Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 101. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Ich bitte den Herrn Schriftführer, die vorliegenden Entschuldigungen und amtlichen Mitteilungen bekanntzugeben.
Der Herr Präsident hat Urlaub erteilt für 2 Tage den Abgeordneten Strauß, Hilbert, Mensing, Frau Hütter, Freidhof, für 3 Tage den Abgeordneten Kalbfell, Dr. Brill, Dannemann, Löfflad, Loritz, Dirscherl, Gaul, von Knoeringen, Dr. von Campe, Dr. Veit, Henßler, Kohl ({0}), Margulies, Mayer ({1}), Müller ({2}), Frau Schroeder ({3}), Wittmann, Brandt, Neumann, Ritzel, Dr. Baumgartner, Dr. Nölting, Schoettle, für 6 Tage den Abgeordneten Rüdiger, Bausch, Frau Meyer-Laule, Knothe, Frau Döhring, Lausen.
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach die Abgeordneten Dr. Semler und Dr. Vogel für 10 Tage wegen Auslandsreise, Graf von Spreti für 14 Tage wegen Autounfall, Feldmann für 14 Tage wegen Krankheit.
Weiterhin sind mir folgende Urlaubsgesuche für länger als sieben Tage vorgelegt worden: für 14 Tage von dem Abgeordneten Niebergall wegen Krankheit, für 8 Tage von dem Abgeordneten Rische, da er an einer Konferenz teilnehmen muß, von dem Abgeordneten Agatz wegen eines Sterbefalls in seiner Familie und von der Frau Abgeordneten Thiele wegen dringender anderweitiger Verpflichtungen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete. Ich frage das Haus, ob gegen diese Urlaubsgesuche über sieben Tage hinaus Einwendungen erhoben werden. - Das ist nicht der Fall. Dann sind die Urlaubsgesuche genehmigt.
Entschuldigt sind die Abgeordneten Rademacher, Ollenhauer, Dr. Henle, Dr. Dorls, Frau Niggemeyer, Pelster, Frühwald, Dr. Greve, Wittenburg, Dr. Ott, Seuffert, Dr. Koch, Wönner, Gockeln, Heiland, Frau Keilhack, Dr. Preusker, Müller ({0}), Harig, Görlinger, Dr. Bertram, Dr. Hammer, Brunner, Klabunde, Arnholz, Dr. Baur ({1}).
Meine Damen und Herren! Ich darf um Ihre Zustimmung zu folgenden Änderungen der Tagesordnung bitten.
Es ist mir mitgeteilt worden, daß ein Einverständnis darüber herbeigeführt worden ist, daß die
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Entschließung zu den Straßburger Empfehlungen heute abgesetzt und als erster Punkt auf die Tagesordnung der Sitzung vom Donnerstag gesetzt werden soll. - Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist.
Dann hat der Herr Abgeordnete Dr. Bertram als Berichterstatter zu Punkt 11 der Tagesordnung - Antrag der Fraktion der KPD betreffend Steuersatz für Ärzte, Zahnärzte und Dentisten - gebeten, auch diesen Punkt heute abzusetzen, da er erkrankt ist und die Aufgabe des Berichterstatters nicht wahrnehmen kann. - Ich nehme an, daß das Haus auch damit einverstanden ist.
Weiterhin sind zwei Ergänzungen der Tagesordnung vorzunehmen. Zunächst ist gebeten worden, die Interpellation der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums, Drucksache Nr. 1599, betreffend Auslieferung und Hinrichtungen von Deutschen, als ersten Punkt auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Der Herr Bundesminister der Justiz ist bereit, diese Interpellation heute zu beantworten.
Ich schlage Ihnen weiterhin vor, da der Herr Berichterstatter am Donnerstag verhindert sein würde, die zweite und dritte Beratung des Entwurfes eines Gesetzes über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe, Drucksachen Nr. 893 und 1557, Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen, die an sich für Donnerstag vorgesehen war, als letzten Punkt auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Wir haben heute etwas Zeit gewonnen, und ich glaube, daß es zur Entlastung der Sitzung am Donnerstag gut wäre, wenn wir diese Angelegenheit heute erledigen könnten. - Das Haus ist damit einverstanden. Die Tagesordnung ist damit festgestellt.
Ich rufe zunächst auf:
Beratung der Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums betreffend Auslieferung und Hinrichtungen von Deutschen ({0}).
Wer begründet die Interpellation?-Der Herr
Abgeordnete Höfler hat das Wort zur Begründung der Interpellation.
Höfler ({1}), Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Interpellation ist ein dunkler Nachklang zum Tage der Kriegsgefangenen, an dem wir das Fernbleibenmüssen so vieler unserer Brüder draußen im fremden Gewahrsam beklagt haben. Es ist leider notwendig, daß wir zu diesen Dingen, die uns sehr schmerzen, Stellung nehmen.
Noch in den letzten Tagen, am 25. Oktober, konnte es geschehen, daß ein Deutscher durch alliierte Gewalt in die Hände der Polen ausgeliefert wurde. Gerade im Falle dieser Auslieferung geht es nicht etwa darum, daß ein Mann verdienter Strafe entzogen werden soll, der vielleicht Strafe verdient hat, sondern es geht um das Recht. Es scheint uns richtig zu sein, zu sagen, daß, was Polen angeht, das Recht nicht gewahrt ist. Wer nach Polen ausgeliefert wird, tritt den Marsch zum Galgen an. Das ist eine Feststellung, die leider wahr ist, da wir wissen, daß die guten Kräfte des polnischen Volkes überwältigt sind von denen, die ihm seine Freiheit und auch sein Recht genommen haben, auch das Recht auf Gerechtigkeit.
({2})
Wir protestieren darum gegen diese Auslieferung, und wir schließen in diesen Protest auch diejenigen Auslieferungen ein, die wir weiter zu beklagen haben. Aus der amerikanischen, englischen und aus der französischen Zone ist in der letzten Zeit eine Reihe von Fällen bekannt geworden, daß Deutsche an alliierte Kräfte ausgeliefert wurden. Wir freuen uns, daß z. B. die württembergischbadische Landesregierung ihre Mitwirkung an zwei dieser Verhaftungen offiziell verweigert hat.
({3})
Man muß auch die Frage erheben, ob wir angesichts der Tatsache, daß wir ein Grundgesetz haben, nach dem Auslieferungen von Deutschen an Alliierte nicht stattfinden, nicht endlich von den Alliierten verlangen können, daß sie entweder, wenn es nicht anders sein kann, nach ihrem Recht auf deutschem Boden Recht sprechen oder, was uns noch bedeutend sympathischer und eigentlich das einzig Erwünschte wäre, daß wir diejenigen, die sich strafbar gemacht haben, nach den Gesetzen unseres Landes, nach den Gesetzen unseres Rechts dahin bringen, wohin sie gehören.
({4})
Es ist ein unerträglicher Zustand, daß das immer noch anders geblieben ist.
Die Interpellation hat noch einen zweiten Klagepunkt. Wir bedauern, daß es in der jüngsten Zeit noch möglich war - über fünf Jahre nach Beendigung der Kampfhandlungen -, daß Deutsche in alliierten Ländern, in denen sie im Gefängnis oder sonst in Gewahrsam waren, zu Tode gebracht wurden. Auch das halten wir nicht im Sinne der Politik, für die wir allezeit eingetreten sind.
({5})
Es ist einfach unmöglich, daß deutsche Staatsangehörige, mögen sie sein, was sie wollen, und getan haben, was sie wollen, jetzt, fünf Jahre nach dem Kriege, noch zu Tode gebracht werden.
In einem Falle ist es sogar geschehen - ich will den Fall nicht weiter aufgreifen und schildern -, daß ein Mann, nachdem er vor 41 Monaten zum Tode verurteilt worden war, also 41 Monate auf seinen Tod wartete, schließlich doch noch zu Tode kam.
({6})
Es ist gesagt worden, daß das eine unglaubliche Handlungsweise war, und ich muß sagen, daß man nur mit tiefem Bedauern einen solchen Fall registrieren kann.
Wir bitten also Belgien, Frankreich und Holland, doch von solchen Dingen Abstand zu nehmen. Was nützt uns der Weg zu einem Europa, was nützt uns der wiederholte Gang nach Straßburg, wenn man in diesen primitiven Dingen der Menschlichkeit nicht endlich dahin kommt, ein für allemal Ordnung zu schaffen nach gültigem und nach allgemeinem Recht.
({7})
Um aber nicht in irgendeiner Weise mißverständlichen Äußerungen ausgesetzt zu sein: Es geht nicht um die Vermeidung der Sühne für todeswürdige Verbrechen, sondern es geht um das Recht und in diesem Falle auch um die Menschlichkeit, die man selbst solchen gegenüber schuldig ist, die irgendwie auf den Weg des Vergehens gekommen sind.
Wir bitten also die Bundesregierung, in beiden Fällen dafür zu sorgen, daß den alliierten Mächten zum Bewußtsein gebracht wird, daß eine tiefe Unzufriedenheit durch unser Volk geht, in einer Frage, die auch eine Frage an die deutsche und an die europäische Zukunft ist.
({8})
Zur Beantwortung der Interpellation hat das Wort der Herr Bundesminister der Justiz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung teilt den Standpunkt, der soeben von Herrn Abgeordneten Höfler in der Interpellation dargelegt worden ist.
Die Auslieferung von Deutschen, die nach Kontrollratsgesetz Nr. 10 vom 20. Dezember 1945 wegen Kriegsverbrechen belangt werden, gehört- nach Ansicht der Besatzungsmächte zu den ihnen auf Grund des Besatzungsstatuts vorbehaltenen Gebieten. Sie erkennen in diesen Fällen - ich muß sagen: zum Schmerz aller guten Demokraten - die Bestimmung des Art. 16 Abs. 2 des Grundgesetzes, nach der kein Deutscher an das Ausland ausgeliefert werden darf, nicht als für sie verpflichtend an.
Die Bundesregierung war von Anfang an mit allem Nachdruck bemüht, die Besatzungsmächte zu bestimmen, von einer Auslieferung Deutscher wegen angeblicher Kriegsverbrechen Abstand zu nehmen. Insbesondere hat sie fortgesetzt gebeten, von der Auslieferung an die Oststaaten abzusehen, da in diesen Ländern die Garantien für die Durchführung eines rechtsstaatlichen Begriffen entsprechenden Strafverfahrens nicht gegeben sind. Sie hat dabei ihre vorbehaltlose Bereitwilligkeit erklärt, über die gegen die betroffenen Personen erhobenen Beschuldigungen durch deutsche Gerichte nach deutschem Recht entscheiden zu lassen.
Die Bundesregierung glaubte, die Erwartung hegen zu dürfen, daß ihre Vorstellungen bei den Besatzungsmächten weitgehende Berücksichtigung finden würden, zumal diese Auslieferungspraxis mit der allgemeinen politischen Entwicklung der letzten Zeit, der sich anbahnenden Eingliederung der Bundesrepublik in die europäische Völkerfamilie und der im Verfolg der New-Yorker Außenministerbeschlüsse in Aussicht gestellten Übertragung weiterer Zuständigkeiten an die Bundesrepublik nicht mehr vereinbar ist. Um so schmerzlicher ist sie von der Tatsache berührt, daß seit kurzem erneut in mehreren Fällen, besonders in der amerikanischen Besatzungszone, die Auslieferung von Deutschen wegen angeblicher Kriegsverbrechen verlangt wird und zum Teil auch bereits durchgeführt worden ist. Die Bundesregierung wird nach wie vor nichts unversucht lassen, um durch Vorstellungen bei den Besatzungsmächten die Auslieferung von Deutschen wegen angeblicher Kriegsverbrechen zu verhindern.
Der zweite Punkt der Interpellation betrifft die Gerüchte über bevorstehende Hinrichtungen von Deutschen auf Anordnung der alliierten Mächte. Dazu folgendes: Die Zahl der von alliierten Gerichten rechtskräftig zum Tode verurteilten und noch nicht hingerichteten Deutschen beträgt nach den bei uns vorliegenden Informationen im Inland 28, in den Ländern des Westens rund 30. Seit Beginn unserer Arbeit hat die Bundesregierung ihr Bestreben dahin gerichtet, eine Vollstreckung von rechtskräftigen Todesurteilen zu verhindern, nicht weil sie der Ansicht wäre, daß todeswürdige Ver({0})
brechen nicht zu sühnen seien, sondern aus folgenden Gründen.
Erstens: Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland hat die Todesstrafe abgeschafft. Es erscheint für die in Deutschland befindlichen zum Tode Verurteilten als eine bedauerliche Abweichung von dem verfassungsmäßig festgesetzten Grundsatz, wenn heute noch Hinrichtungen stattfinden, dies um so mehr, als die Besatzungsmächte diesem Grundsatz für gewöhnliche, kriminelle Verbrecher, die von der Besatzungsmacht zum Tode verurteilt werden, bereits Rechnung tragen.
Zweitens: Bei diesen zum Tode Verurteilten, insbesondere bei den in Landsberg Festgehaltenen, ist seit der Fällung des Urteils eine so lange Zeit, zum Teil vier Jahre, vergangen, daß es dem Rechtsempfinden widerspricht, diese Urteile heute noch zu vollstrecken.
In allen Kulturstaaten ist es üblich, daß die Hinrichtungen in einer angemessenen Frist auf die Verurteilungen folgen müssen. Die jahrelang dauernde Ungewißheit über das endgültige Schicksal wird als unmenschlich angesehen und zum mindesten als eine der Vollstreckung der Todesstrafe entsprechende Sühne betrachtet.
Drittens: Zwar sind in manchen Fällen die den zum Tode Verurteilten zur Last gelegten Tatbestände außerordentlich schwerwiegend; sämtliche Urteile sind indessen auf Grund von Sondergesetzen ergangen, die überwiegend die Todesstrafe mit rückwirkender Kraft bestimmen.
Was die in Landsberg festgehaltenen Verurteilten anlangt, so war die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung ihrer Verurteilung nicht gegeben. Der von dem amerikanischen Hohen Kommissar eingerichtete Clemency Board ist, wie sein Name besagt, eine Gnadeninstanz. Der vorn obersten europäischen Kommando - EUCOM - für die in Dachau abgeurteilten Fälle zuständige und dafür eingesetzte Modification Board entspricht nicht den Anforderungen, die man an eine unabhängige Prüfungsinstanz stellen muß. Diese Auffassung wird keineswegs nur von deutscher Seite vertreten. Die Mitglieder dieses Modification Board sind Militärpersonen und dem obersten europäischen Kommando unterstellt.
Viertens: Vor allem spricht nach der Auffassung der Bundesregierung gegen eine weitere Vollstreckung von Todesurteilen die Tatsache, daß seit der Einstellung der Feindseligkeiten ein so langer Zeitraum verstrichen ist, daß die Öffentlichkeit durch nunmehr erfolgende Hinrichtungen aufs schwerste beunruhigt werden würde. Das Bewußtsein, daß todeswürdige Verbrechen Sühne finden müssen, ist bei uns Deutschen vorhanden. Die Überzeugung, daß die zum Tode Verurteilten auf Grund eines Rechts, das alle bindet, verurteilt wurden, fehlt in der deutschen Öffentlichkeit.
Aus diesen Erwägungen hat die Bundesregierung seit ihrem Bestehen bei allen zuständigen Stellen sowohl im allgemeinen wie in zahlreichen Einzelfällen Vorstellungen gegen die Vollstreckung von Todesurteilen erhoben. Sie hatte teilweise Erfolg. Nach Pressemeldungen hat der amerikanische Hohe Kommissar erklärt, daß mit einigen Hinrichtungen in Landsberg zu rechnen sei. Die Bundesregierung wird bei der Alliierten Hohen Kornmission erneut ernste Vorstellungen erheben. Sie hofft, daß die zuständigen und verantwortlichen alliierten Stellen unseren Erwägungen noch mehr als bisher Aufmerksamkeit im Sinne einer wirklichen und endgültigen Befriedung schenken und davon absehen werden, Todesurteile zu vollstrecken.
({1})
Meine Damen und Herren, die Beantwortung der Interpellation ist erfolgt. Ich frage, ob eine Besprechung der Interpellation gewünscht wird. - Das ist nicht der Fall. Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks im Erntejahr 1950 ({0}).
Dazu hat zunächst das Wort Herr Staatssekretär Hartmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung legt Ihnen hiermit den Entwurf eines Gesetzes über die Besteuerung des Kleinpflanzertabaks vor. Kleinpflanzer sind Pflanzer, die Tabak nur für den eigenen Hausbedarf auf einer Grundfläche von nicht mehr als 50 Quadratmetern anbauen und nicht mehr als 200 Pflanzen setzen. Die Angelegenheit hatte in den Jahren bis 1948 eine größere Bedeutung, als fast 1 1/2 Millionen Menschen Tabak anbauten. Dieser Tabakanbau ist in diesem Jahr auf eine Anbauerzahl von nur noch 1,7 % der damaligen Anbauerzahl zurückgegangen.
({0})
Meine Damen und Herren! Ich bitte urn etwas Ruhe. Die große Zahl der Eingaben, die zu dieser Frage eingegangen ist, rechtfertigt eine große Aufmerksamkeit.
Gleichwohl muß die Besteuerung des Kleinpflanzertabaks neu geregelt werden. Im Bundesgebiet besteht dafür noch keine Rechtseinheit. Die Rechtseinheit soll durch dieses Gesetz hergestellt werden. Das Gesetz, das im Vereinigten Wirtschaftsgebiet galt, ist am 30. Juni 1950 außer Kraft getreten. Die Kleinpflanzer in der amerikanischen und britischen Besatzungszone würden daher gewerbliche Pflanzer sein und müßten ihre Ernte abliefern, wenn der vorliegende Entwurf nicht Gesetz wird. Sie würden im Absatz des Tabaks aber Schwierigkeiten haben, da schon die gewerblichen Pflanzer Absatzschwierigkeiten gegenüberstehen. In der französischen Besatzungszone würden die durch Kontrollratsgesetz im Jahre 1946 eingeführten hohen Sätze der Tabakpflanzensteuer weiter gelten, die keineswegs mehr gerechtfertigt sind.
Das Gesetz sieht nunmehr eine einheitliche Regelung für das ganze Bundesgebiet vor. Es soll nur für das laufende Erntejahr gelten, damit im Rahmen einer allgemeinen Reform der Tabaksteuer dann eine endgültige Regelung getroffen werden kann. Das Gesetz übernimmt im allgemeinen die Vorschriften, die bisher im Vereinigten Wirtschaftsgebiet galten. Der Entwurf sieht aber die Lohnverarbeitung und den Umtausch von Kleinpflanzerrohtabak in Fertigerzeugnisse nicht mehr vor.
Der Bundesrat hat folgende Änderungen zu dem Gesetzentwurf vorgeschlagen:
1. Die Lohnverarbeitung und der Umtausch von Kleinpflanzertabak sollen weiter zugelassen
({0})
werden und die Fertigerzeugnisse aus Kleinpflanzertabak zu ermäßigten Steuersätzen abgegeben werden.
2. Die Anmeldepflicht, die im Entwurf für alle Kleinpflanzer ohne Rücksicht auf die Zahl der gesetzten Pflanzen vorgesehen ist, soll auf die Tabakpflanzer beschränkt werden, die mehr als 100 Pflanzen angebaut haben.
Die Bundesregierung hält gegenüber den Änderungsvorschlägen im wesentlichen an ihrem Entwurf fest. Wegen der Einzelheiten darf ich wohl auf die Drucksache verweisen.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die erste Beratung. Der Altestenrat hat vorgeschlagen, daß eine Aussprache nicht stattfindet. - Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist.
