Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 10/19/2016

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Allen einen wunderschönen guten Tag! Ich freue mich, dass Sie da sind . Die Sitzung ist eröffnet . Zunächst noch einige amtliche Mitteilungen . Interfraktionell ist vereinbart worden, die Unterrichtung der Bundesregierung über die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung auf der Drucksache 18/9834 zu dem bereits überwiesenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften an den federführenden Innenausschuss sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den Haushaltsausschuss und den Verteidigungsausschuss zu überweisen . Sind Sie mit diesem Vorschlag einverstanden? - Ich sehe, das ist der Fall . Dann ist so beschlossen . Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: 6. Bericht „Bildung in Deutschland 2016“. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Dr . Johanna Wanka . Bitte schön .

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Vielen Dank . - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alle kennen PISA, TIMSS und die anderen internationalen Leistungsvergleiche, die Antworten geben auf die Frage: Wie ist das Bildungssystem in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern? Diese Vergleiche sind manchmal nicht einfach zu lesen . Die Bedingungen in Deutschland sind in einigen Bildungsbereichen ganz anders als beispielsweise in Frankreich oder Spanien . Deswegen haben wir - „wir“ heißt: die Kultusministerkonferenz und die Bildungsministerin - 2006 beschlossen: Wir machen eine eigene statistische Erhebung . Das heißt, alle zwei Jahre gibt es einen Bericht: Wie steht es um die Bildung in Deutschland? Wie viele Kinder gehen in den Kindergarten? Wie ist der Leistungsstand etc .? Damit haben wir eine ausführliche Darlegung des Bildungsstandes in Deutschland und bekommen eine Längsschnittstudie . Wir wissen jetzt nicht nur, wie hoch die entsprechenden Zahlen sind, sondern wir können einen Vergleich zu der Situation vor zwei, vor vier Jahren anstellen . Wir haben uns dann in der Kultusministerkonferenz mit dem Bund über die Indikatoren verständigt . Das ist die Basis dieses Berichts . Dadurch, dass er eine Längsschnittstudie ist, kann man zum Beispiel ablesen, wie viele Kinder mit sozialpädagogischem Sonderbedarf inklusiv beschult werden . Man kann weiterhin ablesen, wie es mit der Weiterbildung vor fünf Jahren, vor sieben Jahren gewesen ist . Man kann jetzt erkennen, dass wir eine Weiterbildungsbeteiligung von 51 Prozent haben . Die Bundesregierung hatte sich mal 50 Prozent vorgenommen . Jetzt sind es 51 Prozent . Man sieht, wie die Kompetenzzuwächse in den einzelnen Fächern sind . Man erkennt die Zahl der Schüler, die einen Schulabschluss schaffen oder nicht schaffen . Es ist die wesentliche Stärke des Bildungsberichtes, dass man dort zu einzelnen Fragen sehr ausführliche Antworten finden kann. Zusammenfassend kann man sagen, dass Bildungsstand und Bildungsbeteiligung über einen längeren Zeitraum kontinuierlich gewachsen sind, sich positiv entwickelt haben, dass aber der nationale Bildungsbericht auf Problemfelder aufmerksam macht, die wir noch in Deutschland haben . Ein Punkt, über den wir hier öfter gesprochen haben, ist der bestehende Zusammenhang zwischen dem Bildungsstand und dem sozioökonomischen Status des Elternhauses und dem Bildungserfolg des Einzelnen . Auch dort kann man sehen, dass sich die Dinge positiv entwickeln . Wir haben in den Jahren seit dem ersten PISA-Bericht gerade einen Leistungszuwachs - wenn ich das Fach Mathematik nehme, aber auch in anderen Fächern - bei den schwächeren Schülern, die oft aus solchen Elternhäusern kommen, zu verzeichnen . Wir stellen eine Differenzierung des Bildungsumfeldes und der Ergebnisse nach Regionen fest, die in dieser Intensität neu ist . Wir haben zum Beispiel die Entwicklung - dies besagt der nationale Bildungsbericht -, dass es mittlerweile 163 Gemeinden gibt, in denen es keinerlei staatliche Beschulung im Sekundarschulbereich mehr gibt . Es gibt also Bereiche, zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern, in denen es nur noch private Schulangebote gibt . Das sind Dinge, über die wir natürlich nachdenken müssen . Entsprechende Entwicklungen kann nur ein solcher Bericht in umfassender Weise zum Ausdruck bringen . Der Bildungsbericht umfasst Indikatoren, die alle zwei Jahre gemessen werden . So kann man die Zahlen vergleichen . Und im Bildungsbericht gibt es immer ein Sonderkapitel . Da nehmen wir Millionen in die Hand und beauftragen eine Forschergruppe, sich ein Bild der Lage in Deutschland mit Blick auf ein bestimmtes Thema zu verschaffen . Das Thema war zum Beispiel einmal die kulturelle Bildung im Lebenslauf . Beim allerersten Bildungsbericht von 2006 hatten wir als Sonderthema „Migration und Bildung“ . Wir haben uns überlegt, nach zehn Jahren dieses Thema noch einmal aufzurufen . So sehen wir im Vergleich noch besser, wie sich die Situation entwickelt hat . Man kann sagen, dass der Bildungsbericht an dieser Stelle deutlich zeigt, dass Verbesserungen möglich sind und auch erreicht wurden, es aber eines längeren Atems bedarf . Wir sehen dort zum Beispiel den Fakt - er wird viele überraschen -, dass von den drei- bis unter sechsjährigen Kindern mit Migrationshintergrund 90 Prozent in Kindereinrichtungen sind und sich auch bei den unter Dreijährigen die Zahl derer, die in Kindereinrichtungen sind, in den letzten Jahren fast verdoppelt hat . Wir hatten noch vor drei oder fünf Jahren die Situation, dass gut 30 Prozent derjenigen mit Migrationshintergrund und 56 Prozent derjenigen ohne Migrationshintergrund einen mittleren Bildungsabschluss erreichten . Jetzt sind die Zahlen für beide Gruppen gleich; sie liegt in beiden Fällen bei 56 Prozent . Bei den höheren Bildungsabschlüssen - Gymnasium, Fachhochschulreife - ist der Anteil derjenigen mit Migrationshintergrund immer noch wesentlich geringer . Allerdings ist auch eine These durch diesen Bericht belegt: Der sozioökonomische Hintergrund ist ganz entscheidend . Man hat nicht nur verglichen, wie viele deutsche Schüler und wie viele Schüler mit Migrationshintergrund in einer Schulform sind, sondern man hat auch geschaut, wie hoch der Anteil derjenigen ist, die einen ähnlichen sozioökonomischen Hintergrund haben . Ihr Anteil ist in den einzelnen Bildungsstufen jeweils gleich hoch . Der Bericht umfasst also sehr interessante, differenzierte Schlussfolgerungen und auch eine Bewertung dazu, was wir mit unseren Maßnahmen bewirkt haben, wo wir Verbesserungen erreicht haben und wo wir noch handeln müssen . Ich glaube, gerade beim Thema „Bildung und Migration“ ist der Bericht angesichts der Problematik, jetzt die vielen jungen Flüchtlinge zu integrieren, für uns sehr anregend und nützlich . Man kann dort auf Erfahrungen mit KAUSA-Beratungsstellen und anderes zurückgreifen . Insofern ist dieser nationale Bildungsbericht aus meiner Sicht eine Ermutigung. Wir empfinden ihn als Zustimmung zu dem, was wir in Deutschland - „wir“ umfasst natürlich in starkem Maße die Länder - im Schulbereich tun, aber eben auch als Hinweis auf Schwachstellen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank, Frau Ministerin . - Mir liegt eine Reihe von Wortmeldungen vor . Ich mache darauf aufmerksam, dass wir uns darauf verständigt haben, dass wir für die Fragen und für die Antworten, Frau Ministerin, jeweils maximal eine Minute haben . Die Sekundenanzeige läuft rückwärts . Das kann man also mitverfolgen . Ich bitte Sie, zunächst einmal die Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, den die Frau Ministerin gerade angesprochen hat . Ich habe hier als Ersten den Kollegen Dr . Thomas Feist auf der Liste .

Dr. Thomas Feist (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004032, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Ministerin, für den Bericht . - Sie haben es angesprochen: Wir müssen gerade bei denjenigen mit Migrationshintergrund, aber auch bei denen, die jetzt zu uns gekommen sind, noch mehr tun . Sie haben auch darauf hingewiesen, dass die Anzahl der KAUSA-Beratungsstellen erheblich erhöht worden ist; auch in Leipzig haben wir jetzt eine . Das ist eine sehr schöne Sache . Ich möchte eine kurze Frage zum Übergangssystem stellen . Wir verzeichnen im Übergangssystem sinkende Schülerzahlen . Meine Fraktion ist davon überzeugt, dass das Übergangssystem nur ein Notbehelf sein kann, weil dafür eine eigene Welt geschaffen wird, die nicht immer direkt mit der Realität verknüpft ist . Das heißt, wir wollen mehr betriebsnahe Ausbildungsgänge und auch Verknüpfungen zwischen den Strukturen des bisherigen Übergangssystems und den Unternehmen . Was kann die Bundesregierung, was können Sie tun, um die Zahl derer, die im Übergangssystem landen - es sind immer noch zu viele -, weiter zu senken?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Es gab Zeiten, in denen sich über 400 000 Jugendliche im Übergangssystem befunden haben, jetzt ist die Zahl wesentlich geringer . Sie haben recht: Es sind immer noch zu viele . Aber wir werden auch in Zukunft ein Übergangssystem für diejenigen brauchen, die die Schule verlassen und nicht ausbildungsreif sind; denn diese Jugendlichen müssen wir besonders fördern . Unser Haus gibt für die Verringerung des Übergangssystems, für Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und zum Nachholen von Abschlüssen beträchtliche Millionenbeträge aus . Wir werden das vielleicht auch noch in stärkerem Maße tun, weil wir nicht wollen, dass sich durch die Flüchtlingszahlen die Zahl der Menschen im Übergangssystem wieder erhöht . Wir haben das im Blick . Aber aus meiner Sicht wird in Deutschland immer ein Übergangssystem benötigt werden, um denjenigen zu helfen, die Unterstützung nötig haben . Das soll praxisnah und berufsnah erfolgen . Das ist der richtige Weg; da bin ich ganz Ihrer Meinung .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön . - Jetzt hat der Kollege Uwe Schummer das Wort .

Uwe Schummer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003631, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Ministerin, es ist eine gute Nachricht, dass wir das Ziel einer Weiterbildungsquote von über 50 Prozent dieses Ziel haben wir uns in der letzten Großen Koalition gemeinsam gesteckt - erreicht haben . Die von Ihnen genannten 51 Prozent dokumentieren diesen Erfolg . Meine Frage lautet: Welchen Beitrag haben die Weiterbildungsprämie und die damit verbundenen Bildungsberatungsstellen, die geschaffen wurden, in Bezug auf diese Entwicklung geleistet? Gibt es noch weitere Angebote wie „Lernen im Lebenslauf“, um gemeinsam mit den Ländern und der Wirtschaft Initiativen im Weiterbildungsbereich zu fördern?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Wir haben kürzlich den 25 . Jahrestag des Weiterbildungsstipendiums gefeiert . Das ist ein entscheidendes Instrument . Viele derer, die es in Anspruch genommen haben, sagen, dass sie ohne dieses Programm die Weiterbildung nicht absolviert hätten . Es gibt zum Beispiel das Instrument der Bildungsprämie, die wir allerdings noch attraktiver gestalten wollen; denn wir haben gesehen, dass wir mit der Bildungsprämie genau diejenigen erreichen, die wir auch erreichen wollen, nämlich jene in den unteren Bildungskategorien . Zu der Weiterbildungsquote von 51 Prozent . Man muss sagen, dass die betriebliche Weiterbildung in starkem Maße zu diesem Erfolg beigetragen hat . Deswegen ist es unsere Intention, diese Entwicklung über die Weiterbildungsberatungsstellen, über Industrie 4 .0, über betriebliche Weiterbildung und über digitale Formen der Weiterbildung zu stärken . Wir müssen auch registrieren, dass Menschen mit Migrationshintergrund die allgemeinen Weiterbildungsangebote in demselben Maße wahrnehmen . Aber bei der betrieblichen Weiterbildung gibt es noch ein Leck . Deswegen müssen wir uns überlegen: Wie können wir bei KAUSA oder anderen Maßnahmen nicht nur für die Erstausbildung, sondern auch gezielt für die Weiterbildung werben?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön . - Jetzt hat der Kollege Karamba Diaby das Wort und danach der Kollege Ernst Dieter Rossmann . ({0})

Dr. Karamba Diaby (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004259, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es geht nach der Reihenfolge . - Frau Ministerin, Sie haben häufig als Stichwort die sozioökonomischen Bedingungen genannt . Deshalb meine Frage: Welche Chancen sieht die Bundesregierung in Bezug auf die Sanierung und Ausstattung der Schulen in finanzschwachen Kommunen? Denn der Zusammenhang ist bekannt: Der Bildungserfolg hängt von sozioökonomischen Faktoren ab, also von der sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler und auch von sozialen Risikofaktoren . Welche Maßnahmen, um diesen Zusammenhang nachhaltig aufzubrechen, sind von der Bundesregierung ganz konkret vorgesehen?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Was den sozioökonomischen Hintergrund anbetrifft und die Frage, wie man Schülerinnen und Schüler mit entsprechendem Hintergrund erreichen kann: Das ist in sehr starkem Maße eine Frage des pädagogischen Konzeptes . Ich glaube, wir haben uns innerhalb der Bundesregierung viel Gutes überlegt, aber nicht immer wird die Zielgruppe wirklich erreicht . Bei „Kultur macht stark“ ist das zum Beispiel gelungen . Die Evaluation dieser Maßnahme zeigt deutlich: Wir erreichen genau die Kinder und Jugendlichen, die wir erreichen wollten, und wir bieten ihnen etwas, was für ihr ganzes Leben wichtig ist . Die Auswertung der Initiative Bildungsketten, die wir gemeinsam mit der Arbeitsministerin auf ganz Deutschland ausgeweitet haben, zeigt, dass wir damit besonders die Kinder und Jugendlichen erreichen, die es nicht so einfach im Leben haben, weil sie einen schwierigen Hintergrund haben . Es geht aber nicht nur um die Ausstattung, sondern vor allen Dingen auch um das pädagogische Konzept . In Bezug auf die Ausstattung im Bildungsbereich haben wir die Situation, dass bereits jetzt finanzschwache Kommunen mit 3,5 Milliarden Euro unterstützt werden . Sie dürfen Maßnahmen zur energetischen Sanierung vornehmen . In den Bund-Länder-Verhandlungen am Freitag wurde gesagt: Das werden wir auch auf weitere finanzschwache Kommunen ausdehnen . - Es gibt hier vielleicht nicht immer eine Korrelation zu sozioökonomisch schwach aufgestellten Familien, aber einen gewissen Zusammenhang gibt es doch; denn dort leben besonders viele Familien, die ein entsprechendes Angebot brauchen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Herr Kollege Rossmann .

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, die Autoren des nationalen Bildungsberichts sagen - das zeigt sich auch in der Stellungnahme der Bundesregierung -, dass wir mit Blick auf den Zusammenhang zwischen sozialem Herkommen und Bildungserfolg noch nicht so weit sind, wie wir sein wollen . Was sind die Schlüsselprojekte der Bundesregierung im frühkindlichen und schulischen Bereich, mit denen sie diesen Zusammenhang aufbrechen will, damit es mehr Bildungsaufstieg und eine stärkere Entkopplung der Bildungschancen von dem sozialen Herkommen gibt? Bitte nennen Sie ein, zwei Schlüsselprojekte, an denen Sie arbeiten .

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Vielleicht eine Bemerkung zum Zusammenhang: In einem Bundesland können wir hinsichtlich des Leistungsstandes der Kinder in der vierten Klasse, also im Grundschulbereich, mittlerweile eine Entkopplung verzeichnen . In einem Bundesland werden allen Kindern, unabhängig vom Elternhaus, die gleichen Chancen geboten - jedenfalls besagen die Ergebnisse das -, und zwar in Sachsen. Ich finde es sehr gut, dass sich die Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen in unserem föderalen System jetzt mit der Frage beschäftigen, wie man das flächendeckend hinbekommen kann. Der Bund kann hierbei nur unterstützend wirken, durch Maßnahmen im ökonomischen Bereich, durch Maßnahmen im Bereich Arbeitssicherung und anderes . Ein Schlüsselprojekt ist „Kultur macht stark“, weil wir wissen, dass das wirkt . Mit diesem Projekt wird etwas erreicht, was ansonsten überhaupt nicht funktioniert . Ein Schlüsselprojekt ist auch das Projekt „Haus der kleinen Forscher“, über das Kinder in den ersten Lebensjahren gefördert werden . Wichtig ist auch die Forschung dazu . Zum Beispiel im Bereich Sprachförderung werden in allen Bundesländern Projekte durchgeführt, die aber keine besonderen Effekte haben . Deswegen ist die begleitende Forschung, insbesondere zum Thema Inklusion, also zum Umgang mit Heterogenität, wichtig . An dieser Stelle kann ich auch unsere „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ nennen . Es ist wichtig, wie die Lehrer in den Schulen mit Heterogenität umgehen, wie sie mit Kindern aus ganz unterschiedlichen Familien umgehen . Ich glaube, es ist wichtig, das zu erforschen . Wir haben dazu schon ganz viele Projekte, die wir im Rahmen der Qualitätsoffensive durchführen . Und es gibt die klare Vereinbarung, dass man, wenn ein solches Projekt gut läuft - das kann zum Beispiel ein bestimmtes Vorgehen im Chemieunterricht sein -, dieses Projekt deutschlandweit ausrollt, damit andere Lehrerbildungsinstitutionen davon profitieren können und dieses Projekt übernehmen können . Das ist nicht nur ein Versprechen, sondern eine Verpflichtung derer, die ein solches Projekt erfolgreich realisieren . Es kann aber auch Projekte geben, die nicht so erfolgreich sind . - Das sind einige Schlüsselbereiche, in denen wir uns bemühen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt der Kollege Kai Gehring und dann Özcan Mutlu . - Ich darf die Ministerin noch einmal daran erinnern, die Redezeit von einer Minute einzuhalten .

Kai Gehring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003756, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin, dass Sie es jetzt auch der Opposition gestatten, Fragen zu stellen nach vier Regierungsfraktionären . ({0}) Frau Ministerin, der Bildungsbericht macht überdeutlich, dass es massive regionale Unterschiede und regionale Ungerechtigkeiten gibt . Das gilt für Kita-, Schulund Ausbildungsangebote in der Republik . Also nicht nur die soziale Herkunft, sondern auch die Postleitzahl des Wohnortes entscheidet über die Chancen von Kindern und Jugendlichen in dieser Republik . Es darf einfach keine abgehängten Gegenden und keine abgehängten Stadtteile in Deutschland geben, in denen die Kinder und Jugendlichen schlechtere Chancen haben als anderswo . Ich glaube, dieser Bildungsbericht zeigt: Da muss mehr passieren . Deshalb frage ich Sie: Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung jetzt einleiten bzw . neu ergreifen, um diesem verschärften Strukturproblem der massiven regionalen Disparitäten entgegenzuwirken? Seit der Einigung am Freitag haben Sie diesbezüglich ja neue Möglichkeiten .

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Völlig unabhängig von neuen Möglichkeiten, die Sie am Horizont sehen, möchte ich erst einmal richtigstellen: Die regionalen Disparitäten sind zum Teil sehr unterschiedlich . Hinsichtlich des Mangels an Auszubildenden zum Beispiel sieht es in Deutschland regional ganz unterschiedlich aus . Diesen Mangel haben wir zum Teil in ländlichen Bereichen, wo junge Leute fehlen; aber auch in Bereichen Bayerns, in denen eine ganz hohe Arbeitsproduktivität vorliegt und wo viele in Beschäftigung sind, ist ein Bedarf vorhanden . Das ist also nicht immer der gleiche Mangel . ({0}) Für den Mangel gibt es manchmal entgegengesetzte Ursachen . Herr Gehring, für den Kitaausbau in der Bundesrepublik Deutschland haben wir - ich sage es noch einmal - in der vorletzten Runde 450 Millionen Euro zur Verfügung gestellt . Gerade die Kommunen im ländlichen Bereich, in denen ein Mangel herrscht, sind jetzt am Zug . Bei dem Projekt zum Breitbandausbau, für das Herr Dobrindt zuständig ist, haben wir dafür gesorgt, dass dieses Projekt insbesondere von Schulen genutzt werden kann . ({1}) Ich glaube, der Breitbandausbau ist gerade in ländlichen Bereichen eine Notwendigkeit . Die Förderung des ländlichen Bereichs, um eine Kategorie herauszugreifen, die wir seitens des Bundes betreiben, hat auch die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland zum Ziel .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Özcan Mutlu .

Özcan Mutlu (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004360, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Ministerin, danke für die einleitenden Worte . Ich muss ein bisschen Wasser in den Wein gießen . Sicherlich ist zu beobachten, dass wir uns als eines der reichsten Länder der Welt seit dem PISA-Schock 2001 immerhin ist es 15 Jahre her - zum Positiven entwickeln . Das ist aber für mich keine große Erfolgsmeldung . Wenn man sich diesen Bericht anschaut, sieht man: Nach wie vor sind soziale Disparitäten vorhanden . Nach wie vor entscheidet die soziale Herkunft und im Extremfall, wie auch dieser Bericht zeigt, die ethnische Herkunft über den Bildungserfolg . Sie haben vorhin in diesem Zusammenhang einige Punkte aufgezählt . Ich möchte konkret von Ihnen wissen: Eines der Ziele des Bildungsgipfels 2008 war es, die Ausbildungsbeteiligung, vor allem auch der Abgehängten, der Risikogruppen, zu erhöhen . Wenn man sich die Zahlen hier genau anschaut, sieht man: Zwischen 2013 und 2014 ist der Anteil der ausländischen Schülerinnen und Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen haben, von 10,7 Prozent auf 11,9 Prozent gestiegen . Das ist also genau das Gegenteil von dem, was man versprochen hat . Daher meine Frage: Was tun Sie konkret, um diese Gruppe der Risikoschülerinnen und -schüler zu Erfolgen zu führen?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Wir haben die Zahl derer, die in der Bundesrepublik Deutschland die Schule ohne Abschluss verlassen, reduzieren können, und zwar von 8 Prozent auf 5,8 Prozent . ({0}) Auch bei den Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund gibt es über die Jahre einen solchen Rückgang . Sie haben jetzt nur eine Jahresscheibe betrachtet; dazu kann ich jetzt nichts sagen. Die demografische Entwicklung ist so, dass wir eigentlich eine viel geringere Ausbildungsbeteiligung haben sollten . Das heißt, es sind weniger junge Leute geworden . Die Ausbildungsbeteiligung ist aber gegen diesen Trend gewachsen, Herr Mutlu .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Jetzt hat die Kollegin Dr . Rosemarie Hein und dann die Kollegin Hupach das Wort .

