Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 139. Sitzung des Deutschen Bundestags.
Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Es sucht um Urlaub nach der Abgeordnete Dr. Dr. Nöll von der Nahmer wegen dienstlicher Inanspruchnahme für eine Woche.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Wönner, Dr. Schatz, Bromme, Stauch, Dr. Orth, Frau Dr. Probst, Dr. Nölting, Keuning, Steinhörster, Ekstrand, Görlinger, Ohlig, Dr. Greve, Wagner, Hedler, Roth, Frau Dr. Weber ({0}), Dr. Pünder und Vesper.
Entsprechend der Übung des Hauses werden die übrigen amtlichen Mitteilungen ohne Verlesung ins stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 21. April 1951 unter Bezugnahme auf den Beschluß des Deutschen Bundestages vom 16. November 1950 über die Schritte der Bundesregierung wegen der Aufhebung der Wasserchlorierungsmaßnahmen berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 2194 verteilt.
Meine Damen und Herren! Die gestrige Sitzung ist wegen festgestellter Beschlußunfähigkeit des Hauses abgebrochen worden. Die nicht erledigten Punkte der Tagesordnung sind auf die heutige Tagesordnung gesetzt worden. Ich schlage Ihnen vor, folgendermaßen zu verfahren: Wir nehmen zunächst den Punkt 1 der für Donnerstag vorgesehenen Tagesordnung vor: Beratung der Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP und BP betreffend Verfassungswidrige Volksabstimmung. - Der Herr Bundesinnenminister ist unterwegs. Ich nehme an, daß wir bis zu seinem Eintreffen noch einiges zu tun haben und daß der Herr Bundesinnenminister in der Zwischenzeit eintrifft. Wir pflegen ja unsere Übung aufrechtzuerhalten, daß wir pünktlich mit den Sitzungen beginnen.
({0})
Als zweiten Punkt der Tagesordnung würde ich vorschlagen, den Haushaltsplan des Ministeriums für die Angelegenheiten des Marshallplanes zu beraten, da der Herr Bundesminister mir mitgeteilt hat, daß er heute mittag nach Paris fahren muß. Ich darf Ihnen dann vorschlagen, daß wir als drittes die Fortsetzung der Abstimmungen über das Gesetz der Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vorsehen und die übrigen nicht erledigten Punkte der Tagesordnung von gestern an geeigneter Stelle einschieben. Wir würden dann jeweils eine Verständigung darüber herbeiführen.
Zur heutigen Tagesordnung wünscht der Abgeordnete Dr. Schröder das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach einer interfraktionellen Verständigung habe ich die Ehre, Sie zu bitten, auf die heutige Tagesordnung auch noch die Behandlung der Drucksache, Nr. 2193 - also
(Dr. Schröder ({0})
zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung .und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft - zu setzen. Die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, für Verkehr und für Ernährung sind übereinstimmend der Meinung, daß die Behandlung dieser Vorlage außerordentlich dringlich ist. Deswegen richten diese Ausschüsse den Wunsch an Sie, diese Vorlage noch heute mit zu behandeln.
Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist.
({0})
Meine Damen und Herren, ich habe, bevor wir den ersten Punkt der Tagesordnung vornehmen, noch folgenden Vorfall zu erledigen: Wie aus dem Protokoll der 136. Sitzung des Bundestages am 19. April hervorgeht, hat der Abgeordnete Dr. Ott bei einer Rede des Herrn Abgeordneten Müller ({1}) den im Protokoll festgehaltenen Zuruf „Sie sind ein Erzlügner" gemacht. Da gleichzeitig ein Zuruf des Herrn Abgeordneten Kuntscher erfolgte, der ebenfalls protokolliert worden ist, habe ich diesen Zuruf des Abgeordneten Dr. Ott überhört. Ich bin im Ältestenrat darauf aufmerksam gemacht worden. Der Zuruf „Sie sind ein Erzlügner" überschreitet die Möglichkeiten einer sachlichen Kritik, die in diesem Hause üblich ist, und enthält eine persönliche Beleidigung. Ich muß demgemäß den Herrn Abgeordneten Dr. Ott nachträglch zur Ordnung rufen.
Meine Damen und Herren, der Herr Bundesminister des Innern ist noch nicht eingetroffen. Ich rufe daher zunächst Punkt 12 der gestrigen Tagesordnung erneut auf:
Fortsetzung der zweiten und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes ({2});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({3}) ({4}).
({5})
Ich schlage Ihnen vor, daß wir zunächst die Abstimmung über die Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vornehmen.
({6})
- Das Haus ist nach meiner Überzeugung beschlußfähig oder wird es doch in wenigen Minuten werden, Herr Abgeordneter
Meine Damen und Herren, dann verfahre ich so, daß wir zunächst die nicht erledigten Abstimmungen der gestrigen Sitzung vornehmen. Sie wollen sich an folgendes erinnern, soweit Sie gestern bei der Sitzung noch anwesend waren, daß wir über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Bertram abstimmten, in Ziffer 2 a hinter dem Wort „Weinbau-Betrieb" die Worte „dessen Einheitswert 30 000 DM nicht übersteigt" einzufügen. Ziffer 2 a lautet: „Dem § 10 wird folgender Abs. 5 angefügt: .. ." usw. Dieser Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Bertram bezieht sich auf diese Ziffer. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Bertram zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? -- Meine Damen und Herren, damit wir uns endgültig klar werden, bitte ich, die Abstimmung zu wiederholen. Ich bitte die Damen und Herren, die für den Antrag sind, noch einmal eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, der Vorstand ist sich nicht völlig einig. Ich muß Sie also bitten, das, was wir gestern bereits gemacht haben. die Sache im Hammelsprung zu entscheiden, zu wiederholen. Meine Damen und Herren, darf ich Sie bitten, den Saal möglichst bald zu verlassen, damit wir zur Abstimmung kommen und nicht zuviel Zeit verlieren.
({7})
Meine Damen und Herren, ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
({8})
- Darf ich um Beschleunigung der Abstimmung bitten. - Ich bitte, zum Schluß der Abstimmung zu kommen.
Ich bitte, die Abstimmung zu schließen.
({9})
Meine Damen und Herren! Der Vorstand ist glänzend gerechtfertigt. Das konnte vorhin niemand zählen. Für den Antrag sind 133 Stimmen abgegeben worden, gegen den Antrag 136 Stimmen bei 13 Enthaltungen. Der Antrag ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren! Nachdem die Abänderungsanträge abgelehnt sind, kommen wir zur Abstimmung über den Ausschußantrag zu Ziffer 2 a. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Ausschußantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
({10})
Ich stelle noch einmal fest: Wir stimmen ab über den Ausschußantrag zu Ziffer 2 a, in § 10 einen Abs. 5 einzufügen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Ausschußantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Aha! Das sieht schon ganz anders aus.
({11})
Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Der Ausschußantrag ist angenommen.
Ich rufe weiter auf die Ziffern 3, - 4, - 5, -6, - 7. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen gegen wenige Stimmen angenommen!
Ich rufe auf Ziffer 8. Zu Ziffer 8, meine Damen und Herren, liegt Ihnen ein Abänderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 120 ({12}) unter Ziffer 2 vor.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Erbschaftsteuergesetz ist nach Erlaß des Flüchtlingssiedlungsgesetzes, das der Wirtschaftsrat in einer seiner letzten Sitzungen im Jahre 1949 beschlossen hat, eine Erbschaftsteuervergünstigung für auslaufende Höfe zur Förderung der Flüchtlingssiedlung eingefügt worden. Wir erachten es nun für notwendig, neben den auslaufenden Höfen auch die „wüsten Höfe" zu begünstigen, von denen wir eine sehr große Zahl haben, also betriebslose Ländereien: Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude sind in Ordnung, aber die Koppeln sind einzeln verpachtet. Im Interesse der Festigung des Bauerntums schlagen wir also vor, daß im § 18 Ziffer 11a das Wort „eines wüsten
({0})
Hofes" jeweils in den einzelnen Ziffern hinter den Worten „auslaufenden Hofes" eingefügt wird. Ich bitte, dieser Änderung zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelbesprechung.
Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag.
({0})
- Meine Damen und Herren, darf ich um etwas Ruhe bitten, damit wir die Abstimmung ordnungsgemäß erledigen können! - Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 120 ({1}), und zwar unter Ziffer 2 die Unterziffer 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Soweit ich sehe, ist der Antrag einstimmig angenommen.
Dann liegt weiter vor der Antrag der Fraktion der SPD unter Ziffer 2 Nrn. 2 und 3, die bisherigen Buchstaben a bis e als Buchstaben e bis f zu bezeichnen und nach dem Buchstaben f ({2}) einen Buchstaben g einzufügen. Außerdem liegt vor der Antrag der Fraktion des Zentrums auf Umdruck Nr. 79, dem Art. I Ziffer 8 zu § 18 Buchstabe e einen Zusatz zu geben.
Wird das Wort dazu gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zentrumsfraktion hat den Antrag gestellt, Ziffer 8 einen Zusatz hinzuzufügen. Dieser Zusatz hat folgenden Sinn. Nach dem geltenden Schenkungssteuerrecht sind auch Schenkungen an die politischen Parteien nicht schenkungssteuerfrei. Durch die Abänderung des Gesetzes sollen sie schenkungssteuerfrei werden. Diese Abänderung halten wir in der vorgesehenen Allgemeinheit nicht für möglich, und zwar aus folgenden Gründen. Die Abänderung würde ja nicht nur den staatstragenden Parteien zugute kommen, sondern die Schenkungssteuerfreiheit würde auch den Extremisten von rechts und links in vollem Umfange zugute kommen; sie würde den Rückversicherern eine billige Möglichkeit geben, insbesondere auch der KPD Schenkungen und andere Zuwendungen zu machen. An dieser Entwicklung haben wir ja nicht das geringste Interesse. Die bisherigen großen Wahlspenden sind möglicherweise - ich weiß es nicht - zur Schenkungssteuer herangezogen worden. Zum mindesten hätte der Bundesfinanzminister hier die dankbare Aufgabe, eine Steuerquelle zu erschließen, die er noch nicht erschlossen hat. Wir geben dem Herrn Bundesfinanzminister ausdrücklich die Anregung, in dieser Hinsicht doch einmal Feststellungen zu machen.
({0})
- Ja, das ist hier natürlich durch die Eigenart des Gebäudes geworden.
Art. 21 ({1}) des Grundgesetzes sieht ausdrücklich vor, daß Parteien über die Herkunft ihrer Mittel Rechenschaft geben müssen, und zwar öffentlich. Diese öffentliche Rechenschaftslegung ist bisher von keiner der Parteien durchgeführt worden. Daß die Parteien notwendigerweise Geld brauchen, ist selbstverständlich. Dagegen wendet sich unser Antrag auch nicht im geringsten, sondern dagegen, daß die Geldquellen unentdeckt bleiben und deshalb die Beziehungen zwischen Geldgebern und Parteien der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Gerade die Untersuchungen des „Spiegel"-Ausschusses haben doch ergeben, daß es dringend notwendig ist, daß diese Beziehungen im "hellsten Lichte der Öffentlichkeit klarliegen. Wer hier etwas zu verbergen hat, hat ein schlechtes Gewissen. und Verbergen gerade dieser Tatsachen bedeutet. daß die trüben Beziehungen zwischen Interessentenverbänden auf der einen Seite und irgendwelchen Parteiorganisationen auf der andern Seite unentdeckt bleiben. Das gerade wollen wir im Interesse einer wahren demokratischen Entwicklung nicht. Wir wollen, daß völlige Klarheit darüber herrscht, woher die Gelder kommen und wer sie gegeben hat.
Deshalb würde eine Annahme unseres Antrags zur Folge haben, daß ein großer steuerpolitischer Zwang bestünde, möglichst schnell ein solches Parteiengesetz, wie es das Grundgesetz vorschreibt, vorzulegen, so daß dann möglichst schnell diese Vorschrift des Grundgesetzes in die politische Wirklichkeit umgesetzt werden könnte. Haken wir hier nicht ein, sondern lassen wir es zu, daß die Zuwendungen allgemein, unkontrolliert und ohne öffentliche Rechenschaftslegung den Parteien zufließen und Schenkungssteuer nicht entrichtet zu werden braucht, dann besteht kein wirtschaftlicher Zwang, das Parteiengesetz beschleunigt vorzulegen, und wir werden wohl noch lange warten müssen, bis uns ein entsprechendes Parteiengesetz vorgelegt wird. Haken wir hier aber ein und nehmen eine entsprechende Bestimmung in das Schenkungs- und Erbschaftsteuergesetz auf, dann können Sie sicher sein, daß in möglichst naher Zukunft ein entsprechendes Gesetz vorgelegt wird. Die Bestimmung, die wir vorgeschlagen haben, entspricht in vollem Umfang dem Art. 21 des Grundgesetzes. Wir wollen, daß die Zuwendungen öffentlich registriert werden, wie es das Grundgesetz vorschreibt.
({2})
Das Wort wird dazu weiter nicht gewünscht. Ich schließe die Besprechung über diesen Abänderungsantrag.
Es liegt weiter vor der Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen. im Art. I Ziffer 8 nach Buchstabe e) einen neuen Buchstaben f) einzufügen. Wird dazu das Wort noch gewünscht? - Das ist offenbar nicht der Fall.
Schließlich liegt der Antrag der Fraktion der SPD vor, nach dem Buchstaben f) - bisher e) - einen Buchstaben g) einzufügen. Dieser Antrag soll auch nicht mehr mündlich begründet werden.
Meine Damen und Herren, ich schließe damit die Besprechung. Ich komme zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der Fraktion des Zentrums, Umdruck Nr. 79. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Offensichtlich die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Herren Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen, Umdruck Nr. 126 Ziffer 2. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem An- trage zuzustimmen wünschen, - ({0})
({1})
Ist der Antrag erledigt? Ich vermutete bereits, daß er sachlich erledigt sei;
({2})
er ist also auch abstimmungsmäßig durch die Abstimmungen, die vorweggegangen sind, erledigt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD, Umdruck Nr. 120 Unterziffern 3 und 4 von Ziffer 2. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Es bedarf keiner Gegenprobe; dieser Antrag ist angenommen.
Meine Damen und Herren, damit sird die Abänderungsanträge zu Ziffer 8 erledigt. Ich komme also zur Abstimmung über die Ziffer 8 gemäß dem Ausschußantrag unter Berücksichtigung der Abänderung, die sich durch Annahme des Antrags Drucksache Nr. 2077 Ziffer 2 ergeben hat, und unter Berücksichtigung der eben vorgenommenen Abänderung, und bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. ({3})
Ja, meine Damen und Herren: Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, die Hand zu erheben. Es schien etwas Unsicherheit vorhanden zu sein. Ich kann natürlich im Interesse der Vereinfachung die Fragen immer doppelt stellen, wenn es dann besser geht.
({4})
Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
({5})
- Es ist zu früh am Tag, meint der Abgeordnete Schoettle. Wenn man dann aber Frühsport vorschlägt, dann wird es in der ganzen Öffentlichkeit beanstandet.
({6})
Ich rufe auf die Ziffern 9, - 10, - 11, - 12, - 13, - 14, - 15, - Art. II, - III, - Einleitung und Überschrift. Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich bitte die Damen und Herren, die den aufgerufenen Ziffern und Artikeln zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz.
({7})
- Ich bitte um Entschuldigung!
({8})
Damit ist die zweite Beratung beendet.
Ich rufe auf die
dritte Beratung
des Gesetzes und eröffne die allgemeine Aussprache.
Herr Abgeordneter Dr. Horlacher!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beschlüsse der zweiten Lesung gefallen mir nicht,
({0})
und zwar vom Standpunkt der Führung einer vernünftigen Bauernpolitik aus. Lassen Sie mich jetzt
hierzu folgendes sagen. Gestern konnte ich das
nicht, weil nach meiner Überzeugung gestern auch die Abstimmung nicht so verlaufen ist, wie es sein sollte.
({1})
Ich bringe also zunächst einmal meinen Antrag wieder ein, aber mit einer Änderung, damit ich es manchem Mitglied noch erleichtere, damit sich der Antrag wirklich nur auf die Bauernwirtschaften als solche beschränkt. Er lautet nunmehr:
Die Steuerfreiheit tritt nur ein, soweit der Einheitswert des übergehenden Betriebes 30 000 DM nicht übersteigt. Übersteigt er diesen Betrag, so ist bis zu einem Einheitswert bis zu 90 000 DM nur der überwiegende Betrag steuerpflichtig, soweit sich nicht eine Befreiung aus §§ 17 b und 18 ergibt. Die Steuerfreiheit ermäßigt sich über einen Einheitswert von 90 000 DM hinaus bis 100 000 DM auf. 15 000 DM.
Damit sind die weitergehenden Dinge bis zu 140 000 DM weggefallen, und es ist auch hier eine stärkere Verkürzung bei den etwas größeren Bauernbetrieben eingetreten. Das ist der Antrag, dem zuzustimmen ich dringend bitte, damit wir einen Anreiz für die geschlossene Hofübergabe geben und damit wir hier die Lage des kleinen und mitleren Bauerntums erleichtern.
Ich habe Ihnen gestern die Zahlen bekanntgegeben, die bei der Erbschaftsteuer eine wesentliche Rolle spielen, insbesondere dann, wenn nicht die nächsten Verwandten, sondern entferntere Verwandte herangezogen werden müssen. Sollte mein Antrag nicht angenommen werden, was ich aber nicht hoffe, so bitte ich, dem Antrag des Herrn Kollegen Gülich zuzustimmen. Soweit ich unterrichtet bin, wird er eine Änderung auch seinerseits vornehmen. Wir kommen uns da gegenseitig entgegen. Ich will ihm aber hier nicht vorgreifen. Der Antrag Gülich gefällt mir besser als der Ausschußantrag, weil er die Rückführung auf die Steuerstufe I bei Betrieben bis zu 30 000 DM hat. Ferner ist er zwar auf die Kriegsfälle beschränkt; aber die infolge des Krieges ausfallenden Erben spielen eine besondere Rolle, und er hat in seinem Antrag auch die Kriegsleiden drin, wenn also jemand auf Grund von Kriegsursachen vorzeitig verstirbt. Mir wäre es noch recht, wenn er die Unglücksfälle mit tödlichem Ausgang oder mit einer Erwerbsbeschränkung bis zu über 50% hereinnehmen könnte; dann wäre der Antrag nach dieser Richtung hin verbessert. Der Herr Kollege Gülich will in der anderen Grenze, wo die Steuergruppe II in Frage kommt, noch etwas hinaufgehen. Ich will ihm aber hier nicht vorgreifen. Ich bitte also meine Freunde, wenn ich so sagen darf, dann, wenn mein Antrag abgelehnt werden sollte, was ich aber nicht hoffe, nachdem ich Ihnen seine Annahme noch erleichtert habe, dem Antrag Gülich in seiner verbesserten Form, die jetzt geschildert werden wird, die Zustimmung zu geben.
({2})
Herr Abgeordneter Dr. Horlacher, darf ich Sie bitten, erstens den Antrag schriftlich herzugeben und zweitens darzutun, daß er von 10 Abgeordneten unterstützt wird. wie es in der dritten Beratung vorgeschrieben ist.
Ich kenne die Geschäftsordnung, Herr Präsident!
({0})
Deutscher Bundestag - 139.-Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. April 1951 5483
I
Zur Geschäftsordnung wünscht der Herr Abgeordnete Dr. Kneipp das Wort zu nehmen.
Herr Abgeordneter Dr. Horlacher, Ihre Brille! Da in diesem Hause viel gestohlen wird. empfehle ich, sie mitzunehmen.
({0})
- Natürlich nicht in diesem Hause, sondern in diesem Gebäude!
({1})
Ich bitte, die Beratung und Beschlußfassung über diesen Änderungsantrag so lange auszusetzen, bis er im Umdruck vorliegt.
Meine Damen und Herren, die Einreichung eines vervielfältigten Antrages ist nicht erforderlich.
Darf ich noch einmal darauf hinweisen, daß der Abgeordnete Dr. Horlacher nichts anderes beantragt hat als eine Änderung von Buchstabe c) seines Antrages Umdruck Nr. 126, und zwar der Worte von der drittletzten Zeile an:
für weitere angefangene 10 000 DM um je 5 000 DM, so daß die Steuerfreiheit bei einem Einheitswert von 140 000 DM entfällt.
Herr Abgeordneter Dr. Horlacher, es ist ein Vermerk darunter, der nicht in eine unmittelbare Beziehung zu dem Text gebracht werden kann. Darf ich Sie noch einmal bitten, das zu klären.
Es soll heißen:
Die Steuerfreiheit ermäßigt sich über einen Einheitswert von 90 000 DM hinaus bis 100 000 DM auf 15 000 DM.
)
Meine Damen und Herren, Sie können die Korrektur in Ihren Umdrucken ohne Schwierigkeit vornehmen. Es heißt also:
Die Steuerfreiheit ermäßigt sich über einen Einheitswert von 90 000 DM hinaus bis 100 000 DM auf 15 000 DM.
Die Worte „für weitere" bis „entfällt" sind gestrichen. Ich glaube, daß diese Korrektur ohne weiteres vorgenommen werden kann.
Herr Abgeordneter Dr. Kneipp, bestehen Sie auf Ihrem Antrag?
({0}) - Sie ziehen ihn zurück.
Wird das Wort weiter gewünscht? - Herr Ab- geordneter Dr. Gülich!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Materie der Änderung des Erbschaftsteuergesetzes verdient es ja eigentlich nicht, daß wir uns so lange damit aufhalten. Nachdem dieser Punkt wiederholt von der Tagesordnung abgesetzt worden ist, bin ich der Meinung, Herr Kollege Kneipp, wir sollten nun nicht mehr zögern, dieses Gesetz jetzt endlich zu verabschieden.
Das Gesetz paßt sich in seinen materiellen Änderungen weitgehend den Bedürfnissen der Gegenwart an, entspricht also im wesentlichen einem juristischen Sauberkeitsbedürfnis des Herrn Bundesfinanzministers. Darüber hinaus ist durch die zur Diskussion stehende Sonderregelung der Erbschaftsteuer für die Landwirtschaft eine nicht unwesentliche materielle Änderung beabsichtigt. Der Herr Kollege Horlacher hat seinen Antrag von gestern etwas modifiziert in der Hoffnung, daß er nun angenommen werden könnte. Ich hoffe ebensosehr, daß Sie den Antrag nicht annehmen werden; denn er geht über das, was die Landwirtschaft billigerweise erwarten kann, hinaus.
Ich habe gestern ausgeführt, daß es uns darauf ankommt -- und darin sind wir uns ja auch einig, Herr Kollege Horlacher -, den bäuerlichen Familienbetrieb zu erhalten und bei Erbübergängen einer Zersplitterung vorzubeugen. Die Grenze des bäuerlichen Familienbetriebes liegt im allgemeinen bei 30 000 DM Einheitswert, jedenfalls was Mittel-und Süddeutschland anbetrifft. Ich habe ferner ausgeführt, daß sich durch den Krieg die Bedeutung der Verwandtschaftsgrade geändert hat, daß an Stelle des oft einzigen gefallenen Sohnes im bäuerlichen Betrieb der Neffe, der Schwiegersohn oder der Vetter tritt. Für diese Fälle scheint mir der Ausschußbeschluß nicht weit genug zu gehen, weil er die nach den Steuerklassen IV oder III zu besteuernden Erbübergänge nur nach der Steuerklasse II versteuert wissen will. während man bei Anerkennung meiner Ausführungen über die Verschiebung der Bedeutung der Verwandtschaftsgrade folgerichtig beim Erbübergang eines bäuerlichen Betriebes bis zu einem Einheitswert von 30 000 DM den Erwerber nur nach der Steuerklasse I heranziehen dürfte. Das ist der Inhalt unseres Antrages, den ich nunmehr erneut einbringe.
Zum zweiten aber habe ich - das will ich jetzt noch einmal kurz wiederholen, weil das Haus besser besetzt ist als gestern abend - folgendes dargelegt: Für die Verhältnisse Mittel- und Süddeutschlands genügt meines Erachtens die Regelung bis zu einem Einheitswert von 30 000 DM; für die Verhältnisse Norddeutschlands würde es außerordentlich schädlich sein, wenn wir den Ausschußantrag oder den Antrag Horlacher annehmen würden. Ich darf Ihnen das noch einmal mit ein paar Zahlen belegen. Nach der Statistik der Einheitswerte haben wir in Schleswig-Holstein rund 160 000 Landwirte mit rund 2,5 Millionen ha. Von diesen 160 000 landwirtschaftlichen Anwesen liegen 84% unter 20 000, 89% unter 30 000 DM Einheitswert. Diese 89% aller landwirtschaftlichen Anwesen nehmen 39% der landwirtschaftlich genutzten Fläche ein. Nehme ich nun die etwas größeren Landwirte, nämlich die mit Höfen von 30- bis 50 000 DM Einheitswert, dazu, so sind das nochmal 5%. Dann besitzen 94% aller Landwirte 52% der Fläche. Gehe ich jetzt aber noch eine Gruppe höher und berechne den Flächenanteil der landwirtschaftlichen Betriebe mit über 50 000 DM Einheitswert, so ergibt sich die überraschende Tatsache, daß knapp 6°/o aller Landwirte, nämlich die. welche Besitztümer mit einem Einheitswert von über 50 000 DM haben, 48% der gesamten landwirtschaftlichen Fläche Schleswig-Holsteins besitzen; Sib sehen also: eine enorme Steigerung des Flächenanteils in diesen Größenklassen.
Würde man nun den Ausschußbericht annehmen, in dem ja sogar der Begriff der wirtschafts- oder bauernfähigen Person fehlt, so daß also im Erbgang auch jeder Nichtlandwirt in den Genuß einer derartigen Steuerbegünstigung kommen würde, dann würden wir dem Zusammenhalt des landwirtschaftlichen Großgrundeigentums Vorschub leisten und würden der gesamten Agrar- und Siedlungspolitik des Bundes und der Länder zuwiderhandeln. Das kann nicht im Sinne des Bundestags sein. .
({0})
Um aber nun noch zu einem erträglichen Ergebnis zu kommen, sind wir bereit, in der zweiten Gruppe die Grenze von 50 000 auf 80 000 DM Einheitswert heraufzusetzen. Dann würden auch unsere Vollbauern in Norddeutschland - in Niedersachsen liegen die Verhältnisse nicht anders als in Schleswig-Holstein ({1})
- Niederbayern meinetwegen auch -, deren Betriebe etwa bei einer Größe von 45, 50, 55 ha liegen, mit in den Genuß der Steuervergünstigung kommen. Ich reiche also den Antrag meiner Fraktion lediglich mit der Änderung in der fünften Zeile der Ziffer 1 von unten: „DM 80 000" statt „DM 50 000", im übrigen ungeändert, wieder ein und bitte, diesem Antrage zuzustimmen.
Zum Schluß noch ein kurzes Wort zu etwas anderem. Ich habe gestern abend eine Rüge des Herrn Kollegen Kneipp einstecken müssen, weil mir etwas zugestoßen ist, was einem Gelehrten nicht zustoßen darf: ich habe nämlich unzulänglich zitiert! Ich habe über Nacht mein Gedächtnis geordnet
({2})
und habe festgestellt, daß es sich um folgendes handelt - leider ist die Bibliothek hier noch nicht so vollständig, daß ich es dokumentarisch belegen kann -: Bei der Tagung der Friedrich-List-Gesellschaft im Jahre 1928., auf der es um Kapitalbildung and Steuersystem ging
({3})
- ja, da waren Sie auch dabei! -, hat der Redner zur Erbschaftsteuer sein Referat mit der Bemerkung eingeleitet: Wenn man sich die Bedeutung der Erbschaftsteuer klarmachen will, dann muß man sich an Professor Jastrow erinnern. der zu sagen pflegte: „Meine lieben Kommilitonen, wenn Sie sich die Bedeutung der Einkommen über 3000 Mark klarmachen wollen, so merken Sie sich als Faustregel: Es gibt keine Einkommen über 3000 Mark, denn sie liegen statistisch unter 1%" Und so sei es auch bei der Erbschaftsteuer! Das also schwebte mir gestern vor, daß das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer nicht so gewaltig ist, daß man darüber viel zu reden brauchte. Und dabei fiel mir, wie gesagt, das Beispiel ein, das ich nunmehr berichtigt habe. Ich hoffe, Herr Kollege Kneipp, daß wir uns nun einig sind; denn ich wußte selbst, daß die Erbschaftsteuer vor dem ersten .Weltkrieg für die Landwirtschaft bedeutungslos war.
Ich bitte also, nunmehr den Antrag Horlacher abzulehnen - er ist ja selbst auch damit einverstanden -,
({4})
und ich bitte, unserem Antrag mit der von mir vorgeschlagenen Änderung zuzustimmen;
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Ich beantrage, in dem Antrag Gülich den in der Mitte des Antrags befindlichen Halbsatz „weil der eigentliche Erbe durch Kriegsereignisse oder deren Folgen weggefallen ist" zu streichen. Die Begünstigung soll sich nach dem Antrag Gülich nur auf den Fortfall von Erben infolge von Kriegsereignissen beziehen. Das ist aber nicht ausreichend. Wir müssen auch die Fälle begünstigen, in denen Kinder nicht vorhanden sind und deshalb entfernte Verwandte den Hof übernehmen sollen. Deshalb beantrage ich, diesen Halbsatz zu streichen. Im übrigen bitte ich Sie, dem Antrag Gülich zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache der dritten Beratung. Wir kommen zur Einzelberatung.
Ich rufe auf Art. I. Dazu liegen jetzt drei Änderungsanträge vor. Einmal der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher unter den Ziffern 1 und 2. Ich vermute, Herr Abgeordneter Dr. Horlacher, der Antrag bezieht sich, wie gestern, darauf, daß der vom Ausschuß vorgesehene § 10 Abs. 5 die von Ihnen vorgeschlagene Fassung erhält; also Ziffer 2 a. Dann haben wir den Antrag der Fraktion der SPD mit der von Herrn Abgeordneten Dr. Gülich vorgetragenen Abänderung und den Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Bertram. Darf ich fragen, ob dieser Abänderungsantrag von 10 Abgeordneten unterstützt wird? - Inzwischen sind es 10 geworden.
Ich komme zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher. Ich nehme an, das Haus ist sich über den Inhalt des Antrags jetzt klar. - Das ist der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. -- Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher ist abgelehnt.
Bevor ich zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD komme, muß ich den Abänderungsantrag des Herrn Dr. Bertram und Genossen zur Abstimmung bringen, in dem Antrag der Fraktion der SPD in der Mitte der Ziffer 5 die Worte „weil der eigentliche Erbe durch Kriegsereignisse oder deren Folgen weggefallen ist" zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD unter Berücksichtigung der Abänderung, daß in der sechstletzten Zeile, Herr Dr. Gülich, die Zahl 50 000 durch 80 000 ersetzt wird. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist ohne Frage die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Damit kann ich insgesamt über Art. I des Gesetzentwurfs - unter Berücksichtigung dieser Änderungen - abstimmen lassen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Offenbar einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Art. II, - Art. III, - Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, dia zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes und bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, die
({0})
Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen und bei wenigen Enthaltungen ist das Gesetz angenommen.
Damit ist Punkt 12 der gestrigen Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf Punkt 1 der heutigen Tagesordnung:
Beratung der Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP betreffend Verfassungswidrige Volksabstimmung ({1}).
Ich mache darauf aufmerksam, daß im Ältestenrat über die Begrenzung der Redezeit keine Vereinbarung unter Zustimmung aller Vertreter zustande gekommen ist. Entsprechend dem Vorschlag der überwiegenden Zahl der Mitglieder des Altestenrats schlage ich Ihnen vor, die Redezeit auf 90 Minuten zu begrenzen. Ich bitte die Damen und Herren, die für eine Begrenzung auf 90 Minuten sind, die Hand zu erheben. - Das ist die überwiegende Mehrheit des Hauses. Die Begrenzung der Redezeit ist beschlossen.
Zur Begründung der Interpellation hat der Abgeordnete Brookmann das Wort.
Brookmann ({2}), Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zuge des von den Sowjets inszenierten kalten Krieges
({3})
und nachdem die Grotewohl-Briefaktion und der sogenannte Appell der Volkskammer kein Echo in Westdeutschland gefunden haben,
({4})
hat man von sowjetzonaler Seite eine neue Aktion gestartet und in Essen kürzlich einen Hauptausschuß für die Volksbefragung gegen die Remilitarisierung und für den Abschluß eines Friedensvertrags im Jahre 1951 gegründet. Ich nehme an, daß die westdeutsche Öffentlichkeit davon entsprechend Kenntnis genommen hat. Ich nehme auch an, daß sie weiß, um was es sich hier in Wirklichkeit handelt.
({5})
Es ist den Herren Renner und Genossen sicherlich unangenehm und unbequem, daß wir hier in aller Öffentlichkeit im Deutschen Bundestag über diese Angelegenheit sprechen.
({6})
- Ihre Lautstärke, lieber Herr Renner, entspricht in gar keiner Weise der Bedeutungslosigkeit Ihrer schwachen und beinahe zur Lächerlichkeit gewordenen Partei.
({7})
Was Herr Ulbricht und Herr Grotewohl in der Sowjetzone machen, werden wir noch näher untersuchen.
({8})
Herr Abgeordneter Brookmann, darf ich einen Augenblick unterbrechen.
Der Herr Abgeordnete Kunze hat mich gebeten, darauf hinzuweisen, daß der Lastenausgleichsausschuß seine Beratungen im Zimmer 106 des Südflügels fortsetzt. Ich bitte um Entschuldigung, daß ich das erst jetzt bekanntgebe.
Jedenfalls muß in Westdeutschland zur Kenntnis genommen werden, daß sich, wie es auch in der Interpellation Drucksache Nr. 2185 heißt, am 14. April 1951 in Essen ein „Zentraler Ausschuß für die Volksbefragung gegen die Remilitarisierung" gebildet hat.
Meine Damen und Herren, der Zweck der Interpellation ist, von der Regierung einmal zu erfahren, was sie gegen diese Aktion zu unternehmen gedenkt. Ich darf zunächst einmal mit einer gewissen Befriedigung feststellen, daß das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen sofort nach der Errichtung dieses Zentralausschusses insoweit reagiert hat, als es der Presse ein Kommuniqué übergab und darin die deutsche Öffentlichkeit über die wahren Hintergründe und über die eigentlichen Regisseure dieses Unternehmens aufklärte.
({0})
Ich bin der Meinung, daß das nicht genügt. Politische Erklärungen oder Demonstrationen oder auch Manifestationen
({1})
können heute nicht mehr genügen.
({2})
Wir wollen von der Regierung wissen, welche Maßnahmen sie zu ergreifen beabsichtigt, um diese verfassungswidrige Aktion zu unterbinden.
({3})
Meine Damen und Herren, worauf spekuliert man seitens der sowjetzonalen Machthaber und seitens der Herren Renner und Genossen in Westdeutschland?
({4})
Letztlich doch nur auf die politische Naivität breiter Volkskreise. Man spekuliert sogar auf das natürliche und gesunde Empfinden des deutschen
Volkes für den Gedanken des Friedens. Man spekuliert auf die Unwissenheit über die wahren Hintergründe dieses ganzen teuflischen Unternehmens.
({5})
Wir wollen uns doch einmal überlegen: Was würde man in der Sowjetzone tun, wenn sich dort eine Einzelperson oder irgendeine Gruppe plötzlich erdreistete, einen Hauptausschuß zu gründen, um meinetwegen, sagen wir einmal, an die Bevölkerung die Frage zu stellen, ob sie bereit sei, sich weiterhin dem Terror der Herren Grotewohl und Ulbricht zu unterwerfen?
({6})
Davon abgesehen wäre eine Volksbefragung in der Sowjetzone völlig überflüssig;
({7})
denn es ist kein Geheimnis, daß bei einer Abstimmungsbeteiligung von 980/o zumindest 97 % in der
Sowjetzone sich dafür erklären würden, die Herren Ulbricht, Grotewohl und Genossen schleunigst
über die Grenze nach Sowjetrußland abzuschieben.
({8})
Das wäre noch die gelindeste Methode!
({9})
Ich könnte mir aber vorstellen,
({10})
daß die Bevölkerung in der Ostzone mit Ihren Genossen, Herr Renner, etwas anderes machte.
({11})
5486 Deutscher Bundestag - 159. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2G. April 1951
({12})
Wir möchten von der Regierung wissen, welche Maßnahmen sie zu ergreifen gedenkt, um diesem verfassungswidrigen Unternehmen der kleinen, bedeutungslosen Kommunistischen Partei in Westdeutschland
({13})
und der temporären Machthaber der Ostzone in der Bundesrepublik entgegenzutreten.
({14})
Das ist der Sinn unserer Interpellation.
({15})
Wir haben diese Interpellation eingebracht
, ({16})
und wollen damit erreichen, daß jeder einzelne im Gebiet der Bundesrepublik bis in deren äußerste Ecken und Winkel hinein erfährt,
({17})
um was es sich hier handelt. Es ist doch wohl so, daß nicht eine Aktion, ein Gegenschlag der Regierung mit irgendwelchen Maßnahmen, die mir noch nicht bekannt sind,
({18})
genügen würde, um dieses Unternehmen ins rechte Licht zu stellen, sondern es muß von diesem Hohen Hause eine Welle
({19})
der Aufklärungspropaganda in die Länderparlamente, in die Kreis- und Gemeindeparlamente hineingetragen werden.
({20})
Dort muß man überall davon reden, was hier gespielt werden soll, und man muß unseren deutschen Brüdern und Schwestern in diesem Gebiet sagen, daß sie sich an dieser Volksbefragung nicht zu beteiligen haben, daß diese Volksbefragung nichts weiter ist als ein Schwindel und ein Angriff gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik.
({21})
- Das hat mit Kriegsplänen gar nichts zu tun, Herr Renner. Wenn überhaupt irgendwo remilitarisiert wird, dann in der Sowjetzone. Wenn überhaupt irgendwo für die Rüstung produziert wird, dann doch nur in der Sowjetzone und nirgendwo anders. Auch das muß einmal hier in aller Öffentlichkeit gesagt werden. Wer hat denn in der Bundesrepublik einmal ernsthaft daran gedacht zu remilitarisieren?
({22})
Es ist fast ein Fluch, daß dieses Wort in die Debatte hineingeworfen worden ist.
({23})
Wer hat denn überhaupt daran gedacht zu restaurieren? Niemand hier im Gebiete der Bundesrepublik
({24})
außer den Kommunisten und einigen, die Gef allen daran fanden, den Begriff Remilitarisierung zu verzerren und in die Öffentlichkeit hineinzuschleudern. Nicht die Bundesregierung und erst recht nicht der Deutsche Bundestag haben aber eine Remilitarisierung des deutschen Volkes verlangt.
({25})
Schon deshalb ist diese Aktion, diese Volksbefragung über die Remilitarisierung ein glatter Unfug. Er soll ja nichts weiter bezwecken, als die Fundamente unseres Staates, der Bundesrepublik, zu erschüttern. Er soll nichts weiter bezwecken, als Unruhe hier in das Land hineinzutragen.
({26})
Wir sind daran interessiert, von der Bundesregierung zu erfahren, welche Maßnahmen sie gegen diese Aktion zu unternehmen gedenkt.
({27})
Das Wort zur Beantwortung der Interpellation hat der Herr Bundesminister des Innern.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Punkt 1 der an die Bundesregierung gerichteten Anfrage ist der dort niedergelegte Tatbestand bekannt.
Zu Punkt 2: Die Bundesregierung hat zu umfassenden Maßnahmen gegriffen.
({0})
Ich beehre mich, Ihnen die Begründung der Bundesregierung zu einem Beschluß, den sie auf meinen Antrag am 24. April 1951 gefaßt hat und den der Kanzler und ich gezeichnet haben, jetzt vorzutragen.
Die SED-Politiker der Sowjetzone führen zur Zeit den bisher massivsten Angriff gegen die Bundesregierung. Alle Kräfte der politischen Organisationen des Kommunismus sind für die sogenannte Volksbefragung gegen die Remilitarisierung und den Abschluß eines Friedensvertrages 1951 planmäßig eingesetzt.
({1})
Die Aktion ist seit längerer Zeit planmäßig und umfassend vorbereitet und zielt in Wirklichkeit auf einen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung des Bundesgebietes ab.
({2})
Grotewohl hat am 21. Juli 1950 zum nationalen
Widerstand gegen die Bundesrepublik aufgerufen.
({3})
Pieck hat am 16. August 1950 zum offenen Kampf gegen die freiheitliche Ordnung der Bundesrepublik aufgerufen.
.({4})
Ulbricht hat im August 1950 die Mißachtung der Gesetze und Verordnungen in der Bundesrepublik als nationales Recht des deutschen Volkes proklamiert. Die im Februar 1951 veröffentlichten Thesen zum Parteitag der KPD rufen zu einer aktiven Widerstandsbewegung gegen die Remilitarisierung auf.
({5})
({6}) '
Die sogenannte Europäische Arbeiterkonferenz,
({7})
die im März des Jahres in Ost-Berlin tagte, gibt als Parole der Arbeiterschaft die Volksbefragung gegen die Remilitarisierung Deutschlands aus.
({8})
Im Januar 1951 ist in Essen die Bildung einer großen einheitlichen Organisation zur Vorbereitung der Volksbefragung beschlossen worden. Die Gefährlichkeit der Volksbefragungsaktion ist dann aus der Thälmann-Rede Ulbrichts klar zu erkennen, die Mitte dieses Monats gehalten wurde. Hier wird der aktive Widerstand gegen die Remilitarisierung in Deutschland verlangt
({9})
und dabei auf mächtige Demonstrationen und Massenstreiks hingewiesen. In dieser Thälmann-Rede Ulbrichts heißt es wörtlich:
Wer sich nicht an der Volksbefragung gegen die Remilitarisierung Westdeutschlands und für einen Friedensvertrag im Jahre 1951 beteiligt, der macht sich mitschuldig an den Verbrechen, die von den Eisenhower, Adenauer und Kompanie vorbereitet werden.
({10})
Pieck und Grotewohl verlangen vollzählige Beteiligung aller Deutschen unter Androhung des Verrufs gegen jeden, der sich nicht beteiligt.
({11})
Inzwischen sind im Bundesgebiet gebildet worden - meine Damen und Herren, achten Sie auf die Schritte, die bereits eingeleitet sind -: ein Hauptausschuß, Landesausschüsse, Orts- und Betriebsausschüsse.
({12})
Örtliche Abstimmungen und Unterschriftensammlungen werden durchgeführt.
({13}) Die Aktion wird von kommunistischen Organisationen betrieben, die sich nach Möglichkeit auch, nichtkommunistischer Persönlichkeiten Westdeutschlands als Aushängeschild bedienen
({14})
oder zu bedienen versuchen. Vertreter der beiden großen christlichen Konfessionen, frühere Militärs, sind vor allem umworben.
({15})
Die kommunistische Propaganda durch Rundfunk und Presse für die Volksbefragung läuft bereits auf allerhöchsten Touren. Flugblätter werden in Millionen-Auflage gedruckt. Eine große Welle von Versammlungen, Ansprachen und Beratungen wird zur Zeit durchgeführt.
Am vergangenen Sonntag tagte in einem Essener Zirkusbau der sogenannte Hauptausschuß dieser Aktionen. Es nahmen etwa 1600 Personen teil. Eine große Anzahl von Teilnehmern war aus weiten Gegenden durch das Versprechen kostenloser Reise und Verpflegung zusammengeholt worden.
({16})
Die Finanzierung der Gesamtaktion erfolgt zentral aus Mitteln, die vom Osten zur Verfügung gestellt werden.
({17})
Die Ermittlung der Volksmeinung durch eine
nichtamtliche Befragung ist an sich im demokratischen Staat nichts Außergewöhnliches
({18})
und ists solche unter normalen Verhältnissen nicht zu beanstanden.
({19})
Dies mögen auch die zahlreichen Juristen feststellen, die im Auftrage der Volksbefragungsakteure die Rechtsmäßigkeit dieser Aktion zu begründen versuchen.
({20})
Hier dient aber die sogenannte Volksbefragung nur zum Vorwand für eine Aktion,
({21})
die in ihren letzten Enden ausgerichtet ist auf die Erschütterung der freien demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik.
({22})
Durch diese ihre Zielsetzung wird die betriebene Aktion zu einem Angriff auf die Verfassung der Bundesrepublik.
({23})
Durch die öffentliche Ermittlung der Stellungnahme jedes einzelnen soll zugleich unter Verletzung des Geheimhaltungsgrundsatzes einer demokratischen Abstimmung die Einstellung der westdeutschen Bevölkerung zur kommunistischen Politik ermittelt werden, und Terrormaßnahmen gegen die Ablehnenden und sich Enthaltenden sollen festgelegt werden.
({24})
Nun, Ihnen als Ostzonenpolitiker auf der äußersten Linken steht es wirklich schlecht an, über Rüstungsvorbereitungen im eigenen Bereich hinwegzugehen und gegen eine von Ihnen erdichtete Remilitarisierung in der Bundesrepublik Sturm zu laufen.
({25})
In dem Thema für die Volksbefragung sind nach hitlerischem Muster zwei Fragen verkoppelt in der Absicht, eine einheitliche Beantwortung zu erschleichen. Darin liegt zugleich die verleumderische Tendenz, der Bundesregierung die Absicht der Remilitarisierung zum Zwecke der Führung eines Angriffskrieges unter Bedrohung des Friedens zu unterstellen. Das erklärt Ulbricht deutlich, indem er von der Teilnahme an den Verbrechen spricht, die gegen das deutsche Volk vorbereitet werden.
({26})
Meine Damen und Herren, die Herren aus der Ostzone sind in der Formulierung ihrer Anfragen gelehrige Schüler von Herrn Goebbels gewesen, und Herr Goebbels müßte eigentlich, wenn er noch lebte, vor Neid erblassen über die meisterhafte Anwendung seiner Theorien.
({27})
Der Gesamtangriff richtet sich gegen die Bundesrepublik und ihre demokratischen Grundlagen.
Immer wieder wird, um mit Ulbricht zu sprechen,
erklärt, daß der Remilitarisierung und Kriegspoli5488 Deutscher Bundestag - 13g. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. April 1951
({28})
tik der Adenauer, Blücher und ihres Helfershelfers Schumacher aktiver Widerstand geleistet werden müsse
Die Früchte dieses Aufreizens zeigen sich bereits. Bei der Kundgebung der VVN
({29})
in Gelsenkirchen am 15. dieses Monats haben die Demonstranten, die zum großen Teil der FDJ, dem Sturmtrupp des Bolschewismus, angehörten, die Polizeibeamten mit Dachlatten und Fahnenstöcken angegriffen und einer ganzen Anzahl vonolizisten erhebliche Verletzungen beigefügt. Es war verboten, Uniformen anzuziehen; es war verboten, Umzüge zu veranstalten;
({30})
es war verboten, Transparente zu führen. Alle diese Verbote sind von vornherein von den Teilnehmern vorsätzlich mißachtet worden. Den Teilnehmern, die in Autobussen, in Lastwagen und mit der Eisenbahn aus allen Teilen Westdeutschlands von den Alpen bis zur Nordsee herangeführt waren, sind nicht nur die Kosten der Reise und die Kosten des Aufenthalts, sondern ist sogar der Ausfall an Arbeitslohn erstattet worden. Die vorhandenen reichen Mittel sind nicht von der Kommunistischen Partei am Ort, in Gelsenkirchen, sondern über Frankfurt aus ,der Ostzone im Betrag von 40 000 DM gezahlt worden.
({31})
- Beruhigen Sie sich! Sie kriegen noch mehr zu hören.
({32})
Zusammenfassend muß ich folgendes feststellen. Es handelt sich bei der Volksbefragungsaktion um ein Glied einer planmäßiger Aktion, die den aktiven Widerstand gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes und deren Beseitigung zum Ziel hat. Es handelt sich wiederum um etwas, was wir zum Schaden des ganzen Volkes, ja zum Schaden des Weltfriedens schon einmal erlebt haben, daß freiheitliche demokratische Ordnungen mißbraucht werden sollen, um diese freiheitlichen demokratischen Ordnungen im Interesse eines totalitären Staates zu beseitigen.
({33}) Hieraus hat die Bundesregierung die notwendigen Folgerungen gezogen. Es wäre das schlimmste gewesen, wenn sie diesen Bestrebungen gegenüber auch nur einen Tag nachsichtig gewesen wäre.
({34})
Sie hat deshalb auf meinen Antrag einen einstimmigen Beschluß gefaßt, der, wie ich Ihnen schon gesagt habe, von dem Kanzler gezeichnet und von mir gegengezeichnet worden ist. Der Beschluß lautet:
1. Die von der SED, dem Gewalthaber der Sowjetzone, betriebene Volksbefragung gegen Remilitarisierung und für Friedensschluß im Jahre 1951 ist dazu bestimmt, unter Verschleierung der verfassungsfeindlichen Ziele die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik zu untergraben. Die Durchführung der Aktion stellt einen Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes dar.
({35})
2. Vereinigungen, die diese Aktion durchführen, insbesondere die dazu errichteten Ausschüsse, richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und sind daher durch Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes kraft Gesetzes verboten. ({36})
3. Die Landesregierungen werden gemäß § 5 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. September 1950 ({37}) ersucht, jede Betätigung solcher Vereinigungen für die Volksbefragung zu unterbinden.
({38})
Die Bundesregierung läßt auch gegen die rechtsradikalen Organisationen
({39})
schärfste Aufmerksamkeit walten.
({40})
- Das sind Ihre engsten Freunde, das wissen wir.
({41})
In letzter Zeit macht sich die SRP fast unverhüllt die Wiederbelebung nationalsozialistischer Ideen und Formeln zur Aufgabe.
({42})
Was diese Hetzer des Neofaschismus sich zur Zeit im Wahlkampf Niedersachsens an Herabsetzung der demokratischen Staatsformen und an Herausforderung der staatstreuen Bevölkerung leisten, übersteigt das Maß des Erträglichen.
({43})
Die Mehrheit des deutschen Volkes hat noch nicht vergessen, welch unabsehbares Unheil die Nazidiktatur über unser Volk und die Völker Europas gebracht hat.
({44})
Hier bahnt sich eine Entwicklung an, die in auffallender Übereinstimmung der politischen Zielsetzung mit dem Linksradikalismus
({45})
ebenfalls geeignet ist, unsere demokratische Staatsform zu gefährden.
({46})
Auch hier gibt der Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes die Möglichkeit, wirksam vorzugehen.
({47})
Es ist sehr bedauerlich, meine Damen und Herren, daß wir in diesem Augenblick praktisch noch nicht in der Lage sind, das Bundesverfassungsgericht anzurufen und damit von Art. 21 unseres Grundgesetzes Gebrauch zu machen.
({48})
Die Bundesregierung wird alles tun, um die Ingangsetzung des Bundesverfassungsgerichts zu beschleunigen, und wird unverzüglich, sobald der erste Senat zur Verfügung steht, dort die ent({49})
sprechenden Anträge aus Art. 21 des Grundgesetzes stellen.
({50})
Aber auch solange das Bundesverfassungsgericht noch nicht existiert, sind die übrigen Schutzbestimmungen der Verfassung und des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Wirksamkeit; und auch hier würde die Bundesregierung sich einer unverzeihlichen Unterlassung schuldig machen, wenn sie nicht alle ihr zu Gebote stehenden Mittel ergriffe, um diesen Ausschreitungen des Rechtsradikalismus wirksam zu begegnen.
({51})
Die Bundesregierung wird deshalb die Landesregierungen auf die Entwicklung der Lage im rechtsradikalen Lager und auf die gesetzlichen Handhaben, dagegen vorzugehen, hinweisen. Sie erwartet von den Landesregierungen, daß sie auch gegen diese rechtsradikalen Organisationen mit den schärfsten Mitteln vorgehen.
({52})
- Jetzt kommt es etwas stärker! - Sollte ein Land nicht in der Lage sein, durch seine Polizeikräfte
({53})
mit den Staatsfeinden fertigzuwerden, ist die Bundesregierung entschlossen, einen Antrag auf Einschreiten nach Art. 91 des Grundgesetzes entgegenzunehmen und die erforderlichen Folgerungen daraus zu ziehen.
({54})
- Hören Sie noch den letzten Absatz! - Angesichts
der Tatsache, daß die SRP, und zwar unverhüllt,
dieselben staatszersetzenden Wege geht wie einst
zu unserem nationalen Unheil die NSDAP, behalte
ich mir nach Prüfung weiterer Tatbestände vor, die
Länder anzuweisen, bereits nach Art. 9 des Grundgesetzes vorzugehen und auch die SRP aufzulösen.
({55})
Meine Damen und Herren, Sie haben die Beantwortung der Interpellation gehört. Ich frage, ob eine Besprechung gewünscht wird.
({0})
- Die Besprechung wird gewünscht. Ich eröffne die Aussprache im Rahmen der beschlossenen Redezeit von 90 Minuten.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Wessel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem vorliegenden Antrag auf Drucksache Nr. 2185 werden meine politischen Freunde und ich zustimmen, da auch wir Wert darauf legen, daß seitens der Bundesregierung ganz eindeutig festgestellt wird, ob der Zentrale Ausschuß für Volksbefragung gegen die Remilitarisierung im Auftrage der SED und sowjetzonaler Stellen mit dem Ziele der Zersetzung der Demokratie eine Volksabstimmung über die Remilitarisierung im Bundesgebiet organisieren will. Gerade aus unserer grundsätzlichen Haltung zur Remilitarisierung und damit zur Erhaltung des Friedens für das deutsche Volk und die Welt legen wir den größten Wert darauf, daß diese Frage nicht zu einer Propaganda von seiten der Kommunisten ausgenutzt wird und damit die große Zahl ehrlicher Friedensfreunde als Kommunisten bezeichnet wird. Wir erwarten geradezu von der Regierung, daß sie in ihrer Innen und Außenpolitik die Parole vom Frieden nicht, wie bisher, den Kommunisten überläßt.
Ich möchte hier auch an die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Schumacher in der 98. Sitzung des Bundestages vom 8. November 1950 erinnern. Er sagte zum Schluß seiner Rede:
Nun, meine Damen und Herren, haben die Angelsachsen und leider auch weite Teile unseres eigenen Volkes in der Vergangenheit all-zulange den Kommunisten bzw. die Westmächte den Sowjetrussen die Parole von der deutschen Einheit überlassen. Ich möchte davor warnen, daß sie bei der sozialen Parole und bei der Parole vom Frieden den gleichen Fehler machen. Hier, meine Damen und Herren, wäre eine internationale Kampagne der Aufklärung durch die Wahrheit nötig, um zu zeigen, wer den Frieden will und wer das Wort des Friedens zur Kriegsvorbereitung mißbraucht.
Meine Damen und Herren! Bei der grundsätzlichen Bejahung der in der Interpellation gestellten Fragen an die Bundesregierung möchte ich zu der darin aufgeworfenen Frage der Verfassungswidrigkeit einer Volksabstimmung einige Ausführungen machen. Ich darf in diesem Hohen Hause als bekannt voraussetzen, daß Volksabstimmungen auch unter dem Grundgesetz bereits in einer Reihe von Städten, und zwar mit behördlicher Unterstützung, durchgeführt worden sind,
({0})
in denen die Bevölkerung über ihre Einstellung zum Europarat befragt wurde.
({1})
Dies zeigt, daß die Regierung und die hinter ihr stehenden Parteien solche Volksbefragungen nicht ohne weiteres für ungesetzlich halten; auch der Herr Bundesinnnenminister hat in seinen Darlegungen ja darauf hingewiesen. Mir scheint dies wichtig zu sein bei der Aufwerfung der Frage, ob der Gedanke einer Volksbefragung über die Einstellung zur Remilitarisierung ursprünglich in der Propagandaabsicht der Kommunisten gelegen hat.
Es war mir interessant, die Ausführungen des Herrn Kollegen Brookmann zu hören. Es wird für ihn interessant sein, zu erfahren, daß kein geringerer als der frühere Bundesinnenminister Dr. Heinemann, der meines Wissens noch heute zur CDU gehört und in keiner Weise kommunistenverdächtig sein dürfte, sich sowohl in seinen Reden wie auch in seinen Artikeln für eine informative Befragung der westdeutschen Bevölkerung in dieser Angelegenheit ausgesprochen hat. Die von Herrn Dr. Heinemann geäußerte Stellungnahme ist folgende: Eine Volksbefragung mit rechtsverbindlicher Wirkung gebe es zwar nicht; einer Volksbefragung, die dem Parlament und der Regierung einen Anhalt biete für die wahre Meinung unseres Volkes, stehe jedoch kein gesetzliches Hindernis im Wege.
({2})
Dem Parlament werde auf solche Weise die Entscheidung nicht abgenommen, aber die Volksbefragung stärke das Gefühl der Verantwortung
({3})
gegenüber den öffentlichen Dingen bei den Wählern und den Gewählten.
Ich habe mir gestattet, meine Damen und Herren, diese Stellungnahme Dr. Heinemanns, der als früherer Innenminister das Grundgesetz doch kennen muß, deshalb, weil mir das zu wichtig und notwendig erscheint, doch einmal festzuhalten, um klarzustellen, von welcher Seite der Appell an das Volk in der Aufrüstungsfrage zuerst gekommen ist. Es sei mir aber weiterhin gestattet, auf Ausführungen eines mindestens ebenso unverdächtigen Kommunistengegners hinzuweisen, der mit noch größerer Schärfe einen Appell an das Volk in dieser Frage verlangt hat, nämlich des Herrn Kollegen Dr. Schumacher.
({4})
Herr Dr. Schumacher hat in der bereits erwähnten 98. Sitzung des Bundestages nach dem stenographischen Bericht folgendes gesagt:
Man darf die Angst vor dem Osten nicht als ein Propagandainstrument für eine Militarisierung unter den heute gegebenen Voraussetzungen einspannen.... Würde sich Deutschland jetzt auf das Gebiet der Aufrüstung begeben, dann würde es das ganze politische und soziale Leben in der Bundesrepublik von Grund auf umgestalten. Das Grundgesetz kennt keine Wehrverfassung.... Die Regelung dieses ganzen Komplexes des deutschen Beitrags kann weder durch offene noch durch heimliche Verwaltungshandlungen geschehen oder auch nur vorbereitenderweise eingeleitet werden....
({5})
Es handelt sich um etwas im Grundgesetz nicht Gewolltes und bei den Beratungen des Grundgesetzes sowohl von den innen- wie von den außenpolitischen Faktoren ausdrücklich Abgelehntes. Hier handelt es sich um eine völlig neue Ordnung der Beziehungen von Staat und Menschen.... Uns ist der Hinweis auf den Art. 24 ein politischer Fingerzeig. Es liegt damit von seiten der Bundesregierung oder des Herrn Bundeskanzlers die Absicht vor, mit jeder Mehrheit die Regelung dieser Frage in seinem Sinne zu erzwingen, gleichgültig ob die Verfassung dabei zu Schaden kommt oder nicht. Das, meine Damen und Herren, ist eine Frage, die wir im deutschen Volke zur Diskussion stellen werden.
- Der stenographische Bericht vermerkt an dieser Stelle: Lebhafter Beifall bei der SPD. Mit dieser Methode, meine Damen und Herren, erregen Sie doch mit aller Gewalt im Volke den Eindruck, daß es stumm gemacht und nicht befragt werden soll. Mit dieser Methode, ohne diese Achtung der Verfassung gehen Sie doch den Weg zum autoritären, die Demokratie negierenden Staat!
Und weiter sagte Herr Dr. Schumacher:
Wenn der Bundestag diese Frage entscheiden wollte, dann müßten wir ihm die Legitimation zur Entscheidung dieser Frage bestreiten.
({6})
Gewiß, der Bundestag ist auf vier Jahre gewählt. Gewiß, keiner ist kleinlich und wird bei jeder neuen Aufgabe immer gleich die Neuwahl des Bundestages verlangen. Aber was hier geschaffen werden soll, ist doch etwas Neues von grundsätzlicher und alles verändernder Bedeutung. Ist dies erst einmal positiv entschieden, dann kann eine solche Entscheidung kaum noch revidiert werden.... Die Frage nach der Neuwahl
- so sagt Dr. Schumacher in dieser Sitzung - konfrontiert die Bundesregierung und ihre Parteien mit der Frage: Welchen Respekt hat sie vor. dem Volke? Will sie dem Volke die Chance geben, über seinen letzten Lebensinhalt selbst zu entscheiden? ({7})
({8})
Meine Damen und Herren, es handelt sich hier um eine Frage von doch immerhin grundsätzlicher Bedeutung, und ich habe bereits Herrn Dr. Schumacher aus meiner Kenntnis der Beratung des Grundgesetzes als Mitglied des Parlamentarischen Rates darauf hinweisen müssen, daß die Konstruktion unseres Grundgesetzes eine Auflösung des Bundestags vor seiner vierjährigen Wahlperiode nicht zuläßt,
({9})
es sei denn, daß der Herr Bundeskanzler durch eine andere Persönlichkeit ersetzt wird und ihm durch diese Wahl das Mißtrauen des Bundestags ausgesprochen wird. '
({10})
Auch der Herr Justizminister Dr. Dehler hat es in seiner Stellungnahme zu dieser Frage klar ausgesprochen:
({11})
Eine Flucht in die Neuwahlen gestattet das Grundgesetz nicht. Die Möglichkeit der Selbstauflösung des Bundestags durch Mehrheitsbeschluß seiner Mitglieder sei im Grundgesetz nicht vorgesehen. Das scheint mir eine sehr wichtige Frage zu sein, auch eine Frage für die Damen und Herren der SPD. Ihr Herr Vorsitzender Dr. Schumacher wird in seiner Forderung nach Neuwahlen des Bundestags ein Rufer in der Wüste bleiben. Die Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen mögen ausfallen, wie sie wollen - sie werden in ihrem Ergebnis ohne Zweifel aufschlußreich sein -, aber sie können die Bundesregierung und den Herrn Bundeskanzler nicht zu Neuwahlen für den Bundestag zwingen. In Wirklichkeit ist es nach dem Grundgesetz heute so, meine Damen und Herren, - ({12})
Frau Abgeordnete, darf ich Sie bitten, sich an die Interpellation zu halten. Wir sprechen über eine Interpellation und nicht über die Auflösung des Bundestags.