Inzwischen ist mir ein Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Mühlenfeld und seiner Fraktion vorgelegt worden, im § 9 die Worte ,,und am 30. Juni 1951 außer Kraft" zu streichen. Ich möchte den Herrn Abgeordneten Mühlenfeld darauf aufmerksam machen, daß vor Abschluß der Beratung in erster Lesung Abänderungsanträge nicht zulässig sind. - Ich muß Ihnen anheimgeben, Herr Abgeordneter, diesen Antrag in zweiter Lesung zu stellen.
Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist, daß dieser Gesetzentwurf dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen überwiesen wird. - Es ist so beschlossen. Damit wäre Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vereinbarung über den Warenverkehr und das Protokoll vom 17. August 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Brasilien ({0}).
Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Gegenstand ist über die Begründung hinaus nur noch wenig zu sagen. Die Vertragspartner verpflichten sich gemäß Art. 3 der Vereinbarung über den Warenverkehr, vierteljährlich mindestens 25% des Gesamtvolumens des Abkommens auszuschreiben bzw. zu lizenzieren.
Weiter wäre zu erwähnen, daß beim Abschluß langfristiger Lieferverträge den deutschen Ausführern die Sicherheit .seitens Brasiliens gegeben wird, daß es sich damit verpflichtet, die für diesen Zweck ausgegebenen Lizenzen voll zu honorieren, auch wenn zum Zeitpunkt der Lieferung ein Vertragszustand zwischen beiden Ländern nicht mehr bestehen sollte.
Die im Protokoll vereinbarte Anwendung der Meistbegünstigung seitens Brasiliens ist bereits vor Inkrafttreten dieses Protokolls Anfang Juli in Brasilien verfügt worden. Durch die von beiden Seiten erfolgte Unterzeichnung des Zahlungsabkommens zwischen der Bank deutscher Länder und der Banco de Brazil werden bereits die ersten Geschäfte über das seit dem 16. September 1950 in Kraft befindliche Zahlungsabkommen abgewickelt. Ich bitte deshalb das Hohe Haus, diesem Vertrag seine Zustimmung zu geben,
Im Ältestenrat war man sich darüber einig, daß diese Vorlage ohne Aussprache in der ersten Beratung dem Ausschuß für Außenhandel überwiesen wird. - Hiergegen wird kein Widerspruch erhoben. Das Haus ist damit einverstanden. Damit ist auch Punkt 3 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes für Sicherungs- und Überleitungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft
({0}).
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei diesem Gesetz handelt es sich in der Hauptsache darum, die in dem alliierten Gesetz Nr. 24 vorgesehenen Durchführungsbestimmungen auf die deutsche Zuständigkeit zu übertragen. Damit sind auch auf diesem Sicherungsgebiet die wichtigsten Durchführungsarbeiten der Kontingentierung, Registerführung und Überwachung der beschränkten Industrien in deutsche Hände gelegt. Der Gesetzentwurf schafft im übrigen nur Rechtsgrundlagen, die vor dem Koreakonflikt für notwendig gehalten wurden.
Das Gesetz ermächtigt insbesondere die Bundesregierung zum Erlaß der nach 'dem alliierten Gesetz Nr. 24 erforderlichen Durchführungsverordnungen. Diese Vorschrift ist notwendig, um eine deutsche Rechtsgrundlage für die erforderlichen Durchführungsvorschriften zu schaffen, deren Ausführung nach dem Gesetz Nr. 24 den deutschen Behörden übertragen worden ist. Bis dahin muß sich die Durchführung noch unmittelbar auf das alliierte Gesetz stützen, was z. B.. in der französischen Zone zur Folge hat, daß für die Ahndung von Zuwiderhandlungen ausschließlich die Besatzungsgerichte zuständig sind.
Das Gesetz ermächtigt die Bundesregierung weiterhin zu Regelungen auf dem Gebiete der Kohle und des Mineralöls im Rahmen der besatzungsrechtlichen Vorschriften. Dabei ist zu beachten, daß die jetzige Anordnung Kohle II/50 am 31. März 1951 und die Anordnung Mineralöl I/50 am 31. Dezember 1950 ausläuft. Die Hohe Kommission hat wesentliche Änderungen auf diesen Gebieten durch die Direktive vom 2. September 1949 von ihrer Zustimmung abhängig gemacht. Nach dem Ablauf des Bewirtschaftungsnotgesetzes ist daher die neue Rechtsgrundlage des Gesetzentwurfes notwendig. Ob nach der im Zuge der Änderung des Besatzungsstatuts erwarteten Aufhebung der Direktive Lenkungsmaßnahmen auf den beiden Gebieten aufrechterhalten bleiben müssen, wird von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Ich behalte mir vor, zu diesem Gegenstand in den Ausschußberatungen noch weitere Ausführungen zu machen.
Das Gesetz regelt weiter die Sicherstellung der Deckung des Bedarfs an Edelmetallen sowie den Erlaß von Vorschriften über die fachstatistische Berichterstattung auf den Gebieten, auf denen andere statistische Unterlagen nicht ausreichend oder nicht kurzfristig zur Verfügung stehen.
Der § 3 des Gesetzes schreibt die Anhörung der Fachausschüsse vor, die bei dem Bundesminister für Wirtschaft oder den ihm nachgeordneten Dienststellen aus Vertretern der Länder, der Unter({0})
nehmer und der Arbeitnehmer bestehen, ein Verfahren. das sich bisher immer gut bewährt hat.
Der § 4 gibt der Bundesregierung ein Weisungsrecht an die Landesregierungen, beschränkt auf das Gebiet des Gesetzes Nr. 24, um eine einheitliche Handhabung dieser Durchführungsvorschriften sicherzustellen.
Schließlich enthält das Gesetz noch Strafbestimmungen.
In der Hauptsache werden durch dieses Gesetz Bestimmungen vorgesehen, die in Ausführung des alliierten Gesetzes Nr. 24 die Kontingentierung der Stahlproduktion, die Kontingentierung der Erzeugung von Hüttenaluminium, die Mitwirkung bei der Erteilung der Erlaubnis zum Bau und Erwerb von Schiffen, die Kontrolle des Transitverkehrs von Kriegsmaterial, und den Erwerb und den Besitz von Sportwaffen, die Berichterstattung über die Erzeugung von Wälzlagern und die Einfuhr von Elektronenröhren, ferner die Sicherherstellung der Umstellung der erlaubten Produktionen auf dem Gebiete der Feinmechanik, Optik und Elektronik auf den Friedensgebrauch und die Erteilung von Produktionsgenehmigungen und Ein- und Ausfuhrbewilligungen für bestimmte chemische Rohstoffe betreffen. Das Bundeswirtschaftsministerium plant im Augenblick über dieses Gesetz hinaus gewisse vorsorgliche Maßnahmen weiterer Art, die bei den Ausschußberatungen mit zur Diskussion gestellt werden sollen.
Ich eröffne die erste Beratung. Der Ältestenrat hat Ihnen für die Aussprache eine Redezeit von 60 Minuten vorzuschlagen. - Dagegen wird kein Widerspruch erhoben; das Haus ist damit einverstanden.
Wünscht jemand in der ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs das Wort? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die erste Beratung. Ich nehme an, daß das Haus mit der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik einverstanden ist.
({0})
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Dividendenabgabenverordnung ({1}).
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die bisherige Regelung stützte sich auf die Dividendenabgabenverordnung, Verordnung zur Begrenzung von Gewinnausschüttungen vom 11. Juni 1941. Es handelte sich dabei um eine reine Kriegsregelung, die sehr stark aus politischen, optischen Gründen erfolgt ist und die vor allen Dingen sicherstellen sollte, daß dem Staat alle überschüssigen Erträge der Unternehmungen zu Zwecken der Zeichnung von Schatzanweisungen zuflossen. Das heißt also: diese Verordnung war ein Instrument der Kriegsfinanzierung. Zudem sollte sie die Voraussetzungen schaffen, um die Rüstungsbetriebe in stärkerem Maße durch Eigenfinanzierung auszuweiten. Die Verordnung war ausdrücklich auf die Kriegsdauer begrenzt und ist jetzt überholt. Diese Verordnung bedeutet auch einen Fremdkörper in unserer Marktwirtschaft, die übermäßige Gewinne durch Mittel des Wettbewerbs auf das rechte Maß zurückdämmt.
Dabei ist zu beachten, daß die Eigenfinanzierung in stärkerem Maße durch die Fremdfinanzierung ersetzt werden muß. Die Aufrechterhaltung des Dividendenstops verleitet zu Fehlinvestitionen. Die Verluste der Rentensparer bei der Währungsumstellung und der niedrige Zins der Rentenwerte haben das anlagesuchende Publikum vom Erwerb von Rententiteln abgezogen. Die deutsche Wirtschaft wird in Zukunft wesentlich auf die ausreichende Versorgung des Kapitalmarktes angewiesen sein, und aus diesem Grunde muß die Dividendenbeschränkung fallen. Wenn die deutsche Wirtschaft vor allen Dingen auch in Zukunft darauf angewiesen ist, ausländisches Kapital zur Anlage in Deutschland zu bewegen, dann ist zu berücksichtigen, daß die ausländischen Kapitalgeber Ertragsmöglichkeiten nach internationalen Maßstäben auch in Deutschland finden müssen. Das Auslandskapital wird sich grundsätzlich marktwidrigen Beschränkungen nicht unterwerfen wollen. Mit übertriebenen Ausschüttungen ist ohnedies nicht zu rechnen, so daß die Auffassung der alliierten Kontrollbehörde, wie sie mit Schreiben vom 15. April 1949 angeregt hat, die Gewinnausschüttungen bis zu einer Höhe von etwa 10% zuzulassen, nach meiner Überzeugung keine Berechtigung hat. Aber über diesen Gegenstand kann ebenfalls in den Ausschußberatungen diskutiert werden.
Jedenfalls hat die alte Kriegsverordnung keinerlei Berechtigung mehr für unsere Wirtschaft und bedarf der Ablösung.
({0})
Meine Damen und Herren, die Begründung des Gesetzentwurfs ist erfolgt. Ich eröffne die erste Beratung. Der Ältestenrat hat Ihnen vorzuschlagen, daß für die Beratung eine Redezeit von 60 Minuten vorgesehen wird.
Zunächst erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Erler.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Grundgedanken dieses Gesetzes kann sich die sozialdemokratische Fraktion auf gar keinen Fall einverstanden erklären. Was war der Sinn der jetzt aufgehobenen Bestimmungen? Wir haben vom Herrn Wirtschaftsminister erfahren, daß es sich im wesentlichen um eine reine Maßnahme der Kriegsfinanzierung gehandelt habe, die erst während des Krieges ergriffen worden sei, um den Dividendensegen nicht zur Ausschüttung gelangen zu lassen, sondern die Gewinne unsichtbar zu machen. Das stimmt nicht ganz. Die jetzt aufzuhebenden Bestimmungen haben ja einen Vorläufer, - einen Vorläufer, der auch aus dem Dritten Reich stammt, wie sicherlich zuzugeben ist. Es waren das Kapitalanlagegesetz und ihm folgend das Anleihestockgesetz vom Jahre 1934. Beide Gesetze haben das gleiche getan, was auch die jetzt aufzuhebenden Bestimmungen in der Praxis erreichen sollten. Sie haben das Ausmaß der Dividendenausschüttung im Normalfall auf 6 % begrenzt.
Nicht die Rede war in der Begründung des Herrn Wirtschaftsministers von einer weiteren Vorschrift, die gleichfalls in dem jetzt aufzuhebenden Bestimmungen enthalten ist und die vorsieht, daß es verboten wird, Aufsichtsratvergütungen über das bisherige Ausmaß hinaus zu erhöhen. Ich darf Sie an eine Reihe der Bundestagsdebatten der letzten Zeit erinnern. Der Finanzminister hat außerordentlich große Sorgen. Er kündigte uns an, daß
({0})
wir mit einer Flut von neuen Deckungsvorschlägen zu rechnen haben werden, die ja auch jetzt bereits dem Bundesrat als Drucksachen vorliegen und mit denen wir uns im Bälde zu befassen haben werden, damit der Bund in der Lage ist, auch nur den dringendsten sozialen Verpflichtungen nachzukommen. Das zweite Wort der Bundesregierung bei allen Anträgen auf Verbesserung sozialer Leistungen in diesem Hause oder in den Ausschüssen lautet doch: „Für alle diese Aufwendungen ist kein Geld da". Man hat sich in nicht gerade sehr erfreulicher Weise - auch vom Standpunkt der großen industriellen Verbände - gegen die doch durch die Preisentwicklung unvermeidbar gewordenen und zu einem Teil durchgesetzten Lohnforderungen der Arbeitnehmer gewandt. Eine ganze Reihe von sehr wichtigen Aufbesserungen, die wir machen müssen, damit die Notlage der Ärmsten unseres Volkes gemildert wird, z. B. die Weihnachtszuwendungen für den Kreis der Fürsorgeempfänger, werden dieses Haus noch zu beschäftigen haben. Überall wird uns entgegengehalten: wir haben dafür kein Geld, wird sind ein armes Volk. Aber dann scheint es offenbar in diesem armen Volk eines der dringendsten Anliegen der Bundesregierung zu sein, dafür zu sorgen, daß mehr Dividende ausgeschüttet werden kann. Das können wir unter keinen Umständen gutheißen.
Es scheint weiterhin eines der dringendsten Anliegen der Bundesregierung zu sein, dafür zu sorgen, daß ausgerechnet die Begrenzung der Aufsichtsratsvergütungen fällt. Offenbar ist der Kreis der Dividenenempfänger und der Kreis der Aufsichtsratsmitglieder derjenige, dem die besondere soziale Fürsorge dieses Bundestages zu dienen habe.
Wir wenden uns gegen beide Dinge, und zwar nicht nur um der Optik willen, sondern auch deshalb, weil die darin zum Ausdruck kommende wirtschaftspolitische Konzeption falsch ist. Ich darf Ihnen zur Lage der Aktiengesellschaften, um die es sich hier handelt, vielleicht aus einer Zeitung, die keine sozialdemokratische Zeitung ist, aus der „Deutschen Zeitung und Wirtschaftszeitung", ein paar Zahlen über eine Untersuchung der Bilanzen vorlegen. Bei der Neufestsetzung ihres Grundkapitals haben 68 % oder 112 Gesellschaften von den untersuchten das volle Nominalkapital in D-Mark erhalten.
({1})
11 % oder 19 Gesellschaften haben es heraufgesetzt, und nur 21 % haben es herabgesetzt. Bei den Heraufsetzungen gibt es Fälle nicht nur von 1 zu 2, sondern sogar von 1 zu 5. Das heißt: der Sparer, der sein Guthaben im Betrage von 100 Mark bis auf 6,50 Mark verloren hat, muß zusehen, wie das Kapital des Aktionärs von 100 Mark auf 150, von 100 Mark auf 500 Mark aufgewertet wurde. Dann soll das ja nach bestimmten Vorstellungen einzelner Mitglieder dieses Hauses noch dadurch prämiiert werden, daß der Aktienbesitz von der Lastenausgleichsabgabe freigestellt werden soll.
Nein, meine Damen und Herren, man soll uns nicht immer damit kommen, alles, was im Dritten Reich je an Maßnahmen eingeführt worden sei, sei schon deswegen eo ipso aufzuheben. Sie sind doch sonst mitunter nationalsozialistischen Gesetzen gegenüber erheblich freundlicher gestimmt. Ich darf zum Beispiel an das Deutsche Beamtengesetz erinnern, dessen Grundgedanken Sie voll und ganz aufrechterhalten. Warum soll ausgerechnet dieses Gesetz im jetzigen Augenblick fallen?
Offenbar liegt Ihnen allen besonders am Herzen, nicht einmal den Anschein der sozialen Gerechtigkeit aufrechtzuerhalten, den mitunter sogar das Dritte Reich zu wahren sich bemüht hat.
Wir sollten also aus psychologischen Gründen dieses Thema jetzt nicht in aller Ausführlichkeit hier zur Debatte stellen. Ich glaube, das würde auf unser Volk einen denkbar schlechten Eindruck machen. Auch der Hinweis auf das Ausland sticht nicht. Selbst im Siegerland der Vereinigten Staaten von Amerika sind im Grundsatz die Bestimmungen über rent and profit control, d. h. über die Kontrolle der Mieten und der Gewinne der Unternehmungen aufrechterhalten geblieben, auch wenn man im Einzelfall nachgibt. Ich sehe nicht ein, warum wir, die wir offenbar den Krieg „gewonnen" haben, uns hier eine andere Großzügigkeit leisten sollen.
Nun zu den wirtschaftspolitischen Einwänden. Denken Sie doch bitte daran, was die Durchführung dieses Gesetzes etwa für den sozialen Wohnungsbau bedeutet. Sie bringen das gesamte Zinsgefüge zum Zusammenbrechen. An dem Tage, an dem die Aktiengesellschaften dazu übergehen können, höhere Gewinne auszuschütten, gibt es doch keinen Absatz festverzinslicher Wertpapiere mehr. Damit hört es dann mit dem Absatz von Pfandbriefen auf, damit hört es für den Bundesfinanzminister - den ich leider bei dieser Debatte vermisse - mit der Möglichkeit auf, seine Bundesanleihe zu erträglichen Bedingungen unterzubringen. Damit hört es mit der Möglichkeit für die Bundesbahn auf, zu erträglichen Bedingungen Investitionskapital zu finden. Sie lenken damit dieses Kapital einseitig lediglich in einen bestimmten, privatwirtschaftlich betriebenen Wirtschaftszweig und schlagen damit den gesamten sozialen Wohnungsbau und die gesamte öffentliche Investitionstätigkeit tot.
Dieses Gesetz widerspricht der Konzeption der Bundesregierung, die sie selber bei der entscheidenden Auseinandersetzung im Zentralbankrat vertreten hat. Zwei Minister, der Bundeskanzler an der Spitze und der Bundesfinanzminister, haben sich gegen die Erhöhung des Diskontsatzes der Bank deutscher Länder gewandt. Jetzt wird uns ein Gesetz präsentiert; das in seiner Mentalität diesen Ansichten des Herrn Bundeskanzlers eigentlich widerspricht, das in seiner Mentalität eigentlich von der Mehrheit des Zentralbankrates geboren sein könnte. Es war eine sehr knappe Mehrheit, eine Mehrheit von einer Stimme. Aber es ist ja augenblicklich in der Welt modern, auch in Deutschland, mit solch knappen Mehrheiten sehr weittragende Entschlüsse zu fassen. So hat uns auch der Zentralbankrat mit dieser Mehrheit jene Entscheidung beschert, die zu unerhörten Konsequenzen in unserem Wirtschaftsleben führen wird.
Ich möchte also noch einmal darauf hinweisen, daß wir aus wirtschaftspolitischen Gründen, um des Kapitalmarktes willen, um der Fürsorge für den Wohnungsbau willen dieses einseitige Abgleiten der gesamten Kapitalbildung in die Hände der privaten Aktiengesellschaften nicht mitmachen. Es ist davon geredet worden - das steht in der Begründung drin -, daß es doch besser sei, diese Gewinne auszuschütten, als daß sie zu unerwünschten Investitionen in den Betrieben verwendet würden. Meine. Damen und Herren, die unerwünschten Investitionen in den Betrieben haben Sie doch selber mit Ihren Steuergesetzen prämiiert,
({2})
({3})
die haben Sie doch selber gutgeheißen. Das letzte Stück Lenkung in erwünschte wirtschaftliche Kanäle, das noch in dem alten Wirtschatsratsgesetz über die Steuerreform enthalten war, haben Sie hier aufgehoben und haben schrankenlos die Selbstfinanzierung der Betriebe begünstigt. Jetzt soll nun angeblich durch Sie das Gegenteil geschehen, was aber zweifellos noch unerwünschtere Wirkungen haben wird, weil ich mir nicht vorstellen kann, daß ein ausgeschütteter Gewinn automatisch in wirtschaftspolitisch richtigere Kanäle fließt als ein nicht ausgeschütteter Gewinn.
