Ordnung wäre. In Ordnung wird es vielleicht kommen, wenn Parteien keine saisonalen Erscheinungen mehr sind, keine wilden Haufen mehr, die sich um irgendeinen Schreier scharen,
({16})
und wenn sie sich von denen trennen, die in dem Bericht so lobend erwähnt sind; und anders wird es auf die Dauer und von Grund auf erst werden, wenn die Wähler sich wieder einmal etwas näher und intensiver die Männer ansehen, die sie wählen, und die Parteien, die sie unterstützen.
({17})
({18})
Ich habe vorhin gesagt: wir sind alle auf Spenden angewiesen. Ich gehe noch viel weiter: Wir klopfen sogar alle vielfach an die gleiche Tür. Da hat Herr Renner" vorhin von der Industrie gesprochen, die uns „aushält"; und vor ein paar Wochen ging es ganz groß und dick durch die Zeitungen, daß die KPD-Presse sich Inserate von schwerindustriellen Firmen hat geben lassen.
({19})
- Herr Renner, Sie haben vorhin von „chleb", entschuldigen Sie, vom Brot gesprochen: „des Brot ich esse, des Lied ich singe". Ich habe Sie nicht im Verdacht, daß Sie, seitdem Sie die Anzeigen gehabt haben, nun auf einmal Kapitalistenvertreter geworden sind. Es sind bei diesem Anklopfen, wie ich sagte, die Methoden verschieden und auch der Geschmack, der dabei zutage tritt. Und es ist noch etwas verschieden. Wir - ich spreche jetzt von meiner Partei - müssen ,uns unsere Spenden, unsere Unterstützungen von tausenden geben lassen, und da besteht natürlich die Gefahr, wenn Sie so wollen - ich sehe es gar nicht als schlimm an -, daß so ein Spender einmal sichtbar wird und andere dann moralisierende Betrachtungen daran knüpfen können. Das bewahrt uns aber auf ,der andern Seite vor der Gefahr, von einer einzelnen Interessentengruppe abhängig zu werden, ihr hörig zu sein.
({20})
Andere Gruppen haben es leichter. Sie verkehren nur mit zentralen Organisationen, mit zentralen Stellen; da wissen nur wenige von den Dingen; da kommt es nicht so schnell heraus. Ich will bei Gott jetzt meinerseits nicht auch mit Hypothesen arbeiten; ich will die Betrachtung hier abbrechen. Ich bin sehr bereit zu glauben. daß das große Haus da draußen am Weg nach Godesberg nur von den hier viel zitierten armen Arbeitergroschen gebaut wird. Ich bin sogar so ehrlich, Ihnen zu sagen, daß wir neidvoll die Opferbereitschaft Ihrer Mitglieder anerkennen und daß wir zutiefst bedauern, daß in unseren Kreisen die gleiche Opferbereitschaft nicht vorhanden ist.
({21})
Aber, Herr Renner, ich habe Ihnen ein Bonbon versprochen.
({22})
Sie kriegen es jetzt. Ich habe gesagt: Die Methoden der Parteifinanzierung sind verschieden. Sehen Sie, so im Oktober-November 1945 besuchte mich in Dresden, wo ich damals als geschäftsführender Vorsitzender der LDP tätig war, der russische Parteioffizier, der die LDP zu betreuen hatte, und machte mir bitterste Vorwürfe, daß wir für die Demokratie noch nicht so viel getan hätten wie die Kommunisten; die hätten schon soundso viele Ortsgruppen und wir erst soundso viele; und das hänge damit zusammen, daß wir von der von der Sowjetwissenschaft vor 15 Jahren entdeckten Statistik noch nicht den richtigen Gebrauch machten. Wissen Sie, Statistik ist: Schreibe alles mit farbigem Strich auf weißem Papier!
({23})
Ich habe gesagt, das hänge nicht mit der Statistik zusammen, sondern mit den Autos. Die Kommunisten hätten 30, während man uns erst eines bewilligt hätte. Sagte der Herr Kapitän: „Woher habben Sie?" Habe ich gesagt: „Ich weiß es nicht!
Die Kollegen von der KPD sagen, sie wären ihnen von der Roten Armee geschenkt worden."
({24})
Da sagt Genosse Kapitän: „Gutt, laß dir auch schenken!"
({25})
Kollege Renner, das ist eine Methode: „Laß dir auch schenken!"
({26})
Die andere ist folgende - ich will sie Ihnen verraten; ich weiß nicht, ob Sie sie im Westen schon angewandt haben, im Osten war sie erfolgreich-: Man hat die alten NSV-Listen kassiert oder hat nach der Methode der Gedächtnisprotokolle neue konstruiert, ist mit diesen Listen zu den Spendern der NSV gegangen und hat ihnen mit der bewährten Überzeugungskraft Ihrer Ideen klargemacht, daß sie das Drei- oder Vier- oder Fünffache zahlen müßten, um sich ihre Freiheit und ihren Besitz zu erhalten.
({27}) Auch das ist eine Methode!
({28})
- Ja, ja, lieber Renner, wir können uns ja nachher noch unterhalten. Aber wir sind vielleicht in der Beziehung ein hoffnungsloser Fall; wir sind zu sehr verhaftet in unseren reaktionären Gesinnungen; wir vermögen es vorläufig noch nicht, uns solchen „fortschrittlichen Methoden" zuzuwenden.
({29})
Es ist heute aber auch - ich glaube, von Herrn Renner - gefragt worden, ob die Leute der bürgerlichen Parteien, die da Geld erhalten hätten, auch jemals gefragt hätten, ob dieses Geld auch versteuert worden ist. Ich bin überzeugt, daß die KPD - vielleicht auch die SPD -, wenn sie Spenden kassiert, sich zunächst von dem Geber einmal eine eidesstattliche Versicherung geben läßt, daß er das Geld a) nicht gestohlen und b) vorschriftsmäßig versteuert hat.
({30})
Ich will in unserer Partei zur Erwägung stellen, ob wir nicht künftig eine ähnliche Versicherung abverlangen werden.
Meine Damen und Herren! Man hat zeitweise in kräftiger Entrüstung gemacht. Es ist einmal gegen einen der an der Sammlung Beteiligten - ich habe nichts von ihm bekommen - das Wort gefallen, er sei ein Zuhälter. - Sollen wir nun alle diese Annoncen-Akquisiteure, die für die Zeitungen bestimmter Parteien unter einem - wir weiden nicht gleich sagen: Druck -, unter freundlichen Worten Anzeigen werben und die etwa sagen: Wenn Ihr nicht bei uns - - , dann werden unsere Wähler nicht mehr bei Euch kaufen! -, sollen wir denn nun alle diese Leute plumperweise, groberweise Erpresser nennen? - Das tun wir doch auch nicht. Sehen Sie, da gibt es noch die vielen anderen Möglichkeiten der Spendenwerbung. Da gab es von allen Parteien in den letzten Jahren die Sammellisten, die bei den Gerechten und den Ungerechten kursierten, bei Kapitalisten und Nichtkapitalisten. Großzügig, wie manche dieser Kapitalisten sind, wurde die Linke genau so bedacht wie die Rechte.
5914 Deutscher Bundestag - 18. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den '7. Juni 1951
({31})
Meine Damen und meine Herren! Nehmen, bitten müssen alle Parteien; und vorerst sehe ich keinen Grund für irgendeine der hier vertretenen Parteien, sich nun über die anderen zu erheben, etwa so: Wir haben es nicht nötig. Dagegen müßten wir uns verwahren. Genau so wie wir uns verwahren müssen gegen die überhebliche Kritik, die aus diesem und anderen Anlässen so von außen her, von gewissen Teilen unserer Presse an den Abgeordneten, an den Parteien und an ihren Funktionären geübt worden ist. Sprechen wir es doch hier einmal aus - und da möchte ich es auch wieder für alle sagen -: das deutsche Volk soll wissen, daß seine Parteien zunächst einmal gegründet sind auf die Entsagung, auf das Opfer weniger Menschen,
({32})
die nach 1945 oft nach innerer oder äußerer Emigration, nach KZ, nach dem Verlust all ihrer Habe darauf verzichtet haben, nun ans Verdienen für sich zu gehen, sondern die sich in die Arbeit für ihre Parteien gestürzt und diese Parteien hingestellt haben. Darauf sind die Parteien in Deutschland gegründet. Unsere Lizenz, die wir damals erworben haben, war weniger einträglich als die Lizenzen einiger unserer Kritiker. Wir haben damals von den Besatzungsmächten die Lizenz erhalten, wieder Politik machen zu dürfen, Parteien aufbauen zu dürfen. Die anderen haben die Lizenz erhalten, uns dafür zu beschimpfen.
({33})
Wir haben aus unserer Lizenz in diesen fünf Jahren des weiteren das Anrecht erworben, auf alles das zu verzichten, was dem Manne draußen das Leben angenehm macht. Die anderen haben mit ihrer Lizenz einiges mehr erworben. Da hat neulich solch ein vorlauter und überheblicher Kritiker an den Parteien und den Parteipolitikern solch eine Lizenz verkauft: für nette, runde eine Million DM!
({34})
Meine Damen und Herren, versuchen Sie, Ihre Lizenz zum gleichen Preise auf dem Markt unterzubringen.
({35})
Diese gelästerte Parteibürokratie und diese Parteifunktionäre leben und sind im allgemeinen bescheidener als ihre Kritiker.
({36})
Ich glaube, das mußte bei dieser Gelegenheit für
die Herren Kritiker auch einmal gesagt werden.
Nun lassen Sie mich abschließend feststellen: Die deutschen Parteien müssen betteln. Das ist nicht ihr Vergnügen, sondern ihre Tragik. Meine Freunde werden sehr bereit sein, mit Ihnen zusammen alle möglichen Wege zu suchen, um sie dann auch mutig zu beschreiten, die diesem Dasein der Parteien ein Ende machen können. Aus dem Zwang kann uns neben solchen möglichen Gesetzen nur das Verständnis und die Bereitschaft unseres Volkes erlösen. Meine Freunde werden allen Anträgen zustimmen, die ihnen geeignet erscheinen, die Reinigung des Parlaments und des deutschen Parteiwesens zu bewirken. Sie werden allen Anträgen sehr skeptisch gegenüberstehen, die auch jetzt zum Abschluß wieder den Versuch machen, die Geschichte parteipolitisch auszuschlachten.
({37})
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rednerreihenfolge ist heute irgendwie auf den Kopf gestellt, und wir von den nicht so großen Parteien fragen uns: warum eigentlich? Auf Grund des sehr eingehenden, erschöpfenden und einstimmig angenommenen Ausschußberichts mit den sehr kurzen, knappen, aber eindringlichen Schlußfeststellungen braucht eigentlich keine große oder kleine Partei mit ihren Meinungen und Tendenzen zurückzuhalten. Wir kleineren Parteien - entschuldigen Sie, Herr Kollege Mayer, wenn ich auch die FDP noch nicht zu den großen rechne - brauchen aber nicht abzuwarten, was die großen Brüder oder Schwestern dazu sagen, sondern wir können unsere Meinung hier sehr unverblümt und sehr deutlich aussprechen. Gestatten Sie mir daher, daß ich zum Teil in Ergänzung der Ausführungen .meines Herrn Vorredners vom Standpunkt der Deutschen Partei aus kurz und knapp zunächst einmal folgendes feststelle.
Bei dem Ausgangspunkt der völlig unstreitigen Sachlage, die sich schon nach wenigen Sitzungen im „Spiegel"-Ausschuß ergab, liegen mindestens vier Punkte vor, vier Tatbestände, die nach der Auffassung jedes deutschen Menschen, der Ehre im Leibe hat und der sich unter einem demokratischen Parlament etwas vorstellt, was nicht nur eine Quatschbude ist, sondern Anspruch auf Achtung und Ehrfurcht erhebt, ein reiner Skandal sind. Diese vier Umstände sind folgende.
Es steht fest, daß in den Tagen der Abstimmung Bonn-Frankfurt hier in diesem Haus, vielleicht sogar im Sitzungssaal, zwischen Abgeordneten Bemerkungen darüber ausgetauscht worden sind, daß in diesem Zusammenhang völlig unzulässige und unmögliche Zahlungen vorgenommen worden seien. Es steht fest, daß die Gesprächspartner angesichts dieses Geschwätzes keineswegs auch nur den Schatten einer Möglichkeit gesehen haben, dies dem Hohen Hause mitzuteilen, da sie derartiges Geschwätz offenbar für völlig harmlos und mit einem Parlamentarismus, der auf sich hält, für vereinbar hielten. Sie trugen damit dazu bei, daß erst mit größter Verspätung, fast ein rundes Jahr zu spät, diese Dinge überhaupt aufgegriffen werden konnten.
Der zweite Skandal: Es steht fest, daß um die gleiche Zeit ein Abgeordneter dieses Hauses sein Mandat nicht niedergelegt hat, obwohl er als Witz zugegebenermaßen verbreitet hat, er habe eine Liste bei sich von, ich glaube, 100 Abgeordneten, die bestochen seien;
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dies wurde vielen erzählt. Und selbst wenn dies aus „Dummheit" geschehen sein sollte, so müssen wir verlangen, daß der Abgeordnete sofort aus dem Haus, eben dann allein wegen Dummheit ausscheidet.
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Auf jeden Fall haben wir für solche „Witze" nicht das geringste Verständnis.
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Wenn es ein Witz gewesen wäre, dann wäre er so komisch, daß man die Unwahrhaftigkeit erkannt haben müßte. Gelacht hat zwar anscheinend keiner über diesen „Witz".
Und endlich drittens: Es steht fest, daß einem Parteiführer nicht nur - am 28. Februar 1950 - ein Gedächtnisprotokoll - auf den Begriff komme ich noch zu sprechen - zu Händen kam, nein, daß er es selbst angefertigt hat, und zwar mit einem Inhalt, den die Sensationspresse, wenn es ihr nur
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zugeleitet wurde, als einen unglaublichen Brockenauffaßte und mit dem dann auch die erforderliche Sensation erzielt worden ist. In diesem Protokoll sind die skandalösesten Behauptungen über das Gebaren gewisser Abgeordneter - zum großen Teil Gott sei Dank wahrheitswidrig - aufgestellt.
Ich muß erklären, daß das für einen Parteiführer ein völlig unmögliches Verhalten ist.
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Ich bedaure, daß wir nicht einmal wissen, wie es
denn eigentlich kommt, daß etwas unklare und sehr
bescheidene Mittelsmänner in den Besitz dieses Originals gekommen sind, um es dann der Sensationspresse zuzuspielen, die leider Gottes allzuviele Kollegen nur allzu gierig kaufen, offenbar um ihre
eigene schmutzige Weste bewundern zu können,
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womit dann der große Skandal anhob. So bekam der Bundestag selbst erst im Oktober, sieben Monate. später, Gelegenheit, sich mit diesem Schmutz und diesem Unrat, der in diesem „Gedächtnisprotokoll" angehäuft war, zu befassen. Das ist der dritte Skandal.
Ich sage es ganz offen: Mir ist das Wort „Gedächtnisprotokoll" - ich bin immerhin ein Jurist, der mehr als vier Jahrzehnte in der praktischen Jurisprudenz tätig ist - bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal begegnet. Ich erkläre, daß schon in diesem famosen Begriff Bauernfängerei liegt;
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denn ein Protokoll ist eben eine Urkunde, die bei einem bestimmten Akt in Gegenwart der übrigen Anwesenden aufgenommen wird. Aus dem Gedächtnis kann man nur eine „Niederschrift" anfertigen, aber nie ein Protokoll. Das Wort „Protokoll" aber soll dieser späteren Niederschrift aus dem Gedächtnis eine Art amtlichen Charakter geben und damit die Beweiskraft erhöhen. Damit erweist sich diese Bezeichnung als eine Roßtäuscherei.
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- Ich möchte keinen Namen hier genannt haben; ich möchte ganz objektiv sein.
Endlich der vierte Skandal: Es ist hier im Restaurant angeblich vorgekommen, daß wiederum einem Fraktionsführer von einem Unbekannten gesagt wurde: „Was kostet es, wenn Ihre Fraktion für Bonn stimmt?" Und dieser Fraktionsführer hat es nicht für seine selbstverständliche Pflicht gehalten, entweder die Personalien dieses Anbieters festzustellen oder, wenn es nicht gelang, sofort dem Präsidium zu melden, daß hier Bestechungsgelder angeboten würden. Wenn das damals geschehen wäre, wie anders stünden wir heute da!
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- Es ist mir egal, wer es ist. Ich will es nur feststellen.
Fassen wir diese vier Punkte kurz zusammen: Das allgemeine Geschwätz über Bestechungsgelder, der Witz über die Liste,
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das Geheimhalten eines Protokolls über sechs Monate, in dem unmögliche Beschuldigungen gegen Abgeordnete enthalten sind, und die Nicht-Meldung eines so infamen Angebotes, - das alles ist von vornherein ein Skandal, der nunmehr urbi et orbi klar vor Augen liegt und den wir hier im Bundestag mit schonungslosen, wenn auch parlamentarischen Worten geißeln müssen.
Und nun zu einer allgemein sehr weitgespannten Untersuchungsfrage, die den Ausschuß Monate und Monate hindurch beschäftigt hat, nämlich der großen Frage, über der die Überschrift steht: Geld und Demokratie!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es, solange ich Politiker bin, mit der Muttermilch eingesogen, daß nun einmal in der Demokratie das Geld eine ganz entscheidende Rolle spielt, eine gute, häufig aber eine sehr gefährliche und schlechte. Das liegt allein daran, daß bei jeder Politik nun mal Geldwerte eine ganz entscheidende Rolle spielen - wir wissen es -, je nachdem die Gesetze ausfallen. Meine Herren von der SPD, wir kennen Ihren Kampf gegen das Einkommensteuergesetz; wir sind bereit, es vor jedermann zu vertreten. Sie aber behaupten, wir hätten einer gewissen Klasse fast eine Milliarde DM „geschenkt". - Die Parteien sind nun einmal in der Demokratie die Keimzellen der Staatshoheit, und deswegen ist es ganz klar, daß, wo es um Geld geht, natürlich Interessenten da sind, die hinter den Parteien stehen.
Nun fragt sich - und das ist eine Doktorfrage -: Wo setzt denn nun eigentlich hier etwas ein, was die Demokratie eben wegen dieser unabänderlichen Abhängigkeit ihrer Einrichtungen von Geldmächten schimpflich und korrupt macht? Dazu ein offenes Wort. Es ist mittlerweise kein Geheimnis, daß meine und die meiner Partei verwandten Parteien mit aller Entschiedenheit auf Grund ihres Weltbildes für das Privateigentum eintreten. Wir tun das nicht um der einzelnen Eigentümer willen, sondern deswegen, weil wir im Eigentum in der Tat den Ausdruck der Herrschaft des Menschen über die Dinge der Erde sehen.
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Das tun wir also aus ganz allgemeinen, Sie können ruhig sagen: philosophischen Gründen.
Es ist klar, daß diejenigen, die ihr Eigentum durch sozialistische oder von einer anderen Weltanschauung getragene Versuche der Sozialdemokratie bedroht sehen, sich an die Parteien halten, die nicht um der schönen Augen des Geldspenders willen, sondern um ihrer Weltanschauung willen für diese eintreten. Weiter ist klar: Meine und die meiner Partei verwandten Parteien kämpfen für den selbständigen kleinen Mittelständler. Wir halten es für ein Unglück, daß die Nation in Großbetriebe und Abhängige aufgespalten ist. Wir wollen den Gewerbetreibenden mit seiner Tüchtigkeit. Wir wollen den kleinen Kaufmann und nicht die Großbetriebe. Wir lehnen den Kapitalismus genau wie den Sozialismus ab.
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- Lachen Sie ruhig! Daß Sie, Herr Renner und Konsorten, etwas anderes wollen, ist mir bekannt. Jedenfalls treten wir hierfür ein. Ob mit Recht oder Unrecht, mag der Wähler entscheiden. Daß diejenigen Gemeinschaften und Verbände, die ebenfalls um die Existenz des einzelnen gegen die Großunternehmen kämpfen, wiederum interessiert sind, entsprechende Parteien zu unterstützen, ist klar.
Nun komme ich zu der Frage, die mein verehrter Vorredner, Herr Mayer, ja sehr eingehend erörtert hat, warum nämlich die Unterstützung nicht durch Mitgliedsbeiträge stattfindet. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätten Sie auf unsereinen - auch wenn man damals noch nicht weithin, sondern nur in seinem kleinen Kreis bekannt war
- gehört, so hätten Sie mit der Entnazifizierung
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wesentlich früher innegehalten; denn dadurch, daß Sie diese harmlosen Nichtpolitiker, die glaubten, sich national zu betätigen, wenn Sie Pg wurden, bestraften, haben Sie ja die demokratischen Parteien bei Leuten, die immer noch unpolitisch denken, geradezu unmöglich gemacht. Wer läßt sich denn heute entnazi- und morgen entsozifizieren, wenn er kein Idiot ist? - Durch diese Entnazifizierungspolitik haben wir es verhindert, daß freie Menschen, die nicht kollektiv in Gewerkschaften oder sonstwie gebunden sind, keine besondere Neigung verspüren, Parteien beizutreten. Unterstützen wollen sie -sie gern, aber beitreten, - das scheint diesen gewiß nicht sehr mutigen und deswegen nicht sehr ehrenwerten Landsleuten eine außerordentlich gefährliche Maßnahme auch heute noch zu sein. Und so kommt es - ich kann den Ausführungen von Herrn Mayer nur voll und ganz beitreten -, daß in der Tat die Parteien, die keinen Kollektivismus predigen, die also nicht Anhänger haben, die auf Kommandoworte hören, sondern von dem freien Willen einzelner abhängig sind, tatsächlich mit ihren Mitgliederzahlen weit hinter den Kollektivisten der Linken zurückstehen müssen. Deswegen ist allerdings die Spendenwirtschaft nötig und gänzlich unentbehrlich.
Ich verstehe nun den Antrag der Herren SPD-Leute zu 1 überhaupt nicht, weshalb es ausgerechnet „Abgeordneten" verboten sein soll - von denen doch als führende Politiker im Ministerium die Parteiführer sitzen -, Gelder entgegenzunehmen, dagegen anderen Mitarbeitern der Partei soll es beliebig erlaubt sein? Das gibt doch gar keinen Sinn!
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- Ich habe den Antrag drei-, vier-, fünfmal gelesen. Es gibt keinen Sinn, sage ich noch einmal.
Diesen Antrag werden wir so ablehnen. Was man
statt dessen tun soll, um jeder Korruption vorzubeugen, das mag ernstlich erwogen werden. Die
Grenze ist unbedingt dort gegeben, wo durch eine
Spende die persönliche freie Entscheidung der
Partei, ,des Parteiführers und des Abgeordneten
irgendwie angetastet wird oder, wie man es bemerken kann, wenigstens angetastet werden soll. Das
ist die Grenze, bis wohin man gehen darf und muß.
Auf das, was der unbekannte Spender letzten Endes
dann beabsichtigt, braucht man nicht einzugehen.
Und nun ein Wort zu dem „Michael", den Herr Renner zitierte; ein Blatt, das ich noch nie gelesen,
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vielleicht schon einmal gesehen habe. Es tut mir leid, es erscheint wohl in Nordrhein-Westfalen; in unsere Gegend kommt es offenbar selten. - In diesem Blatt soll nach dem, was Herr Renner zitiert hat - und zwar mit einer gewissen schmunzelnden Zufriedenheit -, stehen: „Abgeordnete können bestochen werden; das ist keine strafbare Handlung, denn sie sind keine Beamten". Ich muß ehrlich gestehen: wenn es wirklich so in dem Blatt steht, muß ich die Tendenz dieser Ausführungen entschieden zurückweisen; denn das heißt ja auf deutsch: Abgeordnete sind in keiner Weise so gewissenhaft, so anständig und sind nicht denselben Ehrbegriffen unterworfen wie Beamte. Das heißt es zunächst. Es vermindert also den Rang eines Abgeordneten. Gewiß, wir 'sind keine Beamten; aber in Wahrnehmung unseres Mandats, das wir nach dem Grundgesetz für das gesamte Volk auszuüben haben, haben wir mindestens so unbestechlich zu sein wie Beamte.
Meines Erachtens müssen wir uns aber darüber hinaus von jeder Möglichkeit, uns in unserer freien Entscheidung durch irgendwelche offenen oder verdeckten Zuwendungen beeinflussen zu lassen, mit aller Entschiedenheit abwenden. Dieser Artikel im „Michael" wäre richtig, wenn er schließen sollte - ich kenne ihn nicht -: „Deswegen, weil dem so ist, muß der Gesetzgeber sofort dahin wirken, daß dies ebenso ein Zuchthausvergehen wie bei den Beamten wird." Wenn das die Schlußfolgerung sein sollte, dann wäre gegen die Ausführungen des „Michael" nichts einzuwenden. .
Wir können in dem Sinne auch dem zweiten Antrag so, wie er dasteht, nicht beitreten. Das Parteiengesetz unter Beachtung der Richtlinien des Grundgesetzes ist ein außerordentlich schwieriges Kapitel. Denn es stehen hier in der Tat gewisse Aufsichts- und Ordnungsvorschriften mit der in einer Demokratie nun einmal nötigen Freiheit in einer sehr sonderbaren, undurchsichtigen Wechselbeziehung. Ich halte es für außerordentlich schwierig, in dem Punkte eine für alle befriedigende und in der Praxis des Lebens mögliche Lösung zu finden.
Was den dritten Antrag der SPD anlangt, nämlich dahin zu beschließen, daß das Verfahren des verehrten Herrn Bundesfinanzministers mißbilligt wird, so möchte ich dazu dieses sagen: Ich möchte keinem der verehrten Freunde aus dem wunderschönen Lande Bayern das meine studentische Heimat war, zu nahetreten, aber ich möchte doch sagen: es fällt selbstverständlich auf, daß als irgendwie in den Kreis von merkwürdigen Beziehungen gerückte Abgeordnete namentlich überhaupt nur solche aus Bayern aufgeführt sind. So stammt denn auch unser verehrter Herr Bundesfinanzminister aus Bayern. Ob das alles ausschließlich mit der Bayernpartei zusammenhängt, - ich maße mir kein Urteil darüber an. Aber wir haben ja hier gesehen, daß bei der Bayernpartei offenbar ähnliche Zustände herrschten wie bei der WAV, was wir just gestern in dem Wahlprüfungsausschuß zur Kenntnis genommen haben. Es wird bei gewissen Parteien gerade in Bayern der Parteidiebstahl versucht: man sucht durch Absetzung einer Führungsschicht und Hineinmogeln einer neuen Führung eine ganze Partei zu erobern. Das hat sich in Bayern offenbar 1949 - bei der WAV und auch sonst vielleicht - vollzogen.