Dr. Rosemarie Hein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004053, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin, vielen Dank . - Frau Ministerin, die Bundesregierung und auch die Koalition betonen immer wieder, dass es wichtig ist, die Durchlässigkeit im Bildungssystem zu befördern . Auch im Bericht steht, dass es ganz unterschiedliche Wege zum Abitur, ganz unterschiedliche Wege in den Beruf gibt, dass es dazwischen auch sehr viel Bewegung gibt und Bildungsbiografien eben nicht mehr so verlaufen wie noch vor 20, 30 Jahren . Der Bericht zeigt sowohl Probleme als auch Möglichkeiten auf, wie man künftig damit umgehen möchte und umgehen könnte . Ich möchte Sie gerne fragen, was die Bundesregierung tun möchte und tun kann, diese Durchlässigkeit, und zwar in unterschiedliche Richtungen und nicht nur in eine, zu befördern, und welche Anstrengungen Sie künftig unternehmen wollen, um Fördersysteme, die es ja gibt, auskömmlich und auch so zu gestalten, dass sie untereinander kompatibel sind .

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Ich glaube, die Frage der Durchlässigkeit kann man nicht mit Förderprogrammen beantworten . Hier muss flächendeckend etwas unternommen werden, Frau Hein. Die Frage wird auch vonseiten der Bundesregierung angegangen . Ich denke zum Beispiel an die Schnittstelle zwischen Schule und Hochschule; das ist ja so ein Punkt . Da haben wir in Deutschland - Bildungsgipfel 2008, Beschluss aller Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin - entschieden, dass entgegen dem, was wir immer hatten, nicht mehr das Abitur die allgemeine Hochschulzugangsberechtigung ist, sondern dass in Deutschland das Studieren mit beruflicher Qualifikation möglich ist. Daraufhin sind alle Ländergesetze geändert worden, zuallererst in Brandenburg . Der Bund flankiert und unterstützt das mit dem großen Programm „Offene Hochschulen“ . Denn die Hochschulen wissen bisher nicht, wie man damit umgeht, wenn jemand berufliche Erfahrung hat, also mehr praktische Erfahrung, aber ihm Theorie fehlt . Das Programm „Offene Hochschulen“ ist einer der ganz wesentlichen Impulse in diesem Bereich . Wir wollen erreichen, dass diese Möglichkeit, die zwar rechtlich geregelt ist, aber noch nicht allen bekannt ist - dies wird noch Jahre dauern -, genutzt wird und dass die Hochschulen entsprechende Erfahrungen sammeln . Auf der anderen Seite gab es im vorletzten Jahr von meiner Seite die Initiative, die hohen Abbrecherquoten bei den Studierenden zu verringern . Trotzdem gibt es gerade in den naturwissenschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen Fächern viele, die abbrechen . Deswegen war die Initiative von unserer Seite ein Wettbewerb: Wie kann man erreichen, dass diese pfiffigen jungen Leute, die das Abitur geschafft haben und einige Semester studiert haben, wahrgenommen werden und dass sie eine Chance haben in der dualen Ausbildung? Dazu haben wir in fast jedem Bundesland Modellprojekte . - Ich weiß, Frau Schmidt, die Zeit .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Es ist so, dass alle, die eine Frage haben, noch drankommen sollen . Da ist es gut, wenn sich jeder an die Zeit hält . - Jetzt hat die Kollegin Hupach das Wort .

Sigrid Hupach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004309, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Ministerin Wanka, es ist sicherlich positiv, dass der Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren so schnell vorangekommen ist, dass die Anzahl der Plätze von 2013 bis 2015 auf circa 100 000 gewachsen ist . Das ist sicherlich positiv . Aber es ist auch erkennbar, dass die Disparitäten in diesem Betreuungsbereich praktisch nicht abbaubar waren . Der Bedarf an Kitaplätzen wird aufgrund von Geburtensteigerung, was sehr positiv ist, und Zuwanderung steigen . Der nächste Schritt sollte doch sein, die Qualität zu sichern . Ich frage Sie: Warum sperrt sich die Bundesregierung weiterhin dagegen, ein Kitaqualitätsgesetz auf den Weg zu bringen, um Qualität zu sichern? Es ist noch lange nicht selbstverständlich, dass in jeder Kita Bildungspläne implementiert sind . Vielleicht können Sie dazu etwas sagen . Vielen Dank .

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Sie haben völlig recht, dass die Nutzung der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren enorm zugenommen hat . Zum Beispiel hat sich der Anteil bei denen mit Migrationshintergrund seit 2009 von 11 auf 20 Prozent fast verdoppelt . Bei den Deutschen hat sich der Anteil noch stärker erhöht . Fast 38 Prozent der unter Dreijährigen sind heute in den Kindereinrichtungen . Der Bund hat jetzt noch einmal Geld in Millionenhöhe, 100 Millionen Euro, zur Verfügung gestellt . Wir warten nun darauf, dass es von den Gemeinden abgerufen wird, um die Angebote auszubauen . Was die Qualitätssicherung angeht, denkt die Familienministerin zusammen mit den Ländern über Standards und darüber nach, wie man die Qualität in den Kindereinrichtungen erhöhen kann, ohne dass der Bund der Oberlehrer ist; denn diese Funktion hat er an dieser Stelle nicht .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke . - Jetzt hat die Kollegin Beate WalterRosenheimer das Wort .

Beate Walter-Rosenheimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004221, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Ministerin Wanka, die Autorengruppe hat durchaus zu Recht darauf hingewiesen, dass Deutschland seine Bildungsinstitutionen für die Einwanderungsgesellschaft schon längst hätte fit machen müssen. Mittlerweile ist es unaufschiebbar. Ich würde gerne von Ihnen konkret hören, was Sie gerade im Bereich der beruflichen Bildung gedenken zu tun, ob Sie zum Beispiel auch planen - es wird ja mehr als digitale Modernisierung benötigt -, im Bereich Sprachförderung richtig etwas draufzulegen, was ausbildungsbegleitend sehr sinnvoll wäre .

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Sprachförderung gerade für die jungen Flüchtlinge diese betrifft es ja besonders -, die im letzten Jahr gekommen sind, leisten wir vonseiten der Bundesregierung in Millionenhöhe . Das ist aber nicht in meinem Ressort, sondern im Arbeitsministerium, im Innenministerium verankert . Es handelt sich um eine breitgefächerte Sprachbildung . Wir finanzieren in unserem Programm, in dem es um die 10 000 Plätze im Handwerk geht, Sprachförderung mit Blick auf die berufliche Bildung durch individuelle Begleitung, durch Coaching . Wir haben im letzten Jahr sehr schnell gehandelt, damit wir über Apps und anderes die jungen Leute, die zu uns geflüchtet sind, in den Stand versetzen, passend zu den Kursen, die sie besuchen sollen, sich selber weiterzubilden . Darüber hinaus wollen wir mit dem Geld, das wir für die jungen Flüchtlinge zusätzlich zur Verfügung stellen, in den überbetrieblichen Ausbildungsstätten gerade die sprachliche Bildung fördern, die natürlich wichtig ist; denn für manche Berufe sind gute Sprachkenntnisse unverzichtbar, weil man sich mit Kunden auseinandersetzen muss . Das ist also generelle Haltung der Bunderegierung . Für uns bedeutet das mehr Geld oder überhaupt Geld in die ÜBSen, um das zu realisieren .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Martin Rabanus hat jetzt das Wort, danach die Kollegin Alexandra Dinges-Dierig .

Martin Rabanus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004381, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Ministerin, ich habe mich sehr darüber gefreut, dass wir im Bereich der Weiterbildung Erfolge zu verzeichnen haben . 51 Prozent Weiterbildungsbeteiligung ist schon eine Hausnummer . Ich bin sehr gespannt auf den 7 . Bericht, weil ja dann die Maßnahmen, die wir in den letzten Jahren beschlossen haben, wie zum Beispiel AFBG, aber auch Maßnahmen in den anderen Programmbereichen erst wirken werden . Ich bin wirklich sehr gespannt, wie wir dann liegen werden . Der Bericht besagt, dass 50 Prozent der Erwachsenen das nonformale, informelle Lernen nutzen . Sie stellen in Ihren Schlussfolgerungen fest, dass wir dies - ich sage das mit meinen Worten - erschließen müssen, handhabbar machen müssen . Dazu habe ich folgende Fragen . Die Initiative ValiKom läuft ja seit 2015 . Gibt es von den Leitprojekten erste Zwischenergebnisse? Wie ist die Perspektive, das in die Fläche auszurollen? Und was planen Sie darüber hinaus, um diese nonformalen, informellen Kompetenzen weiter und besser zu heben?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Danke, dass Sie ValiKom erwähnt haben . Ich glaube, es war sehr vorausschauend, diese Initiative einzurichten . Es hätte dazu gar nicht des Flüchtlingszustroms im letzten Jahr bedurft . Vielmehr wurden die entsprechenden Überlegungen schon vorher angestellt, bis hin zur Einrichtung von Internetseiten, auf denen sich die Ausbilder sofort informieren können, wie es aussieht . Wir sind noch nicht in der Lage, zu sagen, ob ValiKom so gewirkt hat, dass man es flächendeckend ausrollen sollte, und welche weiteren Fördermaßnahmen man ergreifen sollte . Aber ich denke, wenn wir wissen, was sinnvollerweise gefördert werden sollte, dann sollten wir auch hier Fördermechanismen entwickeln . Zu Ihrer ersten Bemerkung . Sie möchten gerne wissen, wie die Maßnahmen, die wir zum Beispiel beim Aufstiegs-BAföG beschlossen haben, wirken . Ich bin ein bisschen vorsichtiger als Sie, weil es im Bildungsbereich manchmal etwas länger als zwei Jahre dauert, ehe man einen Effekt feststellt . Aber nach den Erfahrungen, die ich in den betreffenden Institutionen gemacht habe, sind unsere Maßnahmen für viele Menschen ein Impuls, sich zu überlegen, ob sie mit einer entsprechenden Ausbildung beginnen . Dies gilt auch im Hinblick auf die Weiterbildungsprämie . Das sind Instrumente, die sich bewährt haben . Ich bin sehr optimistisch, dass sie positiv wirken . Ob man diese Wirkung schon an der nächsten Evaluierung ablesen kann, weiß ich allerdings nicht .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke . - Jetzt die Kollegin Alexandra Dinges-Dierig und danach der Kollege Mutlu .

Alexandra Dinges-Dierig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004260, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke, Frau Präsidentin . - Frau Ministerin, unser Hochschulstandort und unser Wissenschaftsstandort sind so attraktiv wie, glaube ich, noch nie zuvor . Wir haben eine wachsende Zahl von Hochschulzulassungen zu verzeichnen, und immer mehr Menschen studieren . Auch die Zahl ausländischer Studierender an unseren Hochschulen nimmt zu . Was kann und will die Bundesregierung tun, um diese Entwicklung an den Hochschulen bestmöglich zu unterstützen?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Wir haben nicht nur immer mehr ausländische Studierende, sondern wir haben sogar den Höchststand an ausländischen Studierenden zu verzeichnen, den es in der Bundesrepublik Deutschland je gab . Das spricht für die Attraktivität unseres Systems . Eine Komponente war der Hochschulpakt, durch den zusätzliche Gelder für neue, attraktive Studiengänge zur Verfügung gestellt wurden . Was nun getan werden muss, ist Folgendes: Die Attraktivität des Studiums und insbesondere der Ingenieurstudiengänge muss erhöht werden . In den Ingenieurstudiengängen kommen mehr ausländische Studierende zu uns als in allen anderen Studiengängen . Das Qualitätsbewusstsein im Hinblick auf diese Studiengänge, aber auch das internationale Marketing sind wichtig . Im Zusammenhang mit den Flüchtlingen haben wir studentische Initiativen, die sich um ausländische Studierende kümmern, honoriert; das ist erfreulicherweise auch von den Ländern registriert worden . Jetzt haben wir beschlossen, dies weiter fortzusetzen . Was wichtig ist, Frau Dinges-Dierig, und was wir gerne schaffen wollen, ist, dass wir nicht nur viele, sondern die besten jungen Leute aus dem Ausland zu uns holen . Es gibt auch neue Überlegungen dazu, wie man es erreichen kann, dass die Besten nicht nach Harvard oder Oxford gehen, sondern zu uns kommen . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Der Kollege Mutlu und dann die Kollegin Rosemarie Hein .

Özcan Mutlu (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004360, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin, herzlichen Dank . - Ich habe eine weitere Frage an die Ministerin . Im Jahre 2009 hat Deutschland die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert. Seitdem ist eine Menge Wasser die Spree hinuntergeflossen. Abgesehen von einigen wenigen Bundesländern, die sich in puncto Inklusion auf den Weg gemacht haben, zum Beispiel NRW, würde ich gerne konkret von Ihnen wissen, wie Sie denn gedenken, die Ziele der Konvention, die wir ratifiziert haben, zu erreichen. Wenn man sich den Bericht ansieht, stellt man fest, dass in Deutschland lediglich 34 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf allgemeinbildende Schulen besuchen . Das ist von dem Ziel, das wir uns gesetzt haben, weit entfernt . Also: Was werden Sie konkret unternehmen, um die Ziele der UN-Konvention, was die Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung in allgemeinbildenden Schulen betrifft, zu erreichen?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Entscheidend ist, dass wir die Fehler, die wir vor Jahren gemacht haben, nicht mehr machen . Das heißt, wir dürfen nicht einfach sagen: „Inklusion wird in Frankreich so und in den USA so gemacht; wir machen das genauso“, sondern wir müssen in Sachen Inklusion Angebote machen, die zum deutschen Bildungssystem passen . Es gibt Untersuchungen der Bertelsmann-Stiftung, deren Ergebnisse zeigen, dass Länder, die versucht haben, ganz schnell für Inklusion zu sorgen, um im Ranking oben zu stehen, viele Fehler gemacht haben . Im Bildungsbericht 2014 findet man ein Sonderkapitel zum Umgang mit Heterogenität und Inklusion . Dort haben wir Empfehlungen formuliert . Wir versuchen, ihre Umsetzung zu unterstützen . Eine dieser Empfehlungen lautet, die Diagnosefähigkeit der Lehramtsstudenten zu erhöhen . Das leisten wir im Rahmen verschiedener Projekte . Diese Maßnahme muss sich aber auch im Weiterbildungssystem wiederfinden. Eine Erkenntnis ist: Es fehlt an Forschungsergebnissen, wie man dabei möglichst geschickt vorgeht und wie man mit der vorhandenen Lehrerausstattung erreichen kann, dass wirklich individuell geschult wird, und zwar auch dann, wenn Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderung in einer Klasse gemeinsam unterrichtet werden . Dazu haben wir ein großes Forschungsförderprogramm aufgelegt . Im Bereich der beruflichen Bildung heißt es natürlich vor allen Dingen, die Berufsschullehrer zu schulen . Das geschieht auch durch die Qualitätsoffensive Lehrerbildung .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen hier jetzt noch elf Wortmeldungen vor . Ich schlage vor, dass alle bedacht werden und ihre Fragen noch stellen können, weil das ein wichtiges Thema ist . Damit würde ich die Redeliste aber gerne schließen, da wir heute auch noch andere Themen zu behandeln haben . ({0}) - Der Kollege Beck, der sich eben schon einmal gemeldet hat, kommt auch noch auf die Liste . - Ich hoffe, dass die Frau Ministerin so lange Zeit hat .

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Aber klar .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön . - Jetzt hat die Kollegin Hein das Wort .

Dr. Rosemarie Hein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004053, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Frau Ministerin, im Bereich der frühkindlichen Bildung, wo viele Plätze geschaffen worden sind, haben wir ein ganz großes Problem mit der Qualität, weil wir zu wenige und nicht gut genug ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher haben . Deren Ausbildung ist bislang Länderaufgabe, und es gibt dazu eine Vereinbarung der KMK im Zusammenhang mit der Fachschulordnung . - Das weiß ich alles . Da diese Ausbildungen in den einzelnen Ländern immer noch sehr unterschiedlich sind - es werden sehr unterschiedliche Dinge ausgebildet und die Strukturen und Ergebnisse sind ebenfalls sehr verschieden -, möchte ich Sie fragen, ob Sie sich vorstellen können, bei den Erziehungsberufen eine ähnliche Lösung zu finden, wie man sie bei den Gesundheits- und Heilberufen gefunden hat . Für jeden einzelnen dieser Berufe gibt es ein Bundesgesetz, obwohl auch diese Ausbildungen Ländersache sind . Könnten Sie sich so etwas für die Zukunft vorstellen, um die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher einheitlicher und in der Qualität besser zu machen?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Die qualitative Verbesserung der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher ist ein ganz wichtiges Anliegen . Ich denke, dass die Finanzprobleme, die bei der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher durch die Praktika aufgetreten sind, durch unser Aufstiegs-BAföG nun besser gelöst werden, Frau Hein . Diese Möglichkeit, die wir geschaffen haben, muss in den Ländern nun genutzt werden . Ich bin aber nicht der Meinung und habe nicht die Heilserwartung, dass ein Gesetz für die gesamte Bundesrepublik immer der beste Weg ist . Schauen Sie nach Frankreich oder Spanien, wo es sehr einheitlich geregelt ist und nicht funktioniert . Ich habe bis jetzt noch keine Bereitschaft vonseiten der Kultusministerkonferenz gehört - sie können sich auch untereinander verständigen; dazu braucht man den Bund eigentlich nicht -, dort initiativ zu werden .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke . - Jetzt der Kollege Dr . Philipp Lengsfeld und danach der Kollege Karamba Diaby .

Dr. Philipp Lengsfeld (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004338, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Frau Ministerin, mein Thema ist noch einmal die Qualität der Bildung . Uns allen ist bewusst - das klang ja auch schon im Bereich Kita an; ich glaube aber, das bezieht sich nicht nur auf den Bereich Kita -, dass hier durchaus noch ein bisschen Luft nach oben ist . Dieses Thema klang ja auch im Bericht an . Welche Maßnahmen trifft die Bundesregierung, um die Qualität der Bildung kontinuierlich voranzubringen und zu verbessern?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Herr Lengsfeld, die Qualität von Bildungsprozessen einzuschätzen und zu befördern, ist ein zentraler Punkt unserer Forschungsförderung . Seit 2007 haben wir über 182 Millionen Euro für über 300 Forschungsprojekte in diesem Bereich zur Verfügung gestellt . Dabei ging es unter anderem um folgende Themen: „Wie kann man die Lehrerbildung professionalisieren?“, „Wie kann man die Sprachförderung verändern und verbessern?“, „Wie kann man die Steuerung im Bildungssystem verändern?“, „Wie kann man der Mehrsprachigkeit gerecht werden?“ . In diesem Bereich findet also sehr viel Forschungsförderung statt . Daneben sind die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte - ein ganz konkreter Punkt, um die Qualität von Aus- und Weiterbildungsangeboten zu verbessern - und die Qualitätsoffensive Lehrerbildung zu nennen, womit es uns wirklich gelingen kann, flächendeckend stärker etwas für die Qualität in der Lehrerbildung und damit auch in der schulischen Bildung zu erreichen . Bei unserer Förderung geht es auch um die Hochschullehre und um den Qualitätspakt Lehre, für den zwischen 2011 und 2020 2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden . Das ist etwas, was es in Deutschland vorher noch nie gegeben hat, und führt in allen Hochschulen dazu, dass sehr viel stärker über Hochschuldidaktik und -lehre nachgedacht wird .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke . - Karamba Diaby .

Dr. Karamba Diaby (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004259, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Ministerin, Stichwort „Diversity - Interkulturelle Öffnung im Bildungsbereich“: Wir wissen, dass der Anteil der Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund in Deutschland immer noch gering ist . Deshalb ist meine Frage - ich weiß übrigens, dass wir sehr viel im Bereich der Qualitätsoffensive Lehrerbildung machen -: Was will die Bundesregierung initiieren und welche Anreize will sie schaffen, um mehr Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund zu bekommen und auch jüngere Menschen mit Migrationshintergrund zu begeistern, den Lehrerberuf zu ergreifen?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Gott sei Dank hat das Interesse an der Lehrerbildung zugenommen . Wir haben jetzt Zulassungsbeschränkungen an allen Institutionen und Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland, in denen Lehrer ausgebildet werden . Ich möchte mich dafür engagieren, dass man verstärkt auch Quereinsteigern, die schon einen Beruf haben und Berufsschullehrer werden wollen, die Möglichkeit der Lehrerbildung einräumt; denn gerade im Bereich der Berufsschullehrer haben wir einen Mangel . Es gibt auch einzelne Projekte, die nicht von der Bundesregierung initiiert sind, zum Beispiel an der Universität Hildesheim, an der man direkt um Personen mit Migrationshintergrund wirbt, die Lehrer werden wollen . Auch bei KAUSA geht es um Unternehmer und Ausbildungssuchende mit Migrationshintergrund; denn es macht bei der Ansprache oder in der Werbung für einen Ausbildungsberuf vielleicht Sinn, auf einen Betriebsleiter mit Migrationshintergrund hinzuweisen, der so schneller zu einem Ansprechpartner werden kann . Ich denke, wir müssen uns überlegen: Wie wollen wir die jungen Flüchtlinge, die im letzten Jahr zu uns gekommen sind, fördern? Dabei steht nicht so sehr der Bereich Hochschule im Fokus, da nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge an die Hochschulen geht . Aber auch da sollte man dafür werben, dass dort die Erfahrung von Menschen mit Migrationshintergrund zum Tragen kommt . Letzter Punkt - die Anzeige leuchtet zwar schon rot, aber ich sage es trotzdem -: Wir haben das Anerkennungsgesetz für alle bundesrechtlich geregelten Berufe gemacht . Die Länder jedoch haben nicht geregelt - auch NRW nicht -, dass Erzieher und Lehrer aus Drittstaaten eine Anerkennung ihrer Qualifikationen bekommen können . Auch das wäre ein Punkt .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Jetzt der Kollege Xaver Jung .

Xaver Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004316, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, vielen Dank . - Frau Ministerin, wir haben gehört, dass die Bundesregierung im Bereich der Bildung auf ganz breiter Ebene tätig ist, angefangen von der frühkindlichen Bildung bis hin zur schulischen Bildung . Wir reden über Weiterbildung und Grundbildung . ({0}) - Das ist eine Feststellung . Darauf dürfen wir sogar stolz sein . Das ist nicht zuletzt die Basis des Erfolges und der Grund für die Belobigungen, die in den Bildungsberichten immer wieder zum Ausdruck kommen . ({1}) Frau Wanka, das sind doch erhebliche finanzielle Belastungen . Wie stellen Sie sich das vor? Ist denn das alles abgesichert, um diese Herausforderungen auch in der Zukunft zu bewältigen?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Entscheidend ist der Haushaltsgesetzgeber . Deswegen hoffe ich sehr, dass die Mittel, die wir vonseiten des BMBF zum Beispiel für Weiterbildung im beruflichen Bereich, zur Unterstützung der Grundbildungszentren, die im Rahmen der Strategie für Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener geschaffen worden sind, und für Alphabetisierungskampagnen veranschlagt haben und einsetzen wollen, bewilligt werden . Für die Alphabetisierungskampagne sind für die nächsten Jahre Mittel in der Größenordnung von 180 Millionen Euro geplant . Ich bin dankbar für jede Unterstützung . Das kann auch gerne noch mehr Geld sein .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Ernst Dieter Rossmann .

