Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 2/4/1972

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Leo Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002409, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage namens der Fraktion der CDU/CSU den Punkt 23 - Entwurf eines Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - von der heutigen Tagesordnung abzusetzen. Ich begründe dies wie folgt. Einmal sind die in § 80 unserer Geschäftsordnung vorgesehenen Fristen - ,die zweite Beratung soll erst dann erfolgen, wenn die Ausschußberichte wenigstens zwei Tage vorliegen - nicht gewahrt. Wichtige Ausschußberichte sind uns erst gestern zugegangen. Zum zweiten wurden in den letzten Tagen aus wichtigen Gruppierungen unserer Gesellschaft Einwendungen vorgebracht, die bis zur Stunde nicht beraten werden konnten. Meine Damen und Herren, die Fraktion der SPD hat mit der Presseerklärung ,des Kollegen Bardens die Ankündigung unseres heutigen Antrags zur Polemik benutzt, für ,die nach meiner Meinung keinerlei Raum ist. Ich bin der Auffassung, daß wir uns hier im Hause nicht, um einen Terminkalender der Bundesregierung zu erfüllen, so ungebührlich unter Zeitzwang setzen lassen dürfen, ({0}) daß es nicht einmal mehr möglich ist, die Ausschuß-berichte zur Kenntnis zu nehmen. Zum zweiten. Zu unserem Demokratieverständnis gehört auch, daß wichtige Einwendungen aus der Öffentlichkeit nicht einfach dadurch erledigt werden, daß man über sie hinweg zur Tagesordnung übergeht, sondern in der Form, daß man sie würdigt und in die eigene Urteilsfindung mit einbezieht. ({1}) Zum dritten. Der Vorwurf, wir wollten mit dieser Fristeinrede die Verabschiedung des Gesetzentwurfs verzögern, geht deshalb ins Leere, weil wir bereits in der gestrigen Sitzung des Ältestenrats - Herr Kollege Bardens, ich wäre dankbar gewesen, wenn Sie das zur Kenntnis genommen hätten - beantragt haben, daß dieses Gesetz am 1. März in zweiter und dritter Beratung hier im Hause behandelt wird, so daß eine Verabschiedung vor der Sommerpause nach meiner Meinung sichergestellt ist. Ich bitte Sie aus all diesen Überlegungen, unserem Antrag zuzustimmen. ({2}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Hauck.

Rudolf Hauck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sozialdemokratische Fraktion ist überrascht darüber, daß, nachdem in den zuständigen Arbeitsgruppen der beiden Fraktionen über den Zeitablauf für diesen Gesetzentwurf gesprochen worden ist, nun wegen des nicht vorgelegten Teils A des Ausschußberichts Fristeinrede erhoben wird. Wir haben uns Anfang Dezember im Ausschuß darüber unterhalten und in einer interfraktionellen Besprechung überprüft, ob wir die Verabschiedung noch vor der Weihnachtspause vornehmen könnten mit dem Ziel, dann in der Weihnachtspause den Bericht zu erstellen und Anfang Januar mit der Beratung zu beginnen. Das wurde von der CDU/CSU-Fraktion mit dem Hinweis, daß man alle Berichte und Anträge vor einer Schlußabstimmung noch einmal prüfen müßte, abgelehnt. Daraufhin haben wir uns auf diesen Terminplan festgelegt. Nicht die Bundesregierung hat den Terminplan aufgestellt, sondern wir haben interfraktionell eine solche Absprache getroffen. Als am 27. Januar der Gesetzentwurf im Ausschuß verabschiedet worden war, haben wir sofort - von Donnerstag auf Freitag, von Freitag auf Samstag, von Montag auf Dienstag, von Dienstag auf Mittwoch und von Mittwoch auf Donnerstag - an dem Ausschußbericht gearbeitet und manchmal gebastelt. Ich muß sagen, es hat sich in diesem Falle herausgestellt, daß die Erstellung von Ausschußberichten viel schwieriger ist als die Verabschiedung eines Gesetzes. Als dann auch noch eine Auslegungsschwierigkeit hinzukam, die dazu führte, daß der von der CDU/CSU benannte Berichterstatter seine Unterschrift zurückzog, haben wir das in einer Sitzung noch in Ordnung gebracht, so daß am 2. Februar der Ausschußantrag mit den neuen Bestimmungen vorlag. Der Zusatzbericht war nicht eher vorzulegen, weil der Ausschußberichterstatter, der von Ihrer Seite, von der Opposition, benannt worden ist, seine Unterschrift erst am Mittwoch um 21 Uhr geleistet hat. ({0}) Ich bin der Meinung, daß dies jetzt ein hervorgeholter Vorwand ist, und wir bedauern außerordentlich, daß es dadurch zu einer weiteren Verzögerung dieses Gesetzes kommt. Denn die Fristeinrede ist unlogisch und entspricht auch nicht den Gegebenheiten und Vereinbarungen, die unserer interfraktionellen Absprache zugrunde lagen. ({1}) Präsident von Hassel: Meine Damen und Herren! Sie haben den Kollegen Wagner gehört, der eine Fristeinrede offiziell vorgebracht hat, und Sie haben die Gegenargumente gehört. Wenn eine Fristeinrede von mehr als zehn Abgeordneten unterstützt wird - und das ist fraglos der Fall -, dann ist über sie nicht abzustimmen, sondern der betreffende Punkt ist von der Tagesordnung abgesetzt. Ich mache aber ausdrücklich darauf aufmerksam, daß der Ältestenrat gestern beschlossen hat, diesen Punkt am Mittwoch, dem 1. März, als Punkt 2 der Tagesordnung - nach der Fragestunde als Punkt 1 - in zweiter und dritter Lesung zu behandeln. Ich rufe dann Punkt 24 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Absatzfondsgesetzes - Drucksache VI/2533 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI/3102 - Berichterstatter: Abgeordneter Schollmeyer b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({3}) - Drucksachen VI/3066, zu VI/3066 -Berichterstatter: Abgeordneter Peters ({4}) ({5}) Ich danke den Herren Berichterstattern. Wird das Wort zur Ergänzung der Berichterstattung gewünscht? - Bitte, Herr Abgeordneter Peters ({6}) !

Walter Peters (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001697, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte keinen längeren Bericht geben, sondern nur um eine Berichtigung der Ausschußvorlage bitten. In der Zusammenstellung der Beschlüsse des Ernährungsausschusses zum Regierungsentwurf auf Drucksache VI/3066 findet sich in Art. 4 Abs. 1 ein redaktionelles Versehen. In Nr. 1 dieses Absatzes muß es statt „Artikel 1 Nr. i Buchstabe b" richtig heißen: „Artikel 1 Nr. 5". In den Nrn. 2 und 3 des Abs. 1 von Art. 4 muß es heißen „Artikel 1 Nr. 3" und nicht „Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe b". Meine Damen und Herren, ich bitte um diese Berichtigung. Präsident von Hassel: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Ritgen.

Dr. Gerd Ritgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001858, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der zweiten Lesung legt die Fraktion der CDU/CSU zwei Änderungsanträge vor. Ich darf zunächst den Änderungsantrag auf Umdruck 258 *) begründen. Die Bundesregierung hat am 17. August 1971 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Absatzfondsgesetzes - Drucksache VI/2533 - vorgelegt. Dieses Gesetz ist in den zurückliegenden Monaten mehrfach im Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beraten worden. Während der Beratungen sind noch verschiedene Änderungsanträge gestellt worden. Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat auf Grund dieser Anträge am 7. Dezember 1971 eine Neufassung des Entwurfs vorgelegt. Am 21. Januar 1972 kamen dann noch weitere Änderungsanträge der Fraktionen der SPD und FDP zur Beratung. Dabei ist eine Erweiterung des § 7 um einen Absatz 5 vorgesehen, der folgenden Inhalt hat: Soweit die Einrichtungen nach § 2 Abs. 2 und 3 den ihnen bei der Durchführung der Aufgaben des Absatzfonds obliegenden Verpflichtungen nicht nachkommen, kann der Absatzfonds mit Zustimmung des Bundesministers seine Aufgaben selbst durchführen oder durch ein besonders beauftragtes Wirtschaftsunternehmen durchführen lassen. Die Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten haben gegen diese Erweiterung ihre Bedenken vorgebracht und auch gegen ihre Aufnahme in das Gesetz gestimmt. Die Fraktion der CDU/CSU schließt sich diesen Bedenken an und beantragt nunmehr auf Umdruck 258, diesen Passus nicht in das Gesetz aufzunehmen. Ich darf dazu folgendes bemerken. Zur Begründung dieser Erweiterung des Gesetzes wurde von seiten der Koalitionsparteien vorgebracht, daß es analog den bereits bestehenden Rechten des Bundesernährungsministers gegenüber dem Absatzfonds auch für den Absatzfonds entsprechende Rechte gegenüber der Marketinggesellschaft geben müsse. In § 7 Abs. i des Gesetzes heißt es: Der Absatzfonds untersteht der Aufsicht des Bundesministers. Maßnahmen des Absatzfonds sind auf Verlangen des Bundesministers aufzuheben, wenn sie gegen Rechtsvorschriften oder die Satzung verstoßen oder das öffentliche Wohl verletzen. Darüber hinaus bestimmt Abs. 4 des § 7: Kommt der Absatzfonds den ihm obliegenden Verpflichtungen nicht nach, so ist die Bundesregierung befugt, die Aufgaben durch einen besonderen Beauftragten durchführen zu lassen oder selbst durchzuführen. *) Siehe Anlage 2 Es handelt sich also hierbei um die Aufsicht des Bundesministers über eine Anstalt öffentlichen Rechts, der Bundesmittel und gesetzlich erhobene Beiträge von seiten der Land- und Ernährungswirtschaft zufließen. Der Absatzfonds hat sich laut Gesetz zur Durchführung seiner Aufgaben einer zentralen Einrichtung der Wirtschaft zu bedienen. Die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag bedürfen der Genehmigung des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen. Der Absatzfonds hat als Organe den Vorstand und den Verwaltungsrat. Die Aufgaben des Fonds sind in einer Satzung festgelegt, die am 11. Februar 1970 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. In § 8 dieser Satzung sind die Aufgaben des Verwaltungsrates festgelegt, der über alle grundsätzlichen Fragen, die zum Aufgabenbereich des Absatzfonds gehören, zu beschließen hat. Zu diesen grundsätzlichen Fragen gehören u. a. die Erstellung von Richtlinien für die Durchführung von Maßnahmen auf Grund des Absatzfondsgesetzes. Diese Richtlinien sind vom Verwaltungsrat beschlossen worden. Sie sehen vor, in welcher Weise die Marketinggesellschaft, abgekürzt CMA, die ihr zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel zu verwenden hat. Dazu dienen ein längerfristiges Rahmenprogramm und die Rahmenpläne nach § 14 der Satzung des Absatzfonds. Durch diese Richtlinien ist die CMA bei der Durchführung ihrer Aufgaben an die Weisungen des Absatzfonds gebunden. Außerdem hat der Absatzfonds die Pflicht, die Innehaltung seiner Richtlinien zu überwachen. Bei Vorliegen oder bei Gefahr von Verstößen gegen seine Richtlinien kann der Absatzfonds die Mittelzuweisung an die CMA bis zur Aufklärung der Verstöße oder Abwendung der Gefahr ganz oder teilweise aussetzen. Damit hat der Absatzfonds ausreichende Möglichkeiten, mißbräuchliche Geldausgaben durch ,die CMA zu verhindern. ({0}) Für eine gesetzliche Ausweitung der Befugnisse des Absatzfonds gegenüber der CMA besteht unserer Auffassung nach keine Notwendigkeit. Die Rechtsstellung des Bundesministers gegenüber einer Anstalt öffentlichen Rechts ist anders als die einer Anstalt öffentlichen Rechts gegenüber einer GmbH. Die GmbH ist ein wirtschaftliches Unternehmen auf Grund des GmbH-Gesetzes. Sie hat eine voll verantwortliche Geschäftsführung und einen Aufsichtsrat, dessen Befugnisse in einer Satzung festgelegt sind. Die CMA ist auf Grund eines Gesellschaftervertrages geschaffen worden. Ihr gehören 56 Organisationen der Land- und Ernährungswirtschaft an, die einen ganz erheblichen Teil der Mittel für die Tätigkeit der CMA aufbringen. Die Gesellschafter der CMA haben einen 23köpfigen Aufsichtsrat gewählt, der die Geschäftsführung zu überwachen hat. Dort, beim Aufsichtsrat, liegt an erster Stelle die Verantwortung. Darüber. hinaus ist zu bedenken, daß die Formulierung „Soweit die Einrichtungen den ihnen obliegenden Verpflichtungen nicht nachkommen" für eine GmbH reichlich dehnbar und zuwenig konkret ist. Wer stellt denn fest, ob eine Pflichtverletzung wirklich vorliegt? Gerade auf dem Gebiete der Werbung und der Absatzförderung gibt es über die Methodik verschiedene Auffassungen. Kann man also, wenn z. B. eine besondere Werbekampagne nicht zu einem sichtbaren Erfolg führt, das schon als einen Verstoß gegen die obliegenden Verpflichtungen ansehen? Das sind nur einige Fragen, die sich stellen. Die nunmehr vorgesehene Aufgabenerweiterung des Absatzfonds bedeutet ein Mißtrauen des Gesetzgebers gegenüber der gesamten Land- und Ernährungswirtschaft. Man muß sich wirklich fragen, ob dieses Mißtrauen begründet ist. Sicherlich hatte die CMA Anfangsschwierigkeiten zu überwinden. Es war der Versuch, die verschiedenen Tätigkeiten auf dem Gebiete der Absatzwerbung für deutsche Agrarprodukte zu zentralisieren. Weiterhin ergab sich eine Belastung durch die Übernahme von zwei bereits bestehenden Gesellschaften, nämlich der GAL und der Arbeitsgemeinschaft für Agrarexport. Auch personelle Probleme konnten nicht ausbleiben. Es wird in Zukunft also darauf ankommen, daß Absatzfonds und CMA diese Schwierigkeiten in sachlicher Weise meistern. Mit ,der in diesem Gesetzentwurf vorgesehenen Verzahnung des Absatzfonds mit dem Aufsichtsrat der CMA wird die Voraussetzung für eine bessere gegenseitige Unterrichtung und Zusammenarbeit geschaffen, ,die sicherlich dazu beiträgt, die Zielsetzung des Absatzfondsgesetzes ohne Aufblähung des Apparates zu erreichen. Das setzt allerdings guten Willen bei allen Mitgliedern in den verantwortlichen Gremien voraus. Schließlich möchte ich noch einen weiteren Gesichtspunkt anführen. Wie soll gegebenenfalls der Absatzfonds, der nur einen ehrenamtlichen Vorstand und ein kleines Büro hat, die Aufgaben der CMA selbst durchführen? Ein anderes Wirtschaftsunternehmen, etwa eine Werbeagentur, mit den Aufgaben der CMA zu betrauen, würde große organisatorische Schwierigkeiten mit sich bringen und außerdem zusätzliche Mittel in Anspruch nehmen. Ich glaube, diese Probleme sind noch nicht genügend durchdacht worden. Ich hoffe, daß ich in ausreichender Klarheit dargelegt habe, weshalb unseres Erachtens ein zusätzlicher Abs. 5 zu § 7 des Absatzfondsgesetzes von der Sache her nicht erforderlich ist. Im Namen der CDU/CSU-Fraktion bitte ich, den Änderungsantrag Umdruck 258 anzunehmen. ({1}) Präsident von Hassel: Ich möchte sagen, Sie begründen auch gleich den Änderungsantrag Umdruck 259. *)