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Nun möchte ich mich in diese bayerischen Geheimniskrämereien nicht weiter einmischen. Ich will nur soviel sagen: Wenn Herr Minister Schäffer erklärt hat und vermutlich auch heute erklären würde, daß er dem Abgeordneten Donhauser wesentlich sympathischer gegenüber stände als dem Abgeordneten Dr. Baumgartner, so muß ich ihm ehrlich gestehen: dafür habe ich vollste Sympathie, ohne mich über die Herren sonst im übrigen aussprechen zu wollen. Wenn ich aber höre, daß er mit Herrn Donhauser, ich glaube, seit 1945, politisch zusammenarbeitet, so sehe ich keineswegs, wie Herr Dr. Reismann, in einer Zuwendung, die der Gruppe Donhauser gemacht wird, etwa ein Herüberziehen zur Regierungskoalition, sondern nur eine politische Bereinigung, die auf Bayern beschränkt bleibt.
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Jedenfalls sind hier keine Zahlungen an Donhauser geleistet, damit dieser oder andere sich in einem bestimmten Sinne bei einer Abstimmung im Bundestag verhielten, sondern die Zahlungen sind zur
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Deckung von Schulden geleistet, um ihn von der bisherigen Parteiführung unabhängiger zu machen. Diese Zahlungen werden, glaube ich, in Zukunft besser von anderen Parteistellen als ausgerechnet von dem Herrn Minister vorgenommen, aber sie belasten, wie die Dinge nun einmal in Bayern lagen, den bayerischen führenden Politiker keineswegs, von dessen politischer Begabung wir doch wohl alle hier im Hause tief durchdrungen sind und von dessen Unanständigkeit hier noch niemals die Rede gewesen ist.
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Es ist auch noch nie in Zweifel gezogen worden, daß er ein kerniger, gerader Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle ist.
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Diese Dinge können ihn nach unserer Überzeugung nicht belasten.
Ich komme dann zum Schlußantrag der SPD, nämlich zu dem Antrag, den nach Pressemeldungen die SPD der CDU aus den Händen gewunden hat, weil diese ihn dann doch nicht stellen wollte, also zur Empfehlung, daß gewisse Abgeordnete - vier der Bayernpartei, einer der WAV oder der früheren WAV, ich weiß es im Moment nicht, jedenfalls alle aus Bayern - ihre Mandate niederlegen möchten. Dazu ein Wort! In -dem Bericht des 44. Ausschusses ist mit Recht eine Ehrenordnung gefordert. Darf ich dazu bemerken, daß ich seit etwa 8 bis 10 Wochen von dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität den Auftrag habe, in Anlehnung an die demnächst hoffentlich endgültig zu verabschiedende Geschäftsordnung eine Ehrenordnung zu entwerfen und dafür eine Begründung zu geben. Meine Arbeit ist fertig, sie ist in der Reinschrift begriffen, und morgen werde ich die entsprechende Vorlage - diesen Vorschlag, mehr ist es zunächst nicht - Herrn Ritzel als dem Vorsitzenden des Ausschusses übergeben. Ich stimme mit meinem Vorredner in der Ansicht überein, daß solche Ehrengesetzgebung - sie mag in eine Form gefaßt sein, wie sie will - nach den 'Erfahrungen dieses „Spiegel"-Ausschusses unbedingteste Notwendigkeit ist, wenn wir Wert darauf legen, daß dieses Parlament die Achtung mindestens hält, wenn nicht verbessert, die es bisher zu erringen die Möglichkeit hatte.
({20}) Diese ,Ehrenordnung erst wird uns zu einer gewissen Brüderschaft zusammenfassen, auf daß wir über alle Parteigrenzen hinweg wechselseitig den Menschen achten.
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- Die Kommunisten nehme ich ausdrücklich aus. - Diese Brüderschaft in der Politik wird mit den Mitteln der Toleranz und der persönlichen Anständigkeit um die Probleme ringen, um die wir hier seit zwei Jahren gerungen haben und weiter ringen wollen. Diese Ehrenordnung wird hoffentlich, wie gesagt, mit der Geschäftsordnung, also noch vor den Ferien, verabschiedet werden.
In meinem Entwurf habe ich vorgesehen, daß vor den Ehrenausschuß - man könnte es auch Ehrenrat nennen - kein Mensch gezogen werden darf, dessen ehrenrühriges Verhalten vor Erlaß der Ehrenordnung vollendet war. Ich glaube nicht, daß es in einem Rechtsstaat möglich ist, rückwirkende Gesetze zu erlassen und nunmehr die hier in dem Ausschußbericht angefochtenen Abgeordneten nachträglich vor eine Einrichtung zu ziehen, die es zur Zeit ihrer Handlungsweise gar nicht gab. So weit jedenfalls mein Vorschlag.
Wenn die Ehrenordnung so aussieht, dann gewinnt dieser SPD-Antrag, den die CDU, wie man aus der Presse weiß, zeitweilig erwogen hat, besondere Bedeutung. Denn dann erblicke ich in ihm die Niederlegung der Auffassung, daß es angezeigt sei, wenn wir eine Ehrenrechtsprechung hätten und- über die Unwürdigkeit oder Würdigkeit eines Abgeordneten Beschlüsse mit rückwirkender Kraft fassen könnten, auf Grund des in einem mit richterlichen Funktionen ausgestatteten Untersuchungsausschuß einstimmig ermittelten Ergebnisses die Unwürdigkeit festzustellen. Wer das tut, der begeht meines Erachtens kein Sakrileg gegen demokratische Freiheiten, wenn er in der nach der gegenwärtigen Rechtslage einzig möglichen Form diesem Antrag zustimmt, also zwar keinen irgendwie empfindlichen Druck ausübt, aber erklärt: nach dem, was wir in dem Bericht leider, leider lesen müssen, bedauern wir, aussprechen zu sollen, daß es besser wäre, gewisse Persönlichkeiten gehörten dem Bundestag nicht mehr an. Ich kann daher für meine Person nur erklären, daß ich dem Antrag der SPD insoweit zustimmen werde. Für meine Fraktion kann ich insoweit nicht sprechen.
Und nun ein kurzes Schlußwort. Meine sehr Verehrten Damen und Herren! Auch der „Spiegel"-Ausschuß und seine Ergebnisse werden durch neue Sensationen abgelöst werden. Sie werden der Geschichte angehören. Ich hoffe und wünsche, daß die zum Teil betrüblichen Ergebnisse dieses Ausschusses und die Gesamtmaterie, die man in ihm erörtert hat, zu einer Klärung der Geister beitragen werden und daß der Bundestag für das nächste Jahrzehnt von einem so ausufernden und kaum Grenzen kennenden Untersuchungsverfahren verschont sein wird. Wir alle - ich möchte da keine einzige Partei und Fraktion ausnehmen - können lernen und haben hoffentlich gelernt, und nur derjenige ist meines Erachtens völlig unbelehrbar, der auf seinem eigenen Roß so hoch sitzt, daß er glaubt, nur Kritik üben zu können. Wir sollen uns die Lehren dieses Ausschusses und seiner sehr fleißigen Arbeit zu eigen machen und sollen sehen, daß' wir bei unseren weiteren Arbeiten für den Rest dieses Bundestages ebenso wie die Nachfolger im Parlament danach trachten, daß wir durch Sauberkeit, Redlichkeit und Fleiß die Achtung für das deutsche Parlament erwerben, ohne die es nicht leben kann.
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Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
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- Ich habe in der von mir übernommenen Liste keine Aufzeichnung.
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- Das tut mir leid. Ich habe Ihre Wortmeldung hier nicht vorliegen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Tagesordnung dieses Hohen Hauses steht die Frage, ob es den vom Untersuchungsausschuß, der als 44. Ausschuß bezeichnet wird und keinesfalls als „Spiegel"-Ausschuß bezeichnet werden sollte, vorgelegten Bericht genehmigt und ob es daraus Folgerungen zu ziehen gedenkt, insbesondere durch Annahme gewisser Anträge. Leider ist die sozialdemokratische Fraktion,
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soweit ich sehe, bisher die einzige Fraktion gewesen, die aus dem Ausschußbericht Folgerungen in Gestalt von Anträgen gezogen hat. Ich bedauere, daß meine Herren Vorredner - mit Ausnahme von einigen Ausführungen des Herrn Kollegen Reismann - sich an das, was hier zur sachlichen Erörterung steht, nicht gehalten haben. Manchmal hatten die Ausführungen sogar so eine Art kabarettistischen Unterton. - Ja, Herr Kollege Mayer, Sie nicken. Es galt auch für Sie!
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Aber ich glaube doch, daß das, was wir hier zu
behandeln haben, sehr ernst ist und daß wir glücklich darüber sein sollen, daß das deutsche Volk
nach allem, was es an Demoralisierung hat über
sich ergehen lassen müssen, noch ein Ohr, ein sehr
feines Ohr dafür bewiesen hat, ob hier im Bundeshaus alles mit rechten Dingen zugeht oder nicht.
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- Ja, Herr Kollege, das ist eine Frage, die zu einigem Pathos Anlaß geben könnte; aber ich sage Ihnen vorher: Ich werde mich bemühen, unpathetisch, so nüchtern wie möglich und so sachlich wie möglich zu sprechen, gerade weil ich überzeugt bin, daß es hier, ich möchte fast sagen, eine letzte Angelegenheit ist, die uns alle gemeinsam angeht, ja vielleicht eine Probe, ob es überhaupt in diesem Hause noch so etwas wie eine Gemeinsamkeit gibt.
Wie gesagt, das, was meine Herren Vorredner -mit Ausnahme einiger Ausführungen des Herrn Kollegen Reismann - gesagt haben, hat größtenteils nicht zur Sache gehört; denn das Thema „Politik und Geld", „Parteien und Geld" ist sehr weit, es war aber nicht das Thema des Ausschusses, und es steht auch hier heute nicht zur Debatte. l Auch Programmreden, ob man für oder gegen Kapitalismus oder Sozialismus, für den gewerblichen Mittelstand und ähnliches mehr ist, stehen nicht zur Debatte. Immerhin ist es psychologisch nicht uninteressant, daß doch einige Verteidigungen versucht wurden, wo sich bisher noch gar kein Ankläger gezeigt hatte.
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Aber außerdem ist mir aufgefallen, daß man hier nach- Angeklagten gesucht hat. So hat der Herr Kollege Seelos behauptet, daß die Abstimmungen im Ausschuß nach Fraktionen erfolgt seien. Ich glaube im Namen aller Ausschußmitglieder sprechen zu dürfen, wenn ich betone, daß das unrichtig ist. Bei den sehr schwierigen Fragen ist es manchmal vorgekommen, daß es ebenso viele Meinungen wie Mitglieder gab und daß die verschiedenen Meinungen quer durch die Fraktionen gegangen sind. Man hat Herrn Baumgartner auf die Anklagebank gesetzt. Nun, das ist leicht, denn dieser frühere Herr Kollege - ich weiß nicht, in welche Beziehung ich ihn zum bayerischen Löwen setzen soll ({4})
gehört dem Hause nicht mehr an, so daß er sich gegen solche Vorwürfe nicht verteidigen kann. Man hat schließlich vor allen Dingen die Presse auf die Anklagebank gesetzt, die sehr viel in ihr Stammbuch geschrieben bekommen hat, und auch sonst einige Mitglieder, die nicht zu denen gehören, die vom Ausschuß als Zeugen vernommen wurden, darunter sehr eindeutig auch mich. Ich nehme das lediglich zur Kenntnis; ich habe keine Veranlassung, mich damit auseinanderzusetzen.
Ich sehe meine Aufgabe darin, zu untersuchen, ob wir den Bericht genehmigen können - das kann ich für meine Fraktion von vornherein klarstellen, denn die sozialdemokratischen Mitglieder haben dem Ausschußbericht zugestimmt und dabei auch die Billigung der Fraktion gefunden -, und mich sodann mit der weiteren Frage zu beschäftigen, was sich aus diesem Ausschußbericht ergibt, wobei ich einige Mißverständnisse von vornherein ausräumen muß, die sich besonders in den Ausführungen des Herrn Kollegen Seelos gezeigt haben.
Ein Untersuchungsausschuß ist keinerlei Institution, die eine Parlamentsjustiz auszuüben hat. Er ist insbesondere kein Ehrengericht. Er ist, wenn auch mit etwas mehr Rechten Dritten gegenüber, ein Ausschuß wie jeder andere Ausschuß des Parlaments und hat keine andere Aufgabe als die, daß die Parlamentarier - ich betone: die politischen Parlamentarier -, die in dem Ausschuß sitzen, dem Hohen Haus das Material zu erarbeiten und vorzubereiten haben, das es braucht, um seine Zuständigkeit auszuüben. Diese beiden Zuständigkeiten - in großen Zügen - heißen: Kontrolle der Regierung und gesetzgeberische Arbeit. Das ist es, was wir zu tun haben, so daß Vorschläge wie diese, man solle erst noch einen Ehrenrat einsetzen oder man solle ein unparteiisches Gericht mit diesem oder jenem beauftragen, vollkommen neben der Sache liegen. Unsere Aufgabe hier ist, zu prüfen: Was ergibt sich innerhalb der Zuständigkeit des Parlaments für die Kontrolle der Regierung und für die gesetzgeberische Arbeit aus dem, was der Untersuchungsausschuß ermittelt hat? Ich bedauere, daß hier so manch einer daran vorbeigeredet hat dadurch, daß er glaubte, alle möglichen Angriffe gegen diesen oder jenen richten zu müssen, die mit der Sache absolut nichts zu tun haben.
Nun, die sozialdemokratische Fraktion hat Ihnen eine Reihe von Anträgen vorgelegt, die sich nach unserer Überzeugung aus dem sachlichen Ergebnis der Ausschußarbeit mit zwingender Notwendigkeit folgern lassen. Noch nicht zur Beschlußfassung liegt Ihnen unser Antrag Drucksache Nr. 2303 auf Ergänzung des Grundgesetzes vor, weil der Ältestenrat der Auffassung war, hier müsse eine besondere erste Lesung angesetzt werden. Da aber dieser Antrag von unseren übrigen Anträgen nicht zu trennen ist, muß ich ihn doch wenigstens hier zur Kenntnis bringen.
Die erste Frage, die sich aus den Ausschußfeststellungen ergeben hat, war ja die: Was kann man tun, um für die Zukunft Abgeordnete, die sich der Mitgliedschaft in diesem Hohen Hause unwürdig erwiesen haben, aus dem Bundestag zu entfernen? Denn das bedauerliche, das traurige Ergebnis unserer Arbeit ist doch das: Wir haben unter uns Mitglieder, die wir nicht unter uns haben sollten.
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Es wird sich zeigen, ob wir die Kraft haben, daraus entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen, um für die Zukunft eine Wiederholung solcher Vorkommnisse unmöglich zu machen.
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Unsere insoweit wesentlichste Folgerung war deshalb die, einen Gesetzentwurf einzubringen, wonach das Grundgesetz durch einen Art. 46 a mit folgendem Wortlaut ergänzt werden soll:
Auf Antrag des Bundestages kann das Bundesverfassungsgericht einem Abgeordneten, der seine Mitgliedschaft im Bundestag gewinnsüchtig mißbraucht, die Mitgliedschaft im Bundestag aberkennen. Der Antrag bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestages.
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Das ist es, was notwendig ist. Denn mit der Ehrenordnung - ich will mich dazu nicht im einzelnen äußern; Ehrenordnung hin, Ehrenordnung her - kann doch nicht das erreicht werden, was nur durch eine Ergänzung des Grundgesetzes möglich ist, nämlich eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, daß solche Gestalten aus dem Bundestag verschwinden, die hier nicht hereingehören. Diese Aufgabe muß dann allerdings, wenn auch auf Antrag des Parlaments, einem Gericht übertragen werden, um sicherzustellen, daß damit kein parteipolitischer Mißbrauch getrieben wird. Wir hoffen, daß dieser Antrag sehr schnell angenommen wird, um so mehr, als es sich dabei um keine im deutschen Recht ganz unbekannte Bestimmung handelt. Es gibt entsprechende oder ähnliche Bestimmungen bereits in der Verfassung des Landes Bayern und in der neuen Verfassung des Landes Niedersachsen.
Wir haben dann dem Hohen Hause einen zweiten Antrag vorgelegt - Drucksache Nr. 2315 -, der Bundestag wolle beschließen, den Abgeordneten Aumer, Freiherrn von Aretin, Mayerhofer, Schmidt ({8}) und Volkholz die Niederlegung ihrer Mandate zu empfehlen. Sie alle kennen den Bericht. Ich hoffe, Sie werden es mir ersparen, im einzelnen auszuführen, warum wir diese fünf Abgeordneten unter allen Umständen für unwürdig halten, diesem Hohen Hause noch anzugehören. Wir sind überzeugt, daß wir auch dann, wenn diese Mitglieder, denen das Hohe Haus empfiehlt - wie wir hoffen -, auf ihr Mandat zu verzichten, daraus ihrerseits nichts herleiten, doch die Möglichkeit haben, für die Zukunft zum Ausdruck zu bringen, was wir von diesen bisherigen Abgeordneten halten.
Ich möchte aber dabei noch ein Wort über den Abgeordneten Donhauser sagen. Wir haben uns nicht entschließen können, einen entsprechenden Antrag auch bei dem Abgeordneten Donhauser zu stellen. Aber ich muß hinzufügen, daß uns diese Entscheidung nicht leichtgefallen ist und es auch bei Herrn Donhauser mindestens an die Grenze des Erträglichen heranreicht. Auch Herr Donhauser hat uns im Ausschuß als Bundestagsabgeordneter und als Zeuge, der seinen Eid leisten sollte, bei seinen ersten Vernehmungen Aussagen gemacht, deren Wahrheit durchaus fragwürdig war. Sehen Sie, hier muß sich doch auch einmal zeigen, wie dieses Haus sich einschätzt, ob dieses Haus es zulassen kann, daß eine seiner wichtigsten Institutionen, die der Untersuchungsausschüsse, und eines seiner wichtigsten Rechte, nämlich daß diese Untersuchungsausschüsse Zeugen vereidigen können, von den eigenen Mitgliedern so mißachtet wird, wie es hier leider bei den Abgeordneten Freiherr von Aretin und Volkholz der Fall gewesen ist. Ich hoffe daher, daß Sie dieser Empfehlung mit einer großen Mehrheit zustimmen werden.
Ich komme nun zu den weiteren Anträgen in dem Umdruck Nr. 214, zunächst zu dem Antrage, den der Herr Abgeordnete Ewers trotz mehrfachen Lesens glaubt nicht verstehen zu können. Dieser Antrag soll den Art. 21 des Grundgesetzes wahren helfen, und er ist in der Tat nicht verständlich, ohne daß man sich den Art. 21 des Grundgesetzes vor Augen hält. Denn der Parlamentarische Rat hat, soweit ich weiß, einhellig beschlossen, die Bestimmung in das Grundgesetz einzufügen, daß in Zukunft die politischen Parteien über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft zu legen haben. Der Parlamentarische Rat hatte Grund dazu einen Grund, der damals noch erinnerlich war -, eine solche Bestimmung einzufügen. Denn ihm war noch besser als manchen, die heute draußen insbesondere auch vor Studenten Reden halten, im Gedächtnis, daß ja die NSDAP Hitlers in einer sehr eigentümlichen Weise finanziert worden ist, nämlich einmal von dem Großindustriellen Thyssen, der darüber das Buch schrieb „Ich bezahlte Hitler", und zum anderen von verschiedenen weiteren Personen, zu denen Herr Dr. Schacht gehört hat, der darüber in Nürnberg sehr präzise Aussagen gemacht hat. Wenn darauf noch weiter die Rede kommen sollte, bin ich bereit, Ihnen die eidliche Aussage von Schacht am 2. Mai 1946 darüber im Wortlaut vorzulesen, in der er unter anderem erzählt, wie Göring vor einem Industriekreise eine Rede gehalten und darauf hingewiesen hat, die Wahl vom 5. März 1933 sei voraussichtlich die letzte Wahl nicht nur für zehn, sondern für hundert Jahre, und infolgedessen müsse es sich die Industrie etwas kosten lassen.
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Nachdem Schacht dann eine Liste aufgelegt hatte, wurden innerhalb kurzer Zeit nach im Laufe dieser Sitzung 3 Millionen RM in die Liste eingezeichnet. Schacht sagte in Nürnberg, im Zeugenstand unter Eid befragt, wer sich einzeichnete: Alle! Alle Industriellen und alle Bankiers, die anwesend waren, zeichneten sich ein und stifteten an einem Tage 3 Millionen RM dafür, daß das deutsche Volk in das Unglück hineingeriet, über das ich Ihnen ja keine Ausführungen zu machen brauche.
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Daran hat sich der Parlamentarische Rat erinnert und deshalb hat er die Bestimmung in das Grundgesetz aufgenommen, daß die politischen Parteien über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft abzulegen haben.
Wir haben heute in der besonders gearteten Situation, in der wir uns als besetztes und gespaltenes Land befinden, noch besondere Gründe, sehr sorgsam über die Erfüllung dieser Vorschrift zu wachen.
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Denn wir müssen ja heute damit rechnen, das solche Zuwendungen nicht nur von wirtschaftlichen Machtgruppen kommen, sondern - auf Deutsch gesagt - auch vom Auslande her. Auch deshalb dürften wir nichts zulassen, was einer Vereitelung dieser Vorschrift dient.
Der Herr Abgeordnete Renner hat solch ein Gewicht auf seine Forderung gelegt, daß man hätte untersuchen sollen, wie es mit den Parteien und dem Geld im allgemeinen bestellt sei. Herr Renner, wir sind gern bereit, damit anzufangen; die Herkunft der Gelder der kommunistischen Partei zu untersuchen. Davon haben Sie aber nicht gesprochen.
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Das steht aber hier nicht zur Debatte, sondern zur Debatte stehen der Ausschußbericht und die Folgerungen. die für die gesetzgeberische Arbeit und das Vertrauen zu Regierungsmitgliedern daraus zu ziehen sind. Bei der gesetzgeberischen Arbeit, bei der Beurteilung des Verhaltens der Abgeordneten untereinander sowie bei etwaigen späteren Empfehlungen, die wir zu machen haben werden, müssen wir diesen Art. 21 des Grundgesetzes ganz anders beachten als bisher.
Wir haben nicht den Antrag gestellt, daß ein Parteiengesetz vorgelegt werden soll, und zwar deshalb nicht, weil ja dieser Antrag schon vor
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Monaten von der Zentrums-Fraktion gestellt wurde und weil uns bekannt ist, daß die Bundesregierung in Verbindung mit allen Parteien - auch der Opposition - ein solches Gesetz bereits weitgehend ausgearbeitet hat und demnächst den gesetzgebenden Körperschaften zuleiten wird. Aber dieser Art. 21, nach dem die Parteien verpflichtet sind, über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft abzulegen, muß doch besonders für das Folgerungen haben, was ein Abgeordneter tut. Herr Kollege Ewers, ich kann nur annehmen, daß Sie den Nachsatz über das absichtliche Verbergen nicht beachtet haben. Selbstverständlich kann ein Abgeordneter, gleich von welcher Partei er ist, von einem Gesinnungsfreund, von einer Person, die seine politischen Ziele unterstützen will, Spenden, Geld für die Partei und für die Parteiarbeit annehmen.
Das möchte ich völlig klarstellen, darüber braucht hier überhaupt keine Diskussion stattzufinden. Deshalb steht das, was der Herr Kollege Pferdmenges getan hat, auf einem ganz anderen Blatt als die Fragen, die wir hier zu erörtern haben. Auch darüber ist im Ausschuß kein Zweifel gelassen worden.
Aber zu diesem Antrag hier gibt das Veranlassung, was wir an Vorgängen bei Herrn Heinrichsbauer gesehen haben. Wie können denn Parteien über die Herkunft ihrer Gelder öffentlich Rechenschaft ablegen, wenn es Mittelsmänner gibt, die es sich zur Aufgabe machen, die Herkunft der Gelder zu verschleiern, damit niemand weiß, wo sie überhaupt herkommen, ob sie von einem Unternehmerverband kommen, ob sie von einer ausländischen Regierung kommen, ob sie von einer unterirdischen Organisation oder sonstwo herkommen! Dann steht der ganze Art. 21 auf dem Papier. Deshalb möchten wir hier festgelegt sehen - als eine Erweiterung des Verfassungsrechts, als ein zusätzliches, ungeschriebenes Verfassungsrecht -, daß ein Abgeordneter für seine Partei kein Geld annehmen darf, dessen Herkunft ihm infolge Einschaltung eines Mittelsmannes und infolge der Art der Zahlung absichtlich verborgen wird.
Meine Damen und Herren, wir wissen, daß Herr Heinrichsbauer sich ja schon die Finanzierung der Harzburger Front - mindestens der Deutschnationalen - hat recht angelegen sein lassen. Er hat heute wieder diese Tätigkeit in einer offen gegen den Art. 21 verstoßenden Weise aufgenommen durch Vernichtung der Quittungen, durch Hergabe der Gelder ohne Buchungen und so, daß alles im Verborgenen bleibt und der Empfänger nicht erfährt, wo das Geld herkommt, und der Geldgeber nicht weiß, wo es hingeht.
Sie haben dieser Tage viel darüber gesprochen, was geschehen kann oder geschehen soll, um die sich in Niedersachsen zeigende neufaschistische Gefahr zu bannen. Stellen Sie sich einmal vor, Herr Heinrichsbauer läßt es sich morgen einfallen, nun Remer zu finanzieren. Wer gibt Ihnen denn die Gewähr dafür, daß sich ein solcher Mann, der nicht einmal der Phantasie von Balzac eingefallen ist, dazu hergibt, derlei Dinge zu treiben? Dieses durchaus anrüchige Gewerbe, welches der Mann ausübt, können wir nicht dulden. Es sollten hier in diesem Hause keine Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, daß sich ein Abgeordneter, der für seine Partei Geld annimmt, darüber vergewissern muß, aus welcher Quelle - unter unseren besondersartigen deutschen Zuständen - es herkommt.
Ich glaube, daß Sie alle diesem Antrag zustimmen könnten und sollten; denn er enthält nichts als eine Klarstellung darüber, welche Verpflichtung der Abgeordnete auf Grund des Art. 21 des Grundgesetzes hat. Er schließt in keiner Weise aus, daß ein Abgeordneter dort Spenden sammelt und annimmt, wo er hofft, Freunde zu finden.