({0})
Herr Präsident, Sie haben durchaus recht, daß wir zu der Interpellation sprechen. Uns kommt es aber darauf an, zu der Frage eine grundsätzliche Stellung einzunehmen.
({0})
Daß wir der Interpellation zustimmen, habe ich j a schon eingangs gesagt.
({1})
Ich glaube aber, meine Damen und Herren, - ({2})
Frau Abgeordnete Wessel, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß ich Ihnen diesen Hinweis gegeben habe, damit Sie zu einer produktiven Ausnutzung der bereits abgelaufenen Redezeit kommen, die der Bundestag beschlossen hat.
Ja, ich komme zum Schluß.
Meine Damen und Herren, trotzdem bin ich der Meinung, daß vielleicht eine Partei, die die Persönlichkeit des Menschen und seine staatsbürgerlichen Freiheiten und Rechte an die Spitze ihres politischen Handelns stellt, das beste Gefühl dafür hat; wie sehr es heute darauf ankommt, daß der einzelne Wähler nicht das Gefühl haben darf, in der wichtigsten Frage, die ihn selbst und die sein eigenes Volk betrifft, nicht gehört zu werden.
({0})
Wenn der Herr Bundesinnenminister mit seinen Darlegungen recht hat, daß es sich um eine kommunistische Sache handelt, sind wir die ersten, die ihn restlos unterstützen werden.
({1})
Die grundsätzliche Frage muß aber auch einmal zur Sprache gebracht werden, und ich möchte mit dem Wort eines Staatsbürgers schließen,
({2})
der mir in einer Wahlversammlung in Niedersachsen vor einiger Zeit gesagt hat - das wird auch zu den Ausführungen des Herrn Bundesinnenministers interessant sein -:
Meine Damen und Herren,
- sagte dieser Redner wir haben einen Eisernen Vorhang im Osten. Wir haben aber das Gefühl - und man scheint es in Bonn nicht zu sehen -, daß auch ein eiserner Vorhang zwischen Regierung, Bundestag und Volk näherrücken kann.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Rische.
({0})
Meine Damen und Herren! Heute erleben wir in diesem Hause, daß die Regierungsparteien in Übereinstimmung mit dem Bundeskanzler Dr. Adenauer und dem Polizeiminister Dr. Lehr in voller Übereinstimmung auch mit der sogenannten ..Opposition" der rechten sozialdemokratischen Führer dem Volk den Mund verschließen, ihm einen Maulkorb umhängen wollen.
({0})
Mit diesem Anschlag auf die elementarsten demokratischen Rechte des Volkes entlarven sie sich, verraten sie sich selber. Wer das Volk daran hindern will, frei und ungehindert auszusprechen,
({1})
daß es gegen die Remilitarisierung Deutschlands und für den Abschluß eines Friedensvertrags mit Deutschland im Jahre 1951 ist. der gibt damit aller Welt zur Kenntnis, daß er selbst für die Remilitarisierung eintritt.
({2})
Es ist doch eine Tatsache: noch nie seit 1945 hat eine politische Frage unser Volk wirklich so aufgewühlt wie die Remilitarisierung,
({3})
wie durch tausend Befragungen beim Volk festgestellt wurde. 90 % der Bevölkerung Westdeutschlands lehnen die Remilitarisierung Deutschlands ab.
({4})
Es ist ferner eine Tatsache, daß durch diese deutliche Meinungsäußerung des deutschen Volkes einige amerikanische Pläne durcheinandergeraten sind.
({5})
Die Tatsache, -daß Millionen Menschen unseres Volkes, darunter die besten Repräsentanten der Nation aus allen Schichten der Bevölkerung vom Wissenschaftler
({6})
bis zum einfachen Arbeiter gegen die Remilitarisierung und für den Abschluß eines Friedensvertrags sind,
({7})
das ist es, was die Herren in Washington so nervös macht; denn sie wissen: wenn das deutsche Volk nicht mitmacht, dann werden sie in Europa keinen Krieg machen können. Denn Remilitarisierung bedeutet Krieg!
({8})
Wir wissen, daß die entscheidenden Verhandlungen geheim hinter dem Rücken des Volkes geführt werden. Die Unterschrift unter den Schumanplan ist ein Glied in der Kette von Unterstützungshandlungen für die amerikanische Kriegspolitik, die ohne Befragung des Volkes, ja ohne Befragung dieses Hauses durchgeführt wurden. Die Herren der Bundesregierung wissen genau, daß es eine Macht gibt, die in der Lage ist, ihre geheimen Abmachungen unwirksam zu machen. Das ist der Wille des Volkes, den Frieden zu erhalten.
({9})
Das ist der entscheidende Grund, weshalb eine Willensäußerung zu dieser Lebensfrage unseres Volkes verhindert werden soll.
({10})
Herr Kaiser will uns weismachen, man brauche keine Stellungnahme gegen die Remilitarisierung, weil es in Westdeutschland keine Remilitarisierung gibt.
({11})
Die Adenauer-Regierung hat durch ihre Zustimmung zu der Aufstellung eines sogenannten „Grenzschutzes" und einer Bereitschaftspolizei genau wie Göring im Jahre 1934 längst die ersten großen Schritte zur Wiedereinführung der Wehrpflicht getan. Der Innenminister der Regierung Adenauers, Dr. Lehr, hat Westdeutschland in 12 Wehrkreise aufgeteilt, die als Annahmestellen für den Grenzschutz getarnt sind.
({12})
Der heutige Angriff gegen das Selbstbestimmungsrecht unseres Volkes, gegen die Freiheit der Persönlichkeit,
({13})
({14})
gegen die durch das Grundgesetz verankerten Bürgerrechte
({15})
wurde durch den Vertrauensmann Dr. Schumachers, den Renegaten Wehner, eingeleitet.
({16})
Gibt es einen besseren Beweis - -
Herr Abgeordneter Rische ich weise den Ausdruck zurück und rufe Sie zur Ordnung.
({0})
Ich bin stolz darauf!
({0})
Herr Abgeordneter Rische, Sie kritisieren meine Maßnahmen in ungebührlicher Weise. Ich rufe Sie zum zweiten Male zur Ordnung und mache Sie auf die Folgen eines dritten Ordnungsrufes aufmerksam.
({0})
Gibt es einen besseren Beweis für die Unaufrichtigkeit der. Opposition Schumachers gegen die Politik Adenauers? Es ist längst erwiesen, daß die Volksbefragung gegen die Remilitarisierung Deutschlands und für den Abschluß eines Friedensvertrages im Jahre 1951 nichts anderes als eine Wahrnehmung der Bürgerrechte ist,
({0})
die jedem Deutschen zugebilligt sind.
({1})
Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden,
({2})
heißt es ausdrücklich im Art. 9 Abs. 1 des Grundgesetzes.
({3})
Die Volksbefragung gegen die Remilitarisierung Deutschlands und für den Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland im Jahre 1951 dient der Abwehr eines nationalen Unheils
({4}) und dient damit dem Gedanken der Völkerverständigung, wie es- in Abs. 2 desselben Artikels heißt. Die verfassungsmäßige Ordnung wird durch die Volksbefragung in keiner Weise gestört. Die Volksbefragung wird im Gegenteil die Unordnung, die Unsicherheit, die durch die Remilitarisierung hervorgerufen wird, beseitigen helfen.
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten", heißt es im Art. 5 der Verfassung. Es ist also vollkommen in Übereinstimmung mit der Verfassung, wenn dem Volke Gelegenheit gegeben werden soll, seine Meinung gegen die Remilitarisierung offen auszusprechen.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.
({5})
Sie zu achten und zu schützen, ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Die Regierungsparteien aber und die sogenannte Opposition bewerfen die Würde des Menschen mit Dreck, indem sie ihn in die Zwangsjacke der Remilitarisierung hineinpressen, wenn sie ihm sein Recht rauben wollen,
({6})
in der Volksbefragung gegen die Remilitarisierung
Deutschlands und für den Abschluß eines Friedensvertrages im Jahre 1951 seine Meinung zu sagen.
({7})
„Nicht im Bundesgebiet", behauptet Jakob Kaiser, „sondern in der Sowjetzone sind Remilitarisierung und Rüstungsproduktion in vollem Gange."
({8})
Mit gleicher Kühnheit hat vor kurzem der Bundeskanzler hier an dieser Stelle die Behauptung aufgestellt, daß in Westdeutschland keine Kriegswaffen produziert würden. Meine Damen und Herren, was ist dies hier?
({9})
Dies ist ein Seitengewehr, das in der Firma Hörster in Solingen hergestellt wird.
({10}) Herr Jakob Kaiser hat ferner festgestellt,
({11})
der baldige Abschluß eines Friedensvertrages sei für jeden Deutschen eine selbstverständliche Forderung. Herr Kaiser, Dr. Adenauer und Dr. Schumacher aber waren es, die das Angebot des Ministerpräsidenten der Deutschen Demokratischen Republik Otto Grotewohl ablehnten,
({12}) Verhandlungen über die Durchführung freier, geheimer, gleicher und direkter Wahlen in ganz Deutschland durchzuführen. Diese Ablehnung war ein klares Nein zum Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland.
Die Verteidigung des Friedens liegt, meine Damen und Herren, im Interesse eines jeden ehrlichen deutschen Menschen, der sein Vaterland liebt.
({13})
Aber Frieden und Glück unseres Volkes können
nur gesichert werden, wenn das Volk selber die
Sache des Friedens in seine eigenen Hände nimmt
({14})
und bis zum äußersten verteidigt.
({15})
Die Regierung glaubt, sie könne durch Maßnahmen der Gewalt eine elementare Volksbewegung aufhalten. Sie wird sich täuschen.
({16})
Sie wird erleben, daß das, was sie heute dekretiert, durch den Willen des Volkes null und nichtig gemacht wird.
({17})
Herr Abgeordneter Rische, darf ich bitten, Ihre Waffe wieder mitzunehmen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
Meine Damen und Herren! Man muß bei diesem Problem hier zwei Dinge schärfstens unterscheiden,
({0})
nämlich erstens: ist es zulässig und sogar erwünscht, über wichtigste Fragen, die das Volk brennend interessieren, Volksbefragungen durchzuführen, und zweitens die Frage: sind vielleicht hier Leute am Werk, die irgendwie destruktive Tendenzen verfolgen? Beide Dinge sind voneinander schärfstens zu trennen. Dies eingangs als Vorbemerkung.
Wir von der WAV-Fraktion
({1})
haben schon vor langer Zeit, als in diesem Hause zum ersten Male über das Thema Remilitarisierung gesprochen wurde, erklärt, daß über solche ganz wichtigen Fragen und Angelegenheiten das Volk das letzte Wort haben muß. Wir haben damals schon der Regierung vorgeschlagen, sie möchte doch, meinetwegen von sich aus, eine Volksbefragung durchführen lassen. Hätte man das getan, dann wären die heutigen Szenen überflüssig gewesen.
({2})
Dann hätte es niemals hier jemand erleben müssen, daß Leute, die wir alle ablehnen, hiemit vielleicht dunkle Geschäfte zu machen versuchen. Meine Damen und Herren, eines muß festgestellt werden: Es war ein großer taktischer Fehler der Bundesregierung, daß nicht von Anfang an zu diesem Thema das Volk gehört wurde: Remilitarisierung oder nicht?
({3})
Meine Damen und Herren, wir haben selbstverständlich gar keine Veranlassung, es irgendwie zu dulden, daß sich dunkle Elemente unter dem Schutze von Verfassungsbestimmungen oder sonstwie in der Politik breitmachen könnten.
({4})
Aber über die Frage, ob wirklich dunkle Elemente tätig sind oder nicht, muß eine üb er den Regierungen stehende Instanz entscheiden! Das darf nicht die jeweilige Regierung sein. Sonst schaffen Sie ein Präjudizium, das Ihnen allen miteinander noch die größten Schwierigkeiten machen könnte. Wenn sich hier wirklich, wie der Herr Innenminister behauptet, subversive Elemente, Elemente, die die Verfassung stürzen wollen, eingeschlichen haben
({5})
in das Komitee zur Vorbereitung von Volksabstimmungen oder sonstwohin, dann muß die Regierung durch Gerichte, durch unabhängige Gerichte, meinetwegen auf dem Weg über Zivilfeststellungsklagen oder sonstwie - dort geht das sehr rasch - die Feststellung treffen lassen und darf nicht in eigener Sache darüber urteilen, ob wirklich solche dunklen Elemente hier ihr Unwesen treiben oder nicht.
Es wurde heute schon von einem Herrn Vorredner gesagt, Herrn Heinemann werde man wohl nicht gut als Kommunisten bezeichnen können, und andere maßgebliche Leute in der CDU würden sich auch sehr dagegen verwahren, hier als Kommunisten bezeichnet zu werden. Wir müssen hier durch gerichtliche Urteile eine Klarheit schaffen. Nicht
die jeweilige Regierung darf darüber entscheiden,
ob bei einer Abstimmung, die an sich juristisch in
Ordnung ist und die an sich Ziele verfolgt, die
von großen Teilen der Bevölkerung gebilligt werden, irgendwelche unwürdige Personen würdige
Ziele zu proklamieren versuchen oder sich vielleicht in solche Versammlungen eingeschlichen
haben oder in welchem Prozentsatz das der Fall ist.
({6})
- Lassen Sie das bitte durch Gerichte feststellen, Herr Zwischenrufer! Nur dann können wir Ihnen zustimmen, wenn ein Gericht durch Beweiserhebung feststellt, daß irgend jemand subversive oder revolutionäre Tendenzen vertritt. Wir sind die ersten, die schärfstens gegen einen solchen Mann Stellung nehmen würden.
({7})
So lange das aber nicht der Fall ist, so lange schaffen Sie bitte kein Präjudizium, das irgendeiner Regierung - ich sage absichtlich: irgendeiner Regierung; es kann auch für die Zukunft von Bedeutung sein -- die Möglichkeit gibt, das Volk auszuschalten und Fragestellungen, die alles andere als revolutionär sind, unmöglich zu machen, oder gar politische Gegner mundtot zu machen, die der jeweiligen Regierung nicht passen. Da könnten Sie morgen unter die Räder kommen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, wenn Sie das hier gutheißen. Darum warne ich Sie vor diesem Schritt. Gerichtliche Feststellungen, aber keine Parteibehauptungen! Nur das ist demokratisch, und das entspricht der Verfassung!
({8})
Das Wort hat die Frau Abgeordnete Dr. Brökelschen.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich bin nicht der Meinung, daß wir die schwierigen und ernsten Fragen, die heute hier vor uns stehen, durch ein Übermaß an Stimmenaufwand erledigen. Ich bin deswegen entschlossen, sehr ruhig und ohne Stimmenaufwand das zu sagen, was wir zu den Dingen zu sagen haben.
Meine Herren und Damen! Es ist heute sehr viel von allen Seiten von der Würde des Menschen geredet worden. Ich bin der Meinung, daß zur Wahrung der Würde des Menschen allmählich gehört, daß wir uns hier im Bundestag die Reden der Kommunisten nicht mehr anzuhören brauchen.
({0})
Es ist nach meinem Empfinden gegen die Würde des Menschen, daß wir uns immer wieder mit diesen Dingen hier befassen müssen, obwohl wir genau wissen, daß es ferngesteuerte Wünsche des Kreml sind.
({1})
- Ich bin kein Kommunist und stehe nicht unter Fernleitung des Kreml. Deswegen brauche ich es nicht auswendig zu lernen.
({2})
Meine Herren und Damen! Die Wahrnehmung der Bürgerrechte ist heute von den Kommunisten verlangt worden. Ich bin allerdings sehr für die Wahrnehmung der Bürgerrechte. Deswegen bin ich dafür, daß die Regierung alles tut, um den Schutz der Wahrung dieser Bürgerrechte zu übernehmen,
({3})
und ich bin froh über die klaren Entscheidungen, die der Herr Innenminister heute hier verkündet hat.
({4})
Drittens. Die ganze Taktik der Kommunisten - und ich bedauere als Frau, hier auch etwas gegen Frau Wessel sagen zu müssen - geht auch heute wieder dahin, die Aufmerksamkeit von dem, worum es wirklich geht, abzulenken auf das, was sie debattiert haben wollen. Wir debattieren heute nicht über Remilitarisierung, sondern wir debattieren über das Legale oder Illegale der Volksbefragungsausschüsse.
({5})
Die Taktik der KPD und der ostzonalen Machthaber ist sehr wechselnd. Die Tatsache, daß man mit immer neuen Methoden, immer neuen Versuchen beginnt, hat etwas Tröstliches. Sie zeigt nämlich, daß bislang jedenfalls keiner der Wege, die von der Ostzone gegangen worden sind, zu dem erwünschten Ziele geführt hat.
({6})
Deswegen werden die Dinge immer drängender und werden die Versuche im kalten Krieg immer ernster. Ich bin aber der Meinung, daß gerade auch wir Frauen trotz allem noch genug gesunden Instinkt und gesundes Lebensgefühl haben, um auch diesen schweren Pressionen uns entgegenzustemmen und sie siegreich zu bestehen,,
({7})
Meine Herren und Damen! Gerade wir Frauen - das sage ich in allem Ernst - laufen Gefahr, in der begreiflichen und bis ans letzte gehenden Sehnsucht nach Frieden auf Wunschbilder hereinzufallen, die der Wirklichkeit nicht gerecht werden und die statt des ersehnten Friedens das Ende alles wirklichen Lebens bedeuten.
({8})
Ich glaube, es ist Aufgabe gerade von uns Frauen, in immer stärkerem Maße in unseren Kreisen darauf hinzuwirken, daß eine geschichtliche Wirklichkeit beachtet werden sollte und daß wir nicht jenseits einer geschichtlichen Wirklichkeit auf Wunschbilder hereinfallen, die ja ganz anders aussehen, je nachdem, ob man sie östlich oder westlich formuliert, Wunschbilder, die die politische Wirklichkeit vollkommen ignorieren und das Gegenteil von dem bezwecken, was wir hier im Westen unter Frieden und Freiheit verstehen.
({9})
- Ich tue Ihnen nicht den Gefallen, auf dieses Wort einzugehen; ich täte dann das, was ich von vornherein bekämpft habe: ich ließe mich abbringen von dem, was ich hier sagen will.
({10})
Meine Herren und Damen, ich bedauere - ich sagte das vorhin schon -, in einigen Worten auf das eingehen zu müssen, was Frau Wessel hier ausgeführt hat. Frau Wessel hat gesagt, wir sollten die Parole vom Frieden nicht nur der KPD überlassen. Ich bedauere, daß das Wort „Parole" hier gefallen ist.
({11})
Parolen gehören in den Wahlkampf - leider Gottes; sie gehören aber nicht in diese ernsten Dinge, um die es hier geht. Meine Herren und Damen, Friede ist für mich keine Parole, sondern der Friede ist das letzte Ziel, um das ich als Frau
kämpfe, und ist infolgedessen für mich die Forderung einer letzten Wahrhaftigkeit, um die es geht.
({12})
Frau Wessel hat weiter gesagt, der Ausgangspunkt der Befragung sei es, die Stimmung zu erforschen. Nein, Frau Wessel, der Ausgangspunkt dieser Befragung ist nicht, die Stimmung zu erforschen! Sehen Sie in die ostzonale Presse hinein! Das Ziel dieser Befragung ist es, die westdeutschen Menschen in die Aktionsfront des Ostens hineinzuzwingen.
({13})
Darüber gibt es gar keine Debatte.
Und ein Weiteres, Frau Wessel! Es stimmt bedenklich, daß an zwei Stellen Ihrer Ausführungen - ich bedauere das ganz unendlich - von der kommunistischen Seite Ihnen ein „Sehr gut!" zugerufen worden ist. Ich meine, dieses „Sehr gut!" der KPD sollte Sie doch zum Nachdenken darüber bringen, ob das, was Sie in der letzten Zeit so stark propagiert haben - nicht nur hier, sondern auch anderswo -, tatsächlich den Interessen und Lebensnotwendigkeiten gerade auch der Frauen in Westdeutschland dient.
({14})
Und in diesem Zusammenhang, meine Herren und Damen, ein letztes. Frau Wessel, Sie haben gesagt, es bestünde die Gefahr, daß ein Eiserner Vorhang sich zwischen die Regierung und das Volk senke.
({15})
Frau Wessel, das ist der Tenor der ostzonalen Presse; das ist das, was seit Wochen in der ostzonalen Presse als Ziel und Tendenz der ostzonalen Machthaber vertreten wird.
({16})
Ich bin der Meinung, wir sollten diese Parolen - denn das sind Parolen! - in aller Schärfe hier zurückweisen, und ich appelliere hier, Frau Wessel, an Ihre Solidarität mit uns als Frauen, daß wir uns diesen Parolen entgegensetzen, daß wir die Lage in aller Klarheit, in allem Ernst und in aller Nüchternheit sehen, daß wir uns klipp und klar dazu bekennen, daß der Friede, den wir hier wollen, etwas vollkommen anderes ist als das, was uns vom Osten serviert wird, und daß wir, wohin wir hier im Westen kommen, diese Differenz der Friedensbegriffe klarmachen und in der Wahrung unserer Freiheit hier die Dinge so nennen, so formulieren und so fordern, wie wir das im Interesse der gesamtdeutschen Menschen hier im Westen tun müssen.
({17})
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage, um die es sich bei dieser Interpellation handelt, ist die, ob Parteien, die die Demokratie vernichten wollen, das Recht haben und in Anspruch nehmen können, sich der Mittel der Demokratie zu ihrer Vernichtung zu bedienen. Es geht bei dem, was durch die Interpellation an({0})
gerührt worden ist, nicht um Volksbefragungen schlechhin und nicht um die Freiheit der Meinung schlechthin, wenn Sie es so wollen, sondern es geht hier um die Frage, ob die Freiheit der Einwohner der Bundesrepublik geschützt werden kann gegen den Versuch, sie zu vernichten,
({1})
Die Aktion, um die es hier geht, ist von einer Partei organisiert und beschlossen worden, die außerhalb des Gebietes existiert, in dem das Grundgesetz gilt, die aber nach dem Geltungsgebiet des Grundgesetzes hineinagiert, um dieses Grundgesetz zu Fall zu bringen.
({2}) Wenn behauptet wird und wenn man jetzt nachträglich durch allerlei Unterschriften von Einwohnern dieses Teiles Deutschlands den Eindruck erwecken möchte, es handele sich um eine sogenannte westdeutsche Angelegenheit, so muß festgestellt werden, daß sogar bei der Gründung des westdeutschen sogenannten Komitees der Kämpfer für den Frieden der Generalsekretär der gesamtdeutschen Organisation der sogenannten Kämpfer für den Frieden, der SED-Beauftragte Willmann, in Westdeutschland bei der Gründung in das Komitee eingebaut worden ist.
({3})
So wenig ist man sich der Sache sicher!
Wir haben den Art. 9 des Grundgesetzes, und ich muß sagen, meine Fraktion ist nur zum Teil befriedigt und kann nur zum Teil befriedigt sein von der Antwort, die hier vom Herrn Bundesinnenminister über die Anwendung des Art. 9 gegeben worden ist. Es geht bei dem Art. 9 um die Bestimmung, daß Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten sind.
({4})
Die Tatbestände treffen in jedem Falle zu; diese Organisationen arbeiten mit den Mitteln des Rufmords, ob sie nun SRP sind oder was sie sonst für Organisationen und Komitees sind. Die Tatbestände der Verfassungsfeindlichkeit sind gegeben, und wir hätten gewünscht, daß man in aller Deutlichkeit sagt: Die ganze Aktion und das, was sich in ihrem Kielwasser an rechtsextremistischen Organisationen bewegt, die den aufgewühlten Sümpf zu benützen versuchen, ist ungesetzlich.
({5})
Es geht hier nicht um die Frage, ob man für oder gegen die Remilitarisierung ist. Das muß mit aller Deutlichkeit gesagt werden.
({6})
Denn es ist ja - und das haben wir in der Sitzung des Bundestages am 9. März deutlich gesagt - das Ziel unserer Politik, einen neuen Krieg zu verhindern.
({7})
Wenn man hier mit zwei irreführenden Fragen: Bist du gegen die Remilitarisierung und bist du für den Abschluß eines Friedensvertrages noch im Jahre 1951? die wirklichen Ziele einer Aktion zu verschleiern versucht, so muß man der Öffentlichkeit sagen, was hinter diesen Fragen steht. Sehen Sie, wenn man für den Frieden und gegen die
Remilitarisierung ist, dann muß man doch wohl gegen die Schreckensurteile sein, die an den Bibelforschern und Kriegsdienstverweigerern in der sowjetischen Besatzungszone exerziert werden
({8})
und die schlimmer sind als die im „Dritten Reich" über diese Kategorien verhängten.
({9})
Ich will in diesem Zusammenhang erwähnen, daß erst kürzlich in einem zentralen Schulungsmaterial der sogenannten SED ein namhafter Funktionär der SED abgekanzelt wurde, weil er gegen den Krieg überhaupt ist und weil er sich als Pazifisten bezeichnete. Aber „Pazifist" ist eines der schlimmsten Schimpfworte in der Terminologie der SED!
({10})
Ich will weiter daran erinnern, daß ein Bundestagsabgeordneter, der, wie man erfuhr, jetzt sein Mandat niederlegen mußte, sich schon auf dem dritten Parteitag der SED den Vorwurf - und zwar als schwersten in einer Reihe von Vorwürfen - gefallen lassen mußte, daß er es abgelehnt oder verabsäumt habe, auf einer Tagung der Kommunistischen Partei in Westdeutschland eine Resolution einzubringen, die darauf hinauslief, die Kommunisten und die arbeitende Bevölkerung hier zu verpflichten, im Falle eines Krieges mit der sowjetischen Armee zu marschieren.
({11})
Der Mann wurde dafür gemaßregelt, daß er eine solche Resolution nicht eingebracht hat; nur insofern kann uns der Fall hier interessieren.
({12})
Wir müssen bei dieser Sachlage auch noch einmal erklären, daß diese verdächtige Eile -„Friedensvertrag noch im Jahre 1951" - den Zweck hat, unter dem Druck der Ereignisse von Korea und in Asien überhaupt das deutsche Volk auf dem Umweg über eine gefälschte Volksbefragung, die zu kontrollieren keine Möglichkeit besteht, dazu zu bringen, daß es die Oder-NeißeGrenze anerkennen, in einem eilfertigen Tempo schlucken soll.
({13})
Das steckt in dieser Frage und in dieser Formulierung.
({14})
Die sowjetische Besatzungszone und die dort aufgerichtete Ordnung wird als das Modell einer Friedensordnung für ganz Deutschland, hingestellt. Ich greife zurück auf eine bis heute nicht desavouierte Erklärung der offiziellen Zeitschrift „Neue Zeit", die in mehreren Sprachen von Moskau aus erscheint und in der es heißt, daß die Verhältnisse, die in der sowjetischen Besatzungszone geschaffen worden sind, bei einer Friedensordnung für Gesamtdeutschland allein maßgebend sein können.
({15})
Damit haben Sie es schwarz auf weiß! In einer
sowjetoffiziellen Verlautbarung, in einer Übersicht
über die Außenpolitik und die Grundsätze der
({16})
Außenpolitik der Sowjetregierung ist ein denkwürdiger Satz enthalten, der heute in Erinnerung gerufen werden muß:
Parteien und deren Politik sowie Regierungen werden nicht nach ihren Programmen, nach ihren Erklärungen und Bekanntmachungen, sondern nach den Ergebnissen ihrer Tätigkeit beurteilt.
({17})
Das trifft haargenau auf die SED und auf die von ihr organisierte sogenannte Bewegung zur Bekämpfung der Remilitarisierung und für die Herstellung eines Friedensvertrages im Jahre 1951 zu.
Der Herr Grotewohl hat in einer heute veröffentlichten Erklärung gesagt, die sogenannte Deutsche Demokratische Republik, d. h. der Organismus der Sowjetzone, solle ganz Deutschland umfassen. Das steht heute morgen als offizielle Verlautbarung des Herrn Grotewohl in den sowjetzonalen Zeitungen.
({18})
Im Zusammenhang mit der Verlautbarung des sogenannten Essener Komitees wird gesagt, daß eine „Lawine des nationalen Widerstandes" in Westdeutschland niedergehe. Die Formel für den sogenannten „Nationalen Widerstand" hat Herr Ulbricht freundlicherweise gegeben. Diese Formel, die er in der „Freien Tribüne" vom vorigen Jahre anläßlich des „Nationalkongresses" der kommunistischen SED veröffentlicht hat, lautet: nationaler Widerstand bedeute, daß irgendwelche Anweisungen von Bonn und irgendwelche Anweisungen des Berliner Oberbürgermeisters nicht anerkannt oder für gültig erklärt werden können. Es wird also der Versuch gemacht, durch Organe, die den legitim gewählten gesetzgebenden und Exekutivorganen gegenübergestellt werden, diese in die Rolle der Ungesetzlichkeit zu verdrängen
({19})
und illegitime Organe „gesetzlich" zu machen. Die Erklärungen, die Ulbricht offiziell zur Veröffentlichung dieses Appells des Komitees für die Volksbefragung hat ergehen lassen, gipfeln immer in Drohungen: Wer zu diesen Fragen nicht ja sagt - es fehlt die Zeit, das hier ausführlich zu zitieren; Sie können es einsehen -, muß es sich gefallen lassen, als Verbrecher bezeichnet zu werden. Wir sind langmütig genug uns das anzuhören!
({20})
Es gibt Artikel - ich habe mir allein fünf Stellen in zwei Artikeln, die zusammengehören, angestrichen -, die nicht mehr und nicht weniger sagen, als daß der, der nicht ja sagt, a) kein Patriot und b) ein Verbrecher ist. Damit haben Sie den Tatbestand der Erpressung mit dieser angeblichen Volksbefragung und Unterschriftensammlung schwarz auf weiß.
({21})
Ein in diesem Hause akkreditierter Journalist, der aber nebenbei an Nachrichtendienst noch manches andere tut, hat heute in einem ebenfalls in der sowjetzonalen Presse veröffentlichten Artikel geschrieben, kein Deutscher sei zur Einhaltung der Gesetze der Bundesrepublik verpflichtet. Um das zu beweisen, zieht er die Parallele zum Widerstand gegen das Hitlerregime.
({22})
Mehr muß man nicht sagen, um den Sinn der
Volksbefragungsaktion klarzustellen.
Wenn ich nun vorhin gesagt habe, der dadurch aufgewühlte Sumpf gestatte solchen Desperados der Politik wie Remer und Doris, sich ebenfalls in die Menge zu mischen, nun, so ist das nicht einmal ein Versuch, hier nach berühmtem Muster mal gegen „rechts" und dann nach „links" - wobei beide Himmelsrichtungen falsch sind - zu schlagen, sondern es ist doch eine feststehende Tatsache, daß der Herr Dorls und der Herr Remer und einige andere dem damals, Anfang dieses Jahres von Kommunisten und anderen, zusammen mit Professor Noack, veröffentlichten Aufruf „für Frieden und gegen die Remilitarisierung" - der doch die Grundlage dieses ganzen Schwindels ist - telegraphisch ihre Zustimmung gegeben haben.
({23})
Es spielt dabei doch gar keine Rolle, wie sich die Herren
sonst in Versammlungen gegeneinander betragen;
entscheidend ist doch, wie sie in der entscheidenden Frage strategisch miteinander zusammenwirken. Und wenn man in Niedersachsen, Oldenburg
und an der Wasserkante heute in den Versammlungen des Herrn Remer und seinesgleichen hören
muß, daß gesagt wird: „Wir werden, wenn die
Russen kommen, die Verkehrsschutzleute sein, die
ihnen sagen: bitte, weiter über den Rhein!" - so
ist das doch eine Art der Zersetzung, so ist das doch
eine Sumpfpolitik, die man sich, wenn man einen
Staat entwickeln will, nicht gefallen lassen darf!
({24})
Ich würde vorschlagen, daß der Herr Bundesinnenminister und die Bundesregierung das ihnen bekannte Material über die Umtriebe der SRP, .der Remer, der DSP und der anderen den Mitgliedern dieses Hauses vorlegen.
({25})
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß schon auf dem dritten Parteitag der SED das Mitglied des Politbüros der SED, das für die Zersetzung dieses Teiles Deutschlands verantwortlich ist, Herr Dahlem, erklärt hat, man müsse die Angst, die in der Bevölkerung Westdeutschlands vor einem neuen Kriege herrscht, bis zur Panik steigern.
({26})
Sehen Sie: eine Regierung ist doch verpflichtet, Leute, die Panik kaltblütig organisieren, in die Schranken zurückzuweisen.
({27})
Die SED und die Kommunistische Partei haben eine große Gelegenheit, zu zeigen, wieviele Leute hinter ihnen stehen.
({28})
Sehen Sie, das ist auch der eigentliche Sinn dieses
Manövers, daß sie diese Gelegenheit nicht benützen können und nicht benützen wollen. Wir
({29})
haben am 9. März, und zwar einmütig, hier gesagt: Freie Wahlen unter gleichen Bedingungen in allen vier Zonen und in Berlin! - Darauf hat der Herr Grotewohl nur mit Beschimpfungen zu antworten vermocht.
({30})
Jetzt kommen sie mit dieser Aktion, weil sie sich scheuen müssen, sich bei wirklich freien Wahlen dem Urteil der Bevölkerung zu stellen.
({31})
Auch bei dieser Gelegenheit will ich erklären - und ich hoffe, das ist auch die Meinung der Regierung und ihrer Parteien -, daß wir die Kommunistische Partei und die sogenannte SED bei freien Wahlen in allen vier Zonen und in Berlin, die unter den gleichen Bedingungen stattfinden, in keiner Weise gegenüber irgendwelchen anderen Parteien benachteiligen wollen. Sie haben dasselbe Recht und dieselbe Möglichkeit, aber auch nicht mehr als jede andere Partei.
({32})
Und. weil sie das offenbar nicht wollen - wenn sie es wollen, sollen sie uns den Beweis dafür liefern -, kommt diese Aktion zur Verwirrung der Bevölkerung in der Bundesrepublik. Diese Aktion muß als ungesetzlich unterbunden werden!
({33})
Das Wort hat der Abgeordnete von Thadden.
von Thadden ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch auf die Gefahr hin, mich noch unbeliebter zu machen, als ich sowieso hier schon bin,
({1})
muß ich, da ich apostrophiert worden bin, einiges erklären. Hier wird verlangt, eine Volksbefragung für ungesetzlich zu erklären. Das Ergebnis dieser Befragung, die die Kommunisten durchführen wollen, steht wohl, nach der Fragestellung und nach früheren, von zahllosen Zeitungen, Instituten für Demoskopie usw. bereits durchgeführten Befragungen zu urteilen, fest. Daß die Bundesregierung in Sachen Aufrüstung oder wie Sie es nennen wollen, bisher auf einen einigermaßen massiven Widerstand im Sentiment des Volkes gestoßen ist, kann doch nun wirklich niemand bestreiten.
Im Gegensatz zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Wehner, die in vieler Beziehung wohl zu unterschreiben sind, was die massive Gegenarbeit gegen die Sowjetunion und ihre Helfersheifer anlangt,
({2})
glaube ich aber doch, daß man für die KPD, von der in Westdeutschland doch nun wirklich kein Hund ein Stück Brot nimmt, wieder auf Staatskosten eine große Gratispropaganda durchführt,
({3})
die sich selbst diese Partei, die über erhebliche Moskauer Geldmittel verfügt, wahrscheinlich kaum leisten könnte. Wir sollten doch diese Angst, die hier von der KPD gezüchtet werden soll, nicht noch
durch eigene Maßnahmen verstärken. Wir sollten vielmehr -- und da tut die Bundesregierung allerdings unserer Auffassung nach zu wenig - auf die eigene Stärke hinweisen und vor allen Dingen die innere Stärke des Westens gegenüber der Welt der Sklaverei etwas mehr herausstellen. Da fehlt es in vielerlei Beziehung, und die Abwehrkräfte, die da vorhanden sind, werden nicht entsprechend mobilisiert.
Meine Damen und Herren! Es ist höchst bedauerlich, wenn Äußerungen kommen wie vorhin. Frau Kollegin Wessel sagte hier einiges, was wohl als sachlich richtig anerkannt werden muß. Wenn dann der Kommunist Renner, das Sprachrohr Stalins in Bonn, einen Zwischenruf „Sehr richtig" macht und dann gesagt wird: das ist doch furchtbar, wenn ein Kommunist einen solchen Zwischenruf macht - das ist dasselbe, was die ostzonalen Zeitungen schreiben -, dann ist das der Beweis dafür, daß wir uns von diesem Pack drüben schon beinahe die deutsche Sprache haben klauen lassen und es nicht mehr wagen, bestimmte Dinge zu sagen, bloß weil die sie vorweg geschnappt haben. Nehmen wir sie in unsere Hände.
({4})
Es wurde dann gesagt, daß die Radikalisten von rechts wieder böse auf dem Plan wären.
({5})
Meine Damen und Herren! Wenn Sie gegen die SRP und ihre Propaganda etwas tun wollen, dann legen Sie manche Dinge anders an, als es bisher gemacht wurde. Entziehen Sie jener Propaganda den Nährboden, dann erübrigt sich so etwas.
({6})
- Das ist nicht lächerlich, das ist nur peinlich für Sie.
Auch hier gibt es die Gratispropaganda, wenn die Bundesregierung ein Weißbuch veröffentlicht unter der Überschrift „Antwort an Renner" und dann meint, etwas Großartiges getan zu haben. Sie veröffentlicht eine Zitatensammlung von diesem Mann, in der unter anderem steht: Die Bundesregierung hat das Saargebiet abgeschrieben. Meine Damen und Herren! Das sagt nicht nur Remer, das sagen auch noch manche andere. Dieses Buch in 50 000 Exemplaren zu vertreiben bedeutet nur, die Druckkosten für die SRP zu übernehmen. Wenn man schon Weißbücher veröffentlicht, dann sollte man, wenn der Verfasser, der diese Schrift verbrochen hat, beamtet sein sollte, ihn wegen Unterschreitung des zulässigen Minimums an Intellekt schnellstens raussetzen. Die Dinge, die eben von Herrn Wehner angezogen wurden, mit der Verkehsregelung usw., finden Sie in diesem Weißbuch nicht. Darin steht nur allgemeines Geschmonzes. Damit erreichen Sie nichts.
({7})
- Ja, die Redezeit ist abgelaufen. Ich bin daran gewöhnt, mich kurz zu halten. Ich begrüße die Tendenz, die die Regierung befolgt, gegen die illegale Wühlarbeit des Ostens etwas zu unternehmen. Die Praxis, in der sie es aber machen will, halten wir für verfehlt;
({8})
denn die Freiheit der Einwohner im Westen wird nicht so sehr durch Volksbefragungen bedroht als vielmehr durch die realen Machtverhältnisse, die zu ändern wohl wesentlicher ist, als Volksbefragungen zu unterbinden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Brookmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ganz kurz noch einige Bemerkungen, die mir gerade im Hinblick auf die Worte, die Herr von Thadden eben gesprochen hat, notwendig erscheinen.
Ich bewundere die Naivität des Herrn von Thadden. Offenbar hat er noch gar nicht begriffen, um was es in Wirklichkeit geht. Es handelt sich in Wirklichkeit um einen Generalangriff auf die Demokratie, auf die Organe dieser Demokratie; es handelt sich darum, Westdeutschland zu bolschewisieren und in den Machtbereich
({0})
der Sowjets einzubeziehen, und um nichts weiter.
({1})
Meine Damen und Herren! Ich glaube, bis auf Herrn Renner und Genossen ist das Haus der Regierung dankbar für die Maßnahmen, die sie ergriffen hat, besonders dankbar dafür, daß sie sie sehr schnell ergriffen und die Situation erkannt hat.
({2})
Wir wollen nun nicht den Fehler begehen, etwa beruhigt wieder nach Hause oder in den Wahlkampf nach Rheinland-Pfalz oder Niedersachsen zu fahren,
({3})
sondern wir wollen, jeder einzelne von uns, heute die Verpflichtung mit übernehmen, neben den Maßnahmen, die die Regierung getroffen hat, für uns selbst politische Maßnahmen zu ergreifen, indem wir in unsere Wahlkreise gehen, indem wir unsere Länderparlamente, unsere Kreistage und Gemeindeparlamente veranlassen, ich möchte fast sagen, zwingen, über diese Dinge genau so offen zu sprechen, wie wir es hier getan haben, damit der letzte Mann im Gebiet der Bundesrepublik weiß, um was es sich handelt. In Westdeutschland soll jeder wissen, daß derjenige, der sich an dieser Volksbefragung beteiligt, den Frieden gefährdet
({4})
und sich damit in den Dienst der Bolschewisten, der Sowjets, der sowjetzonalen Machthaber Ulbricht und Grotewohl stellt.
({5})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Euler.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine politischen Freunde haben den Wunsch, daß die Regierung gegenüber den kommunistischen Umtrieben und den Umtrieben der nationalbolschewistischen Gruppen mit äußerster Entschiedenheit vorgeht.
({0})
Eins zu erkennen ist wichtig: Die kommunistischen Parolen, soweit sie von der KPD selbst offen vertreten werden, haben bereits jegliche Wirkungsmöglichkeit verloren. Um so dringender ist es aber notwendig, den Gefahren ins Auge zu sehen und ihnen rechtzeitig zu begegnen, die von Gruppen ausgehen, die sich äußerlich antikommunistisch gebärden und sogar ein besonderes Pathos für ihr öffentliches Auftreten daher nehmen, daß sie sich
national und nationalistisch betätigen. Die besondere Gefahr der Sozialistischen Reichspartei liegt darin, daß sie die politische Harmlosigkeit breiter Schichten unserer Bevölkerung dazu benutzt, der KPD eine zwar vielleicht nicht gewollte, aber tatsächlich eintretende Hilfestellung zu leisten. Mit Rücksicht auf die zerrüttenden Folgen einer durch und durch verlogenen Propaganda aus diesen Kreisen muß die Regierung mit äußerster Entschiedenheit vorgehen.
({1})
Es ist mehr als naiv, wenn Herr von Thadden sagte, man solle der Propaganda jener Parteien den Boden entziehen. Gegenüber demjenigen, der entschlossen ist, vor keinem Mittel der Entstellung der Wirklichkeit, vor keinem Mittel der lügnerischen Verdrehung der Tatsachen zurückzuschrecken, versagt jenes naive Rezept. Lassen Sie uns auf die Jahre vor 1933 zurücksehen! Warum sind damals breite Schichten der Bevölkerung um jedes Vertrauen zu den demokratischen Parteien gebracht worden? Nur weil diese durch Jahre hindurch unausgesetzt sich jene Politik der Verdrehung der Wirklichkeit, der Einschüchterung des Volkes, der Erregung von Angst haben gefallen lassen.
({2})
Ein Staat bringt sich um jegliches Ansehen, der Gruppen gewähren läßt, die entschlossen sind, der Demokratie den Boden zu entziehen und jene Unterwühlung zu betreiben, die der Diktatur die Vorspanndienste leisten soll. Den entschlossenen Gegnern der Demokratie gegenüber kann es nur eins geben: den entschiedenen Kampf, damit Toleranz, Freiheit und Frieden im Innern überhaupt gewahrt bleiben können.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der Deutschen Partei habe ich hier mit aller Entschiedenheit folgendes zu erklären. Die Deutsche Partei stimmt allen Maßnahmen zu, die die Autorität des Staates, die Grundordnung unserer Freiheit schützen und gewährleisten.
({0})
Sie wird mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln auch vor der Öffentlichkeit dafür eintreten, daß ein Selbstmord der Demokratie sich nicht nochmals wiederholt.
({1})
Wir sind als alte konservative Bewegung der Überzeugung, daß gerade in einer gefährlichen Zeit - und die Welt ist vom Fieber und von Spannungen geschüttelt - der Staat Autorität verkörpern muß, damit das Volk Vertrauen und damit die notwendige Ruhe und Sicherheit findet, um an seine Arbeit zu gehen. Wir haben in diesem Lande aufzubauen. Deshalb muß der Zustand der Hysterie und der Nervosität in unserem öffentlichen Leben möglichst bald beseitigt werden. Alle Maßnahmen, die dieser inneren Beruhigung und Befriedung dienen, werden von uns wärmstens unterstützt.
Ich darf aber noch ein weiteres bemerken, was auch schon bei der heutigen Debatte zum Ausdruck gekommen ist. Wir wünschten, daß dieser verdammte Rummel über die Remilitarisierungsfrage,
({2})
diese vollkommene Verkehrung der Fronten endlich einmal ein Ende findet.
({3})
Was hier an perfiden parteipolitischen Geschäften zu machen versucht worden ist,
({4})
ist auch ein Verbrechen am deutschen Volk.
({5})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Anträge sind nicht gestellt. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe den Punkt 13 der gestrigen Tagesordnung auf:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 ({0});
Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses ({1}):
a) Einzelplan V - Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans ({2});
b) Einzelplan V a - Haushalt des deutschen Vertreters im Rat der Internationalen Ruhrbehörde und des Deutschen Delegationsbüros in Düsseldorf ({3}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Blachstein. Ich darf ihn bitten, das Wort zu nehmen.
Vorher darf ich noch darauf hinweisen, daß Ihnen der Ältestenrat eine Gesamtaussprachezeit von 120 Minuten vorschlägt. Ich hoffe aber, daß diese Zeit nicht voll in Anspruch genommen wird.
Bitte, Herr Abgeordneter Blachstein!
({4})
Blachstein ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Sie zunächst, bitten, in der Drucksache Nr. 1905 einige Druckfehler zu berichtigen. Auf Seite 9 sind in den Erläuterungen zu Kap. 1 Tit. 1 statt der zwei Stellen der Besoldungsgruppe A lb nur eine Stelle, statt der sechs Stellen bei Besoldungsgruppe A 2 c 2 nur vier und dementsprechend dann unten bei „Zusammen" statt 17 nur 14 zu setzen.
Weiter muß auf Seite 23 in Kap. E 12 Tit. 3 betreffend Umbau des Dienstgebäudes der Vertretung in Paris der Betrag von 51 500 DM in 51 000 DM verändert werden.
Auf Seite 26 muß in den Erläuterungen zu Tit. 1 unter „Insgesamt" nicht der Betrag von 3 237 000 000 DM, sondern der Betrag von 3 227 000 000 DM stehen, und einige Zeilen weiter unten muß es statt 2 487 000 000 DM heißen: 2 477 000 000 DM.
({6})
Schließlich ändert sich auf Seite 51 in den Erläuterungen zu B 1 unter a) der Betrag auf 2 693 070 000 DM und unter b) auf 317 350 000 DM. Der Betrag unter „Insgesamt" bleibt derselbe. Es handelt sich nur um eine Verschiebung der Posten unter a) und b).
Und nun zum Einzelplan V - Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans. Der Haushaltsausschuß hat sich mit diesem Haushalt besonders eingehend beschäftigen müssen. Zunächst gab es leider Schwierigkeiten, da die dem Ausschuß vorgelegten Unterlagen anfangs nicht so sorgfältig vorbereitet waren, wie es der Ausschuß für seine Beratungen als notwendig ansehen mußte. Zum andern ging es um die Frage des ERP-Sondervermögens und seiner haushaltsmäßigen Eingliederung in den Haushalt des Bundesministeriums für den Marshallplan nach einem Beschluß des Bundestages vom vorigen Jahr. Die zunächst vom Finanzministerium vorgelegte Konstruktion, das ERP-Vermögen als Anhang, aber nicht als Teil des Haushalts einzubringen, wurde vom Ausschuß unter Berufung auf den Beschluß vom vorigen Jahre abgelehnt und eine Eingliederung in den außerordentlichen Haushalt des Ministeriums für den Marshallplan gefordert. Diese Konstruktion, diese haushaltsmäßige Regelung ist auch vorgelegt worden; dazu wird später noch einiges zu sagen sein.
Das Ministerium besteht aus dem eigentlichen Bundesministerium für den Marshallplan und aus den nachgeordneten Stellen, den Vertretungen der Bundesrepublik in Paris und Washington und dem ERP-Kontor in Bad Godesberg. Das Bundesministerium für den Marshallplan ist in drei Abteilungen mit 18 Referaten aufgeteilt: Abteilung I, Haushalts-, Personal- und Verwaltungsangelegenheiten nebst Hauptbüro und Sprachendienst - der bei diesem Ministerium natürlich einen ganz besonderen Umfang hat -; Abteilung II, Volkswirtschaftliche Abteilung; Abteilung III, Durchführung der Marshallplan-Hilfe selbst.
Bei den Beratungen im Haushaltsausschuß wurde an einem Zug zur Aufwändigkeit, die der Ausschuß glaubte feststellen zu müssen, Kritik geübt: eine zu große Erweiterung des Personalbestandes, zu hohe Anforderung von neuen Kräften, sowohl Beamten wie auch Angestellten und Arbeitern. Der Ausschuß sah sich gezwungen, an den ursprünglichen Ansätzen des Ministeriums recht erhebliche Abstriche vorzunehmen. Selbst nach diesen Abstrichen beträgt die Erweiterung des Personalbestandes bei den Beamten 14 Stellen von insgesanft 34, bei den Angestellten 27 Stellen von insgesamt 104, bei den Arbeitern 13 Stellen von insgesamt 23. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß es sich bei diesen Personalerweiterungen nicht nur um das Ministerium, sondern auch um seine Vertretungen im Ausland handelt. Die Hauptkritik am Aufbau und der Organisation des Ministeriums wurde gegen den Umfang der volkswirtschaftlichen Abteilung gerichtet. Es wird befürchtet, daß durch eine so umfangreiche Abteilung, wie sie Ihnen nun nach den Wünschen des Ministeriums - wenn auch in einer etwas verkleinerten Form - in der Ausschußvorlage vorgeschlagen wird, eine Doppelarbeit bei volkswirtschaftlich notwendigen Untersuchungen, die eigentlich in das Wirtschaftsministerium gehören, eintreten wird. Es wurde die Forderung erhoben, daß sich die volkswirtschaftliche Abteilung auf die Koordinierung der Aufgaben bei Durchführung des Marshallplans mit denen des Wirtschaftsministeriums und den dort angestellten und anzustellenden volkswirtschaftlichen Beobachtungen und Untersuchungen beschränkt. Es wurde auch gewünscht, daß gerade in einer solchen Abteilung statt neuer Beamter mehr hochqualifizierte Angestellte beschäftigt werden. Ein weiterer Wunsch des Ausschusses ging dahin, daß bei der Verwaltung des OEEC in Paris mehr Deutsche als bisher beschäftigt werden, daß also
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der deutsche Anteil, der heute verschwindend gering ist, erhöht wird. Die Bundesregierung wird gebeten, bei dem OEEG in Paris in dieser Richtung zu wirken.
Von seiten der Verwaltung wurde auf die sehr schwierigen Arbeitsbedingungen des überlasteten Personals, sowohl hier im Bundesministerium für den Marshallplan als auch vor allem bei den Außenstellen in Paris und Washington, hingewiesen. Für einen großen Teil des Personals ist es unter den heutigen Verhältnissen der Teuerung und der ständig steigenden Lebenshaltungskosten außerordentlich schwierig, mit den normalen Gehältern und den Auslandszulagen auszukommen. Es entstehen auch dadurch Schwierig-, keiten, daß sich ein Teil der geeigneten Kräfte wegen dieser materiellen Verschlechterung, die eine Arbeit im Ausland zuweilen mit sich bringt, für diese Arbeiten ungern oder gar nicht zur Verfügung stellt. Vor allem erschwert der katastrophale Wohnungsmangel in Paris und teilweise auch in Washington die Unterbringung der Beamten und Angestellten. Im Ausschuß 'wurde der Wunsch ausgedrückt, daß die Regierung auch hier in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Stellen in den anderen Ländern vielleicht auf der Grundlage der Gegenseitigkeit versucht, Erleichterungen für die betroffenen Beamten und Angestellten zu erreichen.
Ich komme nun zu den einzelnen Etatsposten. Sie haben den Etat vor sich liegen. Ich mocnte zu den einzelnen Posten nur insoweit sprechen, als sich wichtige Veränderungen im haushalt ergeben haben. Bei Kap. 1 Tit. 4 ist durch die Einstellung neuen Personals eine Verringerung der Vergütungen für Überstunden bei den Angestellten von 28 000 auf 18 000 DM möglich gewesen. Unter dem gleichen Titel konnten die Überstundenvergütungen für Arbeiter von 18 000 auf 12 000 DM herabgesetzt werden.
In Kap. 1 Tit. 20, Kosten für Sachverständige, konnte eine Ermäßigung von 80 000 auf 40 000 DM beschlossen werden. Der Titel Kosten für Sachverständige hat den Haushaltsausschuß nicht nur bei diesem Ministerium, sondern bei den meisten Ministerien sehr eingehend beschäftigt. Es ist der Wunsch des Ausschusses, daß Mittel aus diesem Titel möglichst sparsam und nur bei wirklich dringendem Bedarf verwendet werden. Es geht nicht an, daß, vielleicht wünschenswerte, interessante besondere Untersuchungen, die für die Arbeit eines Ministeriums nicht unbedingt notwendig sind, auf Kosten dieses Titels vorgenommen werden. Wir sind der Meinung, daß in dieser Hinsicht bei allen Ministerien eine sehr große Sparsamkeit und Zurückhaltung geübt werden muß.
In Kap. 1 Tit. 32, Kosten der Veröffentlichungsverpflichtungen aus dem ERP-Vertrag, waren ursprünglich 1 150 000 DM vorgesehen. Der Haushaltsausschuß schlägt hier eine Senkung auf 800 000 DM vor. Es handelt sich dabei teilweise um Verpflichtungen, die die Bundesrepublik in dem ERP-Vertrag übernommen hat und ausführen muß. Die Wünsche der Amerikaner auf eine möglichst breite Publizität für das gesamte Projekt und die gesamte Durchführung des Marshallplans wurden durchaus verstanden. Der Haushaltsausschuß war aber der Meinung, daß hier auf die besonderen Verhältnisse in Deutschland, auf die prekäre Haushaltslage des Bundes Rücksicht genommen werden muß, und konnte sich deshalb zu einer höheren Bewilligung für diesen Posten nicht entschließen.
Ähnliche Bedenken wurden auch zu Kap. 1 Tit. 33 geäußert, wo eine Senkung des vorgesehenen Betrages von 2 Millionen DM auf 500 000 DM durch den Ausschuß beschlossen wurde. Wohl wünscht der Ausschuß, daß der Austausch von Erfahrungen im Rahmen des Marshallplans und vor allem der Erfahrungen in Amerika erfolgt und auch erweitert und verstärkt wird. Er war aber der Meinung, daß die Beteiligten und die doch sehr lebhaft interessierten Kreise vor allem der Industrie in stärkerem Maße als bisher zur Beteiligung an den Kosten herangezogen werden müssen, sowohl die Kreise des Handels und der Industrie als auch der Wirtschafts- und Landwirtschaftsverbände, die ja Studiengruppen nach den USA schicken; denn die Ergebnisse dieser Studien können für ihre weitere Arbeit von großem Nutzen sein. Sie sollten deshalb nach der Meinung des Ausschusses auch in beachtlichem Umfang zur Tragung der Kosten herangezogen werden.
Nun erlauben Sie mir einige Ausführungen zur haushaltsmäßigen Konstruktion des ERP-Sondervermögens im außerordentlichen Haushalt des Marshallplan-Ministeriums. Der Einzelplan des Bundesministeriums für den Marshallplan enthält in seinem außerordentlichen Teil die Marshallplanhilfe, also die haushaltsmäßigen Auswirkungen der bekannten ERP- oder Gegenwertmittel. Die Erstmaligkeit dieser Veranschlagung muß besonders hervorgehoben werden. Dieser Erstmaligkeit stellt sich eine gewisse Einmaligkeit der haushaltsrechtlichen Konstruktion an die Seite. Der Bundestag hat allen Anlaß, in diesem Fall auch einmal der formellen Seite seine besondere Aufmerksamkeit zu widmen, hat er doch durch seinen eigenen Beschluß vom 27. Juli 1950 die haushaltsmäßige Konstruktion der großen Gegenwertfonds ins Leben gerufen. Ein paar Hinweise sind angesichts der ungewöhnlich schwierigen Fragen, die hier ihre Erledigung gefunden haben, sicher notwendig.
Sie haben zweierlei im Druck vor sich, erstens den Verwendungsplan für die Gegenwertmittel, und zwar als Haushaltsausgabe, der auf der Einnahmeseite des außerordentlichen Haushalts ein gleich hoher Betrag gegenübersteht, und zweitens den Voranschlag des Sondervermögens, der durch alle entstehenden Vermögenswerte, insbesondere durch die Rückforderungsrechte der gegebenen Invistitionsdarlehen, gebildet wird. Der Voranschlag des Sondervermögens, im Volksmund ERP-Vermögen genannt, ist durch einen Bestandsnachweis ergänzt, der auf den Beginn des Rechnungsjahres abgestellt ist und einer Eröffnungsbilanz gleicht, sowie durch eine Darstellung der zahlenmäßigen Entwicklung, die das Sondervermögen seit seiner Entstehung durchgemacht hat. Durch die Veranschlagung der Ausgaben des Vermögens in Form von Darlehen und verlorenen Zuschüssen im eigentlichen Bundeshaushalt ist das Budgetrecht des Parlaments auch für das große ERP-Vermögen verwirklicht. Ich bitte, sich zu erinnern, daß dieser Gesichtspunkt die Veranlassung zu dem Plenarbeschluß vom 27. Juli 1950 war, mit dem der Bundestag sich auf den Standpunkt gestellt hat, daß die Verwendung der Gegenwertmittel nicht außerhalb des Haushalts vonstatten gehen dürfe. Zwar ist durch das sogenannte bilaterale Abkommen der Bundesrepublik mit den Vereinigten Staaten von Amerika vom 15. Dezember 1949 keine freie Verfügungsbefugnis der deutschen Seite gegeben, aber für die haushaltsmäßige Seite mag dies keine ausschlaggebende Rolle spielen. Die Bereitstellung der Gegenwertmittel an Westdeutschland im Rahmen
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des großzügigen Europäischen Wiederaufbauprogramms der USA und die Verwendung der Mittel für die deutsche Wirtschaft sollten im Bundeshaushaltsplan verankert und vom Plenum des Bundestages gebilligt werden. Der Bundestag hat sich dabei allerdings auf die Rahmenbeträge beschränkt, um die Bewirtschaftung des Vermögens nicht allzustark einzuengen. Ich stelle fest, daß dieser Grundgedanke verwirklicht ist und daß dem Bundestag, ungeachtet des bereits abgelaufenen Rechnungsjahres, das ganze ERP-Programm zur Genehmigung vorliegt.
Die Bundesregierung hatte zunächst einen Son-. derplan aufgestellt und ihn dem Haushaltsplan des Bundesministeriums für den Marshallplan als Anlage beigefügt. Dieser Sonderplan enthielt die Verwendung der Gegenwertmittel. Er sollte auch in der vom Plenum beschlossenen Form, ebenso wie jetzt der Voranschlag des Sondervermögens, für die Bundesregierung verbindlich sein. Aber er war eben kein Teil des Bundeshaushalts. Aus diesem Grunde beschloß der Haushaltsausschuß, die Einstellung des Verwendungsplanes in den Bundeshaushalt zu fordern. Dies ist jetzt durchgeführt.
Zu der Kontroverse war es insbesondere deswegen gekommen, weil ein Verwaltungsgesetz für das ERP- Vermögen noch nicht verabschiedet ist. In einem solchen Verwaltungsgesetz, wie es die anderen großen Sondervermögen haben, kann auch die haushaltsmäßige Seite nach Belieben geregelt werden. Wenn in einem solchen Gesetz beispielsweise die Genehmigung des Voranschlages durch das Plenum des Bundestages enthalten wäre, hätte möglicherweise die jetzt gewählte Form der Veranschlagung noch weiter vereinfacht werden können. Ich kann berichten, daß ein Verwaltungsgesetz in Vorbereitung ist.
Von zwei festen Ausgangspunkten aus darf ich Ihnen die jetzige Konstruktion kurz erläutern. Der eine Festpunkt ist die Vorschrift des Art. III des Ratifizierungsgesetzes vom 31. Januar 1950, derzufolge alle im Zusammenhang mit dem Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik und den USA entstandenen und noch entstehenden Vermögenswerte ein Sondervermögen bilden. Das Sondervermögen ist haushaltsmäßig ein schwieriges Gebiet und ein Stiefkind des Haushaltsrechts. Das Gesetz ist aber zu respektieren; es schreibt die Erfassung und Bewirtschaftung aller ERP-Vermögenswerte im Rahmen eines Sondervermögens vor. Der Voranschlag für diese Vermögenswirtschaft liegt Ihnen in der durch § 9 der Reichshaushaltsordnung geregelten Form vor. Der zweite Festpunkt ist unser eigener Beschluß über die Einstellung des Verwendungsplans in den Haushalt.
