Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 142. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Vor Eintritt in die Tagesordnung bitte ich den Herrn Schriftführer, die Abwesenheit von Abgeordneten festzustellen.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Wittenburg, Kuhlemann, Giencke, Wirths, Dr. Schmidt ({0}), Eichler, Bauereisen, Mehs, Dr. Becker ({1}), Rische,' Agatz, Dr. Miessner. Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach die Abgeordneten Dr. Pferdmenges für vier Wochen wegen Krankheit; Frau Dr. Brökelschen, Jacobs, Baur ({2}), Dr. Bleiß, Frau Korspeter, Arndgen, Dr. Edert, Brese, Naegel, Dr. Schneider, Dr. Hammer, Lampl, Frau Kalinke, Löfflad für fünf Wochen wegen einer Studienreise in die USA; Frau Dr. Hubert, Frau Dr. Ilk, Frau Heiler für zwölf Wochen wegen einer Studienreise in die USA.
Entschuldigt sind die Abgeordneten Gockeln, Dr. Dr. Müller ({3}), Kuntscher, Leibfried, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Dr. Baur ({4}), Dr. Baade, Rademacher.
Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich einer traurigen Pflicht zu genügen.
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Am 14. Mai starb in einem Straßburger Krankenhaus unser Kollege, der Abgeordnete Ernst Roth. Er hat als Delegierter zum Europarat mitten in einer Rede vor der Beratenden Versammlung des Europarats einen Schlaganfall erlitten, dem er einige Tage später erlegen ist.
Ernst Roth ist nur 50 Jahre alt geworden. Schon im Jahre 1920 hat er sich für die politische Arbeit im Rahmen der SPD entschieden, und im Jahre 1932 ist er als jüngster Abgeordneter in den Deutschen Reichstag gewählt worden. Seine aufrechte Gesinnung zwang ihn im Jahre 1933 in die Emigration. Nach 1945 war er Hauptschriftleiter der sozialdemokratischen Zeitung im Saarland, aus dem er, der Kämpfer für Freiheit und Menschenrechte über Jahrzehnte hinweg, im Jahre 1948 ausgewiesen worden ist.
Vom Wahlkreis Neustadt an ,der Weinstraße wurde Ernst Roth als Abgeordneter in den Bundestag entsandt. Er gehörte in unserem Hause an: dem Organisationsausschuß, dem Ausschuß für Grenzlandfragen, dem Ausschuß zum Schutze der Verfassung, dem Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und Films und dem Ausschuß für Kulturpolitik. Mit seiner Frau, seinen beiden Söhnen und seinen betagten Eltern trauert der Deutsche Bundestag um den Verstorbenen.
Ernst Roth ist im wahrsten Sinne des Wortes in der vordersten Front der parlamentarischen Pflichten gefallen. Sein Leben lang hat er gekämpft für die Wahrheit, für die Freiheit und für das Menschenrecht. Was ihn einst aus Deutschland vertrieben hat, hat ihn nach Deutschland zurückgeführt, und in Deutschland, im saarländischen Teil Deutschlands und hier bei uns, hat er für nichts anderes gekämpft als für die Wahrheit, für die Freiheit, für das Menschenrecht, für ein freies Vaterland in einem freien Europa.
Am Morgen seines Todes kam er in höchster Erregung zu mir und sagte: Ich soll heute sprechen und auf die Rede eines saarländischen Delegierten von gestern abend antworten. Ich will sprechen für Europa, ich will sprechen für die Freiheit. Heute morgen sollte eine Pressekonferenz stattfinden, in der einige Saarländer der internationalen Presse mitteilen wollten, wie es an der Saar wirklich aussieht. Da sollte etwas für Europa getan werden - aber nun hat die französische Polizei diese Pressekonferenz verboten! Das regt mich so auf, daß ich nicht weiß, ob ich mit der nötigen Ruhe werde .sprechen können. - Das sagte er zu mir, ehe die Sitzung begann. Eine Viertelstunde später hielt er seine Rede, und mitten in dem Satz, in dem er von dem Verbot dieser Pressekonferenz sprach, brach er, von einem Gehirnschlag getroffen, zusammen, Einige Tage später war er tot. Er ist im Kampf um ein Europa des Rechts und der Freiheit gestorben.
Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen von den Sitzen erhoben. Ich danke Ihnen. Entsprechend der Übung des Hauses werden die amtlichen Mitteilungen ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Deutsche Bundesrat hat in seiner Sitzung am 11. Mai 1951 beschlossen, den folgenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. '77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen:
Gesetz zur Abänderung des niedersächsischen Arbeitsschutzgesetzes für Jugendliche vom 9.. Dezember 1948;
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Gesetz zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft;
Gesetz über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll;
Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes.
Der Herr Bundeskanzler hat unter dem 10. Mai 1951 zu dem Beschluß des Bundestages vom 15. Dezember 1950 betreffend Abschluß der Entnazifizierung berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 2241 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister des ,Innern hat unter dem 26. April 1951 die Anfrage Nr. 176 der Fraktion des Zentrums betreffend Gründung des „Stahlhelms" - Drucksache Nr. 2140 - beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 2202 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 16. Mai 1951 die Anfrage Nr. 179 der Fraktion der SPD betreffend Kohlenversorgung der Hausbrand- und Kleinverbraucher - Drucksache Nr. 2172 - beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 2256 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 5. Mai 1951 die Anfrage Nr. 180 der Fraktion des Zentrums betreffend Befreiung der freien Wohlfahrtsverbände und der ihnen angeschlossenen Einrichtungen von der Umsatzsteuer - Drucksache Nr. 2181 - beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 2251 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 12. Mai 1951 die Anfrage Nr. 182 der Fraktion der SPD betreffend Verschlechterung der Leistungen für Tuberkulosekranke - Drucksache Nr. 2189 - beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 2248 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 9. Mai 1951 die Anfrage Nr. 183 der Fraktion der FDP betreffend Inanspruchnahme von Grund und Boden für Besatzungszwecke - Drucksache Nr. 2190 - beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 2252 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 11. Mai 1951 die Anfrage Nr. 184 der Fraktion des Zentrums betreffend Steuerliche Erfassung von Mehrgewinnen - Drucksache Nr. 2195 - beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 2249 vervielfältigt.
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes ({2}) ({3});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({4}) ({5}).
({6})
Wir haben zunächst den Mündlichen Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen - Drucksache Nr. 2212 - entgegenzunehmen. Mit diesem Tagesordnungspunkt soll die Beratung der
Punkte 2 und 3 der heutigen Tagesordnung verbunden werden:
2. Zweite Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP, Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr ({7});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({8}) ({9}).
({10})
3. Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsteuergesetzes ({11});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({12}) ({13}).
({14})
Ich erteile zunächst das Wort diem Abgeordneten Neuburger als Berichterstatter zu Punkt 1.
Neuburger ({15}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens des Finanz- und Steuerausschusses habe ich Bericht zu erstatten über das Ergebnis seiner Beratungen über den von der Regierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und zur Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschattsteuergesetzes. Die vorgeschlagenen Änderungen beziehen sich im wesentlichen auf die Reduzierung von bisher geltenden Steuerbegünstigungen, und die Vereinfachungen sollen, soweit man von diesen sprechen kann, die spätere Handhabung dieser Änderungen erleichtern.
Zunächst hat sich der Ausschuß mit den Weihnachtszuwendungen befaßt, um den dem Hause nicht gerade günstig erscheinenden Eindrücken bei der Behandlung dieser Frage endgültig den Boden zu entziehen. Der Ausschuß schlägt dem Hohen Hause vor, den Freibetrag für Weihnachtszuwendungen nunmehr in das Gesetz aufzunehmen. Als Höchstbetrag sind 100 DM vorgeschlagen.
Die zu den §§ 4 und 5 vorgesehenen Änderungen beziehen sich auf die Einschränkung des Begriffs der Betriebsausgaben. Die Einschränkung selbst ist in § 9 a behandelt. Die §§ 7 a, b, c, d und e haben bekanntlich steuerliche Begünstigungen gebracht. Die Begünstigung für Ersatzbeschaffungen in § 7 a soll nunmehr nur noch für die Flüchtlings- und Vertriebenenbetriebe und gemäß einem im Ausschuß angenommenen Zusatzantrag für bombengeschädigte und demontierte Betriebe aufrechterhalten werden, soweit diese Betriebe durch die Kriegsschäden bzw. die Demontage ihre Erwerbs- und Wirtschaftsgrundlage zu mehr als 66 2/3 % verloren haben.
§ 7 c befaßt sich mit den Vergünstigungen für Darlehen und Zuschüsse zum Wohnungsbau. Die Regierung hat hier vorgeschlagen; den Betrag, der als begünstigt angesehen werden kann, auf 7000 DM pro Wohneinheit zu beschränken. Der Ausschuß hat dem Antrag der Regierung insoweit zugestimmt. Die Vergünstigungen für den Wohnungsbau bleiben nur noch für die gemeinnützigen Wohnbauunternehmen, für die Organe der staatlichen Wohnungsbaupolitik, für die gemeinnützigen Siedlungsunternehmen und für die Heimstätten bestehen. Im Ausschuß wurde sodann der Antrag gestellt, auch die freien Wohnungsunternehmungen
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in den Kreis dieser Begünstigten ausdrücklich einzubeziehen. Um Mißbräuche zu vermeiden, mußten verschiedene Einschränkungen vorgenommen werden. Das Unternehmen muß von dem steuerpflichtigen Geldgeber und seinen Angehörigen unabhängig sein; der steuerpflichtige Geldgeber und seine Angehörigen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar an einem solchen Wohnungsunternehmen beteiligt sein; und ferner muß sich dieses Unternehmen in bezug auf die Verwendung der empfangenen Mittel gewissen Nachprüfungsvorschriften unterwerfen. Im übrigen wurde in bezug auf die übrigen Wohnungsunternehmen und private Bauherren der Kreis dadurch eingeschränkt, daß Zuschüsse und Darlehen nur noch dann als abzugsfähig anerkannt werden, wenn dadurch Wohnungen zur Benutzung durch den Steuerpflichtigen selbst, seine Arbeitnehmer oder seine Familienangehörigen geschaffen werden. Man glaubt, daß durch diese Einschränkungen die bisherige, zum Teil angefochtene Ausnützung dieser steuerlichen Bestimmungen vermieden werden kann, ohne daß dadurch der Zweck der gesamten gesetzlichen Bestimmungen, nämlich den sozialen Wohnungsbau zu fördern, irgendeine Beeinträchtigung erfährt.
§ 7 d befaßt sich mit der Förderung der Schifffahrt. Auch hier mußten gewisse Sicherungen eingebaut werden. Es muß sieh zunächst um Schiffe handeln, die als schiffahrts- und fischereipolitisch förderungswürdig. anerkannt werden. Diese Anerkennung muß bei den Fischereifahrzeugen durch den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und bei den übrigen Schiffen durch den Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzminister und der Obersten Verkehrsbehörde des Landes, in dem der betreffende Bauherr seinen Wohnsitz bzw. eine Firma ihren Sitz hat, ausgesprochen werden.
§ 7 e der bisherigen Fassung, der den steuerbegünstigten Bau von Fabrikanlagen vorsah, wurde endgültig gestrichen.
Ich habe schon vorhin ausgeführt, daß der Begriff „Betriebsausgaben" eine gewisse Einschränkung erfährt, und zwar durch Einfügung des § 9 a. Dieser Paragraph enthält die Regelung hinsichtlich der Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden. Gemäß der Vorlage der Regierung - und der Ausschuß hat dem zugestimmt - sollen Ausgaben für Geschäftsfreunde in Zukunft nur noch zu 60 % als Betriebsausgaben steuerlich anerkannt werden, während der Rest von 40 % ordnungsgemäß zu versteuern ist. Um die Durchführung der Bestimmung sicherzustellen, sind verschiedene Kontrollmaßnahmen erforderlich, nämlich einmal eine verschärfte Aufzeichnungspflicht des Steuerpflichtigen und dann die Gegenkontrolle bei dem Gastwirt selbst. Die sehr umfangreichen Bestimmungen des § 9 a tragen diesen beiden Gesichtspunkten Rechnung. Der Gaststättenunternehmer hat das Doppel der Quittung zu numerieren und für mehrere Jahre aufzubewahren.
Der § 10 beschäftigt sich mit der Anrechnung von Sonderausgaben. Auch hier war eine gewisse Korrektur erforderlich. Die Bestimmungen über diese Sonderausgaben bezwecken im wesentlichen die Förderung der Kapitalbildung, also der Möglichkeiten der Fremdfinanzierung. Wesentliche Änderungen sind daher nicht erfolgt. Gewisse einschränkende Bestimmungen des Regierungsentwurfs fanden im Ausschuß keine Annahme. Die Pauschsätze für die Sonderausgaben sind geblieben.
Nur die Ziffern 2 c und 2 d des Abs. 1 mußten eine gewisse Einschränkung erfahren. Gemäß diesen Bestimmungen könnten z. B. die Beträge für gewisse Kapitalansammlungsverträge als Sonderausgaben abgesetzt werden. In der Praxis hat diese Bestimmung zu gewissen Mißbräuchen geführt, indem manche Steuerpflichtigen das Geld hierfür aufgenommen haben. Auf Veranlassung des Bundesrates sind nunmehr Bestimmungen eingefügt worden, wonach diese Beträge nur noch dann als steuerfrei anerkannt werden, wenn für solche Kapitalansammlungsverträge und für die Beschaffung von Genossenschaftsanteilen keine fremden Mittel verwendet werden.
Buchstabe e in Ziffer 2 des Abs. 1, der bisher für Beiträge zu mildtätigen, kirchlichen und religiösen Zwecken gewisse Steuerbefreiungen vorgesehen hat, wurde in dieser Fassung gestrichen. Es wurde ein neuer § 10 b geschaffen, in welchem die gesamten dieses Gebiet betreffenden Bestimmungen zusammengefaßt worden sind. Die Ausgaben und Zuwendungen für wissenschaftliche und als besonders förderungswürdig anerkannte gemeinnützige Zwecke wurden mit hineingenommen. Der Gesamtbetrag, der als Sonderausgabe anerkannt werden kann, wurde auf 5 % des Gesamtbetrages der Einkünfte bzw. auf 2 %o des Jahresumsatzes zuzüglich der im Jahre aufgewandten Lohnsumme beschränkt. Bisher war der über den Pauschbetrag hinausgehende Teil, der für Kapitalansammlungsverträge verwendete Betrag, zur Hälfte abzugsfähig, und zwar nach oben mit 15 % des Gesamtgewinnes begrenzt, jedoch im Höchstbetrag von 15 000 DM. Im Interesse der Kapitalbildung hat man diese Grenze von 15 000 DM gestrichen und es bei der Grenze von 15 % des Gesamtgewinnes belassen.
Die übrigen Bestimmungen sind rein technischer Natur und betreffen die Angleichung dieser Veränderungen an den Gesamttext.
Dann hat der § 26 im Ausschuß eine Erweiterung erfahren. Der § 26 des Gesetzes bestimmt, daß Ehegatten gemeinsam veranlagt werden. Dieser Paragraph statuiert also den Grundsatz der Haushaltsbesteuerung. Nach einer Verordnung vorn Jahre 1941 oder 1942 werden - dieser Rechtszustand besteht auch heute noch - in unselbständiger Arbeit stehende Ehegatten getrennt veranlagt. Im Ausschuß wurde nunmehr der Antrag gestellt, diese Bestimmung, die bisher in einer Durchführungsverordnung verankert war, in das Gesetz selbst aufzunehmen und dem § 26 einen Abs. 3 anzufügen, der also bestimmt, daß Ehegatten, soweit sie in unselbständiger Arbeit stehen, im Gegensatz zu dem Grundsatz der Haushaltsbesteuerung getrennt veranlagt werden.
Der § 32 bringt in bezug auf den Tarif eine Beschränkung, und zwar in der Weise, daß der Steuersatz für Höchsteinkommen nach oben auf 80 % des Gesamteinkommens beschränkt wird.
Steuerliche Begünstigungen im Sinne der Selbstfinanzierung brachten vor einem Jahre die §§ 10 a und 32 a. Auf Vorschlag der Regierung wurde der § 10 a gestrichen. Der Ausschuß hat sich diesem Vorschlag angeschlossen. Der § 32 a erfuhr dagegen eine gewisse Modifizierung. Dieser Paragraph hatte ja auch bereits früher im wesentlichen den Zweck, daß Personengesellschaften nicht höher besteuert werden sollten als Kapitalgesellschaften. Man hat nun den § 32 b neu gefaßt. Die Neufassung liegt Ihnen in dem Nachtrag zu Drucksache
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Nr. 2212 vor. Dieser § 32 b gibt nun den Unternehmern, und zwar gleichgültig, ob sie ihren Betrieb als Einzelunternehmer führen oder ob der Betrieb juristisch als Personalgesellschaft, also als offene Handelsgesellschaft oder als Kommanditgesellschaft, geführt wird, die Möglichkeit, den Gewinn nach den Sätzen für die Körperschaftsteuer zu versteuern. Wenn der Antrag gestellt wird, ist er für drei Jahre unwiderruflich. Er gilt also für drei Veranlagungszeiträume. Der Antrag umfaßt alle Einkünfte und m u ß alle Einkünfte umfassen. Der Besteuerung nach dem Tarif unterliegen die Vergütung für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen im Unternehmen und, wenn mehr entnommen ist als die Vergütung, die gesamten Entnahmen. Weiter ist eine Nachversteuerung vorgesehen für den Fall, daß nach drei Jahren der Antrag nicht mehr wiederholt wird.
Die Regierung hat sodann zu § 33 a ebenfalls eine Abänderung vorgeschlagen, und zwar im Sinne einer Vereinfachung. Der bisherige § 33 a sah für Flüchtlinge, Vertriebene und politisch Verfolgte die Anerkennung gewisser Sonderausgaben vor, und zwar a) in Form von Pauschalbeträgen, gestaffelt nach Steuerklasse I, Steuerklasse II, Steuerklasse III, und b) in Form der Verdoppelung dieser Pauschalbeträge bei Einzelnachweis. Zum Personenkreis gehörten nach dem Gesetz von vor einem Jahr noch Heimkehrer, soweit sie nach dem 1. Januar 1949 heimgekehrt sind. Es ergab sich die Notwendigkeit, den Stichtag für den Heimkehrerbegriff zurückzudatieren, da gerade im letzten Quartal 1948 sehr viele aus der Gefangenschaft entlassen wurden. Darum wurde .dieser Stichtag auf den 30. September 1948 zurückverlegt. Zugleich hat die Regierung als Ausgleich für den Wegfall der Verdoppelung der Pauschsumme im Interesse der Vereinfachung die Pauschbeträge selbst erhöht, und zwar in Steuerklasse I von 480 auf 540 DM, in Steuerklasse II von 600 auf 720 DM und in Steuerklasse III von 720 auf 840 DM.
In § 34 a waren die Steuerbegünstigungen für Mehrarbeit, also für Überstundenarbeit sowie für die tariflichen Zuschläge für Mehrarbeit, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit geregelt. Die Re- gierung hat die Steuervergünstigung für die Mehrarbeit als solche, also für die Mehrarbeitslöhne, gestrichen. Der Ausschuß hat diesen Vorschlag gebilligt. Geblieben ist noch die Steuervergünstigung für die tariflichen Zuschläge, und zwar sowohl für die Mehrarbeit selbst wie für die Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit.
In § 41, der die Abzugsfähigkeit gewisser Sonderausgaben für Lohnempfänger regelt, war in Ziffer 3 bestimmt, daß neben den Pauschbeträgen von 39 DM pro Woche Zahlungen zu Kapitalansammlungsbeträgen steuerbegünstigt und als Sonderausgaben abziehbar sind. Die Regierung hat vorgeschlagen, diesen Passus zu streichen, und zwar einmal aus Gründen der Vereinfachung und zum andern zur Vermeidung des Steuerausfalls. Der Ausschuß konnte sich diesem Vorschlag nicht anschließen. Er hat es bei der bisherigen Fassung der Bestimmung belassen.
Die Änderungen zu § 50 sind unwesentlich.
Ich komme jetzt zu den Ermächtigungsbestimmungen. Der Ausschuß hat, soweit es sich um die Ermächtigung allgemeiner Art handelt, diese auf den Veranlagungszeitraum 1951 beschränkt und dafür Sorge getragen, daß die Einzelbestimmungen
zum Erlaß von Rechtsverordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes nochmals besonders angeführt werden.
Damit möchte ich meine Ausführungen über die Änderungen des Einkommensteuergesetzes schließen.
({18})
Ich komme jetzt zu den Änderungen des Körperschaftsteuergesetzes. Der Entwurf bringt die Erhöhung der Sätze, und zwar von bisher 50 % auf nunmehr 60 %. Die vergünstigten Sätze für Hypothekenbanken werden von 25 % auf 30 % erhöht. Der Ausschuß hat ferner geglaubt, den privaten Bausparkassen dieselbe Steuerbegünstigung gewähren zu müssen wie den öffentlichen Bausparkassen. Das ist jetzt ein Satz von 30 %, also die Hälfte des generellen Satzes.
Entsprechend der Regelung in der Einkommensteuer mußte auch bei der Körperschaftsteuer eine Bestimmung getroffen werden über die Zuwendungen für die Förderung kirchlicher, religiöser und wissenschaftlicher Zwecke und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke. Solche Ausgaben sind bis zu 5 % der Gesamteinkünfte bzw. 2 %o der Jahreslohnsumme zuzüglich der Summe der Jahresumsätze als Betriebsausgaben abzugsfähig.
Die Ermächtigungsbestimmungen sind ähnlich gehalten wie bei der Einkommensteuer.
Abschließend möchte ich hinzufügen, daß die Bestimmung des § 33 a betreffend besonderen Pauschbetrag für die Flüchtlinge und Heimkehrer erst mit Beginn des Jahres 1952 in Kraft treten soll. Die übrigen Bestimmungen treten im wesentlichen mit der Verkündung dieser Gesetze in Kraft.
({19})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und rufe zur Einzelberatung auf.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch bekanntgeben, daß man sich - was ich bisher nicht wußte geeinigt hat, Punkt 3 der Tagesordnung, betreffend Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsteuergesetzes, heute nicht zu behandeln.
Ich glaube, es wird wohl auch besser sein, wenn wir die vorgeschlagene Verbindung der Tagesordnungspunkte 1 und 2 nicht vornehmen, sondern zunächst nur Punkt 1 behandeln und erst nach der Verabschiedung des unter 1 genannten Gesetzentwurfes den Punkt 2 aufrufen.
({0})
- Das Haus ist damit einverstanden.
Zur Einzelberatung rufe ich Abschnitt I auf.
({1})
- Zur Geschäftsordnung der Abgeordnete Dr. Besold!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Bayernpartei ist der Ansicht, daß auch Punkt 1 der Tagesordnung abzusetzen ist. Die Meinung der Koalitionsparteien und des Herrn Bundesfinanzministers ging dahin, den Ausgleich des Etats im Wege der Erhöhung von Steuern durch ein Steuerbukett, dessen Teile in innerem Zusammenhang miteinander stehen, durchzuführen und die in Frage kommenden Gesetzentwürfe zusammen zu verabschieden, um die wirtschaftlichen Auswirkungen übersehen, abwägen und zu einem Gesamturteil darüber kommen zu
({0})
können. Der berechtigte Widerstand der betroffenen Wirtschaftszweige und die zweifelhafte und wankende Haltung der Koalitionsparteien sowie die Undurchsichtigkeit der Auswege, wenn die Sonderumsatzsteuer wegfallen sollte, zeigen die sich berghoch türmenden Schwierigkeiten und lassen klar und deutlich die Gefährlichkeit des beschrittenen Weges, wenn nicht dessen Unmöglichkeit erkennen.
Eines steht fest: Die notwendige soziale Beruhigung, also die Erfüllung berechtigter, ja unerläßlicher sozialer Erwartungen und Bedürfnisse, die einen wesentlichen Bestandteil des Verteidigungsbeitrags der Bundesrepublik darstellt, darf keinesfalls unterbleiben. Die Lösung dieser unausweichlich vor uns stehenden Aufgaben kann aber nicht einfach dadurch erfolgen, daß man der Bevölkerung und der Wirtschaft immer neue Lasten aufbürdet, also nach dem verderblichen schematischen Grundsatz verfährt, daß sich die Einnahmen nach den Ausgaben zu richten hätten. So wie sich die Verhältnisse nunmehr entwickelt haben, kann es nicht weitergehen. Die Grenze der Tragbarkeit der Belastungen ist nicht nur erreicht, sondern überschritten. Die Schraube ist bereits überdreht.
