Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/9/2000

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um unserem Kollegen Ulrich Adam zu seinem heutigen 50. Geburtstag im Namen des Hauses zu gratulieren. ({0}) Ich eröffne jetzt die Aussprache. Als erster Redner hat der Kollege Bernd Reuter von der SPD-Fraktion das Wort.

Bernd Reuter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001828, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als vor knapp 50 Jahren die damalige SPD-Bundestagsabgeordnete Luise Albertz als erste Vorsitzende des Petitionsausschusses den ersten mündlichen Bericht im Plenum gab, stellte sie fest: Viele Petitionen geben einen interessanten, aber auch für uns wichtigen Aufschluss über die öffentliche Meinung. Darum kann die politische und auch psychologische Bedeutung des Petitionsrechts nicht genug hervorgehoben werden. Petitionen sind „gleichsam die Strohhalme, die zeigen, wie der Wind weht“, sagte schon 1875 ein bekannter Staatsrechtler. Es ist gewiss keine Übertreibung, wenn die Mitglieder des Petitionsausschusses zu der Auffassung gekommen sind, dass man aus den Eingaben oft die wirklichen Nöte und Bedürfnisse der Bürger unserer Bundesrepublik kennen lernt. So weit die erste Vorsitzende des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages 1952. Ihre Ausführungen sind auch für 1999, für das Jahr des 50. Geburtstages des Petitionsausschusses, aktuell. Ich möchte an dieser Stelle die Bürgerinnen und Bürger ermutigen und auffordern, weiterhin so zahlreich von ihrem Grundrecht Gebrauch zu machen. Das Petitionsrecht ist zwischen den Wahlen die einzige Möglichkeit, sich aktiv in die politische Willensbildung einzuklinken. ({0}) - Das war vorher noch viel schlimmer, Herr Kollege Nolting, als Sie das Sagen hatten und das Chaos angerichtet haben, das wir jetzt beseitigen müssen. Das ist das eigentliche Problem. ({1}) Heidemarie Lüth Kurios ist in diesem Zusammenhang auch die Bemerkung eines Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, der in seiner Rede zum Jahresbericht 1998 des Petitionsausschusses darauf hinwies, dass Bayern nur 114 Petitionen auf 1 Million Einwohner aufweise, Nordrhein-Westfalen dagegen 177. Er hat daraus die Feststellung abgeleitet, dass die politische Farbe der jeweiligen Landesregierung Einfluss auf die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger im betreffenden Bundesland habe. ({2}) - Ich bedanke mich für Ihre geistreichen Zurufe, gebe Ihnen aber zu bedenken: Dementsprechend müsste es mit der politischen Zufriedenheit in meinem Heimatland Hessen unter der neuen Landesregierung nicht so weit her sein, da Hessen nunmehr 179 Petitionen auf 1 Million Einwohner aufweist, während in Nordrhein-Westfalen auf 1 Million Einwohner nur 159 Petitionen kommen. ({3}) Unverständlich ist mir auch die Bemerkung eines anderen Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, der in seiner damaligen Rede seinen Stolz zum Ausdruck gebracht hat er kam aus Bayern -, dass Bayern die geringste Anzahl an Petitionen aufwies. Er hat daraufhin festgestellt, dass die bürgerfreundlichste Politik diejenige sei, die dazu beitrage, dass überhaupt keine Petitionen eingereicht würden. Dieser Auffassung möchte ich natürlich deutlich widersprechen, weil es wichtig ist, dass die Bürgerinnen und Bürger mitwirken. Es gibt möglicherweise auch andere Gründe, warum Menschen keine Petitionen beim Bundestag oder bei den Länderparlamenten einreichen. Ich möchte die Bedeutung dieses Grundrechts hervorheben und das unterstreichen, was Frau Lüth, die Vorsitzende des Petitionsausschusses, bezüglich der reformerischen Ansätze vorgetragen hat, die wir alle bedenken sollten. Im Jahre 1999 hat die Zahl der eingegangenen Petitionen deutlich zugenommen, und zwar um 6,5 Prozent. ({4}) Wir mussten insgesamt 18 176 Eingaben im Petitionsausschuss bearbeiten. Zu Ihrem „Aha“, Herr Nolting, möchte ich sagen: Die Zunahme der Zahl der eingereichten Petitionen kann vielleicht auch damit zusammenhängen, dass die Menschen nach dem Regierungswechsel wieder mehr Vertrauen haben und denken, dass die neue Regierung eher als die alte Regierung bereit ist, ihre Probleme zu lösen. ({5}) Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen, dass nur durch die engagierte Arbeit des Ausschussdienstes das ungeheure Arbeitspensum des Petitionsausschusses bewältigt werden konnte, und zwar trotz einiger Stellenreduzierungen, die wir in diesem Bereich akzeptieren mussten. Ich möchte in unser aller Namen den Frauen und Männern, die diese schwierige Aufgabe bewältigen, ausdrücklich Dank für die geleistete Arbeit aussprechen. ({6}) Ich darf auch darauf hinweisen, dass die Petitionsausschussmitglieder - trotz gleichzeitiger Mitgliedschaft in anderen Fachausschüssen - die große Arbeitsbelastung mit Engagement, Fleiß und Zähigkeit bewältigen, ohne dafür große politische Lorbeeren zu ernten. Ich möchte ferner das gute, kollegiale Klima im Ausschuss hervorheben, das die zusätzliche Arbeit erleichtert. Frau Lüth hat Recht, wenn sie sagt, dass bei dieser Arbeit nicht die politischen Konturen verwischt würden. Jeder weiß, dass der eine bei der PDS, der andere bei der SPD, bei der CDU/CSU oder bei der F.D.P. ist. Das Wissen, im Einzelfall helfen zu können, hilft uns, die Arbeit im Petitionsausschuss zu bewältigen. Ich stelle erfreut fest, dass die neue Bundesregierung eher als die vorherige bereit ist, die Beschlüsse des Petitionsausschusses umzusetzen. Ich muss an dieser Stelle sehr deutlich sagen, dass ich mir eine noch bessere Kooperation zwischen der Bundesregierung und dem Petitionsausschuss vorstellen könnte. Wenn ich mir die Parlamentarischen Staatssekretärinnen und Parlamentarischen Staatssekretäre, die jetzt auf der Regierungsbank sitzen, ansehe, dann kann ich mit Genugtuung feststellen, dass gerade sie mit uns kooperativ zusammenarbeiten. ({7}) Ich hätte mir aber gewünscht, dass auch diejenigen hier sind, die uns manchmal merkwürdige Antworten geben, wenn wir um Stellungnahmen bitten. ({8}) Sie wissen, dass wir gerade im Petitionsbereich dicke Bretter bohren müssen. Ich will einmal die Zähigkeit unseres Ausschusses im Zusammenhang mit einer Petition der Sprachheilpädagogen dokumentieren. Schon in der 12. Wahlperiode, Herr Kollege Nolting ({9}) - ich will Sie nur ansprechen, damit ich Ihre geschätzte Aufmerksamkeit gewinne -, wollten die Sprachheilpädagogen von der Umsatzsteuer befreit werden, weil sie genauso wie die Logopäden behandelt werden wollten. In der 13. Wahlperiode beschloss der Bundestag, die Petition der Bundesregierung zur Erwägung zu überweisen. In der Folgezeit sahen sich die beteiligten Ministerien nicht in der Lage, dem berechtigten Anliegen der Petenten Rechnung zu tragen. Erst in der 14. Wahlperiode führten die weiteren intensiven Bemühungen des Ausschusses dazu, dass die neue Bundesregierung - nach fast sieben Jahren intensiver Beratungen - dem Anliegen in vollem Umfang entsprach. Herr Nolting, nur zur Erinnerung: Das ist zu Zeiten der neuen Bundesregierung gewesen. ({10}) - Wer vorne sitzt - das wollen Sie doch gerne -, der muss akzeptieren, dass er oft etwas auf die Ohren bekommt. ({11}) Wir stellen auch eine Zunahme der Anhörungen von Regierungsvertretern fest. Das ist nicht Ausdruck von Misstrauen; vielmehr besteht bei den Regierungsvertretern die Bereitschaft, mit uns gemeinsam daran zu arbeiten, die Probleme der Menschen einer Lösung zuzuführen. Für diese Bereitschaft will ich ausdrücklich danken. Ich erinnere daran, wie vorbildlich unser Kollege Lothar Ibrügger den Ausschuss über gewisse Dinge informiert hat. Ich will auch den auf der Regierungsbank sitzenden Staatsminister Ludger Volmer loben. Was für Probleme hatten wir mit dem Auswärtigen Amt! ({12}) - Ich sage Ihnen sogar, warum. Früher erreichten uns viele Petitionen in Visa-Angelegenheiten. Wir mussten feststellen, dass das restriktive Verhalten mancher Auslandsvertretung darauf zurückzuführen war, dass sich der frühere Innenminister Kanther in diese Angelegenheiten intensiv eingemischt und um restriktive Handhabung gebeten hatte. Dieser Zustand hat sich durch die Initiative von Ludger Volmer wesentlich verbessert. Wir haben im Moment keine Probleme mit dem Auswärtigen Amt. ({13}) Ich will Ihnen noch ein Beispiel für eine schnelle Entscheidung vortragen. Ein Wehrpflichtiger wollte aufgrund eines Stipendiums für die Yale-Universität in den USA für vier Jahre vom Wehrdienst zurückgestellt werden und die Erlaubnis für das Verlassen der Bundesrepublik erhalten. Er hatte sich gegenüber 13 000 Konkurrenten durchgesetzt und wollte diese einmalige Chance - auch im Interesse unseres Landes - wahrnehmen. Aber sein Antrag auf Zurückstellung vom Wehrdienst wurde von der Verwaltung abgelehnt. Erst nach einer Petition hat sich die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte eingeschaltet. Ihr gilt ein herzliches Wort des Dankes; denn mit ihrem Engagement konnten wir erreichen, dass der junge Mann heute in Yale studiert und seinen Wehrdienst leistet, wenn er zurückkommt. Liebe Frau Schulte, so wünschen wir uns die Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und dem Petitionsausschuss. ({14}) Ich will einen Appell an die Mitglieder der Bundesregierung richten. Sehr geschätzte Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, ich bitte Sie dringend: Unterschreiben Sie bitte nicht alles, was aus Ihrem Hause als Stellungnahme an den Petitionsausschuss geht! ({15}) Verhindern Sie bitte, dass uns an Ihnen vorbei Schreiben zugestellt werden! Meine wenigen Haare stehen manchmal zu Berge, wenn ich lese, was in so mancher Stellungnahme der Bundesregierung steht. In dieser Hinsicht wünsche ich mir eine Verbesserung; deshalb richte ich diese Bitte an Sie. ({16}) Geben Sie unsere Wünsche an diejenigen weiter, die heute Morgen wichtigere Termine haben und uns hier nicht zuhören können. Herr Kollege Deittert, es ist keine ideologische Großherzigkeit, wenn die Koalitionsabgeordneten - auch bei Klarheit der Gesetzeslage - helfen wollen, Probleme einer Lösung zuzuführen. Ich denke an die Bereiche der Ausländergesetze und des Asylrechts. Natürlich müssen wir darüber nachdenken, Gesetze zu ändern. Aber Sie dürfen uns auch keine Knüppel zwischen die Beine werfen, wenn wir das machen. ({17}) Dafür, dass uns eine solche Vielzahl von Petitionen vorliegt, danke ich den Organisationen, den Kirchen und Einzelpersonen in unserer Republik, die sich der Menschen annehmen und ihnen helfen, eine Petition an uns zu richten. Wir müssen gemeinsam darüber nachdenken, wie es uns gelingen kann, in Einzelfallentscheidungen die Probleme der Menschen zu lösen. Wir dürfen uns nicht immer hinter die Rechtslage zurückziehen. Es ist für mich völlig klar, dass die Rechtslage von den Ministerien berücksichtigt werden muss. Darüber hinaus haben wir aber auch die Aufgabe auszuloten, ob nicht geltendes Recht im Interesse der betroffenen Menschen geändert werden muss; denn Gesetze dürfen kein Selbstzweck sein. ({18}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen gerne noch ein kurioses Beispiel vortragen. Uns lag eine Petition vor, in der sich ein Mensch Hilfe suchend an uns wandte. Er wollte, dass bestimmte naturwissenschaftliche Auffassungen geändert würden, weil er aufgrund einer Zeitaufnahme festgestellt habe, dass der Blitz nicht einschlägt, sondern ausschlägt. ({19}) Wir konnten dieser Petition natürlich nicht weiter nachgehen, weil wir es nicht so genau prüfen konnten, wie es sich mit dem Blitz verhält. Ernsthaft möchte ich dazu aber sagen: Es gehört auch zu unserer Aufgabe, dass wir diese Dinge ernst nehmen, weil das, was für uns vielleicht lächerlich erscheint, für einen anderen Menschen ein großes Problem darstellen kann. Durch die Arbeit des Petitionsausschusses ist das Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen gestärkt oder wiederhergestellt worden. Der Vorwurf, die Politik entferne sich immer mehr vom wirklichen Leben, trifft dieses parlamentarische Gremium nicht, bilanzierte der Ehrenvorsitzende der SPD, Dr. Hans-Jochen Vogel, in seiner Rede zum 50. Geburtstag des Petitionsausschusses im vergangenen Jahr. Ich kann mich seiner Einschätzung nur anschließen und bedanke mich bei Ihnen für Ihre Geduld mit mir. ({20})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächster Redner hat der Kollege Hubert Deittert von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