Die Dinge laufen nun in der Praxis wie folgt. Die ankommenden Waren werden veräußert. Die Empfänger werden mit dem Rechnungsbetrag belastet. Die entstehenden Forderungen erfaßt buchmäßig die Verwaltung des Sondervermögens; eingehende Zahlungen, die sogenannten Gegenwerte für die Waren, werden auf Sammelkonten vereinnahmt. Auf den Unterschied zwischen ERP- und GARIOA-Einfuhren will ich hier nicht näher eingehen. Das ausführliche Vorwort des Einzelplans V enthält eine Übersicht über diese Unterschiede. Nun erfolgt die Bereinigung der Sammelkonten, Mängelrügen werden erledigt, Überzahlungen zurückgeleistet und es wird all das getan, was in einem solchen kaufmännischen Unternehmen nötig ist, um Leistung und Gegenleistung in Übereinstimmung zu bringen. Der bereinigte Bestand der
Sammelkonten geht alsdann auf ein Sonderkonto über, über das nach dem bilateralen Abkommen nur mittels Einzelfreigabe der Beträge und Zwecke durch die ECA-Mission verfügt werden kann. Auch daran liegt es, daß diese Handhabung sich nur schwer in das übliche Haushaltsschema einpassen läßt.
Aber gerade hier endet nun die Herrschaft des Sondervermögens, dessen Generalverwalter der Bundesminister für den Marshallplan ist, und es beginnt die Haushaltswirtschaft, als deren wesentlicher Teil der Verwendungsplan für die Gegenwertmittel anzusehen ist. Der Verwendungsplan steht auf der Ausgabeseite des außerordentlichen Haushalts, und zwar in den Titeln 1 bis 26, beginnend mit der Landwirtschaft und Forstwirtschaft; dann folgen der Kohlebergbau, die Energiewirtschaft, die Eisen-, die Nichteisen- und die Chemische Industrie, die Textilindustrie, die anderen Industrien, der Handel und das Gewerbe, die Verkehrswirtschaft, die Handelsflotte, der Wohnungsbau, die Forschung, die Ausgaben zugunsten Berlins, die Exportindustrie, die Kredite an Vertriebene usw. Alle diese Posten zusammen, insgesamt rund 2,6 Milliarden DM, ergeben die bekannten Investitionsmittel für den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft, und die Beträge werden als Darlehen über die Hauptleihinstitute, insbesondere die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Vertriebenenbank, an die Kreditnehmer herangebracht.
Neben den Darlehen gibt es in besonderen Fällen auch verlorene Zuschüsse. Diesmal sind es rund 408 Millionen DM, die des organischen Zusammenhangs wegen gleich in den Einzelplänen der Fachverwaltungen als Ausgaben veranschlagt sind, beispielsweise die großen Forschungsmittel bei der Wirtschatt, der Landwirtschaft und der Inneren Verwaltung, oder die Zuschüsse für Exportzwecke bei der Wirtschaft, die Transportkosten für karitative Zwecke in dem vorliegenden Haushalt oder die sonstigen wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Förderungsmaßnahmen aus ERP-Mitteln. Dabei ist ausdrücklich festgelegt, daß die Ausgaben nur in der Hohe der anteilig auf diese Titel entfallenden tatsächlichen Einnahmen des Einzelplans V Kap. 1 Tit. 2 des außerordentlichen Haushalts geleistet werden dürfen.
Die Veranschlagung der verlorenen Zuschüsse in den Einzelplänen der Fachverwaltungen soll den Sinn haben, die Zwecke und die Ansätze gleich mit den übrigen Haushaltsmitteln dieser Verwaltungen zusammen zu betrachten. Da der ERP-Plan aber eine Einheit bilden soll, sind die Zuschüsse wenigstens nachrichtlich im Einzelplan V genannt. Beide, Darlehen und Zuschüsse zusammen, finden ihren Gegenposten auf der Einnahmeseite in der Einstellung der bereinigten Gegenwertkonten in Form eines Beitrags aus dem ERP-Sondervermögen in den Haushalt. Beide Posten zusammen machen in diesem Jahr rund 3 Milliarden DM aus. Sie verlassen das Sondervermögen, wandern in den Bundeshaushalt, werden dort zu Darlehen oder Zuschüssen und wachsen in Form der Riickforderungsansprüche aus den gewährten Darlehen dem Sondervermögen wieder zu, wo sie buchmäßig erfaßt und betreut werden. Gerade aus dieser Handhabung wird ersichtlich, daß in der Konstruktion des Sondervermögens der wichtigste Grundsatz jeder Vermögenswirtschaft verwirklicht ist: der Grundsatz der Substanzerhaltung.
Die haushaltsmäßigen Interessen kommen innerhalb dieses wirtschaftlichen Kreislaufs der Gegen({9})
wertmittel in zwei Punkten besonders klar zum Zuge, einmal in der Tatsache, daß die eigentlichen Wirtschaftsausgaben des Sondervermögens Haushaltsausgaben des Bundes sind und den Regeln des Haushalts zu folgen haben, zum zweiten darin, daß die Rückflüsse aus den Darlehen und die beträchtlichen Zinseinnahmen ebenfalls Haushaltseinnahmen sind und dem Sondervermögen erst wieder über die Ausgabeseite des Haushalts zuwachsen. Dieser Umweg über den Haushalt hat bedeutsame praktische Folgen. Tilgungen und Zinsen stehen dann wieder im Sondervermögen zusammen mit den bereinigten Gegenwerten zum Einfließen in den Haushalt und für neue Ausleihungen oder für Zuschüsse bereit.
Der Voranschlag des Sondervermögens, von dem bei der kritischen Prüfung der ganzen Konstruktion am besten ausgegangen wird, enthält somit auf der Einnahmeseite die Gegenwerte, auf der Ausgabeseite die Abführung an den Haushalt. Die Tilgungsbeträge und Zinseingänge bilden neben den Zinsen und Wertpapieren und dem Erlös aus dem Verkauf solcher Papiere die weiteren Einnahmen. Mit diesen Wertpapieren berühre ich ein wichtiges Gebiet der Bewirtschaftung des Sondervermögens; ich möchte mit einigen Sätzen darauf eingehen, zumal sich der Haushaltsausschuß mit diesen Vorgängen besonders befaßt hat.
Als die Gegenwertkonten von der Bundesregierung übernommen wurden, bestand das Vermogen aus Aktiven und Passiven. Die Passiven waren Verbindlichkeiten in Höhe von rund 700 Millionen DM, die auf laufenden und festen Konten erfaßt und überwiegend aus Vorfinanzierungen entstanden waren. Die Tilgung der Verpflichtungen hat zum wesentlichen Tell im abgelaufenen Rechnungsjahr stattgefunden. Ich brauche nicht zu betonen, daß dies ein besonders schwerwiegendes Ereignis in der zurückliegenden Bewirtschaftung der Gegenwertmittel darstellt. Die Abdeckung fand gegenuber der Bank deutscher Länder statt. Um diese Summen aufbringen zu können, mußten selbstverständlich die Aktiven realisiert werden, soweit sie verfügbar waren. Zu den Aktiven gehörten Obligationen der Bundesbahn und der Kreditanstalt für Wiederaufbau im Gesamtbetrag von 497 Millionen DM, die teils verkauft, teils lombardiert wurden, um die benötigten Beträge flüssig zu machen. Der Rest der zur Abdeckung der Verpflichtungen nötigen Mittel wurde über den Betriebsmittelplafonds des Bundes, der bekanntlich jetzt 2 Milliarden DM beträgt, finanziert. Für diese Inanspruchnahme der Betriebsmittel des Bundes muß das Sondervermögen, das abseits der Haushaltswirtschaft unter eigener Verantwortung geführt wird, natürlich an den Bund bezahlen, der ja selbst auch wieder Zinsen an die Bank deutscher Länder aufbringen muß. Die Abdeckung der Verpflichtungen finden Sie auf der Ausgabeseite des Sondervermögens. Wenn Sie bei der Prüfung dieses Voranschlags zu der überraschenden Feststellung kommen, daß die Ausgaben die Einnahmen übersteigen, so bitte ich, nicht zu übersehen, daß es sich hier um einen Jahresvoranschlag handelt und daß der in der Eröffnungsbilanz ausgewiesene Bestand zu den erwarteten Jahreseinnahmen hinzuzurechnen ist.
Im Zusammenhang mit der Abdeckung von Verpflichtungen und der Betriebsmittelverschuldung des Sondervermögens beim Bund tauchte aber die Frage auf, ob etwa das Sondervermögen eine eigene Schuldenwirtschaft betreiben, insbesondere Kredit aufnehmen kann. Die Frage ist bei der Beratung des vorhin genannten Entwurfs eines Verwaltungsgesetzes zu entscheiden. Für die Gegenwart steht nach einer Erklärung der Bundesregierung im Haushaltsausschuß fest, daß mit Ausnahme der eben von mir erwähnten kassenmäßigen Schuld des Sondervermögens an die Bundeshauptkasse zur Abdeckung bestehender und übernommener Schulden keine Verpflichtungen des Sondervermögens geschaffen wurden und daß an solche Schulden auch nicht gedacht ist. Da das Sondervermögen rechtlich unselbständig ist, würde es sich ja um Verpflichtungen des Bundes handeln, und für die Verschuldung des Bundes gelten die bekannten besonderen Vorschriften. Nur durch das ERP-Verwaltungsgesetz könnte unter Umständen eine Ermächtigung des Sondervermögens zur Eingehung besonderer Verbindlichkeiten geschaffen werden; gedacht ist aber offenbar nur an Ermächtigungen zur Beschaffung von Betriebsmitteln im Rahmen der mit Sicherheit zu erwartenden Einnahmen.
Über die übrigen Einzelheiten des ERP-Vermögens gibt der Ihnen vorliegende Entwurf des außerordentlichen Haushalts, der mit ausführlichen Erläuterungen versehen ist, insbesondere aber auch der Voranschlag des Sondervermögens Aufschluß. Der Haushaltsausschuß hat alle diese Dinge geprüft und konnte trotz aller Schwierigkeiten der Materie die jetzige Konstruktion gutheißen. Der Ausschuß hat auch nicht gezögert, die nach vielen Monaten des Abwartens nun im Ergebnis vorliegende Arbeit der Verwaltung mit einer Anerkennung zu versehen. In der jetzt vorliegenden Übersicht haben wir ein einzigartiges Dokument über den Aufbau, den zahlenmäßigen Umfang und die Arbeitsweise der Marshallplanhilfe. Über die wirtschaftliche Bedeutung dieser Hilfe brauche ich hier nicht zu berichten; die aus dem Haushaltsplan ersichtlichen Zahlen über Investitionsdarlehen und Zuschüsse sprechen für sich. Ich spreche auch nicht über das Verhältnis und die Größenordnung der Rahmenbeträge in den einzelnen Sparten und Industrien; sie sind in den zuständigen Ausschüssen des Hauses sachverständig behandelt worden. Außerdem ist das Rechnungsjahr vorüber. Was für die deutsche Wirtschaft nach einem verlorenen Krieg ein Investitions- und Zuschußvolumen von über 3 Milliarden DM bedeutet, ist offenbar.
Der Haushaltsausschuß hat den Voranschlag in der vorliegenden Form gebilligt und schlägt Ihnen seine Annahme vor.
Meine Damen und Herren, ich habe noch den Haushalt des deutschen Vertreters im Rat der Internationalen Ruhrbehörde und des Deutschen Delegationsbüros in Düsseldorf zu erläutern und nehme an, Herr Präsident, daß das gleichzeitig geschehen soll.
Ich halte es für das beste, wenn man das zusammen macht.
Blachstein ({0}), Berichterstatter: Es kann sehr kurz gemacht werden, ich möchte mich auf einige Bemerkungen zu diesem Haushaltsvoranschlag, Drucksache Nr. 1906, beschränken. Die Aufgaben dieser Behörde ergeben sich aus dem Londoner Abkommen, dem Ruhrstatut. Hinsichtlich der einzelnen Posten des Etats, die gründlich durchberaten wurden, will ich nur wenig anmerken. Der deutsche Vertreter in der Internationalen Ruhrbehörde ist zur Zeit der Minister für den Marshallplan, Herr Blücher. Wegen der Koppelung der Vertretung mit dem Amt des Ministers finden Sie
Deutscher Bundeshag ({1})
keinen Betrag für die persönliche Besoldung für den Vertreter in der Ruhrbehörde ausgebracht. Sollte ein Wechsel erfolgen, so muß natürlich in einem kommenden Haushalt die Besoldung des Vertreters in der Ruhrbehörde aufgenommen werden.
Der Stellvertreter des deutschen Vertreters in der Ruhrbehörde und 9 Angestellte plus 2 Arbeiter bilden das ganze Büro. Bei diesem Delegationsbüro in Düsseldorf ist mit einem relativ bescheidenen Stab gearbeitet worden, schon im Hinblick auf die Möglichkeit, ja vielleicht die Wahrscheinlichkeit, daß diese Behörde nicht allzu dauerhaften Charakter tragen und vielleicht durch die Schumanplanbehörde abgelöst werden wird.
Ich möchte hier noch auf eine Änderung hinweisen, die der Haushaltsausschuß an den Vorschlägen dieser Behörde vorgenommen hat. Es handelt sich um die Senkung der Aufwandsentschädigung für den Vertreter der Internationalen Ruhrbehörde von 10 000 auf 5000 DM. Herr Minister Blücher hat den Ausschuß auch bei der Beratung des Haushaltsplans seines Ministeriums auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die für die deutschen Vertreter im Ausland durch recht kostspielige gesellschaftliche Verpflichtungen entstehen, für die aus den Mitteln des Bundeshaushalts nur ungenügende Summen zur Verfügung stehen. In diesen internationalen Gremien sind Länder vertreten, die finanziell besser ausgerüstet sind. Da es bei diesem gesellschaftlichen Verkehr gewisse Regeln der Gegenseitigkeit gibt, hat Herr Minister Blücher auf diese Schwierigkeiten hingewiesen, ohne dem Ausschuß Anträge zu stellen. Wir werden uns in diesem Hause wahrscheinlich mit dieser Frage grundsätzlich beschäftigen müssen bei der Behandlung des Stellenplans für die Beamten und Angestellten des Auswärtigen Amtes, der Errichtung der Generalkonsulate, Gesandtschaften und Botschaften. Bei den bisherigen Beratungen im Haushaltsausschuß war es die fast einheitliche Meinung der Mitglieder des Ausschusses, daß wir trotz solcher Verpflichtungen und vielleicht auch Notwendigkeiten, die sich im internationalen Verkehr ergeben, größte Sparsamkeit walten lassen, wenn wir Bundesmittel für diese Zwecke zur Verfügung stellen müssen. Wir müssen die Notlage so breiter Schichten unseres Volkes berücksichtigen und darauf drängen, daß die Vertreter im Ausland einen sehr bescheidenen Aufwand bei ihrer Arbeit betreiben.
Der Haushaltsausschuß schlägt dem Hohen Hause vor, den Einzelplan V. entsprechend den Anträgen Drucksachen Nr. 1905 und 1906 in der so veränderten Form anzunehmen.
Herr Berichterstatter, eine Frage zur Aufklärung. Auf Seite 9 des mündlichen Berichts heißt es: „Davon 1 als Ministerialbürodirektor". Das soll wohl gestrichen werden?
Blachstein ({0}), Berichterstatter: Ja, das ist eine Streitfrage, Herr Präsident. Das Ministerium für den Marshallplan ist der Meinung, daß dieser Satz gestrichen werden soll. Der Haushaltsausschuß und das Finanzministerium sind aber der Meinung, daß das nicht beschlossen wurde. Ich habe darum in meiner Berichterstattung nach den Beschlüssen des Haushaltsausschusses, dessen Meinung vom Finanzministerium bestätigt wurde, berichtet und kann davon auch nicht abgehen.
Also dieser Satz: „Davon 1 als Ministerialbürodirektor" soll stehen bleiben?
({0})
Und weiter unten bei der Zusammenstellung und Erläuterungen soll es bei Besoldungsgruppe A 1 b heißen „einer"?
({1})
Und bei A 2 c 2?
({2}) Hier braucht nichts weiter geklärt zu werden?
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Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Abgeordnete Seelos.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben sehr "Eingehendes vernommen über ERP-Zahlungen und über die Technik dieser Dinge. Ich habe aber eines vermißt: daß man nämlich zunächst einmal bei diesen Beratungen den Dank des deutschen Volkes für die große Hilfe ausspricht, die wir von Amerika für den Aufbau unserer Wirtschaft bekommen haben. Das wollen wir hier mit allem Nachdruck sagen.
Etwas anderes ist es, ob man mit der Organisation dieser ERP-Leistungen, mit der Organisation der ERP-Behörde einverstanden sein kann. Die Bayernpartei war von Anfang an gegen die Überzahl von Ministerien in der Bundesregierung. Insbesondere hat sie auch das ERP-Ministerium als nicht notwendig betrachtet, weil es für uns doch einen ungeheuren Luxus darstellt, wenn die anderen Länder ohne ein besonderes Ministerium auskommen und ausgerechnet wir, das arme Deutschland, uns diesen Luxus leisten. Natürlich braucht man einen ERP-Minister; wir sollten es aber machen wie die anderen Länder, die eben eine Personalunion mit einem anderen Ministerium geschaffen haben.
Es ist aber nicht bloß eine finanzielle Frage, sondern unserer Ansicht nach ist ein eigenes ERP-Ministerium unzweckmäßig. Wir wissen, wie schwierig es schon ist, die Meinungsverschiedenheiten von Wirtschafts-, Finanz- und Ernährungsministerium auszugleichen und abzugleichen. Dadurch, daß sich noch ein weiteres Ministerium in all diese Fragen einmischt, machen wir uns die Aufgabe nur noch schwerer. Materiell bleibt doch die Entscheidung immer beim Wirtschaftsministerium oder Ernährungsministerium oder Finanzministerium. Das ERP-Ministerium kann nur eine gewisse Koordinierung durchführen, die ebensogut in einer Abteilung des Wirtschaftsministeriums erfolgen könnte, wie es ja im Anfang tatsächlich war. Jedenfalls steht die Bedeutung des ERP-Ministeriums zu der der anderen Ministerien etwa im gleichen Verhältnis, in dem die Bedeutung des ERP-Ausschusses dieses Hauses zu der des Wirtschaftsausschusses, des Ernährungs- oder des Finanzausschusses steht, die in der Fülle der Arbeit ersticken und die materiell alle Entscheidungen fällen müssen, während der ERP-Ausschuß - dessen Herrn Vorsitzenden man leider hier nicht begrüßen kann - die Aufgabe hat, sich so etwa alle drei Wochen zu versammeln, einen Vortrag anzuhören über ERP-Dinge und viel Papier in Empfang zu nehmen über Einzelheiten technischer Art. Aber praktisch materielle Entscheidungen kann der ERP-Ausschuß gar nicht treffen.
5504 Deutscher Bundestag - 129. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26: April 1951
({0})
Genau so überflüssig wie der ERP-Ausschuß ist auch das ERP-Ministerium. Schließlich besteht die Aufgabe eines ERP-Ministeriums, wenn einmal all die materiellen Entscheidungen getroffen sind, nur darin, die diesen Bestimmungen entsprechenden Gelder, zur Zeit noch 800 Millionen, weiter zu verteilen. Das kann doch dann wirklich auch ein gehobener Referent machen.
Wir haben aber auch etwas zu der Person des Herrn ERP-Ministers zu sagen. Der Herr ERP-Minister gehört zu den Sonntagsrednern, die die FDP in so reicher Zahl in das Kabinett geschickt hat. Jüngst hat er nun eine Lanze geritten
({1})
gegen den Föderalismus, gegen die Länder. Er hat
die Kulturpolitik der Länder als überflüssig bezeichnet. Er hat gesagt, die Länder sollten möglichst auf das Niveau von Verwaltungseinheiten
kommen; sie sollten so eine Art Provinzen sein.
Ich frage mich: Ist das die Aufgabe des Herrn ERP-Ministers, der zugleich Vizekanzler in diesem Kabinett ist, eines Kabinetts, das sich ausdrücklich zum Föderalismus bekannt hat? Ist es seine Aufgabe, so der Hauptmatador gegen den Föderalismus zu werden?
({2}) Insbesondere mutet es uns eigenartig an, wenn gerade die FDP bei allen Gelegenheiten von der durch den Föderalismus bedingten Ausgabenwirtschaft spricht, von den überflüssigerweise entstehenden Kosten und von den Ersparnissen, die man machen könnte, wenn ein nackter Zentralismus herrschen würde.
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Was sehen wir in seiner Person? - Hier wandelt der lebende Beweis durch die deutschen Lande, daß sich nur der Zentralismus so überflüssige Ministerien leisten kann, an deren Einrichtung kein Land denken würde.
({4}) Hier müssen wir einsetzen, hier können wir sparen, und deshalb möchte ich mich ganz entschieden gegen diese Ausgabenwirtschaft des Zentralismus wenden, der hier die Möglichkeit hat, mit dem Sparen voranzugehen. Jeden Tag kann er das machen, indem er das Ministerium abschafft, aber nicht, indem er theoretisch die Länder angreift und sagt, sie könnten sparen, wo doch in den Ländern jeder Pfennig umgedreht wird.
({5})
Deshalb möchte sich die Bayernpartei zum Etat des ERP-Ministeriums der Stimme enthalten.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister für Angelegenheiten des Marshallplans.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde bei der Sachlichkeit, die nun einmal das Kennzeichen von Haushaltsdebatten sein soll, selbstverständlich nicht das gleiche politisch-kämpferische Temperament wie der Herr Abgeordnete Staatsrat Dr. Seelos aufbringen. Ich habe nur die Bitte an ihn - eine Bitte, die wir ja leider untereinander immer austauschen müssen -, daß er nicht eine Frage der
Staatsorganisation schlechthin mit meiner Person
in Verbindung- bringt, daß er hier also nicht Sache
und Person in einen Topf wirft. Das ist das eine.
Die zweite Bitte ist, daß er sich darauf besinnt, wie sehr wir alle, die wir im politischen Kampf stehen, immer wieder darunter leiden, wenn unsere politischen Nachbarn oder Gegner plötzlich sehr komprimierte Presseauszüge zur Beurteilung politischen Handelns oder zum politischen Urteil selbst heranziehen. Ich werde also sehr wohl Gelegenheit nehmen -- allerdings auf Grund dessen, was wirklich ist -, einmal zu den Pressemeldungen Stellung zu nehmen, und zwar sehr deutlich und sehr offen, die zu dem gestrigen Artikel im Bayerischen Staatsanzeiger geführt haben. Sie werden nämlich dann bei dem, was ich expressis verbis sagen werde und was im übrigen in einer schriftlichen Niederlegung meiner Gedanken in all den letzten Jahren reichlich und oft seinen Ausdruck gefunden hat, den Ausgangspunkt zu einer sachlichen Auseinandersetzung finden, auf die ich mich um der Sache willen freue, wobei es selbstverständlich ist, daß z. B. bestimmte Dinge mich wirklich nachdenklich stimmen müssen. Ich denke z. B. an die Verschiedenheit der Grundschule, der Volksschule, an die Verschiedenheiten des Berechtigungswesens, in die wir hineinwachsen, so daß ich mich durchaus berechtigt fühle, da ein Minister nun immer noch nicht - gerade deswegen, weil er Bundesminister ist - als politisch sterilisiert zu gelten hat, auch einmal auf die ungeheure Gefahr hinzuweisen, die durch eine oberflächliche Betrachtung von Länderreservaten oder Bundesrechten entsteht.
({0})
Ich habe noch immer das Gefühl, daß es einem Vater und einer Mutter nicht gleichgültig sein kann, daß das Schulwesen, das Ausbildungswesen, das Berechtigungswesen in Deutschland in Gefahr sind, atomisiert zu werden.
({1})
Also: hinc illae lacrimae, Herr Kollege Seelos! - Es ist mir lieb, daß das so deutlich geworden ist.
Nun aber doch zur Sache. Ich bedauere, daß ich das Hohe Haus nach diesen sehr langen Sitzungen nicht in den Besitz eines schriftlichen Berichtes über das Ministerium bringen kann, was mir an sich mit Rücksicht auf Ihre Zeit lieber gewesen wäre.
({2})
- Herr Kollege Reismann, seien Sie der Überzeugung, daß ich ohnedies diesem Hohen Hause heute ein sehr ernstes Wort gesagt hätte über den beispiellosen Zustand meiner Beamten und Angestellten, die nun wirklich in einer Weise zur Arbeit herangeholt werden, daß ich oft genug die schwersten Bedenken habe.
({3})
- Herr Kollege Reismann, Sie gehören doch erfreulicherweise sonst zu den Verteidigern demokratischer Auseinandersetzungen; halten Sie es denn für opportun, dieses Haus nun plötzlich mit einem Saal zu verwechseln, in dem man einen Oppositionsredner totmachen will?
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Meine Damen und Herren! Ich darf also zunächst einmal zusammenfassend über die Aufgaben meines Hauses berichten. Ich nehme hierzu die Beratung des Hohen Hauses über den Haushalt zum Anlaß. Am 31. Mai vorigen Jahres ver({5})
abschiedete das Hohe Haus das Gesetz betreffend das Abkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland. Bereits- kurz vor Abschluß dieses Abkommens, am 15. Dezember 1949, war die Bundesrepublik als vollberechtigtes Mitglied der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit in Paris beigetreten. Entsprechend der Pariser Konvention und dem deutsch-amerikanischen Abkommen hat sich die Bundesregierung ebenso wie die übrigen Teilnehmerländer am Marshallplan verpflichtet, für die Durchsetzung für alle verbindlicher wirtschaftspolitischer Ziele des europäischen Wiederaufbauwerkes Sorge zu tragen. Dieses Ziel ist insbesondere: den wirtschaftlichen Wiederaufbau in Europa durch Steigerung von Produktion und Beschäftigung zu fördern, den Wirtschaftsaustausch mit den Partnerländern und den Lebensstandard der Bevölkerung in allen Ländern zu steigern und gleichzeitig die innere finanzielle Stabilität zu wahren.
Infolgedessen vertreten wir die Bundesrepublik bei der amerikanischen Marshallplanverwaltung und bei der OEEC. Das Ministerium hat dabei die Aufgabe, einerseits die Zielsetzungen des ERP in Deutschland zu vertreten und andererseits durch Austausch von Informationen und Beratungen mit den übrigen Teilnehmerländern die deutsche Wirtschaftspolitik unter Wahrung der deutschen Belange mit dem Vorhaben einer europäischen wirtschaftlichen Integration zu koordinieren. Dabei ist ein besonderes Anliegen dieses Ministeriums, zugleich durch Zusammenarbeit mit allen übrigen Ressorts den zweckmäßigen Einsatz der amerikanischen Hilfe zu gewährleisten.
Infolge der durch die weltwirtschaftliche Entwicklung bedingten Verschärfung der deutschen Devisensituation gewannen die Dollarzuteilungen der ECA für den Warenimport im Haushaltsjahr 1950/51 an Bedeutung. Diese Zuwendungen erhöhten sich im Berichtsjahr um fast 1,5 Milliarden DM auf nunmehr insgesamt 5 Milliarden DM. Von den im Jahre 1950 abgewickelten Mashallplaneinfuhren entfallen auf Nahrungsmittel über 700 Millionen DM und auf Einfuhren gewerblicher Erzeugnisse, insbesondere Rohstoffe, annähernd 800 Millionen DM. - Die für die deutsche Wirtschaft notwendigsten Rohstoffe wurden zu mehr als 50 % aus Marshallplanmitteln beschafft, so Rohöl mit rund 50 °/o, Baumwolle mit annähernd 80 %, Hanf und synthetischer Kautschuk mit fast .100 %. An Nahrungsmitteln wurden Zucker zu 42 %, Futtergetreide zu 59 °/o, Brotgetreide zu 61 % durch Marshallplangelder finanziert. Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge sind für das amerikanische laufende Fiskaljahr noch weitere Dollarzuweisungen zu erwarten, die zuammen mit den bisher noch nicht ausgenützten Zuteilungen eine für weitere Importe verfügbare Summe von insgesamt 670 Millionen DM darstellen. Die Verknappungserscheinungen auf dem Weltmarkt und die Lenkungsmaßnahmen der amerikanischen Regierung beeinflußten die Verwaltungstätigkeit meines Ministeriums stark. Es kam alles darauf an, die meist ohne Vorankündigung erfolgenden Dollarzuweisungen sofort auszunützen -und dabei den dringendsten Bedarf zu berücksichtigen.
Meine Mitarbeiter haben in engster Verbindung mit anderen Ministerien und in laufender Fühlungnahme mit der ECA-Sondermission in Frankfurt sowie über unsere Bundesvertretung in Washington mit der dortigen ECA diese Arbeit geleistet. Dabei - und ich sage das mit Rücksicht auf den letzten Zwischenruf - zählte das meinem Ministerium nachgeordnete ERP-Kontor allein im vergangenen Jahr 20 000 überprüfte Lieferkontrakte.
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Die Verknappung des Schiffsraums verursachte der Frachtenabteilung unserer Vertretung in Washington - das sage ich auch auf den letzten Zwischenruf - erhebliche zusätzliche Arbeit. Die Verschiffungen konnten ohne nennenswerte Verzögerungen oder sonstige Schwierigkeiten durchgeführt werden. Dabei gelang es nach Überleitung entsprechender Befugnisse auf das ERP-Kontor, die Verschiffungen mehr und mehr unter deutscher oder anderer europäischer Flagge vorzunehmen, so daß unter deutscher Flagge allein in der Zeit vom 1. Juli 1950 bis zum 31. März 1951 über 21 Millionen DM an Fracht eingefahren werden und ein etwa gleichhoher Betrag statt in Dollar in europäischer Währung bezahlt werden konnte.
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Eine der hauptsächlichsten Aufgaben meines Hauses bestand und besteht darin, der amerikanischen Verwaltung gegenüber nicht nur die Notwendigkeit einer Hilfe derartigen Ausmaßes nachzuweisen, sondern bei ihr auch die Überzeugung zu begründen, daß die gewährte Hilfe zur Erreichung des gesetzten Zieles voll wirksam wird. Im Rahmen der deutschen Bundesregierung mußte es daher mein besonderes Anliegen sein, alle Bemühungen der deutschen Wirtschaftspolitik zur Wiedergewinnung einer Lebensfähigkeit zu stärken, die aktive Mitwirkung an der Herbeiführung einer wirtschaftlichen europäischen Integration zu fördern und durch beides einen solchen Beitrag zur inneren Sicherheit wie zur Sicherung der westlichen freien Welt zu ermöglichen, wie er der besonderen deutschen Situation nach Art und Umfang angemessen ist. Die erfolgreiche deutsche Mitarbeit an den gemeinsamen europäischen Wirtschaftsaufgaben führte dazu, daß Deutschland bereits wenige Monate nach seinem Eintritt in das Exekutivkomitee der Pariser Organisation gewählt wurde, ein sinnfälliger Beweis für die hier erreichte deutsche Gleichberechtigung.
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- Davon verstehen Sie noch nichts; ich werde
darüber nachher von selbst sprechen, Herr Paul.
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Die deutschen Bemühungen um das Zustandekommen eines möglichst universalen Systems der Europäischen Zahlungsunion fanden ebenfalls nach außen ihre Anerkennung in der Berufung eines deutschen Vertreters in das leitende Direktorium dieser Union. Die wachsende Verflechtung der deutschen Wirtschaft mit denjenigen der Partnerländer schuf die sachliche Voraussetzung für die Anerkennung der Notwendigkeit der Gewährung eines Sonderkredits. Dieser Kredit wurde vor allem dazu verwendet, den Zeitraum zu überbrücken, bis innerdeutsche Maßnahmen zur Meisterung der Situation wirksam werden konnten. Es ist Ihnen allen bekannt, daß es uns mühelos möglich sein wird, den Kredit entsprechend den getroffenen Abmachungen fristgerecht zurückzuzahlen.
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- Verzeihen Sie, Sie dürfen von mir gern - aber nicht in offener Rede - eine deutliche Bilanz haben; es wird mir eine Freude sein, sie zu geben.
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- Nein, verzeihen Sie! Ich möchte wirklich sagen, daß das im Interesse der deutschen Kreditwürdigkeit nicht ausgesprochen werden sollte, und ich könnte Ihnen, Herr Kollege, jeden Tag beweisen, wie sich in den zweieinhalb Monaten die Situation von Tag zu Tag gebessert hat, obwohl die Einfuhren,- wie Sie wissen; gestiegen sind.
Die Verhandlungen in Paris, die entsprechend der Zielsetzung dieser Organisation nicht allein der Behebung einer akuten deutschen Krise gelten können, sondern auch Rückwirkungen eines deutschen Importrückganges auf andere Teilnehmerstaaten nach Möglichkeit mildern sollten, boten mir bei der letzten Sitzung Anlaß, entsprechend dem Beschluß dieses Hohen Hauses die Frage der Erhöhung der deutschen Quote bei der EZU zur Diskussion zu stellen. Ich rechne damit, daß bereits im Laufe der nächsten Wochen eine entsprechende Entscheidung zu erzielen sein wird, wobei ich nicht übersehe, daß jede Quote ihrer Natur nach lediglich zur Überwindung temporärer Spannungen dienen kann, die strukturellen deutschen Wirtschaftsschwierigkeiten aber durch entsprechende langfristige zusätzliche Maßnahmen im Innern wie durch eine angemessene Fortsetzung der amerikanischen Wiederaufbauhilfe überwunden werden müssen.
Bei der Verfolgung dieser Ziele fallen meinem Ministerium sehr umfangreiche Arbeiten zu. Insbesondere müssen im Zusammenwirken mit den übrigen Ressorts von Zeit zu Zeit umfangreiche Berichte über die wirtschaftliche Lage und die Entwicklungsmöglichkeiten gegeben werden. Der im Februar erstattete Bericht, der die Entwicklungsmöglichkeiten bis zum Jahre 1952/53 untersucht, lag dem ERP-Ausschuß dieses Hauses vor. Ein Bericht über die Sicherung der inneren finanziellen Stabilität befindet sich zur Zeit in Ausarbeitung, und ich darf mir, um hier abzukürzen, die Aufzählung des nun an Bedeutung und Umfang dauernd wachsenden Schrifttums, das hier noch aufzuführen wäre, ersparen, weil es fortlaufend den zuständigen Ausschüssen zugeleitet wird. Alle diese Dinge sind in enger und kollegialer Zusammenarbeit nicht nur mit den übrigen Ressorts erreicht worden, sondern es ist mir immer gelungen, bei allen Arbeiten sehr nahe mit den Gewerkschaften und mit den privaten Organisationen der Wirtschaft zusammenzustehen. Ich darf weiter sagen, daß auch die deutsche Presse wirkungsvoll ihren Anteil an der Unterstützung der Arbeit dieses Teils der Regierung genommen hat.
Ich muß nun ein Thema anschneiden, das in seiner Bedeutung wenig bekannt ist, obwohl es dabei um eine außerordentlich wichtige und vor allen Dingen auch vertrauenerweckende Arbeit geht. Ich meine die Kontrolle der ordnungsmäßigen Verwendung der Einfuhren durch die Warenrevisionsstelle. Hier dürften einige Zahlen interessieren. Diese Institution stellt fest, welche Marshallplanwaren tatsächlich geliefert sind, und sorgt dafür, daß der Bundesrepublik nur wirklich gelieferte Waren in Rechnung gestellt werden. Sie ermittelt Gewichtsdifferenzen und Qualitätsmängel; sie prüft, ob bei Weiterverkauf und Weiterbearbeitung diese Waren zweckentsprechend für den Wiederaufbau verwendet werden. Seit Anfang 1950 hat diese Stelle annähernd 30 000 ECA-Kontrakte im Werte von fast 2 Milliarden DM erfaßt. Reklamationen wegen Minderlieferungen und Qualitätsmängeln führten zu Rückzahlungsansprüchen im Betrage von über 6 Millionen DM. Auf ihren Endverbrauch hin wurden Warenlieferungen aus fast 3000 Kontrakten überprüft. Im Rahmen dieser Endverbrauchskontrolle wurden insgesamt 900 Importeure aufgefordert, den Verbleib der eingeführten Güter zu melden. Die Zahl der Abnehmer dieser Waren belief sich auf etwa 18 000. 630 Prüfungen an Ort und Stelle bei 450 Betrieben wurden von der Warenrevisionsstelle seit Mitte vorigen Jahres vorgenommen. Diese Prüfungen haben vor allem den Zweck, sicherzustellen, daß Marshallplanwaren - verarbeitet oder unverarbeitet - nicht weiter exportiert werden und daß vor allem verhindert wird, daß mit den Ergebnissen dieser Hilfe jene internationalen Kräfte gestärkt werden, deren Ziel gerade die Beeinträchtigung der Sicherheit des freien Deutschland ist.
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Bekanntlich hat jeder r Empfänger von Marshallplanwaren oder Dienstleistungen den Gegenwert zugunsten der Bundesrepublik in D-Mark einzuzahlen. Um das Aufkommen dieser D-Mark-Gegenwerte für die Marshallplanlieferungen restlos zu erfassen, wurde in meinem Ministerium die auch vom Herrn Berichterstatter sehr ausführlich erwähnte Verwaltung für das ERP-Sondervermögen eingerichtet.
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Sie hat auch die Aufgabe, die Forderungen und Verbindlichkeiten aus der Zeit vor der Übernahme der Gegenwertkonten durch die Bundesrepublik zu klären, zu realisieren und zu liquidieren; sie überwacht die Verwendung der Gegenwertmittel im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung öffentlicher Mittel. Ich darf mir den weiteren Bericht mit Rücksicht auf die sehr ausführlichen Darlegungen des Herrn Berichterstatters wohl ersparen.
Einige sehr wesentliche Zusammenfassungen, die sich aus dem Sonderhaushalt ergeben, möchte ich noch nennen, nämlich, daß für den Wiederaufbau von Berlin aus den ERP-Mitteln rund 635 Millionen DM verwendet wurden, mehr als eine halbe Milliarde DM für Energieprojekte, 450 Millionen DM für Kohlenbergbau und Bergarbeiterwohnungen, 200 Millionen DM für den allgemeinen Wohnungsbau, etwa 90 Millionen DM für Investitionen im Bereich von Eisen und Stahl, über 86 Millionen DM für Schiffsbaufinanzierung, 540 Millionen DM für die verarbeitende Industrie und 300 Millionen DM für die Landwirtschaft. Wenn Herr Kollege Dr. Seelos am Anfang seiner kurzen Rede seinen Dank für diese Hilfe ausgesprochen hat, so wird uns hier erst recht deutlich, von welchem Gewicht sie für uns alle gewesen ist.
Es ist selbstverständlich, daß ich das Hohe Haus nicht mit einer Einzelschilderung bekannter Tatsachen über das Zustandekommen der Investitionszusagen aufhalten will. Sie wissen alle, daß sämtliche wirtschaftlichen Fachressorts in den Ländern in Zusammenarbeit mit dem entsprechenden Fachressort in der Bundesregierung die letzte Einzelheit der Mittelverwendung prüfen und daß anschließend die gesamtwirtschaftliche Richtigkeit der Verteilung der Investitionen, die von den Fachministern der Länder und den Fachministern in der Bundesregierung gemeinsam beraten worden sind, von den zentralen ERP-Ausschüssen doppelt über({15})
prüft wird, in denen die Ressorts, die Bank deutscher Länder, die produktive Wirtschaft, der Handel, die Gewerkschaften usw. vertreten sind, so daß mir in diesem Falle nichts anderes bleibt als eine besonders sorgfältige Überprüfung der Befolgung aller technischen, finanzpolitischen und sonstigen Erwägungen, die weiterhin mit der Investitionsmittelhergabe verbunden sind.
Meine Damen und Herren, ich will immer wieder versuchen, etwas abzukürzen; aber ich möchte doch einmal etwas über die Größenordnung sagen, was nicht ganz bekannt ist. Ich darf darauf hinweisen, daß z. B. die rund 20 Millionen DM für die Forschung in mehreren Hunderten von Einzelbeträgen auf Grund von Beratungen mit Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft usw. vergeben worden sind. Ich darf weiter sagen, was interessieren dürfte, daß von den verausgabten Krediten ca. 3000 in der Größenordnung von mehr als 100 000 DM und 11 000 zwischen 5000 und 100 000 DM liegen, woraus die sehr breite Streuung der Kredite ersichtlich wird.
Ich bedauere die sehr knappe Zeit. Es hätte mir sonst sehr daran gelegen, ausführlich über Berlin und die Hilfe für Berlin zu sprechen. Ich will versuchen, es knapp zusammenzufassen. Ich habe schon den Betrag von 635 Millionen DM Gegenwertmitteln, die bisher auf Berlin entfallen, genannt. Ich darf darauf hinweisen, daß die Berliner Investitionsprogramme immer in gemeinschaftlicher Arbeit zwischen den Berliner Dienststellen und meinem Hause aufgestellt worden sind, und ich kann feststellen, daß diese Arbeit nicht nur nach außen hin, sondern auch in bezug auf Haltung, Zielsetzung und Stimmung eine gemeinsame war. Ich darf weiter an die Ausarbeitung und Durchführung der bekannten Sonderprogramme erinnern. Ich darf darauf hinweisen, daß ich das besondere Bestreben gehabt habe, mit der allmählich beginnenden Ausweitung der Berliner gewerblichen Arbeit auch die Liquidität des Berliner Kreditwesens zu verstärken, und daß ich einen Weg hierfür darin fand, Teile meiner Guthaben auf lange Zeit bei den Berliner Kreditinstituten zu unterhalten. Ich habe dann mit den unter meine Verwaltung gestellten Mitteln dazu beitragen können, einen Bürgschaftssicherheitsfonds aus GARIOA-Mitteln bei der Berliner Zentralbank anzulegen, - alles Maßnahmen, die selbstverständlich in ihrer Vielgestaltigkeit im einzelnen vielleicht nicht sehr umfangreich, in der gesamten Wirkung aber gerade von Berlin dankbar empfunden worden sind.
Es wäre an der Zeit - und ich behalte mir deswegen doch einmal einen langen schriftlichen Bericht vor -, über eine weitere sehr arbeitsreiche Tätigkeit meines Hauses zu sprechen, und das ist das, was sich als „technical assistance", also wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Erfahrungsaustausch zwischen uns, Amerika und den europäischen Ländern und umgekehrt abgewickelt hat. Hier sind Hunderte von Reisen vorbereitet worden, und wir haben dazu beigetragen, in immer lebhafteren Austausch von Erfahrung und Lehre einzutreten. Auch das ist eine Arbeit, die gerade wegen ihrer Bedeutung nicht nur für die deutsche Wirtschaft, sondern auch für die Wirklichkeit europäischen und eines vielleicht noch weiter zielenden Denkens von Bedeutung ist, die sich aber eben bei uns aus der gewonnenen Erfahrung unmittelbar nutzbar machen läßt, vor allem nachdem wir vorher so lange Zeit von der Welt abgeschnitten gewesen sind. Ich wiederhole: ich will bestrebt sein, sobald wie möglich dem Haus darüber einen schriftlichen Bericht zu erstatten, weil vielleicht manche Möglichkeit zu solchem Erfahrungsaustausch und zu
solcher Reise nicht genützt wird, weil die Dinge
in ihrer Technik nicht ausreichend bekannt sind.
Ich möchte dann aber doch noch ein Wort zu dem sagen, was der Herr Berichterstatter über das Personal und den Personalbestand ausgeführt hat. Ich möchte auch zu dem gestern dem Hohen Hause vorgelegten Antrag der Fraktion der SPD einige sachliche Anmerkungen machen. Meine Damen und Herren, das Haushaltsjahr 1949 hat keine Tätigkeit eines Ministeriums gesehen wie die, die von uns in zunehmendem Maße verlangt wurde. Das Haushaltsjahr 1949 hat - und daran haben Sie auf allen Seiten des Hauses mit Recht Kritik geübt - noch einen Marshallplan im Zeichen der Herrschaft sehr engstirnigen nationalwirtschaftlichen Denkens gesehen. Ende 1949 ist es dann allmählich dazu gekommen - und damit begann unsere große Arbeit -, daß die Arbeit der Marshallplanverwaltungen und die Arbeit der OEEC nicht mehr darin bestand, sich um die Verteilung der Mittel zu raufen, sondern daß man von dem Negativen zu Positivem überging, nämlich dazu, mit allen Mitteln danach zu streben, Europa mit der Tat zu verwirklichen, anstatt nur immer das Wort Europa zu gebrauchen.
Hier ist nun der Punkt, wo auch die Wirtschaft diesen Weg zu gehen hat. Ob das nun das Wort „Europäische Zahlungsunion" in seiner ganzen Bedeutung ist, ob das die schrittweise Erreichung eines Zustandes des praktisch unbehinderten Verkehrs gewisser Waren im ganzen europäischen Raum ist, der durch gemeinschaftliche, für ganz Europa geltende Freilisten von Waren geschaffen werden soll, ob das die gegenwärtige gewaltige Arbeit an der Integration der europäischen Landwirtschaft in Produktion und Verteilung ist, vor allen Dingen aber auch in der Überlegung, was produziert werden soll, ob das die Frage eines pfleglichen Austauschs der Arbeitskräfte, ob das die Frage einer Integration der europäischen Jugend im Sinne freier Beweglichkeit ist - all das, was irgendwie mit der Integration Europas im wirtschaftlichen Sinne zu tun hat, ist erst in jenem Jahre auf uns zugekommen, über das Sie hier den Haushaltsplan meines Ministeriums vorliegen haben. Daher ist es sicherlich bedauerlich, daß ich eben die schweren Bedenken wegen der Überlastung meiner Mitarbeiter äußern mußte. Aber ich mußte dies Bedauern eben äußern. Ich könnte Ihnen noch Dutzende neuer Aufgaben im Rahmen der europäischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit aufzählen, die von meinem Ministerium bewältigt werden müssen.
Aber lassen Sie mich um der Objektivität willen gerade zu dieser Personalpolitik noch ein Wort sagen. Es wird gesagt, es handele sich hier um 54 neue Beamte und Angestellte. Dazu muß ich sagen: Von diesen 54 befinden sich in den Gruppen TOA VI b und darunter, also in den untersten Gruppen, allein 19. Weitere 13 dieser 54 sind das, was nach der Terminologie der Behörden Arbeiter genannt wird, so daß von diesen 54 allein 32 nach TOA VI b und darunter besoldet werden bzw. Arbeiter sind. Lassen Sie mich weiter sagen, daß an höheren Beamten unter diesen 54 überhaupt nur 15 sind und daß die restlichen 18 sich auch auf die Assistentenstellen usw. verteilen, 3 TOA IV, 3 TOA III usw. Es liegt hier also keine Aufblähung in der Spitze, sondern nur eine starke Vermehrung der Angestellten und Arbeiter und besonders der Nachwuchskräfte vor.
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Ich wiederhole eines: ich habe keinen Anlaß, zu der Frage des Bestandes des Marshallplanministeriums an sich Stellung zu nehmen. Das ist nicht Aufgabe des einzelnen Ministers, sondern das ist eine Sache der gesamten Regierung, die also auch nur von dem Regierungschef vertreten werden könnte. Ich hatte nur die eine Aufgabe, Ihnen eine grobe Übersicht über eine Arbeit zu geben, die von Tag zu Tag angewachsen ist, die aber doch sehr erheblich zur Sicherung unserer Versorgung, die auch dazu beigetragen hat, daß Deutschland sein Stück Arbeit bei der wirtschaftlichen Integration Europas leistet, die ungeheure Beträge eingespart hat durch die allmählich auf deutsche oder europäische Schiffe nach unserer Wahl übergeführten Verschiffungen; eine Arbeit im übrigen, der wir uns schlechthin gar nicht entziehen können, wenn wir einmal den Marshallplan ausführen, zum andern die Aufgabe der Mitarbeit an der Herstellung der europäischen wirtschaftlichen Einheit erfüllen wollen.
Noch ein Wort. Es stimmt nicht, daß es in anderen Ländern für diese Aufgaben keine besonderen Ministerien gibt. Es gibt Länder, die eine sehr viel größere Zahl von Ministerien haben. Wenn z. B. von England entweder der Schatzkanzler oder der Außenminister oder der President of the Board of Trade kommt, so liegt das eben daran, daß sie neben dem eigentlichen Budgetminister noch einen Schatzkanzler und neben dem Schatzkanzler und neben dem Wirtschaftsminister noch einen eigenen Handelsminister haben. Infolgedessen ist es vielleicht nicht nötig, daß sie ihm eigens den Namen „Marshallplanminister" geben. Jedenfalls haben andere Länder einen solchen Minister.
Wie gesagt, der Gesamtbestand dieses Ministeriums liegt mir weder am Herzen noch habe ich ihn zu vertreten. Das ist eine Sache der Gesamtorganisation. Daß ich mich aber vor meine Leute stellen muß, die mit sehr großem Eifer gearbeitet und es erreicht haben, daß wir nach außen immer wieder dasselbe Ziel vertraten und daß Deutschland ein sehr lebendiger Teilhaber an der europäischen wirtschaftlichen Einheit wurde, ist meine Pflicht als Chef dieses Ministeriums, die ich so lange zu erfüllen habe, wie ich ihm vorstehe.
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Das Wort hat der Abgeordnete Paul.
Meine Damen und Herren! In diesem Etat stehen zugleich die Fragen des Marshallplans und seiner bisherigen Ergebr isse zur Diskussion. Mit Hilfe des Marshallplans hat das USA-Finanzkapital viele Länder Europas, darunter auch Westdeutschland, unter seine Botmäßigkeit gebracht. Durch Lieferung von Waren, Maschinen und Ausrüstungsgegenständen auf Kredit zwingt man die Länder unter die politische Zielsetzung des USA-Imperialismus. Nach den Ausweisen investierte das amerikanische Kapital seit Beginn des Marshallplans bis zum Juni 1950 mehr als 4 Milliarden Dollar in Europa. Westdeutschland ist durch den Marshallplan praktisch zu einer Kolonie des amerikanischen Imperialismus geworden. Der Marshallplan hat den westdeutschen Außenhandel in eine Sackgasse gedrängt, unsere Landwirtschaft schwer bedrängt und ruiniert.
Als Nachfolger des durch den Marshallplan geschaffenen Systems der Ziehungsrechte ist die Europäische Zahlungsunion geschaffen worden, die den westdeutschen Außenhandel fesselt und im Interesse des amerikanischen Finanzkapitals und seiner Kriegsvorbereitungen lenkt. Die ECU untersteht der Marshallplanbehörde in Paris. Damit steht unsere Währung und der ganze Handel unter dem Diktat dieser von den amerikanischen Kapitalisten regierten Körperschaft. Westdeutschland ist gegenüber der ECU - darüber hat der Minister nicht gesprochen - mit fast 500 Millionen Dollar, d. h. mit 2 Milliarden DM verschuldet. Die Schulden stiegen von 407 Millionen Ende Februar auf 500 Millionen Dollar in den letzten Wochen.
Im Zuge der verstärkten Kriegsvorbereitungen und der Remilitarisierung heißt es nun: Der Riemen muß enger geschnallt werden. Die Einfuhren an Lebensmitteln sollen gewaltig gesenkt werden, um Mittel zur verstärkten Investierung in die Rüstungsindustrie freizubekommen.
Der Minister hat auch nicht darüber gesprochen, daß in Paris ein Vermittlungsausschuß geschaffen wurde. Einzig und allein dieser Ausschuß verfügt über die Mittel des Gegenwertfonds. Die Einfuhren sollen gemäß dem Plan radikal gedrosselt werden; wie aus dem Februarbericht der Bank deutscher Länder hervorgeht, von 245 Millionen Dollar je Monat auf 125 Millionen Dollar. Nach den letzten Informationen der Ba k 'deutscher Länder sollen die Einfuhren ab Juni sogar auf 80 Millionen Dollar gesenkt werden.
In dem Vorwort zum Haushaltsplan wird als Aufgabe unter d) bezeichnet „Schaffung der Voraussetzungen für die Anlage internationalen Kapitals in Deutschland"; man hätte besser gesagt: amerikanischen Kapitals. In elf Marshallplanländern Europas - außer Westdeutschland -- sind nach dem Stand vom April 1950 Gesamtinvestitionen von 1,7 Milliarden DM vorgesehen. Davon sollen allein 25% aus den ECA-Mitteln kommen. Durch diese Politik nimmt das amerikanische Finanzkapital immer mehr Einfluß auf die europäischen Nationalwirtschaften. Die Mittel gingen und gehen fast restlos in die kriegswichtigen Grundstoffindustrien. In elf Marshallplanländern mußten Investitionsprogramme für 84 kriegswichtige Industrieprojekte der ECA zur Genehmigung vorgelegt werden. 71,1 % des für das gesamte Investitionsvorha ben vorgesehenen Betrages konzentrieren sich auf die Projekte des Bergbaus, der Eisen- und Stahlindustrie und der Energiewirtschaft.
In Westdeutschland bedient man sich von seiten des USA-Kapitals der sogenannten Gegenwertmittel. Auf dem Weg über die Gegenwertmittel verschafft sich das USA-Kapital eine immer größere Verfügungsgewalt über unsere Industrie und sorgt für deren Eingliederung in die Rüstungs-und Kriegspläne des amerikanischen Imperialismus.
Ich habe ein Schreiben der Stahltreuhändervereinigung, Abteilung Technik und Investierung, betreffend dritte ECA-Rate. Darin heißt es: „In der Anlage senden wir Ihnen zur streng vertraulichen Benutzung die Objektvorschläge der dritten ECA- Rate der Eisen schaffenden Industrie einschließlich Erzbergbau, Gießerei und Kaltwalzwerke." Es handelt sich um 43 Werke der Schwer- und Grundstoffindustrien. Darunter sind die Hüttenwerke Rheinhausen, Huckingen, Hoerde, Hüttenwerk Geisweid, Dortmund-Hoerder-Hüttenverein, Bochumer Verein, Westfalen-Hütte, Gute-HoffnungsHütte. Der größte Teil der Mittel der ECA, d. h. des Marshallplans soll zur Verstärkung der ent({0})
scheidenden Abteilungen dieser Werke für Rüstungszwecke verwendet werden.
Die Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie versandte am 28. März 1951 ein Rundschreiben an alle Mitgliedswerke betreffend ECA-Mittel. Darin heißt es unter Punkt 7: „Es werden Vorhaben, durch die Verteidigungsbemühungen gefördert werden, bevorzugt, auch wenn andere Projekte vom finanziellen Standpunkt aus mehr Anreiz bieten."
Diese Politik versucht der Herr Minister durch großartige Propagandareden für den Marshallplan zu verschleiern. Nun vorlangt er noch, daß sein Ministerium verstärkt wird. Wir müssen für die Ausplünderung unserer Wirtschaft und für die Unteriochung unseres Volkes unter die Ziele des amerikanischen Imperialismus jährlich allein 2,5 Millionen DM bezahlen. Es kommt hinzu. daß wir nach dem Haushaltsplan für die amerikanische Propaganda 1 150 000 DM aus öffentlichen Steuermitteln bereitstellen sollen. Damit steht auch der deutsche Arteil, der für die Ruhrbehörde zu leisten ist, in Verbindung.
({1})
Herr Abgeordneter, ich bitte zum Schluß zu kommen.
Ich komme zum Schluß. Wir haben bereits mehrfach auf diese Behörde hingewiesen und schon früher das Ruhrstatut, dessen Instrument die Ruhrbehörde ist. als ein Unterjochungsstatut des deutschen Volkes bezeichnet. Es gibt einen Weg aus dieser Lage, und zwar ohne Marshallplan und ohne weitere Verschuldung. Das zeigen die günstigen Handelsabkommen der Deutschen Demokratischen Republik mit der Sowjetunion, mit China und den anderen Volksdemokratien.
({0})
Wir lehnen aus dieser Grundhaltung heraus das ERP-Ministerium ab. Wir sind der Meinung, daß Deutschland den Weg der Erreichung eines. Friedensvertrages
({1})
und der Rückgewinnung seiner Souveränität gehen muß, damit es als freies Volk seine Wirtschaft frei entwickeln und Handelsverträge abschließen kann, die den Interessen unserer Nation dienen. Die Politik des Marshallplans bringt unser Volk immer mehr unter die Botmäßigkeit der amerikanischen Kriegstreiber.
({2})
Wir geben unsere Hand nicht für eine solche Politik her.
({3})
Herr Abgeordneter, ich ermahne Sie zum letzten Male, zum Schluß zu kommen.
Jeder, der noch einen Funken Nationalgefühl in sich hat, muß diesen Haushaltsplan und damit dieses Ministerium ablehnen. .
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
Meine Damen und Herren! Die nur kurze Redezeit, die die kleineren Fraktionen von der Mehrheit des Hauses für die Debatte zugebilligt bekommen haben,
({0})
zwingt mich, mich auf einige wenige Dinge zu konzentrieren. Es gäbe zu diesem Haushaltsplan sehr viel zu sagen.
({1})
Ich möchte zuerst eines bemerken: Von einigen Vorrednern wurde bereits auf die Höhe der Summen hingewiesen, die von den amerikanischen Steuerzahlern via Marshallplan und so fort für Einfuhren nach Deutschland zur Verfügu -g gestellt wurden. Schön und gut! Es müßte aber gleichzeitig immer wieder darauf hingewiesen werden. welche Milliardenbeträge Amerika allein durch die Übernahme der deutschen Patente, für die man uns bisher noch keine Entschädigung gegeben hat,
({2})
und durch viele andere solcher wertvollsten Dinge von uns bekommen hat.
Meine Damen und Herren, zur Verwendung der Marshallplangelder erklären wir Ihr en eins: Wir haben an der Verwendung dieser Gelder sehr viel auszusetzen. Ich weiß, daß darüber nicht bloß der Herr ERP-Minister zu entscheiden hat. sondern daß es sich hier um eine Zusammenarbeit zwischen deutschen Amtsstellen und amerikanischen Stellen handelt, daß auch noch verschiedene Ausschüsse und Unterausschüsse eingesetzt und dazwischengeschaltet sind, vielleicht zuviel dazwischengeschaltet sind. Das weiß ich alles und berücksichtige es auch. Aber immerhin: es müßte ein trauriger ERP-Minister sein, wenn er nicht trotzdem seinen Standpunkt auch gegenüber amerikanischen Amtsstellen und auch gegenüber dazwischengeschalte ten Ausschüssen durchsetzen könnte oder wenigstens oftmals durchsetzen könnte.
Herr Minister Dr. Blücher, wir möchten Sie um eines bitten: daß Sie sich bezüglich der Verwendung dieser Gelder noch ganz anders als bisher zugunsten einer Wirtschaftspolitik einsetzen, die darauf hintendiert, zuerst die Mittel an diejenigen Industrien fließen zu lassen, die sie im Interesse der deutschen Volkswirtschaft am nötigsten haben, und sekundäre Zwecke erst danach zu berücksichtigen.
({3}) Ich sprach heute mit Ihnen, Herr Minister Blücher, bereits über eines dieser Dinge, auf die ich hier anspiele. Ihre Antwort darauf befriedigte mich nicht. So bin ich gezwungen, es hier im Plenum vorzutragen, nämlich die Tatsache, daß einige Zeitungen in Deutschland aus ERP-Mitteln große Beträge bekommen haben. Wir glauben, daß das nicht der Sinn der Marshallhilfe sein kann. zuerst an gewisse einzelne Zeitungen Gelder zu geben, während der Bau von Kraftwerken für die Elektrizitätserzeugung, während Meliorationen für die Landwirtschaft usw. von noch viel vordringlicherer Bedeutung sind. Der Herr ERP-Minister Blücher nannte mir die Summe von 17 Millionen DM, die für einige Zeitungen ausgeworfen ist. Herr Kollege Vogel nannte mir kurz darauf die Ziffer von 15 Millionen DM. Also schon darüber scheint keine Klarheit innerhalb der Regierungsparteien zu bestehen. Der Herr Minister Blücher dementierte
({4})
keineswegs, daß es sich hier um Marshallplangelder handelte. Der Herr Kollege Vogel erklärte, es seien GARIOA-Gelder. Wie dem auch sei, ob Marshallplan- oder GARIOA-Gegenwertmittel, diese Mittel müßten zu vordringlicheren Zwecken eingesetzt werden. Ich habe einige solcher vordringlicher Zwecke schon genannt, um die enorme Elektrizitätsnot beseitigen zu helfen und anderes mehr. Mit 17 Millionen DM können wir schon allerhand machen.
({5})
Die Verteilung dieser Gelder scheint mir auch sehr im argen zu liegen. Ich habe nämlich von einer süddeutschen Zeitung gehört - ich weiß nicht, ob es richtig ist; ich vermute aber sehr, daß es stimmt -, daß sie einen Millionen-Kredit bekommen haben soll oder bereits fest zugesichert bekommen haben soll. Andere Zeitungen haben wieder gar nichts bekommen. Bekommen regierungstreue Zeitungen hier vielleicht etwas und andere nichts? Der Herr ERP-Minister hat mir zwar erklärt, es würde durch ein Gremium von Verlegern selbst entschieden, an welche Zeitungsverlage diese Kredite gegeben werden. Nun kennt man ja diese Gremien alle! Da bekommen meistens die nichts, die nicht gerade im Vorstand drinsitzen. Das ist bei allen solchen Gremien der Fall. Diejenigen, die nicht im Vorstand, nicht an der Quelle sitzen, kommen meistens zu kurz. Wie dem auch sei, wir möchten jedenfalls den Scheinwerfer der Öffentlichkeit einmal auf diese Dinge richten. Wir verlangen, daß in einem Zeitpunkt, da Kraftwerke gebaut werden müssen und da Meliorationen notwendig sind, diese vordringlichen Zwecke zuerst bedacht werden. Die Marshallplangelder werden nicht ewig fließen. Sie sind bereits am Versiegen. Das wissen Sie alle. Um so wichtiger ist es, daß die Gegenwertmittel - seien es Mittel aus dem Marshallplan oder dem GARIOA-Fonds -, die heute noch nicht vergeben sind, richtig angesetzt werden.