({1})
Das ergibt sich auch aus den Erklärungen, die der Herr Bundesfinanzminister schon im Jahre 1950 bei der kleinen Einkommensteuerreform abgegeben hat.
({2})
Er hat damals erklärt, daß die Höchstbelastung erreicht ist. Das ergibt sich auch aus den ungewöhnlichen Reaktionen der Wirtschaft auf die nun drohenden Steuererhöhungen. Ferner ergibt sich aber diese Anschauung, auch dadurch, daß die Koalitionsparteien eine offenkundige -
Herr Abgeordneter Dr. Besold, ich glaube, ihre Ausführungen gehen über eine geschäftsordnungsmäßige Bemerkung hinaus.
({0})
Ich bitte Sie, Ihren Antrag zu stellen.
Die Fraktion der Bayernpartei stellt den Antrag, auch Punkt 1 der Tagesordnung .abzusetzen, weil es allgemeine Anschauung der Parteien gewesen ist, daß es zweckmäßig sei, sämtliche hier in Frage kommenden Steuergesetze gemeinsam zu beraten und danach zu beschließen.
Ich glaube, es wäre besser gewesen, wenn dieser Antrag gestellt worden wäre, ehe wir den Herrn Berichterstatter bemühten. Der Antrag ist nun aber gestellt. Wird dafür oder dagegen gesprochen? - Das wird nicht gewünscht. Ich lasse abstimmen. Wer für die Absetzung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Die überwiegende Mehrheit ist gegen den Antrag.
Nunmehr rufe ich auf § 1 Ziffer 1 a. - Keine Wortmeldung. Ziffer 1, - Ziffer 2, - Ziffer 3, - Ziffer 4, - Ziffer 5, - Ziffer 6. - Bis dahin sind keine Anträge angekündigt. Wer für die Annahme dieser Ziffern im Rahmen des § 1 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
({0})
- Herr Abgeordneter Wellhausen!
Hier ist ein Versehen passiert.
Dafür kann ich wohl nicht.
Dann darf ich das eben zur Geschäftsordnung sagen. Es handelt sich um den Antrag der FDP zu § 7 a. In der Gesetzesvorlage gehen die Ziffern, die Nummern, die Paragraphen wild durcheinander. Der Antrag, der sich auf die Ziffer 3 bezieht, ist noch nicht verteilt, Herr Präsident. Ich dachte, er wäre schon verteilt.
Ziffer 3 im Rahmen des § 1?
Im Rahmen des § 1!
Vizepräsident br. Schmid: Oder ist es Ziffer 3
zu § 7?
Dr. Wellhausen: Nein, die Ziffer 3 im Rahmen dieses § 1. Dazu kommt ein Antrag der FDP; er ist in der Maschine oder in der Druckerei.
Wir haben aber schon abgestimmt, Herr Kollege. Sie können Ihren Antrag in dritter Lesung vorbringen.
- Es tut mir leid, aber das liegt ja nicht an mir, sondern an dem Büro.
Das Büro tut, was es tun kann.
Ich auch!
({0})
Nur kann das Büro erst dann tun, was es tun kann, wenn Sie getan haben, was zu tun nun einmal Ihnen oblag.
Das habe ich getan. Heute um 11 Uhr habe ich den Antrag hinuntergegeben.
Das war zu spät.
Herr Präsident, ich glaube, das wird uns im Laufe der Beratungen noch öfter unterlaufen. Es handelt sich zwar nicht um eine wichtige Angelegenheit; aber eine Instanz verlieren - wie man zu sagen pflegt - möchte ich deswegen doch nicht. Ich möchte bitten, das Einverständnis des Hauses herbeizuführen, diesen Paragraphen nochmals zu behandeln, wenn die Drucksache verteilt ist.
Ist das Haus einverstanden?
({0})
Ich habe über diese Ziffern insgesamt abstimmen lassen, weil bisher keine Anträge angemeldet waren. Das war die allgemeine Übung des Hauses.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir haben feststellen müssen, daß ein Antrag, in dem die Einfügung des § 5 a beantragt ist und der deswegen ziffernmäßig vor dem jetzt zur Debatte stehenden Punkt behandelt werden müßte, noch nicht verteilt ist.
({0})
Ich möchte zur glatteren Abwicklung der Debatte vorschlagen, daß wir bis zur Verteilung sämtlicher Drucksachen einstweilen einen anderen Punkt der Tagesordnung behandeln. Denn die Beratung kann ja nicht fruchtbar durchgeführt werden, wenn die Unterlagen noch nicht vorhanden sind.
Der Umdruck Nr. 167, auf den Sie sich, Herr Abgeordneter Seuffert, wohl beziehen, ist jetzt verteilt.
({0})
- Dann ist er in der Verteilung begriffen. Ich habe ihn soeben auf den Tisch gelegt bekommen. Ich glaube, es wäre kein gutes Verfahren, wenn wir die Beratungen jetzt unterbrechen würden. Wir sollten in der Einzelberatung fortfahren,
({1})
wobei das Haus damit einverstanden ist, daß die Abstimmung insoweit als nicht vorgenommen gilt, als über den Antrag Wellhausen zu Ziffer 3
({2}) nicht abgestimmt werden konnte. Ist das Haus einverstanden? ({3})
Dann ist ein Abänderungsantrag der Fraktion des Zentrums, Umdruck Nr. 176, angekündigt, gemäß welchem nach Ziffer 6 eine neue Ziffer 6 a eingefügt werden soll. Wer begründet den Antrag?
- Das Wort hat der Abgeordnete Bertram. ({4})
- Noch nicht verteilt?
Ich bitte, auch diesen Punkt zurückzustellen.
Meine Damen und Herren, der Antragsteller bittet, auch diese Ziffer zurückzustellen. Wir können aber so nicht verhandeln. Ich schlage vor, diesen Punkt der Tagesordnung bis zur Verteilung der Drucksachen mit den Abänderungsanträgen vorläufig abzusetzen und mir zu gestatten, einen anderen Punkt der Tagesordnung vorwegzunehmen. Ist das Haus einverstanden?
({0})
- Dann wird so verfahren.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP, Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({2}) ({3}).
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Povel als Berichterstatter.
Dr. Povel ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe über das Exportförderungsgesetz zu berichten, das heute in zweiter Lesung ansteht. Der Zweck des Gesetzes besteht darin, steuerliche Maßnahmen zu ergreifen, um den Export zu fördern. Neben der Exportförderung durch steuerliche Maßnahmen sind noch andere Maßnahmen, und zwar wirtschaftspolitische und finanzpolitische Maßnahmen, getroffen worden. Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen bestehen in der Hauptsache darin, daß man dem C Export in der Zuteilung von ausländischen Rohmaterialien, hauptsächlich von ECA-Rohmaterialien, und auch von inländischen Rohmaterialien Priorität eingeräumt hat. Die kreditpolitischen Maßnahmen sind in der Hauptsache dadurch gekennzeichnet, daß man die Kreditrestriktion, die ja in der allgemeinen Wirtschaft eine so große Beschränkung der Liquidität hervorgerufen hat, bei den Exportgeschäften nicht anwendet. Außerdem können die Exporttratten gezogen werden, wodurch es dem Exporteur ermöglicht ist, billige Kredite zu bekommen. Die Kredite, die der Exporteur durch Exporttratten bekommt, richten sich nach den Sätzen, die in den Bestimmungsländern Gültigkeit haben. Beispielsweise sind die Diskontsätze in der Schweiz 1 1/2 %, in den USA 1 3/4 % und in den Pfund-Ländern 2 %. Unter Berücksichtigung der 3 °/o, die noch durch die Bankprovisionen hinzukommen, kann man also damit rechnen, daß der Exporteur präterpropter seinen Export mit 5 % Jahreszinsen vorfinanzieren kann. Dadurch ist er in einer verhältnismäßig günstigen Lage.
Neben diese allgemeinen wirtschaftlichen Maßnahmen treten nun die in diesem Gesetz vorgeschlagenen steuerlichen Maßnahmen. Die Regierung und sämtliche Parteien waren sich im Ausschuß über folgendes klar. Es sollte in jeder Weise verhindert werden, daß durch dieses Gesetz der Eindruck entsteht, daß wir mit unseren Exportwaren Dumping betreiben wollen. Das Gesetz soll nur insoweit einen steuerlichen Anreiz geben, als dieser Anreiz notwendig erscheint. Außerdem soll die Förderung nur bis zum Jahre 1954, also bis zum Jahre 1953 einschließlich gelten. Es ist nämlich zu bedenken, daß der steuerliche Ausfall, den wir durch dieses Gesetz haben, verhältnismäßig C recht groß ist. Wir rechnen damit, daß an Einkommensteuern ein Betrag von 151 Millionen DM und an Umsatzsteuern ein Betrag von 140 Millionen DM ausfällt. Diese Beträge sind nach den Umsätzen des Vorjahres, also nicht des laufenden Jahres, errechnet. Wenn wir das Ziel erreichen wollen, den Export um 50 % zu steigern, müssen wir also damit rechnen, daß wir einen Steuerausfall von über 400 Millionen DM erleben werden. Es ist allerdings zu bedenken, daß die Steuervergünstigungen bei den Ertragsteuern zur Hälfte jeweils nur gestundet werden, daß steuerfreie Reserven gebildet werden, die im Laufe von zehn Jahren amortisiert werden.
Wir haben bei den Beratungen im Ausschuß zwischen den Warenlieferungen und den Leistungen unterschieden. Bei den Warenlieferungen sind wir davon ausgegangen, daß im allgemeinen der Exportumsatz als Grundlage für die Förderung dienen soll, während bei den Leistungen die Devisenspitzen als Grundlage dienen. Dann mußten wir in der Höhe der Vergünstigungen zwischen den Exporten, die von den Fabrikanten, und den Exporten, die von dem Handel durchgeführt werden, unterscheiden. Ferner muß zwischen den Inlandswaren, die exportiert werden, und den Auslandswaren unterschieden werden, die in Form von Transitwaren über Deutschland exportiert werden. Ferner waren die Sätze zu staffeln, je nachdem, ob es sich um Rohstoffe, Halbfabrikate oder Fertigfabrikate handelt. Wichtig war es auch, in etwa die Exportwertigkeit zu berücksichtigen. Es kann ja sogar vorkommen, daß der Export bestimmter Waren unerwünscht ist. In § 4 a ist vorgesehen, daß unerwünschte Exporte nicht gefördert werden.
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Für besonders exportwertige Waren ist weiterhin vorgesehen, durch eine Entschließung, die Ihnen unter Ziffer 2 des Ausschußberichts vorliegt, die Möglichkeit zu geben, weitere Anreize steuerlicher Art zu schaffen.
Über den Inhalt des Gesetzes möchte ich nur kurz folgendes sagen. In Abschnitt I ist zwischen der steuerfreien Rücklage, die für Fertigwaren der Industrie auf 3 % festgesetzt worden ist, und dem bei der Gewinnermittlung absetzbaren Betrag zu unterscheiden, der beim Handel auf 1 % und bei Industriexporten auf 3 % festgesetzt worden ist.
In Abschnitt II sind die Umsatzsteuervergütungen festgelegt. Die Höhe ist je nach den steigenden Umsatzsteuersätzen auf 0,75 % bei Grundstoffen, auf 1,5 % bei Halbfabrikaten und auf 4 % bei Fertigfabrikaten vorgesehen.
In Abschnitt III handelt es sich um eine Befreiung von der Wechselsteuer, auch wenn die Wechsel im Inland zahlbar gestellt sind.
Es ist noch ein Abschnitt III a angefügt worden, in welchem bestimmt wird, daß die Versicherungssteuer beim Export und beim Transitverkehr wegfällt.
Einige Zweifelsfragen sind im Ausschuß ausführlich besprochen worden. Es ist die Frage aufgetaucht, ob der in dem Initiativentwurf der Parteien vorgesehene Gesamtumsatz von 5 % als Mindestvoraussetzung beibehalten werden soll. Außerdem war in dem Entwurf vorgesehen, daß ein Mindestexportumsatz von 10 000 DM erreicht werden muß. Der Ausschuß ist zu dem Ergebnis gekommen, die 5 % zu streichen. Die Vergünstigung kann also ohne Rücksicht auf den prozentualen Exportanteil in Anspruch genommen werden. Außerdem hat man den Mindestexportumsatz von 10 000 auf 5 000 DM heruntergesetzt.
Längere Zeit wurde auch über die Frage verhandelt, wie das Verhältnis bei den Vergütungen zwischen Industrie und Handel sein sollte. Der Handel hatte beantragt, die Hälfte von dem zu bekommen, was die Industrie bekam. Man hat aber an dem Entwurf festgehalten und hat das Verhältnis 1 : 3 vorgesehen. Dafür hat man aber beim Transithandel im reinen Transithandel 10 % der Devisenspitze als einkommensteuerlich absetzbaren Betrag vorgesehen, und zwar mit dem Stimmenverhältnis 11 zu 2. Beim gebrochenen Transithandel - das ist der Transithandel, bei dem geringfügige Bearbeitungen oder Umpackungen vorgenommen werden - hat man 6 % der Devisenspitze vorgesehen.
Wichtig war die Beurteilung der Frage, wie es in der Exportvergütung für besonders exportwichtige Waren werden sollte. Der Ausschuß ist bei der Einteilung in Roh-, Halb- und Fertigfabrikate geblieben, hat aber den Vorschlag gemacht, daß eine Verfeinerung durchgeführt wird und daß his Ende des Jahres von der Regierung ein neuer Vorschlag vorgelegt wird, auf Grund dessen dann die Besserstellung der besonders förderungswichtigen Exporte erfolgen kann.
Der Ausschuß bittet Sie, den Ausschußentwurf zu genehmigen und außerdem die Entschließung anzunehmen, die unter Ziffer 2 aufgeführt ist.
Ich bin gebeten worden, Ihnen noch folgende redaktionelle Änderungen vorzuschlagen. In der vom Ausschuß beschlossenen Fassung des § 3 Abs. 3 Ziffer 2 erste Zeile tritt an die Stelle des Wortes „Auslieferungen" das Wort „Ausfuhrlieferungen". Das ist ein Schreibfehler.
In der Fassung des 11. Ausschusses § 6 Abs. 2 ist im ersten Satz hinter das 'Wort „Diskontierung" der folgende Halbsatz einzufügen:
sofern die Außenhandelsbank auf dem Wechsel bestätigt, daß dem Wechsel ein Lieferungsgeschäft an das Ausland zugrunde liegt oder der Wechsel dem Aussteller zur Finanzierung von Lieferungsgeschäften an das Ausland dient.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich möchte aber, ehe wir in die Aussprache eintreten, darauf hinweisen, daß wir die Resolution zu Ziffer 2 der Drucksache Nr. 2213 heute nicht zur Abstimmung stellen können. Resolutionen werden erst nach Abschluß der dritten Lesung abgestimmt. So lautet die Geschäftsordnung.
Ich rufe auf § 1.
({0})
- Zur Geschäftsordnung der Abgeordnete Pelster.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selbst auf die Gefahr hin, daß der Herr Präsident auch mir antworten wird, es wäre gut gewesen, der Antrag wäre vor der Berichterstattung gestellt worden, möchte ich doch bitten, dieses Gesetz heute nicht zu verhandeln und in den Ausschuß zurückzuverweisen, und zwar aus folgendem Grunde. Diese Dinge müssen nochmals reiflich überlegt werden; sie stehen mit der Gesamtgesetzgebung auf dem Gebiete der Steuern im Zusammenhang. Mir scheint auch, daß die festgelegten Sätze wesentlich über das hinausgehen, was trag-. bar ist.
({0})
Es ist möglich, daß ich mit einem ganz kleinen Kapital, meinetwegen von 100 000 DM, mit dem ich arbeite, in meinem Geschäft einen ungeheuren Export in einem Jahre bewirken kann. Bei der Gewinnermittlung habe ich 3% Abschreibungsmöglichkeiten, um eine gewisse Rücklage zu bilden, und obendrein noch bis zu 3 % ebenfalls Vergütung, so daß bei großen Exporten Möglichkeiten bestehen, bis zu 1 Million DM, will ich mal sagen, zurückzustellen. Infolgedessen habe ich dann auf 10, 15 Jahre überhaupt keine Einkommensteuer zu bezahlen. So können die Dinge meines Erachtens nicht gehen. Wir müssen das Gesetz nochmals in den Ausschuß zurückverweisen.
({1})
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Wellhausen.
Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz, das uns vor etwa einem Jahre schon angekündigt worden ist, zu dem später der Bundesrat, was ja selten vorkommt, die Initiative ergriffen hat, ist im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen in drei oder vier Sitzungen auf das ausführlichste behandelt worden, und ich wundere mich, daß das sehr geschätzte Mitglied dieses Ausschusses Herr Pelster diesen Antrag hier stellt. In Rede und Gegenrede, woran sich auch die Opposition sehr intensiv beteiligt hat, sind alle Argumente ausführlich vorgetragen worden. Wir hatten sogar den Eindruck - ich bitte, mich eventuell zu berichtigen -, daß über die Notwendigkeit und die Grundsätze dieses Gesetzes auch mit der Opposition Einverständnis bestand. Ich glaube doch, meine Damen und Herren, wir können nicht bloß
({0})
immer Steuergesetze beschließen, durch die Geld in die Kassen fließt, sondern wir müssen auch solche Steuergesetze beschließen, durch die volkswirtschaftlich notwendigen Aufgaben - und welche ist notwendiger als die Ausfuhr, das hören Sie sogar schon auf den Gassen - eine Erleichterung geschaffen wird. Ich bin daher leider genötigt, dem Antrag des Herrn Pelster zu widersprechen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Mellies.
Meine Damen und Herren! Man kann nicht gerade sagen, daß sich hier eine Lage entwickelt, die für das Ansehen des Parlaments förderlich ist. Wir haben in den letzten Wochen von seiten der Regierung und auch von seiten der' Regierungsparteien immer wieder gehört, daß nichts dringender sei, als diese Steuergesetze und auch dieses Gesetz zur Förderung der Ausfuhr zu verabschieden. Heute erleben wir nun in diesem Hause, daß es offenbar noch nicht möglich ist, eine dieser Vorlagen in der zweiten Lesung zu verabschieden, obwohl auf Wunsch des Finanzministers und auf Wunsch auch der Regierungsparteien doch zunächst vorgesehen war, schon am gestrigen Tage die zweite Lesung vorzunehmen. Wenn ein solches Durcheinander vorhanden ist, wäre es doch zweckmäßig, daß die Regierungsparteien versuchten, zunächst einmal untereinander zu einer Einigung zu kommen und nicht dauernd der Öffentlichkeit das Schauspiel zu bieten, daß man glaubt, eine Einigung gefunden zu haben, dann aber hier im Bundestag alles wieder auseinanderfällt und durcheinanderläuft.
Was diesen besonderen Punkt betrifft, so sind unsere Bedenken gegen dieses Gesetz im Ausschuß bereits vorgetragen worden. Wir werden für die Rückverweisung an den Ausschuß stimmen, obwohl auch wir unserer großen Verwunderung darüber Ausdruck geben müssen, daß ausgerechnet ein Mitglied der Regierungsparteien, das dem Ausschuß angehört hat, einen solchen Antrag auf Rücküberweisung stellt.
Keine weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsordnung. Dann ist die Aussprache hierüber geschlossen.
Ich lasse abstimmen. Wer für die Rückverweisung an den Ausschuß ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; die Vorlage ist an den Ausschuß zurückverwiesen.
Da die Drucksachen zu Punkt 1 der Tagesordnung noch nicht verteilt sind, rufe ich nunmehr Punkt 5 der Tagesordnung auf.
({0})
- Punkt 4 kann nocht nicht aufgerufen werden, da der Abgeordnete Strauß sich für eine halbe Stunde entschuldigt hat.
({1})
- Wir werden sehen, Herr Abgeordneter Schoettle. Ich stelle fest, daß Sie ganz offensichtlich heute Ihren neugierigen Tag haben!
({2})
Also Punkt 5 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Viehzählungen vom 31. Aktober 1938 ({3}),
Der Ältestenrat schlägt vor, eine kurze Begründung durch die Regierung entgegenzunehmen, auf eine weitere Aussprache zu verzichten und den Punkt sofort an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. - Wie mir eben gesagt wird, verzichtet die Regierung auf Begründung. Ist das Hohe Haus geneigt, diesen Gesetzentwurf in erster Lesung unter ausschließlichem Bezug auf die schriftliche Begründung entgegenzunehmen? - Kein Widerspruch. Ist das Haus bereit, diesen Entwurf ohne weitere Aussprache dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die richterliche Vertragshilfe ({4}) ({5}).
Der Herr Bundesjustizminister scheint nicht da
zu sein. Ich habe ihn zwar vorhin gesehen, aber
im Augenblick ist er nicht anwesend.
({6})
Meine Damen und Herren, diesem Gesetzentwurf ist eine sehr ausführliche schriftliche Begründung beigegeben. Der Herr Justizminister kann Sie nicht darum bitten, sich mit dieser Begründung zu begnügen. Ich substituiere mich ihm insoweit und frage Sie: Begnügen Sie sich mit der schriftlichen Begründung, oder legen Sie Wert auf mündlichen Vortrag dieser Begründung? - Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich dies fest. Eine Aussprache soll nach dem Vorschlag des Ältestenrates nicht erfolgen, sondern der Antrag soll dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen werden. Ist das Haus damit einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich habe immer noch nicht die angekündigten Drucksachen zu Punkt 1 der Tagesordnung.
({7})
- Da wir den Haushaltsplan des Bundeskanzleramtes nicht gut so zwischendurch gewissermaßen als quantité négligeable beraten können, rufe ich Punkt 8 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({8}) über den Antrag der Fraktion der Bayernpartei betreffend Vorlage eines Gesetzes über den Verkehr mit Gemüse und Obst ({9}).
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Schill als Berichterstatter.
Schill ({10}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter dem 20. April 1951 haben die Bayernpartei und Abgeordnete der CDU/CSU einen Antrag gestellt betreffend Übergangsregelung für die Einfuhr von Obst und Gemüse. Der Antrag lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird ersucht, zum Ausgleich jahreszeitlicher Marktschwankungen
1. soweit es die Handelsverträge zulassen, die vereinbarten Einfuhren von Gemüse und Obst zeitlich und mengenmäßig zu verteilen oder notfalls zu begrenzen;
2. bei dem Abschluß neuer Handelsverträge auf die Vereinbarung von Bestimmungen hinzuwirken, die eine Verteilung der Einfuhren im Sinne der Ziffer 1 ermöglichen.
({11})
Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich in seiner Sitzung vom 25. April 1951 mit diesem Antrage befaßt. In der Debatte wurden folgende Punkte besonders hervorgehoben.
Erstens: Eine beschleunigte innere Marktordnung auf dem Obst- und Gemüsegebiet ist dringend erforderlich. Der Ausschuß ist sich klar darüber, daß es sich hier um ein sehr schwieriges Gesetz handelt. Zweitens: Um akute Gefahren sofort beheben zu können, ist ein Wirksamwerden der geplanten Sperrfristen schon jetzt notwendig. Drittens: Zur Klarstellung der Größenordnungen erbittet der Ausschuß vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Zahlenangaben darüber, wie hoch der Gesamtverbrauch an Obst - ausgedrückt in D-Mark - ist, wie hoch der prozentuale Anteil an Südfrüchten, wie hoch der Gesamtverbrauch an Gemüse und wie hoch der Anteil der Einfuhr sind.
Bei Besprechungen im Ausschuß wurde von den verschiedensten Abgeordneten darauf hingewiesen, daß das neue Marktordnungsgesetz für Obst und Gemüse wohl das schwierigste von allen Marktordnungsgesetzen sein werde. Man war sich dabei darüber einig, daß es grundsätzlich notwendig ist, den Anbau von Obst und Gemüse auf den Bedarf einzustellen. Bei dieser Kontingentierung soll besonders der große Betrieb vom Gemüsebau zu anderen Kulturen übergehen, während man den Gemüse- und Obstbau den bodenständigen Betrieben, also den Klein- und Mittelbetrieben vorbehalten will.