Dr. Gerd Ritgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001858, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin gebeten worden, den zweiten Änderungsantrag auf Umdruck 259 ebenfalls gleich zu begründen. *) Siehe Anlage 3 Hier geht es um die Aufhebung einer Befristung. Nach dem Text des Gesetzes über die Errichtung eines zentralen Fonds zur Absatzförderung der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft vom 26. Juni 1969 tritt dieses Gesetz am 31. Dezember 1976 außer Kraft. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine Aufhebung dieser Bestimmung vor. Schon in dem Schriftlichen Bericht zu dem Gesetz von 1969 wurde darauf hingewiesen, daß diese Befristung im Ernährungsausschuß nur mit Mehrheit, also nicht einstimmig, beschlossen wurde. Auch damals bestanden schon Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Zweckmäßigkeit einer solchen Befristung. Sie ist seinerzeit bereits eingehend erörtert worden und schließlich doch zum Zuge gekommen, weil Bedenken im Hinblick auf diese neue zentrale Einrichtung geltend gemacht wurden. Schließlich muß ja die Land- und Ernährungswirtschaft etwa 80 Millionen DM im Jahr aufbringen, und außerdem waren noch Beiträge nach der Fläche vorgesehen, die inzwischen in diesem Gesetz wieder gestrichen worden sind. Die Bundesregierung hat damals gesagt, sie stelle zusätzliche Mittel bereit, aber nur degressiv, also nach vier Jahren, auslaufend. Ob diese Zusage noch einmal eine Änderung erfährt, ist bis heute noch nicht bekannt. In der mittelfristigen Finanzplanung sind die Mittel zunächst noch einmal eingeplant. Ohne Zweifel ist mit dem Absatzfondsgesetz im Agrarbereich Neuland betreten worden. Deshalb lag es nahe, den Bedenken wie auch den kritischen Stimmen zu dieser umfangreichen Absatzförderung mit einer Regelung entgegenzuwirken, die den zahlungspflichtigen Betrieben ein Ende ihrer Beitragsleistungen in Aussicht stellte, wenn der neuen Einrichtung der Erfolg versagt bleiben würde. Nun soll diese Befristung fallen. Dafür werden verschiedene Gründe angeführt, u. a. hinsichtlich der Beschäftigung von Fachkräften, die nicht bereit seien, sich für fünf oder weniger Jahre zu binden. Meines Erachtens hat es in dieser Hinsicht noch keine Schwierigkeiten gegeben. Wir sind der Auffassung, daß die Aufhebung der Befristung verfrüht ist. Die seit dem Inkrafttreten des Gesetzes verstrichene Zeit ist noch zu kurz, um zu beurteilen, ob dieses neu geschaffene Instrument langfristig geeignet ist, die Absatzverhältnisse für die deutsche Landwirtschaft im In- und Ausland zu verbessern. Alle Sparten der Land- und Ernährungswirtschaft, welche diese Einrichtung zunächst bejahten und auch tragen, sind heute noch nicht bereit, eine klare Aussage über die Zweckmäßigkeit des Absatzfonds auf längere Sicht zu machen. Der Zentralausschuß der Deutschen Landwirtschaft hat in einem Schreiben an den Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eine Beseitigung der Befristung als „unzumutbare Belastung der betroffenen landwirtschaftlichen Erzeuger" bezeichnet und sich auch gegen die Aufhebung der Befristung ausgesprochen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch eine andere Frage in den Raum stellen. In den vergangenen Wochen und Monaten ist ganz erhebliche Kritik am Absatzfonds, insbesondere an der CMA, geübt worden. Ob diese Kritiken in der Art, wie sie vorgebracht wurden, berechtigt waren oder nicht, steht hier nicht zur Debatte. Aber immerhin muß man sich doch angesichts dieser Kritiken fragen, ob eine Aufhebung der Befristung jetzt schon zweckmäßig ist ({0}) und nicht wieder neue Kritiken auf uns zukommen. Wir sind der Auffassung, daß eine Entscheidung über diese Frage nicht schon jetzt getroffen werden muß. Wir sind grundsätzlich nicht ablehnend, sondern wir stehen sogar auf dem Standpunkt, daß es gelingen muß, die Absatzföderung der Landwirtschaft auch langfristig weiterzuführen. Wir glauben aber, daß erst nach einem ausreichenden Zeitraum, in dem die notwendigen Erfahrungen gesammelt werden sollten, eine Gesetzesänderung noch rechtzeitig genug vorgenommen werden kann. Ich bitte deshalb, unserem Antrag zuzustimmen. ({1}) Präsident von Hassel: Damit sind die beiden Anträge auf den Umdrucken 258 und 259 begründet worden. Zum Antrag Umdruck 258 hat der Abgeordnete Dr. Fischer das Wort.

Dr. Willi Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Opposition gemäß Umdruck 258 stellt die Gesamtkonzeption der Novellierung des Absatzfonds in Frage, und zwar insbesondere im Hinblick auf die verstärkten Kontrollbefugnisse des Absatzfonds gegenüber der CMA und der wechselseitigen Verzahnung der Aufsichtsorgane der öffentlich-rechtlichen Anstalt - Absatzfonds - und der CMA. Dies ist aber unbedingt erforderlich, da der Absatzfonds kraft Gesetzes zur Durchführung seiner Aufgaben sich einer zentralen Einrichtung der Wirtschaft bedienen muß und dieser, d. h. der CMA, hierfür die Mittel zur Verfügung stellt. Diese Mittel sind sowohl Bundeszuschüsse als auch öffentlich-rechtliche Abgaben, die auf Grund des Absatzfondsgesetzes von der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft erhoben werden. Es bedarf keiner besonderen Betonung, daß die ordnungsgemäße und zweckentsprechende Verwendung dieser Mittel einer strengen Kontrolle unterliegen muß. Dies war gegenüber dem Absatzfonds durch die Bestimmungen des § 7 gegeben und im Verhältnis von Absatzfonds zur CMA zum Teil durch die Bestimmungen der allgemeinen Richtlinien des Absatzfonds und der Rahmenplanrichtlinien. Der Verlauf der zweijährigen Tätigkeit von Absatzfonds und CMA hat neben anerkannt guten Leistungen leider jedoch auch bekannte Fehlleistungen und Versäumnisse auf seiten der CMA erkennbar werden lassen. Dies glauben die Koalitionsfraktionen sowohl durch die wechselseitige Verzahnung der Aufsichtsorgane als auch durch die verstärkten Kontrollbefugnisse des Absatzfonds gegenüber der CMA für die Zukunft verhindern zu können, jedoch nur dann, wenn beide Bestimmungen in der Novellierung des Absatzfondsgesetzes enthalten sind. Die letztere, § 7 Abs. 5, beinhaltet, daß der Absatzfonds unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt ist, seine Aufgaben selbst oder durch ein besonders beauftragtes Wirtschaftsunternehmen durchführen zu lassen, sofern die CMA ihren Verpflichtungen in der Durchführung der Aufgaben nicht nachkommt. Diese Regelung stellt sicher, daß bei einem Notstand - deshalb auch „Notstandsklausel" - die weitere Absatzförderung sichergestellt und zudem eine mittelbare Leistungskontrolle gegenüber der CMA gegeben ist. Ich glaube, wir vertreten gemeinsam die Auffassung, daß Aufsicht und Kontrolle dort bestehen müssen, wo öffentliche Mittel verausgabt werden und zugleich eine Leistungskontrolle unabdingbar ist. Wer diese Grundsätze bejaht, kann dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen. Die Koalitionsfraktionen werden ihn aus den angegebenen Gründen ablehnen. ({0}) Präsident von Hassel: Zum Antrag Umdruck 259 hat Herr Abgeordneter Löffler das Wort.

Lothar Löffler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001360, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen widersprechen der Begründung des Antrags auf Umdruck 259. Die von Ihnen genannten Schwierigkeiten, Herr Dr. Ritgen, in der Aufbauphase der Agrarwerbung sind noch nicht beendet. Wann ist diese Aufbauphase zu Ende? Wieviel Monate dauert sie noch? Vielleicht bis zum Ende des Jahres, vielleicht noch etwas länger? Wir wollen auf keinen Fall, daß ein Unternehmen, wenn es seine volle Leistungshöhe gewonnen hat, nur noch eine begrenzte Zeit tätig werden kann. Wir wollen vielmehr, daß Kontinuität und Solidität in der Agrarwerbung dadurch gefördert werden, daß wir die Frist für die Beendigung dieses Gesetzes abschaffen. Übrigens: Marketing und Absatzwerbung sind ja auch keine vorübergehende, sondern eine ständige Aufgabe. Gerade die systematische Pflege und Beobachtung der Märkte - Herr Klinker, auf diesem Gebiet sind Sie ja Fachmann - und die zeitlich weit gezogene kontinuierliche Werbung versprechen auf diesem Gebiet einen Erfolg. Wir glauben, daß sowohl die Gestaltung der Verhältnisse im Innern wie auch die Wirkung für die deutsche Landwirtschaft nach außen besser wären, wenn wir heute die zeitliche Begrenzung fallenließen. Wenn sich im Laufe der Zeit andere Formen entwickeln und wir die Pflichtbeiträge und den Absatzfonds nicht mehr nötig haben sollten, - der Gesetzgeber ist souverän, er kann dieses Gesetz jederzeit aufheben. Aber warum dann nicht jetzt die Zeit nutzen, Herr Dr. Ritgen, um bereits Kontinuität in die ganze Angelegenheit hineinzubringen? Ich darf Sie bitten, die Forderung in dem Antrag auf Umdruck 259 abzulehnen. ({0}) Präsident von Hassel: Meine Damen und Herren, zur zweiten Lesung liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst zur Einzelabstimmung in der zweiten Lesung; ich darf Sie bitten, die Unterlagen zur Hand zu nehmen. Ich rufe zunächst den Art. i auf. Wir können über die Nrn. 01 und 02 zusammen abstimmen. Wer den Nrn. 01 und 02 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Die Nrn. 01 und 02 sind einstimmig angenommen. Ich rufe Nr. 03 auf. Dazu liegt der Änderungsantrag Umdruck 258 vor, diese Nr. 03 zu streichen. Ich lasse über Nr. 03 abstimmen. Wird sie angenommen, ist der Antrag erledigt. - Also wer dem Antrag Umdruck 258 zustimmen will, muß hier mit Nein stimmen. ({1}) Wer der Nr. 03 in der Ausschußfassung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war eindeutig die Mehrheit; Nr. 03 ist in der Ausschußfassung angenommen. Ich rufe die Nrn. 1 bis 9 auf. Dazu liegt kein Antrag vor. Wer den aufgerufenen Nummern in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe Nr. 10 auf. Dazu liegt der Streichungsantrag auf Umdruck 259 vor. Wer der Nr. 10 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war eindeutig die Mehrheit; die Nr. 10 ist in der Ausschußfassung angenommen. Ich rufe Art. 2 a, 3 und 4 auf. Ich mache darauf aufmerksam, daß in Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 die Worte „Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe b" durch „Artikel 1 Nr. 5" ersetzt werden müssen und daß es dort unter Nr. 2 und 3 jeweils richtig „Artikel 1 Nr. 3" heißen muß. Wer den aufgerufenen Artikeln mit den Berichtigungen in Art. 4, die schon vom Berichterstatter vorgetragen worden sind, sowie der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Die drei Artikel sind einstimmig angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung. Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Dr. Ritgen.