Dr. Ernst Dieter Rossmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003211, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Damit der Kollege von den Grünen, Herr Gehring, nicht der Einzige ist, der sich hier über die 3,5 Milliarden Euro zusätzlich für Bildungsinvestitionen im Rahmen der Bund-Länder-Vereinbarung freut, will auch ich diese ausdrücklich erwähnen, zumal die Ministerin dort eher verhalten reagiert hat . ({0}) Daran will ich die Frage anschließen: Was kann die Bundesregierung jetzt tun, damit dieser erfolgreiche Aufbruch mit schon gesicherten 3,5 Milliarden Euro für nachhaltige Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen in eine Bildungsallianz von Bund, Ländern und Kommunen mündet? Im Anschluss an Herrn Jung: Welche Sicherheit haben wir, dass die von Ihnen in Aussicht gestellten 5 Milliarden Euro vom Finanzminister dieser Regierung tatsächlich bewilligt und hinterlegt werden? Oder gibt es einen Unterschied zwischen den 3,5 Milliarden Euro, die jetzt schon feststehen, und den 5 Milliarden Euro, die noch offen sind?

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Also, die 3,5 Milliarden Euro stecken, wenn Sie dasselbe meinen wie ich, im Kommunalinvestitionsprogramm . ({0}) Das ist nicht nur für Bildung . Es kann auch für die energetische Sanierung von Schulen verwendet werden . Aber das Geld kann nicht für inhaltliche Aufgaben genutzt werden . Jetzt gibt es die Idee, finanzschwachen Kommunen 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, die sie für ihre Bildungsinfrastruktur nutzen können . Das ist keine Bund-Länder-Vereinbarung, sondern das ist eine Finanzzuweisung nach Artikel 104b des Grundgesetzes . Daraus können auch Hochwasserschäden bezahlt werden . ({1}) - Es geht um Finanzhilfen des Bundes . Ich beziehe mich hier auf Artikel 104b des Grundgesetzes . ({2}) - Keine Ahnung, was Sie meinen; ({3}) das muss jetzt einer mal deutlich sagen . - Gut, dann antworte ich auf Herrn Rossmann .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Jetzt hat überwiegend die Frau Ministerin das Wort .

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Die 3,5 Milliarden Euro sind nichts Neues . Sie stehen im Haushalt und werden schon ausgegeben . Das ist also schon geregelt . Die energetische Sanierung läuft . Am Freitagabend ist beschlossen worden: Wir wollen sicherstellen, dass für finanzschwache Kommunen Geld zur Verfügung gestellt wird, das sie in ihre Bildungsinfrastruktur - also für Dächer, Toiletten oder anderes - investieren können . Das ist die Beschlusslage vom Freitag, und das muss jetzt gesetzlich umgesetzt werden . Ich will nicht nur finanzschwache Kommunen fördern, die besondere Schwierigkeiten haben, und ich will auch nicht nur kaputte Dächer reparieren, sondern ich will, dass die Schule fit für das 21. Jahrhundert ist. Deswegen will ich ein Digitalisierungsprogramm für alle Schulen in der Bundesrepublik Deutschland, auch für alle Förderschulen und für alle privaten Schulen . Darüber spreche ich mit den Ländern . Wenn die Kultusminister am 8 . Dezember ihre Strategie verabschieden, dann müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass die 5 Milliarden Euro, die jetzt noch nicht veranschlagungsreif sein können - das ist völlig klar -, ab 2017/2018 entsprechend zur Verfügung stehen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu diesem Bereich gibt es noch Wortmeldungen von vier Kolleginnen und Kollegen, und zwar von Simone Raatz, Saskia Esken, Rainer Spiering und Elfi Scho-Antwerpes. Ich bitte Sie, noch einmal tief in sich zu gehen, ob diese Fragen nicht auch im Ausschuss geklärt werden können . ({0}) Denn wir haben noch Fragen zu anderen Themen der Kabinettssitzung oder zu sonstigen Bereichen, die die Regierung betreffen . Also, nur wer meint, die Frage müsse jetzt unbedingt noch gestellt werden, der darf sich jetzt noch einmal melden . - Ich sehe, das ist bei niemandem der Fall . - Danke schön, Frau Ministerin, dass Sie hier zur Verfügung gestanden und so ausführlich geantwortet haben . Dann habe ich weitere Wortmeldungen . Gibt es zu anderen Themen der Kabinettssitzung Fragen? - Das ist nicht der Fall . Aber es gibt sonstige Fragen an die Bundesregierung . Dazu hat sich der Kollege Volker Beck gemeldet .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Der Bundesjustizminister hat für den Monat Oktober einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung und Entschädigung der verfolgten Homosexuellen angekündigt . Da dies die einzige Sitzungswoche ist, die wir im Oktober haben, frage ich die Bundesregierung, in welcher Kabinettssitzung die Verabschiedung dieses Gesetzentwurfes, den wir noch nicht kennen, geplant ist . Das kann vielleicht Herr Lange sagen .

Johanna Wanka (Minister:in)

Politiker ID: 11005317

Ich habe am Rande gehört, dass der Justizminister dieses vorhat . Über genaue Terminlagen könnte eventuell der zuständige Staatssekretär etwas sagen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön, Herr Staatssekretär Lange .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Herr Kollege Beck, Sie haben die Frage bereits in der letzten Fragestunde gestellt, ({0}) und ich hatte Ihnen darauf geantwortet, dass unser Haus an dem Referentenentwurf arbeitet . Ich kann Ihnen die freudige Mitteilung machen, dass der Herr Bundesminister den Referentenentwurf gebilligt hat, sodass wir sehr gut im Zeitplan liegen . Ansonsten wiederhole ich meine Antwort der letzten Fragestunde: Jetzt geht es in das entsprechende Verfahren, sprich: in die Länder- und Verbändeanhörung und vorher noch in die Ressortabstimmung .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön . - Jetzt hat der Kollege Mutlu das Wort, und danach die Kollegin Haßelmann .

Özcan Mutlu (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004360, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Danke, Frau Präsidentin . - Aus der Presse haben wir erfahren, dass der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, der nach den Statuten des IOC verpflichtet ist, die Interessen des Verbandes zu vertreten, seit 1994 im Besitz eines Diplomatenpasses ist, wobei klar unterstrichen werden muss, dass die Vergabe eines Diplomatenpasses ganz klaren Regeln folgt, und die Verbandspräsidentschaft fällt nicht unter diese Regelung . Daher meine Frage an die Bundesregierung: Mit welcher Begründung wurde dieser Diplomatenpass 1994 ausgestellt, und welche Minister haben mit welcher Begründung wann jeweils diesen Diplomatenpass verlängert?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Die Frau Staatsministerin Dr . Böhmer .

Not found (Gast)

Gerne, Herr Kollege Mutlu . Ich habe das auch jetzt erst erfahren und bin genauso überrascht wie Sie, gestehe ich Ihnen . Damit Sie eine gründliche Antwort erhalten, würde ich das gerne im Auswärtigen Amt überprüfen lassen und Ihnen dann die Antwort zukommen lassen . ({0}) - Ja . Nicht jeder liest vielleicht die Zeitungen so schnell wie Sie, vor allen Dingen wenn man auf Dienstreise ist . ({1})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Jetzt hat Britta Haßelmann das Wort .

Britta Haßelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003764, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich dachte immer, das Auswärtige Amt hat sicherlich mehr als eine Person, die das verfolgt . Das stand in der Süddeutschen Zeitung. Das ist nicht irgendeine Zeitung . - Aber schön ist, dass wir die Information schriftlich bekommen . Danke . Ich habe eine andere Frage entweder an Frau Wanka oder an das Wirtschaftsministerium oder an das Kanzleramt . Wie gedenken Sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu CETA jetzt umzusetzen, das Ihnen klare Bedingungen hinsichtlich der gemischten Ausschüsse und anderer Fragen mit auf den Weg gegeben hat, bevor es zur Zustimmung und einer vorläufigen Anwendung Deutschlands im Rahmen der Ratifizierung des Abkommens kommen kann?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Wer antwortet seitens der Bundesregierung? - Frau Staatssekretärin Zypries .

Brigitte Zypries (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003870

Vielen Dank . - Frau Abgeordnete, Sie haben völlig recht: Es gibt drei Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Ablehnung der einstweiligen Anordnung dargetan hat . Alle drei Voraussetzungen sind gestern beim Handelsministerrat in gemeinsamen Erklärungen umgesetzt worden . Das heißt also: Die gemeinsamen Erklärungen, die dort verabschiedet wurden, berücksichtigen all dieses, etwa die Frage der gemischten Ausschüsse . Insofern sehen wir mit Blick auf die Erfüllung der Voraussetzungen unsererseits und damit die Umsetzung kein Problem . Aber Sie wissen, dass es wegen Belgien, Rumänien und Bulgarien noch fraglich ist, ob CETA verabschiedet wird?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor . Somit beende ich die Befragung der Bundesregierung . Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde Drucksache 18/9971 Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir uns darauf verständigt haben, dass es jeweils zwei Minuten Redezeit für die erste Antwort gibt . Für die folgenden Fragen und Antworten gibt es jeweils eine Minute . Dafür gibt es die rückwärtslaufende Sekundenanzeige sowie die Warnzeichen in den Farben Grün, Gelb und Rot . Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit auf . Die Frage 1 des Abgeordneten Stephan Kühn und die Frage 2 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl werden schriftlich beantwortet . Ich rufe dann den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn zur Verfügung . Ich rufe die Frage 3 der Abgeordneten Inge Höger, Fraktion Die Linke, auf: Plant die Bundesregierung, bei der jüngst beschlossenen Schaffung von Zehntausenden von Arbeitsplätzen rund um Syrien die jeweils regional geltenden Regelungen zu Mindestlöhnen ({0}) einzuhalten, und für den Fall, dass dies nicht geplant ist, wie will die Bundesregierung verhindern, dass dies zu Lohndumping und weiteren Spannungen zwischen Flüchtlingen und jeweils einheimischen Bevölkerungsgruppen führt ({1})? Bitte schön, Herr Kollege . http://www.sueddeutsche.de/news/politik/migration-bundesregierung-schafft-jobs-in-krisenregion-um-syrien-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-161001-99-658429 http://www.sueddeutsche.de/news/politik/migration-bundesregierung-schafft-jobs-in-krisenregion-um-syrien-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-161001-99-658429 http://www.sueddeutsche.de/news/politik/migration-bundesregierung-schafft-jobs-in-krisenregion-um-syrien-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-161001-99-658429 http://www.sueddeutsche.de/news/politik/migration-bundesregierung-schafft-jobs-in-krisenregion-um-syrien-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-161001-99-658429

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Frau Kollegin Höger, das Bundesentwicklungsministerium stellt noch in diesem Jahr 200 Millionen Euro bereit, um mindestens 50 000 Flüchtlinge und Bewohner der aufnehmenden Gemeinden in der Region des Nahen Ostens in Beschäftigung zu bringen . Die Entlohnung für die Arbeiten im Rahmen dieser Initiative ist grundsätzlich am jeweiligen nationalen Mindestlohn und an den jeweiligen nationalen Regelungen für Cash-for-Work-Vorhaben orientiert .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Höger .

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Ich habe eine Nachfrage: Es gibt sehr widersprüchliche Medienberichte über den gezahlten Lohn im Rahmen des Programms „Geld für Arbeit“ . Zum einen heißt es für Jordanien, dass 200 Dinar - der Mindestlohn beträgt dort 195 Dinar im Monat, was etwa 250 Euro entspricht - gezahlt werden . Andererseits schreibt der Spiegel in einem Bericht von einem Jahresgehalt in Höhe von 800 Dollar . Das wäre nur ungefähr ein Viertel des Mindestlohns . Deshalb möchte ich gern wissen, welche Regelungen tatsächlich gelten .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Es gelten die jeweiligen nationalen Regelungen . Ich darf allerdings darauf hinweisen, dass zwei Drittel dieser Beschäftigungsverhältnisse kurzfristige Beschäftigungen sind . Bei etwa einem Drittel handelt es sich um längerfristige Beschäftigungen . Das gilt insbesondere für die Lehrkräfte, die wir einstellen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Ihre zweite Zusatzfrage, Frau Kollegin Höger .

Inge Höger-Neuling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003773, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Gerade in Jordanien wird seit längerem um eine Erhöhung des Mindestlohns auf 300 Dinar gekämpft; er wurde seit 2008 nicht angehoben . Wenn nun der existierende Mindestlohn durch das Programm vonseiten der Bundesregierung bzw . vonseiten Deutschlands festgeschrieben wird: Führt das nicht zu weiteren Spannungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Wir sind sehr darauf bedacht, Spannungen zu vermeiden . Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass Flüchtlinge und aufnehmende Gemeinden in der schwierigen Situation, in der sie sich befinden, eine mittelfristige Perspektive haben . Wir orientieren uns an den nationalen Vorgaben . Wir sind sehr dankbar dafür, dass in den betreffenden Ländern zunehmend nicht nur Aufenthaltsberechtigungen für Flüchtlinge, sondern auch Arbeitsgenehmigungen erteilt werden; denn das sind die Voraussetzungen dafür, dass wir schnell Beschäftigungsverhältnisse schaffen . Um Spannungen zu vermeiden, adressieren wir das Programm „Cash for Work“ ausdrücklich nicht nur an Flüchtlinge, sondern auch an die Einwohner vor Ort, also an die aufnehmenden Gemeinden direkt .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Jetzt hat der Kollege Movassat eine Zusatzfrage .

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke, Frau Präsidentin . - Herr Staatssekretär, es handelt sich zumindest in Jordanien um unqualifizierte Aushilfsjobs, die Sie dort schaffen . Wäre es nicht sinnvoller, in die Qualifizierung der Geflüchteten zu investieren? Wie wir wissen, verfügen viele Flüchtlinge über bestimmte Qualifikationen und werden nun in Aushilfsjobs gedrängt . Anscheinend geht es in erster Linie darum, eine große Anzahl an Jobmöglichkeiten zu schaffen . Aber es ist fraglich, dass das für die betreffenden Menschen nachhaltig ist . Spielen solche Überlegungen für Sie eine Rolle?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

In Jordanien haben wir Beschäftigungsverhältnisse im Bereich Abfallbeseitigung und Recycling geschaffen . Das sind aktuell bereits über 4 000 . Bis Jahresende werden es etwa 6 000 sein . Wir investieren in Gehälter für Lehrkräfte und weiteres Personal . Hier sind aktuell etwa 2 400 Beschäftigungsverhältnisse geschaffen worden . Bis Jahresende sollen es 5 600 werden . Zudem gibt es Vorhaben zur Ausbesserung von Straßen . Bis Jahresende sollen hier gut 1 000 Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden . In der Tat sind auch Aushilfsbeschäftigungen dabei . Aber es geht darum, die Flüchtlinge, die vor Ort oft untätig sind und keine Perspektive sehen, dazu zu bewegen, ihre Kinder in den Unterricht zu schicken und diese Notsituation auszuhalten, sowie ihnen durch die Möglichkeit der Beschäftigung eine mittelfristige Perspektive zu geben . Natürlich setzen wir längerfristig auf Qualifizierung und berufliche Bildung. Das tun wir bereits in der Region, beispielsweise im Libanon und zunehmend in der Türkei, aber unter nicht ganz einfachen Bedingungen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Wir kommen damit zur Frage 4 des Abgeordneten Uwe Kekeritz: Durch welche konkreten Maßnahmen stellt die Bundesregierung bei der Umsetzung der CSR-Richtlinie, der Arbeit des Textilbündnisses und der Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans „Wirtschaft und Menschenrechte“ ({0}) ein kohärentes Regierungshandeln sicher, und wurden nach Auffassung der Bundesregierung in den Entwurfsfassungen des NAP die von der Zivilgesellschaft im Konsultationsprozess eingebrachten Vorschläge ausreichend berücksichtigt? Auch hier steht der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn zur Beantwortung zur Verfügung . Bitte schön, Herr Kollege .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

In dieser Frage werden drei unterschiedliche Prozesse angesprochen: die Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans „Wirtschaft und Menschenrechte“ unter Federführung des Auswärtigen Amts, die Umsetzung der Corporate-Social-Responsibility-Richtlinie in nationales Recht unter Federführung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und die Arbeit des Textilbündnisses aus unserem Haus, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . Diese drei unterschiedlichen Prozesse überschneiden sich inhaltlich teilweise, sind aber aufgrund ihres jeweiligen rechtlichen Charakters unterschiedlich und getrennt zu behandeln . Der Nationale Aktionsplan soll als ein übergeordneter Referenzrahmen für alle Branchen in Deutschland beim Thema „Wirtschaft und Menschenrechte“ dienen . Bei der CSR-Richtlinie sind bestimmte Unternehmen betroffen, die sich bei der nicht finanziellen Berichterstattung betreffend den Aspekt Menschenrechte beispielsweise an den VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte orientieren sollen . Das Textilbündnis zeigt exemplarisch anhand einer Branche, dem Textilsektor, auf, wie nationale Initiativen unterschiedliche Akteure zusammenbringen und Themen nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung aufgreifen können . Die Ressortabstimmungen zu diesen drei unterschiedlichen Prozessen finden regelmäßig statt. Um weitere Synergien im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, hat unser Haus bereits Mitte dieses Jahres die Zuständigkeiten für alle drei Prozesse in einem Referat zusammengeführt . Der Entwurf zum Nationalen Aktionsplan „Wirtschaft und Menschenrechte“, der vom Auswärtigen Amt federführend erstellt wird, befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung . Insoweit kann ich zum jetzigen Zeitpunkt keine inhaltliche Stellungnahme abgeben . Allerdings danach hatten Sie ausdrücklich gefragt - sind zivilgesellschaftliche Akteure bei der Vorbereitung dieses Entwurfs intensiv eingebunden worden .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Kekeritz .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herzlichen Dank . - Sie haben richtig erwähnt, dass es drei Prozesse sind: Textilbündnis, NAP und CSR-Richtlinie . Bei allen drei Prozessen geht es um internationale Verantwortung bzw . die Verantwortung international agierender Unternehmen . Wir wissen seit langem, dass die Tätigkeit internationaler Konzerne durchaus auch negative, entsetzliche Wirkungen auf Entwicklungsund Schwellenländer erzielen kann . Deshalb wurde auf UN-Ebene beschlossen, dass es einen Nationalen Aktionsplan in jedem Land geben soll . Diese UN-Initiative spricht ganz klar davon, dass jedes Land freiwillige und gesetzliche Verpflichtungen auferlegen soll. Könnten Sie mir zwei oder drei der gesetzlichen Verpflichtungen benennen, die im NAP geplant sind?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Sie wissen, dass das BMZ für einen ambitionierten Nationalen Aktionsplan eintritt . Was letztlich Inhalt dieses Planes der Bundesregierung sein wird, kann ich Ihnen erst vortragen, wenn es dazu eine Einigung gegeben hat . Insofern bitte ich um Verständnis, dass ich keine Zwischenstände der Meinungsbildung referieren kann, die derzeit noch innerhalb der Bundesregierung stattfindet.

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Kekeritz, Sie haben noch eine Nachfrage .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Da muss ich Sie, Herr Staatssekretär, leider enttäuschen . Ich habe kein Verständnis dafür, weil die Zwischenstände inzwischen schon in den Medien publiziert worden sind und wir sehr wohl wissen, wie die Zwischenstände sind . Wir wissen, dass die ursprüngliche Fassung des NAP sehr weich war . Nachdem allerdings im Finanzministerium darübergeschaut worden ist, ist er überhaupt nicht mehr brauchbar, sodass viele NGOs sagen, es wäre besser, keinen solchen Plan zu verabschieden, weil er negative Auswirkungen hätte und den Unternehmen einen riesengroßen Freiraum schaffen würde, den kein Mensch haben will . Ich frage Sie ganz konkret: Ist das BMZ wirklich nicht in der Lage, hier Gegenpositionen zu beziehen? Wenn Sie in der Lage sind, dagegen Positionen zu beziehen, warum merkt davon kein Mensch etwas?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Die Bundesregierung hat den Auftrag, eine gemeinsame Position zu finden. Dabei bringt sich das BMZ aktiv ein . Insofern kann ich Ihnen versichern, dass wir Ihnen und der Öffentlichkeit die Enttäuschung ersparen werden, keinen Nationalen Aktionsplan „Wirtschaft und Menschenrechte“ vorzulegen . Das werden wir tun . Sobald wir uns auf Inhalte verständigt haben, werden wir diese auch kommunizieren .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Der Kollege Niema Movassat hat noch eine Zusatzfrage .