Ferner war man sich klar darüber, daß es zum Schutz des Obst- und Gemüsebaues in Deutschland notwendig ist, die Einfuhrpolitik sehr vorsichtig zu gestalten. Man wird um Sperrfristen nicht herumkommen. Die Sperrfristen sind für gewisse Zeiten, in denen die inländischen Produkte auf dem Markt vorhanden sind, gedacht, um die ausländische Einfuhr entsprechend abzustellen. Diese Sperrfristen müssen mit dem Ausland ausgehandelt werden. Allerdings wurde auch betont, daß diese Sperrfristen und überhaupt das ganze Marktordnungsgesetz den Außenhandel nicht erschweren dürfen.
Der Ausschuß war sich aber auch klar darüber, daß es notwendig ist, Maßnahmen zu treffen, um die inländische Produktion absetzen zu können. Um nun für die angelieferten Produkte einen Mindestpreis garantieren zu können, sind eben Mittel notwendig. Man denkt in diesem Zusammenhang an die Organisationsformen in Holland. Hierzu sind also einmal Gelder aus Bundesmitteln erforderlich; ein gewisser Teil dieser Gelder wird aber auch durch Abschöpfung bei Verkaufseinrichtungen angesammelt werden.
Weiter war sich der Ausschuß klar darüber, daß, wenn das Marktordnungsgesetz für Obst und Gemüse funktionieren soll, der Einsatz der genossenschaftlichen Selbsthilfe notwendig ist und daß sich der Berufsstand in sehr starkem Maße einsetzen muß. Die Notwendigkeit der Errichtung großer Obstbaugenossenschaften, wo sie noch nicht bestehen, wurde einmütig anerkannt. Diese Genossenschaften haben als Träger der Kredithergabe zu gelten und müssen auch dafür Sorge tragen, daß durch vorbildliche. Sortierung von Obst und Gemüse und durch das Anbieten von erstklassiger Ware in großen Mengen die Marktbeherrschung eben in die Hand des bäuerlichen Berufsstandes gelangt. Man war sich einig darüber, daß in dieser Beziehung noch eine große Erziehungsarbeit in der Landwirtschaft geleistet werden muß und daß der Bauernstand sich hier solidarisch erklären muß.
Ein Abgeordneter vertrat die Meinung, daß die Regierung Maßnahmen ergreifen solle, um ausländische Getränke wie z. B. Coca Cola zu verbieten, damit man den Apfelsaft besser absetzen könne. Die Durchführung einer solchen Maßnahme wurde von seiten der Regierung als unmöglich erklärt. Es wurde auch betont, daß die Süßmostereien eben Gleichwertiges anbieten und nicht immer Kompetenzstreitigkeiten unter sich selbst austragen sollten.
Dann trat der Ausschuß an das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten heran, um eine Darstellung der Anbaufläche, der Einfuhren usw. zu erhalten. In der Zwischenzeit hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten dem Ausschuß verschiedene Zahlen zugänglich gemacht. Diese Zahlen betreffen zunächst einmal die Einfuhr. Die Einfuhr von Gemüse betrug im Jahre 1948 172 393 Tonnen, im Jahre 1949 216 000 Tonnen und im Jahre 1950 278 967 Tonnen. Die Einfuhr an Obst betrug im Jahre 1948 58 962 Tonnen, im Jahre 1949 304 688 Tonnen und im Jahre 1950 215 825 Tonnen. Die Werte dieser Einfuhren betrugen bei Gemüse im Jahre 1948 37,2 Millionen DM, 1949 61,1 Millionen DM und im Jahre 1950 101,8 Millionen DM, bei Obst im Jahre 1948 13,1 Millionen DM, 1949 92,7 Millionen DM und im Jahre 1950 94,1 Millionen DM.
Die ausländische Einfuhr hat dazu geführt, daß die Anbaufläche bei Gemüse sehr stark zurückging. Sie betrug in den Jahren 1948 bis 1950 im Bundesgebiet etwa 128 000 ha und ist Auf 66 700 ha, also unter den Vorkriegsstand, zurückgegangen. Die Gemüseanbaufläche des Erwerbsanbaues hat abgenommen. Umgerechnet auf den Kopf der Bevölkerung betrug sie im Jahr 1939 20,3 qm, 1948 25,6 qm, 1949 17,4 qm und 1950 nur noch 13,3 qm.
Bezüglich der Erzeugung von Obst und Gemüse sind folgende Zahlen vielleicht interessant. Der Verbrauch in der Bundesrepublik im Jahr 1950 setzt sich zusammen aus 2 033 000 t Eigenproduktion im Werte von etwa 550 Millionen DM und den Obsteinfuhren, die im gleichen Jahre 216 000 t im Werte von 94 Millionen DM betrugen. Dann interessiert auch der prozentuale Anteil der Südfrüchte am Obstverbrauch. Der Bedarf an Südfrüchten kann nur aus Einfuhren gedeckt werden. Im Jahr 1950 wurden 378 000 t Südfrüchte im Wert von etwa 244 Millionen DM eingeführt. Bei einem Gesamtverbrauch von Obst in der Größenordnung, wie ich sie vorhin schon betonte, beträgt der Anteil der Südfrüchte 14,4 °/o oder wertmäßig 26,5 °/o. Die Produktion des Erwerbsanbaues an Gemüse betrug im Jahr 1950 1 356 000 t im Werte von etwa 225 Millionen DM. Die Produktion aus Haus- und Kleingärten wird im gleichen Berichtsjahre auf 1,3 Millionen t geschätzt. Die Einfuhr an Gemüse betrug im Berichtsjahre 279 000 t im Werte von etwa 102 Millionen DM. Der Anteil der Gemüseeinfuhren im Verhältnis zur eigenen Produktion im Erwerbsanbau errechnet sich im Jahre 1950 auf 17,1 °/o, der Anteil der Gemüseeinfuhren an der gesamten Gemüseproduktion im Jahre 1950 auf 9,5 °/o.
Das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten stimmt dem Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten durchaus zu und ist der Meinung, daß die Schaffung
({12})
eines Marktgesetzes für Obst und Gemüse ein dringendes Erfordernis ist. Es ist ferner der Meinung, daß man die Sperrfristen schon vor Erlaß dieses Gesetzes wirksam werden lassen sollte.
Der Ausschuß selbst hat dann einstimmig beschlossen, den Antrag in der Drucksache Nr. 2203 anzunehmen. Ich habe die Ehre, den einstimmig angenommenen Antrag des Ausschusses dem Hohen Hause zur Abstimmung vorzulegen.
({13})
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Aussprache. - Herr Abgeordneter Horlacher scheint nicht da zu sein, sonst hätte ich ihm das Wort zur Eröffnung der Aussprache erteilt. Wer meldet sich zum Wort? - Herr Abgeordneter Kriedemann.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, meine Damen und Herren, die Gesamtaussprache auf 40 Minuten zu begrenzen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Menschen, die in Deutschland von der Erzeugung von Obst und Gemüse leben, und besonders diejenigen, die nicht auf eine andere landwirtschaftliche Erzeugung ausweichen können, weil ihre Bodenverhältnise und die klimatischen Verhältnisse ihnen das nicht erlauben, werden nicht gerade den Eindruck haben, daß das, was hier eben berichtet worden ist, ihrer Lage wirklich schon einigermaßen gerecht geworden ist. Das soll nun nicht etwa eine Kritik an dem Herrn Berichterstatter sein, denn er kann nicht mehr tun, als über das berichten, was im Ausschuß beredet worden ist. Und im Ausschuß ist sehr gründlich über die Dinge geredet worden. Es hat meiner Meinung nach keinen Zweck, daß wir hier noch einmal die Tatbestände aufzählen, die oft genug vorgetragen worden sind. Hier muß nun wirklich etwas getan werden. d. h. die Regierung muß etwas tun, und sie muß mit dem von ihr schon seit Längerer Zeit angekündigten Marktordnungsgesetz für Obst und Gemüse endlich herauskommen. Solange wir dieses Gesetz nicht haben, scheint mir wirklich jede weitere Diskussion überflüssig zu sein. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nur darauf hinweisen, daß hier sehr schnell und endlich gehandelt werden muß, weil die einzelnen landwirtschaftlichen Erzeuger in der Tat in solch unerträglicher Weise belastet werden, daß sie mit den Verhältnissen allein nicht fertig werden können.
Das Wort hat der Abgeordnete Eichner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen dankbar den Beschluß und den Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Es -ist in der Tat an der Zeit, die Ordnung des inländischen Marktes der Erzeugnisse des deutschen Garten- und Obstbaus sowie seines Verhältnisses zum Auslandsmarkt in die Wege zu leiten. Es geht im wesentlichen um drei Hauptaufgaben: um die Sicherung der ausreichenden und preismäßig tragbaren Versorgung der Verbraucher, um die Schaffung der Grundlagen einer rentablen einheimischen Erzeugung, die intensiviert, mengenmäßig vermehrt, qualitativ verbessert und standardisiert werden muß, und um den Schutz der Zahlungsbilanz. Die ruinösen chaotischen Marktverhältnisse, wie sie sich im letzten Jahr entwickelten, dürfen sich nicht wiederholen.
Die bisherige übermäßige Liberalisierung im Bereich der Gemüse- und Obsteinfuhren muß eingeschränkt werden. Gegenüber einem Importbedarf von 190 000 t Gemüse wurden 1950 nicht weniger als 282 000 t, also fast 50 % zuviel, an Südfrüchten gegenüber einem Importbedarf von 330 000 t tatsächlich 470 000 t, also 43 % zuviel, eingeführt.
Gewiß kann, wer nicht kauft, auch nicht verkaufen. Aber die Ausschreibungen für die Gemüse- und Obstimporte können und dürfen nicht überwiegend oder ausschließlich nach den Ausfuhrbedürfnissen der OEEC-Länder oder nach dem Diktat der OEEC-Behörde erfolgen, insbesondere auch nicht nur oder hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Herstellung des Gleichgewichts der holländischen Zahlungsbilanz. Es wird alsbald und streng zu prüfen sein, ob und inwieweit die Einfuhren von Gemüse und Obst aus dem liberalisierten Außenhandel herauszunehmen sind. Die durchzuführende Gesamtregelung, die also die Marktordnung für Gemüse und Obst, auch die Einhaltung eines Einfuhr- und Versorgungsplans des Bundesernährungsministeriums bei Abschluß neuer Handelsverträge, -
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende. Kommen Sie zum Schluß!
({0})
- ferner die Anordnung allgemein gültiger Sperrfristen bei der Einfuhr von Gemüse und Obst während der Haupterntezeiten sichern und den sogenannten Generalplan umfassen soll, wird vornehmlich auf die genossenschaftliche Selbstverwaltung des einheimischen Gartenbaus zu gründen sein.
Zum Schluß möchte ich dem Wunsch und der Hoffnung Ausdruck geben, daß die in der Drucksache Nr. 2179 geforderte Übergangsregelung für die Einfuhr von Gemüse und Obst baldmöglichst zur Beratung und Erledigung gelangt.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Rath.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz über den Verkehr mit Obst und Gemüse hat eine solch große und weittragende Bedeutung, daß sie nicht zu übersehen ist. Ich möchte aber die Worte unterstreichen, die Herr Kriedemann hier gesprochen hat: Solange wir eine solche Vorlage nicht haben, kann darüber nicht debattiert werden. Es geht hier, um es kurz zu sagen, letzten Endes um den Obstbau als solchen. Wenn nämlich wieder solche Dinge passieren, wie sie im letzten Jahr vorgekommen sind, so ist es nach meinen Kenntnissen in vielen Gebieten um den Obstbau geschehen. Ich erinnere dabei an die Worte, die der Herr Bundeskanzler in Rhöndorf gesagt hat: daß ihn das Gebiet Obst und Gemüse sehr berührt und ihm am Herzen liegt. Es wäre jetzt endlich an der Zeit, daß er diese Worte einlöst. Wir haben doch im letzten Jahr im Absatz von Obst und Gemüse derart traurige Dinge erlebt, daß es für die Regierung höchste Zeit ist, einzuschreiten und hier einen Riegel vorzuschieben. Die Einfuhrschleuse muß derart geregelt werden, daß dann, wenn der Markt von unserer Seite befahren wird, nicht auch noch durch die Einfuhrschleuse große Mengen auf den Markt kommen.
({0})
Ich möchte dazu noch kurz bemerken, daß dies nicht nur reine landwirtschaftliche Betriebe trifft. Ich kann aus meinem Wahlkreis berichten - ich bin dort Vorsitzender des Obst- und Gartenbauverbandes -, daß es die kleinsten Betriebe, die Nebenerwerbsbetriebe betrifft und daß in meinem Wahlkreis vor allen Dingen Arbeiter betroffen werden, wo der Mann in die Fabrik geht und die Frau den Obst- und Gemüsebau bewältigt, der für sie eine Nebeneinnahme bedeutet. Es greift in weiten Kreisen um sich, und es ist außerordentlich notwendig, ein derartiges Gesetz zu schaffen. Ich bringe den Wunsch zum Ausdruck, die Regierung möge recht bald einen derartigen Gesetzentwurf vorlegen.
({1}),
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache und lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Antrages des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Der Antrag ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich würde gern zu Punkt 1 der Tagesordnung zurückkehren; aber der Abgeordnete Dr. Wellhausen hat seinen Antrag offenbar doch noch nicht eingereicht.
({0})
- Herr Dr. Geisler verneint, daß der Antrag hier ist.
({1})
- Gut, dann wollen wir doch lieber warten, bis er aus der Maschine herauskommt, und jetzt den Abgeordneten Strauß zum Zuge kommen lassen.
({2})
- Ach so, der Antrag ist noch in der Schreibmaschine?
({3})
Dann rufe ich auf Punkt 4 der Tagesordnung: Erste Beratung des von den Abgeordneten Strauß und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Verordnung zur Förderung der Nutzholzgewinnung vom 30. Juli 1937 ({4}).
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Strauß.
Strauß ({5}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem vorliegenden Initiativgesetzentwurf auf Drucksache N. 2207 handelt es sich in erster Linie um eine Rechtsfrage und erst in zweiter Linie um eine Angelegenheit der Land- und Forstwirtschaft. Es wird in diesem Initiativgesetzentwurf die Aufhebung der Verordnung zur Förderung der Nutzholzgewinnung vom 30. Juli 1937 beantragt. Diese Verordnung vom Jahre 1937 hat sich in ihrem ersten Teil mit der Aufarbeitung und Verwertung von Nutzholz im allgemeinen befaßt. Insofern ist diese Verordnung auch heute noch von Wichtigkeit, da sie angesichts der Holzlage in
der Bundesrepublik, insbesondere angesichts der Notwendigkeit der Gewinnung von Nutzholz, auch heute noch eine dringliche Angelegenheit darstellt. Dieser Punkt der Verordnung vom Jahre 1937 sollte durch ein Bundesgesetz neu geregelt werden.
Im zweiten Teil befaßt sich diese Vordnung vom Jahre 1937 mit den sogenannten Holznutzungsrechten. Diese Verordnung ist bereits im Jahre 1940 durch einen Erlaß des Reichsforstmeisters in der Anwendung des Teils II für die Dauer des Krieges außer Kraft gesetzt worden. Es ist bis heute strittig, ob diese Außerkraftsetzung heute noch gilt oder ob sie nicht mehr gilt. Für uns ist wesentlich, daß sich die Anwendung und die Regelung der Holznutzungsrechte in der Hauptsache fast ausschließlich auf Bayern beschränkt. Der bayerische Landtag hat im letzten Jahre einen Beschluß gefaßt, in dem die Staatsregierung ersucht wurde, bei der Bundesregierung zu erwirken, daß die Regelung der Holznutzungsrechte dem Lande Bayern überlassen wird.
Beim bayerischen Verfassungsgerichtshof schwebt eine Beschwerde bezüglich Verfassungsmäßigkeit des Teiles II dieser Verordnung betreffend die Holznutzungsrechte. Ich sagte ja eingangs, es handele sich in der Hauptsache um eine Rechtsfrage. Es kann nicht bestritten werden, daß der vorliegende Gegenstand eine Angelegenheit der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebung ist. Als Teil der konkurrierenden Gesetzgebung ist er nach Art. 125 des Grundgesetzes automatisch unter der Voraussetzung Bundesgesetz geworden, die hier ohne Zweifel zutrifft, daß er für „eine oder mehrere Besatzungszonen einheitlich gilt". Der andere Punkt, daß „nach dem 8. Mai 1945 früheres Reichsrecht abgeändert worden ist", trifft hier sowieso nicht zu.
Bei dieser Angelegenheit der konkurrierenden Gesetzgebung ergibt sich allerdings noch die Frage, ob Recht, das ehemaliges Reichsrecht darstellt, auch der Überprüfung gemäß Art. 72 des Grundgesetzes unterliegt oder ob die Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung, die Recht von früher her darstellen, automatisch Bundesrecht geworden sind, ohne daß sie nach Art. 72 erst überprüft werden.
Wir wollen deshalb folgende Regelung erreichen. Wir wollen erreichen, daß die Verordnung insgesamt aufgehoben wird. Wir wollen erreichen, daß ihr bisheriger Teil I durch ein Bundesgesetz neu geregelt wird, und wir wollen haben, daß ihr Teil II, der sich ausschließlich auf Verhältnisse in einzelnen Ländern bezieht, und zwar auf Verhältnisse, die unglaublich differenziert sind und in ihren rechtlichen Grundlagen auf eine Reihe von Jahrhunderten zurückgehen und deshalb kaum mehr durch eine bundesrechtliche Regelung geordnet werden können, dem Lande überlassen bleibt.
In Bayern ist ein Gesetz über die Forstrechte vorbereitet worden. Dieses Gesetz kann aber im bayerischen Landtage nicht behandelt werden, solange nicht diese Verordnung ihren zwei Zuständigkeitsgebieten gemäß aufgehoben wird, ihr erster Teil vom Bunde und der zweite Teil vom Lande übernommen wird.
Zum Schluß darf ich noch bemerken, daß die Aufhebung des Teiles II der Verordnung vom Jahre 1937 auch ein Stück Aufhebung von Unrecht des Dritten Reiches und ein Stück Wiedergutmachung darstellt, was bisher von keiner Seite bestritten worden ist.
Ich beantrage, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht federführend, da es sich zunächst um Rechtsfragen han({6})
delt, und mitberatend an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Aussprache zu verzichten, da es sich im wesentlichen um die Prüfung einer Rechtsfrage handelt. Ist das Haus einverstanden? - Dann kann dieser Antrag an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen werden. - Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren! Es fehlt immer noch der Antrag der FDP zum Punkt 1 der Tagesordnung.
({0})
- Er ist vor 10 Minuten eingelaufen. Ist das Haus damit einverstanden, daß wir Punkt 1 der Tagesordnung beraten, obgleich dieser Antrag nicht vorher verteilt ist, wie es die Geschäftsordnung vorschreibt? Der Antrag scheint sehr einfach und leicht verständlich zu sein. - Das Haus ist einverstanden.
Dann kehren wir zurück zu Punkt 1 der Tagesordnung:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes ({1}) ({2}); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({3})
({4}). ({5})
Sie haben mich in ihrem letzten Beschluß zu diesem Punkte ermächtigt, die Abstimmung zu den aufgerufenen Ziffern des § 1 zu wiederholen, gerade um Gelegenheit zu geben, die Ziffer 3 noch einmal zur Abstimmung zu bringen. Wer für die Annahme von Ziffer 1 a in § 1 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!
- Angenommen.
Ziffer 1. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. --- Gegenprobe! - Angenommen.
Ziffer 2. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Zu Ziffer 3 ist nun der Antrag der FDP angekündigt. Das Wort hat der Abgeordnete Wellhausen.
({6})
- Dazu kommen wir erst später.
({7}) Das ist doch der andere § 5 a! Das kommt erst ganz am Schluß.
Herr Abgeordneter Dr. Wellhausen hat das Wort.
Meine Damen und Herren! 'Es ist mir peinlich, daß ich die verehrten Kollegen habe warten lassen müssen. Es war ein technisches Unglück.
Wir stellen den Antrag, dem Abs. 3 des § 7 a Sie werden ihn nicht finden, wenn ich Ihnen nicht
sage, wo er steht: Drucksache Nr. 2212 auf Seite 4
oben rechts - folgenden Zusatz zu geben:
Soweit bei Demontagefällen das schädigende Ereignis nach dem 20. Juni 1948 eingetreten ist, gelten die Bestimmungen dieses Absatzes entsprechend.
Ich darf das kurz begründen. Es dürfte nicht richtig sein, die Demontagefälle vor dem 20. Juni 1948 anders zu behandeln als diejenigen nach dem 20. Juni 1948, dem Stichtag der Währungsreform. Wir haben die bedauerliche Tatsache zu verzeichnen, daß noch nach diesem Tage sehr wesentliche Demontagen stattgefunden haben, und dieses Haus hat sich oft genug damit beschäftigt. Der größte Teil der demontierten Werke würde nicht in den Genuß der Erleichterung der Abschreibung für Ersatzbeschaffungen, den Abs. 3 beinhaltet, kommen, wenn wir den Stichtag des 21. Juni 1948 bestehen ließen. Die nach dem Währungsstichtag demontierten Werke hatten selbstverständlich nicht die Möglichkeit, Abschreibungen vorzunehmen, weil sie ja nicht wußten, ob, wann und in welchem Umfange sie demontiert werden würden. Es gab nun in der D-Mark-Bilanz Möglichkeiten; aber diese bedeuteten lediglich eine Anpassung der Bilanz an das tatsächlich vorhandene Vermögen und hatten mit Ersatzbeschaffungen, wovon hier einzig die Rede ist, nichts zu tun. Ich glaube deswegen, daß ich es ohne weitere Begründung Ihrer Einsicht überlassen darf, diesen Zusatz hinzuzufügen, der nichts weiter bedeutet, als die nach dem Währungsstichtag demontierten Werke ebenso zu behandeln wie die vor dem Bilanzstichtag demontierten Werke. Ob davon Gebrauch gemacht werden kann, indem nämlich diese demontierten Werke ihre Abschreibung überhaupt verdienen - das ist ja die Voraussetzung -, ist eine andere Frage. Es kann aber doch sein, daß dieses oder jenes Werk in der Lage ist, davon Gebrauch zu machen, und deshalb bitte ich Sie, diesen Absatz der Vollständigkeit halber aufzunehmen. Da Sie den Umdruck immer noch nicht besitzen, darf ich ihn nochmals verlesen:
Abs. 3 in § 7 a erhält folgenden Zusatz:
Soweit bei Demontagefällen das schädigende Ereignis nach dem 20. Juni 1948 eingetreten ist, gelten die Bestimmungen dieses Absatzes entsprechend.
Das Wort hat zunächst der Herr Berichterstatter.
Neuburger ({0}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Satz 1 des Abs. 3 von § 7 a, von dem eben Herr Dr. Wellhausen sprach, soll eine andere Fassung erhalten. Auch hier liegt der Umdruck leider noch nicht vor. Inhaltlich bedeutet diese Neufassung keine Änderung des Inhalts, sondern es ist nur eine bessere Fassung. Der Satz soll lauten:
Die Vorschriften der Absätze 1 und 2
- nämlich die Freistellung der Ersatzbeschaffung für Flüchtlinge und Vertriebene finden auf solche Steuerpflichtige entsprechende Anwendung, die ihre frühere Erwerbsgrundlage infolge Kriegsschadens oder Demontage dadurch verloren haben, daß sie nach dem Stand vom 20. Juni 1948 mindestens 662/3 vom Hundert des Wertes der Wirtschaftsgüter des in der Steuerbilanz vor Eintritt des schädigenden Ereignisses ausgewiesenen Anlagevermögens eingebüßt haben.
Sie wollen in dieser Formulierung nur die bessere Fassung der im Bericht niedergelegten Bestimmung sehen.
Zur nächsten Ziffer habe ich dann noch folgendes vorzutragen. Ich habe vorhin von den freien Wohnungsunternehmen und der Notwendigkeit einer genaueren Begriffsbestimmung gesprochen. Es
({1})
sollen daher die Worte „nach Maßgabe einer Rechtsverordnung" eingefügt werden, so daß es nunmehr heißt:
nach Maßgabe einer Rechtsverordnung freie Wohnungsunternehmen, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
Nach Maßgabe einer Rechtsverordnung soll also die Möglichkeit gegeben sein, freie Wohnungsunternehmen in diesen Kreis der steuerbegünstigten Darlehnsnehmer und Zuschußempfänger aufzunehmen.
Wird das Wort zu diesen Änderungsanträgen gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich abstimmen. Wer für die Annahme des Änderungsantrages Euler und Fraktion ist, der soeben von Herrn Dr. Wellhausen begründet wurde, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Nunmehr lasse ich über die also ergänzte Ziffer 3 abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Ziffer 4. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
({0})
- Zur Geschäftsordnung der Herr Berichterstatter.