Hubert Deittert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002639, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den Jahresbericht 1999 des Petitionsausschusses. Dieser Ausschuss ist die Nahtstelle zwischen Bevölkerung und Parlament. Es ist die Stelle, an die sich der Bürger mit seinen Beschwerden, Bitten und Anregungen wenden kann. Wir als Abgeordnete, so denke ich, sind gut beraten, wenn wir diese Beschwerden und Bitten der Bürger ernst nehmen; denn so haben wir Gelegenheit, ein großes Stück Politikverdrossenheit abzubauen bzw. auch zu vermeiden. ({0}) Die Arbeit im Petitionsausschuss verlangt einen enormen Zeitaufwand. Es ist eine unglaubliche Fülle von Fakten und Einzelschicksalen zu bearbeiten. Für mich ist dieser Ausschuss die Stelle, an der eine schnelle Rückkoppelung zwischen politischen Entscheidungen und den Auswirkungen dieser auf die Bürger im Lande erfolgt. Es ist daher für mich äußerst reizvoll, dort mitzuarbeiten. Es ist unsere Aufgabe, die Ermessensspielräume, die es im einen oder anderen Fall sicher gibt, auszuloten und nach einer Lösung für den Petenten zu suchen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen herzlich für faire und vernünftige Zusammenarbeit danken. Mein Dank gilt natürlich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussdienstes für eine gewissenhafte und gute Zuarbeit. Meine Kolleginnen und Kollegen, wenn wir die Zahl der eingegangenen Petitionen betrachten, fällt auf, dass es im vergangenen Jahr eine Steigerung von 6,5 Prozent gab. Lieber Kollege Reuter, ich mache das noch nicht an der rot-grünen Regierung fest, ({1}) sondern ich werte es so, dass die Bürger nach wie vor Vertrauen zum Parlament haben. ({2}) Wenn wir uns anschauen, auf welche Ministerien sich die Petitionen schwerpunktmäßig verteilen, fällt auf, dass das Ministerium für Arbeit und Soziales nach wie vor mit den meisten Petitionen konfrontiert wird. Das ist erklärlich aus den vielen Fragen, die sich im Zusammenhang mit Rente und insbesondere mit der Rentenüberleitung in den neuen Bundesländern ergeben. Das Innen- und das Finanzministerium folgen bezogen auf die Anzahl der Petitionen unmittelbar. Im Bereich des Innenministeriums spielen natürlich Fragen des Asylund Ausländerrechts die größte Rolle. Wenn wir den Bereich des Finanzministeriums sehen, muss ich, denke ich, doch schon ein Stück zur rotgrünen Bundesregierung kommen. Hierbei ist nämlich auffällig, dass sich viele Petitionen mit der neuen 630-Mark-Regelung, mit der Ökosteuer und mit den weiteren Steuergesetzen der neuen Regierung beschäftigen. Das zeigt, dass die Menschen mit diesen Dingen Probleme haben. Wenn ich die regionale Herkunft sehe, muss ich Sie, lieber Kollege Reuter, wieder direkt ansprechen. Es ist eigentlich zu schön festzustellen, dass in Bayern bei dieser Farbe der Landesregierung die zufriedensten Menschen wohnen. ({3}) Wenn es in Thüringen eine relativ hohe Zahl von Petitionen gibt, mache ich das noch daran fest, dass zu der Zeit Ihre Partei noch an der Landesregierung beteiligt war. Ich denke, das wird sicherlich besser. ({4}) Meine Kolleginnen und Kollegen, wir haben im vergangenen Jahr von unserem Recht, Regierungsvertreter zu laden, ausgiebig Gebrauch gemacht. Ich denke, das ist gut so. Die Regierungsvertreter - das stelle ich hier ausdrücklich fest - bemühen sich nach Kräften, das geltende Recht zu erläutern und auch einzuhalten, während die Fraktionen der Regierungskoalition damit ab und an Probleme haben. ({5}) Lieber Herr Reuter, ich stimme Ihnen zu, dass es Aufgabe des Ausschusses ist, Ermessensspielräume auszuloten. Wenn es aber wirklich an die Grundsätze geht, ist es unsere Aufgabe, möglicherweise Rechtsänderungen anzuregen. ({6}) Dafür sind dann aber Sie mit Ihrer Mehrheit, die Sie möglicherweise im Parlament haben, zuständig. Haben Sie dann aber bitte auch den Mut, für klar Schiff zu sorgen; denn das ist ein Gebot der Ehrlichkeit. ({7}) Wir haben, meine Damen und Herren, Kontakte mit den Petitionsausschüssen der Bundesländer gepflegt. Ich denke, das ist gut so. Wir können uns gegenseitig ergänzen. Hierbei ist festzuhalten, dass die Petitionsausschüsse der Länder den Wunsch haben, dass wir unsere Anliegen der Bundesseite präzise erläutern. Ich denke, diesem Wunsch können wir nachkommen. Für wichtig halte ich auch den Gedankenaustausch mit Parlamentariern aus anderen Ländern. Ich halte fest, dass wir mit Vertretern der Nationalversammlung der Republik Aserbaidschan und mit Vertretern der Nationalversammlung von Kambodscha Gedankenaustausch gepflegt haben. Ich glaube, wir sind gut beraten, wenn wir diesen jungen Demokratien helfen, einen Weg zu finden, wie die Nahtstelle Bürger/Parlament gestaltet werden kann. Lassen Sie mich zwei konkrete Beispiele aus meinem direkten Arbeitsbereich nennen. Wir haben im Verkehrsbereich nach wie vor große Probleme mit dem Verkehrslärm. Dabei ist eine Petition besonders auffällig. Sie wehrt sich nämlich gegen die jetzige Betrachtung des Verkehrslärms bei Bündelung von Verkehrswegen. Geltendes Recht ist - so das Verkehrsministerium, und das müssen wir auch akzeptieren -, dass bei Veränderung von Verkehrswegen, auch bei Bündelung, der zu verändernde Verkehrsweg einzeln zu betrachten ist; der andere bleibt außen vor. Wir haben eine solche Petition aus dem Raum Kirchheim/Teck-Weilheim gehabt. Wir haben sie in Kenntnis der Rechtslage dem Bundesministerium für Verkehr, Bauund Wohnungswesen als Material überwiesen mit der Bitte, die Sachlage noch einmal zu überdenken; denn wir müssen uns damit abfinden, dass wir in den kommenden Jahren nach wie vor große Probleme mit dem Verkehrslärm haben werden. Wir sind gut beraten, wenn wir eine langfristige Perspektive entwickeln, wie wir, sicherlich in Stufen, dieses Problem anfassen wollen. Im Bereich Landwirtschaft, der ebenfalls in meine Zuständigkeit fällt, gibt es nach wie vor viele Petitionen aus dem Bereich des Tierschutzes. Hier kann man Gott sei Dank feststellen, dass es in der Vergangenheit in diesem Bereich zu erheblichen Verbesserungen gekommen ist. Das verdanken wir insbesondere dem ehemaligen Landwirtschaftsminister Jochen Borchert, der besonders im Bereich der Tiertransporte für Verbesserungen gesorgt hat. ({8}) Wir müssen allerdings festhalten, dass die Zuständigkeit der Mitgliedsländer der Europäischen Union in diesem Bereich begrenzt ist. Wir sind gut beraten, wenn wir diese Petitionen auch dem Europäischen Parlament zuleiten; denn letztlich können wir gravierende, wirksame Änderungen nur auf der europäischen Ebene erreichen. ({9}) Deswegen haben wir diese Petitionen auch dem Europäischen Parlament zugeleitet. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. ({10})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächster Redner hat der Kollege Helmut Wilhelm von Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Helmut Wilhelm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002825, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stille Wasser sind tief, sagt der Volksmund. Um „des Volkes Stimme“ - um meine eigene ist es heute nicht so gut bestellt -, so nannte Präsident Thierse den Petitionsausschuss bei der Jubiläumsveranstaltung im letzten Jahr, ist es in der Regel eher still. Ohne viel Aufhebens und ohne die sonst im Parlamentsgetriebe übliche Medienaufgeregtheit geht der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags seiner wichtigen Tätigkeit nach. Ich denke, Sie stimmen mit mir überein, wenn ich sage: Der Petitionsausschuss ist trotz seiner stillen Tätigkeit einer der wichtigsten, besten und segensreichsten Ausschüsse unseres Parlaments. ({0}) Das ist nicht als billiges Eigenlob zu verstehen. Darum füge ich gleich hinzu: Die Stärke des Petitionsausschusses liegt gewiss nicht darin begründet, dass dort nur besonders befähigte Abgeordnete versammelt sind; das natürlich auch. Nein, das Geheimnis des Erfolgs des Petitionsausschusses sind die Bürgerinnen und Bürger dieser Republik. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus - ein grundlegender Gedanke der Demokratie, der im Petitionsausschuss lebendig wird. Hier bekommen wir täglich den ganz konkreten Auftrag der Bürgerinnen und Bürger, dieses oder jenes zu tun. Heute legen wir Rechenschaft ab, ob wir dies gut getan haben oder nicht. Auch im zurückliegenden Jahr war der Ausschuss wieder von Atombombe bis Zahnplombe mit allen Facetten des täglichen Lebens befasst. ({1}) Dabei reichte sein Engagement von ganz praktischen Hilfen zur Erleichterung des Alltags, wie der Gewährung eines Hausnotrufsystems für eine alte Dame, bis zu grundsätzlichen Dingen, wie der Debatte um die Gentechnologie oder den Kosovo-Krieg. Nun ist es ja nicht gerade selbstverständlich, dass man sich auch noch darüber freut, wenn sich so viele Menschen über einen beschweren. Die Opposition hätte es jetzt vielleicht gerne, dass die Petenten alle unzufrieden mit der Bundesregierung sind. ({2}) Als bayerischer Abgeordneter komme ich jetzt natürlich wieder auf Bayern zurück: Es freut mich ganz besonders, dass die wenigsten Petitionen aus Bayern kommen. Auch ich bin der Ansicht, dass die Bevölkerung dort offenbar ganz besonders zufrieden mit der Politik der Bundesregierung ist. ({3}) - Nein, genau da würde ich widersprechen. Nur so kann man diese Tatsache logisch begründen. Denn dass die Bayern nicht zwischen Bundesparlament und Landesparlament unterscheiden können, kann ich mir nicht vorstellen. Da erwarte ich jetzt den Protest aller bayerischen Kolleginnen und Kollegen. Der Petitionsausschuss ist der Ort des kritischen Dialogs mit den Bürgern. Denn hinter den 18 000 Petitionen stehen noch 14 000 weitere Schreiben der Petenten an den Ausschuss, über 10 000 Stellungnahmen der Bundesregierung oder Schreiben von Abgeordneten und Behörden sowie unzählige Telefonate zwischen den Petenten, den Abgeordneten, dem Ausschussdienst und den Behörden. Der Ausschuss und die Petenten knüpfen so ein dichtes Netz gegenseitiger Wechselbeziehungen. Wo sonst kann man im Bundestag eine so direkte und intensive Zusammenarbeit von Bürger und Politik erleben? Das macht natürlich auch viel Arbeit. Darum möchte auch ich mich für meine Fraktion ausdrücklich und ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsausschusses bedanken. ({4}) Ihnen ist es gelungen, diesen Dialog trotz Personaleinsparungen durch Optimierung von Arbeitsabläufen und Umorganisation zu gestalten und den riesigen Berg an Arbeit zuverlässig und kompetent zu bewältigen. Besonders erfreulich ist, dass die Zahl der Bitten zur Gesetzgebung gestiegen ist. In ihnen offenbart sich das Bedürfnis nach Mitwirkung, der Wunsch nach besseren Gesetzen. Sie zeigen, dass wir in keiner gleichgültigen Gesellschaft leben. Die Menschen sind bereit, sich politisch zu engagieren und mit dem Parlament zusammenzuarbeiten. Man muss ihnen nur den direkten Zugang zur Politik öffnen, so wie dies der Petitionsausschuss tut. Die größte Zahl der Eingaben erreichte traditionell die Ressorts der Bundesministerien für Arbeit und für Gesundheit. Mit wertvollen Anregungen und Hinweisen nahmen dabei die Petenten regen Anteil an der Gestaltung der großen Reformen der Bundesregierung. Auch Kritik wird von uns nicht als unerwünschte Einmischung empfunden. ({5}) Ganz im Gegenteil! Wenn Sie sich die Beschlüsse des Petitionsausschusses ansehen, werden Sie feststellen, dass zum Beispiel die zum Rentenrecht eingegangenen Petitionen zum Großteil unmittelbar in die Beratungen der Bundesregierung über eine Rentenstrukturreform eingehen. ({6}) Dies ist ebenso der Fall bei Eingaben, die die Reform des Arbeitsförderungsgesetzes betreffen. Das ist auch der Sinn des Petitionsrechts. Das, was den Menschen auf den Nägeln brennt, muss auf den Tisch der Verantwortlichen. Im Ausschuss haben Mehrheit und Opposition ein gemeinsames Interesse daran, dass Beschlüsse in den Ministerien nicht einfach ad acta gelegt werden. Wir lassen uns von der Bundesregierung berichten, ob und in welcher Weise die Petitionen in den Gesetzgebungsprozess eingeflossen sind. Sind wir mit einer Antwort nicht einverstanden, nutzen wir die Möglichkeit der Nachfrage und des Nachhakens. Das Petitionsrecht ermöglicht so eine intelligente Teilhabe der Bürger und eine rationale Kontrolle der Bundesregierung durch das Parlament. Der Dialog mit den Petenten gibt zudem die Gelegenheit, politische Grundsatzentscheidungen zu erläutern, wenn einzelne Aspekte bei Betroffenen auf wenig Gegenliebe stoßen. So kann ich es natürlich gut verstehen, wenn sich jemand beschwert, weil ihm durch die Steuerreform beispielsweise die Steuerbefreiung bei Jubiläumszuwendungen gestrichen wird. Wir sagen dann aber auch gegebenenfalls klipp und klar, dass wir im Interesse des Gemeinwohls eine andere Regelung für nicht sinnvoll halten. Der vorliegende Jahresbericht gibt eine Auswahl konkreter Beispiele, die aufzeigen, dass der Ausschuss gut gearbeitet hat - leider kann ich sie hier aufgrund der Kürze der Redezeit nicht im Detail anführen -: Gesetzeslücken konnten geschlossen werden; Schildbürgerstreiche konnten verhindert werden; Behörden wurden Beine gemacht; Petenten wurden vor der Arbeitslosigkeit bewahrt und Renten wurden erstritten. Meine Damen und Herren, durch Petitionen wird unsere parlamentarische Arbeit mit Leben, mit der Lebendigkeit der Menschen, gefüllt. Vielleicht gelingt es, durch die Arbeit im Petitionsausschuss unser Gemeinwesen ein wenig menschlicher zu gestalten. Ich danke. ({7})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Günther Nolting von der F.D.P.-Fraktion.