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, eigentlich sollte es schon seit Juni einen Nationalen Aktionsplan geben . Wir warten schon eine ganze Weile . Das Parlament wird sehr schlecht bis gar nicht informiert . Die Medien werden schon inforVizepräsidentin Ulla Schmidt miert . Wenn wir als Deutscher Bundestag wissen wollen, was beim Nationalen Aktionsplan passiert, dann müssen wir uns eher an die Medien als an die Bundesregierung wenden . Die fehlende Information, die wir auch hier jetzt wieder erleben, ist ein Problem . Dass innerhalb der Bundesregierung offensichtlich unterschiedliche Positionen beim Nationalen Aktionsplan bestehen, liegt auf der Hand . Es gibt einen Brief von fünf stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD an die Bundeskanzlerin, in dem sie die Verwässerung des Entwurfs durch das Bundesfinanzministerium sehr deutlich kritisiert haben . Insofern stellen sich schon Fragen: Wann wird es einen fertigen Nationalen Aktionsplan geben? Das würde mich sehr interessieren . Zum anderen: Wie gehen Sie als BMZ, das eine entwicklungspolitische Verantwortung hat, mit der Kritik um, die auch von Ihrem Koalitionspartner kommt?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Ich kann Ihnen zum Zeitplan sagen, dass sich eine Staatssekretärsrunde am 7 . Oktober dieses Jahres auf Grundlinien eines Nationalen Aktionsplans verständigt hat . Wir im BMZ setzen uns weiterhin für eine ambitionierte Fassung dieses Nationalen Aktionsplanes ein . Wir haben dieses Thema auch mehrfach im Deutschen Bundestag, insbesondere im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, diskutiert . Das wissen Sie; Sie haben daran teilgenommen . Insofern wissen Sie auch, dass wir die Anliegen, die das BMZ verfolgt, beispielsweise globale Lieferketten, auch in einem solchen Nationalen Aktionsplan berücksichtigt wissen wollen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Ich rufe Frage 5 des Abgeordneten Uwe Kekeritz auf: Wie erklärt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dass der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr . Gerd Müller, in der Öffentlichkeit wiederholt ({0}) einen Marshallplan für Afrika fordert, sich dabei auf konkrete Vorschläge an und Gespräche mit dem Bundesminister der Finanzen, Dr . Wolfgang Schäuble ({1}), und dem Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel ({2}), bezieht und dennoch keinerlei konkrete Angaben zu konkreten Überlegungen, einbezogenen Partnerländern oder dergleichen gemacht werden können ({3}), und inwieweit stehen die Forderungen von Bundesminister Dr . Gerd Müller ({4}) im Widerspruch zur Absage an einen Marshallplan für Afrika durch die Bundeskanzlerin Dr . Angela Merkel während ihres Besuchs in Niger ({5}), Stunden bevor Bundesentwicklungsminister Dr . Gerd Müller diese Forderungen erneut erhob ({6})? Bitte, Herr Staatssekretär .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Der Entwurf eines Marshallplans wird derzeit im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erarbeitet . Darin wird die bewährte Afrika-Politik unseres Hauses weiterentwickelt, und es wird an die Agenda 2063 der Afrikanischen Union angeknüpft . Insbesondere die von Bundesminister Dr . Gerd Müller bereits unterbreiteten Vorschläge für mehr Privatinvestitionen in Afrika werden hier einfließen. Die Aussagen von Minister Dr . Gerd Müller stehen auch nicht im Widerspruch zu denen der Bundeskanzlerin . Die Bundeskanzlerin hat sich mit ihrer Aussage konkret auf die Forderung des nigrischen Präsidenten Mahamadou Issoufou bezogen, die dieser selbst als Marshallplan bezeichnet hat . Sie betonte in diesem Zusammenhang, dass sie auf der erprobten Entwicklungsarbeit aufbauen wolle und dass für Leistungen auch Kooperation und Gegenleistungen erwartet würden . Darüber hinaus hat die Bundeskanzlerin darauf hingewiesen, dass Angebote für Afrika nicht vergleichbar sein könnten mit dem Marshallplan für das Nachkriegseuropa, weil die Grundbedingungen damals eben andere waren . Entsprechend fokussiert der derzeit im BMZ erarbeitete Marshallplan auf afrikanische Lösungen für Afrika durch nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigung .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Kekeritz .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, Sie haben seherische Fähigkeiten . Sie wussten, welche Zusatzfrage ich stellen wollte; darum haben Sie deren Beantwortung vorweggenommen . Ich hatte Ihnen eine ganz konkrete Frage schriftlicher Art gestellt . Ich wollte wissen, mit wem solche Aktionen abgesprochen sind . Marshallplan ist wirklich der größte, der gigantischste Begriff in Bezug auf Hilfe . Da sollte man sich dann doch an die Geschichte erinnern: Marshallplan, das ist etwas, was auf internationaler Ebene lange geplant, vorbereitet und strukturiert worden ist . Bezüglich Afrika habe ich festgestellt, dass Sie zwar den Begriff „Marshallplan“ verwendet haben, aber offensichtlich sind über einen solchen Plan noch mit niemandem Gespräche geführt worden; sonst hätten Sie mir davon ja in der Antwort etwas sagen können . Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Entwicklungsministerium solch ein Projekt ganz allein realisieren kann . Daran, dass das geht, habe ich schon meine Zweifel . Außerdem bin ich der Meinung - ich beziehe mich auf Ihre prophylaktische Antwort -: Die Kanzlerin hat in Niger nicht gesagt, dass wir unsere gute Entwicklungspolitik fortsetzen, sondern sie hat gesagt: Wir zahlen erst einmal 16 Millionen Euro; dann sehen wir, was daraus wird, und dann können wir über Weiteres reden . Mit wem wurde der Marshallplan abgesprochen? Welche Dimensionen soll er haben? Inwieweit bildet sich das http://de.reuters.com/article/deutschland-afrika-hilfe-idDEKCN11L17F http://de.reuters.com/article/deutschland-afrika-hilfe-idDEKCN11L17F http://de.reuters.com/article/deutschland-afrika-hilfe-idDEKCN11L17F http://ftp-tv.wdr.de/main.html?download&weblink=7944e3e9945086b8ea70df61c7b4c0b7 http://ftp-tv.wdr.de/main.html?download&weblink=7944e3e9945086b8ea70df61c7b4c0b7 http://ftp-tv.wdr.de/main.html?download&weblink=7944e3e9945086b8ea70df61c7b4c0b7 http://www.taz.de/!5343632 deutsche Entwicklungsministerium ein, dabei allein, also ohne internationale Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, mit den USA, mit den Japanern und Australiern, vorzugehen?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Herr Kollege Kekeritz, Ihre Einlassung überrascht mich etwas; denn das war das erste Mal in dieser Legislaturperiode, dass Sie offen zum Ausdruck gebracht haben, in der Entwicklungszusammenarbeit weniger ehrgeizig sein zu wollen als das Bundesentwicklungsministerium . ({0}) Natürlich reden wir mit vielen Partnern über das, was wir unter der Überschrift „Marshallplan“ vorschlagen wollen . Das tun wir im Rahmen der Europäischen Union . Ich habe selbst eine Reihe von Gesprächen dazu mit bilateralen, multilateralen Partnern geführt . Das wird kein Alleingang des deutschen Entwicklungsministeriums sein; aber wir werden dazu in Vorlage gehen, und wir werden präsentieren, was wir uns darunter vorstellen . Ich darf darauf hinweisen, dass Deutschland im nächsten Jahr die G-20-Präsidentschaft innehat . Wir werden auch in diesem Rahmen versuchen, einen Akzent mit Blick auf Afrika als unseren Nachbarkontinent zu setzen . In diesem Fahrplan spielen auch unsere Überlegungen für einen Marshallplan eine Rolle .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Kekeritz .

Uwe Kekeritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004066, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Der Marshallplan, so wie Sie ihn gerade geschildert haben, wird als Erstes auf private Initiative setzen . Inwieweit wird er sich von der bisher durchgeführten klassischen, traditionellen, wie Sie selber sagen, gut fundierten und bewährten Afrika-Politik des BMZ unterscheiden? Ich denke, dass sich in den letzten Monaten herauskristallisiert hat, dass eine deutliche Abkehr von der üblichen Entwicklungspolitik stattfindet. Es wird ganz massiv auf Privatinitiativen gesetzt . Es wird ganz intensiv auf Grenzmanagement gesetzt . Es wird ganz intensiv auf Stärkung von Polizei- und militärischen Strukturen gesetzt . Das alles sind Paradigmenwechsel, die nirgendwo abgesprochen sind, die auch nicht erklärbar sind und die vor allen Dingen eines nicht bewirken, nämlich die Fluchtursachen zu reduzieren . Also: Inwieweit wird sich Ihr Marshallplan von der bisher geleisteten Entwicklungspolitik unterscheiden?

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Der Marshallplan wird keine Revision der bisherigen Entwicklungspolitik sein, sondern darauf aufbauen und sie zu erweitern versuchen . Wir sind in einem internationalen Dialog, in dem wir im letzten Jahr im Rahmen der Vereinten Nationen die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beschlossen haben und zu dem es große Konferenzen über die Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit gab . Das muss für unsere Antworten Konsequenzen haben, auch in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit . Wir haben unser Engagement in Afrika in den letzten Jahren signifikant erweitert - das wissen Sie -, und wir müssen tatsächlich auch neue Partner mit ins Boot holen . Die Vorstellung, in der Zusammenarbeit allein aus unseren Steuermitteln auf einem so gewaltigen Kontinent mit 1,2 Milliarden Einwohnern signifikante Unterschiede erzielen zu können, ist verwegen . Deswegen müssen wir uns zur Decke strecken und viele weitere Partner mit einbeziehen . Dazu zählt auch der private Sektor . Es gilt aber auch, insbesondere die Möglichkeiten der Entwicklungsländer zu stärken, eigene Ressourcen zu nutzen und damit ihre Abhängigkeiten von Geberstaaten zu reduzieren . In diesem breiten Kontext müssen wir die Fragen auch in einem Marshallplan angehen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke . - Dann noch der Abgeordnete Movassat .

Niema Movassat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004114, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Herr Staatssekretär, um auf das zurückzukommen, was wir beide gemeinsam im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erleben: Wir hatten heute einen sehr interessanten Gast bei uns im Ausschuss, einen Jesuitenpater aus Kenia, der einiges auch zum Thema „Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika“ gesagt hat . Er hat unter anderem gesagt, es gehe ihm nicht darum, dass man primär noch mehr gibt, sondern darum, dass man weniger nimmt . Der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, hat das einmal mit den Worten beschrieben: Es kommt nicht darauf an, der Dritten Welt mehr zu geben, sondern darauf, weniger zu stehlen . In dem Zusammenhang würde mich interessieren, warum Sie als Ministerium sich zum Beispiel nicht gegen die EPAs, die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den afrikanischen Ländern, aussprechen, die den Partnern wirklich die Pistole auf die Brust setzen und wirtschaftliche Entwicklung dort unmöglich machen . Der Afrika-Beauftragte der Kanzlerin, Herr Nooke, hat einmal gesagt: Das EU-Freihandelsabkommen EPA macht Entwicklungshilfe zunichte . - Die Frage ist, warum Sie von irgendwelchen Marshallplänen schwadronieren, die anscheinend auch gar nicht von der Kanzlerin unterstützt werden - man fragt sich sowieso, wie das überhaupt funktionieren soll -, warum Sie sich nicht für Maßnahmen einsetzen, die der Entwicklung in Afrika wirklich helfen würden, zum Beispiel ganz konkret für den Stopp der EPAs .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Die Staaten des afrikanisch-karibisch-pazifischen Raums genießen präferenziellen Zugang zum europäUwe Kekeritz ischen Binnenmarkt . Die europäischen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sind darauf gerichtet, den europäischen Binnenmarkt für die Produkte aus Entwicklungsländern offen zu halten . Der Pater, der auf Ihre Einladung heute im Ausschuss gewesen ist, hat genau das hervorgehoben und dafür plädiert, dass wir die Märkte offen halten . Er hat es ausdrücklich formuliert; Sie werden es im Protokoll der Ausschusssitzung nachlesen können . ({0}) Insofern gibt es nun Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die von der Europäischen Kommission geführt werden . Wir beteiligen uns intensiv daran, auch wenn die Federführung nicht immer bei uns liegt . Diese Abkommen dienen nicht dazu, Partnern die Pistole auf die Brust zu setzen . Die Vertreter der Europäischen Kommission verhandeln unbewaffnet, die Vertreter der afrikanischen Partnerstaaten ebenfalls . Sie sind in mehr als eine Diskussion einbezogen gewesen . Wir als BMZ haben insbesondere auch die Vertreter unserer Partnerländer zu uns ins Haus gebeten, um die Details dieser Partnerschaftsabkommen mit ihnen zu besprechen . Sie selbst sind für heute, 17 Uhr, eingeladen, an einer weiteren Diskussion über Studien zu den Chancen, aber auch den Herausforderungen von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen teilzunehmen, die in unserem Auftrag, im Auftrag des Entwicklungsministeriums, erstellt worden sind . Insofern nehmen wir das sehr ernst . Gestatten Sie mir noch einen Satz zur Frage „Stehlen oder nehmen“?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Noch einen, weil das dann sowieso der Abschluss dieses Geschäftsbereiches ist .

Thomas Silberhorn (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003636

Es treibt uns schon sehr um, dass nach Schätzungen der OECD jedes Jahr mindestens 150 Milliarden US-Dollar aus Entwicklungsländern in andere Länder exportiert werden . Dieses Geld, das in Entwicklungsländern verdient worden ist, wird dort aber nicht investiert und eingesetzt, um Beschäftigung und wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen . Das ist mehr Geld, als die gesamte internationale Gemeinschaft an Entwicklungsgeldern zur Verfügung stellt . Wir werden uns - auch im Rahmen dieses Marshallplans - intensiv folgender Frage widmen müssen: Wie können wir dazu beitragen, dass die in Entwicklungsländern vorhandenen Mittel auch dort gehalten und so eingesetzt werden, dass nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigungsperspektiven vor Ort entstehen können?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs . Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Staatssekretär Silberhorn, für die Beantwortung . Wir kommen zum Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes . Die Frage 6 des Abgeordneten Oliver Krischer wird schriftlich beantwortet . Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie . Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Zypries zur Verfügung . Die Frage 7 der Abgeordneten Bärbel Höhn, die Fragen 8 und 9 der Abgeordneten Katharina Dröge sowie die Frag 10 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl werden schriftlich beantwortet . Ich rufe jetzt die Frage 11 des Kollegen Hubertus Zdebel auf: Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, dass die dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ({0}) unterstehende Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ({1}) die Internetseite über ihre Präsidenten mit dem Link www .bgr .bund .de/DE/50JahreBGR/DE/Praesidenten/praesidenten_node .html ({2}) aus ihrem Netzangebot genommen hat, nachdem über die Vergangenheit von Geologen, die an der Kriegsführung in Nazideutschland großen Anteil hatten - darunter mit Hans-Joachim Martini, Alfred Bentz und Gerhard Richter-Bernburg ehemalige BGR-Präsidenten -, berichtet wurde ({3}), und wie bewertet sie diesen Vorgang? Bitte schön, Frau Staatssekretärin .

Brigitte Zypries (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003870

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Herr Abgeordneter, hat uns mitgeteilt, dass es sich bei den Internetseiten, nach denen Sie gefragt hatten, um Informationen aus Anlass der Feier des 50-jährigen Jubiläums der BGR am 25 . November 2008 gehandelt hat . Auf diesen Internetseiten seien neben dem Programm zum Festakt auch eine Zeittafel der Geschichte der BGR sowie Kurzportraits der ehemaligen Präsidenten der BGR aufgenommen gewesen . Teile dieser Internetdarstellung bedurften einer Überarbeitung und einer neuen Einordnung . Deshalb seien sie heruntergenommen worden . Insofern ist der Sachverhalt richtig . Zur Geschichte der BGR, um die es ja nun eigentlich geht, gibt es eine eigenständige Internetseite mit der entsprechenden Zeittafel, die nach den aktuellen Recherchen um den folgenden Hinweis - ich zitiere - ergänzt wurde: Die systematische geschichtliche Untersuchung und wissenschaftliche Aufarbeitung der BGR und ihrer Vorläufereinrichtungen steht noch aus . Der Untersuchung kommt aus Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ({0}) sowie der BGR eine große Bedeutung zu . Auf Basis der Erfahrungen aus der Geschichtskommission des BMWi wird das BMWi gemeinsam mit der BGR dazu weitere konkrete Schritte einleiten . http://www.bgr.bund.de/DE/50JahreBGR/DE/Praesidenten/praesidenten_node.html http://www.bgr.bund.de/DE/50JahreBGR/DE/Praesidenten/praesidenten_node.html http://www.sueddeutsche.de/politik/ns-vergangenheit-erdoel-fuer-den-fuehrer-1.3191600 http://www.sueddeutsche.de/politik/ns-vergangenheit-erdoel-fuer-den-fuehrer-1.3191600 http://www.tagesschau.de/ausland/geowissenschaften-ns-101.html http://www.tagesschau.de/ausland/geowissenschaften-ns-101.html Dass dies so sein wird, ist in der Tat mit unserem Ministerium abgestimmt . Das heißt, es wird jetzt eine solche Untersuchung geben .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön, Ihre Zusatzfrage .

Hubertus Zdebel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004449, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön, Frau Präsidentin . - Das bedarf doch noch einmal einer genaueren Nachfrage, Frau Zypries . Die Fakten, die Sie vorgetragen haben, stimmen so weit . Es gibt jetzt in der Tat auf der BGR-Homepage einen ganz neuen Hinweis . Er erfolgte, nachdem es erste Veröffentlichungen in den Medien über die braune Vergangenheit einiger führender Geologen im Dritten Reich gab, was die Kriegsvorbereitung und die Ausbeutungsprozesse bei der Gewinnung von Rohstoffen anbelangte . Pikant bei der ganzen Angelegenheit ist allerdings, dass es sich bei dreien dieser ehemaligen NS-Geologen um spätere Präsidenten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe handelt . Insbesondere möchte ich auf Herrn Hans-Joachim Martini hinweisen, der auch Namensgeber der Hans-Joachim-Martini-Stiftung ist . Er war von 1940 bis 1945 im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren Leiter der dortigen Arbeitsstelle für Bodenforschung . Des Weiteren war er, wie sich jetzt ebenfalls herausgestellt hat, auch in der damaligen Marionettenrepublik Slowakische Republik, die es ja bis 1945 gab, tätig . Es hat sich ebenfalls herausgestellt, dass Herr Martini Mitglied der SA, später der NSDAP und der SS gewesen ist . Das ist in den Medien dargelegt worden . Daraufhin hat es auf der Homepage der BGR eine Änderung gegeben . Es hat auf dieser Seite, die ich gerade angesprochen habe, auch die Entnahme der Beiträge über diese ehemaligen BGR-Präsidenten gegeben . Über Herrn Martini - den ich bereits angesprochen habe - fehlt für die Zeit von 1940 bis 1945 ein entsprechender Hinweis . Das hat zumindest für mich ein Geschmäckle . Man hätte durchaus einen Hinweis machen können, dass diese Seite im Rahmen der historischen Überarbeitung bearbeitet werden muss . Es gehört zur historischen Überarbeitung, solche Vorgänge nicht einfach sang- und klanglos von der Homepage verschwinden zu lassen, vielmehr müssen sie entsprechend weiter dokumentiert werden . Würden Sie als Regierung dafür Sorge tragen, dass diese Seite weiter in die Dokumentation der BGR-Geschichte aufgenommen wird, oder nicht?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Zdebel, ich habe es so verstanden, dass Sie beide Zusatzfragen in einer gestellt haben, weil Sie zweieinhalb Minuten gesprochen haben . Ja? - Danke . Frau Staatssekretärin .

Brigitte Zypries (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003870

Herr Abgeordneter, Sie haben völlig recht . Wir werden nachhalten, was dort geschieht . Wir werden auch darauf achten, dass die Ankündigung, die ich eben zitiert habe, konkretisiert wird . Ich denke, wir sollten hier einen möglichen Zeitablauf dokumentieren, damit es nicht im Ungewissen bleibt . Wir werden uns noch einmal darum kümmern .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön . - Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs . Herzlichen Dank an die Staatssekretärin Frau Brigitte Zypries . Ich rufe den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts auf . Die Frage 12 der Abgeordneten Inge Höger, die Frage 13 des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, die Frage 14 des Abgeordneten Omid Nouripour und die Frage 15 der Abgeordneten Sevim Dağdelen werden schriftlich beantwortet . Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr . Günter Krings zur Verfügung . Die Frage 16 des Abgeordneten Andrej Hunko, die Fragen 17 und 18 des Abgeordneten Özcan Mutlu sowie die Fragen 19 und 20 der Abgeordneten Erika Steinbach werden schriftlich beantwortet . Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen, auf: Wie viele Rohingya hat Deutschland seit dem Jahr 2012 im Rahmen des deutschen Resettlement-Programms ({0}) aufgenommen ({1}), und inwiefern wird diese Zahl angesichts der jüngsten Entwicklungen in Rakhaing bzw . Arakan erhöht, wo erneut erhebliche Menschenrechtsverletzungen gegen die zivile Rohingya-Bevölkerung drohen bzw . bereits begangen werden ({2})? Bitte schön, Herr Staatssekretär .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Beck, Deutschland hat im Rahmen des bestehenden Resettlement-Programms im Jahr 2014 sieben schutzbedürftige Flüchtlinge aus Indonesien aufgenommen, die der Bevölkerungsgruppe der Rohingya, nach der Sie fragten, angehören . Dabei handelte es sich um einen verwitweten Mann sowie eine sechsköpfige Familie . In den Jahren 2016/2017 liegt vor dem Hintergrund der Migrations- und Flüchtlingskrise im Nahen Osten der Fokus bei Resettlements auf den Ländern des Mittleren Ostens und Nordafrikas .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön, Herr Kollege Beck . http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Asyl-Fluechtlingsschutz/Humanitaere-aufnahmeprogramme/humanitaere-aufnahmeprogramme_node.html http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Asyl-Fluechtlingsschutz/Humanitaere-aufnahmeprogramme/humanitaere-aufnahmeprogramme_node.html http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Asyl-Fluechtlingsschutz/Humanitaere-aufnahmeprogramme/humanitaere-aufnahmeprogramme_node.html http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Asyl-Fluechtlingsschutz/Humanitaere-aufnahmeprogramme/humanitaere-aufnahmeprogramme_node.html

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Staatssekretär, das befriedigt natürlich nicht . Die Resettlement-Programme sind laut UNHCR dazu gedacht, einerseits dauerhafte Lösungen für besonders verfolgte Gruppen zu finden und andererseits dauerhafte Lösungen für Flüchtlinge zu finden, die sich in Staaten aufhalten, die besonders herausgefordert sind . Wir leisten dann dort gar keinen Beitrag dazu, wenn wir im Rahmen des EU-Türkei-Deals dieses Verfahren nur noch für diesen Mechanismus gebrauchen . Deshalb frage ich Sie: Welche Schutzperspektiven bietet die Bundesregierung für Flüchtlinge in hoffnungslosen Situationen in anderen Weltregionen wie den Rohingya in Bangladesch und den Somaliern in Kenia? Es handelt sich um Flüchtlingsgruppen, die sich unter nicht akzeptablen Bedingungen in Nachbarländern befinden und wo der UNHCR dringend Unterstützung benötigt .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Frau Präsidentin! Lieber Kollege Beck, es ist keineswegs so, dass wir nur Resettlement-Programme betreiben, die im Zusammenhang mit der Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und der Türkei stehen . Wir haben beispielsweise Resettlements im Libanon und natürlich auch in anderen Staaten . Insofern geht es nicht nur um diesen Bereich . Aber es ist richtig, dass wir uns derzeit auf diese Region konzentrieren . Deutschland ist angesichts der Aufnahme von fast 1 Million Flüchtlingen allein im letzten Jahr und weiteren Flüchtlingen in diesem Jahr in einer besonderen Situation . Ich glaube, es ist auch angemessen, dass wir im Rahmen einer internationalen Arbeitsteilung davon ausgehen, dass das stärker die Aufgabe von Ländern ist, die nicht im gleichen Maße wie wir im letzten Jahr Flüchtlinge aufgenommen haben .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Vor dem Hintergrund möchte ich Sie nach der Kenntnis der Situation der Rohingya in Bangladesch fragen . Nach 1992 sind sie nach Bangladesch geflohen und wurden dort aufgrund der bangladeschischen Politik nicht vom UNHCR registriert; denn Bangladesch ist hinsichtlich der Genfer Flüchtlingskonvention kein Signatarstaat . In den Camps von Kutupalong und Nayapara leben sie in desaströsten Verhältnissen . Was wissen Sie über den Stand der Pläne der bangladeschischen Regierung, diese Camps zwangsweise aufzulösen? Im Guardian gab es mehrere Berichte darüber, dass dort entsprechende Truppen eingerückt sind . Wie reagiert die Bundesregierung auf diese Verschärfung der Menschenrechtssituation?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Beck, bei den konkreten Punkten, die Sie zum Schluss ansprachen, sind wir auf Informationen aus dem Auswärtigen Amt angewiesen, das die Lage fortlaufend beobachtet . Insgesamt darf ich Ihnen aber versichern, dass uns die prekäre und schwierige Lage dieser Bevölkerungsgruppe durchaus bekannt ist . Dass wir für den Bereich aktuell keine Resettlement-Maßnahmen planen, heißt nicht, dass wir in irgendeiner Form die Lage beschönigen wollen . Allerdings können wir nicht alle Lagen dieser Welt in dieser Art adressieren . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Herr Kollege Beck, das Problem ist jetzt gerade, dass Sie schon zwei Nachfragen gestellt haben . Aber beim nächsten Mal können Sie auch eine Anfrage an das Auswärtige Amt schicken . ({0}) - Ja, aber Sie haben jetzt gerade die beiden Fragen schon gestellt . ({1}) Wir kommen jetzt zu Ihrer Frage 22 zu den Asylverfahren äthiopischer Staatsangehöriger, und dann haben Sie auch zweimal die Möglichkeit, nachzufragen . Ich rufe die Frage 22 des Kollegen Volker Beck auf: Wie viele Asylverfahren äthiopischer Staatsangehöriger wurden seit Anfang des Jahres 2016 abgeschlossen ({2}), und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung bzw . das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angesichts der gegenwärtigen Proteste, die von den äthiopischen Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen werden ({3}), um diesen Entwicklungen bei der Bearbeitung von Asylverfahren angemessen Rechnung zu tragen? Herr Staatssekretär .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Vielen Dank . - Ich darf, weil es bei beiden Fragen um ähnliche Themenkomplexe geht, eine Vorbemerkung machen und Ihnen versichern: Ich will damit nicht einer Befragung der Bundesregierung ausweichen . Ich habe nur darauf hingewiesen, wie das Verfahren ist, welche Aufgaben das Auswärtige Amt übernimmt und was es uns zuliefert . Ich darf auch in Bezug auf die letzte genannte Bevölkerungsgruppe betonen: Die schwierige Lage ist uns bekannt, hat aber nicht dazu geführt, dass wir hier Resettlement-Programme vorsehen . Ich komme zu Ihrer Frage zu äthiopischen Staatsbürgern in Deutschland . Dazu darf ich Ihnen sagen: Von Januar bis September 2016 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über 726 Asylanträge von äthiopischen Staatsangehörigen entschieden . http://www.tagesschau.de/ausland/aethiopien-113.html http://www.tagesschau.de/ausland/aethiopien-113.html Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beobachtet und evaluiert die Lage in den Herkunftsländern von Asylantragstellern kontinuierlich . Das gilt auch für die Situation in Äthiopien . Ob und inwieweit die aktuelle Verschärfung der Situation und die Verhängung des Ausnahmezustands in Äthiopien zu einer Änderung der Entscheidungspraxis führt, wird natürlich geprüft . Unabhängig von einer allgemeinen Lageveränderung wird im Übrigen stets den individuellen Umständen des Einzelfalles Rechnung getragen . Wir haben es ja beim Flüchtlingsstatus, beim Asylrecht, mit einem Individualgrundrecht zu tun, das im Einzelfall geprüft werden kann und nicht kollektiv abgelehnt oder bejaht werden kann . Sie haben des Weiteren nach sehr konkreten Zahlen - Monat für Monat - gefragt . Wenn ich die jetzt alle vorlesen würde, dann würde ich den Zeitrahmen massiv sprengen . Es wäre auch ein bisschen langweilig . Ich kann Ihnen die Zahlen aber gerne gleich aushändigen . Ich habe sie, glaube ich, dabei; sonst würde ich sie gleich nachreichen . Sie kriegen die Zahlen heute und hier .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Volker Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Wenn ich die Antwort überhaupt kriege, bin ich damit gerne einverstanden . - Die Bundeskanzlerin war jetzt auf ihrer Afrika-Reise auch in Äthiopien . Inwiefern hat die Bundeskanzlerin auf ihrer jüngsten Reise die Situation bezüglich der Oromo in Äthiopien angesprochen, die von den Verfolgungsmaßnahmen besonders stark betroffen sind?