Neuburger ({1}), Berichterstatter: In § 1 Ziffer 4 soll also Buchstabe e folgende Fassung erhalten:
nach Maßgabe einer Rechtsverordnung freie Wohnungsunternehmen, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
Also statt „freie Wohnungsunternehmen" soll es heißen: „nach Maßgabe einer Rechtsverordnung freie Wohnungsunternehmen, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen:".
Wird das Wort dazu gewünscht?
({0})
- Zur Geschäftsordnung Herr Dr. Wellhausen!
Herr Präsident, Sie haben über den Antrag Euler und Fraktion abstimmen lassen, aber nicht über den Antrag, den Kollege Neuburger zur selben Ziffer vorhin vorgetragen hat.
({0})
- Nein, es ist doch nur „Euler und Fraktion" gesagt worden.
Nein, ich habe nachher noch über die ganze Ziffer abstimmen lassen. Aber ich bin für den Hinweis dankbar.
({0})
Ziffer 4. Wer für Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
({1})
- Mit der Änderung; der Berichterstatter hat ja das Recht, Änderungen vorzuschlagen. - Gegenprobe! - Angenommen.
Zu Ziffer 5 ist ein Antrag Walter und Genossen angekündigt, der noch nicht vervielfältigt worden ist. Ich bitte das Haus, sich damit einverstanden zu erklären, daß der Antrag mündlich vorgetragen und mir schriftlich übergeben wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Walter.
Meine Damen! Meine Herren! Gestatten Sie, daß ich meinen Antrag kurz begründe. Der Herr Kollege Neuburger hat in der Berichterstattung gesagt, daß bei § 7 d eine Sicherheitsvorschrift eingebaut werden müsse, damit die Gelder auch ihre richtige Verwendung fänden. Diese Sicherheitsvorschrift bringt gewisse Schwierigkeiten für die Werften und für die Schiffahrt mit sich. Die Sicherheitsvorschriften können zu unnötigen Verzögerungen in unserem Schiffbau führen. Unsere Schiffahrt ist jetzt frei, und es sollte unsere Aufgabe sein, den Werften und den Reedereien keine unnötigen Schwierigkeiten zu machen.
Die Sicherheitsvorschriften können zu schwer überwindbaren Barrieren werden, da in dem § 7 d gefordert wird, daß die Voraussetzungen für die Gewährung von Geldern nach § 7 d bei den Fischereifahrzeugen nur vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu bescheinigen sind, daß bei den übrigen Schiffen jedoch die Bescheinigung vom Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und der obersten Verkehrsbehörde des Landes, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, beigebracht wird. Das sind Erschwerungen, die für die Entwicklung unserer Seeschiffahrt und des Schiffbaus nur einen Hemmschuh bedeuten würden.
Ich bitte das Hohe Haus, beweisen Sie das Interesse für unsere Seeschiffahrt und unsere Werften dadurch, daß Sie meinem Änderungsantrag zustimmen, der lautet:
Im letzten Satz des Abs. 2 des § 7 d werden die Worte „im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und der obersten Verkehrsbehörde des Landes, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat," gestrichen.
Da für die Fischereifahrzeuge ein Ministerium genügt, wird für die Seeschiffahrt das Verkehrsministerium genügen.
Das Wort hat der Abgeordnete Pelster.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten hier doch etwas vorsichtig sein. So wie wir das Gesetz im vorigen Jahre beschlossen hatten, war es bestimmt gut. Aber das, was man daraus gemacht hat, haben alle, die an diesem Gesetz mitgearbeitet haben, nicht gewollt. Das trifft sowohl für den § 7 c wie auch für den jetzigen § 7 d zu.
Es kann nicht angehen, daß der gesamte Reingewinn in den Schiffbau hineingeleitet wird und kein Pfennig Einkommensteuer gezahlt wird. Solche Fälle haben wir auch vorliegen. Ich hatte mir vorgenommen, zu beantragen, so wie bei § 7 c eine Beschränkung aufzuerlegen, indem man sagt: Es kann nur ein gewisser Prozentsatz des Reingewinns für den Schiffbau abgezweigt werden. Ich habe das zurückgestellt, weil es heißt: „im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen". Darin scheint mir zu liegen, daß solche Auswüchse unterbunden werden. Das soll nicht bedeuten, daß meinerseits oder von meinen Freunden irgendwelche Schwierigkeiten gemacht werden. Wir alle wollen, daß der Schiffbau gefördert wird; wir alle wissen, daß uns der Schiffbau Devisen bringt. Aber die Dinge müssen doch in einem gewissen Rahmen bleiben. Deshalb bitte ich, es bei der Fassung des Ausschusses zu belassen.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf namens des Bundesfinanzministeriums gleichfalls bitten, es bei der Ausschußvorlage, die in diesem Punkte mit der Regierungsvorlage identisch ist, zu belassen.
Es handelt sich hier nicht darum, den Seeschiffbau aus irgendwelchen Mitteln zu fördern, sondern es handelt sich darum, daß steuerliche Mittel dafür verwendet werden. Daher halte ich es für selbstverständlich, daß der Bundesminister der Finanzen dabei mitsprechen muß. Ich möchte mich auch dafür einsetzen, daß die oberste Verkehrsbehörde des Landes hierbei beteiligt wird, wie das auch in der Regierungsvorlage vorgesehen war. Wenn diese oberste Verkehrsbehörde ausgeschaltet wird, werden unter Umständen Schwierigkeiten bei der Verabschiedung im Bundesrat entstehen, die mindestens zu Verzögerungen führen könnten. Ich glaube, auch das sollte man vermeiden.
Keine weiteren Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Walter, Sie haben doch Ihren Antrag begründet!
Ich glaube, ich bin vom Herrn Kollegen Pelster falsch verstanden worden. Ich habe nicht über die richtige Anwendung der Steuergelder gesprochen, sondern es handelt sich bei meinem Antrag einzig und allein darum, daß der Entwicklung unserer Schiffahrt und dem schnellen Bau unserer Schiffe nicht unnötige Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden. Wir wissen aus Erfahrung, wie lange es dauert, wenn sich die verschiedenen Ministerien darum streiten, ob ein Betrag bewilligt oder nicht bewilligt werden soll. Wenn für die Fischereifahrzeuge das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten genügt, dann ist es einfach unverständlich, weshalb für die Großschiffahrt andere Vorschriften gelten sollen, Vorschriften, die fordern, daß noch zwei andere Stellen entscheiden, ob der Bau eines Schiffes erlaubt werden kann. Es ist schwer verständlich, warum man unseren Werften und unserer Seeschiffahrt solche Schwierigkeiten bereitet. Ich bitte das Hohe Haus nochmals darum, zu beschließen, daß die Seeschiffahrt und unsere Werften die Förderung erhalten, deren sie unbedingt bedürfen.
({0})
Ich habe den Eindruck, daß diese Bestimmung nicht ganz verstanden worden ist. Das geforderte Einvernehmen des Bundesministers der Finanzen bezieht sich sowohl auf die Fischereifahrzeuge als auch auf die anderen Fahrzeuge.
({0})
- In dem Deutsch der Steuergesetze ist das unmißverständlich, Herr Kollege Ewers.
({1})
Ich schließe die Aussprache hierüber und lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme der Ziffer 5 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Ist angenommen.
Ziffer 6. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Nun ist ein Zentrumsantrag angekündigt auf Umdruck Nr. 176, zwischen den Ziffern 6 und 7 noch eine Ziffer 6 a einzufügen. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Meine Damen und Herren! Der Antrag, den das Zentrum stellt, hat einen wirtschaftspolitischen Zweck, einen wirtschaftspolitischen Zweck, obwohl wir uns in einer Finanzdebatte befinden. Aber es ist wohl notwendig, daß gerade in der Finanzdebatte derartige wirtschaftspolitische Dinge erörtert werden, weil die Höhe der Steuern entscheidend ist für das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftlichen Maßnahmen, die die einzelnen Steuerpflichtigen treffen. Dementsprechend hatte auch die Regierung in ihrer Drucksache zur Begründung des Änderungsgesetzes angeführt:
Die Förderung der Kapitalbildung gehört daher
zu den wichtigsten wirtschaftspolitischen Aufgaben. Gleichzeitig gilt es, das Kapital an
diejenigen Stellen zu investieren, an denen der
größte volkswirtschaftliche Nutzeffekt erwartet
werden kann.
Dieses Ziel, das sich die Bundesregierung mit der Vorlage gesetzt hatte, ist aber in der ganzen Vorlage nicht in die Tat umgesetzt worden. Zwar ist in der Vorlage hier und dort eine Bestimmung gestrichen worden, die bisher der Selbstfinanzierung diente. Es ist auch die Begrenzung der Sonderausgaben auf 15 O/ gestrichen worden. Durch diese Streichung ist nur der Effekt erzielt worden, daß noch eine gewisse zusätzliche Selbstfinanzierung für das laufende Rechnungsjahr möglich ist. In dem hier vorliegenden Gesetzentwurf ist aber keine einzige Bestimmung dahin getroffen worden, daß der wirtschaftspolitische Effekt, den die Regierung mit der Einbringung dieser Vorlage erreichen wollte, tatsächlich überhaupt erfüllt wird. Tatsächlich dient die Vorlage nur dem Zweck, fiskalische Ziele zu erreichen.
Um die Vorlage entsprechend den eigenen Wünschen der Regierung und entsprechend der allgemeinen Überzeugung der Volkswirtschaft in Deutschland brauchbarer zu machen, haben wir uns bemüht, hier eine Vorschrift einzufügen, die erst in die Vorlage solch eine wirtschaftspolitische Zielsetzung hineinbringt. Diese wirtschaftspolitische Zielsetzung ist: Ablenkung der Kaufkraft vom Konsum und Hinlenkung zur Investition, und zwar ohne Zwangssparen. Wir halten nichts vom Zwangssparen, weil das Zwangssparen später vom Gläubiger nicht realisiert werden kann und der Vertrauensschwund als Folge eines Zwangssparens noch viel schlimmer für das gesamte wirtschaftliche Geschehen ist als das Zwangssparen selber. Wir glauben, daß mit einer derartigen Bestimmung, wie wir. sie hier vorgeschlagen haben, in erheblichem Maße Konsumkaufkraft in den Investitionssektor umgelenkt werden kann. Man kann uns nicht einwenden, daß die Pläne, die die Industrie vorhabe, indem sie eine Rohgewinnabgabe zur Finanzierung von Kohle und Stahl, zur Finanzierung der Elektrizitätsindustrie einführen wolle, hier genügten. Tatsächlich soll diese Bestimmung hier nicht nur für die Industrie gelten, sondern sie soll sich an das ganze breite Publikum der Sparer wenden, an die breite Schicht derer, die früher immer den größten
({0})
Teil des Sparkapitals aufgebracht haben. Es sollen auch nicht nur die Zwecke begünstigt werden, die durch die Industrieumlage begünstigt werden sollen, sondern ganz allgemeine Zwecke. Unter Wertpapieren sind sowohl Aktien, beispielsweise des Schiffsbaues, zu verstehen als auch Papiere für den Wohnungsbau, eben alle diejenigen Wertpapiere, die von dem bereits bestehenden Kapitallenkungsorgan genehmigt werden, Papiere, die für die Beseitigung von volkswirtschaftlichen Engpässen ausgegeben werden können. Diese Dinge sind ja auch weniger entscheidend als die Vorfrage: Wird tatsächlich Kapital gebildet werden?
Ich bin der Überzeugung - und der Bundestag hat dieser Überzeugung auch schon Ausdruck gegeben -, daß in dem Augenblick, in dem man die steuerliche Begünstigung durch steuerliche Prämien, nämlich durch Abzug des Begünstigungsbetrages von dem Steuerbetrag selber, einführt, ein beachtlicher Spareffekt erzielt werden wird. Der Bundestag hat schon in zwei Entschließungen eine Anrechnung von 25 °/o der Sparbeträge für Wohnungszwecke auf den Steuerbetrag beschlossen. Die entsprechende Vorlage, die der Bundestag vom Bundesfinanzminister gefordert hat, läßt bisher immer noch auf sich warten. Hier haben wir jetzt, indem wir auf den Steuerbetrag einen bestimmten Sparbetrag gutschreiben, die Möglichkeit, tatsächlich das breiteste Publikum anzusprechen und es durch eine völlig klare und eindeutige Vergünstigung zu veranlassen, nunmehr zu sparen.
Gerade die Wertpapiere haben in den letzten Jahren eine Sicherheit der Anlage gezeigt, soweit es sich um Aktien handelte, denen Reichsmarkforderungen nicht innegewohnt haben. Wir würden also bei einer solchen Begünstigung sowohl die Frage der Sicherung als auch auf der anderen Seite die Frage einer einfachen steuerlichen Begünstigung lösen können. Daß ein Ausfall an Steuern hier eintreten kann, ist klar; aber das kann immer nur dann geschehen, wenn das Dreifache an Beträgen für die Investition zur Verfügung gestellt wird. Würde also beispielsweise ein Ausfall an Steuern von 100 Millionen DM anzunehmen sein, so müßten zunächst, und zwar zeitlich wesentlich früher, 300 Millionen DM den behördlich genehmigten Investitionszwecken und damit den Engpässen in der deutschen Volkswirtschaft zugeflossen sein. Aus diesen Gründen glaube ich, daß gerade diese Form einer Begünstigung eines Versuches wert ist.
Der Ausfall an Steuern ist im übrigen auch dadurch immer wieder wettgemacht, daß sich mit der Beseitigung von Engpässen in Deutschland unsere gesamte Produktivkraft ausdehnen kann, daß die Produktionskraft, die heute infolge von Reibungen große Disproportionalitäten aufzuweisen hat, wieder voll ausgeschöpft werden kann und damit eine zusätzliche volkswirtschaftliche Umsatzausweitung ermöglicht wird. Wohl alle werden der Überzeugung sein, daß eine Umlenkung von der Konsumkaufkraft in die Investitionssphäre eine der vordringlichsten und wichtigsten Aufgaben ist. Das hat die Bundesregierung selber bestätigt, und das ist auch von der Finanzwissenschaft und von der Volkswirtschaftslehre wiederholt anerkannt worden.
Ich glaube, daß unser Antrag einen gangbaren Weg aufzeigt. Ich bitte Sie, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag berührt allerdings ein Problem, das ganz und gar nicht berührt zu haben einer der Hauptvorwürfe ist, die man dem Regierungsentwurf machen kann. Es handelt sich um die Frage, wie bei einer Einschränkung gewisser mehr oder weniger unerwünschter Investitionsmöglichkeiten die Investitionsrate selbst und die Vornahme richtiger Investitionen gesichert werden könnten und wie der schon lange daniederliegende Kapitalmarkt einigermaßen eine Pflege erfährt.
Meine Freunde haben dem vorhin gestellten An- trag der Bayernpartei auf Absetzung des Tagesordnungspunktes nicht zugestimmt, obwohl sie die dafür vorgebrachten sachlichen Gründe in vollem Umfang würdigen und weitgehend sich zu eigen machen; sie haben deswegen nicht zugestimmt, weil sie der Meinung sind, daß man heute ebensogut wie in der nächsten Woche der Öffentlichkeit vor Augen führen kann, welche Verwirrung diesem Gesetzentwurf eigentlich zugrunde liegt und wie unzulänglich die Vorbereitung ist. Wir hegen außerdem noch die Hoffnung, auch die Regierungsmehrheit werde im Laufe der Debatte noch einsehen, daß sie im Grunde gar nicht imstande ist, diesen Gesetzentwurf zu verabschieden.
Ich habe vorhin gesagt, daß man mit dem uns vorliegenden Antrag der von mir erwähnten Frage wenigstens nahetritt. Ich muß aber erklären, daß die vorgeschlagene Lösung in dieser kurzen und notwendigerweise nicht genügend differenzierten Form uns allerdings nicht befriedigt. Der Antrag will eine Gewinnermittlungsvorschrift in die Vorschriften für die buchführenden Gewerbetreibenden und Landwirte einbauen, d. h. die Begünstigung gilt nur für diese. Hier ergeben sich selbstverständlich eine Reihe von Fragen: Warum sollen Gewerbetreibende 30 % solcher Ausgaben absetzen können, aber ganz unbeschränkt und in unbeschränktem Prozentsatz ihres Gewinns oder ihres Einkommens, während nach § 10 andere Leute zwar in einem beschränktem Umfang solche Ausgaben ganz, sonst dagegen nur bis zu 15 % ihres Einkommens absetzen können, letzteres nach Überschreitung gewisser Pauschalbeträge bloß zur Hälfte? Warum sollen die Gewerbetreibenden zehn Jahre gebunden sein? Warum sollen andere Leute nur drei Jahre gebunden sein? Warum sollen nur neu emittierte Wertpapiere in Frage kommen? Man könnte durchaus der Ansicht sein, daß auch einige bereits emittierte Wertpapiere einer solchen Pflege würdig wären. Warum sind die in Frage kommenden Wertpapiere nicht näher bezeichnet? Warum ist nicht wenigstens eine Möglichkeit vorgesehen, sie näher zu bezeichnen? Alles das sind Fragen, die hier nicht gelöst sind.
Wir bedauern deshalb, dem Antrag in dieser Form nicht zustimmen zu können. Wir würden es begrüßen, wenn ein derartiger Antrag dem Ausschuß überwiesen werden könnte. Wir sind der Ansicht, daß jeder, der es mit den Grundfragen ernst meint, die bei diesem Gesetz zur Debatte stehen, einem Antrag - etwa von seiten der Antragsteller - auf Überweisung an den Ausschuß zustimmen müßte. Wir sehen von unserer Fraktion aus davon ab, einen solchen Überweisungsantrag zu stellen, der vielleicht das Ende der Gesetzesberatung für heute bedeuten würde. Wir nehmen diese Haltung aus den vorhin angedeuteten Gründen ein, nämlich weil wir der Meinung sind, daß die beginnende
({0})
Einsicht, die beim Ausfuhrförderungsgesetz soeben zutage getreten ist, noch weiter um sich greifen und vielleicht auch ohne unser Zutun ein Ende der Debatte herbeiführen könnte.
Das Wort hat der Abgeordnete Neuburger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz, das wir beraten, ist weder unzulänglich noch unübersichtlich. Wir behandeln das Kapitel der Steuervergünstigungen. Dieses Kapitel hat sozusagen drei Säulen. Es sind einmal die Steuervergünstigungen mit dem Ziel der Eigenkapitalbildung, der sogenannten Eigenfinanzierung. Es sind dies die §§ 7 a, lo a und 32 a. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß der Zweck dieser Vergünstigungen im wesentlichen erfüllt ist, und haben daher eine entsprechende Korrektur vorgenommen. Die zweite Säule sind die Steuervergünstigungen zugunsten des Wohnungsbaus und des Schiffsbaus. Da wollen wir durch diese Gesetzesvorlage nur die Mißstände, die sich eingeschlichen haben, beseitigen. Die dritte Säule ist die Fremdkapitalbildung und Sparkapitalbildung. Wir haben den Standpunkt vertreten, daß diese Forderung nach wie vor - genau so wie vor einem Jahr - besteht, und daß wir daher alle Bestimmungen zugunsten der Fremdkapital- und Sparkapitalbildung zu belassen und sie sogar noch zu erweitern haben.
Daneben kommen die fiskalischen Gesichtspunkte, durch den Wegfall von Steuervergünstigungen gewisse Steuerbeträge zu erhalten, um den inzwischen gewachsenen fiskalischen Bedarf und die inzwischen hier vom Hohen Hause genehmigten Ausgaben zu decken. Es geht daher nicht an, in
o einem Antrag, der, wie Herr Kollege Seuffert mit Recht ausgeführt hat, völlig unzulänglich ist, nun plötzlich die aus dem Wegfall von Steuervergünstigungen erwarteten Steuerbeträge in eventuelle neue steuerliche Vergünstigungen umzuleiten, deren Auswirkungen wir bei diesem Antrag zur Stunde nicht übersehen können.
. Die Regierung hat in ihrer Vorlage bereits darauf hingewiesen, daß sie der Fremdkapitalbildung ihre besondere Aufmerksamkeit zuwendet und daß sie etwa bis Ende des Jahres, d. h. zu Beginn des neuen Fiskaljahres, mit einer entsprechenden Vorlage an das Hohe Haus herantreten wird.
Demgemäß bitte ich, den vom Zentrum gestellten Antrag abzulehnen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Bertram.
Wenn der Herr Abgeordnete Seuffert technische Bedenken äußert, so möchte ich darauf hinweisen, daß in dem Antrag unserer Fraktion ausdrücklich ausgeführt ist, daß das Nähere eine Rechtsverordnung bestimmen soll. Die Einordnung einer derartigen Bestimmung in das geltende Einkommensteuergesetz hat ihre Schwierigkeiten. Es ist außerordentlich schwierig, zu entscheiden, zu welchem Paragraphen eine solche Bestimmung hinzuzufügen ist. Deshalb ist in dem Text sowohl auf Werbungskosten wie auch auf Betriebsausgaben Bezug genommen. Die Bindung auf zehn Jahre ist unseres Erachtens erforderlich, um zu erreichen, daß der Konsumverzicht, den wir wollen, und die Überleitung in den Kapitalmarkt für die Dauer auch tatsächlich gesichert wird. Daß hier nur Neuemissionen begünstigt werden sollen, hat, glaube ich - ich habe das eben begründet -, seinen Grund darin, daß nur bei Neuemissionen sichergestellt ist, daß tatsächlich fluktuierendes Geldkapital in derartige Neuemissionen hineinfließt und dort festgelegt wird.
Entscheidend aber ist, daß Herr Abgeordneter Neuburger gesagt hat, die Fremdkapitalbildung würde von der Bundesregierung entsprechend beobachtet, und es würde allerhand dafür getan. Seit mindestens acht Monaten wartet das deutsche Volk immer wieder auf die versprochene Förderung der Fremdkapitalbildung. Seit acht Monaten ist der Kapitalmarkt - der winzig kleine Kapitalmarkt - von Monat zu Monat weiter zusammengeschrumpft. Es ist nicht zuviel gesagt, wenn wir behaupten, daß es in Deutschland überhaupt keinen Kapitalmarkt mehr gibt und daß das Fehlen von Kapital und die Übertragung von Funktionen des Kapitalmarktes auf den Geldmarkt zu den Kreditrestriktionen und all den großen Schwierigkeiten für die gesundesten wirtschaftlichen Unternehmungen geführt hat, wie wir es heute beobachten. Daß es an einer Pflege gerade des Kapitalmarktes mangelt, ist eines der größten Versäumnisse der Bundesregierung; das ist wohl einhellige Meinung der vielen Kritiker dieser Bundesregierung. Nun wird uns erklärt: Bis Ende nächsten Jahres. Wiederum sollen also acht Monate vergehen, um in diesem völligen Torso eines Kapitalmarktes weiterzuwurschteln. Wieder soll eine lange Zeit verstreichen, ohne daß etwas unternommen wird. Wir können uns doch nicht immer, wenn wir die wirtschaftliche Not und die wirtschaftliche Sorge sehen und die Gründe erkennen, damit abspeisen lassen, daß vielleicht einmal am Ende dieses Jahres, oder wann auch immer, eine Neuregelung kommen wird. Gerade die Verzögerung der dringendst notwendigen Aufgabe, die ständige Verzögerung der Förderung des Kapitalmarktes hat ja zu dem Vorwurf geführt, der der Bundesregierung - meines Erachtens völlig zu Recht - immer wieder gemacht wird.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, die wirtschaftliche Situation in Deutschland einmal zu beobachten und über diesen Antrag ernsthaft nachzudenken. Wenn Sie nicht bereit sind, diesen Antrag jetzt anzunehmen, bitte ich Sie, ihn dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zu überweisen.
Herr Abgeordneter Seuffert, ich habe Sie richtig verstanden: Sie haben Überweisung an einen Ausschuß beantragt?
({0})
- Sie haben es zuerst beantragt.
({1})
Herr Dr. Bertram, Sie haben den Antrag als Eventualantrag für den Fall der Ablehnung Ihres Antrages gestellt?
({2})
- Wer für die Annahme des Antrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Ab- gelehnt.
Wer für Überweisung des Antrages an den Ausschuß ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!
({3})
- Das ist richtig. Ich bitte um Entschuldigung.
