Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 10/27/2009

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001849

Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie zur konstituierenden Sitzung des 17. Deutschen Bundestags. Parlamentarischer Brauch ist es - das entspricht unserer Geschäftsordnung; ich kann die Paragrafen zitieren -, dass der Älteste die erste Sitzung des Bundestags eröffnet. Ich bin am Sonntag, dem 1. Dezember 1935, geboren. Wenn jemand von den Kollegen im Saal älter ist als ich, dann spreche er jetzt oder er schweige für immer. ({0}) Unser Präsident würde sagen: Ich höre und sehe keinen Widerspruch. Meine Damen und Herren, damit rufe ich Punkt 1 der Tagesordnung auf: Eröffnung der Sitzung durch den Alterspräsidenten Ich eröffne die erste Sitzung in der 17. Wahlperiode. Ich begrüße den Herrn Bundespräsidenten. Wir freuen uns, Herr Bundespräsident, dass Sie wieder bei uns sind. ({1}) Ich begrüße herzlich die ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestages, Frau Dr. Rita Süssmuth. ({2}) Sie haben uns mit Würde und Klugheit über die Jahre geführt - die Verbundenheit bleibt. Ich habe die Freude, Botschafter und Missionschefs zahlreicher Staaten hier zu begrüßen. Sie alle sind herzlich willkommen - in der Verbundenheit der Gemeinschaft der Völker. ({3}) Ich darf einen einzigen Kollegen besonders begrüßen, weil er heute mit uns seinen Geburtstag feiert, die schönste Party, die man sich vorstellen kann. Es ist der Kollege Henning Otte, dem ich herzlich gratuliere. ({4}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bis zur Beschlussfassung über die Geschäftsordnung, die sich der 17. Deutsche Bundestag nach der Wahl des Bundestagspräsidenten geben wird, verfahren wir nach den Regeln, die für den 16. Deutschen Bundestag gegolten haben. Nach Absprache mit den Fraktionen benenne ich als vorläufige Schriftführerinnen und Schriftführer folgende Damen und Herren Abgeordnete: Jens Ackermann, Dorothee Bär, Doris Barnett, Cornelia Behm, Klaus Brähmig, Michael Brand, Angelika Brunkhorst, Elvira Drobinski-Weiß, Hans-Joachim Fuchtel, Diana Golze, Markus Grübel, Klaus Hagemann, Jürgen Herrmann, Josip Juratovic, Ute Koczy, Jens Koeppen, Dr. Rolf Koschorrek, Katrin Kunert, Sibylle Laurischk, Monika Lazar, Paul Lehrieder, Ingbert Liebing, Michael Link, Gabriele Lösekrug-Möller, Maria Michalk, Sibylle Pfeiffer, Daniela Raab, Marlene Rupprecht, Elisabeth Scharfenberg, Marianne Schieder, Dr. Harald Terpe, Florian Toncar, Alexander Ulrich, Josef Philip Winkler, Dr. Claudia Winterstein, Jörn Wunderlich und Sabine Zimmermann. - Damit haben wir den schwierigsten Teil geschafft. Ich darf die Abgeordneten Hans-Joachim Fuchtel und Dr. Claudia Winterstein bitten, neben mir Platz zu nehmen. Während Hans-Joachim Fuchtel mit dem ganzen Gewicht seiner Persönlichkeit näherkommt, ({5}) darf ich ihm meinen besonderen Dank für die 23 Jahre aussprechen, die er als Schriftführer dem Deutschen Bundestag gedient hat. Das ist eine einmalige Leistung. Geduld in den Debatten hat ihn ausgezeichnet. Jetzt geht er auf die Regierungsbank, um Deutschland für die nächsten 23 Jahre zu gestalten. ({6}) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit haben wir den ersten Teil der Regularien erledigt. Ich möchte Sie nochmals begrüßen. Ich habe die Freude, jetzt einige Worte sagen zu Redetext Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber dürfen. Die besondere Gnade dieses Moments ist, dass man sagen darf, was man schon immer sagen wollte. ({7}) In den USA beginnt man eine Rede mit einem Witz, in Japan mit einer Entschuldigung. Ich beginne mit einer Zusage: Ich werde diesmal das Mikrofon nicht verlassen ({8}) - ich bin danach gefragt worden -, auch wenn es der Lebendigkeit der Rede abträglich sein könnte. ({9}) Ich begrüße die neuen Kollegen, die zu uns gekommen sind, und diejenigen, die viele Jahre mit uns gemeinsam gearbeitet haben. Ich begrüße Sie alle sehr herzlich im 60. Jahr der Bundesrepublik Deutschland, im 20. Jahr seit dem Fall der Mauer, im 10. Jahr, seit wir hier in Berlin, in unserer Hauptstadt, arbeiten. Ich begrüße Sie alle. Wir haben gemeinsam den Auftrag, den Nutzen des deutschen Volks zu mehren, Schaden von ihm zu wenden und nach unserem Gewissen zu entscheiden. Wir werden uns in Debatten streiten. Wir werden in den Ausschüssen arbeiten. Aber eines war uns immer gemeinsam: die Achtung vor jedem Kollegen und seiner Meinung, die Bereitschaft zum sachlichen Argument, die Fähigkeit, Kompromisse zu prüfen, die Entschlossenheit, zu entscheiden und dann voranzuschreiten. So wollen wir es auch in einer schwierigen Zeit halten. In schwierigen Zeiten - sagt Sir Karl Popper - ist Optimismus Pflicht. Ermutigend ist, dass den Deutschen die Zuversicht nicht abhandengekommen ist. Wir haben in diesem Jahr in kurzer Zeit sehr harte Entscheidungen sehr schnell treffen müssen. Im Zusammenspiel zwischen Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung haben wir Entscheidungen getroffen, die auch nach weiteren Monaten der Krise Bestand haben. Jetzt werden wir hier neue Rahmenbedingungen setzen müssen, Rahmenbedingungen, die dazu beitragen, dass uns eine solche Krise nicht mehr passiert. Wir müssen sie setzen, bevor die Bereitschaft und die Entschlossenheit dazu allzu sehr abschlaffen. Da gibt es Maßnahmen, die vorgeschlagen und diskutiert worden sind. Dabei geht es um die Aufsicht der Banken, die Eigenkapitalunterlegung bei deren Geschäften, die Mittelfristigkeit und die Langfristigkeit der Managergehälter, die Frage einer europäischen Ratingagentur. Zu diesen und vielen anderen Fragen hat die Bundesregierung gesprochen, dazu haben die G 20 diskutiert. Sie haben erste Entscheidungen getroffen. Dies ist der Beginn einer Diskussion, die über die einzelnen Punkte hinausreicht; denn wir müssen uns weltweit einigen. Die Märkte wirken weltweit, und deshalb muss auch der Rahmen für die Märkte weltweit sein. Dies ist nicht selbstverständlich. Amerika und England denken anders über Finanzmärkte als wir. Deutschland denkt anders, Frankreich denkt anders. Aus diesen verschiedenen Vorstellungen von Wirtschaft und Finanzen einen weltweit gültigen Rahmen zu bauen, das bedarf einer sehr grundsätzlichen Diskussion; denn das, was hier entstehen kann, ist eine Marktordnung in der Welt, die, wenn es gelingt, dauerhaft ist. Ob es gelingt, weiß man erst später. In Anlehnung an Vergil ist zu sagen: „Novus ab integro saeculorum nascitur ordo“ - eine neue Ordnung entsteht aus den Tiefen der Zeit. Das kann man erst sagen, wenn es vorbei ist. Erst dann weiß man, ob es gelungen ist. In diese Diskussion werden wir einzubringen haben, was wir in der sozialen Marktwirtschaft und mit der sozialen Marktwirtschaft gelernt