Günther Friedrich Nolting (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001622, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon angesprochen worden: Im Jahre 1999 sind über 18 000 Petitionen eingegangen. Dies ist eine Zunahme um 6,5 Prozent. Ich füge Helmut Wilhelm ({0}) hinzu: In 38 Prozent der Fälle konnte den Petenten durch Rat, Auskunft und Materialübersendung geholfen werden. In fast 11 Prozent der Fälle wurde den Anliegen der Petenten entsprochen. Das heißt, nahezu 50 Prozent der Eingaben konnten positiv beschieden werden. Ich denke, dies ist ein zufrieden stellendes Ergebnis, wenngleich ich mir, Herr Kollege Reuter, schon wünschen würde, dass die Bundesregierung den Entscheidungen des Petitionsausschusses stärker folgt, als es bisher der Fall ist. Sie haben im vergangenen Jahr gesehen, wie schnell Sie als Regierungspartei an die Grenzen des Machbaren stoßen. Ich kündige Ihnen schon jetzt an, dass ich für die nächste Debatte eine Auflistung vorbereiten werde, die deutlich macht, von welchen Forderungen Sie als ehemalige Oppositionspartei mittlerweile abgewichen sind. Frau Müller, ich glaube, Sie wissen schon, welche Themen auf dieser Liste erscheinen werden; ich nenne an dieser Stelle nur einmal das Stichwort „Vogelsang“. ({1}) Angesichts dieser großen Anzahl von Petitionen möchten wir uns - ich will das ausdrücklich im Namen der F.D.P.-Fraktion tun - bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussdienstes bedanken. Der dortige große Arbeitsaufwand ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar. Ich möchte das an einer Zahl deutlich machen: Im Jahre 1999 hat es nahezu 62 000 Vorgänge gegeben, die allein den Postausgang betreffen. Das sind 246 Stück pro Tag. Deshalb muss der Ausschussdienst noch einmal ausdrücklich erwähnt werden. Vor allem vor dem Hintergrund, dass es auch in diesem Bereich Personalkürzungen gegeben hat, möchte ich ihm unsere besondere Anerkennung und unseren besonderen Respekt aussprechen. ({2}) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind stets zuvorkommend, sie arbeiten zügig und sind dabei freundlich. Meine eigenen Mitarbeiter, die sehr guten Kontakt zu ihnen haben, bestätigen mir dies. ({3}) Hier ist, auch vom Kollegen Wilhelm, schon erwähnt worden, dass die Zahl der Eingaben im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung im letzten Jahr wie schon im Jahr davor besonders hoch war. Herr Kollege Wilhelm, ich denke, dies ist auch auf die verfehlte Politik von Rot-Grün zurückzuführen. ({4}) Sie haben das vorhin ganz anders dargestellt, aber ich möchte Ihnen einige Stichworte nennen: Aussetzung der lohnbezogenen Rentenanpassung, Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, ({5}) Gesetz zur Korrektur in der Sozialversicherung usw. Wenn nun hier der Zwischenruf kommt, die Regelung bei den so genannten 630-Mark-Jobs sei sehr gut, dann sehen Sie sich einmal die Vielzahl von Petitionen an, die uns im letzten Jahr gerade in diesem Bereich erreicht haben. ({6}) Ich denke, wir als F.D.P.-Bundestagsfraktion haben Recht gehabt, dass wir Sie von Anfang an immer wieder auf die Schwachstellen dieser Regelung hingewiesen haben. Sie sollten sich - wenn Sie uns schon nicht glauben - endlich der Kritik der Bürgerinnen und Bürger anschließen. ({7}) Ich kann Sie an dieser Stelle für die F.D.P.-Bundestagsfraktion nur noch einmal dringlich auffordern, diese unsinnige Regelung endlich zurückzunehmen. ({8}) Wir haben im letzten Jahr auch im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen eine Vielzahl von Petitionen bekommen, insbesondere Petitionen, die sich mit der Steuerreform dieser Bundesregierung beschäftigen. Es wurde häufig Unmut über die Halbierung der Sparerfreibeträge geäußert. Das ist eine, wie ich meine, durchaus nachvollziehbare Kritik. Es leuchtet nämlich niemandem ein, dass die Bundesregierung auf der einen Seite die private Altersvorsorge fördern will, auf der anderen Seite aber die Zugewinne verschiedener Anlageformen, die einen Teil der privaten Vorsorge ausmachen, besteuert und den Bürgern dadurch einen Teil der angestrebten privaten Altersvorsorge wieder wegnimmt. Auch hier appelliere ich zwar nicht an Grün - das können wir, glaube ich, vergessen -, aber an Rot, dass Sie die Kritik der Bürger endlich ernst nehmen und die Steuern senken. Sie müssen - das sage ich noch einmal - die Steuern senken, anstatt sie zu erhöhen und immer wieder neue Steuern zu erfinden. Ähnlich verhält es sich mit der, wie Sie sie nennen, ökologischen Steuerreform, auf die sich ebenfalls zahlreiche Eingaben bezogen haben. Auch hier kann zu Recht nicht nachvollzogen werden, wie Bürger mit geringen Einkommen, Auszubildende, Rentner oder Arbeitslose die Mehrkosten für Energie einsparen sollen. Wer keine Steuern zahlt oder keine Abgaben zur Rentenversicherung leistet, der kann hier nicht sparen und muss dennoch die neuen Steuern zahlen. Durch die Mineralölsteuererhöhung werden nicht nur Berufspendler vom Land über alle Maßen benachteiligt; es werden vielmehr auch Schwerstbehinderte, die keine andere Möglichkeit als das Auto zur Fortbewegung haben, ins Abseits gedrängt und somit zur sozialen Randgruppe degradiert. So wird über kurz oder lang das Auto wieder zum Privileg für wenige und ein wichtiger deutscher Industriezweig durch RotGrün kaputtregiert. ({9}) Der Bürger hat sehr schnell erkannt, dass Sie hiermit nicht die Umwelt retten, sondern nur abkassieren wollen. Dies ist der Weg in die falsche Richtung. Ihre vermeintliche ökologische Steuerreform ist weder „öko“ noch „logisch“. ({10}) Auch für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung hat es wieder eine Vielzahl von Eingaben gegeben, gerade zur Angleichung der Ostbesoldung an das Westniveau. Das zeigt, dass es hier einer schnellen abschließenden Regelung bedarf. In der Bundeswehr ist die innere Einheit seit langem vollzogen. Wir haben als F.D.P.-Bundestagsfraktion im Verteidigungsausschuss einen entsprechenden Antrag eingebracht, um dieses Ost-West-Gefälle zu beseitigen. Wir haben hier auch eine Perspektive aufgezeigt, weil wir wissen, dass das nicht von heute auf morgen zu machen ist. Ich bitte auch Sie hier noch einmal, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen, damit dieses Problem endlich gelöst wird. Es hat mich schon enttäuscht, dass weder CDU/CSU noch die Grünen noch SPD noch PDS diesem Antrag zugestimmt haben. Aber Sie können sich darauf verlassen, dass dieses Anliegen wieder auf den Tisch kommen wird und wir Sie dann erneut bitten werden, unserem Antrag endlich zuzustimmen. Ich nenne ein weiteres Beispiel. Es gab die Zurückstellung eines 25-jährigen Petenten aus dem Erzgebirge. Er war als einziger Angestellter im Betrieb seines Vaters maßgeblich an der Entwicklung eines neuen Produktprogramms für das in der Umstrukturierung befindliche Handwerksunternehmen beteiligt. Dieselbe Arbeit hätte von einer Ersatzkraft nur gegen ein deutlich höheres Entgelt verrichtet werden können. Die Einstellung des neuen Produktprogramms hätte zum Verlust der bereits zugesagten öffentlichen Fördermittel geführt. Der Petitionsausschuss konnte sich erfolgreich für den Petenten einsetzen und hat erreicht, dass die zuständige Wehrbereichsverwaltung den Petenten befristet bis zum Jahresende zurückgestellt hat. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Arbeit des Petitionsausschusses den Bürgern in der Praxis helfen kann. Das Petitionsrecht des Art. 17 des Grundgesetzes ist für den Bürger nach wie vor ein lohnendes Institut. Hier wird Demokratie erlebt und gelebt. Ich hoffe, dass wir gemeinsam auch im nächsten Jahr für die Bürgerinnen und Bürger im Petitionsausschuss arbeiten können. Ich möchte mich an dieser Stelle auch, wie es der Kollege Reuter getan hat, für die kollegiale Zusammenarbeit bedanken. Hierin schließe ich ausdrücklich die Frau Vorsitzende ein. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({11})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Heidemarie Ehlert von der PDS-Fraktion das Wort.

Heidemarie Ehlert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003112, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, dass es auch nach 50 Jahren Petitionsausschuss ausreichend Arbeit gibt. Die Tendenz ist steigend, wie wir schon gehört haben. ({0}) Vom Ausschuss - hierin beziehe ich ausdrücklich den Ausschussdienst ein - wird eine umfangreiche Arbeit geleistet. Deshalb auch von uns herzlichen Dank an den Ausschussdienst! Er leistet diese Arbeit trotz widriger räumlicher Bedingungen. Nur sechs Mitarbeiter sind zurzeit in Berlin. Der Rest sitzt immer noch in Bonn. Trotz alledem muss der Dienst diese Arbeit mit den umfangreichen Akten bewältigen. ({1}) Viel Zeit geht dadurch verloren, worunter unsere Petenten zu leiden haben. Meine Damen und Herren, in keinem anderen Ausschuss ist der Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern so groß. Von uns erhoffen sie sich die Lösung ihrer Probleme, die meist sehr individuell sind, aber häufig eben auch durch Lücken in der Gesetzgebung oder durch gedankenlose Arbeit von Beamten und Angestellten überhaupt erst entstanden sind. Die Gesetzgebung ist entgegen allen Forderungen in den vergangenen Jahren nicht einfacher und für den Einzelnen überschaubarer geworden. Wie sonst ist zu erklären, dass es nunmehr sechs Ministerien gibt, die auf eine vierstellige Eingabenzahl verweisen müssen? Wer sich leibhaftig von den Problemen der Menschen überzeugen will, sollte an das Brandenburger Tor gehen. Dort sitzen seit Montag hungerstreikende Handwerkerinnen und Handwerker, die eine Petition zum Verbraucherinsolvenzgesetz eingebracht haben. Sie haben einen Konkurs mangels Masse verhindert, also Geld gerettet. Trotzdem bekommen sie keine Anteile. Was im Zivilrecht als Finderlohn abgehandelt wird, gilt für diese Leute nicht. Auch andere Probleme wie Subventionsbetrug können Sie sich vor dem Brandenburger Tor anhören. Es ist beschämend, dass sich die Bundesregierung seit Montag dort bei den Petenten nicht hat sehen lassen. Nur die Berichterstatterinnen und Berichterstatter haben den Kontakt aufgenommen. ({2}) Ich erwarte, dass die Bundesregierung handelt. ({3}) Auch unter der rot-grünen Bundesregierung ist das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung leider absoluter Spitzenreiter. Ursachen hierfür sind die komplizierte Rentengesetzgebung und nach wie vor die unsauber geklärten Rentenprobleme, die mit der deutschen Einheit zusammenhängen. Die Bürgerinnen und Bürger sind nicht allein durch die D-Mark glücklich zu machen. Sie bestehen auch auf ihren Rechten. Die vor 1992 in der DDR geschiedenen Frauen erhalten zum Sterben zu viel, aber zum Leben reicht das Geld nicht aus, weil nicht beachtet wurde, dass es in der DDR grundsätzlich andere Rentenregelungen für Frauen und Männer gab. Auch die für dieses und nächstes Jahr geplante Aussetzung der lohnbezogenen Rentenanpassung ist ein Kritikpunkt, vor allem von Bürgerinnen und Bürgern aus den neuen Bundesländern. Deren Rücklagen sind in der Mehrzahl nicht so millionenschwer, dass sie davon lange zehren könnten. Aber auch für viele Rentnerinnen und Rentner aus den alten Bundesländern ist der Petitionsausschuss häufig eine letzte Hoffnung, wenn es zum Beispiel um die Anerkennung von Kinderziehungszeiten geht. Meine Damen und Herren von der Koalition, der Petitionsausschuss hat eine Vielzahl von Petitionen zum Rentenrecht sowohl an die Regierung als auch an die Fraktionen überwiesen. Dass Sie uns als Partei vom Rentengipfel ausgrenzen, ist für uns schmerzhaft, aber ich bitte Sie: Berücksichtigen Sie wenigstens die Hinweise, Bitten und Beschwerden der Betroffenen bei Ihren Entscheidungen. ({4}) Ansonsten bleibt das BMA aufgrund unzureichender Gesetzgebung trauriger Spitzenreiter. Die Doppelzüngigkeit deutscher Asyl- und Ausländerpolitik wird auch in Petitionen sichtbar, zu denen das Bundesministerium des Innern Stellung nehmen muss. Immer wieder gibt es Bitten um Überprüfung von Asylverfahren, um die Gewährung eines Bleiberechts in Deutschland aus humanitären Gründen und um die Ausgestaltung der Altfallregelung. Deutschland macht einerseits ausländischen Spezialisten Angebote, andererseits wandten sich viele deutsche Arbeitgeber an den Petitionsausschuss, um für die bei ihnen beschäftigten Flüchtlinge den Verbleib in Deutschland zu erreichen. Die Wirtschaft bemüht sich einerseits, in den Krisengebieten des Balkans tatkräftig einzusteigen, andererseits musste sich der Ausschuss immer wieder mit Eingaben von abgelehnten Asylbewerbern aus dem Kosovo und Bosnien-Herzegowina und von Frauen, die einer geschlechtsspezifischen Verfolgung ausgesetzt waren und sind, beschäftigen. Hier besteht nach wie vor Handlungsbedarf; darüber waren sich die Ausschussmitglieder im Unterschied zur Regierung einig. ({5}) Auch im Bereich des Bundesministeriums der Finanzen gab es akuten Handlungsbedarf. Schwerpunkte sind - sie wurden schon genannt - der Sparerfreibetrag, die verstärkte Besteuerung von Abfindungen und Übergangsgeldern sowie die Abschaffung der Steuerbefreiung bei Jubiläumszuwendungen, um nur einige zu nennen. Es können eben nicht alle in die Schweiz oder nach Luxemburg auswandern, und deshalb sollte auch diesen Bürgern geholfen werden. Ähnliche Eingaben gab es auch zur Steuerreform, obwohl die Benzinpreise 1999 noch nicht so hoch waren, wie sie zurzeit sind.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Kollegin Ehlert, kommen Sie bitte zum Schluss.

Heidemarie Ehlert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003112, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Völlig unverständlich ist, dass oftmals jemand den Petitionsausschuss nutzen muss, um sein Recht zu bekommen. Es ist traurig, dass es immer noch ein Unterschied ist, Recht zu haben und Recht zu bekommen. Dazu wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern verhelfen. Danke. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Marlene Rupprecht von der SPD-Fraktion das Wort.