Meine Damen und Herren! Angesichts all dieser Dinge, die noch keineswegs aufgeklärt sind, können wir dem Etat des ERP-Ministeriums nicht unsere Zustimmung geben.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reismann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe, als der Herr ERP-Minister und Vizekanzler sprach, einige Zwischenrufe gemacht. Ich habe aber mit den Zwischenrufen aufgehört, weil ich fürchtete, sein zart besaitetes Gemüt könnte den Eindruck haben, daß ich ihn totreden wollte. Sonst habe ich wirklich nicht den Eindruck, daß der verehrte Herr Vizekanzler durch einen Zwischenruf aus dem Konzept zu bringen ist. Heute schien es aber so zu sein. Das schien mir damit zusammenzuhängen,
({0})
daß ich ihn dabei attrappierte, wie er „Haltet den
Dieb!" machte. Denn während es sich darum handelte,
Ersparnisse bei seinem Etat zu machen, schien er
doch von der Tatsache ablenken zu wollen, daß er
Sparsamkeit nötig hat, indem er auf ganz andere
Gebiete hinwies. Er sprach von Schulen. Ich wüßte
nicht, was Schulen mit dem ERP-Ministerium zu
tun haben. Deswegen die Zwischenrufe. Aber ich
will ganz gern hier darauf eingehen. Das ist nämlich der Kern unserer Beanstandung gegenüber seinem Ministerium, daß es nicht so organisiert ist, wie man es bei den Verhältnissen unseres Landes und unserer Finanzen gegenwärtig fordern muß. Wenn der Herr Finanzminister sich die Haare ausrauft - es sind nicht mehr viel drauf ({1})
weil er nicht weiß, wo er das Geld herkriegen soll, und wenn er dann außerdem glaubt die Steuern, und zwar gerade die Umsatzsteuer, die die breitesten Kreise trifft, steigern zu müssen, muß doch zunächst jede Ersparnismöglichkeit ausgeschöpft werden, die die Organisation unserer Behörden noch bietet. Gerade im ERP-Ministerium sind Ersparnismöglichkeiten da, die darauf beruhen, daß das ERP-Ministerium seine eigentliche Aufgabe zu verkennen scheint.
Nach unserer Ansicht ist das ERP-Ministerium dazu da zu koordinieren. Man muß sich darüber klar sein, daß die sämtlichen Aufgaben des ERP-Ministeriums auch in anderen Ministerien vorkommen, im Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium, im Wirtschaftsministerium, im Finanzministerium und im Auswärtigen Amt. Hier handelt es sich doch bestenfalls darum. daß eine kleine Behörde dasein müßte, um die an verschiedenen Stellen bearbeiteten Angelegenheiten zu koordinieren. Dazu müßte ein Ministerium. wenn es überhaupt ein solches wäre - es genügte dazu an sich eine Abteilung eines der anderen zuständigen Ministerien -, jedenfalls in der Größe ausreichen, wie es vorher bestanden hat, bevor die jetzt vorgesehene Erhöhung geplant war. Eine Erhöhung von 7 Millionen auf rund 13 Millionen DM ist doch allerlei. Nebenbei bemerkt: wieviel Beamte gibt es da? Bei einem Ministerium, das auf Abruf besteht und dessen Aufgaben - ich kann hier sagen: lei -der - von Jahr zu Jahr geringer werden, sollte man sich hüten, planmäßige Beamte anzustellen, die man hinterher zwangsläufig irgendwo anders hineinpumpen muß. Man sollte gerade hier eine sehr bewegliche Organisation haben. Aber man hat gerade bei dem Aufbau dieses Ministeriums den Eindruck, daß es so tut, sich so gebärdet und so einrichtet, als wenn ,es Aufgaben hätte, die nie wieder verschwinden. Wenn das so wäre. könnten wir froh sein. Aber die Amerikaner denken ja nicht daran, und sie können auch nicht daran denken. Sie wollen, daß Europa sich auf eigene Füße stellt.
Es ist also die Gefahr vorhanden, daß die Haupttätigkeit dieses Ministeriums darin besteht, Statistiken und Rechtfertigungen zu machen und mit den anderen, auch mit solchen Aufgaben befaßten Ministerien in einen lebhaften Briefwechsel zu geraten, teils um die Existenzberechtigung nachzuweisen, teils aber auch deshalb, weil sich das aus dem Zug der Behörde selbst ergibt. Je kleiner die Behörde ist, um so sicherer ist es, daß dabei gespart wird und daß konzentriert und straff gearbeitet wird. Eine Vergrößerung des Ministeriums über den bisherigen Rahmen hinaus lehnen wir deswegen ab. Wir halten das Ministerium in seiner Gesamtheit als Ministerium für überflüssig. Wenn der Herr Kanzler glaubt, sich des politischen Rates erfahrener Männer seiner Koalitionsparteien bedienen zu müssen, ein Kabinett von ausreichender Größe zur Verfügung zu haben, mag es nötig sein, daß es Minister ohne Portefeuille gibt. Darum ist es doch nicht notwendig, gleich Ministerien von
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dem Umfang und dem Kostenbetrag dieses Ministeriums aufzuziehen. Ich habe beiläufig in einem Zwischenruf gefragt, ob denn diese Aufwendungen auch produktiv sind. Ich habe soeben schon einen Zweifel in die Produktivität angedeutet, indem ich gesagt habe, eine ganze Menge der Arbeit geht dadurch drauf, daß man mit anderen Ministerien korrespondiert, daß man Statistiken macht und seine eigene Notwendigkeit nachweist.
Es kommt noch hinzu, daß das, was man getan hat - ich erinnere nur an die ERP-Fibel -, auch sonst zum Teil von sehr zweifelhafter Zweckmäßigkeit ist. Es ist, um nur diesen einen Fall herauszugreifen - es ist sicherlich nicht der einzige -, ein Betrag von ungefähr 60 000 DM für ein Buch ausgegeben worden, das praktisch kein Mensch liest. Wir sind gegenüber den Amerikanern verpflichtet zu betonen, daß es sich bei den amerikanischen Zuwendungen um eine Angelegenheit amerikanischer Großzügigkeit, Weitherzigkeit, Liberalität handelt. Gut, das mag geschehen. Andere Länder machen es so, daß sie das Geld produktiv anlegèn und auf die Spender dieser Beträge hinweisen. Wir drucken dafür Bücher, die kein Mensch liest. So geht es auch; das hat auch Arbeitskräfte lange intensiv beschäftigt. Wir sind aber der Ansicht, man sollte mehr auf die Sparsamkeit sehen, als es hier der Fall ist.
Wir lehnen deshalb den gesamten Etat dieses Ministeriums ab.
Das Wort hat der Abgeordnete Kalbitzer.
Meine Damen und Herren! Der Herr Marshallplan-Minister Blücher hat gleich zu Anfang zwei Dinge durcheinandergebracht, nämlich einerseits die Frage, ob seine Beamten, Angestellten und Arbeiter tätig sind und viel zu tun haben, und andererseits die Frage, ob dafür ein Ministerium notwendig ist. Wir haben nicht bestritten, daß die Tätigkeit im Marshallplan-Ministerium sehr intensiv ist und daß viele der dort vollbrachten Leistungen notwendig sind. Wir bestreiten, daß für diese Arbeiten ein ERP-Ministerium notwendig ist. Darauf beruht unser Antrag, dieses Ministerium nicht über die Größe des Jahres 1949 hinaus auszudehnen, besonders deshalb nicht, weil - worauf der Herr Vorredner, Herr Kollege Dr. Reismann schon hingewiesen hat - diese Aufgaben im Jahre 1952 zu Ende sein werden und man sich also dann neue Aufgaben suchen müßte.
Von den elf Aufgaben, die in dem Vorwort des Berichts aufgezählt werden, sind doch nur drei echte Aufgaben, die den Marshallplan wirklich angehen. Alles andere sind allgemeine wirtschaftspolitische Aufgaben. Es war interessant, daß unter dem Kopfnicken von Herrn Blücher hier gesagt wurde, die Aufgabe des ERP-Ministeriums sei es, die wirtschaftspolitischen Arbeiten der Regierung zu koordinieren. Für diese spezielle Aufgabe hat sich Herr Adenauer aber inzwischen jemand anderen gesucht, nämlich einen Kommissar, Herrn Dr. Ernst. Herr Blücher hat also - ich weiß nicht, aus welchen Gründen - diese Aufgabe nicht übertragen bekommen. Jedenfalls ist, soweit man sehen kann, Herrn Blücher und seinem Ministerium diese Aufgabe nicht übertragen worden. Ähnlich hat sich auch in den Beratungen des Haushaltsausschusses der Vertreter des ERP-Ministeriums geäußert. Er hat nämlich erklärt, sein Ministerium sei die Plattform für interministerielle Planung. Abgesehen davon, daß man von einer interministeriellen Planung in positiver Hinsicht absolut nichts spüren kann, sondern heute wieder in der Zeitung liest, daß das Programm einer Wirtschaftsplanung, die man seit Monaten auch seitens Herrn Erhard und dieser Regierung für so dringend hält, wieder verzögert worden ist, kann man hier feststellen, daß 'diese Planungsarbeiten dem ERP-Ministerium vom Kabinett offenbar nicht zugewiesen werden. Das scheint mir ein wesentlicher Grund dafür zu sein, dieses Ministerium als Ministerium abzulehnen.
Der Bericht des ERP-Ministeriums enthält noch einen für mich unverständlichen Punkt, in dem über die Berlin-Hilfe außerordentlich gründlich informiert wird. Nun gebe ich zu, daß das Marshallplan-Ministerium der Berlin-Hilfe sehr aufgeschlossen gegenübergetreten ist, viel mehr als der Herr Bundesfinanzminister. Aber das rechtfertigt noch nicht, daß man die Begründung für die Berlin-Hilfe hier gibt, nachdem man sich einige Tage vorher in dem Sonderhaushalt Berlin ganz mit nackten Tatsachen begnügt hat. Ich möchte doch die Regierung bitten, den Sonderhaushalt Berlin zusammen mit der Begründung, die sich plötzlich in dem Bericht des ERP-Ministeriums findet, vorzulegen, um dem Haus Gelegenheit zu einer gründlichen Besprechung zu geben.
Herr Blücher hat nun auch die Verantwortung für die Europäische Zahlungsunion übernommen, d. h. für die Zahlungsvorgänge, die mit 'dem deutschen Außenhandel aufs engste verknüpft sind. Wir wollen hier undiskutiert lassen, wie es zu den Zahlungsbilanzschwierigkeiten im vorigen Jahr gekommen ist. Wir wissen, daß Korea einen Teil Schuld daran gehabt hat. Wir wissen, daß der EZU-Kredit zweifellos zu gering war, weil er nach dem Jahre 1949 berechnet wurde, als Deutschland sich erst in einer aufsteigenden Entwicklung befand, während die anderen Länder eine fixe Höhe ihres Außenhandels bereits erreicht hatten. Aber was hat Herr Blücher und was hat sein Ministerium getan, als die Zahlungskrise im Oktober 1950 sichtbar wurde? Da hat das ERP-Ministerium nichts getan, so wenig wie alle anderen Instanzen dieser Regierung. Man hat die Bank 'deutscher Länder handeln lassen, die mit banktechnischen Mitteln vergeblich versucht hat, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden. Sie werden sich möglicherweise daran erinnern, daß ich im Dezember auf diese Mißstände hingewiesen und der Bank deutscher Länder vorausgesagt habe, daß sie mit ihren banktechnischen Mitteln Mißerfolg haben müßte. Das hat sich 'dann im Februar zu meinem persönlichen Bedauern bewahrheitet. Die Regierung blieb von diesen rechtzeitigen Warnungen ungerührt.
Man bekam dann, als die Situation immer kritischer wurde, von zwei Ausländern, den Herren Jacobson und Cairncross, ein Gutachten über die deutsche Wirtschaftslage, in dem eine Straffung unserer Außenhandelsbeziehungen und eine planmäßigere Lenkung unserer Wirtschaft gefordert wurde. Zur Unterstützung wurden dann 120 Millionen Dollar kurzfristig ausgeliehen. Dieses Gutachten war nicht der Weisheit letzter Schluß, und zwar deshalb nicht, weil den deutschen Zahlungsbilanzschwierigkeiten ja mit kurzfristigen Mitteln nicht beizukommen ist. Es konnte also nur eine Überbrückungshilfe sein, die es notwendig machte, in dieser relativ kurzen Zeit mit drakonischen Maßnahmen etwas zu unternehmen. Das hat diese Re({0})
gierung wiederum nicht getan. Sie hat auch diesen
kurzfristigen Kredit zum größten Teil verpulvert.
Nun hat Herr Blücher uns eben klarmachen wollen, daß die Rückzahlung dieses Kredits außer allem Zweifel stehe. Gut, diese Rückzahlungsmöglichkeit ist gegeben. Aber sie ist doch nur möglich durch eine weitere nachhaltige Verschlechterung unserer allgemeinen Zahlungsmöglichkeiten im Außenhandel. Denn es bedeutet doch, wenn man diese 120 Millionen Dollar nach den heutigen Möglichkeiten zurückbezahlt - es sind augenblicklich in den 90 Millionen Dollar Außenstände -, daß man dann mit täglichen Geldern mitgehen muß, daß man, wenn man es jetzt zurückzahlt, euch nicht mehr die leiseste Möglichkeit hat, bei Außenhandelseinkäufen, dem dringendsten Problem, eine Zahlung zu leisten.
Als man diesen kurzfristigen Kredit fast verpulvert hatte und immer noch nichts Entscheidendes gewonnen hatte, um die Situation zu wenden, da wußte man keinen anderen Ausweg als den, den man in der Privatwirtschaft schlechthin Konkurs oder mindestens Erklärung der Zahlungsunfähigkeit nennt. Das war am 12. März; und man überreichte dann dem DZU-Direktorium in Paris ein Memorandum, als 'Beweis dafür, wie man sich, nachdem man nun nicht mehr einführen konnte, die weitere Lage vorstellte. Dieses Memorandum hat es in sich. Denn es bestimmt die restriktive Außenhandelspolitik unserer Regierung seitdem und in der nächsten Zukunft. Dieses Memorandum ist ein kaufmännisch -banktechnischer Zahlungsplan auf der Grundlage der zu erwartenden Zahlungseingänge. Die Folge, die sich ergibt, ist, daß wir eine erhebliche Einfuhrdrosselung in Kauf nehmen müssen. Da wir selber keinen Einfluß darauf haben, in welchen Sparten die Einfuhr gedrosselt wird, ist zu erwarten, daß die Folge dieser Einfuhrdrosselung Rohstoffmangel und die weitere Folge davon eine erhebliche Ausfuhrdrosselung in den nächsten Monaten sein wird.
Als man die Zahlungsunfähigkeit, eben dieses Moratorium erklären maßte, hatte man einen taktischen Sieg über das EZU-Direktorium erreicht, indem man dieses Direktorium mit seinen eigenen Plänen geschlagen hatte. Man schlug gerade das als Lösung vor, was auch nach EZU rein banktechnisch gesehen möglich war. Man hat aber übersehen, daß ein privatwirtschaftliches Moratorium keine volkswirtschaftliche Lösung darstellt, und man ist deshalb von der Überlegung ausgegangen, daß man sich nach den eingehenden Geldern richten muß. Entsprechend wird man dann, da die Gelder eben geringer eingehen, den ganzen Außenhandel zusammenstreichen. anstatt von der volkswirtschaftlich einzig möglichen Regelung auszugehen, nämlich einen konstruktiven Plan vorzulegen, aus dem sich ergibt, welche Rohstoffe man unbedingt braucht, um die Ausfuhr auszuweiten und als Folge dieser Ausfuhrweitung dann den Außenhandel wirklich wieder auf das alte Niveau zu bringen und darüber hinaus zu heben.
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Das Fehlen dieser konstruktiven Vorschläge in dem EZU-Memorandum dieser Regierung hat natürlich bei den Kontrahenten, bei Holland und anderen, erhebliche Verbitterung hervorgerufen. Die Folge davon war, daß diese Kontrahenten zu Gegenmaßnahmen griffen und wir heute zeitweilig eine Ausfuhrsperre nach diesen Ländern haben, so daß sich dieses Memorandum inzwischen gegen uns gewandt hat. Wir haben es auch hinnehmen müssen, daß man uns drei Konkursverwalter, einen Italiener, einen Belgier und einen Norweger vorsetzte, die nun heute und in nächster Zeit die Einfuhr nach Deutschland von sich aus bewilligen. Nun ist es klar. daß es nicht die Aufgabe von Konkursverwaltern ist. die Interessen des Schuldners wahrzunehmen. sondern die Interessen der Gläubiger zu berücksichtigen. Man kann es diesen Leuten also nicht verwehren, daß sie die Einfuhren so nach Deutschland schleusen, wie es die Lieferanten gern haben möchten. Sie werden also Frühgemüse bevorzugen - das haben sie auch in letzter Zeit getan - gegenüber dringend wichtigen Rohstoffen. Dafür. daß es zu dieser Situation kommen mußte, daß wir nämlich nicht mehr Herr unserer eigenen Außenhandelszahlungsbilanz und unserer Einfuhren sind, sondern daß es zu ausländischen Konkursverwaltern, wie ich die Herren nennen muß, gekommen ist, dafür trägt die Verantwortung diese Regierung und innerhalb dieser Regierung Herr Blücher.
({2}) - Nein, ich bin kein Nazi gewesen. Sie brauchen mir mit solchen Zwischenbemerkungen nicht zu kommen.
Nun wird als Milderungsgrund frohlockend gesagt, die Zahlungsbilanz habe sich in den letzten Wochen infolge dieser restriktiven Maßnahmen verbessert. Die Besserung, die scheinbare Besserung der Zahlungsbilanz ist nur die Folge langfristiger Zahlungseingänge und Ausfuhrbehinderungen. Die Ausfuhrbehinderungen, die sich in diesen Wochen ergeben haben, sind negativ in der Zahlungsbilanz selber noch nicht sichtbar geworden. Ich würde Herrn Blücher entschuldigend zugestehen, wenn er sagt, er habe auf die Außenhandels- und Zahlungsbilanzentwicklung faktisch keinen Einfluß, da diese von Instanzen außerhalb seines Ministeriums entscheidend beeinflußt wird. Mit dieser Entschuldigung, die ich persönlich hingehen lassen würde, würden wir aber wieder an den Anfang meiner Ausführungen kommen: daß dieses Ministerium fehl am Platze ist, weil es nur eine Konstruktion der Regierungskoalition ist und nicht sachlichen Notwendigkeiten entspricht. Deshalb bitten wir, den Etat des ERP-Ministeriums abzulehnen. Für den Fall aber, daß man aus Koalitionsrücksichten dieser Ablehnung nicht zustimmen zu können glaubt, bitte ich Sie dringend, wenigstens einer Erweiterung dieses Ministeriums nicht zuzustimmen, weil es ja nach Lage der Dinge 1952 zu existieren aufhören muß.
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Wenn ich diese Forderung auf Einschränkung erhebe, möchte ich ausdrücklich betonen: Das ist keine Kritik an der Tätigkeit dieser Beamten, sondern das ist eine Kritik an der Konstruktion dieses Ministeriums.
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Das Wort hat Herr Bundesminister Blücher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr kurz und sehr nüchtern doch einige Tatsachenfeststellungen. Zunächst: Die Verbesserung der
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Bilanz hat sich nicht durch eine Behinderung von Einfuhren oder Ausfuhren ergeben. Es ist im Gegenteil festzustellen, daß der Auftragseingang im ganzen nach wie vor sehr befriedigend ist
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- der Auftragseingang! -, und Sie wissen selbst, daß die Ausfuhren aufs stärkste zugenommen haben und erstmalig im März dieses Jahres einen Betrag von 1 090, 000 000 DM monatlich überstiegen, nachdem der Monatsdurchschnitt des Jahres 1950 etwas unter 700 Millionen DM gelegen hatte. Ich glaube, Zahlen beweisen immer noch. Dabei darf ich darauf hinweisen. daß sich auch in diesen Zahlen die besondere Stellung Deutschlands, die uns allen aus den gemeinsamen Beratungen ja ausreichend bekannt ist. und die Phasenverschiebung - weil wir ja ein Land der Endfertigung sind - immer noch nachteilig bemerkbar machen, daß also in ihnen nicht durchgängig höhere Ausfuhrerlöse sichtbar werden. Gleichwohl sind die Ausfuhren so hoch, und gleichwohl sind die Einfuhren nicht zurückgegangen. Das als Nr. 1.
Nr. 2. Hier muß ich mich doch gegen etwas wenden, und zwar gegen die angeblichen Vormünder. Wie ist die Sache? Erstens haben diese eine direkte Funktion nur für den laufenden Monat.
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Jawohl! Zweitens haben sie später nur eine Funktion bei Auseinandersetzungen über Diskriminierungsbestimmungen. Sonst ist die Tätigkeit der Mediation Group beschränkt auf die beiden Quoten per 31. März und 30. April und verfolgt doch nur den einen Zweck, zu verhindern. daß wir eine wirtschaftspolitisch und allgemeinpolitisch außerordentlich unangenehme Auseinandersetzung zu führen haben mit all den Ländern, die wenigstens eine bescheidene Ausfuhr haben möchten. Das ist der Sinn. Es wird also uns die Auseinandersetzung erspart, und die Auseinandersetzung wird auf die Ebene dieser interessierten Länder verschoben. Es ist aber auch nicht so. daß die Empfehlungen dieser Vermittlungsgruppe für uns Bindungen seien. Es sind nicht Auflagen, sondern es sind in der Tat Empfehlungen. Der Wortlaut der Beschlüsse und die wirkliche Tätigkeit sind so eindeutig und klar, daß es zu Fehlentscheidungen nicht kommen kann.
Es ist dann etwas über die Taktik ausgeführt worden. Meine Damen und Herren. mir als Regierungsmitglied ist es leider nicht möglich, dasselbe zu sagen, was Mitglieder dieses Hohen Hauses sagen können. Ich glaube, dieser Unterschied zwischen Verantwortung in der Regierung und gerechter Kritik und gerechtfertigtem Vorwärtstreiben des Parlaments ist wohl jedem bekannt. Immerhin: wir sind behindert, und immerhin kann ich mich gerade in diesem Augenblick im Hinblick auf den Versuch, den angemessenen Anteil lebensnotwendiger Einfuhren immer mehr zu steigern, nicht so äußern, wie ich möchte. Ich darf aber meinen sehr geehrten Herrn Kollegen Kalbitzer auf den gerade in dieser Beziehung von uns herbeigeführten und sicher auch sehr notwendigen Beschluß der EZU und des Wirtschaftsausschusses hinweisen, der nun endlich, und zwar zunächst bis zum 31. Dezember, die Einfuhr des für uns Lebenswichtigen als das Primäre herausgestellt hat, so daß wir also in voller Übereinstimmung damit handeln, wenn wir das auch in unseren Einfuhrprogrammen zunächst so vorsehen.
Ein weiterer Punkt! Es ist - sicherlich nicht mit Absicht - ein immerhin mißverständliches Wort ausgesprochen worden.. Erstens: Es hat nie einen Einfuhrstop gegeben. Zweitens: es hat auch nie ein Moratorium gegeben. Im Gegenteil, wir haben jeden Pfennig, der täglich an Verbindlichkeiten auf uns zukam - und das waren mehr Pfennige als in den Monaten vorher -, mühelos bezahlt. Die Summe der Einfuhren ist nicht zurückgegangen, und es sind in dem notwendigen Ausmaß und im Hinblick darauf, daß bestimmte Handelsbräuche berücksichtigt werden mußten, auch zusätzliche neue Zahlungen, die in jenen Zahlen vom 18. Februar nicht enthalten waren, geleistet worden. Gleichwohl ist jene Verbesserung der Devisenbilanz durch die vielerlei organisatorischen Maßnahmen, vor aller Dingen' durch ein schnelleres Hereinholen unserer sehr beträchtlichen Forderungen aus dem Export möglich gewesen. Allein im Monat März hat die Beschleunigung des Zahlungseingangs aus Exporten rund 30 Millionen Dollar erbracht. Ich darf das sagen, weil ich weiß, wie schwierig die Dinge des Außenhandels, wie schwierig die Organisation dieses Außenhandels. und damit auch die Zahlungen, im Zustand des Entstehens waren, weil Deutschland erst im Dezember 1949 die Autonomie auf diesem Gebiet bekam und die Sache daher noch im Anlaufen war. Sie wissen, wie sehr all die Leute, die hiermit bis in die letzten Einzelheiten beschäftigt gewesen sind, Tag und Nacht -- Sie waren so freundlich, das zuzugeben - bis zuletzt an diesen Dingen gearbeitet haben. Diese Arbeit hat auch für das Ganze den bedeutenden Erfolg in Form einer durchgreifenden Verbesserung der Organisation, der Zahlungskontrolle und der Zahlungseingänge, aber auch in bezug auf die Verbesserung der Technik des Ein- und Ausfuhrhandels gehabt.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Reihe von Bemerkungen, die heute hier gefallen sind, machen es doch notwendig, noch einige Worte zu dem Verlauf der Debatte zu sagen.
Zunächst vermisse ich eines. Wenn ein Volk als besiegtes Volk nach diesem Kriege Kredite in einem solchen Ausmaß zu seinem Wiederaufbau empfängt, dann hat dieses Volk wohl allen Grund dazu, für diese Kredite dankbar zu sein und froh darüber zu sein, daß ihm überhaupt ein solcher Aufbau, ein so märchenhaft schneller Aufbau, ermöglicht worden ist. Das wollte ich nur gegenüber diesen höchst merkwürdigen und mir deplaciert anmutenden Bemerkungen des Abgeordneten Loritz einmal feststellen, der sich bemüßigt fühlte, ausgerechnet in einem solchen Augenblick die Patentfrage und die Frage der deutschen Auslandsguthaben in einen Zusammenhang mit den ERP-Krediten zu bringen.
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Ich möchte noch etwas weiteres dazu sagen. Herr Abgeordneter Loritz, ich meine, wir wissen um sehr viele Dinge in Deutschland. die wir mit Hilfe von ERP-Mitteln aufbauen könnten. Wir könnten z. B. Irrenhäuser bauen.
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Wir könnten noch sehr viele andere Dinge in
Deutschland bauen. Es wäre so vieles notwendig.
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Aber wir können nicht alles machen.
Was Ihre Bemerkungen über die Kredite an Zeitungenanbetrifft, so möchte ich Ihnen dazu folgendes sagen. Es handelt sich keineswegs um ERP-Mittel, sondern um GARIOA-Mittel. Das hat sich ja in voller Öffentlichkeit abgespielt. Die deutsche Presse behandelte gerade diese ihre eigene Sache in völliger Offenheit. Man weiß, daß diese Mittel als Kredite von den Amerikanern zur Verfügung gestellt worden sind und daß die Regierung keinerlei Einfluß auf die Verteilung dieser Kredite hatte.
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Man weiß auch, daß sich die deutsche Verlegerschaft untereinander - alle Verleger, die oppositionellen Verleger, die unabhängigen, wie die zur Regierungskoalition gehörenden Verleger - friedlich zusammengesetzt haben, um zu entscheiden, welche Zeitungen bedacht- werden sollten: gerade die Zeitungen, Herr Loritz, die wir, ob sie der Oppositionsseite oder der Regierungsseite angehören, zur Stärkung des demokratischen Gedankens in Deutschland und zur Abwehr aller dieser Dinge, die auch von Ihrer Seite häufig genug zur Zerstörung der Demokratie dahergeredet worden sind, für notwendig halten.
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Um diesen Sachverhalt einmal klarzustellen, fühlte ich mich mitverpflichtet, heute hier das Wort zu ergreifen.
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Ich glaube, daß diese Kredite, wenn sie abgewikkelt sind, in vollkommener Öffentlichkeit nachgeprüft werden können. Ich glaube, daß sie dann auch die volle Billigung der Öffentlichkeit erhalten werden.
Zu den Bemerkungen, die von seiten der KP gefallen sind, habe ich nur folgendes zu sagen.
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Ich bin maßlos erstaunt darüber, wie lange sich das deutsche Volk noch derartige Behauptungen bieten lassen wird.
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Wir müssen uns wohl langsam an die Tatsache gewöhnen, daß, wenn Milliardenvermögen aus der Ostzone nach dem Osten verschleppt werden, wir das als Wohltätigkeitsbeweise von seiten Väterchen Stalins angepriesen bekommen. 'Gegenüber diesen Verdrehungen kann man nur noch jenen Spruch des Alten Testaments zitieren, der eigentlich in großen Lettern über der KP aufgehängt werden sollte: „Wenn du den Narren im Mörser zerstampfst zu Staub, du wirst ihm die Narrheit nicht austreiben"!
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Dies möchte ich aber nur nebenbei bemerkt haben.
Nun noch ein anderes Wort, das hier bisher leider nicht gesprochen worden ist. Ich möchte - ich glaube, auch im Namen der Regierungskoalition - ausdrücklich den Dank für die wirklich hingebungsvolle Arbeit, die vor allen Dingen von seiten der deutschen ERP-Delegationen im Ausland in diesem Jahre geleistet worden ist, aussprechen. Wer die Möglichkeit hat, in diese Arbeit Einsicht zunehmen, wird wissen, daß es eine ungeheuer verantwortungsvolle Arbeit war, eine Arbeit, die mit nur wenigen Menschen gegenüber drei- und vierfach so stark besetzten Delegationen der anderen beteiligten Länder von Deutschland geleistet worden ist. Wenn trotzdem für uns ein so guter Anteil noch aus diesem uns gebotenen Kuchen herausgeschnitten werden konnte, dann ist es nicht zuletzt den Bemühungen und der treuen Arbeit dieser an der Verwaltung beteiligten Personen zu verdanken. Ich glaube, wir sind es uns selbst schuldig, das vor der Öffentlichkeit einmal in aller Klarheit festzustellen.
Dann möchte ich noch über etwas anderes mein Erstaunen aussprechen. Es wird hier so oft gesagt: Das Ministerium m u ß im Jahre 1952 seine Arbeit einstellen. Ich glaube, wir täten uns viel leichter, Herr Kollege Kalbitzer, und sollten uns doch wohl einigen in der Bitte, diese ERP-Mittel aus den Vereinigten Staaten weiterfließen zu lassen. Das wäre viel besser, und wir hoffen es von Herzen. Wir sind noch weit davon entfernt - darin sind wir uns, ob Opposition oder Regierung doch wohl vollkommen einig -, daß wir es wohl kaum erreichen werden - infolge des durch unsere Nachbarn im Osten heraufbeschworenen Koreakrieges -,
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die Lücke zwischen Einfuhr und Ausfuhr zu schließen. Solange wir vor dieser Lebensfrage des deutschen Volkes stehen, muß es unser aller Anliegen sein, die Vereinigten Staaten zu bitten, in dieser 'großzügigen Kreditgewährung so lange wie irgend möglich fortzufahren.
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- Lieber Herr Zwischenrufer, ich möchte Ihnen nur das eine sagen: Ich für meine Person ziehe es vor, Kredite aus dem Ausland zu erhalten, selbst wenn Sie das „kapitalistische Versklavung" nennen. Ich halte das für besser, als jährlich nach dem Osten, ich weiß nicht wieviel Milliardenwerte an 'Produkten verschleppt zusehen.
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Die Notwendigkeit der Kreditbeschaffung aus den Vereinigten Staaten, ob sie in der bisherigen Form gegeben werden oder in einer anderen Form, wird wohl von keinem von uns bestritten. _
Und wenn der Herr Minister vorhin gerade - ich glaube, in einer ziemlich eindrucksvollen Weise - nachweisen konnte, daß die Hauptmasse des Zuwachses in seinem Ministerium aus rein technischen Kräften besteht, dann halte ich diese Erklärung für ausreichend und befriedigend. Wir alle werden uns jedenfalls in dem gemeinsamen Wunsch an die Vereinigten Staaten zusammenfinden, uns in Europa auf diesem entscheidend wichtigen Gebiet in einem solch kritischen Augenblick nicht im Stich zu lassen und uns ihre Hilfe auch weiterhin zukommen zu lassen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Kalbitzer zu einer Bemerkung.
Der Herr Blücher hat hier sehr ausführlich noch einmal klarzumachen versucht, daß wir keinen Einfuhrstop gehabt und immer mühelos bezahlt hätten. Ich möchte dazu doch etwas sagen. Wenn wir Konkursverwalter haben, ist das doch ein Zeichen dafür, daß wir es nicht geschafft haben. Auf die sachlichen Behauptungen möchte ich im übrigen nicht eingehen.
Dann zu Herrn Wildermuth. Da möchte ich sagen: ich habe völlig unpolemisch gesprochen.
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Ich habe völlig unpolemisch gesprochen und habe mir dann einen Zwischenruf, - Herr Wildermuth!!
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Herr Abgeordneter, Sie haben zum Hause zu sprechen.
Ich meine, - ({0})
- Sie brauchen nicht über mein Benehmen zu schulmeistern, auch Sie nicht, Herr Strauß!
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- Sie regen sich hier völlig künstlich auf, meine Herren!
({2}) Ich habe hier völlig unpolemisch gesprochen.
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Mir ist dann dazwischengerufen worden: „Ich denke, Adolf Hitler!" Ich meine, daß ein solcher Zwischenruf völlig deplaciert war. Ich kenne nicht die Beziehungen von Herrn Wildermuth zu Herrn Hitler; meine waren jedenfalls negativ, wie jeder im Hause wissen dürfte. Ich möchte bitten, nicht Ihrerseits hier in solcher Form bei einer sachlichen Debatte. Polemiken einzuflechten.
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Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
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- Eine Minute!
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Meine Damen und Herren! Es ist tief bedauerlich, wenn ein Abgeordneter dieses Hauses, wie es eben der Abgeordnete Vogel getan hat, mir vorwirft, ich hätte „zur Zerstörung der Demokratie" gehandelt, wenn ich im Interesse Deutschlands und des deutschen Volkes hier öffentlich erklärt habe, daß auch die Patente, die wir den Amerikanern gegeben haben und geben mußten, Berücksichtigung zu finden haben,
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daß man nicht bloß von den Marshallplanlieferungen .a n uns spricht - wir sprechen auch darüber,
auch wir erkennen das an - sondern daß man
auch umgekehrt davon spricht, welche Riesenwerte von Deutschland den Amerikanern zur Verfügung gestellt wurden. Darüber müssen wir immer und immer wieder sprechen! Traurig genug, wenn Sie es nicht tun; traurig genug, wenn Sie nicht darüber sprechen! Aber machen Sie dann wenigstens nicht einem Abgeordneten, der das tut und der im Interesse des Volkes die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit darauf richtet, solche Vorwürfe, die leider vom Herrn Präsidenten nicht gerügt worden sind.
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Herr Abgeordneter Loritz, es ist nicht die Aufgabe des Präsidenten, sachliche Kritik an einem Redner zu rügen.
Mir wurde vorgeworfen „zur Zerstörung der Demokratie". Das dürfte wohl die sachliche Kritik überschreiten. Das werde ich mir merken, Herr Präsident! Bei der nächsten Gelegenheit werde ich dieselbe Redewendung dann anderen gegenüber gebrauchen.
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Das wäre dann aber nur eine Retourkutsche und sonst nichts.
Nur noch einen Satz bezüglich der 17 Millionen DM! Hier ist eine Aufklärung, wie sie nötig wäre, nicht erfolgt. Es konnte jedenfalls vom Herrn ERP-Minister nicht bestritten werden, daß Geldmittel - ERP-Mittel oder GARIOAMittel, das steht hier nicht zur Debatte - in großem Umfange dazu verwendet worden sind, um einigen Zeitungen, ich wiederhole: einigen wenigen Zeitungen hier erhebliche Summen zur Verfügung zu stellen! Darauf haben wir die Sprache gebracht. Das ist unser demokratisches Recht, und das lassen wir uns von niemandem bestreiten. Ich wiederhole das Ersuchen an den Herrn ERP-Minister: Wenn Sie schon solche Geldmittel zur Verfügung stellen oder dabei mitwirken, dann sorgen Sie dafür, daß zuerst lebenswichtige Industrien bund die Landwirtschaft und andere wichtige Betriebe Kredite bekommen, aber nicht einige Ihnen genehme Zeitungen!
({0})
Keine weiteren Wortmeldungen? - Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Es liegt ein Antrag des Abgeordneten Ollenhauer und Fraktion auf Umdruck Nr. 162 vor:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Haushaltsmittel des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans für das Jahr 1950 für die Vermehrung der Bediensteten um 54 Personen gegenüber dem Jahre 1949 werden gestrichen.
Bewilligt werden wie im Jahre 1949 107 Bedienstete.
Über diesen Antrag wäre zuerst abzustimmen. Es handelt sich um einen Abänderungsantrag zum Antrage des Haushaltsausschusses Nr. 1905 der Drucksachen. Wer für diesen Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 162 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
({0})
Ich lasse nunmehr abstimmen über den Antrag des Haushaltsausschusses zum Einzelplan V auf Drucksache Nr. 1905 mit den Korrekturen, die der Herr Berichterstatter angemerkt hat. Wer für die Annahme des Antrages des Ausschusses ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Nun zu Einzelplan V a: Wer für die Annahme des Antrages des Ausschusses auf Drucksache Nr. 1906 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. -, Gegenprobe. - Angenommen.
Nun rufe ich auf Punkt 2 a, b und c der gedruckten Tagesordnung der 139. Sitzung:
a) Erste Beratung des Entwurfs eines Wohnraummangelgesetzes ({1});
b) Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen ({2}) über den Antrag der Abgeordneten Frühwald und Genossen betreffend Mittel für Siedlungsvorhaben ({3});
c) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, Z und Gruppe EHE-DG betreffend Bereitstellung von Bundeshaushaltsmitteln für den sozialen Wohnungsbau im Haushaltsjahr 1951/52 ({4}).
Das Wort hat der Herr Bundesminister Wildermuth.
Herr Prasident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf soll das Kontrollratsgesetz Nr. 18, das sogenannte Wohnungsgesetz, ersetzen. Damit tritt deutsche Gesetzgebung an die Stelle der Gesetzgebung der Alliierten. Diese Neuregelung ist notwendig geworden wegen der völligen Unubersichtlichkeit der Materie, in der Kontrollratsrecht, altes deutsches Reichsrecht, Länderrecht, ja sogar Gemeinderecht durcheinandergingen. Außerdem haben sich die Verhältnisse seit dem Jahre 1946 doch sehr wesentlich geändert. Das bisherige Recht hatte auch eine ganze Reihe von Lücken, die dann zu schwierigen Entscheidungen teils der Verwaltungsgerichte, teils der ordentlichen Gerichte geführt haben.
Die Befugnis zur Gesetzgebung ergibt sich für den Bund aus dem Art. 74. Es sind aber in diesem Gesetz, das zwischen Bund und Ländern sehr gründlich vorbereitet und vorberaten worden ist, einige Lockerungen in der Bewirtschaftung des Wohnraums vorgesehen, die immerhin manchem der gequälten Hausbesitzer Erleichterung geben werden. Das gilt besonders für die Raumbeanspruchung im eigenen Hause. Der Hauseigentümer bekommt eine Mehrzahl von Mietern vorgeschlagen, aus denen er seine Auswahl treffen kann. Das Gesetz enthält auch die Möglichkeit - und die halte ich für sehr wichtig -, in den Ländern und im Bund weitere Lockerungsmaßnahmen einzuführen, soweit diese Maßnahmen sich nach der jeweiligen Lage als möglich erweisen.
Über Einzelheiten des Gesetzentwurfes und über die Übereinstimmung oder Divergenzen mit dem Bundesrat möchte ich mich hier nicht aussprechen. Wir werden das Gesetz in zweiter und dritter Beratung ausführlich behandeln müssen. Ich möchte nur ein paar allgemeine Bemerkungen zum Schlosse machen. Das Gesetz ist ein Teil der Wohnungszwangsbewirtschaftung. Andere Teile sind der Mieterschutz und die preisrechtlich festgehaltenen Mieten. Man hat sich daran gewöhnt, daß man unter Kriegsverhältnissen Güter jeder Art beschlagnahmt und sie einem anderen Zwecke zugeführt hat, als der Eigentümer das vorhatte. Man hat aber wohl überall mit großer Freude solche Beschlagnahmen dann aufgehoben, wenn sie nicht mehr nötig waren, und wird sie vermeiden, soweit man eben kann.
Beim Hausbesitz ist das nun anders. Seit beinahe einem Menschenalter, seit dem ersten Weltkrieg, unterliegt das Eigentum des Hausbesitzers der öffentlichen Bewirtschaftung, d. h. es ist beschlagnahmt. Es ist seiner Verfügung weitgehend entzogen und es wird Leuten zur Nutzung zugeteilt, die vielleicht dem Hausbesitzer nicht passen. Umgekehrt müssen Leute in Wohnraum eingewiesen werden, der ihnen vielleicht auch nicht paßt. Das ist eine höchst unerwünschte Erscheinung. Sie schafft nicht nur beim Hausbesitz schwerste Widerstände. Sie ist auch trotz seines Wortlauts mit Art. 113 des Gundgesetzes eigentlich nicht vereinbar, jedenfalls nicht mit der Grundidee des Art. 113. Deshalb haben wir soviel wie möglich die Zwangsbestimmungen gelockert und im Einverständnis mit den Ländern eine Reihe von Bestimmungen fallengelassen, die nicht mehr unbedingt gebraucht werden. Wir haben uns aber nicht entschließen können, die Bewirtschaftung bei der ausgesprochenen Mangellage heute schon völlig aufzuheben. Es gibt eben in Wirklichkeit nur drei Mittel, diese Mangellage zu überwinden und damit die Zwangswirtschaft aufzuheben: Diese drei Mittel sind, erstens bauen, zweitens bauen und drittens bauen.
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Das Wort zur Berichterstattung zu 2 b hat der Abgeordnete Glüsing.
Glüsing ({0}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist über den Antrag der Abgeordneten Frühwald und Genossen der Drucksache Nr. 1709 zu berichten, der uns vor einigen Monaten zur Beschlußfassung vorlag. Der Bundestag hatte damals Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Ausschuß für Heimatvertriebene zur Beratung und an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen als dem federführenden Ausschuß beschlossen. Alle drei Ausschüsse haben sich eingehend mit dem Antrag der Abgeordneten Frühwald und Genossen befaßt und sind schließlich übereingekommen, einen eigenen Siedlungsunterausschuß zu bilden. Dieser Siedlungsausschuß hat seine erste Sitzung bereits abgehalten und sich ebenfalls eingehend und intensiv mit den in dem Antrag Frühwald und Genossen aufgeworfenen Problemen befaßt.
Man war sich im Ausschuß einmütig darüber im klaren, alles zu tun, um Siedlungen für die zweiten und dritten Bauernsöhne, Siedlungen für die heimatvertriebenen Bauern des Ostens und auch Landarbeitersiedlungen zu schaffen. Man war sich weiter darüber im klaren, daß mit der Siedlung zugleich mehrere Probleme ihre Erledigung finden würden. Man würde nämlich einmal die Bodenreform zur Durchführung bringen und mit der Seßhaftmachung der Bauern und Landarbeiter die Produktionsmöglichkeit der deutschen Landwirtschaft sichern und weiter erhöhen. Es herrschte aber im Siedlungsausschuß darüber Klarheit, daß für das Ingangbringen der Siedlung weit mehr
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Mittel erforderlich wären, als bisher zur Verfügung standen. Das war auch der wesentliche Inhalt des Antrages Frühwald und Genossen. Allerdings wollte dieser Antrag die Mittel im Haushalt des Ministeriums für den Wohnungsbau angesetzt sehen, um auf jeden Fall das Wohngebäude für den Siedler aus diesen Geldern zu errichten. Hierzu konnte sich der Wohnungsausschuß nicht entschließen; er hat aber andererseits ausdrücklich betont, daß er jede Möglichkeit unterstützt und jedem Antrag zustimmt, der an anderer Stelle die Mittel vorsieht.
Ich darf Ihnen deshalb im Namen des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen vorschlagen, dem Antrag, wie er in der Drucksache Nr. 2157 vorliegt, Ihre Zustimmung zu geben.
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Zur Geschäftsordnung hat das Wort der Herr Abgeordnete Lücke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um das Haus in seiner Arbeit nicht überzubeaispruchen, empfehlen Ihnen die Mitglieder des Wiederaufbauausschusses, eine Aussprache zur ersten Lesung des Wohnraummangelgesetzes nicht stattfinden zu lassen. Es sind weitgehende Übereinstimmungen bei den Vorberatungen im Bundesrat und Bundeswohnungsministerium erzielt worden. Ich stelle daher im Namen der Fraktionen den Antrag, das Wohnraummangelgesetz an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen zu überweisen. Ebenfalls bitte ich den Antrag der Kollegen Frühwald und Genossen ohne weitere Aussprache in der Ausschußfassung anzunehmen.
Meine Damen und Herren! Ich habe den Herrn Abgeordneten so verstanden, daß er von einer Verhandlung absehen möchte. Eine erste Lesung muß ja bei einem Gesetz stattfinden; es soll aber nach dem Vorschlag des Herrn Abgeordneten Lücke keine Aussprache stattfinden. Ist das die Meinung des Hauses?
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- Dann stelle ich das fest. Ich schließe die Beratung; wir kommen gleich zur Abstimmung.
Zunächst ist beantragt worden, Punkt 2 a) der Tagesordnung - den Entwurf eines Wohnraummangelgesetzes - an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen zu überweisen. Ich bitte diejenigen, die diesem Überweisungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Weiter ist beantragt worden, den Antrag zu Punkt 2 b), zu dem an sich ein Ausschußbeschluß bereits vorliegt, nochmals zurückzuüberweisen.
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Dann bitte ich diejenigen, die dem Ausschußbeschluß zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 2 c, Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, Z und Gruppe BHE-DG betreffend Bereitstellung von Bundeshaushaltsmitteln für den sozialen Wohnungsbau. Herr Bundesminister, wollen Sie noch dazu sprechen? - Zu Punkt 2 c erteile ich das Wort dem Herrn Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Antrag Drucksache Nr. 2123 soll die Bundesregierung beauftragt werden, zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues in den Haushalt 1951/52 den Betrag von 500 Millionen DM einzusetzen. Der vorliegende Antrag kann nicht für sich allein betrachtet werden, denn er ist nicht der einzige Antrag, der eine Mehrbelastung des Haushalts 1951/52 vorsieht. Das ist nur eine von vielen Mehrbelastungen, die der deutsche Bundestag für das kommende Haushaltsjahr in Aussicht genommen hat. Ich werde daher zunächst im ersten Teil meiner Ausführungen einen Überblick über den Haushalt 1951/52 geben, wie er sich gestalten würde, wenn die Anregungen des Deutschen Bundestages sämtlich durchgeführt werden sollten.
Ich darf dabei zunächst eine verfassungsrechtliche Bemerkung vorausschicken. Art. 110 des Grundgesetzes schreibt vor, daß die Bundesregierung einen Haushaltsplan vorzulegen hat, der in Einnahmen und Ausgaben jeweils ausgeglichen ist. Der Art. 112 des Grundgesetzes überträgt dem Bundesfinanzminister eine persönliche Verantwortung, indem er bestimmt, daß Haushaltsüberschreitungen und außerplanmäßige Ausgaben der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen bedürfen und daß diese Zustimmung nur im Falle eines unvorhergesehenen unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden darf. Art. 113 des Grundgesetzes schreibt weiter vor, daß Beschlüsse des Bundestages und Bundesrates, die die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ausgaben des Haushaltsplans erhohen oder neue Ausgaben mit sich bringen, der Zustimmung der Bundesregierung bedürfen. Die Bundesregierung muß also für solche Ausgaben auch die politische Verantwortung übernehmen.
Diesen verfassungsmäßigen Bestimmungen entspricht die Bestimmung in § 48 a Ihrer Geschäftsordnung, in der vorgesehen ist, daß alle Anträge auf Ausgaben der Beratung und Beschlußfassung nur unterstellt werden dürfen, wenn die Anträge gleichzeitig eine Deckungsvorlage enthalten.
Bei Beratung des Haushaltsplans des Bundesministeriums der Finanzen und bei Beratung der dem Hohen Hause bereits vorliegenden Entwürfe für neue Steuergesetze ist von diesem Hohen Hause der Wunsch ausgesprochen worden, die Bundesregierung und das Bundesministerium der Finanzen möchten doch sämtliche Steuergesetze für einen Jahresabschnitt einheitlich und als Ganzes vorlegen. Der Bundesfinanzminister wäre sehr erfreut, wenn er dazu in die Lage versetzt würde. Er wäre aber dazu nur in der Lage, wenn auf der anderen Seite auch dieses Hohe Haus alle Ausgaben für diesen Jahresabschnitt einheitlich und als Ganzes beschließen und vorlegen würde.
Ich darf dem Hohen Hause darlegen, wie die Dinge tatsächlich heute liegen und welche Rückwirkungen auf die Finanzgebarung in Bund, Ländern und Gemeinden sich dadurch ergeben werden. Bei der Beratung des Haushalts des Bundesministeriums der Finanzen hat es sich faktisch um einen Rückblick auf das vergangene Jahr gehandelt. Das Haushaltsjahr 1950/51 schließt auch rechnerisch voraussichtlich mit einem tragbaren Überschuß an Ausgaben ab. Für die vergangene Zeit kann der Bundesminister der Finanzen sagen, daß es gelungen ist, die deutschen Finanzen in Ordnung zu halten, und daß die deutsche Bundesrepublik zu den fünf Ländern der Erde gehört, die ihren Haushalt bisher im wesentlichen abgeglichen durchgehalten haben. Es war daher dem Bundesfinanzminister auch möglich, auf die Vorwürfe, die gegen seine Amtsführung erhoben worden waren, mit ruhigem
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Gewissen und mit Humor zu antworten. Heute muß ich zu Ihnen, meine Damen und Herren, über die Haushaltsentwicklung reden, wie sie sich durch die Ausgabenbeschlüsse des Deutschen Bundestages gestalten wird, und ich bin leider nicht in der Lage, darüber mit Humor zu reden. Ich muß das Hohe Haus bitten, das, was ich in vollem Ernste sage, auch mit vollem Ernst anzuhören und zu würdigen.
Ich habe bei der Beratung der neuen Steuergesetze schon auseinandergesetzt, daß der Mehrbedarf des Bundes für innere und äußere Sicherheit und Sozialausgaben sowie für andere unvermeidbare Auswirkungen der Änderung der gesamten Wirtschaftslage der Welt einen Mehrbedarf von rund 4,5 Milliarden bringen wird. Ich habe dem Hohen Haus dabei erklären können, daß dieser Mehrbedarf gedeckt werden kann, wenn die Vorschläge des Bundesfinanzministeriums hinsichtlich der neuen Steuergesetze, hinsichtlich der Anwendung des Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes - Inanspruchnahme eines Teiles der Einkommen- und Körperschaftsteuer der Länder - rechtzeitig angenommen und durchgeführt werden. Ich habe weiterhin erklärt, daß selbst die neuen Belastungen, die erst nach Ausarbeitung und Vorlage dieser Steuergesetzentwürfe erneut als Folge der Erhöhung der Weltmarktpreise für Brotgetreide und der Rohstoffe von Margarine an den Bund herangetreten sind, vom Bund übernommen werden können, wenn die vom Bundesministerium der Finanzen in Aussicht genommene neue Deckungsvorlage, die viel erwähnte Sonderumsatzsteuer, von diesem Hohen Hause gebilligt und rechtzeitig durchgeführt wird. Ich habe aber bei all diesen Gelegenheiten und gerade mit Rücksicht auch auf die Höhe des von Deutschland zu leistenden unvermeidbaren Verteidigungsbeitrags darauf hingewiesen, daß nach meiner Überzeugung die deutsche Steuerkraft an der' Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt ist und daß ich weitere Belastungen des deutschen Steuerzahlers nicht mehr für vertretbar halte.
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist eine von vielen Anregungen, die dem Bundesfinanzministerium nunmehr vorgetragen werden und die eine neue Mehrbelastung der deutschen Steuerkraft bedeuten. Ich habe schon früher gesagt, daß nach meiner Überzeugung die Grenze der Leistungsfähigkeit erreicht ist. Ich darf Ihnen eine Zusammenstellung all der Beschlüsse und Anregungen geben, die aus den Reihen dieses Hohen Hauses in der letzten Zeit gekommen sind:
1. In der gestrigen Sitzung des Deutschen Bundestages wurde dem Beamtenrechtsausschuß ein Antrag der Zentrumspartei überwiesen, in dem eine Steigerung der 15 %igen Erhöhung der Dienstbezüge für die Beamten auf 20% und eine Erhöhung der Versorgungsbezüge der öffentlichen Bediensteten um 200/o gefordert wird. Diese Last trifft gewiß in erster Linie Länder und Gemeinden. Nachdem aber nunmehr die Länder auf dem Wege des Art. 106 Abs. 3 zur Deckung der nichtgedeckten Ausgaben des Bundes herangezogen werden sollen und müssen, wird im Endergebnis doch jede neue Belastung, die sich ja auf die Leistungsfähigkeit der Länder und Gemeinden und damit auf die Möglichkeit der Abführung eines Einkommen- und Körperschaftsteueranteils auswirkt, auf den Bund zurückfallen. Würde dem Antrag entsprochen werden, so würde insgesamt mit einer Mehrbelastung von jährlich 800 Millionen DM zu rechnen sein.
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2. Das Hohe Haus hat weiterhin einstimmig einen Antrag angenommen, die Renten der Sozialversicherten um 25 % zu erhöhen. Ich will weder bei diesem Antrag noch bei allen anderen Anträgen über deren innere Berechtigung sprechen; es handelt sich in dieser Stunde lediglich um die Frage, ob es möglich ist, die für die Durchführung der in diesen Anträgen genannten Aufgaben erf order-lichen Summen aufzubringen, und weiter darum, ob diese Summen aus Steuermitteln aufgebracht werden können und müssen. Wenn Steuermittel hier die einzige Deckung séin sollen, so würde das eine weitere Belastung der deutschen Steuerkraft von mindestens 1000 Millionen D-Mark sein.
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Das ist die unmittelbare Wirkung.
3. Die mittelbare Wirkung dieses Antrages kündigt sich bereits in den Forderungen der Verbände der Kriegsversehrten usw. an, über all die im Bundesversorgungsgesetz neu festgelegten Rentensätze hinaus eine weitere Erhöhung der Renten für die Kriegsbeschädigten um wenigstens 20 % durchzuführen. Es wird weiter die mittelbare Folge sein, daß die Fürsorgerichtsätze ebenfalls um 20 bis 25 % erhöht werden.
({3}) Daraus würde sich für den Bund nach vorläufiger Berechnung eine weitere Mehrbelastung von jährlich 650 Millionen DM ergeben.
4. Der Bundestag hat weiterhin ein Gesetz angenommen, wonach im Rahmen der Umsiedlung der Wohnungsbau in den Aufnahmeländern aus Bundesmitteln zusätzlich gefördert werden soll. Das bedeutet für den Bund einen Mehraufwand für das nächste Haushaltsjahr von wenigstens 225 Millionen DM.
5. Dem Bundestag liegt ein Antrag vor, den Grenzlandfonds, der in den Vorschätzungen des Bundesfinanzministeriums mit 25 Millionen DM vorgesehen ist, auf 100 Millionen DM zu erhöhen, was eine weitere Mehrbelastung von 75 Millionen DM bedeutet.
6. Die Stadt Berlin beantragt Gleichstellung mit den 11 Bundesländern, aber unter besonderen Vorzugsrechten für sie, was über die bisherigen Aufwendungen hinaus für den Bund eine weitere Mehrbelastung von 300 Millionen DM bedeuten würde.
7. Der Deutsche Bundestag hat in einem Ausschuß nach meiner Unterrichtung sodann einen Antrag angenommen, Dieselkraftstoff für die privilegierten Verbraucher weiterhin zu verbilligen. Das würde für den Bundeshaushalt voraussichtlich einen Mehrbedarf von 120 Millionen DM bedeuten.
8. Der Deutsche Bundesrat will dem Gesetzentwurf über die Gewinnbeteiligung des Bundes an der Bundesnotenbank widersprechen. Das würde für den nächsten Haushalt einen Ausfall von weiteren 80 Millionen DM bedeuten.
9. Der Wohnungsausschuß des Deutschen tundestags berät ein Gesetz über Gewährung von Wohnungsbauprämien, die auf Bundeskosten gewahrt werden sollen. Eine neue Mehrbelastung des Bundeshaushalts im Jahre 1951/52 von 50 Millionen D-Mark!
10. Ich muß anerkennen, daß der Finanzausschuß dieses Hohen Hauses die am 6. März in erster Lesung behandelten Gesetzentwürfe betreffend Änderung der Einkommen- und Umsatzsteuer während der letzten Wochen schnell beraten hat, und es darf wohl die Hoffnung ausgesprochen werden, daß diese Gesetze noch im Mai dieses Jahres in
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A)Kraft treten können. Aber immerhin, zwei Monate des Haushaltsjahres sind dann schon vergangen, so daß wir für das nächste Haushaltsjahr mit einem Steuerausfall von ungefähr 300 Millionen DM, zum allergrößten Teil zu Lasten des Bundes, rechnen müssen.
Alle diese Summen zusammengerechnet ergeben eine Mehrbelastung des Bundeshaushalts im Gesamtbetrag von 3600 Millionen DM. Ich lasse diese Zahl für sich allein sprechen. Ich enthalte mich jeden Kommentars. Ich darf bescheiden an die verfassungsmäßigen Verpflichtungen aus den Art. 110, 112 und 113 des Grundgesetzes erinnern und an die Richtlinien, die Sie sich freiwillig in § 48 a Ihrer Geschäftsordnung gesetzt haben.
Meine Damen und Herren, der Bundesfinanzminister ist der Überzeugung, daß er gezwungen ist, in dieser Stunde zu mahnen und zu warnen, und daß er gezwungen sein wird, an den Bundesrat, den Bundestag und die Bundesregierung heranzutreten und sie auf die Gemeinsamkeit der Verantwortung hinzuweisen
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und sich mit ihnen gemeinsam zu beraten, wie die Sachlage gemeistert werden kann. Der Bundesfinanzminister ist der Überzeugung, daß sie zu meistern ist; aber er ist weiter der Überzeugung, daß sie nur gemeistert werden kann, wenn wir uns darauf besinnen, daß wir alle - ohne Unterschied der Partei, ohne Unterschied, bei welcher Interessentenvereinigung wir Mitglieder sind und welchen Stand und welche Berufsgruppe wir vertreten - in dieser Stunde nur ein gemeinsames Schicksal haben und daß wir diese Stunde nur bestehen, wenn wir ein Volk sind und kein Haufen von Interessenten.
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Ich habe mir gestern in diesem Hohen Hause die Aussprache über die Frage des Südweststaates angehört. Länder und Ländergrenzen sind für den Bestand der deutschen Bundesrepublik keine Gefahr, jedoch die Grenzen, die innerhalb des deutschen Volkes durch die Interessengegensätze, durch die Agitationsarbeit mancher Funktionäre gezogen werden und die auch auf die gesetzgebenden Körperschaften zurückwirken, diese „Interessengrenzen" also sind für das deutsche Volk eine Gefahr.
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Ich kann in dieser Stunde nur mahnen und ich kann die Öffentlichkeit nur darauf vorbereiten, daß die Bundesregierung hier die Führung übernehmen muß und übernehmen wird.
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Zu all den vorgenannten Anträgen und Ausgaben von insgesamt 3 600 Millonen DM, für die heute keine Deckung vorhanden ist, kommt nunmehr der Antrag, der Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist,
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ein von allen Parteien dieses Hohen Hauses unterzeichneter Antrag, wonach die Bundesregierung beauftragt wird, in den nächsten Haushaltsplan 500 Millionen DM einzusetzen. Das bedeutet also eine neue Mehrbelastung in Höhe von 200 Millionen DM gegenüber dem Haushaltsvoranschlag, in dem 300 Millionen bereits vorgesehen sind, wodurch sich also die vorgenannte Summe von 3 600 Millionen DM auf 3 800 Millionen DM erhöhen würde.
Eine .Deckungsvorlage enthält der Antrag nicht. Ich darf aber wohl als selbstverständlich voraussetzen, daß der Antrag nach dem Willen der Antragsteller unter dem Vorbehalt gestellt ist, daß entsprechend Art. 110 des Grundgesetzes auch die Einnahmen zur Verfügung stehen, damit der Haushalt abgeglichen vorgelegt werden kann; den Haus-' halt abgeglichen vorzulegen, ist eine von der Verfassung auferlegte Verpflichtung, und von dieser verfassungsmäßigen Verpflichtung kann weder die Bundesregierung noch der Finanzminister - wie er nun auch heißt und welchen Namen er trägt - durch einen einfachen Antrag oder durch ein einfaches Gesetz entbunden werden.
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Zu dem Antrag selbst darf ich bemerken: es ist selbstverständlich, daß die Bundesregierung nicht darauf hinzuweisen braucht, daß der soziale Wohnungsbau und seine Förderung ihr schon immer ein dringendes Anliegen gewesen ist. Ich erinnere doch an das vergangene Haushaltsjahr, in dem das Wohnungsbauprogramm eines der wesentlichsten Kernstücke der gesamten Wirtschaftspolitik der Bundesregierung war. Ich glaube, wir in diesem Hohen Hause müssen einig darüber sein, daß das Wohnungsbauprogramm des Jahres 1949/50 zu einem vollen Erfolg
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und zu einer weit stärkeren Wohnungsbautätigkeit geführt hat, als sie jemals im heutigen Gebiet der deutschen Bundesrepublik zu beobachten war.