haben: die Partnerschaft der Tarifpartner, den Rahmen, in dem der Tüchtige tüchtig sein kann, weil er Freiraum hat, in dem er das Geld erarbeitet, mit dem wir denen helfen können, die Hilfe brauchen. Das ist die Idee der sozialen Marktwirtschaft. In dieser Verantwortung für das Ganze, für die Gemeinschaft zu arbeiten, das wird die Aufgabe der kommenden Jahre sein. Wir werden hier für das, was unsere Gesellschaft und unsere Gemeinschaft bestimmt hat, zu arbeiten haben. Dabei wird es wichtig sein, dass wir ein hohes Maß an Freiheit bewahren können. Der Rahmen muss fest sein, aber der Freiraum muss reichen. Damit dies gelingt, wäre es natürlich eine gute Sache, wenn auch die anderen, die Banken und die Unternehmen, von sich aus Entscheidungen treffen würden, die für dauerhafte Stabilität sorgen. Die Ethik reicht immer weiter als das Gesetz. Ich finde es sehr ermutigend, dass wir in diesen Tagen lesen können, dass ein großes Automobilunternehmen die Vorstandsgehälter begrenzt hat: nach dem Maß der Entwicklung der Einkommen der Mitarbeiter. In dem Maße, in dem die Unternehmen Verantwortung übernehmen, wächst die Freiheit für das Ganze. Diese Freiheit brauchen wir; denn in dieser Zeit, in der wir große Aufgaben haben, können wir die Zukunft nur mit Innovation schaffen. Innovation gedeiht und Kreativität entwickelt sich nur im Raum der Freiheit. Deshalb sind auf der einen Seite die Planwirtschaften weitgehend untergegangen, und deshalb bauen wir auf der anderen Seite Bürokratien ab. Das entspringt nicht nur dem Willen, Kosten zu sparen, sondern auch dem Willen, dass die Leute, die die Arbeit tun, sich auf ihre Arbeit konzentrieren können und sich nicht auf die Vorschriften konzentrieren müssen. Je selbstverständlicher diese Ethik wird, umso leichter wird das werden. Die Innovation kann unsere Zukunft sichern, allerdings nur im Wettbewerb, in einer offenen Welt. Wir wollten diese offene Welt. Wir stehen im Wettstreit mit technisch starken Nationen, mit Nationen, die sehr viel geringere Löhne zahlen. Wir können in diesem Wettstreit nur überleben, wenn wir besser und schneller als andere neue Problemlösungen entwickeln, wenn wir schon vor dem Kunden wissen, was der Kunde eigentlich will. Das ist zwar nicht Sache des Bundestages, aber der Bundestag muss mit die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Unternehmer, die Forscher und die Manager Zukunft gestalten können. Wir sind in einer Lage, wo das Neue uns mit großer Kraft zuwächst. Das Wissen der Menschheit verdoppelt sich alle fünf Jahre - dies kann noch schneller werden -, Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber und es wird weltweit geteilt. Die weltweite Gemeinschaft, die Wissensgesellschaft bietet jedem offenen Zugriff auf alles, wenn er alles, was er hat, mit einbringt. Es ist eine Gesellschaft, die aus Wissen lebt, die mit Wissen wächst, die mit Wissen verantwortlich umzugehen versteht, in der Wissen überall und jederzeit für jeden zugänglich ist. Es ist die Welt der Quanten, die wir langsam verstehen lernen - von der Vision des Quantencomputers bis zur Nanotechnologie, wo im Allerkleinsten die Materie andere Eigenschaften hat. Es ist die Welt der Gene, die neue Möglichkeiten schafft. Nur ein Viertel der Krankheiten, die wir kennen, können wir an der Wurzel fassen. Gentechnologie eröffnet die Chance, dass wir Krankheiten heilen, dass wir menschliches Leid lindern, dass wir gleichzeitig aus Wissen neue Märkte, neue Arbeitsplätze und wirtschaftliches Wachstum schaffen. Es ist die Welt der Computer, die schon jetzt unseren Alltag beherrscht. Die Leistung der Chips verdoppelt sich alle 18 Monate, und es halbiert sich ihr Preis. Daraus entstehen Internet und Unterhaltungselektronik. Daraus entsteht eine Fülle von Möglichkeiten in Chemie und im Maschinenbau. Daraus entsteht eine Fülle von Möglichkeiten im Automobilbau. Daraus entstehen lauter Arbeitsplätze, die für unsere Zukunft wichtig sind, in einem Bereich, wo Deutschland immer stark war. Deutschland war selten in den Spitzentechnologien vorne, aber als Meister der Systeme wurden aus den einzelnen Techniken neue Produkte geschaffen. Der Chip ist Silizium, und Silizium ist Sand - und Sand ist reichlich vorhanden. Und dazu braucht man noch Intelligenz. Intelligenz, so sagt man uns, ist beliebig vorhanden. In der Praxis findet man gelegentlich Knappheiten. ({10}) Aber sie wächst nach; es bleibt Hoffnung. Insofern haben wir hier die Chance eines Wachstums des guten Gewissens, das die Wirklichkeit ändert und Zukunft für alle schafft. Dass diese Welt gelingt, hängt davon ab, ob wir die Menschen haben, die sie gestalten, die Freude daran haben und die ihre Chance darin sehen. Wir werden uns über vieles streiten, und wir haben uns über vieles gestritten - manchmal mit intensiver Herzlichkeit. Aber wir sind uns doch wohl weitestgehend darin einig, dass Bildung und Forschung in diesen Jahren hohe Priorität haben. Dafür braucht es nicht allein Geld - das auch -, sondern auch Konzepte und unsere Bereitschaft, denen, die hier gestalten, die Freude daran nicht zu nehmen. Wir haben in diesen Jahren in einer Welt im Wandel die Schulen umzubauen und aufzubauen. Wir haben gute Schulen, und seit PISA sind sie noch besser geworden; aber wir wissen, dass wir noch mehr erreichen können. In der Föderalismusreform haben wir den Ländern die Zuständigkeiten für die Bildung weitgehend zugeschrieben. Sie wetteifern um das beste Schulsystem und um die besten Chancen. Den Universitäten haben wir durch einen Wettbewerb um Exzellenz, der über zehn Jahre angelegt worden ist, den Ehrgeiz vermittelt, die Besten zu sein und von jedem anderen zu lernen. Der Forschung haben wir langfristig steigende Mittel zugesagt. Was wir hier machen, ist eine Investition dafür, dass wir stärker sind, wenn wir aus der Krise herauskommen. Wir brauchen diese Stärke. Es gibt Aufgaben über das Tagesgeschäft hinaus, die langfristig sind und in unterschiedlichen Bereichen angegangen werden müssen. Die Menschen werden älter. Das ist ein Erfolg der Medizin. Das ist ein Erfolg der Arbeitsbedingungen, die besser geworden sind. Das ist ein Erfolg der Sozialsysteme. Das ist also eine erfreuliche Sache und kein Problem. Das Problem liegt darin, dass wir nicht rechtzeitig so viele Kinder gezeugt haben, wie wir es hätten tun sollen. ({11}) Was hier und jetzt anzugehen ist, ({12}) ist, dass wir in dieser Gesellschaft, die altert, die Kreativität bewahren und das dritte Lebensalter nicht als ein Zu-Ende-Leben des Lebens verstehen, sondern als neuen Raum der Gestaltung mit einer Freiheit, die man über das ganze frühere Leben nicht hatte. Man kann wählen; das gilt sowohl für die Freizeit, das Ehrenamt und, wenn man es will und kann, die Arbeit. Dies so