Marlene Rupprecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003000, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses! Denn mehr sind ja nicht da. ({0}) - Gut, die anderen begrüße ich natürlich auch recht herzlich. Ich freue mich, dass Sie an unserer sehr intensiven Arbeit teilhaben oder zumindest davon hören wollen. Wie Vorrednerinnen und Vorredner bereits erläuterten, haben wir jedes Jahr eine erhebliche Zahl von Petitionen zu bearbeiten und zu bewältigen. Einem großen Teil dieser Petitionen konnte entsprochen werden: indem schnell über Behörden Abhilfe geschaffen wurde oder indem neue Gesetze auf den Weg gebracht wurden. Frau Ehlert, auch beim Insolvenzrecht steht die Reform an. Damit beschäftigt sich die Bundesregierung. Aber da die Länder daran beteiligt sind, bedarf dies der Abstimmung. Aus diesem Grund wird es noch etwas dauern. Aber das Vorhaben ist - ich habe mich erst vor kurzem erkundigt - beim Justizministerium in guten Händen. Man ist sich der Probleme, die da entstanden sind, bewusst. Ich möchte heute einige Petitionen vorstellen, bei denen wir helfen konnten und den Anliegen der Bürger wirklich konkret gerecht wurden. Einige Petitionen beschäftigten sich mit den steuerlichen Vergünstigungen für das ehrenamtliche Engagement. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen in einem ersten Schritt - darauf hatten wir jahrelang gewartet, aber wir haben es gemacht die Bemessungsgrenze der so genannten Übungsleiterpauschale, bis zu der die Entgelte steuerfrei sind, von 2 400 DM um 50 Prozent auf 3 600 DM im Jahr erhöht. ({1}) Wir haben zudem den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert, sodass dies heute Gruppen in Anspruch nehmen können, die vorher nicht bedacht wurden. Weil das Ehrenamt grundsätzlich wesentlich mehr im Blickpunkt stehen sollte, haben die Fraktionen des Deutschen Bundestages eine Enquete-Kommission zur Untersuchung der Förderung des Ehrenamtes eingerichtet. Ich halte das für eine ganz wichtige Aufgabe. Ich freue mich auch schon auf die Ergebnisse und darauf, dass wir sie konkret umsetzen können. ({2}) Bei den Eingaben betreffend den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - das sind nicht sehr viele, nur 250 im Jahr - gab es 80 Petitionen, die sich mit dem Zivildienst beschäftigten. Ich möchte eine Petition vorstellen, anhand deren man sieht, dass manchmal die Bürokratenschimmel wiehern und Gutes verhindern. Der Vater eines Zivildienstleistenden wandte sich Ende Januar 1999 an den Petitionsausschuss und schilderte, dass sein Sohn nicht am Wettbewerb „Jugend forscht“ am 25. und 26. Februar 1999 teilnehmen könne, weil er keinen Urlaub bekomme, auch nicht im Rahmen eines Überstundenabbaus. Die Dienststelle war nicht bereit, diesem jungen Mann entgegenzukommen. Der Ausschuss leitete diese Eingabe sofort nach Eingang zur Stellungnahme weiter an das Ministerium. Das Ministerium hat sofort reagiert. Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin, dass das so schnell ging. Am darauf folgenden Tag teilte man dem Petenten mit, dass sein Sohn Sonderurlaub bekommen habe und an dem Wettbewerb teilnehmen könne. Daran sieht man, wie schnell so etwas gehen kann. Man hat im Nachhinein festgestellt - die Dienststelle hat sich entschuldigt -, dass einfach eine Richtlinie übersehen und deshalb kein Urlaub gewährt wurde. ({3}) - Kann ja mal vorkommen, klar. Dafür sind wir ja da. Von mehreren Bürgerinnen und Bürgern sind Petitionen eingegangen, weil junge Männer, die anstelle des Zivildienstes einen „Anderen Dienst im Ausland“ leisteten, wesentlich schlechtere Bedingungen hatten, zum Beispiel bei Heimfahrten, betreffend die Krankenkassenbeiträge usw. Wir haben gesagt, so kann das nicht bleiben; auch sie leisten einen Dienst als Ersatzdienst, der sich nur nicht Zivildienst nennt, sondern „Anderer Dienst im Ausland“. Wir haben diese Petitionen zur Berücksichtigung - dem höchsten Votum des Ausschusses - an die Bundesregierung weitergeleitet, weil wir fanden, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht und in den konkreten Fällen wirklich geholfen werden sollte. Eine weitere Petition, ebenfalls aus dem Ministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, beschäftigte sich mit Teilzeitarbeit während des Bezuges von Erziehungsgeld. Das ist eine ganz schwierige Kiste. Man durfte bisher während des Erziehungsurlaubes nur bis zu 19 Stunden pro Woche Teilzeit arbeiten. Bei nur einer Stunde mehr lag keine Teilzeittätigkeit mehr vor und man hat den Anspruch auf Erziehungsgeld verloren. Wie knapp bei Kasse Familien oft sind, weiß jeder, der Kinder großgezogen hat. Auch der, der etwas mehr verdient, weiß, dass oftmals jede Mark wichtig ist. Wir haben deshalb die Petition an das Bundesministerium zur Erwägung weitergegeben. Wir hatten aber zu dem Zeitpunkt schon längst einen Gesetzentwurf vorbereitet, der jetzt das Parlament durchläuft. Wir haben einen Gesetzentwurf zur Änderung des Erziehungsgeldgesetzes eingebracht. Dieser sieht eine wirkliche Entlastung für Familien vor. Jetzt können Vater und Mutter gleichzeitig jeweils bis zu 30 Wochenstunden Teilzeit arbeiten. Sie haben also die Möglichkeit zu variieren. Sie können sich ergänzen. Die Väter, von denen bisher nur 1,5 Prozent Erziehungsurlaub genommen haben, haben jetzt endlich die Chance, das Heranwachsen des Kindes zu erleben, und die Kinder haben die Chance, auch den Vater zu erleben, denn dieser ist ebenfalls wichtig. Ich denke, die Initiative „Der Freitag gehört der Familie“ hat bei den Vätern etwas Positives bewirkt. Nachdem wir ohnehin dabei waren, das Gesetz zu ändern, haben wir auch noch andere familienpolitische Änderungen vorgenommen, auf die wir schon lange gewartet haben. Sie haben immer nur groß getönt, aber nichts getan. ({4}) Wir haben gesagt: Okay, nun gehen wir auch an die jahrelang nicht angehobenen Bemessungsgrenzen. Diese haben wir um 10 bis 12 Prozent angehoben. Ich denke, dies ist Familienpolitik, bei der nicht nur geredet, sondern auch umgesetzt wird. Wir haben aber im Rahmen der Familienpolitik - um das hier nur nebenbei zu erwähnen - auch noch ganz andere Dinge gemacht. Als ersten Schritt haben wir das Kindergeld angehoben. ({5}) Wir haben es inzwischen von 220 DM auf 270 DM pro Kind angehoben. Sie hätten nie daran gedacht, diesen Schritt jemals zu tun. Wir jedoch haben die Familien konkret entlastet. ({6}) Als zweiten Schritt haben wir den Eingangssteuersatz von 25,9 auf 21,9 Prozent gesenkt. Sie können doch nicht sagen, dass das nichts ist; dies trifft jede Familie, und zwar wirklich entlastend. ({7}) Weiterhin haben wir den Grundfreibetrag, den Sie jahrelang nicht angepasst haben - das Bundesverfassungsgericht musste Sie zum Handeln auffordern -, innerhalb kürzester Zeit angehoben. ({8}) Wir werden ihn auch weiterhin anheben, und zwar bis zum Jahre 2005 von 12 000 DM auf 15 000 DM. Das müssen Sie erst einmal nachmachen. ({9})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Kollegin Rupprecht, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fischer?

Marlene Rupprecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003000, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Bitte schön, Herr Fischer.

Axel E. Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003118, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Kollegin, Sie haben ausgeführt, wie Sie Ihrer Meinung nach die Familien entlastet haben. Würden Sie hier zur Kenntnis nehmen, dass Sie gerade durch die Ökosteuer, die wir jetzt mehrfach diskutiert haben, die auch im Ausschuss immer wieder Gegenstand von Petitionen ist, Familien ganz besonders belasten? ({0})

Marlene Rupprecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003000, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich erkläre Ihnen jetzt Folgendes, Herr Fischer. Ich habe an Grundschulen und später auch an Sonderschulen unterrichtet. Deswegen bin ich in den Grundrechenarten sehr fit. Ich habe ausgerechnet, welche Kosten auf eine Familie mit einer Fahrleistung von 20 000 Kilometern pro Jahr zukommen. Sie kommen wie ich aus Baden-Württemberg und müssten daher in der Grundschule das Rechnen gelernt haben. Bei einer Fahrleistung von 20 000 Kilometern pro Jahr und einem Verbrauch von 8 Litern auf 100 Kilometern bedeutet das ({0}) behalten Sie die gleichzeitige Erhöhung des Kindergeldes von 220 DM auf 270 DM immer im Hinterkopf - eine Erhöhung der Belastung im Monat von nicht mehr als 30 DM. Das kann eine Familie mit zwei Kindern locker auffangen. Die Grundfreibeträge sind um 1 500 DM von 12 000 auf 13 500 DM angehoben worden. Ich frage Sie nun, wer von uns beiden nicht rechnen kann. ({1}) Ich habe noch gar nicht die Senkung des Rentenversicherungsbeitrages um einen Prozentpunkt erwähnt. Auch dies ist damit finanziert worden, während das Geld in den früheren Jahren zum Stopfen von Steuerlöchern benutzt wurde. Ich denke, wir sind in der Familienpolitik auf dem richtigen Weg. Wir haben nicht lange darüber geredet, sondern wir haben die Petitionen bearbeitet. ({2}) Man kann aber nicht immer nur Gutes tun und man kann auch nicht immer so schnell reagieren. Ich wäre ja blauäugig, wenn ich das behaupten würde. Bei manchen Petitionen sagen wir im Petitionsausschuss: Warum kann man nicht helfen? - Rund einem Drittel der Petenten können wir nicht helfen, weil darin sind wir uns alle einig die Gesetzeslage eben so ist. Da wollen wir auch nichts ändern, Sie nicht und wir nicht. Wir wollen auch eines nicht machen, nämlich die Gewaltenteilung in der Bundesrepublik aufheben; wir wollen keine Gerichtsurteile aufheben, weil wir dazu nicht berufen sind. Dies werden wir bei der Bearbeitung von Petitionen nicht tun. Aber es gibt schon noch ein paar Dinge, die uns am Herzen liegen und die wir angehen wollen, auch wenn das in der Öffentlichkeit häufig von Ihrer Seite dazu benutzt wird, um Vorurteile zu schüren. Ich will ein Beispiel nennen: Wir hatten etliche Petitionen zur Verbesserung des Schutzes bei geschlechtsspezifischer Verfolgung. Diese Petitionen haben uns sehr häufig massiv belastet. Wir haben deshalb das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge aufgesucht und haben diese Problematik angesprochen. Es gab vor kurzem im Ausschuss ein Gespräch mit der Staatssekretärin und drei Einzelentscheiderinnen, die inzwischen so qualifiziert sind, dass sie mit dieser Problematik umgehen können. Wir wünschen uns natürlich schon, dass wir das auch gesetzlich umsetzen können. Ich hoffe, dass Sie, Herr Fischer und die übrigen Herren auf den Bänken auf der rechten Seite, diese Problematik nachvollziehen können - ich will nur auf die Frauen aus Afghanistan verweisen - und nicht wieder zu populistischen Aktionen in der Öffentlichkeit nutzen. ({3}) - Es gibt keinen Grund, darüber zu lachen, weil das wirklich brutalste Misshandlungen von Menschen betrifft. Da müssen wir helfen. Ich wünsche mir wirklich Ihre Unterstützung auf breiter Basis. ({4}) Es gab natürlich auch Petitionen, bei denen manchmal - obwohl ich sehr viel Geduld habe - meine Geduld am Ende war und bei denen ich die Geduld des Ausschussdienstes bewundert habe und auch, mit welcher Sachlichkeit man unsachliche Petitionen bearbeitete. Ich habe dabei manchmal gedacht: Muss ich mich damit auseinander setzen? - Ich bedanke mich für die Geduld, die Sie bewiesen haben, und dafür, wie Sie mit unserer manchmal nicht so sehr großen Geduld umgegangen sind. Ich sage herzlichen Dank. Den gleichen Dank richte ich auch an die Kolleginnen und Kollegen - trotz der unterschiedlichen Auffassungen, die wir manchmal haben - für die gute Zusammenarbeit. Ganz besonders möchte ich Sie, Herr Deittert, nennen, weil Sie es immer wieder zusammen mit Herrn Reuter auf den Punkt bringen. Natürlich danke ich auch Ihnen, Frau Ausschussvorsitzende. Herzlichen Dank. ({5})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächster Redner hat der Kollege Martin Hohmann von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