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Das kann ich Ihnen nicht sagen, und zwar nicht aus Gründen der Ressortzuständigkeit, sondern weil die Delegation der Bundeskanzlerin naturgemäß nicht alle Staatssekretäre der Bundesregierung umfasst . Ihre Frage bezog sich auf die Ansprache . Wenn es um die damit verbundene Frage der Informationen geht, möchte ich betonen, dass entsprechende Informationen natürlich nicht nur bei Staats- und Regierungsbesuchen gewonnen werden, sondern über unsere Botschaft und das Auswärtige Amt fortlaufend Informationen zur Veränderung der Lage in solchen Ländern an uns herangetragen werden .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Volker Beck .

Volker Beck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002625, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Es handelt sich bei den jüngsten Verschärfungen der Lagen im Prinzip um einen ethnischen Konflikt, der sich gegen die Gruppe der Oromo und die Proteste, die von dieser Gruppe ausgingen, richtet; denn die Sicherheitskräfte haben diese Proteste niedergeschlagen . Wie trägt jetzt das BAMF in seiner Asylpraxis der Tatsache Rechnung, dass hier eine Verfolgung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit stattfindet? Das ist eine neue Situation im Vergleich zu der Situation, die wir vor diesen Ereignissen hatten .

Dr. Günter Krings (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003574

Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, Sie und ich haben eines gemeinsam: In dieser Frage bedienen wir uns zunächst einmal aus Medienberichten . Allerdings hat das BAMF den Vorteil - das ist auch richtig so -, dass es auf die Expertise und die Erkenntnisse des Auswärtigen Amts und der jeweiligen Botschaften zurückgreifen kann . Ich glaube, das muss im Einzelfall dann auch zugrunde gelegt werden . Sie haben die Deutung dieser Konflikte als ethnische Konflikte aufgemacht. Ich will hier und heute gar nicht widersprechen . Aber ich glaube, es ist nicht unsere Aufgabe, das unter Verwendung von Medienberichten zu tun . Wenn das BAMF die Entscheidungen trifft - mithilfe von Informationen des Auswärtigen Amts -, dann muss das für den Einzelfall unter Berücksichtigung der veränderten Lage erfolgen . ({0}) - Das kann ich gerne ergänzen: Der Zeitraum von wenigen Wochen ist nun wirklich zu kurz, um eine andere Entscheidungspraxis annehmen zu können .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Die Fragen 23 und 24 der Kollegin Ulla Jelpke werden schriftlich beantwortet . Damit bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Christian Lange zur Verfügung . Die Frage 25 der Kollegin Dağdelen wird schriftlich beantwortet . Ich rufe die Frage 26 der Abgeordneten Martina Renner, Fraktion Die Linke, auf: Was hat die Bundesregierung im Einzelnen unternommen, um herauszufinden, welche Strafvorwürfe in den Vereinigten Staaten von wem gegen Edward Snowden erhoben werden? Bitte schön, Herr Staatssekretär .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Ich würde die Fragen 26 und 27 wegen des Sachzusammenhangs gerne gemeinsam beantworten, wenn Sie gestatten .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Die Kollegin Renner ist einverstanden . Dann rufe ich auch die Frage 27 der Kollegin Renner auf: Welche konkreten Nachfragen hat die Bundesregierung dazu im Einzelnen gestellt, und welche Antworten oder Informationen hat die Bundesregierung so erlangt? Bitte schön .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Damit beantworte ich beide Fragen wie folgt: Die Bundesregierung hat sich anhand der im Internet verfügbaren Criminal Complaint vom 14 . Juni 2013 sowie des Ersuchens um vorläufige Inhaftnahme vom 3. Juli 2013 über die Strafvorwürfe informiert . In zwei Schreiben des Bundesamtes für Justiz wurde um ergänzende Informationen gebeten . Diese Schreiben wurden vom Justizministerium der Vereinigten Staaten von Amerika beantwortet . Über den Eingang des jüngsten Schreibens vom 13 . Oktober 2016 hat mein Haus den Vorsitzenden des 1 . Untersuchungsausschusses unterrichtet . Das amerikanische Justizministerium hat mitgeteilt, dass einer Herausgabe des Schreibens nicht zugestimmt werden könne . Dies wird damit begründet, dass ein Teil der in dem Schreiben enthaltenen Informationen durch das zuständige Gericht als vertraulich eingestuft worden sei und daher nur für die Zwecke der Festnahme und Auslieferung von Edward Snowden Verwendung finden dürfe . Über diese Einstufung des Gerichts könne sich das U .S . Department of Justice nicht hinwegsetzen . Gerade in der Zusammenarbeit in Rechtshilfeangelegenheiten, zumal bei laufenden Vorgängen, ist die international praktizierte Vertraulichkeit des Verfahrens ein höchst schützenswertes Gut, auch im Hinblick auf zukünftige Fälle . Ich bedaure deshalb, dass ich Ihnen keine weiteren Einzelheiten zum Inhalt des Schreibens mitteilen kann .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Renner .

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, gleich vier Nachfragen zu stellen . Erstens . Haben Sie sich darüber hinaus zum Beispiel mit dem Verfahrensbevollmächtigten von Herrn Edward Snowden in den USA und in Europa in Verbindung gesetzt, um weitere Informationen zu den Strafvorwürfen zu erhalten? Zweitens .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Soll der Staatssekretär die Frage jeweils gleich beantworten? Sie haben viermal die Möglichkeit, nachzufragen .

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich kann gerne alle Fragen im Zusammenhang stellen . Ich weiß nicht, wie sich der Herr Staatssekretär das wünscht .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Wie ist es Ihnen recht?

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Stellen Sie ruhig die Fragen im Zusammenhang . Ich beantworte sie dann .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Gut . Bitte schön .

Martina Renner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004385, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke . - Würden Sie mir recht geben, dass die Angaben aus dem Justizministerium der USA maßgeblich von Bedeutung sind - in Ihrem Haus, aber auch insgesamt in der Bundesregierung - für die Beurteilung der Frage, ob Edward Snowden Auslieferungsschutz gewährt werden muss, also ob ihm in den USA politische Strafverfolgung droht? Drittens . Müssten vor dem Hintergrund der Relevanz dieser Informationen diese nicht auch an den Untersuchungsausschuss gelangen, der sich mit der Frage einer Realisierung der Zeugenladung intensiv zu befassen hat? Zuletzt würde ich gerne noch von Ihnen wissen: Wann kann der Untersuchungsausschuss mit der Beantwortung unserer vor zweieinhalb Jahren gestellten Frage rechnen, in der es darum geht, inwieweit Sie dem Amtshilfeersuchen aus dem Untersuchungsausschuss Folge leisten würden, eine sichere Einreise von Edward Snowden zu gewähren? Würden Sie die Frage nach einem möglichen Auslieferungshindernis bejahen? Ihnen liegen ja jetzt alle - zwar geheim eingestuften - Informationen aus dem Justizministerium vor . Darf der Untersuchungsausschuss jetzt endlich mit einer Antwort aus Ihrem Haus rechnen?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Das waren jetzt alle vier Zusatzfragen . - Bitte schön, Herr Staatssekretär .

Christian Lange (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003168

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Zunächst zur Frage nach den Verfahrensbevollmächtigten, ob wir bei weiteren Personen angefragt haben: Unser Ansprechpartner ist das amerikanische Justizministerium . Deshalb hat sich das Bundesamt für Justiz für ergänzende Informationen an ebendieses gewandt . Zweitens . Es ist natürlich richtig, dass das für die Einordnung, was die Relevanz anbelangt, von Bedeutung ist . Aber genau dazu kann ich Ihnen jetzt angesichts der Einstufung durch das amerikanische Justizministerium keine Auskunft erteilen, wie ich es dargestellt habe . Dann zu Ihrer Frage, was wir zu unternehmen beabsichtigen: Die Bundesregierung muss über die Bewilligung eingehender Ersuchen auf vorläufige Inhaftnahme mit dem Ziel der Auslieferung entscheiden . Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird Vizepräsidentin Ulla Schmidt die beteiligten Ressorts deshalb zu einer Besprechung einladen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Vielen Dank . - Die Frage 28 des Kollegen Christian Ströbele wird schriftlich beantwortet . Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Staatssekretär Lange, für die Beantwortung der Fragen . Die Fragen 29 und 30 des Kollegen Dr . Axel Troost und die Fragen 31 und 32 der Kollegin Lisa Paus aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen werden schriftlich beantwortet . Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales . Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller zur Verfügung . Ich rufe die Frage 33 der Abgeordneten Katrin Werner auf: Wie schlüsseln sich die von der Bundesministerin Andrea Nahles am 22 . September 2016 in ihrer Bundestagsrede zum Bundesteilhabegesetz erwähnten 700 Millionen Euro Mehrausgaben des Bundes im Zuge des geplanten Bundesteilhabegesetzes im Einzelnen auf? Bitte schön, Frau Staatssekretärin .

Gabriele Lösekrug-Möller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003482

Vielen Dank, Frau Präsidentin . - Kollegin Werner, ich antworte wie folgt: Für den Bund ergeben sich zum Zeitpunkt des vollständigen Inkrafttretens des Bundesteilhabegesetzes im Jahr 2020 Mehrausgaben in Höhe von 693 Millionen Euro, das heißt von rund 700 Millionen Euro . Die Mehrausgaben des Bundes werden in der Gesetzesbegründung unter den Ausführungen zu den Gesetzesfolgen transparent dargestellt . Die entsprechenden Mehrausgaben setzen sich danach wie folgt zusammen: 58 Millionen Euro für die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung, 1 Million Euro für den Teilhabeverfahrensbericht der BAR, 3 Millionen Euro für die Untersuchung und Umsetzungsunterstützung des Bundesteilhabegesetzes, jeweils 100 Millionen Euro für präventive Modellvorhaben nach SGB II und SGB VI und 431 Millionen Euro für zusätzliche Ausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Werner, Sie dürfen jetzt noch einmal oder zweimal nachfragen .

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Danke schön, Frau Präsidentin . - Ich habe nur eine Nachfrage: Ich würde gerne wissen, wie viel von den Geldern direkt bei den Menschen mit Behinderungen ankommt und damit ihre gesellschaftliche Teilhabe verbessert . Es war jetzt von Modellprojekten die Rede . Aber: Welche Mittel kommen direkt bei den Menschen an?

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön .

Gabriele Lösekrug-Möller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003482

Ich versuche, bestmöglich zu antworten . Sie müssen berücksichtigen, dass das ein Gesetzentwurf ist und das Gesetz seine Wirkung erst noch entfalten muss . Daher können wir nicht genau sagen, wie viel von den Mitteln direkt bei den Leistungsempfängern ankommt . Wir wissen aber sehr wohl, wie sich die Kosten der Eingliederungshilfe und damit die Leistungen in den letzten Jahren entwickelt haben . Wir gehen davon aus - Sie kennen ja unseren Koalitionsvertrag -, dass der berechtigte Personenkreis weder eingeschränkt noch ausgeweitet wird und die Leistungen nach diesem Recht jetzt teilhabeorientiert ausgerichtet werden . Daher können die Erkenntnisse aus den letzten Jahren helfen, den Kostenrahmen zu ermitteln, der ab 2020 eingehalten wird .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön . - Ich rufe jetzt die Frage 34 der Kollegin Katrin Werner auf: Wie hoch sind die Kosten für die Kampagne „Mehr möglich machen . Weniger behindern .“, die im öffentlichen Raum, in Tageszeitungen und Zeitschriften sowie im Internet auf die behindertenpolitische Gesetzgebung der Bundesregierung aufmerksam macht? Bitte schön .

Gabriele Lösekrug-Möller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003482

Vielen Dank . - Die Kosten für die Kampagne „Mehr möglich machen . Weniger behindern .“ betragen im Jahr 2016 bislang 990 061 Euro . Hiervon entfallen 919 875 Euro auf Schaltungen von Anzeigen in Tageszeitungen und Onlinemedien sowie Großflächenwerbung. Die Nebenkosten betragen 70 186 Euro und umfassen beispielsweise Ausgaben für Casting, Shooting, Druckunterlagenherstellung, Andrucke, technische Kosten der Außenwerbung im öffentlichen Raum und Prüfdrucke .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Werner .

Katrin Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004188, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich spreche das gerade im Hinblick auf die massive Kritik an dem vorgelegten Entwurf des Bundesteilhabegesetzes an in der Hoffnung, dass sich da noch viele Dinge ändern werden . Ich hätte schon gerne eine Bewertung . Was im Rahmen der Kampagne gerade gemacht wird, das kann man verstehen oder auch nicht . Aber: Wie bewerten Sie diese Kampagne? Ich stelle auch gleich meine zweite Nachfrage: Was soll das Ziel der Kampagne sein - für mich ist es, ehrlich gesagt, unverständlich -, und welche Zielgruppe haben Sie eigentlich bei dieser Kampagne im Auge?

Gabriele Lösekrug-Möller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003482

Ich will Ihnen sagen: Die UN-BRK verpflichtet die Vertragsstaaten in Artikel 8, das Bewusstsein für Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft zu schärfen, insbesondere durch öffentlichkeitswirksame Informations- und Aufklärungskampagnen . Um die Ziele der UN-BRK und die Maßnahmen des Ministeriums für Arbeit und Soziales bei ihrer Umsetzung in die breite Öffentlichkeit zu tragen, führen wir diese Kampagne durch . Sie beschränkt sich eben nicht - das darf ich klarstellend sagen - auf den Entwurf des Bundesteilhabegesetzes, sondern sie bezieht sich auf den weiterentwickelten Nationalen Aktionsplan - vor wenigen Tagen gab es Inklusionstage - und auch auf die Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes; es gab in diesem Jahr eine Novellierung, die bereits in Kraft getreten ist . All das umfasst diese Kampagne . Wir sehen sie als eine angemessene, richtige und, wenn ich Artikel 8 der UN-BRK heranziehe, notwendige und verpflichtende Maßnahme . ({0})

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke schön . - Sie sind zufrieden, Frau Kollegin Werner . Dann rufe ich jetzt die Frage 35 der Abgeordneten Jutta Krellmann auf: Kann die Bundesregierung bestätigen, dass sie aktuell die Regelungen zur Festhaltenserklärung in § 9 Absatz 1 Nummern 1 bis 1b des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ({0}), mit der ein illegal überlassener Arbeitnehmer der Entstehung eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher widersprechen kann, so auslegt, dass bei Fortführung einer rechtswidrigen Überlassung trotz Widerspruch ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher entsteht, weil der vorherige Widerspruch für den fortgeführten rechtswidrigen Einsatz nicht greift, wie von der Pressestelle des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gegenüber dem NDR am 11 . Oktober 2016 mitgeteilt wurde, und kann die Bundesregierung somit bestätigen, dass ihr aktuelles Regelungsziel ist, dass die Festhaltenserklärung zeitlich nicht für die Zukunft wirkt ({1})? Bitte schön, Frau Staatssekretärin .

Gabriele Lösekrug-Möller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003482

Frau Kollegin Krellmann, mit der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Festhaltenserklärung kann eine rechtswidrige Überlassung weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft legalisiert werden . Das Widerspruchsrecht ermöglicht allein das Festhalten am bisherigen Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher und schützt damit die durch Artikel 12 des Grundgesetzes geschützte Berufs- und Arbeitgeberwahl . Das Widerspruchsrecht ermöglicht jedoch nicht das Festhalten an einer rechtswidrigen Einsatzpraxis . Dementsprechend kommt es bei der Fortführung eines rechtswidrigen Einsatzes trotz Erklärung des Widerspruchs zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrages zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nach § 9 Absatz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher nach § 10 dieses Gesetzes, das im Entwurf heute auch im Ausschuss diskutiert und bewertet wurde . Wird der rechtswidrige Einsatz nach der Erklärung des Widerspruchs hingegen nicht fortgeführt, bleibt es auch für die Zukunft bei einem Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Bitte schön, Frau Krellmann .

Jutta Krellmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004080, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Vielen Dank . - Das war eine sehr klare und verständliche Erklärung . Ich habe keine Nachfragen .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Danke . - Dann kommen wir zur Frage 36 der Abgeordneten Jutta Krellmann: Plant die Bundesregierung, den Gesetzestext zur Festhaltenserklärung in § 9 Absatz 1 Nummern 1 bis 1b AÜG-E ({0}) dahin gehend zu ändern, dass sich das Regelungsziel, dass bei Fortführung einer rechtswidrigen Überlassung trotz Widerspruch ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher entsteht, weil der vorherige Widerspruch für den fortgeführten rechtswidrigen Einsatz nicht greift, auch im Wortlaut des Gesetzes findet, da dieser Wortlaut meiner Auffassung nach die Grenzen für die Auslegung setzt und das aktuelle Regelungsziel der Bundesregierung im derzeitigen Gesetzestext keinen tragfähigen Anknüpfungspunkt findet? Bitte schön, Frau Staatssekretärin .

Gabriele Lösekrug-Möller (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11003482

Ja, sehr gerne . - Kollegin Krellmann, der von der Bundesregierung am 1 . Juni beschlossene Gesetzentwurf befindet sich im parlamentarischen Verfahren - ich entschuldige mich schon einmal; ich weiß, dass wir uns heute Morgen im Ausschuss gesehen haben; aber der Vollständigkeit der Antwort halber will ich das gerne noch einmal erwähnen - und kann demzufolge nicht mehr von der Bundesregierung geändert werden . Im Übrigen teilt die Bundesregierung die in der Frage geäußerte Rechtsauffassung nicht, dass sich im Entwurfstext kein tragfähiger Anhaltspunkt für die in der Antwort zu Frage 35 dargelegte Auffassung findet. Der für die Beratungen im Deutschen Bundestag federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales hat sich in seiner heutigen Sitzung für einzelne Änderungen am Gesetzentwurf ausgesprochen . Hierzu zählte auch eine ausdrückliche Regelung zur Geltung von § 9 und § 10 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz bei der Fortführung einer rechtswidrigen Überlassung nach Widerspruch . In der Begründung des vom Ausschuss angenommenen Änderungsantrages wird zutreffend ausgeführt, dass dies nur der Klarstellung dient .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Frau Kollegin Krellmann, sind Sie wieder mit der Antwort einverstanden?

Jutta Krellmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004080, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ja .