zu organisieren, dass die Menschen diese Chance ergreifen, dass sie mitgestalten und aktiv dabei sind, ist eine unserer großen Aufgaben. Es ist eine Frage der Integration der Menschen, die in unserem Land leben und die ihren alten Kulturen verbunden sind. Wir respektieren diese Kulturen. Aber wir wollen, dass sie als Bürger dieses Landes die Chance haben, umfassend mitzugestalten, ihren Beruf und ihr Leben zu entwickeln, Verantwortung zu übernehmen und sich als Teil unserer Gemeinschaft zu fühlen. Auch hier ist uns vieles gelungen; als Beispiele nenne ich die Offenheit der Vereine und das Miteinander mit den Kollegen am Arbeitsplatz. Es darf aber nicht geschehen, dass sich in einzelnen Bereichen unserer Gesellschaft Kulturen entwickeln, die keinen Kontakt zu unserer Wirklichkeit haben. Wir dürfen unsere Verantwortung für die Schönheit und den Reichtum der Natur nicht vergessen. In diesem Bereich haben wir trotz schwieriger Bedingungen Erfolge gehabt; das macht Mut. Wer redet heute noch vom Waldsterben? ({13}) - Ja, das ist sehr schön. Schön, dass Sie sich zu Wort melden, Frau Künast. - Wenn man fröhlich durch die Wälder geht und sieht, dass sie grün sind und die Bäume gedeihen, ({14}) Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber dann kann man durchaus sagen: Gemessen an den Themen, über die vor 30 Jahren diskutiert wurde, haben wir eine neue und erfreuliche Welt geschaffen. ({15}) Damals war die Rede davon, dass die Flüsse umkippen und unsere Seen bald tot sein werden. Ich erinnere mich: Als ich vor 30 Jahren an einem schönen Sommertag am Main spazieren ging, war der Fluss ziemlich braun, das Wasser stank, und die Fische trieben mit weißen Bäuchen zu Tal. ({16}) Die Mitglieder meines Anglervereins haben mir gesagt, dass es im Main heute 40 unterschiedliche Fischsorten gibt und dass die Fische sich vermehren. Das ist ein Zeichen dafür, dass sie glücklich sind. ({17}) Wie sie schmecken, ist noch Gegenstand von Diskussionen. Vom Standpunkt der Fische aus betrachtet ist das aber durchaus sekundär. ({18}) Indem wir klug auf die Ursachen der Probleme reagiert haben, haben wir Lösungen gefunden, und diese Lösungen haben unserer Welt geholfen. Sie haben auch unseren Unternehmen geholfen, die die Wirklichkeit mit neuen Techniken gestaltet haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind nur einige der langfristigen Herausforderungen. Wir bewältigen sie nur, wenn wir in den unterschiedlichen Verantwortungsbereichen hier im Deutschen Bundestag gemeinsam daran arbeiten. Wir bewältigen sie nur, wenn wir auch diejenigen, die in Wirtschaft und Wissenschaft in Verantwortlichkeit stehen, im gleichen Geiste dafür gewinnen. Eine Stärke des Deutschen Bundestages ist seine große Vielfalt. Ihm gehören Menschen aus unterschiedlichen Altersstufen an. Die Altersspanne beträgt mehr als ein halbes Jahrhundert; auch ich trage meinen bescheidenen Teil dazu bei. Hier sind Männer und Frauen aus ganz unterschiedlichen Berufen und mit ganz unterschiedlichen Lebenserfahrungen vertreten. Jeder von ihnen hat eine Stimme, jeder hat sein Wort - das Wort ist das Einzige, was der Parlamentarier hat -, und so entsteht aus den Beiträgen der Einzelnen eine Arbeit am Ganzen. Allerdings gibt es einige Gruppen, von denen man sich wünschen würde, dass sie hier in noch größerer Zahl vertreten sind. Die Zahl der Betriebsräte hier im Bundestag ist nicht mehr so gewaltig. Die Zahl der Selbstständigen, der Unternehmer, der Manager, die Zahl der Naturwissenschaftler ist ziemlich mäßig. Aber wenn hier einmal ein Naturwissenschaftler ist, kann es durchaus sein, dass er oder sie zu den höchsten Staatsämtern aufsteigt. Das ist durchaus erfreulich. Entscheidend wird sein, dass wir, jeder Einzelne von uns, das Gespräch suchen, das Gespräch aufbauen, im Formellen - in Enquete-Kommissionen, in Anhörungen -, aber auch in Einzelgesprächen mit den vielen Gruppen. Das gilt aber auch für die andere Seite. Unternehmer frage ich immer: Kennen Sie eigentlich Ihre Abgeordneten, und zwar nicht nur die, die Ihnen persönlich nahestehen? Wann haben Sie Ihren Abgeordneten zum letzten Mal geknuddelt? ({19}) Da ist die Landschaft relativ kahl. Es ist wichtig, hier die Kultur aufzubauen, dass das Gespräch so wird, dass Menschen aus unterschiedlichen Lebensbereichen zusammenwirken. Die Kulturen bei uns funktionieren in sich ziemlich gut. Die Übergänge sind eher mäßig, sie sind zu gering. Das scheint übrigens ein altes deutsches Problem zu sein. Goethe, ein berühmter Dichter aus meiner Heimat, hat in den Xenien geschrieben: Deutschland? aber wo liegt es? Ich weiß dieses Land nicht zu finden. Wo das gelehrte beginnt, hört das politische auf. Wenn wir so begrenzen, sind wir in Schwierigkeiten. In einer komplexen Welt richtig zu entscheiden, gelingt nur dann, wenn sich diese Komplexität in unserem Gespräch widerspiegelt. So gehen wir in diese Periode in einer durchaus schwierigen Zeit mit der Bereitschaft, zu entscheiden, und mit Zuversicht. Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, schreibt Paulus an Timotheus, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Über die Liebe will ich jetzt nichts sagen; das ist ein sehr privater Raum. ({20}) - Jawohl. Hier weist jemand, des Lateinischen kundig, darauf hin, dass „caritas“ und „amor“ zwei verschiedene Welten sind. Heute früh hat uns Prälat Jüsten in einfachen Worten mitgeteilt, was dies für die Verantwortung eines Politikers vor der Welt bedeutet. Hierzu will ich also nicht sprechen. Mit Kraft und Besonnenheit so an die Wirklichkeit heranzugehen, dass Kraft und Zuversicht auch bei anderen wachsen, das ist unsere Aufgabe. Wir können nur einen Teil dessen, was in Deutschland entschieden werden muss, gestalten. Den anderen Möglichkeiten zu geben für Freiheit, für Mut und Unternehmungsgeist, dass sie mit Gestaltungskraft in die Zukunft schreiten, dass sie ihre Verantwortung für eine verletzliche Welt verstehen, dass sie nicht alles vom Staat erwarten, sondern sehr viel auch von sich selbst, das ist die Aufgabe, mit der wir in diese Periode hineingehen. Daran werden wir arbeiten. Ob es gelingt, weiß man nie; aber die Zuversicht bleibt, dass wir, wenn wir alle - jeder an seinem Platz - ehrlich und offen miteinander Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber im Streit und dann in der Entscheidung an die Arbeit gehen, die Zukunft für unser Land ausbauen werden, so wie wir es als Auftrag vom deutschen Volk bekommen haben. Ich bedanke mich bei Ihnen. ({21}) Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 2 auf: Wahl des Präsidenten verbunden mit Namensaufruf und Feststellung der Beschlussfähigkeit Ich bitte um Vorschläge zur Wahl des Präsidenten des Bundestages. - Herr Abgeordneter Kauder.