Martin Hohmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003152, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich erfreut feststellen, dass wir durch die Anwesenheit von Herrn Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz und Herrn Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Gerhardt geehrt worden sind. Das wertet uns ein wenig auf. Wir fühlen uns ja manchmal ein wenig als Underdogs in diesem Geschäft. ({0}) In der heutigen Debatte sprechen wir über den Jahresbericht des Petitionsausschusses. Obwohl ich als Mitglied weit davon entfernt bin, dem eigenen Ausschuss durch Selbstlob und Selbstüberschätzung eine besonders hohe Bedeutung beizumessen, darf ich doch auf eines hinweisen: Üblicherweise wirkt das Parlament, der Gesetzgeber, auf die Menschen in unserem Land ein. Gesetze sollen ermutigen, stützen, lenken, gewähren, aber auch eingrenzen oder gar strafen. Die Bewegungsrichtung im Petitionsausschuss - daran wirkt auch der Ausschussdienst verdienstvoll mit - ist eine andere; sie ist gerade entgegengesetzt: Wir haben das Ohr am Volk; wir sind sensible Empfangsstation; wir sind Klagemauer. ({1}) - Ja, Notruf; gut gesagt, Herr Reuter. Einige von diesen Klagen sind als Petitionen in der Sammelübersicht 67 enthalten. Sie befassen sich mit dem Steuerentlastungsgesetz der rot-grünen Koalition, insbesondere mit der geplanten Abschaffung der Teilwertabschreibung. Dazu fanden Petenten klare Worte: Das Steuerentlastungsgesetz - ein Schock, da hierdurch die Existenz meines Geschäftes betroffen ist. Aus dem nächsten Brief wörtlich: Ich habe Angst um Kredite bei ohnehin nicht mehr abgeworfenen Gewinnen. Ein weiterer Petent sagt: Das Geld ist in die Warenlager investiert. Ich frage Sie: Was veraltet schneller als eine Sammlung von modischen Kleidungsstücken? Wer ist an der vorletzten Ausgabe eines BGB-Kommentars interessiert? - Das sind die Sorgen, das sind die Schreiben der Geschäftsleute, um deren Petitionen es sich hier dreht. ({2}) - Ja, zum Teil. Ich komme darauf. Die Petenten fühlten sich von der Streichung der Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz schwer getroffen. Unter dem Eindruck massiver Proteste aus dem Mittelstand und von uns hat die Bundesregierung dann auf die Streichung verzichtet. Damit ist die Bundesregierung den belasteten Einzelhändlern ein Stück entgegengekommen. Ich denke, das geschah auch aus Einsicht in die Notwendigkeit. Der Pferdefuß: Die nun beibehaltene Teilwertabschreibung wurde an die Voraussetzung der dauernden Wertminderung gebunden. Die Anknüpfung an diesen unbestimmten Rechtsbegriff der dauernden Wertminderung wirft in der Praxis eine Vielzahl von ungeklärten Auslegungsfragen auf. Sie führt zu einer Verkomplizierung des geltenden Rechts. Der steuerpflichtige Gewinn wird abweichend von den tatsächlichen Gegebenheiten künstlich erhöht und im Rahmen von Betriebsprüfungen führt die Auslegung dieses Begriffes unausweichlich zu künftigen Streitigkeiten. Sehr geehrte Damen und Herren, es geht uns doch allen um mehr Beschäftigung, um die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Wie soll das gehen, wenn denen, die Arbeitsplätze schaffen, noch Steine in das Marschgepäck gepackt werden? ({3}) - Ja, vor allem aus einem einzigen Grund: wegen der demographischen Entwicklung. Wenn ich Kanzler gewesen wäre, dann hätte ich genau dasselbe Versprechen abgegeben. ({4}) - Passen Sie auf: Es ist aufgrund der demographischen Entwicklung mathematisch unausweichlich, dass sich dieser Wert ständig verbessert, während über den anderen Wert, über die Schaffung neuer Arbeitsplätze, nicht geredet wird. Das aber ist der entscheidende Wert. ({5}) Es gibt also Steine im Marschgepäck unserer Selbstständigen. Diese neue Auflage ist eben ein solcher Stein. Warum muten wir das dem Einzelhandel zu, warum muten Sie das dem Einzelhandel zu? Reichen die Probleme der Globalisierung in der Textilbranche nicht? Ist es nicht schwer genug für die Läden in der Stadt, gegen Einkaufszentren auf der grünen Wiese, gegen Factory Outlets zu bestehen? ({6}) Wie wird dieser Nachweis einer dauernden Wertminderung zu erbringen sein? Das erfordert noch kompliziertere Steuererklärungen - wo doch schon ein ehemaliger Bundeskanzler, ein kluger Mann, nach eigenem Eingeständnis an der bisher schon erreichten Kompliziertheit und Schwierigkeitsstufe der eigenen Steuererklärung scheitert! Im Klartext bedeutet die Neuregelung, dass die Geschäftsleute gezwungen werden, noch mehr Unterlagen über lange Zeit aufzubewahren, denn nur so können sie die dauernde Wertminderung nachweisen, wofür sie nach der Neuregelung die Darlegungs- und Beweislast tragen. Es kommt also zu noch mehr Bürokratie, zu noch mehr Zumutungen für den Bürger, zum glatten Gegenteil dessen, was mit dem Steuerentlastungsgesetz - so der schöne Name - gemäß Ihren Versprechungen erreicht werden sollte. Der Staat ist der schröpfende Dritte - egal, ob sich der Einzelhändler nicht mehr traut, den Teilwert abzuschreiben, oder ob er sich im Zwielicht der Paragraphen verfängt und dann zur Kasse gebeten wird. Die Hilferufe der hier besprochenen Petitionen kommen von einem Einrichtungshaus und Küchenstudio, einem Polstermöbel- und Lederspezialisten, einem Textilund drei Schuhgeschäften. Das sind genau die Arbeitgeber, die wir in unseren Städten und Gemeinden unterstützen sollten, um die vorhandenen Strukturen im Innenbereich zu erhalten. Deren Gefahrenlage wird durch die breit berichtete - Betriebsaufgabe des Lehrbetriebs unseres derzeitigen Bundeskanzler deutlich. Er und die SPD können heute froh darüber sein, dass er rechtzeitig aus der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst gewechselt ist. Die Petenten haben sich an eben diesen Bundeskanzler, den Bundestagspräsidenten, das Finanzministerium oder an uns, den Petitionsausschuss, gerichtet. Ich werbe darum - und komme damit zum Schluss -, dass wir sozusagen als Vorhut der parlamentarischen Reparaturkolonne diese Petition als Material an das zuständige Bundesministerium der Finanzen überweisen. Diese Anliegen verdienen es, bei einer zukünftigen Gesetzesverbesserung Berücksichtigung zu finden. Darauf haben die Petenten einen Anspruch und darauf hofft auch der Mittelstand in Deutschland. Vielen Dank. ({7})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Das Wort hat jetzt die Kollegin Annelie Buntenbach vom Bündnis 90/Die Grünen.

Annelie Buntenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002637, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine kurze Vorbemerkung, Herr Hohmann: Ich bin über Ihr mangelndes Vertrauen in die Fähigkeiten und den Durchblick der deutschen Wirtschaft und gerade des deutschen Mittelstandes sehr verwundert. Ich glaube nicht, dass der Mittelstand das verdient hat. ({0}) Die Arbeit im Petitionsausschuss schärft das Bewusstsein dafür, dass das, was wir hier im Bundestag beschließen und in Gesetzesform bringen, letztlich den Test der praktischen Realitätstauglichkeit erst im alltäglichen Leben der Menschen bestehen muss. Gesetzliche Regelungen, die möglichst vielen Menschen gerecht werden sollen, sind naturgemäß sehr formal und abstrakt, und zwar viel abstrakter und allgemeiner als die Wechselfälle des Lebens. Da kann es nicht verwundern, dass auch gute Gesetze für den Einzelnen in seiner besonderen Situation ungerecht sein können oder als ungerecht empfunden werden. Wir haben im Petitionsausschuss Tausende solcher Fälle vorliegen. Hier wird unsere besondere Verantwortung ganz konkret greifbar, weil diese Eingaben helfen, Schwachstellen zu erkennen, zu beseitigen und in Härtefällen nach unkomplizierten Lösungen zu suchen. Oft reicht schon das Nachfragen des Petitionsausschusses bei einer Behörde, um Abhilfe im Sinne des Petenten zu schaffen. So verlor eine Petentin in einer tragischen persönlichen Situation aus zunächst rein formalen Gründen ihren Anspruch auf Kindergeld. Sie hatte nach dem Tod ihres Ehemanns schlicht versäumt, rechtzeitig weiterhin das Kindergeld zu beantragen. Das Finanzministerium hat sich zunächst gesträubt, tätig zu werden. Aber nachdem der Petitionsausschuss gedrängt hatte, wurde das Bundesamt für Finanzen schließlich angewiesen, der Petentin das Kindergeld wegen sachlicher Unbilligkeit wieder auszuzahlen. Der Jahresbericht beschreibt eine Fülle von ähnlichen Fällen. Mindestens ebenso wichtig sind für uns aber diejenigen Petitionen, die über den Einzelfall hinaus auf grundsätzliche Fehler und Gesetzeslücken hinweisen. So konnte zum Beispiel mit Hilfe der Petenten eine Gesetzeslücke im Bereich der privaten Pflegeversicherung geschlossen werden. Den Anlass dazu bot der Fall einer Petentin, die ihre über 90-jährige Mutter in der häuslichen Umgebung gepflegt hat. Als sie für einige Zeit ins Krankenhaus musste, sah sie sich gezwungen, in dieser Zeit ihre Mutter in eine Kurzzeitpflege zu geben. Da sie ihre Mutter aber noch nicht zwölf Monate zu Hause gepflegt hatte, bekam sie zur Kurzzeitpflege keine Leistungen. Hier sah der Petitionsausschuss eine Lücke im geltenden Recht. Inzwischen hat das Gesundheitsministerium den Ausschuss davon in Kenntnis gesetzt, dass das zum 1. August 1999 in Kraft getretene Vierte Gesetz zur Änderung des SGB XI eine Änderung der Regelung über die Kurzzeitpflege vorsieht, durch die dem Anliegen der Petentin Rechnung getragen wird. Durch diese Änderung konnte gleichzeitig in vielen ähnlichen Fällen geholfen werden. Ein hart erkämpfter Erfolg des Petitionsausschusses sind die deutlichen Verbesserungen in der Visapolitik. Das ist heute schon angesprochen worden. Es konnten nicht nur in vielen Einzelfällen Fragen der Visaerteilung und der Familienzusammenführung befriedigend geregelt werden. Wir konnten gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt auch eine inhaltliche Neuausrichtung der Visapolitik und zahlreiche Verfahrensverbesserungen erreichen. Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle nicht verschweigen, dass wir in dieser Sache auch als Regierungsfraktion harte Auseinandersetzungen mit dem Auswärtigen Amt hatten und wir uns während des Verfahrens oft übereinander geärgert haben. Aber die gemeinsam erarbeiteten Verbesserungen für die Menschen geben uns Recht. Darum möchte ich mich bei Staatsminister Volmer herzlich bedanken, dass er sich dieser Auseinandersetzung gestellt hat. Es ist nicht auszuschließen, dass wir uns auch in Zukunft schon einmal auf die Nerven gehen; aber wenn es im Interesse der Menschen zu Verbesserungen führt, dann sollten wir das so oft wie möglich tun. ({1}) Zu den noch nicht zu Ende gebrachten Hausaufgaben, die der Petitionsausschuss der Bundesregierung für den Berichtszeitraum aufgegeben hatte, gehört - das hat die Kollegin Rupprecht eben schon angesprochen - das Thema der Anerkennung frauenspezifischer Asylgründe. Eine geschlechtsspezifische Verfolgung wird im Asylverfahren nicht ausreichend berücksichtigt. Hier gibt es auch nach der Verabschiedung der neuen Verwaltungsvorschriften durch das Kabinett noch erheblichen Handlungsbedarf. Dies hat sich nicht nur bei dem Besuch des Petitionsausschusses beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge deutlich gezeigt, sondern auch in den Gesprächen mit der Staatssekretärin aus dem Bundesinnenministerium, Frau Sonntag-Wolgast. Ich bin sicher, dass wir hier nicht locker lassen werden. ({2}) Ohnehin sind die Petitionen zum Asylrecht ein besonders schmerzender Punkt im Petitionsausschuss. Die Auseinandersetzung mit den zum Teil wirklich dramatischen Schicksalen von Flüchtlingen, die trotzdem - in Übereinstimmung mit der jetzigen Rechtslage - abgeschoben werden, macht deutlich, dass wir dringend wenigstens eine Härtefallregelung brauchen. ({3}) Jenseits dieses Handlungsbedarfs, den ich betonen möchte, ist die Praxis des Petitionsausschusses vor dem Hintergrund der geltenden Gesetze, dass wir ausgesprochen zurückhaltend und sorgfältig bei der Bearbeitung und Beurteilung von Asylpetitionen vorgehen. Ich habe mir einmal die Zahlen geben lassen - und möchte insbesondere die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU einmal bitten, genau zuzuhören -: Den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages erreichten in der 14. Wahlperiode 716 Petitionen zum Asylrecht. Davon wurden vom Deutschen Bundestag bisher - jetzt passen Sie auf! - nur vier Petitionen zur Berücksichtigung und acht Petitionen zur Erwägung an das BMI überwiesen. Von einem inflationären Gebrauch dieser Voten kann da nun wirklich keine Rede sein. Nur in diesen Berücksichtigungs- und Erwägungsvoten wird die Bundesregierung aufgefordert, im Sinne der Petenten tätig zu werden. Bisher wurde lediglich eine Petition vom BMI positiv beschieden - zu wenig, wie wir finden. Angesichts dieser Zahlen ist der von der CDU/CSU immer wieder an uns gerichtete Vorwurf, wir wollten das Asylrecht unterhöhlen und am Gesetz vorbei entscheiden, völlig absurd. Und ausgerechnet an dieser Stelle, wo es oft um Leben und Tod geht, verlassen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, den sonst im Petitionsausschuss üblichen und bewährten Konsens, am konkreten menschlichen Einzelfall nach für alle Beteiligten gangbaren Lösungen zu suchen.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Annelie Buntenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002637, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Ja, ich komme zum Schluss. Ich bitte Sie im Interesse der Betroffenen, hier Ihre ideologischen Scheuklappen beiseite zu legen. Wenn durch formale Regeln notwendige Hilfen in Härtefällen unmöglich gemacht werden, müssen wir gemeinsam nach Lösungen für die Menschen suchen. Das tun wir doch auch sonst im Petitionsausschuss. Gerade im Asylbereich darf das Petitionsrecht nicht ins Leere laufen. In diesem Sinne sind wir auch im Gespräch mit dem BMI. Ich hoffe, dass wir auch hier mit der dem Petitionsausschuss eigenen Hartnäckigkeit zu einem positiven Ergebnis kommen. Das würde uns umso eher gelingen - hier bin ich sicher -, wenn wir dies gemeinsam tun. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Das Wort hat der Kollege Klaus Holetschek von der CDU/CSUFraktion.