Der Bundesfinanzminister, der im Frühjahr 1950/51 vor einer der größten Finanztransaktionen stand, die überhaupt in der Geschichte eines Staates je notwendig war und die sich in aller Stille abgewickelt 'hat, nämlich 8 Milliarden DM Einnahmen und 8 Millarden DM Ausgaben reibungslos zu übernehmen, um zu verhindern, daß dieser Übergang vom Bund auf die Länder und umgekehrt etwa zu Kassenschwierigkeiten und Zahlungsschwierigkeiten führe, hat damals auch die Verantwortung für die Beschaffung der Mittel übernommen, die für das Wohnungsbauprogramm 1949/50 notwendig waren. Er braucht sich also nicht nach der Richtung zu verteidigen, ob er einen guten Willen zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues hat oder nicht. Trotz all der Schwierigkeiten hat er im Benehmen mit den Ausschüssen dieses Hohen Hauses in den Haushaltsplan 1951/52 den Betrag von 300 Millionen DM bereits eingesetzt, allerdings mit dem Bemerken, er hoffe, daß der Münzgewinn, der im vorigen Jahr mit 400 Millionen DM eingesetzt werden konnte, in diesem Jahr wenigstens einen wesentlichen Teil dieses Betrages erbringen werde. Ich füge hinzu, daß in den letzten Wochen auf diesem Gebiet Schwierigkeiten - von seiten der Bank deutscher Länder - aufgetaucht sind, die nach meiner Überzeugung weder rechtlich noch sachlich ernsthaft zu begründen sind. Ich hoffe, daß diese Schwierigkeiten überwunden werden können und die Mittel für die Aufbringung dieser ersten 300 Millionen mit zur Verfügung stehen.
Wir haben in den Beratungen des Ausschusses dieses Hohen Hauses auch erklärt, daß wir bereit sind - nachdem im vorigen Jahr, allerdings bei höheren Einnahmen, die für den Wohnungsbau bestimmt waren, der Betrag von 400 Millionen DM eingesetzt war -, auch in diesem Jahr den gleichen Betrag einzusetzen. Wir haben aber bemerkt: Unter der Voraussetzung, daß dieser, die 300 Millionen-Grenze übersteigernde Restbetrag von 100 Millionen 'zunächst unter einem gewissen Sperrvermerk eingesetzt werden muß. Die
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l erwarteten Einkünfte müssen erst einmal wirklich da sein. Das Bundesfinanzministerium hat damals darauf hingewiesen, daß diese Einnahmen in erster Linie aus den neuen Steuern kommen sollen. Ich muß also das Hohe Haus dringend bitten, die Beratung und die Beschlußfassung über die ihm vorliegenden Steuergesetzentwürfe über die Einkommen- und Umsatzsteuer möglichst rasch zum Abschluß zu bringen, wenn die Summe von 400 Millionen gesichert sein soll. Ich habe der Öffentlichkeit gegenüber schon betont, daß jeder Monat Verzögerung bis zum Inkrafttreten dieser Steuergesetze einen Einnahme- und Kassenausfall von rund 200 Millionen DM im öffentlichen Haushalt bedeutet.
Bleibt noch der Restbetrag von 100 Millionen DM. Meine Damen und Herren! Von der verfassungsmäßigen Verpflichtung - wie betont - der Abgleichung des Haushalts kann ich von niemandem, auch von dem Hohen Haus nicht. entbunden werden.
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Es ist aber selbstverständlich, daß ich den ehrlichen Willen und das ehrliche Bemühen habe, von den hohen Anforderungen, die an mich gestellt werden, das an dieerste Stelle zu setzen, was ich für dringend und unvermeidbar halte. Ich bin gern bereit, anzuerkennen, daß unter den Forderungen, die an uns gestellt werden, die auf Förderung des Wohnungsbaus eine der ersten ist. Der Bundesfinanzminister wird sich bemühen, Ihnen einen Haushaltsplan vorzulegen, mit dem Ihren Wünschen entsprochen werden kann,
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unter der Voraussetzung selbstverständlich, daß der Haushalt dabei abgeglichen bleibt.
Meine Damen und Herren! Wenn Sie meine Ausführungen gehört haben, werden Sie mir zugestehen: es wird mich wohl niemand in diesem Hohen Hause um die Aufgaben beneiden. die ich zu erfüllen habe.
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Aber, meine Damen und Herren, ich bitte das, was ich Ihnen gesagt habe, Ihrem Tun und Handeln und auch den Worten, die Sie der Bevölkerung gegenüber sprechen, zugrundezulegen.
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Weder darf der deutsche Staat eine Inflationspolitik treiben noch kann er sie treiben, selbst wenn er möchte, weil ihm weder eine Notendruckpresse noch eine willfährige Notenbank zur Verfügung steht.
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- Ich möchte in diesem Falle sagen: Gott sei
Dank. Der deutsche Staat ist in der Aufnahme
von Krediten nicht frei, und er kann nicht nach
freiem Entschluß handeln. Er ist an 'das Gesetz
gebunden. Die aus der Kreditermächtigung für
den Bundesfinanzminister zur Verfügung stehende
Summe ist sehr begrenzt. Der Bundesfinanzminister rechnet heute bereits die Möglichkeiten des
nächsten Jahres durch. Er rechnet heute bereits
durch, ob die ihm gegebenen Kreditmöglichkeiten
auch ausreichen, für die Erfüllung der Aufgaben,
die an den Bund und an die Bundeshauptkasse
im nächsten Jahr voraussichtlich herantreten werden. Aber, meine Damen und Herren. Sie können
überzeugt sein: solange der gegenwärtige Bundesfinanzminister sein Amt ausübt, wird er es als
seine erste Aufgabe betrachten, den dringendsten
*) Schriftlicher Bericht siehe Seite 5558. sozialen Notwendigkeiten gerecht zu werden und dabei doch die Finanzen des Staates in Ordnung zu halten.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung zu Punkt 2 c) der Tagesordnung. Es ist beantragt, den Antrag anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag Nr. 2123 der Drucksachen zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Reihe von Enthaltungen und einigen Gegenstimmen angenommen.
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- Es ist kein Überweisungsantrag gestellt. Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung: Zweite Beratung des Entwurfs eines 'Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 ({1});
Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses ({2}):
a) Einzelplan XXIV - Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben ({3});
b) Einzelplan XXV - Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben der Auslaufzeit 1949 ({4});
c) Einzelplan XXVII - Haushalt der Sonstigen Kriegsfolgelasten ({5}); in Verbindung damit:
Beratung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei betreffend Erhöhung der Besatzungskosten ({6});
Beratung des Antrags der Fraktion der Bavernpartei betreffend Abgeltung von Besatzungsschäden und Besatzungsleistungen ({7});
Beratung des Antrags 'der Fraktion der KPD betreffend Einstellung der Truppenübungen der Besatzungsmächte ({8}). Zum Einzelplan unter Punkt 7 a) der Tagesordnung hat zunächst Herr Abgeordneter Dr. Krone
als Berichterstatter das Wort.
({9})
- Der Bericht liegt schriftlich vor.*) Gilt das gleiche auch für die Punkte 7 b) und 7 c) der Tagesordnung?
({10})
- Danke! Dann kann, glaube ich, auf die mündliche Berichterstattung unter Verweisung auf den schriftlich vorliegenden Bericht verzichtet werden.
'Zur Begründung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei auf Drucksache Nr. 2080 hat Herr Abgeordneter Dr. Seelos das Wort.
Dr. Seelos ({11}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine besondere Debatte über die bisherigen Besatzungskosten erübrigt sich ja schon deshalb, weil wir bereits wiederholt in sehr ernster und nachdrücklicher Form
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über sie als eine der drückendsten Lasten des deutschen Volkes in diesem Hause gesprochen haben. Ich will mich auch nicht wiederholen, sondern nur noch einmal die Stichworte, die 'Überschriften geben, warum wir über die reinen Besatzungskosten hinaus, die bisher 41/2 Milliarden ausmachten, so sehr durch Sonderlasten bedrückt sind, die uns viel schlechter stellen als die anderen Völker, die prozentual vielleicht einen höheren Wehrbeitrag leisten können. Das ist die Zweiteilung Deutschlands, das sind die acht Millionen Flüchtlinge in Westdeutschland, das sind die Folgen des überflüssigen Luftkrieges, das ist die Demontage, das waren ;die Schiffsverbote, das waren die Außenhandels- und die Produktionsbeschränkungen, das waren die 31/2 Millionen Gefallene und die Hunderttausende von Kriegsgefangenen,
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die alle zusammen diese unendliche Vorbelastung des deutschen Volkes ausmachten.
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Wir haben darauf hingewiesen, wie es nicht verständlich ist, daß die Besatzungskosten pro Kopf der Besatzung zehnmal mehr betragen als nach dem ersten Weltkrieg. Wir haben im einzelnen darauf hingewiesen, wie wir Millionen Besatzungsgelder zahlen müssen für Frauenkleider und für alle möglichen Dinge, die nichts mit der eigentlichen Besatzung zu tun haben. Auch auf die Vergeudung des Wohnraums sowie darauf, daß noch immer Kontributionen ohne Angabe von besonderen Zwecken erhoben werden, haben wir aufmerksam gemacht. Ferner haben wir gesagt, daß eine Klarheit über die Verwendung der requirierten Gegenstände nicht gewonnen werden kann, was selbst der Herr Finanzminister wiederholt zugeben mußte. Es hat also wenig Zweck, daß wir noch einmal über diese Dinge sprechen, nachdem das Ergebnis der ganz eindringlichen Bundestagsdebatten im März nur das war, daß wir zwei Tage nachher das Schreiben der Besatzungsmächte erhielten, das ungefähr sagte: jetzt müßt ihr zu den 41/2 Milliarden DM noch 2 Milliarden DM bezahlen. Deshalb müssen wir heute schon etwas deutlicher reden und vor allem auch handeln.
Daraus erklärt sich der Antrag der Bayernpartei, der damals unter dem 16. März sofort gestellt wurde und dahin geht, daß die Bundesregierung ersucht wird, ,,die von der Alliierten Hohen Kornmission geforderte Erhöhung der bisherigen Besatzungskosten von 4,6 Milliarden DM auf 6,6 Milliarden DM so lange abzulehnen, bis nicht von gemischten deutsch-alliierten Kommissionen alle Möglichkeiten einer Einsparung geprüft und ausgeschöpft worden sind."
Meine Damen und Herren! Was bedeuten denn diese 2 Milliarden DM zusätzlicher Besatzungskosten? Wir müssen bedenken, daß die gesamte veranlagte Einkommensteuer im vergangenen Jahr 1,98 Milliarden DM betrug. Wir müssen berücksichtigen, daß die gesamte Lohnsteuer im vorigen Jahr nur 1,63 Milliarden DM ausmachte. Wir müssen uns vergegenwärtigen, daß der Lastenausgleich, bei dem die gegensätzlichen Meinungen in unserem Volke so sehr aufeinanderprallen, im ganzen nur 1,5 oder 1,6 Milliarden DM ergeben wird. Wir müssen bedenken, daß nach dem ersten Weltkrieg die höchste Jahresrate an Reparationen 2 Milliarden ausmachte. Wir müssen auch daran I denken, daß wir im Höchstfall 2 Milliarden DM Marshallplangelder pro Jahr 'bekamen. Diese Aufzählung ließe sich weiter fortsetzen. Man erkennt daran, was die 2 Milliarden für unser Volk bedeuten. Deswegen habe ich mich eigentlich auch über die geringe Reaktion gewundert, die die Mitteilung in der Öffentlichkeit und bei den amtlichen Stellen hervorrief. Vor allem habe ich mich auch über die Reaktion in der Presse gewundert, die da eine große Aufgabe verpaßt hat, die Bevölkerung entsprechend aufzuklären, zumal doch 'die Presse jeden Aufruf, jede Äußerung, jede Kritik eines Hohen Kommissars am deutschen Volk und an der deutschen Regierung auf der Frontseite bringt, als ob wir uns noch in den ersten Nachkriegsjahren befänden, in denen diese Aufmachung eine ausgesprochene oder nicht ausgesprochene Zwangsauflage für die deutsche Presse bedeutete.
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Diese furchtbare Erhöhung der Besatzungskosten wurde aber von der Presse eigentlich nur mit einem kleinen Absätzchen oder einer ein bißchen größeren Überschrift abgetan.
Sodann habe ich mich auch über die Reaktion in der Bevölkerung gewundert. Man hätte 'doch erwarten müssen, daß sich über ein solches einseitiges Vorgehen, über ein solches Diktat als Widerhall irgendwie Empörung geltend machen würde.
Mit ernster Sorge haben wir auch die Reaktion der Bundesregierung verfolgt. Es muß einen irgendwie bedrücken, wenn der Herr Bundesminister am nächsten Tag ungefähr erklärte: Ja, bis zu 6 Milliarden können wir zahlen; aber darüber hinaus nicht. Wenn ich dem die sehr eindrucksvollen,
fast erschütternden Mitteilungen des Herrn Bundesfinanzminister von heute gegenüberstelle, in
denen er sagt, daß für alle die 'dringend notwendigen Renten- und Gehaltserhöhungen einfach die Mittel fehlen, dann muß ich sagen: ich kann nicht verstehen, wie er noch Anfang März erklären konnte: Ja, eine Erhöhung von 41/2 auf 6 Milliarden DM ist zwar das Äußerste; aber das geht. Ich bin nämlich nicht der Auffassung, daß auch nur 41/2 Milliarden DM angesichts der furchtbaren zusätzlichen inneren Belastungen für uns tragbar sind.
Die Reaktion der Bundesregierung hat sich eigentlich erst vorgestern in einer Denkschrift dargestellt, die eben - was schon öfters betont wor- den ist - sagt, daß wir außer den 5,6 Milliarden DM noch 3,6 Milliarden oder 3,8 Milliarden DM an sozialen Leistungen aufbringen müßten und daß wir somit 40 % unseres Steueraufkommens zahlen, eine Summe, an die die anderen Völker mit ihren Wehrausgaben noch kaum herankommen. Wir fragen uns aber: Wo bleibt angesichts dieser geradezu verzweifelten Situation die Anklageschrift der Bundesregierung, die endlich einmal die Wertvergeudungen durch die Besatzungsmacht, all die überflüssigen und untragbaren Ausgaben zusammenstellt, damit wir endlich das Material haben, um mit plastischen Beispielen an die Volksvertretungen der alliierten Mächte heranzugehen und ihnen zu zeigen, in welcher unmöglichen Situation wir uns - sechs Jahre nach dem Kriege - immer noch befinden? Sehen denn auch die -Alliierten - wenn es bewußter Wille ist - nicht die unerhörte Selbstüberwindung der Bundesregierung, die um des Friedens nach außen willen, geradezu ein innenpolitisches Harakiri treibt, wenn sie den ,Unmut der Bevölkerung wegen der zu niedrigen Renten,
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der zu niedrigen Gehälter und der zu hohen Steuern auf sich zukommen läßt, statt der Bevölkerung zu sagen: wir haben im letzten Jahre 5 Milliarden DM Besatzungskosten bezahlt; wenn wir die zur Verfügung hätten, dann könnten wir all diese dringendsten Nöte beheben; wendet euch an die Alliierten! - Die Bundesregierung hat auf diese Belastungen schon hingewiesen, sie hat aber nicht mit der Intensität, die eine solche Maßnahme erfordert, reagiert. In einem solchen Falle muß man es meiner Ansicht nach auch auf einen gewissen Konflikt ankommen lassen, wenn man nur die jedem doch verständliche Forderung stellt, vor Zahlung erhöhter Gelder eine gemeinsame Kontrolle zu haben, so daß man in diese eigenartigen Besatzungsfinanzverhältnisse endlich einmal hineinleuchten kann.
Die Weigerung, erhöhte Zahlungen zu leisten, ergibt sich vor allem auch aus völkerrechtlichen Gründen. Die neuen vier Divisionen, die demnächst von der USA nach Deutschland geschickt werden sollen
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und über die der US-Senat erst am 4. April beschlossen hat, werden nicht auf Grund der allgemeinen Kriegsvollmachten, die der Präsident der Vereinigten Staaten als oberster Kriegsherr hat, sondern sie werden auf Grund von neuen Vollmachten des USA-Präsidenten, auf Grund der Verpflichtungen, die Amerika aus dem Atlantikpakt und seinen anderen Sicherheitsverträgen hat, entsandt. Die neuen Besatzungskosten in Höhe von 2 Milliarden DM werden vom Bund jedoch mit dem ausdrücklichen Hinweis verlangt, daß wir für die Sicherheitszusicherungen, die die drei Mächte gegeben haben, einen Beitrag leisten müssen.
Nun muß man sich fragen: Ist denn diese Zusicherung der Sicherheit, wie sie von der Außenministerkonferenz im September gegeben worden ist, den Betrag von 61/2 Milliarden DM wert, wenn andererseits der innere soziale Friede Deutschlands und die Abwehrkraft gegen den Kommunismus so stark geschwächt werden kann? Vorweg möchte ich, um hier keine falschen Auffassungen Platz greifen zu lassen, betonen: wir sind bereit, von unserem Einkommen, von unserem Nationaleinkommen auch noch mehr, wenn es sein muß, die Hälfte, zu geben, sofern wir die Überzeugung haben, daß die Sicherheitsgarantie gegen einen Überfall oder gegen einen Einfall von außen her etwas Sicheres ist. Man hat damals, im September, das Recht gehabt, zu glauben, daß die alliierten Mächte - besonders angesichts des Überfalls von Korea - die Möglichkeit und den Willen haben, dagegen vorzugehen. Wenn man aber nun heute, vielleicht an dem Tage, an dem Söul zum sechsten Male den Besitzer wechselt, sieht, wie in dem Hin und Her der furchtbaren Kämpfe, der Walze des modernen Krieges, Korea zerstört ist, dann muß man doch berechtigte Zweifel haben, ob eine Garantie, die nur mit unzureichenden Militärentsendungen und unzureichenden Truppen durchgeführt wird, wirklich die Chance der Sicherheit hat, für die man alles zu opfern bereit wäre. Jedenfalls ist# es unerträglich, daß man mit uns über die Kosten für unsere Sicherheit überhaupt nicht verhandelt, sondern daß man einfach diktiert: ihr habt für eure Sicherheit soundsoviel mehr zu zahlen! Man kann für eine völlig neue Art von Sicherheitsbesatzung unmöglich Besatzungsrecht anwenden. Wenn der Friede von den Alliierten nicht so miserabel organisiert worden wäre, dann hätten wir doch schon längst einen last völligen Abbau der Besatzung. Es ist aber unerträglich, jetzt noch nach alten Kriegsrezepten vorzugehen. Das tut man praktisch. In einer neuen Note vor wenigen Tagen wurde nach wie vor das Beschlagnahmerecht der Alliierten auf Wohnungen und dergleichen vorbehalten, wenn auch die Anforderungen von Grundstücken, von Wohnbauten und von Übungsgelände zentral an die Bundesregierung gerichtet werden sollen.
Die Alliierten übersehen vollkommen, daß die psychologischen Voraussetzungen dafür einfach nicht mehr gegeben sind. Seit dem Kriege sind sechs Jahre vergangen. Die Bevölkerung nimmt nicht mehr ohne innere Reaktion jeden Besatzungsbefehl hin. Das Erkennen der Fehler auch auf der anderen Seite ist im Fortschreiten begriffen. Es ist für die Bevölkerung unerträglich, das Gefühl zu haben, daß wir auf Grund von falschen politischen Nachkriegsmaßnahmen der anderen, die sich für uns schon so negativ ausgewirkt haben, auch noch büßen sollen. Es ist ein Faktum, daß wir mit der wachsenden Unruhe der Besatzungsgeschädigten rechnen müssen. Die Demonstrationszüge, die Versammlungen, die Schriften nehmen immer mehr zu, und Sie alle spüren doch in Ihrer Tätigkeit als Abgeordnete, daß sich hier etwas vollzieht, was wir nicht einfach so hinnehmen können, ohne etwas zu tun. Die Organisationen der Besatzungsgeschädigten sind allmählich bereits ein politischer Machtfaktor geworden, mit dem wir rechnen müssen. Schließlich fallen diese neuen Besatzungsforderungen in eine Zeit der sozialen Unruhe, der Preiserhöhungen und der Steuererhöhungen. Sie sind deshalb besonders gravierend.
Wenn wir alle diese Bedenken haben, muß ich doch immer wieder sagen, daß wir uns nicht um unseren Beitrag zur Sicherung des Friedens drücken wollen. In dem gemeinsamen Antrag aller Parteien wird das auch ganz deutlich zum Ausdruck gebracht. Wir wenden uns aber dagegen, daß wir höher als andere Völker herangezogen werden sollen und daß uns die Vorbelastungen, die wir durch den Krieg haben, nicht angerechnet werden. Es ist ein Faktum, daß wir bereits 40 % der Steuern des Bundes und der Länder zahlen und daß auf den Kopf der deutschen Bevölkerung ein Einkommen von nur 784 DM jährlich trifft, während es in den Vereinigten Staaten 4615 Mark, in England 1402 Mark und in Frankreich immer noch 1250 Mark sind.
Welche praktischen Maßnahmen sind nun möglich? Wenn die Besatzungsmächte sich nicht endlich zu ernsthaften Schritten entschließen, kann die Regierung doch nur so vorgehen, daß sie z. B. ,die Umsatzsteuer, die etwa 51/2 Milliarden DM beträgt, nunmehr als Besatzungssteuer deklariert, damit jedem im Volke klar wird, was er für die Besatzung täglich leisten muß. Dann wird man die Reaktion bald spüren. Wir wollen das gar nicht. Aber die Besatzungsmächte müssen endlich mit uns über das verhandeln, was möglich ist. Oder wir müssen endlich die Denkschrift über die Fehler und die Vergehen des Besatzungsregimes haben, damit wir den Parlamenten der anderen die Einzelfälle vorlegen können. Oder wir müssen von der Bundesregierung endlich die Denkschrift, die auch in dem gemeinsamen Antrag verlangt wird, bekommen, die Punkt für Punkt die Einsparungsmöglichkeiten aufzählt. Die 39 Punkte, die jetzt von der Besatzungsmacht mit der Bundesregierung hinsichtlich der Erstellung eines neuen Besatzungsabkommens diskutiert werden sollen, sind nun zwei Monate alt geworden. Wir müssen von der Bundesregierung erwarten, daß man von deutscher Seite
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Tag und Nacht daran arbeitet, um den Alliierten die Gegenvorschläge in einer Woche zu geben, damit man ihnen die Schuld für die Verzögerung des Zustandekommens eines Besatzungsabkommens zuschieben kann und damit wir uns nicht etwa an unsere eigene Brust schlagen und sagen müssen, daß diese Änderung durch den Mangel unseres eigenen Arbeitens nicht zustande gekommen ist.
Ich darf darauf aufmerksam machen, daß die von dem Ältestenrat vorgesehene Begründungszeit abgelaufen ist.
Ich bin sofort fertig. Ich nehme noch die Zeit in Anspruch, die wir von den 180 Minuten haben.
Ich möchte dann zum Schluß kommen. Wir haben beantragt, die Erhöhung der Besatzungskosten abzulehnen, sofern nicht die genannte Kommission eingerichtet wird. Wir haben weiter zur Klärung beantragt, daß die Besatzungskosten getrennt von dem Betrag, der als Sicherheitsbeitrag von den Besatzungsmächten erhoben wird, ausgewiesen werden. Über diese zwei Anträge kann man unmittelbar hier beschließen; es ist nicht nötig, sie in die Ausschüsse zu verweisen. Sie liegen auf der Linie der heute abgefaßten gemeinsamen Entschließung sämtlicher Parteien.
Zum Schluß darf ich nur noch einen Gedanken anführen. Wir lesen in den Zeitungen, daß demnächst der Friedensvertrag mit Japan fällig ist. Nach den bisherigen Äußerungen können wir damit rechnen, daß dort Besatzungskosten nicht mehr erhoben werden, sondern daß nur ein gewisser Beitrag zur Sicherung geleistet wird, daß ein gewisses verabredungsmäßiges Stationieren von Sicherungstruppen erfolgt. Glaubt jemand bei den Alliierten, I daß es in Deutschland nicht eine furchtbare Reaktion hervorrufen würde, wenn die Japaner diese Erleichterungen der Besatzungskosten erhalten und wenn wir gezwungen sind, ohne daß wir überhaupt gehört werden, sechs Jahre nach dem Kriege nach alten Kriegsrezepten immer sich steigernde Besatzungskosten zu leisten?
Ich bitte Sie, gemäß Ihrer Verantwortung als Volksvertreter, bei diesem größten Betrag unseres Budgets in Ihrer Abstimmung entsprechend zu reagieren und unseren Anträgen zuzustimmen.
({0})
Zur Begründung des zweiten Antrags der Bayernpartei hat das Wort der Abgeordnete Dr. Etzel.
Dr. Etzel ({0}) ({1}), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der Bayernpartei, auf Drucksache Nr. 2029, zerfällt in zwei selbständige Teile. Die Ziffer 1 will die Änderung des von der Alliierten Oberkommission am 17. Februar dieses Jahres verkündeten Gesetzes Nr. 47 über die Abgeltung von Besatzungsschäden, Ziffer 2 hat die Überführung der Zuständigkeit für die Regelung von Besatzungsschäden und - über den Rahmen des Gesetzes Nr. 47 hinaus - von Besatzungsleistungen auf die Bundesgesetzgebung zum Gegenstand.
Der Art. 6 Ziffer 2 des alliierten Gesetzes setzt fur die Regulierung von Ansprüchen aus Verlusten und Schäden, die durch eine zwischen dem 1. August 1945 und dem 21. Juni 1948 stattgefundene Handlung verursacht sind, a) bei Körperverletzungen mit bleibendem Schaden die Parität zwischen Deutscher Mark und Reichsmark und b) bei anderen Schäden, also bei Sachverlusten und Sachschäden, eine Umrechnung von 1 zu 10 fest. Diese alliierte Vorschrift der Umstellung von 1 zu 10 widerspricht dem internationalen, auch in der Haager Landkriegsordnung anerkannten Rechtsgrundsatz des Schutzes des, Privateigentums sowie dem Art. 3 des von den Alliierten auferlegten und genehmigten Grundgesetzes, der die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz proklamiert, ferner dem Art. 19 des Grundgesetzes, der nur die allgemeine Einschränkung eines Grundrechts, also auch jene der im Art. 3 verbürgten Rechtsstellung, zuläßt, und er widerstreitet auch dem Grundgedanken des Währungsumstellungsgesetzes.
Wenn es die Absicht der Besatzungsmächte gewesen sein sollte, durch die Abwertung im Verhältnis 1 zu 10 die Besatzungskosten zu verringern, so ist festzustellen, daß ein solcher Effekt nur äußerlich, scheinbar erzielt wird, da er ausschließlich fiskalisch, kassenmäßig, nicht aber volkswirtschaftlich wirkt. Denn die der deutschen Volkswirtschaft zugefügte Schädigung bleibt. Die fiskalische Einsparung aber wird wider Recht und Gerechtigkeit einer fast 31/2 Millionen Menschen umfassenden Bevölkerungsgruppe auferlegt, die an sich schon bisher durch ihre jahrelang dauernde Austreibung aus Heim und Wohnung aufs schwerste betroffen und einer einseitigen Sonderbelastung unterworfen ist. Ihre Ausnahmebehandlung soll also fortdauern, ihre Schädigung, die in Wahrheit eine Enteignung bedeutet, endgültig sein. Dabei kann und darf es nicht sein Bewenden haben.
Nach dem dritten Währungsgesetz sind ausschließlich die sogenannten Geldsummenforderungen im Verhältnis 1 zu 10 umzustellen. Schadenersatzansprüche fallen nicht darunter. Diese Auffassung ist unbestritten. Die deutschen Gerichte haben an ihr von Anfang an in ständiger Rechtsprechung festgehalten. Daran ändert auch ein neuerliches Urteil des Bundesgerichtshofes nichts, in welchem entschieden ist, daß Ersatzansprüche gegen die Eisenbahn für Transportschäden aus der Reichsmarkzeit einer Umstellung im Verhältnis 1 zu 10 unterliegen. Denn hier geht es in der Tat um echte Geldsummenforderungen, da die Eisenbahnverkehrsordnung für Ansprüche aus Transportschäden von vornherein eine ziffernmäßig festliegende Geldhöchstbetragsgrenze vorsieht. Diese Rechtslage ergibt sich aus der Natur der Schadenersatzansprüche, deren Ziel, Inhalt und Gegenstand gemäß den §§ 249 ff des Bürgerlichen Gesetzbuchs zunächst die Wiederherstellung, die sogenannte Naturalrestitution, ist. Wiederherstellung ist auch die Wiederbeschaffung. Bei Körperverletzungen und Sachbeschädigungen sowie in anderen Fällen kann an die Stelle der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung der dazu erforderliche Geldbetrag treten. Eine im Verhältnis von 1 zu 10 abgewertete Geldentschädigung aber reicht dazu niemals aus.
Der Herr Bundesfinanzminister hat in seiner Antwort vom 15. März dieses Jahres - es ist die Drucksache Nr. 2083 - auf eine Anfrage der Bayernpartei erklärt, daß die in dem alliierten Gesetz vorgesehene Regelung in vielfacher Hinsicht unbefriedigend ist, daß der deutschen Seite keinerlei unmittelbare Möglichkeit der Einwirkung auf die Gestaltung des Gesetzes gegeben war und daß die Bundesregierung und ihre Sachverständigen das Gesetz nicht gutgeheißen haben. Diese Klarstellung wurde von der deutschen Öffentlichkeit mit Befriedigung aufgenommen, da anderslautende Pressemeldungen Beunruhigung in ihr hervorgerufen hatten.
({2})
In der gleichen Antwort - und damit komme ich zu Punkt 2 des Antrags der Bayernpartei - hat der Bundesfinanzminister es als die Auffassung der Bundesregierung bezeichnet, daß eine Regelung der Entschädigung für Besatzungsschäden durch Bundesgesetzgebung erfolgen soll und nicht durch die besatzungsrechtliche alliierte Gesetzgebung. Politik ist nicht nur die Kunst des Möglichen; sie ist in höchstem Maße und vor allem auch Psychologie. Auch bei dem besten Willen kann man nicht behaupten, daß die Alliierten sich darauf besonders verstehen. Die unbegreiflichen Widersprüche in ihren Entscheidungen, Maßnahmen und Anordnungen, der scharfe Gegensatz zwischen dem, was sie von uns erwarten, und dem, was sie uns zumuten, ihr häufiger Stellungswechsel, ihr fataler Hang, in den politischen Mitteln zwischen Orange und Knüppel, zwischen Lockerung der Zügel und scharfem Anziehen der Kandare zu wählen, ihr Unvermögen, rechtzeitig das Richtige und Notwendige zu tun und zu gewähren, ihr grotesker Irrtum, daß es möglich sein könne, den Besatzungsstatus auf unbegrenzte Zeit aufrechtzuerhalten und ständig die Besatzungskosten unter dem Etikett des Sicherheitsbeitrages zu Lasten der Lebenshaltung der Massen der deutschen Bevölkerung zu erhöhen, die Summe solcher erregender und unverständlicher Ungereimtheiten haben die Alliierten der Möglichkeit beraubt, echte Sympathien des Besiegten zu gewinnen und eine moralische Eroberung von weltgeschichtlicher Tragweite zu machen. Das muß bedauert werden. Unser Osthandel, ohne den wir auf die Dauer einfach nicht zu bestehen vermögen, wird überwacht und abgeschnürt. Vor wenigen Monaten mußten wir noch die berechtigte Entrüstung hervorrufenden Jagd- und Fischereiverordnungen der Besatzungsmacht über uns ergehen lassen. 3) Eine solche Politik, die die Gefühle für den Westen genau da endigen läßt, wo die Furcht vor dem Osten beginnt, wirkt wie Propaganda gegen den Westen. Jede Erleichterung im Besatzungsstatus muß Schritt für Schritt durch neue deutsche Zusagen und Verpflichtungen, durch Schuldenanerkennung, Einbringung der deutschen Kohlen- und Stahlerzeugung in eine westeuropäische Wirtschaftsgemeinschaft usf. erkauft werden. Das Besatzungsstatut ist am 21. September 1949 in Kraft getreten. Heute nach 19 Monaten - 6 Jahre nach der Kapitulation -, darf die Bundesrepublik zwar in Addis Abeba, nicht aber in Paris, London und Washington diplomatische Vertretungen, also Botschafter und Gesandte haben. Eine in der leider verhinderten Bundeshauptstadt Frankfurt erscheinende angesehene Zeitung gab vor kurzem die Äußerung des Vertreters eines großen ausländischen Presseorgans wieder, der seinem Erstaunen darüber Ausdruck gab, daß die deutschen Stellen alles das hinnähmen und daß nicht einfach der Bundespräsident den drei Generalkonsuln den persönlichen Rang von Botschaftern verleihe, kaltblütig abwartend, was dann geschehe. Der Verfasser machte dann, von der Auffassung ausgehend, daß man in der Bundesrepublik sich nicht damit begnügen dürfe, das Unverständliche zu beklagen, sondern auch einiges tun müsse, um es zu beseitigen, und daß man auf einen absurden Klotz einen absurden Keil setzen müsse, den entzückenden Vorschlag, den drei Generalkonsuln in den genannten drei Hauptstädten den Titel „Hoher Kommissar der Bundesrepublik Deutschland" zu verleihen. Ich kann mir vorstellen, daß ob einer solchen Kühnheit sämtliche Perücken in Bonn erschrocken und entsetzt in Bewegung gerieten,
Aber das Amüsante ist hier nicht die Hauptsache. Es steckt ein tiefer Ernst dahinter, die Frage: quousque tandem? Die französische Zeitung „Le Monde", die, wenn ich recht unterrichtet bin, dem Quai d'Orsay nahesteht, hat vor etwa zwei Wochen auf die Problematik hingewiesen, die darin liege, daß die Bundesregierung eine allzugroße Bereitschaft zeigen könne, auf die Zumutungen der Besatzungsmächte einzugehen, mit der Folge, daß ihre Autorität im Volke dahinschwinde, weil sich dort ein immer stärkerer Widerspruch gegen eine solche Politik entwickle. In der Tat handelt es sich hier um den Wesenskern. In jeder politischen Entwicklung wird ein Zeitpunkt erreicht, an dem entschieden gehandelt und unter Umständen aus einer Handlung auch die Konsequenz gezogen werden muß. Ich glaube, es ist die Aufgabe des Deutschen Bundestages, der Bundesregierung einen moralischen und politischen Rückhalt für eine Revision ihrer Politik zu bieten.
Um dazu eine Anregung zu geben, haben wir uns erlaubt, dem Hohen Hause den Antrag Drucksache Nr. 2029 vorzulegen. Inhaltlich, seiner Absicht und seinem Zweck entsprechend eignet sich dieser Antrag offensichtlich nicht zur Beratung und Behandlung in einem Ausschuß. Ich darf daher das Hohe Haus bitten, dem Antrag unmittelbar zustimmen zu wollen.
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Zur Begründung des Antrags der KPD auf Drucksache Nr. 2124 hat das Wort der Herr Abgeordnete Müller.
Müller ({0}) ({1}), Antragsteller: Meine Damen und Herren! Ich gebe mich natürlich nicht der Illusion hin, daß die Entscheidung der Mehrheit des Hauses beim ersten Punkt der heutigen Tagesordnung eine andere gewesen wäre, wenn zuvor der Sachverhalt, der unserem Antrag zugrunde liegt, hier behandelt worden wäre. Dazu ist die Regierung, ist die Mehrheit des Hauses viel zu sehr bereit und darauf eingestellt, die Amerikaner in ihren Plänen zu unterstützen. Ebenso glaube ich, daß auch die Maßnahmen, die die Regierung heute angekündigt hat, nur ein Ausdruck der Angst vor dem Volke sind.
({2})
Ich möchte einige Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion fragen, ob sie sich vielleicht an ein Wort des alten August Bebel erinnnern, der einmal gesagt hat,
({3})
daß mit dem Ausnahmezustand jeder Esel regieren könne.
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Ich weiß jedenfalls, daß auch diese von der Regierung jetzt geplanten Maßnahmen die Bewegung gegen die Remilitarisierung nicht werden aufhalten können.
Die Tatsachen, die uns veranlaßt haben, diesen Antrag einzubringen, dürften in der Öffentlichkeit so bekannt sein, daß es für den Bundestag nur eine Verpflichtung gäbe: die Schlußfolgerungen aus diesen Vorgängen zu ziehen. Es ist Ihnen bekannt, daß die sogenannten Manöverübungen oder, auf deutsch gesagt, die Kriegsübungen der Besatzungsarmeen in der gesamten westdeutschen Bevölkerung eine ungeheure Empörung ausgelöst haben, ob es sich nun um große Manöverübungen in star({5})
ken Verbänden oder um Übungen in einzelnen Teilgebieten gehandelt hat. Ich glaube, gerade diese Vorgänge, auf die ich nachher im einzelnen eingehen werde, zeigen neben allen übrigen Maßnahmen der Remilitarisierung und der Vorbereitung des Krieges auf westdeutschem Boden, daß für unsere Bevölkerung weitere, zusätzliche Belastungen entstehen. Es war ein Abgeordneter dieses Hauses, der vor längerer Zeit einmal die Frage aufwarf, warum die amerikanischen Divisionen ihre Übungen in Arizona und sonstwo durchführten, und meinte, sie könnten diese Übungen und die Vollendung ihrer Ausrüstung genau so gut in Grafenwöhr oder in der Lüneburger Heide stattfinden lassen.
({6})
- Es war Herr Dr. Schumacher, der diese Äußerung tat. Was sich in der Lüneburger Heide abspielt - um es an diesem Beispiel zu demonstrieren -, zeugt einmal davon, daß man nur allzu gern dieser Aufforderung Folge geleistet hat.
Zum andern aber ist der Leidtragende insbesondere auch in diesem Gebiet unsere Bevölkerung selbst. Ich weiß nicht, ob Sie draußen in der Vorhalle eine Ausstellung von Photographien gesehen haben, die einen Teilausschnitt der Wirkungen der Panzerübungen in der Lüneburger Heide wiedergeben. Wenn Sie selbst einmal in dieses Gebiet hingehen und sich dort einmal mit den Bauern, mit der Bevölkerung unterhalten
({7})
- jawohl! -, dann werden Sie feststellen, - ({8})
- Wären Sie nur in der Versammlung gewesen, wo ich gesprochen habe!
({9})
- Dann hätten Sie wahrscheinlich nicht den Mut gefunden, dort aufzutreten.
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Wenn Sie also dorthin gehen, dann werden Sie feststellen, daß eine fast einhellige Empörung gegen diese Kriegsübungen der britischen Panzereinheiten in der gesamten Bevölkerung vorhanden ist. Diese Haßstimmung ist bereits so sehr verbreitet - ich werde das nachher an einem Beispiel beweisen -, daß sie zum Teil zu direktem Widerstand gegen diese Kriegsübungen der britischen Panzereinheiten führt. Es ist festgestellt worden - und zwar nicht nur von uns -, daß die Schäden, die nach 1945 im Gebiet der Lüneburger Heide durch die Besatzungstruppen verursacht wurden, bereits in die Hunderte von Millionen Mark gehen. Aber in den letzten Monaten sind als Folge dieser Panzerübungen derart verheerende Schäden entstanden, daß sich eigentlich auch hier in diesem Hause jeder nicht nur dieser Empörung anschließen, sondern auch die Schlußfolgerungen ziehen müßte, damit die Schäden, die auf dem Grund und Boden der Bevölkerung angerichtet werden, endlich abgestellt werden.
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Ich will nur einige Beispiele herausgreifen. Sprechen Sie einmal mit Bauern aus dem Kreis Lüneburg! Der Bauer Hagelberg aus Marxen wies z. B. darauf hin, daß in wenigen Stunden ein fünf Morgen großes Stück Luzerne durch die Panzerübungen restlos zerstört worden ist. Er erklärte, daß er nunmehr gezwungen sei, einige Kühe abzuschaffen, weil ihm die Futtergrundlage nicht mehr ausreiche. In demselben Gebiet wurde von den Bauern darauf hingewiesen, daß durch diese Panzerübungen weite Gebiete, die insbesondere für die Zucht von hochwertigen Spitzensorten von wichtigem Saatgut Bedeutung haben - diese Gebiete sind auch für die Versorgung der westdeutschen Landwirtschaft von entscheidender Bedeutung -, vernichtet worden sind.
Dabei sprechen die Bauern davon, daß die Frage des Schadenersatzes für sie nicht an erster Stelle steht. Ich komme noch darauf zu sprechen. Sie weisen darauf hin, daß infolge der Schäden die Straßen von der Bevölkerung zum großen Teil nicht mehr benutzt werden können. Dies wird mit einigen konkreten Beispielen von den Bauern untermauert, z. B. die Verwüstungen von Wegen und Straßen und die Vernichtung von Drainageanlagen. Ganze Panzerrudel fahren geschlossen. durch 20- bis 30jährigen Baumbestand - jungen Baumbestand - hindurch und vernichten ihn. In manchen Orten sind die Straßen unpassierbar geworden. In einem Ort ist der Zugang zu diesem Ort durch diese Panzer so vernichtet worden, daß die Straßen nicht mehr benutzbar sind. Die Zufahrtsstraßen nach Oerzen sind z. B. durch die Panzer tief umgepflügt. Die gesamte Packlage ist nach oben gedreht und in die Straßengräben geworfen worden.
Ich führe eine weitere Tatsache an. Ich möchte mich hier auf den ehemaligen Oberleutnant und Bauer Furhop in Melbeck beziehen.
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- Sie lachen darüber, Herr Strauß, das ist Ihre Eigenart!
({13}) Dieser Bauer wies nach, daß in einer ganz kurzen Zeit ihm selber ein Schaden von 13 000 DM entstanden ist. Zu der Zeit, in der das Gespräch mit ihm geführt wurde, vernichteten Panzer weitere seiner bestellten Gerste- und Roggenfelder.
({14})
Eine weitere Tatsache. Dem Bauern Hermann Hahn in demselben Dorf Melbeck wurden in ganz kurzer Zeit 161/2 Morgen Acker - davon 71/2 Morgen Gerste und 9 Morgen Roggen - vernichtet.
Von den Bauern wurden bestimmte Schutzmaßnahmen ergriffen. Der eine Bauer, dessen Felder schon einmal durch die Panzer durchfurcht und durchwühlt waren, machte, nachdem er diesen Acker wieder eingeebnet hatte, Schilder, schrieb in englischer Sprache drauf, daß dieser Acker neu bestellt worden sei, und stellte die Schilder um den Acker herum auf. Das Ergebnis war, daß zwei Tage später britische Panzer diesen selben Acker befuhren, die Schilder umfuhren und diesen Acker erneut durch ihr Hin- und Herfahren -- kreuz und quer - verwüsteten.
Weitere Tatsachen: In Volkwardingen mußten Bauern infolge der Panzerschäden bereits dazu übergehen, Landarbeiter zu entlassen. Auf die Frage, was denn nun eigentlich zu geschehen habe, ob es überhaupt noch einen Sinn habe, den Acker zu bestellen, erklärte ein gewisser Mr. Hobinson: Arbeitet nicht zuviel, es wird doch wieder zerstört. Ein Bauer, der sich vor britische Panzer stellte, um sie davon abzuhalten auf seine Acker zu fahren und sie zu verwüsten, wurde von einem britischen Major mit vorgehaltener Pistole von dem Feld
({15})
weggejagt, und dann haben die britischen Panzer - der Bauer erklärte hierzu: erst recht - seine Felder verwüstet und zerstört.
Vor etwa vier Wochen ist der Schaden allein in diesem Gebiet auf über 200 000 DM festgestellt worden. In der Zwischenzeit - das wird Ihnen ja nicht unbekannt sein - sind weitere Panzereinheiten in der Lüneburger Heide ausgeladen worden lind haben ihre Kriegsübungen dort aufgenommen. Ich sagte vorhin bereits: Die Empörung unter der Bevölkerung in der Lüneburger Heide ist ungeheuer groß. Wenn wir nun die Frage aufwerfen, wie und in welchem Umfange die Schäden, die dort angerichtet werden, vergütet werden, dann möchte ich zunächst eines feststellen: Neben den Schäden an den jungen Waldbeständen, auf den Äckern und insbesondere durch die Zerstörung der Straßen entstehen weitere schwere Schäden dadurch, daß durch die schweren Panzer die Bodengare zerstört wird, daß die Böden für fünf bis sechs Jahre nicht mehr ertragfähig sind. Die britische Besatzungsmacht ist auch nicht bereit, z. B. bei der Entschädigung für die zerstörten Waldgebiete, den Bauern den vollen Schaden zu ersetzen. Der Schaden ist insofern viel größer, als Waldbestände von 20 bis 30 Jahren betroffen wurden, deren voller Ertrag ja erst bedeutend später eintritt. Außerdem kommt hinzu, daß die Schadenersatzregelung sehr lange auf sich warten läßt. Daraus ergibt sich einmal die einmütige Haltung und Meinung der Bevölkerung in der Lüneburger Heide. Neben der Frage des Ersatzes der Schäden steht aber im Vordergrund - und das berührt zutiefst die Frage, die heute morgen hier behandelt worden ist und in der Sie sich gegen den Friedenswillen unseres Volkes wandten -, die einmütige Haltung der dortigen Bevölkerung, die sagt: „Abzug der Besatzungstruppen und Erhaltung des Friedens".
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Meine Damen und Herren, lassen Sie doch einmal in der Lüneburger Heide eine Volksbefragung durchführen.
({17})
Ich glaube, es steht heute schon fest, wie das Ergebnis sein wird.
({18})
Es kommt jetzt die Meldung, daß im Kreise Soltau fünf Dörfer geräumt werden sollen, weil sie für die Panzerübungen der britischen Armee gebraucht werden.
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Meine Damen und Herren, das sind Tatsachen, und ich glaube, daß Sie der Forderung, die wir in unserem Antrage zum Ausdruck gebracht haben, nämlich einen Sonderausschuß nach § 27 der Geschäftsordnung einzusetzen, um dort eine Überprüfung vorzunehmen und mit allen zuständigen Organen und Stellen die Schäden festzustellen und zu beraten, was weiter zu geschehen hat, Ihre Zustimmung geben sollten und, wenn Sie verantwortungsbewußt sind, müßten.
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Meine Damen und Herren, das ist ein Beitrag zu der Frage, die heute vor dem gesamten Volke steht. Es sind Tatsachen, die Sie alle veranlassen müßten, der Frage des Kampfes gegen die Remilitarisierung, der Erhaltung des Friedens gerade wegen der
Folgeerscheinungen, die ich hier kurz aufgezeigt habe, auch die Aufmerksamkeit zu schenken, die notwendig ist, damit unserem Volke das erspart bleibt, was sich jetzt bereits in der Vorbereitung so verheerend auswirkt, was aber dann, wenn es zum Kriege käme, dazu führen würde, daß unser deutsches Volk restlos vernichtet würde; und das wollen wir nicht und können wir nicht wollen. Deswegen gilt es, gemeinsam mit der Bevölkerung darum zu kämpfen, daß die Kriegsvorbereitungen unterbleiben und unserem Volke der Friede erhalten bleibt.
({21})
Meine Damen und Herren, nachdem die Anträge begründet worden sind, treten wir in die Aussprache ein. Der Ältestenrat hat dafür eine Gesamtredezeit von 180 Minuten vorgesehen: - Ich nehme die Zustimmung des Hauses an.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmid.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wundere mich, daß dieser Aussprache keiner der Herren Minister beiwohnt.
({0})
Ich wundere mich noch mehr, daß der Herr Außenminister es nicht für notwendig hält, dieser Aussprache beizuwohnen; denn letzten Endes handelt es sich doch heute nicht um eine Diskussion über Fragen, die wesensmäßig zum Ressort des Herrn Staatssekretärs des Bundesfinanzministeriums gehören, sondern um Fragen außenpolitischer Bedeutung von größter Tragweite. Letzten Endes ist, was wir heute behandeln, doch der Gegenstand der Außenpolitik, die wir heute treiben können.
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Wir können bei dieser Debatte über den Besatzungskostenhaushalt nicht, wie es einer Haushaltsdebatte anstünde, die einzelnen Posten der uns vorgelegten Aufwendungen diskutieren mit dem Ziele, sie zu genehmigen oder zu streichen. Denn nach Art. V Ziffer 3 der Satzungen der Hohen Kommission werden die Besatzungskosten für die einzelnen Zonen von den einzelnen Hohen Kommissaren aufgestellt. Der Rat der Hohen Kommission setzt dann den Gesamtbetrag endgültig fest und übergibt den Haushaltsplan der Bundesregierung zum Vollzug. Eine Mitwirkung deutscher Stellen findet dabei nicht statt. Im sechsten Jahre nach dem Kriege glaubt man also, es sei gute politische Methode, den Deutschen in die Milliarden gehende Anforderungen präsentieren zu können, ohne ihnen auch nur die Ehre anzutun, vorher mit ihnen darüber sachlich zu sprechen.
({2})
Die Besatzungskosten sind der größte Posten unseres Bundeshaushalts, und dieser größte Posten unseres Bundeshaushalts wird durch diese doch, weiß Gott, verjährte Methode der parlamentarischen Kritik entzogen. Damit wird auf diesem Gebiet es uns unmöglich gemacht, das Ehrenrecht einer jeden Demokratie zu praktizieren, dieses Ehrenrecht, das darin besteht, daß keine Ausgaben angesetzt werden dürfen, ohne daß das Parlament sich zu diesen Anforderungen äußern und verantwortlich dazu Stellung nehmen kann. Ich glaube nicht, daß man der Demokratie in unserem Land durch diese Methode einen guten Dienst erweist.
({3})
Aber wenn wir auch nicht die einzelnen Posten diskutieren können, weil man es nicht für nötig gehalten hat, sie uns bekanntzugeben, so sind wir doch in der Lage, einiges über die Haushaltsgebarung zu sagen, die diesem Besatzungskostenhaushalt zugrunde liegt. Hier ist anzumerken, daß fast alle Grundsätze des Haushaltsrechts, wie es bei den Staaten des Kontinents üblich ist, über den Haufen geworfen werden. Alle angesetzten Beträge sind unbeschränkt gegenseitig deckungsfähig. Es kann also ein Posten, der nicht ausgegeben wurde, zur Deckung anderer, im Haushaltsplan nicht vorgesehener, Ausgaben verwendet werden. Also gerade das, wogegen man seit rund 200 Jahren in allen Parlamenten der Welt ankämpft, wird unter der Jurisdiktion der Alliierten bei uns praktiziert. Und weiter: die im Rechnungsjahr 1950 nicht verbrauchten Mittel können auf das Rechnungsjahr 1951 übertragen werden - auch ein Grundsatz, der jeder gesunden Haushaltsführung widerspricht! So kann man nicht wirtschaften. Wir müssen verlangen, daß die üblichen haushaltsrechtlichen Grundsätze auch von den Besatzungsmächten bei der Aufstellung ihres Haushalts beachtet werden.
({4})
Eine Reihe von Ausgaben, die höchst unmittelbar den Zwecken der Besatzung zu dienen haben, dürfen dazuhin nicht im Bundeshaushalt für Besatzungskosten gebucht werden. Das macht in der heutigen Vorlage immerhin mehr als 150 Millionen DM aus -, worunter scherzhafterweise im Zeichen der Vorbereitung einer Verteidigung 'Europas noch 3.2 Millionen DM für Durchführung der Entmilitarisierung vorgesehen sind.
({5})
Wahrscheinlich verwendet man diesen Betrag, um einige Luftschutzbunker zu sprengen, die man morgen von derselben Baufirma, die sie heute gesprengt hat, wieder aufbauen lassen wird. Als ich jüngst von Zweibrücken nach Pirmasens fuhr, fuhr ich an den gesprengten Bunkern des Westwalls vorbei. 500 Meter dahinter baute dieselbe Baufirma, die die alten Bunker gesprengt hatte, neue Bunkerlinien wieder auf.
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Zusammen mit den Beträgen für die Auslaufszeit 1949 machen die von uns verlangten Aufwendungen 4 557 000 000 DM aus, - ungerechnet alles das, was nach dem Überleitungsgesetz an den Ländern und an den Gemeinden hängenbleibt. Und das macht auch noch einige Hundert Millionen, wahrscheinlich einige Milliarden aus. Und dazu sollen noch weitere 1,6 Milliarden DM kommen, von denen noch zu reden sein wird.
Ich will hier nicht auf die einzelnen Posten eingehen. Ich glaube, daß der Herr Kollege Strauß das besorgen wird, wenn ich Ihn richtig verstanden habe. Einige Zahlen möchte ich aber doch 'anführen. Allein für Arbeitskräfte werden verlangt 1 229 000 000, für Immobilien und Quartiere 846 Millionen DM, für Nachrichtenleistungen 112 Millionen, für Transporte 359 Millionen DM, für Materialien und Ausrüstung 526 Millionen DM. Die Barzahlungen an die Besatzungsmacht machen 188 Millionen aus. Das sind allein 3 263 000 000 DM. Dabei muß man bedenken, daß die Besoldung der Besatzungstruppen, ihre Ausrüstung, ihre Bewaffnung und ihre Verpflegung in diesem Betrage nicht enthalten sind, sondern daß die Kosten dafür von den Besatzungsmächten selbst aufgebracht werden. Mit anderen Worten: für einen Teilsektor des Aufwandes, den eine Truppe macht, bezahlen wir pro Division etwa dreiviertel Milliarden. Dabei sind, wie gesagt - ich muß das wiederholen - Besoldung, Ausrüstung, Verpflegung und Bewaffnung in diesen Beträgen nicht enthalten. Da kann doch nicht alles in Ordnung sein!
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Ich habe mir von einem hohen Intendanturoffizier der alten Wehrmacht sagen lassen, was man zu den Höchstsätzen der Hitlerzeit für entsprechende Leistungen an die Truppe pro Mann hätte aufwenden müssen. Er rechnete lange und sagte schließlich: im Höchstfall 2000 DM. pro Kopf. Seien wir großzügig und setzen wir 10 000 DM pro Kopf an und legen wir weiter eine Kampftruppe von 120 000 Mann zugrunde. Ich weiß nicht, ob die Kampftruppen, die bei uns stehen, so bedeutend sind. Geht man aber von dieser Zahl aus, dann würden die Kosten, wenn es mit rechten Dingen zugeht, 1,2 Milliarden DM ausmachen, aber nicht 3,26 Milliarden. Alles, was darüber hinaus aufgewendet wird, dient nicht zur Steigerung der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands; es dient vielmehr dazu, ,die Verteidigungskraft Deutschlands zu mindern!
Was ich bisher aufgeführt habe, sind nur die rein militärischen Kasten. Die Kosten für die Durchführung der Besatzungszwecke und für die Besatzungsverwaltung kommen hinzu. Für die verschleppten Personen fordert man heute noch mehr als 116 Millionen DM! Unter den sogenannten Auftragsausgaben finden wir folgende Posten: Kapitalausgaben - kein Mensch kann sich etwas darunter vorstellen - 413 Millionen DM. Was wird damit gemacht? Für die Zivilluftfahrt ist ein weiterer erheblicher Posten ausgeworfen. Wir finden weiter Ausgaben, deren Sinn wir nicht recht verstehen können. Ich habe die Aufstellung 'der Anforderungen der britischen Zone für den Hausrat der Besatzungstruppen vor mir liegen. Ich habe noch nie in meinein Leben gewußt, daß es so viele verschiedene Sorten von Schaumlöffeln gibt, wie sie in diesem Verzeichnis aufgeführt sind, oder gar von Tranchiergabeln. Deren gibt es eine ganze "Reihe von Sorten,, nicht nur solche für Mannschaften und solche für Offiziere. sondern offenbar noch besondere für die einzelnen Dienstgrade. Für das alles ist doch im sechsten Jahr nach dem Krieg keine Möglichkeit mehr! Man kann doch so, wie das heute noch geschieht, nicht mehr auf Kosten der letzten Substanz wirtschaften.
Und da gibt es dann noch einen Posten von rund 200 Millionen Mark für die französische Besatzungszone. Nirgends verlautet etwas über deren Verwendungszweck, und wir möchten doch so gerne wissen, was es denn mit den 200 Millionen DM für eine Bewandtnis hat. Wenn sie eine Kontribution sein sollen, sollte man diese Millionen doch Kontribution nennen; das wäre ehrlich. Vielleicht sind sie ein Betrag, mit dem wohlmeinende Beamte nützliche Dinge in Deutschland ausrichten möchten,
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etwa Kulturpolitik oder Ähnliches. Nun, wir sind sehr froh über jede kulturelle Einrichtung, die bei uns geschaffen wird; aber letzten Endes möchten wir diese Dinge viel, viel lieber selber machen
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und dies unter der Kontrolle unserer Parlamente.
Nun teilt man uns mit, daß zu diesen rund 4,4 Milliarden noch weitere 1,6 Milliarden für die Verstärkung der Verteidigung Deutschlands kommen sollen. Dann wird jede einzelne der paar Divisionen, die uns schützen sollen, rund 1 Milliarde DM kosten, und wir meinen, daß das ein bißchen viel sei. Wir finden es sehr gut, daß der amerikanische Staatsangehörige Sonne in seinem Bericht gesagt hat, es wäre doch sehr viel besser, man würde den größeren Teil dieser 1,6 Milliarden dazu benützen, unseren Flüchtlingen die Möglichkeit zu schaffen, sich eine neue Existenz zu gründen. Und wir danken ihm dafür.
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Aus dem Besatzungskostenhaushalt der Besatzungsmächte ist nicht ersichtlich, welcher Anteil auf rein militärische Ausgaben entfällt, d. h. was davon ausgegeben wird, um in diesem Lande eine kampfkräftige Truppe zu unterhalten, und welcher Anteil auf die allgemeine Besatzungs-Verwaltung und auf die vielen Sonderverwaltungen entfällt, die bei uns unterhalten werden. oder gar auf das, was man so euphemistisch die Durch- führung der Besatzungszwecke nennt. Wir meinen, daß das geändert werden müsse; denn sonst wird es nie möglich sein, eine Übersicht über den effektiven Beitrag zu erhalten, den Deutschland heute schon auch für die militärische Verteidigung Europas leistet. I
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Das gibt mir Anlaß zu einer grundsätzlichen Betrachtung. Was soll denn der Sinn aller dieser Dinge sein? Will man sich mit diesen Truppen gegen uns Deutsche schützen und verlangt man die 6 Milliarden von uns, damit diese gegen uns aufgestellten Truppen auskömmlich bei uns leben können? Wenn das so sein sollte, nun, dann werden wir das heute offensichtlich leiden müssen, obwohl man dann von uns nicht verlangen sollte, daß wir sehr freiwillig darangehen, diese Kosten aufzubringen. Letzten Endes würde ein solches Vorhaben auf eine Machtfrage hinauslaufen,, mit allen bösen Konsequenzen, die mit Machtfragen verbunden zu sein pflegen. Jedenfalls müßte man, wenn das die Absicht sein sollte, das Wort „Demokratisierung Deutschlands" künftig mit sehr kleinen Buchstaben schreiben. Oder will man etwas anderes? Will man dieses Geld von uns als unseren Beitrag zu den gemeinsamen Kosten, die die Bereitstellung einer Armee zur gemeinsamen Verteidigung Europas verursacht? Man sagt uns immer, daß dies die eigentliche und wahre Absicht sei, und neulich wies mich jemand auf ein Zeichen hin, daß diese Absicht wirklich ernst gemeint sei. Dieses Zeichen war das Nummernschild eines französischen Militärautos. Darauf stand in der Tat nicht mehr: TOA - Troupes d' Occupation en Allemagne, Besatzungstruppen in Deutschland -, sondern FFA - Forces Françaises en Allemagne... Daran müsse ich doch nun erkennen, daß sich in der Besatzungspolitik wirklich etwas geändert' habe und daß nunmehr auch im Besatzungsland eine Ära europäischer Solidarität begonnen habe. Nun, leider macht diese Schwalbe noch weniger einen Sommer als die bekannte andere Schwalbe. Wenn aber die Absicht tatsächlich so sein sollte, dann müßte man konsequenter sein, als man es bisher gewesen ist; denn dann sollte man, wenn das Wort Verteidigungsbeitrag
wirklich etwas bedeuten soll, diese Gelder ausschließlich dazu verwenden, die Kampfkraft dieser Truppen zu steigern!
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Diese Truppen sollen es gut haben bei uns, so gut wie sie es zu Hause haben; aber das Ausmaß ihres Komforts und das Ausmaß ihres Trosses muß Funktion der vorhandenen und vernünftigerweise zu schaffenden Mittel sein. Sind die Mittel, die zur Verfügung stehen, knapp oder droht ihre Beitreibung das soziale Gefüge in verhängnisvoller Weise zu erschüttern. dann sollten zuerst auf der Seite des Komforts Einschränkungen vorgenommen werden!
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Macht man aber den Komfort der Truppe zu einer fixen Größe, dann geht die spezifisch militärische Leistung über alles erträgliche Maß zu Lasten der Faktoren, von denen die Verteidigungskraft Europas sehr wesentlich abhängt;
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denn dann wendet man diese Mittel in Wirklichkeit auf, um etwas zu zerstören, ohne dessen Bestand die Verteidigung Europas eine Illusion ist.
Hierzu ist etwas Allgemeines zu bemerken. Das Problem der Verteidigung Europas ist viel komplexer als das Problem der Truppenstärken und als die Frage nach den Kosten des Unterhalts eingesetzter Einheiten; Art und Umfang der Beiträge zu dieser Verteidigung Europas sind nach Lage und Ort der einzelnen Länder in Möglichkeit und Wirksamkeit sehr verschieden. Das eine Volk hat zwischen sich und dem potentiellen Angreifer den Ozean oder das Meer; sein Beitrag zur Verteidigung kann sich in der Tat auf rein militärische Leistungen beschränken. Ein anderes Volk - wir Deutschen insbesondere - grenzt unmittelbar an den potentiellen Angreifer an; seine Städte sind zerstört, es hat Millionen Krüppel, ein zerrissenes Land und ist darum besonders anfällig für die wirksamste Waffe moderner Kriegführung: die Offensive gegen seine psychische Widerstandskraft! Es leistet einen Verteidigungsbeitrag, indem es die Mittel aufbringt, die erforderlich sind, sich zu immunisieren, d. h. um einen Wall zwischen sich und dem Angreifer zu errichten - nicht aus Stahl und Beton, sondern aus Menschen, die wissen, daß es sich lohnt, diesen Kontinent nicht nur als das geringere Übel zu verteidigen.