Nun komme ich zu unserem weiteren Antrag auf Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Registrierungspflicht von Interessenvertretern. Ich möchte mich in diesem Punkt kurz fassen; denn der Antrag entspricht im wesentlichen einer Anregung des Ausschusses. Auch dazu hat gerade die Figur des Herrn Heinrichsbauer Veranlassung gegeben, daß wir dem Beispiel der erfahreneren Demokratien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika, folgen sollten. Wir müßten auch unsererseits durch ein Ausführungsgesetz, das ebenfalls im Zusammenhang mit Art. 21 stände, vorschreiben: Wer es sich zur Aufgabe macht, hier beim Bundestag, bei Fraktionen des Bundestages, bei politischen Parteien und bei der Bundesregierung Interessen zu vertreten, muß sich registrieren lassen und auch eine Kontrolle seiner Aufwendungen ermöglichen. Wir haben dabei gleich hinzugefügt, daß dieser Gesetzentwurf - es kann aber auch in der Strafrechtsnovelle geschehen - vorgesehen soll, daß mit Zuchthaus bestraft wird, wer es unternimmt, die Stimme eines Abgeordneten zu kaufen. Das ist eine Vorschrift, die nach dem Fall Telle, der es unternommen hat, die Stimme Aumer zu kaufen, in Deutschland unerläßlich geworden ist.
Ich muß an dieser Stelle meinem Bedauern darüber Ausdruck geben, daß mir noch nichts davon bekanntgeworden ist, daß der Verband - immerhin ein großer Verband, dessen Vorsitzender Herr Telle als Nachfolger von Herrn Dr. Seebohm ist -keinerlei Konsequenzen aus dem gezogen hat, was im Ausschuß zu diesen Fragen öffentlich festgestellt wurde.
({14})'
Auch da sollte man einmal auf Sauberkeit achten.
Wir müssen also vor allem verlangen, daß' unser Strafgesetz ergänzt wird durch eine Bestimmung mit Zuchthausandrohung für den, der es unternimmt, die Stimme eines Abgeordneten zu kaufen, und daß in gleicher Weise ein Abgeordneter nach seinem Ausschluß aus dem Parlament bestraft wird, wenn er sich auf einen derartigen Stimmenkauf eingelassen hat.
Es ist notwendig, unverzüglich solche Bestimmungen zu erlassen; denn, meine Damen und Herren, bedenken Sie doch bitte einmal, was das für jeden von uns bedeutet, daß ein Industrieller, ein Direktor einet Petroleumgesellschaft hierher kommt und glaubt - schon daß der Mann das glaubt, daß er sich das traut, ist erstaunlich -, er könne die Brieftasche ziehen, und dann werde im Hause so abgestimmt, wie er sich das wünscht.
({15})
Das kann keine Minute länger auf uns sitzen bleiben. Wir müssen die gesetzgeberischen Konsequenzen aus dem ziehen, was der Ausschuß festgestellt hat, und müssen einem derartigen Verhalten einen Riegel vorschieben.
Nun, meine Damen und Herren, komme ich zu dem letzten und schwierigsten Punkt meiner Ausführungen. Der Herr Abgeordnete Mayer läßt es sich sehr angelegen sein, woher das Geld für den Barackenbau der Sozialdemokratischen Partei kommt
({16})
- jawohl, wir nennen die Dinge beim Namen; wir
brauchen gar nicht herumzureden -, für den
({17})
Barackenbau der Sozialdemokratischen Partei hier
in der Koblenzer Straße nach Godesberg hin. Er
hat hier gesagt, an diesem Antrag, den wir zu
stellen haben, sehe man, daß die Sozialdemokratie
wieder einmal Vorgänge lediglich parteipolitisch
ausschlachten wolle. Ich muß Ihnen dazu sagen:
Es ist für mich trostlos und bedauerlich, daß es
erst eines Anstoßes durch die Opposition bedarf,
um hier nun zu erörtern, welche Konsequenzen sich
aus den Vorfällen ergeben. Dieses Thema darf man
nicht damit abbiegen, daß man spöttische und
billige Bemerkungen über die angeblichen Arbeitergroschen macht. Sie, Herr Mayer, haben keine
Vorstellung von dem Opfergeist der Arbeiterschaft,
({18})
die teilweise 10, 20, 30, 50 Jahre ihrer Partei zugehört und die ihre Mitgliederbeiträge zahlt, selbst wenn man erwerbslos geworden ist.
({19})
Ich stamme nicht aus Arbeiterkreisen, aber ich habe mich oft geschämt und gefragt, warum es in anderen Kreisen des deutschen Volkes nicht den Mut und d i es e Opferbereitschaft für die politische Sache gibt,
({20})
wie ich sie in der Sozialdemokratie sehe!
({21}) Und ich muß auch Herrn Ewers sagen, ich glaube nicht, daß meine sozialdemokratischen Parteifreunde der Meinung sind, sie seien in einer Partei, die da irgendwie auf Kommando folgt; sondern sie sind Sozialdemokraten, weil sie auch Demokraten und freie Menschen in ihrer Partei und in einem deutschen Vaterland sein wollen, das nicht so aussieht wie das Ihrer sozialen Marktwirtschaft.
({22})
Und 800 000 Mitglieder sind schon in der Lage, einiges zu schaffen!
Aber nun will ich das Temperament, das mich hierbei eben etwas überfallen hat, beiseite lassen. Wir kommen zu dem rein sachlichen Gesichtspunkt, zu der Frage, die hier zur Erörterung steht; nicht zu der Frage, woher die Sozialdemokratische Partei das Geld für irgendeinen Parteibau hat, sondern zu der Frage, ob das, was sich hier in dem Verhältnis zwischen dem Bundesfinanzminister Fritz Schäffer, der zugleich diesem Hohen Haus als Mitglied angehört, und den Herren Abgeordneten Donhauser und Aumer und ihrer Gruppe auf der anderen Seite abgespielt hat, ob das etwas ist, was hier ohne Konsequenz hingenommen werden kann.
Ich erinnere Sie an die Feststellungen, die der Ausschuß getroffen, und zwar einstimmig getroffen hat. Der erste Absatz unseres Antrages wiederholt fast wörtlich - es kann auch sein, genau wörtlich - eine Feststellung des Ausschusses: daß der Herr Bundesminister der Finanzen auf Grund seiner politischen Verbindung zustimmend oder empfehlend - es muß, glaube ich, heißen: „und empfehlend" - dahin gewirkt hat, daß den Abgeordneten Aumer und Donhauser sowie anderen auch nicht zur Regierungskoalition gehörenden Abgeordneten Zahlungen aus einem Fonds 'zugeflossen sind, der aus allgemeinen Sammlungen großer Wirtschaftsverbände stammte. Das ist der Sache und größtenteils den Worten nach eine einstimmige Feststellung des Ausschusses, die sogar, glaube ich, an zwei Stellen des Berichts niedergelegt ist. Sie werden vor der Frage stehen, ob Sie das billigen oder ob Sie das mißbilligen. Dabei werden Sie zu untersuchen haben, in welcher Beziehung denn der Herr Bundesfinanzminister und Bundestagsabgeordnete Schäffer zu den Herren Abgeordneten Donhauser, Aumer und der Gruppe Donhauser hier im Hause stand und steht.
Diese Beziehung ist festgelegt spätestens durch die Regierungsbildung. Denn mit der Regierungsbildung im September des Jahres 1949 hat sich dieses Haus hier in parlamentarisch-demokratisch durchaus üblicher Weise aufgespalten in die Regierungsparteien oder Regierungskoalition einerseits und die -Parteien der Opposition andererseits. Wem es nun um die politische Klarheit und Sauberkeit zu tun ist, der wird mir doch zugeben müssen, daß es zwischen diesen beiden Gruppen konspiratives Geld nicht geben kann und nicht geben darf,
({23})
denn andernfalls verliert das, was wir hier tun und treiben, die Glaubwürdigkeit in dem Volk, das zu vertreten wir berufen sind.
({24})
Das Volk darf nicht argwöhnen dürfen: Na, da hat vielleicht einer durch eine Geldspritze nachgeholfen und eine Gruppe aus ihren politischen Verbindlichkeiten befreit und sie sich dadurch gewogener gemacht. - Meine Damen und Herren! Wenn in der Bevölkerung auch nur der Argwohn entsteht, daß es für die Abgeordneten außer ihrer politischen und auch parteipolitischen Überzeugung und ihrem Gewissen noch andere Gründe geben kann für die Art, hier abzustimmen und einer Regierung anzugehören oder nicht anzugehören - an dem Tage kann der Deutsche Bundestag nach Hause gehen!
({25})
Glauben Sie mir, der Deutsche Bundestag hat noch kein großes Ansehen in der Bevölkerung. Das trifft uns von der Opposition nicht viel weniger als Sie von der Regierungskoalition; unter Bonn versteht manch einer draußen beide. Darüber sind wir uns völlig klar. Wenn dann noch ein Mißtrauen hinzutritt, daß es hier nicht mit rechten Dingen zugehe, daß man. zwar nicht der Regierungskoalition, auch nicht einer der Regierungsparteien anzugehören brauche, daß es aber den großen Onkel gibt, der nun auch noch gerade Finanzminister ist, an dessen Herz man sich ausweinen kann über die Schulden der Partei, die einen drücken, und dann wird nachgeholfen, und dann wird das ganze politische Leben sehr viel leichter, - wenn die Bevölkerung draußen diesen Verdacht faßt, dann, so wiederhole ich noch einmal und ohne Pathos, seien Sie überzeugt, dann brauchen wir hier gar nicht weiter zu arbeiten, dann können wir nach Hause gehen. Es hat keinen Sinn, diese Beziehungen, diese Vorgänge zwischen einem führenden Mitgliede der Regierungspartei CSU und der Bundesregierung einerseits und Mitgliedern diner - ich will mich wegen des streitigen Ausdrucks ,,Opposition" sehr vorsichtig ausdrücken - mindestens nicht zur Regierungskoalition gehörenden Partei zu verniedlichen und zu verharmlosen. Das hat doch wirklich keinen Sinn!
Dabei muß ich bedauerlicherweise auch darauf hinweisen, daß Herr Bundesfinanzminister Schäffer als Zeuge sich über diese Konsequenzen -anscheinend nicht ganz im unklaren gewesen ist, denn er hat mit seiner Aussage mehrfach gezögert.
({26})
({27})
Er hat mehrfach gefragt, ob er hierauf überhaupt Antwort geben müsse.
({28}) Und er hat sogar in einem schillernden Lichte gelassen, welche Art Fonds das nun gewesen ist. Bei seiner ersten Vernehmung war es klar, daß es sich um einen Fonds handelte, der kein Fonds der Bayernpartei war. Das war absolut gesagt: überhaupt kein Fonds der Bayernpartei. Sie können das im Protokoll nachlesen. Der Ausschußvorsitzende, Herr Dr. Semler, hat es in der 10. Sitzung des Ausschusses vom 25. Oktober dem Herrn Zeugen Schäffer noch einmal vorgehalten. Herr Dr. Semler hat damals gesagt - ich zitiere das wörtlich -: „Herr Zeuge, Sie haben uns gesagt, es sei kein Wahlfonds der Bayernpartei gewesen". Das stand zunächst einmal fest. Aber bei der zweiten Vernehmung hat dann Herr Schäffer als Zeuge dazu folgendes erklärt:
Ich habe klipp und klar unter Eid erklärt,
- sagte er wörtlich daß ich zwar weiß, daß aus einem Wahlfonds der vielleicht nicht speziell für die Bayernpartei, aber für eine größere Gruppe von Parteien bestanden hat, zur Bezahlung der Wahlschulden Gelder, und zwar ohne jede Bindung, gegeben worden sind.
Also aus dem Wahlfonds, der bei der ersten Vernehmung überhaupt kein Fonds der Bayernpartei war, ist bei der zweiten Vernehmung einer geworden, der „vielleicht nicht speziell für die Bayernpartei" bestimmt war! Auf den präzisen Vorhalt von Herrn Dr. Semler etwas später kam dann die etwas vage Antwort:
Es war ein Fonds für eine Gruppe von Parteien. Und auf eine weitere Frage heißt es dann:
Ich habe es
- nämlich diese Empfehlung lediglich einem Mittelsmann weitergegeben. Ich wußte damals von dem Wahlfonds selbst nichts Genaueres. Ich habe nur gedacht, der andere, der Mittelsmann, weiß davon.
({29})
Sehen Sie, da kommt die Rückzugslinie, daß jemand, der nicht nur Bundestagsabgeordneter, nicht nur ein führendes Mitglied einer Regierungspartei, sondern zugleich Bundesminister ist, eine Empfehlung gibt, bei der er selber sagt: Ich wußte gar nichts Genaueres über den Fonds, aus dem hier Geld an Abgeordnete gezahlt werden sollte, die mindestens hier nicht 'zur Regierungskoalition gehörten und die draußen in der Kampagne und im Bayerischen Landtag zu den schärfsten Gegnern der CDU und gerade des Bundesfinanzministers gehörten.
Es ist auch nicht bloß aus reiner Menschlichkeit geschehen. Nun, erstens nimmt das wohl niemand ernst, sondern Sie finden auch auf der Seite 39 dieses Protokolls der 10. Sitzung vom 25. Oktober eine sehr klare Angabe des Zeugen darüber:
Ich wollte ja die gemäßigte Richtung innerhalb der Bayernpartei gestärkt sehen.
({30})
Also hier ist typisch etwas eingesetzt worden, was man in der politischen Sprache „konspiratives Geld" nennt. Mit Geldmitteln sollte in der zerfallenden Bayernpartei ein bestimmter Flügel, der Flügel Donhauser, in die Führung gebracht und unter Umständen auch der Koalition hier gewonnen werden. Aber konspiratives Geld ist nach unserer
Überzeugung kein Mittel, das in einer parlamentarischen Demokratie zulässig ist, solange das „Spiel" - entschuldigen Sie dieses Wort, ich gebrauche es auch nur in Anführungszeichen - zwischen Regierungskoalition und Opposition in der Bevölkerung Vertrauen genießen kann und darf.
Aber ich kann mich für diese Vorgänge auch auf einen Beobachter und Beurteiler berufen, der hier vor mir sitzt. Es ist der Herr Kollege Strauß. Denn, meine Damen und Herren, es stimmt ja gar nicht, daß der „Spiegel" diese Vorgänge zuerst an die Öffentlichkeit gebracht hat. Der „Spiegel" hat lediglich als erstes Presseorgan diese Gedächtnisprotokolle von Herrn Baumgartner veröffentlicht. Vor dem „Spiegel" liegen bereits die Veröffentlichungen, in der Zeitschrift „Kritik der Zeit", die in Frankfurt erschien und der CDU sehr nahestand, in diesem Falle auffallend nahestand; und vorher noch liegen die Veröffentlichungen in der „Deutschen Zeitung und Wirtschaftszeitung", die in Stuttgart erscheint.
Da ist es nun außerordentlich interessant, wie die Vorgänge, die sich zwischen Herrn Schäffer und den Herren Donhauser und Aumer am Buß-
und Bettag und später abgespielt haben, in die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung" gekommen sind: durch niemand anders als durch Mitglieder der CSU unter Beteiligung des Herrn Kollegen Franz Joseph Strauß! Denn es hat damals in München ein Gespräch stattgefunden, bei dem auf der einen Seite auch die Herren Strauß und Minister Dr. Josef Müller - wer noch dabei war, wissen wir nicht - beteiligt waren, und auf der anderen Seite ein Vertreter von Zeitungen, also der Presse, zu denen der Chefredakteur Heizler gehörte. Über dieses Gespräch hat Herr Kollege Strauß als Zeuge unter Eid in der 18. Sitzung am 29. November 1950 ausgesagt. Sie können das in den Protokollen, die Ihnen allen zugänglich und, nachlesen. Ich darf mit der freundlichen Erlaubnis des Herrn Präsidenten drei Sätze -- der eine ist sehr lang - aus diesem Protokoll der 18. Sitzung verlesen. Der Herr Kollege Strauß hat als Zeuge unter Eid folgendes , gesagt:
Bei dem Gespräch in München mit der Presse, nicht zum Zwecke einer Presseinformation, aber einer losen, man kann sagen, gesellschaftlichen Fühlungnahme, ist von seiten der Gesprächspartner
- ich ergänze: es waren Herr Strauß und Herr Minister Josef Müller der Eindruck erweckt worden - von seiten der
Gesprächspartner, die nicht der Presse angehörten - der Eindruck erweckt worden, daß
die Herren Donhauser und Aumer sich nicht
scheuen, auf Empfehlung Schäffers, also des
Mannes, den sie so gehässig angreifen, nach
wie vor weiterhin angegriffen haben, auch
ihre politischen Wahlschulden aus dem gleichen
Gesamtaufkommen der Spenden sich decken
zu lassen, wie es bei anderen der Fall war. Sehen Sie, hier hat man also etwas lanciert. Man ist bei Alkohol mit der Presse zusammengekommen und hat, wie es so schön heißt, von seiten der Gesprächspartner, die nicht der Presse angehörten, den Eindruck erweckt: Seht mal, was der Donhauser und der Aumer für Leute sind! Und man hat auch darüber gesprochen, daß das da so bröckelte und knisterte, und dazu sagt Herr Kollege Strauß an einer Stelle vorher:
Allerdings haben wir bei unseren Gesprächen
mit der Presse Wert darauf gelegt, den Ein({31})
druck zu erwecken und, sagen wir mal, eine Vorahnung dafür zu geben, daß hier eine Entwicklung sich anbahnt.
({32})
Nun, Herr Strauß kam ganz frisch von dieser Buß-
und Bettagsbesprechung im Bundesfinanzministerium, wo Aumer und Donhauser Buße wegen ihrer Wahlschulden getan und gebeten haben, daß sie ihnen bezahlt werden möchten, und hat den Eindruck erweckt bei dieser Besprechung mit der Presse in München.
({33})
Nun hat Herr Kollege Strauß selbst zweimal in seiner Aussage auf eine Konsequenz hingewiesen, die sogar mir zu weit geht. Denn er hat zweimal betont, daß dieses seinem Inhalt nach so umschriebene Verhalten eine Charakterisierung gefunden hat in dem Gespräch seitens so führender CDU-Mitglieder, wie es der Generalsekretär der CDU und wie es ein CDU-Politiker im Ministerrang wie Josef Müller ist. Herr Kollege Strauß sagt auf Seite 49 des Protokolls der 18. Sitzung vom 29. November 1950:
Es fiel dabei vorher dieser Ausspruch, den ich schon nannte: es gibt keine Partei,
- das zielte auf die Bayernpartei die in so kurzer Zeit von oben bis unten korrupt geworden ist, wie es bei dieser Partei der Fall ist.
({34}) Das, Herr Kollege Strauß, war die Folgerung, die gezogen wurde und auf die Sie zur Illustration hingewiesen haben - Sie können mich berichtigen, wenn ich mich irren sollte -, nämlich daß die - Donhauser-Aumer - so schamlos wären, um politische Gelder bei ihren parteipolitischen Gegnern und Feinden betteln zu gehen. Das ist der Vorgang, der sich hier abgespielt hat. Deshalb sollten wir, glaube ich, einen solchen Vorgang mißbilligen. Denn er eignet sich dazu und birgt eine ungeheure Gefahr, die parlamentarische Demokratie in Deutschland zu diskreditieren. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man an dieser Mißbilligung vorbeikommen will.
Ich darf Sie an eine zweite ebenfalls einstimmig getroffene Feststellung des Ausschusses erinnern, nämlich daß es im Bericht an anderer Stelle heißt, daß der Ausschuß leider nicht hat ausschließen, wenn auch nicht feststellen können, daß es doch einen einflußmäßigen Zusammenhang von diesem Vorgang, bei dem nie aufgeklärt werden konnte, wieviel Geld da eigentlich geflossen ist - denn es waren wesentlich mehr als die 5000 Mark, die Donhauser bekommen hat -, gegeben hat zu einem so epochalen Ereignis, wie es die Abstimmung über die Bundeshauptstadtwahl gewesen ist. Zum mindesten ist ja aus Ihrem Gespräch, Herr Strauß, das Sie mit Herrn Müller zusammen einerseits und Presseleuten andererseits hatten, dieses erste ungeheuerliche Gerücht aufgekommen, nicht durch Herrn Baumgartner - ich will Herrn Baumgartner nicht entschuldigen, er hat sich unter aller Kritik benommen und benimmt sich heute noch im bayerischen Landtag unter aller Kritik -; nicht durch Herrn Baumgartner, nicht durch den „Spiegel", nicht durch „Kritik der Zeit", sondern weil S i e , Herr Strauß, und weil Herr Minister Müller - Sie, der Sie das Gespräch hier im Bundesfinanzministerium kannten - darüber Andeutungen der Presse gegenüber gemacht haben, und
dann die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung", ein anständiges und ehrbares Presseorgan, in der Öffentlichkeit etwas darüber hat laut werden lassen.
So ist der Deutsche Bundestag in den Ruf gekommen, daß es hier käufliche Abgeordnete gibt. Dieser Ruf wäre nie entstanden, wenn jene unheilvolle Bußtagsbesprechung bei Herrn Schäffer nicht vorgekommen wäre und nicht die Empfehlung, an Abgeordnete, die nicht zur Regierungskoalition gehörten, aus einem Fonds, der keiner der Bayernpartei war, Gelder zu zahlen. Das ist ein eindeutiges und klares Ergebnis des Untersuchungsausschusses, und darüber allein haben wir hier zu reden und über nichts anderes. Ich hoffe und bitte deshalb darum, daß Sie mit uns dem Bedauern darüber Ausdruck geben werden, daß durch solche Zahlungen der Verdacht mit erweckt wurde - mit erweckt wurde -, als ob Abgeordnete ihr Verhalten gegenüber der Bundesregierung, insbesondere ihre Stimmabgabe in der Frage der vorläufigen Bundeshauptstadt, nicht allein von ihrem Gewissen und von ihrer politischen Überzeugung bestimmen ließen.
Wir haben nun - ich gebe Ihnen zu, nicht ohne Zögern, nicht ohne Bedenken - unserem Antrage einen letzten Absatz hinzugefügt. Ich will das alles in voller Offenheit erörtern. Ich bin der Meinung - und vielleicht nicht nur ich allein -, daß ich vielleicht für die ersten beiden Absätze unseres Antrages bei Ihnen - und es liegt mir daran, mit Ihnen zu sprechen, meine Herren von der Regierungskoalition! - Ihre Stimmen leichter bekommen hätte, wenn der dritte nicht dastünde. Aber wir sind der Überzeugung, daß wir an dem dritten Absatz nicht vorbeikommen
({35})
- jawohl, ich und meine politischen Freunde -, daß wir hier eine Konsequenz ziehen müssen, wie sie in anderen Ländern mit einer größeren politischparlamentarischen Tradition eine Selbstverständlichkeit ist.
({36})
Ich erinnere Sie an den Vorgang in Großbritannien, wo der Minister Dalton - ich glaube, Schatzkanzler war er damals - eine voreilige Bekanntgabe des Budgets herausließ, was automatisch seinen Rücktritt zur Folge hatte. Es hat das nicht seine Ehrbarkeit angegriffen. Wir wollen hier nicht mit solchen sentimentalen Ausdrücken kommen. Aber er mußte die Konsequenz ziehen, und seine eigenen Freunde zogen sie, ohne Mr. Dalton als Politiker und als Parlamentarier fallenzulassen; denn sie haben ihn nach Straßburg geschickt, und wenn ich mich nicht sehr irre, ist er heute sogar wieder in der britischen Regierung. Aber zunächst einmal mußte er fallen.
Oder. ein Mann, der uns vielleicht national nicht sehr sympathisch sein mag, der aber immerhin eine Gestalt von weltpolitischer Bedeutung geworden ist wie der langjährige französische Ministerpräsident Clemenceau, geriet einmal, und zwar unverschuldet, in den Verdacht, daß auch er in der Panama-Affäre nicht so ganz schattenlos dastehe, was zur Folge hatte, daß er aus der Kammer ausschied, daß er sich nicht zur Wiederwahl stellte und sich sogar mehrere Jahre dem politischen Leben fernhielt, bis er dann seinen - vom französischen Gesichtspunkt aus gesehen - großen Aufstieg in der Geschichte Frankreichs und in der Weltgeschichte nahm.
({37})
Daß aber ist es, was notwendig ist: ohne parteipolitische Empfindlichkeiten und ohne Sentiments und ohne diese berühmte oder berüchtigte Sorge: „Wir können aber nicht _weh tun!" Folgerungen zu ziehen. Das, was der Herr Bundesfinanzminister getan hat, lassen Sie es mich einmal - ich bitte im voraus schon um Gnade bei dem Herrn Präsidenten! - mit einem unparlamentarischen Ausdruck bezeichnen, war zum mindesten eine Dummheit. Aber man muß in der Politik auch dafür einstehen. Denn es steht hier ja etwas ganz anderes auf dem Spiel, nämlich, ob wir in der sehr mißtrauisch gewordenen Bevölkerung draußen nun den Eindruck erwecken können: Der Bundestag ist in diesen Fragen klar und rücksichtslos in seiner Haltung!
({38})
Das ist es, worauf es ankommt. Denn es steht nicht das Thema zur Debatte, das hier so allgemein von Herrn Ewers umrissen wurde, es steht nicht zur Debatte das Thema „Geld und Demokratie", sondern es stehen zwei sehr präzise Fragen zur Debatte: was Herrn Aumer anlangt und vielleicht Herrn Mayerhofer, das Thema Demokratie - oder Parlament - und Sauberkeit - und darüber kann es doch nur eine Meinung zwischen uns geben - und bei dem Herrn Bundesfinanzminister im besonderen steht das, ganz klare Thema zur Debatte, ob es zulässig ist, zwischen Abgeordneten, die zur Regierung, 'und solchen, die nicht zur Regierungskoalition gehören, das Mittel konspirativen Geldes einzusetzen; ob es zulässig ist, hier Zuwendungen durch Empfehlungen herbeizuführen, die den Abgeordneten, die hier die parlamentarischen Gegner oder jedenfalls nicht Freunde sind, erne parteipolitisch finanzielle Erleichterung bringen.