Als letztes weisen Sie auf das Auslandskapital hin. Es ist ein altes und deswegen noch lange nicht richtiger werdendes Märchen, daß unter den heutigen wirtschaftspolitischen Verhältnissen der Zins ein nennenswerter Magnet für Fremdkapital sei. Das ist falsch. Die Sicherheit, die innere und äußere Sicherheit, und die Möglichkeit, den Ertrag des Kapitals auch später einmal zurückzubekommen und zu transferieren, sind viel bessere Garanten für jeden ausländischen Kapitalanleger als die Möglichkeit, zwar einen spekulativ hohen Zins zu bekommen, aber dann eines Tages das ganze Kapital im fremden Land eingefroren zu wissen, wie das in Deutschland verschiedentlich auch geschehen ist. Eine Wirtschaft der Vollbeschäftigung, eine Wirtschaft stabiler Preise, eine Wirtschaft mit einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz, die die Möglichkeit des Transfers von solchen ausländischen Anlagen eröffnet, ist ein wichtigerer und richtigerer Anreiz für Fremdkapital als ein jetzt für uns alle schädlicher hoher Zins.
Dieses Gesetz widerspricht dem Geist der nationalen Solidarität. Wir lehnen seinen Grundgedanken ab. Wir stellen mit Befriedigung fest, daß im Bundesrat das Land Niedersachsen - leider nur alleinstehend - sich gegen dieses Gesetz gewehrt und dagegen gestimmt hat. Mit um so größerem Befremden nehmen wir davon Kenntnis, daß ein Mann, der nun eigentlich wirklich auf der Seite der Gegner dieses Gesetzes stehen müßte, weil er gerade ein Anwalt derer sein muß, die für die sozialen Leistungen zu kämpfen haben, der Vorsitzende des Bundes der Heimatvertriebenen und Entrechteten in seiner Eigenschaft als Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein diesem Gesetz im Bundesrat nicht widersprochen und ihm zugestimmt hat.
({4})
Ich bitte Sie daher, dieses Gesetz, weil es allen Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit widerspricht und wirtschaftspolitisch falsch ist, weil es den Tod des von Ihnen beschlossenen Wohnungsbaugesetzes bedeuten würde, gar nicht erst an einen Ausschuß zu überweisen. Ich beantrage vielmehr seine Ablehnung in der ersten Lesung.
({5})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Scharnberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben gehört, daß die Verordnung, die hier aufzuheben ist, eigentlich auf die Lage zurückgeht, die wir im Jahre 1934 hatten. Damals waren wir in einem Zustand unserer Wirtschaft, in dem die Zinsen für fest verzinsliche Wertpapiere nach unten konvertiert werden mußten. Dies war der Grund, weshalb wir dann, um auf der anderen Seite unerwünschte Dividendenerhöhungen zu vermeiden, den Grundstock für dieses Gesetz legten, welches schließlich ein ausgesprochenes Kriegsgesetz wurde. Das Gesetz hatte dann die Bedeutung, die Gewinne während der Dauer des Krieges, wie es ausdrücklich in dem Gesetz hieß, zu begrenzen.
Heute sind wir nun in einer völlig anderen Situation, und insbesondere sind wir aus dem Kriege heraus. Obwohl es, wie ich dem Vorredner ohne weiteres beipflichte, aus sozialen Gründen durchaus unerwünscht ist, wenn wir zu hohen Dividenden oder Dividendenerhöhungen kommen, so plädieren wir doch dafür, dieses Gesetz aufzuheben, weil es eben ein ausgesprochenes Kriegsgesetz ist. Herr Erler ist der Meinung, daß höhere Dividenden kommen werden, wenn wir das Gesetz aufheben. Meine Freunde und ich sind nicht der Meinung, daß dies der Fall ist. Wir glauben nicht, daß in dem augenblicklichen Zustand unserer Wirtschaft überhaupt höhere Dividenden gezahlt werden können.
({0})
- Wir bitten, es abzuwarten! Insofern sind wir auch nicht der Meinung, daß der Einwand des Herrn Erler richtig ist, daß eine Aufhebung dieses Gesetzes zu einer Behinderung des Kapitalmarktes und des Absatzes von fest verzinslichen Wertpapieren führen würde. Wir haben auch deswegen den Wunsch, daß dieses Gesetz aufgehoben wird, weil es einen immerhin doch noch existenten Verwaltungsaufwand erfordert, und zwar, meine Damen und Herren, einfach für nichts, denn die materiellen Ergebnisse dieses Gesetzes sind ja überhaupt nicht vorhanden. Wir wollen grundsätzlich - und das ist für uns eine Grundsatzfrage - keine Beschränkungen privater Ansprüche, und wir wollen mit Nachdruck darauf hinweisen, daß es unter den Aktionären auch sehr, sehr viele kleine Leute gibt und hoffentlich in Zukunft noch mehr geben wird.
({1})
Im übrigen ist für uns noch ein Grund von großer Bedeutung. Dieses Gesetz führt nämlich. zu einem gewissen Versteckspiel. Wir hingegen wollen eine Publizität. Wir wollen wissen, welche Gewinne in der Wirtschaft erzielt werden. Wir versprechen uns von Publizität eine Auswirkung auf den Wettbewerb und damit einen Druck auf die Preise.
({2})
Eine Beschränkung der Dividenden führt nach unserer Überzeugung zu Fehlinvestitionen, denn sie verführt die Unternehmen dazu, ihre Gewinne eben nicht zu zeigen, zu thesaurieren und dann zu Fehlinvestitionen zu verwenden. Wir sind auch der Meinung, daß unsere Wirtschaft nicht nur allein mit Rentenpapieren finanziert werden muß, sondern auch durch Aktienemissionen. Wir sehen gewisse Möglichkeiten, daß in absehbarer Zukunft einmal wieder ausländische Interessenten sich auf dem Kapitalmarkt hier betätigen und daß dabei neben Rentenpapieren auch Aktien abgesetzt werden können.
Aus allen diesen Gründen sind wir der Auffassung, daß dieses Gesetz aufgehoben werden kann. Herr Erler fragte, warum es gerade jetzt aufgehoben werden müßte. Wir sind der Auffassung, daß es deshalb aufgehoben werden muß, weil es tatsächlich keine praktische Bedeutung mehr hat.
({3})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Neumayer. - Acht Minuten, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde haben den uns vorliegenden Entwurf begrüßt.
({0})
Ich muß meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, daß ausgerechnet der Sprecher der Sozialdemokratischen Partei, Herr Kollege Erler, dieses doch so sehr von nationalsozialistischem Geiste durchtränkte alte Dividendenabgabengesetz befürwortet hat.
({1})
Meine Damen und Herren, ich sage dies mit Bewußtsein: es war dies ein nationalsozialistisches Gesetz, es war dies ein Instrument der autoritären Wirtschaftslenkung.
({2})
Wir stehen heute im Zeichen der sozialen und freien Marktwirtschaft,
({3})
und in das Gefüge einer freiheitlichen Wirtschaft passen derartige Fesseln nicht mehr, wie sie der Wirtschaft durch die Bestimmungen der genannten Gesetze auferlegt werden.
Herr Kollege Erler hat darauf hingewiesen, daß das Gesetz einerseits wirtschaftspolitisch falsch sei und daß es andererseits der sozialen Gerechtigkeit widerspreche. Er hat mit Recht betont, daß diesem Dividendenabgabegesetz seinerzeit das Anleihestockgesetz vorausgegangen war, das eine Beschränkung der Dividende auf 6 bis 8 % vorgeschrieben hatte. Was war der Grund für diese Bestimmungen? Der Grund lag allein darin, daß auf der einen Seite die private Wirtschaft zu Investitionen angeregt werden sollte - man denke an die Zeit von 1929 bis 1933 und die damalige Wirtschaftskatastrophe - und daß auf der anderen Seite die Mittel des Kapitalmarkts über den Anleihestock in die öffentliche Hand gelenkt werden sollten. Diese Gründe können für uns heute nicht mehr irgendwelche Geltung beanspruchen. Wir wünschen keine Lenkung der Mittel in die öffentliche Hand, sondern wir sind der Auffassung, daß sie dem allgemeinen Kapitalmarkt, also der privaten Wirtschaft, zu dienen haben.
({4})
Während nun diese beiden Gesetze kapitalmarktpolitische Ziele verfolgten, ist die im Jahre 1941 erlassene Verordnung über die Dividendenabgabe als ausgesprochen demagogisch zu bezeichnen. Es können nur demagogische Gesichtspunkte gewesen sein,
({5})
die zu dieser Verordnung geführt haben, und es ist nun an der Zeit, daß diese Bestimmungen wieder aufgehoben werden. Wenn behauptet wird, die Aufhebung dieser Bestimmungen sei wirtschaftspolitisch falsch, so habe ich dem folgendes zu entgegnen. Es ist richtig, wie bereits Herr Kollege Scharnberg ausgeführt hat, daß gerade unter der Geltung dieser Bestimmungen sehr viele Fehlinvestitionen vorgenommen worden sind. Wir haben kein Interesse daran, daß derartige Investitionen, die nicht zum Vorteil des Unternehmens selbst und der Allgemeinheit notwendig sind, weitergeführt werden.
Nun wurde behauptet: wenn wir uns auf der einen Seite durch Aufhebung dieser gesetzlichen Bestimmungen gegen Fehlinvestitionen wehren wollen, so könnten wir nicht auf der anderen Seite durch die Finanzpolitik, also durch die Einkommensteuergesetz-Novelle dieses Frühjahrs, einen Anreiz zu Investitionen geben. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß zu unterscheiden ist zwischen Fehlinvestitionen, wirtschaftlich unerwünschten und nicht notwendigen Investitionen, die nur zur Unterbringung von Gewinnen vorgenommen werden, und den Investitionen, die mit Rücksicht auf die heutige Lage der Wirtschaft unbedingt erforderlich sind. Wir haben noch eine große Reihe von Investitionen in der Wirtschaft durchzuführen. Man denke an die zerstörten Anlagen, an die beschlagnahmten oder weggenommenen Maschinen; man denke auch an die Überalterung des Maschinenparks. Alles dies erfordert erhebliche Investitionen, die durch den privaten Kapitalmarkt ermöglicht werden müssen und sollen. Wir stehen also auf dem Standpunkt, daß eine Aufhebung der alten Beschränkungen und Bestimmungen den Kapitalmarkt beleben und stärken und dadurch auch die heute noch notwendigen Investitionen weiterhin ermöglichen wird.
Es ist auch bereits darauf hingewiesen worden, daß gerade das Auslandskapital in einer Aufhebung dieser Verordnungen einen Anreiz zur Beteiligung an deutschen Unternehmungen erblicken wird; denn wir dürfen bestimmt damit rechnen, daß sich nur dann Auslandskapital bei uns einfinden wird, wenn auch die Garantie dafür gegeben ist, daß keine wirtschaftspolitischen Fesseln und Bindungen mehr vorliegen.
Nun zu den sozialpolitischen Wirkungen. Meine Damen und Herren, wir dürfen uns nicht ausschließlich von optischen Gesichtspunkten leiten lassen.
({6})
- Nicht nur optisch, das ist richtig; das ist eine sehr reale Tatsache.
({7})
Aber ich bin ebenso wie mein Herr Vorredner davon überzeugt, daß angesichts der Lage unserer Wirtschaft, angesichts der noch notwendigen Investitionen, auf die ich gerade hingewiesen habe, in absehbarer Zeit wohl nicht mit einer großen Erhöhung der Dividenden zu rechnen sein wird.
({8})
Und sollten Dividendenerhöhungen eintreten, meine Damen und Herren, welche Kreise treffen sie denn im besonderen? Sie werden einem großen Kreis kleiner Sparer, die durch die Währungsreform ganz besonders betroffen worden sind und die vielfach ihre letzten Groschen in Aktien angelegt haben, zufließen.
({9})
Ich glaube, insofern ist die sozialpolitische Wirkung durchaus erwünscht.
({10})
- Das hat nichts mit Parteisubventionen zu tun.
({11})
Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß ein großer Kreis kleiner Sparer z. B. in der IG-Farbenindustrie Aktien gezeichnet hat.
({12})
Leider sind die Aktien der IG-Farbenindustrie noch nicht freigegeben und können nicht unter dieses Gesetz fallen, bevor die Entflechtung durchgeführt ist. Aber ich möchte dieses Beispiel er({13})
wähnen, weil allgemein bekannt ist, daß gerade eine Unmenge kleiner Leute, auch Arbeiter usw., Aktionäre dieses Unternehmens gewesen sind.
({14})
Ich glaube, gerade der Kreis dieser kleinen Rentner wird sich besonders freuen, wenn eine kleine Dividendenerhöhung - von einer großen wird bei der Gesamtlage unserer Wirtschaft nicht die Rede sein können - vorgenommen wird.
Zum Schlusse möchte ich betonen, daß meine Freunde beantragen, dieses Gesetz dem zuständigen Auschuß zu überweisen.
({15})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Ewers.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz wäre selbstverständlich ein Fremdkörper, wenn wir die von der SPD geforderte Lenkung und Beaufsichtigung der Wirtschaft in Deutschland hätten. Dieses Gesetz ist aber selbstverständlich im Rahmen der Wirtschaftspolitik, nach der unsere Regierung angetreten ist, kein Fremdkörper. Das so warmherzige und beredte Eintreten der SPD für die Beibehaltung solcher allein dem Nationalsozialismus entsprungenen Wirtschaftsmethoden verrät uns, was ich ja immer schon geahnt habe, daß zwischen NSDAP und SPD seit jeher sehr viele geheime Untergrundbeziehungen obgewaltet haben.
({0})
Darüber wundern wir uns nicht, sondern wir stellen das nur mit einer gewissen Befriedigung fest.
Zur Sache. Sicher ist, daß in einem Augenblick, in dem wir in der Bundesrepublik vor einer gewissen allgemeinen Krisenerscheinung stehen - ich brauche nur auf die Kohlenverknappung und andere Dinge hinzuweisen -,
({1})
dieses Gesetz auf den ersten Blick nicht gerade sozialpolitisch bequem ist. Sicher ist, daß es in einem Ausschuß wohl erwogen und bearbeitet werden muß, insbesondere was den Zeitpunkt seiner Einführung anlangt.
({2})
Sie haben vielleicht überhört, daß der Herr Minister, der es einbrachte, erklärte: Nach den Auffassungen, „die vor Ausbruch des Koreakonfliktes obwalteten", schien das aufzuhebende Gesetz völlig überholt. Unter Beachtung des Zeitmoments kann aber nicht in Frage kommen, dieses Gesetz a limine, von vornherein abzulehnen, wenn man nicht grundsätzlich aus seiner allgemeinen Anschauung die Regierungspolitik bekämpft. Wer auf dem Standpunkt der Regierung steht, muß erkennen und feststellen, daß das nationalsozialistische Gesetz an sich systematisch aufgehoben werden muß. Wegen der sozialen Umstände aber, die Herr Erler uns nahegebracht hat und die natürlich im Kampf der Parteien gegeneinander eine Rolle spielen werden, für die auch, glaube ich, manche unserer Wähler ein gewisses Verständnis aufbringen, muß dieses Gesetz insbesondere wegen seiner politischen Zweckmäßigkeit im Ausschuß sehr gründlich geprüft werden.
Ich beantrage daher, dieses Gesetz dem Ausschuß für Geld und Kredit zu überweisen. Ich glaube, nur dieser Ausschuß kann zuständig sein, da es sich weitgehend um markt- und währungspolitische Hintergründe handelt, wie ja aus der Debatte klar hervorgegangen ist. Erst die Prüfung im Ausschuß kann ergeben, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen diese Vorlage systematischerweise verabschiedet werden muß.
({3})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Behandlung des Gegenstandes durch den Herrn Abgeordneten Erler hat ein völlig falsches und schiefes Bild ergeben.
({0})
Das Gesetz dient nicht dazu, den Aktionären eine hohe Dividende zu vermitteln, sondern es dient dazu, unseren völlig daniederliegenden Kapitalmarkt zu regenerieren und wieder funktionsfähig zu machen.
({1})
Ich darf darauf hinweisen, daß zwei Jahre nach der Inflation nach dem ersten Weltkrieg bereits 45 % des Investitions- und Anleihekapitals der deutschen Volkswirtschaft über den öffentlichen Kapitalmarkt gedeckt wurden. Dieser Satz ist heute auf 2,5 %herabgesunken.
({2}) Ein Zeichen dafür,
({3})
daß unsere Volkswirtschaft nicht in der Lage ist, aus dem Kapitalmarkt, der allein eine sinnvolle Anwendung verbürgt, so viel Kapital zu ziehen, daß ein fruchtbarer Aufbau der deutschen Volkswirtschaft gewährleistet ist. Wenn wir heute angesichts der sprunghaften Steigerung der deutschen Produktion sehen, welch ungeheuere Investitionen wir benötigen, dann haben wir die Pflicht, alles zu tun, um wieder einen deutschen Kapitalmarkt herzustellen.
({4})
Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie, wenn ich abschließend sage: Die Diskussion hat mich an einen Witz erinnert, den der alte Carl Fürstenberg
({5}) von der Berliner Handelsgesellschaft machte, der sagte: „Der Aktionär ist dumm und frech; dumm, wenn er eine Aktie zeichnet, und frech, wenn er noch dafür eine Dividende verlangt!" - So weit sind wir allmählich wieder gekommen.
Wir müssen wieder dahin gelangen, daß, ganz gleich wo eine Anlage erfolgt und wo eine Anlage in der Volkswirtschaft produktiv arbeitet, auch wieder ein Ertrag gewährleistet wird, genau so wie auch jeder kleine Sparer bei seiner Anlage auf der Sparkasse mit gutem Recht eine Rendite fordern kann.
({6})
Bitte, Herr Abgeordneter Erler!
Meine Damen und Herren! Die Debatte hat ein Gutes gehabt. Sie hat auf alle Fälle gezeigt, daß hinter diesem Gesetzentwurf mehr steckt, als die meisten Abgeordneten vielleicht bei der Entgegennahme der Drucksache geahnt haben. Manchen ist vielleicht erst jetzt nach der Auseinandersetzung hier das Problem so richtig klar geworden; manche haben vielleicht erst jetzt erkannt, worum es dabei eigentlich geht.
Ich möchte mich der Reihe nach - denn die Aussprache ist neu eröffnet, Herr Minister, wofür ich Ihnen von Herzen danke -, ich möchte mich der Reihe nach mit allen diesen Argumenten in aller Kürze auseinandersetzen.
Selbstverständlich sind wir nicht für Fehlinvestitionen. Selbstverständlich wissen wir auch, daß die deutsche Wirtschaft Investitionskapital braucht. Wir leugnen nicht die in Trümmer liegenden Städte und den Rückstand unseres Verkehrswesens, wir leugnen auch nicht die demontierten Produktionsanlagen, die wieder aufgebaut werden müssen. Aber glauben Sie denn, daß Kapital, das dadurch fehlgeleitet wird, weil man hohe Dividendenausschüttungen nicht verhindert, dadurch richtiger geleitet wird, wenn man es in den Betrieben verpulvert, um Steuern zu sparen? Das ist doch genau das gleiche, was Sie mit ihrer Steuergesetzgebung auf dem Gebiet der Selbstfinanzierung hier angerichtet haben.