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Wenn wir das nicht täten, wenn wir dafür nicht Milliarden um Milliarden aufbrächten, dann würden ja gerade die Zustände eintreten, die man mit Recht fürchtet, der Zustand nämlich, der den militärischen Verteidigungsfall akut machen könnte. Zur Angriffstechnik gehört ja auch die Offensive gegen die innere Widerstandskraft und gegen das Selbstbewußtsein der Menschen in unserm Land. Und wir wollen es geradeheraus sagen: Wenn das Tor nach Deutschland aufgedrückt werden sollte, dann ist in Wahrheit das Tor nach Europa aufgesprengt! Wenn wir also in Deutschland Geld ausgeben, um gewisse soziale Gefahrenherde auszumerzen, wenn wir Lasten auf uns nehmen, um unserem Volk dieses Land als verteidigungswürdig zu zeigen, dann geben wir in Wirklichkeit Geld für die Verteidigung Europas aus, auch für die militärische Verteidigung Europas,
({17})
({18})
und das ist ein Verteidigungsbeitrag, von dem ich glaube, daß er mindestens so viel wert ist wie die Gestellung einiger Divisionen. Wenn wir diese Ausgaben unterließen, dann würde der Westen sehr bald merken, daß seine eigene militärische Sicherheit im geraden Verhältnis zur Einschränkung dieses inneren deutschen Sozialaufwandes schwindet. Unser Sozialhaushalt schützt auch die westlich von uns gelegenen Völker mehr. als ein paar deutsche Divisionen das könnten. und eine Kürzung dieses Sozialhaushalts würde das russische Angriffspotential in erstaunlichem Umfang vermehren.
({19})
Wenn man vom Verteidigungsbeitrag ernsthaft sprechen will, muß man das Problem der Verteidigung im ganzen sehen, d. h. man muß sehen, auf wieviel und wie vielfältigen Ebenen Europa verteidigt werden muß. Es muß nicht nur auf der militärischen Ebene verteidigt werden. Ich möchte sagen, daß diese Ebene nur subsidiär in Betracht kommt. Man muß zu sehen versuchen. was alles abseits vom Militärischen aufzuwenden ist. um den militärischen Ernstfall so unwahrscheinlich als möglich und die Verteidigungskraft so effektiv als möglich zu machen, wenn ès nun doch darauf ankommen sollte, sie auf die Probe zu stellen. Die gefährdeten Stellen Europas schützt man aber heute nicht in erster Linie durch Betonbunker oder durch Panzertürme, sondern durch Schaffung eines ausreichenden sozialen Lebensstandards.
({20})
Erst in diesem Zusammenhang bekommt es einen Sinn, von Umfang und Höhe des Beitrags der einzelnen Völker für die gemeinsame Verteidigung zu sprechen.
Die Aufbringung von Kosten für die militärischen Verteidigungseinrichtungen - das ist doch nur ein einzelner Anwendungsfall der möglichen Beteiligung eines Landes an den Kosten der allgemeinen Verteidigung Europas überhaupt. Man hat uns, als wir Voraussetzungen für einen wirksamen militärischen Beitrag Deutschlands zur Verteidigung Europas aufzählten, oft entgegengehalten, man könne nun einmal die geographische Lage Deutschlands nicht ändern. Nun gut, ich will das akzeptieren; wenn das einmal richtig ist, dann muß es immer richtig sein. Also: infolge seiner geographischen Lage trägt Deutschland zur Verteidigung des Westens und auch zur Verteidigung unserer westlichen Nachbarstaaten schon dadurch sehr, sehr viel bei, daß es ein Dutzend Milliarden zur sozialen Fortifikation dieses verwundbarsten Teiles Europas aufbringt, Milliarden, die andere Völker, die unsere westlichen Nachbarn zu ihrem Glück in vergleichbarer Weise nicht aufzubringen haben. Das ist so, als bauten wir an unserer östlichen Grenze, die doch heute auch die vorläufige Grenze Europas ist, auf unsere Kosten eine Befestigungslinie auf!
Was zur Gesamtverteidigung notwendig ist, das sollte man aber nicht durch Erhöhung von Besatzungskosten zusammenzustoppeln suchen - ein Wort, das heute, das sechs Jahre nach Ende der Feindseligkeiten nicht mehr in den Sprachgebrauch zwischen uns und den westlichen Völkern gehören sollte. Wir müssen da schon weitergehen und versuchen, an die Stelle der Besatzungskosten einen internationalen Verteidigungsfonds zu setzen, einen Verteidigungsfonds, den die einzelnen betroffenen Länder durch Matrikularbeiträge speisen.
Die Höhe dieser Beiträge müßte nach dem jeweiligen Vermögen der einzelnen Beteiligten gestaffelt werden,
({21})
also nach dem „Verfügungsbetrag", den die einzelnen Volkswirtschaften übrig haben. Der Verfügungsbetrag ist der Betrag, der übrig bleibt, wenn man vom Nettosozialprodukt die spezifischen Soziallasten abzieht. Unser Verfügungsbetrag ist also, was übrig bleibt, wenn von dem deutschen Sozialprodukt die Ausgaben abgezogen werden, die gemacht werden mußten, um in unserem Lande die soziale Front in Verteidigungszustand zu setzen. Damit verschieben sich die Relationen zwischen dem, was die einzelnen beteiligten Länder vermögen, wesentlich. Was nun die Festsetzung der Höhe im einzelnen anlangt, so gibt es dafür ein Vorbild, das wir nachahmen könnten: nämlich die gestaffelten Tarife der Einkommensteuergesetze aller Länder der Welt. Die Staaten, die einen wesentlich höheren Verfügungsbetrag übrig behalten, müssen aber auch prozentual mehr an den Verteidigungsfonds bezahlen als die Staaten, bei denen gerade noch übrig bleibt, was zur Sicherung des Existenzminimums unbedingt erforderlich ist.
({22}) - Ja, es ist bei uns vielleicht noch weniger! Eine solche Umstellung des Denkens müßte aber von tief verwandelnden Eingriffen in das heutige Besatzungsregime überhaupt begleitet sein. Man spricht heute so viel von dem neuen Geist, der in der Art und Weise, wie man die Besetzung ausübt, angebrochen sei. Es ist da sicher schon viel geschehen, um einiges, was uns nicht gefallen konnte, in beachtlicher Weise zu ändern. Aber warum müssen wir dann heute in der Zeitung lesen, daß in Südbaden noch Demontagen vorgenommen werden?
({23})
Warum werden heute noch immer fast alle Nachlässe auf dem Gebiet des Besatzungsrechtes an vorhergehende deutsche Sonderleistungen geknüpft? Warum werden denn immer noch die „Junktims" geschaffen, wenn uns etwas nachgelassen werden soll?
Wenn wir heute von diesem neuen Geiste sprechen, ist es vielleicht ganz gut, daran zu erinnern, was alles zur Zeit des alten Geistes des Besatzungsregimes hat geschehen können. Ich will nicht von „Greueln" und ähnlichem sprechen; das ziemt sich für uns Deutsche nicht. Ich will von anderen Dingen reden: Die Besatzungsmächte haben uns oft gesagt, daß sie ihre Funktion bei uns unter anderem auch als die eines Treuhänders empfänden und die deutschen Interessen anderen Völkern gegenüber zu vertreten hätten. Wenn man sieht, was diese unsere Treuhänder mit uns etwa auf der Kopenhagener Wellen-Konferenz angefangen haben,
({24})
wo jeder offensichtlich keinen anderen Gedanken im Kopfe hatte, als unsere Rundfunkwellen sich zuzuschlagen - das war kein guter Geist! Hier hat man nicht sehr treuhänderisch und noch weniger europäisch gedacht!
({25})
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit mit der gütigen Erlaubnis des Herrn Präsidenten aus einem Dokument einige Sätze vorlesen. Es ist ein Bericht des Generaldirektors der Wirtschaft und der Finan({26})
zen der einstigen Militärregierung in Baden-Baden an seine vorgesetzte Stelle vom 8. März 1948, Aktenzeichen SC Nummer 243. In diesem Bericht schreibt der Verfasser - also der einstige Leiter der Wirtschaftsverwaltung in der französischen Zone - stolz, welche Vorteile er seinem Vaterland in Deutschland verschafft habe. Es ist ganz gut, daß wir dieses Bekenntnis dieser so tüchtigen schönen Seele in Händen haben.
({27}) Hier schreibt er unter anderem:
Diese Vorteile haben ihren Ursprung teils in interalliierten Abkommen, welche weiter bestehen, teils aus den Abkommen von Genf und vom Haag, teils aus einseitigen Verfügungen, welche auf Grund von Auslegungen der oben genannten Texte getroffen wurden.
({28})
Ich will Sie nicht mit Zahlen langweilen. Ich überspringe einige Absätze. Hier der Punkt I f): Entnahme von Schienenmaterial und von Schienen, welche erlaubt war, und von Schienen, „die 1946 ohne Genehmigung abmontiert worden sind";
({29})
oder weiter unter Ziffer II a): Diese Vorteile bestehen aus:
a) Den Exporten der Zone nach Frankreich, bei welchen ein Rabatt von ungefähr 20% auf den Rechnungsbetrag, verglichen mit den Weltmarktpreisen, in Anrechnung gebracht wird...
Die Höhe dieser Exporte beläuft sich auf 55 Millionen Dollar; die gerühmte Methode brachte Frankreich einen zusätzlichen Gewinn von 10 Millionen Dollar.
Eine Seite weiter heißt es:
Von den gleichen Gedanken geleitet, genehmigten die verantwortlichen französischen Behörden im Laufe des Jahres 1946 unter verschiedenen Vorwänden
- so heißt es wörtlich zugunsten gewisser Dienststellen oder gewisser Gruppen Ankäufe gegen Reichsmark von Waren aus der laufenden Produktion, welche normalerweise in Dollars hätten bezahlt werden müssen.
({30})
Auch das macht Millionen Dollars aus.
Besonders schön ist Art. III „Indirekte Vorteile", denn er zeigt, in welchem Geist gewisse Besatzungsstellen geglaubt haben ihre treuhänderischen Funktionen in Deutschland ausüben zu müssen.
Die indirekten Vorteile - heißt es da bestehen endlich in dem Verbot des Exportes von verschiedenen Erzeugnissen der Zone, welche auf dem Weltmarkt den Verkauf von französischen Erzeugnissen hätten behindern können
({31})
oder im Weiterverkauf von deutschen Erzeugnissen, welche zu billigeren Preisen als den Weltmarktpreisen gekauft wurden, oder durch Übertragung Von technischen Verfahren an Frankreich. Diese Vorteile sind schwer zu bewerten, stellen aber trotzdem ernstzunehmende Vorteile dar.
Dann wird im einzelnen berichtet, wie man bestimmten französischen Firmen das Monopol zum Verkauf deutscher Erzeugnisse im Ausland zugeschanzt habe.
Nun der Schluß:
Wir wollen jetzt die Vorteile zeigen, die nicht in Zahlen bewertet werden können, aber trotzdem beachtlich sind, d. h. die Planung der deutschen Industrie durch uns, die finanziellen Beteiligungen in verschiedenen Gesellschaften und besonders in der Nutzbarmachung der Kehler Brücke durch den Hafen von Straßburg, mit allen Einrichtungen, die zu Kehl gehören, welche zu Requisitionspreisen bezahlt werden. Die Verwaltungsgesellschaften der IG-Farb en, die Vertretungsverträge, welche diese Firma ausschließlich französischen Firmen übertragen hat.
Die Tätigkeit der Unichar, welche auf deutschem Boden günstige Handelsbeziehungen im Interesse der französischen Kohlenhändler vorbereitet.
Ich weiß nicht, ob man damals schon an den Schumanplan gedacht hat.
({32})
Und weiter:
Diese Tätigkeit wird in einem Prozentsatz in Reichsmark bezahlt, welche, teilweise transferfähig, der Zone Dollars kostet. Endlich Ferienkolonien, Heilanstalten, Erholungsheime usw. Im ganzen betragen diese Vorteile
- Anfang 1948 geschrieben! 336 715 304 amerikanische Dollar.
({33})
Ich habe Ihnen das nicht vorgelesen, weil ich glaubte, solche Dinge könnten sich heute wiederholen, sondern nur, urn ganz deutlich zu machen, wie groß der Schritt vom alten Geist zum neuen Geist ist, den wir heute am Werke sehen oder - den Skeptikern gesagt - wie groß dieser Schritt, falls er noch gemacht werden müßte, zu sein hätte.
({34})
Wir 'haben den Eindruck, daß uns Zugeständnisse nicht als reine Produkte gesteigerter Einsicht gemacht werden, sondern leider nur zu oft, um von Deutschland Leistungen zu erhalten, die man von einem freien Staate nicht erwarten könnte.
Dem Petersberg-Abkommen der kleinen Besatzungsstatutsrevision hat man gleich ein Junktim angehängt und dem Schumanplan wieder. Nun, die kleine Besatzungsstatutsrevision ist sicher gut gemeint. Aber, meine Damen und Herren, mit dem Tropfenzähler kann man keine politische Phasen markieren! Eines Tages wird, wenn man mit dieser Methode fortfährt, das Besatzungsregime weg sein, und niemand in Deutschland wird gemerkt haben, daß sich etwas geändert hat . . .
({35})
Das alles wird ohne politischen Effekt bleiben, und es käme doch darauf an, mit diesen Dingen beim deutschen Volk politische Wirkungen zu erzielen! D'as Besatzungsregime muß - wenn seine Abschaffung politische Auswirkungen haben soll
auf einmal und ein für allemal abgeschafft werden. Abschaffung des Besatzungsstatutes bedeutet nichts anderes, als daß Deutschland wieder seinen normalen inneren und auch äußeren Status erhält.
Deutscher Bundestag - i
({36})
Die Bundesregierung hat sich löblicherweise bei der Hohen Kommission darum bemüht, daß man an die Stelle des Besatzungsstatuts zweiseitige Verträge treten läßt. Solche Verträge sind notwendig, soweit es sich darum handelt, den Status der auf unserem Gebiet garnisonierenden fremden Truppen zu regeln. Das kann nicht anders geschehen als durch Verträge zwischen der Bundesrepublik und den betreffenden Staaten. Mit anderen Worten - ich bitte, mir das kleine Wortspiel nicht übelzunehmen -: an die Stelle eines Besatzungsstatuts muß ein vereinbartes Besatzungstruppenstatut treten. Weiter müssen Verträge darüber abgeschlossen werden, wie gewisse interventionistische Einrichtungen und Maßnahmen der Sieger in geordneter Weise abgebaut und in den Normalzustand überführt werden sollen.
Das sind die beiden Bereiche, die man im Wege zweiseitiger Verträge ordnen muß. Aber in dieses Vertragswerk gehört keinesfalls eine darüber hinausgehende materielle Regelung wichtiger Lebensgebiete durch isolierte Einzelverträge. Deswegen sind wir gegenüber dem 39-Punkte-Programm, mit dem der Petersberg die Initiative der Bundesregierung beantwortet hat, so bedenklich. Einige dieser 39 Punkte müssen oder können mit Nutzen vertraglich geregelt werden; aber die meisten gehören den Materien an, die erst bei der vertraglichen Ordnung des Friedenszustandes geregelt werden können. Wenn wir uns heute auf Verhandlungen über diese 39 Punkte einlassen würden, würden wir eines Tages über die Gesamtsumme dessen, was wir in 39 „technischen" Einzelvereinbarungen ans Licht gebracht haben, erstaunt sein. Dinge wie die Reparationen - sie stehen unter den 39 Punkten -, die deutsche Produktion und eine Reihe anderer Dinge - das einzige, was fehlt, sind die territorialen Fragen - können erst verhandelt werden, wenn eine Einigung über das Gesamtverhältnis Deutschlands zu den anderen Staaten erzielt worden ist.
({37})
Die Einzelregelungen, usw. werden dann in Funktion dieser zentralen Vereinbarung erfolgen. Das andere Verfahren müßte uns aber notwendig ins Uferlose und ins Unkontrollierbare führen. Wir bitten die Bundesregierung darum inständig, sich auf dieses Verfahren nicht einzulassen.
({38})
Bis dahin ist eine Reihe von Dingen zu tun. Es besteht in Deutschland noch durchaus die Notwendigkeit, deutsche Staatsangehörige vor Schädigung durch die Besatzungsmächte und ihre Einrichtungen und auch vor Ausbeutung ihrer Notlage zu schützen. Das Besatzungsschädengesetz, von dem heute gesprochen worden ist, muß wirklich in die Zuständigkeit des deutschen Gesetzgebers kommen. Ich trete allem bei, was hierüber ausgeführt worden ist.
Es muß etwas dagegen geschehen, daß man heute noch die Notlage von Deutschen in der Weise ausbeuten kann, daß man arme Teufel einen Vertrag unterschreiben läßt, der sie, ohne daß sie recht wissen, welche Konsequenzen sie da mit unterschrieben haben, in paramilitärische Formationen der Besatzungsmächte überführt. Diese Dienstverträge haben doch alle die fatale Tendenz, zu militärischen Unterstellungsakten zu werden.
Und es ist, glaube ich, noch einiges mehr zu tun zum Schutze vieler, vieler Deutscher, die sich noch in Gewahrsam fremder Mächte befinden, Jahr um Jahr, zum Teil ohne Vernehmung und zum Teil auf Grund von Gesetzen, die zu erlassen sich die Väter der Menschenrechte-Deklaration der französischen Verfassung von 1792 geschämt haben würden.
({39})
Es ist von seiten deutscher Institutionen und von Regierungsstellen für diese Leute im Wege der Einzelfürsorge viel getan worden. Das ist gut und dankenswert. Aber, meine Damen und Herren, das reicht nicht aus. Es muß einmal das Gesamtproblem von der Spitze aus und vom Grundsatz aus angefaßt werden. Da genügt es nicht, wenn einige Beamte im Justizministerium treu, brav und aufopferungsvoll sich um die einzelnen Inhaftierten kümmern. Es genügt auch nicht, wenn hier der Herr Außenminister freundschaftliche Gespräche mit seinem Pariser Kollegen führt. Diese Angelegenheit muß offiziell auf die Tagesordnung deutschfranzösischer Verhandlungen gesetzt werden.
({40}) Und wenn andere Regierungen so geschickt mit dem Junktim zu operieren vermögen, warum kann dann nicht auch einmal deutscherseits ein Junktim proklamiert
({41})
und gesagt werden: Über andere Dinge verhandeln wir erst, wenn diese Sache geregelt ist.
({42})
Es geht hier, weiß Gott, doch um sehr viel mehr als um Prestige und um „Interessen" und um soziales Wohltun. Es geht dabei doch darum, daß die Deutschen den Glauben nicht verlieren dürfen, daß ihr Staat für ihr Recht und damit für das Recht überhaupt auch zu kämpfen bereit ist!
({43})
Ich weiß, das sind heiße Eisen. Ich weiß auch, es gibt in Bonn eine politische These, daß Politik darin bestehe, heiße Eisen nicht anzurühren. Ich glaube, daß das Gegenteil richtig ist. Politik besteht gerade darin, heiße Eisen anzufassen; denn nur dann kann man sie wegräumen.
Wir meinen auch, daß die Bundesregierung auch einmal gegen sich immer noch fortsetzenden und wiederholenden Interventionen der Hohen Kommissare in deutsche Angelegenheiten deutlich werden sollte.
({44})
Als das „Blitzgesetz" erlassen wurde, da wurde zwar nicht offiziell interveniert; aber es sind im Anschluß an die Abstimmung im Bundestag doch da und dort einige sehr merkwürdige Gespräche mit verantwortlichen Politikern in Süddeutschland geführt worden, Gespräche, die einer Pression verteufelt ähnlich gesehen haben sollen. Man soll doch nicht glauben, daß es möglich sein könne, in ein echtes, schöpferisches Kooperationsverhältnis zu kommen, wenn man in dieser Weise der Meinung ist, wir Deutschen seien noch nicht würdig oder fähig, unsere eigenen Angelegenheiten selbst zu ordnen!
Die Interventionen indirekter Art, die gegen das Mitbestimmungsrecht unternommen worden sind, werden auch keine gute Sache. Ich meine - und ich sage das mit allem Respekt vor denen, die es angeht -, es sei auch die Zeit vorbei, in der die Hohen Kommissare glauben konnten und glauben durften, eine ihrer wesentlichsten Dienstobliegenheiten sei, der Bundesregierung „Ratschläge" zu erteilen.
({45})
Das ist heute so wenig mehr ihre Aufgabe, wie es die Aufgabe fremder Botschafter ist. Die Herren Hohen Kommissare sind nicht die Suzeräne des deutschen Volkes.
({46})
Der französische Hohe Kommissar hat am 13. April in Stuttgart eine Rede gehalten, die mich sehr erfreut hat. Denn man soll sich über einen Bekehrten mehr freuen als über sieben Gerechte, und es nötigt mir immer Respekt ab, wenn einer den Mut aufbringt, zu bekennen, daß er sich einst geirrt hat.
({47})
Der Herr Hohe Kommissar sagte, er habe einst geglaubt, daß das Grundgesetz der Bundesregierung
zuviel zentrale Macht geben könnte, nun habe er
aber feststellen müssen, daß es in der Bundesrepublik fast zuviel Föderalismus gebe. Hätte man doch
diese weise Einsicht schon im Jahre 1949 gehabt!
({48})
Es wäre für uns alle - für uns und für die Interessen, die die Hohen Kommissare zu vertreten haben - sehr viel besser gewesen.
({49})
Man könnte aus diesem Vorfall die Lehre ziehen, daß Prinzipien, die man für unabdingbar und für ewig zu halten geneigt ist, weil ihre Verwirklichung an einem bestimmten Tag unseren Interessen zu dienen scheint, in Besatzungszeiten sehr rasch ihre Relativität zu offenbaren vermögen.
Meine Damen und Herren, damit will ich schließen. Ich bitte um Entschuldigung, daß ich meine Redezeit überschritten habe. All die Dinge, von denen wir hier sprechen, sind letzten Endes keine Angelegenheiten, die in das Ressort des Finanzministers gehören. Dorthin gehört die finanztechnische Erledigung dieser Angelegenheit. Aber alles, was den Zweck verfolgen soll, an der Grundlage des Besatzungs-Verhältnisses Änderungen herbeizuführen, ist Außenpolitik und gehört in die Kompetenz des Auswärtigen Amtes, zur Kompetenz des Außenministers. Wir meinen, daß es bei dieser theoretischen Feststellung und bei einer theoretischen Zustimmung zu dieser Feststellung nicht bleiben sollte, sondern wir meinen, daß der Herr Außenminister in seinen Terminkalender ganz vornehm schreiben sollteN Verhandlungen mit dem Petersberg zu dem Zweck, eine grundlegende Wandlung des Besatzungsregimes herbeizuführen.
({50})
Ich glaube, daß die Resolution, die Herr KollegePfleiderer im Namen fast aller Fraktionen des Hauses hier vortragen wird, den Schritt des Herrn Bundeskanzlers beträchtlich stützen könnte.
({51})
PH:islclent Dr. Ehlers: Das Wort hat der Abgeordnete Strauß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Feststellung des Staatshaushalts und die Beschlußfassung über den Staatshaushalt ist eine ureigene, vielleicht die echteste und älteste Aufgabe des Parlaments in einer Demokratie. Das Parlament trägt dabei sowohl die Verantwortung gegenüber denen, die einen Anspruch auf finanzielle Zuweisungen durch den Staat haben, als auch - was heute allzu leicht und allzu gern vergessen wird - ebensosehr eine echte Verantwortung gegenüber denen, die für den Staat und seine Aufgaben die Mittel aufzubringen haben, d. h. gegenüber dem Steuerzahler. Darum obliegt dem Parlament die Nachprüfung der Notwendigkeit und der Zweckmäßigkeit der einzelnen Ausgaben. Es obliegt ihm auch die Einschränkung gewisser Ausgaben und die Streichung solcher Ausgaben, die nach den anzulegenden Maßstäben ungerechtfertigt erscheinen. Da der Deutsche Bundestag gemäß der Satzung der Alliierten Hohen Kommission, auch gemäß dem Art. II e des revidierten Besatzungsstatuts diesen Aufgaben bei den Einzelplänen XXIV und XXV des Haushaltsjahres 1950/51 nicht nachkommen kann, sieht sich die Fraktion der CDU/CSU - in voller Zustimmung zu dem Antrag Drucksache Nr. 2200 - nicht in der Lage, darüber sachlich zu beschließen, sondern sie kann nur von der Anordnung der Besatzungsmächte Kenntnis nehmen, daß der Bund in diesem Haushaltsjahr, das am 1. April 1951 abgelaufen ist, eine Summe von 4 407 558 500 DM als Besatzungskosten zur Verfügung zu stellen hat. Meine Fraktion kann keine parlamentarische Verantwortung für die Höhe und für die Verwendung dieses Betrages übernehmen. Ich darf mir erlauben, den hier dargestellten Generalstandpunkt in kurzem zu begründen.
Wir haben weder die Absicht - wir denken gar nicht daran -, uns unseren Verpflichtungen aus den Folgen des zweiten Weltkrieges zu entziehen, noch beabsichtigen wir, die Notwendigkeit eigener finanzieller und damit auf jeden Fall auch wirtschaftlicher und sozialer Opfer für die Verteidigung und Sicherheit der freien Völker abzulehnen.
({0})
Aber wir wollen für diese Verpflichtungen und Notwendigkeiten eigene Verantwortung übernehmen können. Wir müssen so handeln, weil wir aus dem Zustand der weisunggebundenen Demokratie heraus zum Zustand der verantwortlichen Demokratie auch in Deutschland vordringen wollen. Das deutsche Volk muß durch seine verfassungsmäßigen Organe zu seinen Aufgaben ja sagen können. Es muß aus seinem Gewissen heraus, nicht aus Auftrag heraus ja sagen, wenn es die ihm in der Gegenwart und in den nächsten Jahren zugedachten Aufgaben und zufallenden Pflichten übernehmen und ihnen gerecht werden soll. Uns bewegen dabei nicht so sehr etwa die haushaltsrechtlichen oder die materiellen Gründe, uns bewegen in erster Linie echte politische Motive, diesen Standpunkt einzunehmen.
Herr Kollege Professor Dr. Schmid hat über die einzelnen haushaltsrechtlichen Bedenken gegenüber den Haushaltsplänen XXIV und XXV referiert. Angesichts der vorgeschrittenen Zeit würde es über den Rahmen unserer Diskussion vielleicht hinausgehen, wenn ich - ich will damit nicht etwa einem Auftrag untreu werden - noch zu jedem einzelnen Kapitel oder Titel oder zu jeder einzelnen Ziffer, die von der Alliierten Hohen Kommission eingefügt worden ist, Stellung nehmen wollte. Es geht bei dem Thema der Besatzungskosten um etwas ganz Bestimmtes. Es geht jetzt um einen geometrischen Ort der gegenwärtigen deutschen Politik, der deutschen Politik, die ebensosehr um ihr Vertrauen im Auslande ringen muß und darauf gewisse Rücksichten zu nehmen hat, wie auch um die Anerkennung der deutschen Demokratie vor unserem eigenen Volk, was auch von den Besatzungsmächten nicht vergessen werden sollte.
({1})
Es handelt sich um einen geometrischen Ort, an dem sich vier politische Linien schneiden, einmal die Relikte der Besatzungspolitik der Sieger gegenüber dem besiegten Volke, Relikte, die nicht zu Petrefakten werden sollen, was sie beinahe schon geworden sind. Es dreht sich ein anderes Mal um
({2})
die Notwendigkeit der europäischen Sicherheit, zu der nach einer feierlichen Garantie der Besatzungsmächte im September letzten Jahres auch die Sicherheit der Bundesrepublik gehört. Es dreht sich drittens um die Rücksicht auf die ersten Schritte einer neuen deutschen Außenpolitik, die um Vertrauen ringt. Es dreht sich aber ebensosehr um die unabdingbaren Notwendigkeiten der deutschen Innenpolitik, zu der hier in erster Linie Wirtschafts- und Sozialpolitik zählen. Dafür bitten wir um Verständnis im gesamten demokratischen Ausland. Dafür bitten wir um Berücksichtigung bei den alliierten Hohen Kommissaren und bei den Besatzungsmächten. Die Bundesregierung ist nicht in der Lage und auch gar nicht gewillt, mit den Propagandamitteln und Propagandazwangsmitteln der Diktatur auf die öffentliche Meinung Einfluß zu nehmen. Selbst wenn sie es könnte, würde sie es nicht tun. Wir haben ebensosehr wie die Amerikaner, die Engländer und die Franzosen bei der Gestaltung unserer Politik auch auf das Rücksicht zu nehmen, was das Volk denkt und was das Volk will. Die Berufung auf die öffentliche Meinung, die uns von ausländischer Seite her manchmal in mißbräuchlicher Weise entgegengehalten wird, muß dort, wo es um ernste und echte Anliegen geht, auch uns möglich sein, oder wir werden zur Farce und hier zum Theater.
Das Wort von der Besatzung und ihren Kosten birgt einen Begriffsinhalt, der nicht mehr den gegenwärtigen Verhältnissen entspricht, weder den theoretischen noch den praktischen. Allein schon die Formulierung Besatzungskosten ist überholt. Gegenüber dem damit heute noch verbundenen Begriffsinhalt und gegenüber der Realität der Entwicklung ist diese Formulierung falsch. Die ursprünglich mit der Besatzung verfolgten Ziele sind entweder erfüllt oder völlig verändert. Es ist grundfalsch, etwa den Besatzungsmächten aus ihrer Anwesenheit hier einen Vorwurf zu machen. Es wäre aber ebenso grundfalsch, zu leugnen oder von uns diese Leugnung zu verlangen, daß der Zweck ihrer Anwesenheit sich gewandelt hat. Es erübrigt sich, Betrachtungen darüber anzustellen, warum die Besatzungsmächte ins Land gekommen sind. Wir wollen uns in unseren Ausführungen ausdrücklich von all den verbrecherischen Ansätzen zu einer Art Dolchstoßlegende distanzieren, die sich heute wieder zeigen. Damit haben wir bei unserem Widerstand gegen die Besatzungskosten, bei unserem Wunsch zu ihrer Umwandlung, zu ihrer Überprüfung und zu ihrer Unterstellung unter deutsche Hoheit nicht das geringste zu tun.
({3})
Wohl aber ist es der Mühe wert, sich vor Augen zu halten, warum die Besatzungsmächte noch hier sind und warum sie ihre militärische Stärke hier sogar laufend vermehren. Der ursprüngliche Zweck der Besatzungspolitik - von der anderen Seite proklamiert und von uns entgegengenommen - bestand doch darin, nach dem militärischen Sieg der Alliierten - ursprünglich der West- und der Ost-Alliierten - dafür zu sorgen, daß die demokratische Staats- und Lebensform in Deutschland wieder eingeführt wird, um zu verhindern, daß Nationalsozialismus und Militarismus in Deutschland wieder die Oberhand erringen können, um zu verhindern, daß die Gefahr für einen dritten Weltkrieg etwa von Deutschland ausgehen könnte. Es bleibt mir eine noch immer unvergeßliche Erinnerung, in den Büros der Militärregierung der amerikanischen Zone so im Juni 1945 ein Bild gesehen zu haben, in dem die Weltgeschichte in
wahrhaft sinnfälliger Einfalt und Primitivität dargestellt wurde, zumindest die Weltgeschichte der letzten 80 Jahre. Dort war es einmal der alte deutsche Helm des Krieges 1870/71; darunter war die Unterschrift „Frieden 1871" mit dem Zusatz „phony peace" - falscher Friede. Dann kam der Stahlhelm des ersten Weltkrieges von 1914/18, darunter die Jahreszahl 1919 mit dem Zusatz „falscher Friede". Dann kam der Stahlhelm des zweiten Weltkrieges mit seinen Emblemen. Darunter stand „1939/45", und nach der Jahreszahl „45" stand „echter Friede". Wenn diese dilettantische Prognose von damals - man soll sie nicht als Prophezeiung ansprechen - nur einen Kern von Richtigkeit enthalten hätte, brauchten wir uns heute über dieses Thema in dieser Form und mit diesem Ernst nicht zu unterhalten.
Der Zweck der Besatzung, soweit er uns betroffen hat, dürfte wohl jetzt als erreicht oder als erledigt zu betrachten sein. Was die Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus anbetrifft, so scheint der Zweck trotz der Methoden der Entnazifizierung er reicht zu sein.
({4})
- Ich sage, trotz der Methoden der Entnazifizierung.
({5})
- Das können Sie dazu sagen, aber kaum zu den Methoden, Herr Kollege. ({6})
Die Politik der Sieger endigt - ohne daß wir jetzt auf die Hintergründe und Nebengründe eingehen wollen - in einer Zweiteilung Deutschlands, in einer neuen, aus dem Osten kommenden Bedrohung der freien Völker und schließlich in einer Umgruppierung der alten Kategorien der Sieger und Besiegten, die man qua Besatzungskosten noch aufrechterhalten will, in die Kategorien derer, die bereit sind, ihre Freiheit zu verteidigen, und derjenigen, die sie gefährden. Es hat heute keinen Sinn mehr, von Besatzung im echten Sinne des Wortes, von occupatio bellica, zu sprechen. Das deutsche Volk - entwaffnet - bekennt sich zur Freiheit, zu einer Freiheit, von der man glaubte, sie müsse zuerst gegen das deutsche Volk verteidigt werden, zu einer Freiheit, von der man jetzt zugeben muß, daß sie auch für das deutsche Volk verteidigt und gehalten werden muß,
({7})
- und von der man überzeugt sein muß, daß sie nur mit dem deutschen Volk gehalten werden kann.
Wie ich heute aus der Zeitung entnommen habe, wird die Bundesrepublik in diesen Tagen aus dem Munde des amerikanischen Hohen Kommissars aufgefordert, sich auf der Grundlage der Gleichberechtigung freiwillig an dieser Verteidigung zu beteiligen. Es gibt in diesem Zusammenhang, wenn von Verteidigung gesprochen wird, keine Frage der deutschen Sicherheit oder der französischen Sicherheit oder der englischen oder der amerikanischen Sicherheit - letzten Endes auch nicht der amerikanischen Sicherheit! -, es gibt nur eine unteilbare Sicherheit der freien Völker. Wo das vor dem Juni letzten Jahres nicht geglaubt wurde, hat Korea die Richtigkeit dieses Satzes mit deutlicher Eindringlichkeit bewiesen. Es gibt nur eine unteilbare Sicherheit und eine unteilbare Freiheit. Für die unteilbare Sicherheit übernehmen die Besatzungsmächte, die bisherigen Besatzungsmächte, auch jetzt noch die Verantwortung in Deutsch({8})
land. Damit sind sie aber Sicherheitsmächte geworden, Teile einer europäischen Verteidigungsarmee. Das Wort von Besatzung und ihren Kosten kann den durch die Gewalt der Tatsachen verlagerten Akzent nicht mehr zurückverschieben. Wenn der Zweck der Besatzung auf der einen Seite erfüllt, auf der anderen Seite weggefallen ist, dann können unter diesem Titel Besatzung und ihre Kosten in Zukunft keine Leistungen mehr verlangt werden, die wesentlich höher sind als die Reparationsleistungen nach dem ersten Weltkrieg, und zwar Leistungen, die über den Stand von 4,6 Milliarden DM in dem abgelaufenen Haushaltsjahr auf 6,6 Milliarden DM gesteigert werden sollen.
Das Anliegen der Sicherheit ist heute allen europäischen Völkern gemeinsam. Das Tor, das gegen die Freiheit aufgestoßen werden kann, liegt an den Grenzen Deutschlands, wie Kollege Schmid vorhin in klarem Bilde dargelegt hat. Die Mittel, die für die gemeinsame Sicherheit aufgebracht werden müssen, müssen deshalb gemeinsam aufgebracht werden, und zwar entsprechend der Leistungsfähigkeit der Völker und der Belastung, die ihnen noch in anderem Zusammenhang erwachsen ist. Für diesen Zweck ist das deutsche Volk bereit, im Rahmen seiner Mittel, nach Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit und im Rahmen der Aufgaben, die ihm zukommen, seinen Beitrag freiwillig zu leisten. Wir möchten aber heute vor einer Gefahr warnen, die dadurch entsteht, daß man durch Beibehaltung von Wort und Begriff der Besatzungskosten einen psychologischen und nicht wieder gut zu machenden Fehler gegen den guten Willen unseres Volkes begeht, den man nicht zuschütten oder ersticken, sondern den man wecken, erhalten und stärken soll.
Es ist überflüssig, über die einzelnen Kapitel, Titel und die alliierten Kennzeichnungen dieses Haushaltes im einzelnen zu sprechen. Es handelt sich durchweg um Pauschalgebühren. Wir haben auch gar nicht die Absicht gehabt, etwa den Herrn Bundesfinanzminister dadurch in Verlegenheit zu bringen, daß wir uns etwa pikante Einzelheiten aus dem Besatzungskostenhaushalt zur Ausstattung dieser Rede verschaffen wollten. Es wäre ohne Zweifel auch ohne die Hilfe des Bundesfinanzministers möglich gewesen. Es handelt sich auch nicht darum, meine sehr verehrten Damen und Herren, hier einige pikante Sensationen zu bringen, die vorhin, und zwar mit Recht angedeutet worden sind. Es handelt sich nicht darum, die Ausstattung gewisser Schlösser, die Kosten für die dort eingerichteten Schlafzimmer und für die Schreibtische mit ihren von elektrischen Motoren getriebenen Schubladen und was auf dem Gebiet alles noch aufzuzählen wäre, zu kritisieren, so interessant es auch wäre. Es hat auch keinen Sinn, auf die alliierte Kühlschrankfront für 8 bis 9 Millionen DM oder die Möbelausstattung für 35 Millionen DM einzugehen. Wir haben das einmal in unserer Interpellation getan: Uns kommt es gar nicht darauf an, noch in der Vergangenheit nachzurechnen, weil das nicht mehr geändert werden kann. Wir werden auch unseren Standpunkt für die Vergangenheit nicht verleugnen und ihn immer aufrechterhalten. Uns kommt es aber darauf an, daß liier für die Zukunft grundlegender Wandel geschaffen wird.
({9}) Unter diesen Umständen können wir nicht mehr weitermachen.
Wenn man nur einzelne Punkte herausgreift, so stellt man fest, daß für Besatzungsschäden 93 550 000 DM vorgesehen sind. In diesem Zusammenhang richten wir in Übereinstimmung mit dem einen Antrag der Bayernpartei an die Besatzungsmächte und an die Bundesregierung die Bitte, uns in zwei Punkten zu helfen, nämlich einmal für diejenigen Personen, die durch Einwirkung der Besatzungsmacht entweder ihr Leben oder ihre Arbeitsfähigkeit verloren haben, und zwar in voller Anwendung der Härteklausel gemäß Gesetz Nr. 47 der Alliierten Hohen Kommission in jedem Falle die Umstellung der Entschädigung im Verhältnis 1 zu 1 zu genehmigen und es in keinem Falle bei der Umstellung 10 zu 1 zu belassen oder eine solche, weil die Auszahlung schon vor dem 21. Juni 1948 erfolgt ist, nunmehr stillschweigend zu belassen. Das ist ein echt soziales Anliegen derer, die unter der Besatzungsmacht unverschuldet Leben oder Gesundheit verloren haben.
Es geht uns dann zweitens darum, bei allen Sachleistungen und Sachschäden für die vor dem 21. Juni 1948 entstandenen Schäden nicht den Einheitsmaßstab einer Abwertung 10 zu 1 zugrunde zu legen, sondern hier gemäß den allgemeingültigen Grundsätzen eine volle Aufwertung durchzusetzen. Und drittens geht es uns darum, auch die Feststellung der Besatzungsschäden und die Entschädigung in die Zuständigkeit der deutschen Gesetzgebung, des Bundestages und der Bundesregierung, zu überführen.
Es ist von uns auch nicht vermessen, wenn wir einmal einen Hinweis darauf geben, daß kostspielige Objekte mit hoher Miete wie Hotels und Kurheime von der Beschlagnahme befreit werden sollten. Damit würde ein doppelter Zweck erreicht: einmal, daß erhebliche Mietbeträge eingespart werden, und zweitens, daß diese Objekte auch wieder für die deutsche Wirtschaft, für die Fremdenverkehrswirtschaft und damit als Devisenbringer nutzbar gemacht werden. Der Schaden, der durch diese Aufrechterhaltung der Beschlagnahmen entstanden ist, ist somit ein doppelter.
Ich möchte aus zahlreichen Zuschriften, die ich erhalten habe, Zuschriften, die ich wegen der Schärfe ihrer Sprache und der aus der Formulierung herausklingenden Erbitterung hier nicht wiedergeben kann, nur eine herausgreifen. Es handelt sich um die Privatklinik eines Dr. Katz in Stuttgart. Diese Privatklinik - ich muß die Richtigkeit der Angaben in der Zuschrift unterstellen -, die aus zwei Gebäudekomplexen und 15 Häuschen mit 64 Krankenzimmern und 75 Betten besteht, ist ursprünglich für die Zwecke der UNRRA als Durchgangslager benutzt und ab 30. November 1948 von den DP's geräumt worden. Gleichzeitig ist der Hauptteil der Möbel und der Einrichtung verschwunden. Seit dem 30. November 1948 wird diese Institution für die German Youth Activities, die GYA, benutzt, also für den deutsch-amerikanischen Jugendclub. Die Mittel, die dafür aufgewendet werden, sollte man in klarer Teilung der Pflichten und Aufgaben lieber den deutschen Jugendverbänden geben, anstatt mit ihnen diese unglückselige Einrichtung der deutsch-amerikanischen Jugendclubs mit ihren zum Teil wenig positiven Einflüssen aufrechtzuerhalten.
({10})
Für diese beschlagnahmte Privatklinik zahlte der deutsche Steuerzahler im Jahre 1949 eine Entschädigungssumme von ungefähr 25 000 DM, im Jahre 1950 22 000 DM. Dafür aber sind Besatzungs-, i. e. Sicherheitskosten nicht vorgesehen.
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Ein besonders interessanter Posten von nicht 32-, sondern 35 051 000 DM betrifft die Entmilitarisierung. Dieser Posten ist vorhin schon erwähnt worden. Uns würde das gegenläufige Verhältnis der Kosten interessieren, d. h. der Kosten für die eine Stelle, die für Entmilitarisierung und Entwaffnung arbeitet, und der Kosten für die andere Stelle, die zum Studium der Frage unserer Wiederbewaffnung eingesetzt ist. Es ist uns auch ohne indiskrete Einsichtnahme in Unterlagen nicht möglich, die Einzelbeträge für die zivile Luftfahrt, die sich auf 20 Millionen DM belaufen, zu beurteilen. Wir wissen nur eines, daß wir auf der Grundlage der Charterung von Flugzeugen mit 20 Millionen DM auch einen bescheidenen deutschen Zivilluftverkehr aufbauen könnten.
In dem Kapitel Ausgaben sind 414 Millionen DM vorgesehen, hauptsächlich für Kasernen und Wohnungen. Wir wollen nicht darum rechten, aber wir würden doch sehr gern eines sehen: Nachdem diese Kasernen und Wohnungen in dem alliierten Besatzungskostenhaushalt als Wertanlage für das deutsche Volk hingestellt werden, sollten sie doch auch so gebaut werden, daß sie für eine spätere deutsche Verwertung in Frage kommen. Vor kurzem hat mir ein maßgebender Beamter der dafür zuständigen Dienststelle in Süddeutschland erklärt, daß im Falle der Freigabe dieser Wohnungen die Miete in den nächsten Jahren, nur um Zinsen und Amortisationen aufbringen zu können, nach deutscher Preisfestsetzung, nach dem Preisstopp vom Jahre 1936 mit den inzwischen ergangenen Zusatzverordnungen, 350 DM betragen müsse. Die Bitte aber, die Wohnungen so zu bauen, daß sie später zwei- oder dreigeteilt werden können, hat man abgelehnt. Für eine solche Art von Wohnungsbau haben wir, besonders wenn es sich um eine deutsche Kapitalanlage handeln soll, herzlich wenig Verständnis!
Aber ich will noch auf unseren Antrag zurückkommen. Es gibt heute so viele im Kriege und nach dem Kriege geschädigte Personen, die ihre Heimat durch Austreibung oder durch Bombenschaden verloren haben. Alle diese Menschen fühlen sich von einem harten Schicksal getroffen. Von einem unverständlichen Schicksal aber fühlen sich diejenigen getroffen, die auch heute noch an ihren schon seit sechs Jahren beschlagnahmten Häusern vorbeigehen müssen ohne die Aussicht, sie zurückzubekommen, und die im Laufe der vergangenen Jahre zusehen mußten, wie Teil um Teil ihrer Einrichtung nicht nur abgenutzt, sondern großenteils zerstört worden ist. Die Zahl dieser Menschen in Deutschland, die mit ihren Angehörigen durch die Besatzungsmacht verdrängt oder irgendwie geschädigt worden. sind, beläuft sich auf weit über eine Million. Unter diesen Menschen zeigt sich eine gefährliche Reaktion, zeigen sich Symptome, die dann von denen ausgenutzt werden, die am allerwenigsten das Recht dazu hätten. Aber das ist nun einmal so.
Deswegen möchten wir unsere dringende Bitte wiederholen, die wir schon einmal in einer Anfrage an die Regierung gerichtet haben. Dabei muß ich Ihnen, verehrter Herr Staatssekretär Hartmann, leider sagen, daß wir mit der Auskunft, die wir auf unsere Anfrage erhalten haben, nicht zufrieden sind. Wir haben angefragt, ob die Bundesregierung bereit ist, darauf hinzuwirken - und ich will das jetzt noch etwas deutlicher machen und sagen: mit allen Mitteln und mit aller Schärfe darauf hinzuwirken -, daß von den neugebauten Wohnungen mindestens ein Drittel, also von je drei Wohnungen eine Wohnung für die Freimachung eines der bisher beschlagnahmten Häuser verwendet wird. Es handelt sich nicht darum, daß die Leute jetzt alle mit einem Schlage ihre Häuser wieder erhalten. Es handelt sich darum, daß sie einen Anfang sehen, daß sie die. Hoffnung haben können, ihre Häuser wiederzuerhalten, daß mit diesem Projekt endlich einmal ein konkreter Anfang gemacht wird.
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Bei diesen Einzelpositionen geht es aber im wesentlichen um etwas anderes. Es geht um die zukünftige Verwendung der bisher als „Besatzungskosten" bezeichneten Mittel. Für die nächsten Jahre kann kein Zweifel darüber bestehen, daß wir, was die Verwendung betrifft, die Leistungen unseres Staates auf diesem Gebiet als Sicherheitsausgaben betrachten und demgemäß gestalten müssen. Es ist ein Erfordernis, das der politischen Änderung der Verhältnisse entspricht, daß diese Leistungen auf der Grundlage vertraglicher Abmachungen festgelegt werden. Erst damit wird dem Bundestag die Möglichkeit gegeben werden, parlamentarische Verantwortung für den größten Ausgabeposten im Haushalt des Bundes überhaupt zu übernehmen. Wir haben schon einmal von dieser Stelle aus klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß wir diese Forderung nicht aus nationalistischen Gründen erheben, nicht etwa, weil wir Konfliktstoffe schaffen wollten. Nein, die Konfliktstoffe sind von anderer Seite geschaffen worden. Aber wir haben die Reaktion im Volk draußen zu beachten, haben uns auf diese Reaktion einzustellen und müssen den Mut haben, diese Dinge auch hier zu vertreten. Wir wollen nicht an Konflikten die Gemüter unseres Volkes künstlich erhitzen.
Es darf auch keinen Zweifel daran geben, daß wir die kommunistischen Vorstöße gegen die Besatzungskosten als einen Akt besonderer Scheinheiligkeit und Heuchelei empfinden, nicht nur deswegen, weil in der ostelbischen Kolonie Rußlands, genannt „Deutsche Demokratische Republik", allein schon die Diskussion über die Besatzungskosten und Besatzungsleistungen ein Verbrechen gegen Staat und Gesellschaft ist, das mindestens mit der Strafe des Verschwindens auf Nimmerwiedersehen bestraft wird.
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Ich möchte auf Ihre Äußerung, Herr Kollege Müller, nicht näher eingehen. Ich meine es auch nicht persönlich, obwohl ich einen Ordnungsruf nicht scheue. Ich möchte nur eines sagen: daß die Brandstifter zuletzt das Recht haben, sich über den von der Feuerwehr verursachten Flurschaden zu beklagen.
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Für uns, meine sehr verehrten Damen und Herren, handelt es sich darum, gemeinsam mit den andern Völkern, mit denen wir in einer Schicksalsgemeinschaft leben, die aber auch mit uns in einer Schicksalsgemeinschaft leben - um daran keinen Zweifel zu lassen -, den richtigen Weg zu finden, damit jeder Pfennig und jede Mark, den das durch Krieg und Kriegsfolgen schwerer als alle anderen Völker getroffene deutsche Volk aufzubringen hat, dem richtigen Zweck zugeführt wird. Dieser Zweck kann nichts anderes sein als Sicherheit, Sicherheit und nochmals Sicherheit! Geistige Sicherheit, soziale Sicherheit und militärische Sicherheit. Es
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ist nicht zufällig, daß heute die kommunistische Propaganda - einschließlich der Schlußworte vom Herrn Kollegen Müller - mit dem Schreckgespenst „Korea" das deutsche Volk in Terror zu stürzen versucht. Es steckt eine berechnende Absicht dahinter, die seit Monaten in der Öffentlichkeit vorhandene Erregung der Gemüter hinsichtlich der Herausgabe der deutschen Brückenbaupläne zum Zweck des Einbaues von Sprengkammern künstlich auch noch für diese Zwecke zu benutzen. Auf der anderen Seite trägt aber diese Diskussion nicht dazu bei, diesen Terror zu vermindern. Und daran hätten die Besatzungsmächte denken sollen.
Das deutsche Volk wehrt sich heute mit seiner ganzen ihm verbliebenen und mit seiner wiedererstarkten Lebenskraft aus den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit heraus gegen alle Vorstellungen und gegen die Möglichkeit, daß Deutschland Kriegsschauplatz nach dem Beispiel von Korea werden könnte. Der Kriegsminister Marshall hat laut „Neue Zeitung", Ausgabe vom letzten Montag, in einer Rede am letzten Samstag die gegenwärtige Weltlage - nach wörtlichem Zitat - als „äußerst gefährlich" bezeichnet. Er sagte:
Wir gehen zur Zeit durch eine der kritischsten Perioden in der Weltgeschichte.
Er fügte hinzu:
Ich möchte es sogar noch stärker formulieren, wenn ich sage, eine der kritischsten Perioden in der Geschichte der Zivilisation.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Worte haben wir vor Augen, wenn wir uns gegen diese Höhe der sogenannten Besatzungskosten und ihre Verwendung in der bisherigen Form zur Wehr setzen.
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Wenn die Weltlage so gefährdet ist, wie sie von
dem zuständigen Politiker der größten Weltmacht
- Marshall war es, der Kriegsminister - dargestellt wird, wenn damit auch Europas und Deutschlands Lage in besonderem Maße kritisch ist, dann haben wir in voller Übereinstimmung mit allen freien Völkern der Welt das Recht, zu verlangen, daß die bisherigen Besatzungsausgaben - Besatzungskontributionen - in reine Sicherheitsausgaben umgewandelt werden und in nichts anderes mehr. Der Bau von Kegelbahnen und Klubhäusern und alle sonstigen für den unmittelbaren Bedarf der Besatzungsmacht und für den unmittelbaren Bedarf der Sicherheit nicht benötigten Einrichtungen müssen in diesen Zeiten, für die der amerikanische Kriegsminister selbst das Stichwort gegeben hat, gegenüber dem zurücktreten, was wirklich notwendig ist. Allein von diesem Standpunkt aus, das darf man wohl sagen, sind bisher alle Fragen, alle Anträge und alle Äußerungen von unserer Seite zu diesem Punkt zu verstehen, und aus keinem anderen Standpunkt heraus.
Wenn heute irgendwo in der Öffentlichkeit eine Notiz erscheint, daß 100 000 DM von den Besatzungsmächten sinnlos und sinnwidrig ausgegeben sind, ist der psychologische Flurschaden viel größer, als wenn 100 Millionen zweckmäßig ausgegeben worden sind.
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Es liegt uns fern, es dem amerikanischen oder englischen oder französischen Soldaten zu verübeln,
wenn ihm - neben dem Soldatendienst - die
Zeit seines Aufenthaltes in Deutschland angenehm und erträglich gestaltet werden soll. Es geht uns nicht darum, den Lebensstandard der Völker und ihrer Besatzungskräfte hier zu kritisieren, die als Sieger in unser Land kommen. Es geht um etwas anderes: zu verhindern, daß wieder kostbare Zeit verlorengeht, daß wieder Mittel für Dinge verbraucht werden, die dem einzigen Zweck, der jetzt vorherrschen muß, nicht entsprechen.
In diesem Zusammenhang brauchen ja nicht
wir das Wort zu ergreifen. Wir brauchen uns nur
auf das zu berufen, was in den amerikanischen
Zeitungen heute in ganz offener Kritik über diese
Verhältnisse gesagt wird. Darum soll man auch
nicht unsere Äußerungen als nationalistische Äußerungen oder als unangemessene Kritik empfinden;
denn uns ist es ja ernst um die Zukunft. In der
„New York Times" stand vor kurzem ein Artikel
zum Problem der Luxussoldaten. Dort heißt es: Obwohl die Atlantikpaktstaaten jährlich fast 20 Milliarden Dollar, also ungefähr ebensoviel wie die Sowjetunion, für ihre Verteidigung ausgegeben haben, verfügen sie über eine relativ geringe Kampfstärke. Dafür gibt
es viele Gründe. Einer der wichtigsten ist, daß die Demokratien sich vom Prinzip der üblichen militärischen Genügsamkeit abgewendet haben und versuchen, ihre Truppen auf einem gewissen Luxusstandard zu erhalten. In dieser Hinsicht waren die USA tonangebend. Sie bezahlen ihre Soldaten nicht nur sehr gut, sondern sie stellen ihnen auch eine Vielzahl von Einrichtungen zur Verfügung, die z. B. jede Infanteriedivision dazu zwingen, rund 60 000 Mann im rückwärtigen Dienst einzusetzen. Dazu kommen noch zahlreiche Zivilangestellte usw. Die Sowjettruppen kommen mit einem Zehntel dieses Personals aus. Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil sie nicht nur ein finanzielles Problem darstellt, sondern weil sie auch in dem Augenblick akut wird, wenn nach den Brüsseler Beschlüssen eine gemeinsame Verteidigungsarmee aufgestellt wird.
Das deutsche Volk stellt heute aus Radio, Presse und an seinem eigenen Körper fest, daß überall auf der Welt die Regierungen den Völkern enorme Ausgaben zumuten, um den zivilen Luftschutz auf den notwendigen Stand zu bringen. Wir sollten meinen, wenn schon das Kapitel Sicherheit heute obenan auf der Tagesordnung steht, daß unter diesem Begriff auch einmal etwas für die deutsche Sicherheit getan werden muß, wenn alle übrigen Völker Vorsorge treffen und wir hier ohne alle Vorbereitungen in eine ungewisse Zukunft gehen. Man soll heute nicht den Teufel an die Wand malen. Man soll nicht wieder Worte aussprechen, die sechs Jahre hindurch - eine grausige Erinnerung - uns in Schrecken gehalten haben. Wenn aber auf Schritt und Tritt in Radio, Illustrierten und Presse von den Vorbereitungen der anderen berichtet wird, dann fragt unsere Bevölkerung heute mit Recht: Was geschieht in diesem Falle mit uns, wenn ein solcher Fall eintritt, ohne daß wir etwa das geringste aktiv zum Ernstfall beigetragen hätten? - Da, meine ich, wäre manche Million besser angebracht; wenn schon für diese traurigen Zwecke überhaupt notwendig, dann besser für diese als für irgendwelche anderen, die heute nicht auf der ernsten Seite unserer Notwendigkeiten stehen. Wir sollten meinen, es ließe sich auch vorstellen, daß für 'die Verstärkung der Sicherheit der Bundesrepublik das deutsche
Deutscher Bundestag - Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. April 1951 5 537
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Straßen- und Eisenbahnnetz noch ausgebaut und verbessert werden könnte und daß vor allem sein Schutz gegen Gefahren und Sabotageakte bewerkstelligt werden könnte. Das schließt aber in sich ein, daß nicht nur alle über die unmittelbaren Notwendigkeiten hinausgehenden Aufwendungen der Truppe gestrichen werden müssen, sondern das schließt eine Bitte ein, die wir jetzt als beschwörende Forderung erheben müssen, daß nämlich die gesamte Verwaltungsbürokratie der Besatzungsmächte restlos und endgültig abgebaut wird.
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Die Voraussetzung dafür ist die Aufhebung des Besatzungsstatuts und die Überführung auf eine Vertragsbasis, eine Überführung, die - in materieller und psychologischer Hinsicht - unsere Verhältnisse bessern wird. Ich kann dem Herrn Kollegen Schmid hier in dem, was er als Ziel anstrebt, recht geben. Er muß uns aber eine Möglichkeit lassen, nämlich den ersten Schritt vor dem zweiten Schritt zu tun. Man kann nicht vom Bundeskanzler Adenauer, in diesem Falle als Außenminister, verlangen, daß er auf den Tisch haut, bevor er überhaupt einen Stuhl hat, um sich an den Tisch zu setzen.
Dem deutschen Volke muß endlich das Gefühl genommen werden, auf der einen Seite ein Objekt der Besatzungsmächte, auf der anderen Seite mögliches Opfer eines neuen Krieges und zwischen diesen beiden Zuständen eine Art von Pseudo-Verbündeter zu sein. Es gibt nur eine unteilbare Sicherheit der freien Völker, die in völliger Solidarität ihre wirtschaftlichen und finanziellen Hilfsmittel für die Sicherheit gegen eine Weltgefahr vereinigen müssen. Wir hatten es als hoffnungsvolles Anzeichen vermerkt, als die Presse am 11. Februar berichtete - einige Wochen nach der grundsätzlichen Aussprache hier im Bundestag -, daß die amerikanischen Vertreter in der Hohen Kommission gegenüber den Engländern und Franzosen für eine drastische Senkung der Besatzungskosten eingetreten sind. Der amerikanische Vertreter hat die völlige Streichung einer Reihe von Ausgaben vorgeschlagen. Wir haben am 14. Februar - wieder aus der Presse - mit Kopfschütteln von einer Mitteilung eines alliierten Sprechers Kenntnis erhalten, daß es über diese Frage auf dem Peters-berg zu keiner Einigung kam, weil die britischen und französischen Vertreter die amerikanischen Vorschläge für verfrüht gehalten hätten; man wolle erst die Entscheidung über eine deutsche Wiederbewaffnung abwarten.
Entweder ist die Weltlage so ernst, wie sie dargestellt wird; dann gibt es kein „zu früh" für eine Umstellung der Besatzungskosten auf reine Sicherheitsausgaben.
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Oder diese Weltlage ist nicht so ernst; dann verstehen wir nicht, warum die Völker 10 bis 15 % ihres Sozialprodukts für diese Zwecke aufzubringen haben.
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Dann ist uns die ganze Entwicklung unverständlich, die seit einigen Monaten bei uns angehoben hat.
Ich möchte fragen: Ist es den Besatzungsmächten und ihren Heimatvölkern bekannt, daß von den sogenannten deutschen Besatzungskosten 1,4 Milliarden DM allein für Verwaltung ausgegeben werden? - Diese Verwaltung erstreckt sich heute noch von der Hohen Kommission auf der Bundesebene über Landeskommissare hinab zu den Kreisoffizieren mit dem ganzen dafür benötigten Aufwand. Man sollte unsere Bitte, diesen ganzen Apparat aufzulösen und sich mit Botschaften und Konsulaten auf Vertragsgrundlage zu begnügen, nicht für unangemessen erklären. Man sollte sie für sehr ernst nehmen, weil sie aus der Kenntnis um die Stimmung unseres Volkes und aus dar ernsten Einschätzung unserer sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lage kommt. Allein die bisherigen Verwaltungsausgabcn umfassen ja beinahe das gesamte Jahresaufkommen aus der Soforthilfe bzw. aus dem Lastenausgleich. Es ist müßig festzustellen, wieviel mehr an militärischer Sicherheit durch Verzicht allein auf den bürokratischen Apparat erreicht werden kann. Für die Truppe sind als sogenannte innere Besatzungskosten - ohne Ausrüstung, Bekleidung, Verpflegung, Besoldung, Bewaffnung usw. - rund 2 Milliarden DM vorgesehen. Das macht eine Kopfquote von 10 000 DM für 200 000 Mann. Bei der Rheinland-Besatzung nach dem ersten Weltkrieg hatten wir eine Kopfquote von 1000 Goldmark, das sind 1600 DM, also 1/7 der heutigen Kopfquote für innere Besatzungskosten.
Wir haben also nicht unrecht mit der Schlußfolgerung, daß von diesen 2 Milliarden DM mindestens 1,2 Milliarden DM unwirtschaftlich verwendet werden; und damit haben wir auch ein Recht zu der Schlußfolgerung, daß die Verstärkung der Besatzungstruppe zu einer Sicherheitsarmee in Stärke von mindestens 350 000 Mann vollmotorisierter Truppen insgesamt nicht mehr kosten dürfte als das, was jetzt aufgebracht wird, wenn Verwaltungskosten ganz gestrichen werden und für die Zeit der Bedrohung unserer Sicherheit auf unwirtschaftliche Ausgaben für die Armee verzichtet wird. Man könnte dazu eine Reihe von Einzelheiten bringen; ich komme zum Schluß auf die einzelnen Anträge zu sprechen.