Das werden Sie zu entscheiden haben, und ich hoffe, daß diese Entscheidung möglichst auf einer breiten Basis hier im Hause fällt, auch wenn sie manch einem unter Ihnen schwer wird. Wir haben nicht viel Gemeinsames, wir haben insbesondere politisch nicht viel Gemeinsames; wir haben das erst kürzlich wieder bei der außenpolitischen Debatte gesehen. Aber es muß wenigstens einige elementare Grundlagen der parlamentarischen Arbeit geben - nicht einmal unsertwegen, sondern wegen des Vertrauens, das doch manch einer draußen im Volke uns entgegenbringen will. Der Herr Kollege Ewers hat von der Denazifizierung gesprochen, die gewiß weitgehend unheilvolle Folgen gehabt hat; wer wollte das leugnen! Da sind viele Menschen in ihrem Vertrauen enttäuscht worden, das sie auf eine autoritäre Bewegung gesetzt hatten. Nun, sie sind noch bitterer in dem Vertrauen enttäuscht worden, das sie dann auf die Besatzungsmächte setzten, von denen sie glaubten, daß sie als Befreier kämen, und auf die demokratischen Parteien setzten. Aber noch sind Menschen da, die bereit sind, uns Vertrauen entgegenzubringen; und die Frage, vor der wir stehen, ist die, uns dieses Vertrauens würdig zu zeigen und hier einen Entschluß zu fassen, der uns dieses Vertrauen der Menschen draußen, die nach Bonn sehen, erhält und gewinnt. Dann haben wir auch für die parlamentarische Demokratie einen Sieg erfochten!
({39})
Meine Damen und Herren! Es liegt noch eine Reihe von Wortmeldungen vor, allerdings vorn Abgeordneten, die Fraktionen angehören, die schon zu Worte gekommen sind. Ich glaube, wir verfahren am besten so, daß wir zunächst einmal alle Fraktionen zu Worte kommen lassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Solleder.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben soeben die Worte des Herrn Kollegen Arndt gehört; sie mündeten aus in einem Antrag gegen den Herrn Minister Schäffer, weil angeblich der Argwohn gerechtfertigt wäre, daß hier Gelder zu korruptiven oder konspirativen Zwecken gegeben worden seien. Die Dinge liegen aber anders.
Auch ich stehe auf dem Standpunkt, daß es sich hier in erster Linie um eine Rechtsfrage handelt, nämlich um den Auftrag, den der Untersuchungsausschuß 44 erhalten hat. Der Auftrag des Untersuchungsausschusses 44 lautete: der Untersuchungsausschuß hat Beweise zu erheben, und zwar Beweise im Sinne des Bundestagsbeschlusses vom 5. Oktober 1950, der hieß:
Es ist ein Untersuchungsausschuß einzusetzen. In einem Presseorgan ist die Behauptung aufgestellt worden, es sei im Falle der Hauptstadtfrage Bonn/Frankfurt und bei anderen Gelegenheiten an Abgeordnete aller Fraktionen ein Betrag von insgesamt 2 Millionen DM bezahlt worden. Außerdem wurden in dem Artikel einzelne Abgeordnete unter Andeutung der an sie bezahlten Beträge namentlich genannt.
Das ist das Beweisthema des Bundestagsbeschlusses, den der Ausschuß auszuführen hatte. Dabei möchte ich nicht verhehlen, daß dieser Bundestagsbeschluß insoweit nicht klar gefaßt ist, als es dort heißt, daß zwei Millionen DM für die Hauptstadtfrage und bei anderen Gelegenheiten bezahlt wurden. In Wirklichkeit heißt nämlich die Behauptung, wie sie in dem fraglichen „Spiegel"-Artikel steht, daß in der Hauptstadtfrage 2 Millionen DM gegeben wurden und daß hiervon hundert Abgeordnete Beträge von 20-, 10-, 5 000 und 1 000 DM erhalten hätten. Das ist das echte Beweisthema; und es läßt sich nicht verhehlen, daß der Bundestag sich bei der Fassung seines Beweisthemas etwas unklar ausgedrückt hat. Jedenfalls steht aber fest, daß der Auftrag dahin ging, festzustellen, ob es in der Hauptstadtfrage tatsächlich der Fall war, daß 2 Millionen DM an hundert Abgeordnete gegeben wurden. Das ist einerseits eine ungeheuerliche Behauptung, das ist ein Angriff gegen die Demokratie, wenn es nicht den Tatsachen entspricht; andererseits ist es aber, wenn es erfunden ist, eine außerordentliche Gefährdung der Grundlagen des Parlaments,
({0})
weil in der Öffentlichkeit, im Volke damit das
Vertrauen zum Parlament aufs tiefste erschüttert
wird. Infolgedessen ist es von vornherein Verpflichtung des Ausschusses gewesen, in erster Linie feststellen: Sind in der Hauptstadtfrage' 2 Millionen DM
tatsächlich in Bestechungsabsicht an Abgeordnete
gegeben worden oder nicht? - Alles andere ist
meines Erachtens von untergeordneter Bedeutung.
({1})
Hier muß ich - ich mache es nicht gern - tatsächlich einen Spruch zitieren, der heute schon einman in diesem Hause gebraucht worden ist: „Berge kreißen, und kaum ein Mäuslein wurde geboren." Und das, was Herr Kollege Arndt soeben gesagt
({2})
hat, ist das Mäuslein, das er wieder aufbauschen will, um daraus einen sogenannten Mißtrauensantrag gegen den Finanzminister herauszuholen. Ich persönlich stehe auch auf dem Standpunkt, daß die Aufgabe eines Untersuchungsausschusses so klar und eindeutig im Grundgesetz festgelegt ist, daß wir alle, die wir Teilnehmer dieses Untersuchungsausschusses waren, keine Berechtigung hatten, über das eigentliche Beweisthema hinauszugehen. Die Aufgabe des Untersuchungsausschusses kann nicht die sein, wie es hier der Fall war, Enqueten über alle möglichen Geldvorgänge anzustellen, die seit weiß Gott - ({3})
- Herr Kollege Seuffert, ich definiere soeben die Aufgaben des Untersuchungsausschusses und werde daraufhin auch die Aufgaben des Parlaments darstellen.
({4})
Aufgabe des Untersuchungsausschusses ist es jedenfalls nur, Beweise zu erheben. Nicht Aufgabe des Untersuchungsausschusses ist es, irgendwie Werturteile zu fällen oder irgendwie etwas anderes zu tun, als nur Beweise zu erheben.
Es war in der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses; da habe ich im Protokoll beanstandet, daß dort auf Seite 12 eine Wertung hineingesetzt wurde, nämlich in den Worten:
Abschließend muß der Ausschuß feststellen, daß die Möglichkeit einer Beeinflußung der Hauptstadtabstimmung durch die Zahlungen an die sogenannte Gruppe Donhauser zwar nicht ausgeschlossen werden kann, daß aber andererseits die Tatsache . . . auch nicht festgestellt werden kann.
Es ist in sich schon ein Widerspruch, einerseits festzustellen, daß nichts festgestellt wird, andererseits aber hineinzuschreiben, daß es nicht ausgeschlossen ist. Dieser Zwischensatz, daß es nicht ausgeschlossen ist, bedeutet aber eine Wertung, eine Aufnahme eines Gerüchtes, die vorbehaltlose Aufnahme eines Gerüchtes, eines mit böswilliger Absicht in die Welt gestreuten Gerüchtes. Das heißt nicht die öffentliche Meinung entgiften, sondern das heißt, dieses Gift noch weiter wühlen zu lassen. Dazu ist meines Erachtens der Untersuchungsausschuß nicht berufen gewesen. Ich habe meine Vorbehalte in der letzten Sitzung angemeldet. Es war mir leider nicht möglich durchzudringen, weil durch eine Indiskretion der Berichtsentwurf des Untersuchungsausschusses bereits in die Presse gekommen war.
({5})
-Es war mir nicht möglich durchzudringen, weil
mir entgegengehalten wurde: Wir ändern nichts mehr; wir dürfen uns überhaupt nicht mehr über die Dinge unterhalten. - Ich stelle das zur Begründung meines jetzigen Vorbehalts fest. Es ist nur ein rein sachlicher, ein rein juristischer, den ich aber vorweg klarstellen will.
Urteil und Wertung des Sachverhalts im Sinne des Beweisthemas hat allerdings das Plenum. Erst heute können wir uns darüber schlüssig werden, ob und inwieweit es ausgeschlossen war, daß in der Hauptstadtfrage durch die Vermittlung des Herrn Finanzministers eine Beeinflussung der DonhauserGruppe denkbar ist oder nicht. Es war nicht Aufgabe des Untersuchungsausschusses, das festzustellen.
({6})
- Der Untersuchungsausschuß hat die Verpflichtung, Beweise zu erheben und sonst nichts. Das steht im Art. 44.
({7})
- Die Beweise stellt man durch Tatsachen fest. Das ist ja schließlich jedem Juristen bekannt.
Nun, was sagen wir zu diesem Satz, daß eine Beeinflussung in der Hauptstadtabstimmung durch die Zahlung an die Gruppe Donhauser nicht ausgeschlossen ist? Sie gestatten mir hier ganz kurz etwas weiter auszugreifen. Wie kam es überhaupt zu diesem ungeheuerlichen Gerücht, daß 2 Millionen DM an 100 Abgeordnete gegeben wurden, nur damit die Hauptstadtfrage in diesem oder jenem Sinne erledigt Würde Offensichtlich - das beweist das Gedächtnisprotokoll Baumgartner - wurde dieses Gerücht unter einzelnen Mitgliedern der Bayernpartei ausgebrütet und verbreitet. Es steht fest - das hat der Untersuchungsausschuß ebenfalls geklärt, daß in der Bayernpartei schon lange vor den Bundestagswahlen erhebliche Meinungsverschiedenheiten bestanden, und zwar Meinungsverschiedenheiten, die darauf zurückzuführen waren, daß die Gelder, die der Bayernpartei aus dem Wahlfonds zur Verfügung gestellt wurden - der Wahlfonds, der dann später wieder eine Rolle spielt -, nicht restlos zu Wahlzwecken innerhalb der Partei verwendet wurden, sondern von Baumgartner und Falkner für den Bayernverlag oder für andere Zwecke verwendet wurden.
Der Ausschuß ging davon aus, daß es sich dabei mindestens um 60 000 Mark gehandelt hat. Diese 60 000 Mark fehlten innerhalb der Bayernpartei. Die Bayernpartei isst ja nun eine junge Partei, und sie setzt sich vielfach aus jungen Leuten, jungen Politikern zusammen. Die Folge war, daß diese Leute der Bayernpartei sich in einem erheblichen Maße persönlich finanzieren mußten, daß sie sich durch den Wahlkampf außerordentlich in Schulden gestürzt haben. Infolgedessen entstand eine große Kalamität. Es ist klar, daß bei Leuten wie Donhauser und solchen, denen ebenso wie ihm diese Wahlgelder vorenthalten waren, eine sehr verzweifelte Stimmung bestand, weil die Leute wirklich vor dem wirtschaftlichen Bankrott standen. Die Landesleitung hatte sich offiziell mit der Gruppe Donhauser, der damals Landesvorsitzender war, entzweit, und es war jede Möglichkeit, von der offiziellen Bayernpartei irgendwie die Abdeckung der Schulden ermöglicht zu bekommen, ausgeschlossen.
Donhauser wählte den Weg zum Finanzminister. Am Bußtage, dem 27. November 1949, trat er mit der Bitte an den Herrn Finanzminister heran unter Schilderung der Verhältnisse, er möge vielleicht mit Mitteln, die eventuell noch aus diesem bekannten Wahlfonds zur Verfügung stehen, irgendwie helfend eingreifen. Dieser Wahlfonds ist, wie selbst im Ausschußbericht festgestellt ist und wie er wohl als bekannt unterstellt werden darf, ein Fonds, der durch Sammlungen aus Kreisen der Industrie gebildet wurde und der nicht einer Partei zur Verfügung stand - der nicht parteipolitisch gebunden war - , sondern allen Parteien, die nicht marxistisch waren. Aus diesem Wahlfonds - das ergibt sich aus der Zeugenaussage Schäffers - hat die Bayernpartei im wesentlichen die Gelder schon vorher bekommen, die zur Bestreitung des eigenen Wahlkampfes benötigt und von der Parteileitung eingenommen wurden. Infolgedessen ist dieser Weg etwas Natürliches und Normales. Es ist ein Ab({8})
deckungsversuch, der den einzigen Ausweg für diese Leute bedeutete, die in echter Not waren, hier auf regulärem Wege zur Abdeckung ihrer Schulden zu kommen.
({9})
- Ich meine, wenn jemand eine Wahlschuld aus einer Bundestagswahl hat, so hat er das Recht, sich an einen Fonds zu wenden, der für diese Zwecke zur Verfügung steht. Und wenn das der Betreffende nicht über seine offizielle Parteileitung tat, so deshalb,
({10})
weil nachgewiesenermaßen feststand, daß diese offizielle Parteileitung jede finanzielle Unterstützung dieser Leute von vornherein abgelehnt hat, und zwar deshalb, weil sie einen` großen Betrag von diesen Geldern für sich und für andere Zwecke verwendet hat. So erklärt sich der Vorgang natürlich. Ich glaube, auch ein Empfinden für Anstand und für Moral in dieser Richtung zu haben, weil ich im Leben stehe. So erklärt sich also ganz natürlich, wie diese Vorsprache bei Schäffer möglich wurde.
Dabei möchte ich Herrn Arndt entgegenhalten, daß nicht übersehen werden darf, daß die Bayernpartei und die CSU aus Bayern stammen und daß Herr Schäffer ebenfalls einer bayerischen Partei angehört. Ich möchte dabei auch darauf hinweisen, daß Herr Finanzminister Schäffer selbst der Bayernpartei bislang nahestand und daß fast kein Mitglied der Bayernpartei hier im Hause und auch kein führendes Mitglied der Partei in Bayern nicht vor Gründung der Bayernpartei bei der CSU war. Sie mögen daraus ersehen, ,daß Ihre Theorie von Regierungspartei und Opposition hier paßt wie die Faust aufs Auge.
({11})
- Sie können es doch schließlich den bayerischen Politikern nicht verwehren, ihre bayerische Politik, die sich eben auch hier im Bundestag abspielt, in ihrem Sinn auszubauen. Sie können es doch schließlich den Leuten, die sich vorher nahestanden und sich auch heute noch nahestehen, nicht verwehren
- es sollte Ihnen doch schließlich nicht verborgen geblieben sein, daß sich die Bayernpartei und die CSU zur Zeit in Arbeitsgemeinschaft befinden ({12})
- natürlich schreien Sie da auch, das paßt euch nicht! -,
({13})
daß sie nach ihrem ehrlichen und echten Gewissen das Bedürfnis haben, die gemeinsamen politischen Ziele, die sie haben, eben auch in die Tat umzusetzen.
({14})
- Ja, mein Gott, wissen Sie: wenn Sie in Bayern auf Urlaub waren, bedeutet das noch gar nichts; deswegen kennen Sie die bayerische Volksseele noch lange nicht.
({15})
Ich will die Dinge hier einigermaßen vernünftig und nicht mit hochtrabenden Worten erklären, um klarzumachen, wie es dazu kommt. Ich will zeigen, wie sich die Dinge natürlich lösen.
Fest steht, daß diese Besprechung am 27. November 1949 dazu geführt hat, daß Herr Bundesfinanzminister Schäffer zugesagt hat, sich vermittelnd dafür einzusetzen, daß ein entsprechender Betrag aus dem Fonds, falls noch etwas zur Verfügung stünde, zur Verfügung gestellt wird. Das ist der reine Sachverhalt.
({16})
Nun, was können und sollen wir aus dieser Sachlage für Folgerungen ableiten? Ich meine, im gewöhnlichen Leben oder im wirtschaftlichen Leben würde kein Mensch etwas dabei finden. Sie glauben, weil Sie Opposition sind, hier ein besonderes Angriffsmoment zu haben, das sich sogar zur Begründung eines Antrags mit dem Ziel verwenden läßt, dem Herrn Bundesfinanzminister das Vertrauen zu entziehen.
({17})
Was heißt Opposition? Opposition ist ja schließlich kein fester Begriff.
({18}) Opposition ist vielleicht beim Herrn Schumacher etwas anderes als bei dieser oder jener Partei, die nicht in der Regierungskoalition ist.
({19})
- Jedenfalls ist es nicht richtig, wie man es hier glauben machen will, daß derjenige, der nicht in der Regierungspartei ist, etwa einem Heergefolge angehört, das einen Fahneneid auf Schumacher geleistet hätte.
({20})
Kurz und gut, so lassen sich die Dinge wirklich nicht machen, wie Sie es machen. Wenn Sie glauben, eine Partei, die nicht offiziell in der Regierung ist, hätte kein Recht, mit einem andern Parteiführer, wie es Herr Finanzminister Schäffer bei der CDU ist, in Verbindung zu treten und sich eventuell mit ihm über Dinge zu unterhalten, die beide berühren, so vertreten Sie auf diesem Gebiet eine falsche Meinung.
Nachdem ich Ihnen erklärt habe, wie es zu der Besprechung am Buß- und Bettag kam, ist es doch auch notwendig, auszuführen, was aus dieser Sache gemacht wurde. Fest steht, daß die in dem sogenannten Gedächtnisprotokoll Baumgartners -das er dem Aumer abgenommen, aber niemals im Original vorgelegt hat - aufgestellten Behauptungen einmal von Aumer bestritten werden, und auf der andern Seite steht auch fest, daß das, was in dem Protokoll behauptet wird, unmöglich den Tatsachen entsprechen kann. Wie kommt Baumgartner dazu, zu behaupten, daß eine derartige Besprechung vor sich gegangen ist?
({21})
- Ja, meine Herren, das ist eine sachliche Erörterung; das sind die Dinge, und das ist die Materie, die Gegenstand der Untersuchung waren. Das müssen Sie eben anhören, wenn Sie das hören wollen, worauf es ankommt!
Baumgartner hat nachweisbar im Januar des Jahres 1950 eine Besprechung mit Fink gehabt. In dieser Besprechung hat Fink den Standpunkt vertreten, daß ein Gerücht umgehe, es sei in der Abstimmungsfrage Geld gegeben worden. Dieses Gerücht hat er aufgenommen. Im Benehmen mit Besold hat er sich dann dahin abgesprochen, daß man dem Donhauser etwas am Zeug flicken könne,
({22})
weil er in der Abstimmungsfrage Äußerungen gemacht habe, die man so oder auch anders auslegen könne. Diese Tatsache ist durch einen Brief belegt, den Aumer am 23. Februar - ich bitte, die Daten zu beachten - an Aretin in diesem Sinne geschrieben hat. Während nämlich Besold vorher als Anhänger der Gruppe Donhauser anzusehen war, hat er damals eine Schwenkung gemacht und hat sich mit Baumgartner ins Benehmen gesetzt.
Nun kommt als weiterer Punkt hinzu, daß Besold dann als Zeuge erklärt hat, Donhauser hätte ihm hier im Hause gesagt, daß er für Bonn stimmen solle; da gäbe es Geld. Donhauser hat das bestritten. Die Tatsache, daß Besold dann ein Vierteljahr geschwiegen und erst dann den Brief geschrieben hat, daß er sich mit Baumgartner abgesprochen hätte, man könne diese Dinge auslegen, wie man wolle, muß zwingend dazu führen, anzunehmen, daß Besold entweder von einem Irrtum befallen war oder die Dinge falsch verstanden hat, weil er nämlich am Schluß erst nach etwa drei Monaten überhaupt zu der Auffassung kam, daß diese Angelegenheit eine Art Bestechung sein könnte.
Deshalb steht absolut fest, daß es sich um ein Gerücht handelt, das von Baumgartner zu dem Zweck in die Welt gesetzt wurde, uni eben den Parlamentarismus zu schädigen, um eben hier in seiner Art eine Politik zu machen, die wir ablehnen müssen. Er hat damit in der öffentlichen Meinung einen ungeheuren Schaden angerichtet. Er hat damit den Parlamentarismus auf das schwerste geschädigt. Nicht genug damit, hat er im Landtag am 31. Mai 1950 ebenso wie seinerzeit schon im Ausschuß den Untersuchungsausschuß schwer beschimpft, hat sich in der Richtung beleidigend geaußert, daß im „Spiegel"-Ausschuß die Scheuerer und Geschmierten nicht bestraft worden sind, während er wegen seiner Ungehörigkeit als Zeuge vor dem Gericht mit 800 DM Geldstrafe belegt wurde. Ich nehme an, daß der Herr Präsident Veranlassung nehmen wird, soweit hier eine Beleidigung von Parlamentsmitgliedern vorliegt, im Offizialverfahren entsprechend vorzugehen.
Auf so schwachen Füßen ruht das Fundament des Beweisthemas, das dem Untersuchungsausschuß gesetzt wurde. Nach dem Grundgesetz hätte Beweis darüber erhoben werden müssen: Ist in der Hauptstadtfrage eine Bestechung vorgefallen oder nicht? Diese Beweise hätten erhoben werden müssen, und damit wäre meines Erachtens das Beweisthema erschöpft gewesen. Statt dessen hat man eben eine Enquête veranstaltet, in der mehr oder weniger alle finanziellen Angelegenheiten, die irgendwie mit Abgeordneten im Zusammenhang stehen, untersucht wurden. Die Ausschußmitglieder haben dieser Tendenz der Opposition grundsätzlich nicht widersprochen, weil das große Interesse, das in der Öffentlichkeit für die Angelegenheit bestand, es dringend notwendig machte, daß die Untersuchung möglichst ungehemmt vor sich gehen konnte.
({23})
- Ich muß das hier erklären, wie die Dinge sind. Ich sage nur, was echte Beweisaufgabe des Untersuchungsausschusses ist, und gleichzeitig, was tatsächlich erfolgt ist, und weise darauf hin, daß die Zuständigkeit des Untersuchungsausschusses an sich eng begrenzt war, daß der Unteruchungsausschuß aber in dem Bestreben, hier Aufklärung zu
schaffen, weit über das hinausgegangen ist, was sein Beweisthema war.
({24})
- Das bedaure ich nicht. Denn gerade dadurch wurde es möglich, ein klares Bild von der Sache zu bekommen und klar festzustellen, daß hier keinerlei Handlungen vorliegen, die irgendwie Veranlassung gäben, vom politischen Standpunkt aus hier eine Korruption oder Mißstände vom Standpunkt des Parlaments aus zu unterstellen, soweit die Frage Frankfurt-Bonn hier zur Debatte steht.
Weiterhin ist es aber richtig, daß verschiedene Mitglieder des Hauses alles Mögliche dazu getan haben, das im Parlament umgehende Gerücht entsprechend zu verbreiten. Es war der Abgeordnete Schmidt, der, wie schon erwähnt, dieses Gerücht in der Weise in die Welt setzte, daß er sagte, er hätte ein Verzeichnis derjenigen, die bestochen worden wären. Es war der Abgeordnete Loritz, der mit seinem großen Unbekannten aufgewartet hat und uns sagen wollte, daß er heute den Mann nicht mehr auch nur annähernd bezeichnen könne,
({25})
der ihm nämlich angeboten haben soll, für Bonn Geld zu nehmen, daß er 'ihm zwar eine Ohrfeige angeboten habe, aber wie die Dinge weitergelaufen sind, hat er nicht weiter erzählt. Mit solchen Märchen können wir natürlich bei einer derart wichtigen Sache doch meines Erachtens nicht irgendwie zuwege kommen. Herr Kollege Loritz, es ist außerordentlich bedauerlich, daß Sie, wenn Sie schon ein derartiges Angebot bekommen haben, nicht die Konsequenzen daraus gezogen und den Mann gestellt haben. Als Mann, als Politiker und Abgeordneter hätten Sie die unabweisbare Pflicht gehabt, den Mann festnehmen zu lassen und zur Verantwortung zu ziehen.
({26})
Aber Sie haben, wie gesagt, nichts unternommen. Infolgedessen brauchen Sie sich auch nicht zu wundern, wenn man zu der Auffassung kommt, daß an Ihrem Gerede nicht viel Wahres sein wird.
({27})
- Ja, das ist schon möglich, aber Sie wissen, bei Gericht ist es so: wenn einer daher kommt und benennt den großen Unbekannten, dann schüttelt der Richter im allgemeinen den Kopf und sagt: „Kennen wir schon."
({28})
So sind die Dinge, soweit das Beweisthema hinsichtlich der Bestechungsaffäre Bonn-Frankfurt in Frage kommt. Nichts ist herausgekommen. Das, was hier von der Opposition, von der Sozialdemokratie in Richtung gegen den Herrn Bundesfinanzminister Schäffer beantragt wird, ist meines Erachtens in keiner Form irgendwie auch nur mit einem Schimmer zu begründen.
({29})
Das, was er hier getan hat, ist ein klarer, selbstverständlicher Vorgang und hat gar nichts mit dem
Bundesfinanzminister zu tun; denn er scheidet doch
nicht in seiner Eigenschaft als Abgeordneter und
Politiker aus, wenn er Minister wird. Auch dann
kann er Dinge unternehmen, die mit seinem Ressort nichts zu tun haben. Das war ja vielfach das
Infame bei der Sache, daß man den Eindruck erweckte, es handele sich um Geldangelegenheiten,
({30})
die mit der Persönlichkeit des Herrn Finanzministers in Zusammenhang stehen. Das war zunächst der Eindruck, der erweckt werden sollte. Als daraus nichts wurde, als man damit nichts anfangen konnte, hat man jetzt den wunderbaren Satz von den konspirativen Geldern erfunden. Also zunächst „konspirative Gelder". Man kann sich verhältnismäßig wenig darunter vorstellen.
({31})
- Sie können sich vielleicht darunter etwas vorstellen, aber jedenfalls kann ein normaler Mensch, der auch einigermaßen im Leben steht, sich zunächst darunter nichts vorstellen. Konspirative Gelder! Da will man offenbar sagen - das ist ja heute so schön in der Politik -, man haut irgend so ein Schlagwort hin, da soll dann alles schon vor lauter Ehrfurcht vor einem solchen Schlagwort stumm werden.
Nein, „konspirative Gelder" ist jedenfalls ein Begriff, den Herrn Kollege Arndt uns heute, sagen wir einmal, als Novität serviert.
({32}) Damit kann man nichts anfangen. „Konspirativ". würde vielleicht bedeuten, daß man damit gefühlsmäßig auf jemand einwirken will, damit er sich in seiner Gesamteinstellung irgendwie im Sinne des eigenen Wollens umstellt.
Aber worum hat es sich denn hier gehandelt? Hier hat es sich um das Ersuchen von Leuten der Bayernpartei gehandelt, die durch das Verhalten, das ich geschildert habe, in große politische Schulden geraten sind, die in ihrer letzten Hoffnung zum Finanzminister kamen und ihn baten, ihnen einen Weg zu weisen. Darum hat es sich gehandelt, und wenn die Opposition das als eine Beeinflussung auslegen wollte, müßte sie zunächst zumindest beweisen, was damit von seiten des Herrn Finanzministers hätte erreicht werden wollen.