({0})
Es ist doch gar nicht wahr, daß in Deutschland die Kapitalbildung so außerordentlich schwach ist. Es ist sehr viel Kapital in Deutschland erarbeitet worden. Wenn Sie einmal die Summe der ausgezahlten Löhne zu dem in der ganzen Bundesrepublik erarbeiteten Kapital und zu den in der ganzen Bundesrepublik pro Jahr hinzugewachsenen Aufwendungen an Investitionen in ein Verhältnis setzen, dann werden Sie zu dem Ergebnis kommen, daß aus jeder Mark an Lohn rund 50 Pfennig an Kapital erarbeitet worden sind. Leider gilt aber auf diesem Gebiet immer noch in Deutschland der nach Tolstoi bewährte Grundsatz: „Jawohl, Arbeit entsteht durch Anhäufung von Reichtum, indem die einen das Arbeiten und die anderen das Anhäufen besorgen."
({1})
Wir müssen uns endlich einmal angewöhnen, daß mit diesem Grundsatz gebrochen wird. Wenn wir schon diese Intervestitionen aus dem Schweiß unseres ganzen Volkes bestreiten, dann muß man auch z. B. bei der Debatte über das Mitbestimmungsrecht dafür sorgen - einer Debatte, die wir in diesem Hause noch einmal führen werden -, daß alle diejenigen, die außer den Kapitaleignern durch ihre Arbeit Werte in diesem Lande schaffen, aber keine Kapitalbesitzer sind, auch darüber ein Mitspracherecht bekommen, was mit dem Ertrag dieser Arbeit geschieht.
({2})
Alles das sind Erwägungen, die einem natürlich durch den Verlauf dieser Debatte hier jetzt nahegelegt werden. Man will uns hier gewissermaßen unterschieben, wir seien dafür, mit einer reichlich blödsinnigen nationalsozialistischen Gesetzgebung weiterhin dafür zu sorgen, daß Kapital fehlgeleitet wird. Sagen Sie mir doch, wie Sie es richtiger leiten wollen? Schauen Sie doch in die Wirtschaft, was dort wirklich an Fehlinvestitionen passiert ist, nicht nur im Dritten Reich - die haben gerüstet, und die ganze Rüstung war eine einzige Fehlinvestition -, sondern was allein auf dem Gebiet der Luxusindustrie in den vergangenen Jahren fehlinvestiert worden ist, nicht weil einige Leute keine hohen Dividenden ausschütten können, sondern weil die Leute durch die Steuerpolitik geradezu dazu angereizt und dafür prämiiert worden sind, Überschüsse nicht dem Kapitalmarkt zuzuführen.
({3})
Wie wollten Sie denn den Kapitalmarkt in Ordnung bringen? Haben Sie denn eine Garantie dafür, daß die mehr ausgeschüttete Dividende wirklich dem Kapitalmarkt zufließt, daß sie nicht einfach wieder in den Luxuskonsum fließt? Das wissen Sie genau so wenig wie ich; das ist zunächst eine vollkommen unbewiesene Behauptung von Ihnen. Die bisherigen Erfahrungen beweisen uns, daß die Entwicklung entgegengesetzt verlaufen wird. Sie werden damit den Kapitalmarkt nicht fördern, sondern ihn ganz zum Erliegen bringen, weil der Markt der festverzinslichen Werte festsitzt, auf den der größte Teil unserer öffentlichen Ausgaben heute angewiesen ist und auf dem die größten Investitionsvorhaben liegen. Die zertrümmerten Städte bauen Sie mit der Privatinitiative allein nicht wieder auf! Die Leute sagen sich: Nein, nein, bei den Mietpreisen gehen wir nicht an den Wohnungsbau ran.
({4})
- „Sehr richtig?" - Aha, Sie wollen den Leutchen nur dann Wohnungen zukommen lassen, wenn sich die Wohnungen für die Eigentümer der Häuser rentieren, und wir wollen Wohnungen bauen, damit die armen Leute Wohnungen bekommen!
({5})
Herr Abgeordneter Erler, darf ich darauf aufmerksam machen, daß Ihre Redezeit bereits vorhin verbraucht wir.
({0})
Die Aussprache ist durch die Rede des Herrn Bundeswirtschaftsministers wieder eröffnet.
Herr Abgeordneter Erler, ich muß die Geschäftsordnung auslegen. Ich weise darauf hin, daß ich die Aussprache nicht geschlossen hatte und daß die Beratung nur dann wieder eröffnet wird, wenn nach Beendigung der Aussprache ein Bundesminister das Wort nimmt. Ich darf Sie bitten - da ich Ihnen selbstverständlich das Wort erteilt habe -, sich möglichst kurz zu fassen.
Gut! Die Zwischenrufe beweisen, welche Wirtschaftsprinzipien hier einander gegenüberstehen. Ich habe sie zu dieser grundsätzlichen Auseinandersetzung benutzt. Ich will mich ganz kurz fassen.
Sie wissen jetzt alle mit voller Klarheit, welche Vorstellungen - und auch meine Freunde haben das mit Befriedigung zur Kenntnis genommen - hinter diesem Gesetz stehen. Ich weiß, daß das Gesetz selbst, so wie es jetzt dasteht, tunlichst durch ein anderes ersetzt werden muß. Aber ich bin gegen die Überweisung an den Ausschuß, weil
({0})
das Gesetz in der jetzigen Fassung einfach dem Grundgedanken nach nicht verbesserungsfähig ist, weil uns die Regierung dann ein anderes Instrument an die Hand geben muß, damit dafür gesorgt werden kann, daß keine Fehlinvestitionen passieren, daß nicht überhöhte Dividenden ausgeschüttet werden. An dem Tage, an dem uns die Regierung einen solchen Entwurf bringt, sind wir bereit - das sage ich mit aller Offenheit und Loyalität -, mit Ihnen gemeinsam an die Arbeit zu gehen, damit etwas Gescheites daraus wird. Nach dem Grundgedanken dieses Gesetzes kann nichts Gescheites dabei herauskommen. Wir wollen doch alle Anstrengungen unseres Volkes - ohne große Opposition - nicht nur dann zusammenreißen, wenn man einen Krieg vorbereitet, sondern wir wollen, daß endlich die gleichen Anstrengungen, die des Schweißes der Edlen würdig sind, vielleicht auch dann einmal gemacht werden, wenn wir die Folgen dieses Krieges zu heilen haben.
({1})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung der ersten Beratung.
Von Herrn Abgeordneten Erler ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in erster Lesung abzulehnen. Ich bedauere, auch in diesem Falle mit Herrn Abgeordneten Erler wegen der Geschäftsordnung nicht einer Meinung zu sein. Die Ablehnung eines Gesetzentwurfs in erster Beratung ist nicht zulässig.
Es ist der Antrag gestellt worden, den Gesetzentwurf den zuständigen Ausschüssen zu überweisen. Zunächst ist die Verweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit federführend beantragt worden. Zugleich wird beantragt, den Entwurf an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik zu überweisen. Ich bitte die Damen und Herren, die der Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Geld und Kredit federführend und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich: bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit. Die Überweisung ist erfolgt. Damit ist Punkt 5 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegs- oder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen ({0}); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({1}) ({2}).
({3})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Brill. Ist Herr Abgeordneter Dr. Brill anwesend? - An Stelle des nicht anwesenden Herrn Abgeordneten Dr. Brill hat der Vorsitzende des Ausschusses, Herr Abgeordneter Dr. Laforet, die Berichterstattung übernommen.
Dr. Laforet ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Frage steht die zum Teil schwierige Bereinigung der Vorschriften über den Ablauf der Fristen, die durch Kriegs- und Nachkriegsvorschriften gehemmt worden sind. Der Rechtsausschuß hat eingehend darüber beraten. Die Ergebnisse sind in den Drucksachen Nr. 1356 und Nr. 1494 niedergelegt. Für den Rechtsausschuß bitte ich, den Gesetzentwürfen nach Maßgabe der Beschlüsse des Rechtsausschusses zuzustimmen.
Als Vorsitzender des Rechtsausschusses habe ich weiter folgendes zu berichten: Die Ungewißheit über das Schicksal unserer gefangenen Brüder im Osten, die Zerreißung unseres Vaterlandes schafft in der Rechtspflege ständig ganz unerträgliche Verhältnisse. Wir müssen versuchen, so weit als möglich mit einer Nothilfe zu heilen. Es ist nun erfreulich, daß in den schwierigen Gesetzgebungsverhandlungen über die Fristen wie über das Verschollenheitsrecht - dem nächsten Punkt unserer Tagesordnung - die Beteiligten bei der Erörterung erheblich mitgewirkt haben. So sind dem Bundesjustizministerium auch nach Abschluß der Ausschußberatung wertvolle Anregungen vorgelegt worden, die bei der Erlassung der beiden Gesetze berücksichtigt werden sollen. Sie sind in den Umdrucken Nr. 24 und 25 verwertet und liegen Ihnen als Anträge vor.
Als Vorsitzender des Rechtsausschusses bitte ich im Einverständnis mit den beteiligten Herrn Kollegen der verschiedenen Fraktionen, den Gesetzentwurf nach den Beschlüssen des Rechtsausschusses anzunehmen und diesen Änderungen zu entsprechen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Aussprache der zweiten Beratung. Eine allgemeine Aussprache in dieser Beratung wünscht das Haus offenbar nicht.
Ich rufe zunächst auf § 1. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse über § 1 des Gesetzes abstimmen. Wer für § 1 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
Zu § 2 Abs. 1 liegt ein Abänderungsantrag auf dem Ihnen vorliegenden Umdruck Nr. 24 vor. Ich eröffne die Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse zunächst über den Abänderungsantrag der CDU/CSU, SPD und DP abstimmen:
Der Bundestag wolle beschließen:
§ 2 Absatz 1 erhält folgenden Zusatz:
Dies gilt entsprechend, wenn der Berechtigte oder der Verpflichtete außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes unter solchen Umständen gefangengehalten wird, daß ihm die sachgemäße Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht möglich ist.
Ich bitte die Damen und Herren, die für den Abänderungsantrag sind, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Abänderungsantrag ist einstimmig angenommen und damit gleichzeitig der ganze Abs. 1 des § 2.
§ 2 Abs. 2 und 3 sollen nach dem Ausschußantrag unverändert angenommen werden. Ich bitte um Ihr Handzeichen, wenn Sie dem zuzustimmen wünschen. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.Ich bitte um die Erlaubnis, die folgenden §§ 3, 4, 5 und 5 a ({0}) sowie Einleitung und Überschrift zusammen aufrufen zu dürfen. Ich bitte um Wortmeldungen, falls zu einzelnen Paragraphen das Wort gewünscht werden sollte. - Das ist nicht der Fall.
Ich lasse abstimmen über § 3. Ich bitte um Abstimmung. - § 3 ist angenommen.
§ 4. Ich bitte um Abstimmung. - § 4 ist angenommen.
§ 5. Ich bitte um Abstimmung. - § 5 ist angenommen.
({1})
§ 5 a ({2}). Ich bitte um Abstimmung. --- Angenommen.
Einleitung und Überschrift. - Angenommen. Damit schließe ich die zweite Beratung.
Ich eröffne die
dritte Beratung
dieses Gesetzentwurfs. Wird das Wort gewünscht? - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme zur Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf über den Ablauf der durch Kriegs- oder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen: §§ 1 bis 5a ({3}), Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf im ganzen zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Enthaltungen! - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts ({4});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ({5}) ({6}).
({7})
Das Wort hat als Berichterstatter Herr Abgeordneter Dr. Oellers.
Dr. Oellers ({8}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrage des 23. Ausschusses, des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, muß ich Ihre Aufmerksamkeit für eine Materie in Anspruch nehmen, die zwar das Lebensschicksal einer großen Zahl von Menschen auf das engste berührt und in dieses Schicksal zutiefst eingreift, die aber in ihrer juristischen Behandlung dem Gesetz aller ordnenden Jurisprudenz unterliegt, nämlich trocken zu wirken.
Ich spreche von Verschollenheitsrecht, insbesondere der Gestaltung dieses Rechts in bezug auf die unzähligen Vermißten des letzten Krieges. Dabei bedaure ich, mich nicht kurz fassen zu können, selbst wenn ich nur die Hauptpunkte der Vorlage behandle, einmal wegen ,der zweifellos besonderen Wichtigkeit des Themas -angesichts der Tatsache, daß wöchentlich über 1000 Todeserklärungsverfahren anfallen, zum andern aber auch wegen der besonderen juristischen Schwierigkeiten mancher der getroffenen Regelungen, die es erforderlich erscheinen lassen, für die spätere Handhabung des Gesetzes in der Praxis den Willen des Gesetzgebers zu interpretieren und in den Materialien niederzulegen. Das gilt vor allem, nachdem dieses Hohe Haus auf eine Debatte über den Gesetzentwurf in allen drei Lesungen verzichten will. Wegen der Schwierigkeit ,der Materie und wegen der Notwendigkeit der Festlegung des Willens des Gesetzgebers bitte ich, auch dafür Verständnis haben zu wollen, wenn ich von dem Recht des Berichterstatters, sich weitgehend auf schriftliche Darlegungen und Unterlagen zu stützen, Gebrauch mache.
Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat die Regierungsvorlage Drucksache Nr. 1100 einer eingehenden Überarbeitung unterzogen und nach einer Grundsatzdebatte einem Unterausschuß zur Behandlung überwiesen. Das Ergebnis der Arbeiten dieses Unterausschusses, das die einstimmige Billigung des Gesamtausschusses gefunden hat, liegt Ihnen in der vergleichenden
Darstellung der Drucksache 1520 zur Beschlußfassung vor. Es erscheint am Platze, an dieser
Stelle der ausgezeichneten Mitarbeit des zuständigen Referenten des Bundes-Justizministeriums zu gedenken, die die Arbeit an der Gesetzesvorlage in diesem Falle besonders gefördert hat.
({9})
Das Gesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Festsetzung der Todeszeit vom 4. Juli 1939, abgekürzt Verschollenheitsgesetz genannt, hat bereits durch die frühere Reichsgesetzgebung Änderungen und Ergänzungen erfahren. Durch weitere Abänderungen und Ergänzungen der Nachkriegszeit - teils durch Gesetzgebungsakte der Besatzungsmächte, im größeren Umfang durch die Ländergesetzgebung - ist die Rechtsentwicklung auf dem Gebiete des Verschollenheitsrechtes, das einer besonders einheitlichen Behandlung bedurft hätte, bedauerlicherweise auseinandergegangen und damit die Übersicht über das geltende Verschollenheitsrecht erschwert worden. Der Katalog der nach Art. 3 § 4 der Vorlage aufzuhebenden Gesetzesvorschriften bestätigt Ihnen die Richtigkeit dieser Darlegungen.
Hinzu tritt die Tatsache, daß in dem im Jahre 1939 verabschiedeten Gesetz die Verhältnisse und Zustände, die der letzte Krieg hervorgerufen und in seinen Folgeerscheinungen hinterlassen hat, naturgemäß nicht berücksichtigt sein können, so daß das Gesetz von 1939 für einen großen Teil der Verschollenheitsfälle dieses Krieges völlig unzureichend ist.
Schließlich war es erforderlich, solche Bestimmungen des Verschollenheitsrechts aufzuheben oder zu ändern, die auf nationalsozialistischen Anschauungen beruhen oder durch die politische Entwicklung überholt sind. Dieser Aufgabe unterzieht sich der heute vorliegende Gesetzentwurf.
Der Art. 1 befaßt sich mit den notwendigen Änderungen des bisherigen Verschollenheitsgesetzes, während der § 3 der Übergangs- und Schlußbestimmungen der jetzigen Vorlage die Ermächtigung für den Bundesminister der Justiz vorsieht, den nunmehrigen Wortlaut des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit unter der Bezeichnung „Verschollenheitsgesetz" mit dem Datum der Bekanntmachung neu bekannt zu machen und dabei Unstimmigkeiten des Wortlautes, also beispielsweise unrichtig gewordene Verweisungen oder Bezugnahmen, zu beseitigen. Eine Ermächtigung zu materiellen Änderungen beinhaltet dieser § 3 also ausdrücklich nicht.
Der Art. 2 schafft Sondervorschriften für Verschollenheitsfälle aus Anlaß des letzten Krieges, die in der Praxis bei solchen Verschollenheitsfällen als lex specialis neben den Vorschriften des allgemeinen Verschollenheitsrechts herangezogen werden müssen.
Der bei den Arbeiten des Ausschusses neu eingefügte Art. 2 a enthält Ergänzungen zu den Vorschriften des Eherechts über die Wiederverheiratung im Falle der Todeserklärung, Vorschriften, die nach ursprünglicher Auffassung des Bundesjustizministeriums aus Gründen der Systematik erst bei der in Aussicht genommenen Neugestaltung des Eherechts kodifiziert werden sollten, von denen aber der Ausschuß der Auffassung war, daß sie bereits jetzt als materielles Recht ins Leben gerufen werden sollen. Der notwendigen Systematik kann dann später dadurch Rechnung getragen werden, daß diese Vorschriften bei der Neu({10})
kodifikation des Eherechts unter Streichung in diesem Gesetz in das neue Gesetz übernommen werden. Auf den materiellen Inhalt des Art. 2a werde ich in meiner Berichterstattung noch zurückzukommen haben.
Der Art. 3 schließlich enthält eine Reihe von Übergangs- und Schlußbestimmungen.
Meine Damen und Herren, ich darf mich zunächst den Änderungen und Ergänzungen des allgemeinen Verschollenheitsrechts zuwenden.
1. Der § 4 des Verschollenheitsgesetzes sah die Möglichkeit einer Todeserklarung wegen Kriegsverschollenheit nicht nur bei einem Kriege oder bei einem kriegsähnlichen Unternehmen vor, sondern auch bei der Teilnahme an einem besonderen Einsatz. Dabei konnte der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit dem Chef des Oberkommandos der Wehrmacht bestimmen, wann der Fall eines solchen Einsatzes vorlag. Der Begriff „besonderer Einsatz" entstammt der Terminologie des Nationalsozialismus und hat neben den Ausdrücken „Krieg" und „kriegsähnliches Unternehmen" keine Berechtigung. Der Ausschußentwurf sieht daher die Streichung des Begriffs „besonderer Einsatz" im § 4 Abs. 1 und die Aufhebung des Abs. 4 des gleichen Paragraphen vor.
2. Nach § 12 Abs. 3 des Verschollenheitsgesetzes ist eine unbeschränkte Todeserklärung nur hinsichtlich solcher Angehörigen eines fremden Staates zulässig, deren Ehefrauen im Inlande ihren Wohnsitz haben und deutsche Staatsangehörige sind oder bis zu ihrer Verheiratung mit dem Verschollenen waren. Diese Möglichkeit ist durch eine Neufassung des Abs. 3 in der Vorlage in dreifacher Hinsicht erweitert worden. Erstens soll eine solche Todeserklärung nicht mehr nur bei Angehörigen fremder Staaten, sondern auch bei Staatenlosen möglich sein. Zweitens ist für den Ehemann einer verschollenen Frau nunmehr das gleiche Antragsrecht vorgesehen wie bisher für die Ehefrau eines verschollenen Mannes. Drittens soll in Verfolg des Art. 116 des Grundgesetzes den deutschen Staatsangehörigen derjenige gleichgestellt werden, der als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit im Inlande Aufnahme gefunden hat.