Dr. Gerd Ritgen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001858, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das jetzt zur Endabstimmung anstehende Gesetz zur Änderung des Absatzfondsgesetzes bringt einige Verbesserungen. Die Erhebung von Flächenbeiträgen nach den Ertragsmeßzahlen kommt in Fortfall. Das hat allerdings seinen Grund in den Schwierigkeiten, die sich bei der Einziehung dieser Beträge ergeben. Andere Änderungen waren ebenfalls zweckmäßig. Einige weitere haben nicht unsere Zustimmung gefunden. Ein Gesetz, das eine beachtliche Neuregelung auf dem Gebiet der Absatzwerbung und -förderung für Agrarprodukte bringt, dürfte kaum von vornherein vollkommen sein. Nach einer gewissen Erfahrungszeit sind meistens Änderungen notwendig. In § 10 Abs. 8 ist eine Änderung vorgenommen worden, die die Abwälzbarkeit der Beiträge auf den Verkäufer erschwert. Wir halten diese Regelung für bedenklich. Leider ist sie aus rechtlichen Gründen nicht zu vermeiden. Die Beseitigung der Abwälzbarkeit der Flaschenhalsbeiträge stellt sich optisch so dar, als ob die Landwirtschaft nunmehr die Möglichkeit hätte, sich einer Beitragszahlung zu entziehen. In Wirklichkeit aber - das gilt insbesondere bei einem Käufermarkt - gehen die Beiträge doch zu Lasten der Landwirtschaft, wenn man das in vielen Fällen natürlich auch nicht exakt nachweisen kann. Bei der Milch ist das klar, weil die Molkereien ohne Ausnahme diese Beträge dem Milchlieferanten in Rechnung stellen, also vom Milchgeld in Abzug bringen. Beim Schlachtvieh ist das schon schwieriger zu beurteilen. Dabei wird man wahrscheinlich auf einen Abzug vom Gesamtpreis in Höhe von 2,80 DM je Stück Rind und von 1 DM je Schwein verzichten. Der Käufer wird diesen Betrag aber dadurch wieder hereinholen, daß er einen geringeren Kaufpreis anbietet. Dieser Preis wird um mindestens 1 Pf geringer sein. Mit anderen Worten: der Bauer zahlt dann doch für das Schwein die 1 DM, wenn nicht noch etwas mehr, und für das Rind einen Betrag, der zwischen 4 und 6 DM liegt. Die Fondsbeiträge für Schlachtvieh stellen aber den dicksten Brocken für die Finanzierung des Absatzfonds und damit der CMA dar. Das ist an Hand der Schlachtungen von rund 30 Millionen Schweinen und 5,5 Millionen Rindern einschließlich Kälbern im Jahr leicht zu errechnen. Noch ist die zentrale Absatzförderung für die Agrarwirtschaft Kritik von verschiedenen Seiten ausgesetzt. Die Landwirtschaft sieht noch keine wirklichen Erfolge. Andere Gruppen möchten mehr Einfluß in den Organisationen haben. Aber da gerade auf dem Gebiet der Werbung und der Verbraucheransprache eine gewisse Beweglichkeit notwendig ist, wurde bewußt die Form einer GmbH für das Marketing gewählt. Die CMA hat in 19 Produktionsausschüssen fachliche Beratungsgremien für die einzelnen Sparten, und sie wird sich ihrer wahrscheinlich ausreichend bedienen. Noch besteht kein Grund zu der Annahme, daß die gefundene Konstruktion falsch ist. Wichtig ist aber, daß das verschiedentlich geäußerte Mißtrauen gegenüber einer Einrichtung der gesamten Ernährungswirtschaft abgebaut wird. Dann wird sich nach einer gewissen Zeit trotz anfänglicher Kinderkrankheiten zeigen, daß das geschaffene System einer Absatzförderung im Agrarbereich richtig ist. Unsere Änderungsanträge wurden mit wenig überzeugenden Begründungen abgelehnt. Wir werden nunmehr in der dritten Lesung durch Stimmenthaltung zum Ausdruck bringen, daß der vorliegende Gesetzentwurf zwar Verbesserungen bringt, uns aber nicht in allen Punkten zusagt. ({0}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Marquardt.

Werner Marquardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion gebe ich zur Verabschiedung eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Absatzfondsgesetzes folgende Erklärung ab. Mit der zweiten Novelle zum Absatzfondsgesetz hat die Bundesregierung lediglich die Änderung einer Reihe von zwangsläufigen und technischen Vorschriften in Vorschlag gebracht. Sie betreffen Verbesserungen im System der Beitragserhebung und u. a. die sogenannten Flächenbeiträge, deren Einziehung wegen Meinungsverschiedenheiten mit den Ländern aufgeschoben werden sollte. Diese Vorschläge sind richtig; sie waren zum Teil sogar unabdingbar. Wir sind ihnen beigetreten, und wir haben darüber hinaus weitere Verbesserungen vorgenommen. Dazu zählt insbesondere der endgültige, also nicht nur ein zeitweiliger Verzicht auf Flächenbeiträge. Meine Fraktion hält es jedoch für sinnvoll und notwendig, die jetzige Novellierung zum Anlaß für weitere Gesetzesänderungen zu nehmen, und zwar aus folgenden Gründen. Die Notwendigkeit eines modernen Marketinginstruments für unsere Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft stand und steht für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion außer Zweifel und auch außer Diskussion. Wie schon gesagt wurde, ist mit diesem Gesetz Neuland beschritten worden. Es mußte eine Anlaufzeit eingeräumt werden; spätere Korrekturen waren wahrscheinlich und absehbar. Nun liegen zwei Jahre praktischer Tätigkeit des Absatzfonds und der Centralen Marketinggesellschaft, der CMA, hinter uns, eine Zeit, in der - das wollen wir nicht bestreiten - einige gute Aufbauleistungen erbracht wurden, in der andererseits aber - leider - gewichtige Versäumnisse begangen worden sind, Unterlassungen, die kürzlich in der gesamten Presse ihren Niederschlag gefunden haben. Wir wollen sie heute nicht erneut und vor allem nicht detailliert zur Sprache bringen. Aber die bekannten Sachverhalte haben die CMA erheblich in Mißkredit gebracht. Das wird wohl niemand in Zweifel ziehen, auch wenn mancher Zeitungsbericht ein wenig überspitzt war. Auch das sollte gesagt werden. Die Beanstandungen sind jedoch nicht allein auf Anlaufschwierigkeiten zurückzuführen oder gar damit entschuldbar. Nun haben die Vorgänge inzwischen bei der CMA zu personellen Konsequenzen geführt. Darüber hinaus sind sachliche Folgerungen gezogen worden. Die von der Koalition gewünschten Gesetzesänderungen sollen ergänzend dazu beitragen, die Wiederholung ähnlicher Vorfälle zu verhindern und die Wirkungsmöglichkeit der Marketingeinrichtungen zu verbessern. Es geht, noch einmal zusammengefaßt, um folgendes: Erstens: die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle ({0}). Sie wissen, die ZMP wurde 1969 finanziell in die CMA einbezogen. Sie blieb jedoch in ihrer Tätigkeit selbständig, und sie behielt auch ihren eigenen Aufsichtsrat. In Anbetracht des Umstandes, daß die Arbeitsergebnisse der Marktberichtstelle überwiegend an andere Stellen als die CMA fließen und die Aufgaben voraussichtlich in Zukunft umfangreicher werden, empfiehlt sich die Lösung der ZMP aus der CMA und ihre direkte Unterstellung unter den Absatzfonds, also unter die Körperschaft des öffentlichen Rechts. Wir betonen, diese Ausklammerung soll aber eine Ausnahme bleiben. Gleichzeitig ist festgelegt worden, daß die Bundeszuschüsse für die ZMP dem Absatzfonds künftig gesondert zugewiesen werden. Das, finden wir, ist ganz natürlich, wie auch eine andere Gesetzesänderung logisch ist, nämlich die, daß die Bundeszuschüsse zur Absatzförderung, die sich aus degressiven Starthilfen und einem festen Sockel- oder Grundbetrag zusammensetzen, künftig so geordnet werden, daß der Grundzuschuß nach dem erforderlichen Aufwand bemessen wird. Er muß also aufstockungsfähig sein. Zweitens: die Verzahnung der Aufsichtsorgane des Absatzfonds der CMA. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist der Auffassung, daß manche Differenzen und einige Reibungsverluste hätten vermieden werden können, wenn die Absichten und die Ansichten der Beteiligten besser aufeinander abgestimmt worden wären. Aus dieser Erkenntnis folgt der Vorschlag, drei Mitglieder des Verwaltungsrates des Absatzfonds in den Aufsichtsrat der CMA zu entsenden und ein Gleiches vom Aufsichtsrat zum Verwaltungsrat zu praktizieren. Diese Doppelmitgliedschaft, also auch die Entsendung von der GmbH zur Körperschaft des öffentlichen Rechts, ist etwas unüblich. Gleichwohl stimmen wir ihr mit einigen Vorbehalten zu, nicht zuletzt mit Blick auf die Änderung, die in § 7 des Gesetzes vorgenommen wird. Drittens: die Verstärkung der Kompetenzen des Absatzfonds. Dieser Bereich hat soeben in der zweiten Lesung nochmals im Streit gestanden. Wir legen Wert darauf, unsere Auffassung noch einmal zusammengefaßt vorzutragen, nicht in der Hoffnung, die Opposition überzeugen zu können, sondern nur damit bei der interessierten Öffentlichkeit kein falscher Eindruck entsteht. Die Verstärkung der Kontrollbefugnisse des Absatzfonds gegenüber der CMA hat zu erheblichen Mißdeutungen geführt, die in den Absichten der Koalition tatsächlich keine Begründung finden. Schon bisher war es so, daß der Absatzfonds erhebliche Möglichkeiten der Einwirkung auf die CMA hatte, wie auch der Fonds unter der Kontrolle des Bundesministers steht. Als härteste Maßnahme wäre die Sperrung der finanziellen Mittel möglich gewesen. Damit und danach hätte aber jede Absatzförderung stillgelegen; denn deren Durchführung war ausschließlich der CMA zugeordnet. Diese offenkundige Gesetzeslücke haben wir geschlossen, so daß zukünftig, wenn die CMA ihren Verpflichtungen nicht nachkommt - man kann sich auch Fälle vorstellen, wo sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen kann -, der Absatzfonds selbst tätig werden soll. Er kann aber auch über ein besonders beauftragtes Wirtschaftsunternehmen handeln. Diese Regelung betrachten wir als eine Art Katastrophenklausel und nicht mehr. ({1}) - Herr Klinker, Sie mögen lächeln; uns ist das Ganze zu ernst, als daß man nach dem, was da gewesen ist, darüber lächeln könnte. ({2}) Wir halten nach wie vor an der Grundkonzeption fest, wie sie für die Einrichtungen der Absatzförderung im Gesetz fixiert worden ist. Wir halten insbesondere die Konzentration der Durchführungsmaßnahmen in einer Marketinggesellschaft für sachgemäß und notwendig. Wir lassen uns darin auch nicht durch die in den letzten Tagen erneut aus der Durchführungsgesellschaft geäußerte Kritik an der Gesetzesänderung beirren. Wir meinen jedoch, daß nach den Vorgängen der letzten Zeit gerade bei dieser Institution etwas Zurückhaltung mit Kritik an anderen angebracht wäre. ({3}) Viertens: die Aufhebung der Gesetzesbefristung. Welchen Wert die SPD-Bundestagsfraktion dem agrarischen Marketing beimißt, wird nicht zuletzt aus der Aufhebung der Gesetzesbefristung deutlich. Das Absatzfondsgesetz sollte - das wurde gesagt - am 31. Dezember 1976 auslaufen. Diese Terminfestsetzung war-auch das sollte heute noch einmal festgehalten werden - 1969 das Ergebnis eines Kompromisses mit unserem damaligen Koalitionspartner CDU/CSU, ein Kompromiß, um die Verabschiedung des Gesetzes durch sie nicht überhaupt in Frage zu stellen. Schon damals waren viele in diesem Hause und sogar der ganze Wirtschaftsausschuß der Meinung, daß die Absatzförderung eine Daueraufgabe sei und deshalb eine Befristung des Gesetzes sinnwidrig wäre. Inzwischen sind zweieinhalb Jahre vergangen. Erfahrungen wurden gesammelt. Sie schlagen sich zum Teil in den heutigen Beschlüssen nieder. Bei dieser Sachlage erscheint es der SPD-Bundestagsfraktion nur folgerichtig, den Auslauftermin aufzuheben. Wir dokumentieren damit unseren Willen, die Absatzförderung weiterhin und langfristig zu unterstützen. Aber wir verbinden damit auch die Erwartung, daß sich die gebildeten Organe und die geschaffenen Einrichtungen ihrer großen Aufgabe und ihrer Verpflichtung für unsere Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft, aber auch für unsere Verbraucher bewußt bleiben und erfolgreiche Arbeit leisten. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird dem Änderungsgesetzentwurf zustimmen. ({4}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Peters ({5}).