Klaus Holetschek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003153, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Petitionsausschusses für das Jahr 1999 zeigt einmal mehr, dass dieser Ausschuss ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie ist. Welche Namen hat er nicht schon bekommen: „Bürgerausschuss“, „Sprachrohr des Volkes“ oder „Kummerkasten der Nation“! Was kann für uns Politiker befriedigender sein, als in einem Ausschuss zu wirken, in dem wir versuchen wollen, Bürgerinnen und Bürgern unmittelbar zu helfen? ({0}) Deshalb ist es manchmal unverständlich, warum viele Kolleginnen und Kollegen diesem Ausschuss nicht diese Wertung entgegenbringen, die er haben sollte. Wir sollten in den jeweiligen Fraktionen deutlich machen, dass wir eine sehr wichtige Arbeit leisten. Die Zahl der Petitionen ist im Jahr 1999 um 6,5 Prozent gestiegen. Nun mag man das als Ausdruck des gestiegenen Ansehens des Petitionsausschusses bei den Bürgerinnen und Bürgern werten. Ich werte das einfach als Ausdruck der Kritik an der rot-grünen Regierungspolitik, die in vielen Politikfeldern, wie zum Beispiel in der Gesundheitspolitik und in der Sozialpolitik, versagt hat. ({1}) Das merken die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Sie wenden sich deshalb verstärkt an den Petitionsausschuss. Lassen Sie mich an dieser Stelle auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussdienstes danken. Ich habe großen Respekt vor der Arbeit, die sie leisten und die uns Abgeordneten das Leben erleichtert. Hier wird mit Sorgfalt gearbeitet. Ein herzliches Dankeschön und großes Kompliment an diese Mitarbeiter! ({2}) Der Petitionsausschuss ist für uns eine große Herausforderung. Er ist auch deshalb so interessant, weil man wirklich sieht, wo den Bürgerinnen und Bürgern der Schuh drückt. Dies zeigt sich besonders dann, wenn man die Eingaben nach Ressorts aufschlüsselt und eine Rangliste erstellt. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung liegt mit 5 800 Eingaben an der Spitze. Das sind 35 Prozent der Gesamtzahl der eingegangenen Petitionen. Aber das ist nicht verwunderlich. Denken Sie nur an die Rentenkürzung und an Ihre verfehlten Regelungen, wie zum Beispiel das 630-DM-Gesetz und das Gesetz zur Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit. Wer eine solche Politik macht, der darf sich über die überdimensionierte Zahl an eingegangenen Petitionen nicht wundern. ({3}) Auf Platz 2 und 3 folgen das Innenministerium und das Gesundheitsministerium. Ich spare mir eine Aussage über das Gesundheitsministerium; denn in diesem Bereich stehen wir schon wieder vor der Reform der Reform. Wir werden sehen, was uns auf den Tisch gelegt wird. ({4}) - Herr Kollege Reuter, ich wollte mich gerade bei Ihnen für die gute fraktionsübergreifende Zusammenarbeit bedanken. Ich tue das trotz Ihres Zwischenrufes. Ich meine das auch so; denn der Petitionsausschuss unterscheidet sich sicherlich von anderen Ausschüssen. ({5}) Nichtsdestotrotz haben wir natürlich unterschiedliche Grundauffassungen und Grundüberzeugungen, die auch hier zum Ausdruck kommen. Aber der Petitionsausschuss hilft, das Vertrauen der Bürger in die Demokratie zu stärken. Frau Kollegin Buntenbach, lassen Sie mich einige Anmerkungen zur Asylpolitik machen. Sie wissen genau, dass der Petitionsausschuss in diesem Feld nur beschränkte Möglichkeiten hat. Wir können im Petitionsausschuss nur dann etwas tun, wenn wir gravierende und offensichtliche Mängel in einem Verfahren feststellen. Deswegen ist es mir unverständlich, wenn Vertreter gerade der Grünen-Fraktion selbst noch in den Fällen, in denen das zuständige Bundesamt einen Bleiberechtsantrag abgelehnt hat, zu denen Gerichtsentscheidungen vorliegen und zu denen uns Regierungsvertreter im Ausschuss gesagt haben: „Es gibt keine Möglichkeiten“, Bedenken vortragen, die berücksichtigt werden sollen. Das ist ideologische Verblendung. ({6}) - Ich gestatte keine Zwischenfrage, weil ich weiß, was Sie sagen wollen. Ich bleibe bei meiner Meinung, weil Sie ideologisch arbeiten. Ich weiß auch, wie oft zwischen Rot und Grün in solchen Fällen um ein einheitliches Votum gekämpft wird. Der Petitionsausschuss ist keine Superrevisionsinstanz. ({7}) Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, auch wenn es manchmal wehtut und die Einzelfälle schwierig sind. Es gibt nun einmal einen Rahmen, den es einzuhalten gilt. Lassen Sie mich auf ein weiteres Thema eingehen. In vielen Petitionen - ich verweise auf Seite 6 des Berichtes geht es um das soziale Ehrenamt. Sie konterkarieren mit Ihrer Regelung bezüglich der 630-Mark-Jobs die Anliegen der Bürger. ({8}) Sie wollen das Ehrenamt abschaffen. Die Enquete-Kommission „Bürgerschaftliches Engagement“ ist nur eine Alibiveranstaltung. Denken Sie nur an die Ökosteuer. Ich sage - auch wenn Kollegin Rupprecht nicht mehr da ist -: Vom Benzin allein lebt die Familie auch nicht. Die Energie wird wie vieles andere teurer, sodass Ihre Aussage nicht richtig ist. Denken Sie daran, wie viele Übungsleiter Kinder kostenlos zu Fußballspielen fahren. Sie müssen klar sagen, was Sie mit dem Ehrenamt vorhaben. Beispiel freiwillige Feuerwehr: Heute wird im Bundesrat ein Gesetzentwurf, den Bayern eingebracht hat, beraten, dessen Ziel die Stärkung des Ehrenamtes ist. Wenn Sie es mit dem Ehrenamt ernst meinen, dann müssen Sie diesem Gesetzentwurf zustimmen. ({9}) Ich wage eine Prognose: Wir werden uns noch mit vielen Petitionen beschäftigen, in denen um die Abschaffung der Ökosteuer gebeten wird. Das ist in der Tat eine zutiefst unsoziale Steuer. Mit der Abschaffung der Ökosteuer sollten wir diese Regierung gleich mit abschaffen. ({10}) Meine Redezeit geht zu Ende. ({11}) Aber ich habe noch so viel Zeit, Herr Kollege Schmidt, um zum Schluss zu sagen: Es ist ein gutes Zeichen, dass die wenigsten Petitionen aus Bayern kommen. Die Bayerische Staatsregierung ist eine Regierung - um es plastisch auszudrücken -, die den Leuten aufs Maul schaut, die sich an den Bedürfnissen des Bürgers orientiert und die versucht, das, was Sie hier in Berlin an Blödsinn machen, im Freistaat Bayern durch eigene Gesetze zu korrigieren. Wir sind dafür dankbar, dass wir mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber einen Mann haben, der eine bürgernahe und bürgerfreundliche Politik vollzieht. ({12}) Daran sollten Sie sich hier orientieren und daran sollten wir uns im Petitionsausschuss orientieren: an einer Politik für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Vielen Dank. ({13})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als nächster Redner hat der Kollege Hans-Joachim Hacker von der SPD-Fraktion das Wort.

Hans Joachim Hacker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000771, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Petitionsrecht ist eines der wichtigsten Grundrechte unserer Verfassung; eine bedeutende Zahl von Bürgerinnen und Bürgern nimmt es in Anspruch. 1999 nahm die Zahl der Petitionen gegenüber dem Vorjahr - die Kolleginnen und Kollegen haben das teilweise schon erwähnt - um 6,5 Prozent, das heißt um 1 182 Eingaben, zu. Das sind Zahlen, die gegen die oft zitierte Politikverdrossenheit sprechen. Herr Holetschek, mit Tiraden, wie Sie sie in Ihrer Rede losgelassen haben, werden wir diesen Weg - die Politikverdrossenheit zurückzudrängen und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Parlament und letztlich in die Politik zu stärken - nicht gemeinsam beschreiten können. ({0}) In den Petitionen sehe ich neben der Kritik an gesetzlichen Regelungen, an Verwaltungsvorschriften und an Verwaltungshandeln im Einzelfall vor allem einen Vertrauensbeweis gegenüber dem Parlament. Wer wendet sich schon mit seinem Anliegen - noch dazu in schriftlicher Form - an den Deutschen Bundestag, wenn er nicht überzeugt ist, mit seiner Petition etwas erreichen zu können? Dazu kommt, dass sich Menschen nicht nur mit eigenen Problemen an uns wenden, sondern auch Anregungen zu Gesetzesänderungen im allgemeinen Interesse geben. Damit bringen sie zum Ausdruck, dass sie bereit sind, konstruktiv mitzudenken. Sie kümmern sich um das Gemeinwohl. Wir Parlamentarier sollten immer darauf bedacht sein, diese Position in der Gesellschaft zu stärken. ({1}) Die Befassung mit den Petitionen stellt eine wichtige Seite unserer parlamentarischen Arbeit dar, sie trägt wesentlich dazu bei, die Arbeit von Abgeordneten, Parlament und Regierung zu verbessern. In den Petitionen spiegelt sich insofern auch wider, wie unsere parlamentarische Arbeit bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt. In den Petitionen zeigt sich, ob wir in der gesetzgeberischen Arbeit die richtigen Lösungen gefunden haben und ob wir es verstanden haben, die Ziele unseres Handelns den Bürgerinnen und Bürgern - sie sind diejenigen, die uns gewählt und uns das Mandat für unsere Arbeit gegeben haben - im Lande verständlich zu machen. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Petitionsausschuss dieser Verantwortung auch im Jahre 1999 gerecht geworden ist, und das über die Fraktionsgrenzen hinweg. Für den Berichtszeitraum ist wiederum festzustellen, dass der prozentuale Anteil der Petitionen aus den neuen Bundesländern erheblich höher als der aus den alten Ländern ist. Ich glaube, wir alle haben eines erkannt: Die Probleme bei der Herstellung der staatlichen Einheit unseres Landes, besser gesagt: bei der Überwindung der Teilungsfolgen, spiegeln sich auch und gerade in den Petitionen wider. Sie belegen, dass sich dieser Prozess nicht reibungslos und konfliktlos vollzieht. Ich glaube, das konnte auch nicht geschehen. Uns Parlamentariern kommt es darauf an, diesen Prozess realistisch einzuschätzen. Wir müssen konsequent Abhilfe schaffen, wo es möglich ist. Es geht aber auch darum, keine Versprechungen zu machen, wenn wir nicht helfen können. Hiermit meine ich insbesondere diejenigen Bereiche, die in den letzten 40 Jahren sehr unterschiedlich geregelt worden sind. Wir können den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland nicht versprechen, dass wir für jede Gruppe die für sie günstigste Regelung finden können. Das ist einfach nicht machbar. Die deutsche Einheit hat dazu geführt, dass wir ein gesamtstaatliches Rechtssystem geschaffen haben. In dieses Rechtssystem müssen wir uns alle nicht nur gedanklich, sondern auch im praktischen Leben hineinbegeben. Es ist auch für mich sehr ernüchternd, dass es in der Gesellschaft Gruppen gibt, denen wir heute bestimmte Rechte nicht mehr einräumen können. Frau Ehlert, ich habe große Probleme damit, dass wir für die Gruppe der in der DDR geschiedenen Frauen kaum noch etwas tun können. Wir müssen so ehrlich sein, das den Betroffenen zu einem bestimmten Termin mit aller Konsequenz zu sagen. Insbesondere im Justizministerium ist im Jahr 1999 ein Anstieg festzustellen gewesen. Dies hat seine Ursache darin, dass Nachwirkungen der Probleme, die sich aus offenen Vermögensfragen in den neuen Bundesländern ergaben, immer noch deutlich zu erkennen sind. An den Ausschuss wandten sich zahlreiche Petentinnen und Petenten, die sich Hilfe und Unterstützung bei Fragen zu Eigentum an Grundstücken und Gebäuden und deren Nutzungsrechten erhofften. Herr Holetschek, Sie haben ja hier vorhin eine sehr engagierte Rede gehalten. Deshalb möchte ich an Ihre Adresse sagen, dass diese Petitionen im Bereich der Eigentumsfragen die Folge der von Ihrer Fraktion - sekundiert von der F.D.P. ({2}) propagierten, ideologisch motivierten Regelung durch das Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ sind. Das muss ich hier einmal ganz deutlich sagen. ({3}) Zu Ihrer Forderung, dass wir das ändern sollen, Herr Holetschek, muss ich Ihnen sagen: Dieser Zug ist seit Jahren abgefahren. Unsere Versuche, dies 1991 und 1992 im Rahmen des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes zu ändern, haben Sie blockiert. Das haben wir damals kritisiert, wir sind bis in den Vermittlungsausschuss gegangen, aber die damaligen Mehrheiten sorgten für andere Ergebnisse. ({4}) Ich will an dieser Stelle auch sagen, dass die ideologisch gefärbte Regelung „Rückgabe vor Entschädigung“ nicht das einzige Übel ist, das dazu geführt hat, dass sehr viele Menschen immer noch Unsicherheit im Bereich der Vermögensfragen verspüren. Eine andere Ursache liegt darin, dass während der DDR-Zeit tausendfach rechtsstaatswidrige Vermögenseingriffe erfolgten und durch die Politik des SED-Regimes Hunderttausende Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Die Gründe für das Verlassen der DDR mögen zwar unterschiedlich gewesen sein, aber die politischen und ökonomischen Verhältnisse in der DDR haben entscheidend dazu geführt, dass Hunderttausende Menschen ihr Land verlassen haben - mit steigender Tendenz bis in den Herbst 1989 hinein. Trotzdem - jetzt wende ich mich noch einmal an Sie, Herr Holetschek - bleibe ich dabei, dass die alte Bundesregierung in diesem Bereich eine andere Politik hätte machen müssen. Die alte Bundesregierung hätte realistische Regelungen treffen müssen, durch die die über Jahre entstandenen Lebensrealitäten aufgenommen worden wären und damit Frieden in den neuen Ländern geschaffen worden wäre. ({5}) Weil ich nicht zu denen gehören will, die Unsicherheiten - manchmal auch absichtlich - schüren, möchte ich an dieser Stelle auch sagen, dass mit dem Vermögensgesetz und dessen späteren Novellierungen natürlich nicht nur partiell, sondern in weiten Bereichen Rechtsklarheit und Rechtsschutz geschaffen worden sind. Hier möchte ich eine Gruppe ansprechen, die insbesondere nach 1990 massenhaft verunsichert worden ist: Das ist die Gruppe der Häuslebauer und derjenigen, die dingliche Nutzungsrechte für Grundstücke hatten. Diese Bürgerinnen und Bürger waren von Anfang an sicher vor jeder Form von Restitutionsansprüchen, denn ein Restitutionsanspruch in diesem Bereich war nicht erfolgreich durchsetzbar. Dass trotzdem Ansprüche gestellt worden sind, ist eine ganz andere Frage. Wir müssen das immer wieder einsehen: Wir können keinen Bürger davon abhalten, sinnlose Anträge zu stellen, die am Ende dann auf seine eigenen Kosten gehen. Es musste aber auch noch einmal gesagt werden, dass wir - ich nehme die SPD dabei einmal mit in die Verantwortung - bei der Gesetzgebung nach 1990 nicht nur Chaos produziert haben. Die Kritik bleibt zwar bestehen, dass es sich um grundsätzlich verkehrte Weichenstellungen handelte, wir haben aber in wesentlichen Bereichen mitgeholfen, Rechtssicherheit zu schaffen. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch - das sage ich jetzt einmal in Ihre Richtung, Frau Lüth -, dass bei aller Kritik am Grundsatz „Rückgabe vor Entschädigung“, die von Ihrer Fraktion richtigerweise ausgesprochen wird, nicht in Vergessenheit geraten darf, dass der erste Restitutionsfall von Ihrem Ehrenvorsitzenden produziert wurde, wenn ich das einmal so sagen darf. Unter dem DDR-Ministerpräsidenten Modrow sind die 1972 verstaatlichten, so genannten halbstaatlichen Betriebe zurückgegeben worden. Ich sage nichts dagegen. Das wäre auch nach der freien Wahl im März 1990 sicherlich so erfolgt. Man muss aber immer auch eine Gesamtschau vornehmen. Man kann sich nicht immer nur die Erbschen oder Sahnestückchen herauspicken. Dies war ein Präzedenzfall und damit war eine Grundlage für die weiteren Verhandlungen und Gespräche zwischen den beiden deutschen Regierungen im Jahre 1990 geschaffen. Dieses ist heute Geschichte. Wir müssen uns jetzt nach vorne orientieren. Gerade heute Nachmittag wird ja in erster Lesung über einen Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen beraten, mit dem wir noch offene Fragen im Bereich des Grundstücks- und Vermögensrechts hier auf den Tisch legen und dafür sorgen wollen, dass Defizite und auch Verfahrensprobleme in der Vermögensgesetzgebung, wie sie im Moment noch bestehen, zügig angepackt werden und für die Betroffenen endlich Rechtssicherheit geschaffen wird.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Hans Joachim Hacker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000771, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich bitte Sie gerade auch bei dieser Gesetzesnovelle, die wir heute einbringen, um konstruktive Mitarbeit. Meine Damen und Herren, ich hatte mir noch eine ganze Reihe von Einzelfällen aufgeschrieben, die ich gern vorgetragen hätte. Der Präsident mahnt mich, zum Ende zu kommen. Ich will in einem letzten Satz, Herr Präsident, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Ausschussdienst ganz herzlich danken. Es ist schon gesagt worden: Dort wird eine sehr engagierte und fachkundige Arbeit geleistet. Herzlichen Dank insbesondere Ihnen, Frau von Welck. Ich schließe in den Dank auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der einzelnen Abgeordneten und der Fraktionen für ihre engagierte Arbeit ein. Ich glaube, wir haben im letzten Jahr eine gute Arbeit geleistet und wir alle gemeinsam müssen das in den kommenden Jahren so weiter machen. Ich danke Ihnen. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Als letzter Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt erteile ich der Kollegin Katherina Reiche von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