Volker Kauder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Alterspräsident, ich schlage für die CDU/CSUBundestagsfraktion den Kollegen Dr. Norbert Lammert vor. ({0})

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001849

Vielen Dank, Herr Kauder. - Meine Damen und Herren, Sie haben den Vorschlag gehört. Darf ich fragen, ob es noch weitere Vorschläge gibt? - Ich höre und sehe, dass es keine weiteren Vorschläge gibt. Somit können wir zu den Hinweisen zum Wahlverfahren kommen. Unsere Verwaltung hat mich in ihrer Autorität verpflichtet, sie vorzulesen, was mir immer schwerfällt. Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit für einige Hinweise. Die Wahl findet mit versteckten Stimmkarten - ({0}) - Ich bitte um Nachsicht. Ich habe Ihnen gleich gesagt, dass ich im Ablesen nicht gut bin. Jeder muss mit seinen Handicaps leben. Die Wahl findet mit verdeckten Stimmkarten, also geheim, statt. Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erhält. Sie benötigen für die Wahl des Präsidenten Ihren gelben Wahlausweis. Diesen und weitere Wahlausweise für die später durchzuführenden Wahlen der Vizepräsidenten können Sie, soweit noch nicht geschehen, den Stimmkartenfächern in der Lobby entnehmen. Bitte kontrollieren Sie, ob die Wahlausweise Ihren Namen tragen. Die für die Wahl des Präsidenten allein gültige gelbe Stimmkarte und den amtlichen Wahlumschlag erhalten Sie nach Aufruf Ihres Namens von den Schriftführerinnen und Schriftführern an den Ausgabetischen links und rechts der Wahlkabinen. Um einen reibungslosen Ablauf der Wahl zu gewährleisten, bitte ich Sie, von Ihren Plätzen aus über die seitlichen Zugänge und nicht durch den Mittelgang zu den Ausgabetischen zu gehen - eine wohlerwogene Regieanweisung. Nachdem Sie die Stimmkarte in einer der Wahlkabinen gekennzeichnet und in den Wahlumschlag gelegt haben, gehen Sie bitte zu den Wahlurnen hier vorne am Rednerpult. Sie dürfen Ihre Stimmkarte nur in der Wahlkabine ankreuzen und müssen die Stimmkarte ebenfalls noch in der Wahlkabine in den Umschlag legen. Die Schriftführerinnen und Schriftführer sind verpflichtet, jeden, der seine Stimmkarte außerhalb der Wahlkabine kennzeichnet oder in den Umschlag legt, zurückzuweisen. Die Stimmabgabe kann in diesem Fall jedoch vorschriftsmäßig wiederholt werden. Gültig sind nur Stimmkarten mit einem Kreuz bei „ja“, bei „nein“ oder bei „enthalte mich“. Ungültig sind Stimmen auf nichtamtlichen Stimmkarten sowie Stimmkarten, die mehr als ein Kreuz, andere Namen oder Zusätze enthalten. Bevor Sie die Stimmkarte in eine Wahlurne werfen, übergeben Sie bitte Ihren Wahlausweis einem der Schriftführer an der Wahlurne. Die Abgabe des Wahlausweises dient als Nachweis für die Beteiligung an dieser Wahl und ersetzt die Eintragung in die Anwesenheitsliste, soweit Sie sich nicht ohnehin schon eingetragen haben. Ich bitte jetzt die eingeteilten Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Die beiden Schriftführer neben mir werden nun Ihre Namen in alphabetischer Reihenfolge aufrufen. Ich bitte Sie nun, den Namensaufruf zu verfolgen und sich nach dem Aufruf Ihres Namens zur Entgegennahme der Stimmkarte zu den Ausgabetischen vor den Wahlkabinen zu begeben. Haben alle Schriftführerinnen und Schriftführer ihre Plätze eingenommen? - Die Schriftführerinnen und Schriftführer haben an allen Urnen ihre Plätze eingenommen. Ich eröffne die Wahl und bitte, mit dem Aufruf der Namen zu beginnen. ({1}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit ist der Namensaufruf beendet. Ich sehe aber noch erhebliche Schlangen vor den Wahlurnen, sodass ich noch etwas abwarte, bevor ich unterbreche. Erlauben Sie mir folgenden Hinweis: An der linken Urne ist die Schlange sehr kurz, an der rechten Urne ist sie sehr lang. Ich bitte Sie, auch die linke Urne zu benutzen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Gedränge an der Urne hat nachgelassen. Darf ich fragen, ob noch irgendjemand seinen Stimmzettel abgeben möchte? Hatte jeder dazu Gelegenheit? - Herr Kollege Westerwelle, ohne Ihre Stimme wären wir in Schwierigkeiten geraten. - Da ist noch eine Stimme. - Ich frage noch einmal, ob noch eine Stimme abgegeben werden soll? - Das ist nicht der Fall. Dann darf ich die Wahl schließen. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich unterbreche die Sitzung zur Auszählung für ungefähr 30 Minuten. Danach wird geklingelt. Dann treffen wir uns hier zur Bekanntgabe des Ergebnisses wieder. ({2})

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001849

Meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich Sie bitten, wieder Platz zu nehmen? Das Wahlergebnis liegt vor, und ich trage es vor, wenn alle entspannt sitzen. Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich darf Ihnen das Wahlergebnis bekannt geben. Es wurden 617 Stimmen abgegeben; damit ist gleichzeitig die Beschlussfähigkeit des 17. Deutschen Bundestages festgestellt. Es gab keine ungültigen Stimmen - eine besonders beeindruckende Leistung. ({0}) Wir haben damit 617 gültige Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 522, ({1}) mit Nein haben gestimmt 66, Enthaltungen gab es 29. Dr. Norbert Lammert hat die erforderliche Mehrheit erhalten und ist zum Präsidenten des 17. Deutschen Bundestags gewählt worden. Ich darf Sie fragen, Herr Dr. Lammert: Nehmen Sie die Wahl an?