Walter Peters (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001697, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der FDP-Fraktion gebe ich folgende Erklärung ab. Die FDP begrüßt die im Ernährungsausschuß beschlossene Novellierung des Absatzfondsgesetzes und wird ihr zustimmen. Die Novellierung des 1969 beschlossenen Gesetzes war nötig, um es den heutigen Gegebenheiten anzupassen. Die Geschehnisse in den Anlaufjahren lassen es geraten erscheinen, die Kontrollbefugnisse des Absatzfonds über die Centrale Marketinggesellschaft zu erweitern, die nicht ohne Grund ins öffentliche Gerede gekommen war. Wer für eine erfolgreiche Arbeit der Absatzförderung deutscher Agrarprodukte eintritt, muß die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen. Im einzelnen sind dafür vorgesehen: 1. Der Absatzfonds, der sich der CMA zur Durchführung der Absatzförderung bedient, wird personell mit dieser verzahnt. Drei Mitglieder der Organe des Fonds treten in den Aufsichtsrat der CMA und drei Mitglieder des Aufsichtsrats der CMA in 'den Verwaltungsrat des Fonds ein. 2. Eine Eingreifklausel gibt dem Fonds das Recht, mit Zustimmung des Bundesministers seine Aufgaben selbst durchzuführen oder durch ein besonders beauftragtes Wirtschaftsunternehmen durchführen zu lassen, wenn die Einrichtungen zur Absatzförderung und Marktberichterstattung, CMA und ZMP, den ihnen obliegenden Verpflichtungen nicht nachkommen. Früher bestand nur die Möglichkeit, die Mittel zu sperren. Die jetzt vorgesehene Bestimmung gewährleistet in jedem Fall ein Arbeiten im Sinne des Gesetzes. Des weiteren wird die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle, ZMP, aus der CMA herausgelöst und dem Absatzfonds unmittelbar zugeordnet. Diese Zuordnung zum Absatzfonds und das Herauslösen aus der CMA sind erforderlich, weil die ZMP eine neutrale Preis- und Marktberichterstattung als Aufgabe hat, die nicht immer mit der Absatzförderung übereinstimmen wird. Während die CMA für die deutsche Landwirtschaft und die Ernährungswirtschaft nötig ist, liegen die Aufgaben der ZMP im öffentlichen Interesse. Schließlich wird die Befristung des Absatzfondsgesetzes bis 1976 aufgehoben, weil wir davon ausgehen, daß der Absatzfonds eine Daueraufgabe haben wird. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts wird er öffentliche Mittel verwalten und Beiträge einziehen, um CMA und ZMP zu finanzieren. Wir bitten, dem Gesetz in dritter Lesung zuzustimmen. ({0}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Herr Logemann. Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Bundesregierung gebe ich folgende Erklärung ab. Die Regierungsvorlage zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Absatzfondsgesetzes beschränkte sich auf Verbesserungen und Bereinigungen der Beitragsvorschriften des Absatzfondsgesetzes. Mit Befriedigung darf ich feststellen, daß sich der Ernährungsausschuß in allen wesentlichen Punkten mit dem Inhalt der Regierungsvorlage identifiziert hat. Der Ernährungsausschuß hat darüber hinaus verschiedene grundsätzliche Fragen dieses Gesetzes aufgegriffen und sich für einige weitere Änderungen ausgesprochen. Die Bundesregierung begrüßt das Interesse, das damit in der parlamentarischen Beratung die Frage gefunden hat, wie sich das Absatzfondsgesetz mit einer neuartigen Konzeption der Absatzförderung und einem System der Beitragserhebung in der praktischen Durchführung bewährt. Sie selbst mißt nicht nur der zentralen agrarwirtschaftlichen Absatzförderung große Bedeutung zu, sondern betrachtet auch die Eigenbeteiligung der Wirtschaft an der Finanzierung der Absatzförderung als ein notwendiges und erhaltenswertes Prinzip. Würde dieses Prinzip in allen anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft so ernst genommen wie bei uns, so kämen wir auch in diesem Sektor dem gemeinsamen Agrarmarkt einen wesentlichen Schritt näher. Die vom Ausschuß zusätzlich zur Regierungsvorlage beschlossenen Änderungen erstreben eine nützliche und zugleich maßvolle Ergänzung des Absatzfondsgesetzes: nützlich deshalb, weil durch sie die Zusammenarbeit zwischen dem Absatzfonds und seinen privatwirtschaftlichen Durchführungseinrichtungen auf eine klare Grundlage gestellt wird und verbessert werden kann. Maßvoll nenne ich diese Ergänzung, weil sie die institutionelle Konzeption des Absatzfondsgesetzes, also das ausgewogene Miteinander von öffentlich-rechtlichem Fonds und privatrechtlichen Durchführungsinstrumenten unbeeinträchtigt läßt. Alle, die die gemeinschaftlichen Absatzförderungsbemühungen der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft mittragen und gestalten oder mit Interesse - mitunter leider auch mit Sorge - verfolgen, sollten daher in diesen Gesetzesänderungen den gesetzgeberischen Anstoß sehen, die bisherigen Anstrengungen zu verstärken, um die Absatzförderung noch überzeugender und wirksamer zu gestalten. Eben dies ist auch die Haltung der Bundesregierung. ({1}) Präsident von Hassel: Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen zur dritten Lesung nicht mehr vor. Ich schließe die dritte Lesung. Wer dem gesamten Gesetz seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. Enthaltungen? - Das Ergebnis ist unstreitig: das Gesetz ist mit großer Mehrheit bei zahlreichen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen angenommen. Präsident von Hassel Ich rufe den einzigen Zusatzpunkt der Tagesordnung auf, den wir heute morgen beschlossen haben: Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({2}) - Drucksache VI/3083 Es wird begehrt, die Vorlage an den Ausschuß für Wirtschaft zu überweisen. Dem wird nicht widersprochen. - Es ist so beschlossen. ({3})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Wir treten in die Fragestunde - Drucksache VI/3075 ein. Wir fahren fort in der Beantwortung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Dr. Hartkopf zur Verfügung. Die Frage 28 und 29 sind von dem Herrn Abgeordneten Horn gestellt. Ist der Fragesteller im Saal? - Die Fragen werden schriftlich beantwortet; die Antworten werden in der Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Brück auf: Wie viele Polizeibeamte waren in der Großfahndung am 13. Januar 1972, die auf Grund des § 4 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt von der Sicherungsgruppe Bonn des Bundeskriminalamtes zentral koordiniert wurde, in der Zeit von 11.00 Uhr bis 16.00 Uhr eingesetzt?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Bundesregierung liegen noch keine Angaben über die Zahl der bei der Großfahndung am 13. Januar dieses Jahres eingesetzten Polizeibeamten vor. Die Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamtes hatte lediglich die Fahndungsobjekte und Fahndungsräume festgelegt. Wegen der unterschiedlichen organisatorischen Verhältnisse und geographischen Strukturen in den Bundesländern wurde die taktische Durchführung den Polizeibehörden ,der Länder überlassen. In den einzelnen Ländern ist auch mit unterschiedlichem Personalaufwand gefahndet worden.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brück.

Valentin Brück (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000277, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem Sie nun sehr geschickt und charmant - so würde man in Köln in diesen Tagen sagen -meine präzise Frage nicht beantwortet haben, darf ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, mir zu gegebener Zeit vielleicht eine schriftliche Antwort auf die genau gestellte Frage zu erteilen.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat die Bundesländer bereits gefragt. Sobald die Meldungen eingegangen sind, werden wir Ihnen sehr gern die genaue Zahl der für dieses Objekt eingesetzten Beamten mitteilen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brück.

Valentin Brück (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000277, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem Sie mir diese Bitte erfüllen wollen, muß ich Sie doch fragen, ob es nicht zweckmäßig wäre, einen solchen Einsatz - auch die Personalstärke - zu gegebener Zeit der Öffentlichkeit bekanntzugeben, damit kein falscher Eindruck über die Polizei entsteht, die in gefährlichen Situationen immer vorbildlich ihre Pflicht getan hat, wenn sie die politische Rückendeckung hatte.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung wird alsbald ein Wort zu der Aktion sagen, insbesondere zu der verdienstvollen Tätigkeit der Polizei. Wenn ich richtig informiert bin, wird sie dies heute abend tun.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Ich rufe die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Brück auf: Worauf führt es die Bundesregierung zurück, daß Radio Luxemburg am selben Tag um 9.30 Uhr einen allgemeinen Hinweis auf diese Polizeiaktion geben konnte und daß der Südwestfunk um 11.00 Uhr und der NDR um 12.00 Uhr ähnliche Meldungen sendeten? Herr Staatssekretär Dr. Hartkopf!

Not found (Staatssekretär:in)

Es kann, Herr Abgeordneter Brück, nicht bestätigt werden, daß Radio Luxemburg bereits um 9.30 Uhr am Tage der Großfahndung einen allgemeinen Hinweis auf die Polizeiaktion gegeben hat. Der Bundesregierung ist allerdings auch nicht bekannt, auf welchen Wegen Radio Luxemburg und andere Rundfunkanstalten Informationen über die anlaufende Fahndungsaktion erhalten haben. Ich darf davon ausgehen, daß die Fahndungsaktion bereits am 11. Januar 1972 um 0.56 Uhr festgesetzt worden ist. Da bereits vor Beginn der eigentlichen Fahndung Vorbereitungsmaßnahmen anlaufen mußten, erscheint es nicht ausgeschlossen, daß solche Maßnahmen beobachtet und an Rundfunkanstalten weitergegeben worden sind.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zusatzfrage.

Valentin Brück (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000277, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen denn zumindest bekannt, daß das „Mittagsmagazin" des WDR kurz nach 13 Uhr detaillierte Angaben über den Polizeieinsatz gemacht hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Dies ist bekannt, Herr Bundestagsabgeordneter. Etwa ab 11.05 Uhr am gleichen Tage hatten wir mit einer fortlaufenden dpa-Meldung über den Großeinsatz zu rechnen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine weitere Zusatzfrage.

Valentin Brück (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000277, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob Sie die Auffassung von am Einsatz beteiligter Polizeibeamter teilen, die mir gegenüber ihre Enttäuschung zum Ausdruck brachten und der Meinung waren, man hätte diese Großfahndung besser als „Großwarnungstag für Banditen" bezeichnen sollen.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich bin der Meinung, es kann niemals ausgeschlossen werden, daß Vorbereitungsmaßnahmen beobachtet und gemeldet werden. Gegen solche Zwischenfälle ist niemand geschützt.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Arndt ({0}).

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretar, können Sie bestätigen, daß der sozialdemokratisch geführte Hamburger Senat als erste Landesregierung konkrete Vorschläge zu einer freiwilligen Selbstbeschränkung der Massenmedien gemacht hat, damit bei Unglücksfällen und bei solchen Fahndungen nicht die Maßnahmen zum Schutz von Menschen gefährdet werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, dieser Vorschlag ist der Bundesregierung nicht nur bekannt, sondern die Innenminister der Länder haben im Januar dieses Jahres gemeinsam beschlossen, mit den Trägern der Massenmedien über eben diesen Punkt zu sprechen. Die Innenministerkonferenz hat sich vollinhaltlich dem Hamburger Antrag angeschlossen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da Sie soeben sagen, daß bereits im Januar an die Rundfunkanstalten herangetreten worden ist: Können Sie sagen, welche Reaktionen es z. B. bei der ARD auf diesen Vorschlag gibt?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Innenministerkonferenz hat dies am 27. Januar beschlossen, Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg. Eine Reaktion liegt noch nicht vor.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Die Fragen 32 und 33 des Herrn Abgeordneten Miltner werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe die nächste Frage auf, die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. Stark ({0}) : Sind im Jahre 1971 dem Bundeskriminalamt im Rahmen seiner polizeilichen Aufgaben zur Strafverfolgung Fälle bekanntgeworden, in denen die polizeiliche Verfolgung von Straftätern durch die Berichterstattung und die Recherchen am Ort von Presse und Rundfunk behindert oder vereitelt wurden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, Ihre Frage kann ich verneinen. Dem Bundeskriminalamt sind jedoch Fälle in den Ländern bekanntgeworden, in denen über Behinderungen bei Strafverfolgungsmaßnahmen berichtet wurde.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Dr. Stark ({0}) auf: Welche Maßnahmen können von der Bundesregierung, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den Regierungen der Bundesländer, getroffen werden, damit die polizeiliche Ermittlung und Verfolgung von Straftätern nicht durch die Berichterstattung und die Recherchen von Informationsmedien in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigt werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, insoweit muß ich etwas wiederholen, was ich gegenüber Herrn Abgeordneten Arndt schon gesagt habe. Die Ständige Konferenz der Innenminister der Länder hat am 27. Januar dieses Jahres beschlossen, daß ein gemeinsames Gespräch mit dem Deutschen Presserat und den Rundfunk- und Fernsehansalten zum Thema „Darstellung von Gewalt in Massenmedien" stattfindet. Bei dieser Besprechung wird auch die Frage einer Übereinkunft über das Verhalten und die Berichterstattung bei außergewöhnlichen Ereignissen eine Rolle spielen, durch die eine Behinderung der Hilfs- und Sicherungsmaßnahmen ausgeschlossen wird. Es ist beabsichtigt, bei dieser Gelegenheit auch die Frage möglicher Behinderungen der polizeilichen Verfolgung von Straftätern durch die Berichterstattung und die Recherchen am Ort von Presse und Rundfunk anzusprechen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Keine weitere Zusatzfrage. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Moersch zur Verfügung. Die erste Frage, die Frage 125, ist von Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg eingebracht: Teilt die derzeitige Bundesregierung die Auffassung, daß Friedenspolitik von allen bisherigen Bundeskabinetten als Hauptaufgabe behandelt worden ist und daß die Außenpolitik darum vor allem seit der Friedensnote der Regierung Erhard/Schröder vom 25. März 1966 betont als Friedenspolitik definiert wurde, so daß die Regierung Kiesinger/Brandt folgerichtig u. a. in ihrer Grundsatzerklärung vom 30. Mai 1969 feststellen konnte: „Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland führt ihre Friedenspolitik konsequent fort."? Herr Staatssekretär! Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich beantworte die Frage wie folgt. In der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 heißt es zu der angeschnittenen Frage - ich zitiere -: Die Außenpolitik dieser Bundesregierung knüpft an die Friedensnote vom März 1966 und die Regierungserklärung vom Dezember 1966 an. Die in diesen Dokumenten niedergelegte Politik hat damals die Zustimmung aller Fraktionen dieses Hauses erhalten. Der Wille zu Kontinuität und konsequenter Weiterentwicklung gestattet es, auf manche Wiederholung zu verzichten. Soweit der Wortlaut. Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, daß sie sich in Übereinstimmung mit allen in diesem Hohen Hause vertretenen Parteien befindet, wenn sie die Kontinuität der Friedenspolitik der Bundesrepublik Deutschland hervorhebt. In den konkreten Ausprägungen des Willens zum politischen Handeln scheint es allerdings Unterschiede zu geben. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, daß ihre konkrete Friedenspolitik, so wie sie in den Ostverträgen und in der Berlin-Regelung ihren ersten Niederschlag gefunden hat, der unter den gegebenen Umständen richtige und gangbare Weg zur Sicherung des Friedens ist. Die Bundesregierung weiß sich hier der vollen Übereinstimmung mit den Verbündeten sicher.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben also, wenn ich Sie richtig verstanden habe, ausdrücklich bestätigt, daß alle bisherigen Bundesregierungen als Hauptaufgabe die Sicherung des Friedens betrachtet haben und eine Friedenspolitik betrieben haben. Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich habe bestätigt, daß Sie die Regierungserklärung richtig zitiert haben, und darin war das ausdrücklich enthalten. Ich habe niemals unterstellt, daß irgend jemand das nicht gewollt habe.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bewußt, daß meine Frage, daß alle Bundesregierungen bisher als Hauptaufgabe Friedenspolitik gesehen haben, exakt nach dem Dokumentarband des Auswärtigen Amts „Die auswärtige Politik der Bundesrepublik Deutschland.' formuliert ist? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich habe das nicht bestritten. Ich darf das hier ausdrücklich noch einmal wiederholen. Ich möchte aber gleich hinzufügen, was ich in der ersten Antwort gesagt habe: daß es sehr wohl in dem Wollen, in der Zielsetzung Übereinstimmung geben kann, daß aber die entscheidende Frage in der Politik sehr oft ist, ob man einen gangbaren Weg findet, der zu diesem Ziel führen kann.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mende.

Dr. Erich Mende (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001467, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist die Bundesregierung bereit, anzuerkennen, daß nicht erst die Verträge von Moskau und Warschau der Neubeginn einer Friedenspolitik waren, sondern daß zumindest die Genfer Außenministerkonferenz, die am 10. Mai 1959 begann, als wesentliches neues Element einer Friedenspolitik zu verzeichnen hatte, daß an ihr zwei deutsche Delegationen - unter Heinrich von Brentano bzw. unter Lothar Bolz - teilnahmen, wenn auch nur in beratender Funktion, und daß Heinrich von Brentano bereit war, sich mit Lothar Bolz zu treffen, was aber damals am Widerstand Gromykos gescheitert ist? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, der Hinweis auf die Genfer Konferenz und die Beteiligung von Delegationen aus zwei deutschen Staaten ist historisch absolut unanfechtbar. Aber ich glaube nicht, daß die Frage des Kollegen Schulze-Vorberg nun Gelegenheit zu einer größeren Geschichtsbetrachtung geben kann. Die Deutschland- und Ostpolitik der Bundesrepublik Deutschland ist über eine lange Zeit durch ein Auf und Ab gekennzeichnet gewesen, und dem, was in Genf als mögliche Zukunftsentwicklung erschien, ist dann, wie Sie selbst am besten wissen, u. a. der Rückschlag am 13. August 1961 gefolgt.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt ({0}) .