({33})
Das Beweisthema lautet, daß die einen behaupten, es wäre in der Abstimmungsfrage erfolgt. Sie drücken sich etwas vage aus und können eigentlich nicht angeben, was der Sinn war. Nach den Ausführungen des Herrn Reismann nehme ich an, daß nunmehr auf Grund dieser Tatsache überhaupt ein Zusammenarbeiten zwischen CSU und Bayernpartei möglichst ausgeschlossen sein soll, um nicht den Verdacht zu erwecken, das wäre die letzte Auswirkung des sogenannten Bittgangs am Bittag von 1949. Also ich sehe wirklich keinen Tatbestand, der irgendwie als konspirativ angesehen werden könnte.
({34})
Im Gegenteil, es handelt sich darum, daß sogar der Abgeordnete Strauß, wie hier gesagt wird, noch erklärt hat: Das sind schöne Brüder! Die gehen sogar zu ihrem politischen Gegner und suchen auf diese Weise ihre Schulden abzudecken.
({35})
Gerade aus dieser Äußerung ersieht man doch die Harmlosigkeit des ganzen Vorgangs.
({36})
Es ist doch ganz klar: wenn Herr Strauß irgendwie befangen gewesen wäre oder irgendwie die Auffassung gehabt hätte, daß hier ein politischer Zweck verfolgt wird, dann hätte er doch nicht gesagt: Die sind gut; die gehen als Bayernparteiler zum CSU-Mann, damit man ihnen hilft.
({37})
- Ja, bitte, das ist eben so. Sie können mir hier keinen Tatbestand klarstellen, der damit erfüllt oder erreicht werden sollte, gelegentlich der Bitte des Donhauser bei Schäffer, daß er Mittel und Wege weise, die Schulden abzudecken. Darauf kommt es schließlich an.
Infolgedessen sehe ich in dieser Tatsache, daß sich der Herr Bundesfinanzminister vermittelnd eingesetzt hat, daß er mit einem Wahlfonds, der für diese Zwecke zur Verfügung stand und aus dem die Bayernpartei -- ebenso wie alle anderen Parteien - schon vorher Gelder bekommen hat, hier noch einmal helfend eingegriffen hat, lediglich eine
({38})
korrekte Erledigung
({39})
einer Angelegenheit,
({40})
die auf diesem Gebiete liegt. Das ist so natürlich und klar, daß man darüber keine Worte zu verlieren braucht.
Ich kann es ja der Opposition nachfühlen, daß es nicht angenehm ist, wenn man sich zuerst in die Rolle einer Großanklage hineingefühlt hat,
({41})
aber tatsächlich bei derartigen Ergebnissen zu keinem anderen Resultat kommt, als mit „konspirativen Geldern" beweisen oder behaupten zu wollen, daß hier etwas politisch Unzulässiges erfolgt sei. Es ist nicht angenehm, wenn man zunächst einmal glaubt, daß man hier große Dinge herausbekommen kann, und hernach so klein und bescheiden beigeben muß.
({42})
- Aber kommt es darauf an?!
({43})
- Den Leuten draußen kommt es ebenso darauf an, wie es uns darauf ankommt, daß unsere Demokratie nicht durch Gerede, das, sagen wir, leichtsinnig weiterverbreitet wird, oder durch Gerede, das erfunden ist und das ich als politische Lüge bezeichnen möchte, beunruhigt wird. Unserm Volk kommt es darauf an, daß die Demokratie, das Parlament, dieses junge Parlament produktiv arbeitet. Es kommt darauf an, daß Sauberkeit, echte und wirkliche Sauberkeit besteht. Darauf kommt es an!
({44})
- Nein, ich erhebe keinen Vorwurf, sondern sage nur: Man muß nicht, wenn die Dinge wirklich nicht so sind, daß man daraus etwas machen kann, mit Gewalt etwas daraus machen wollen. Das sage ich, und ich habe auch gesagt: Wir haben uns selbst mit einem Feuereifer in die Aufgabe des Untersuchungsausschusses hineingestürzt, ohne Ansehen der Person, ohne Ansehen, ob politischer Gegner oder Freund. Das müssen Sie bestätigen. Das Ergebnis der Arbeiten des Untersuchungsausschusses ist es ja, daß wir doch eigentlich in diesem Streben alle am gleichen Strang gezogen haben. Verfallen wir weiß Gott nicht in den absoluten Fehler, daß wir aus allem und jedem eine Oppositionsfrage machen oder eine Regierungskrise heraufbeschwören wollen. Benützen wir doch diese kurze An({45})
laufzeit, die wir in unserer Demokratie haben, dazu, wenn wirklich Fehler vorgekommen sind, daraus zu lernen und sie dazu zu nützen, daß diese Demokratie, die ja noch kaum zwei Jahre eine Verfassung hat, in ihrer Verfassung so verankert wird, daß Mißgriffe oder Verfehlungen oder Vergehungen von Abgeordneten entsprechend faßbar sind. Darüber sind wir uns bestimmt einig, und ich glaube, wenn wir die Arbeit des Untersuchungsausschusses mit diesen vielen Sitzungen und Debatten überblicken, dann müssen wir sagen: Wir haben, trotz alledem unserem Volk damit einen Dienst erwiesen. Wir haben, was nur in der Demokratie möglich ist, den Finger auf die Dinge gelegt, wo tatsächlich vielleicht ein Krebsschaden sein könnte. Da bin ich mit der Opposition vollkommen einig in dem Bestreben, daß wir Wächter einer wahren und ehrlichen Demokratie sind.
({46})
Und wenn wirklich von einzelnen Leuten Verfehlungen vorgekommen sind, so, glaube ich, wollen wir uns mit diesen Kleinigkeiten nicht im einzelnen befassen, die doch wirklich im Vergleich zu der großen Frage, die für unser ganzes Volk damit verbunden ist, Kleinigkeiten sind. Wir wollen uns von Persönlichkeiten distanzieren, die gefehlt haben.
({47})
Was Sie in bezug auf den Herrn Bundesfinanzminister Schäffer meinen, - da gehen wir so weit auseinander, daß ich in dem Fall eben keine Verfehlung feststellen kann, daß ich im Gegenteil sagen muß: das muß jeder vernünftige Mensch so machen; wenn oder weil er weiß, daß Gelder für einen bestimmten Zweck zur Verfügung stehen und jemandem anderen fehlt es daran, dann muß er zusehen, daß der auch etwas kriegt.
({48})
So liegen die Dinge. Ich glaube, daß der Wert der Demokratie eben darin liegt, daß wir den Finger auf die Wunde legen können; und wir haben ihn gelegt - wie ich schon gesagt habe -, und was dabei herausgekommen ist, muß gemäß den Anträgen, die die Fraktion der CSU/CDU gestellt hat, ausgewertet werden. Ich übergebe sie gleich dem Herrn Präsidenten. Der Antrag der CSU/CDU-Fraktion - betrifft Bestrafung der politischen Lüge - lautet:
Der Bundestag wolle beschließen,
daß das sogenannte Strafrechtsänderungsgesetz, dessen § 131 die Bestrafung der politischen Lüge vorsieht, beschleunigt verabschiedet wird.
({49})
Der andere Antrag lautet:
Die Bundesregierung wird ersucht,
in dem Entwurf des Parteiengesetzes gemäß Art. 21 des Grundgesetzes eine Bestimmung vorzusehen, wonach Abgeordnete keine Spenden für ihre Partei annehmen dürfen, wenn die Hingabe dieser Spenden mit Bedingungenverbunden ist, die mit den verfassungsrechtlichen Pflichten eines Abgeordneten unvereinbar sind.
Das sind die Anträge, die wir zu stellen haben. Grundsätzlich zeigen sie die gleiche Tendenz, die die Sozialdemokratie verfolgt; aber die Anträge der Sozialdemokratie sind technisch deshalb nicht
zweckmäßig, weil sie einen Vorgriff auf Regelungen mit sich brächten, die besser im Rahmen des Strafänderungsgesetzes erledigt würden, und weil sie Detailfragen herausgreifen, deren Würdigung und Abhandlung hier so viel Zeit in Anspruch nehmen würde, daß eine gründliche Erörterung nicht möglich wäre.
Die Anträge der CDU/CSU lassen jedoch klar erkennen, was wir wollen. Wir wollen - wie gesagt -, daß kein Abgeordneter Spenden oder Geldbeträge annehmen darf, wenn sie der verfassungsmäßig festgelegten Verpflichtung des Abgeordneten widersprechen würden.
So ist der Sachverhalt. Ich glaube, wenn wir aus den Dingen die Lehre ziehen, werden wir in Zukunft wachsam sein und gesetzliche Maßnahmen treffen, damit derartige Mängel, wie sie dieser Untersuchungsausschuß aufgewiesen hat, für die Zukunft, abgestellt werden. Wenn wir uns dann auch noch von denjenigen, die gefehlt haben, absondern, dann haben wir die Lehre daraus gezogen, die wir auf Grund unserer Feststellungen ziehen mußten. Ich bin jedoch dagegen, daß wir heute, bevor ein Gericht über die wirklichen Verfehlungen entschieden hat, in voreiliger Weise irgendeinen Beschluß fassen, der mehr oder weniger vollendete Tatsachen - wenigstens in moralischer Hinsicht - Schaffen würde.
Wir werden eins tun: wir werden dafür eintreten, daß die Immunität derjenigen, die, wie sich nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses ergeben hat, gefehlt haben, aufgehoben wird und daß unverzüglich der Staatsanwalt die Möglichkeit hat, in dieser Angelegenheit vorzugehen. Es bleibt unbenommen, in einer Ehrenordnung möglichst bald festzustellen, ob und inwieweit der Bundestag in der Lage ist, denjenigen, die die Pflichten und die hohen Aufgaben eines Bundestagsabgeordneten mißbraucht haben, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen, in einem Ehrenverfahren klarzumachen, daß wir uns von ihnen distanzieren wollen.
({50})
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ein Großteil von uns steht noch unter dem Eindruck der so maßvollen und inhaltsschweren Worte, die der Herr Abgeordnete Dr. Arndt an uns gerichtet hat.
({0})
Meine Damen und Herren, es stimmt vollkommen, Was er sagte. Ich möchte das namens der Fraktion der WAV aufs allerstärkste unterstreichen. Von der _Behandlung dieser Affäre hängt es ab, ob die Bevölkerung zum Bundestag als Ganzem Vertrauen hat oder Vertrauen noch hinzugewinnen soll oder nicht.
({1})
- Ich warte, bis Sie mit Ihren Zwischenrufen fertig sind. -- Nun, was die Wahlen über die CDU/ CSU bewiesen haben, Herr Hilbert, da wollen Sie die Statistiken zu Rate ziehen!
({2})
({3})
-- Meine Damen und Herren, wenn Sie wieder anfangen mit solchen Zwischenrufen, dann bitte ich den Herrn Präsidenten, mir zu gestatten, daß ich so lange warte und die Ausführungen erst fortsetze, wenn Sie sich beruhigt haben. Denn man kann mir nicht zumuten, daß ich mich von Ihnen immer unterbrechen lasse.
({4})
- Nein, ich bin nicht nervös, aber Sie sind nervös!
({5})
Ich kann mir sehr wohl vorstellen, daß das, was Ihnen heute schon von manchem gesagt wurde und was Sie von mir auch noch mal zu hören bekommen, Ihnen etwas Nervosität verursacht.
({6})
Meine Damen und Herren, eines muß betont werden, und meine Freunde haben mich beauftragt, das besonders herauszustellen:
({7})
Abgeordnete, die im Zusammenhang mit Abstimmungen - wobei es ganz egal ist, ob der Zusammenhang expressis verbis erklärt wurde oder ob er sich aus der Natur der Dinge und dem Ablauf der Sache ergibt - von irgendeiner Seite Gelder annehmen, sind für unser deutsches Parlament untragbar und müssen gezwungen werden, ihr Mandat so rasch wie möglich niederzulegen. Es ist festgestellt worden, daß es Abgeordnete gibt, die von seiten der Ölindustrie, in allerengstem zeitlichem Zusammenhang mit der damaligen Abstimmung hier im Hause, größere Geldbeträge erhalten haben. Zweitens ist festgestellt worden, daß es Abgeordnete gibt, für die der Herr Bundesfinanzminister intervenierte, damit sie aus irgendeinem Fonds - beinahe hätte ich gesagt: Reptilienfonds; das ist der alte Ausdruck von früher - Zuwendungen bekamen. Das ist ein Zustand, der abgestoppt werden muß.
Es wundert mich nur eines: daß nicht alle genannt wurden, die da aus diesem dubiosen Fonds Gelder empfangen haben. Merkwürdig, daß der Name eines Abgeordneten, der auch auf dem Wege über Aumer oder sonstwie Gelder bekommen hat, auf einmal in den Empfehlungen des Ausschusses nicht mehr erscheint,
({8})
ich will nicht einmal sagen, weil der Mann heute Mitglied der CDU/CSU ist, sondern ich stelle nur ganz sachlich fest, daß der Name Baron Fürstenberg auf einmal nicht mehr auftaucht.
Herr Abgeordneter Loritz, darf ich Sie einen Augenblick unterbrechen, nicht Ihretwegen, sondern für eine sachliche Mitteilung.
({0})
- Ich würde es für dankenswert halten, Herr Kollege Hasemann, wenn Sie mich einen Augenblick sprechen ließen.
Ich möchte dem Hause mit Rücksicht auf eine Veranstaltung beim Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, die Abstimmung zu dem gegenwärtigen Punkt der Tagesordnung nicht mehr heute, sondern morgen um 11 Uhr vorzunehmen. - Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist.
Bitte schön, Herr Abgeordneter!
Meine Damen und Herren! Ich sagte soeben, bei der Abfassung dieses Berichts scheint nicht ganz einheitlich vorgegangen worden zu sein. Wie dem auch sei, Abgeordnete, die im Zusammenhang mit solch merkwürdigen Dingen Geld empfangen haben, gehören nicht mehr in dieses Haus hinein.
({0})
Es ist außerordentlich gut, daß die Eiterbeule, wenn auch noch nicht ganz angestochen, so doch immerhin geritzt worden ist,
({1})
daß überhaupt der Stein ins Rollen gekommen ist, daß überhaupt unter dem grellen Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit Dinge aufgedeckt worden sind, die uns alle zutiefst berühren und manche von uns auch erschüttert haben.
Meine Damen und Herren, es ist gut, daß es so gekommen ist. Das soll keineswegs heißen, daß wir alles, was in dem Bericht des 44. Ausschusses steht, vollinhaltlich billigen.
({2})
Im Gegenteil, wir werfen dem Ausschuß bzw. denen, die es angeht - es sind nicht alle Mitglieder dafür verantwortlich, das weiß ich sehr wohl - vor, daß manches nicht untersucht worden ist, was man hätte untersuchen müssen
({3})
und wobei man auch nähere Details hätte ausfindig machen können, wenn man sich nur noch die entsprechende Zeit dazu genommen hätte.
In diesem Zusammenhang ist schon einiges hier erwähnt worden. Der Untersuchungsausschuß hätte hier nachforschen müssen erstens: Wer sind die eigentlichen Geldgeber, die da auf dem Wege über den sattsam erwähnten Herrn Heinrichsbauer oder sonstwie in Aktion traten? Er hätte ferner auch den Herrn Finanzminister entsprechend ins Gehör nehmen und ihn fragen müssen, was denn das für ein Fonds ist und welche Verbindungsmänner zu diesem Fonds dem Herrn Finanzminister bekannt sind und bekannt sein müßten; denn sonst hätte er ja nicht den Herrn Donhauser an diese Leute oder diese Leute an Herrn Donhauser weisen können. Das alles hätte aufgedeckt werden müssen. Das hat man nicht getan!
Man hat auch noch ein weiteres nicht getan. Herr Kollege Solleder und Herr Abgeordneter Mayer, Sie entschuldigen, wenn ich da besonders auf Sie zu sprechen komme! Man hätte auch nachforschen müssen, wer denn der Herr war, der damals kurz vor der Abstimmung über die Bundeshauptstadt vom Tisch des Ministerialdirektors Blankenhorn aufstand und da draußen in dem halbdunklen Raum vor dem Restaurant an mich herantrat und mich fragte, was es koste, wenn die WAV-Fraktion - statt, wie wir es getan haben, für Frankfurt - für Bonn abstimmen würde.
({4})
Sie wissen, was ich dem Mann geantwortet habe.
Ich habe dem Mann gesagt, daß es ihn zwei Ohrfeigen kosten werde, wenn er nicht sofort gehe.
- Und nun rufen Sie mir zu, es sei meine Aufgabe gewesen, diesen Mann festnehmen zu lassen.
({5})
- Ja, das hat heute auch schon ,der Herr Solleder gesagt, und auch Herr Ewers hat das gesagt. Da sage ich Ihnen nur: Schön und gut, das hätte ich
({6})
auch gemacht, wenn Sie mir vorher einen Polizisten zur Verfügung gestellt hätten, der da draußen, in diesem halbdunklen Vorraum gewesen wäre! Er war aber leider nicht da.
({7})
Es war niemand da, als dieser Mann an mich herantrat, der vom Tisch des Herrn Ministerialdirektors Blankenhorn aufstand. Ich selber kann den Mann ja nicht verhaften, denn ich bin ja kein Polizist.
({8})
Ich werde mich hüten, so etwas zu tun, was mir der Mann dann gar noch als Freiheitsberaubung auslegen könnte;
({9})
denn das wäre es, wenn ich den Mann am Kragen gepackt und zum Kadi gezogen hätte.
Nicht ohne meine Genehmigung, Herr Abgeordneter!
({0})
Ganz richtig; das hätte ich keineswegs ohne Ihre Genehmigung tun können!
({0})
Ich danke Ihnen sehr, Herr Präsident, Sie haben mich mit diesem Satz in so außerordentlich dankenswerter Weise unterstützt!
({1})
Ich kann in diesem Hause nichts tun, kann keinen verhaften lassen, keinem die Polizei hinschicken; selbst wenn ein Polizist dagewesen wäre, hätte ich es nicht tun können ohne die Genehmigung des Herrn Präsidenten! Der Herr Präsident war weit entfernt, drüben im andern Teil des Hauses in seinem Zimmer. Ich weiß nicht einmal, ob er in dem Moment gerade in seinen Amtsräumen war. Der Mann hat auch nicht gewartet, bis ich jemand geholt habe. Ich habe mich nämlich schon umgedreht und wollte noch ein Mitglied unserer Fraktion als Zeugen herbeiholen. Dann hat der Mann, als er die Antwort von mir erhalten hat, die Beine in die Hand genommen, wie man bei uns so schön sagt, und ist schleunigst die Treppe hinaufgegangen; und mir blieb gar nichts anderes mehr zu tun übrig.
({2})
Ich habe Abgeordneten meiner Fraktion, aber auch Abgeordneten von anderen Fraktionen unmittelbar darauf Mitteilung davon gemacht.
({3})
- Meine Damen und Herren, da können Sie den Vorsitzenden des Geschäftsordnungsausschusses fragen, dem ich kurze Zeit darauf sagte,
({4})
wie ich mich hier unter Druck gesetzt fühlte.
({5})
Meine Damen und Herren, nun kommen heute Herr Dr. Solleder und Herr Ewers daher und wollen mir Vorlesungen darüber halten, wie ich mich damals hätte benehmen sollen. Herr Ewers, Sie sind Rechtsanwalt und wissen ganz genau, was ich riskiert hätte, wenn ich mich so benommen hätte, wie Sie es mir hier anrieten. Der Mann wäre der erste gewesen, der gesagt hätte: ,das habe ich ja dem Herrn Loritz gar nicht erklärt. Und Sie, meine Herren von den Regierungsparteien, wären die ersten gewesen, die gesagt hätten: Ha, der Loritz, der leidet an Verfolgungswahn, ({6})
der behauptet, - ({7})
- Sehen Sie, Ihr Beifall zeigt mir ganz klar,
({8})
wie Sie argumentiert hätten, wenn ich diesen Mann, der offenbar ein enger Bekannter des Herrn Ministerialdirektors Blankenhorn, der rechten Hand des Bundeskanzlers, ist, hinsichtlich Äußerungen bezichtigt hätte, bei denen leider kein Zeuge dabei war!
({9})
Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ich habe fast den Eindruck, daß man mit selchen Argumentationen über eines hinwegzutäuschen sucht: daß eine Anzahl von Herren auf dieser rechten Seite des Hauses von seiten des „Spiegel"-Ausschusses allerhand zu befürchten hatte und daß man glaubt, daß über die Wahlgelder aus dem berühmten Industriellen-Fonds der Mantel der Nächstenliebe gebreitet werden müßte, weil sonst mancher von Ihnen vielleicht zu sehr an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt würde! Ich habe den Eindruck, daß Sie solche Dinge benützen und Leute, von denen Sie innerlich selbst überzeugt sind, daß sie kein unrechtes Geld an den Fingern haben
({10})
und sich nicht schmieren lassen, vorzuschieben und zu beschuldigen suchen, statt daß Sie etwas ganz anderes tun, statt daß Sie nämlich mit rücksichtsloser Energie in Ihren Reihen für Sauberkeit sorgen
({11})
und Leute wie Aumer, Fürstenberg usw. veranlassen würden, ihr Mandat niederzulegen!
({12})
Sie wissen, daß die WAV-Fraktion zu diesen industriellen Kreisen - diese werden es Ihnen bestätigen, wenn Sie sie einmal fragen - keine Beziehungen hat,
({13})
daß die WAV keinen Pfennig Geld von diesen bekommen hat.
({14})
Dieser Industriellenfonds ist nicht für alle bürgerlichen Parteien dagewesen, wie das heute unrichtigerweise ein Redner sagte. Wir nehmen uns aus! Wir haben nichts zu tun mit korruptiven Geldern!
({15})
Wir husten auf die Gelder der Großindustrie! Oder lassen Sie es mich noch deutlicher sagen: Wir spucken auf Gelder, die dazu da sind, um Abgeordnete in irgendwelche politischen Richtungen zu treiben, die dem Interesse unserer Wähler nicht entsprechen!
({16})
- Danke schön, Herr Zwischenrufer, wenn Sie mir
bestätigen, daß wir noch Wahlschulden haben! Das
ist sehr ehrenhaft für uns, eben weil wir nicht
das Geld der Großindustrie haben, eben weil wir
({17})
unsere Partei nur von unseren Mitgliedsbeiträgen und von den Zehnerln finanzieren, die in unseren Versammlungen mühselig von unseren Leuten gesammelt werden. Sonst haben wir keine Geldzuwendungen. Das wissen Sie! Und um so schlimmer ist es, wenn Sie hier bei denen, die zuhören und die die Vorfälle nicht genau kennen, so tun, als seien Leute von der WAV in diesen Skandal irgend wie verwickelt,
({18})
als hätten Abgeordnete der WAV Geld von der Großindustrie oder von den Großindustriellen bekommen.
({19})
- Nein, wir haben kein Geld von der Großindustrie bekommen; das gilt für mich genau so wie für den armen Abgeordneten Schmidt!
({20})
- Ja, das ist auch einer, auf den Sie heute alles abladen möchten; aber Sie täuschen sich, Sie kommen damit nicht zum Ziel!
({21}) Der Abgeordnete Schmidt - dafür kann ich mich verbürgen, denn dafür kenne ich ihn zu lange - ist persönlich genau so sauber und integer wie andere Mitglieder unserer Fraktion, und er hat ebenso niemals korruptive Gelder empfangen; das wissen Sig alle!
({22})
Schmidt wußte nur nicht, daß es Abgeordnete gibt,
({23})
die das, was er mit Augenzwinkern vorgetragen hat; für ernst genommen haben. Das wußte er nicht!
({24})
Jedenfalls, wie dem auch sei, eines steht fest: Herr Schmidt hat keinerlei korruptive Gelder bekommen!
Und noch eines steht fest: Es ist nicht richtig, daß der Abgeordnete Schmidt den Stein ins Rollen brachte. Ich will gar nicht untersuchen, ob ès nicht sogar im Interesse des Hauses lag, daß Untersuchungen über die „Spiegel"-Affäre stattgefunden haben.
({25})
Aber ich will Ihnen eines sagen: es ist gar nicht wahr, daß Schmidt die Ursache war. Das kann ich Ihnen beweisen, und zwar an Hand von Zeitungsausschnitten! Unmittelbar nach der Abstimmung in der Bundeshauptstadtfrage haben einige Zeitungen in ihren Leitartikeln und sonstigen Artikeln die Frage ventiliert, ob es denn bei dieser Abstimmung mit rechten Dingen zugegangen sein könnte.
({26})
- Man hat in Frankfurt darüber geschrieben,
({27})
und man hat andernorts darüber geschrieben.
({28}) Ich beziehe mich auf das, was einer der Vorredner sagte, ich beziehe mich auf die Zeitung in Stuttgart, auf die „Wirtschaftszeitung", und ich beziehe mich auf all das, was von dem betreffenden Herrn Vorredner bereits gesagt wurde. Hätte er es nicht schon vorgetragen, dann hätte ich es selbst vortragen müssen. Eine ganze Reihe von Zeitungen hat, lange bevor der Herr Schmidt diesen schlechten Witz gegenüber dem Herrn Abgeordneten Eichner machte,
({29}) bereits dem Verdacht Ausdruck gegeben, daß bei der Abstimmung etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Und was das sogenannte Ge- dächtnisprotokoll des Herrn Baumgartner betrifft, so ist das ebenfalls schon verfaßt worden, lange bevor der Abgeordnete Schmidt zu Eichner diesen Witz machte. Jedenfalls fehlt die Kausalität: Schmidt ist nicht der Mann, der den Stein ins Rollen gebracht hat, er ist nicht der Mann, der ursächlich ist für die Einsetzung des 44. Ausschusses. Vielmehr sind die Dinge lange vor ihm schon erörtert worden, in aller Öffentlichkeit, in der Presse und auch in den Reihen der Bayernpartei.
({30})
- Nein, nicht in den Reihen der WAV; ich wußte von der ganzen Sache gar nichts, Herr Zwischenrufer, und ich habe auch niemals so etwas gesagt oder weiterverbreitet. Sie wären der erste gewesen, der mir das angehängt hätte. Das können Sie aber nicht. Sie können nur eines tun: Sie können heute den Pseudo-Kriminalisten in nachträglicher Art und Weise machen; den können Sie machen! Ich hätte bald was anderes gesagt,
({31})
welchen; den können Sie heute markieren und hier
gute Ratschläge zum besten geben, was ich hätte
tun sollen, als ich da mutterseelenallein mit diesem
Herrn vom Tische Blankenkorns im Vorplatz stand!
({32})
Aber das ist alles, was Sie können; sonst können Sie uns gar nichts sagen! Ich bedaure nur, daß Sie es so vorgetragen haben, daß bei den Zuhörern droben auf der Tribüne, wenigstens bei manchen, der Eindruck entstehen mußte, als stehe Herr Schmidt in irgendeinem Zusammenhang mit Leuten, die sich auf unerhörte Art und Weise Gelder zu verschaffen versucht haben.