Wir haben selber folgende Forderungen zu stellen, die wir der Bundesregierung - es ist sehr bedauerlich, daß die verhandlungsberechtigten Instanzen der Bundesregierung nicht anwesend sind - unterbreiten, weil wir wissen, daß sie ernst genommen werden müssen.
müssen vorschlagen: erstens einen völligen Wegfall der Verwaltungskosten, zweitens eine Beschränkung der Ausgaben der Truppe auf das für die Sicherheit Wesentliche, drittens eine Neuregelung der deutschen Leistungen auf vertraglicher Basis, viertens Vergebung aller Aufträge auf Lieferungen und Arbeiten durch eine zentrale deutsche Stelle; die Rohstoffe lenken und Aufträge verteilen kann, was auch im Interesse unserer inneren Wirtschaftsgestaltung dringend notwendig ist. Dann wird noch eine Möglichkeit gegeben werden müssen, auch einmal denjenigen dunklen deutschen Ehrenmännern etwas auf die Finger zu klopfen, die - durch überhöhte Rechnungen und falsche Angaben über Leistungen - aus dem Geschäft mit den Besatzungsmächten einen Profit für sich machen.
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Fünftens fordern wir eine Kontrolle aller Verwendungen durch den Bundesrechnungshof.
Noch einen Vorschlag müßte man einmal ernstlich mit den Alliierten besprechen. Sie sind hier nicht als Sieger und Kantinenverbraucher, sie sind hier als alliierte Sicherheitsgarnison für Europa. Da wir für ihre Anwesenheit erhebliche Opfer zu bringen haben, würden wir sehr darum bitten, daß die zusätzliche Kaufkraft, die damit neben den zusätzlichen Lasten in das Land kommt, für die deutsche Wirtschaft aktiviert werden kann, was
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möglich ist, wenn die Besatzungstruppe ihren Bedarf nicht in den PX-Läden und Marketendereien deckt, sondern in deutschen Läden. Dann wird die Erhöhung der Umsatzsteuer für Sicherheitszwecke auf der anderen Seite auch eine Erhöhung des Einkommens für den einzelnen Geschäftsmann und des Steuereinkommens für unser Volk bringen.
Weiter fordern wir Gerechtigkeit in der Entschädigung der Besatzungsgeschädigten und Besatzungsbeschädigten und als letztes eine Anerkennung eines Teiles unserer Kriegsfolgelast als Verteidigungsbeitrag. Es wirkt befremdend, wenn die Alliierte Hohe Kommission in einem Briefe an den Herrn Bundeskanzler vom März dieses Jahres zum Ausdruck bringt, daß selbst der Betrag von 6,6 Milliarden - von dem heute mindestens eine Milliarde auf jeden Fall ungedeckt ist, die nur durch weitere über die geplante hinausgehende Steuererhöhung gedeckt werden kann - relativ niedrig sei und mit 6,2 % des deutschen Volkseinkommens pro Jahr wesentlich niedriger sei als die horrenden Beträge, die die anderen Völker aufzubringen hätten. Ich möchte keine Einzelzahlen mehr dafür bieten. Aber eines müssen die Herren uns zugute halten, eines müssen sie uns glauben: daß jährlich 5 Milliarden DM an sozialer Hypothek auf uns lasten, nicht als Kriegsfolgelasten, sondern als Folgelasten der nach dem Krieg über uns durch sinnlose Zerstörung verhängten Maßnahmen. Das sind 3 Milliarden DM jährlich für Flüchtlinge, eine Millarde für Berlin, eine Milliarde für Remontage und ähnliche Zwecke. Das sind zusammen 5 Milliarden, die als Verteidigungsbeitrag eingesteckt werden und deshalb auch als solcher angerechnet werden müssen. Sonst, wenn sie in der bisherigen Berechnung weiterfahren, geht die Rechnung weder für sie noch für uns auf.
Zu den einzelnen Anträgen möchte ich folgendes sagen. Die Bayernpartei bitte ich, den Antrag auf Drucksache Nr. 2080 durch den Antrag auf Drucksache Nr. 2200 als erfüllt oder gegenstandslos anzusehen, weil hier der Regierung eine klare Marschroute gegeben wird, wie sie sich bei den kommenden Verhandlungen verhalten muß.
Über den Antrag Nr. 2124 der KPD sollten wir aus den Gründen „Brandstiftung und Feuerwehrflurschaden" zur Tagesordnung übergehen.
Den Anträgen der Bayernpartei auf Drucksachen Nr. 2029 und 2198 stimmen wir zu. Ebenfalls empfehlen wir die Annahme des Antrags der Deutschen Partei auf Drucksache Nr. 2201. Dem Gesamtantrag auf Drucksache Nr. 2200 stimmen wir in vollem Umfange zu.
Uns geht es bei all diesen Aussprachen, die wir über dieses Thema hier schon gehabt haben, im Kampf um die Zeit, im Kampf um den sozialen Standard, im Kampf um die politische Entwicklung, die immer drohender und näher auf uns zukommt, nicht darum, in einen Konflikt mit den Besatzungsmächten hineinzugeraten; uns geht es darum, in den entscheidenden Monaten, in denen Deutschlands Schicksal vorbereitet wird, rechtzeitig warnend unsere Stimme erhoben und die Regierung zum Handeln veranlaßt zu haben.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Pfleiderer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute über den Besatzungskostenhaushalt zu sprechen. Das ist eine harte Nuß. Das Problem hat an Bedeutung zugenommen, weil sich die Beträge erhöht haben. Das Problem ist auch nicht weniger heikel geworden. Denn die ganze Entwicklung vollzieht sich in einer ständigen Auseinandersetzung mit den Besatzungsmächten. Wir haben hier im Hause schon oft über Besatzungslasten gesprochen und haben es stets in vollkommener Offenheit getan. Auch heute hat niemand ein Blatt vor den Mund genommen. Ich möchte auch kein Blatt vor den Mund nehmen. Aber dies veranlaßt mich zu einer ausdrücklichen und besonderen Bemerkung. Nicht in ganz Deutschland ist es möglich, in aller Offenheit und ohne Behinderung über Angelegenheiten zu sprechen, die die Besatzungsmächte betreffen. Die Lage in den östlichen Zonen ist eine andere als in der Bundesrepublik. Ich möchte hier mit einem Gefühl der Befriedigung feststellen, daß die Politik der Alliierten in der Bundesrepublik von Anfang an so eingerichtet war, daß diesem Hause jede nur wünschenswerte Redefreiheit gewährleistet gewesen ist.
An den Besatzungskosten treten die inneren und äußeren Schwierigkeiten unseres staatlichen Lebens besonders klar zutage. Ich möchte zunächst von den inneren Schwierigkeiten sprechen. Unser Staatswesen steht unter einer doppelten Hoheit, unter einer deutschen und unter einer alliierten, unter einer demokratischen und einer kriegsrechtlich-autoritären, wobei die deutsche die demokratische und die alliierte die autoritäre ist. Die Frage der Besatzungslasten gehört nun zu der kriegsrechtlich-autoritären. Hier haben und hätten wir Deutsche eigentlich überhaupt nichts zu sagen. Die Regierung ist hier nur die Empfängerin von Befehlen oder von Anordnungen der Hohen Kommission. Und das Parlament hätte da nichts anderes zu tun, als von diesen Anordnungen Kenntnis zu nehmen und die erforderlichen Beträge zur Verfügung zu stellen. Aber dies kann und wird und soll uns nicht hindern, die Angelegenheit sehr gründlich zu erörtern. Denn wir können von den größten, drückendsten und umstrittensten Posten unseres Haushalts nicht nur in stummer Ergriffenheit Kenntnis nehmen und unseren Wählern die Rechenschaft schuldig bleiben. Wenn aber bei den Besatzungslasten die deutsche Regierung mehr oder minder nur die Empfängerin von alliierten Anordnungen ist, dann hat es auch nicht viel Sinn, die Sache mit der Bundesregierung zu erörtern. Denn von ihr können wir nur hören, welche verzweifelten und bis heute vergeblichen Anstrengungen sie gemacht hat, um die Anordnungen der Alliierten zu mildern. Wenn wir über Besatzungslasten, über ihren Rechtsgrund, über ihre absolute Höhe und die Art der Verwendung sprechen, müßte die Regierungsbank eigentlich ganz anders besetzt sein.
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Dann müßte eine Art unmittelbarer Rede und Gegenrede zwischen uns und den Alliierten stattfinden. Wenn wir die Regierungsbank gerade heute betrachten, müssen wir feststellen, daß dort noch genügend Platz wäre, daß noch andere Herren Platz nehmen könnten. Aber, meine Herren, ich fürchte, daß der horror pleni, der Abscheu vor dem Plenum, der die Regierungsbank immer so leer bleiben läßt, nicht auf die deutsche Seite beschränkt bliebe. Vielleicht liegt dies am rheinischen Klima und seiner ansteckenden Wirkung. Jedenfalls ist es unmöglich, über die dem Hause vorgelegten Einzelpläne XXIV und XXV sachlich zu beschließen. Die für das Haushaltsjahr 1950 angeforderten Beträge werden nur aus haushaltstechnischen Grün({1})
den in den Haushaltsplan eingesetzt. Eine Verantwortung können wir für diese Beträge nicht übernehmen. Auch in den fremden Parlamenten, in den Parlamenten der alliierten Staaten scheinen diese Haushaltspläne im einzelnen nicht erörtert zu werden, so daß inmitten Europas Milliarden an öffentlichen Geldern ausgegeben werden, die einer parlamentarischen Kontrolle nicht unterliegen.
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Die Besatzungslasten sind uns von den Besatzungsmächten auferlegt, und zwar auf Grund des Besatzungsstatuts. Ich möchte gerade diese Tatsache zum Anlaß nehmen, allgemein etwas über die Besetzung und über das Recht, unser Land besetzt zu halten, zu sagen; denn nur von diesem Punkte aus können wir der ganzen Frage richtig näherkommen.
Man hat unser Land aus zwei Gründen besetzt: um uns und die Verhältnisse unseres Landes zu ändern und um die Welt vor uns zu schützen. Es handelt sich also bei der Besatzung um eine sogenannte Interventionsbesatzung. Die Ziele der Intervention sind uns bekannt: Demilitarisierung, Denazifizierung, Demokratisierung, Demontage und Dekartellisierung. Diese Ziele sind heute als erreicht zu bezeichnen, ja, wir können sagen, daß die Pläne der Intervention nicht nur erfüllt, sondern übererfüllt worden sind.
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Wir sind so sehr abgerüstet worden, daß es jetzt ernste Schwierigkeiten bereitet, das Problem der Wiederaufrüstung zu beraten; wir sind so sehr p demokratisiert, daß wir den autoritären kriegsrechtlichen Eingriff in die deutsche Staatshoheit als außerordentlich störend und unzeitgemäß empfinden; wir sind so sehr demontiert worden, daß sich die Demontagen als eine echte Behinderung unseres wirtschaftlichen Beitrages zur Verteidigung der freien Welt erwiesen haben.
Dies alles zeigt uns, daß die Intervention abgeschlossen ist. Ich wage, das folgende zu sagen: was jetzt noch an Demokratisierung zu tun ist, das muß schon von den Deutschen selbst getan werden.
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Ich glaube, dieses Haus ist in seinem überwiegenden Teil damit beschäftigt, dies zu tun. Alle fremden Einwirkungsmöglichkeiten haben, wenn sie
nicht oberflächlich bleiben sollen, eine Grenze, und
diese Grenze ist erreicht. Die Intervention kann als
Grund der Besetzung nicht mehr anerkannt werden.
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Auch militärisch hat die Besetzung - das ist ja schon ausgeführt worden - ihr Gesicht gewandelt. Es handelt sich heute nicht mehr darum, die freie Welt vor uns zu schützen, sondern die freie Welt und uns als einen Teil von ihr vor Gefahren zu schützen, die ihr drohen.
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Diese Aufgabe gibt aber keinen rechtlichen Grund mehr, uns als ein nach Kriegsrecht besetztes Land zu betrachten und demgemäß zu behandeln. Es ist nötig, der Anwesenheit fremder Truppen im Lande baldmöglichst eine neue rechtliche Grundlage zu geben, und zwar eine Grundlage, die mit dem Zweck, dem die Anwesenheit der Truppen heute dient, übereinstimmt.
Ich möchte aber die heutige Gelegenheit doch auch benutzen, um die Anwesenheit der fremden Truppen in der Bundesrepublik im Namen meiner Freunde nicht nur zu begrüßen, sondern ganz offen als die Voraussetzung unserer Freiheit zu bezeichnen. Hierüber soll bei allen diesen Diskussionen zwischen uns und den Alliierten keinerlei Mißverständnis . aufkommen.
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Die Alliierten werden vielleicht sagen, daß ihnen die bedingungslose Kapitulation vom Jahre 1945 das Recht gebe, uns als besetztes Gebiet im kriegsrechtlichen Sinne zu betrachten, uns kraft der Besatzungsgewalt unter Besatzungsstatut zu halten und uns Besatzungslasten aufzuerlegen. Hierzu möchte ich das eine gleich bemerken: Wer sich heute noch auf bedingungslose Kapitulation beruft, der zeigt, daß er noch in den Gedanken und Vorstellungen des zweiten Weltkrieges befangen ist. Wir glauben, daß es sich heute nicht mehr darum handelt, den zweiten Weltkrieg gegen die Deutschen fortzusetzen; denn die Welt hat sich in der Zwischenzeit politisch völlig neu gruppiert. Es handelt sich heute darum, zusammen mit den Deutschen den dritten Weltkrieg zu vermeiden.
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Wenn man heute noch die bedingungslose Kapitulation anführt und in den Vorstellungen des
zweiten Weltkrieges denkt, dann kann man nicht
gleichzeitig über einen deutschen militärischen
Beitrag verhandeln, weder in Paris noch in Bonn
noch auf dem Petersberg. Wenn man mit der
Bundesrepublik über Soldaten sprechen will, dann
muß man nicht die Vergangenheit fortsetzen wollen,
sondern dann soll man die Zukunft neu gestalten,
genau so wie man dann einmal den deutschen
Soldaten sagen muß, welches die Grenzen nicht nur
unseres Erdteils, sondern unseres Vaterlandes sind.
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Wenn aber die Intervention abgeschlossen ist und wenn die Aufgabe der Truppen in Deutschland sich verändert hat, dann ist auch für eine Berufung auf diese bedingungslose Kapitulation kein Raum mehr.
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Diese Kapitulation ist kein Selbstzweck; sie ruht juristisch nicht in sich selbst, und sie kann losgelöst von ihrem Zweck zeitlich nicht unbegrenzt fortgesetzt werden.
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Wenn dem so ist, dann hängt auch das Besatzungsstatut und hängen die uns einseitig auferlegten Besatzungslasten heute schon in der Luft, politisch und juristisch.
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Vielleicht wird man mir einwenden, ich stellte die Dinge zu hart dar und ich vergäße den gleitenden Übergang vom Krieg zum Frieden, um den sich ja die alliierte Diplomatie so angelegentlich bemüht. Nun, ich habe selbst an den gleitenden Übergängen und den zarten Pastelltönen schon lange das Vergnügen eines wenn auch bescheidenen Kenners der einschlägigen Spielregeln. Aber wenn man dies vor seinen Wählern vertreten soll und wenn man dies vor einem Volk vertreten soll, das aus einer tiefen Zerrüttung und Verwirrung in die großen politischen Aufgaben der freien Welt zurückfinden soll, dann verlieren diese zarten Pastelltöne ihre Wirkung; dann müssen wir mit klaren Tatsachen und Entscheidungen kommen; dann müssen wir der bedingungslosen Kapitulation und
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dem Besatzungsstatut entsagen, und dann müssen wir erklären, ob wir und die Alliierten kriegführende oder befreundete Nationen sind.
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Für Besatzungslasten im kriegsrechtlichen Sinne ist heute kein Raum mehr, und deshalb wird das, was wir heute leisten, sobald es eben als Besatzungslast geleistet wird, nicht mehr zu Recht geleistet. Was wir leisten, sind der politischen Lage nach bereits Verteidigungsbeiträge, und zwar Verteidigungsbeiträge, die mit den Schlacken der Interventionslasten beschwert sind. Um diese politisch und juristisch unwahr gewordene Lage in Ordnung zu bringen, kann nur eines helfen: erst Verhandlungen und dann ein Vertrag, ein klarer, echter Vertrag, der beides in sich vereinigt: Großzügigkeit und Sorgfalt, und zwar von beiden Seiten.
Ich möchte die heutige Beratung der Einzelpläne XXI V und XXV zum Anlaß nehmen, hier zu entwickeln, was bei der Umstellung von einseitigem Kriegsrecht auf zweiseitiges oder mehrseitiges Vertragsrecht und bei der Umstellung von Besatzungslasten auf Verteidigungsbeiträge zu berücksichtigen sein wird. Dabei gehört unsere ganze Aufmerksamkeit natürlich der Zukunft, nämlich dem Haushalt 1951/52; denn über das Vergangene ist nicht allzuviel zu sagen, da das Geld bereits verausgabt ist. Ich möchte aber glauben, daß das deutsche Volk auf das bitterste enttäuscht wäre, wenn die sehr viel höheren Beträge des neuen Haushaltsjahres in der bisherigen Weise bewilligt werden sollten - ohne Vertrag und nur auf Anordnung der Hohen Kornmission und auf Grund eines Statuts, das nicht nur die Deutschen, sondern auch die Alliierten selbst politisch als überholt bezeichnen.
Es gibt in besetzten Ländern - und wir Deutschen haben darin selber die bittersten Erfahrungen gesammelt - in manchen politischen Fragen einen sogenannten psychologischen Augenblick. Dieser psychologische Augenblick scheint mir gekommen zu sein. Wenn man ihn versäumt, dann entsteht Schaden, der kaum wieder gutzumachen ist.
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Es muß sich heute etwas ändern. Dies ist, glaube ich, die Überzeugung aller Deutschen.
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Wenn wir über einen Verteidigungsbeitrag einen Vertrag abschließen, dann müssen wir wohl davon ausgehen, daß die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und die Republik Frankreich die richtigen Partner sind. Denn diese drei haben den Schutz der Bundesrepublik und der Stadt Berlin übernommen. Die Verhandlungen über den Heven-Plan stehen noch zu sehr im Anfangsstadium, als daß wir diese kleineuropäische oder kleinsteuropäische Staatengemeinschaft als echte Partner heute schon betrachten könnten, und andere westliche Staatengemeinschaften stehen für die Bundesrepublik im Augenblick noch außer Betracht.
Ich glaube, der erste und der wichtigste Punkt, über den sich die vertragschließenden Teile würden einigen müssen, ist die Festsetzung der absoluten Höhe des deutschen Beitrags. Wenn man diese schwierigen Angelegenheiten anfaßt, dann wird man die eigenen Leistungen und die eigene Leistungsfähigkeit mit der fremden vergleichen. Es ist eine Frage der Sachverständigen, ob hierzu die Steuersysteme ausreichen, ob hier gemeinsame Steuerkraftzahlen errechnet werden können oder ob man nicht an das Sozialprodukt anknüpft, sei es in seiner einfachen oder in seiner veredelten Form. Über alle deutschen Sonderbelastungen ist schon ausführlich geredet worden, so daß ich diese übergehen kann. Wir haben nur manchmal das Gefühl, als sollte mit den Besatzungslasten nicht nur das Geld für die Besetzung aufgebracht werden, sondern als sollte der deutschen Volkswirtschaft eine global bestimmte Last auferlegt werden als bewußter Ausgleich dafür, daß wir keine eigene Armee zu unterhalten haben. Mit dieser Art alliierter Besatzungslastenpolitik können wir uns nicht einverstanden erklären; denn wir haben an unseren tausenderlei Sonderlasten schon schwer genug zu schleppen und wollen nicht Lasten um der Lasten willen tragen.
Es ist in allen Verhandlungen des Bundestages über Besatzungslasten soviel vom Luxus der Besatzungsmächte gesprochen worden. Eigentlich müßte auch ich vom Luxus sprechen; aber ich möchte von etwas anderem ausgehen. Ich glaube, das erste Unterscheidungsmerkmal, das wir an die zu leistenden Beträge anlegen wollen, ist das, ob diese Beträge der Verteidigung dienen oder nicht, und dann können alle diejenigen Ausgaben, die nur der Fortsetzung der Intervention dienen, nicht mehr als Verteidigungsbeitrag angesehen werden.
Der Fortsetzung der Intervention aber dient das ganze engmaschige Netz von Dienststellen, das von Kreisstadt zu Kreisstadt über unser Land gesponnen ist.
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Dieser Intervention dient auch eine Behörde wie das Sicherheitsamt in Koblenz, das nach Ton und Arbeit - wie berichtet wird - noch durchaus im Stil vergangener Jahre befangen zu sein scheint.
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Hier einmal aufzuräumen, und zwar gründlich aufzuräumen, wird die Alliierten vor eine ernste und undankbare Aufgabe stellen. Wir wissen, daß kaum je eine Behörde der Ansicht ist, sie sei überflüssig. Auf diesem Gebiet haben wir Deutschen auch unsere Erfahrungen gesammelt. Ein höheres Interesse erfordert aber hier von den Alliierten Folgerichtigkeit und Entschlossenheit.
Wir alle haben, ich möchte nicht sagen: mit Neid, sondern mit offener Mitfreude die rasche Lösung schier unlösbar erscheinender Probleme in Japan und im pazifischen Raum beobachtet. Diesen Vorsprung hat Japan nicht erst jetzt erhalten, sondern schon durch an die letzten Jahre hindurch besessen. Ich bitte, Ihnen nur folgende Daten vortragen zu dürfen. 12. Mai 1949: Einstellung der japanischen Reparationslieferungen. Am gleichen Tage Veröffentlichung eines gemeinsamen japanisch-alliierten Planes über die Errichtung von Außenhandelsvertretungen. Juni 1949 - noch ehe hier der Bundestag gewählt war -: Beendigung der Demontagen und Rückgabe von 894 Fabriken und Anlagen, die für Reparationslieferungen bestimmt gewesen waren. 3. August 1949: Beendigung der Konzernentflechtungen und Auflösung des Entflechtungs-Überwachungsamtes. 25. Oktober 1949: Aufhebung der Mindestverkaufspreise für Ausfuhrgüter; und bis 1. Januar 1950: völlige Wiederherstellung der Außenhandelsfreiheit. Wir möchten wünschen, daß die Dinge bei uns in ähnlicher Schnelligkeit vor sich gingen. Schließlich haben wir in Europa nicht mehr Zeit zu verlieren, als man sie in Ostasien zu verlieren hat.
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Es wäre verfehlt, gemeinsame Fragen sich verschieden entwickeln zu lassen, nur weil in dem einen Land nur eine Besatzungsmacht, in einem anderen Land aber drei Besatzungsmächte vorhanden sind, die in ihren Methoden nicht ganz übereinstimmen.
Was nun den reinen Verteidigungsbeitrag anlangt, so soll dieser natürlich auch sparsam verwendet werden.
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Es ist eine höchst beunruhigende Tatsache, daß wir über unsere Leistungsfähigkeit hinaus belastet sind, ohne daß es noch eine einzige deutsche Division gibt.
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Wir wissen aus den vergangenen Jahren, daß die Kriegsgötter, wenn sie fremdes Land betreten, das Bestreben haben, groß und prächtig zu werden. Sie wollen sich offenbar von allem erholen, was sie so „im Feldquartier, auf hartem Stein" vorher erduldet haben. Sie wollen es genießen, daß sie dem heimischen Steuerzahler entronnen sind und daß sie neben dem heimischen Steuerzahler einen neuen gefunden haben und daß diese beiden nicht einmal miteinander in Verbindung stehen und nie dazu kommen, die Ausgaben zusammenzurechnen und festzustellen, was ein GI oder ein Tommy oder ein Poilu in toto kostet. Aber auch hier ist eines nötig, daß nämlich die zivilen Gewalten, denen letzten Endes die Verantwortung für den Gang der Welt anvertraut ist, auf der Höhe ihrer Wachsamkeit und ihrer Verantwortung bleiben.
Fremde Truppen sind nach Völkerrecht exterritorial, mögen sie zur Besetzung oder zur Verteidigung oder zur Parade anwesend sein. Man wird
nicht erwarten können, daß diese fremden Truppen in Beurteilung dessen, was überflüssige Ausgaben seien, sich rein deutschen Maßstäben unterwerfen. Auf der anderen Seite wäre es unbefriedigend, wenn die Deutschen, die sich letzten Endes zur Aufbringung des Geldes verpflichten, nicht die Möglichkeit hätten, die Verwendung ihres Geldes nachzuprüfen und dabei mitzureden. Es erscheint daher angezeigt, eine deutsch-alliierte Prüfungsbehörde einzusetzen, die den Regierungen oder den Parlamenten verantwortlich ist.
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Wir haben hier die Frage der Besatzungslasten unter völkerrechtlichen, politischen und finanziellen Gesichtspunkten betrachtet. Wir sollten jedoch nicht versäumen, zum Schluß zu den Fragen auf diesem weitschichtigen Gebiet auch unter rein menschlichen Gesichtspunkten Stellung zu nehmen. Von den Besatzungslasten sind nicht nur die Bundesrepublik und der Steuerzahler betroffen, sondern Zehntausende von deutschen Staatsbürgern, deren Häuser für die Besatzungsmächte beschlagnahmt sind, und jene, die durch die Besatzungsmächte Schaden erlitten haben.
Meine Freunde und ich sind der Ansicht, daß in dem Augenblick, in dem das Verhältnis der Bundesrepublik zu den Besatzungsmächten auf eine vertragliche Grundlage gestellt werden soll, auch die Rechtsbeziehungen zwischen den Besatzungsbetroffenen auf der einen Seite und ihrem Staat und den Alliierten auf der anderen Seite rechtlich einheitlich geregelt werden sollen. Das materielle und formelle Besatzungsrecht müßte nicht nur mehr nach alliierten Normen geregelt werden, sondern nach Normen, die von deutscher Seite in Beratung und in Vereinbarung mit den Alliierten erlassen werden,
Wir denken daran, daß alle diese Fragen auch in Österreich bereits seit langem vertraglich geregelt worden sind. Ich glaube, es ist höchste Zeit geworden, daß das Kriegs- und Besatzungsregime endlich beendet wird und die Normen des Friedens und die Normen der Gleichwertigkeit der Partner auf diesem Gebiet Platz greifen.
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Das Besatzungsregime, wie es zur Zeit noch besteht, ist - ich glaube, das ist die Auffassung aller Deutschen - ganz unbefriedigend geworden. Und wenn wir auf diesem Gebiet der deutschen Außenpolitik mit so viel Leidenschaft und Hingabe tätig sind, dann nicht deshalb, um uns mit den Alliierten zu entzweien, sondern um uns mit ihnen zu vereinigen. Wir wollen endlich diesen Stein des Anstoßes beseitigen und wir wollen den Weg frei machen für eine gemeinsame Verteidigung und für die Sicherung des Friedens in dieser Welt.
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Meine Damen und Herren, ich appelliere an Sie, sich im Interesse der Förderung der Tagesordnung möglichst kurz zu fassen.
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Wir haben eine Aussprache, und das Aneinanderreihen von wohlvorbereiteten Reden ist noch keine Aussprache. Also ich bitte Sie um möglichste Kürze. Wir haben, wie Sie wissen, noch eine sehr umfangreiche Tagesordnung, darunter Punkte, von denen die Mitglieder dieses Hauses überzeugt sind, daß sie heute auf jeden Fall noch erledigt werden müssen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Fisch.
Meine Damen und Herren! Einer meiner Vorredner sprach von dem neuen Geist, der sich in der Besatzungspolitik bemerkbar mache. Ich glaube, es wäre gut gewesen, wenn der Herr Präsident den Redner bei dieser Bemerkung darauf aufmerksam gemacht hätte, daß er nicht zur Tagesordnung spricht; denn. im Zusammenhang mit dem uns vorliegenden Besatzungshaushalt vom Auftauchen eines neuen Geistes zu sprechen, dazu gehört entweder sehr viel Phantasie oder eine absolute Unkenntnis des Punktes der Tagesordnung, den wir gerade behandeln.
Herr Abgeordneter, soweit Sie mich kritisieren, weise ich darauf hin, daß der Geist in diesem Hause nicht meiner Kontrolle unterliegt.
Herr Präsident, Sie haben diesen Teil der Tagesordnung nicht präsidiert. Ich habe Sie damit nicht persönlich gemeint.
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Meine Damen und Herren! Der uns vorliegende Besatzungshaushalt kann in zweierlei Hinsicht als typisch für die amerikanische Politik auf .deutschem Boden angesprochen werden, einmal deshalb, weil er der Ausdruck des Herrenstandpunktes ist, den die amerikanische Politik und die amerikanische Armee im besetzten Gebiet vertritt. Er ist zweitens auch darum typisch, weil die Höhe der Belastungen in keinem Verhältnis zu den wirklichen Bedürfnissen unseres Landes steht. Man kann hinzufügen, daß auch die Methode. mit der die Forderungen eingetrieben werden, ganz dem Sinn der amerikanischen Politik entspricht. Diese
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Methode besteht darin; den wahren Inhalt geheimzuhalten, zu tarnen, mit schönen Redensarten zu verdecken, die Forderungen aber gleichzeitig in ultimativer Form als Befehl zu präsentieren.
Um den Wahrheitsgehalt klarzustellen, muß man die Zahlen nennen, die der Wirklichkeit entsprechen. Es hat keinen Sinn, bei den 4.5 Milliarden DM zu verweilen, die der gegenwärtige Haushaltsplan 1950 ausweist. Der Finanzminister hat uns in einer Pressekonferenz vor einigen Tagen andere Zahlen mitgeteilt. Demnach sind die Ausgaben auf Konto Besatzungskosten auf nicht weniger als 9,7 Milliarden DM einzuschätzen. Zu den 6,6 Milliarden DM offizieller Besatzungskosten kommen hinzu die sogenannten Auslaufkosten des Etats 1950/51, die jederzeit auf das nächste Haushaltjahr übertragen werden können, die jederzeit für irgendwelche anderen Zwecke im Rahmen der Besatzungspolitik angefordert werden können. Es kommen hinzu vorläufig 800 Millionen DM für Ausgaben, die die Besatzungsherren nicht als Besatzungskosten anerkennen, und zwar solche, wie sie in § 5 des Überleitungsgesetzes umschrieben sind. In diesem Paragraphen sind eine ganze Reihe solcher besonderer Ausgabenpunkte aufgezählt. Einer von ihnen wird bezeichnet als „Aufwendungen für Bau von strategischen Anlagen und Einrichtungen".
Diese Kosten sind uns zugewiesen; wir sollen die Mittel für ihre Deckung aufbringen. Aber die Besatzungsmächte lassen nicht zu, daß diese Leistungen für ihre Besatzungs-, ihre Kriegspolitik als das bezeichnet werden, was sie in Wirklichkeit sind. Man kann sich vorstellen, daß Ausgaben dieser Art nicht auf dem gegenwärtigen Stand bleiben. sondern die Tendenz der ständigen Erhöhung und Ausweitung in sich tragen.
Vorerst haben wir also eine Summe von 9,7 Milliarden DM, für die wir in einem Jahr nicht weniger als 970 000 Wohnungen errichten könnten. Es ist kein Wunder, daß der Finanzminister es für nötig hält, uns angesichts dieser Lage fast wöchentlich mit Klageliedern zu beschenken. Er sprach jetzt von einem voraussichtlichen Kassendefizit von 5 Milliarden DM. Wir vermissen aber im Klagelied des Finanzministers die Darstellung der wirklichen Ursachen dieser schwierigen Finanzsituation. Nicht die Soziallasten, nicht all die anderen Lasten, die er heute aufgezählt hat, haben die schwierige Lage hervorgerufen. Der wesentlichste Punkt des Haushalts der Bundesrepublik, diese 9,7 Milliarden DM, bringen unser Volk in diese schwierige Lage.
Darum kann man der Lage auch nicht mit Entschließungen begegnen, wie sie uns heute von allen Fraktionen des Hauses mit Ausnahme der KPD vorgelegt werden. Was für einen praktischen Sinn soll es haben, zu beschließen, der Bundestag „sehe sich außerstande, über die vorgelegten Haushalte sachlich zu beschließen". Was für einen Sinn soll es haben, zu erklären, man könne die Verantwortung dafür nicht übernehmen? Meine Damen und Herren, in dem Maße, wie Sie sich zur amerikanischen Politik in Europa und speziell in Deutschland bekennen, in dem Maße tragen Sie die Verantwortung für diesen Besatzungskostenhaushalt, ob Sie das nun von sich weisen oder nicht.
Es gibt angesichts einer solchen Lage nur eine Konsequenz. Diese besteht darin, daß man beschließt: Wir weigern uns, die befohlenen Milliardenzahlungen zu leisten, wir weigern uns, den
Haushaltsplan für die Besatzungskosten anzunehmen. Weil dies die entscheidende Frage ist und die Beantwortung dieser Frage allein ins Gewicht fällt und sich nicht mit leeren Redensarten abtun läßt, darum legt meine Fraktion den Antrag zur Debatte vor, in dem verlangt wird, daß Einzelplan XXIV und Einzelplan XXV gestrichen werden.
Es handelt sich ja nicht nur um rein finanzielle Belastungen. Wenn man alle Belastungen in Zahlen ausdrücken wollte, müßte man hinzurechnen, welche Lasten durch andere als finanzielle Maßnahmen für unser Volk durch die Besatzungspolitik entstanden sind: die Maßnahmen der Rohstoffhortung, des Zwangsexports von Rohstoffen für das westliche Rüstungspotential, die dadurch hervorgerufene Teuerung, die Auswirkungen im Bereich unserer zivilen Industrie, im Bereich des Außenhandels usw.
Heute vormittag fiel hier die Redewendung, daß es nötig sei, den Kommunisten das Privileg zu nehmen, allein als Befürworter des Friedens aufzutreten.
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Es sollte uns freuen, wenn sich die Politik anderer Parteien so ändern würde, daß man auch diese Parteien als konsequente Vertreter einer Friedenspolitik ansprechen dürfte.
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Zu der jetzt zur Diskussion stehenden Frage aber möchte ich sagen: in der ganzen sogenannten westlichen Welt mehren sich die Stimmen der Vernunft, die sagen, an der amerikanischen imperialistischen Politik gehen wir alle zugrunde, auch diejenigen, die berechnenderweise als „Verbündete" angesprochen werden. Auch in den Reihen der britischen Regierungspartei hat sich eine Anzahl von warnenden Stimmen erhoben, die erklären: Wir können es nicht weiter verantworten, daß durch die für die amerikanische Rüstung uns aufgezwungene Politik unsere nationale Wirtschaft zugrunde geht und die primitivsten sozialen Bedürfnisse unseres Volkes mit Füßen getreten werden. Es ist höchste Zeit, daß sich auch hier in diesem Hause solche vernünftigen Stimmen erheben, die erklären: Wir können es angesichts der Not unseres Volkes nicht länger verantworten, uns im Schlepptau der amerikanischen Rüstungspolitik, im Schlepptau der amerikanischen Herrenmenschentheorie, im Schlepptau der amerikanischen Aggressionspläne zu bewegen.
Meine Damen und Herren, die „Einwände", die gegen den uns vorgelegten Besatzungskostenhaushalt von den verschiedenen Seiten erhoben worden sind, wiegen nicht schwer. Sowohl der Bundesfinanzminister als auch die Sprecher der Fraktionen haben sich heute über die Methode der einseitigen Festsetzung der Summe beschwert und erklärt, diese Methode sei mit dem Besatzungsstatut nicht vereinbar. Herr Schäffer erklärte am 19. März auf der Bundespressekonferenz, er wolle erst prüfen, ob diese Methode völkerrechtlich, finanzpolitisch und haushaltsrechtlich zu verantworten sei; dann erst wolle er der Alliierten Hohen Kommission den Standpunkt der Bundesregierung mitteilen. Ich möchte den Herrn Finanzminister fragen, zu welchem Ergebnis seine völkerrechtlichen und haushaltsrechtlichen Studien geführt haben. Wenn diese Methoden mit den Grundsätzen einer demokratischen Haushaltsführung r icht vereinbar sind, gibt es doch nur eine Konsequenz, nämlich die, das uns
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vorgelegte, das uns aufgezwungene Machwerk des Besatzungskostenhaushalts abzulehnen und zu erklären: wir zahlen keinen Pfennig. Aber aus dem Munde des Finanzministers hört man nicht. daß er diese Konsequenz ziehen will. Man bestellt sich gelegentlich von seinen bayerischen Parteifreunden einige Protestreden gegen den provozierenden Luxus der Besatzungsangehörigen. Das alles kann nicht ernst genommen werden, solange die Politik der gleichen Herren darauf abzielt, die Politik der Besatzungsmacht in Schutz zu nehmen, sich der Politik der Besatzungsmacht anzuschließen. sich ihr zu unterwerfen.
Ich möchte nicht auf alle Einzelheiten des Haushaltsplans eingehen. Die Herren Vorredner haben sich in sogenannter Kritik, die ja modern geworden ist, über diesen und jenen Posten des Haushaltsplans genügend ausgesprochen, ob es sich nun um die Neubauten für die Besatzung im Betrage von über 400 000 000 DM oder um andere Posten im Betrage von Hunderten von Millionen handelt, die uns in keiner Weise näher umschrieben werden. Man könnte auch über andere, zusätzliche Kosten sprechen, die den Gemeinden, den Städten aufgeladen werden, die in keinem Besatzungskostenhaushalt zu finden sind und die nach oberflächlicher Berechnung Hunderte von Millionen ausmachen.
Gestatten Sie mir nur einige Schlußfolgerungen. Immer dann, wenn die Herren Kritiker an solchen ,.Schönheitsfehlern" der Besatzungspolitik zum entscheidenden Punkt gelangen, nämlich zu der Frage: Ja oder Nein, Bewilligung oder Ablehnung, dann ziehen sie die alte Platte aus der Tasche: man sei zur Leistung von Opfern gezwungen, weil uns die Gefahr aus dem Osten drohe.
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Von der Gefahr aus dem Osten hat auch ein anderer gesprochen, der mit diesen Phrasen nur seine eigenen Aggressionsabsichten tarnen wollte.
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In der Geschichte der Sowjetunion im Verhältnis zu Deutschland hat es zweimal Überfälle gegeben: 1918/1919 und 1941. Beide Male sind die Überfälle von deutscher Seite ausgegangen. Wer heute die Lüge von der Aggressionsabsicht der Sowietunion wiederholt, der tritt nicht nur in die Fußstapfen Hitlers, sondern er will dasselbe. er treibt dieselbe Politik wie Hitler, und wenn man ihn gehen ließe, würde er unser Volk in eine noch schlimmere Katastrophe führen als Hitler.
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Darum: wer diese verwirrenden Agitationsreden aus der alten Goebbels-Vergangenheit heute neu auftischt, der macht sich mitschuldig nicht nur an der großen lebensbedrohenden Gefahr für den Bestand unseres Volkes, sondern auch mitschuldig an all den Vorleistungen, die heute von unserem Volke für die amerikanische Kriegspolitik abverlangt werden. Die Besatzungslasten mit Tausenden von Millionen, wie sie uns heute vorliegen, sind solche Vorleistungen. Die Sprecher fast aller Fraktionen haben zum Ausdruck gebracht. es sei ihr Wunsch, Beiträge für die Verteidigung des Westens zu liefern. Sie haben damit erklärt, daß sie sich nur gegen die Methode des Befehls wehren, aber daß sie bereit sind, aus freiem Entschluß Tausende von Millionen für die amerikanische Kriegsvorbereitung zu zahlen. Sie haben erklärt, sie wehren sich gegen „unrationelle" Leistungen,
und sie wollen rationelle Leistungen für die Kriegsvorbereitungen. Wir sagen: ob rationell oder unrationell, so oder so, es geht zu Lasten unseres Volkes! Es ist ein Beitrag zum Niedergang, ein Beitrag zur Organisierung der Katastrophe unseres Volkes.
Herr Abgeordneter Fisch, ich bitte Sie, sich zu rationieren. Ich möchte in zwei Minuten abklingeln.
Niemand bedroht den Bestand unseres Volkes als diejenigen, die am Kriege interessiert sind. Am Kriege interessiert sind aber nur diejenigen, die am Kriege verdienen, jene, die auch im vergangenen Krieg Milliarden an Sonderprofiten durch den Tod von Millionen Menschen eingesteckt haben, diejenigen, die aus reiner Profitsucht, aus Angst vor dem Ende einer längst überalterten Gesellschaftsordnung zum Kriege als den letzten Ausweg treiben. Gegen sie muß sich der geeinte Wille unseres gesamten Volkes zur Wehr setzen. Nicht Konzentration der Besatzungsmächte und ihrer Divisionen an der Elbe, sondern Abzug der Besatzungstruppen. Nicht Ausbildung amerikanischer Divisionen in der Lüneburger Heide und bei Grafenwöhr, sondern friedliche Arbeit unserer Arbeiter, unserer Bauern. Nicht Folge leisten dem amerikanischen Haßfeldzug, sondern die Verständigung zwischen den Deutschen in Ost und West, das ist ein Weg, der nach dem Lichte führt. Das ist ein Weg, der eine Perspektive für die Zukunft hat, das ist der Weg, den unser Volk gehen muß. Darum werden wir nicht aufhören, die Besatzungslasten, die uns heute aufgezwungen werden, als einen naturnotwendigen Beitrag der amerikanischen Kriegspolitik zu entlarven, und nicht aufhören, unserem Volke die einzig mögliche Lösung vor Augen zu halten, nämlich sich zu verständigen, sich zu vereinigen, damit es wieder leben kann in einem geeinten, freien und unabhängigen Lande, in dem es keine Besatzungskosten mehr geben wird.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mir die Mahnung des Herrn Präsidenten zu eigen machen. daß wir zu einer Aussprache zu kommen haben. Diese Aussprache ist insbesondere deshalb notwendig geworden, weil der Vertreter der Sozialdemokratischen Partei, Herr Kollege Schmid, in Anlehnung an den hier zur Debatte stehenden Gegenstand einige sehr grundsätzliche Ausführungen gemacht hat, die nicht unwidersprochen bleiben können.
Zunächst darf ich allerdings feststellen. daß es eine erhebliche Geduldsprobe gewesen ist, wenn man meinen KP-Vorredner anhörte. Ich glaube, es gibt niemanden hier im Saale, der weniger berechtigt wäre als die KP, sich über die Besatzungslasten auszulassen, nachdem ein großer Teil unseres Vaterlandes darniederliegt: ich meine das Gebiet ostwärts der Oder-Neiße-Linie, das praktisch zerstört worden ist, und das Gebiet der deutschen Mittelzone zwischen Oder und Elbe, das wie eine Zitrone ausgepreßt worden ist, wie es in der Geschichte beispiellos ist.
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Wenn der Vertreter dieser Partei in engster Zusammenarbeit mit einem Staat steht, dessen Politik
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- ich will mich vorsichtig ausdrücken - nach 1945 dazu beigetragen hat, daß diese geplagte Welt keine Ruhe zu finden vermag, so daß alle Produktivkräfte aufgewandt werden müssen. um im Zustand der Spannung noch den letzten Rest der Sicherheit zu retten,
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dann hat es keinen Sinn, mit dieser Partei zu diskutieren. Sie lehnt ja auch ihrer ganzen Struktur nach jede Diskussion ab.
Nun aber zu den Ausführungen unseres Kollegen Schmid. Es ist beanstandet worsen, daß die Regierungsbank bei diesem Gegenstand leer sei. Wir haben feststellen müssen, daß es sich um eine Auflage handelt, daß hier also eine parlamentarische Verantwortlichkeit gar nicht zur Debatte steht. Dies wird, glaube ich, dadurch zum Ausdruck gebracht, daß diese Debatte von der Regierung als rein technisch betrachtet wird, indem der Herr Staatssekretär, der über die technischen Vorgänge im Bilde ist, anwesend ist. Irgendeine Verantwortlichkeit des Finanzministers, über die etwas gesagt werden könnte, liegt nicht vor.
Insofern war es allerdings berechtigt, daß der Herr Kollege Schmid in die Tiefe der Problematik dieser Frage hineingestoßen ist, nämlich in die Frage nach der Natur des Besatzungsregimes. Dieses Besatzungsregime beruht auf einer völkerrechtlich völlig anormalen Grundlage. Man versucht, einen Krieg zu liquidieren, wie man sonst einen Bürgerkrieg liquidiert. Das heißt: die siegende Partei hat von sämtlichen Rechten der Intervention Gebrauch gemacht. Die Interventionen gehen bis tief in den Kern des besiegten Staates hinein. Das ist eine Konstruktion, die vielleicht auf die Erinnerung der Vereinigten Staaten zurückgeht, damals, als man im Bürgerkrieg Mitte des vorigen Jahrhunderts auch eine unterlegene Partei sozusagen in die Gemeinschaft des Staates zurückerzog. Die Deutsche Partei hat sich von Anfang an gegen dieses Prinzip der Liquidation eines Krieges gewandt. Daraus ist eine Debatte entstanden. welches denn eigentlich die Natur dieses Besatzungsregimes gewesen ist, ob eine occupatio bellica - kriegerische Besetzung -, eine occupatio pacifica - friedliche Besetzung - oder jenes merkwürdige Gebilde der occupatio mixta, in dem sich eine Hilflosigkeit der Völkerrechtswissenschaft ausdrückt, indem man auf der Suche nach Maßstäben und Prinzipien einen Begriff für etwas wählt, was man eigentlich nicht definieren kann.
Ich glaube, daß gerade eine unterlegene Nation ein besonderes Interesse daran hat, die richtigen Maßstabe zu finden. Um den Weg in die Zukunft zurückzugewinnen, müßte man sich an die eigentliche Zielsetzung halten, die die Liquidation eines Krieges nach sich zieht. Der Krieg muß liquidiert werden, um den Frieden wiederherzustellen, d. h. die gestörte Ordnung unter den Staaten wieder in ein Gleichgewicht zu bringen. Frieden heißt Gesundheit der Beziehungen der Völker untereinander. Es ist die Aufgabe gerade einer besiegten Nation, dem Konstruktiven, dem, was dem Recht gemäß ist, was die Lebensfähigkeit und eine Ordnung der Zukunft in sich bergen kann, nachzugehen. Wenn man gewillt ist, sich diese merkwürdige Art des Besatzungsregimes klarzumachen, wenn man in ihm doch irgendwie den Keim eines werdenden künftigen Völkerrechts, eines Rechts des Friedens und einer Ordnung, die das Zusammenleben der Völker ermöglicht, erblickt, dann muß
man sich an die wenigen Zukunftshoffnungen halten, die auch in den Kriegskonferenzen zum Ausdruck gebracht worden sind. Ich meine hier das Grundziel, die im Kriege gestörte Ordnung der Völker 'dadurch zu bereinigen, daß die deutsche Nation in die Gemeinschaft der freien Völker zurückgeführt wird. Ich glaube, alle demokratischen Fraktionen dieses Hauses sind sich völlig darin einig, daß die Freiheit und Gleichberechtigung unseres Landes das unverzichtbare Ziel unserer deutschen Außenpolitik ist, Freiheit und Gleichberechtigung nicht nur der Bundesrepublik, sondern des Bundes im Sinne der Identität mit dem alten Deutschen Reich. Die deutsche Nation in ihrer Gänze, nicht nur im Westen, nicht nur in der Mitte, sondern auch in den alten historischen Gebieten und in den historischen Grenzen muß in Freiheit und Gleichberechtigung auf Grund der gegenseitigen Achtung an den Tisch der Nationen zurückkehren.
Lediglich in den Methoden ist ein Streit aus-. gebrochen. Wenn ich der Auffassung des Herrn Kollegen Dr. Schmid, der heute vom sozialdemokratischen Standpunkt aus in einer sehr herben Kritik Stellung genommen hat, folgen will, dann ist es ein Streit um die Methode. Traurig, daß dieser Streit um die Methode sich nicht in dem sachlichen Rahmen gehalten hat, der notwendig wäre, sondern daß durch diesen Streit alle defaitistischen, nihilistischen und anarchistischen Züge in unserem Volk aufgebrochen sind, so daß das letzte Jahr, das uns dank der Politik der Bundesregierung Schritt für Schritt dem Ziel der Freiheit und Gleichberechtigung tatsächlich nähergebracht hat, in seinem politischen Effekt im Volke nicht verstanden und weitgehend verspielt worden ist.
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Worin liegt nun der Unterschied in der Methode, die die Sozialdemokratie als außenpolitische Konzeption sieht und die wir als außenpolitische Konzeption sehen? Ich habe einmal - es war noch zur Zeit des Parlamentarischen Rates - .das Wort gehört, das deutsche Volk müsse noch erst durch ein Fegefeuer gehen, ein Fegefeuer, das dann über es hereinbreche, wenn es die Härte des Sichversagens aufzubringen in der Lage sei.
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- Das war der Redner des heutigen Tages, unser Kollege Schmid. - Dies ist eine Vorstellung, die ganz aus dem nationalstaatlichen Denken des vergangenen Jahrhunderts hervorgeht. Nehmen wir an, wir wären im Jahre 1870 unterlegen gewesen: oder denken Sie an die Niederlage Preußens im Jahre 1806. Dort ist die Politik des Sichversagens, des absoluten Neins möglich und vielleicht auch sinnvoll gewesen, weil immerhin noch ein Rudiment von Staat vorhanden war. Die Problematik unserer Gegenwart ist aber eine vollkommen andere. Uns fliegen die gebratenen Tauben des außenpolitischen Erfolges nicht dadurch in den Mund, daß wir in Passivität versinken. Einem Volk, das nur noch in einem Teilgebiet seines Landes die Freiheit der Entschließung hat, fehlt eben auch rein machtmäßig gesehen die Möglichkeit, durch ein reines Sichversagen, durch die Passivität, durch das Nein die destruktiven Ziele einer auch aus nationalstaatlichem Machtwillen geborenen Siegerkonzeption in die richtigen Bahnen zu leiten. Es ist eine völlig andere Lage. Dieses Jahrhundert zeigt uns auf, daß Großraumgebilde entstehen. Im Osten steht bereits unter der Führung des Kreml
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fast der ganze asiatische Kontinent samt Osteuropa, ein Machtbereich, wie ihn Dschingis-Khan einmal erreicht hat und wie er danach nicht wieder erreicht worden ist. Wenn ein solches politisches Gebilde in der Welt steht, dann kann der restliche Teil der Welt nicht in Konzeptionen verharren, wie sie das nationalstaatliche Jahrhundert. hervorgegangen aus der Französischen Revolution, im 19. Jahrhundert eben gehabt hat.
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Hier kreuzen sich zwei ganz verschiedene Linien. Potsdam und ein Teil der Kriegskonferenzen, auf denen von den Alliierten das Konzept der Behandlung Deutschlands gefunden worden ist, sind noch der letzte Rest jenes imperialistischen. nationalstaatlichen Jahrhunderts. Genau so ist Versailles dadurch verfehlt worden, daß nicht die neuen konstruktiven Ideen beachtet wurden, daß nämlich der Nationalstaat als solcher gar nicht mehr bestehen kann. Bereits damals mußte man zu größeren Zusammenschlüssen kommen. Dieses innere Gesetz des Werdens hat man verkannt. Deshalb. glaube ich, ist es eine richtige Haltung der Regierung - und ich möchte das in allem Ernste sagen -, daß gerade von unserer Seite aus nicht jener Protest aus dem Ideen- und Zeitbild gewonnen wird, wie etwa das geschlagene Preußen nach 1806/07 bis 1813 sich benahm oder wie man es vielleicht auch noch nach 1918 machen konnte. Wir erinnern uns aber auch, daß der Kampf gegen den Versailler Vertrag, so wie wir Deutschen ihn geführt haben und ihn aus innerem Bedürfnis heraus führen mußten, weil er Lebensbedürfnisse unseres Landes verletzt hat, nicht zur wahren Befreiung unseres Landes geführt hat.
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Dieses Lernen aus der Geschichte, das ist nun einmal die Aufgabe, um zu dem zurückzukehren, was ich mir anfangs zu sagen erlaubte. Ein Volk in der Niederlage muß seine Situation erkennen. muß sich den Entwicklungsströmen, die in .der Geschichte erkennbar sind, anzupassen versuchen.
Meine Damen und Herren, es gibt ein Schweizer Buch „Auch einer". Da steht der schöne Satz: „Das Moralische versteht sich immer von selbst!".
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- Gut, ich nehme diese Belehrung an. - „Das Moralische versteht sich immer von selbst!" Daß sich diese Nation und diese Regierung nicht einmal gedemütigt haben, das steht fest. Ich gebe dem Kollegen Schmid zu: es ist uns eine böse Politik der Junktims auferlegt. Aber wenn wir uns Zentimeter für Zentimeter vorarbeiten wollen, - ich möchte das praktische Konzept sehen, wie denn die Position gewonnen werden kann, um mit der einzigen Waffe, die uns geblieben ist, um unser Recht und um unsere Freiheit zu ringen. Wir müssen ja gewissermaßen erst wieder prozeßfähig geworden sein, irgendwie 'die Legitimation in der Hand haben, an den Tisch kommen, um im Wege der Verhandlung alles das zu tun, was Ihre Konzeption des Versagens in einer gewissen Illusion vorwegzunehmen trachtet. Wir verkennen ia doch die furchtbare Lage, in der dieses Volk zurückgeblieben ist! Österreich hat es ja tausendmal besser als wir, tausendmal besser! Es hat seine Staatlichkeit gerettet und bewahrt. Wir kommen erst allmählich Schritt für Schritt dahin, die Position
zu gewinnen, aus der heraus man mit allen Waffen rechtlicher Argumentation arbeiten kann.
Ich stimme dem Kollegen Schmid - und ich glaube, die Mehrheit dieses Hauses - restlos zu: Die Zeit des Besatzungsregimes, der Interventionen muß vorbei sein, wenn wirklich jener konstruktive Weg in den größeren europäischen oder gar atlantischen Raum gegangen werden soll. Und er muß gegangen werden.
Die Höhe der Besatzungslasten ist hier in der Debatte sehr gut und erschöpfend kritisiert worden. Ich habe dazu nichts weiter hinzuzufügen. Aber ich möchte doch zu einem wichtigen Punkt Stellung zu nehmen versuchen. Die Erfüllung der sozialen Verpflichtungen ist der beste und zuverlässigste Verteidigungsbeitrag. Da gibt es das Wort von Friedrich Naumann, das recht zu verstehen ist: Es nützt die beste Sozialpolitik nichts. wenn die Kosaken kommen! Aber ich möchte dieses Wort auch nicht übertreiben. Tatsächlich kann man 'keine Rangordnung zwischen Fragen der rein militärischen Sicherheit und der Sozialordnung aufstellen. Auch hier ist es notwendig, einmal unsere Situation zu erkennen. Sie ist ja vollkommen anders als die der anderen europäischen Staaten, also etwa als die Situation Englands. Unser Land steht nicht im normalen Status, nicht nur rechtlich, nicht nur materiell, sondern insbesondere nicht hinsichtlich seiner sozialen Struktur. Wir haben ja nicht nur die Gruppe von Sozialrentenempfängern, wie sie üblicherweise in einem gesunden Staat als eine ständige Bevölkerungsgruppe vorhanden ist, sondern wir haben eine in die Millionen hineingehende Zahl von Kriegsopfer- und Kriegsfolgelasten auf sozialem Gebiet und dazu eine Verproletarisierung unseres Volkes durch den Tatbestard der Vertreibung von etwa 15 Millionen, in der Bundesrepublik von 7,9 Millionen Menschen, mit den ausländischen Vertriebenen rund 9 Millionen Menschen. Eine völlig anormale Lage! Es ist selbstverständlich - ich glaube, darüber sollte in diesem Hause gar keine Diskussion sein -: es handelt sich hierbei nicht um soziale Lasten, sondern um eine soziale Verpflichtung. Das ist selbstverständlich. Wie soll ein Staat in den normalen Rahmen der Zusammenarbeit mit anderen Staaten in einer Großraumgemeinschaft eingegliedert werden, wenn dieser Staat nicht in ,die Lage versetzt wird, seinen sozialen Verpflichtungen, die ja doch etwas Primäres sind, zu erfüllen. Deshalb. glaube ich, sollte man über die Frage, was den Vorrang habe und was nicht, nicht in diesem rein theoretischen Sinne diskutieren, sondern wir sollten eines tun, und das so schnell wie möglich: einmal eine ganz klare Bilanz über die Leistungsfähigkeit unseres Landes aufstellen, wobei als Berechnungsposten unter allen Umständen die sozialen Verpflichtungen aufzutreten haben; denn die müssen erfüllt werden. Wenn überhaupt eine Gesundung unseres Landes kommen soll, gibt es gar keine andere Möglichkeit als die, diesen Posten voll einzusetzen. Wir können und dürfen nicht zu Lasten dieser grundsätzlichen Verpflichtung Leistungen zusagen oder vorspiegeln, die wir gar nicht erbringen können. Jene Leistungsbilanz des deutschen Volkes müßte aufgestellt werden - und ich glaube, das ist eine Aufgabe des Bundesfinanzministers -, damit man sich in konkreten Zahlen und Vorstellungen bewegen kann. Denn Deutschland kann nicht in der Mitte Europas der kranke Mann sein.
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Wenn wir zu jener wirklich konstruktiven Gesundung kommen wollen - und ohne diese konstruktive Gesundung, ohne die Zusammenarbeit mit der freien Welt wird es keine Zukunft, weder für unser Land, noch für unsere Nachbarn geben -, müssen klare Vorstellungen über die noch verbliebene Leistungsfähigkeit unseres Volkes geschaffen werden. Wir werden hier hart zu sein haben und wirklich einmal das Nein aussprechen müssen aus innerster sittlicher Verpflichtung, auch aus Verantwortungsgefühl den andern gegenüber. Dann werden auch die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen sein, um Deutschland in der Form seiner Eingliederung in die Gemeinschaft der freien Völker wirklich zu sanieren. Dazu ist eine Wandlung im Geiste notwendig, zunächst aber auch einmal eine Wandlung in unserem Geiste. indem wir von den nationalistischen Konzeptionen des vergangenen Jahrhunderts abgehen.
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Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
Hartmann, Staatsekretär im Bundesministerium der Finanzen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. von Merkatz namens des Bundesfinanzministeriums in aller Kürze eine Erklärung zu zwei Punkten abgeben. Erstens zu dem Antrag Drucksache Nr. 2029. Das alliierte Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden im Verhältnis von 10 zu 1 ist ohne unsere Zustimmung ergangen.
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Die Fragen die damit zusammenhängen, sind von so großer rechtlicher, sozialer und finanzieller Bedeutung, daß ich mir die Anregung erlauben möchte, diesen Antrag an den Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten, an den Rechtsausschuß und an den Haushaltsausschuß zu überweisen..
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- Ich habe mir nur erlaubt, diese Anregung zu geben, und ich hoffe, daß es möglich sein wird, die Anregung aufzugreifen.
Zweitens, meine Damen und Herren, darf ich
Ihnen die Mitteilung machen, daß am morgigen
Tage die Verhandlungen des Bundesfinanzministeriums mit der Hohen Alliierten Kommission auf
dem Petersberg über den Besatzungskostenhaushalt
für 1951 beginnen werden, und ich darf hinzufügen,
daß die heutigen Beratungen des Hohen Hauses,
in denen die grundsätzlichen Gesichtspunkte und
die allgemeinen Fragen mit solchem Nachdruck behandelt worden sind und die in dem gemeinsamen
Entschließungsantrag Drucksache Nr. 2200 gipfeln,
für die morgigen Verhandlungen des Bundesfinanzministeriums von allerhöchstem Werte sein werden.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Matthes.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß Sie um gütige Nachsicht bitten, wenn ich zu diesem Punkt noch für wenige Minuten ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehme. Ich habe heute morgen mit Genehmigung des Präsidenten draußen eine Tafel aufstellen lassen, die, glaube ich, besser als Worte aufzeigt, was unserer Bevölkerung in der Lüneburger Heide an Schäden zugefügt worden ist. Unser Hohes Haus ist allerdings nicht ganz frei von Schuld zu sprechen. Als wir im Juni vorigen Jahres als Drucksache Nr. 1114 einen Antrag meiner Fraktion betreffend Übungen der britischen Besatzungstruppen im Raum der Lüneburger Heide vorlegten, da hat Kollege Schoettle, statt daß dieser Antrag sofort angenommen wurde, Überweisung an den Ausschuß beantragt. In diesem Ausschuß schmort der Antrag noch heute!
({0})
Es ist nichts unternommen worden. Ich habe im Hinblick auf die Schäden nichts unversucht gelassen, um Abhilfe zu schaffen.
Ich will nicht auf die Einzelheiten eingehen. Es ist schlimm genug, wenn an einem Sonntag nachmittag, am 18. März, im Zeitraum von einer knappen Stunde 20 Panzer 40 ha Wintergetreide in der Gemarkung Melbeck umgepflügt haben.
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- Darüber können Sie am allerwenigsten befinden, Sie sind der traurigste Vertreter in dieser Beziehung!
({2}) Ihre Opposition! In der Beziehung stehen wir gegen Sie in Opposition!
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Wir machen das nicht der hohen Militärkommandobehörde zum Vorwurf, das ist eigenmächtiges Vorgehen der Panzerkommandanten, der Kompanie-
oder Bataillonsführer oder wie sich das dort nennt.