Katherina Reiche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003209, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem Punkt möchte ich mich meinen Vorrednern ausdrücklich anschließen. Das ist der herzliche Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschussdienstes. Ohne sie gäbe es keinen Jahresbericht. Seit ich im Petitionsausschuss mitarbeite, weiß ich um die akribische Arbeit und um die viele Mühe, die sie haben, und ich weiß die Arbeit des Ausschussdienstes von Mal zu Mal mehr zu schätzen. Vielen Dank! Sie leisten einen sehr wichtigen Beitrag zur demokratischen Kultur in diesem Land. ({0}) Die Petitionen, die uns erreichen, sind so vielfältig wie die Probleme, die Emotionen und die Ideen der Menschen in Deutschland. Sie reichen von Themen wie der Abschaffung der Todesstrafe in den Vereinigten Staaten bis zum kleinsten Detail des deutschen Sozialversicherungsrechts. Deshalb ist es so schwer, alle Facetten einer einjährigen Arbeitszeit in einem Jahresbericht zu berücksichtigen, und deshalb ist es so verlockend, den generalisierenden Aspekt der Statistik zu bemühen. Die Zahl der Petitionen hat in der Tat - das ist mehrfach angesprochen worden - wieder zugenommen. Nun läge es nahe, dies als Kritik an der Bundesregierung zu bewerten und zu sagen: Im ersten vollständigen Jahr von Rot-Grün haben die Bürger mehr denn je das Bedürfnis, ihren Unmut und ihre Kritik dem Deutschen Bundestag mitzuteilen. Ich möchte dies nicht tun, sondern mich den Kollegen Deittert und Reuter anschließen, die sagten, dass sie ebenso wie ich die Petitionen als Ausdruck des Vertrauens der Menschen ins Parlament werten. Bei anderen Aspekten der Statistik liegt der Fall allerdings anders. Der Anteil der Petitionen aus den neuen Ländern hat noch einmal zugenommen und liegt nun mit über 32 Prozent weit über dem Bevölkerungsanteil der Ostdeutschen. Allein aus meiner Heimat Brandenburg hat sich die Zahl der Petitionen seit 1998 fast verdoppelt. Wir haben uns in der Debatte im Rahmen des letzten Berichtes des Petitionsausschusses ausführlich mit der Frage beschäftigt, warum der Anteil der Eingaben aus den neuen Ländern so überproportional hoch ist. Positiv können wir aber auch jetzt noch feststellen, dass nach Jahrzehnten staatlicher Willkür und Allmacht viele Menschen aus der ehemaligen DDR nach einem Jahrzehnt Einheit ihr Recht wahrnehmen, Entscheidungen zu hinterfragen und überprüfen zu lassen. Viele wollen mit Vorschlägen aktiv Demokratie mitgestalten und suchen über uns den Dialog zur Politik. Auf der negativen Seite muss ich jedoch feststellen, dass die Geduld der Menschen in den neuen Ländern mit dem Prozess der Angleichung der Lebensverhältnisse auf eine immer größere Probe gestellt wird und dass die Menschen in den neuen Ländern sehr wohl unterscheiden können, was pure Symbolik ist und was wirklich dazu dient, die Lebensverhältnisse anzugleichen. Zur puren Symbolik zähle ich beispielsweise Bundeskabinettssitzungen in den neuen Ländern. Hier hat sich meiner Meinung nach auch der Ausschuss zu symbolischen Gesten verleiten lassen. Mehrere Petitionen begehrten die sofortige Angleichung der Löhne in Ostdeutschland und sogar ein gesetzlich festgelegtes Grundgehalt bei Lohnkostenzuschüssen. In seinem Beschluss stellte der Ausschuss ganz deutlich dar, dass in Deutschland die Löhne durch die organisierten Tarifvertragsparteien ohne Einmischung staatlicher Stellen ausgehandelt werden. Die Tarifautonomie wurde zu Recht als Begründung herangezogen, um den Petenten zu verdeutlichen, dass der Ausschuss keine rechtliche Möglichkeit hat, staatlicherseits eine Lohnangleichung oder gar einen gesetzlichen Mindestlohn zu vereinbaren. Plötzlich wendet sich jedoch das Blatt und die Eingabe wird in letzter Minute dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zugeleitet, um sie dort in die Arbeit und in die Überlegungen einfließen zu lassen. Die PDS als Expertin für unrealistische und falsche Forderungen kann nun jubeln und der Petent gewinnt den Eindruck, dass der Staat möglicherweise doch in die Tarifautonomie eingreifen wird. ({1}) Das ist falsch verstandener Aufbau Ost. Ein weiterer Grund für das anhaltend große Bedürfnis der Menschen in den neuen Ländern nach Petitionen ist auch der lange Schatten des DDR-Unrechts, dessen Tragweite oft erst nach Jahren in die Öffentlichkeit dringt. Hier will ich insbesondere die Verbrechen an den Sportlerinnen und Sportlern in der ehemaligen DDR erwähnen, die durch grausame Trainingsmethoden und Doping oft zu Krüppeln wurden. ({2}) Auch die Bürgerinnen und Bürger, die sich um eine Verbesserung der Rehabilitierung von politischen Opfern der SED-Diktatur bemühen, werden in den nächsten Jahren weiter zum Mittel der Petition greifen. Ich möchte Ihnen nun von einem Fall berichten, in dem der Ausschuss sowohl DDR-Unrecht als auch anschließende gesamtdeutsche behördliche Unbeweglichkeit heilen konnte. Ein Grundstückseigentümer hatte sein Grundstück zur landwirtschaftlichen Nutzung der DDR überlassen. Die DDR übergab es dem sowjetischen Militär, ohne jedoch den Eigentümer darüber zu informieren. Nach der Wiedervereinigung und dem Abzug des russischen Militärs erhielt der Petent sein Grundstück zurück, jedoch ohne dass man ihm mitteilte, dass es mittlerweile mit Kampfmitteln kontaminiert war. Man teilte ihm mit, dass er innerhalb von drei Monaten Schadensersatz bei der Oberfinanzdirektion fordern könne. Allerdings erhielt er den Hinweis auf Kontamination nicht. Erst ein halbes Jahr später wurde ihm mitgeteilt, dass sein Grundstück kontaminiert sei. Der Petent beantragte daraufhin Schadensersatz, der aber wegen Verfristung abgelehnt wurde. Nun forderte die Stadt den Petenten auf, sein Grundstück auf eigene Kosten reinigen zu lassen. Nachdem das nicht geschah, stellte sie ihm einen fünfstelligen Betrag in Rechnung. Später machte ihm die Stadt zwar das Angebot, die Kampfmittel selbst zu räumen, aber dafür solle der Petent der Stadt das Grundstück für den symbolischen Kaufpreis von 1 DM verkaufen. Der Petent empfand das zu Recht als nachträgliche Enteignung. Der Petitionsausschuss konnte das Anliegen des Petenten unterstützen und dem Finanzministerium empfehlen, die Frist für den Schadensersatz zu ändern. Das Finanzministerium ist unserer Empfehlung gefolgt. So konnten wir die faktische Enteignung des Petenten verhindern. Es sind gerade solche Fälle, die die Bedeutung und die Wirksamkeit dieses demokratischen Instruments unter Beweis stellen. Es sind oft Fälle, bei denen die Mitglieder des Ausschusses über Parteigrenzen hinweg an einem Strang ziehen. Bemerkenswert finde ich allerdings manche Vorgänge, bei denen Petitionsverfahren aus der letzten Legislaturperiode durch bestimmte Umstände neu beraten werden. Folgende Konstellation ist auffällig; sie ist nicht einmalig, sondern uns jetzt mehrfach aufgefallen. Eine Petition wurde im Petitionsverfahren von der damaligen Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Frau BergmannPohl, als unbegründet zurückgewiesen. Der Ausschuss unter der damaligen Vorsitzenden Frau Nickels empfahl dennoch die Überweisung der Eingabe an die Bundesregierung. Nach dem Regierungswechsel - Frau Nickels bekleidet jetzt selbst das Amt der Staatssekretärin - kommt dieselbe Eingabe zu ihr auf den Tisch und sie befindet jetzt, dass das Bundesministerium für Gesundheit nichts tun könne.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Kollegin Reiche, kommen Sie bitte zum Schluss.

Katherina Reiche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003209, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich sage: Willkommen in der Realität! Bei allem Ernst, mit dem wir an die Arbeit des Petitionsausschusses gehen - manche Eingaben geben auch Anlass zum Schmunzeln, zum Beispiel wenn noch im Jahr 1999 ehemalige DDR-Konten, die der Währungsumstellung hinterherhinken, umgestellt werden sollten.

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Frau Kollegin Reiche, kommen Sie bitte zum Schluss.

Katherina Reiche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003209, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich freue mich mit meinen Kollegen auf das nächste Jahr und auf weitere interessante Anregungen der Bürgerinnen und Bürger. Danke. ({0})

Dr. Hermann Otto Solms (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002190

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über Sammelüber- sicht 67 auf Drucksache 14/1328. Hierzu liegt ein Ände- rungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/3512 vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Änderungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der PDS gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. abgelehnt. Wir stimmen nun über die Sammelübersicht 67 auf Drucksache 14/1328 ab. - Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist diese Sammelübersicht 67 mit den Stimmen der Koalitions- fraktionen und der PDS gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b auf: a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({0}) zu dem Antrag der Abgeordneten Hartmut Koschyk, Christian Schmidt ({1}), Karl Lamers, Peter Hintze und der Fraktion der CDU/CSU Versöhnung durch Ächtung von Vertreibung - Drucksachen 14/1311, 14/3203 Berichterstattung: Abgeordnete Markus Meckel Christian Schmidt ({2}) Ulrich Irmer Dr. Dietmar Bartsch b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({3}) zu dem Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Weiterentwicklung der deutsch-tschechischen Beziehungen - Drucksachen 14/1873, 14/3164 Berichterstattung: Abgeordnete Markus Meckel Christian Schmidt ({4}) Ulrich Irmer Dr. Dietmar Bartsch Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat das Wort die Kollegin Petra Ernstberger von der SPD-Fraktion.