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß in der Politik wie in der Ehe das objektive Ergebnis bedeutsamer ist als das subjektive Wollen, konkret gesagt: daß es nicht allein darauf ankommt, den Frieden zu wollen, sondern auch darauf, wie die praktische Politik aussieht und wie sie durchgeführt wird? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich glaubte das schon in meiner ersten Antwort zum Ausdruck gebracht zu haben, aber ich gestehe neidlos zu, daß Sie es als Jurist soeben exakter formuliert haben. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller ({0}).

Johannes Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001554, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Moskau nicht als einen praktischen Akt der Friedenspolitik betrachten? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, Sie schneiden hier in der Geschichtsbetrachtung eine außerordentlich wichtige Frage an. Es ist genau die Frage des Wollens und der Konsequenz, das Wollen weiterzuentwickeln. Denn damals, Herr Abgeordneter, ist etwas getan worden, was große Hoffnungen erweckt hat, was dann aber in der Praxis nicht weiter vertieft worden ist; denn es wurde nicht genügend versucht, die Aufnahme der Beziehungen zu nutzen, um die Beziehungen selbst zu normalisieren.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine letzte Zusatzfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Jobst!

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, anzuerkennen, daß die Politik von 1949 bis 1969 nicht nur ein Bemühen um den Frieden war, sondern daß sie auch in der Praxis eine erfolgreiche Politik war? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, wir müßten jetzt wohl die Frage untersuchen, was Sie unter „erfolgreich" verstehen. Unter „erfolgreich" im Sinne der Präambel des Grundgesetzes ist sicherlich mehr zu verstehen als das Ergebnis, das erreicht worden ist. Das heißt aber nicht, daß deswegen irgend jemand angeklagt werden könnte, das Falsche gewollt zu haben. Die Frage war nur, ob er die vollen Konsequenzen dessen erfaßt hat, was diesem Wollen eigentlich hätte zugrunde liegen müssen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Ich rufe Frage 126 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf: Wie beurteilt die Bundesregierung den offiziellen Kommentar in der „Prawda" vom 22. Januar 1972 zur Erweiterung der EWG, die als ein amerikanisch-britisches Komplott gegen den Willen der Völker bezeichnet wurde? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, bei dem von Ihnen in Ihrer Frage zitierten „Prawda"-Kommentar vom 23. Januar - und nicht, wie in der Frage angegeben, vom 22. Januar - handelt es sich nach unseren Erhebungen um einen Korrespondentenbericht aus Brüssel, in dem westliche kritische Stimmen gegenüber der Erweiterung der EWG und insbesondere gegenüber dem Beitritt Großbritanniens in bekannter Weise als eigene Stellungnahme übernommen werden. - Ich darf noch hinzufügen: Der von Ihnen verwendete Ausdruck findet sich jedenfalls in der Übersetzung des „Prawda"-Artikels, der mir amtlich vorliegt, nicht. Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, dem „Prawda"-Artikel besonderes Gewicht beizulegen. Es ist ja in der Tat gar keine Neuigkeit, daß sowjetische Kommentatoren die Integration Westeuropas bis jetzt nicht als im sowjetischen Interesse liegend betrachtet haben. Die sowjetische Presse hat seit jeher eine kritische Haltung zu den Europäischen Gemeinschaften eingenommen. Die Bundesregierung vermag in dem „Prawda"-Artikel keine Verschärfung dieser bekannten Haltung zu erblikken. Im übrigen rechnen wir damit, daß sich die Sowjetunion der Realität der Europäischen Gemeinschaften nicht verschließen wird. - Es kann sich übrigens hier nicht, wie schon im Lande zu hören war, darum handeln, daß wir von der Sowjetunion eine Erklärung über die Anerkennung der Europäischen Gemeinschaft erwarteten. Die Europäischen Gemeinschaften werden mit wachsendem Ausbau ein wirtschaftliches und politisches Faktum werden, mit dem sich die Staatenwelt, und zwar die ganze Staatenwelt, früher oder später arrangieren wird. Es ist auch festzustellen, daß die Sowjetunion den Vertrag mit der Bundesrepublik in Kenntnis unserer grundsätzlichen Einstellung zur Europäischen Gemeinschaft geschlossen hat. Unbeschadet ihrer negativen Einstellung zur EWG hat die Sowjetunion auch zu den anderen Mitgliedstaaten in der EWG ihre Beziehungen zu verbessern gesucht.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich Sie zunächst darauf hinweisen, daß ich den Kommentar der Prawda aus den Veröffentlichungen des Bundespresseamtes entnommen habe, und darf ich Sie jetzt fragen - Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, eine Zwischenfrage: Haben Sie wirklich einen Kommentar vom 22. Januar? Der steht uns nicht zur Verfügung.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vom 23. Januar. Entschuldigen Sie, ich räume ein, daß das vielleicht ein Versehen ist. Ich darf Sie fragen: Muß aus dieser Stellungnahme, die den offiziellen Standpunkt der Sowjetunion wiedergibt, nicht gefolgert werden, daß die Sowjetunion nicht bereit ist, die Realität der EWG anzuerkennen, sondern daß sie die politische Einigung Europas verhindern will? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich wäre gerne bereit, Ihnen den vollen Wortlaut des Artikels zu geben. Daraus werden Sie ersehen, daß es sich um eine Art Reportage handelt, also zweifellos nicht um eine Meinungsäußerung in Form einer Stellungnahme. Es ist ein Bericht aus Brüssel, in dem westliche Stimmen zitiert werden. Ich bedaure, wenn Sie eine unvollständige Unterlage vor sich liegen haben. Parlamentarischer Staatssekretär Moersch Ich möchte aber noch einmal auf das hinweisen, was ich eben schon gesagt habe. Ich hielte es in der Tat für eine unglückliche und unzulässige Verquikkung, wenn etwa unsere Politik der westlichen Integration sozusagen von der Zustimmung oder Nichtzustimmung Dritter abhängig gemacht werden sollte. ({0}) Die Frage, ob jemand mit einer solcher Staatengruppe in Beziehung treten will und in welcher Form er in Beziehung treten will, wird sich entscheiden, wenn er seine eigenen Interessen überprüft und definiert hat. Sie geben mir im übrigen Gelegenheit - ich freue mich darüber -, noch einmal darauf hinzuweisen, daß sich diese Europäischen Gemeinschaften gegen niemanden richten. Ganz im Gegenteil, langfristig werden alle europäischen Staaten - ich betone: alle - von einem Ausbau der Europäischen Gemeinschaften profitieren, weil die wirtschaftliche Stärkung dieser Gemeinschaften ihnen auch erlaubt, sich stärker an einer Kooperation mit anderen Staaten zu beteiligen. Das wird sicherlich auch der von der Bundesregierung angestrebten gesamteuropäischen Zusammenarbeit zugute kommen. Ich finde, die Fragen, die hier in, der Öffentlichkeit von seiten der Opposition gestellt worden sind, sind die falschen Fragen am falschen Ort und zur falschen Zeit. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jobst.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß meine Frage durchaus berechtigt ist, und tritt in dieser Stellungnahme wie auch in der jüngsten Prager Erklärung, in der ein kollektives gemeinsames Handeln der europäischen Staaten zur Festigung der europäischen Sicherheit gefordert wird, nicht das Ziel der Sowjetunion zu Tage, die europäischen Staaten von den USA und Kanada abzuwenden? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich hoffe, daß wir in der Debatte über die Ratifikation der Verträge Gelegenheit haben werden, ausführlich die Ziele unserer Politik und der westlichen Politik darzustellen. Es ist weder ein Staatsgeheimnis noch sonst ein Geheimnis, daß es in der langfristigen Zielsetzung der verschiedenen Staatengruppen und Staaten in Europa unterschiedliche Auffassungen gibt. Das kann uns doch aber nicht daran hindern, unsere eigenen Auffassungen auch auf einer solchen Konferenz zu vertreten. Das Ergebnis wird sicherlich ein Kompromiß sein. Wir werden dann alle zu entscheiden haben, ob wir glauben, daß bei einem solchen Kompromiß unsere Interessen gewahrt oder unsere Interessen verletzt sind. Die Bundesregierung hat nichts getan, was unsere Interessen geschädigt hätte.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt ({0}).

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß der Chefkommentator der Prawda auf eine von mir gestellte Frage zu dem hier anstehenden Thema gesagt hat, daß die Sowjetunion zwar die EWG ablehne, daß die Sowjetunion aber immer eine realistische Politik betrieben habe und, wenn die EWG nun einmal eine sichere Realität sei, natürlich auch eine Botschaft in Brüssel errichten werde. Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich kannte diese Äußerung nicht, aber ich nehme sie mit Interesse zur Kenntnis.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie, daß Sie die Bedeutung dieses Artikels doch verhältnismäßig gering ansetzen, während der Herr Bundesminister des Auswärtigen vor etwa einem Jahr auf eine Frage nach der europäischen Option einen sowjetischen Zeitungsartikel mit der Betonung heranzog, bei dem dort herrschenden System müsse man davon ausgehen, daß Zeitungs- und Zeitschriftenäußerungen in der UdSSR die offiziöse oder sogar die offizielle Politik der Sowjetunion darstellten? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege, ich bin ganz sicher, daß wir beide sehr wohl zwischen Bericht auf der einen Seite und Meinungsartikel und Kommentar auf der anderen Seite zu unterscheiden wissen. Der Kollege Jobst hat hier aus einem Bericht aus Brüssel zitiert. Ich möchte Ihnen einmal eine Stilprobe bieten, damit Sie einsehen, daß es sich hier um die Wiedergabe von angeblichen oder tatsächlichen, im einzelnen nicht verifizierten Äußerungen westlicher Kreise handelt. Hier heißt es: Viele - in Brüssel teilen die durchaus berechtigte Befürchtung, daß England die Rolle eines Trojanischen Pferdes der USA in der EWG spielen könnte. Der ganze Bericht ist so aufgebaut, daß kritische westliche Stimmen, z. B. Stimmen aus der Opposition im englischen Unterhaus, von Abgeordneten, die gegen den Beitritt Großbritanniens gestimmt haben, hier in diesem Bericht herangezogen werden. Ich muß sagen, es ist doch ziemlich künstlich, daraus nun eine offizielle sowjetrussische Stellungnahme abzuleiten. Ich empfehle in diesem Fall die Lektüre des Kommuniqués der Staaten des Warschauer Paktes zu diesen Fragen, wo weder in der einen noch in der anderen Form zu genau dieser Parlamentarischer Staatssekretär Moersch Fragestellung, die von der Opposition aufgeworfen worden ist, Stellung genommen wird. Offensichtlich werden in all diesen Staaten Überlegungen darüber angestellt, wie man zu einer verbesserten europäischen Zusammenarbeit kommen könnte. Ich will nicht verschweigen, daß die Gemeinschaft bei einer Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit selbstverständlich ihre Funktion haben wird und auch haben muß, weil die Verträge, die wir geschlossen haben, eine andere Möglichkeit zu einer Intensivierung vertraglich geregelter Handelsbeziehungen gar nicht mehr bieten. Für alle stellt sich die Frage, ob sie unter diesen Umständen beispielsweise auf eine vertragliche Regelung von Handelsbeziehungen verzichten wollen, wie das bisher ja zum Teil der Fall ist. Das ist eine Frage, die jeder einzelne Staat, der nicht der Gemeinschaft angehört, nach seiner eigenen Interessenlage beurteilen muß. Ich habe Grund, zu sagen, daß es jedenfalls in diesem Bereich durchaus realistische Überlegungen gibt und auch künftig geben wird. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Ich rufe die Frage 127 des Herrn Abgeordneten Engelsberger auf: Muß aus der Erklärung von Staatssekretär Dr. Frank in Neu-Delhi, daß die langfristigen gemeinsamen Ziele Indiens und der Bundesrepublik Deutschland höher zu bewerten seien als die Frage einer eventuellen Anerkennung der „DDR" durch Neu-Delhi, nicht der Schluß gezogen werden, daß die völkerrechliche Anerkennung Ost-Berlins durch Drittländer und die damit verbundene internationale Aufwertung der „DDR" von der Bundesregierung in Zukunft ohne weiteres hingenommen und keinesfalls mehr als abträglich für die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu diesen Staaten angesehen wird, und steht am Schluß eines solchen Prozesses nicht zwangsläufig die völkerrechtliche Anerkennung der „DDR" auch durch die Bundesregierung? Herr Staatssekretär! Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege, die Ausführungen, die Staatssekretär Dr. Frank bei einer Pressekonferenz in Neu-Delhi gemacht hat und die in der Presse gelegentlich etwas mißverständlich wiedergegeben worden sind, geben in keiner Weise zu den von Ihnen abgeleiteten Schlußfolgerungen Anlaß. Im Gegenteil! Der Staatssekretär hat seinen Zuhörern zu bedenken gegeben, ob nicht gerade aus indischer Sicht die ungestörte Fortsetzung der fruchtbaren Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik Deutschland auf lange Sicht vorteilhafter erscheinen muß als die Anerkennung der DDR durch Indien unter den gegenwärtigen Umständen. Staatssekretär Frank ging davon aus, daß die Antwort auf diese Frage auf der Hand liegt. Die Haltung der Bundesregierung zur Frage der Anerkennung der DDR durch dritte Staaten ist hier des öfteren dargelegt worden. Sie ist unverändert. Ebenso unverändert hält die Bundesregierung daran fest, daß eine völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die Bundesrepublik Deutschland aus den bekannten Gründen nicht in Frage kommen kann.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Engelsberger.

Matthias Engelsberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000475, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wird durch das tolerante Verhalten der Bundesregierung bei der diplomatischen Anerkennung der DDR durch Drittländer nicht der Eindruck verstärkt, daß die Bundesregierung in absehbarer Zeit doch bereit ist, die DDR völkerrechtlich anzuerkennen? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich habe Ihnen die Frage nach den Absichten der Bundesregierung eben schon beantwortet. Die Bundesregierung ist für Folgerungen, die irgend jemand - offensichtlich in nicht genauer Kenntnis des Sachverhalts - zu ziehen beabsichtigt, nicht verantwortlich.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine weitere Zusatzfrage.