({33})
Darum bedaure ich es so, daß der Abgeordnete
Schmidt hier in dem Antrag der SPD in einem
Atemzug genannt wird mit Leuten wie Aumer usf.
({34})
- Ja, es ist nicht angenehm, wenn irgendein Kollege hier in einer Schärfe angegriffen wird, die er nicht so verdient hätte. Jedenfalls hat Schmidt mit diesen Gestalten wie Aumer und Genossen nichts zu tun.
({35})
- Sie, ich kann Ihnen sagen, wenn alle bestraft würden, die hier drinnen aus Dummheit etwas gesagt haben, dann müßten da drüben auf seiten der Regierungsparteien auch noch manche bestraft werden!
({36})
Meine sehr verehrten Herren von .der sozialdemokratischen Fraktion! Der Antrag, den Sie eingereicht haben, wird von uns voll und ganz unter({37})
stützt! Voll und ganz; mit einer einzigen Ausnahme: Man soll den Abgeordneten Schmidt nicht in einem Zusammenhang bringen und in einem Atemzug nennen mit Gestalten wie Aumer usw. usw.
({38})
- Jawohl, wenn Schmidt herausgelassen wird, jedenfalls wenn diese wohl schärfste Strafe, die das Parlament verhängen könnte, gegen ihn nicht verhängt wird!
({39})
- Sie können ruhig sein - ich will es nun ausprechen -, ich habe es ihm auch schon gesagt. Meine Herren! Es ist niemand in der Fraktion, der das billigt.
({40})
Aber man muß auch eines wissen: Man sollte diese Dinge hier nicht bis ins unendliche vergrößern, sondern man, sollte daran denken, daß der Fall Schmidt eine Sache am Rande ist, ein kleines Steinchen, das die Lawine nicht ins Rollen gebracht hat. Und saubere Hände hat er, das müssen Sie wohl alle zugeben!
Meine Damen und Herren! Der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion wird mit Ausnahme des Wortes „Schmidt" von uns vollinhaltlich unterstützt.
({41})
- Selbstverständlich rede ich nicht von Herrn Professor Schmid! Das weiß doch jeder der Zwischenrufer! Kommen Sie doch nicht mit solchen Zwischenrufen daher! Ein bißchen Niveau müßten Sie darin eigentlich auch noch wahren, Herr Abgeordneter Kahn! - Dieser ebengenannte Antrag wird von uns ohne weiteres unterstützt. Wir glauben, dieser Antrag stellt auch die einzige Möglichkeit dar, mit dem ganzen Problem hier zu Rande zu kommen. Wir bedauern es nur außerordentlich, daß der Ausschuß nicht noch Untersuchungen nach verschiedenen anderen Richtungen angestellt hat. Ich persönlich z. B. - lassen Sie mich darauf zurückkommen ({42})
bin ja kein Kriminalist, ich habe nicht die Möglichkeit, von Büro zu Büro zu gehen und mir nun alle Leute anzusehen von denen man ungefähr weiß, daß sie mit Dr. Blankenhorn bekannt oder gar befreundet sind. Hätten Sie -die Sache einem wirklichen Kriminalisten in die Hand gegeben, dann hätte ich auf Grund vorgelegter Bilder usw. wohl sicher den erkannt, der -damals da draußen an mich herangekommen ist.
({43})
- Nein, so dunkel war es nicht, daß man den nicht allgemein erkennen konnte,
({44})
wenigstens einigermaßen. Ich habe gesagt: in dem Halbdunkel draußen. Bemühen Sie sich doch nicht so, eine sehr ernste Sache derart ins Lächerliche zu ziehen! Jedenfalls, wenn heute ein Abgeordneter gesagt hat, ich hätte vor dem Ausschuß erklärt, keine weitere' Beschreibung von dem Mann geben zu können, so ist das eine Unwahrheit. Ich habe das Protokoll bei mir, und -da steht etwas ganz anderes drin! Ich habe ungefähr seine Größe beschrieben, natürlich nicht auf Zentimeter genau.
({45})
Das habe ich gesagt, und das steht drin. Was anderes kann ich natürlich nicht angeben, welche
Krawatte er gerade getragen hat usw.; so genau habe ich darauf nicht hingesehen. Aber wenn man mir nur die Bilder vorgelegt hätte - vielleicht kommt das noch, wenn sich der Staatsanwalt mit den ganzen Dingen befaßt -, dann hätte ich den Mann wohl mit Sicherheit oder mit großer Wahrscheinlichkeit wiedererkennen müssen. Denn ich habe in meiner Aussage ausdrücklich gesagt, daß dies nicht das erste Mal war, daß ich diesen Mann in Gegenwart von Dr. Blankenhorn gesehen habe, sondern ich habe gesagt, ich hätte ihn schon ein paar Mal da im Hause gesehen im Zusammenhang mit Blankenhorn. D a hätten Sie einhaken müssen, bei diesem Gesichtspunkt! Das ist aber merkwürdigerweise nicht geschehen; so merkwürdigerweise, wie nicht nachgefragt wurde, woher die Fonds sind, an -die der Herr Bundesminister Schäffer den Herrn Donhauser usw. gewiesen hat!
({46}) Unter „großen Unbekannten" versteht man etwas ganz anderes! Sie sind ja kein Jurist, Herr Zwischenrufer, der Sie gerade diesen Zwischenruf machen! Unter „großen Unbekannten" versteht man -das, daß ein Angeklagter, der etwas gestohlen hat, oder der ein Hehler ist, sich darauf beruft, daß ihm das jemand gegeben hat, dessen Namen er aber nicht nennen kann. Ich bin kein Angeklagter, sondern aus Ihren Reihen sind einige Herren angeklagt!
({47})
Meine Damen und Herren, darf ich einen Augenblick unterbrechen. Sie versetzen den Herrn Redner ständig in die Lage, auf Zwischenrufe zu antworten, und verlängern dadurch die Redezeit. Wenn Ihnen daran liegt, bitte ich, das fortzusetzen. Ich würde aber doch empfehlen, eine Methode einzuschlagen, die es uns ermöglicht, die Sitzung etwas frühzeitiger zu Ende zu bringen.
Jedenfalls, ich bin nicht der Angeklagte, der sich auf einen „großen Unbekannten" beruft, sondern ich habe, und zwar unter Eid, gesagt, und ich stehe zu jedem Wort, -das ich damals sagte - ({0})
- Daß ich den nicht gekannt habe? Ein merkwürdiger Zwischenruf, Herr Abgeordneter Hilbert! Vielleicht kennen S i e alle Leute, die mit Herrn Blankenhorn in Verbindung sind. Das würde bei Ihnen gar nicht wundernehmen, denn der ist doch Ihr enger politischer Freund! Aber ich bin mit Dr. Blankenhorn und Dr. Adenauer politisch noch nie auf dem gleichen Stuhl gesessen! Also, wenn ..Se schon einmal Zwischenrufe machen wie „großer Unbekannter" usw., dann manchen Sie wenigstens kluge Zwischenrufe, wissen Sie, aber nicht Zwischenrufe, die jedem Zuhörer auf der Tribüne droben zeigen, daß Sie von Juristerei keine Ahnung haben!
({1})
Meine Damen und Herren, ich möchte nochmals wiederholen: Schärfste Bestrafung all derer, die Bestechungsgeld in ihre Finger genommen haben! Sorge dafür, daß das nicht nochmals passiert!
({2})
({3})
Wir fordern die Vorlage eines Gesetzes, wonach jeder mit Zuchthaus bestraft wird, der irgendeinem Abgeordneten im Zusammenhang mit Abstimmungen Geld gibt oder verspricht! Wir wollen sogar noch weitergehen als die sozialdemokratische Fraktion mit ihrem Antrag: Wir wollen auch jeden Abgeordneten, der nur einen anderen, irgendeinen Industriellen, oder sonstjemanden, zu verleiten versucht, ihm solche Gelder zu geben, selbst wenn der das dann abgelehnt hat, mit Zuchthaus bestraft wissen! Darüber hinaus sind wir der Auffassung: Noch mehr als ein so verwerflicher Industrieller sündigt ein Abgeordneter, der in schamloser Verkennung seines Vertrauensmandates, das ihm das Volk gegeben hat, um Gelder herumschnorrt bei Leuten, die selbstverständlich ganz bestimmte Interessen haben, wodurch sich dieser Abgeordnete zum willfährigen Büttel gewisser Privatinteressen macht.
Meine Damen und Herren! Darum, bitte, legen Sie raschestens ein solches Gesetz vor! Wir hätten es schon vorgelegt, wenn wir als kleine Fraktion die Aussicht hätten, selbst mit noch so guten Anträgen bei Ihnen Zustimmung zu finden.
({4})
- Fraktion, jawohl! Das mag Ihnen unangenehm
sein, aber es ist so, zählen Sie nur einmal nach!
({5})
Jedenfalls, wir hätten es von uns aus schon getan, wenn wir nicht leider die traurige Erfahrung hier gesammelt hätten, daß Anträge der kleinen flaktionen - nicht bloß der WAV, dem Zentrum geht es genau so -, selbst wenn sie noch so gut gemeint sind und selbst wenn andere, große Fraktionen diese Anträge als sachlich richtig ansehen, von den großen Fraktionen nicht unterstützt werden, weil sie nun eben einmal nicht von einer großen Fraktion kommen. Aber wir wollen niemandem die Rolle einer Primadonna streitig machen! Wir wollen getreu dem Bibelwort fratres minores sein, wir wollen die minderen Brüder sein da herinnen! Aber wir sagen eines: Wir werden dafür sorgen, daß die großen Fraktionen ihr Versprechen jetzt bald wahrmachen und bald diesem Haus ein Gesetz vorlegen, dessen Inhalt der von mir schon erwähnte sein muß: Zuchthaus für ehrvergessene Volksvertreter und Zuchthaus für Staatsbürger, die Volksvertreter in eine solch unerhörte Lage zu bringen versuchen! Nur dann kann diesem Lande eine wahre Demokratie werden, wenn demos regiert, wenn das Volk regiert, und nicht etwa plutos, der Geldbeutel!
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Donhauser.
Donhauser ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie werden mich kaum für so geschmacklos halten, daß ich zu dem Ergebnis des Untersuchungsausschusses Nr. 44 selbst Stellung nehme. Ich weiß, daß mir das nicht zusteht. Aber es steht mir sehr wohl zu, zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt noch einiges zu sagen, und zwar zu dem Teil seiner Ausführungen, der sich mit meinen Beziehungen zu Herrn Bundesfinanzminister Schäffer befaßt.
- Meine Damen und Herren! Wer die bayerischen Verhältnisse kennt, weiß ganz genau, daß etwa seit der Mitte des Jahres 1947 sich innerhalb der Bayernpartei ein erbitterter Kampf abgespielt hat
zwischen zwei grundsätzlich verschiedenen Erbströmen, nämlich zwischen dem Erbstrom, Herr Dr. Arndt, der von Ihren Geisteskindern inspiriert worden ist, und dem Erbstrom der alten Bayerischen Volkspartei. Das, meine Damen und Herren, ist die letzte Wurzel der Dinge, die Herrn Dr. Arndt heute unverständlich erscheinen, oder vielleicht tut er nur so.
({1})
Herr Dr. Arndt, Sie wissen doch ganz genau, oder wenn Sie selbst es nicht wußten, dann wissen es Ihre politischen Freunde, daß mich und meinen engeren politischen Freundeskreis niemals etwas getrennt hat von der politischen Plattform des Herrn Bundesfinanzministers. Sie wissen doch ganz genau, daß ich selbst noch in meinen jungen Jahren seiner Partei angehört habe. Sie wissen doch selbst ganz genau, daß meine engsten politischen Freunde und er in den Jahren 1945, 1946 und 1947 in Bayern in vielen wichtigen und entscheidenden Fragen zusammengearbeitet haben. Wenn ich dann im weiteren Verlauf der parteipolitischen Entwicklung in Bayern meine praktische politische Betätigung im Rahmen der Bayernpartei gesehen habe, dann beweist das nur, Herr Dr. Arndt, daß die primitive Gleichung, die Sie für die inneren Verhältnisse eines Parlaments gegeben haben, nicht stimmt, daß es nur das große Schisma gebe: hier Opposition und hier Regierungskoalition.
({2})
So einfach ist das nämlich nicht für einen wirklich verantwortungsbewußten Politiker.
({3})
Jedermann in Bayern - auch meine schärfsten parteipolitischen und weltanschaulichen Gegner - weiß; daß ich auf dem gleichen staatsrechtlichen und christlichen Fundament stand und stehe wie der Bundesfinanzminister.
({4})
Das entscheidende aber ist, daß ich eine konsequente Politik vom ersten Tage an betrieben habe, an dem ich in das bayerische politische Leben überhaupt eingetreten bin. Ich habe vom ersten Tage an versucht, dem ein Ende zu machen, was nicht zuletzt gerade von Ihrer Seite aus versucht worden ist, nämlich der Spaltung der christlichbürgerlichen Welt in Bayern
Meine Damen und Herren, ich muß noch einmal feststellen: man kann das Parlament nicht einfach teilen in Regierung und Opposition. Ihnen ist aus Ihrer eigenen sehr langen politischen Erfahrung der Begriff der wohlwollenden Toleranz sehr wohl bekannt. Sie haben sie in den dreißiger Jahren selbst oft und oft geübt. Sehen Sie, meine Damen und Herren, das ist der Politiker Donhauser.
({5})
Ich muß Ihnen in diesem Zusammenhang aber etwas anderes auseinandersetzen. Wenn schon der Untersuchungsausschuß einstimmig - auch mit Ihrer Zustimmung - feststellt, daß kein Beweis für Bestechungen gegeben worden ist, und wenn darüber hinaus der Untersuchungsausschuß sich einmütig hat davon überzeugen lassen, daß die mir zugeflossenen Gelder zu nicht zu beanstandenden Zwecken verwandt worden sind, dann verstehe ich die Ausführungen des Herrn Dr. Arndt wirklich nicht; dann kann ich sie nur mit Parteipolitik erklären.
({6})
Meine Damen und Herren, Ihnen steht es zu, das letzte Urteil hier zu fällen. Ich muß wirklich gestehen, daß ich weiß, daß es auch unter meinen
({7})
schärfsten politischen Gegnern, die natürlicherweise auf der Linken sitzen, sehr viele gibt, die fair genug sind, meinen Fall wirklich objektiv und sachlich und weit entfernt von aller Parteipolitik zu beurteilen. Aber, Herr Dr. Arndt, wenn Sie schon mit einer so erbarmungslosen Schärfe auch in meinem Fall hier auftreten, dann vermisse ich bei Ihnen die Konsequenz. Warum haben Sie denn nicht die gleiche erbarmungslose Schärfe in Ihren eigenen Reihen bewiesen, als es um die berühmten Skandale in Nordrhein-Westfalen ging, in die sehr prominente Leute Ihrer Partei verwickelt waren?
({8})
Ich muß außerdem meiner großen Verwunderung darüber Ausdruck geben, daß über mich Leute zu Gericht sitzen wollten, die doch selber genügend zu verbergen gehabt hätten.
({9})
Herr Abgeordneter Donhauser, darf ich Sie bitten, zu sagen, wen Sie mit dem Ausdruck gemeint haben, daß jemand über Sie zu Gericht sitzen wollte, der selber etwas zu verbergen gehabt hätte.
Donhauser ({0}): Herr Präsident, ich muß Ihre Frage kurz beantworten. Es haben doch eine ganze Reihe von Damen und Herren öffentlich, in der Presse draußen,
({1})
sich den Schnabel an mir gewetzt, von denen man weiß, daß sie bei Gott nicht Ursache hätten, sich an einem Mann publizistisch zu vergreifen, der nichts getan hat, als nur aus seiner weltanschaulichen Verantwortung Politik zu treiben.
Herr Abgeordneter, darf ich fragen: Sie wollen mit diesen Ausführungen also kein Mitglied dieses Hauses gemeint haben?
Donhauser ({0}): Ich habe, damit selbstverständlich kein Mitglied dieses Hauses gemeint.
Ich stelle das fest.
Donhauser ({0}): Denn Sie dürfen mir glauben, daß ich dann den Mit hätte, die Namen zu nennen.
({1})
Ich habe in diesem Zusammenhang hier nichts mehr weiter zu sagen als die einzig lapidare Feststellung noch einmal zu wiederholen: man kann und darf nicht das Haus aufreißen in Regierung und Opposition. Es hat hier jedermann, auch wenn er nicht offiziell Mitglied der Regierungsparteien ist, das Recht, sich nur aus seinem Gewissen heraus zu entscheiden, und alle anderen Verdächtigungen, die in dem Zusammenhang von Ihren eigenen Ausschußmitgliedern ausgesprochen worden sind, wenn ich das einmal nach der linken Seite hin sagen darf,
({2})
sind als nicht fundiert anerkannt worden. ({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Goetzendorff.
({0})
Goetzendorff ({1}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
({2})
- Herr Kollege, ich freue mich, daß Sie Ihre Schlagfertigkeit jetzt plötzlich wiedergefunden haben, deren Verlust Sie sicherlich bei den Ausführungen des Abgeordneten Arndt beklagt haben werden. Herr Kollege Kahn, Sie meine ich!
Meine Damen und Herren! Keiner in diesem Hause wird sich dem Eindruck entziehen können: auch eine noch so gute Redegabe kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier über gewisse unangenehme Dinge das christlich-soziale Mäntelchen der Nächstenliebe sorgsam gebreitet werden soll.
({3})
Wenn wir den ganzen Verlauf der Debatte nachträglich übersehen, dann müssen wir feststellen,
daß außer den mahnenden Worten des Abgeordneten Arndt kaum etwas vor dem wertenden und
prüfenden Blick der Bevölkerung bestehen kann.
({4})
Ich habe vorhin einen Besucher der Tribüne gehört, der zu einem anderen sagte: „Ich gehe; ich habe dieses Theater satt!" Nun, ich glaube, der Ausspruch sollte uns zu denken geben.
({5})
- Herr Kollege, ereifern Sie sich nicht so, ich fürchte für Ihre Gesundheit!
({6})
- Ich tue es eben jetzt.
({7})
- Warum nicht? „Ausgerechnet Sie!" Wollen Sie vielleicht ein Stichwort, ein Sündenregister Ihrer Fraktion oder Ihrer Partei? Wollen wir darüber reden?
({8})
Ober Unmoral oder sonst dergleichen?
({9})
Seien Sie nicht so intolerant! - Es ist doch eben wieder von dieser Seite des Hauses gesagt worden, man solle ein Gesetz gegen -die politische Lüge, gegen die politische Verleumdung verabschieden. Sie haben es hier vorexerziert im kleinen, daß Sie Gerüchte über Mitglieder dieses Hauses kolportieren, daß Sie einem Gerichtsverfahren vorgreifen, daß Sie die Menschen besudeln, um dann heuchlerisch zu erklären, - ({10})
- Warum nicht ausgerechnet ich? Warum Sie? ({11})
Herr Abgeordneter Goetzendorff, den Vorwurf, daß Menschen hier heuchlerisch handeln und jemanden besudeln, weise ich zurück. Ich rufe Sie zur Ordnung!
({0})
Goetzendorff ({1}): Alle Debatten können nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier in diesem Hause heute die Demokratie, besonders aber die. Regierungskoalition einen „schwarzen Donnerstag" erlebt hat.
({2})
Das einzig Erfreuliche an der Angelegenheit wird
vielleicht nur sein, daß die Besucher des Rheins
({3})
künftig nicht mehr mit dem Schiff vorbeiziehen und singen: „Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld?",
({4})
sondern sich vielleicht direkt zum Bundesfinanzminister Schäffer begeben.
Ich habe mich vorhin erheitert, wie sich fast jeder Redner der Opposition und der Regierungsparteien darin ergangen ist, immer wieder das Wort Demokratie in den Mund zu nehmen und wie man sich schützend wie eine Glucke vor ihre Küchlein stellt.
({5})
- Was wollen Sie sagen mit meinen Kilometergeldern? Ich könnte Ihnen etwas anderes vorwerfen! Hat das ein Gericht bewiesen? Ich kann Ihnen Lügen und die Verleumdungen nachsagen und andere Dinge.
({6})
Sie werden mich nicht beirren, obwohl ich keine Geräuschkulisse habe wie Sie! Sie zeigen Ihren Geistesreichtum, indem Sie in Zwischenrufen glänzen, Herr Abgeordneter Kahn. Sagen Sie doch hier oben, was Sie zu bemerken haben; gestalten Sie Ihre Zurufe geistvoller! Aber das wird Ihnen schlecht möglich sein bei Ihrem Talent.
({7})
- Herr Kollege, ich fürchte für Ihre Gesundheit; Ihr roter Hals ängstigt mich.
({8})
- Ich wiederhole mich, weil Sie mich aus dem Konzept zu bringen versuchen!
Meine Damen und Herren! Hier steht eines fest: Es wurde der Untersuchungsausschuß 44 begonnen, und man sagte: „Er wird ausgehen wie das Hornberger Schießen!" Und er ist tatsächlich so ausgegangen wie das Hornberger Schießen; denn heute ging es nur darum, von dieser Stelle von den einzelnen Parteien eine Gelegenheit zu finden, um Fensterreden zu halten, über Dinge zu reden, die in keinem Zusammenhang mit den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses stehen. Ich wundere mich als ein parlamentarischer Anfänger, daß die Worte des Abgeordneten Arndt, die, so klar und bestimmt und zwingend formuliert waren, hier nicht auf Verständnis, sondern auf gehässige Ablehnung gestoßen sind und auf dieser Seite des Hauses nichts anderes hervorgerufen haben als Stimmaufwand, der wahrscheinlich wieder einmal die Demokratie demonstrieren sollte.
Ich habe mich auch gewundert, daß in diesem Hause kein Wort davon gesagt wurde, zu welchem Ende die Ergebnisse dieses Ausschusses führen sollten, daß außer dem Abgeordneten Dr. Arndt niemand hier erklärt hat: „Wir lassen diese Ausschußergebnisse nicht auf sich selbst beruhen, sondern müssen jetzt die Ergebnisse auswerten." Bisher ist der Erfolg dieser Aussprache nur gewesen, daß man sich entweder gegenseitig angegriffen hat oder daß man von der eigenen Partei behauptet hat, wie gut sie sei und wie demokratisch sie denke. Meine Damen und Herren, der Erfolg dieser Aussprache in der deutschen Bevölkerung draußen wird Ihnen zeigen, daß Sie einen falschen Weg gegangen sind. Die Bevölkerung wird sagen: „Wenn es sich um irgendwelche Abgeordnete einer kleinen Gruppe handelt,
({9})
dann zieht man alle Register, um sie unmöglich
zu machen; wenn es sich aber um Menschen handelt, an deren Schutz man ein persönliches Interesse hat, wenn es sich sogar um einen Herrn Minister handelt, so wird alles mit dem Tuche des Schweigens und des Vergessens bedeckt.
Auch die langen, manchmal sogar erheiternden Ausführungen des Herrn Dr. Solleder haben diesen fatalen Eindruck in uns nicht töten können,
({10})
daß man hier nichts anderes will, als die Dinge vertuschen.
({11})
Der Abgeordnete Strauß hat sich früher einmal in so witziger Weise mit dem Vogel, seinem zoologischen Namensvetter, verglichen. Heute, dünkt es mich, war er in der Debatte ein wenig kleinlaut in seinen - sonst so permanenten - Zwischenrufen, heute folgt er vielleicht wieder einem Beispiel seines zoologischen Namensvetters und steckt den Kopf in den Sand; es könnte sonst etwas ins Auge gehen.
({12})
Das Wort hat der Abgeordnete Fisch. - Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, daß ,auf der Rednerliste noch die Abgeordneten Mayer, Schoettle, Strauß, Horlacher und Freiherr von Fürstenberg stehen.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den vorliegenden Anträgen. Die Fraktion der CDU/CSU hat beantragt, es möge alles getan werden, um die Verabschiedung der Strafrechtsnovelle und insbesondere der Bestimmungen über die sogenannte politische Lüge zu beschleunigen. Mir scheint es zum mindesten von reichlich viel Geschmacklosigkeit zu zeugen, einen solchen Antrag ausgerechnet aus Anlaß der heutigen Debatte zu stellen. Mir scheint, daß die Fraktion der CDU/CSU kein Verständnis dafür zeigen w i 11, welche Probleme hier zur Debatte stehen und welche Fragen insbesondere draußen im Volke jetzt an dieses Parlament gerichtet werden. Der Antrag der CDU/CSU scheint mir darauf hinauszugehen, jede Kritik, sagen wir einmal zurückhaltend: an Unsauberkeiten, die sich hier zutragen, zu unterbinden und jeden zu diffamieren, der etwas unternimmt, solche Unsauberkeiten der Öffentlichkeit mitzuteilen, die diesem Hause und der Regierung alles andere als zur Ehre gereichen.
Ich möchte aber auch einige Bemerkungen zu den Anträgen der SPD machen. Ich glaube, daß sie damit auf halbem Wege stehen geblieben ist. Ich kenne die Gründe nicht, weshalb die Anträge vor der letzten Konsequenz plötzlich abbrechen und sich zumindest teilweise mit Schlußfolgerungen begnügen, die dem Ernst der aufgeworfenen Frage keineswegs entsprechen. In dem ersten Teile des Antrages wird davon gesprochen, es sollen Maßnahmen getroffen werden gegen die Verwendung von Geldern, deren Herkunft durch Einschaltung eines Mittelsmannes und durch die Art der Zahlung absichtlich verborgen wird. Meine Damen und Herren, geht es denn bei diesem ganzen Komplex lediglich um die Verteilung von Geldern, deren Mittelsmann absichtlich oder unabsichtlich verborgen ist? - Ich denke, der Ausschuß hätte in seinen Sitzungen Gelegenheit genug gehabt, etwas mehr über die wirklichen Mittelsmänner und Hintermänner herauszubringen, wenn ihm wirklich daran gelegen gewesen wäre. Aber nicht, daß die Mittelsmänner unsichtbar sind, ist das Delikt, um
({0})
das es sich hier handelt, sondern das Delikt ist doch, daß zur Beeinflussung von Abgeordneten, zur Einflußnahme auf den Ablauf der Politik überhaupt mit Geldern gearbeitet worden ist.
({1})
Herr Mayer möge sonst irgendwo erzählen, es handele sich hier nur um Gelder, wie sie bei den armen Parteien so üblich seien, die dazu verpflichtet sind, überall und an allen Türen anzuklopfen.
({2})
Er möge doch nicht so tun, als ob er nicht wüßte, daß die Gelder, von denen hier die Rede ist, zu ganz bestimmten politischen Zwecken gegeben worden sind
({3})
und nicht etwa zur Finanzierung von Parteihäusern.