({4})
Dann rufe ich auf Ziffer 7 der Vorlage. Hier sind eine Reihe von Anträgen angekündigt, zunächst der Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 175. Wer begründet den Antrag?
Herr Abgeordneter Kurlbaum, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag will erreichen, daß Betriebsausgaben und Werbungskosten, die durch die Bewirtung von Geschäftsfreunden mit Speisen, Getränken usw. entstehen, bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgesetzt werden dürfen. Wir anerkennen, daß die Fassung, wie sie uns der Ausschuß vorgelegt hat, zwar schon einen Versuch darstellt, diese Aufwendungen einzuschränken. Jedoch ist mit der Lösung, die der Ausschuß vorschlägt, eine neue Komplizierung der steuerlichen Bestimmungen verbunden. Außerdem macht dieser Lösungsversuch eine umfangreiche Überwachung notwendig. Wir glauben, daß die Finanzbeamten heute für bessere Zwecke verwendet werden sollten als dafür, diese neue Überwachung durchzuführen.
Deshalb ist die SPD für eine einfache und durchgreifende Lösung. Wir sind uns dabei bewußt, daß es sich hier um das allgemeine Problem der steuerlichen Gewinnermittlung im Sinne einer Ausscheidung der nicht betriebsnotwendigen, aber komfortfördernden Betriebsausgaben handelt. Solange aber eine solche steuerliche Gewinnermittlung nicht Tatsache geworden ist, ist es notwendig, in diesem Einzelfall eine besondere, einschränkende Lösung zu erstreben. Der augenblickliche Zustand und die Fortführung des augenblicklichen Zustandes im Sinne der Bestimmungen des Ausschußentwurfs bilden die Grundlage für den sehr unerfreulichen Lebensstil eines sehr einseitig zusammengesetzten Wirtschaftskreises. Diese Zustände liefern einen sehr unschönen Beitrag zu dem schlechten Bild, das der inländische Beobachter und der ausländische Beobachter bekommt, der nach Deutschland kommt, die Luxusgaststätten besichtigt und das dort gezeigte Leben mit dem Leben derjenigen vergleicht, die auf Renten angewiesen sind, mit dem Leben der Arbeitslosen, der Heimatvertriebenen usw. Wir sind der Meinung, daß es in Einzelfällen durchaus vertretbar ist, Aufwendungen in diesem Sinne zu machen, soweit sie volkswirtschaftlich gerechtfertigt sind. Aber ich kenne die Praxis auch. Die Aufwendungen, die volkswirtschaftlich wirklich vertretbar sind, sind ihrem Umfang nach so gering, daß sie ohne weiteres aus dem versteuerten Gewinn der Unternehmungen getragen werden können. Dies kann in Kauf genommen werden, wenn gleichzeitig durch dieselbe Regelung sichergestellt wird, daß der jetzt sehr umfangreiche, völlig unvertretbare Aufwand in angemessenem Umfang und zur Schaffung eines besseren Ansehens eingeschränkt wird.
Zum Schluß möchte ich Ihnen zur Beleuchtung der ganzen Situation einmal ein Inserat vorlesen, das die Sektfirma Kupferberg Gold kürzlich herausgegeben hat. Sie schreibt in dieser Annonce folgendes:
Wer geschäftliche Verbindungen ausbauen und Abschlüsse erzielen will, der sollte zunächst eine fröhliche und gelöste Stimmung schaffen. Selbst der schwierigste Geschäftsfreund wird zugänglicher, wenn Kupferberg Gold seinen Gaumen erfreut.
Und nun, meine Herren, hören Sie gut zu:
Sie buchen den Sekt unter Unkosten, den Abend aber als Gewinn. Sollte es sich nicht lohnen, dieses einmal auszuprobieren?
Das klingt sehr witzig. Aber zynischer konnte es, glaube ich, nicht gesagt werden, und demjenigen, der diese Annonce verfaßt hat, muß man, glaube ich, jedes wirtschaftspolitische Verantwortungsgefühl absprechen.
({0})
Ich bitte Sie also, unseren Antrag zu unterstützen.
Es ist ein weiterer Antrag Euler und Fraktion und Brentano und Fraktion angekündigt. Wer begründet ihn? - Das Wort hat der Abgeordnete Freudenberg.
Ich möchte im Namen der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion erklären, daß wir die Streichung des § 9 a beantragen. Wir sind der Meinung, daß er in seiner Durchführung in keiner Weise den Aufwendungen entsprechen wird, die für die Finanzbehörden dadurch entstehen. Wir sind aber auch der Meinung, daß mit dem § 9 a die Dinge, die zu Recht gerügt werden, nicht getroffen werden. Diejenigen, die wirklich unter Umgehung der Steuergesetze prassen und durch ihr Benehmen die Öffentlichkeit beunruhigen, werden so oder so durch den § 9 a nicht erfaßt werden.
Mit § 9 a hängt der § 51 Abs. 1 Ziffer 2h des vorliegenden Gesetzentwurfs unmittelbar zusammen. Auch diese Bestimmung muß folgerichtig gestrichen werden. Man braucht natürlich jetzt keine Aufzeichnungspflicht. Wir beantragen, den § 51 Abs. 1 Ziffer 2 h zu streichen und dafür einzusetzen, daß die Bundesregierung ermächtigt wird, über die Zulässigkeit der Absetzung von Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen. Daß in Einzelfällen derartige Ausgaben berechtigt sind, hat ja selbst der Sprecher der Sozialdemokratie zugegeben.
Keine weiteren Wortmeldungen? - Dann ist die Aussprache hierüber geschlossen.
Ich komme zur Abstimmung. Es wird sehr schwierig sein, in der richtigen Reihenfolge abzustimmen.
({0})
- An und für sich hat ein Antrag auf Streichung den Vorrang. Aber es ist ja nicht nur der Antrag auf Streichung gestellt, sondern dieser Antrag ist mit einem Antrag auf Änderung von § 51 Abs. 1 Ziffer 2 Buchstabe h kombiniert, in dem der Bundesregierung die Ermächtigung für den Erlaß von Ausführungsverordnungen über die Zulässigkeit der Absetzung von Aufwendungen gegeben werden soll. Der Antrag der SPD macht demgegenüber schlechthin tabula rasa und erklärt Aufwendungen dieser Art überhaupt für nicht abzugsfähig. Wenn man also die beiden Punkte des Antrags der FDP zusammennimmt, ist der erste Antrag, derjenige der SPD, der weitergehende. Ist das auch Ihre Meinung?
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Dann lasse ich zunächst über den Antrag auf Umdruck Nr. 175 abstimmen, der von dem Kollegen Kurlbaum begründet worden ist. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erstere war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. Damit entfällt die Notwendigkeit, über den Antrag Euler und Fraktion abzustimmen.
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Dann rufe ich Ziffer 8 auf. Zu Ziffer 8 sind keine Anträge angekündigt. Wer für die Annahme von Ziffer 8 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Zu Ziffer 9 sind Anträge gestellt, zunächst ein Antrag der FDP. Umdruck Nr. 174. Wer begründet den Antrag? - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion ist mit der Zielsetzung, die dieser Entwurf erhalten hat, einverstanden, insbesondere mit den Zielen, die Herr Abgeordneter Neuburger vorgetragen hat. Es soll damit erreicht werden, daß die Auswüchse der Einkommensteueränderung aus dem vergangenen Jahre beseitigt werden. Es soll eine größere steuerliche Gerechtigkeit erzielt werden.
Die Streichung des § 10 a wird aber diesen Forderungen nicht gerecht. Diese Streichung des § 10 a schafft sogar eine steuerliche Ungerechtigkeit, denn sie beseitigt das gleiche Recht der Steuerpflichtigen. Unsere ganze Steuergesetzgebung begünstigt den Konsumverzicht, und in diesem Gesetz sind alle Bestimmungen, die diesen Konsumverzicht irgendwie begünstigen, erhalten geblieben. Es ist keine Minderung der Absetzfähigkeit etwa der Ausgaben für Lebensversicherungen, für Bausparkassen usw. vorgenommen worden. Nur für einen gewissen Kreis, der hier von § 10 a betroffen wird, soll dieser Konsumverzicht nicht mehr weiter begünstigt werden. Die Nichtentnahme eines gewissen kleinen Teils des erzielten Gewinns stellt einen bewußten Konsumverzicht dar, und der muß genau so begünstigt werden wie der Konsumverzicht an anderen Stellen.
Es kommt aber ein zweites hinzu. Dieses Gesetz verfolgt auch die Tendenz, die Fremdfinanzierung zu fördern und macht sich den Vorwurf zu eigen, daß die Eigenfinanzierung übertrieben worden sei.
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Wir haben infolgedessen eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Fremdfinanzierung zu fördern. Die Kreditrestriktionen haben sich dagegen gewendet; die Vorschläge der Wirtschaft, Mittel für die Investierung in den Grundstoffindustrien aufzubringen, gehen alle diesen Weg, und nun wird hiermit die letzte Möglichkeit der Eigenfinanzierung auch noch verbaut. Wir müssen gerade der kleineren und mittleren Wirtschaft eine Möglichkeit lassen, ihre Eigenfinanzierung, wenigstens in einem gewissen Umfang, vorzunehmen, da sie sonst keine Möglichkeit hat, an den Kapitalmarkt heranzukommen.
Wir haben uns nicht der Tatsache verschlossen, daß durch die Einfügung des § 10 a ein gewisses Minderaufkommen entstehen wird, und haben infolgedessen nicht die Wiederherstellung des § 10 a in seinem vollen Umfang gefordert, sondern wir begnügen uns damit, die Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns in einem Rahmen von höchstens 10 % zu beantragen. Wir stellen damit praktisch die Fassung wieder her, die vor der letzten Steuerreform im Steuerrecht gültig war, und glauben, damit eine durchaus gerechte Forderung zu erheben, die auch finanziell erträglich ist. Wir bitten Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Sie haben die Begründung des Antrags gehört. Weiterhin hat das Wort zur Begründung des Antrags der Abgeordnete Kather.
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Meine Damen und Herren! Dieser Antrag geht nicht so weit wie der vorhergehende. Es ware ja sehr schön, wenn wir in der Lage wären, den eben gestellten Antrag anzunehmen. Aber der Ausfall würde wohl so groß sein, daß er nicht tragbar erscheint. Der von uns gestellte Antrag hat zum Inhalt die Aufrechterhaltung des § 10 a für bestimmte kriegsgeschädigte Gruppen, die politisch Verfolgten, Flüchtlinge und Vertriebene, Demontagegeschädigte und Kriegssachgeschädigte. Es liegt nahe und ist daher nicht neu, daß man diesen Betrieben, die fraglos in einer besonders schwierigen wirtschaftlichen Situation sind, durch steuerliches Entgegenkommen zu helfen versucht. Wenn wir auf der einen Seite eifrig bemüht sind, durch Kredite und andere Hilfen gerade diesen Betrieben beizuspringen, dann sollten wir ihnen durch steuerliche Maßnahmen auch bescheidene Gewinne nicht nehmen, sondern ihnen die Möglichkeit zu einer Kapitalbildung geben, die absolut notwendig ist.
Daß bei diesen Betrieben eine besondere Lage vorliegt, wird nicht bestritten werden, insbesondere nicht bei den Heimatvertriebenen. Sie haben ihren Kundenkreis verloren und müssen sich unter schwierigen Verhältnissen einen neuen suchen. Es fehlen ihnen vielfach auch die Beziehungen, was sich insbesondere bei der Beschaffung von verknappten Rohstoffen bemerkbar macht, und vor allem ist es schwer für sie, Kredite zu bekommen. Ich darf darauf hinweisen, daß sich die Kreditrestriktionen besonders schlimm ihnen gegenüber ausgewirkt haben.
Auf der andern Seite glaube ich sagen zu können, daß der Ausfall, der durch die Annahme dieses Antrages entstehen würde, nicht so sehr groß ist, insbesondere auch deshalb nicht, weil wir bezüglich der Bombengeschädigten mit § 7 a übereinstimmend die Vorschrift aufgenommen haben, daß sie zwei Drittel ihres Anlagevermögens verloren haben müssen.
Ich bitte deshalb, meine Damen und Herren, diesem Antrag zuzustimmen.
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Wünscht noch jemand zu diesen Anträgen das Wort zu nehmen? - Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um zu den beiden vorliegenden Anträgen und zu dem Ausschußantrag Stellung nehmen zu können, muß man sich zunächst einmal klarmachen, was mit der Streichung des § 10 a und der Umgestaltung des § 10 eigentlich geschehen ist. Diese Umgestaltung bedeutet, daß Sie für kleinere und mittlere Unternehmen - für die größeren Unternehmen hat der § 10 a behauptungsgemäß ja niemals ausgereicht; für diese größeren Unternehmen führen Sie auch den Plafonds von 80 % neu ein und wollen den § 32 a wenigstens in der allerdings unzulänglichen Form des § 32 b weiterführen - den § 10 a streichen. Das bedeutet allgemein erwünschtermaßen den Wegfall der Begünstigung der Selbstfinanzierung. Es bedeutet den Wegfall der Begünstigung der Zahlung von Lastenausgleichsabgaben - ein Punkt, den man sich immerhin überlegen müßte - und den Wegfall der Begünstigung dafür, daß man Beträge nicht aus dem Betrieb entnimmt, um die Schulden des Betriebes zurückzuzahlen oder z. B. an seine Kunden oder an seine Lieferanten Kredit zu gewähren; das letztere in einem Augenblick, in dem Sie Kreditrestriktio({0})
nen durchführen wollen - so schematisch, wie Sie etwas Derartiges durchzuführen pflegen, aber immerhin durchführen wollen -, die auch einen Erfolg erzielen sollen. In einem solchen Augenblick begünstigen Sie diese Dinge steuerlich nicht mehr. Ich zweifle sehr, ob die Rückzahlung der bekanntlich sehr hohen Schulden der Betriebe unter solchen Voraussetzungen in dem wünschenswerten Tempo und Ausmaß möglich sein wird.
Was jetzt in § 10 vorgesehen ist, ist einschließlich seiner Erweiterungen kein Ersatz für das, was der § 10 a bisher geboten hat, ganz abgesehen davon, daß durch die Überführung von Mitteln aus dem Rahmen des § 10 a in den Rahmen des § 10 zwangsläufig die Kreditunterlagen der Betriebe gefährdet werden müssen. Ich weise noch einmal darauf hin, daß man derartige Maßnahmen, wie sie notwendig zu sein scheinen, um unerwünschte, unnötige und schädliche Investitionen einzuschränken, nicht treffen kann, ohne gleichzeitig ein wirkliches Investitionsprogramm und eine wirkliche Zielsetzung zu richtigen und ausreichenden Investitionen zu haben. Ich wäre in der Lege, Ihnen aus der Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer, die Sie wahrscheinlich kennen, noch mehr vorzulesen als z. B. nur den Satz, daß „sich diese Vorlage als eine eindeutige Schädigung der Grundlagen der einzelnen Unternehmen ohne Nutzeffekt für die Volkswirtschaft erweist", eine Stellungnahme, der ich mich vom volkswirtschaftlichen Standpunkt weitgehend anschließen möchte. Auf der anderen Seite hat der Gewerkschaftsbund eindeutig erklärt:
Da die geplante Einschränkung der Selbstfinanzierung nicht automatisch entsprechende zusätzliche Fremdfinanzierungsmöglichkeiten schafft, vielmehr anzunehmen ist, daß die bisher investierten Selbstfinanzierungsmittel nunmehr zur Deckung der laufenden Haushaltsausgaben dienen, muß die staatliche Wirtschaftspolitik alles daran setzen, wenigstens den Umfang der bisherigen Investitionen zu halten und hierbei durch geeignete Lenkungsmaßnahmen vor allem die Finanzierung der volkswirtschaftlich vordringlichen Investitionen sicherzustellen.
Genau das ist es, was wir in diesem Gesetz vermissen.
Ich glaube wirklich, meine Damen und Herren, Sie befinden sich mit diesem Gesetz in Widerspruch zu so ziemlich allen Sachverständigen. Ich glaube nicht zuviel zu sagen und kein Geheimnis zu verraten, wenn ich behaupte, daß auch die Sachverständigen aus Ihren Reihen in diesem Hause diesem Gesetz gerade in dem Punkt, über den wir jetzt sprechen, mit den allergrößten Bedenken gegenüberstehen. Der Kernpunkt ist doch der: Wenn man akuten Steuerbedarf hat, wie etwa heute, so wird das richtige Mittel dazu sein, die Steuersätze zu erhöhen. Voraussetzung dafür ist allerdings ein Steuersystem, in dessen Rahmen man die Steuersätze erhöhen kann und dabei auch übersehen kann, Wen man dabei trifft und was man damit erzielt, statt nach der bisherigen Methode bei auftretendem fiskalischen Bedarf sich jeweils den schwächsten Teil auszusuchen, der meistens auch der wirtschaftlich schwächste ist. Beides, Erhöhung der Steuersätze und systematische Erneuerung des Steuerrechts, haben Sie aber hartnäckig abgelehnt.
Auf der anderen Seite: Wenn man zu einer gewissen Umkehr in der Investitionspolitik kommt, so muß man ihr auch ein Positives entgegensetzen,
d. h. man muß eine Wirtschaftspolitik treiben, die wirkliche Investitionssicherung und Investitionslenkung bedeutet und dabei das Anlage- und Ausbaubedürfnis der Unternehmen selbst auch berücksichtigt; denn auch Unternehmen haben ein Existenzminimum in bezug auf ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Wenn man aber in der Art und Weise, wie es bisher betrieben worden ist, nach fiskalischen Gesichtspunkten vorgeht und sich daneben weigert, eine Wirtschaftpolitik zu betreiben, dann resultiert aus einem solchen Verhalten ein Gesetz wie das vorliegende. Das ist das Zusammenspiel: fiskalischer Bedarf und daneben die Tatsache, daß der Finanzminister keine Wirtschaftspolitik treiben und deswegen keine positiven Vorschläge machen kann, wie das in der Begründung eindeutig ausgesprochen ist. Dazu kommt weiter die Tatsache, daß wir einen Wirtschaftsminister haben, der, wie ich neuerdings gehört habe, sich öffentlich gerühmt hat, er sei stolz darauf, daß er keine Wirtschaftspolitik betreibt. An diesem Gesetz zeigt sich das Zusammenspiel eines planlosen Fiskalismus und entweder der Unfähigkeit oder des hartnäckigen Nicht-Wollens, überhaupt Wirtschaftspolitik zu treiben.
Wir sind weit davon entfernt, die Schuld für all das, was wir vorzubringen haben, einseitig dem Finanzminister aufzubürden, der in dieser Beziehung nur das Opfer der Verpflichtung ist, eine Koalition durch fiskalische Maßnahmen zu stützen, die in Wirklichkeit längst nicht mehr regierungsfähig ist, sondern nur noch eine Abstimmungskombination darstellt, die von Sitzung zu Sitzung mühsam zusammengehalten wird.
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Meine Damen und Herren, ich möchte Sie auf eines aufmerksam machen. Aus der Begründung der Vorlage ersehen Sie, daß sich der Finanzminister durch den Wegfall des § 10 a einen Steuergewinn von 200 Millionen erhofft. Es ist jetzt von einer Regierungspartei beantragt, den § 10 a mit dem Satz von 10 % aufrechtzuerhalten. Ich schätze, daß das dem Steuerprogramm des Finanzministers mindestens 100 bis 150 Millionen DM kosten wird. Ich mache weiter darauf aufmerksam, daß in derselben Begründung festgestellt ist, die Aufhebung der Grenze von 15 000 DM im § 10 koste 30 Millionen DM. Diese Aufhebung der Grenze ist lediglich im Hinblick auf den Wegfall des § 10 a beantragt und zu rechtfertigen versucht worden. Ich sehe noch keinen Antrag, daß man diese Grenze im § 10 nun wieder aufheben will. Man will also dem Finanzminister nicht nur die 150 Millionen DM - § 10 a -, sondern auch noch diese 30 Millionen DM - § 10 - wegnehmen. Ich wäre neugierig, zu hören, was der Herr Finanzminister dazu sagt.
Wir werden den Anträgen, die in der Debatte gestellt worden sind, nicht zustimmen. Wir werden aber auch der Aufhebung des § 10 a in dieser Form nicht zustimmen können, weil diese halbe und deswegen schädliche Maßnahme nicht durch das ergänzt wird, was zu ihrer positiven und wirtschaftlich wirksamen Ergänzung notwendig wäre. Wir werden Ihnen die Verantwortung für diese widerspruchsvollen Dinge überlassen und uns bei diesem Punkt der Stimme enthalten.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Anträge rühren an die Grundlagen des gesamten Gesetzentwurfs.
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Es ist bisher völlig unbestritten gewesen - auch in den Beratungen im Finanzausschuß -, daß der Wegfall, und zwar der völlige Wegfall des § 10 a einer der Kernpunkte dieses Gesetzentwurfs ist. Wenn nun beantragt wird, ihn entweder mit einem geringeren Satz von 10 °/o oder zugunsten der Verfolgten und Vertriebenen wiederherzustellen, dann wird damit ein Kernstück aus der gesamten Gesetzesvorlage herausgebrochen, und der geschlossene Gedankengang, der diesem Entwurf zugrunde liegt, würde nicht mehr aufrechterhalten werden können.
Es ist schon so, daß bisher auf Grund des § 10 a in sehr weitgehendem Maße eine Selbstfinanzierung stattgefunden hat, und es ist die Überzeugung nicht nur der Bundesregierung, sondern darüber hinaus auch weiter Wirtschaftskreise, daß in der Situation, in der wir sind, diese Selbstfinanzierung auf einer Reihe von Gebieten nicht mehr in dem Umfang stattfinden kann, sondern daß zunächst dafür gesorgt werden muß, daß das nötige Kapital für die Versorgung der Grundindustrien - Kohle, Eisen, Stahl, Kraftwerke und Verkehrsträger - herangeschafft wird und - das gehört ja auch dazu - die Kapazität für sie freigemacht wird. Dem dient die Selbsthilfe der deutschen Wirtschaft, die über eine Milliarde innerhalb eines Jahres aufbringen will. Ich glaube, das muß zu diesen Gedankengängen an dieser Stelle auch einmal gesagt werden. Ich darf die Damen und Herren daher bitten, den Antrag auf Umdruck Nr. 174 abzulehnen.
) Bezüglich des Antrags auf Umdruck Nr. 177 darf ich sagen: es ist ja von dem Hohen Hause soeben beschlossen worden, den § 7 a gerade für die Kreise der Vertriebenen aufrechtzuerhalten. Ich kann mir eigentlich nicht denken, daß ein Flüchtlings- oder Vertriebenenbetrieb, sofern er überhaupt schon wieder einen nennenswerten Gewinn hat und von dem § 7 a Gebrauch macht, darüber hinaus noch in der Lage wäre, auch von dem § 10 a Gebrauch zu machen.
Ich darf noch eins dazu bemerken. Wenn wir hier eine zweite Sondervorschrift für die Vertriebenen machen, dann sind wir ja dabei, ein völlig separates Einkommensteuerrecht für die Vertriebenen aufzubauen.
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Ich glaube, wir sollten uns umgekehrt bemühen, genau so, wie wir die Vertriebenen in die heimische Wirtschaft einbauen wollen, sie auf die Dauer auch den normalen Vorschriften des Steuerrechts zu unterwerfen, sobald sie wirtschaftlich dazu in der Lage sind.
Das Wort hat der Abgeordnete Neuburger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich persönlich bedauere außerordentlich, daß diese Anträge zu § 10a in dieser Form gestellt wurden. Ich muß nochmals darauf hinweisen, daß Sinn und Zweck dieser Änderung ist, bisher gewährte Steuervergünstigungen zu reduzieren. Steuervergünstigungen bedeuten an sich grundsätzlich eine Steuerungleichheit.
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Sie bedeuten, daß man etwas gibt, worauf der 1 Steuerpflichtige zunächst unter dem Gesichtspunkt steuerlicher Gerechtigkeit keinen Anspruch hat. Ich möchte doch bitten, daß man einmal da von ausgeht. Solche Steuervergünstigungen können aber doch nur so lange aufrechterhalten werden, als der Zweck, zu dem sie geschaffen wurden, ein Zweck Nr. 1 war. Wenn die Entwicklung in der Zwischenzeit diesen Zweck überholt, wenn andere Forderungen stärker sind, dann muß eben dieser Zweck und damit auch die Steuervergünstigung für diesen Zweck zurücktreten, auch wenn sie selbstverständlich noch eine gewisse Berechtigung hätte. Der Zweck dieser Steueränderung von heute ist, daß wir dem Finanzminister fiskalische Mittel für die Ausgaben geben, die wir hier durch Annahme von Anträgen bewilligt haben, und daß wir von der Eigenfinanzierung zur Fremdfinanzierung umlenken. Es ist wiederholt auf die Begründung, die dem Gesetz beigegeben ist, hingewiesen worden. Da steht oben ein Ausfall von 200 Millionen. Durch den Umbau von § 10 in Richtung auf die Fremdfinanzierung - ich habe vorhin darauf hingewiesen - werden diese 200 Millionen um rund die Hälfte, eben im Sinne der Fremdkapitalbildung, wieder ausgeglichen.