Matthias Engelsberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000475, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, glaubt die Bundesregierung, sich nach einer weltweiten Anerkennung der DDR der völkerrechtlichen Anerkennung entziehen zu können, und sind Sie nicht der Meinung, daß durch die Politik der Bundesregierung die von östlicher Seite getroffene Feststellung, die beiden deutschen Staaten seien Ausland zueinander, gefördert wird? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, worauf Sie diese eben genannte Feststellung gründen. Ich verweise hier aber noch einmal darauf, daß 'die Bundesregierung sich ein festes Ziel gesetzt hat, nämlich das, die Konfrontation in Europa abzubauen und dafür zu sorgen, daß es in den Beziehungen zwischen den beiden Staaten in Deutschland zu einer Regelung kommt, die vor allem den Menschen dient. Ich glaube, der erste Schritt auf diesem Wege war erfolgreich. Ohne jene realistische Darstellung der Situation, wie sie in der Regierungserklärung von 1969 gegeben worden ist, wäre nach unser festen Überzeugung weder die vertragliche Regelung unserer Beziehungen zu Moskau und Warschau in der neuen Form noch - und das ist entscheidend - die Regelung, die die vier Mächte für Berlin gefunden haben und die zweifellos eine Verbesserung der Situation dort mit sich bringt, möglich gewesen. Alle diejenigen, die diese Politik durch solche Kommentierungen, wie ich sie immer wieder höre, in Zweifel ziehen, müßten sich eigentlich einmal selbst die Frage stellen, wo ihre Alternative zu unseren Auffassungen liegt. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage.

Dr. Manfred Achim Geßner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000674, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch Drittländer keinerlei Präjudiz für die Anerkennung der DDR durch die Bundesregierung bedeutet? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, es ist zweifellos zutreffend, daß völkerrechtliche Anerkennung nur ein eigener Willensakt sein kann und nicht irgendwie von Dritten abhängt. Zweitens muß man hinzufügen, daß z. B. auch der UNO Staaten angehören, die sich völkerrechtlich gegenseitig nicht anerkannt haben. Wir haben unsere politischen Entscheidungen Dritten gegenüber - das ist ja hier der Ausgangspunkt der Frage gewesen - allein an Hand der Beurteilung unserer eigenen Interessen zu treffen und sie nicht abhängig zu machen von Dritten.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine letzte Frage des Herrn Abgeordneten Müller ({0})

Johannes Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001554, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, welche Bedeutung hat es für uns, wenn - einmal unterstellt - alle anderen Staaten die DDR anerkennen und die Bundesrepublik Deutschland nicht? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, ob es angebracht ist, vor diesem Forum hypothetische Fragen zu beantworten. Das führt meist zu nicht sehr viel. Ich glaube, daß der Auswärtige Ausschuß für hypothetische Erörterungen sicherlich ein geeigneteres Forum ist. Ich kann Ihnen nur sagen, was der Standpunkt der Bundesregierung ist. Was in der Weltgeschichte zukünftig sein oder sich ereignen wird, das zu beantworten ist eher eine Aufgabe der Propheten als die Aufgabe der Bundesregierung.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Ich rufe die Frage 128 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf: Was gedenkt die Bundesregierung dafür zu tun, daß entsprechend der „Information der Regierung der Volksrepublik Polen" außer Familienmitgliedern im Zuge der Familienzusammenfassung auch jener Personenkreis in den Genuß dieser beiderseitigen Vereinbarung kommt, der sich auf eine „unbestreitbare deutsche Volkszugehörigkeit" berufen kann, zumal im jüngsten Bericht des Grenzdurchgangslagers Friedland erneut registriert worden ist, daß von diesem Personenkreis noch niemand in die Bundesrepublik Deutschland hat aussiedeln können? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesmnister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, bei genauer Lektüre des von Ihnen herangezogenen Berichts vermag ich diesem lediglich zu entnehmen, daß die im Bundesgebiet im Rahmen des polnischen Ausreiseverfahrens eingetroffenen Umsiedler bisher stets eine sogenannte Einladung von Angehörigen im Bundesgebiet vorzulegen hatten. Das bedeutet notwendigerweise nicht, daß alle betroffenen Umsiedler zu Familienangehörigen im Sinne der Familienzusammenführung des Roten Kreuzes umgezogen sind. Es ist ein wichtiger Punkt, denjenigen die Erfüllung der verfahrensmäßigen Voraussetzungen des Ausreisewunsches zu erleichtern, die sich auf Abschnitt 2 Satz 2 der Information der Regierung der Volksrepublik Polen berufen. Dieser lautet wie folgt. Ich zitiere: Die polnische Regierung steht weiterhin auf dem Standpunkt, daß Personen, die auf Grund ihrer unbestreitbaren deutschen Volkszugehörigkeit in einen der beiden deutschen Staaten auszureisen wünschen, dies unter Beachtung der in Polen geltenden Gesetze und Rechtsvorschriften tun können. Es wäre zweifellos eine Erleichterung, wenn dementsprechend nicht in jedem Fall eine Einladung aus dem Bundesgebiet verlangt würde, wie es im übrigen die polnischen Vorschriften auch nicht in jedem Falle zu erfordern scheinen. Wir werden uns jedenfalls in diesem Zusammenhang um eine Klärung bemühen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneter Hupka, Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Hält die Bundesregierung es für ausreichend, daß die Verhandlungen immer nur zwischen den beiden Rotkreuz-Gesellschaften, Deutsches Rotes Kreuz und Polnisches Rotes Kreuz, stattfinden? Besteht darüber hinaus eine Möglichkeit, durch Gespräche der Bundesregierung mit Warschau zu erreichen, daß gerade auch die Erfüllung dieses anderen Punkts der Information erreicht wird? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, Sie dürfen davon ausgehen, daß auch dann, wenn es nicht in der Öffentlichkeit bekannt wird, nicht nur dieser Weg des Gespräches gesucht worden ist und auch künftig nicht nur dieser Weg wahrgenommen wird, um unseren Vorstellungen Geltung zu verschaffen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Auf welchem Wege wird eine Beschleunigung gerade dieser Lösung möglich sein, daß Deutsche mit unbestreitbar deutscher Volkszugehörigkeit auch in den Genuß der Information kommen, weil gerade dieser Personenkreis bis heute überhaupt noch nicht in diesen Genuß gekommen ist? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, dies ist Gegenstand der Gespräche, die auch von Regierungsseite geführt werden.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Mende.

Dr. Erich Mende (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001467, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind der Bundesregierung die folgenden unbestreitbaren Tatsachen bekannt: Erstens, es hat sich eine weit höhere Zahl als ursprünglich angenommen um die Umsiedlung bemüht. Zweitens, es ist daher eine Kampagne seitens der polnischen Stellen in Gang gekommen, beginnend mit abschreckenden Berichten über das Leben der Umsiedler in der Bundesrepublik Deutschland bis hin zu Repressalien und schikanösen Behandlungen. Was gedenkt die Bundesregierung in letzterem Fall zu tun? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat in dieser Woche dem Auswärtigen Ausschuß über diese Zusammenhänge ausführlich Bericht erstattet und auch die Erwägungen bekanntgegeben, die sie deswegen anstellt.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes beantwortet. Ich komme zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Hermsdorf zur Verfügung. Ich rufe die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Hanz auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Eisenbahn Frankreichs ({0}) französischen Tonlieferanten für den Italien-Export sogenannte Treuerabatte gewährt, denen Subventionscharakter zukommt, wodurch die ohnehin auf Grund währungspolitischer Maßnahmen der Bundesregierung schon benachteiligten Tongruben des Westerwalds vom italienischen Markt verdrängt werden? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Präsident, darf ich die beiden Fragen 36 und 37 zusammen beantworten?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Einverstanden. Dann rufe ich auch Frage 37 auf: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, der Westerwälder Tonindustrie beim Export gleiche Wettbewerbschancen zu sichern, damit in diesem Bundesausbaugebiet die Arbeitsplätze nicht noch zusätzlich gefährdet werden? Bitte, Herr Staatssekretär. Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Abgeordneter Hanz, der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß die französischen Eisenbahnen den französischen Tonlieferanten Treuerabatte gewähren, denen Subventionscharakter zukommt. Die Angelegenheit wird jedoch auf Grund Ihrer Frage und auf Grund einer dem Sinne nach mit Ihrer Frage identischen Zuschrift eines Verbandes bereits geprüft. Sowie diese Prüfung abgeschlossen ist, was allerdings kaum vor vier Wochen möglich sein wird, werde ich, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, schriftlich auf Ihre Frage zurückkommen. Sollte sich herausstellen, daß die Eisenbahntarife für den Export von französischem Ton nach Italien nicht EWG-konform sind, wird die Bundesregierung auf deren unverzügliche Aufhebung hinwirken. Die Bundesregierung ist selbstredend bemüht, für faire Wettbewerbsverhältnisse Sorge zu tragen. Ebenso ist sie sich des Charakters der berührten Region als Förderungsgebiet der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" bewußt. Eine endgültige Antwort auf diese Frage läßt sich ebenfalls erst nach Abschluß der noch laufenden Prüfung geben. Ich werde in dem zugesagten Schreiben auch auf diese Frage eingehen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?

August Hanz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000809, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung ferner bekannt, daß auch die Tariferhöhungen der Deutschen Bundesbahn - die letzte zum 1. Januar 1972 - die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Tonindustrie beim Export nach Italien wesentlich beeinträchtigt haben? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Der Bundesregierung ist das bekannt. Der Bundesregierung ist ebenso die Lage der Deutschen Bundesbahn bekannt.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.

August Hanz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000809, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mir scheint doch die Antwort etwas zu sehr vereinfacht zu sein. Denn das Interesse der Deutschen Bundesbahn und das Interesse der deutschen Wirtschaft sind nach meiner Meinung doch in vielen Dingen identisch. Die Frage, Herr Staatssekretär: kann die Deutsche Bundesbahn auf 100 000 t Tonlieferungen nach Italien wegen verfehlter Tarifpolitik verzichten? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Die Bundesbahn kann im Grunde genommen auf keine Einnahme verzichten. Sie kann daher nicht noch weitere Ausnahmetarife bei ihrer bisherigen Lage zulassen. Ich habe Ihrer Frage hinsichtlich dieser Region dahin gehend beantwortet, daß wir prüfen werden - falls die Tatbestände, die Sie hier angeben, zutreffen -, wie wir eingreifen können. Aber daß wir dabei neue Belastungen auf die Bundesbahn zuschieben, halte ich für ausgeschlossen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Keine weiteren Zusatzfragen. Der Herr Abgeordnete Weigl hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Fragen 40 und 41 des Herrn Abgeordneten Wolfram auf. Der Abgeordnete hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Der Herr Abgeordnete Dasch hat um schriftliche Beantwortung seiner beiden eingereichten Fragen Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Höcherl auf. - Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal, die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Auch der Herr Abgeordnete Dr. Evers hat um schriftliche Beantwortung seiner beiden gestellten Fragen gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 49 des Herrn Abgeordneten Vogt auf - der Herr Abgeordnete ist im Saal -: Teilt die Bundesregierung die Ansicht des BFH - Urteil vom 30. Oktober 1970 zu VI R 273/67 -, daß Streikunterstützungen von Gewerkschaften einkommensteuerpflichtige Einnahmen sind, und wie begründet sie gegebenenfalls diese Ansicht? Herr Staatssekretär, bitte! Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Frage 49? Soll die Frage zusammen mit denen des Abgeordneten Zink beantwortet werden? ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Kollege, wegen des Sachzusammenhanges hat die Verwaltung vorgeschlagen, die Fragen 49 und 50 vorher zu beantworten. Ich bitte Sie, so zu verfahren. Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Präsident, dati ich dann bitten, die Fragen des Kollegen Vogt, 49 und 50, zusammen beantworten zu können?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Der Fragesteller ist damit einverstanden. Ich rufe auch Frage 50 auf: Hält es die Bundesregierung, insbesondere auch im Hinblick auf das Koalitionsrecht nach Art. 9 Abs. 3 GG, für gerechtfertigt, daß Streikunterstützungen als Ersatzeinkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit einkommensteuerpflichtig sind ({0}), während aus gleichem Anlaß gewährte Sozialhilfe nicht der Einkommensteuer unterliegt? Bitte, Herr Staatssekretär. Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Vogt, die Bundesregierung teilt die vom Bundesfinanzhof in seinem Urteil niedergelegte Auffassung, nach der Streikunterstützungen, die Gewerkschaften an ihre streikenden Mitglieder zahlen, steuerpflichtige Entschädigungen darstellen. Sie begründet ihre Ansicht wie folgt. Nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes gehören zu den steuerpflichtigen Einkünften auch Entschädigungen, die - ich zitiere - „gewährt worden sind als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen". Auch wenn Streikunterstützungen nicht unmittelbar aus Anlaß oder als Ausfluß des Arbeitsverhältnisses zugewendet werden, sind sie steuerrechtlich doch als Entschädigung für entgangenen oder entgehenden Arbeitslohn anzusehen. In der Individualsphäre des Arbeitnehmers übernimmt die Streikunterstützung wirtschaftlich eine dem Arbeitslohn entsprechende Aufgabe, nämlich die Sicherung des Lebensunterhalts. An diesen wirtschaftlichen Sachverhalt knüpft die Besteuerung an. Nach dem zitierten Gesetzestext kommt es darauf an, daß eine Leistung als Entschädigung „gewährt worden ist". Der Gewährende braucht zum Ersatz nicht gesetzlich verpflichtet zu sein. Auch ein Dritter kann Entschädigungen im Sinne dieser Vorschrift gewähren, selbst wenn er den Verlust der Einnahmen weder verschuldet oder auch nur verursacht hat. Es genügt, wenn wirtschaftlich ein Ersatz für den Verlust steuerpflichtiger Einnahmen geleistet wird. Die Besteuerung der Streikunterstützungen steht nicht im Widerspruch zu dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit. Zwar verbietet Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes einen Eingriff in Arbeitskämpfe und läßt nach Satz 2 nicht zu, daß steuerliche Regelungen sich unmittelbar gegen das Koalitionsrecht einschränkend oder behindernd richten. Jedoch muß das Koalitionsrecht wie die anderen Grundrechte im Zusammenhang mit der durch das Rechts- und Sozialstaatsprinzip bestimmten Rechtsordnung gesehen werden. Hierzu gehören auch die nach Art. 105 des Grundgesetzes verfassungsgemäß erlassenen Steuergesetze. Von ihrer Anwendung sind diejenigen, die grundrechtlich geschützte Freiheiten in Anspruch nehmen, nicht ausgenommen. Der Bundesfinanzhof hat das in seinem Urteil ausdrücklich bestätigt. Die Bundesregierung teilt diese Auffassung. Zur unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Streikunterstützungen und Sozialhilfen, die in Fällen von Streiks gewährt werden, möchte ich folgendes bemerken. Sozialhilfe wird gewährt, wenn sich der Empfänger in einer Notlage befindet. Sozialhilfeleistungen sind deshalb - wie ich meine zu Recht - ausdrücklich von der Einkommensbesteuerung ausgenommen. Streikunterstützungen werden dagegen auch gewährt, wenn es sich nicht um Sozialhilfefälle handelt. Da im Einkommen- und Lohnsteuerrecht der Grundsatz der Leistungsfähigkeit gilt, ist es gerechtfertigt, die Streikunterstützung bei entsprechender Höhe der Einkünfte zu besteuern, Sozialhilfeleistungen dagegen steuerfrei zu lassen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage.