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001274, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich nehme die Wahl gerne an.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001849

Herzliche Glückwünsche! ({0}) Herr Präsident, ich darf Ihnen im Namen des ganzen Hohen Hauses sehr herzlich gratulieren. Tagesordnungspunkt 3: Amtsübernahme durch den Präsidenten Ich darf Sie bitten, den Platz des Präsidenten und das Amt zu übernehmen und uns mit der gleichen Weisheit und Freundlichkeit wie in der vergangenen Periode zu führen. ({1})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Verehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erneute Wahl zum Präsidenten des Deutschen Bundestages ist eine hohe Auszeichnung und eine große Verpflichtung. Das eine ist mir so bewusst wie das andere. Vor vier Jahren hat mich der 16. Deutsche Bundestag mit einem ungewöhnlichen Vertrauensvorschuss in dieses Amt gewählt. Ich bedanke mich bei allen, die mir heute auch nach stattgefundenen Erfahrungen in der Wahrnehmung des Amtes ihre Stimme gegeben haben, zunächst bei meiner eigenen Fraktion, die mich trotz gelegentlicher Neigung zu Selbstständigkeit und Hartnäckigkeit, auch gegenüber deren besonderen Wünschen und Erwartungen, für dieses Amt erneut vorgeschlagen hat - in Kenntnis des Risikos, dass das so bleiben wird. ({0}) Ich freue mich natürlich - das werden Sie verstehen -, dass mein Bemühen eine so breite Anerkennung gefunden hat, dieses hohe Amt so überparteilich wie eben möglich zu führen und unser Parlament nach innen wie nach außen würdig zu vertreten. Dafür bin ich besonders dankbar, und ich versichere Ihnen gerne, dass ich mich nach Kräften weiterhin genau darum bemühen werde, auch wenn dies sicher nicht immer gleich gut gelingt. Zugleich bitte ich um Verständnis, wenn ich nach Ihrem Votum nun auch um Ihre Unterstützung bei den notwendigen Bemühungen um eine weitere Verbesserung unserer parlamentarischen Arbeit bitte, zu der ich nach meiner Festrede zum 60. Geburtstag des Bundestages im September heute einige durchaus selbstkritische Anmerkungen machen möchte. Zunächst möchte ich aber unserem Alterspräsidenten Heinz Riesenhuber danken, der nicht nur der lebensälteste Abgeordnete ist, sondern auch zu den mit Abstand dienstältesten Mitgliedern dieses Hauses gehört, für die souveräne Eröffnung unserer konstituierenden Sitzung mit Witz und der ihm eigenen Eleganz und für die Hinweise, die er uns für die Arbeit der bevorstehenden Legislaturperiode über das Tagesgeschäft hinaus gegeben hat. ({1}) Mein besonderer Dank und Respekt gilt allen ausscheidenden Mitgliedern des Bundestages für die geleistete Arbeit. Stellvertretend für alle nenne ich Frau Dr. Däubler-Gmelin, die diesem Parlament seit 1972, also stolze 37 Jahre, angehört hat. ({2}) Dank sagen möchte ich auch für die gute Zusammenarbeit im bisherigen Präsidium, insbesondere Susanne Kastner, die sieben Jahre Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages war. ({3}) Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nach manchen Beschwerden, Debatten, Verhandlungen in der letzten Legislaturperiode möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass eine Übertragung der Konstituierung dieses Deutschen Bundestages im Hauptprogramm der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten nicht stattfindet. Im Mittelpunkt des Vormittagsprogramms der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands steht heute Morgen die TV-Komödie Schaumküsse. ({4}) Das Zweite Deutsche Fernsehen bringt statt einer Übertragung dieser Sitzung die 158. Folge der Serie Alisa Folge deinem Herzen, ({5}) gefolgt vom 36. Kapitel der Serie Bianca - Wege zum Glück. ({6}) Präsident Dr. Norbert Lammert Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch ich folge meinem Herzen und nenne diese Programmentscheidung ganz vorsichtig im wörtlichen Sinne bemerkenswert. ({7}) Mir fehlt jedes Verständnis dafür, dass ein gebührenpflichtiges Fernsehen, das dieses üppig dotierte Privileg allein seinem besonderen Informationsauftrag verdankt, auch an einem Tag wie heute mit einer souveränen Sturheit der Unterhaltung Vorrang vor der Information einräumt. ({8}) Da die Chefredaktionen in ihren Entscheidungen so frei sind wie ich in meinem Urteil, kündige ich an, dass ich bei jeder ähnlichen Gelegenheit erneut vortragen werde. ({9}) Meine Damen und Herren, das Wahlergebnis vom 27. September hat die Kräfteverhältnisse im 17. Bundestag stärker verändert, als gemeinhin erwartet wurde, und zugleich die politischen Rollen neu verteilt. In der Regel wird der Wechsel aus der Opposition in die Regierungsverantwortung höher geschätzt als der umgekehrte Rollenwechsel. Umso wichtiger ist die Einsicht, dass die demokratische Reife eines politischen Systems nicht an der Existenz der Regierung zu erkennen ist, sondern am Parlament und dort vor allem am Vorhandensein einer Opposition und ihrer politischen Wirkungsmöglichkeiten. ({10}) Regiert wird immer und überall, mal mit und oft ohne demokratische Legitimation. Die Opposition macht den Unterschied, und ihre Bedeutung steht und fällt mit dem Gewicht des Parlaments als Vertretung des ganzen Volkes: Mehrheit und Minderheit, Rede und Widerrede. Wie sehr die Wählerinnen und Wähler - und eben nicht die Parteien und ihre Führungen - die Zusammensetzung der Parlamente verändern, wird nicht nur an der großen Zahl der jeweils neu gewählten Mitglieder deutlich - diesmal beinahe ein Drittel -, sondern auch an der weitgehenden personellen Erneuerung innerhalb von nur zehn Jahren. Von den Abgeordneten, die 1999 beim Umzug des Bundestages von Bonn nach Berlin dabei waren, gehören gerade noch 101, also weniger als ein Sechstel, dem heute zusammentretenden Parlament an. Meine Damen und Herren, nicht alle, die in diesem Bundestag sitzen, haben den gleichen Einfluss; das ist wohl wahr. Aber alle haben das gleiche Mandat, gleiche Rechte und gleiche Pflichten. Auf beides will ich achten und wenn nötig in Erinnerung rufen, dass wir gewählt sind, aber nicht gesalbt ({11}) nicht für immer, sondern für ganze vier Jahre, mit einem befristeten Auftrag, für den es keine automatische Verlängerung gibt. Wir sind nicht das Volk, sondern die Volksvertretung. Das ist wichtig genug, aber eben nicht dasselbe. Die Wähler wissen ebenso gut wie wir - manchmal sogar besser -, dass wir nicht über Wasser gehen können. Deshalb sollten wir auch keinen anderen Eindruck vermitteln. Meine Damen und Herren, am 27. September haben fast 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht, mehr als je zuvor in der Geschichte der Bundestagswahlen, obwohl es übrigens noch nie so viele Kampagnen zur Wahlbeteiligung gegeben hat wie in diesem Jahr. Etwa 18 Millionen Frauen und Männer haben nicht gewählt. Das ist so viel, wie das größte Bundesland Einwohner hat. Belanglos ist das nicht. Es sollte bei nüchterner Würdigung weder verharmlost noch dramatisiert werden. Immerhin ist die niedrigste Beteiligung an einer Bundestagswahl seit 60 Jahren immer noch deutlich höher als die vielgerühmte höchste amerikanische Wahlbeteiligung in den letzten 100 Jahren. Dennoch sollten wir uns mit dem unerfreulichen Trend und seinen Ursachen auseinandersetzen. Zu den Gründen der Wahlverweigerung gehören nicht nur allgemeines politisches Desinteresse, das es natürlich auch gibt, sondern konkrete Enttäuschungen, Ratlosigkeit gegenüber zu vielen oder zu wenigen oder zu undeutlichen Alternativen, manchmal auch schlichte Bequemlichkeit und neuerdings auch eine intellektuelle Überheblichkeit, die sich in der öffentlichen Aufforderung zur Verweigerung dessen niederschlägt, was dieselben Autoren als demokratisches Grundrecht natürlich für völlig unverzichtbar halten. ({12}) Man wird gerade in diesem Jahr daran erinnern dürfen: Für dieses demokratische Kerngrundrecht freier Wahlen sind auch in Deutschland vor 20 Jahren viele Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bedeutung des Bundestages im Verfassungsgefüge wie in der Realität unseres politischen Lebens ist sicher höher als sein