Es ist zwar so, daß zweifellos an sich noch eine gewisse Berechtigung für Beibehaltung des § 10a bestünde; aber diese Berechtigung ist nicht so stark, daß nicht den stärkeren Forderungen auf Beibringung der entsprechenden fiskalischen Mittel und auf die Umlenkung zur eigentlichen Kapital- und zur Fremdkapitalbildung der Vorzug zu geben wäre.
Aus diesem Grunde, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich, die zu § 10a gestellten Anträge abzulehnen.
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Jetzt liegen aber keine weiteren Wortmeldungen vor.
Ich schließe die Aussprache zu Ziffer 9 und komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP, Umdruck Nr. 174. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Bitte die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kather und Genossen, Umdruck Nr. 177. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Ausschußantrag zu Ziffer 9, § 10a zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Streichung des § 10a gemäß der Ziffer 9 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf Ziffer 10. Zu Ziffer 10 des § 1 liegt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor, Umdruck Nr. 167. Soll zur Begründung des Antrags das Wort genommen werden? - Herr Abgeordneter Dr. Koch bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem geltenden Einkommensteuerrecht, das zu ändern wir im Begriffe sind,
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waren die Ausgaben zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger, kirchlicher, religiöser und wissenschaftlicher Zwecke als Sonderausgaben abzugsfähig. Dazu kam eine weitere Bestimmung unter dem Abschnitt Sonderausgaben, wonach die Ausgaben zur Förderung besonders anerkannter wissenschaftlicher Einrichtungen und zur Förderung besonders anerkannter mildtätiger Einrichtungen bis zur Höhe von insgesamt 10 vom Hundert des Gesamtbetrages der Einkünfte oder 2 vom Tausend eines Betrages, der sich nach besonderer Berechnung ergibt, abzugsfähig sind. Nun sieht die Änderung, die uns von der Bundesregierung vorgeschlagen ist und nach der diese beiden Bestimmungen zusammengefaßt werden sollen, vor, 'daß in Zukunft diese Ausgaben, darunter also auch die zuletzt genannten Ausgaben zur Förderung wissenschaftlicher Zwecke und besonders anerkannter mildtätiger Einrichtungen nur noch mit einem Betrag von 5 vom Hundert des Gesamtbetrages der Einkünfte abzugsfähig sein sollen. Das heißt also: in Zukunft ist insbesondere hier bei den wissenschaftlichen Zwecken lediglich noch die Hälfte der Ausgaben, die bisher abzugsfähig waren, abzugsfähig.
Wir möchten zu diesem § 10b den Zusatzantrag stellen, daß sich für wissenschaftliche Zwecke der Vom-Hundert-Satz von 5 vom Hundert um weitere 5 vom Hundert erhöht. Ich glaube, es hieße Eulen nach Athen tragen, wenn ich hier im einzelnen begründen wollte, welche Bedeutung die wissenschaftliche Forschung im Nachkriegsdeutschland und für die Zukunft unserer Wirtschaft und des ganzen Volkes hat. Ich glaube, wir können mit Recht sagen, daß die wissenschaftliche Forschung im Wiederaufbau unserer deutschen Wirtschaft eine Schlüsselstellung hat. Ich darf daran erinnern, daß die Universitäten ihren wissenschaftlichen Forschungszwecken nicht mehr im vollen Umfange gerecht werden können, weil sie wegen der angespannten Finanzlage auch in den Ländern zu einem großen Teil außerordentlich kläglich dotiert sind. Die große wissenschaftliche Grundlagenforschung in Deutschland wird insbesondere von den großen Forschungsgesellschaften betreut und betrieben. Ich nenne nur die Notgemeinschaft deutscher Wissenschaft, den Stifterverband der deutschen Wissenschaft, die Studienstiftung des deutschen Volkes und - in erster Linie vielleicht - auch noch die Max-Planck-Gesellschaft. Diese großen Gesellschaften sind aber bei ihrer Finanzierung im wesentlichen auf die steuerbegünstigten Spenden angewiesen.
Es kommt noch ein anderer, äußerst wichtiger Grund hinzu, und hierin unterscheiden sich die Ausgaben für die wissenschaftlichen Zwecke von den anderen Ausgaben, die ich genannt habe. Die Ausgaben für Forschungen im eigenen Betrieb sind in jedem Fall und in jeder Höhe als Betriebsausgaben vom steuerpflichtigen Gewinn abzugsfähig. Wenn wir also den bisherigen Satz ermäßigen, dann werden die Unternehmen, die etwas für die Forschung tun wollen, einen beachtlichen Teil dieser Ausgaben nunmehr im eigenen Unternehmen verwenden und nicht mehr diesen großen Forschungsgesellschaften zuwenden. Das aber würde eine Zersplitterung unserer Forschung bedeuten. Ich glaube jedoch, wir haben alles Interesse daran, auch auf dem Wege über steuerliche Begünstigungen dafür zu sorgen, daß unsere Forschung, die ja in erster Linie auch eine Grundlagenforschung sein muß, zusammengefaßt wird. Aus diesem Grunde stellen wir diesen
Antrag. Wir bitten Sie, den Antrag anzunehmen und dabei vielleicht - wir müssen ja rechnen - zu bedenken, daß Ausgaben, wie sie hier begünstigt werden sollen, in der deutschen Wirtschaft letzten Endes hundertfältig wieder hereinkommen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Meine Damen und Herren! Bei der letzten Änderung des Einkommensteuergesetzes vor unserer heutigen Beratung haben sich meine Freunde besonders eindringlich für die Erhöhung des Prozentsatzes von 5 auf 10 vom Gesamteinkommen eingesetzt, und zwar sowohl bei dem Punkt, über den eben der Kollege Koch gesprochen hat, als auch zugunsten der mildtätigen Zwecke. Als der Bundesfinanzminister uns die Vorlage machte, nach deren Begründung es nicht mehr möglich und auch nicht nötig sei, die 10 °/o zuzulassen, hat uns das zunächst eingeleuchtet. Denn wir wissen - es zieht sich durch das ganze Gesetz; Ihre Dreisäulentheorie, Herr Neuburger, will ich hier nicht nochmals wieder ausführen -, daß in bezug auf Abschreibungen und Sonderausgaben eine ganze Reihe von Möglichkeiten heute eben einfach nicht mehr durchzuhalten sind. Ich bin auch - das kann ich nur für meine Person erklären - der Meinung, nachdem ich den Wohlfahrtsverbänden sehr nahe stehe: man kann sich hinsichtlich der mildtätigen Zwecke mit 5 v. H. zufrieden geben. Denn wenn ein größerer Kreis von Unternehmern und Unternehmen von diesem Satz von 5 0/o Gebrauch macht, dann kommt eine Summe zusammen, mit der die Wohlfahrtsverbände außerordentlich zufrieden sein könnten. Angesichts der prekären finanziellen Situation, in der wir uns gegenwärtig befinden, sind die 5 v. H. für die mildtätigen Zwecke in der Tat das Höchstmögliche.
Anders ist es - und da stimme ich dem Kollegen Koch zu - bei den wissenschaftlichen Zwecken. Es gibt eine Reihe von wissenschaftlichen Zwecken - ich darf vielleicht die Chemie erwähnen -, bei denen naturgemäß nur ein beschränkter Kreis von Personen oder Firmen dafür in Frage kommt, durch Spenden, wenn ich es mal so nennen darf, in Höhe eines gewissen Prozentsatzes ihres Einkommens oder Gewinns etwas zu tun, und zwar eine Aufgabe zu übernehmen, die man an sich schon mit gutem Grund dem Staat als die seinige auferlegen könnte; nicht in jedem Fall - es gibt auch eigensüchtige Zwecke! Daher ist es dann, wenn es sich um wissenschaftliche Zwecke handelt, in der Tat gut, den Unternehmen, die hierfür in Frage kommen, einen wirklichen Anreiz zu geben. Man kann ja einen strengen Maßstab anlegen. Das wird man auch tun, denn der Finanzminister hat keinerlei Anlaß, die Bestimmungen extensiv auszulegen. Und dieser Anreiz, meine Damen und Herren - das ist kein Widerspruch zur Finanzlage des Bundes! - ist heute nötiger als vor einem Jahr oder zu der Zeit, als wir die letzte Novelle beschlossen haben.
({0})
Ich glaube daher - ich spreche für mich persönlich, nachdem es nicht möglich war, sich mit der Fraktion abzustimmen -, daß wir im großen etwas Gutes tun würden, wenn wir dem Antrag der SPD hinsichtlich der wissenschaftlichen Zwecke zustimmten. Es wird - bedenken Sie die Ertrags({1})
lage, die ja nicht gerade besser wird - nur ein sehr beschränkter Kreis sein, meine Damen und Herren! Nennen Sie mir jemanden, der das kann, der für solche wissenschaftlichen Zwecke, die ja nicht dem Spezialerzeugungsprogramm der Firma X, sondern, um bei meinem Beispiel zu bleiben, der chemischen Forschung allgemein zugute kommen, diese 10% von seinem Einkommen auszunützen in der Lage ist. Es wird nur sehr wenige Firmen geben, die dazu in der Lage sind; die aber sollten wir in der Tat des großen und guten Zieles halber begünstigen!
({2})
Herr Abgeordneter Neuburger, wünschen Sie noch das Wort zu nehmen?
.({0})
- Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Ich komme zur Abstimmung über die Ziffer 1 des Antrages der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 167, dem § 10 b einen zweiten Satz anzufügen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei keiner Enthaltung gegen sehr wenige Stimmen angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über die Ziffer 10 unter Berücksichtigung der eben beschlossenen Abänderung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrage des Ausschusses unter Berücksichtigung der Abänderung gemäß Umdruck Nr. 167 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei einigen Enthaltungen angenommen.
({1})
- Meine Damen und Herren, es liegen weiterhin Anträge vor, zwischen 'Ziffer 10 und Ziffer 10 a eine Ziffer 10 aa einzufügen. Ich rufe also zunächst diese Abänderung auf.
({2})
- Entschuldigen Sie, da Ihr eigener Antrag lautet: „zwischen Ziffer 10 und Ziffer 10 a die folgende Ziffer 10 aa" einzufügen, - ({3})
- Es ist völlig richtig; ich hoffe, mich nicht geirrt zu haben. Ich rufe also jetzt den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 167 unter Ziffer 2 und den der Fraktion des Zentrums auf Umdruck Nr. 176 unter Ziffer 2 auf. Wer wünscht den Antrag der Fraktion der SPD zu begründen? - Herr Abgeordneter Dr. Koch!
Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist kein Zufall, daß sich die Anträge der Fraktionen der SPD und des Zentrums in vollem Umfange decken, und zwar mit Ausnahme der Ziffer sich wörtlich decken,
({0})
weil wir diese Bestimmungen aus der Durchführungsverordnung zum Einkommensteuergesetz abgeschrieben haben, Bestimmungen, die bisher einen Pauschbetrag für Betriebsausgaben bei Einkünften aus selbständiger Arbeit zuließen und die der Bundesminister der Finanzen inzwischen aufgehoben hat. Wir möchten diesen Pauschbetrag für die freien Berufe, wenn ich einmal statt „selbständiger Arbeit" so sagen darf, aufrechterhalten wissen, und zwar einmal im Interesse dieser freien Berufe, sodann aber vor allen Dingen auch, weil diese Bestimmung ganz zweifellos eine bedeutende Vereinfachung für die Finanzverwaltung darstellt. Wir bitten daher, unserem Antrage stattzugeben.
Den Antrag der Fraktion des Zentrums wünscht Herr Abgeordneter Dr. Bertram zu begründen. - Bitte!
Meine Damen und Herren! Die Anträge sind nicht identisch, obwohl sie abgeschrieben worden sind, und zwar sind sie in den Beträgen nicht identisch. Während die SPD 1200 DM absetzen will, wollen wir nur 600 DM absetzen, nicht etwa weil wir den Betrag von 1200 DM für die freien Berufe nicht für gerechtfertigt hielten - ganz im Gegenteil -, sondern die freien Berufe sind ja diejenige Bevölkerungsgruppe in Deutschland, der in den letzten Jahren wahrscheinlich am übelsten mitgespielt worden ist und die bisher - jedenfalls was auf steuerlichem Gebiet zu bemerken ist - am wenigsten Möglichkeiten irgendwelcher Absetzungen hat. Das gilt für die Pauschsätze für Sonderausgaben und Werbungskosten, wie sie den Lohnempfängern zustehen; das gilt aber auch für die Möglichkeiten des § 7 a, die den freien Berufen verschlossen sind, weil sie keine ordnungsmäßige Buchführung haben. .
Aber trotzdem glauben wir, uns mit dem Satz von 600 DM bescheiden zu sollen - er liegt unter dem Pauschsatz von 780 DM für die Lohnempfänger
und zwar deshalb, weil wir hoffen, daß der Bundesrat, der gegen diese Bestimmung mit dem Satz von 1200 DM in erheblichem Maße Einspruch erhoben hat, gegen einen Satz von 600 DM keinen Einspruch erheben wird und einem solchen Beschluß, die Gerechtigkeit und die Gleichmäßigkeit der Behandlung der verschiedenen Kategorien der Steuerpflichtigen anerkennend, seine Zustimmung geben würde.
Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrage zuzustimmen. .
Herr Abgeordneter Neuburger, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin selbst Angehöriger eines freien Berufes, möchte aber trotzdem das Hohe Haus bitten, beide Anträge abzulehnen. Die Pauschbeträge sind seinerzeit im wesentlichen mit dem Hinweis auf den § 9 - jetzt § 9 a, der diese Form von uns erhalten hat, damit begründet worden, daß Betriebsausgaben, gleich welcher Art, steuerlich nicht mehr absetzungsfähig sind; er ist bei allen Novellen immer wieder erhalten geblieben. Es ist ja so: echte Betriebsausgaben sind für die freien Berufe jederzeit steuerlich absetzbar. Sie müssen nur aufgezeichnet werden, und es müssen entsprechende Bücher geführt werden. Also für echte Betriebsausgaben entstehen den Angehörigen der freien Berufe keinerlei steuerliche Nachteile. Nachdem wir uns heute entschlossen haben, den § 9 a in dieser Form einzuführen, besteht meines Erachtens nunmehr auch keinerlei Veranlassung mehr für eine Pauschalgebühr in dem Sinne, wie sie jetzt in den beiden Anträgen festgelegt ist.
Ich bitte daher, beide Anträge abzulehnen.
Herr Abgeordneter Dr. Bertram.
Dr. Bertram: ({0}): Nur noch ein Wort zur Berichtigung. Es ist nicht zutreffend, daß die echten Betriebsausgaben ohne weiteres abgezogen werden dürfen, sondern es ist so, daß bei den freien Berufen beispielsweise der Anzug, der Aufwand für die Bekleidung nicht zusätzlich abgezogen werden darf, obwohl bei einem Rechtsanwalt oder einem Arzt
({1})
- entschuldigen Sie! - ein zusätzlicher Aufwand
für die Bekleidung ebenso auftreten wird - -
({2})
- Entschuldigen Sie, das hat mit „Sondergesetz für Anwälte" nichts zu tun, sondern mit zusätzlichem Aufwand, den sie nicht unter Betriebsausgaben verbuchen können. Es gibt für die freien Berufe gar keine Möglichkeit, diese Dinge zu verbuchen; ebenso ist es bei den zahlreichen Kleinausgaben, die sie nicht verbuchen können. Infolgedessen ist es nicht zutreffend, was der Abgeordnete Neuburger erklärt hat.
({3})
- Es ist bei Lohnempfängern ohne weiteres zulässig. Ein bestimmter Pauschbetrag für derartige Ausgaben, die damit ohne weiteres abgegolten sein können, ist in der Lohnsteuer bereits berücksichtigt. Unter diesen Umständen ist ein solcher Pauschbetrag auch für die freien Berufe berechtigt.
Herr Abgeordneter Pelster hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stimme den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Neuburger zu. Ich kann das nicht gutheißen, was Herr Abgeordneter Dr. Bertram eben ausführte. Wenn auch noch ein Aufwand an Kleidung usw. abgesetzt werden soll, dann muß das ja auch für den Lohn- und Gehaltsempfänger gelten.
({0})
Auch der Beamte muß unter Umständen etwas besser gekleidet gehen als andere Gruppen, die unter ihm stehen. Dann muß ich es aber auch den Lohnempfängern in den Fabriken, Werkstätten usw. zugestehen. Dem kann also nach meiner Meinung nicht stattgegeben werden. Ich bitte, den Antrag abzulehnen.
({1})
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache. Ich komme zur Abstimmung. Es liegen die beiden Anträge vor. Da „1200 DM" mehr ist als „600 DM", ist offenbar der Antrag der SPD der weitergehende. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 167 unter Ziffer 2. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion des Zentrums, Umdruck Nr. 176 Ziffer 2. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist ebenfalls abgelehnt. Damit ist die Einfügung einer Ziffer 10 aa abgelehnt worden.
Ich rufe auf Ziffer 10 a. Hierzu liegt vor einmal (C der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP auf Umdruck Nr. 179 Ziffer 3, in § 1 Ziffer 10 a zu streichen, weiterhin der Antrag der Fraktion des Zentrums auf Umdruck Nr. 176 Ziffer 3, der für Ziffer 10 a einen neuen Wortlaut vorsieht.
Wer wünscht die Anträge zu begründen? - Herr Abgeordneter Dr. Bertram!
Meine Damen und Herren! Unser Antrag bezweckt, die Einkünfte aus der selbständigen und nicht selbständigen Arbeit der Ehefrau von der Haushaltsbesteuerung auszunehmen, und zwar auf Antrag. Wir haben über diese Frage hier im Plenum schon öfter gesprochen und haben darüber im Ausschuß schon häufiger beraten. Die Frage der Haushaltsbesteuerung rührt an das Grundgesetz. Es ist fraglich, ob die Zusammenveranlagung von Ehegatten rechtsgültig ist. Nach Art. 3 des Grundgesetzes sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich, und nach Art. 6 stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Die Zusammenveranlagung von Mann und Frau bedeutet aber eine erheblich höhere Besteuerung, als wenn die Einkommen beider nach dem Grundgesetz gleichen Menschen einzeln versteuert würden. Wenn zwei Menschen ihr Gewerbe zusammen ausüben und sich in einer offenen Handelsgesellschaft zusammentun, ist es selbstverständlich, daß in dieser offenen Handelsgesellschaft das Einkommen eines jeden dieser beiden Menschen selbständig veranlagt wird.
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Niemand kommt auf die Idee, weil sie nun etwa zusammen eine Gemeinschaft bilden, sie doppelt zu besteuern. Bei Mann und Frau wird aber die Progression des Steuersatzes angewendet; das Einkommen wird zusammengerechnet, und der höhere Steuersatz, der sich durch die Zusammenrechnung ergibt, wird auf dieses Einkommen angerechnet.
Ein Beispiel: jeder der Ehepartner mag jährlich 6000 DM Einkommen haben, und zwar einer aus freiberuflicher Arbeit und der andere aus unselbständiger Arbeit. Vor der Ehe müssen die beiden -jeder für sich - zusammen etwa 2000 DM an Steuer bezahlen. Nach der Heirat ist es nach der geltenden Rechtslage bzw. nach dem Antrag, der im Ausschuß angenommen worden ist, so: Ist die Frau etwa als Lehrerin Gehaltsempfängerin, dann werden die Eheleute individuell besteuert und zahlen 350 DM Einkommensteuer weniger. Verdient die Frau aber selbständig, beispielsweise als Ärztin, dann zahlen die Eheleute trotz der besseren Steuergruppe - sie sind aus der Steuergruppe I in die Steuergruppe II gekommen - 1300 DM mehr, als sie vor der Heirat einzeln bezahlt haben.
({1}) Diese Zusammenveranlagung bringt einen Schaden, der erheblich größer ist als der Vorteil durch das Hinüberrücken aus der Steuergruppe I in die Steuergruppe II.
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Es handelt sich hier um ein Vielfaches; es ist ein sehr großer Unterschied!
Die Begründung, die das Bundesfinanzministerium seinem Vorschlag gegeben hat, gliedert sich in zwei Punkte. Einmal behauptet das Finanzministerium, es sei ideell durch das Wesen der Familiengemeinschaft begründet, so zu verfahren. Ich darf fragen: Seit wann unterstützt man ideell das
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Wesen der Familiengemeinschaft dadurch, daß man diese mit erheblichen Steuerstrafen belastet, wenn die Partner einmal zur Ehe gekommen sind? Wenn man das Wesen der Familie ideell richtig erfaßt hat und die Familie unterstützen will, darf man die Leute, nachdem sie geheiratet haben, nicht höher besteuern, als vorher; ich könnte mir vorstellen, daß man sie steuerlich begünstigt. Wir aber tun in Deutschland genau das Gegenteil. Wir belasten beide Ehegatten erheblich höher, als sie einzeln vor der Ehe mit Steuern belastet waren.
Weiter wird behauptet, die Ehe sei billiger, die Leistungsfähigkeit sei höher. Meine Damen und Herren, wenn sich zwei Menschen zur Ehe zusammentun, dann sind sie doch kein Leistungsverband
({4})
wie eine Handelsgesellschaft, die dem Erwerb dient. Auf die Handelsgesellschaft, die dem Erwerb dient, läßt sich dieser Gesichtspunkt wohl anwenden. Daß aber Mann und Frau in der Ehe zusammenleben, ist doch kein steuerlicher Gesichtspunkt, der es rechtfertigen würde, deshalb etwa eine höhere Steuer zu nehmen. Sie wissen alle, daß dieser Gedanke an die Leistungsfähigkeit keine Anwendung auf die Ehe finden kann.
Der dritte Gesichtspunkt, der hier hervorgehoben wird, ist der, daß die Steuer erheblich vereinfacht würde. Das mag zutreffen. Aber in anderen Ländern hat man ja -dies Problem auch. In den Vereinigten Staaten ist das so geregelt, daß auf Antrag beider Ehegatten ihr Einkommen zusammengerechnet wird; es wird halbiert, und jeder der beiden zahlt für die Hälfte die normale Einkommensteuer, die er als Einzelperson zu zahlen hätte. Das ist eine gerechte Lösung, und einzig und allein diese Lösung würde auch unserem Grundgesetz entsprechen.
Meine Damen und Herren! Es wird behauptet, diese Regelung sei 1941 durch die Nationalsozialisten eingeführt worden, und damit wird ein kleines Mäntelchen um eine ungerechte Maßnahme gelegt. Das ist zunächst formell richtig. Die Begründung vergißt aber zu erwähnen, daß diese Regelung bereits 1925 bis 1934 gegolten hat, daß die Nationalsozialisten sie erst 1934 beseitigt und damit ein großes Unrecht begangen haben und daß 1941 dieses Unrecht der Nationalsozialisten wieder aufgehoben worden ist, was wir jetzt im Sinne der Leute von 1934 wieder einführen wollen. So erst wird die Sache richtig dargestellt. Man muß sich eben auch einmal die ganze Geschichte vergegenwärtigen.
Wenn das Grundgesetz vorschreibt, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sind, dann bedeutet das doch, daß für das Steuergesetz, für die Fragen der Besteuerung nur steuerliche Gesichtspunkte herangezogen werden können. Als steuerliche Gesichtspunkte sind Art und Höhe des Einkommens anerkannt, und daß die Art und die Höhe des Einkommens deswegen, weil zwei Menschen heiraten, nicht unterschiedlich berücksichtigt werden können, liegt auf der Hand.
Man könnte sich noch fragen, ob als steuerlich beachtlicher Gesichtspunkt etwa in Betracht käme, daß sich durch die Ehe eine höhere Leistungsfähigkeit, d. h. die Möglichkeit der Erzielung eines höheren Arbeitseinkommens ergäbe. Das ist keineswegs der Fall; im Gegenteil: das Arbeitseinkommen als solches sinkt.