Wolfgang Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002384, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die von Gewerkschaftsseite vertretene Auffassung, daß durch die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Streikunterstützungen und Sozialhilfe praktisch doch das Koalitionsrecht beeinflußt wird? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Parlamentarischer Staatssekretär Hermsdorf Die Bundesregierung prüft zur Zeit diese Frage. Es gibt eine Reihe von Bedenken. Eine derartige Freistellung von der Steuerpflicht würde als einseitige Begünstigung einen verbotenen Eingriff in die Koalitionsfreiheit darstellen, weil Unterstützungen, die aus dem Unterstützungsfonds der Arbeitgeber an bestreikte Betriebe gezahlt werden, bei diesen Betrieben steuerpflichtige Betriebseinnahmen sind. Insofern bestehen aus Gründen des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatze gewisse Bedenken. Ich kann nur sagen: die Bundesregierung prüft diese Frage. Zu welchem Resultat wir am Schluß kommen werden, läßt sich jetzt noch nicht sagen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, entsteht nicht der Streikfonds der Gewerkschaften aus Beiträgen, die ihrerseits steuerfrei sind, weil sie zu den Werbungskosten gerechnet werden, und müßte man deshalb nicht annehmen, daß Streikgelder indirekte Werbungskosten und von daher von jeder Steuer freizustellen sind? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Das gilt natürlich auch für die Rücklagen der Unternehmer für den Fall eines Streiks. Man muß hier den Gleichheitsgrundsatz sehen. Ich habe schon gesagt: die Bundesregierung prüft diese Frage. Sie wird den Tatbestand, den Sie soeben aufgeworfen haben, mit in die Prüfung einbeziehen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Ich rufe die Frage 47 des Abgeordneten Zink auf: Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Arbeitnehmer in den letzten Jahren wegen bezogener Streikunterstützungen einkommensteuerlich erfaßt worden sind, und hat die Bundesregierung in diesem Zusammenhang eine gleichmäßige steuerliche Behandlung aller betroffenen Arbeitnehmer sichergestellt? Bitte, Herr Staatssekretär! Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Abgeordneter Zink, der Bundesregierung ist die Zahl der Einkommensteuerveranlagungen, die auf Grund von Streikunterstützungen durchgeführt worden sind, nicht bekannt. Auch die Finanzverwaltungen der Länder haben nach meiner Kenntnis keine Statistiken hierüber geführt. Die gleichmäßige steuerliche Behandlung aller betroffenen Arbeitnehmer ist dadurch sichergestellt, daß die obersten Finanzbehörden der Länder im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen bereits im Jahre 1964 ihre nachgeordneten Dienststellen angewiesen hatten, Streikunterstützungen zur Einkommensteuer heranzuziehen. Zwischenzeitlich ist in dieser Angelegenheit ein Musterprozeß geführt worden. Die Länderfinanzverwaltungen hatten deshalb die förmliche Entscheidung über die eingelegten Rechtsbehelfe gegen die steuerliche Erfassung der Streikunterstützungen zum Teil bis zur endgültigen Entscheidung durch den Bundesfinanzhof ausgesetzt. Nachdem der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 30. Oktober 1970 entschieden hat, daß Streikunterstützungen aus nichtselbständiger Arbeit zur Einkommenbesteuerung heranzuziehen sind, dürften auch diese Fälle von den Finanzämtern abschließend bearbeitet worden sein.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Keine Zusatzfrage, Herr Kollege? - Danke! Dann ruf ich Ihre nächste Frage, die Frage 48, auf: Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Gewerkschaftsvertretern, daß aufgrund der Aufgaben der Gewerkschaften Beiträge an sie überwiegend Aufwendungen zur Zukunftssicherung bzw. Aufwendungen für staatspolitische Zwecke sind und sie dementsprechend steuerlich als Sonderausgaben einzustufen wären? Herr Staatssekretär! Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Die Bundesregierung teilt nicht die Auffassung, daß Gewerkschaftsbeiträge steuerlich als Sonderausgaben zu behandeln sind. Gewerkschaftsbeiträge sind vielmehr so eng mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit verknüpft, daß sie Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen und damit Werbungskosten sind. Darüber hinaus ist in § 9 des Einkommensteuergesetzes ausdrücklich anerkannt, daß Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, Werbungskosten sind. Die Anerkennung als Werbungskosten schließt aber die Anerkennung als Sonderausgaben aus. Diese steuerliche Behandlung ist auch für den Steuerpflichtigen im allgemeinen günstiger, da Versicherungsbeiträge und Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke als Sonderausgaben nur bis zu bestimmten Höchstbeträgen abgezogen werden können. Als Werbungskosten sind die Gewerkschaftsbeiträge jedoch, auch zusammen mit anderen Werbungskosten, in unbegrenzter Höhe abzugsfähig.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Otto Zink (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002600, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, die Bundesanstalt für Arbeit hat anläßlich des Metallarbeiterstreiks in Baden-Württemberg durch ihre Organe beschließen lassen, daß Kurzarbeitergeld für indirekt betroffene Betriebe gezahlt wird. Ich darf Ihnen deshalb die Frage stellen, und zwar im Zusammenhang mit einer Antwort, die Sie vorhin gegeben haben, ob man z. B. den Ausgesperrten als einen ebenfalls Betroffenen steuerlich belasten kann, weil er von der Gewerkschaft Streikunterstützung erhält, während das bei demjenigen, der Kurzarbeiterunterstützung in Anspruch nimmt, nicht geschieht. Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Sie fragen mich damit nach einem für mich im Augenblick neuen Tatbestand. Ich werde die Sache prüfen und Ihnen dann eine schriftliche Antwort geben.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Ich rufe die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann ({0}) auf: Ist der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen mit der Angelegenheit des Steuerschuldners Bosse befaßt worden? Herr Staatssekretär! Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Abgeordneter Wittmann, die Frage bezieht sich auf die steuerlichen Verhältnisse eines einzelnen Steuerpflichtigen. Diese können, da sie unter dem Schutz des Steuergeheimnisses nach § 22 der Abgabenordnung stehen, nicht mitgeteilt werden. Die Bundesregierung sieht sich daher nicht in der Lage, sich zu der von Ihnen aufgeworfenen Frage zu äußern.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zusatzfrage.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß die Frage, ob die Bundesregierung eingeschaltet war, auch dem Steuergeheimnis unterliegt? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Jawohl, auch das unterliegt dem Steuergeheimnis. ({0}) - Dann liegen Sie leider schief. Es ist anerkannt, daß auch dieser Tatbestand dem Steuergeheimnis unterliegt.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Bewertungen können nicht in Form einer Zusatzfrage vorgenommen werden. Damit, Herr Staatssekretär, sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen beantwortet. Ich danke Ihnen. Ich rufe den Geschäftsbereich für Arbeit und Sozialordnung auf. Die Fragen 52 des Herrn Abgeordneten Walkhoff und die Fragen 53 und 54 der Frau Kollegin Funcke werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Berkhan zur Verfügung. Die erste Frage, die Frage 55, ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Kreutzmann eingebracht worden: Haben in den Lehrgängen für Soldaten zur Truppenoffizierausbildung bisher auch Lehrgangsteilnehmer mit Volksschulbildung die Qualifikation zum Truppenoffizier zuerkannt bekommen? Herr Staatssekretär! Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, Herr Kollege, ich wäre dankbar, wenn ich die beiden Fragen gemeinsam beantworten dürfte.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Der Herr Fragesteller ist einverstanden, Herr Staatssekretär. Ich rufe also noch die Frage 56 des Herrn Abgeordneten Dr. Kreutzmann auf: In welchem Verhältnis stehen diese Soldaten zu Soldaten mit Realschul- und Gymnasialausbildung? Bitte! Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Bei den von Ihnen, Herr Kollege Kreutzmann, angesprochenen Lehrgängen handelt es sich um die sogenannten militärischen Auswahllehrgänge, in denen die militärische Eignung der Unteroffiziere festgestellt wird, die sich um den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes beworben haben oder dafür vorgeschlagen worden sind. An diesen Lehrgängen haben in den Jahren 1970 und 1971 insgesamt 432 Unteroffiziere mit Volksschulabschluß teilgenommen. 124 von ihnen - das sind 29,2 % -haben den Lehrgang erfolgreich abgeschlossen und wurden dann als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes zugelassen. Die Gesamtzahl der Unteroffiziere, die in den Jahren 1970 und 1971 an den Auswahllehrgängen teilgenommen haben, betrug 1036. Davon hatten - die erste Zahl erwähnte ich bereits - 432 Volksschulabschluß, 578 Realschulabschluß und 26 das Abitur. Von den Unteroffizieren mit Realschulabschluß haben 221 - das sind 38,2 % - den Lehrgang bestanden. Bei den Abiturienten waren es neun; das sind 34,6 %.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kreutzmann.

Dr. Heinz Kreutzmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wird den unterschiedlichen Schulbildungen der Bewerber bei den Prüfungen Rechnung getragen und sind die Anforderungen danach eingestuft? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Dr. Kreutzmann, ich fühle mich überfragt und bin gern bereit, Ihnen einen Bericht zu schreiben, in dem ich Ihnen die Modalitäten dieser Prüfung näher mitteile.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.

Dr. Heinz Kreutzmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist es nicht möglich, den Soldaten in Zukunft bei solchen Prüfungen detaillierte Zeugnisse auszustellen, um ihnen für den Fall von Wiederholungen die Schwächepunkte zu zeigen? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Auch dieser Frage werde ich nachgehen und Ihnen eine schriftliche Antwort zukommen lassen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Keine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege? Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Dann rufe ich die Fragen 57 und 58 des Herrn Abgeordneten Dr. Häfele auf. - Der Fragesteller hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Die Frage 59 ist von dem Herrn Abgeordneten Kater gestellt: Trifft es zu, daß - z. B. vor kurzem in einem Bundeswehrsanitätsdepot im Kreis Wetzlar - Verbandsmaterial aus Bundeswehrbeständen nach jahrelanger Lagerung tonnenweise aussortiert und in Mülldeponien abgelagert wird? Herr Staatssekretär! Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, die Fragen 59, 60 und 61 stehen in einem inneren Zusammenhang. Ich würde sie gern gemeinsam beantworten.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Die Herren Fragesteller, habe ich festgestellt, sind einverstanden. Ich rufe also auch die Frage 60 des Herrn Abgeordneten Kater und die Frage 61 des Herrn Abgeordneten Lenzer auf: Sieht die Bundesregierung keine Möglichkeit, durch lange Lagerung unbrauchbar gewordenes Verbandsmaterial der Bundesweh: gemeinnützigen Einrichtungen wie z. B. dem Deutschen Roten Kreuz für Ausbildungszwecke zur Verfügung zu stellen? Welche Richtlinien bestehen beim Bundesminister der Verteidigung hinsichtlich der Verwendung von altem Verbandsmaterial aus Lagerbeständen der Bundeswehr ({0}) ? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Es trifft zu, daß im Sanitätsdepot Brandoberndorf bei Wetzlar Verbandsmaterial, und zwar ausschließlich Pflastermaterial, d. h. Wundschnellverbände, aussortiert und in einer Mülldeponie abgelagert worden ist. Zur näheren Erläuterung darf ich folgendes hinzufügen. Die Wundschnellverbände sind in den Jahren 1961 und 1962 beschafft worden. Bereits im Jahre 1968 hat das Bundesministerium der Verteidigung versucht, dieses Material zu veräußern. Nachdem diese Bemühungen scheiterten, wurden an das Deutsche Rote Kreuz, an den Johanniter-Orden und an den Arbeiter-Samariter-Bund größere Mengen dieses Verbandsmaterials unentgeltlich abgegeben. Der verbleibende Restposten wurde 1971 im Wehrpharmazeutischen Institut in München auf seine weitere Verwendungsfähigkeit untersucht. Ergebnis dieser Untersuchungen war, daß der Wundschnellverband nicht mehr verwendbar war, da bei einem eventuellen Gebrauch Hautreizungen auftreten würden. Damit war auch, Herr Kollege Kater, die Möglichkeit ausgeschlossen, dieses Verbandsmaterial gemeinnützigen Einrichtungen für Ausbildungszwecke zur Verfügung zu stellen. Das Material mußte vielmehr - damit komme ich zu Ihrer Frage, Herr Kollege Lenzer - auf Grund der Bestimmungen über das Aussondern und Verwerten von Material der Bundeswehr vernichtet werden. Auf Grund dieser Bestimmungen ist Material u. a. dann auszusondern, wenn es wegen seiner Beschaffenheit den vorgesehenen Verwendungszweck nicht erfüllt und dieser Verwendungszweck auch nicht wiederhergestellt werden kann. Die in dieser Vorschrift ebenfalls enthaltene Voraussetzung, vor der Vernichtung die Möglichkeit einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Abgabe an Stellen außerhalb der Bundeswehr zu prüfen, hat die Bundesregierung - das erwähnte ich bereits - beachtet. Abschließend darf ich darauf hinweisen, daß alle überschüssigen Sanitätsmaterialbestände der Bundeswehr bei Katastrophenfällen, bei Regierungsabkommen über Verteidigungshilfen und bei Fällen von humanitären Hilfeleistungen herangezogen werden.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kater.