öffentliches Ansehen. Das parlamentarische System in Deutschland hat im eigenen Land bedauerlicherweise nicht den gleichen guten Ruf, den es fast überall auf der Welt genießt. Zweifellos ist es eine der großen Errungenschaften der jüngeren Geschichte unseres Landes. Mir fallen im Übrigen im internationalen wie im historischen Vergleich nicht einmal eine Handvoll Länder ein, deren Parlamente ähnlich viel oder gar mehr Einfluss auf die Bildung und die Kontrolle von Regierungen, die Gesetzgebung und die öffentliche Meinung hätten als die deutschen Parlamente und schon gar der Deutsche Bundestag. Aber richtig ist auch: Die Parlamente, ihre Arbeit und ihre öffentliche Wirkung sind nicht immer so gut, wie sie sein könnten und sein sollten. Die Konstituierung eines neuen Bundestages ist eine gute Gelegenheit, gemeinsam darüber nachzudenken. Dies gilt für das Verhältnis von Parlament und Regierung, die Wahrnehmung der originären parlamentarischen Aufgaben, die Mehrheits8 Präsident Dr. Norbert Lammert wie die Minderheitenrechte im Bundestag, die Transparenzregeln für Abgeordnete, das Wahlrecht, die Wahlprüfung und die Wahlzulassung, nicht zuletzt die neuen Kompetenzen des Bundestages im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft. Den Regierungen von Bund und Ländern mangelt es an Selbstbewusstsein nicht, dem Verfassungsgericht auch nicht. ({13}) Der Bundestag muss und darf sich hinter ihnen nicht verstecken. ({14}) Er ist nicht Hilfsorgan, sondern Herz der politischen Willensbildung in unserem Land. Nicht die Regierung hält sich ein Parlament, sondern das Parlament bestimmt und kontrolliert die Regierung. ({15}) Im parlamentarischen Regierungssystem ist die Gestaltung der Politik eine gemeinsame Aufgabe von Exekutive und Legislative. Dies wird nicht zuletzt im Gesetzgebungsverfahren deutlich. Die Wahrnehmung dessen, was in Zeiten der Globalisierung den Nationalstaaten an Souveränität verblieben ist, liegt bei den Parlamenten, in Deutschland mehr als irgendwo sonst beim Bundestag. Er entscheidet, ob überhaupt und wo und in welchem Umfang die Bundesrepublik Deutschland nationale Kompetenzen an die Europäische Gemeinschaft oder an internationale Organisationen zu übertragen bereit ist, nicht die Gerichte. Sie sind weder für die Politik zuständig noch für die Gesetzgebung. Sie legen die Gesetze im Lichte unserer Verfassung aus, nicht weniger, aber auch nicht mehr. ({16}) Meine Damen und Herren, die Beteiligung von Sachverstand aus Wirtschaft und Gesellschaft zur Vorbereitung staatlicher Entscheidungen in der Exekutive wie der Legislative ist eine Errungenschaft postfeudaler Zeiten und ganz sicher kein Skandal. Allerdings: Weder ist die Regierung „Gesetzgeber“ noch das Parlament „Gesetznehmer“. ({17}) Der entstandene Eindruck, diese zentrale staatliche Aufgabe werde immer häufiger und möglichst unauffällig an Anwaltskanzleien, Beratungsunternehmen und Gutachter abgetreten oder ausgelagert, stärkt die Autorität der Verfassungsorgane nicht, weder nach innen noch nach außen. ({18}) Das muss im Übrigen auch nicht sein, wie zuletzt die ebenso kurzfristige wie kompetente Begleitgesetzgebung zum Lissabonner Vertrag eindrucksvoll belegt hat. Für die neuen Aufgaben, die damit auf den Bundestag innerhalb der Europäischen Union zukommen, sind wir inzwischen besser gerüstet als zu Beginn der letzten Legislaturperiode: durch eigene Initiativen, vor allem das Verbindungsbüro des Bundestages in Brüssel, aber auch durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die zentrale und unaufgebbare Rolle des Parlaments auch bei europäischen Rechtsetzungsakten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht ganz so eindrucksvoll ist die Organisation unserer Plenardebatten, die seit einiger Zeit durch ein immer größeres und, wie ich finde, immer ärgerlicheres Missverhältnis zwischen aufgesetzten und tatsächlich öffentlich behandelten Tagesordnungspunkten gekennzeichnet ist. ({19}) In der vergangenen Legislaturperiode wurden 464 Tagesordnungspunkte - 464 Tagesordnungspunkte, Petitionen nicht mitgezählt - ohne Debatte verhandelt, und von rund 15 500 in den Protokollen verzeichneten Reden wurden nicht weniger als 4 429 zu Protokoll gegeben, mehr als jede vierte. Aus einer im Einzelfall sicher nötigen Ausnahme - ich räume freimütig ein, dass ich in früheren Rollen, die länger zurückliegen, an der Möglichkeit dieser Ausnahmeregelung leichtfertig mitgewirkt habe - ist längst eine fragwürdige Regel geworden. Das ist sicher keine Errungenschaft, ({20}) schon gar nicht, wenn die zweite und dritte Lesung von Gesetzen im Plenum alleine in der Niederlegung von schriftlichen Beiträgen besteht, die gar nicht debattiert werden konnten. Mit der unmissverständlichen Festlegung unserer Verfassung - Zitat: „Der Bundestag verhandelt öffentlich.“ - ist diese Praxis nur schwer vereinbar, zumal die Ausschussberatungen aus guten Gründen nicht immer öffentlich sind. Deshalb empfehle ich uns dringend - das gilt übrigens ausnahmslos für alle Beteiligten -, die Fülle der eingebrachten Gesetzentwürfe, Entschließungsanträge und Resolutionen auch im Maßstab der verfügbaren Beratungszeit selbstkritisch zu überprüfen oder umgekehrt die Anzahl der Sitzungswochen entsprechend zu erhöhen. ({21}) Auch in der Gestaltung der Fragestunde besteht gewiss Verbesserungspotenzial, sowohl aufseiten der Parlamentarier wie aufseiten der Regierungsvertreter. Dies gilt auch für Kleine und Große Anfragen. Manche Frage mag unnötig sein, aber manche Antwort der Bundesregierung ({22}) ist unbefriedigend, gelegentlich ärgerlich. Präsident Dr. Norbert Lammert ({23}) - Über den demonstrativen Beifall einiger von mir jetzt nicht namentlich genannter Kolleginnen und Kollegen freue ich mich ganz besonders und füge hinzu: Nicht nur die neuen Minister können nun zeigen, dass es im Umgang mit sicherlich manchmal lästigen parlamentarischen Auskunftsrechten so verlässlich, zügig und sorgfältig zugeht, wie sie es als Abgeordnete von der Regierung erwartet haben. ({24}) Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen auch nicht in jeder Legislaturperiode neue Rekorde bei parlamentarischen Drucksachen erzielt werden. ({25}) Noch nie wurden von einem deutschen Parlament so viele Einzeldokumente erzeugt wie in den letzten vier Jahren: deutlich mehr als 14 000. Aus gegebenem Anlass wird sich der neue Bundestag sehr bald sowohl mit den Transparenzregeln für Abgeordnete wie mit einzelnen Bestimmungen unseres Wahlrechts befassen müssen. Ich hoffe sehr, dass wir bei diesen beiden Themen mit möglichst breiten, fraktionsübergreifenden Mehrheiten zur überzeugenden Korrektur von Regelungen kommen, die nicht erst seit den gerichtlichen Beanstandungen umstritten sind. Dabei empfehle ich uns auch einen ruhigen Blick auf die geltenden Regelungen zur Zulassung nicht bereits im Parlament vertretener Parteien zur Bundestagswahl. Dass im dafür zuständigen Wahlausschuss Vertreter der etablierten Parteien über die Zulassung von Konkurrenz entscheiden, ist nicht über jeden demokratischen Zweifel erhaben. ({26}) Und dass unser Wahlgesetz eine Überprüfung dort mit Mehrheit abgelehnter Bewerbungen erst nach der Wahl zulässt, halten nicht nur einige Kommentatoren des Grundgesetzes für eine Rechtsschutzlücke - ich auch. Dann ist es nämlich für eine Korrektur zu spät. ({27}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, nie zu spät ist es für gute Vorsätze, mit denen wir sicher alle unsere Arbeit beginnen. Aber wir sollten mit der Umsetzung auch möglichst bald beginnen. Die Legislaturperiode ist kurz, für den Bundestag nur vier Jahre. Fast alle Landtage und viele Parlamente unserer Nachbarstaaten haben fünfjährige Legislaturperioden, ebenso wie das Europäische Parlament. Auch darüber lohnt es, nachzudenken, ({28}) nicht statt anderer eigener Anstrengungen zur Verbesserung unserer Arbeit, versteht sich, aber als möglicher Bestandteil. Ich weiß, dass es solche Überlegungen bei Mitgliedern aller Fraktionen gibt, und ich kenne auch die beachtlichen Einwände. Aber wir sollten auch nicht übersehen, dass