({4})
- Sie haben allen Grund zu schweigen, Herr Mayer. Ich will Ihnen beweisen, um welche Art Gelder es sich handelt, wollen Sie vielleicht behaupten, daß die 5000 DM im Falle der Nachwahl im Wahlkreis Kulmbach nur zur allgemeinen Auffrischung der ramponierten Kassenautorität der Bayernpartei gegeben worden sind? Wollen Sie vielleicht abstreiten, daß diese Summe zu dem einen Zweck gegeben worden ist, dem Kandidaten der Regierungsparteien, dem Herrn Dr. Semler, zur Mehrheit in einem Wahlkreise zu verhelfen, die er nicht erhalten hätte, wenn die Bayernpartei ihren eigenen Kandidaten präsentiert hätte?
({5})
Aber das galt es gerade mit der Spende von .5000 DM zu verhindern. Die Wahlkampagne in Bayern war unter den neuen Umständen in Kulmbach für die Bayernpartei bedeutend weniger kostspielig, als wenn sie mit einem eigenen Kandidaten aufgetreten wäre. Also nur um ihrer armen Kasse aufzuhelfen, waren doch die 5000 DM in diesem Falle völlig unangebracht. Sie wollten erreichen, daß der Kandidat des Herrn Dr. Adenauer hier einzieht; und zu diesem Zwecke wurden die 5000 DM gegeben. Das Resultat wurde von meinem Freunde Heinz Renner bereits angeführt. Das Resultat ist, daß der Mann, der auf Grund dieser durch korruptive Maßnahmen zustande gekommenen Stimmenabgabe der Bayernpartei für den Kandidaten der Regierungskoalition gewählt wurde, nun der Vorsitzende des Ausschusses geworden ist, der sich ausgerechnet mit Korruptionsangelegenheiten zu befassen hat. Das ist der Fall Nummer eins.
Im Falle Nummer zwei handelt es sich um den spendenfreudigen Herrn Telle. Es handelt sich doch auch in diesem Falle ganz klar um Gelder, die zu ganz bestimmten Zwecken gegeben worden sind, nicht etwa um irgendwelchen Idealen oder politischen Programmen allgemeiner Art mehr Resonanz in diesem Hause zu verleihen, sondern um dem ganz primitiven Zwecke zu dienen, die Profite der Erdölindustrie und der Erdöl-Handelsgesellschaften zu steigern.
({6})
Um der Mehrung der Profite willen wurden Abgeordnete bestochen und wurden nach allen Seiten Gelder verteilt. Ich brauche Herrn Telle hier nicht zu zitieren. Sie wissen es alle, daß er in seinen Erklärungen vor dem Ausschuß nur unsere Partei bei der Aufzählung der Parteien ausgenommen hat, die zu seinen Kunden und Gesprächspartnern gehörten.
({7})
Ich nenne den dritten Fall, es ist die Rede von den „Unterhaltungen" ganz normaler, harmloser politischer, wahrscheinlich theoretischer Art, die der Herr Bundesfinanzminister Schäffer unter trauter Assistenz des Herrn Strauß im Herbst 1949 mit dem Ehrenmann Aumer und seinem politischen Freunde Donhauser geführt hat. Sie wollen doch wohl niemandem weismachen, daß sich die Gespräche und die daran geknüpften finanziellen Konsequenzen um irgendwelche allgemeine „politische Ideale" gedreht haben.
({8})
Der Zweck, der hier verfolgt wurde, war doch, der schwächlichen Plattform der Regierungskoalition eine künstliche Stütze zu verleihen, und dies um jeden Preis, auch um den Preis der Zuleitung konspirativer und korruptiver Gelder:
({9})
Sie wollten einige Leute aus der anrüchigen Bayernpartei-Front herausbrechen, um die Mehrheit für Herrn Adenauer zu festigen; und es kam Ihnen gar nicht darauf an, ob es sich hier um die Dekkung von privaten Schulden oder um die Deckung von politischen Schulden, ob es sich um solche miserablen Figuren wie den Herrn Aumer handelte, der sich unwidersprochen in irgendwelchen Blättchen nachsagen läßt, er hätte silberne Löffel geklaut,
({10})
es kam Ihnen gar nicht darauf an, ,,moralische" Unterscheidungen zu machen. Sie haben wieder einmal bewiesen, daß Ihnen jedes, auch das schmutzigste Mittel recht ist, um diesen einen Zweck zu erreichen, nämlich die Stützung der schwächlichen, der gefährdeten Regierungskoalition.
({11})
Meine Damen und Herren! Aus diesem Grunde halten wir den Abs. 1 des Antrages der SPD für völlig unzureichend.
Im Abs. 2 wird uns die Nachahmung eines amerikanischen Musters empfohlen. nämlich: die Herren Geldvermittler aus Industriekreisen usw. mögen sich irgendwo registrieren lassen, vielleicht etwa auch noch mit Nummern auf dem Rockaufschlag ausstatten lassen. oder durch eine Armbinde kennzeichnen lassen, damit sie jeder als Agent des Herrn Pferdmenges oder des Herrn Zangen, und wie sie alle heißen mögen, erkennen kann. Daß man sich ausgerechnet auf Beispiele aus USA bezieht. das beweist doch, wie sehr man hier auf die Methode verfallen ist, den Bock zum Gärtner 7U machen. Ich glaube. ein Angehöriger jeder anderen Parteirichtung als der meinigen müßte doch wohl auch zugeben. daß es in keinem anderen Lande der Welt. in keinem Parlament der Welt so viel politische Korruption gibt wie gerade in den Vereinigten Staaten von Amerika.
({12})
Und die dortigen Einrichtungen wollen Sie uns zum Vorbild machen, um dem hier eingerissenen Zustand des Kaufs von Stimmen, der politischen Bestechung von Abgeordneten entgegenzuwirken? Das, meine Damen und Herren, hätten Sie sich doch wohl etwas besser überlegen müssen.
Zum Punkt 3 des Antrages habe ich nur kurz zu sagen, daß wir ihm zustimmen können. Wir werden diesem Teil auch zustimmen, obwohl zu dem Antrag auf Drucksache Nr. 2315, den wir für völlig unangebracht halten, eine gewisse Verbindung besteht. In diesem Antrag beantragen Sie, die Fünfergarnitur von kleinen Leuten exemplarisch zu bestrafen. Das macht auf jemand, der nicht
({13})
weiß, um was es geht, einen fabelhaften Eindruck, den Eindruck, den gewisse Leute von der Regierungskoalition mit dem ganzen Verfahren auch beabsichtigt haben. Sie wollten nämlich haben, daß am Ende dieser ganzen Affäre folgendes festgestellt wird: In diesem Hause gibt es vier oder fünf unehrenhafte Leute. Schimpf und Schande über sie! Jagt sie hinaus aus dem Tempel! Sie gefährden das Ansehen des Hohen Hauses! Alle anderen - das wollten Sie doch wohl sagen -, sowohl unten im Saal wie hier oben auf der Regierungsbank, sind Ehrenmänner. Meine Damen und Herren! Mit diesem Antrag in Drucksache Nr. 2315 stützen Sie diese Theorie von den fünf Dunkelmännern und den übrigen Ehrenmännern unten und oben in diesem Haus,
({14})
Sie gestatten, daß wir uns dieser Darlegung des Falles nicht anschließen können.
({15})
Mein Parteifreund Renner ,hat bereits erklärt, daß in dieser ganzen Affäre die eigentlichen Schlüsselpositionen der Korruption mit dem Mantel der christlichen Nächstenliebe zugehängt 'werden. Er hat bereits erklärt, daß man im Ausschuß ängstlich vermieden hat, die interessanten, die wirklich politischen Zusammenhänge aufzudecken, und daß man sich - wie bei der heutigen Debatte - damit begnügte, die kleinen Leute, entweder kleine Schmutzkerle à la Aumer oder kleine Leute, die ausgerutscht sind und eine Dummheit gemacht haben wie Herr Schmidt, mit dem ganzen Schimpf der Verurteilung und Achtung zu behaften. Nein, nein, meine Damen und Herren, so einfach geht das nicht! Meine Fraktion könnte nur dann einem solchen Antrag zustimmen, wenn die Zahl der Namen um drei erweitert würde, nämlich um die Namen des Herrn Ministers für Finanzen, Dr. Fritz Schäffer, des Herrn Abgeordneten Franz Joseph Strauß und des Abgeordneten Dr. Pferdmenges. Es hat keinen Sinn, die kleinen Leute zu jagen, wenn man diejenigen, die das Spiel eingefädelt haben, als Ehrenmänner aus dem Hause gehen läßt.
Ich habe den Bericht des Ausschusses vor mir.
Gestatten Sie, daß ich noch einmal etwas zitiere,
was im Anschluß an das freundnachbarliche Zusammensein des Herrn Schäffer, Strauß, Aumer
und Donhauser zustande gekommen ist. Es heißt
auf Seite 8 des Ausschußberichtes folgendermaßen:
In diesem Gespräch oder mehreren Gesprächen
hat der Abgeordnete Donhauser dem Bundesminister der Finanzen offenbar zumindest
nahegelegt, ihn doch bei der Beschaffung von
Mitteln zur Abdeckung seiner Wahlschulden
aus der Bundestagswahl zu unterstützen. Es
kann kein Zweifel bestehen, daß allen Beteiligten die Möglichkeiten, solche Mittel aufzubringen, bekannt waren,
- also doch auch Ihnen, Herr Strauß? ({16})
wie ja auch die mit Heinrichsbauer angeknüpften Verhandlungen zeigen.
Über die Person des Herrn Heinrichsbauer brauche ich mich nicht zu äußern. Er ist genügend gekennzeichnet worden. Auf der folgenden Seite des Berichts heißt es:
Es steht hiernach fest, daß Aumer um die fragliche Zeit, nämlich im November des Jahres
1949, erhebliche Zahlungen im Zusammenhang
mit Heinrichsbauer und mit der Besprechung mit dem Bundesminister der Finanzen zugegangen sind.
({17})
- Herr Ewers, Sie haben sich hier ereifert. Ihr Gewissen hat sich aufgebäumt gegen die sogenannte Methode Aumer. Ja, wie kann man von einer Methode Aumer sprechen, wo es doch notorisch ist, daß es sich hier um eine Methode Schäffer-Strauß handelt und wo Aumer nur der kleine Komplize dieser Methode gewesen ist?
({18})
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch einen anderen Hinweis. Auf Seite 12 des Protokolls heißt es ausdrücklich:
Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Unterstützung von einzelnen Angehörigen der Bayernpartei auf Empfehlung des Abgeordneten Bundesminister der Finanzen Schäffer hin an sich zu beanstanden ist.
Und nun bitte ich das Folgende genau zu registrieren; denn der Satz, der jetzt kommt, ist doch wohl der Kernsatz, der bezeichnend ist für die ganze Methode des Verfahrens, für die Absicht, die ihm zugrunde liegt, und für das magere Resultat, das es schließlich nach sich gezogen hat. Dieser Satz lautet:
Der Ausschuß hat sich jedoch für die Beantwortung dieser Frage nicht für zuständig erachtet, sondern sich auf die hierzu gemachten
tatsächlichen Feststellungen beschränkt.
Mit anderen Worten, der Ausschuß hat gerade in dem Augenblick seine Aktendeckel zugeklappt, als es sich, darum handelte, die eigentlichen Hintermänner, die eigentlichen Organisatoren unsauberer Vorgänge bloßzustellen und ihre Unschädlichmachung einzuleiten.
Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, sind wir nicht in der Lage, dem vorliegenden Antrag auf Billigung des Ausschußberichts zuzustimmen. Wir sind auch nicht in der Lage, dem vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion zuzustimmen.
Das Wort hat 'der Abgeordnete Mayer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem Herr Kollege Fisch für die Sauberkeit in der Demokratie plädiert hat und Herr Kollege Goetzendorff für die Moral, können wir, glaube ich,. der Entwicklung getrost entgegensehen.
({0}) Aber ich will hier nicht wieder kabarettistisch werden, sondern sehr ernst.
({1})
- Über die Ursache können wir einmal reden, aber das will ich nicht jetzt mit Ihnen tun.
({2})
Ich will Herrn Dr. Arndt sehr ernstlich bitten, doch einmal das Protokoll nachzulesen. Dort wird er nämlich finden, daß ich genau das nicht gesagt habe, was er mir unterstellt hat oder was er glaubt, versehentlich gehört zu haben; und er wird finden, daß ich genau das gesagt habe, was er in meiner Rede vermißt hat, nämlich die Anerkennung des Opfermuts und der Treue seiner Parteimitglieder.
Aber auch darüber will ich nicht reden, sondern ich will etwas anderes richtigstellen. Kollege Arndt
({3})
hat auch vermißt, daß wir, die Regierungsparteien, Folgerungen aus dem Bericht gezogen hätten. Auch das geht aus meinen Ausführungen hervor, daß wir sehr wohl Folgerungen gezogen haben, daß wir es aber verschmäht haben, Anträge zu stellen, weil wir der Meinung sind, daß in die Strafrechtsnovelle und daß im Parteiengesetz der größte Teil von dem aufgenommen werden kann und aufgenommen werden muß, was heute von Ihnen beantragt worden ist.
Daß wir Ihrem Antrag - wir hatten Bedenken, einen gleichen des Inhalts zu stellen, die Herren Sowieso zu bitten, auszuscheiden - inhaltlich zustimmen, ging, glaube ich, aus meinen Ausführungen hinreichend deutlich hervor. Wir stimmen auch grundsätzlich den Absätzen 1 und 2 Ihrer großen Drucksache zu. Wir sind allerdings der Meinung, daß Sie in den zuständigen Ausschüssen zum Schutze der Verfassung und für Rechtswesen und Verfassungsrecht im Hinblick auf die kommende Gesetzgebung sehr eingehend und sehr gründlich beraten werden müßten.
Dem Abs. 3 können wir nicht zustimmen. Wir sind der Meinung, es gibt außer den Möglichkeiten, zu billigen und zu mißbilligen, auch noch die andere Möglichkeit - und von der machen wir Gebrauch -, Kenntnis zu nehmen.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion hätte es nicht für notwendig erachtet, noch einmal in dieser Debatte Stellung zu nehmen, nachdem mein Freund Adolf Arndt einen Beitrag zur Klärung der Situation geleistet hat, der in die Geschichte dieses Parlaments eingehen wird.
({0})
Was mich veranlaßt hat, im Namen meiner Fraktion noch einmal zum Wort zu greifen, ist das Auftreten des Abgeordneten Donhauser.
({1})
Es gibt eine Grenze des schlechten Geschmacks,
({2}) und ich glaube, Herr Donhauser hat diese Grenze maßlos überschritten.
({3})
Wenn Herr Donhauser hier politische Glaubensbekenntnisse ablegt, die sein Verhalten rechtfertigen sollen, ist das seine Sache. Wir wollen heute nicht mit ihm darüber rechten. Ich. möchte ihm aber mit aller Deutlichkeit sagen, daß wir uns verbitten, daß Herr Donhauser hier den Spieß umdreht und nach der Methode handelt, nach der der Angriff die beste Verteidigung ist. Diese Methode steht gerade ihm sehr schlecht an.
Seine guten oder schlechten politischen Absichten hin und her; die Tatsache, Herr Donhauser, daß Sie dem Untersuchungsausschuß mehrmals wissentlich die Unwahrheit gesagt haben, verurteilt Sie. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen, und daraufhin hätten Sie hier schweigen sollen. Ich bedaure, daß, ein Teil dieses Hauses davon keine Notiz genommen, sondern geglaubt hat, einem billigen rhetorischen Effekt noch Beifall klatschen zu müssen.
({4})
Das, meine Damen und Herren, muß in dieser Debatte noch gesagt sein, damit nicht der fatale
Eindruck entsteht, als ob hier Dinge widerspruchslos hingenommen würden, die wirklich alle Grenzen des guten Geschmacks überschreiten. Wir wollen und sollten uns überlegen, ob wir jeden auf dieser Plattform in Ruhe anhören, der glaubt, daß das Mandat, das ihm vielleicht ein Witz der Wähler übertragen hat, das Recht gebe, sich hier zu betätigen. Wir haben heute mehrere solcher Beispiele erlebt, ich will sie nicht im einzelnen charakterisieren. Ich glaube aber, ein Parlament, das etwas auf sich hält, muß tatsächlich Mittel und Wege finden, um sich von Elementen zu reinigen, die, wenn die Wähler bei Sinnen gewesen wären, niemals hier hereingekommen wären!
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Strauß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es obliegt mir nur, den Ausführungen des Herrn Dr. Arndt eine kurze Richtigstellung anzufügen. Ich habe das Protokoll seiner Rede nicht bekommen. Ich will, wenn ich es gedruckt vor Augen habe, dann nicht noch einmal nachtarocken und später darauf zurückkommen. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann sprach er davon, daß einmal gemäß den Aussagen im Untersuchungsausschuß in einem in München in Anwesenheit von Dr. Joseph Müller und andern Personen geführten Gespräch unter anderm auch die Worte gefallen seien: „Es gäbe keine neue Partei, die in so kurzer Zeit von der obersten Spitze bis herunter in die letzten Glieder so korrupt geworden sei wie die Bayernpartei". Meines Wissens hat er mir diese Worte in den Mund gelegt.
({0})
- Ich habe es so verstanden. Ich habe es ja auch mit aller Vorsicht gesagt. - Ich darf hier ausdrücklich feststellen, daß ich bei meinen Aussagen im Untersuchungsausschuß, mit denen ich einen wesentlichen Beitrag zur genauen Klärung der wirklichen Vorgänge geleistet habe, ausdrücklich vermerkt habe, daß diese Äußerung von einem Journalisten als eine Charakterisierung des damaligen Zustandes in der Bayernpartei gebraucht worden ist, ohne daß wir überhaupt vorher zur Darstellung dieses Zustandes irgendeinen Beitrag geleistet haben.
Ich darf zweitens feststellen, daß die Darstellung des Kollegen Dr. Arndt, als ob durch unsere Leute eine Darstellung in die Presse lanciert worden sei und somit wir, nicht Dr. Baumgartner, dann gewissermaßen diese Publizität der Vorgänge erreicht haben, gelinde gesagt, an der Wahrheit der Dinge, wenn auch unabsichtlich, vorbeigeht.
({1})
- Ich habe das Protokoll dabei, Herr Dr. Arndt. Die Widerlegung liegt allein schon darin, daß, wenn es in die Presse lanciert worden wäre, dann eben schon zu einem früheren Zeitpunkt dieser sogenannte wirkliche und zum Teil behauptete Skandal untersucht worden wäre. Es kann doch kein Mensch bestreiten, daß mit dem sogenannten Gedächtnisprotokoll die Bombe geplatzt ist, das auf irgendeine Weise aus den Akten Dr. Baumgartners in die Redaktion des „Spiegel" gelangt ist, und daß sich dort Richtiges und Unrichtiges - siehe die dem Abgeordneten Schmidt in den Mund gelegten Äußerungen, die er zum Teil auch zugegeben hat
- in so horrender Weise vermengt hat, daß da({2})
durch erst der Untersuchungsausschuß zustande gekommen ist.
({3})
- Das ist nicht richtig, Herr Schoettle, wenn Sie mal ganz objektiv sind. Sie sind vielleicht etwas aufgeregt, weil Sie sich über den Kollegen Donhauser aufgeregt haben.
({4})
- Das haben Sie deutlich genug gesagt, -was Sie empfunden haben. Wenn Sie aber hier in Ruhe darüber nachdenken, dann ist das Bild von dem Überlaufen des Topfes völlig falsch. Natürlich ist ist verständlich - das ist Ihr gutes Recht und unser gutes Recht -, bei Gesprächen feststellen zu wollen, wie nach unserer Meinung die Lage innerhalb anderer Parteien ist. Es ist ausdrücklich im Ausschuß festgelegt worden, daß es sich bei diesem Gespräch um keine Presseinformation handelte, sondern um eine Unterhaltung, die deshalb wiedergegeben worden ist, um dem Ausschuß die Ermittlung der wahren Vorgänge zu erleichtern. Das ist damals auch im Auschuß in dieser Weise aufgefaßt worden. Es wird bei Ihnen und bei uns vorkommen, daß man sich weiterhin über die innere Lage anderer Parteien unterhält, soweit sie einem interessant ist.
({5})
- Ich bin ja manchmal ein höflicher Mann. ({6})
- Wenn Sie die Protokolle durchlesen, dann werden Sie die Behauptung, daß ich Ihnen gegenüber höflich sei, wieder etwas reduzieren.
({7})
- Herr Kollege Renner, wenn es sich darum handeln würde, müßte man mit Ihnen ein etwas deutlicheres Wort reden, aber bei gewissen Leuten rentiert sich das ja gar nicht.
Ich darf damit ausdrücklich feststellen, daß keinerlei Unwahrheit durch Mitglieder der Reregierungsparteien in die Presse lanciert worden ist. Das Wort „lanciert" erweckt den Eindruck, als ob hier bewußt eine nicht zutreffende Meldung der Presse zur Veröffentlichung übergeben worden sei. Das ist mit keinem Wort aus den Ergebnissen des Ausschusses zu beweisen. Es ist unser gutes Recht, genau so wie es Herr Dr. Schumacher in den Pressekonferenzen macht, indem er bei uns vom „Wasser in der Trompete" usw. spricht und damit seine Meinung über unseren Zustand wiedergibt, in der camera caritatis unsere Meinung über den Zustand einer anderen Partei zu sagen.
({8}) Warum? Darüber brauchen wir uns jetzt nicht zu streiten, da haben Sie mehr Erfahrung, aber wir haben auch schon einige dabei gesammelt.
Die ganze Unterhaltung hätte wahrscheinlich heute überhaupt nicht stattzufinden brauchen, wenn die Bayernpartei in Bayern nicht gegründet worden wäre.
({9})
Wenn man die politische Entwicklung in Bayern seit Oktober oder November 1945 kennt, dann wissen die bayerischen Kollegen von der SPD sehr genau, daß die ersten Wahlen damals im Januar
und April 1946 ein großes Erschrecken gebracht
haben, indem sich herausstellte, daß eine Partei in
Bayern wesentlich mehr als 500/0 hatte. Von dem
Zeitpunkt an haben Ihre Parteigrößen in Bayern
fieberhaft daran gearbeitet, diese Partei zu spalten.
({10})
- Ich will nicht so unfair sein, z. B. das hier wiederzugeben, was der damalige Landesvorsitzende der SPD, Herr Dr. Hoegner, am Tisch in Caux, wo wir beide gemeinsam - nicht militärisch, sondern moralisch, zu Ihrer Beruhigung, Herr Renner, - aufgerüstet haben,
({11})
damals zu uns sagte. Es ist doch ein offenes Geheimnis, daß die Gründung der Bayernpartei durch einen Mann erfolgt ist, der aus der engsten dienstlichen Umgebung Dr. Hoegners kam, nämlich durch den ursprünglichen Kriminaloberassistenten Ludwig Lallinger, der während des Krieges irgendwo in Luxemburg tätig war,
({12}) der dann einige Jahre lang Leibkriminaler Dr. Hoegners gewesen ist und auf einmal als Parteigründer in Bayern auftauchte. Sie glauben nicht, daß die Kinder der Storch bringt, wir glauben es auch nicht.
({13})
- Das ist leider anatomisch unmöglich.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Haben Sie keine Angst: auf engere bayerische Verhältnisse gehe ich nicht ein. Mich veranlaßt etwas ganz anderes, das Wort zu ergreifen, nämlich die Sorge um unsere Demokratie. Heute haben hier Auseinandersetzungen stattgefunden, die teilweise auf der Höhe waren. Wenn ich auch den Ausführungen des Herrn Kollegen Arndt kritisch gegenüberstehe, so hat er sich doch in Formen bewegt, die noch auf der demokratischen Ebene liegen wie auch die Rede des Abgeordneten Seelos. Ich habe auch die Rede des Herrn Kollegen Mayer von der FDP bewundert.
({0})
Ich habe aber den größten Horror in meiner Seele vor anderen Reden, die heute hier gehalten worden sind. Diese Reden haben nicht zum Ansehen der Demokratie beigetragen.
({1})
Ich habe schon längst hier im Hause einmal sagen wollen, was ich im Bayerischen Landtag öfters gesagt habe: Wenn wir nicht - in der Vornehmheit der Gesinnung und der Ausdrucksweise - die Wegbereiter der Demokratie werden, sondern uns in die Parterreakrobatik der Demokratie hinunterbegeben, dann verlieren wir alle miteinander an Gewicht in den Augen des Volkes.
({2})
Daß muß ich hier zum Ausdruck bringen: Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, daß wir das für die Betrachtung der Verhältnisse nötige Augenmaß gewinnen.
Das trifft auch auf diesen Fall zu. Ich möchte nicht als Parteipolitiker der CSU/CDU sprechen, sondern als ein Mann, dem daran liegt, die demo({3})
kratische Staatsform auszubauen und zu fördern. Ich wehre mich dagegen, daß durch solche Ausführungen wie die des Herrn Goetzendorff und des Herrn Loritz das Parlament in seiner Gesamtheit verallgemeinert wird und wir vor dem Volk so hingestellt werden, als gehörten wir alle miteinander mehr oder minder in einen Korruptionstopf.
({4})
- Herr Kollege Loritz, ich habe Ihnen heute auch keine solchen Zwischenrufe gemacht. Ich bitte, mich in Ruhe zu lassen. Ich komme auf Sie schon noch zu sprechen! Ich bin nicht da, um mit Ihnen hier Theater zu spielen.
({5})
Ich habe hier etwas anderes zu erledigen. Ich
wende mich gegen die Verallgemeinerungen, die
hier von einzelnen Rednern gemacht worden sind.
Es ist ein Fehler von uns gewesen, daß man die schriftlichen Berichte zwar hier im Hause verteilt, daß aber die Zuhörer von ihrem Inhalt nichts wissen. In den schriftlichen Berichten steht etwas ganz Wesentliches, und das möchte ich zum Schluß nachholen. Der Ausgangspunkt der Untersuchungen ist für die Beurteilung der gesamten Lage wesentlich. Da ist das berühmte Gedächtnisprotokoll des Herrn Dr. Baumgartner. In diesem heißt es folgendermaßen:
Es ist an Abgeordnete aller Fraktionen ein Betrag von insgesamt etwa 2 Millionen DM gezahlt worden. Etwa hundert Abgeordnete seien bestochen worden mit Beträgen zwischen 20 000 DM, 10 000 DM und 1000 DM, erklärte
Aumer, 20 000 DM für diejenigen, die mitzureden haben, 10 000 DM für diejenigen, die ein Gewicht haben, und 1000 DM für diejenigen, die nur ihre Stimme hergegeben haben.