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- Wenn Mann und Frau heiraten, dann werden sie allenfalls erreichen, daß ihr Einkommen zusammen der Summe ihres vorherigen Einkommens gleich ist; meist werden sie beide zusammen aber weniger verdienen, weil die Frau den Haushaltstag hat und auch- noch sonstige Ausfälle an Arbeitslohn hinnehmen muß. Auf keinen Fall wird durch die Heirat eine höhere steuerliche Leistungsfähigkeit erzielt.
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- Aber wenn Sie sich beispielsweise als Polizist kasernieren lassen, dann leben Sie auch billiger,
- und dem Steuergesetzgeber fällt es nicht ein, dem kasernierten Steuerpflichtigen etwa eine höhere Steuerlast aufzubrummen, weil er billiger lebt. Das ist doch nicht der Gesichtspunkt der steuerlichen Leistungsfähigkeit. Es gibt noch andere Fälle, in denen es ein Steuerpflichtiger versteht, seinen Lebensunterhalt besonders billig zu gestalten. Das ist aber doch kein steuerrechtlicher Gesichtspunkt, der hier überhaupt beachtet werden könnte. Die Frage der billigen Lebenshaltung - und das ist in Wirklichkeit der hier vorgeschobene Grund
- ist steuerlich überhaupt nicht beachtlich, sondern nur die echte steuerliche Leistungsfähigkeit, und bei ihr liegt eben eine Erhöhung durch die Eheschließung nicht vor. Hier kommt nur eine möglicherweise billigere Lebenshaltung in Betracht. Infolgedessen verstößt die Haushaltsbesteuerung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, denn es werden hier unsachliche Gesichtspunkte in die Frage der Besteuerung hineingebracht.
Wir haben deshalb eine Regelung beantragt, nach der die beiden Eheleute auf übereinstimmenden Antrag getrennt veranlagt werden können, und zwar nach der Steuerklasse I, weil sie dann natürlich die Vorteile der Steuerklasse II nicht mehr in Anspruch nehmen können.
({7})
- Die Kinderermäßigung kann sich dann auswirken, wenn sich die Eheleute ausrechnen, daß sie sich bei einer getrennten Besteuerung ihres Einkommens schlechter stehen.
({8})
- Kinder arbeiten ja im allgemeinen nicht. Ich habe den Antrag auf Grund zahlreicher Beschwerden gestellt. Daß das Arbeitseinkommen der Kinder dem Arbeitseinkommen der Eltern zugerechnet wird, ist außerordentlich selten. Wenn es sich um Einkommen von Angestellten oder von Lohnempfängern handelt, dann darf es ja nach der bisher gültigen Regelung dem Elterneinkommen sowieso nicht zugerechnet werden, sondern ist gesondert zu versteuern. Unter diesen Umständen ist, das gebe ich zu, die Frage der Zurechnung der Einkommen der Kinder tatsächlich nicht aktuell. Deshalb ist sie aus unserem Antrag herausgelassen worden. Die grundsätzliche Frage muß hier aber geklärt werden. Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
({9})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Weber.
Meine Herren und Damen! Ich erkläre im Namen meiner Freunde, daß wir für die Haushaltsbesteuerung sind, und zwar deshalb, weil wir die Familie und den Haushalt als eine Einheit auffassen. Was der
({0})
Mann beiträgt, trägt er für die Familie bei, und wenn die Frau etwas beiträgt, ob es in der Landwirtschaft ist, in einem gewerblichen Betrieb oder ob es in nichtselbständiger Arbeit ist, dann trägt sie das - das wissen wir alle - für die Familie bei. Deshalb sind wir für diesen Haushaltsbeitrag und für die Haushaltsbesteuerung.
Wir können die Familie nicht so auffassen, wie es eben der Vorredner dargestellt hat,
({1})
sondern wir haben eine ganz andere Auffassung vom arbeitenden Mann und auch von der arbeitenden Frau in der Familie. Die Frauen in den Familien denken, wenn sie arbeiten, gar nicht daran, daß sie das für sich tun,
({2}) sondern sie tragen dadurch für die Existenz der Familie bei. Also wollen wir auch die Haushaltsbesteuerung, weil die Familie eine Einheit ist.
({3})
Ich weiß aber wohl, daß Härten entstehen können, wenn Kinder in der Familie sind, besonders wenn es sich um kinderreiche Familien handelt. Deshalb werden wir uns in den verschiedenen Gesetzen für diese Familien einsetzen; das werden Sie sehen, wenn wir über die Kinderzulagen reden.
({4})
Dann werden wir uns dafür einsetzen, daß den kinderreichen Familien ganz bestimmte Erleichterungen gewährt werden. Aber wir lassen nicht an der richtigen Auffassung von der Familie rütteln. Die Familie darf nicht so dargestellt werden, wie das eben geschehen ist, als ob sie bloß eine Verdienstgemeinschaft wäre und als ob hier bloß steuerliche Gesichtspunkte in Betracht kämen.
({5})
Es kommt hier auch ein sozialer Gesichtspunkt in Betracht: Diese Steuer erbringt, wie man mir gesagt hat, im nächsten Jahr ungefähr 100 Millionen DM, und wenn ich an die 100 Millionen DM denke, meine sehr verehrten Anwesenden, dann denke ich an die Rentner,
({6})
dann denke ich an die Ausgaben, die wir für die Ärmsten machen müssen.
({7})
Diese 100 Millionen DM sollen dazu beitragen, denen etwas zu geben, denen heute noch nichts gegeben worden ist.
({8})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Lockmann.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es tun mir leid, daß ich mich in ganz großen Gegensatz zu den eben gemachten Ausführungen stellen muß. Der Minister der Finanzen hat nämlich vor, den § 43 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung zu einem stillen Begräbnis zu bringen. Diese Maßnahme bedeutet eine Attacke auf die nach dem Grundgesetz bis zum 31. März 1953 abzuschließenden gesetzlichen Maßnahmen zur Schaffung der völligen Gleichberechtigung der Frau.
({0})
Stellt doch der § 43 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung in der bisherigen Fassung eine gewisse Gleichstellung der mitverdienenden Frau auf steuerlichem Gebiet dar. Wenn eine Ehefrau als Arbeitnehmer in einem dem Ehemann fremden Betriebe tätig war, war sie einkommen-steuerlich wie ein Mann gestellt, oder sie war einer unverheirateten Frau gleichgestellt. Insbesondere entfiel in diesen Fällen, wie ich noch später sagen werde, die ohnehin sehr angreifbare Haushaltsbesteuerung von Eheleuten.
Dieser noch im Steuerrecht vorhandene Rest von Gleichberechtigung soll durch diese Reform auch noch still und leise beseitigt werden. Es muß festgestellt werden, daß die von der Bundesregierung beabsichtigte Streichung des § 43 an eine Rechtsentwicklung anknüpft, die 1934, also nach dem denkwürdigen Jahre 1933, schon einmal begonnen hat. Der § 43 hat nämlich seit 1925 schon verschiedene Wandlungen, man muß sagen, Konjunkturwandlungen durchgemacht. Immer dann, wenn man glaubte, den Arbeitsmarkt unter Steuerdruck regulieren zu können, geschah es über den § 43 der Einkommensteuer - Durchführungsverordnung auf Kosten der mitverdienenden Ehefrau.
({1}) Von 1925 bis 1934 waren' die Einkommen der mitverdienenden Ehefrauen aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit von der Zusammenveranlagung ausgenommen. Im Jahre 1934 aber, als nachgewiesen werden sollte, daß die Arbeitslosigkeit überwunden war, wurde die uneingeschränkte Zusammenveranlagung der Ehegatten wiedereingeführt. Die damalige amtliche Begründung läßt erkennen, daß man damals die mitverdienende Ehefrau aus dem Arbeitsprozeß heraushalten wollte. Als man sie aber im Jahre 1941 wieder einmal als Arbeitskraft - sei es sogar durch Dienstverpflichtung oder sei es freiwillig - brauchte, besann man sich darauf, jetzt den Grundsatz der Zusammenveranlagung wieder aufzugeben und die mitverdienende Ehefrau wenigstens mit ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wieder aus der Zusammenveranlagung herauszunehmen. Hieran hat man mit dem § 43 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung bisher festgehalten.
Anstatt nun diese Entwicklung in Verfolg der Verwirklichung des Grundgesetzes fortzusetzen, macht man wieder einmal kehrt, und zwar offensichtlich wiederum aus Gründen, von denen sich auch der Gesetzgeber von 1934 hat leiten lassen. Für den Bundestag aber muß bei jeder Gesetzesreform das Grundgesetz entscheidend sein, auch im Hinblick auf Art. 3 des Grundgesetzes. Es wäre nicht sinnvoll, ja es wäre eine bewußte Abkehr von Art. 3 des Grundgesetzes, wenn man ein Steuergesetz beschließen würde, das den Grundsatz der Gleichberechtigung der Frau mißachtet. Das Vorhaben der Regierung, die uneingeschränkte Zusammenveranlagung der Eheleute wiedereinzuführen, tut dies aber.
Der gesetzliche Güterstand mit dem Verwaltungs- und Nutznießungsrecht des Ehemannes ist die Grundlage für die Zusammenveranlagung der Eheleute im Steuerrecht. Die tatsächlichen Verhältnisse lassen aber keinen Zweifel darüber, daß der gesetzliche Güterstand überlebt ist und die nach dem geltenden bürgerlichen Recht vertraglich zulässige Gütertrennung der anzustrebende eheliche Güterstand sein muß. Die Reform des bürgerlichen Rechts wird Gütertrennung als Voraussetzung haben müssen, wenn sie dem Grundgedanken des
({2})
0 Art. 3 des Grundgesetzes gerecht werden will. Diese Rechtsentwicklung schließt ganz einfach auch die Gleichberechtigung der Frau im Steuerrecht ein.
Der im Bundestag vorliegende Antrag auf Gesetzesänderung geht konsequent von diesem Grundsatz aus. Der Bundesminister hat nun errechnet, daß die Wiedereinführung der Zusammenveranlagung ein Steuermehraufkommen von jährlich 100 Millionen DM erbringen soll. Diese Summe soll allein von der mitverdienenden Ehefrau aufgebracht werden.
({3})
Es ist nicht nur eine steuerliche Ungerechtigkeit, sondern es kommt einer Bestrafung auf Grund der Verheiratung gleich,
({4})
und es ist festzustellen, daß auf Grund dieses Umstandes die Heiratsfreudigkeit um ein wesentliches nachlassen könnte,
({5})
ganz im Gegensatz zu dem, was man zum Aufbau einer guten Familie braucht.
Ich möchte den Herrn Bundesfinanzminister fragen, ob er gewillt ist, sich für 100 Millionen DM die Gunst der verheirateten Frauen zu verscherzen,
({6})
und ich kann mir vorstellen, daß auch ein Bundesminister ohne die Gunst der Frauen nicht zu leben vermag.
({7})
Nach der Einkommenstruktur Westdeutschlands verdienten 1950 nur 7,6 % aller Erwerbspersonen mehr als 550 DM monatlich und nur 4,4 % mehr als 700 DM. Dieser Prozentsatz ist so klein, daß man ihn für steuerliche Überlegungen nicht einzustellen braucht. Alle Erwerbspersonen aber, die unter 550 DM monatlich verdienen, sind als Ehegatten zwingend darauf angewiesen, daß beide Teile in irgendeiner Form erwerbstätig sind.
({8})
Wenn man einen für eine Ehe wirtschaftlich guten Grund schaffen will und wenn man den Aufbau einer Ehegemeinschaft sichern will - unter ganz besonderer Betonung der Flüchtlingsfamilien und der Ausgebombten -, dann sollte man von solcher Maßnahme Abstand nehmen. Es ist eine staatsbürgerliche und steuerliche Ungerechtigkeit, gerade bei diesen' Personenkreis eine höhere steuerliche Leistungsfähigkeit zu unterstellen und die Einkünfte der Ehegatten durch Zusammenrechnung einer höheren steuerlichen Belastung zu unterwerfen, indem man die Ehegatten nicht getrennt veranlagt. Die Ehefrau als Hausmütterchen - und ich muß jetzt sagen: der Typ ist uns eigentlich eben vorgetragen worden ({9})
im überlebten bürgerlichen Sinn dürfte doch nur noch in der Phantasie einer Generation bestehen, die auf Grund von Alter und gesellschaftlichem Herkommen nicht mehr in der Lage ist, umzulernen.
Aus diesem Grunde bitten wir Sie, der Gesetzesänderung zuzustimmen.
({10})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Reismann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe soeben die Ausführungen der verehrten Frau Kollegin Weber sachlich absolut nicht verstehen können. Wenn sie z. B. glaubt, die Ehe dadurch besonders betonen und ehren zu können, daß sie die Ansicht vertritt, sie müsse besonders besteuert werden, dann geht das über meinen Horizont_ hinaus.
({0})
Vom Kollegen Bertram ist doch ganz einfach dargelegt worden: wenn schon die Zusammenarbeit von irgendwelchen zwei Menschen nicht dadurch besonders bestraft wird, daß man sie zusammen in eine höhere Steuergruppe bringt, dann darf man doch die Ehe nicht dadurch bestrafen, daß man die Ehegatten bei der Besteuerung zusammen veranlagt. Ich verstehe absolut nicht, daß es die Frau Kollegin Weber für eine soziale Tat hält, wenn sie verlangt, daß die Ehe besteuert wird, und ich verstehe nicht, daß sie das im Interesse der Familie und Ehe für geboten erachtet. Wenn ich nicht der Überzeugung wäre, die Frau Kollegin Weber redete hier, ohne die Ausführungen des Kollegen Bertram verstanden zu haben, dann würde ich sagen: das ist eine böse Rabulistik, die sie hier betreibt. Vor allen Dingen würde ich auch empfehlen, die Ausführungen, die Kollege Bertram gemacht hat, ernst zu nehmen.
({1})
- Ja, wenn Sie glauben, daß nur der über eine Sache reden darf, der selber drinsteht, möchte ich Ihnen empfehlen, sich bei der Strafgesetzgebung jeder Mitwirkung zu enthalten oder vorher kriminell zu werden.
({2})
Wenn die Ansicht von Frau Kollegin Weber durchgeht, können wir den Eheleuten nächstens sagen: Dafür, daß ihr nicht in wilder Ehe zusammenlebt, sondern geheiratet habt, werdet ihr bestraft; aber das beruht auf der „sozialen und christlichen" Einstellung der Freunde von Frau Weber.
({3})
Wenn Sie, Frau Kollegin Weber, der Ansicht sind, man sollte helfen, würde ich Ihnen empfehlen, Anträge zu stellen, die es den verheirateten Frauen überflüssig erscheinen lassen, noch zu arbeiten.
({4})
Wir müssen uns doch vor Augen halten, daß durch
diese Besteuerung gerade diejenigen am meisten
getroffen werden, die es am wenigsten vertragen
können, die am wenigsten Geld verdienen.
Ich möchte doch bitten - es sei mir trotz des großen Altersunterschiedes, Frau Kollegin Weber, gestattet, dies zu sagen -, daß man mit größerem Ernst an diese Dinge herangeht.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Wuermeling.
Meine Damen und Herren! Ich habe weder die Absicht, eine längere Rede zu halten, noch die Absicht, auf die „überaus bedeutsamen" Ausführungen meines letzten Herrn Vorredners zu antworten. Ich möchte zur Wiederversachlichung der Debatte lediglich unter einem andern Gesichtspunkt kurz Stellung nehmen,
({0})
({1})
nachdem die Dinge von der Seite. der Familie her eben von unserer sehr verehrten Kollegin Frau Dr. Weber in ausgezeichneter Weise beleuchtet worden sind.
({2})
Meine Damen und Herren, wenn wir Steuergesetze machen, pflegen wir übereinstimmend die Meinung zu bekunden, daß diese Steuergesetze sozial gerecht sein sollen.
({3})
Eine Steuer pflegt dann sozial gerecht zu sein, wenn sie denjenigen stärker trifft, der besser in der Lage ist, Steuern zu zahlen. Wenn wir das Doppelverdienen,
({4})
an dem wir heute sozial- und arbeitsmarktpolitisch gar kein Interesse haben, dadurch prämieren, daß wir doppelverdienenden Eheleuten noch besondere steuerliche Vergünstigungen gewähren, machen wir keine soziale Steuergesetzgebung.
({5})
Eines ist doch klar: wenn in einem Haushalt zwei Menschen verdienen, sind sie leichter in der Lage, Steuern aufzubringen, als wenn es sich um zwei einzelstehende Personen handelt. Auch unter dem arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkt, daß wir gar kein Interesse daran haben, das Dopperlverdienen auch noch steuerlich zu fördern, bitte ich dieses Problem zu betrachten und für die Haushaltsbesteuerung einzutreten.
({6})
Meine Damen und Herren, es ist in diesem Zusammenhang immer wieder der Versuch gemacht worden, den Art. 3 des Grundgesetzes in übertriebener Weise zu strapazieren. Demgegenüber möchte ich nur wiederholen, was hier schon mehrfach gesagt worden ist, daß Sie mit allen diesen Begünstigungen die Unterschiede zwischen Männern und Frauen niemals werden beseitigen können, weder in der natürlichen noch in der soziologischen Stellung der Geschlechter.
({7})
Wir müssen unsere Gesetze auf die Individualität, auf die Einzelpersönlichkeit abstellen. Wir kommen nicht darum herum, daß Männer und Frauen auch ihrer Individualität nach verschiedenartige Einzelpersönlichkeiten sind, wenn sie auch staatsbürgerlich die gleichen Rechte haben und haben müssen.
({8})
Wenn es richtig wäre, was Sie sagen, daß die Haushaltsbesteuerung staatsbürgerlich ungerecht wäre und eine Benachteiligung der Frau bedeutete, dann müßte man auch sagen, es wäre staatsbürgerlich ungerecht, wenn Sie Kinderermäßigung geben; dann müßten Sie den kinderreichen Vater genau so behandeln wie den kinderarmen 'oder die kinderreiche Mutter genau so wie die kinderarme usw. Sie können die Dinge doch nicht in dieser mechanischen Weise überspitzen und schematisch alles über einen Kamm scheren wollen.
Wir sind also der Meinung, daß aus sozialen Gründen, die auch Frau Kollegin Weber am Schluß ihrer Ausführungen angedeutet hat, die Haushaltsbesteuerung durchaus gerechtfertigt ist. Es ist ja keine Ausnahmegesetzgebung gegen die Frau. Es wird ja nicht nur die Frau, sondern in gleicher Weise der Mann getroffen. Die doppelverdienenden Ehegatten werden zusammen veranlagt und besteuert, weil sie eher als Alleinverdienende in der Lage sind, höhere Steuersätze zu bezahlen.
({9})
Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß weitere Wortmeldungen nicht vorliegen. Ich schließe die Besprechung zu der Ziffer 10 a.
Ich erinnere daran, daß zunächst der weitestgehende Antrag, der auf Umdruck Nr. 179 Ziffer 3, § 1 Ziffer 10 a zu streichen, und dann der Antrag der Fraktion des Zentrums, Umdruck Nr. 176 Ziffer 3 zur Abstimmung stehen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP Umdruck Nr. 179 Ziffer 3 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Ich bitte die Damen und Herren, die für die Streichung sind, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist zweifellos die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag der Fraktion des Zentrums auf Umdruck Nr. 176 Ziffer 3.
Ich rufe auf Ziffer 11. Zu Ziffer 11 liegen der Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 167 Ziffer 3 und der Änderungsantrag der Fraktion des Zentrums Umdruck Nr. 176 Ziffer 4 vor. Wer begründet den Antrag der Fraktion der SPD?
({0})
- Herr Abgeordneter Seuffert, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ziffer 11 des Gesetzentwurfs sieht eine Abänderung des § 32 des geltenden Einkommensteuergesetzes insofern vor, als sie einen sogenannten Plafond für hohe Einkommen einführt, wonach bei diesen die Steuer nicht mehr als 80% des Einkommens betragen darf. Wie hoch die Einkommen sind, für die das von Interesse ist, kann sich jeder selbst ausrechnen. Sie liegen bei mehreren Hunderttausend DM jährlich. Man spreche auch nicht davon, daß das nur sehr wenige Fälle seien, bei denen die Beseitigung dieser sozusagen Härte fiskalisch nicht ins Gewicht falle. Die Ziffer, die Ihnen die Begründung des Gesetzes bringt, nach der nämlich dieser sogenannte Plafond den Finanzminister immerhin 20 Millionen DM jährlich kostet, gibt Ihnen ein ungefähres Bild davon, wieviel derartige Einkommen es in Deutschland schon wieder oder noch gibt und in welchem Maße in diesen Fällen Steuergeschenke zugebilligt werden sollen.
Wir lehnen diese Bestimmung ab. Wir lehnen sie unter anderem deswegen ab, weil Sie soeben beschlossen haben, zwar den Arbeiterfrauen, die gar nicht gern ihren Haushalt tagsüber im Stich lassen, um zur Arbeit zu gehen, 100 Millionen DM in einem Jahr - und in diesem Jahr noch 40 Millionen DM - abzunehmen
({0})
- .das dürfte der größte Teil sein, trauen Sie der Steuererfahrung, fragen Sie den Finanzminister, wo der Schwerpunkt liegt! -, dagegen den Beziehern von Einkommen in dieser Höhe ohne zwingenden Grund 20 Millionen DM zu schenken.
Um dieser Auffassung unsere Auffassung gegenüberzustellen, haben wir Ihnen die Anträge zu § 32 nochmals vorgelegt, die Sie im letzten Jahr allerdings bereits abgelehnt haben. Wir machen Ihnen
({1})
mit diesen Anträgen deutlich, daß unsere Vorstellung von einem gerechten Aufbau der Einkommensteuer die ist: es ist weniger auf die Interessen der Spitzenbesteuerten und auf die dort auftretenden Härten das Augenmerk zu richten, sondern man muß zunächst einmal die gesunde und unumgängliche Grundlage des Existenzminimums, Idas jedem zukommt, im Auge haben. Dieses Existenzminimum, das bei den heutigen Verhältnissen ganz zweifellos nicht niedriger als 1500 DM jährlich liegt, muß man steuerfrei lassen. Auf dieser Grundlage muß sich die Steuerpflicht in einem System aufbauen, das es auf der einen Seite ermöglicht, familiäre und andere notwendige Begünstigungen jedem gleichmäßig zukommen zu lassen, indem ein Proportionalsatz eingeführt ist, und das auf der andern Seite die höheren und leistungsfähigen Einkommen durch eine stark progressiv gestaffelte Zusatzsteuer erfaßt. Wir befinden uns in einer Finanznot des Staates. Wir wissen, daß das nicht nur und nicht einmal überwiegend Schuld unordentlicher Staatsführung ist, daß es nicht, wie gewisse Vereine, ,die neuerdings eine große Propaganda entfalten, glauben machen wollen, nur leichtsinnige Ausgaben sind, sondern auch zwangsläufige Ausgaben, die als Finanzanforderungen an uns gestellt werden. Ich habe heute bereits einmal gesagt, daß in einer derartigen Lage die Erhöhung der Steuersätze das einzig richtige Mittel und dasjenige Mittel ist, das alle anderen Staaten außer der Bundesrepublik Deutschland in dieser Lage und in dieser Zeit angewandt haben, das man aber aus gewissen Gründen der politischen Kombination in dieser Bundesrepublik anzuwenden sich ständig weigert. Um das richtig zu machen und um auch
B) zu wissen, wen man belasten kann, muß man ein System schaffen. Wir legen Ihnen noch einmal unsere Vorstellungen von einem solchen System vor.
Zu unserem Antrag gehört der Zusatzantrag, in dem wir uns über die Grundsätze der Tarifgestaltung ausgesprochen haben, die unserer Ansicht nach zu empfehlen sind. Wir empfehlen wiederholt, statt dieses Wirrwarrs vorn Angriffen, auf die jeweils gerade angreifbar erscheinende Bevölkerungsgruppe den Finanzbedarf des Staates in gesünderer Weise zu befriedigen, nämlich dadurch, daß man die im vorigen Jahr leichtsinnig gekürzten Steuersätze wiederherstellt, allerdings nur für diejenig'enEinkommen, die das vertragen können. Die Einkommen bis zu 6000 DM vertragen es bei den heutigen Lebenshaltungskosten nicht mehr.