Ulla Schmidt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002019

Wunderbar . - Ich bedanke mich bei der Staatssekretärin für die klare und eindeutige Beantwortung der Fragen . Damit sind wir am Ende Ihres Geschäftsbereiches angelangt . Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft auf . Die Frage 37 des Kollegen Friedrich Ostendorff und die Frage 38 der Kollegin Bärbel Höhn werden schriftlich beantwortet . Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf . Die Frage 39 des Kollegen Andrej Hunko und die Frage 40 des Kollegen Dr . Alexander S . Neu werden schriftlich beantwortet . Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit auf . Die Frage 41 der Kollegin Katrin Kunert wird schriftlich beantwortet . Als Letztes rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur auf . Die Frage 42 des Kollegen Stephan Kühn, die Frage 43 des Kollegen Oliver Krischer, die Fragen 44 und 45 des Kollegen Herbert Behrens sowie die Fragen 46 und 47 des Kollegen Matthias Gastel werden schriftlich beantwortet . Damit sind wir am Ende der Fragestunde angekommen . Ich unterbreche die Sitzung bis 15 .35 Uhr . ({0})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet . Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD Lage in Syrien und Irak und die internationalen Bemühungen um eine Stabilisierung der Region Ich eröffne die Aussprache . Das Wort hat als erster Redner in der Aktuellen Stunde Dr . Rolf Mützenich von der SPD-Fraktion . ({0})

Dr. Rolf Mützenich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003599, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bekämpfung des IS dient ein ganzes Bündel an verschiedenen Maßnahmen und Instrumenten wie Geheimdienste, Strafverfolgung, die Überprüfung der Finanzwege, aber auch die Zusammenarbeit mit anderen Ländern und die Stabilisierung der Region, der insbesondere vonseiten der Bundesregierung in den laufenden Haushalten, aber auch in der Zukunft große Priorität eingeräumt wird . Dazu gehört - auch das sage ich an dieser Stelle - ein inklusives und gerechtes Regieren im Irak; auch das ist eine Notwendigkeit, um eine Stabilisierung der Region hinzubekommen . Ich glaube, wir sollten uns immer wieder vor Augen führen: Leider gibt es auch viele deutsche Staatsbürger, die aufseiten gewaltbereiter Gruppen in dieser Region kämpfen . Das schafft auch eine Verantwortung Deutschlands gegenüber dieser Region . In der Tat: Nicht als einziges, aber als ein Instrument brauchen wir zur Bekämpfung des IS auch militärische Maßnahmen . Darüber werden wir morgen in der Mandatsdebatte noch diskutieren . Meine Damen und Herren, schwerste Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen sind in Syrien verübt worden, von Russland, aber auch von allen anderen Kriegsteilnehmern, indirekt oder direkt . Ich glaube, es ist notwendig, mit dem Finger auf genau diese Verantwortlichen zu zeigen . Die unterschiedslose Bombardierung von Zivilisten - zum Beispiel im Osten Aleppos, aber auch darüber hinaus - ist ein Menschenrechtsverbrechen, das auch so genannt werden muss . ({0}) Vonseiten der Sozialdemokratischen Partei haben wir die Bundeskanzlerin gebeten, dies auch heute beim Besuch von Präsident Putin in Deutschland so offen anzusprechen . Ich glaube, das ist richtig . Für mich war es wirklich schrecklich, zu hören, dass die Hilfsorganisationen, die dort immer noch tätig sind, sagen: Auch wir werden mittlerweile Ziel dieser Angriffe . Es gibt einen bemerkenswerten Beitrag der Vorsitzenden der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Frau GöringEckardt, in der FAZ von vor einigen Tagen, dessen Tenor lautet, jetzt müsse man doch endlich etwas tun, die Regierung tue zu wenig . Außerdem wurden Vorschläge gemacht, in Sachen Waffenruhe, Diplomatie, Vereinte Nationen, humanitäre Hilfe und Internationaler Strafgerichtshof endlich voranzukommen . Frau Göring-Eckardt, Ihr Artikel war nicht auf der Höhe der Zeit . Eine Waffenruhe ist von der Bundesregierung und ihren Partnern immer wieder eingefordert worden . Es ist auch immer wieder vermittelt worden; der Diplomatie sollte zum Durchbruch verholfen werden . Man regte an, dass die Vereinten Nationen aktiv werden . Von Deutschland kam zum Beispiel der Vorschlag, dass sich die Generalversammlung mit diesem Thema befassen soll . Die humanitäre Hilfe steht bei all den Fragen, die wir gegenüber dem Auswärtigen Amt immer wieder angesprochen haben, ganz oben auf der Tagesordnung . Da Sie unter anderem den Internationalen Strafgerichtshof erwähnt haben, Frau Göring-Eckardt, muss ich Ihnen sagen: Sie hätten die Bundesregierung 2015 loben sollen, als unter deutschem Vorsitz im Menschenrechtsrat genau dieses Thema auf der Tagesordnung gestanden hat und es darum ging, den Internationalen Strafgerichtshof durch Dokumentation zu unterstützen . ({1}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen eine ehrliche Debatte. Ich finde für Ihren Namensbeitrag keine andere Erklärung, als dass es sich dabei um einen innerparteilichen Wettbewerb handelt. Ich finde aber, dieses Thema ist zu ernst, um es dem innerparteilichen Wettbewerb unterzuordnen . ({2}) Meine Damen und Herren, in der Tat haben Sanktionen gegenüber Russland in den letzten Tagen eine große Rolle gespielt, und man sollte sie auch nicht grundsätzlich ausschließen . ({3}) Ich finde aber, dass die Frage berechtigt ist - auch Sie werden nicht umhinkommen, darauf zu antworten -: Schaffen wir mit Sanktionen das, was wir erreichen wollen, nämlich den Menschen in der Region die konkrete Hilfe zu geben, die wir in der Lage sind zu geben? ({4}) Das schaffen Sie mit Sanktionen eben nicht, insbesondere dann nicht, wenn Sie nicht ehrlich sind . Sie dürfen nämlich nicht nur einen Kriegsteilnehmer benennen, sondern müssen alle Kriegsteilnehmer in Syrien und darüber hinaus benennen. Ich finde, da haben Sie noch eine Menge zu tun . Hier wäre kein Namensartikel notwendig gewesen; stattdessen hätten Sie eine Menge benennen können . ({5}) Wir Sozialdemokraten sind nicht naiv gegenüber Russland . Insbesondere aber tun wir eines nicht: Wir biedern uns Putin nicht an. Das tun andere, und ich finde das falsch . Der entscheidende Punkt ist aber, dass wir sagen: Russland ist, egal wie es sich verhält, Nachbar Europas, und wir müssen versuchen, auch mit Russland immer wieder im Gespräch zu sein . Deswegen begrüßen wir, dass Präsident Putin heute nach Berlin kommt. Ich finde, Russland braucht unsere Aufmerksamkeit . Man muss Putin letztlich aber auch sagen, dass er kein verlässlicher Partner mehr ist, so wie ich ihn mir gewünscht habe . Spätestens mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim ist er andere Wege gegangen . Ich sage sehr eindeutig: Einfache Antworten werden dieser Krise, die längst über Syrien hinausgeht, nicht gerecht . Vielen Dank für die Aufmerksamkeit . ({6})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächste Rednerin hat Heike Hänsel für die Fraktion Die Linke das Wort . ({0})

Heike Hänsel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003763, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen ausdrücklich, dass heute ein Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu Syrien und zur Ukraine stattfindet; denn Dialog ist der richtige Weg. ({0}) Es geht darum, endlich wieder miteinander zu reden und sich nicht mit immer neuen Sanktionsforderungen und Säbelrasseln zu profilieren. ({1}) In diesem Zusammenhang begrüßen wir die aktuell von Russland und Syrien ausgerufene einseitige Feuerpause . Sie muss dazu genutzt werden, einen umfassenden beiderseitigen Waffenstillstand herbeizuführen . ({2}) Übrigens gibt es ja wohl schon erste Meldungen über einen möglichen Abzug der Fatah-al-Scham-Rebellen aus Aleppo . Das würden wir ausdrücklich begrüßen . Es wäre ein wichtiger Erfolg für die Vereinten Nationen in diesem gesamten Konflikt. ({3}) Bomben, egal von welcher Seite - das sagen wir ausdrücklich -, schaffen keinen Frieden . ({4}) Das sehen wir im Osten Aleppos mit aller Schärfe . Wer nur, wie die Bundesregierung - leider hat das mein Vorredner auch wieder gemacht -, von syrischen und russischen Bomben spricht, ({5}) aber dazu schweigt, dass in Syrien auch US-amerikanische, türkische, saudi-arabische und französische Bomben fallen, der macht sich völlig unglaubwürdig . ({6}) Zur Wirklichkeit in Aleppo gehört auch - das habe ich bisher nur wenig gehört - die Beschießung WestAleppos mit Mörsergranaten durch islamistische Rebellen, wodurch ebenfalls zahlreiche Zivilisten getötet oder verstümmelt werden . All das muss ein Ende haben! ({7}) - Ja . Dafür brauchen wir die entsprechenden Voraussetzungen . Dazu gehört unter anderem, dass die Bundesregierung endlich ihre strategischen Partnerschaften mit autoritären Regimen und Diktaturen wie der Türkei und Saudi-Arabien aufgibt, die den Krieg in Syrien und im Irak weiter anheizen und islamistische Gruppen nachweislich mit Waffen versorgen . ({8}) Dazu gehört auch, dass Sie in diese Länder keine Waffen mehr liefern. Ich finde es einen Skandal, dass sich Rheinmetall gemeinsam mit einem türkischen Unternehmen an einer neuen Panzerschmiede in der Türkei beteiligt und damit in die Massenproduktion von türkischen Panzern einsteigen will, während die kurdische Zivilbevölkerung mit türkischen Panzern bekämpft wird . Das ist doch nicht hinnehmbar . Beenden Sie endlich dieses Geschäft mit dem Tod! ({9}) Sie sind leider Meister einer Politik der Doppelstandards . ({10}) Für Syrien fordern Frank-Walter Steinmeier für die Bundesregierung, aber auch Norbert Röttgen eine Flugverbotszone; das haben wir auch von Cem Özdemir gehört . Aber wer hat nach den massiven Luftangriffen auf den Jemen, etwa der Bombardierung von Hochzeitsgesellschaften oder der Bombardierung zahlreicher Krankenhäuser, und nach dem Appell von Amnesty International an die Weltgemeinschaft eine Flugverbotszone gefordert? ({11}) Ich habe die Bundesregierung danach gefragt . Sie hat mir geantwortet, eine Flugverbotszone für den Jemen sehe sie nicht vor, da unklar ist, wer sie durchsetzen solle . Mit dieser Politik der Doppelstandards, mit dieser Einseitigkeit der Bundesregierung können wir international nicht zu Dialog und Konfliktlösung beitragen. ({12}) Diese Politik der Doppelstandards muss beendet werden . ({13}) Das betrifft übrigens auch den Irak . Die nun verkündete Großoffensive auf Mosul wird natürlich auch vielen Zivilisten das Leben kosten und zu vielen neuen Flüchtlingen führen . Die UN sprechen in diesem Zusammenhang von 1 Million Menschen . Und ich sage Ihnen: Die Offensive birgt die Gefahr für einen neuen Krieg in der Region . Präsident Erdogan hat nämlich angekündigt ich zitiere ihn -: Wenn Mosul vom IS . . . befreit worden ist, sollten nur sunnitische Araber, Turkmenen und sunnitische Kurden dableiben . Zu diesem skandalösen Satz, der bedeutet, dass es zu ethnischen Vertreibungen oder vielleicht auch zu Grenzverschiebungen kommen kann, habe ich von der Bundesregierung kein einziges Wort gehört . ({14}) Es ist wirklich inakzeptabel, dass Sie zu einer solchen Politik von Erdogan schweigen . ({15}) Ich frage mich auch, wie Sie nach wie vor rechtfertigen, dass Sie den Kurden im Norden Syriens keine humanitäre Hilfe leisten, dass Sie sich nicht gegen die türkische Blockade gegenüber den Kurden aussprechen . Auch hier wäre es überfällig, dass sich die Bundesregierung für diejenigen einsetzt, die derzeit am effektivsten gegen den IS kämpfen . Krieg als Mittel der Politik bedeutet immer eine menschliche und politische Katastrophe . Krieg ist immer ein Verbrechen, egal von welcher Seite . Auch Terrorismus lässt sich damit nicht bekämpfen . Wir brauchen endlich den Anlauf neuer politischer Initiativen in Syrien und im Irak . Dazu gehört auch die breite Beteiligung der Zivilgesellschaft; sie ist mittlerweile nämlich ganz außen vor . Es gibt nach wie vor politische Initiativen der zivilen Opposition in all diesen Ländern, einer Opposition, die sich dafür starkmacht, eine neue Politik des Friedens zu entwerfen . Sie braucht unsere Unterstützung . Danke . ({16})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächster Redner hat Volker Kauder für die CDU/CSU-Fraktion das Wort . ({0})

Volker Kauder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann hier über verschiedene Möglichkeiten und auch über Möglichkeiten, die es gar nicht gibt, reden . Aber, Frau Hänsel, bevor man so einsteigt, wie Sie eingestiegen sind, sollte man wissen, dass in diesem Augenblick Tausende von Menschen in Aleppo und im Irak sterben . ({0}) Dass Menschen in Aleppo sterben, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Herr Putin und die Armee von Assad nicht nur Stellungen bombardieren, sondern auch all das, was den Menschen in Aleppo noch ein bisschen Zuversicht geben könnte; von Hilfe will ich gar nicht reden . Darüber haben Sie kein Wort verloren . ({1}) Ihnen fehlt wirklich jede Kompetenz im Bereich Menschlichkeit; das muss ich einmal so klar und deutlich formulieren . ({2}) Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich doch feststellen: Wenn das, was wir heute erleben, Ergebnis von rot-rot-grünen Gesprächen ist, dann wäre das für Deutschland eine ganz schlechte Alternative, meine sehr verehrten Damen und Herren . ({3}) Wir verfolgen die Entwicklung im Irak, in Mosul, mit Zuversicht; denn nach Jahren der Besetzung durch den IS erfolgt nun eine Befreiung der Stadt . Aber es wurde bereits darauf hingewiesen, dass das Vertreiben des IS aus Mosul noch lange keine Lösung bedeutet, ({4}) sondern dass wir uns jetzt mit der Frage befassen müssen: Was folgt politisch? Denn nachdem der Diktator im Irak vertrieben wurde, wurde der Fehler gemacht, eine rein schiitische Regierung in Bagdad einzusetzen, die sich um den Rest des mehrheitlich sunnitischen Landes überhaupt nicht gekümmert hat, mit all den Konsequenzen, die dann eingetreten sind . Der Präsident der Autonomen Region Kurdistan, Barzani, hat mir gesagt, nicht einmal eine Flasche Milch sei aus Bagdad zu ihnen gekommen, sie hätten nichts von der Regierung in Bagdad gesehen . Das hat mit dazu geführt, dass die Menschen in Mosul damals, als der IS kam, hin- und hergerissen waren, ob sie ihn unterstützen oder sich gegen ihn verteidigen sollen . Es muss uns doch alle mit Sorge erfüllen, wenn Sunniten sagen, dass sie vor der Befreiung mindestens so viel Angst haben wie damals in der Situation, als der IS gekommen ist . Deswegen ist es unsere Aufgabe, jetzt alles für eine politische Konferenz darüber zu tun, wie es weitergehen soll. Ich finde, dafür haben wir die Verantwortung . Sie haben es zu Recht gesagt, Herr Mützenich: Wir haben uns damals nach einer wirklich intensiven Diskussion im Deutschen Bundestag bereit erklärt, den Jesiden und Christen zu helfen, sich zu verteidigen, indem wir den Peschmerga-Kurden die entsprechenden Möglichkeiten geben . Ich erinnere noch einmal an den Satz Barzanis, der mich so bewegt hat wie kaum etwas anderes . Barzani hat mir gesagt: Herr Kauder, ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie Ihre Söhne und Töchter schicken, um Ihre Glaubensbrüder zu verteidigen; aber dann müssen Sie mir helfen, dass wir, die Peschmerga-Kurden, das tun können . - Wir haben uns bereit erklärt, Waffen und Ausbildungshilfe zu geben, und jetzt sind 4 000 Peschmerga in dieser Gruppe, die versucht, Mosul zu befreien . Weil wir mitgeholfen haben, dass dies möglich ist, müssen wir jetzt auch alles daransetzen, politisch dahin gehend zu wirken, dass sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen, dass wir in Mosul wirklich zu einer Befriedung kommen, dass alle beteiligt werden und dass niemand glauben kann, er könne die Situation ethnisch, politisch oder religiös für sich nutzen, um neue Machtpositionen zu festigen . ({5}) Ich bin der Bundesregierung - sowohl dem Auswärtigen Amt bzw . dem Außenminister als auch dem Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit -, die erst einmal ein großes materielles Kontingent zur Verfügung gestellt hat, außerordentlich dankbar . Wir haben dem Irak so viel Geld gegeben wie kein anderer einzelner Geber - über 200 Millionen Euro -, und sollten die Möglichkeit, die wir dadurch haben, nutzen, um ins Gespräch zu kommen . Ich hoffe natürlich auch - damit will ich schließen -, dass der heutige Tag, an dem Putin nach Deutschland kommt, genutzt wird, darauf hinzuweisen, dass Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen stattfinden und dass dafür nur einige wenige infrage kommen . Ich sage nicht, wer die Hauptschuld hat . Dass Putin mit diesen Menschenrechtsverletzungen überhaupt nichts zu tun hat, entspricht aber nicht der Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen . ({6}) Deswegen ist es richtig, dass das angesprochen wird . Ich habe den Beitrag von Frau Göring-Eckardt ebenfalls gelesen . Das ist der Versuch, in einer Situation, in der wir wenige Möglichkeiten haben, zu handeln, etwas zu tun . Wir sollten uns in dieser schwierigen Frage nicht gegenseitig absprechen, dass wir alle ein gemeinsames Ziel haben . Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten . Ich glaube, dass es richtig ist, jetzt noch einmal mit Putin zu sprechen und alles zu versuchen . Aber richtig ist auch: Wenn Putin den Eindruck hat, dass Sprechen unsere einzige Form der Auseinandersetzung mit ihm ist, dann wird es auch nichts . Vielen Dank . ({7})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächster Redner hat Omid Nouripour das Wort .

Omid Nouripour (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003881, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zwei Vorbemerkungen zum Kollegen Mützenich . Erstens . Ich hatte gehofft, dass es Naivität ist - Sie haben sich aber dagegen verwahrt, dass es naiv sei -, dass der Parteivorsitzende der Sozialdemokraten die Verantwortung in Syrien so beurteilt, dass er für Demonstrationen sowohl vor der russischen Botschaft als auch vor der amerikanischen Botschaft eintritt . Das ist eine Gleichsetzung von Verantwortung, die der Situation vor Ort nicht gerecht wird . Ich hoffe immer noch: Das war naiv und nichts anderes . ({0}) Zweitens . Sie haben gesagt, das mit dem Internationalen Strafgerichtshof machten wir schon . Wir diskutieren dazu morgen einen Antrag zu diesem Thema im Deutschen Bundestag . Es wird eine Abstimmung darüber geben . Wir werden sehen, wie Sie sich zu der Forderung meiner Fraktionsvorsitzenden verhalten . Meine Damen und Herren, zwei Millionenstädte stehen zurzeit im Fokus: Aleppo und Mosul . Die Situation ist in beiden Städten dramatisch bis katastrophal - aus verschiedensten Gründen . Offenkundig ist, dass wir ganz schnell Lösungen brauchen . Offenkundig ist aber auch, dass die schnellen Lösungen am Ende des Tages nur helfen, wenn wir einen langen Atem haben . Im Fall von Aleppo sieht man, dass es immer wieder an diesem langen Atem scheitert . Nein, niemand hat eine Patentlösung . Niemand hat eine superklare, einfache Antwort darauf, wie wir die Russen davon überzeugen sollen, dass sie keine bunkerbrechenden Bomben mehr auf Wohnhäuser werfen . Aber die Tatsache, dass zwar zurzeit in Lausanne Gespräche geführt werden - das ist an sich richtig -, die Europäische Union aber nicht mehr dabei ist, zeigt, dass sich die Europäer allein durch Uneinigkeit und vielleicht auch durch Untätigkeit komplett aus dem Spiel genommen haben . Frau Mogherini wollte am Samstag dabei sein . Sie wollte am Montag dabei sein . Die Europäer werden zurzeit nicht gebraucht . Gerade in dieser Situation ist es umso notwendiger, dass die Bundesregierung anspricht, dass ein Land in Osteuropa, das sich sehr laut gegen die Aufnahme syrischer Flüchtlinge verwahrt, in der letzten Woche den Vizeaußenminister zu Assad geschickt hat . Es gibt Hinweise darauf, dass dieses Land, das im Übrigen auch die Opposition mit Waffen beliefert, jetzt zugesagt hat, Assad ebenfalls Waffen zu liefern . Das ist eine riesige Heuchelei, über die man endlich in Brüssel reden sollte . Wenn diese Dinge nicht auf den Tisch kommen, wird es nicht dazu führen, dass die Europäer eines Tages eine einheitliche Linie finden werden. Wir haben jetzt die Situation, dass immer wieder Zeitfenster eröffnet werden, dass gesagt wird: Ihr könnt alle raus . Es gibt acht Korridore . Alle Terroristen können gehen . Die Zivilbevölkerung kann gehen . - Die Argumentation wechselt . Kollegin Brantner und ich haben die Bundesregierung gefragt, was mit den Leuten passiert ist, die aus Daraja herausgekommen sind . Sind sie evakuiert worden? Die Antwort der Bundesregierung ist: Sie weiß es nicht . - Das ist kein Vorwurf an die Bundesregierung . Es gibt keine Registrierung dieser Leute . Wir können nur hoffen, dass sie irgendwo untergekommen sind . Zu befürchten steht aber, dass weit Schlimmeres passiert ist . Wenn wir darüber reden, was wir tun können, und es ein Angebot gibt, die Zivilbevölkerung aus Aleppo zu evakuieren, frage ich: Was ist der Beitrag der Bundesregierung zur Registrierung dieser Leute, damit wir sicher sein können, dass sie irgendwo lebendig ankommen? Wenn wir über das Tun-Müssen reden, sollten wir auch darüber reden, dass es tatsächlich Beiträge gibt, die Deutschland den Vereinten Nationen anbieten kann oder sollte . Zur Rolle der Vereinten Nationalen: Kanada bringt das Thema wegen der Blockade des Sicherheitsrates in die Vollversammlung . Das Land will, dass dabei eine Uniting-for-Peace-Initiative herauskommt und dass es hoffentlich eine Zweidrittelmehrheit im Sicherheitsrat gibt, die verurteilt, was in Aleppo passiert . Heute haben wir im Ausschuss gehört, dass die Bundesregierung das unterstützt . Das freut mich sehr . Ich wünsche mir jedoch dabei größere Lautstärke, damit draußen ankommt, dass es auch für Deutschland eine Alternative ist, das Thema in die Generalversammlung der Vereinten Nationen zu bringen . Zum langen Atem: Ja, das ist richtig; das ist von allen gesagt worden . Meine Kollegin Roth wird gleich länger auf Mosul eingehen . Wenn Mosul hoffentlich befreit ist wir wissen, dass es danach Spill-over-Effekte überallhin geben kann -, gibt es noch sehr viel zu tun . Die Bundesregierung hat vor einem Jahr im Nordirak Cash-forWork-Programme aufgesetzt . Wir erfahren, dass Kleinprojekte derzeit keinen Cent bekommen . Zur Endverbleibskontrolle: Herr Kollege Kauder, Sie haben gerade gesagt, man solle die Fehler der Vergangenheit vermeiden . Das stimmt . Aber zu den Fehlern der Vergangenheit gehört auch, dass es Berichte von Amnesty International und von Human Rights Watch gibt, nach denen die Peschmerga die Sunniten aus ihren Dörfern vertreiben . Ob die deutschen Waffen dabei eine zentrale Rolle spielen, wissen wir nicht, weil die Bundesregierung bezüglich der Endverbleibskontrolle sagt: Keine Ahnung, wir können das nun einmal nicht bis zur letzten Waffe gewährleisten . - Das sind auch Fehler der Vergangenheit, die man vermeiden sollte . Genauso ist die Frage, was die Türkei, ein NATO-Mitgliedstaat und Partner, zurzeit 110 Kilometer innerhalb des Territoriums des Iraks macht . ({1}) Damit begeht sie massive Brüche des Völkerrechts - gegen den Willen Bagdads und gegen alles, was die Zentralregierung dort sagt . Das Letzte, was ich noch sagen will, ist: Sie haben die Jesiden angesprochen . Die Jesiden haben fürchterliche Zeiten erlebt . Wenn man mit ihnen redet - ich habe das kurz zuvor getan -, dann stellt man fest, dass die Sunniten teilweise größere Angst vor der Befreiung als vor ISIS haben . Viele der Jesiden, mit denen ich gesprochen habe, haben größere Angst vor den Peschmerga als vor einer Wiederholung dessen, was im letzten Jahr passiert ist . Nach Sindschar werden sie nicht zurückkehren können; das wurde ihnen bereits gesagt . Dörfer, die von den Kräften der Jesiden erobert werden, werden von den Peschmerga neu erobert . Den Jesiden wird dann gesagt: Für die Hilfsgüter müsst ihr jetzt zahlen . Wenn ihr kein Geld habt, gibt es noch andere Leistungen, die ihr oder eure Frauen erbringen können . - Das ist jenseits des Erträglichen .