3. Ein Staatenloser kann auf Grund des Art. 29 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in Verbindung mit § 12 des Verschollenheitsgesetzes derzeit nur dann für tot erklärt werden, wenn er im letzten Zeitpunkt, in dem er nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, seinen Aufenthalt in Deutschland hatte, ohne in dieser Zeit in einem anderen Lande seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu haben. Wenn das nicht der Fall ist und auch der Sonderfall des § 12 Abs. 3 nicht vorliegt, kann ein verschollener Staatenloser in Deutschland derzeit nicht für tot erklärt werden. Aus dieser Rechtslage können sich für die Angehörigen solcher Staatenloser, die früher deutsche Staatsbürger waren, Mißhelligkeiten ergeben. Das gilt insbesondere hinsichtlich der zahlreichen jüdischen Mitbürger, die die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Ausbürgerungsmaßnahmen des Nationalsozialismus verloren haben. Um solche Unbilligkeiten zu vermeiden, sieht die Vorlage die Anfügung eines Abs. 4 an den § 12 vor, d. h. einer Bestimmung, die durch eine Verordnung des Zentraljustizamtes vom 16. Dezember 1946 bislang bereits in der britischen Zone galt. Diese Vorschrift bestimmt, daß ein Verschollener, der seine
frühere deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, ohne eine andere Staatsangehörigkeit zu erwerben, für tot erklärt werden kann, wenn ein berechtigtes Interesse an einer Todeserklärung durch ein deutsches Gericht besteht.
4. § 15 des Verschollenheitsgesetzes und die als Ergänzung in Vorlage gebrachten §§ 15a, b, c und d befassen sich mit der örtlichen Zuständigkeit für die Todeserklärung. Zunächst schafft eine Ergänzung des § 15 Abs. 1 in dem Gericht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts für solche Verschollene eine örtliche Zuständigkeit, die einen inländischen Wohnsitz nicht gehabt haben.
Wichtiger aber ist folgendes Problem. Die bisherige grundsätzliche örtliche Zuständigkeit des Gerichts des letzten Wohnsitzes gemäß § 15 des Verschollenheitsgesetzes reicht nicht mehr aus, insbesondere nicht für die Fälle, in denen der Verschollene seinen letzten Wohnsitz jenseits der Oder-Neiße-Linie hatte. In der britischen und französischen Zone hat man für diese Fälle Ersatzzuständigkeiten geschaffen durch die Zuständigkeitserklärung des Gerichts, in dessen Bezirk der erste Antragsteller seinen Wohnsitz hat. In der amerikanischen Zone hat man sich über § 15 Abs. 3 Satz 2 des Verschollenheitsgesetzes zu helfen versucht. Der Regierungsentwurf greift die Regelung der britischen und französischen Zone auf und bewirkt in den §§ 15a bis d eine Vereinheitlichung der in den Zonen auseinandergelaufenen Rechtsentwicklung.
Um nun zu vermeiden, daß bei solchen Ersatzzuständigkeiten derselbe Verschollene durch mehrere Gerichte, möglicherweise unter Festsetzung verschiedener Zeitpunkte, für tot erklärt wird, hatte man bislang ein besonderes Auskunftssystem geschaffen. Jedes Gericht, das sich auf Grund einer Ersatzzuständigkeit mit einem Verschollenheitsfall befassen wollte, mußte dies in der britischen Zone dem Amtsgericht Hannover und in der französischen Zone dem Amtsgericht in Baden-Baden melden, wo dann geprüft wurde, ob nicht bereits ein anderes Gericht mit derselben Verschollenheitssache beschäftigt wurde. Dieses System hat im Grundsatz der Regierungsentwurf in § 15a übernommen und dabei als Auskunftsgericht für den gesamten Geltungsbereich des Gesetzes das Amtsgericht Hannover vorgesehen.
Vom Bundesrat ist dann vorgeschlagen worden, statt dessen das Amtsgericht Berlin-Schöneberg zu bestellen. Diesem Änderungsvorschlag hat die Bundesregierung unter der Bedingung zugestimmt, daß durch den Magistrat von Groß-Berlin und die Regierungen der in Betracht kommenden Länder im Verwaltungswege gesichert wird, daß das Amtsgericht Berlin-Schöneberg die bei den Amtsgerichten Hannover und Baden-Baden bereits gesammelten Verfahrensanzeigen benutzen kann.
Der Ausschuß hat zunächst gegen die vorgeschlagene Regelung, das Amtsgericht Hannover durch das Amtsgericht Berlin-Schöneberg zu ersetzen, Bedenken gehabt, weil die Länder, zu deren Justizverwaltungen die Amtsgerichte Hannover und Baden-Baden gehören, sich dem Vorschlag des Bundesrats nicht angeschlossen hatten. Diese Bedenken konnten aber fallengelassen werden, nachdem die Justizministerien der Länder Niedersachsen und Südbaden dem Bundesjustizministerium erklärt haben, daß sie keine Einwendungen erheben. Der Ausschuß hat sich somit für eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg entschieden. Er glaubt aber, darauf aufmerksam machen zu sollen,
({11})
daß das Bundesjustizministerium gemeinsam mit dem Magistrat von Groß-Berlin seiner Ansicht nach wird prüfen müssen, ob in diesen Fällen eine Verkündung des gleichen Gesetzes durch den Magistrat von Groß-Berlin genügt oder ob es angesichts der Tatsache, daß hier durch ein Gesetz der Bundesrepublik Deutschland die örtliche Zuständigkeit einer Behörde eines Landes in Anspruch genommen wird, das nicht der gesetzgeberischen Zuständigkeit dieses Parlaments unterliegt, eines besonderen Zuständigkeitsgesetzes bedarf. Auf eine Darlegung der rein formalen Zuständigkeitsbestimmungen im einzelnen glaube ich vor diesem Hohen Hause verzichten zu können.
5. Das Verschollenheitsrecht kennt bekanntlich zwei Verfahren, nämlich einmal die Todeserklärung eines Verschollenen, dessen Tod ungewiß ist, und zum andern die im Jahre 1939 aus dem österreichischen Recht übernommene Feststellung der Todeszeit solcher Personen, deren Tod nach den Umständen nicht zweifelhaft sein kann. Beide Verfahren haben nun eine verschiedene Wirkung im Hinblick auf die Gültigkeit einer neuen Ehe des zurückgebliebenen Ehepartners. Bei der Wiederverheiratung im Falle einer Todeserklärung wird nach den §§ 38 bis 40 des Ehegesetzes die frühere Ehe mit der Schließung der neuen Ehe aufgelöst, und nur der wiederverheiratete Ehepartner hat das Recht, die Auflösung der neuen Ehe zu verlangen, wenn sich herausstellt, daß der für tot erklärte Ehegatte noch lebt. Im Falle der Todeserklärung ist somit die Ehe nicht ex lege nichtig, sondern nur vernichtbar. Im Falle der Festsetzung des Todeszeitpunktes hingegen ist nach überwiegender Auffassung mangels der Möglichkeit der Anwendbarkeit der §§ 38 bis 40 des Ehegesetzes die neue Ehe nicht nichtig, und es liegt ein Fall der Doppelehe vor, wenn sich herausstellt, daß derjenige, dessen Todeszeitpunkt festgestellt wird, noch lebt. Eine Regelung dieses Problems ist seinerzeit anscheinend übersehen worden.
Das Bundesjustizministerium ist mit dem Ausschuß der Auffassung, daß die eherechtlichen Folgen beider Verfahren gleichgestellt werden sollen. Entsprechende Bestimmungen waren ursprünglich vom Justizministerium für dieses Gesetz vorgesehen. Auf Wunsch einiger Landesjustizverwaltungen hat man die Bestimmungen aus dem Gesetzentwurf wieder herausgenommen und sie im Interesse der Systematik der in Aussicht genommenen neuen Kodifikation des Eherechtes vorbehalten. Ich erwähnte das schon. Der von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf sah lediglich die Änderung einiger Bestimmungen des Verschollenheitsrechtes im Hinblick auf die für später in Aussicht genommene Gesetzgebung vor, Bestimmungen, die gewissermaßen solange in der Luft gehangen hätten.
Der Ausschuß hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß die materielle Ergänzung der eherechtlichen Bestimmungen schon jetzt vorgenommen und später in die neue Kodifikation des Eherechts übernommen werden soll, und deswegen dem Gesetzentwurf einen besonderen Art. 2a eingefügt.
Im § 1 des Art. 2 a ist die Gleichstellung des Feststellungsverfahrens hinsichtlich des Todeszeitpunktes mit dem Verfahren der Todeserklärung in bezug auf die eherechtlichen Folgen vollzogen. In § 2 ist eine Heilung solcher Fälle vorgesehen, bei denen ein Ehegatte vor Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, durch den der andere Ehegatte für tot erklärt worden ist, eine neue Ehe eingegangen
ist. Damit sind nunmehr auch die in der Regierungsvorlage in den Ziffern 16, 17 und 18 vorgeschlagenen Änderungen der §§ 40, 43 Abs. 1 und 44 Abs. 2 des Verschollenheitsgesetzes, auf deren Erläuterung ich im einzelnen verzichten kann, gegenständlich geworden.
6. Ähnliche Schwierigkeiten haben sich in den Fällen unrichtiger Todesbeurkundung in den Sterbebüchern ergeben, Fälle, die bekanntlich gerade bei der Beurkundung von Kriegssterbefällen auf Grund unrichtiger Benachrichtigung in den letzten Jahren des Krieges des öfteren eingetreten sind. Auch hier hat sich die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Rechtslehre auf den Standpunkt gestellt, daß eine ausgedehnte Anwendung der §§ 38 bis 40 des Ehegesetzes nicht möglich ist. Daraus ergibt sich die schwierige Situation, daß, obgleich der Tod standesamtlich beurkundet ist und der andere Ehegatte im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Beurkundung eine neue Ehe geschlossen hat, diese neue Ehe nichtig ist. Der Ausschuß ist der Auffassung des Bundesjustizministeriums und der Länderjustizverwaltungen beigetreten, daß mangels jeglichen Aufgebotsverfahrens schwere Bedenken dagegen bestehen, den Fall der unrichtigen standesamtlichen Beurkundung mit dem Falle der unrichtigen Todeserklärung hinsichtlich der eherechtlichen Folgen gleichzustellen. Andererseits muß nach standesamtlicher Beurkundung des Todes eines Ehegatten eine Möglichkeit gegeben sein, daß der andere Ehegatte sich vor der Nichtigkeit der von ihm beabsichtigten neuen Ehe schützt. Unter den Voraussetzungen des § 1 des Verschollenheitsgesetzes kann ein hinterbliebener Ehegatte, der Zweifel an der Richtigkeit einer Beurkundung hat, die Todeserklärung des anderen Ehegatten betreiben. Stellt sich nun in dem Aufgebotsverfahren heraus, daß der Tod des anderen Ehegatten nach den Umständen nicht zweifelhaft sein kann, so ist zwar eine Todeserklärung nicht mehr möglich; das Verfahren kann jedoch gemäß § 45 des Verschollenheitsgesetzes nach den §§ 39 bis 44, also im Sinne eines Verfahrens zur Feststellung der Todeszeit, fortgesetzt werden. Bislang stand einer solchen Fortsetzung des Verfahrens die Bestimmung des § 39 des Verschollenheitsgesetzes entgegen, daß die gerichtliche Feststellung des Todes und des Zeitpunktes des Todes dann nicht möglich ist, wenn eine Todesbeurkundung im Sterbebuch vorliegt.
Um dieses Hindernis zu beseitigen, wird durch Ziffer 15 des Gesetzentwurfs dem § 39 des Verschollenheitsgesetzes eine Vorschrift angefügt, wonach die Eintragung ins Sterbebuch einem Verfahren nach den §§ 39 ff des Verschollenheitsgesetzes nicht entgegensteht, wenn der Antrag von einem Ehegatten - denn nur dessen Interesse gilt es ja zu schützen - gestellt wird.
Den Ausschluß der Beweiskraft nach § 60 des Personenstandsgesetzes bezwecken dann die Bestimmungen unter Ziffer 10 und 16 der Gesetzesvorlage. Mit dieser Bestimmung ist für die Praxis ein weitgehender Schutz des zurückgebliebenen Ehepartners bei einer unrichtigen Eintragung im Sterbebuch gewährleistet.
7. Sie werden dann, meine Damen und Herren, in der Drucksache Nr. 1520 noch feststellen, daß durch den Ausschuß unter der Ziffer 14 a ein § 33a als Ergänzung des bisherigen Verschollenheitsrechts eingefügt ist. Diese Bestimmung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit unseren Überlegungen hinsichtlich der Sondervorschriften für
({12})
Verschollenheitsfälle aus Anlaß des Krieges 1939 bis 1945. Ausgehend von der Erkenntnis, daß gerade unter den Verhältnissen, die der letzte Krieg geschaffen hat - ich erinnere nur an das ungewisse Schicksal zahlreicher Kriegsgefangener im Osten -, der in einer Todeserklärung festgesetzte Zeitpunkt sich nachträglich vielfach als unrichtig erweist, erschien es dem Ausschuß notwendig, gerade im Hinblick auf die möglicherweise außerordentlich unterschiedlichen vermögensrechtlichen Folgen verschiedener Todeszeitpunkte in solchen Fällen die Durchführung eines Verfahrens zur Festsetzung des Todeszeitpunktes zu ermöglichen. Diesem Zweck dient der eingefügte § 33 a. Daß ein solcher Antrag nur unter erschwerten Bedingungen und beim Vorliegen des rechtlichen Interesses möglich ist, versteht sich am Rande. Das Bundesjustizministerium hat sich nach Zurückstellung seiner anfänglichen Bedenken dagegen, rechtskräftige Todeserklärungen nachträglich zu ändern, mit der Formulierung einverstanden erklärt.
Dem Ausschuß erschien es aber notwendig, diese Regelung nicht nur auf die Verschollenheitsfälle des letzten Krieges zu beschränken, sondern in das allgemeine Verschollenheitsrecht zu übernehmen.
Die in der Regierungsvorlage durch den Ausschuß fernerhin neu eingefügten Punkte 19a und 19b stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der soeben behandelten Einfügung des § 33 a und sind durch dessen Einfügung notwendig geworden.
Damit, meine Damen und Herren, habe ich die Änderungen des allgemeinen Verschollenheitsrechts im Art. 1 des Gesetzentwurfs behandelt und kann mich nunmehr dem Art. 2 zuwenden, der die Sondervorschriften für Verschollenheitsfälle aus Anlaß des Krieges 1939/45 behandelt.
8. Die damit zusammenhängenden Fragen haben dem Ausschuß begreiflicherweise große Sorge gemacht und sind in wiederholten und erschöpfenden Besprechungen mit besonderem Ernst beraten worden. Es kam dabei insbesondere darauf an, zwischen den Interessen der Angehörigen eines Verschollenen auf Klarstellung ihrer Lebensumstände und den Interessen der Verschollenen selbst, die möglicherweise an der Übersendung einer Nachricht verhindert sind, eine tragbare Relation zu finden. Das gilt besonders für die zahlreichen Ehefrauen von Verschollenen, die im Laufe der Jahre vielfach im Interesse der Kinder Bindungen eingegangen sind, deren Legitimierung nicht nur sie selbst dringend wünschen, sondern auch im Interesse des Staates liegt.
Es sind sowohl in diesem Kriege selbst wie in den ersten wirren Nachkriegsjahren viele Personen unter Umständen verschwunden, die durch die Tatbestände der §§ 4 bis 7 des Verschollenheitsgesetzes nicht erfaßt werden. Bei kriegsverschollenen Soldaten fehlt es vielfach an der im § 4 des Verschollenheitsgesetzes vorausgesetzten Vermißtenmeldung. Das ist vielfach insbesondere dann der Fall, wenn in der Schlußphase des Krieges ganze Truppenteile in Feindeshand fielen. In diesen Fällen steht sehr oft fest, daß der Verschollene lebend in Gefangenschaft geriet, oder es besteht zum mindesten eine starke Vermutung dafür, obwohl man seit dieser Zeit nichts wieder von ihm gehört hat. In solchen Fällen ist die Anwendung des § 7 des Verschollenheitsgesetzes vielfach unmöglich. Das gleiche gilt auch für viele Fälle der Internierung von Zivilpersonen bei der Besetzung Deutschlands und in besonders zahlreichen Fällen, in denen seit der Besetzung jede Spur von Zivilpersonen verlorengegangen ist.
Die Erkenntnis einerseits, daß nach dem Ausbleiben jeglicher Nachrichten in den vergangenen Jahren mit dem Tode der überwiegenden Zahl dieser Verschollenen gerechnet werden muß, und die Notwendigkeit andererseits, den zurückgebliebenen Angehörigen die Ordnung ihrer bürgerlichen Verhältnisse zu ermöglichen, ließen es geboten erscheinen, die Todeserklärung solcher Personen unabhängig von den Voraussetzungen der §§ 4 bis 7 des Verschollenheitsgesetzes und unabhängig von dem Ablauf der in § 3 des Verschollenheitsgesetzes vorgesehenen Frist von 10 Jahren zuzulassen. Der Ausschuß hat sich der Regierungsvorlage in ihrer Grundkonzeption angeschlossen. Er hielt es aber - nicht zuletzt im Hinblick auf die Behandlung deutscher Kriesgefangener und Zivilverschleppter in der Sowjetunion mit ihren Schweigelagern und im Hinblick auf die Schaffung von Konzentrationslagern in der sowjetischen Besatzungszone - für notwendig, die Voraussetzungen für die Todeserklärung erschwerten Bedingungen zu unterwerfen. Nach der jetzigen Fassung der Ausschußvorlage muß der für tot zu Erklärende nicht nur im Zusammenhang mit Ereignissen des letzten Krieges vermißt worden sein, sondern seitdem unter Umständen, die ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründen, verschollen sein. Wenn feststeht, daß der Verschollene in Kriegsgefangenschaft oder in eine ähnliche Lage geraten ist, so müssen - abgesehen davon, daß auch hier die Verschollenheit unter Umständen eingetreten sein muß, die ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründen - seit dem Ende des Jahres, in dem er noch gelebt hat, fünf Jahre verstrichen sein. Nur dann, wenn er im Augenblick der Gefangennahme in Lebensgefahr war, tritt an die Stelle der Frist von fünf Jahren eine solche von einem Jahr.
Schließlich hat der Ausschuß noch die Auffassung vertreten, daß spätestens mit dem Zeitpunkt der Währungsreform wieder geordnete Verhältnisse eingetreten sind und daher die Verschollenheit aus Anlaß des Krieges 1939 bis 1945 auf Verschollenheitsfälle vor dem 1. Juli 1948 begrenzt ist.