({4})
- Das ist leider zum Teil erwiesen. Aber wir müssen daran denken, daß die Gefahr noch viel größer ist für die Menschen, die in der sogenannten blauen Zone am Rande der Truppenübungsplätze wohnen. Daß außerdem gerade der riesige Truppenübungsplatz im Raum der Lüneburger Heide einschließlich der jetzt wiederum beschlagnahmten Fläche von 137 000 ha,
({5}) ausgerechnet dieses Gelände, das das größte Truppenübungsgelände in der deutschen Bundesrepublik darstellt, für die Übungen dieser Panzerdivisionen nicht ausreichen soll, ist unverständlich, besonders wenn man daran denkt, daß die amerikanische Militärbehörde in Grafenwöhr derartige Dinge nicht nötig hat; denn dort ist es ja möglich.
Wir treten heute mit einem Antrag an das Hohe Haus heran - Drucksache Nr. 2201 - , eine Fachabteilung einzurichten, die allerschnellstens anfängt zu wirken - das muß unbedingt sein -, um diese Dinge zu untersuchen. Denn was auf dem einen Truppenübungsplatz möglich ist, sollte auf dem andern ebenfalls durchzuführen sein. Am Sonntag nachmittag hat mir einer der Flüchtlingssiedler, die wir mit hohen Investitionen ausgerechnet in der „blauen Zone" angesetzt haben, gesagt - dieser Flüchtlingssiedler hat. es mir. selbst erzählt -, er hätte dem Panzerkommandanten, einem jungen Leutnant, erklärt: „Bitte, fahren Sie
({6})
doch auf der Feldschneise lang, Sie brechen mir ja meinen ganzen Roggen um". Da sagte dieser junge Offizier: ,,Morgen gehe ich auf Ihren anderen Schlag". Prompt ist es so geschehen, so daß dieser Mann ohne einen Viertelmorgen Ackerland dasteht.
({7})
- Das weiß ich, Herr Müller, aber Sie sind ja gar nicht dazu berufen, darüber zu sprechen.
({8})
- Ja, Gott sei Dank! - Ich erlebe das seit Jahren jeden Sonnabend und Sonntag, wenn ich in meinem heimatlichen Wahlkreis bin. Deshalb ist es mir ein Anliegen, ein Bedürfnis, daß die Menschen, die schon einmal ihre Heimat verloren haben und die wir dort neu angesetzt haben, wenigstens diesen Zipfel Land behalten.
({9})
Das entspringt aber einer anderen Sorge, als Sie sie haben, Herr Müller!
Ich begreife nicht - ich muß das einmal ganz ehrlich aussprechen -, daß es der internationalen Solidarität nicht möglich sein soll, daß unsere Sozialdemokratische Partei Deutschlands nicht auf ihre Genossen drüben in der englischen Regierung einwirkt, daß derartige Dinge sofort unterbunden werden. Das will mir nicht in den Kopf.
({10})
- Ja, Herr Kollege Schoettle, nehmen Sie es mir nicht übel, das ist meine Überzeugung. Der Minister Strachey wird doch sicher dazu in der Lage sein.
({11})
- Nein, der gehört zu Ihnen, Verzeihung. Ja, meine Herren, es tut mir leid, daß Sie plötzlich in diesen Dingen in die Opposition gehen müssen. Vielleicht versuchen Sie es mal! Hat es Erfolg, werden Ihnen Tausende von Menschen in der Lüneburger Heide danken, wenn Sie einen solchen Versuch unternehmen. Vielleicht ist er erfolgreicher als in der Demontagefrage. In der Demontagefrage war es gleichfalls ein Versager.
({12})
Wir bedauern es außerordentlich. Viel, viel schlimmer als das Umreißen dieser kahlen Ackerkrumen in der Lüneburger Heide auf Hunderttausende von Hektaren und Morgen ist, daß die Herzens-,,Krume" der Bevölkerung umgepflügt wird. Das ist doch keine Liebe und keine Verständigung und kein Verstehen, keine Versöhnung und kein Verzeihen, sondern dadurch entwickelt sich der Haß.
({13})
- Jawohl, ich pflichte Ihnen vollkommen bei, verehrter Herr Kollege Hilbert.
Ohne weiter auf diese Dinge einzugehen, möchte ich heute nur noch einen einzigen Satz dazu sagen. Wir werden, weil wir noch eine neue Panzerdivision in diesen Raum bekommen haben, in Kürze erleben, daß die Dörfer am Rande des Truppenübungsplatzes geräumt werden müssen. Vier Dörfer allein, die man da vorgesehen hat, kosten .ins, der Bundesrepublik, 10 Millionen Mark zuzüglich 4 Millionen Investierungen. Auf die Sicherheitsfrage und Legalisierung dieser Frage will ich wegen Zeitmangel nicht weiter eingehen.
Ich bitte Sie dringend, wie es vorhin der Kollege Strauß bereits zum Ausdruck brachte, diesem Antrag Drucksache Nr. 2201 im Interesse der Beteiligten - auf allen Truppenübungplätzen - doch zuzustimmen.
({14})
Zu dieser Frage wünscht der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums noch eine Erklärung abzugeben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Zu dem Antrag auf Drucksache Nr. 2201 darf ich
folgendes sagen. In dieser Angelegenheit hat der
Herr Abgeordnete Blank, der Beauftragte des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen, bereits Verbindung mit dem britischen Generalmajor
Wansbrough-Jones aufgenommen. Außerdem hat
das Bundesfinanzministerium den Regierungspräsidenten von Lüneburg gebeten, so schnell wie
möglich eine Darstellung über die bisher entstandenen Schäden zu übersenden, damit erneut und
mit allem Nachdruck Vorstellungen bei der Alliierten Hohen Kommission erhoben werden können.
({0})
Zur Sache darf ich sagen, daß sich nach unserer Ansicht in der britischen Zone Truppenübungsplätze in genügendem Ausmaß befinden,
({1})
die auch für den Bedarf der früheren Deutschen Wehrmacht ausgereicht haben.
({2})
Wir glauben also, daß es möglich sein sollte, die Inanspruchnahme von Gelände außerhalb dieser Übungsplätze zu vermeiden, insbesondere die Inanspruchnahme von landwirtschaftlich genutztem Gelände.
Was die Entschädigungsfrage betrifft, so hat das Land Niedersachsen bereits am 11. August 1950 Richtlinien für die Behandlung von Manöverschäden herausgegeben. Darin ist vorgesehen, daß örtliche Feststellungskommissionen unter dem Vorsitz des Leiters der Gemeindeverwaltung gebildet werden sollen, auch unter Mitwirkung erfahrener Mitglieder der Ernährungsausschüsse oder ähnlicher Personen. Das Verfahren soll kurzfristig abgewickelt werden. Es können Vorschüsse oder Abschlagszahlungen für derartige Schäden geleistet werden. Nach den alliierten Bestimmungen, insbesondere nach dem alliierten Gesetz Nr. 47 werden die Schäden zu Lasten des alliierten Besatzungskosten- und Auftragsausgabenhaushalts abgegolten. Soweit Schäden des Landes oder anderer nach den alliierten Bestimmungen nicht entschädigungsberechtigter Körperschaften des öffentlichen Rechts in Betracht kommen, ist eine Entschädigung zu Lasten des Einzelplans XXVII vorgesehen.
Ich wäre dankbar, wenn der Herr Abgeordnete Matthes uns das draußen aufgehängte Material überlassen könnte, damit wir diese Darstellungen bei den morgen beginnenden Verhandlungen auf dem Petersberg mit benutzen können.
({3})
Herr Abg. Schoettle, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, daß - der Herr Kollege Matthes in einer Debatte, die ein gemeinsames Interesse berührt, glaubte, es sich leisten zu müs({0})
sen, den Wahlkampf aus dem Lande Niedersachsenin dieses Haus zu verlegen.
({1})
- Herr Kollege Matthes, wer hören konnte, der war sich völlig klar darüber, was die Absicht war. Sie stehen in Niedersachsen in einer Auseinandersetzung unter anderem mit der Sozialdemokratischen Partei und Sie glaubten, hier die Gelegenheit benutzen zu müssen, in einer völlig sinnlosen Weise der Sozialdemokratischen Partei eins ans Bein zu geben. Sie wissen genau so gut, wie ich es weiß, daß die Sozialdemokratische Partei auf die Haltung der englischen Regierung keinen Einfluß ausübt, erst recht nicht auf die Haltung des kleinen englischen Oberleutnants. Wenn Sie, Herr Kollege Matthes, bei Ihrer sonst bewährten Sachlichkeit sich an das gehalten hätten, was ich im allgemeinen von Ihnen erlebt habe, dann hätten Sie diese Rede hier nicht gehalten. Ich habe seinerzeit den Antrag gestellt, Ihren Antrag an den Auswärtigen Ausschuß zu überweisen, weil wir alle immer der gleichen Meinung waren, daß Anträge, die diese Fragen betreffen, zunächst einmal im Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten einer sachlichen Behandlung und einer Prüfung der Rechtslage unterworfen werden müssen. In diesen Fragen gab es selten eine Meinungsverschiedenheit. Herr Kollege Matthes, mir daraus einen Vorwurf zu machen, gehört in das gleiche Kapitel wie Ihre Ausführungen. Ich kann nur noch einmal sagen: Ich bedaure, daß Sie sich diese Entgleisung hier geleistet haben.
({2})
Herr Abgeordneter Pfleiderer, wünschen Sie, den Antrag zu verlesen? - Herr Abgeordneter Dr. Pfleiderer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Beziehung auf die Anträgeder Drucksachen Nrn. 1923 und 1924 darf ich hier einen Antrag im Namen der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, DP, BP, WAV, Z und der Gruppe BHE-DG stellen:
Der Bundestag wolle beschließen:
I.
Der Deutsche Bundestag sieht sich nicht in der Lage, über die ihm in den Drucksachen Nr. 19k3 und Nr. 1924 vorgelegten Einzelpläne XXIV - Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben - und XXV - Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben der Auslaufzeit 1949 - sachlich zu beschließen. Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der in diesen Einzelplänen enthaltenen Ausgaben konnte vom Bundestag nicht nachgeprüft werden.
Der Bundestag bringt mit Bedauern zum Ausdruck, daß ihm auf dem Gebiete der Besatzungslasten das Grundrecht aller parlamentarischen Demokratie, das Bewilligungsrecht, vorenthalten ist.
Der Bundestag kann deshalb nur Kenntnis nehmen von der Anordnung der Besatzungsmächte, die in den Einzelplänen XXIV und XXV enthaltenen Ausgaben nach Abzug der als „Einnahmen" bezeichneten Beträge in Höhe von DM 4 407 558 500 zur Verfügung zu stellen.
Der Bundestag stellt fest, daß dieser Betrag aus rein haushaltstechnischen Gründen in den Haushaltsplan eingesetzt wird, ohne daß der Bundestag hierfür die Verantwortung übernehmen könnte.
II.
Das deutsche Volk zögert nicht, für die Verteidigung der freien Völker, zu denen es selbst gehört, alle notwendigen Opfer zu bringen. Voraussetzung für eine wirkungsvolle Verteidigung ist jedoch, daß die finanziellen Anforderungen der Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft entsprechen, damit nicht der äußere Schutz durch Gefährdung des sozialen Friedens wirkungslos wird.
Der Deutsche Bundestag sieht den Zweck der Besetzung als erfüllt an. Er ist deshalb der Ansicht, daß an die Stelle der Besatzungskosten ein internationaler Verteidigungsfonds treten soll, der dem Schutze aller freien Völker dient. Das Ausmaß des deutschen Beitrages zu diesem Fonds kann nur im Vertragswege festgestellt werden. Durch diesen Vertrag sollen zugleich die Leistungen der Bundesrepublik in ein gerechtes Verhältnis zu den Leistungen der übrigen freien Völker gebracht werden.
III.
Die durch die Folgen des zweiten Weltkriegs bewirkte Beeinträchtigung der deutschen Leistungsfähigkeit erheischt im Bereiche der bisherigen Besatzungskosten die größte Sparsamkeit. Ausgaben, die nicht der Verteidigung dienen, und Verteidigungsausgaben, die nicht notwendig sind, schwächen die Verteidigungskraft der freien Welt und sind deshalb abzulehnen.
IV.
Der Bundesminister der Finanzen wird gebeten, dem Bundestag eine Denkschrift vorzulegen, in der die Möglichkeit von Einsparungen im bisherigen. Besatzungshaushalt dargelegt wird.
Ich darf Sie bitten, meine Damen und Herren, diesem Antrage Ihre Zustimmung zu geben.
({0})
Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Dr. Seelos.
Bei Annahme des eben verlesenen Antrages Drucksache Nr. 2200 betrachten wir den Zweck unseres Antrags auf Drucksache Nr. 2080 vom 16. März als erfüllt; es braucht also nicht mehr darüber abgestimmt zu werden.
Dagegen bitte ich, über die Anträge auf Drucksachen Nrn. 2029 und 2198 hier unmittelbar abzustimmen. Zu dem Antrag Drucksache Nr. 2029 hat bereits der Vertreter der SPD, Herr Dr. Carlo Schmid, seine Zustimmung gegeben. Auch von seiten der Koalitionsparteien habe ich Zustimmung gehört. Ich glaube, daß wir über den Antrag auf Drucksache Nr. 2198 auf alle Fälle sofort abstimmen können und daß das auch bei dem Antrage auf Drucksache Nr. 2029 möglich ist. Ich glaube, daß das wirkungsvoller ist, wenn wir es so machen. Die Formulierung ist so gehalten, daß es einer Ausschußberatung nicht mehr bedarf. Ein Antrag auf Ausschußüberweisung ist auch bisher nicht gestellt. Ich bitte das Haus, die Anträge unmittelbar anzunehmen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine und die Einzelaussprache der zweiten Beratung zu den vorliegenden Haushalten und die Aussprache über die einzelnen weiterhin auf der Tagesordnung stehenden Anträge.
Ich komme zur Abstimmung. Es liegt zunächst der weitestgehende Antrag der Fraktion der KPD vor, die Einzelpläne XXIV und XXV zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen die drei Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache Nr. 2200, der eben verlesen worden ist. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen drei Stimmen angenommen.
Damit ist zunächst die Abstimmung über die Drucksachen Nrn. 1923 und 1924 erledigt, da sich das Haus nicht in der Lage sieht, diese Einzelpläne sachlich zu beschließen. Weiterhin ist nach der Erklärung, die der Herr Abgeordnete Seelos eben abgegeben hat, ebenso die Drucksache Nr. 2080 erledigt.
Ich komme weiter zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Bayernpartei auf Drucksache Nr. 2198. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist angenommen.
Ich lasse weiter abstimmen über den Antrag der Fraktion der KPD auf Drucksache Nr. 2124. Sie haben, Herr Abgeordneter Strauß, angekündigt, einen Antrag auf Übergang zur Tagesordnung zu stellen. Das unterscheidet sich an sich von dem Antrag auf Ablehnung. Wollen Sie den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung stellen?
({0})
- Der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung ist gestellt. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. ({1})
- Der Übergang zur Tagesordnung ist beschlossen.
Weiter liegt ein Antrag der Fraktion der Bayernpartei auf Drucksache Nr. 2029 vor, betreffend Abgeltung von Besatzungsschäden und Besatzungsüberweisung angeregt.
({2})
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Strauß.
Es handelt sich um den Antrag der Bayernpartei. Ich bin grundsätzlich damit einverstanden und meine Fraktion auch, daß dieser Antrag sofort angenommen wird. In der Zwischenzeit hat aber in einem Gespräch Herr Staatssekretär Hartmann mir gegenuber das ausgeführt, was er nachher hier vorgetragen hat, daß ihm nämlich das Gewicht dieses Antrages vergrößert erschiene, wenn er in einer Beratung im Ausschuß für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten eingehend erörtert und dann in dieser Form an den Petersberg herangetragen würde. Ich will meine Zusage oder meinen Antrag von vorhin nicht
widerrufen. Wenn aber die Antragsteller damit einverstanden wären, wären wir damit einverstanden, daß der Antrag zuerst im Ausschuß für Besatzungsstatut und für auswärtige Angelegenheiten federführend behandelt wird.
Ein Antrag auf Ausschußüberweisung liegt nicht vor.
({0})
- Herr Abgeordneter Strauß hat nur erklärt, er beantrage die Ausschußüberweisung nur für den Fall, daß die Antragsteller damit einverstanden wären.
({1})
Da die Antragsteller nicht einverstanden sind, wird ein Antrag auf Ausschußüberweisung nicht gestellt. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Krone.
Ich stelle den Antrag auf Überweisung an den Ausschuß.
Der Herr Abgeordnete Dr. Krone stellt den Antrag, den Antrag der Fraktion der Bayernpartei auf Drucksache Nr. 2029 zu überweisen erstens an den Ausschuß für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten, zweitens an den Rechtsausschuß und drittens an den Haushaltsausschuß.
({0})
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. von Merkatz.
Ich halte es nicht für zweckmäßig, solche Anträge an die Ausschüsse zu überweisen. Sie müssen sofort angenommen werden; sonst hat es keinen Sinn.
Die Frage der Zweckmäßigkeit kann ich mit den Antragstellern nicht erörtern. Der Antrag ist gestellt. Ich muß über ihn abstimmen lassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Fisch.
Meine Damen und Herren! Es ist sehr kennzeichnend für die Methoden, die hier eingerissen sind, daß der erste Antrag, diesen Antrag auf Drucksache Nr. 2029 an die Ausschüsse zu überweisen, von seiten des Vertreters des Herrn Bundesministers der Finanzen gestellt wird. Seit wann ist es üblich, daß ein Staatssekretär einen solchen Antrag stellt?
({0})
Wir wenden uns gegen die Überweisung an den Ausschuß, weil wir voraussehen, daß das zu einem unehrenhaften Begräbnis führt. Wer will, daß der Text dieses Antrages berücksichtigt wird, kann heute und hier darüber abstimmen.
({1})
Ich glaube, richtig referiert zu haben, daß der Herr Staatssekretär die Überweisung an einen Ausschuß angeregt hat. Ich glaube nicht, daß der Herr Staatssekretär damit die Möglichkeiten der Regierung und ihre Befugnisse überschritten hat. Die Anregung ist aufgenommen worden. Ich lasse über den Antrag auf Überweisung dieser Drucksache an die drei genannten Ausschüsse abstimmen. Ich bitte die Damen und Her({0})
ren, die der Ausschußüberweisung zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; die Ausschußüberweisung ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache Nr. 2029. Ich bitte die Damen und Herren, die zustimmen wollen, die Hand zu erheben Das ist die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei Drucksache Nr. 2201. Der Antrag liegt ihnen vor. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? Bei einigen Enthaltungen ist der Antrag angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses betreffend den Einzelplan XXVII - Haushalt der Sonstigen Kriegsfolgelasten. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 1926 zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Dieser Haushaltsplan ist angenommen.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich darf die beiden letzten Punkte der Tagesordnung von gestern aufrufen, und zwar zunächst den Punkt 16:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse ({1}).
Ich bitte die Damen und Herren, die diesem interfraktionellen Antrag auf Umdruck Nr. 155 zustimmen wollen, die Hand zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 17 der gestrigen Tagesordnung:
Beratung der Ubersicht Nr. 25 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen ({2}).
Ich bitte die Damen und Herren, die den darin aufgeführten Anträgen der Ausschüsse zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Das ist ebenfalls angenommen.
Ich rufe auf den heute auf die Tagesordnung gesetzten Punkt:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ({3}) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft ({4}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Bleiß. Herr Abgeordneter, sind Sie so liebenswürdig, das Wort zu nehmen. Darf ich unterstellen, meine Damen und Herren, daß eine umfangreiche Aussprache nicht stattfindet, oder soll eine Begrenzung der Aussprache beschlossen werden? Ich schlage Ihnen eine Begrenzung auf 40 Minuten vor. Ist das Haus damit einverstanden?
({5})
Dr. Bleiß ({6}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich Sie zunächst bitten, in der Drucksache Nr. 2193 einen Druckfehler zu berichtigen. Auf der Rückseite der Drucksache, im Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete
der Mineralölwirtschaft, muß es in § 2 Abs. 1 Ziffer 1 in der zweiten Zeile statt „Zollausschüssen" „Zollausschlüssen" heißen.
Und nun zum materiellen Inhalt des Gesetzentwurfes.
Die bisherigen Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft sind bekanntlich am 31. März dieses Jahres abgelaufen. Kurz vor dem 31. März 1951 war dem Hohen Hause der Antrag Drucksache Nr. 1969 ({7}) vorgelegt worden, mit dem man den Zweck verfolgte, die Geltungsdauer der Bewirtschaftungsvorschriften - in modifizierter Form - bis zum 30. Juni 1952 zu verlängern.
Dieser Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP fand damals nicht die Billigung des Hohen Hauses. Er wurde an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß zurückverwiesen. Eine nochmalige Beratung vor dem 31. März, d. h. also vor dem Ablauf des alten Gesetzes, war nicht möglich. Damit ist die Bewirtschaftung der Treibstoffe mit Wirkung ab 1. April dieses Jahres aufgehoben.
In der Zwischenzeit hat das Bundeswirtschaftministerium einen neuen Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft eingebracht, der in den Ausschußberatungen die Fassung erhalten hat, wie sie Ihnen in der Drucksache Nr. 2193 nunmehr vorliegt.
Bei einem Vergleich mit der ursprünglichen, vom Hohen Hause nicht akzeptierten Vorlage ergeben sich folgende Veränderungen: Geblieben ist von der alten Vorlage im wesentlichen nur der Art. 3. Er ist - fast mit dem gleichen Text - im neuen Entwurf zu § 1 geworden. Er besagt, daß die Bundesregierung oder der Bundeswirtschaftsminister zur Sicherstellung des Bedarfs an Mineralöl mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung Vorschriften über den Bezug von Mineralöl durch Verbraucher auf der Grundlage durchlaufender Bezugsberechtigungen erlassen kann.
Das heißt also, daß die Bewirtschaftung nur dann eingeführt werden soll, wenn sich Verknappungserscheinungen zeigen. Lenkungsorgan würde in einem solchen Falle die Bundesstelle für den Warenverkehr werden. Sie ist ermächtigt, die Durchführung der Bewirtschaftungsmaßnahmen der Fachstelle Mineralöl mit dem Sitz in Hamburg zu übertragen. Bei meiner früheren Berichterstattung habe ich schon ausführen dürfen, daß die Bundesstelle für den Warenverkehr zwecks Wahrnehmung von technischen Funktionen einen Qualitätsausschuß und einen Mengenausgleichsausschuß einsetzen kann, deren Mitglieder aus Kreisen der Mineralölwirtschaft stammen sollen. Hoheitsrechtliche Funktionen sollen und dürfen auf diese Ausschüsse nicht übertragen werden.
Der neue § 2 regelt die zu gewährenden Vergünstigungen. Nach Ziffer 1 des Abs. 1 ist der Finanzminister ermächtigt, durch Rechtsverordnungen die Zollsätze für die in inländischen Betriebsanstalten oder Zollausschlüssen gewonnenen Mineralöle, Mineralölerzeugnise und Nebenerzeugnisse zu ermäßigen. Diese Bestimmung bedeutet einen Schutz der inländischen Raffinerien, die ausländisches Rohöl verarbeiten, und will besagen, daß die höheren Raffinierungskosten des Inlandes durch Zollnachlässe ausgeglichen werden sollen.
Nach Ziffer 2 kann der Bundesminister der Finanzen Zollbefreiungen oder Zollermäßigungen den Firmen gewähren, die inländisches Rohöl, Erdölerzeugnisse oder Zusatzstoffe des freien Verkehrs
({8})
in einen Zollausschluß ausführen oder im Inland raffinieren. Vereinfacht dargestellt: auch diese Bestimmung dient dem Zweck, Produktionskostenunterschiede zwischen In- und Ausland durch Zollermäßigungen auszugleichen.
Der Abs. 2 des § 2 regelt die Verbilligungsvorschriften. Nach dem Wortlaut des Entwurfs hat die Bundesregierung oder der Bundesminister der Finanzen durch Rechtsverordnung für Mineralöl, das in der Binnenschiffahrt aus dem Zollausland in das Zollgebiet eingebracht und für den Betrieb der Schiffe an Bord verwendet wird, den Zoll so weit zu ermäßigen oder zu erlassen, als es erforderlich ist, um jeweils bestehenden internationalen Verpflichtungen zu entsprechen.
Wichtiger noch als diese Regelung sind die Verbilligungsvorschriften für die sogenannten privilegierten Verbraucher. Hier haben sich der Wirtschaftspolitische Ausschuß, der Verkehrsausschuß und der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten dahin geeinigt, daß die Bundesregierung ebenfalls durch Rechtsverordnung Vorschriften über die Verbilligung von Dieselkraftstoff für die Landwirtschaft und zum Betriebe von Schiffsmotoren in der Binnen-, Küsten- und Hochseefischerei und in der Binnen-, Küsten- und Hoch-seeschiffahrt zu erlassen hat. Dabei wurde man sich darüber einig, daß die Vergünstigungen in einer Höhe gewährt werden sollen, wie sie am 31. März 1951 bestanden, daß aber künftige wesentliche Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen oder Wettbewerbsbedingungen berücksichtigt werden müssen.
Das kommt zum Ausdruck in einer Entschließung zu § 2 Abs. 2 Ziffer 1 des Gesetzentwurfes. Die Entschließung hat folgenden Wortlaut:
Die Bundesregierung wird ersucht,
in Ausführung des § 2 Abs. 2 Ziffer 1 mit Wirkung vom 1. April 1951 Verbilligungen zu gewähren, die dem Stand vom 31. März entsprechen, solange sich nicht die zu diesem Zeitpunkt bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse und die Wettbewerbsbedingungen wesentlich verändern.
Mit dieser Entschließung, meine Damen und Herren, ist den vorgetragenen Änderungswünschen der beteiligten Ausschüsse Rechnung getragen, und ich darf Sie im Namen dieser Ausschüsse bitten, dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 2193 Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, Sie wollen freundlichst einen Druckfehler in § 2 Abs. 1 Ziffer 1 Zeile 2 berichtigen, wo es nicht „Zollausschüssen", sondern „Zollausschlüssen" heißen muß.
Ich eröffne die Einzelbesprechung der zweiten Beratung.
§ 1. - Keine Wortmeldungen. Ich komme zur Abstimmung über § 1. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
§ 2. - Herr Abgeordneter Naegel, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 2 Abs. 2 ist festgelegt worden, daß der Finanzminister durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen hat. Diese Formulierung war eigentlich nur für die Ziffer 1 gewählt, wo es sich darum handelt, Vorschriften über die Verbilligung von Dieselkraftstoff für bestimmte bevorrechtigte Verbraucher zu erlassen, die im Inland wohnen, während bei der Ziffer 2, wo es darum geht, Mineralöl, das aus dem Zollausland, auch etwa durch ausländische Schiffseigner, eingeführt wird, zu verbilligen, eine andere Formulierung gedacht war. Es ist in der letzten Fassung hier eine Änderung eingetreten, die nicht den Beschlüssen des Ausschusses entspricht. Ich möchte deshalb beantragen, daß beschlossen wird, in § 2 Abs. 2 Zeile 2 das Wort „hat" zu ersetzen durch: „hat zu Ziffer 1 und wird ermächtigt zu Ziffer 2".
Ich finde es sprachlich nicht sehr schön, Herr Abgeordneter Naegel. Läßt sich das sprachlich nicht einfacher formulieren?
({0})
- Kann man nicht drei Absätze daraus machen? ({1})
Ich würde Ihnen dann vorschlagen, in Aufnahme des Antrages Naegel die Worte „Die Bundesregierung . . ." stehenzulassen, die Ziffern „1." und „2." wegfallen zu lassen und einen dritten Absatz einzufügen, in dem es heißt:
Die Bundesregierung oder der Bundesminister der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung für MineralölDr. Schröder [Düsseldorf]: Jawohl!)
Ist das klar, meine Damen und Herren? Darf ich über den Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Naegel in dieser Form abstimmen lassen? - Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Es ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über § 2 unter Berücksichtigung dieser Änderung; es sind jetzt also drei Absätze. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Er ist angenommen.
Ich rufe auf § 3, - § 4, - Einleitung und Überschrift. - Keine Wortmeldung.
Ich komme zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Angenommen. Ich schließe die zweite Beratung.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Zur allgemeinen und Einzelaussprache liegt keine Wortmeldung vor.
Ich komme zur Abstimmung über die §§ 1, -2, - 3, - 4, - Einleitung und Überschrift des Gesetzes. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist angenommen.
Es ist weiterhin in Ziffer 2 der Drucksache Nr. 2193 eine Entschließung zu § 2 Abs. 2 - es heißt jetzt also nicht mehr: Ziffer 1 ({2})
vorgelegt. Ich bitte die Damen und Herren, die
dieser Entschließung zuzustimmen wünschen, eine
Hand zu erheben. - Auch diese Entschließung ist
({3})
angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des vom Deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Niedersächsischen Arbeitsschutzgesetzes für Jugendliche vom 9. Dezember 1948 ({4});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge ({5}) ({6}).
({7})
Der Ältestenrat schlägt Ihnen Verzicht auf eine Aussprache vor.
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Farke. Bitte, Herr Abgeordneter!
Farke ({8}), Berichterstatter: . Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Jahre 1948 hat der niedersächsische Landtag auf Grund eines Initiativantrages der KPD ein Jugendarbeitsschutzgesetz verabschiedet, das im wesentlichen folgende Änderungen gegenüber dem Jugendschutzgesetz von 1938 vorsah: Herabsetzung der 48stündigen Wochenarbeitszeit auf höchstens 40 Stunden, Anrechnung eines Berufschultages von mindestens 4 Stunden als voller Arbeitstag, Verlängerung des Urlaubs auf mindestens 24 Tage im Jahr. Die Reaktion der gesamten niedersächsischen Wirtschaft auf dieses Gesetz führte dazu, daß der niedersächsische Landtag kurze Zeit nach Inkrafttreten des Gesetzes bereits Übergangsbestimmungen erließ, die - befristet - die Möglichkeit vorsahen, die Arbeitszeit der Jugendlichen16 Jahre alten unter auf 45 Stunden zu verlängern und
einen Berufsschultag erst bei sechsstündigem Unterricht als vollen Arbeitstag anzuerkennen. Diese Übergangsregelung war bis zum 30. September 1949 befristet worden. Eine Verlängerung dieser Übergangsbestimmung durch das Landesparlament Niedersachsen war nicht mehr möglich. Die Bundesregierung war inzwischen für die Jugendarbeitsschutzgesetzgebung zuständig geworden. Sie schlug in der Drucksache Nr. 1783 dem Bundestag vor, den § 34 des niedersächsischen Gesetzes, der auf Grund der allgemeinen Kritik als Übergangsbestimmung in das Gesetz neu hineingearbeitet war, bis zum Erlaß eines Bundesarbeitsschutzgesetzes für Jugendliche zu verlängern.
Der Ausschuß für Jugendfürsorge stimmte diesem Vorschlag zu, nicht um damit das niedersächsische Arbeitsschutzgesetz anzuerkennen oder seine Bestimmungen einschließlich der Änderung in § 34 zu Präjudizien für das kommende Bundesarbeitsschutzgesetz zu machen, sondern um ein Vakuum der Gesetzgebung in Niedersachsen auszufüllen.
Der Ausschuß für Jugendfürsorge fügte seinem Beschluß folgende Entschließung hinzu:
Die Bundesregierung wird ersucht,
zum Zweck der einheitlichen Regelung des Jugendarbeitsschutzrechtes im Bundesgebiet den Entwurf eines Gesetzes alsbald dem Bundestag vorzulegen, das den sozialen Notwendigkeiten und den wirtschaftlichen Erfordernissen der Gegenwart Rechnung trägt.
Der Ausschuß bittet das Hohe Haus, seinen Antrag anzunehmen und seiner Entschließung zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir sind in der zweiten Beratung. Ich rufe auf § 1, - § 2, - Einleitung und Überschrift. - Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen.
Wer für die Annahme der aufgerufenen Paragraphen sowie Einleitung und Überschrift ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich rufe auf § 1, - § 2, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. .- Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen angenommen.
Wir haben noch über die Entschließung unter Ziffer 2 des Ausschußantrags Drucksache Nr. 2155 abzustimmen. Wer für die Annahme dieser Entschließung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! T Angenommen.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes für Sicherungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft ({0}) ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik ({2}) ({3}).
({4})
Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Naegel zur Berichterstattung.
Naegel ({5}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich bei der Berichterstattung sehr kurz fassen, da ich bereits bei der Einbringung der Vorlage über die Grundzüge, die Bedeutung und die Wirkung dieses Gesetzesantrags berichtet hatte. Ich darf allerdings darauf hinweisen, daß ich damals schon andeutete, in der Beratung im Ausschuß müsse versucht werden, eine noch präzisere Fassung und vielleicht auch eine etwas umfassendere Bestimmung über den Geltungsbereich anzustreben. Die Verhandlungen in dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß waren sehr eingehend. Aus ihnen ist eine gegenüber der Drucksache Nr. 2082 wesentlich geänderte Gesetzesfassung hervorgegangen. Die neue Fassung liegt Ihnen heute als Drucksache Nr. 2182 vor.
Im Ausschuß wurde ohne weiteres anerkannt, daß, um einen größeren Anreiz für den Export zu bieten, von der Produktionsseite her ebenso wie von der Kredit- und Steuerseite her - zu der bereits die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen beraten werden - Maßnahmen ergriffen werden müßten, um alle Materialien, Rohstoffe, Halbfabrikate, ja sogar Fertigfabrikate bevorzugt bereitzustellen, damit die termin- und materialgerechte Ausführung der Exportaufträge sichergestellt wird. Diese Gedanken haben in dem § 1 Abs. 1 Nr. 2 ihren Niederschlag gefunden. Die Bestimmung ist
({6})
konzentriert gefaßt, so daß die Aufzählung der Buchstaben a, b und c, wie es in der ersten Vorlage war, nicht mehr notwendig erschien.
Bei der weiteren Beratung zeigte sich auch, daß die Strafvorschriften, die in § 7 a der Vorlage vorgesehen waren, nicht mehr nötig sind, weil bereits die entsprechenden Vorschriften des § 7 des Wirtschaftssicherungsgesetzes in der alten Form völlig ausreichen, um auch diese Fälle zu erfassen.
Eine Erweiterung der Ermächtigung ist nach zwei Tatbeständen hin angestrebt worden. Angesichts der weltwirtschaftlichen Lage ergab sich die Notwendigkeit, der deutschen Wirtschaft die für sie unbedingt erforderlichen Einfuhren von Mangelrohstoffen zu sichern und Störungen von der Materialseite her in der Erzeugung lebensnotwendiger Güter auf einzelnen besonders wichtigen Gebieten schnell und wirksam entgegenzutreten. Dementsprechend sieht in Art. 1 des Gesetzentwurfs die neue Nr. 2 des § 1 Abs. 1 vor, daß unter Aufrechterhaltung der Bestimmungen über die Verwendung und Vorratshaltung, jedoch unter Einbeziehung der dem besonderen Verwendungszweck dienenden Enderzeugnisse, die Ermächtigung sich auf die Herstellung, die Lieferung, den Bezug und die Kennzeichnung der Lieferverträge - und diese Kennzeichnung ist ,im Hinblick auf die Erfassung der Exportaufträge besonders wichtig - erstreckt. Um eine Rationierung des privaten Endverbrauchs unmöglich zu machen, dürfen diese Vorschriften über Lieferung und Bezug jedoch nur Betriebe erfassen, so daß also alle Verbraucher, die nicht Betriebe sind, von diesen Vorschriften nicht erfaßt werden. Es war uns besonders wichtig, diese Differenzierung herauszustellen, damit klar wird, daß sich diese Gesetzesvorlage lediglich mit der Produktion, nicht aber mit der Verteilung beschäftigt. Die Exportpriorität im Sinne des vorgelegten Initiativantrages ist unter a) behandelt. Gemäß Buchstabe b) sollen Vorschriften erlassen werden können, die erforderlich sind, um die zur Versorgung der deutschen Wirtschaft notwendige Einfuhr von Mangelrohstoffen sicherzustellen. Dieser Teil der Gesetzesvorlage hat einige ernste zusätzliche Überlegungen verursacht, weil wir in der ersten Formulierung des Ausschusses hinsichtlich des Einflusses ausländischer Vorschriften - oder sagen wir: von Vorschriften der Lieferländer der Rohstoffe auf die deutsche Wirtschaftsgestaltung Bedenken fanden. Es muß aber sichergestellt werden, daß uns Rohstoffe, an denen wir Mangel leiden, auch aus den Ländern zur Verfügung gestellt werden, die für die Verwendung dieser Rohstoffe im eigenen Land bestimmte einengende Vorschriften erlassen haben. Der Sicherung des Rohstoffbezugs soll diese Vorschrift dienen, die ihre Beschränkung darin findet, daß die Maßnahmen zu diesem Zweck nur erfolgen dürfen, wenn sie nach der Versorgungslage erforderlich sind.
Nach Buchstabe c sollen Vorschriften erlassen werden, um bei akuten Notständen in volkswirtschaftlich besonders wichtigen Fällen im Inneren des Landes, auf dem Binnenmarkt eingreifen zu können, damit die Erzeugung des lebensnotwendigen Bedarfes auch für die Versorgung des inneren Marktes sichergestellt wird.
Der Ausschuß hielt es für erforderlich, diese Ermächtigung im Gesetz in dreifacher Hinsicht einzuschränken oder zu begrenzen. Erstens dürfen sich die Lenkungsmaßnahmen nur auf die Sicherung der Erzeugung beziehen, so daß der Handel mit fertiggestellten Verbrauchsgütern hiervon nicht betroffen wird. Ein weitergehender Antrag, der im
Ausschuß vorgelegt wurde, ist abgelehnt worden. Zweitens sollen die allgemeinen Vorschriften des Abs. 1 nur primär andere Maßnahmen im Rahmen der Wettbewerbswirtschaft anregen und nur dann zur Anwendung kommen, wenn diese Maßnahmen der Wettbewerbswirtschaft nicht ausreichen. Drittens soll durch Ziffer 1 a der Drucksache in Abs. 2 eine weitere Beschränkung Platz greifen, wonach diese Vorschriften über Lieferung und Bezug nur für Zulieferungen, d. h. also für Waren in Frage -kommen dürfen, die weiter verarbeitet werden oder unmittelbar in das neue Produkt eingehen.
Damit sind auf diesem Gebiet alle Lenkungsmaßnahmen für Waren, die nicht unmittelbar für die Produktion erforderlich sind, ausdrücklich ausgenommen worden. Diese Einschränkung schien uns besonders wichtig zu sein, um nicht durch die Schaffung von Prioritäten für die Lieferung an Betriebe etwa eine neue unerwünschte Grundlage für den Werkshandel zu schaffen. Der Ausschuß ist mit diesen gesetzlich festgelegten Beschränkungen einverstanden und hat sie in Anbetracht der gegenwärtigen Wirtschaftslage für notwendig gehalten.
Nach Abs. 4 des § 1 dieses Gesetzes sollen - einer Anregung des Wirtschaftsausschusses des Bundesrats folgend - Durchführungsverordnungen, zu deren Erlaß eine Hauptverordnung oder Grundverordnung mit Zustimmung des Bundesrats ermächtigt, ohne eine weitere Zustimmung des Bundesrats erlassen werden können. Dadurch wird das Verfahren wesentlich vereinfacht und beschleunigt. Dagegen konnten wir einer weiteren Anregung des Bundesrats, die Länder zu ermächtigen, daß sie auch von sich aus Durchführungsverordnungen erlassen können, nicht folgen, da der Ausschuß der Meinung war, hier ist eine möglichst einheitliche Handhabung der Vorschriften notwendig.
Eine weitere Anregung, die uns sowohl von Vertretern Berlins als auch von Vertretern des Bundesrats vorgetragen wurde, fand ihren Niederschlag in dem neuen § 8 a. Dort ist festgelegt, daß dieses Gesetz, genau wie andere Gesetze - z. B. das Gesetz über das Bundeskriminalamt -, auch in Berlin Geltung erlangen soll, wenn vom Magistrat auf Grund des Art. 87 der Berliner Verfassung die Anwendung dort beschlossen wird. Der Magistrat von Berlin hat im Ausschuß erklären lassen, er sei mit dieser Vorschrift einverstanden und begrüße sie.
Schließlich war noch die Frage aufgetaucht, ob für die Versorgung der Berliner Wirtschaft die hier verankerten Prioritäten auch wirksam werden könnten. Wir haben, entgegen den 'Überlegungen, hierfür einen besonderen Paragraphen zu schaffen oder durch eine Entschließung des Hohen Hauses diesen Gedanken zu verankern, dieser Absicht durch eine Ergänzung der Ziffer 2 c des § 1 Abs. 1, Rechnung getragen. Danach sollen die Maßnahmen zur Behebung und Verhinderung von Störungen lebensnotwendiger Produktionen insbesondere auch auf das Land Berlin ausgedehnt werden. Wir glauben, daß damit ein weiterer Beitrag zur Gesundung der Berliner Wirtschaft gegeben ist.
Ich muß noch eine Korrektur bekanntgeben: In Drucksache Nr. 2182 ist unter Art. 1 in Abs. 1 des § 1 ein Druckfehler enthalten. Es heißt hier: „§ 1 Abs. 1 Nr. 2 enthält folgende Fassung:" Ich bitte, korrigieren zu wollen: „erhält folgende Fassung".
Die Gesetzesvorlage ist als Ergänzung zum Wirtschaftssicherungsgesetz gedacht und dementsprechend natürlich wie dieses ein Zustimmungsgesetz,
({7})
so daß der gleiche Text in der Einleitung gilt wie bei dem Originalgesetz. Der Inkraftsetzungstermin für dieses Gesetz ist besonders vermerkt. Dagegen ist die Ablauffrist natürlich nicht vermerkt, weil es ja automatisch mit dem anderen Gesetz zum Ablauf kommt. Mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Vorlage und der Exportförderungsmaßnahmen darf ich im Auftrag des Ausschusses das Hohe Haus bitten, dieser Vorlage zuzustimmen. Ich darf ergänzend hinzufügen, daß sich der Bundesrat wegen der Unterbrechung der Sitzungen bis zur übernächsten Woche bereit erklärt hat, das Gesetz morgen anschließend zu behandeln, so daß eine unerwünschte Verzögerung vermieden werden kann.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Lesung ein. Ich rufe auf Art. 1 Ziffer 1, - la, - lb, - 2 entfällt, - 3,
- 4 entfällt, - 4a, - Art. la, - Art. 2, - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen angenommen.
({0})
- Ich bitte, Enthaltungen anzuzeigen. - Eine größere Zahl von Enthaltungen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Kurlbaum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die praktische Bedeutung dieses Gesetzes liegt darin, daß die Ermächtigung der Bundesregierung und des Bundeswirtschaftsministers auf Lieferauflagen und Zuteilungen an Betriebe ausgedehnt wird, wenn es das Exportinteresse oder die Einfuhr lebensnotwendiger Dinge verlangt. Das ist im wesentlichen der praktische Inhalt dieser neuen Ergänzung.
Wenn Sie sich den Umdruck Nr. 38, den wir im Dezember vorigen Jahres dem Plenum vorgelegt haben, ansehen, werden Sie feststellen, daß dieser Umdruck im wesentlichen dasselbe will, was heute von den Regierungsparteien als Ergänzung beantragt wird. Wir haben damals schon mit Bedauern festgestellt, daß im Ausschuß für Wirtschaftspolitik nach fünfminutiger Beratung unser Antrag abgelehnt worden ist. Wir haben es ganz besonders bedauert, daß dann am 25. Januar unser Antrag im Plenum wieder abgelehnt worden ist, obwohl wir ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, daß es doch eigentlich im Interesse des Ansehens des Hohen Hauses läge, wenn wir Gesetze schaffen würden, die nicht kurzfristig wieder geändert werden müssen.
Ich halte diesen Hinweis nicht nur mit Rücksicht auf diesen Einzelfall, sondern auch deshalb für notwendig, weil wir als Opposition die Beobachtung machen müssen, daß dieses Zögern, dieses stückweise Handeln heute das ganze Konzept der Koalitionsparteien und der Bundesregierung auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik beherrscht. Wir glauben uns dies allerdings auch erklären zu können; denn die Koalitionsparteien haben sich in den vergangenen Monaten und Jahren durch ihre Polemik gegen die Wirtschaftspolitik der SPD in einer sehr unglücklichen Weise festgelegt, die es ihnen sehr schwer macht, das zu tun, was die heutige Lage erfordert.
Zwei Folgen hat nun dieser Zustand. Erstens einmal kommen die Maßnahmen der Bundesregierung im wesentlichen zu spät. Dadurch müssen sie viel schärfer und einschneidender werden, als wenn sie rechtzeitig erfolgt wären. Zum zweiten wird durch diese Art des Vorgehens das Vertrauen sowohl im Inland als auch im Ausland aufs stärkste untergraben. Man erhält den Eindruck, daß die Bundesregierung nicht in der Lage ist, mit der Situation, wie sie durch den Koreakrieg entstanden ist, fertig zu werden.
({0})
- Die Engländer haben diese Sorge nicht, die Sie, meine Herren von den Koalitionsparteien, dadurch haben, daß unsere Zahlungsbilanz in Unordnung geraten ist und wir jetzt unter Kuratel einer ausländischen Kommission gestellt worden sind, die in Paris bestimmt, was wir in Zukunft einführen.
({1})
- Das hat mit unseren Nöten doch gar nichts zu tun. Wir wollen aber nicht auf das Niveau der Wahlversammlungen absinken.
({2})
- Das ist nicht der Fall.
({3})
Aber es ist Ihnen natürlich sehr unangenehm, sich einmal diese Dinge sagen lassen zu müssen.
({4})
Es ist Ihnen ganz besonders unangenehm, daß Sie
jetzt alle diese Dinge durchführen müssen, die wir
Ihnen schon vor Monaten und Jahren vorgehalten
haben.
Diese Vorgänge zwingen uns, uns bei dieser Gesetzesvorlage der Stimme zu enthalten. Wir haben auf Grund der Erfahrungen der Vergangenheit nicht das Vertrauen, daß die Bundesregierung so rechtzeitig und in einem so umfassenden Maße von der Ermächtigung Gebrauch machen wird, wie wir es für notwendig halten. Wir sehen uns daher leider gezwungen, uns bei diesem Ermächtigungsgesetz der Stimme zu enthalten.
Weitere Wortmeldungen? - Nein. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Ich eröffne die Einzelberatung: Art. 1 Ziffer 1, -la, - lb, - 2 entfällt, - 3, - 4 entfällt, - 4a, - Art. la, - Art. 2, - Einleitung und Überschrift. - Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einige Stimmen dagegen. Enthaltungen? - Eine Reihe von Enthaltungen. Angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einige Stimmen dagegen. Enthaltungen? - Eine größere Zahl von Enthaltungen. Angenommen.
Dann ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll ({0});
({1})
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({2}) ({3}).
Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Schroeder als Berichterstatterin.
Frau Schroeder ({4}) ({5}), Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Sozialpolitische Ausschuß hat den ihm überwiesenen Entwurf des Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die Sozialversicherung begrüßt. Dieser Vertrag schließt zwar nicht den gesamten Bezirk der Sozialversicherung ein, insbesondere nicht die Krankenversicherung und, soweit die Schweiz in Frage kommt, nicht das Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitsrisiko. Trotzdem ist der Ausschuß der Ansicht gewesen, daß dieses Abkommen unzweifelhaft einen Schritt zu der erstrebten und dringend notwendigen sozialen Sicherung auf internationalem Gebiete darstellt.
Der Ausschuß hat auch mit Freuden im Hinblick auf die Verhandlungen der Beratenden Versammlung des Europarates und besonders der Sozialen Kommission festgestellt, daß die Absicht, für Wanderarbeiter auf europäischem und internationalem Gebiet eine soziale Sicherung zu treffen, wenigstens im Anfang verwirklicht worden ist. Wie notwendig diese Maßnahmen sind, das 'brauche ich Ihnen und das braucht der Ausschuß nicht besonders hervorzuheben. Schon in normalen Zeiten ist es notwendig, daß der Wanderarbeiter. der in verschiedenen Ländern arbeitet, die soziale Sicherung auch in diesen verschiedenen Ländern hat. In Zeiten aber, in denen eine große Zahl von Emigranten aus der nationalsozialistischen Zeit sich im Auslande befinden und in denen Heimatvertriebene und Flüchtlinge hinzukommen, ist diese internationale Sicherung notwendiger, als sie jemals gewesen ist. In den nächsten Tagen wird die Europäische Versammlung sich nach ihrem Zusammentritt mit diesem Problem erneut befassen.
Das gegenwärtige Abkommen erstreckt sich laut Schlußprotokoll auf die deutschen und schweizerischen Staatsangehörigen, die einem deutschen oder schweizerischen Versicherungsträger angehören oder angehört haben, einschließlich ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen. Das Abkommen gibt den Staatsangehörigen dieser beiden Länder, und zwar soweit die Rentenversicherungen in der Bundesrepublik für Arbeiter, Angestellte und Bergleute in Frage kommen und soweit in der Schweiz die Unfallversicherung sowie die Alters- und Hinterlassenenversicherung in Betracht kommt, das gleiche Recht in bezug auf die Leistungen ebenso wie auf die Errechnung der für die Leistungen notwendigen Wartezeit und Anwartschaft. Dadurch aber, daß die Angehörigen der deutschen Bundesrepublik wie der Schweiz diese Sicherung auch in dem Falle erhalten, in dem sie ihren Wohnsitz in einem dritten Lande haben, wird sie von der nationalen Grundlage auf die übernationale Sphäre erstreckt.
Zu meinem Bedauern muß ich dabei allerdings feststellen, daß im Schlußprotokoll bestimmt ist, zur Bundesrepublik Deutschland im Sinne dieses Abkommens gehörten diejenigen deutschen Länder, deren Einwohner berechtigt sind, stimmberechtigte Abgeordnete in den Deutschen Bundestag zu wählen. Ich freue mich aber, auf Grundeiner Unterredung mit dem Herrn Bundesarbeitsminister erklären zu können, daß eine Vereinbarung sowohl mit der Schweiz als auch bei anderen 'derartigen Abkommen mit den entsprechenden Länderndahingehend getroffen worden ist, eine Ausdehnung auf Berlin zu beschließen, sobald das diesbezügliche Einverständnis von Berlin vorliegt. Ich hoffe, daß diese Erstreckung sich auch auf den Personenkreis und auf die Versicherungsträger bezieht, auf die das Abkommen Bezug nimmt.
Wenn, wie ich schon sagte, die Krankenversicherung aus diesem Abkommen vorläufig ausgeschlossen worden ist, so ist doch die Möglichkeit ,gegeben, sie einzubeziehen, sobald eine entsprechende Revision der schweizerischen Krankenversicherung vorliegt. Es ist erfreulich, daß ausdrücklich festgestellt wird, daß in ,den schweizerischen Sozialversicherungsgesetzen keine Bestimmungen über die unterschiedliche Behandlung in der Kranken- und Tuberkuloseversicherung enthalten sind.
Der Sozialpolitische Ausschuß hat dem Vertragsentwurf, wie er in der Drucksache Nr. 1977 enthalten ist, einstimmig zugestimmt. Ich bitte deshalb das Plenum dieses Hohen Hauses, dem Antrag in der Drucksache Nr. 2176 ebenso einstimmig zuzustimmen. Ich darf nur noch hinzufügen, daß nach Mitteilung des Arbeitsministeriums ähnliche Abmachungen im Werden begriffen sind, und zwar zunächst mit Holland und dann auch mit anderen europäischen Ländern.
({6})
Ich danke der Berichterstatterin und eröffne die zweite Lesung.
Ich rufe auf Art. 1, - Art. 2, - Art. 3. - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe!
- Angenommen. Ich schließe die zweite Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache zur
dritten Beratung.
- Keine Wortmeldungen. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich rufe auf Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktion der DP betreffend Vorlage eines Bundesrundfunkgesetzes ({0}).
({1})
- Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Brunner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, diesen Punkt von der Tagesordnung abzusetzen und ihn als ersten Punkt auf die nächste Tagesordnung zu nehmen. Es hat keinen Zweck, vor dem weitgehend leeren und sich weiter leerenden Hause einen so wichtigen Gegenstand jetzt noch zu behandeln.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mühlenfeld,
0) Dr. Mühlenfeld ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eben weil diese Angelegenheit so außerordentlich wichtig ist, sollten wir sie nicht noch um einige Wochen verschieben, sondern heute abend grundsätzlich besprechen und dem zuständigen Ausschuß überweisen. Ich weiß sehr wohl, was seit zwei Tagen hier im Hause vor sich geht und wie gewisse Interessenten eisern bemüht sind, zu verhindern, daß diese Angelegenheit heute noch hier besprochen wird.
({1})
Ich weiß, wie die Presse beeinflußt wird. Ich empfehle dem Hause, um falsche optische Eindrücke zu vermeiden, sich bereit zu erklären, die Angelegenheit jetzt noch zu verhandeln.
Ich lasse abstimmen. Wer für die Absetzung des Punktes von der Tagesordnung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war zweifelsfrei die Mehrheit. Der Punkt 6 ist von der Tagesordnung abgesetzt.
Wir können gleichzeitig entsprechend dem Antrag des Kollegen Mühlenfeld beschließen, - ({0})
- Die Abstimmung ist vorbei, Herr Kollege.
Punkt 7 der Tagesordnung ist erledigt. Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen ({1}) über den Antrag der Abgeordneten Even, Winkelheide und Genossen betreffend Fahrpreisermäßigung für Teilnehmer an Volksbildungslehrgängen ({2}).
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Herrmann als Berichterstatter.
Herrmann ({3}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Verkehrswesen hat in seiner Sitzung vom 11. April 1951 den Antrag der Abgeordneten Even, Winkelheide und Genossen betreffend Fahrpreisermäßigung für Teilnehmer an Volksbildungslehrgängen, Drucksache Nr. 1865, behandelt. Die Aussprache im Ausschuß ergab die einheitliche Auffassung, daß die Annahme des Antrages wohl wünschenswert ist, daß aber der Bundesbahn neue finanzielle Opfer nicht mehr zugemutet werden können. Die Bundesbahn hat nicht nur die zerstörten Gleise, Brücken, Gebäude, Fahrzeuge usw. wiederherzustellen, sondern auch politische Lasten in großem Umfange zu tragen. Die Kosten für Kohle, Schienen, Kleineisenteile, aber auch für Bauarbeiten und Fahrzeuge sind weit mehr gestiegen als die Tarife der Bundesbahn. Außerdem wurde festgestellt, daß heute bereits 76°/o der Fahrgäste der Bundesbahn mit verbilligten Fahrkarten fahren.
Bei dieser Sachlage bittet der Ausschuß das Hohe Haus, den in Frage stehenden Antrag der Bundesregierung als Material zu überweisen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Aussprache. - Keine Wortmneldungen. Ich schließe die Aussprache.
Wer für die Annahme des Ausschußantrages auf Drucksache Nr. 2144 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Der Antrag ist angenommen,
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht ({0}) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betreffend Veröffentlichung von Anstellungen und Beförderungen der höheren Beamten in den Amtsblättern ({1}).
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Kleindinst als Berichterstatter.
Dr. Kleindinst ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion des Zentrums hat am 11. Januar dieses Jahres den Antrag gestellt, zu 'beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, entsprechend den früheren Gepflogenheiten der Reichs- und preußischen Verwaltung 'die Erstanstellungen in Planstellen und die Beförderungen der Beamten ihres Zuständigkeitsbereiches in den zuständigen Amtsblättern der Ministerien zu veröffentlichen.
Im Ausschuß für Beamtenrecht haben die Vertreter der Bundesregierung dargelegt, daß bereits entsprechend diesem Antrag verfahren wird. In den einzelnen Amtsblättern werden bereits, wie wir uns selber überzeugen können, diese Mitteilungen bekanntgegeben.
Infolgedessen hat der Ausschuß für Beamtenrecht Ihnen vorgeschlagen, der Bundestag wolle beschließen, den Antrag durch die Erklärungen 'der Vertreter der zuständigen Bundesministerien als erledigt anzusehen.
Ich eröffne die Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Ich schließe die ({0}).
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Kleindinst als Berichterstatter.
Dr. Kleindinst ({1}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der KPD hat am 29. November vorigen Jahres den Antrag gestellt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, die Hauptverwaltung der Bundesbahn anzuweisen, in Fällen, in denen durch die Übernahme eines Arbeiters oder Angestellten in das Beamtenverhältnis für diesen Personenkreis eine Einkommensminderung eintritt, dieselbe durch Zahlung einer Ausgleichszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zu beseitigen.
Der Ausschuß für Beamtenrecht hat über diesen Antrag beraten. Das in dem Antrag enthaltene Anliegen kommt in allen Verwaltungszweigen immer wieder zur Geltung, in welchen ein Aufsteigen aus den Tarifverträgen für Arbeiter oder Angestellte in die Gehaltsordnung der Beamten
({2})
vorkommt. Der Ausschuß für Beamtenrecht hat sich aber überzeugt, daß diese Frage nicht lediglich für die Bundesbahn behandelt werden kann, sondern daß sie allgemein behandelt werden muß, und schlägt Ihnen deshalb vor, diesen Antrag der Bundesregierung als Material für das neue Besoldungsgesetz zu überweisen, in dem diese Angelegenheit eine grundsätzliche und allgemeine Ordnung finden soll. Ich bitte, dem Antrag entsprechend zu beschließen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. - Keine Wortmeldungen. - Ich schließe die Aussprache.
Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Ausschußantrags auf Drucksache Nr. 2154 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Wir hätten dann noch den Punkt 14 der gestrigen Tagesordnung zu erledigen. Das ist die Sache mit der Wellenlänge für Radio München. Ich schlage Ihnen vor, daß wir diesen Punkt gleichzeitig mit der Beratung des Antrags der Deutschen Partei über den Erlaß eines Rundfunkgesetzes behandeln. Ist das Haus damit einverstanden?
({0})
- Dann bitte ich Sie - es wird ja jetzt wohl kaum mehr die Beschlußfähigkeit angezweifelt - um einen Beschluß darüber, daß diese beiden Punkte als Punkte 1 und 2 der nächsten Tagesordnung angesetzt werden. - So war es doch wohl, Herr Kollege Brönner?
({1})
Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Damit ist die Tagesordnung, und zwar auch die Tagesordnung von gestern, soweit keine Absetzungen beschlossen wurden, erschöpft.
({2})
- Herr Abgeordneter Jacobs, Sie wollen eine Erklärung abgeben? Ist es eine persönliche Erklärung?
({3})
- Zu einer persönlichen Erklärung erteile ich das Wort dem Abgeordneten Jacobs.
Meine Damen und Herren! Das sehr ehrenwerte Mitglied dieses Hohen Hauses, Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling, hat es für geschmackvoll befunden, in einer der letzten Sitzungen des Deutschen Bundestages im Rahmen einer sogenannten persönlichen Erklärung meine Honorigkeit in bezug auf die von mir angewandten Methoden der politischen Auseinandersetzung zu bezweifeln. Er bezog sich dabei auf Äußerungen, die ich gelegentlich der 131. Plenarsitzung hier an dieser Stelle gemacht habe.
Herr Dr. Wuermeling hat sich bemüht, im Rahmen seiner Erklärung den Nachweis dafür zu führen, daß die von mir aufgestellte Behauptung, er habe sich als eines der prominenten Mitglieder der CDU-Fraktion des Landtages Rheinland-Pfalz als Gegner eines Gesetzes über die Wiedergutmachung für die Opfer des Faschismus erwiesen, nicht den Tatsachen entspricht. Als Beweis für meine angeblich unrichtige Darstellung bezog sich der Herr Abgeordnete auf die einschlägigen Protokolle des Landtages von Rheinland-Pfalz, die die Richtigkeit der von ihm aufgestellten These beweisen sollen.
Ich stehe nicht an, hier zu erklären, daß ich keine Veranlassung habe, die Richtigkeit dieser protokollarischen Niederschriften zu bezweifeln, wie andererseits die Kenntnis der politischen Taktik und Methode wiederholt beweiskräftig für die Feststellung gewesen ist, daß die Beauftragung, als Sprecher einer Partei ein Gesetz im Plenum zu vertreten, noch nichts über die Bereitschaft des Beauftragten zu einem solchen Gesetz besagt. Meine Behauptungen stützen sich vielmehr auf die allgemeinen 'Beobachtungen, die ich als damaliges Mitglied des Landtages Rheinland-Pfalz zu machen in der Lage war. Diese meine Beobachtungen haben meine Parteifreunde und früheren Kollegen des Landtages Rheinland-Pfalz mir auch nachträglich noch bestätigt.
Wesentlich für die Beurteilung der ganzen Angelegenheit ist jedoch die Tatsache, daß ich mich zu meinen damaligen Ausführungen überhaupt erst veranlaßt sah auf Grund der erweislich unwahren Behauptung des Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling, er sei von der SPD-Pressse deshalb heftigen Angriffen ausgesetzt gewesen, weil er öffentlich für 'die volle Anerkennung der Ehre der Berufssoldaten eingetreten sei. Meine als Reaktion auf diese Behauptung gemachten Ausführungen haben deshalb einen höheren Qualitätsanteil an Wahrheitsbeweis, als dies von der unbilligen Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling gesagt werden kann.
Die durch die nachträgliche Erklärung des Herrn Abgeordneten unternommenen Versuche, sich als das Muster der Fairneß im politischen Kampf hinzustellen, scheinen mir, gerade weil das Angebot von seiner Seite kommt, auf dem politischen Markt nicht besonders gängig zu sein, da dafür Herr Dr. Wuermeling in unseren Reihen wiederum nicht unbekannt genug ist.
Meine Damen und Herren! Ich berufe die nächste, nämlich die 140. Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Mittwoch, den 9. Mai, 13 Uhr 30, und schließe die 139. Sitzung des Deutschen Bundestages.