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen .

Omid Nouripour (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003881, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kauder, Sie haben recht: Die Fehler der Vergangenheit müssen wir aufarbeiten, damit wir sie nicht wiederholen . Aber ich sehe nicht, dass die Bundesregierung das zurzeit tut . ({0})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächste Rednerin hat Dr . Ute Finckh-Krämer das Wort für die SPD-Fraktion . ({0})

Dr. Ute Finckh-Krämer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004273, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer oben auf den Tribünen! Ich möchte zuerst ein, zwei Sachen richtigstellen, Omid Nouripour . Die Bundesregierung unterstützt ausdrücklich den kanadischen Antrag, morgen in der Generalversammlung über die Situation in Syrien zu reden . ({0}) Die Bundesregierung hat uns heute im Auswärtigen Ausschuss mitgeteilt - das muss man nicht als Geheimnis behandeln -, dass sich dann herausstellen wird, ob es eine entsprechende Mehrheit für eine mögliche „Uniting for Peace“-Resolution der Generalversammlung gibt . Man sollte etwas, wofür man eine Zweidrittelmehrheit braucht, nur anstreben, wenn man es tatsächlich erreichen kann . ({1}) Rot-Rot-Grün wird nicht in erster Linie daran gemessen, wie die heutige Diskussion zwischen den Roten, den Grünen und den anderen Roten über Syrien und den Irak verläuft . Rot-Rot-Grün diskutiert im Augenblick über gemeinsame Anliegen im Bereich der Sozialpolitik . Das ist aber nicht Thema dieser Aktuellen Stunde . ({2}) Ich möchte einen Punkt ansprechen, bei dem wir, glaube ich, über alle Fraktionen eine Mehrheit erreichen können, nämlich die humanitäre Hilfe . In Syrien sind über 13 Millionen Menschen von humanitärer Hilfe abhängig . Da das Thema die Stabilisierung Syriens ist, müssen wir auch an diejenigen denken, die sich in Syrien außerhalb von Ost-Aleppo aufhalten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind . Es gibt über 6 Millionen Binnenvertriebene . Ähnliches gilt für den Irak . Wir dürfen uns nicht nur Gedanken darüber machen, was in den nächsten Wochen und Monaten mit den Flüchtlingen aus Mosul geschehen soll, sondern wir müssen auch die vielen Flüchtlinge und Binnenvertriebenen im Irak im Blick behalten, insbesondere die Menschen, die nun genötigt werden, nach Falludscha zurückzukehren, obwohl es dort keine Infrastruktur sowie nichts zu essen und zu trinken gibt . Auch darum müssen wir uns kümmern . Dazu brauchen wir im nächsten Bundeshaushalt mindestens so viel Geld für humanitäre Hilfe sowie die entwicklungsorientierte Notund Übergangshilfe aus dem Etat des BMZ wie in diesem Jahr . Wir alle können mit unseren Haushältern reden und dafür sorgen, dass Ende November die entsprechenden Mittel im Bundeshaushalt eingestellt sind . Diese Mittel sollten nicht erst nachträglich durch irgendwelche Sonderzuweisungen oder Nachtragshaushalte bereitgestellt werden . ({3}) Des Weiteren haben wir die Verantwortung, die internationalen Hilfsorganisationen bei ihren Bemühungen zu unterstützen, dass die Grundprinzipien der humanitären Hilfe, also die Unabhängigkeit, die Unparteilichkeit, die Neutralität und die Menschlichkeit, eingehalten werden, auch und gerade in einer Situation, in der so viele Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind; denn in dem Augenblick, wo humanitäre Hilfe in einer Konfliktregion, in einem Bürgerkrieg oder in einem Krieg mit ausländischer Beteiligung Teil eines Machtspiels wird, sind nicht nur die Helfer gefährdet, wie die Berichte aus Ost-Aleppo zeigen, sondern auch die Zugänge, die bei Einhaltung der humanitären Prinzipien offen sind . Ich war neulich mit einigen Kollegen in Genf . Einerseits haben wir dort gehört, dass Deutschland als Unterstützer dieser humanitären Prinzipien sehr geschätzt wird . Andererseits sind wir dringend gebeten worden, bei allem, was wir hier in Deutschland diskutieren und vorschlagen, an diesen humanitären Prinzipien festzuhalten . Das Gleiche gilt für das, was diplomatisch passiert . Es ist nicht entscheidend, ob Deutschland in Lausanne mit am Tisch sitzt, es ist entscheidend, dass diejenigen mit am Tisch sitzen, die im Augenblick massiv gewaltfördernd und konflikteskalierend von außen auf Syrien und den Irak einwirken . Dazu gehören Länder wie Saudi-Arabien, wie der Iran, wie die Türkei, wie Russland, wie die Regierungen von Irak und Syrien selber, aber eben auch diejenigen, die im Augenblick im Kampf gegen ISIS als ausländische Koalition der Willigen aktiv sind. Das ist wichtig, damit dort nicht die Konflikte, die so eng miteinander verzahnt sind, weiter eskalieren und damit es nicht noch mehr Tote gibt . Es müssen vielmehr zunächst ein Waffenstillstands- und dann ein Friedensprozess in Gang kommen . Frank-Walter Steinmeier hat nicht eine mit Gewalt durchzusetzende Flugverbotszone in die Diskussion gebracht - das will ich als Letztes noch sagen -, sondern er hat vorgeschlagen, dass man über freiwillige Flugverbotszonen, also No-Fly Areas, erreicht, ({4}) dass in bestimmten Bereichen nicht mehr gebombt werden kann . Das ist einer von vielen Vorschlägen, einer von vielen kleinen Schritten, die zur Deeskalation des Konflikts gebraucht werden können, und das ist auch gut so. Danke . ({5})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächster Redner hat Wolfgang Gehrcke von der Fraktion Die Linke das Wort . ({0})

Wolfgang Gehrcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003130, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte sehr gehofft, dass wir gerade bei diesem Thema darauf verzichten, kleinkarierten Parteienhickhack hier vorzuführen . ({0}) - „Wer hat angefangen?“ ist immer die falsche Frage . ({1}) Die Rede von Kauder war so etwas von kleinkariert, bezogen auf die Situation, wie sie real ist . ({2}) Wer für sich die menschliche Gerechtigkeit so vereinnahmt, der tut anderen nicht nur Unrecht, sondern sich selber auch keinen Gefallen, Herr Kauder . Das war weder menschlich gerecht noch politisch weit gedacht . ({3}) Meiner Fraktion und mir geht es eigentlich im Moment nur um eine Frage: Ich will, dass das Töten und Morden in Syrien aufhört . ({4}) Wenn nur eine Stunde Waffenruhe ist, dann wird in einer Stunde nicht getötet und nicht ermordet . Dann möchte ich diese Stunde wertschätzen und verteidigen . Ich bin froh, dass nach drei Jahren der russische Präsident in Berlin ist . Es war schon längst fällig, ihn hierher einzuladen . Ich bin unbedingt dafür, dass man mit ihm darüber redet, wie man den stundenweisen einseitigen Verzicht auf Waffeneinsatz, auf Luftangriffe in Syrien zu einer dauerhaften Waffenruhe ausweitet . ({5}) Das ist Politik, Herr Kauder, und nicht das Zeug über Rot-Rot-Grün, das Sie hier vorgetragen haben . ({6}) Ich bin auch dafür, dass darüber nachgedacht wird, wie man einen Abzug, gesichert, kontrolliert und organisiert von den USA, von Russland und unter dem Dach der Vereinten Nationen, möglich macht . Zivilisten aus Kriegswirren herauszubringen, ist eine hohe Leistung und verdient Unterstützung und nicht Häme . Das ist es, was ich möchte . ({7}) Ich möchte auch, dass man den Bewaffneten im Ostteil von Aleppo die Chance bietet, diesen Ostteil zu verlassen . Das kann man kontrollieren . Man kann Waffen abnehmen, oder man kann Waffen freiwillig abgeben . ({8}) Auch die Bewaffneten im Ostteil müssen eine Chance haben, herauszukommen, wenn man nicht will, dass weiter geschossen wird . Das haben sie bisher abgelehnt, aber ich finde, wir sollten in diese Richtung Politik entwickeln . ({9}) Die Chancen für die Zivilbevölkerung liegen darin, einzelne Schritte einer Waffenruhe zu einem Waffenstillstand auszubauen und auf der Basis eines Waffenstillstands weiter zu verhandeln, wie man zu politischen Veränderungen in Syrien kommt . Das ist das, was wir hier ansteuern sollten . Ich möchte dazu sagen: Ich wünsche mir die gleichen Bedingungen für Mosul . Es wird nicht besser, wenn in Mosul das Töten und Morden beginnt . Ich möchte die gleichen Bedingungen für die fürchterliche Situation im Jemen . Auch im Jemen muss eine Waffenruhe herbeigeführt werden . ({10}) Das ist eine Aufgabe, für die man sich engagieren kann . Für die Linke gilt: Wir wollen, dass der Krieg in der Luft und am Boden - beides: in der Luft und am Boden beendet wird . ({11}) In diese Richtung entwickeln wir unsere Vorstellungen . Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass der Publizist Andreas Zumach eine Idee, einen sehr guten Vorschlag entwickelt hat, die Vollversammlung der UNO solle in einer Sondersitzung eine „Uniting for Peace“-Resolution verabschieden . ({12}) Diese Idee kann man aufgreifen . Andreas Zumach möchte, dass eine solche Resolution mit vier Forderungen verbunden wird: Waffenruhe, Stopp aller Luftangriffe, keine weiteren Waffenlieferungen nach Syrien von wem auch immer - liebe Koalitionäre, das gilt ja auch für deutsche Waffen, die dort eingesetzt werden ({13}) und die ungehinderte Zulassung von Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung . Die Umsetzung dieser Forderungen durch die Vereinten Nationen wäre doch ein Programm, für das man eine Mehrheit gewinnen könnte . Dass diese Mehrheit in der Vollversammlung möglicherDr. Ute Finckh-Krämer weise noch nicht vorhanden ist, ist doch nur eine Aufforderung, dafür zu sorgen, dass wir eine solche Mehrheit herstellen . ({14}) Eine letzte Überlegung von mir - ich kann sie nur als Bitte äußern; entscheiden müssen Sie selber -: Ich bin schon sehr empört gewesen über die Einlassungen vom Kollegen Röttgen, was eine Flugverbotszone angeht . Wer so etwas fordert, muss bereit sein, Flugzeuge abzuschießen . Ansonsten sind solche Äußerungen rechtspopulistisches Geschwätz, das man in dieser ernsthaften Situation unterlassen sollte . ({15}) Herr Röttgen, Sie haben also gefordert, man solle russische und andere Flugzeuge abschießen . Na, warten wir mal ab, wohin man dann käme . Ähnlich geäußert hat sich der Kollege Kiesewetter, der einen Militäreinsatz in Syrien propagiert . Was ist es für eine Politik der Union, hier kleinkariertes Theater zu spielen, dafür einzutreten, dass mit Waffeneinsatz Flugverbotszonen geschaffen werden und dass Militäreinsätze durchgeführt werden? Das hat doch nichts mit einer vernünftigen Regierungspolitik, was auswärtige Angelegenheiten angeht, zu tun . Kehren Sie um! Daran glaube ich zwar nicht, aber es gibt dennoch Besseres, als so etwas zu fordern . Danke sehr . ({16}) - Da schenken wir uns nichts . ({17})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner hat Henning Otte von der CDU/ CSU-Fraktion das Wort .

Henning Otte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003821, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Gehrcke, es war schon offenkundig, wie bewusst Sie eben Bewegungen missverstehen wollten, um dort zu einem Frieden zu kommen . Die Selbstkritik an dem Klein-Klein, die Sie anfangs hatten, sollten Sie bitte auch einmal in Ihrer Fraktion üben . Ich sage Ihnen: Sie verkennen völlig, dass der IS eine Bedrohung für den Weltfrieden ist, dass sich diese Bedrohung in Syrien und im Norden Iraks konzentriert, dass diese Bedrohung Einfluss hat auf Europa. Die Anschläge in Paris und Brüssel zeigen dies . Wir wollen uns einer islamistischen Regierung entgegenstellen, die Botschafter als Selbstmordattentäter entsendet . Dass Menschen im Auftrag einer islamistischen Regierung beunruhigt und getötet werden, dagegen stellen wir uns als Teil der Verantwortungsgemeinschaft . ({0}) Wir stellen uns dem aus humanitären Gründen entgegen: weil wir das Leid von Menschen verhindern wollen . Wir stellen uns dem aus rechtlichen Gründen entgegen: weil das Völkerrecht für uns Maß und Mitte ist . Wir stellen uns dem auch entgegen, weil wir hier in Deutschland sehen, dass es einen enormen Flüchtlingsdruck aus dieser Region gibt, und weil wir wollen, dass die Menschen vor Ort wieder eine Perspektive haben . Deswegen helfen wir in Syrien als Teil der Verantwortungsgemeinschaft mit 64 anderen Nationen, indem wir Begleitschutz geben, Tankflugzeuge stellen, Aufklärungsflüge tätigen, und auch, indem wir morgen in erster Lesung einem AWACS-Einsatz dort zustimmen . Wir helfen auch im Norden Iraks, um dem Peschmerga Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe zu geben: im Kampf, zur Minenräumung, in der Sanität . Deswegen sage ich auch dem Kollegen Nouripour: Wir dürfen nicht nur die Bedenken sehen, sondern wir müssen auch die Chancen sehen . Vor allem müssen wir den Menschen vor Ort sagen: Für uns stehen nicht unsere Bedenken im Mittelpunkt, sondern euer Recht auf Leben, euer Recht auf Heimat . Deswegen haben wir den Kämpfern des Peschmerga, den Jesiden, aber auch der irakischen Armee dort geholfen . ({1}) Ich gebe zu bedenken, dass viele Frauen und viele Mädchen noch in der Hand des IS sind . Es ist genau richtig, wenn Volker Kauder sagt, dass, wenn Mosul freigekämpft ist, wir eine Befreiung haben, eine Befriedung haben und dies politische Lösungen befördert . Das muss unser gemeinsames Ziel sein . Als wäre die Situation in Syrien nicht schon schlimm genug: Es gibt dort das Assad-Regime, das bekanntermaßen gegen die Opposition, gegen die Zivilbevölkerung Giftgas und Fassbomben einsetzt . Aleppo, das ist ein trauriges Bild, das wir täglich sehen . Das treibt uns alle um . Kriegsverbrechen werden dort durchgeführt . Ich sage: Alle handelnden verantwortlichen Personen müssen zur Rechenschaft gezogen werden . Die Völkergemeinschaft darf nicht zulassen, dass so etwas ungeahndet bleibt . ({2}) Für mich ist es allerdings auch mehr als irritierend, dass dies alles unter Duldung, unter Aufsicht und unter Zutun auch der Kremlregierung in Moskau vollzogen wird, immer unter dem Deckmantel offensichtlich einer strategischen Machtpolitik . Der Tod und das Leid von Tausenden von Menschen werden billigend in Kauf genommen . Russland hat eine Schlüsselposition . Es beherrscht dort Teile des Luftraums . Es verweigert sich einer Flugverbotszone . Als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bricht dieses Land augenscheinlich Völkerrecht . Das ist auf der Krim deutlich geworden . Das ist das aktuelle Bild . Deswegen ist diese Aktuelle Stunde auch genau richtig, in dieser Stunde, wo der russische Präsident hier in Berlin erwartet wird - zu einem Dialog . Wir sind unserer BundeskanzWolfgang Gehrcke lerin Angela Merkel dankbar, dass sie immer wieder diesen Dialog anschiebt, immer wieder diesen Impuls setzt . Aber ich sage auch: Dialog muss dann von Sanktionen begleitet werden, wenn wir noch nicht zum Ziel kommen . Dialog und Stärke, das sind die beiden Säulen für Stabilität und Sicherheit, die wir haben . Russland ist auf dem Weg in eine Isolation . Wir fordern auch, dass Russland unter Präsident Putin wieder in die Völkergemeinschaft, an den Verhandlungstisch zurückkommt . Ansonsten: Ob Russland ein ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat sein kann, wenn man offensichtlich Völkerrecht bricht und nicht alles dafür tut, Menschen Leid zu ersparen, diese Frage sollte man sich dann auch stellen . Herzlichen Dank . ({3})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächste Rednerin hat Claudia Roth für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort .

Claudia Roth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003212, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An diesem Montag hat ein neues Kapitel der furchtbaren Tragödie einer Region voller Leid und Zerstörung begonnen . Ja, es sind freudige Bilder aus Karakosch, die Hoffnung auf Befreiung versprechen . Gerade heute erinnere ich mich sehr an Anfang August 2014, als ich in Erbil mit vielen Frauen und Männern sprechen konnte, die aus der ehemalig größten christlichen Stadt des Iraks vertrieben worden waren . Ich erinnere mich an ihre Verzweiflung und an ihre Trauer auch darüber, dass ihre sunnitischen Nachbarn bei dieser Vertreibung durch den Daesh mitgeholfen haben . Mit dem Sturm auf Mosul wird Daesh hoffentlich seine wichtigste Bastion im Irak verlieren . Es ist gut, wenn diese Terrororganisation Daesh, die das Wesen von Staatlichkeit und jeglicher Religion verspottet, geschlagen wird . Aber ich warne davor, zu glauben, damit würde in Mosul oder gar im Irak alles gut . In Mosul setzt sich doch wie unter einem Brennglas fort, was die Katastrophe einer ganzen Region ausmacht, wo jeder auf eigene Rechnung spielt, wo es nur noch darum zu gehen scheint, auf wessen Seite man steht, der USA oder Russlands, Saudi-Arabiens oder des Irans, der Schiiten oder der Sunniten, der Türken oder der Kurden, der syrischen Kurden oder der irakischen Kurden, der Barzani-Kurden oder Talabani-Kurden . Haben wir, hat die Weltgemeinschaft eigentlich irgendetwas gelernt aus fünf Jahren entgrenztem Krieg, aus dem Leid von 16 Millionen Syrern und Irakern auf der Flucht, aus dem Scheitern von UN-Sondergesandten und Friedensgesprächen, aus immer wieder gebrochenen Waffenruhen? Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine politische Lösung für Mosul ist nie ernsthaft gesucht worden, aber ohne eine solche Lösung werden dort schon heute die Grundlagen für den nächsten unauslöschbaren Brandherd gelegt . Mosul darf jedoch nicht Spielball im Ringen der Regionalmächte werden . ({0}) Der Peschmerga rückt jetzt auf Mosul vor, während wir doch wissen, dass Saudi-Arabien diese irakischen Kurden finanziert, um damit die Schiiten klein zu halten . Die irakische Regierung will mit der iranischen Regierung im Rücken sowie mithilfe schiitischer Milizen diese Stadt - die Stadt, die die Hochburg der Sunniten im Irak ist - erobern . Erdogan dagegen will mit aller Gewalt türkische Truppen dabei haben . Er fördert und bildet schon jetzt beteiligte Sunniten-Milizen aus . Das ist der Erdogan, dessen oberstes Ziel es ist, jeden wachsenden Einfluss der Kurden zu bekämpfen. Wir müssen uns eingestehen, dass es in Mosul überhaupt keine Strukturen gibt, die man einfach wieder hochfahren könnte . Denn schon vor der Eroberung durch Daesh war Mosul außerhalb der Kontrolle der irakischen Zentralregierung . Schon 2012 habe ich in Kirkuk mit Christen aus Mosul gesprochen, die von Vertreibung und Verfolgung berichtet haben . Das hat nur wenig interessiert . Schon damals war die Stadt Waffen- und Sklavenhändlern, Fundamentalisten und Terrorfinanziers überlassen. Wenn wir all dies gemeinsam so analysieren, dann müssen wir uns - das ist nicht Bedenkenträgerei - große Sorgen um die Stadt, die Menschen, die Zukunft des Iraks und der gesamten Region machen . Die Befreiung Mosuls mag militärisch erreichbar sein, aber Befriedung und Stabilisierung können wirklich nur eine politische sein . ({1}) Auch wenn es schwerfällt, das zu sagen: Unsere Handlungsmöglichkeiten sind begrenzt . Die aber, die wir haben, sollten wir in vollem Umfang ausschöpfen und nutzen . Das heißt, wir sollten mit Mitteln einer weitsichtigen und nachhaltigen inklusiven Diplomatie Druck auf alle beteiligten Parteien ausüben . Dazu gehört natürlich Putin . Ich hoffe, dass dieser Druck heute auch ausgeübt wird, weil er natürlich ein gefährlicher Akteur in dieser Region ist . Es sollte Druck ausgeübt werden, damit Mosul nicht das nächste Kapitel in einem zynischen Stellvertreterkrieg wird . Das heißt, wir sollten versuchen, die größte humanitäre Offensive, die wir zu leisten in der Lage sind, anzuwerfen . Es ist gut, dass Vorbereitungen getroffen werden . Angesichts aber von 1,2 bis 1,4 Millionen Menschen, die möglicherweise die Flucht aus der Hölle Mosuls schaffen, reichen die Vorkehrungen bei weitem noch nicht . Es heißt, auch Vorsorge zu treffen, um alle aus Mosul Geflüchteten menschenwürdig aufzunehmen, gleichzeitig aber zu verhindern, dass es zur Vertreibung von anderen Flüchtlingen kommt, die im Laufe der Jahre in Dohuk, Sulaimaniyya und Erbil aufgenommen worden sind und jetzt nach Falludscha geschickt werden, obwohl Falludscha völlig zerstört ist . Es heißt vor allem die Kräfte zu stärken, die glaubhaft für eine inklusive Zukunft des Iraks eintreten . Ich sage es noch einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der Kampf um Mosul darf kein zweites Aleppo werden . Danach beginnt der noch viel wichtigere Kampf um die Zukunft nicht nur einer Stadt, sondern einer ganzen Region . Vielen Dank . ({2})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Vielen Dank . - Als nächster Redner hat Thomas Hitschler für die SPD-Fraktion das Wort . ({0})