9. Im Art. 2 § 1 Abs. 4 finden Sie eine Vorschrift, die der Ausschuß auf Vorschlag des Bundesjustizministeriums in den Entwurf neu eingefügt hat. Sie soll es ermöglichen, daß auch solche Personen für tot erklärt werden können, die nicht Deutsche gewesen sind. Der § 12 des Verschollenheitsgesetzes sieht lediglich für Ausnahmefälle die Todeserklärung von Ausländern im Inlande vor. In unserem Falle handelt es sich indes um die Regelung der Rechtsverhältnisse vornehmlich der zahlreichen DP's und ihrer Angehörigen und innerhalb dieses Problems um die Todeserklärung solcher Personen, die niemals in Deutschland waren, sondern bei denen lediglich die Angehörigen nach Deutschland zugezogen sind und hier ihren Aufenthalt genommen haben. Die ursprünglichen Bedenken des Bundesjustizministeriums wegen des internationalen Privatrechts sind durch die Beschlüsse einer Konferenz in Lake Success im März dieses Jahres behoben worden. Auf dieser Konferenz, die im Rahmen der UN stattfand und an der sich mit Ausnahme der Ostblockstaaten fast sämtliche Staaten beteiligten, wurde ein Vertrag geschlossen, nach dem in jedem Lande ohne Rücksicht auf die Nationalität des Verschollenen seine
({13})
Todeserklärung zulässig ist, wenn die Angehörigen des Verschollenen in dem betreffenden Lande ihren Wonsitz haben. Die Ziffer 4 des § 1 schließt sich diesen Beschlüssen der Konferenz von Lake Success an und sieht die generelle Möglichkeit der Todeserklärung von Angehörigen fremder Staaten oder Staatenlosen vor, wenn entweder der Verschollene in dem letzten Zeitpunkt, in dem er nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, seinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, oder wenn der Ehehatte oder ein Abkömmling oder ein anderer nach § 16 des Verschollenheitsgesetzes antragsberechtigter Verwandter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat und die Todeserklärung beantragt.
Nach Abschluß der Ausschußarbeiten ist dem Bundesjustizministerium noch ein weiteres Problem vorgetragen worden, das zu dem Abänderungsantrag geführt hat, der Ihnen als interfraktioneller Antrag in dem Umdruck Nr. 25 vorliegt. Es handelt sich dabei um Fälle, in denen der Staatenlose oder Angehörige eines fremden Staates seinen Wohnsitz in Deutschland niemals genommen hat, aber auch nicht seine Angehörigen, er selbst aber, wie z. B. die Ungardeutschen aus dem Banat, in der deutschen Wehrmacht gedient hat und dort verschollen ist. Es schien zweckmäßig, auch in diesem Falle die Todeserklärungsmöglichkeit offenzulassen. Diesem Zweck dient der Ihnen vorliegende Antrag, dessen Annahme ich zwar nicht vom Ausschuß aus Ihnen zu empfehlen in der Lage bin, dessen Annahme ich Ihnen aber persönlich empfehle.
10. Die Vorschriften des § 9 des Verschollenheitsgesetzes machen es erforderlich, daß das Gericht in allen Aufgebotsverfahren zur Todeserklärung Ermittlungen über den vermutlichen Zeitpunkt des Todes anstellt, selbst dann, wenn die Beteiligten daran gar kein Interesse haben, weil ihnen nur an der Todeserklärung als solcher gelegen ist.
Mit Rücksicht auf die hohe Zahl der Verschollenheitsfälle aus Anlaß des letzten Krieges - ich machte an anderer Stelle bereits darauf aufmerksam, daß mehr als 1000 Verfahren jede Woche anfallen - und mit Rücksicht darauf, daß die Ermittlungen in den Fällen der Verschollenheit im Zusammenhang mit dem letzten Krieg in der Mehrzahl der Fälle nicht zu irgendwie verwertbaren Ergebnissen führen, und schließlich mit Rücksicht auf den damit im Endergebnis unnütz verwandten Aufwand an Arbeit, Zeit und Kosten erschien es geboten, auf besondere Ermittlungen in solchen Fällen der Kriegsverschollenheit zu verzichten, in denen bei den Angehörigen kein Interesse an der Feststellung eines genauen Todeszeitpunktes besteht. Diesem Zweck dient der § 2 des Art. 2, der indessen vom Ausschuß gegenüber der Regierungsvorlage in seiner grundsätzlichen Anlage umgestellt worden ist. Während der Regierungsentwurf als den Regelfall die Feststellung des Todeszeitpunktes ohne Ermittlungen auf das Ende des Jahres 1945 vorsah, bestimmt die jetzige Fassung einleitend, daß Ermittlungen über den Zeitpunkt des Todes nur auf Antrag anzustellen sind, in welchem Falle als Zeitpunkt des Todes der Zeitpunkt festzustellen ist, der nach dem Ergebnis der Ermittlungen als der wahrscheinlichste anzusehen ist. Die jetzige Fassung stellt damit die Antragsberechtigung bewußt in den Vordergrund. Lediglich dann, wenn ein besonderer Todeszeitpunkt nicht angegeben werden kann oder ein entsprechender Antrag trotz Befragung der Antragsberechtigten nicht gestellt wird, ist als Zeitpunkt des Todes das Ende des Jahres 1945 festzusetzen. Wenn feststeht, daß der Verschollene diesen Zeitpunkt überlebt hat, so ist hier, in der Frist wiederum über den Regierungsentwurf hinausgehend, als Zeitpunkt des Todes das Ende des dritten Jahres, in den Fällen der Verschollenheit unter akuter Lebensgefahr das Ende des ersten Jahres nach dem letzten Jahre festzustellen, in dem der Verschollene nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat.
11. Eine nachträgliche Änderung der Festsetzung des Todeszeitpunktes war bisher im Verschollenheitsgesetz überhaupt nicht vorgesehen. Ein Bedürfnis nach einer solchen Änderung schien nicht gegeben, weil ja stets der Todeszeitpunkt auf Grund besonderer Ermittlungen festgesetzt wurde. Wenn dagegen jetzt die Todeszeit auch ohne Ermittlungen auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt festgestellt werden kann, so ist es notwendig, die nachträgliche Änderung dieser Feststellung zu ermöglichen, so wie es auch in den gleichen Fällen bereits in den gesetzlichen Vorschriften nach dem ersten Weltkrieg der Fall war. Der § 3 des Art. 2 sieht daher für jeden, der daran ein rechtliches Interesse hat, in den Fällen, in denen ohne Ermittlungen das Ende des Jahres 1945 als Todeszeitpunkt rechtskräftig festgesetzt worden ist, das Recht vor, die Änderung der Feststellung des Todeszeitpunktes auf Grund anzustellender Ermittlungen zu beantragen.
Die darüber hinaus nach den Vorschlägen des Ausschusses neu geschaffene Möglichkeit, auch in den Fällen, in denen die Festsetzung des Todeszeitpunktes auf Grund von Ermittlungen erfolgt ist, eine Neufestsetzung zu beantragen, wenn neue Tatsachen bekannt geworden sind, habe ich bei den Darlegungen zu § 33 des Verschollenheitsgesetzes behandelt.
12. Der vom Ausschuß neueingefügte Abs. 3 des § 3 sieht vor, daß in den Fällen, in denen ein jüdischer Verschollener oder ein sonstiger Konzentrationslagerinsasse auf Grund des bisherigen § 7 Abs. 3 des Verschollenheitsgesetzes in der Fassung der für die britische Zone erlassenen Verordnung vom 16. Dezember 1946 auf den neuen Zeitpunkt des 8. Mai 1945 für tot erklärt worden ist, nachträglich der Antrag auf Änderung des Todeszeitpunktes ebenfalls gestellt werden kann. Der Ausschuß hat damit dem Wunsch der mit dieser Frage befaßten jüdischen Organisationen entsprochen.
13. Der § 4 des Art. 3 sieht vor, daß die in §§ 2 und 3 entwickelten und von mir vorgetragenen Grundsätze im Verfahren auf Feststellung des Todes und des Todeszeitpunktes einer Person entsprechend anzuwenden sind.
14. Bereits nach § 3 der Zweiten Durchführungsverordnung der Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom Oktober 1939 werden im Falle der Kriegsverschollenheit für die Todeserklärung und die Festsetzung des Todeszeitpunktes Gerichtsgebühren nicht erhoben. In der britischen Zone ist darüber hinaus durch Art. 5 Nr. 6 der Verordnung zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege und des Kostenrechts vom 27. Januar 1948 Gebührenfreiheit für die Fälle der allgemeinen Gefahrenverschollenheit im Zusammenhang mit Kriegsereignissen und Kriegszuständen bestimmt. Die Gesetzesvorlage geht darüber hinaus und ordnet für beide
({14})
Verfahren einschließlich der Fälle der nachträglichen Änderung der Festsetzung des Todeszeitpunktes Befreiung von Gerichtskosten, also ausdrücklich bemerkt, sowohl von Gerichtsgebühren wie von den Auslagen an. Das Einverständnis der Länder mit dieser Regelung ist ausgesprochen worden.
15. Nach dem geltenden Verschollenheitsrecht ist eine Todeserklärung solcher Personen, deren letzter Wohnsitz sich in der sowjetrussischen Besatzungszone befand, im Geltungsbereich dieses Gesetzes selbst dann nicht möglich, wenn die Angehörigen des Verschollenen inzwischen hierhin übersiedelt sind, weil die örtliche Zuständigkeit des Gerichts des letzten Wohnsitzes nach wie vor besteht. Es erscheint aber angebracht, in diesen Fällen die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines hiesigen Gerichtes zu eröffnen. Abgesehen von allgemeinen Gesichtspunkten spricht dafür auch die Tatsache, daß in der sowjetischen Zone die Todeserklärung derjenigen Personen, die in einem Internierungslager verschollen sind, nicht erreicht werden kann. Hinzu kommt, daß durch die vorgesehene Regelung der Zuständigkeit die Möglichkeit eröffnet wird, die bisher von den hiesigen Lebensversicherungsunternehmen geübte Praxis aufrechtzuerhalten, daß Ansprüche aus Versicherungsverhältnissen des Verschollenen zugunsten seiner hier ansässigen Angehörigen auch dann anerkannt werden, wenn die Verlegung des Wohnsitzes des Verschollenen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht nachgewiesen werden kann. Dieser Gesichtspunkt erschien sowohl dem Bundesjustizministerium wie auch dem Ausschuß von so überwiegender Bedeutung, daß demgegenüber die Bedenken, daß zufolge der nunmehr doppelten Zuständigkeit die Todeserklärung durch zwei Gerichte mit möglicherweise verschiedenen Todeszeitpunkten ausgesprochen werden kann, in Kauf genommen werden müssen.
16. Der neu eingefügte § 7 a, den Sie in der Regierungsvorlage als § 1 Abs. 3 finden, legt nur noch einmal fest, daß die Vorschriften des Art. 2 dieses Gesetzes als Lex specialis gegenüber dem allgemeinen Verschollenheitsrecht gelten, das somit auch in den Fällen der Verschollenheit aus Anlaß des letzten Krieges weitergilt, soweit nicht in Art. 2 besondere Vorschriften getroffen sind.
Meine Damen und Herren! Ich freue mich, nachdem ich Ihre Geduld für eine erhebliche Zeit habe in Anspruch nehmen müssen, nunmehr zu den Übergangs- und Schlußbestimmungen übergehen zu können. Diese sind in Art. 3 der Gesetzesvorlage enthalten. § 2 dieses Artikels bezweckt, die Mängel zu heilen, die dadurch entstanden sind, daß in der ersten Zeit nach dem Zusammenbruch die Bekanntmachungen nicht entsprechend den gesetzlichen Vorschriften vorgenommen werden konnten.
Von größerer Bedeutung ist die von dem Ausschuß neu eingefügte Vorschrift des § 2 a. Ich deutete bereits an anderer Stelle an, daß die Lebensversicherungsgesellschaften im Einvernehmen mit den Aufsichtsbehörden über ihre gesetzliche Verpflichtung nach der zweiten Verordnung über die Lebens- und Rentenversicherungen aus Anlaß der Erneuerung des Geldwesens vom 27. Juli 1948 hinaus die Regulierung von Schadensfällen auch hinsichtlich solcher Kriegsteilnehmer vornehmen, die zwar ihren letzten Wohnsitz in der sowjetrussischen Besatzungszone hatten, deren Familienangehörige aber ihren Wohnsitz in die Westzonen oder nach Großberlin verlegt haben. Man ist dabei von der Fiktion ausgegangen, daß mit der Verlegung des Wohnsitzes der Familienangehörigen regelmäßig die Verlegung des Wohnsitzes des Verschollenen verbunden gewesen sei. Diese Handhabung darf aber nicht die Folge haben, daß in diesen Fällen von den Versicherungsgesellschaften Leistungen erbracht werden müssen, die über die Leistungen, die sich auf der Grundlage der Vorschriften des heute zu behandelnden Gesetzentwurfs ergeben, bedeutend hinausgehen würden. Nach § 1 der Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Zulässigkeit von Anträgen auf Todeserklärung von Kriegsteilnehmern vom 23. 7. 1949 - einer ostzonalen Verordnung - wird in der sowjetischen Zone der Todestag regelmäßig auf den 31. 7. 1949, also einen nach der Währungsreform liegenden Stichtag, festgestellt. Damit wären auf Grund ostzonaler Todeserklärungen unsere Versicherungsunternehmen gehalten, die Versicherungsfälle nach § 1 in Verbindung mit § 3 der Verordnung über die Lebens- und Rentenversicherungen aus Anlaß der Neuordnung des Geldwesens vom 5. 7. 1948 abzuwickeln. Die Unterschiede können sehr beträchtlich sein und würden angesichts der in § 24 Abs. 2 des Umstellungsgesetzes erfolgten Regelung auf dem Wege der Ausgleichsforderungen zu Lasten der Länder des Währungsgebiets gehen. Da naturgemäß hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Folgen kein Unterschied bestehen darf, je nachdem, ob es sich um die Todeserklärung eines ostzonalen oder westzonalen Gerichts handelt, sieht § 2 der Übergangs- und Schlußbestimmungen ein Leistungsverweigerungsrecht für die Versicherungsgesellschaften insoweit vor, als der Anspruch den Betrag übersteigt, der sich ergeben würde, wenn der Zeitpunkt des Todes des Verschollenen nach den Vorschriften des vorliegenden Gesetzentwurfs festgestellt worden wäre. Diese Regelung ist im Einvernehmen mit den Aufsichtsbehörden getroffen worden.
Der neu eingefügte § 2 beschäftigt sich mit dem Geltungsbereich dieses Gesetzes. Seine Formulierung ist mit Rücksicht auf die Einbeziehung Großberlins gewählt worden und auch nur so verständlich. Mit der für den Bundesminister der Justiz in § 3 enthaltenen Ermächtigung zu einer neuen Bekanntmachung des Verschollenheitsgesetzes habe ich mich bereits befaßt.
Der § 4 enthält dann den Katalog der aufzuhebenden Gesetzesbestimmungen. Zur Klarstellung muß ich dabei auf einen Punkt hinweisen. Die Regierungsvorlage sah unter den Buchstaben f und g die Aufhebung bestimmter Gesetzesvorschriften vor, die aber in der Zwischenzeit schon durch Art. 8 Nr. 122 des Gesetzes zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts vom 12. September 1950 aufgehoben worden sind. Demzufolge mußte
- das ersehen Sie aus der im Ausschuß vorgenommenen Einfügung eines besonderen Buchstabens h
- nunmehr der besagte Art. 8 Nr. 122 aufgehoben werden.
Meine Damen und Herren! Ich bin damit am Ende meiner Berichterstattung und habe Ihnen namens des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht nur noch den Antrag zu unterbreiten, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts in der aus der Drucksache Nr. 1520 ersichtlichen Fassung zu genehmigen.
Meine Damen und Herren! Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Beratung in der zweiten Lesung.
({0})
Sie gestatten mir wohl, daß ich die Artikel und Paragraphen gruppenweise aufrufe. Ich rufe also auf Art. 1 Ziffern 1 bis 14. Liegen zu den einzelnen Ziffern Wortmeldungen vor? - Das ist nicht der Fall.
Ich darf abstimmen lassen über Art. 1 Ziffern 1, - 2, - 3, - 4, - 5, - 6, - 7, - 8, - 9, -10, - 11, - 12, - 13, - 14. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Bestimmungen zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen! - Die Bestimmungen sind einstimmig angenommen.
Ich rufe weiter auf Ziffern 14a, - 15, - 16, - 17, - 18, - 19, - 19a, - 19b, - 20. - Wortmeldungen erfolgen nicht. Wir kommen zur Abstimmung über die aufgerufenen Ziffern. Ich bitte die Damen und Herren, die ihnen zustimmen wollen, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Art. 2, Überschrift des Art. 2, -§ 1 Abs. 1, - 2, - 3. - Wortmeldungen erfolgen nicht. Angenommen.
Zu Abs. 4 liegt ein Abänderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, SPD und DP vor, Art. 2 § 1 Abs. 4 Buchstabe a folgende Formulierung zu geben.
Wenn er in diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte oder als Angehöriger der ehemaligen deutschen Wehrmacht am letzten Kriege teilgenommen hat, oder - und dann Fortsetzung unter b. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich kann also zunächst über diesen Abänderungsantrag abstimmen lassen und bitte die Damen und Herren, die dem Abänderungsantrag zu Art. 2 § 1 Abs. 4 Buchstabe a zuzustimmen wünschen, ihre Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich lasse unter Berücksichtigung dieser Abänderung über § 1 von Art. 2 insgesamt abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Der § 1 von Art. 2 ist angenommen.
Ich rufe weiter auf § 2, - § 3, - § 4, - § 5, -§ 6, - § 7, - § 7a ({1}). Liegen Wortmeldungen dazu vor? - Das ist nicht der Fall. Ich bitte um Abstimmung. - Gegenprobe! - Enthaltungen! - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Art. 2a ({2}), Überschrift des Art. 2a ({3}), - § 1, - § 2. Liegen Wortmeldungen vor? - Das ist nicht der Fall; ich schließe die Beratung. Ich bitte um Abstimmung. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Art. 3, § 1, - § 2, - § 2a ({4}), -§ 2b ({5}), - § 3, - § 4. Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die zustimmen, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Ich lasse über Einleitung und Überschrift abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die zustimmen, ihre Hand zu erheben. - Angenommen.
Damit schließe ich die zweite Beratung.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen erfolgen nicht. Auch zur Einzelbesprechung liegen keine Wortmeldungen vor. Ich schließe die dritte Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des
Verschollenheitsrechts, Art. 1, - Art. 2, - Art. 2a ({6}), - Art. 3, Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Keine. Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen ({7}) über den Antrag der Fraktion der DP betr. Wiederherstellung von Brücken ({8}).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen für die Berichterstattung etwa 10 Minuten und für die Aussprache 40 Minuten vor. - Das Haus ist damit einverstanden.
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Kern. Ich erteile ihm das Wort.
Kern ({9}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der Deutschen Partei, Drucksache Nr. 1070, und der mündliche Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen, Drucksache Nr. 1484, betreffend Wiederherstellung von Brücken liegen Ihnen vor. Bekanntlich wurde der Antrag auf Drucksache Nr. 1070 in der 73. Sitzung des Deutschen Bundestages am 12. Juli dieses Jahres an den Ausschuß für Verkehrswesen federführend überwiesen. Der Ausschuß hat am 15. Juli dieses Jahres das Bundesverkehrsministerium um baldmöglichste Stellungnahme gebeten. Mit Schreiben vom 2. September 1950, eingegangen am 9. September 1950, hat das Bundesverkehrsministerium seine Stellungnahme vorgelegt. Diese wurde dann in der Sitzung des Ausschusses für Verkehrswesen am 4. Oktober 1950 abschließend behandelt.
Zur Sache selber möchte ich bemerken, daß es sich bei dem Ihnen vorliegenden Antrag um drei Brücken handelt, nämlich 1. um die Eisenbahnbrücken Höxter-Corvey und Nienburg, 2. um die Straßenbrücke in Hameln und 3. um die Straßenbrücke über die Weser bei Hessisch-Oldendorf. Für die Eisenbahnbrücke Höxter-Corvey über die Weser einschließlich der wiederherzustellenden Anschlußstrecke sind 2,55 Millionen DM und für die Weserbrücke bei Nienburg einschließlich der notwendigen Instandsetzungen der Flutbrücke und einer Wegunterführung 5,5 Millionen DM erforderlich. Selbstverständlich strebt die Deutsche Bundesbahn die baldmöglichste Wiederherstellung dieser beiden Brücken an. Im Hinblick auf die außergewöhnlich schwierige Finanzlage ist es der Deutschen Bundesbahn jedoch nicht möglich, die für den Wiederaufbau erforderlichen obengenannten Beträge in diesem Jahr bereitzustellen, weil die Deutsche Bundesbahn bei dem großen Ausmaß ihrer Kriegsschäden noch dringlichere Wiederherstellungsarbeiten durchzuführen hat.