Wir machen Sie weiter wiederholt auf die sogenannte Tabelle B aufmerksam, die für die Einkommen bis zu 5000 DM immer noch die Bürgersteuer, eine Kopfsteuer, erhebt. Wir fordern Sie wiederholt auf, diese Tabelle B endlich verschwinden zu lassen.
Das sind im Gegensatz zu dem von uns abgelehnten Regierungs- und Ausschußantrag unsere Anträge zu § 32 a.
Ich darf noch darauf aufmerksam machen, daß wir planen, die Sitzung um 18.30 Uhr zu unterbrechen, damit der Vortrag des Präsidenten der Beratenden Versammlung des Europarates, Herrn Spaak, um 20 Uhr in diesem Saal stattfinden kann.
Zur Begründung des Antrags der Fraktion des Zentrums hat der Herr Abgeordnete Dr. Bertram das Wort.
Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Gesetz zur Vereinfachung des Einkommensteuerrechts nichts zu verschenken. Die von uns abgelehnte Bestimmung bedeutet, daß 20 Millionen DM nur zugunsten der allergrößten Einkommensbezieher verschenkt werden. Es ist nicht richtig, was in der Begründung der Regierung steht, daß sonst kein Leistungsanreiz bestünde. Tatsächlich sind die Begünstigungen des geltenden Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrechts so zahlreich, daß nur sehr selten einmal der Fall eintreten wird, daß das noch übrigbleibende Nettoeinkommen den Steuersatz von 80% überschreitet. Wenn dies trotz aller Begünstigungen, die das geltende Steuerrecht bietet, tatsächlich einmal der Fall sein sollte, dann ist es recht und billig, daß tatsächlich auch die vollen Steuersätze zur Erhebung kommen. Es wird niemand verstehen, wenn die Begünstigungen für Flüchtlinge und für alle möglichen Zwecke abgeschafft werden und hier neue Steuervorteile, neue Steuergeschenke für diejenigen geschaffen werden, die diese Steuervorteile nicht nötig haben.
Ich bitte deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Neuburger!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte an sich zu den beiden Anträgen nicht sprechen. Wenn aber der Herr Kollege Bertram soeben den Schluß zieht, daß mit der Regierungsvorlage einer gewissen Gruppe von Personen neue Steuervorteile zuteil würden, so muß ich dem doch in aller Form widersprechen. Diese Behauptung ist unrichtig.
({0})
- Ja, sie ist deswegen unrichtig, weil wir ja den § 32a in der bisherigen Form aufgehoben haben.
({1})
- Nein, zwischen § 32a und § 32b ist ein wesentlicher Unterschied. Der § 32a brachte Steuervergünstigungen, die der § 32b nicht bringt. Es liegt also ein stufenweiser Abbau der Vergünstigungen des § 32a vor. Steuerpflichtige, die bis zu 80 0/o im Steuersatz nach oben gehen, unterliegen voll dem Wegfall der Steuervergünstigungen, der dadurch eintritt, daß wir den § 32a gestrichen haben. Nur die Steuerpflichtigen, die ein Einkommen darüber haben, werden mit der Spitze darüber etwas begünstigt.
({2})
Wir haben den § 32a nicht hundertprozentig gestrichen, sondern wir haben ihn, wie gesagt, zu 90 0/o abgebaut und haben hier diesen Plafond eingebaut. Man kann also nicht behaupten, daß neue Steuervorteile gegeben würden. Man kann höchstens sagen, man hätte den § 32a in vollem Umfange streichen sollen.
Der Antrag der SPD als solcher ist nicht neu. Er wurde hier schon vor einem Jahr gestellt. Wir haben damals dazu in aller Form Stellung genommen. Schon damals - und ich möchte das heute wiederholen - wurden die Steuertarife, so wie sie die Alliierten für uns verordnet haben, nicht nur von der Koalition hier und nicht erst hier im Bundestag, sondern bereits im Wirtschafts({3})
rat als zu hoch angesehen. Es wurde darauf hingewiesen, daß es ein Akt der Steuergerechtigkeit sei und auch im Interesse der Steuerehrlichkeit liege, die Tarifsätze entsprechend zu senken. Die Voraussetzungen, die damals vorgelegen haben, sind heute noch in gleicher Weise gegeben.
Daher bitte ich, die beiden Anträge abzulehnen.
Weitere Wortmeldungen
liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelbesprechung
zu Ziffer 11.
Es liegt der Antrag der Fraktion des Zentrums auf Umdruck Nr. 176 Ziffer 4 vor, § 1 Ziffer 11 zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag der Fraktion des Zentrums zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, Sie dienen der Abstimmung, wenn Sie sich nicht hinten im Saal aufhalten, sondern Ihre Plätze aufsuchen.
Weiterhin liegt der Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 167 Ziffer 3 vor. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der Fraktion der SPD zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Außerdem liegt vor der Eventualantrag - ({0})
- Zur Geschäftsordnung oder wozu?
({1})
- Ja, meine Dame, ich habe die Einzelbesprechung geschlossen und bin in der Abstimmung über die inzwischen begründeten Anträge. Zur Geschäftsordnung kann ich Ihnen das Wort geben, zur Einzelbesprechung nicht mehr.
({2})
- Meine Damen und Herren, ich hatte vermutet, daß Herr Abgeordneter Seuffert seinen Eventualantrag gleichzeitig begründet hätte. Er hatte zuvor auch den Antrag Umdruck Nr. 166 schon begründet.
({3})
Darf ich annehmen, daß über den Inhalt und den Hintergrund dieser Anträge Klarheit besteht?
({4})
Also ich komme mit Ihrem Einverständnis zur Abstimmung über den Eventualantrag der Fraktion der SPD auf Seite 3 des Umdrucks Nr. 167 oben, in § 32 Abs. 3 Ziffer 2 hinter dem Wort „verwitwet" die Worte einzufügen: „oder als Frau unverheiratet". Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Eventualantrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Abstimmung über den Ausschußantrag zu Ziffer 11. Es ist die Frage, ob über den Antrag Umdruck Nr. 166 zunächst abgestimmt werden soll. Technisch ist es möglich, über ihn auch hinterher abzustimmen. Ist das auch Ihre Meinung, Herr Abgeordneter Seuffert?
({5})
- Ich stellte die Frage, ob wir über ,den Antrag Umdruck Nr. 166 nach Abstimmung über den Ausschußantrag abstimmen sollen.
({6})
- Ist erledigt, bedarf also keiner Abstimmung mehr.
Ich komme zur Abstimmung über den Ausschußantrag zu Ziffer 11. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Ausschußantrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe auf Ziffer 12. Abänderungsanträge liegen nicht vor. Wünscht jemand das Wort zu nehmen? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Einzelbesprechung zu Ziffer 12. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses zu Ziffer 12 zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf Ziffer 12a. Zu Ziffer 12a liegen vor ein Abänderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 167 Ziffer 4 und ein Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP Umdruck Nr. 179, ebenfalls Ziffer 4. Wer wünscht den Antrag zu begründen? - Herr Abgeordneter Seuffert, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde zur Begründung dieses Antrags wenig Worte brauchen. Unser Standpunkt in dieser Frage ist bekannt. Es handelt sich um den neuerlichen Versuch, eine wirklich systematische Regelung der hier zugrunde liegenden Frage, nämlich des Verhältnisses zwischen der Besteuerung von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften, zu verzögern und dafür eine Bestimmung einzuführen, die für beide Teile, sowohl für den Steuerpflichtigen wie für das Finanzamt und für die Steuerverwaltung, praktisch unanwendbar ist. Ich kann mir bei dieser Bestimmung kaum einen Steuerpflichtigen denken, der ernsthaft, bei richtiger Anwendung, das Risiko übernehmen wollte, den hier vorgesehenen Antrag zu stellen. Nach der Entwicklung, die die Steuergesetzgebung jetzt genommen .hat, werden die größeren Personengesellschaften und größere Einzelfirmen zweifellos deswegen in große Schwierigkeiten kommen. Auf der andern Seite hat uns der Finanzausschuß des Bundesrates bereits mitgeteilt, er werde dem Bundesrat empfehlen, wenn eine derartige Bestimmung in das Gesetz kommen sollte, den Vermittlungsausschuß anzurufen.
Ich glaube, Sie stehen vor der Entscheidung, ob Sie eine derartig unzulängliche Angelegenheit als eine Scheinlösung präsentieren und sich damit in Gegensatz sowohl zur Wirtschaft wie zur Finanzverwaltung setzen wollen oder ob Sie endlich einmal darangehen wollen, dieses Problem richtig zu erfassen. Eines könnten Sie allerdings noch machen, was noch schlechter wäre, nämlich im Wege einer Ermächtigung, wie es ursprünglich vorgesehen war, der Ministerialbürokratie, die diese unzureichende Bestimmung hervorgebracht hat, die Lösung überhaupt in die Hand zu geben.
Wünscht jemand den Antrag der Fraktion der CDU/CSU, FDP und DP zu begründen? - Offenbar nicht. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelbesprechung zu Ziffer 12a,
({0})
Meine Damen und Herren, ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 167 Ziffer 4, die Ziffer 12a zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP Umdruck Nr. 179 Ziffer 4. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist angenommen. Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung, wenn ich recht sehe.
Somit ist nur noch über die Ziffer 12a mit dieser Änderung abzustimmen, d. h. unter Berücksichtigung der in dem Umdruck Nr. 179 enthaltenen Änderung. Ich bitte die Damen und Herren, die der Ziffer 12 a des Ausschußantrages unter Berücksichtigung dieser Abänderung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; Ziffer 12 a ist angenommen.
Ich rufe auf Ziffer 13. Dazu erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Dr. Trischler. - Herr Abgeordneter Dr. Trischler meint, daß er 10 Minuten zur Begründung des Antrags benötige. Ich glaube, wir werden diesen Punkt der Tagesordnung noch erledigen wollen. - Bitte schön, Herr Abgeordneter!
Im Namen verschiedener Freunde stelle ich zu dieser Ziffer 13 einen Abänderungsantrag. Er bezieht sich in Wirklichkeit auf den bisherigen § 33 a des Einkommensteuergesetzes. Nach den letzten Beratungen vor mehreren Monaten war die Regelung so getroffen, daß für die Personengruppen der Füchtlinge, Vertriebenen, politisch Vertolgten, Spätheimkehrer und Personen mit Totalschäden bei der Einkommensteuer gewisse Pauschalabzüge möglich waren. Nach der jetzigen Vorlage werden diese Pauschalbeträge geringfügig erhöht, in Steuerklasse I um 60 DM von 480 auf 540 DM, in Steuerklasse II um 120 DM von 600 auf 720 DM und in Steuerklasse III ebenfalls um 120 DM von 720 auf 840 DM. Eine Erhöhung der Pauschalbeträge um 60 bzw. 120 DM ist damit zwar erfolgt; für die Steuer selbst bedeutet das aber praktisch nur ganz geringfügige Be-. träge. Demgegenüber verlieren dieselben Personengruppen die Möglichkeit, die für sie bisher bestand, daß sie auf Grund von Nachweisen über Neuanschaffungen in Steuerklasse I zusätzlich 960 DM in Abzug bringen konnten, in Steuerklasse II 1200 DM und in Steuerklasse III 1440 DM. Es werden also 60 DM gegen 960 und 120 gegen 1200 bzw. 1440 DM praktisch eingetauscht.
Gewiß bringt die Neuregelung für die Allgemeinheit eine Verbesserung, aber die Streichung der anderen Möglichkeit ist nach unserem Empfinden doch nicht gerecht. Wir sollten im Gegenteil alles tun, um bei diesen Personengruppen den Willen zur Selbsthilfe, zur Neugründung von Existenzen und zu Neuanschaffungen in jeder Weise zu fördern, sie zu unterstützen und zu belohnen. Darauf hatten wir uns nach wirklich sehr langwierigen Verhandlungen schon vor einigen Monaten geeinigt. Wir sehen deshalb nicht ein, warum man sich nun nach wenigen Monaten mit diesem Problem von neuem auseinandersetzen soll. Wir hatten uns damals auf diesen Grundsatz geeinigt, und wir glauben, daß man diesen Grundsatz auch beibehalten sollte.
Dieser Paragraph bekommt vielleicht gerade jetzt wieder besondere Bedeutung, nachdem wir bei der Beratung über § 10 a die Bevorzugung dieser Gruppen abgelehnt haben. Es ist vorhin gesagt worden, man wolle nicht für verschiedene Gruppen verschiedene Steuergrundlagen schaffen, hier für die Geschädigten, die Flüchtlinge und all die Personengruppen, die ich angeführt habe, und dort für die anderen. Das hat etwas für sich. Aber wir sind bisher nicht darum herumgekommen, und wir werden auch weiter nicht darum herumkommen, solange nicht die Grundlage für die wirtschaftliche Betätigung dieser Gruppen einigermaßen die gleiche ist. Man kann doch nicht bestreiten, daß diese Geschädigtengruppen mit nichts anfangen müssen, während die Einheimischen ihre Existenzgrundlage haben. Nicht nur, daß sie nichts haben; auch die entsprechenden Verbindungen, die geschäftlich ebenfalls von großer Bedeutung sind, fehlen ihnen, während die anderen ihr Vermögen und auch alles Sonstige behalten konnten.
Wenn wir die Überzeugung hätten, daß durch den kommenden Lastenausgleich eine gewisse Angleichung der Ausgangsbasis geschaffen würde, so hätten wir für dies& Regelung Verständnis. Dann würden auch wir auf dem Standpunkt stehen: gut, wenn das geschaffen wird, kann man von dieser Verschiedenartigkeit der Besteuerung abgehen! Aber ein jeder, der die Vorlage des Lastenausgleichsgesetzes kennt und über die Beratungen einigermaßen informiert ist, weiß genau, daß davon gar keine Rede sein kann. Bei Maximalsätzen der Entschädigung bis 15 000 DM und bei einer Höchstsumme von 1200 DM, wie sie insbesondere für die hierdurch betroffene Gruppe der freien Berufe vorgesehen ist, kann man doch nicht von einer gesunden und gleichmäßigen Ausgangsbasis für alle sprechen. Wir stehen also nach wie vor auf dem Standpunkt, daß es notwendig ist, diese Gruppen bei der Einkommensteuer besonders zu berücksichtigen.
Es wird der Einwand gemacht, die Handhabung dieser Vorlage sei sehr kompliziert und schwierig. Andererseits wird aber immer zugegeben, daß betragsmäßig diese Gruppe nicht in die Waagschale fällt. Es handelt sich dabei nur um einziffrige Millionen. Ich weiß nicht genau, wie hoch die Summe ist; aber Tatsache ist, daß es sich nur um ganz wenige Millionen handelt. Man kann es also nicht damit begründen, daß das Aufkommen an Einkommensteuer dadurch irgendwie wesentlich verringert würde. Die politische Bedeutung dieser Frage ist nach unserer Meinung viel wichtiger und größer. Daher sollte man hier nicht wegen dieser wenigen Millionen Schwierigkeiten machen. Diese Menschen sollen das Gefühl haben, daß man ihre Not anerkennt und daß man ihnen behilflich sein will, damit sie sich selbst helfen und entsprechend weiterkommen können. Ich habe oft das Empfinden, wir gewöhnten uns zu leicht daran, daß nun einmal die Flüchtlinge, die Ausgebombten, die Spätheimkehrer usw. hier sind und daß man an die wirklich vorhandene Not nicht immer wieder von neuem erinnern will. Hier haben wir eine kleine Möglichkeit zu helfen, und wenn sich der Bundestag in den vergangenen Monaten schon grundsätzlich auf die damals vorgesehene Methode geeinigt hatte, so sollte man das beibehalten.
Wir bringen daher folgenden Antrag ein. Ich will ihn nicht wortwörtlich verlesen. Der Sinn ist der, daß zusätzlich zu den Pauschalbeträgen genau wie bisher die Summe, aber auch nur bei entsprechender Vorlage von Nachweisen noch abzugsfähig sein
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soll. Die Summe muß nur jetzt in den einzelnen Steuerklassen genannt werden, weil der doppelte Betrag - wenn man den Wortlaut zugrunde legt, wie er vorher bestand - nach der Erhöhung mehr ausmachen würde. Es würde also dann heißen, daß im letzten Satz des Abs. 1 die Worte „bis zur nochmaligen Höhe der genannten Freibeträge" gestrichen werden und hinter dem bisherigen Schlußwort „abzugsfähig" angefügt wird:
bis zur Höhe von 960 Deutsche Mark bei Personen der Steuerklasse I,
bis zur Höhe von 1200 Deutsche Mark bei Personen der Steuerklasse II,
bis zur Höhe von 1440 Deutsche Mark bei Personen der Steuerklasse III.
Das sind genau die Sätze, wie sie bis jetzt im Einkommensteuergesetz gewesen sind.
Ich würde Sie daher darum bitten, mit Rücksicht darauf, daß Sie uns bei § 10 a nicht entgegengekommen sind, wenigstens hier diesem Antrag zustimmen zu wollen.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung des Antrags der Herren Abgeordneten Dr. Trischler und Genossen gehört.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Neuburger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es tut mir persönlich leid, daß ich auch in diesem Fall das Hohe Haus bitten muß, den Antrag abzulehnen. Wenn Sie die heutige Debatte und die Beschlüsse, die wir gefaßt haben, rückblickend überschauen, wer- den Sie feststellen, daß wir steuerliche Opfer unter dem Gesichtspunkt der Streichung von steuerlichen Vergünstigungen von allen Berufsgruppen und Ständen gefordert haben. Wir haben solche Opfer von dem Unternehmer durch Streichung der §§ 7a, 10a und 32a gefordert. Wir haben Einschränkungen in bezug auf den Wohnungsbau im Sinne der mißbräuchlichen Benutzung des § 7c gemacht. Wir haben vorhin die Beschlüsse gefaßt, die eine Steuerbegünstigung der mitverdienenden Ehefrau, soweit sie in unselbständigem Arbeitsverhältnis steht, ausschließen.
Die nächste Ziffer, die wir zu beschließen haben, betrifft den Wegfall der steuerlichen Vergünstigung für die Mehrarbeit, und so dürfen und können Sie eigentlich nicht darüber überrascht sein, wenn nun auch der § 33a nicht mehr in der bisherigen Weise aufrechterhalten werden kann. Er bleibt im übrigen für das laufende Jahr voll bestehen. Die Änderung, die wir beschließen und die die Regierung vorgeschlagen und der Ausschuß gebilligt hat, tritt also erst für das Jahr 1952 in Kraft. Die Regierung hat bewußt den Kreis und die Pauschsätze erhöht. Wenn über dem Gesetz steht: „Änderung und Vereinfachung", dann wollen wir doch ehrlich sein und anerkennen, daß gerade diese Bestimmung auch mit zur Vereinfachung beitragen soll.
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Das soll aber nicht nur im Sinne der Vereinfachung zu Lasten der Betroffenen geschehen, sondern auch im Sinne der Wegräumung und der Ausräumung von Mißbräuchen, die wahrscheinlich auf keinem Gebiete der bisher gewährten steuerlichen Vergünstigungen so groß waren wie gerade hier.
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Die Finanzämter können da wirklich entsprechende
Beispiele anführen. Das Zettelsammeln war gang und gäbe.
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Der Antragsteller selbst mußte zugeben, daß wir für den Großteil des betroffenen Personenkreises durch die Erhöhung der Pauschsätze eine wirklich ganz erhebliche steuerliche Vergünstigung, bei der Mittelgruppe sogar bis zu 20 %, im Interesse dieser Bereinigung und Vereinfachung geben.
Ich glaube daher, daß diejenigen, die davon be troffen werden - und es können ja nur die betroffen werden, die sozial schon bedeutend besser gestellt sind; denn nur sie konnten ja die Spitzenbeträge in bezug auf die Verdoppelung in Anspruch nehmen -, die Einsicht aufbringen müssen, daß eben in Zusammenhang mit dieser generellen Streichung von steuerlichen Vergünstigungen über alle Berufe, Klassen und Betriebszweige hinweg auch in dieser Beziehung eine gewisse Streichung vorgenommen werden mußte.
Ich bitte Sie, die Vorlage der Regierung und des Ausschusses in diesem Sinne zu betrachten und demgemäß auch die beantragte zusätzliche Erhöhung ablehnen zu wollen.
Herr Abgeordneter Mellies, bitte!
Meine Damen und Herren! Zum zweiten Male haben wir heute aus den Reihen der Regierungsparteien Änderungsanträge zu den Ausschußvorschlägen erlebt. Es ist in den Reden durchgeklungen, daß sich das Haus, wenn diese Anträge nicht angenommen werden würden, eines unsozialen Verhaltens schuldig machte. Der Herr Finanzminister hat zu diesen letzten Vorschlägen geschwiegen; aber ich glaube, Herr Finanzminister, es erhebt sich doch die Frage, welche Haltung denn nun Sie bzw. die Bundesregierung zu diesen Anträgen aus den Reihen der eigenen Koalitionsparteien einnehmen. Wollen Sie um Ihre Vorlage, die Sie hier eingebracht haben, nun noch kämpfen, oder wollen Sie es auf der andern Seite dem Hause überlassen, die Entscheidung zu fällen und damit nach außen hin den Eindruck zu erwecken, als ob die Regierung zugestimmt hätte, wenn auch anders entschieden worden wäre? Ich glaube, so bequem kann sich die Bundesregierung die Sache nicht machen. Ich kann mir vorstellen, daß Sie durch die Auseinandersetzungen der letzten Tage in den eigenen Koalitionsparteien ermüdet und zermürbt sind.
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Das entbindet Sie aber wirklich nicht der Pflicht, jetzt auch hier vor dem Hause für Ihre Vorlage einzutreten und ganz klar und deutlich zu sagen, was die Meinung des Finanzministeriums ist. Denn Sie können es doch nicht mit anhören, daß den Regierungsparteien der Vorwurf unsozialen Verhaltens gemacht wird, wenn Sie selbst der Überzeugung sind, daß die Mißstände, die uns eben von dem Herrn Berichterstatter vorgetragen worden sind, den Tatsachen entsprechen.
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Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß ich durch den Redner der Fraktion der
Bundesfinanzminister Schiffer)
SPD aus meiner „Ermüdung und Ermattung" aufgescheucht worden bin.
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Ich brauche auch keine lange Rede zu halten, sondern kann mich auf eine sehr kurze Rede beschränken.
Ich kann feststellen, daß das, was der Redner meiner Fraktion und, ich darf wohl auch sagen, der Redner der Koalitionsparteien, Herr Abgeordneter Neuburger, zu diesem Thema ausgeführt hat, auch meine Meinung ist und daß diese Einigkeit als selbstverständlichkeit vorausgesetzt werden darf.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Es liegt vor der Antrag des Herrn Abgeordneten Trischler und Genossen, der Ihnen, wie ich annehmen darf, bekannt ist.
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- Wenn Sie es wünschen, bin ich bereit, den Antrag Ihnen noch einmal vorzulesen. Offenbar wird das nicht gewünscht.
({1}) Der Bundestag wolle beschließen:
Ziffer 13, Abs. b der Drucksache 2212 erhält folgende Fassung:
Im letzten Satz des Absatzes 1 werden die Worte „bis zur nochmaligen Höhe der genannten Freibeträge" gestrichen und hinter das bisherige Schlußwort „abzugsfähig" angefügt:
„bis zur Höhe von 960 Deutsche Markbei Personen der Steuerklasse I,
bis zur Höhe von 1200 Deutsche Mark bei Personen der Steuerklasse II,
bis zur Höhe von 1440 Deutsche Mark bei Personen der Steuerklasse III,
der Betrag von 1440 Deutsche Mark erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind, für das dem Steuerpflichtigen Steuerermäßigung zusteht oder gewährt wird, um je 60 Deutsche Mark."
Dr. Trischler und Genossen.
Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Antrag abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über die Ziffer 13 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und, Herren, die der Ziffer 13 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, damit die heutige Sitzung zu unterbrechen und morgen mit der Fortsetzung der heutigen Tagesordnung zu beginnen, soweit die Punkte nicht erledigt sind. Ich weise darauf hin, daß die Drucksachen mit dem roten Stempel für die dritte Beratung aufzubewahren sind, weil sie aus technischen Gründen nicht ein zweites Mal verteilt werden können. Ich bitte daher, sie für die nächste Beratung zur Verwendung bereitzuhalten.
Ich berufe die 143. Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Mittwoch, den 23. Mai 1951, 10 Uhr, mit der Tagesordnung: die unerledigten Punkte der heutigen Tagesordnung und die für Mittwoch verteilte Tagesordnung.
Ich schließe die 142. Sitzung des Deutschen Bundestages.