Und was stellt der Ausschuß in seinen Untersuchungen einstimmig fest?
Nach eingehender Beweisaufnahme über die Entstehung des Gedächtnisprotokolls ist der Ausschuß einhellig zur Überzeugung gekommen, daß dem Protokoll kein Beweiswert zukommt. Das Originalschriftstück ist von Dr. Baumgartner trotz mehrfacher Zusage und trotz Mahnungen des Ausschusses nicht vorgelegt worden.
Das ist der Tatbestand. Daraus geht hervor, daß die in der Presse so sensationell aufgemachten Verallgemeinerungen - in bezug auf eine große Korruption des Parlaments - bei der Untersuchung in sich zusammengebrochen sind.
({6})
Jetzt kommt der zweite: der „harmlose" WAV-Schmidt.
({7})
Der Abgeordnete Schmidt von Bayern - er tut mir ja leid; er ist ja sehr zahm und ruhig geworden, und ich hätte ihn gar nicht mehr erwähnt, wenn der Herr Loritz nicht so freundlich gewesen wäre - hat nach seiner Aussage eines Tages dem Abgeordneten Eichner im Restaurant des Bundestages erzählt, ein bestimmtes Schriftstück, das er bei sich habe, sei eine namentliche Liste von Abgeordneten, die Bestechungsgelder erhalten hätten. Diese Behauptung - das hat der Ausschuß einstimmig festgestellt - war frei erfunden. Meiner Überzeugung nach ist das kein Witz und kein
Scherz mehr, sondern das ist eine totale Beleidigung des Parlaments, wie sie schlimmer nicht erfolgen kann.
({8})
Dagegen muß eingeschritten werden. Das ist etwas, was wir vor den Augen und Ohren der Öffentlichkeit feststellen müssen.
Dann kommt die weitere gemeinsame Feststellung des Ausschusses:
Nach den Feststellungen des Ausschusses ist jedoch an der Behauptung nichts Wahres, es hätten gelegentlich der Hauptstadtabstimmung etwa 100 Abgeordnete Beträge zwischen je 1000.- DM bis 20 000.- DM erhalten. Das Aufkommen dieses Gerüchtes,
- so sagt der Bericht -das das Ansehen des Bundestags und der Demokratie in der Bundesrepublik auf das schwerste zu schädigen geeignet war und geschädigt hat, ist offensichtlich auf das nicht zu entschuldigende Verhalten des Abgeordneten Schmidt ({9}) - WAV -, darüber hinaus auch auf die unverantwortliche Art und Weise zurückzuführen, wie eine solche Behauptung weitergegeben und auch zu politischen Zwecken verwandt wurde.
Nun der dritte Tatbestand: der große Unbekannte, die Fata Morgana, die nur in einem Gehirn entstanden sein kann, dessen Windungen so sind, daß es nicht immer klar und rechtzeitig in die Wirklichkeit und in das Tageslicht zurückfindet.
({10})
Der große Unbekannte, das ist nur ein Reklametrick und ein Agitationstrick, berechnet auf die Zuhörer,
({11})
und dagegen wenden wir uns. Wir können uns bloß mit Tatsachen abgeben und nicht mit idem, was sich der einzelne wünscht.
Ich bin sicher nicht dagegen - und jeder, der sich zur Demokratie rechnet, wird bereit sein -, daß wir alle miteinander Organisationsfehler aufdecken und Korruptionsfälle untersuchen und der Öffentlichkeit preisgeben, ganz anders als die Diktatur, hinter deren Mauern es so sehr gestunken hat, deren Gestank aber deshalb nicht weiter in die Bevölkerung dringen konnte, weil das Terrorsystem in der Bevölkerung die Aufdeckung der damaligen Skandale verhindert hat. So ist die Lage, und wir wollen in der Demokratie ehrlich miteinander zusammenarbeiten und danach streben, daß die Fälle, die verfolgt werden müssen, auch wirklich verfolgt werden. Wir wollen aber auch in der Beziehung zusammenhalten, daß wir so etwas objektiv tun und keine parteipolitische Sache daraus machen. Wir wollen miteinander dafür sorgen, daß die Demokratie aus solchen Untersuchungen als Sieger hervorgeht, daß die Demokratie nicht bereit ist, in ihrer Mitte und in ihren Reihen Korruption zu dulden. Das ist unsere Aufgabe!
({12})
Zur Sache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Zu einer persönlichen Bemerkung gebe ich das Wort dem Abgeordneten Freiherr von Fürstenberg.
Meine Damen und Herren, nur einen Satz. Herr Loritz hat mich nach meiner Aussage im Ausschuß sehr dringlich gebeten, der WAV beizutreten. Ergo!
({0})
Ich hatte nach Schluß der Besprechung zu einer persönlichen Bemerkung das Wort gegeben. Wünschen Sie eine persönliche Bemerkung abzugeben, Herr Abgeordneter Loritz?
({0})
- Bitte!
({1})
Ich erkläre hiermit, daß diese Äußerung des Herrn Abgeordneten Fürstenberg unwahr ist,
({0})
daß ich seine Aussage überhaupt nicht kannte, weil ich, wie die Mitglieder des Ausschusses wissen, bei der Zeugenaussage und den Einvernahmen der Herren Fürstenberg usw. überhaupt nicht anwesend war und auch nicht anwesend sein durfte. Weil ich nämlich selbst als Zeuge vernommen wurde, hat der Vorsitzende - ganz mit Recht - damals erklärt, daß diejenigen, die noch als Zeugen vernommen werden sollten, den Zeugeneinvernahmen der Herren Fürstenberg usw. überhaupt nicht beiwohnen durften.
({1})
Wenn Sie sagten: „im Ausschuß", - ich habe von dem, was Sie, Herr Fürstenberg, im Ausschuß sagten, erst Kenntnis erhalten,
({2})
als das Protokoll allgemein zugänglich war. Ich habe
Ihnen niemals gesagt, Sie sollten zur WAV gehen.
({3})
Meine Damen und Herren, zu einer weiteren persönlichen Bemerkung hat das Wort der Abgeordnete Schmitt. - Ich würde aber bitten, die Kette der persönlichen Bemerkungen damit dann auch abzuschließen.
Meine Damen und Herren! Nachdem der Abgeordnete Loritz erklärt hat, das, was Fürstenberg gesagt hat, sei nicht wahr, sehe ich mich veranlaßt, die Richtigkeit der Ausführungen des Herrn Abgeordneten Loritz erheblich in Zweifel zu ziehen. Herr Abgeordneter Loritz hat vorhin ausgeführt, daß er vor dem Ausschuß alles Mögliche zu sagen gewußt habe bezüglich des Unbekannten, der ihn angesprochen habe. Ich als Mitglied des Ausschusses war es gewesen, der ,an den Herrn Loritz in seiner Eigenschaft als Kollege sowohl hier im Bundeshaus als auch im Beruf appellierte, und ich habe ihn gefragt: Herr Loritz, wissen Sie denn wenigstens, was der Mann für ein Gesicht gehabt hat? Wissen Sie denn, was der Mann für Haare hatte? Können Sie mir beschreiben, ob er eine Brille getragen hat oder nicht? - Und Herr Abgeordneter Loritz hat mir erklärt: Ich weiß überhaupt nichts davon, wie der Mann ausgesehen hat. - Das ist das, was ich hier hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Ausführungen des Herrn Abgeordneten Loritz feststellen wollte.
({0})
Zu einer persönlichen Bemerkung hat ferner Herr Abgeordneter Rahn das Wort. - Es ist noch nicht der Abgeordnete Loritz!
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Fürstenberg insoweit bestätigen, als mir bekannt ist, daß sich der Abgeordnete Loritz um den Beitritt des Abgeordneten Fürstenberg bemüht hat.
({0})
Herr Abgeordneter Loritz zu einer persönlichen Bemerkung!
({0})
Herr Rahn, es wäre besser gewesen, Sie hätten nicht gesprochen,
({0})
denn gerade Sie sind es, der versucht hat, innerhalb der WAV-Fraktion Leute zu veranlassen, ebenfalls zur CSU zu gehen,
({1})
wie Herr Fürstenberg und Sie es gemacht haben.
({2})
Bei uns sind Sie aber abgefahren
({3})
mit Ihrem Versuch, Herr Rahn, und es wäre gut, wenn Sie auch sagen würden, war um Sie bei uns unmöglich geworden sind!
Zu den Äußerungen des vorletzten Redners möchte ich eines sagen. Wenn Sie sich die Protokolle durchlesen würden - und ich empfehle Ihnen, das raschestens zu tun -, dann würden Sie sehen, daß ich nicht etwa gesagt habe: „ich weiß nicht, ob er eine Brille trägt oder nicht", sondern daß ich eine Personenbeschreibung allgemeiner Art gegeben habe, so wie man sie über einen Mann verlangen kann,
({4})
den man nicht zu seinen persönlichen Freunden zählt. Sie haben hier entgegen dem Text des Protokolls dem Plenum Äußerungen vorgetragen, angeblich von mir stammende Äußerungen, die in Wirklichkeit ganz anders gelautet haben und die richtig protokolliert worden sind. Ich werde Ihnen morgen den Text des Protokolls unter die Nase halten!
({5})
Meine Damen und Herren, ich hatte noch nicht in Aussicht genommen, die Sitzung zu beenden.
({0})
Ich darf darauf hinweisen, daß wir vorgesehen hatten, die Besprechung dieses Punktes heute abzuschließen und die Abstimmung morgen vormittag 11 Uhr vorzunehmen.
Ich wollte Ihnen vorschlagen, die Punkte 4, 5 und 8 der heutigen Tagesordnung noch zu erledigen, weil ich annehmen darf, daß das ohne wesentlichen Zeitverlust geschehen kann. Ich darf Sie bitten, so lange noch Platz zu behalten.
Ich rufe auf Punkt 4:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({1}) betreffend Aufhebung der
({2})
Immunität des Abgeordneten Dr. Arndt gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 16. April 1951 ({3}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Hoogen. Darf ich bitten, Herr Abgeordneter!
Hoogen ({4}), Berichterstatter: Meine Damen und Herren! Das bayerische Justizministerium hat dem Präsidenten des Bundestages am 28. März 1951 auf dem Dienstwege einen Ermittlungsvorgang zugeleitet und gebeten, eine Entscheidung über die Frage der Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Dr. Arndt herbeizuführen. Diesem Ermittlungsvorgang liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Wahlkampf, der der Bundestagsnachwahl in Kulmbach vorausging, hatte der Bundesjustizminister Herr Dr. Dehler in Lichtenfels eine Wahlrede gehalten. Einige Tage später hielt der SPD-Parteisekretär, Herr Zeug, eine Wahlrede in Thurnau und führte in dieser Rede aus, Herr Bundesjustizminister Dr. Dehler habe in seiner Wahlrede Herrn Dr. Kurt Schumacher vorgeworfen, er sei nicht nur körperlich, sondern auch geistig schwach. Zeug habe Dr. Dehler ferner als Lügner und Verleumder bezeichnet.
Wegen dieser Äußerungen hat Herr Dr. Dehler gegen Zeug Strafantrag gestellt. In diesem Strafverfahren hat der Angeklagte Zeug Herrn Abgeordneten Dr. Arndt zu seinem Verteidiger bestellt. Der Hauptverhandlungstermin vor dem Schöffengericht in Kulmbach war auf den 23. Januar 1951 anberaumt. Dem Strafverfahren war der Bundesjustizminister Herr Dr. Dehler, vertreten durch seinen Prozeßbevollmächtigten in Kulmbach, als Nebenkläger beigetreten; er war auch zugelassen worden.
Einige Tage vor der Hauptverhandlung vom 23. Januar 1951 hat der Prozeßbevollmächtige des Herrn Bundesjustizministers beim Schöffengericht in Kulmbach die als Schöffin ausgeloste Frau Lindner wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil sie ein prominentes und aktives Mitglied der Sozialdemokratischen Partei in Kulmbach sei.
({5})
Dieses Ablehnungsgesuch ist, den Vorschriften der Strafprozeßordnung zuwider, weder dem Angeklagten, noch seinem Verteidiger, Herrn Dr. Arndt, noch, obwohl dieses eine zwingende Vorschrift der Strafprozeßordnung ist, der abgelehnten Schöffin zugeleitet worden, sondern es ist nur die Staatsanwaltschaft gehört worden, die ihrerseits die Ablehnung für begründet erachtete. Das Gericht, in diesem Falle also der Gerichtsvorsitzende, hat darauf die Schöffin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Aber auch dieser Beschluß ist weder dem Angeklagten noch seinem Verteidiger vor der Hauptverhandlung zugestellt worden.
({6})
Die Hauptverhandlung fand am 23. Januar 1951 statt. Der Angeklagte Zeug ist in dieser Hauptverhandlung wegen Beleidigung in Tateinheit mit übler Nachrede zu 80 DM Geldstrafe verurteilt worden. Gegen dieses Urteil ist Berufung eingelegt worden. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Neben dem Berufungsverfahren schwebt auch ein Verfahren vor dem bayerischen Verfassungsgerichtshof, das unter anderem damit begründet wird, der Angeklagte Zeug sei seinem gesetzlichen Richter entzogen worden.
Ich muß noch hinzufügen, daß auf Grund von Feststellungen des bayerischen Justizministeriums der Ersatzschöffe für Frau Lindner auf Anordnung des Richters durch einen Polizeibeamten befragt worden ist, ob er einer politischen Partei angehöre.
({7})
Der andere Schöffe ist vor der Hauptverhandlung vom Richter selbst befragt worden, ob er einer politischen Partei angehöre.
({8})
Meine Damen und Herren, nach der Hauptverhandlung erschien am 1. Februar 1951 im „Kulmbacher Tageblatt" ein mit dem Namen des Abgeordneten Dr. Arndt unterzeichneter Artikel, in dessen Überschrift es heißt: „Nachwort zum Beleidigungsprozeß Dehler. Dr. Arndt bezeichnet Dr. Dehler als Totengräber der Justiz."
({9}) Es heißt in dem Artikel unter anderem weiter - ich glaube, Sie ersparen mir die Verlesung des ganzen nicht sehr kurzen Artikels und gestatten mir, die Sätze dieses Artikels vorzulesen, in denen der Bundesjustizminister Herr Dr. Dehler eine verleumderische Beleidigung erblickt -, die Ablehnung der Frau Lindner stelle einen Bruch der bayerischen Verfassung dar, weil hierdurch der Angeklagte Zeug seinem gesetzlichen Richter entzogen sei; von der Nazizeit abgesehen sei noch niemals ein Schöffe nur wegen seiner Zugehörigkeit zu einer demokratischen Partei für befangen erklärt worden. Diesen Mißbrauch eingeführt zu haben, werde das „Verdienst des gegenwärtigen Bundesjustizministers bleiben. Man müsse gespannt sein, welch herrlichen Zeiten der Bundesjustizminister Dr. Dehler die deutsche Justiz entgegenführen werde.
In diesen Äußerungen, die sich unter anderem in dem Artikel befinden, der mit dem Namen des Herrn Dr. Arndt unterzeichnet ist, erblickt, wie ich schon sagte, Herr Dr. Dehler eine verleumderische Beleidigung.
({10})
Infolgedessen hat der Bundesjustizminister gegen
den Abgeordneten Dr. Arndt Strafantrag gestellt.
Das bayerische Justizministerium hat diesen Vorgang dem Herrn Präsidenten zugeleitet, und der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität hatte sich mit ihm zu befassen. In Beachtung der Grundsätze, die der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität entwickelt hat, hat er einmütig beschlossen, dem Aufhebungsverlangen nicht zu entsprechen. Bei der Berichterstattung zu diesen Fragen im Hohen Hause hat es schon sehr oft geheißen, daß in politisch infizierten Fällen eine Aufhebung der Immunität nicht bewilligt werde. Ich glaube, in diesem Falle sagen zu dürfen, daß es nicht ein politisch infizierter Fall, sondern ein politischer Streitfall schlechthin ist. Ich darf mich zur Begründung dieser Ansicht auf die Ausführungen des Prozeßbevollmächtigten des Herrn Dr. Dehler in dem Verfahren gegen Zeug in dem Schriftsatz, durch den die Schöffin Lindner wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wurde, berufen. Es heißt in dieser Eingabe an das Schöffengericht in Kulmbach wie folgt:
Bei dem vorliegenden Prozeß handelt es sich um eine ausgesprochen politische Angelegenheit, und zwar um einen Streit zwischen dem Herrn Nebenkläger und der SPD schlechthin.
({11})
Der Ausschuß war der Meinung, daß das für den Prozeß gegen Zeug tatsächlich zutrifft, daß man aber den Prozeß Zeug nicht von dem einzuleitenden Verfahren gegen Herrn Dr. Arndt trennen kann. Was aber von dem einen Verfahren gegen Zeug gilt, daß es nämlich ein politischer Streit schlechthin zwischen der SPD und dem Herrn Nebenkläger ist, muß nach der einstimmigen Meinung des Ausschusses auch von dem Verfahren gegen Herrn Dr. Arndt gelten. Ein Grund, hier in diesem Fall eine Ausnahme von dem entwickelten Grundsatz anzuerkennen, lag nach der übereinstimmenden Meinung des Ausschusses nicht vor. Der Ausschuß hat Ausnahmen immer dann bewilligt, wenn ein offensichtlicher Mißbrauch mit dem Recht der Immunität getrieben werden soll - das ist zweifellos hier nicht der Fall - oder wenn die Ablehnung der Aufhebung der Immunität für den Verletzten eine offensichtliche und unbillige Härte bedeuten würde. Auch das ist bei dem Hin- und Hergewoge des Kampfes in diesem ganz konkreten Fall nicht anzunehmen. Infolgedessen habe ich die Ehre, Sie zu bitten, dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 2261. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist der Antrag angenommen.
Meine Damen und Herren, wird der Antrag Drucksache Nr. 2076 ({0}) zu einer Aussprache Anlaß geben?
({1})
- Offenbar nicht!
Dann darf ich den Punkt 5 aufrufen:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität ({2}) betreffend Aufhebung der Immunität von Abgeordneten ({3}).
Den Herrn Berichterstatter Abgeordneten Ritzel bitte ich, das Wort zu nehmen.
Ritzel ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der eben verabschiedete Fall erlaubt es, einen kleinen Vergleich mit den Dingen zu ziehen, die Gegenstand des Antrages des Ausschusses - Drucksache Nr. 2076 ({5}) vom 31. Mai dieses Jahres - sind. Das Hohe Haus wird sich daran erinnern, daß es wiederholt Gelegenheit nehmen mußte, sich mit ganz kleinen Angelegenheiten zu befassen, in denen auch eine Aufhebung der Immunität von Bundestagsabgeordneten verlangt wurde. Es hat sich herausgestellt, daß das Parlament in dieser Weise mit Bagatellangelegenheiten, mit ganz kleinen Verkehrsdelikten, mit Verkehrssünden behelligt wird. Das hat vielfach den Wunsch laut werden lassen, eine Änderung herbeizuführen. Es hat sich aber auch herausgestellt, daß die Abgeordneten im Vergleich zu anderen Staatsbürgern insofern wesentlich schlechter gestellt sind, als auf der Tagesordnung des Parlaments solche Anträge auf Aufhebung der Immunität am laufenden Band erschienen sind, ohne daß der eigentliche Grund, der zu diesen Anträgen auf Aufhebung der Immunität führte, genannt wurde. Dabei handelte es sich wirklich nur um kleinlichsten Kram.
Ich darf aus der reichen Praxis des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität an zwei Fälle erinnern. Ein Abgeordneter, der seinen Wagen an einer Stelle parkt, an der es nicht erlaubt ist, setzt sich nach einer entsprechenden Anzeige der Gefahr aus - das ist Praxis -, daß auf der Tagesordnung des Hauses ein Antrag auf Aufhebung seiner Immunität erscheint.
Ein anderer Ihnen vielleicht noch in Ihrer Erinnerung haftender Fall betraf einen Abgeordneten dieses Hauses, der auf der Autobahn zwischen Köln und Bonn über den weißen Strich gefahren ist und den Ärger eines Polizisten erregt hat, der eine Anzeige einreichte, die den Effekt hatte, daß das Haus die Aufhebung der Immunität beschließen mußte. Und dergleichen Dinge gibt es mehr.
Das gab seinerzeit Veranlassung zu der ersten Drucksache Nr. 2076, in der eine Delegierung des Rechts dieses Hauses, die Immunität aufzuheben oder nicht aufzuheben, vorgesehen war. Gegen eine solche Delegierung eines Rechts des Parlaments erhoben sich Bedenken. Es fand eine Reihe von Besprechungen statt. Das Ergebnis derselben ist der einstimmige Beschluß des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität, wie er Ihnen in der Drucksache Nr. 2076 ({6}) vorliegt.
Der Inhalt dieser Drucksache läßt sich mit wenigen Sätzen kurz darstellen: Es ist geplant, daß der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität in allen Angelegenheiten, die Verkehrsdelikte betreffen, und in allen Angelegenheiten, die nach Auffassung einer Zweidrittelmehrheit des Ausschusses als Bagatellsachen angesehen werden können, generell als vom Parlament beauftragt gilt, eine Vorentscheidung zu treffen. Die bisherige Praxis soll beibehalten werden; beispielsweise soll in allen Verkehrsdelikten rücksichtslos die Immunität aufgehoben werden. Wenn der Ausschuß mit Zweidrittelmehrheit zu einer Entscheidung gekommen ist, soll durch den Ausschußvorsitzenden dem Präsidenten des Hauses Mitteilung davon gemacht werden. Der Präsident teilt das Ergebnis dieser Vorentscheidung dem Hohen Hause schriftlich mit. Wenn innerhalb von drei Tagen das Hohe Haus keinen Einspruch erhebt und nicht verlangt, daß die Sache auf die Tagesordnung gesetzt und hier diskutiert wird, gilt diese Vorentscheidung als Entscheidung des Parlaments. Es kann dann entsprechend der Aktenlage verfahren werden.
Das ist der Sinn und Inhalt des Ausschußantrags Drucksache Nr. 2076 ({7}), den ich im Namen des Ausschusses Ihrer Zustimmung empfehle.
Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich muß aber sagen, ich bin doch der Auffasung, daß es sich um eine grundlegende Entscheidung handelt, und ich schlage Ihnen vor, die Abstimmung auch über diesen Punkt morgen vorzunehmen.
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- Herr Abgeordneter Ewers, bitte!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur feststellen, daß wir im
({0})
Immunitätsausschuß diesen Beschluß einstimmig gefaßt haben und daß wir ihn im Interesse des Ansehens des Hohen Hauses für geboten erachten. Sie wollen bedenken, daß ein Grundsatz des Ausschusses lautet: In Verkehrssachen kein Sonderrecht der Abgeordneten. Wenn hier die Anträge kommen, die Immunität der Abgeordneten X, Y, Z aufzuheben, erhält man den Eindruck, als ob hier eine Fülle von Verbrechen oder Vergehen mindestens verdächtiger Persönlichkeiten vorhanden wäre. Es werden damit Sachen an die Öffentlichkeit gezogen, die bei jedem anderen Staatsbürger völlig geheim bleiben.
Diese Tatsache und der Umstand, daß Dinge harmlosester Art Ursache der Anträge sind, denen man entweder entspricht und damit die Immunität aufhebt, um keine Sonderrechte zu schaffen, oder die man ablehnt, weil es wirklich reine Lächerlichkeiten sind, begründen die Auffassung, daß es im Interesse des Parlaments und der Sauberkeit unseres Ansehens liegt, solche wirklich lächerlichen Dinge nicht auf die Tagesordnung zu setzen, wie das Herr Ritzel vorgetragen hat.
Die Frage war nur zeitweise umstritten, ob dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität, der ja ohnehin nach der Geschäftsordnung ohne besonderen Auftrag Fragen der Geschäftsordnung erörtern und darüber Vorschläge machen kann, diese Ermächtigung übertragen werden kann. Diese Rechtsfrage haben wir im Ausschuß stets bejaht; sie ist jetzt insbesondere mit dem Justizministerium abgesprochen, und es herrscht Einmütigkeit darüber, daß keine rechtlich schwerwiegenden Bedenken bestehen, wenn die Beschlüsse dem Bundestag vorgelegt und von ihm, wenn das sein Wille ist, aufgehoben werden können.
Die Angelegenheit ist also in der Weise geregelt, daß wir von einer Mitwirkung des Bundestags auch bei diesen durch Stillschweigen zustande gekommenen Beschlüssen reden können. Damit ist auch ein letzter Zweifel beseitigt.
Ich möchte aus den Gründen, die ich angegeben habe und die Ihnen auch Herr Ritzel vorgetragen hat, dringend empfehlen, den Beschluß ebenso wie im Ausschuß einstimmig zu fassen, auch bei nicht stark besetztem Hause.
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Herr Abgeordneter l
Schoettle!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte dringend bitten, die Abstimmung über diesen Vorschlag des Geschäftsordnungsausschusses nicht jetzt vorzunehmen. Es handelt sich hier nicht um eine Bagatellangelegenheit. Der Antrag mag Bagatellangelegenheiten betreffen, aber die Entscheidung über die Delegierung eines der wichtigsten Rechte des Parlaments auf einen Ausschuß kann man nicht bei dieser Besetzung des Hauses treffen. Ich glaube, wir vergeben uns gar nichts, wenn wir erklären: die Debatte über diesen Antrag ist abgeschlossen, die Abstimmung findet morgen bei besserer Besetzung des Hauses statt.
Meine Damen und Herren, ich darf diesen Vorschlag aufnehmen. Das bringt ja keine zeitliche Verzögerung mit sich. Ich würde also über diesen Antrag dann nach der Abstimmung über die unter Punkt 3 der heutigen Tagesordnung aufgeführten Anträge abstimmen lassen.
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- Das Haus ist damit einverstanden.
Ich schlage Ihnen vor, die Behandlung der
Punkte 6 und 7 ebenfalls auf morgen zu vertagen,
und rufe den letzten Punkt der Tagesordnung auf: Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse ({1}).
Ich bitte die Damen und Herren, die diesem interfraktionellen Antrag zuzustimmen wünschen, eine
Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Der Antrag ist angenommen.
Ich weise darauf hin, daß die Fraktionssitzung der FDP heute abend ausfällt und morgen früh 8 Uhr 30 stattfindet.
Ich berufe die nächste, die 149. Sitzung des Deutschen Bundestages mit der vorgesehenen Tagesordnung und der Ergänzung durch die Punkte 6 und 7 und die Abstimmung über die beiden zurückgestellten Punkte der heutigen Tagesordnung auf morgen 9 Uhr und schließe die 148. Sitzung.