Was nun die Straßenbrücke bei Hameln im Zuge der Bundesstraße I - Hameln-Berlin - über die Weser anbetrifft, so ist der Wiederaufbau dieser Brücke wegen seiner Dringlichkeit bereits in das diesjährige Bauprogramm der Abteilung Wasserstraßen des Bundesverkehrsministeriums aufgenommen worden. Die Frage, wer für diese Brücke Baulastenträger ist, soll unabhängig von der Wiederherstellung geregelt werden.
Für den Wiederaufbau der Straßenbrücke im Zuge der Landstraße erster Ordnung über die Weser bei Hessisch-Oldendorf ist das Land Nieder({10})
sachsen zuständig. Soweit der Verkehrsausschuß unterrichtet wurde, sind für den endgültigen Wiederaufbau dieser Brücke etwas über 750 000 DM erforderlich. Eine erste Rate soll im außerordentlichen Haushalt des Landes Niedersachsen vorgesehen sein.
Der Ausschuß für Verkehrswesen hat nach eingehender Beratung, vor allem unter dem Gesichtspunkt, wie hier dem Eisenbahnverkehr und dem Straßenverkehr am besten geholfen werden könnte, beschlossen, dem Hohen Haus vorzuschlagen, den Antrag auf Drucksache Nr. 1070 an die Bundesregierung bzw. an das Bundesverkehrsministerium zu überweisen. Eine andere Möglichkeit hat der Ausschuß für Verkehrswesen in diesem Falle nicht gesehen. Ich bitte Sie, sich diesem Beschluß des Ausschusses für Verkehrswesen anzuschließen und dem Mündlichen Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen in der Fassung der Drucksache Nr. 1484 zuzustimmen.
Soweit meine Berichterstattung. Gestatten Sie mir aber noch ein kurzes Wort zu einer persönlichen Bemerkung. Dem Ausschuß für Verkehrswesen, der in der letzten Zeit mit der Beratung sehr wichtiger fundamentaler Gesetze auf dem großen Gebiet des Verkehrs stark beschäftigt ist, ist meines Erachtens mit der Erledigung der Drucksache Nr. 1070 der antragstellenden Fraktion in einer solchen Weise wenig gedient. Könnte man diese oder ähnliche Anträge nicht besser durch eine Anfrage bzw. durch eine Interpellation regeln? Ich möchte daher zum Schluß an dieses Hohe Haus - ich glaube hier im Sinne sämtlicher Mitglieder des Ausschusses für Verkehrswesen zu sprechen - die Bitte richten, die Frage, ob Antrag oder Anfrage oder Interpellation vorher gründlich zu überlegen. Wie gesagt, dem Ausschuß für Verkehrswesen liegen bedeutsame Verkehrsgesetze wie Bundesbahngesetz, Güterfernverkehrsgesetz sowie eine Reihe anderer Gesetze in nächster Zeit zur Bearbeitung vor. Hinzu kommt, wie ich erfahren habe, daß beim Bundesverkehrsministerium zur Zeit ungefähr 20 weitere Gesetze in Bearbeitung sind, die demnächst im Bundestag eingebracht und mit Sicherheit an den Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen werden. Es liegt wirklich in unser aller Interesse, daß die von mir zum Schluß vorgebrachten Ausführungen von allen Fraktionen berücksichtigt werden.
({11})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Ausschußantrages Drucksache Nr. 1484 ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Es ist einstimmig so beschlossen. - Dieser Punkt der Tagesordnung ist erledigt.
Ich rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen ({0}) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Solleder, Dr. Schatz, Kahn und Genossen betreffend Ausbau der Kleinbahnstrecke Regensburg-Wörth ({1}).
Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten Junkker als Berichterstatter.
Juncker ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Drucksache Nr. 1162 befaßt sich mit dem Ausbau der Kleinbahnstrecke Regensburg-Wörth und ersucht die Bundesregierung gleichzeitig, die Schmalspurbahn Regensburg - Reinhausen - Wörth/Donau auf Normalspur umzubauen, um hierdurch dem Verkehrsbedürfnis weiter Kreise der Bevölkerung Rechnung zu tragen.
Der Verkehrsausschuß hat es aus grundsätzlichen Erwägungen für richtig gehalten - und darauf hat ja auch schon der Herr Vorredner hingewiesen -, daß es bei der Fülle derartiger Anträge zweckmäßig ist, diese Anträge ausschließlich im Rahmen der Gesamtplanung der Bundesregierung bzw. des Bundesverkehrsministeriums zu bearbeiten. Der Ausschuß schlägt deshalb vor, dem Bundestag zu empfehlen, auch mit diesem Antrag entsprechend zu verfahren.
({3})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen.
Wer für die Annahme des Antrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen ({0}) über den Antrag der Abgeordneten Kahn, Dr. Solleder, Dr. Jaeger, Dr. Schatz und Genossen betreffend Ausbau der Bundesbahnlinie Ingolstadt-Riedenburg nach Dietfurt in Bayern ({1}).
Das Wort hat Herr Abgeordneter Meyer ({2}) als Berichterstatter.
Meyer ({3}) ({4}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag Nr. 1194 wollen die Antragsteller erreichen, daß zwischen der Bundesbahnlinie Ingolstadt-Riedenburg und der Linie, die von Beilngries nach Dietfurt führt, durch das Altmühltal eine Bundesbahnverbindung hergestellt wird. Der Ausschuß hat unter den Gesichtspunkten, die Ihnen meine Vorberichterstatter bereits vorgetragen haben, in Würdigung der Tatsachen, aber auch der Schwierigkeiten, die bestehen, seinerseits beschlossen, dem Hohen Hause zu empfehlen, auch diesen Antrag als Material an die Bundesregierung bzw. an das Bundesverkehrsministerium zu überweisen. Ich bitte, dem beizupflichten.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache. Der Ältestenrat schlägt Ihnen 40 Minuten Gesamtzeit für die Aussprache vor.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksachen Nr. 1162 und 1194 behandeln die Anträge der Kollegen Dr. Solleder und Genossen und Kahn und Genossen mit dem Ziel, Verkehrslücken im Notstandsgebiet in der bayerischen Oberpfalz zu schließen.
Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß die Drucksache Nr. 1162 durch Abstimmung erledigt ist.
Ich danke Ihnen, Herr Präsident. - Mein Antrag hat zum Ziele, ein Verkehrsproblem aufzurollen, das aktuell ist, ein Verkehrsproblem, das in dem Rahmen zu betrachten ist, daß die noch offenen Verkehrslücken in der Oberpfalz zu schließen wären. Leider hat man vor Jahrzehnten in dem Grenzgebiet der bayerischen Oberpfalz eine Lokalbahnbaupolitik betrieben, die davon ausging, kleine Nebenbahnen an große Verkehrslinien anzuschließen. Man hat weiter nicht daran gedacht, den Bau dieser Nebenbahnen derart zu gestalten, daß ein einheitlich geschlossenes Verkehrsnetz zustande gekommen wäre.
Heute weist die Oberpfalz in Bayern die höchste Zahl von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen auf, ein Umstand, der sich aus der Tatsache erklärt, daß die ausgewiesenen sudetendeutschen Männer und Frauen zunächst durch das bayerische Ostgebiet der Oberpfalz geschleust wurden und dann erst auf die Landkreise innerhalb Bayerns verteilt werden konnten. Kranke und alte Leute sowie ein großer Teil von Männern und Frauen, die im Arbeitsprozeß nicht mehr eingegliedert werden konnten, blieben in den Kleinstädten und Dörfern der Oberpfalz zurück.
Die Oberpfalz selbst ist auf dem Gebiet des landwirtschaftlichen Sektors nicht mit ertragreichen Böden von besonderer Bonität gesegnet. Ihre Industrie konzentriert sich in der nördlichen Oberpfalz und hauptsächlich im sogenannten Max-Hütte-Gebiet. Durch eine ungewöhnlich ungünstige Standortbedingung hat die dortige Industrie hart zu ringen und schwer um ihre Existenz zu kämpfen. Dem Verkehrausschuß des Hohen Hauses ist die Unsumme der Sorgen, die wir bei der Gesamtbetrachtung dieses bayrischen Notstandsgebietes vortrugen, weitestgehend bekannt. Um den vielen Tausenden von Heimatvertriebenen eine Existenz zu bieten, muß in der bayerischen Oberpfalz zunächst eine planmäßige Schließung, wie ich eingangs betonte, der Verkehrslücken erfolgen, damit sodann die Möglichkeit besteht, Industrieunternehmungen anzusiedeln und der Riesenzahl der dortigen Arbeitslosen eine materielle Existenz und einen Erwerb zu verschaffen.
Beim Ausbau der Strecke Ingolstadt-Riedenburg nach Dietfurt handelt es sich um die Schließung einer Verkehrslücke. Der Landkreis Riedenburg soll dadurch mit der größten bayerischen Industriestadt, mit Nürnberg, verbunden werden. Dieser Antrag Kahn und Genossen ist über den Rahmen meiner Partei hinaus von Kollegen aller Parteien des Deutschen Bundestags mitunterzeichnet worden. Ich darf mir erlauben, aus der großen Zahl der Mitunterzeichner von der FDP den Kollegen Dr. Wellhausen, Nürnberg, von der SPD den Kollegen von Knoeringen und von der Bayernpartei den Kollegen von Aretin zu nennen.
Der Verkehrsausschuß hat zum Antrag Dr. Solleder dahingehend Beschluß gefaßt, diesen Antrag über den Ausbau der Kleinbahnstrecke Regensburg-Wörth a. d. Donau der Bundesregierung bzw. dem Bundesverkehrsministerium empfehlend als Material zu überweisen.
Derselbe Ausschuß hat zum Antrag des Ausbaues der Bundesbahnlinie Ingolstadt - Riedenburg nach Dietfurt den Beschluß gefaßt, den vorgenannten Antrag als Material an die Bundesregierung bzw. an das Bundesverkehrsministerium zu überweisen. Ich bitte das Hohe Haus, abweichend vom Beschluß des Verkehrsausschusses auch meinen Antrag mit dem Vermerk „empfehlend" an die Bundesregierung weiterzuleiten.
Ich darf noch bemerken, daß der vorgenannte Antrag ein Problem zur Debatte stellt und das Hohe Haus auf die Verkehrsnöte und Verkehrssorgen eines der größten der drei deutschen Notstandsgebiete hinweist. Die Beschaffung von Arbeitsmöglichkeiten und damit verbunden eine zweckdienliche Industrialisierung ist nur dann gegeben, wenn das Verkehrsbedürfnis der Oberpfalz seitens des Bundesverkehrsministeriums jene Berücksichtigung findet, die eine wirtschaftliche Gesundung dieses Grenzgebietes zum Ziel hat.
Ich schließe die Begründung meines Antrags und bitte das Hohe Haus, ihn empfehlend als Material der Bundesregierung zu überweisen. Die Bevölkerung der Oberpfalz geht mit uns darin einig, daß auf dem Gebiet der Verkehrspolitik dieses bayerischen und deutschen Notstandsgebietes in Bälde die noch offenen Verkehrslücken geschlossen werden müssen. Meine politischen Freunde und ich sehen in der Behandlung unseres Antrags nicht nur ein bayerisches, sondern die Realisierung eines gesamtdeutschen Verkehrsproblems.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Höhne.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute den Ausschußantrag Nr. 1194 behandeln, dann geht das nicht, ohne auf die Ursachen der Nöte dieses Gebietes einzugehen. Nicht weniger als 21/2 Millionen Menschen haben hoffnungsfreudig auf das Entstehen des Bundestages geblickt,
({0})
damit er ihnen in ihrer großen Not helfe und sie aus den Schwierigkeiten herausführe. Wenn nun ein Antrag vorliegt, der den Ausbau einer Bahnstrecke wunscht, dann ist dabei nicht nur der Ausbau dieser kurzen Bahnstrecke zu überlegen, sondern darinnen liegt das ganze Problem unseres schwer darniederliegenden Gebietes. Wir haben keine Industrie und auch keine sonstigen Entwicklungsmöglichkeiten. Der bayerische Wald, der jetzt vom Bundestag zum Notstandsgebiet erklärt worden ist, hat als einziges Kapital nur seine Schönheit, die aber aufgeschlossen werden muß. Dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollen Sie Ihren Beitrag leisten. Es ist aber nicht damit getan, daß wir diesen Antrag wie verschiedene andere einfach dem Verkehrsministerium zur Würdigung überweisen. Meine Damen und Herren, das Volk hat aus der Überweisung der Anträge allmählich die Empfindung erhalten, daß die Bedürfnisse so auf Eis gelegt werden wie in den Jahrzehnten vor der Entstehung des Bundestags. Sie sollten dem Hilferuf dieses so notleidenden Gebietes einmal Ihr Ohr schenken und wirklich handanlegend an dieses Werk herangehen. Deklamationen, werte Damen und Herren, haben wir genug gehört.
Es geht uns darum, daß wirklich etwas geschaffen wird, wodurch der Bevölkerung neben den Kalorien des Geistes, die wir ihnen geben, auch die nötigen Kalorien zum Leben geboten werden.
Wir dürfen nicht vergessen, daß dieses Gebiet, dem wir Verkehrserschließungsmaßnahmen angedeihen lassen müssen, auch in politischer Beziehung ein Notstandsgebiet ist. Der bayerische Wald und die zum Notstandsgebiet erklärten Kreise und Gemeinden sind deshalb auch politisches Notstandsgebiet, weil sie hart an der tschechoslowakischen Grenze liegen, mit allen Fährnissen der wirtschaftspolitischen Begleiterscheinungen, mit: all den Infiltrationsmöglichkeiten aus dem Osten. Wenn wir
({1})
den inneren Halt dieser Menschen festigen wollen, dann müssen wir einmal etwas tun und nicht nur immer deklamieren, Anträge stellen und diese an die Ausschüsse überweisen. Ich möchte der Verweisung dieses Beschlusses des Ausschusses an das Bundesministerium auch das Wort reden. Aber es sollen nun endlich einmal bei der künftigen Haushaltsberatung auch die verschiedenen von uns vorgelegten Anträge berücksichtigt werden, damit in unserer armen Bevölkerung die echte Überzeugung entsteht, daß etwas geschieht. Sorgen Sie dafür, daß etwas geschieht; dann tun Sie ein gerade für die Gegenwart sehr gedeihliches und sehr wichtiges politisches Werk.
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Volkholz.
Meine Damen und Herren! Die Bayernpartei hat den Antrag mit unterzeichnet, weil wir ebenfalls der Ansicht sind, daß einem Notstandsgebiet nicht durch Versprechungen, sondern nur durch Maßnahmen wirklich geholfen werden kann, die der Arbeitsbeschaffung in diesen Gebieten dienen.
Als im vorigen Jahr der Herr Verkehrsminister Seebohm unsere Gebiete bereiste und dabei auch diese Objekte besichtigte, ging eine Hoffnung durch den Bayerischen Wald und die Notstandsgebiete, daß endlich verkehrsmäßig bei uns etwas geschehen würde. Es wurde umsonst gewartet, und es ist außer einigen Notstandsarbeiten praktisch nichts geschehen. Es ist sehr leicht, einen solchen Antrag dem Ausschuß zu überweisen, denn dann haben wir wieder die Befürchtung, auf die Ausführungen warten zu müssen. Es ist notwendig, endlich irgendwo Taten sehen zu lassen. Deshalb bitten wir die Bundesregierung, nach diesem Antrag nun zu handeln, d. h. in Form von Notstandsarbeiten in diesen Gebieten die Bahnbauten durchzuführen.
Wir unterstützen den Antrag und bitten die Bundesregierung, das Verkehrsministerium zu beauftragen, auch unten im Bayerischen Wald und in der Oberpfalz raschest-möglich mit den Bahnbauten zu beginnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst: Wer für die Ergänzung des Ausschußantrags durch das Wort „empfehlend" nach „Bundesverkehrsministerium" ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Wer für die Annahme des also abgeänderten Ausschußantrages ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen. - Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Punkt 11 der Tagesordnung fällt wegen Erkrankung des Berichterstatters weg.
Ich rufe auf Punkt 12:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen ({0}) über den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Steuerrückvergütung an die Imkerschaft ({1}).
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Junglas als Berichterstatter.
Junglas ({2}), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Deutschen Partei auf Drucksache Nr. 466 betrifft Rückvergütung des Steuerbetrages für Zucker, der von den Imkern für Futterzwecke verwendet worden ist. Der Antrag hat dem Finanz- und Steuerausschuß vorgelegen, und über ihn ist in mehreren Sitzungen verhandelt worden.
Es war zunächst zu prüfen, ob diese Steuerrückvergütungen, die früher schon des öfteren gegeben worden sind, heute wirtschaftlich notwendig und anderseits technisch durchführbar sind. Unter den zuständigen Ministerien war das Landwirtschaftsministerium der Meinung, daß eine Stützung der Bienenzucht durch Steuerrückvergütung an die Imker durchaus notwendig sei. Dieser Ansicht hat sich auch das Bundesfinanzministerium angeschlossen. Es war jedoch der Meinung, daß der Zucker, den die Imker für Zwecke des Bienenfutters beziehen, am besten dadurch vor einer mißbräuchlichen Benutzung - im eigenen Haushalt beispielsweise - geschützt würde, daß man diesen Futterzucker durch irgendwelche Mittel vergällte. Früher hat man diesen Futterzucker durch Sand vergällt. Das hat sich als unwirtschaftlich und schädlich erwiesen. Es wurde durch Sachverständige geprüft, ob das neue chemische Mittel Oktosan, das neuerdings für Vergällungszwecke zur Verfügung steht, den Bienenvölkern schädlich ist oder nicht. Es war nicht möglich, einwandfrei zu klären, ob das einmal im Jahre 1941 geprüfte Mittel, in dessen Verfolg eine große Zahl von Bienenvölkern eingegangen ist, wirklich unschädlich ist oder nicht.
Der Ausschuß hat sich deshalb nach vielem Hin und Her auf den Standpunkt gestellt, daß eine Vergällung des Bienenzuckers schon deshalb nicht durchzuführen sei, weil die Zuckerfabriken selbst es ablehnen, zum mindesten aber sehr ungern übernehmen, die Mischung des Zuckers mit dem Vergällungsmittel in ihren Werken durchzuführen; denn wegen des starken Geruches dieser Mittel bleiben die Werksanlagen und Maschinen für längere Zeit unbrauchbar. Andererseits lehnen es auch die Imker ab, mit vergälltem Zucker, dessen Wirkung auf den Gesundheitszustand der Bienen nicht einwandfrei geklärt ist, zu füttern. Allerdings wurde festgestellt, daß eine Stützungshilfe an die Imker durchaus berechtigt und notwendig ist. Die Imker haben durch den verhältnismäßig großen und billigen Import ausländischen Honigs eine außerordentlich große Konkurrenz. Außerdem ist bekannt, daß eine stattliche Anzahl Bienenvölker den Imkern alljährlich dadurch verlorengeht, daß unzeitgemäße Giftmittel zur Bespritzung der Blüten angewendet werden, die man aber nicht völlig ausschließen kann, so daß die Imkerschaft stets mit einem großen Verlust an Bienenvölkern während der Trachtzeit zu rechnen hat.