Helmut Kater (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001071, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß es nicht zweckmäßig ist, unbrauchbar gewordenes Verbandsmaterial in Müllzerkleinerungsanlagen zu geben bzw. auf Müllkippen abzulagern, wie es im vorliegenden Fall im Kreis Wetzlar geschehen ist? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Kater, es ist für mich sehr schwer, mich über Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit zu äußern. Das im Sanitätsdepot Brandoberndorf aussortierte Verbandsmaterial sollte ursprünglich verbrannt werden. Hiervon wurde dann jedoch insbesondere wegen der Luftverschmutzung Abstand genommen. Nachdem die Müllzerkleinerungsanlage der Stadt Wetzlar den Wundschnellverband nicht vernichten konnte, wurde dem Sanitätsdepot durch die Stadt Wetzlar eine Mülldeponie zur Vernichtung durch Vergraben zugewiesen. Eine generelle Bestimmung über die Art der Vernichtung von Arzneimitteln kann wegen der unterschiedlichen Regelung über Abfallbeseitigung in den Ländern und den Kommunen vom Bundesministerium der Verteidigung nicht erlassen werden. Das Bundesministerium der Verteidigung hat aber Weisung erteilt, daß die Vernichtung von Arzneimitteln grundsätzlich in den Sanitätsdepots durchzuführen ist, soweit eine Vernichtung in den Einheiten und Einrichtungen des Sanitätsdienstes auf Grund der anfallenden Mengen nicht möglich ist.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Lenzer.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben davon gesprochen, daß im Jahre 1968 bereits versucht worden sei, dieses Material zu veräußern. Können Sie Angaben darüber machen, warum es zu dieser Veräußerung nicht gekommen ist? Könnte das beispielsweise am Preis gelegen haben? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich bin über den Preis im Moment nicht orientiert, Herr Kollege Lenzer. Aber ich habe etwas betont, zu welcher Zeit wir diese Schnellverbände beschafft haben. Die Mengen deuten darauf hin, daß ein Markt ein derartiges Volumen nicht aufnehmen konnte. Damals gab es in der Welt eine Krise, und die damalige Regierung Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan mußte Vorsorge treffen, daß im Ernstfall in ausreichender Menge Wundschnellverbände zur Verfügung stünden. Diese große Menge war auf dem Markt leider nicht abzusetzen. Ich will aber, Herr Kollege Lenzer, noch einmal prüfen lassen, ob es am Preis gelegen hat. Ich habe Sie jedoch darauf hingewiesen, daß wir an die Verbände, die sich mit der Betreuung von Verwundeten und Verletzten befassen, dieses Verbandsmaterial kostenlos abgegeben haben.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine weitere Zusatzfrage.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich darf noch zu einem anderen von Ihnen angesprochenen Sachverhalt eine Frage stellen. Sie würden also, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Pressemeldungen als widerlegt betrachten, die davon ausgehen, daß dieses Material noch verwendungsfähig war. Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Lenzer, ich muß mich darauf verlassen, daß die Ärzte und die Chemiker, die in unserem Institut arbeiten, mir sachgerechtes Material vorlegen. Ich kann hier nur wiederholen, daß das zuständige Institut der Bundeswehr festgestellt hat, daß diese Verbände ohne Gefährdung der Personen nicht zu verwenden waren. Ob diese Untersuchung stimmt oder nicht, entzieht sich meiner Bewertungsfähigkeit.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneter Sperling zu einer Zusatzfrage.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist die frühere Bundesregierung davon ausgegangen, daß dieses Material schneller verwendet werden würde? Und wird diese Bundesregierung dafür Sorge tragen, daß das Material, das angeschafft wird, unbegrenzt lange lagern kann, ohne Hautschäden zu verursachen? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Dr. Sperling, auf den zweiten Teil Ihrer Frage kann ich nicht antworten. Das hängt von der Herstellungstechnik und den Möglichkeiten der modernen Wissenschaft ab. Ich weiß nicht, wie lange Wundschnellverbände lagerungsfähig sind, wie lange man sie noch verwenden darf. Ich bin aber gern bereit, dieser Frage nachzugehen und Sie darüber zu informieren. Der erste Teil Ihrer Frage bezieht sich darauf, warum eine frühere Bundesregierung so viel Material beschafft hat. Ich weiß nicht, ob es gut ist, daß man in der Geschichte immer herumgräbt. Aber die Jahreszahl 1961/62 deutet Ihnen an, in welcher Situation sich die Welt damals befand. Jede Bundesregierung, wer auch immer den Kanzler stellt, wird die Pflicht haben, Vorsorge zu treffen, damit in ernsten Fällen ausreichend Material dieser Art zur Verfügung steht. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Würtz.

Peter Würtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002571, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, denkt das Verteidigungsministerium daran, künftig Verbandsmaterial vor Erreichen des Termins, an dem es unbrauchbar wird, etwas sinnvoller zu verwenden? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Würtz, es wäre übertrieben, wenn ich jetzt sagen würde: Wir denken pausenlos daran. Aber Sie können davon ausgehen, daß allein durch die modernen Methoden der Bestandsaufnahme und -verwaltung - z. B. durch elektronische Datenverarbeitung -sichergestellt ist, daß rechtzeitig darauf hingewiesen wird, wann irgendwelches Material, auch Sanitätsmaterial, verwendungsunfähig wird. Wir werden uns immer bemühen, es einem vernünftigen Zweck zuzuführen. Ich versuchte, den vorhergehenden Fragestellern klarzumachen, warum eine so große Menge vorhanden und warum sie nicht abzusetzen war. Im Grunde genommen bin ich dankbar, daß wir in der Bundesrepublik und auch außerhalb diese große Zahl von Wundschnellverbänden nicht haben gebrauchen können.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete Damm hat seine Fragen zurückgezogen. Herr Staatssekretär, damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär von Manger-Koenig zur Verfügung. Ich rufe die Frage 64 des Abgeordneten Josten auf: Treffen Meldungen aus Frankreich zu, wonach die Bundesregierung das ,,Deutsch-Französische Jugendwerk" nicht mehr wie in früheren Jahren unterstützen will?

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Herr Abgeordneter, derartige Meldungen sind der Bundesregierung nicht bekannt. Sie wären auch unzutreffend, weil die Bundesregierung den deutschen Beitrag zum Deutsch-Französischen Jugendwerk wie bisher und wie vertraglich vereinbart selbstverständlich weiter leisten wird.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine Zusatzfrage.

Johann Peter Josten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß das Ausbleiben einer Erhöhung des Haushalts beim Deutsch-Französischen Jugendwerk gegenüber den Leistungen der Bundesrepublik von 1964 bis einschließlich 1968, wo jährlich 20 Millionen DM zur Verfügung standen, den Eindruck erweckt, die Regierung wolle das Deutsch-Französische Jugendwerk nicht wie früher unterstützen?

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Herr Abgeordneter, ich teile diese Meinung nicht. Die Bundesregierung hat stets wissen lassen, daß sie bereit ist, diese wichtige Form einer internationalen nachbarschaftlichen Zusammenarbeit nach Kräften zu fördern. Ich muß Sie aber auf die Automatismen hinweisen, die sich bei der Finanzierung ergeben.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Eine letzte Zusatzfrage.

Johann Peter Josten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihren Ausführungen entnehmen, daß die Bundesregierung auch zukünftig dem Deutsch-Französischen Jugendwerk eine Priorität beim Jugendaustausch einräumen wird?

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Die Bundesregierung wird dem Deutsch-Französischen Jugendwerk als einer institutionalisierten Form der internationalen Jugendarbeit nach wie vor besondere Priorität zumessen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die geplanten Maßnahmen der amerikanischen Nahrungs- und Arzneimittelbehörde ({0}) zur Einschränkung des Hexachlorophenverbrauchs, und welche Gesichtspunkte sind dafür ausschlaggebend, den in den USA seit 1969 durchgeführten Tierversuchen, die die Gefährdung durch das in vielen kosmetischen und pharmazeutischen Produkten verwendete Hexachlorophen bestätigen, nicht angemessene Maßnahmen folgen zu lassen? Bitte, Herr Staatssekretär!

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Herr Präsident, die Frage wird auch von anderen Abgeordneten angesprochen. Ich darf deshalb die erste Frage etwas detaillierter -

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Kollege, ich sehe weder den Fragesteller Herrn Dr. Gruhl noch Frau Dr. Henze noch Herrn Härzschel. Ich kann hier nur die Frage des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein aufrufen.

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Herr Abgeordneter, der Bundesregierung sind die Maßnahmen der amerikanischen Food and Drug Administration zur Einschränkung des Hexachlorophenverbrauchs bekannt. Hexachlorophen wird seit 1942 in pharmazeutischen und kosmetischen Erzeugnissen als Antiseptikum verwendet. Nach vorliegenden Berichten sind bisher 107 000 klinische Beobachtungen über die Anwendung eines 3 %igen Präparates bei Säuglingen durchgeführt worden. Dabei wurden lediglich in elf Fällen Hautreizungen festgestellt. Die von Ihnen angesprochenen Versuche von 1969 haben zunächst auch in Amerika nicht zu behördlichen Maßnahmen geführt, weil weitere eingehende toxikologische Untersuchungen für erforderlich gehalten wurden. Weitere im August 1971 veröffentlichte Ergebnisse über Tierversuche führten zu den Maßnahmen der FDA vom S. Dezember 1971. Danach dürfen Arzneimittel, die 3 °/o oder mehr Hexachlorophen enthalten und zur Säuglingswaschung empfohlen werden, nur weiter im Verkehr bleiben, wenn auf den Packungen vorgeschriebene Warnhinweise aufgedruckt sind. Nun zu unserer Situation. Nach Rücksprache mit dem Bundesgesundheitsamt hat die Firma Winthrop, Frankfurt, die ein Präparat mit 3 % Hexachlorophen zur Säuglingswaschung in der Bundesrepublik in den Verkehr bringt, in einem Rundschreiben vom 22. Dezember 1971 die Ärzte über die bekanntgewordenen Untersuchungsergebnisse unterrichtet und gebeten, Laien prophylaktische Vollbäder mit ihrem Präparat nicht mehr zu empfehlen, da die sachgerechte Anwendung nicht mehr gewährleistet werden könne. Am 6. Januar 1972 hat die FDA ein weitergehendes Aktionsprogramm verkündet, das sich nunmehr auch speziell mit kosmetischen Erzeugnissen befaßt. Sie hat allerdings in diesem Zusammenhang ausdrücklich erklärt, sie habe keine Anhaltspunkte dafür, daß Hexachiorophen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Schädigungen der menschlichen Gesundheit bewirke. Gegen die vorgesehenen Maßnahmen kann die betroffene Wirtschaft in den USA innerhalb von 60 Tagen Einwendungen erheben. Wir mir bekanntgeworden ist, soll dies geschehen. Es wird dann erst noch eine Anhörung von Sachverständigen erfolgen. Das Gespräch ist also dort noch im Gang. Das Bundesgesundheitsamt hatte sich schon früher mit der Frage der Toxizität von Hexachlorophen befaßt. Es hat dieses Problem bereits im Juli 1971 bei den Beratungen einer Kosmetik-Richtlinie in Brüssel zur Diskussion gestellt und Festsetzungen von Grenzkonzentrationen gefordert. Außerdem wurde die Frage der Toxizität dieses Stoffes auf die Tagesordnung der Sitzung der beim Bundesgesundheitsamt bestehenden Kosmetik-Kommission am 9. und 10. Februar 1972, also nächste Woche, gesetzt. Nach Bekanntwerden der amerikanischen Maßnahmen hat sich der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit die in den USA vorliegenden wissenschaftlichen Unterlagen unverzüglich beschafft. Die ebenfalls in der nächsten Woche tagende Arbeitsgruppe „Arzneimittelsicherheit" wird sich daraufhin mit der Frage der Verwendung von Hexachlorophen in Arzneimitteln befassen. Dabei wird geprüft werden, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen bei Arzneimitteln erforderlich sind. Herr Abgeordneter, auf Grund der Ergebnisse dieser Sitzungen wird über die weitere Verwendung von Hexachiorophen in kosmetischen Erzeugnissen und Arzneimitteln entschieden werden. Ich darf noch darauf hinweisen, daß diese Fragen in mehreren europäischen Parlamenten gestellt worden sind und alle Regierungen sich auf Grund der recht geringen Ergebnisse aus den USA noch nicht zu weitergehenden Maßnahmen haben entschließen können.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zusatzfrage.

Botho Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001928, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, die Meldungen, daß bei Kleinkindern und Babys immerhin die Hälfte der Konzentration der Werte, die bei Ratten Gehirnschädigungen verursacht haben, erreicht wurde, sollte doch zumindest Anlaß sein, einmal diese Untersuchungsergebnisse im Hinblick auf die Schädigungen bei Kleinkindern zu überprüfen.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Ergebnisse bei Ratten sind bei Verfütterung dieses Stoffes entstanden, während es sich bei der Säuglingsanwendung ja um den Zusatz zu Bädern handelt, also eine starke Verdünnung mit in Rechnung gestellt werden muß. Gleichwohl gilt selbstverständlich jede dieser Untersuchungen als ein Indiz für die Notwendigkeit weiterer kritischer Überprüfung in Forschungsvorhaben.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Zusatzfrage.

Botho Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001928, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß das Bundesgesundheitsamt die Meldungen und die neuesten Untersuchungen, insbesondere der Food and Drug Administration, zum Anlaß nehmen wird, erneut in die Prüfung des Sachverhalts einzutreten und gegebenenfalls eigene wissenschaftliche Untersuchungen einzuleiten, um die genannten Ergebnisse zu überprüfen?

Not found (Staatssekretär:in)

Wir haben vor drei Tagen ein voluminöses Paket von Berichten über weitere wissenschaftliche Untersuchungen auf den Tisch bekommen. Wir sind dabei, sie zu überprüfen. Das wird nicht nur im Bundesgesundheitsamt erfolgen, sondern auch durch weitere wissenschaftliche Institute, die dafür kompetent sind. Wir werden dann unsere Entscheidungen zügig zu treffen haben.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Keine weiteren Zusatzfragen. Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der Fragestunde. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Mittwoch, den 23. Februar 1972, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.