es nach Einschätzung der meisten Wählerinnen und Wähler nicht zu wenige Wahlen in Deutschland gibt, sondern eher zu viele, von den Gemeinderäten, Kreistagen und Landtagen bis zum Europäischen Parlament. Auch die Teilnahme an Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden auf kommunaler Ebene wie in den Ländern ist eher ernüchternd. Jedenfalls werden wir uns darauf einrichten müssen, für die nächsten Jahre nicht nur von einem allgemeinen Wohlwollen der Öffentlichkeit wie der Medien, als vielmehr von ausgeprägten Erwartungen begleitet zu werden. Unsere Arbeit wird dadurch nicht leichter, dass manche dieser Erwartungen sich wechselseitig ausschließen. Aber wir alle, die wir heute zur Konstituierung dieses Bundestages hier zusammengekommen sind, haben für dieses Mandat kandidiert, weil wir uns dieser Aufgabe gewachsen fühlen. Mit der Annahme dieses Mandats beginnt die Erledigung der übernommenen Aufgaben, in welchen Rollen auch immer. Ich wünsche uns allen, jedem Einzelnen Freude und Erfolg bei der Bewältigung dieser Herausforderungen, und ich freue mich auf eine ebenso streitbare wie kollegiale Zusammenarbeit. Herzlichen Dank. ({29}) Bevor wir zur Wahl der weiteren Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Bundestages kommen, haben wir noch über die Weitergeltung von Geschäftsordnungen und Richtlinien abzustimmen. Dazu rufe ich unseren Tagesordnungspunkt 4 auf: Beschlussfassung über die - Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages - Gemeinsame Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuss nach Art. 77 des Grundgesetzes ({30}) - Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuss - Geschäftsordnung für das Verfahren nach Art. 115 d des Grundgesetzes - Richtlinien zur Überprüfung auf eine Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Wer für den Antrag auf Drucksache 17/1 stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? Enthält sich jemand der Stimme? - Dann ist dieser An10 Präsident Dr. Norbert Lammert trag einstimmig angenommen, und damit ist die Geltung dieser Regelungen vereinbart. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf: Festlegung der Zahl der Stellvertreter des Präsidenten Hierzu liegt ebenfalls ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen vor, wonach jede Fraktion einen Stellvertreter oder eine Stellvertreterin des Präsidenten stellt. Wir stimmen auch über diesen gemeinsamen Antrag ab. Wer stimmt für den Antrag auf Drucksache 17/2? Stimmt jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Dann ist auch das einstimmig beschlossen. Damit ist die Zahl der Stellvertreter des Präsidenten auf fünf festgelegt. Ich rufe unseren Tagesordnungspunkt 6 auf: Wahl der Stellvertreter des Präsidenten Nach unserer Geschäftsordnung erfolgt die Wahl der Vizepräsidenten geheim. Interfraktionell ist vereinbart worden, die Wahl der fünf Stellvertreter des Präsidenten mit Wahlausweis und einer Stimmkarte, auf der alle vorgeschlagenen Kandidaten aufgeführt sind, durchzuführen, wobei selbstverständlich sichergestellt ist, dass es zu jedem Vorschlag ein eigenes Votum geben kann. Darf ich Ihr Einverständnis mit diesem Verfahren feststellen? - Das ist offenkundig der Fall. Mir liegen folgende Vorschläge aus den Fraktionen vor: Von der Fraktion der CDU/CSU Gerda Hasselfeldt, von der SPD-Fraktion Dr. h. c. Wolfgang Thierse, von der FDP-Fraktion Dr. Hermann Otto Solms, von der Fraktion Die Linke Petra Pau sowie von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Katrin Göring-Eckardt. Darf ich fragen, ob es weitere Vorschläge gibt? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Ich darf auch hier für einen kleinen Augenblick noch um Aufmerksamkeit für Hinweise zum Wahlverfahren bitten. Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erhält. Für den Wahlgang benötigen Sie einen grünen Wahlausweis, der - wenn Sie ihn nicht schon im ersten Wahlgang den Fächern entnommen haben - den Stimmkartenfächern in der Lobby entnommen werden kann. Sie erhalten wie beim vorherigen Wahlgang an den Ausgabetischen eine grüne Stimmkarte und den amtlichen Wahlumschlag. Auf der Stimmkarte sind die vorgeschlagenen Kandidaten aufgeführt. Sie dürfen auch hier bitte Ihre Stimmkarte nur in der Wahlkabine ankreuzen und müssen die Stimmkarte ebenfalls noch in der Wahlkabine in den Umschlag legen. Sie haben fünf Stimmen und können zu jedem Kandidatenvorschlag jeweils mit Ja, Nein oder Enthaltung votieren. Wenn Sie bei einem Namen mehr als ein Kreuz oder gar kein Kreuz machen oder andere Namen als die der vorgeschlagenen Kandidaten oder kommentierende Zusätze auf die Stimmkarte schreiben, ist diese Stimme ungültig. Bevor Sie die Stimmkarte in die Wahlurne werfen, müssen Sie dem Schriftführer an der Wahlurne bitte Ihren Wahlausweis übergeben. Zum Ablauf des Wahlverfahrens bitte ich die gleichen Regiehinweise zu beachten, die Heinz Riesenhuber vorhin gegeben hat: dass wir möglichst von außen nach innen vorgehen und den mittleren Gang freihalten. Nachdem Sie die Stimmkarte in einer der Wahlkabinen gezeichnet und in den Wahlumschlag gelegt haben, gehen Sie bitte zu den Wahlurnen, die hier vorne neben den Sitzreihen der Bundesregierung und des Bundesrates sowie vor dem Rednerpult aufgestellt sind. Ich darf jetzt die Schriftführerinnen und Schriftführer bitten, wieder ihre Plätze einzunehmen. Es erfolgt jetzt kein Namensaufruf, sodass bitte alle möglichst zügig ihre Stimme abgeben. Ich eröffne den Wahlgang. Liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich fragen, ob alle Mitglieder des Hauses, auch die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Stimmkarte abgegeben haben? Oder kennt irgendjemand irgendjemanden, von dem er meint, dass er seine Stimmkarte noch nicht abgegeben hat? - Weder für das eine noch für das andere sehe ich Meldungen. Dann schließe ich den Wahlgang und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich unterbreche die Sitzung für voraussichtlich etwa 45 Minuten. Ganz genau kann ich das leider nicht sagen. Zusagen kann ich Ihnen, dass die Bekanntgabe des Wahlergebnisses nicht mit Blaskapelle vorangekündigt wird. ({31}) Sobald wir das Wahlergebnis haben, werden wir durch akustische Signale darauf hinweisen, dass dann die Sitzung wieder eröffnet, das Wahlergebnis bekannt gegeben und danach für heute die Sitzung geschlossen wird. Ich unterbreche die Sitzung. ({32})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie bitten, Platz zu nehmen, um Ihnen das Ergebnis der Wahl der Stellvertreterinnen und Stellvertreter des Präsidenten mitzuteilen: abgegebene Stimmkarten 618. Alle abgegebenen Stimmkarten waren gültig. Auf die vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten sind folgende Stimmenergebnisse entfallen: Kollegin Gerda Hasselfeldt: 496 Jastimmen, ({0}) 66 Neinstimmen, 52 Enthaltungen. Im Übrigen gibt es bei den Einzelwahlgängen, also bei den einzelnen Stimmabgaben, aus Gründen, die ich Ihnen jetzt nicht im Einzelnen erläutern kann, ungültige Voten - die Stimmzettel im Ganzen waren gültig -, sodass, wie man sich durch Addition sofort erschließen kann, hier vier ungültige Stimmen zur Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen führen. Präsident Dr. Norbert Lammert Auf den Kollegen Dr. Wolfgang Thierse sind 371 Jastimmen bei 170 Neinstimmen und 65 Enthaltungen entfallen. Hier waren 12 Stimmen ungültig. ({1}) Auf den Kollegen Dr. Hermann Otto Solms entfielen 487 Jastimmen bei 84 Neinstimmen und 42 Enthaltungen. 5 Stimmen waren ungültig. ({2}) Die Kollegin Petra Pau hat 379 Jastimmen bei 155 Neinstimmen und 74 Enthaltungen erhalten. Hier waren 10 Stimmen ungültig. ({3}) Schließlich sind auf die Kollegin Katrin GöringEckardt 473 Jastimmen, 79 Neinstimmen und 61 Enthaltungen bei 5 ungültigen Stimmen entfallen. ({4}) Damit haben alle vorgeschlagenen Kolleginnen und Kollegen die erforderliche Mehrheit erhalten und sind zu Mitgliedern des Präsidiums bzw. zur Vizepräsidentin oder zum Vizepräsidenten des Deutschen Bundestags gewählt. Ich darf Sie fragen, ob Sie die Wahl annehmen. - Kollegin Hasselfeldt?