Es wurde nun überlegt, ob dem Antrag der Deutschen Partei auf Drucksache Nr. 466 entsprochen werden soll, ob also einer Rückerstattung der Zuckersteuer für den verbrauchten Futterzucker in Höhe von 71/2 Kilo pro Volk stattgegeben werden soll oder ob man den Imkern auf andere Weise helfen kann. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen war der Auffassung, daß, wenn eine Steuerrückvergütung erfolgen solle, das Steuergesetz geändert werden müsse. Er hat von seinem Gesichtspunkt aus die etwas komplizierte Arbeit der Steuerrückvergütung insofern abgelehnt. Im Hinblick jedoch darauf, daß die Bienenzucht, die eine wirtschaftliche Ausbeute von etwa 40 Millionen DM jährlich bringt, hochgehalten werden muß, und insbesondere wegen des indirekten Nut({3})
zens, der wenigstens auf das Zehnfache, auf 400 Millionen DM geschätzt werden muß - weil die deutsche einheimische Ölfrucht und die Obstzuchten darauf angewiesen sind, daß eine Befruchtung durch die Bienen erfolgt; je stärker und je größer der Bienenbestand ist, um so größer wird auch der Nutzen dieser beiden genannten Anbauten sein -, aus diesen Gründen hat Ihnen der Ausschuß den unter Nr. 1550 gemachten Vorschlag unterbreitet. Mit diesem Vorschlag soll erreicht werden, daß den Imkern, die durchschnittlich für die Einwinterung eines Volkes 15 Pfund, als 71/2 Kilo Zucker verbrauchen, zwei Drittel dieser Menge, also etwa der Steuerbetrag von 5 Kilo Zucker, im Wege der Subvention wieder erstattet wird. Man rechnet nach den im Augenblick angemeldeten Bienenvölkern mit einem Bestand von 1,8 Millionen Bienenvölkern. Die Rückerstattung für 10 Pfund Zuckersteuer würde pro Volk 1,65 DM ausmachen, so daß der ganze hier benötigte Betrag rund 3 Millionen DM ausmacht. Der Ausschuß war der Meinung, daß dieser Betrag der Wichtigkeit der Bienenzucht entsprechend aufgewendet werden sollte, und schlägt Ihnen vor, seinem Antrag auf Drucksache Nr. 1550 die Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
({0})
- Das Wort hat Herr Staatssekretär Hartmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf namens des Bundesfinanzministeriums nur kurz folgendes erklären: Wir stimmen dem Ausschuß zu, daß eine Berücksichtigung der Imker über die Zuckersteuer nicht möglich sein wird. Es gibt keinen Weg dieser Art, weder mit Hilfe von Vergällungsmitteln, noch ohne Vergällungsmittel. Die Frage ist nun, ob durch Haushaltsmittel geholfen werden kann, d. h. also durch Subventionen. Ich möchte hier nicht die Frage untersuchen, ob und inwieweit die Imker eine derartige Hilfe tatsächlich benötigen. Wir haben ausgerechnet, daß der Antrag etwa zu einer Haushaltsausgabe von 2,3 Millionen DM führen würde, also ein nicht ganz unbeträchtlicher Betrag. Ein Betrag hierfür ist in dem dem Hohen Hause vorliegenden Bundeshaushalt 1950 nicht enthalten.
Es entsteht hier aber die weitere Frage, ob es tatsächlich Sache des Bundes ist, eine solche Unterstützung zu geben. Man kann ja nicht ohne weiteres sagen, daß, wenn überhaupt Subventionen gegeben werden müssen, das dann immer der Bund machen müsse. Die Länder haben im letzten Winter bei der Etatsberatung sehr energische Einwendungen dagegen erhoben, daß aus dem Bundeshaushalt für alle möglichen Zwecke mal kleine, mal größere Summen für Institute, sonstige Einrichtungen usw. gegeben werden.
Wir sind diesen Bedenken, die der Finanzausschuß des Bundesrats und dann auch der Bundesrat selbst nachdrücklich erhoben hat, nachgegangen und haben festgestellt, daß es tatsächlich im 1949er Haushalt Ausgaben in Höhe von mehreren Hundert Millionen gewesen sind, die eigentlich nach dem Grundgesetz wohl von den Ländern hätten getragen werden müssen.
({0})
- Ja, Herr Abgeordneter Mellies. - Wir haben uns nun einen Ruck gegeben und haben die Dinge zusammengestellt, die nach Ansicht der Länder von den Ländern getragen werden sollten. Wir haben das dem Finanzausschuß des Bundesrats überreicht.
Dann sind allerdings doch einige Bedenken aufgetreten, ob die Länder bei ihrer Finanzlage schon im Jahre 1950 in der Lage sein würden, diese Flurbereinigung, wie man sie genannt hat, die die Länder selbst gewünscht hatten, durchzuführen. Man hat uns gebeten, diese Flurbereinigung noch ein wenig zurückzustellen. Wir wollen aber die Flurbereinigung im Haushaltsjahr 1950 weiterführen, und es wird wohl die Gelegenheit gegeben sein, im Haushaltsausschuß dieses Hohen Hauses im Rahmen einer Generalaussprache über die Flurbereinigung auch auf die Frage zurückzukommen, ob diese Subventionen, wenn sie nötig sind, nun vom Bund oder von den Ländern zu übernehmen sein werden.
({1})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme der Drucksache Nr. 1550 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, Punkt 13 der Tagesordnung betreffend Notstandsgebiet Wilhelmshaven ist durch Herrn Abgeordneten Schoettle zu begründen. Der Berichterstatter ist entschuldigt abwesend. Ich schlage Ihnen, falls sich nicht ein a freiwilliger Berichterstatter melden sollte, vor, diesen Punkt zu vertagen, und zwar am besten wohl auf morgen
({0})
- oder auf Donnerstag. Er wird dann in die Tagesordnung eingereiht werden.
Das Haus hat jedoch beschlossen, heute auf die Tagesordnung zu setzen:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe - Flaggenrechtsgesetz - ({1});
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen ({2}) ({3}).
({4})
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Bucerius. Ich erteile ihm das Wort zur Berichterstattung. - Ich sehe ihn aber nicht.
({5})
- Ich habe ihn schon ausrufen lassen.
({6})
- Könnten Sie vielleicht besorgt sein, ihn herbeizurufen? Wir können dann in der Zwischenzeit Punkt 14 der Tagesordnung behandeln:
Übersicht über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen ({7}).
Die Übersicht ist nach dem Stande vom 12. Oktober 1950 aufgestellt.
({8})
Wer für die Annahme der Anträge des Petitionsausschusses - Umdruck Nr. 20 - ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
Darf ich noch einen Augenblick um Geduld
bitten, bis Herr Dr. Bucerius herbeigerufen ist. - Das Wort zur Berichterstattung über das
Flaggenrechtsgesetz
hat der Abgeordnete Dr. Bucerius.
Dr. Bucerius ({9}), Berichterstatter: Verkehrsausschuß - federführend - und Rechtsausschuß - mitwirkend - schlagen Ihnen einstimmig vor, den Gesetzentwurf in der Drucksache Nr. 1557 anzunehmen.
Meine Damen und Herren! Die Flagge ist nicht eine einfache Kennzeichnung eines Seeschiffes. An ihre Führung knüpfen sich vielmehr weittragende Rechtsfolgen. Auf hoher See zum Beispiel gilt das Schiff als Heimatboden des Landes, dessen Flagge es führt. Die Rechte und Pflichten der Besatzung, vor allem das Arbeitsrecht, richten sich nach der Flagge des Seeschiffes.
Dieses Gesetz bestimmt nun, wer die Bundesflagge führen muß und wer sie führen darf.
Wer muß die Bundesflagge führen? Alle Seeschiffe, deren Eigentümer Deutsche sind und die im Geltungsbereich des Grundgesetzes ihren Wohnsitz haben. Sind die Eigentümer nicht natürliche Personen, sondern Gesellschaften, so gilt folgendes: Es müssen die Bundesflagge Schiffe solcher Gesellschaften führen, bei denen der deutsche Einfluß für die Geschäftsführung der Gesellschaft bestimmend ist. Einzelheiten hierüber sind in § 1 Abs. 2 ausgeführt.
Wer darf die Bundesflagge führen? Vor allem solche Seeschiffe, deren Eigentümer Deutsche sind, aber nicht im Geltungsbereich des Grundgesetzes ihren Wohnsitz haben. Das gilt also insbesondere für solche Deutsche, die in der sowjetisch besetzten Zone wohnen.
Über das Recht zur Führung der deutschen Bundesflagge wird ein Zertifikat ausgestellt. Führung der Bundesflagge ohne Besitz eines solchen Zertifikats ist strafbar. Niemand darf zwei Flaggen führen. Wer berechtigt ist, die deutsche Bundesflagge zu führen, ist nicht berechtigt, eine fremde Flagge zu führen.
Seeschiffe müssen die Bundesflagge natürlich auch dann führen, wenn sie sich in fremden Hoheitsgewässern befinden. Die Rechtsbeziehungen zu dem Teile Deutschlands, in dem das Grundgesetz heute noch nicht gilt, also zu der sowjetisch besetzten Zone, sind noch nicht endgültig geklärt. Es ist anzunehmen, daß dort zur Zeit noch gilt und weiterhin für absehbare Zeit das Kontrollratsgesetz Nr. 39 gelten wird, welches für diese Gebiete und Gewässer die sogenannte C-Flagge vorschreibt. Kein Kapitän, der im Bundesgebiet seinen Wohnsitz hat und in jenem Gebiet nicht die Bundesflagge, sondern die C-Flagge führt, kann nach diesem Gesetz bestraft werden. Der Verkehrsausschuß legt besonderes Gewicht auf diese Klarstellung, welche aus dem Gesetz nicht unmittelbar zu entnehmen ist.
Der Verkehrsausschuß empfiehlt Ihnen einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfes in dieser Form.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. Ich schlage Ihnen vor, meine Damen und Herren, die
Aussprache auf insgesamt 40 Minuten zu begrenzen. Ist das Haus damit einverstanden?
({0})
- Es ist so beschlossen.
Das Wort hat der Abgeordnete Ahrens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da es nicht zu den Vorbehalten des Besatzungsstatuts gehört, das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe zu regeln, legt die Regierung uns heute den Entwurf des Flaggenrechtsgesetzes vor. Der Gesetzentwurf lehnt sich stark an die alten Reichsgesetze an, hat aber im Interesse der Wirtschaft und der deutschen Handelsflotte den Kreis der zur Führung der deutschen Bundesflagge berechtigten Schiffe erweitert. Das Gesetz wurde im Ausschuß für Verkehr gründlich durchberaten und einstimmig gutgeheißen. Ich bin mit meiner Fraktion einig, daß wir dem Gesetze in der vorliegenden Form zustimmen können.
({0})
Meine Damen und Herren, ich habe einen Fehler begangen. Ich habe in der zweiten Lesung eine allgemeine Aussprache zugelassen. Ich hoffe, man wird mir das nicht so sehr übelnehmen.
({0})
Ich rufe nunmehr die einzelnen Paragraphen auf und bitte um Wortmeldungen zu den einzelnen Paragraphen. Bei der dritten Lesung können wir dann eine Generaldebatte führen.
Da ein Abänderungsantrag erst bei § 14 gestellt ist, rufe ich mit Ihrer Erlaubnis die einzelnen Paragraphen bis dorthin auf, ohne abstimmen zu lassen. §§ 1,-2,-3,-4,-5,-6,-7,-8,-9,-10,-11.({1})
Zu § 11 hat das Wort der Abgeordnete Walter.
Meine Damen! Meine Herren! Daß ich kurz ein paar Worte zu § 11 sowie auch zu § 12 zu sagen habe, hat seinen Grund darin, daß im § 11 immer das Wort „Ausrüster" für - wahrscheinlich - den „Charterer" gebraucht worden ist. In der Ausschußberatung hat sich niemand gefunden, der dieses Wort „Ausrüster" durch das alte, gebräuchliche Wort „Charterer" hat ersetzen wollen. An der Wasserkante und in der Seeschiffahrt gibt es, glaube ich, bestimmt niemand, der sich unter „Ausrüster" etwas vorstellen kann. Wir sollten also vernünftig genug sein und das alte Wort „Charterer" stehenlassen. Wenn man eine Verdeutschung der Worte haben möchte, dann laufen wir Gefahr, daß in der Seeschiffahrt viele Worte ausgemerzt werden müssen, in erster Linie das Wort „Kapitän", und da würden wir wenig Gegenliebe finden.
({0})
Ich glaube also, meine Damen und Herren, wir tun der Wasserkante und der Seeschiffahrt wirklich einen Gefallen, wenn wir es bei dem alten Wort „Charterer" anstatt „Ausrüster" belassen. Ich stelle daher den Antrag, das Wort „Ausrüster" durch das Wort „Charterer" zu ersetzen, und bitte Sie, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.
Herr Abgeordneter Walter, Sie haben den Antrag also zu § 11 und zu
({0})
§ 12 - im § 12 Abs. 1 kommt das Wort „Ausrüster" ebenfalls vor - gestellt.
({1})
- Wollen Sie dazu sprechen, Herr Berichterstatter? - Bitte!
Das Wort „Kapitän" hat sich in der . deutschen Gesetzessprache eingebürgert, aber ebenso das Wort „Ausrüster". Ich fürchte daher, daß wir es bei dem Wort belassen müssen, auch wenn der allgemeine Sprachgebrauch - damit ist dem Herrn Kollegen recht zu geben das Wort „Charterer" vorzieht.
Keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Paragraphen.
Ich lasse abstimmen, und zwar zunächst über den Abänderungsantrag, in den §§ 11 und 12 das Wort „Ausrüster" durch „Charterer" zu ersetzen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit.
({0})
- Wir können die Abstimmung wiederholen. Sie wurde angezweifelt. Das sind wichtige Dinge! ({1})
Wer für die Annahme des Abänderungsantrages ist, also das offenbar an der Wasserkante eingebürgerte Wort „Charterer" statt „Ausrüster" - das Wort, das die deutsche Gesetzessprache kennt - zu setzen, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Die Hamburger ohne Unterschied der Partei. ({2})
- Gegenprobe! - Das ist doch die Mehrheit! ({3})
Der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr abstimmen über die §§ 1 bis 13 in der Fassung des Ausschußantrages. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Nunmehr § 14. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Seelos.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben die Streichung dieses Paragraphen beantragt. Wir halten es nicht für erforderlich, daß die Flaggenführung der Binnenschiffe in diesem Gesetz geregelt wird. Dieser Auffassung ist eigentlich auch die Begründung der Regierungsvorlage; denn es heißt darin zu § 14:
Die Binnenschiffahrt kennt kein Flaggenrecht,
wie es für Seeschiffe in diesem Gesetz geregelt
ist. Die Flaggenführung hat keine rechtliche
Bedeutung.
Eine Flaggenführung überhaupt zu regeln, sei nur deshalb erwünscht - heißt es dann weiter -, weil der Verkehr der Binnenschiffahrt mit dem Ausland sich wieder steigert.
Mit diesem Gesetz kann sich jetzt also die Polizei auf jedem idyllischen kleinen See, auf jedem Flüßlein, wo sich ein Kanuboot bewegt, wieder betätigen und nachprüfen: Hat der Sportler, wenn er irgendeinen Wimpel hissen will, nun auch richtig beflaggt?
({0})
In was für Dinge kommen wir denn da hinein? Das ist doch geradezu lächerlich.
({1})
Wir haben solche Dinge schon erlebt. Ich erinnere an die Bizone. Darf ich Ihnen das erzählen? In der Bizone hatten wir die Zuständigkeit der Bizone für die Binnenschiffahrt. Das wurde in der Weise ausgenützt, daß die Herren vom Norden sich am Starnberger See eine Lwxusvilla einrichteten - mit Auto sogar, obwohl es die Binnenschiffahrt betraf -, und die befuhren mit Motorbooten den See und schauten, wo sie die Bayern schikanieren konnten.
({2})
Nachdem wir diesen Zustand etwas beleuchtet hatten, ist diese skandalöse Sache endlich aufgehoben worden. Wenn nun die Bundespolizei, wie Sie es wollen, auch so zentralistisch geregelt wird, dann haben wir wieder den netten Zustand, daß man Möglichkeiten hat, uns mit solchen lächerlichen Bestimmungen so richtig zu verärgern.
({3})
Es ist wirklich nicht nötig, daß man sich mit solchen lächerlichen Dingen in der Gesetzgebung festlegt.
({4})
Wir sind der Auffassung, daß es überflüssig ist, das zu regeln. Selbst der Bundesrat, eine sehr würdige Behörde, hat Bedenken gehabt, daß diese Dinge bis ins einzelne geregelt werden, und er hat beantragt, daß wenigstens die Worte „ohne Rücksicht auf Größe, Bauart und Antriebsweise" wegfallen, daß also nicht die kleinen Sportboote als Binnenschiffe im Sinne des Gesetzes angesehen werden. Diesem Antrag hat die Bundesregierung stattgegeben.
Wir sind darüber hinaus der Ansicht, daß eine Zuständigkeit des Bundes überhaupt nicht gegeben ist, denn Binnenschiffahrt bedeutet nicht, daß auch die Flaggenführung der Binnenschiffahrt geregelt wird. Es bedeutet auch die konkurrierende Gesetzgebung nicht, daß automatisch diese Gesetze vom Bund angewandt werden, sondern nur, wenn nach Art. 72 eine zentrale Notwendigkeit dazu besteht. Sie müssen schon, wenn Sie immer die Verfassung so hochhalten, sich nach dieser Verfassung auch in relativ sehr kleinen und unbedeutenden Dingen richten. Es ist einfach unmöglich, diese Dinge für die Länder zu regeln, außer im Verkehr mit dem Ausland.
Wir haben deshalb den Antrag gestellt, erstens überhaupt den Paragraphen zu streichen. Wird das aber abgelehnt, dann soll, wie es nach der Verfassung nur möglich ist, in § 14 nach „dürfen" eingefügt werden „im Verkehr mit dem Ausland".
({5})
Wird das Wort zu § 14 weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann haben wir abzustimmen. Am weitesten geht der Antrag auf Streichung. Wer für die Streichung des § 14 ist, den bitte ich um ein Handzeichen.
({0})
- Ich wiederhole: wer für die Streichung ist! - Sieben Stimmen. - Gegenprobe! - Offensichtlich die Mehrheit.
({1})
Der Antrag auf Streichung ist abgelehnt.
Wer für den Eventualantrag, für die Einfügung der Worte „im Verkehr mit dem Ausland" ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Offenbar dieselbe Mehrheit. Abgelehnt!
({2})
Nunmehr § 1.4, Fassung des Ausschußantrags. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Paragraph ist angenommen.
Nunmehr §§ 15, - 16, -17, -18, -19, - 20, - 21, - 22, - 23. Wer für diese Paragraphen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. -- Gegenprobe! - Angenommen.
Einleitung und Überschrift. Ich bitte um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen! Damit ist die zweite Beratung geschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe auf und bitte mir zu gestatten, abschnittweise aufzurufen. - Erster Abschnitt. - Keine Wortmeldungen. Zweiter Abschnitt. - Keine Wortmeldungen. - Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Ist angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe! - Angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung erledigt.
Die nächste Sitzung ides Deutschen Bundestages, die 102., berufe ich auf Mittwoch, den 15. November, 13.30 Uhr ein, und ich schließe die 101. Sitzung des Deutschen Bundestages.