Thomas Hitschler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004303, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei den ganz vielen schrecklichen, traurigen und furchtbaren Bildern, die einen jeden Tag aus Aleppo erreichen, spürt man manchmal so ein Stück weit auch die eigene Hilflosigkeit als Abgeordneter . Deshalb bin ich sehr dankbar, dass wir heute im Deutschen Bundestag noch einmal eine Debatte über die Lage dort führen können, um auch wieder darauf hinzuweisen, wie schrecklich es dort ist . Ich habe bei der Debatte, Kolleginnen und Kollegen, eines festgestellt: Uns eint tatsächlich alle eines, das ist der Wille auf Friede in diesem schlimm umkämpften Raum . Die grauenvolle Situation in Syrien und im Irak zeigt sich dadurch, dass es nicht nur Kombattanten - Soldatinnen und Soldaten - sind, die in Kämpfe verwickelt sind, sondern auch Kinder und Alte - Menschen aus allen Schichten, deren Bilder wir jeden Tag über die Fernsehschirme flimmern sehen. Es ist ein schrecklicher Krieg, bei dem, so scheint es, alle Regeln des Völkerrechtes, so wie wir sie kennen, auch alle Regeln des Kriegsrechts aufgehoben zu sein scheinen . Es gibt und gab viele Versuche und Bemühungen, einen Friedensprozess einzuleiten . Wir stellen aber fest, dass viele dieser Versuche gescheitert sind . Wir stellen ferner fest, wenn wir auf Syrien blicken, dass wir - das ist für mich eine der furchtbaren Lektionen aus diesem Konflikt - eine Rückkehr zur Machtpolitik sehen . Kollegin Roth hat es gerade beschrieben. Wir sehen Einfluss aus vielen verschiedenen Ländern . Wir sehen, dass viele verschiedene Länder in einer Region um die Macht und um den Einfluss ringen. Das, Kolleginnen und Kollegen, macht die Situation so unfassbar komplex . Viele Hoffnungen ruhen auch auf dem deutschen Außenminister . Ich will jetzt schon zum Ausdruck bringen, wie dankbar ich bin, dass Frank-Walter Steinmeier tagtäglich mit vielen Bemühungen unterwegs ist, um Frieden in diesem Raum zu schaffen . Meine guten Wünsche begleiten ihn - auch vom Deutschen Bundestag und aus dieser Sitzung, Kolleginnen und Kollegen . ({0}) Ich habe für den heutigen Tag eine große Hoffnung, auch die hat Kollege Otte vorhin schon beschrieben . Wenn sich heute Merkel und Putin treffen, dann können wir eines feststellen: Der Schlüssel zur Lösung des Konflikts in Syrien liegt in Russland. Ich bin mir ganz sicher, dass die Lösung des Konflikts keine militärische Lösung sein kann, sondern nur eine politische sein darf . Deshalb lassen Sie uns von diesem Ort noch einmal ein starkes Signal in diese Richtung senden und sagen: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass es eine Lösung gibt . Wenn ich, Kolleginnen und Kollegen, den Blick nach Mosul werfe, den Blick in den Irak werfe, dann stellt es sich mir so dar, als ob wir tatsächlich eine etwas andere Situation erleben . Wir merken, dass der „Islamische Staat“ bzw. Daesh stark geschwächt ist. Die finanziellen Strukturen sind aufgebrochen . Wir merken, dass die Ölverkäufe zurückgegangen sind . Wir merken, dass die Rekrutierung junger Kämpfer, die früher in großen Massen dorthin geströmt sind, weniger geworden ist . Wir stellen fest, dass unsere Anstrengungen und auch die Anstrengungen der internationalen Koalition Wirkung gezeigt haben . An dieser Stelle will ich auch den deutschen Beitrag hervorheben . Kollege Otte hat vorhin kurz darauf rekurriert, dass wir den Peschmerga ausgebildet haben . Ich glaube, es hilft, die Zahlen noch einmal zu nennen . Wir haben 2 000 Peschmerga-Soldaten ausgebildet . Ich war im Juni vor Ort und habe bemerkt, dass es mittlerweile sehr viele sehr Junge und sehr viele sehr Alte sind, die dort in den Kampf geschickt werden . Es zeigt ein Stück weit den hohen Blutzoll, den der Peschmerga dort in seinem Freiheitskampf geleistet hat . Wenn wir heute dort ein Signal hinschicken wollen, dann ist es, glaube ich, ein Signal der Dankbarkeit, dass sie den Kampf angenommen haben und so erfolgreich Daesh, den „Islamischen Staat“, zurückgedrängt haben . Ich will ein zweites Dankeschön schicken, Kolleginnen und Kollegen . Es geht an die Soldatinnen und Soldaten . Über 120 Mann leisten im Nordirak ihren Dienst neben den Pilotinnen und Piloten der Aufklärungsflugzeuge, neben den Besatzungen der Tanker, neben den Marinesoldatinnen und -soldaten auf der Fregatte . Ich glaube, sie haben ein großes Dankeschön von uns verdient . ({1}) Die Lage in Mosul ist allerdings wirklich schrecklich . Kollegin Roth hat vom zweiten Aleppo gesprochen . Das ist auch meine große Befürchtung . Wenn man sieht, mit welchen perfiden Maßnahmen sich der IS auf den Kampf vorbereitet - mit menschlichen Schutzschilden, mit Sprengfallen an allen Ecken und mit einer wirklich zermürbenden Häuserkampfstrategie -, dann werden wir alle gemeinsam darauf drängen müssen, dass die humanitäre Situation in Mosul nicht gleichzeitig die humanitäre Situation in Aleppo dupliziert . Wir werden dafür sorgen müssen, dass die Flüchtlinge, die aus Mosul herausströmen werden, eine gute Auffangsituation in den umgebenden Ländern haben werden . Ich habe mir bei Erbil ein Flüchtlingslager im Irak angesehen und habe bemerkt, wie schwierig es für die Region geworden ist, die großen Massen an Flüchtlingen aufzunehmen . Auch da ist eine Herausforderung für Deutschland, die Länder dabei zu unterstützen . ({2}) Wenn wir uns darüber Gedanken machen, was politische Lösungen sein könnten - das ist heute schon mehrfach gesagt worden -, dann wissen wir, dass es ausschließlich politische Lösungen sein werden, die gegen Ideologien wie die des IS beispielsweise helfen . Wir können militärisch dafür sorgen, dass aus einem symmetrisch agierenden Konflikt und aus einem symmetrisch agierenden Gegner ein asymmetrischer wird . Aber im Endeffekt wird die Ideologie nur darin bekämpft werden können, dass man eine Verbindung und eine politische Lösung zwischen Sunniten und Schiiten anstrebt . Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich mit einem Wunsch enden: Das ist meine Hoffnung für Frieden für diese ganze Region . Ich bin mir sicher, sie hat es verdient . Aber ich bin mir auch sicher, dass es objektiv in sehr weiter Ferne liegt . Vielen Dank . ({3})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als nächster Redner hat Dr . Johann Wadephul für die CDU/CSU-Fraktion das Wort . ({0})

Dr. Johann Wadephul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004182, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gehrcke, Sie haben heute wieder mit einem bemerkenswerten Beitrag deutlich gemacht, was sich die Linksfraktion unter Friedenschaffen in dieser Region vorstellt, und kritisiert, dass der Kollege Röttgen für eine Flugverbotszone eingetreten ist . Ich weiß eigentlich von keinem Flugzeug am syrischen Himmel, das irgendwie für Frieden gesorgt hätte, sondern ich weiß nur von Flugzeugen und Hubschraubern, die Fassbomben abwerfen, die mittlerweile bunkerbrechende Bomben abwerfen, die die Zivilbevölkerung in einer Art und Weise eliminieren - muss man schon sagen -, quälen, in Nöte versetzen, dass es wirklich zum Himmel schreit . Deswegen muss man doch sagen: ({0}) Jedes Flugzeug weniger ist gut für Syrien . - Deswegen muss man doch Ihre Freunde in Moskau, lieber Herr Kollege Gehrcke, aufrufen, endlich bei der Gestaltung eines Friedens mitzumachen . ({1}) Und das hier als Rechtspopulismus abzutun, lassen wir Ihnen, Herr Kollege Gehrcke, nicht durchgehen . ({2}) Das ist eine Stimme des Humanismus gewesen, und der hätten Sie sich anschließen können . ({3}) Man muss all denjenigen, die sich in den letzten Tagen zusammengesetzt haben, um Rot-Rot-Grün zu schmieden, was ja nicht nur legal, sondern auch legitim ist - es ist in unserer parlamentarischen Demokratie erwünscht, nach neuen Mehrheiten zu suchen -, natürlich sagen: Wir werden es Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht durchgehen lassen, dass Sie sich über Sozialpolitik unterhalten, aber diesen Bereich aussparen . ({4}) Solange sich die Linksfraktion hier derart positioniert, wie sie sich positioniert, werden Sie eine verantwortungsvolle Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands, das im NATO-Bündnis fest verankert ist, ({5}) nicht formulieren können . Das, was die Linksfraktion hier bietet, wird der Rolle Deutschlands in der Welt, in Europa nicht gerecht . Wer hier gemeinsam mit denen Mehrheiten bilden will, der muss sich darauf einstellen, dass wir das ansprechen werden . ({6}) Dazu sind Wahlkämpfe dann ja auch da . Nun weiß jeder, dass Sanktionen nicht das schönste Mittel der Außenpolitik oder überhaupt der Politik sind . Dass sie allein nicht der Schlüssel sind, ist doch völlig klar . Aber man muss natürlich schon ernsthafterweise sagen: Wenn wir bei der völkerrechtswidrigen, aber vergleichsweise unblutigen Annexion der Krim relativ gemeinsam der Auffassung waren, dass Sanktionen eine Antwort sind, dann muss man schon begründen, warum denn trotz der sehr viel blutigeren Vorgehensweise Russlands in Syrien Sanktionen völlig ungerechtfertigt sind . ({7}) Darauf habe ich bisher noch keine überzeugende Antwort erhalten, meine sehr verehrten Damen und Herren . Jeder, der Sanktionen zum jetzigen Zeitpunkt kategorisch ablehnt - das haben wir hier von einigen Rednern unterschiedlicher Fraktionen gehört -, der muss natürlich sagen, warum er in der Außenpolitik gegenüber Russland auf dieses Gestaltungsmittel, auch wenn es - ich sage es noch einmal - nicht das erste Gestaltungsmittel der Außenpolitik ist, verzichten will . ({8}) Das muss man rechtfertigen, und dazu habe ich von denjenigen, die es ablehnen, bisher kein ausreichend überzeugendes Argument gehört, meine lieben Kolleginnen und Kollegen . ({9}) Was mich an Russland insbesondere erschüttert, ist, dass es sich mittlerweile allen internationalen Vereinbarungen und einem abgestimmten Vorgehen in der Völkergemeinschaft verweigert . Wir haben ein Russland - auch noch in der Form der Sowjetunion - kennengelernt, das bereit war, sich im Rahmen internationaler Verträge zu engagieren . Alle waren stolz auf den KSZE-Prozess hier in Europa - Außenminister Steinmeier hat auf seine historische Bedeutung hingewiesen -, der in der Tat eine große friedensstiftende, befriedende Wirkung hatte . Die Sowjetunion hat sich an die entsprechenden Vereinbarungen gehalten und hat immer darauf bestanden - das haben Sie an der Hochschule in Moskau auch gelernt, Herr Gehrcke -, ({10}) dass das wichtig ist . Aber heute erleben wir ein Russland, das sich überhaupt nicht mehr an völkerrechtliche Vereinbarungen und Konventionen hält und dabei ist, die Vereinten Nationen als Instrumentarium zumindest stark infrage zu stellen - um es vornehm zu formulieren . ({11}) Wir haben eine Entwicklung, die kürzlich darin mündete, dass sich sogar China bei der Abstimmung über den Entwurf einer Resolution zu Syrien enthalten hat . Russland hat wieder mal eine Resolution, die Frieden hätte schaffen können, mit einem Veto blockiert . ({12}) Insofern muss ich schon sagen: Alle in diesem Hause freuen sich, dass Präsident Putin nach Deutschland kommt . Alle sollten die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland dabei unterstützen, dass sie - sie ist wohl eine der wenigen, die überhaupt noch die Möglichkeit hat - die Möglichkeit nutzt, um mit Herrn Putin über diese Fragen zu sprechen und ihm deutlich zu machen, wo die Grenzen des noch akzeptablen Verhaltens Russlands liegen . Wir dürfen nicht darauf verzichten, liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz klar zu sagen, dass das völkerrechtswidrige Verhalten Russlands von uns nicht akzeptiert wird . Das muss nötigenfalls auch Sanktionen zur Folge haben . ({13}) Ansonsten sind wir mitverantwortlich dafür, dass man dem Leid und der Not, die das ständige Bombardement in Syrien verursacht, nur zuschaut, und dessen sollten wir uns nicht mitschuldig machen . Herzlichen Dank . ({14})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Alexander Radwan hat als nächster Redner das Wort für die CDU/CSU-Fraktion . ({0})

Alexander Radwan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004383, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser Aktuellen Stunde geht es unter anderem um Syrien und den Irak . Auf der einen Seite können wir anhand der Vorkommnisse in dieser Region ein Grundmuster erkennen, auf der anderen Seite haben wir es mit unterschiedlichen Situationen zu tun . Ich möchte zunächst auf Mosul und die Situation im Irak eingehen . Herr Gehrcke, sehen Sie es mir nach - es liegt sicherlich an mir -, aber ich habe aus Ihrer Wortmeldung nicht herausgehört, ob Sie und die Linke es für richtig halten, dass die Koalition vor Ort zurzeit militärisch gegen den IS vorgeht, oder nicht . Ich halte es für einen ersten wichtigen Schritt, auch wenn man militärische Lösungen - ({0}) - Es kam der Zwischenruf, dass Sie es nicht für richtig halten . Man kann es jetzt also konkretisieren . Ich halte es für notwendig, dass es eine gemeinsame Koalition gibt . Es ist ein Stück weit der US- bzw . der westlichen Diplomatie zu verdanken, dass wir die verschiedenen Interessengruppen vor Ort, ob ethnischer Herkunft oder religiöser Herkunft, geeint haben . Sie eint der Kampf gegen den IS . Kollege Nouripour hat schnelle Lösungen angemahnt . Ich würde ihn gerne unterstützen, aber ich glaube, wir alle wissen: Eine schnelle Lösung wird es auch im militärischen Bereich nicht geben . Das wird nur ein erster Schritt in die richtige Richtung sein . Wir werden in einem zweiten Schritt sehen, dass der IS nicht verschwinden wird . Wir müssen klar ansprechen: Der IS wird in den Untergrund gehen, es wird Heimkehrer in den Westen, nach Europa geben, und der IS wird in andere Länder wie Syrien und Libyen gehen . Er wird zu einer weiteren Destabilisierung in dieser Region beitragen . Es gehört dazu, dass wir uns der Realität stellen . Es ist wichtig, dass wir diesen Punkt ansprechen . In der jetzigen Phase ist aber auch die humanitäre Hilfe wichtig, und hierüber scheint großer Konsens zu bestehen . Ich möchte insbesondere unserem Bundesminister Gerd Müller und seinem Staatssekretär, die sich dieses Themas auf europäischer Ebene und auch weltweit annehmen, dafür danken, dass wir so schnell handeln; denn wenn wir die flüchtenden Menschen angesichts dieser Katastrophe ihrem Schicksal überlassen würden, dann würde das zu einer weiteren Destabilisierung in dieser Region beitragen . Das ist mit Sicherheit nicht unser Ziel . Wir wollen nicht nur Humanität, sondern auch Stabilität . ({1}) Sollte es zu einer Vertreibung des IS aus Mosul kommen, dann stellt sich die Frage: Wie geht es politisch weiter? Hier sind wir gefordert - die Diplomatie in Europa und in Deutschland ist gefordert, vor allen Dingen die Amerikaner -, dafür zu sorgen, dass die Koalition vor Ort auch hält, dass die Kurden, die Türkei, die Schiiten und die Sunniten sich auf ihre Gebiete konzentrieren und die Einheit des Landes letztendlich nicht gefährden . Es darf keine Instabilität entstehen, die die Basis für möglicherweise neuen Terror ist . Es ist wichtig - das wurde angesprochen -, die Regionalmächte einzubeziehen . Das ist das große Kunststück vor Ort . Ich möchte an dieser Stelle hinterfragen, wie wir hier debattieren . Der Kollege Wadephul hat sehr stark auf den Besuch von Putin abgehoben, und auch der Kollege Kauder hat zum Schluss seiner Rede darauf hingewiesen . Wir können hier im Deutschen Bundestag regelmäßig darüber debattieren, was der richtige Weg in dieser Region ist . Es ist wichtig, mit Putin zu reden - Gott sei Dank macht das die Kanzlerin -, aber letztendlich geht es doch um die Frage: Was ist Deutschland, was ist Europa bereit zu leisten, um für Frieden und Stabilität in der Welt, also auch in dieser Region, zu sorgen? ({2}) Das Beste wäre erst einmal, Herr Kollege, wenn die Weltgemeinschaft wahrnehmen würde, dass der Deutsche Bundestag diesbezüglich ein Stück weit Geschlossenheit und ein gemeinsames Ziel hat . Das wäre das beste Signal . Glauben Sie im Ernst, dass, solange die andere Seite der festen Überzeugung sein kann, dass es innerhalb Deutschlands keine geschlossene Front gibt - „die sind intern so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass die gar nicht antworten können“ -, sich der Präsident, der heute in Berlin ist, beeindrucken lässt? Das, was Sie denken, entspringt doch Ihrer Fantasie . Es wäre dringend notwendig, dass wir der Verantwortung, die wir haben, gerecht werden und - angefangen bei den Flugverbotszonen bis zu den entsprechenden Maßnahmen in den Ländern - für Stabilität sorgen . Ich würde mich freuen, wenn wir gemeinsam einen Weg fänden - es wäre gut, wenn auch die Linke dazu beitragen würde; Frau Roth, inhaltlich sind wir ja gar nicht so weit auseinander -, damit Deutschland und Europa in der jetzigen Phase aus einer Position der Stärke heraus von Leuten wie Putin ernst genommen werden . Dazu brauchen wir gemeinsames Handeln, wozu Sie einen großen Beitrag leisten können . Besten Dank . ({3})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Als letzter Redner in der Debatte hat Roderich Kiesewetter für die CDU/CSU-Fraktion das Wort . ({0})

Roderich Kiesewetter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11004068, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere heutige Aktuelle Stunde hat gezeigt, dass wir die humanitäre Katastrophe in Syrien sehr ernst nehmen . Die Debatte hat aber auch gezeigt, dass wir gleichermaßen vor einem ungeheuren Vertrauensverlust in die internationale Gemeinschaft, in die internationalen Institutionen stehen, weil die Vereinten Nationen, weil der Weltsicherheitsrat handlungsunfähig ist . Wir hören kein Wort von der Linkspartei dazu, dass Russland fünfmal den Weltsicherheitsrat in der Syrien-Frage blockiert hat . ({0}) Wir hören kein Wort dazu, dass Russland die Arbeit von de Mistura blockiert, kein Wort dazu, dass Russland und auch der Iran in der Region ihre militärische Präsenz ungeheuer ausbreiten . Sie sind nicht nur auf diesem Auge blind, sondern Sie sind auch blauäugig . Eine rot-rot-grüne Kooperation darf auf diesem Auge nicht blind sein . Sie dürfen das nicht verschweigen . Sie müssen sich bekennen und sagen, wo Sie stehen . ({1}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Europäische Union hat diplomatisch ungeheuer viel in der Region investiert . Ich erinnere an die E3+3-Gespräche in Wien, ich erinnere auch an die Genfer Gespräche zu Syrien . Trotzdem stehen wir gewissermaßen vor einer Art Erpressung durch Syrien, durch Assad, durch Putin und auch durch den Iran . Es werden militärische Erfolge erzwungen, und ein politischer Prozess zu der Frage: „Wie geht es nach Assad weiter?“ oder zu den Punkten, die in Genf vereinbart worden sind - freie Wahlen 18 Monate nach einem Friedensschluss -, ist in weite Ferne gerutscht . Wir Europäer stehen damit vor einem Dilemma: Einerseits sehen wir die Gefahr, dass zunehmend Flüchtlinge aus der Region weiter nach Europa kommen, und wir sehen die Gefahr, dass wir erpressbar werden, andererseits sind wir in unseren eigenen Handlungsmöglichkeiten beschränkt . Ich möchte drei Punkte aufzeigen, die mir am Herzen liegen . Die Debatte wurde in weiten Teilen sehr ernsthaft geführt, und ich möchte hier sehr ernsthafte Vorschläge machen . Erstens . Stimmt unsere Priorität, dass wir Assad so lange im Amt belassen, bis der IS bekämpft ist? Für viele Syrer ist nicht der IS das Problem, sondern Assad . Er hat 75 Prozent der eigenen Bevölkerung gegen sich und dafür gesorgt, dass 12 Millionen der 22 Millionen Syrer auf der Flucht sind . Sie sind heimatvertrieben, sie sind nicht mehr an ihren angestammten Orten, sie haben ihre Heimat verlassen . Ich sehe folgende Möglichkeiten: Eine ist - damit haben wir bereits begonnen - die Ertüchtigung . Im Rahmen unserer Entwicklungszusammenarbeit, die Minister Müller in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt betreibt - Außenminister Steinmeier ist erwähnt worden -, wird in den Bereichen Ausbildung und Gesundheitsversorgung Beispielhaftes geleistet, auch durch die GIZ . Ich glaube, das ist viel Anerkennung wert . Auch das Technische Hilfswerk ist engagiert . Wir müssen uns aber auch über etwas anderes Gedanken machen: Wenn wir in dieser Region unterstützend wirken wollen, können wir das nur, indem wir für Sicherheit sorgen, indem - Volker Kauder hat das ausgeführt - die entsprechenden Kräfte sich bewaffnet wehren können . Insbesondere die Kurden schützen 1,8 Millionen Flüchtlinge, die aus den schiitischen und sunnitischen Regionen nach Kurdistan geflohen sind. Der zweite Aspekt ist: Stellen wir uns eigentlich darauf ein, was passiert, wenn mehr Flüchtlinge aus der Region in Richtung Europa kommen? Müssen wir als Europäische Union uns nicht vielmehr darauf einstimmen, die zivile und militärische Werkzeugkiste zu öffnen und mitzuhelfen, dass Libanon, Jordanien und auch die Südosttürkei weitestgehend durch europäisches Engagement stabilisiert werden? Da geht es nicht um Militäreinsätze, Herr Kollege Gehrcke . Es geht darum, ob wir das zivile Engagement der Europäischen Union, Schutzzonen aufzubauen, militärisch unterfüttern ({2}) durch einen entsprechenden Schutz an der Grenze von Jordanien, an der Grenze vom Libanon und an der Grenze zur Türkei . Das ist noch nicht ausreichend durchdacht . ({3}) Wir müssen uns aber Gedanken machen, wie die Europäische Union handlungsfähig wird, ({4}) und vor den Entscheidungen, die Russland versucht zu erzwingen, eine Initiative starten, wie wir die Flüchtlinge in der Region halten, aber in gesicherter Umgebung . Dazu gehören drittens nach dem Fall von Mosul, aber auch nach dem Fall von Aleppo, wenn hoffentlich internationale Hilfsorganisationen Zugang bekommen, die Fragen: Wie gestalten wir den Aussöhnungsprozess? Wie gestalten wir den Prozess, Waffen wieder einzusammeln? Wie gestalten wir den Prozess des Aufbaus ziviler Infrastruktur? Klar, mit europäischem Know-how . Aber wie gewinnen wir die Kraftquellen aus der Region, von den Golfstaaten, und wie überzeugen wir den Iran und Saudi-Arabien, sich dort einzubringen? Ich glaube, das sind ganz entscheidende Punkte . Parallel gehört dazu, dass sich die Europäische Union eng mit den USA abstimmt, um im Weltsicherheitsrat gegen das Vorgehen Russlands und anderer Störenfriede Partei zu ergreifen und sich ganz klar zu positionieren für Humanität, für Solidarität und für den Kampf gegen diejenigen, die die Region auseinandergebracht haben . Herzlichen Dank . ({5})

Dr. h. c. Edelgard Bulmahn (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000305

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aktuelle Stunde ist beendet . Damit ist auch unsere Sitzung geschlossen . Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 20 . Oktober 2016, 9 Uhr, ein . Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und noch gute Arbeit . Vielen Dank .