Gerda Hasselfeldt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000825, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich nehme die Wahl gerne an und bedanke mich herzlich für das Vertrauen. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Kollege Thierse?

Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002318, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, ich nehme die Wahl an. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Herr Kollege Dr. Solms?

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002190, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich bedanke mich. Ich nehme die Wahl gerne an. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Kollegin Pau?

Petra Pau (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003206, Fraktion: DIE LINKE. (DIE LINKE.)

Ich nehme die Wahl gerne an und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit allen Kolleginnen und Kollegen. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Frau Kollegin Göring-Eckardt?

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003132, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ich nehme die Wahl an und bedanke mich sehr herzlich. ({0})

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001274

Ich möchte alle gewählten Kolleginnen und Kollegen auch im Namen des ganzen Hauses herzlich zu der Wahl beglückwünschen, verbunden mit allen guten Wünschen für eine ohnehin schon seit Jahren erprobte und bewährte gute Zusammenarbeit, die ich gerne fortsetze. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich will Sie aber noch auf zwei Dinge aufmerksam machen. Interfraktionell ist vereinbart worden, dass an den Sitzungstagen, an denen die Kanzlerwahl stattfindet, die Bundesregierung vereidigt wird oder die Regierungserklärung abgegeben und eine Aussprache hierüber durchgeführt wird, keine Regierungsbefragung, keine Fragestunde und keine Aktuellen Stunden stattfinden sollen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist offenkundig der Fall. Dann ist das so beschlossen. Die nächste Sitzung des Bundestages berufe ich ein auf morgen, Mittwoch, den 28. Oktober 2009, 10 Uhr. Sie sind bitte darauf eingerichtet, dass es nach einem Wahlgang, der dann auch wieder mit Namensaufruf stattfindet, Unterbrechungen der Sitzung geben wird, nicht nur bis zur Feststellung des Ergebnisses, sondern dann auch bis zur späteren Vereidigung der Kanzlerin und des Kabinetts, sodass Sie das bitte für Ihre weitere Terminplanung berücksichtigen. Schließlich möchte ich, bevor ich die Sitzung schließe, daran erinnern, dass nach Ende dieser Sitzung - Günter Schabowski hätte gesagt: nach meiner Kenntnis ab sofort ({0}) im Rahmen eines kleinen Empfangs in der Fraktionsebene Gelegenheit zum Gespräch mit den neu gewählten Mitgliedern des Präsidiums ist. ({1}) Die Sitzung ist geschlossen.