Petra Ernstberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002648, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Jedes Jahr - der Zeitplan ist genau gewählt - werden von der CDU/CSU-Fraktion Debatten im Parlament initiiert, die sich für die Abschaffung der Benes-Dekrete stark machen. Das tun Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ganz bewusst, um sich als Anwälte der Vertriebenenverbände und der Sudetendeutschen zu profilieren. Ziemlich durchsichtig! Natürlich sind die Passagen in diesen Dekreten, die die Vertreibung betreffen, ein Punkt, der zu Kritik Anlass gibt. Die Dekrete, die sich auf Vertreibung, Ausbürgerung und Enteignung von Deutschen in der ehemaligen Tschechoslowakei beziehen, sind nach wie vor völkerrechtswidrig. Dies ist gegenüber der tschechischen Regierung stets deutlich gemacht worden. Es handelt sich um unterschiedliche Rechtsordnungen, zu denen es unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt. Akzeptieren wir doch erst einmal diesen Sachverhalt und gehen wir dann die Fragen offen und im Dialog mit allen - ich betone: mit wirklich allen - Gruppen an! Herr Koschyk, ich habe eine von Ihnen abgegebene Presseerklärung gelesen. Dieser habe ich entnommen, dass Sie sich für die Normalisierung der Beziehungen zur Tschechischen Republik einsetzen wollen. Das geht genau in die richtige Richtung. Ich entnehme ihr, dass Sie sich von der Hardlinerposition Ihres Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten Stoiber absetzen. Sie sollten einmal mit Ihrem Ministerpräsidenten einen Dialog führen, um eine gemeinsame Linie herauszuarbeiten. ({0}) Durch ein beharrliches Aufbauen von Fronten werden keine Partnerschaften und keine nachbarschaftlichen Kontakte, sondern nur Ressentiments gefördert. Nun sollte auch noch der Zukunftsfonds, ein Mittel der Versöhnung, instrumentalisiert werden. Dieser Fonds soll doch - das besagt schon der Name - auf die Zukunft hin orientiert sein. Fördern wir doch einfach Kontakte zwischen jungen Menschen! Fördern wir Projekte, die zum gegenseitigen Verständnis der beiden Staaten beitragen, und tragen wir dadurch dazu bei, dass sich die Chancen für die junge, zukünftige Generation verbessern! Dies ist unsere Aufgabe beim Zusammenwachsen in Europa. Tschechien möchte ja Mitglied der Europäischen Union werden. Dabei werden wir Tschechien ohne Einschränkungen und ohne bilaterale Vorbedingungen unterstützen. Wie sagte Kanzler Schröder in einem Gespräch mit dem Präsidenten der Tschechischen Republik: Deutschland und Tschechien verbindet eine gute, aber gleichwohl schwierige Nachbarschaft. - So ist es. Die Gespräche mit unseren Partnern in Prag sind nicht immer einfach, aber so kann ich feststellen - stets konstruktiv. Sie finden inzwischen in einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre statt. ({1}) Ich persönlich kann sagen, dass sie mittlerweile in einem hohen Maße politische Normalität erreicht haben und man sich nicht mehr nur ausschließlich mit den neuralgischen bilateralen Problemen befasst. Wir sind schließlich inzwischen nicht mehr nur Nachbarn. Wir sind Verbündete in einer gemeinsamen Verteidigungsgemeinschaft. Dies ist eine neue Situation, die für beide eine gemeinsame Aufgabe und Verpflichtung darstellt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines möchte ich klarstellen: Allen Vertriebenen, so auch den Sudetendeutschen und allen anderen Deutschen aus den Ostgebieten, ist Unrecht geschehen. Im Nationalsozialismus hat es unsäglich viele Opfer gegeben. Ich möchte an dieser Stelle meinen Respekt und meine Hochachtung gegenüber all den Opfern ausdrücken, die im Kampf gegen den Nationalsozialismus gelitten haben: den tschechischen Opfern, den jüdischen Opfern, den sudetendeutschen Opfern, aber auch den Opfern von Gewalt und Vertreibung. Die Erinnerung daran ist absolut notwendig und muss fortbestehen, ({2}) um uns alle zu mahnen, die Zukunft besser und vor allem friedvoll zu gestalten ({3}) und so etwas nie wieder geschehen zu lassen oder zu tolerieren. Aber statt die guten nachbarschaftlichen Beziehungen mit Tschechien zu vertiefen, trommeln zu dieser Jahreszeit leider die Landsmannschaften immer besonders laut. Am lautesten aber haut Herr Ministerpräsident Stoiber auf die Pauke: Immer wieder fordert er massiv die Entschädigung der vertriebenen Sudetendeutschen. ({4}) Im Schatten der Entschädigungsforderungen für die NSZwangsarbeiter, die die nationalen Emotionen bei uns ohnehin zum Kochen bringen, unterstützen bayerische Politiker, um ein bestimmtes Klientel zu befriedigen, eine Forderung, die die Integration in Europa gefährdet. ({5}) So fordert der Bayerische Landtag die Bundesregierung auf, die offenen Fragen des Vermögens in einem rechtlichen Verfahren zu lösen. Dies werden wir nicht unterstützen. Es gibt keine Vermögensforderungen Deutschlands an Tschechien. ({6}) In Bezug auf Herrn Stoiber möchte ich die „Süddeutsche Zeitung“ zitieren: Nicht Bundesminister Joschka Fischer, sondern vielmehr Bayerns Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender Edmund Stoiber beweist ... falschen Pragmatismus und außenpolitische Stümperei. Dem ist nichts hinzuzufügen. ({7}) Herr Koschyk, in Ihrem Interview gegenüber polnischen Journalisten haben Sie sich von den Forderungen von Frau Steinbach nach Entschädigungen distanziert. Sie haben gesagt, dass diese kontraproduktiv seien. Da stimme ich Ihnen zu. Da haben Sie Recht. Ich unterstütze den tschechischen Präsidenten Havel, wenn er sagt, juristische Schritte können nicht ändern, was geschehen ist. Allen, die noch immer nicht begriffen haben, dass heute Versöhnung und Verständnis zählen, sage ich: Nehmen wir uns ein Beispiel an den vielen Aktivitäten von Gruppen, an den großen und den kleinen Projekten wie der Euregio Egrensis, dem Jugendprojekt Tandem, den Schulpartnerschaften, dem Jugendaustausch, den kirchlichen Begegnungen, aber auch an den Aktivitäten von Sudetendeutschen, die sich von ihrer Funktionärsebene distanzieren. Dies sind Beispiele, die zeigen, wie sich das Bewusstsein schrittweise öffnet. Nehmen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Kenntnis, wie sich auch das Bewusstsein in Tschechien Schritt für Schritt ändert. Hätten wir uns vor zehn Jahren eigentlich vorstellen können, dass Äußerungen wie die von Herrn Doležal oder von Professor Mezihorak, die erst kürzlich in Olmütz laut über eine Abschaffung der entsprechenden Benes-Dekrete nachgedacht haben, möglich gewesen wäre? Erkennen wir diese Zeichen! Helfen wir der Tschechischen Republik bei ihrer Bemühung, in die Staatengemeinschaft der EU aufgenommen zu werden. Suchen wir gemeinsam nach Lösungen für offene Fragen. ({8}) Unterstützen wir einander in dem sicherlich schmerzlichen Prozess der Aufarbeitung einer Jahrtausende alten Nachbarschaft, die von politischen Fehlern gekennzeichnet war, an deren Folgen wir noch heute leiden und die wir noch immer offen diskutieren müssen. Denn ich möchte, dass wir den Weg für eine gemeinsame Zukunft in Europa für unsere Kinder bereiten, die vielleicht einmal in beiden Staaten arbeiten werden, die von- und miteinander leben werden und die ihr Leben in beiden Ländern gemeinsam gestalten werden. ({9}) Das ist doch allemal sinnvoller als ein ständiges Beharren auf teilweise vorgeschobenen Problemen und Rechtsstandpunkten und der Suche nach immer neuen Hemmnissen, die nur dazu dienen, das Klima zwischen diesen beiden Staaten zu vergiften. Politisch, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es jetzt um den Ausbau der Europäischen Union, geistig aber um die Wiedervereinigung Europas. ({10})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die CDU/CSUFraktion spricht der Kollege Hartmut Koschyk.

Hartmut Koschyk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001186, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eingebrachten Antrag unter dem Leitwort „Versöhnung durch Ächtung von Vertreibung“ fordern wir die Bundesregierung auf, auf die Aufhebung noch fortbestehender Unrechtsdekrete in unseren östlichen Nachbarstaaten hinzuwirken. Unsere östlichen Nachbarstaaten, unter ihnen in einer ersten Staffel Polen und Tschechien, wollen Mitglieder der Europäischen Union werden. ({0}) Ich sage sehr deutlich: Wir sind der Auffassung, dass dies im besonderen deutschen Interesse und auch im besonderen Interesse der Heimatvertriebenen in unserem Land liegt. ({1}) Es ist der Sinn unseres Antrages, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, vor allem auf die menschenrechtlichen Aspekte noch fortgeltender Vertreibungsdekrete hinzuweisen und den Zusammenhang damit herzustellen, dass die Europäische Union, in der Polen und Tschechien Mitglied werden wollen, vor allem eine Rechts- und Wertegemeinschaft ist. Im Vertrag über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Amsterdam bestimmt Art. 6 ganz klar, dass die Europäische Union „auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit“ beruht. Ich habe immer das Beitrittsbegehren Polens, Tschechiens und der anderen Staaten Mittel- und Osteuropas als einen Anschluss an die europäische Staatenwelt und als Rückkehr nach Europa begriffen, aber auch als Hinwendung zu den demokratischen, rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Wertevorstellungen, wie sie die Europäische Union ebenso wie das Nordatlantische Bündnis verbinden. Wir sollten auch würdigen, dass gerade die deutschen Heimatvertriebenen von Anfang an in ihrer Charta von 1950, deren Verabschiedung sich in diesem Jahr zum 50. Mal jährt, die gesamteuropäische Perspektive vertreten haben, indem sie feierlich versprachen, „jedes Beginnen mit allen Kräften ({2}) unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können“. ({3}) Verehrte Kollegin Ernstberger, ich finde es gut, dass Sie konstatieren, dass die Vertriebenen durch unzählige praktische Maßnahmen vor Ort seit dem Fall des Eisernen Vorhangs in ihren Heimatländern Versöhnung und Verständigung von unten befördert haben und zunehmend eine Brückenfunktion zwischen uns und unseren östlichen Nachbarn erfüllen. Dadurch sind sie - das bestätigen auch ranghohe Vertreter unserer polnischen und tschechischen Nachbarn - zu einer echten Lobby für unsere östlichen Nachbarn in unserem Land geworden. Deshalb appellieren wir vor allem an die politisch Verantwortlichen in den Regierungen unserer östlichen Nachbarstaaten, diesen Einsatz unserer heimatvertriebenen Mitbürgerinnen und Mitbürger für Verständigung und Versöhnung anzuerkennen. Es ist an der Zeit, dass auch offiziell ein freier und vorbehaltloser Dialog zwischen den politisch Verantwortlichen in unseren Nachbarstaaten und den Vertriebenen auch über die offenen, aus der Vertreibung herrührenden Fragen geführt wird. Nur durch den direkten Dialog lassen sich für beide Seiten akzeptable Zukunftslösungen finden. ({4}) Wir verkennen nicht, dass es bei unseren östlichen Nachbarländern sehr hoffnungsvolle Ansätze gibt, sich auch dem schwierigsten Kapitel der eigenen Geschichte, nämlich der Vertreibung der Deutschen, ehrlich zu stellen. Der Berater des ehemaligen tschechischen Ministerpräsidenten Klaus, Bohumil Doležal, hat an die tschechische Seite appelliert, gegenüber den deutschen Vertriebenen einen Akt der Entschuldigung und des aufeinander Zugehens zu unternehmen und einen Versöhnungsfonds zur Entschädigung der deutschen Vertriebenen einzurichten. Ich bin sehr dankbar, dass die Bundesregierung dies neulich in der Fragestunde gewürdigt hat, und ich kann wirklich nicht erkennen, warum ein tschechischer Vorschlag in diese Richtung von der Bundesregierung als wichtiger Schritt auf dem Weg zueinander gewürdigt wird, während ein gleichgerichteter Vorschlag der sudetendeutschen Seite als kontraproduktiv, rückwärts gewandt und die Verständigung störend bezeichnet wird. ({5}) Es ist beeindruckend, dass die tschechische Studentenorganisation „Jugend für interkulturelle Verständigung“ an den Stadtrat der mährischen Stadt Brünn appelliert hat, die ehemaligen deutschen Bewohner der Stadt für die Vertreibung um Verzeihung zu bitten. Man muss auch würdigen, Frau Ernstberger, dass der neue Vorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Herr Posselt, an der Karlsuniversität in Prag ebenso wie fast ein Jahr vorher die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, unsere Kollegin Steinbach, vor Ort in den vorbehaltlosen Dialog über offene Fragen der Vergangenheit eingetreten sind. Aber wir können und dürfen die Augen nicht davor verschließen - das blenden Sie in Ihrem Antrag völlig aus -, dass die diskriminierenden Unrechtsdekrete bei unseren Nachbarländern auch von ranghohen Rechtspersönlichkeiten als nach wie vor in Kraft betrachtet werden. So stellte zum Beispiel der tschechische Verfassungsrichter Prochazka bis heute unwidersprochen in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ fest, dass diese Dekrete „weiter gültig und Teil der tschechischen Rechtsordnung“ sind und auch von ihm bei entsprechender Rechtsbefassung angewandt werden würden. Ich finde es nicht gut, dass Sie in Ihrem Antrag vor dieser Wirklichkeit die Augen einfach verschließen und so tun, als sei alles in bester Ordnung. Lassen Sie mich sagen: Einen Antrag zum Thema „Weiterentwicklung der deutsch-tschechischen Beziehungen“ vorzulegen und mit keinem Wort auf die Verständigungsbereitschaft und die Verständigungsbemühungen der heimatvertriebenen Sudetendeutschen, beispielsweise auch der sudetendeutschen Sozialdemokraten, der Seliger-Gemeinde, einzugehen, zeugt von mangelnder Sensibilität für dieses Thema. ({6}) Bitte bauschen Sie unseren Antrag nicht als irgendetwas auf, was der Verständigung und einem freien Dialog im Wege steht. Im Europäischen Parlament jedenfalls haben auch Sozialdemokraten der Beschlussempfehlung zum Fortschrittsbericht zugestimmt, auf den sich unser Antrag bezieht. Im Österreichischen Nationalrat haben die Sozialdemokraten zugestimmt. Ich möchte die in Ihrem Beitrag, Frau Kollegin Ernstberger, erkennbare Suche nach Gemeinsamkeit gern aufgreifen. Sie haben am Schluss Ihrer Rede gesagt: Suchen wir gemeinsam nach Lösungen, die für beide Seiten akzeptabel und in die Zukunft gerichtet sind. - In diesem Sinne könnten Sie eigentlich auch unserem Antrag heute zustimmen. Herzlichen Dank. ({7})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Kollegin Antje Vollmer.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002391, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meines Erachtens ist der Bericht zur Lage der Nation abgeschafft worden, aber jedes Jahr wieder haben wir einen Bericht zur Lage der Nation, zu den Benes-Dekreten, den Vertriebenenverbänden und ihren Forderungen. Das kommt so sicher wie der Sommer, und zwar immer vor dem Pfingsttreffen der Sudetendeutschen, so auch dieses Jahr. Ich finde, dass es sehr sinnvoll ist, mit dem Verhältnis der Deutschen zu den Tschechen anzufangen. Ich stelle fest, das Verhältnis der Deutschen - der Hamburger, der Rheinländer, der Westfalen, der Sachsen, der Berliner, der Schwaben, der Hessen, der Mecklenburger und von wem auch immer ({0}) zu den Tschechen ist von einer ganz besonderen Zuneigung und von einem ganz besonderen Interesse geprägt. Das hat auch seine Gründe. ({1}) - Ich habe die Bayern bewusst ausgelassen. Ich glaube, es gibt zweierlei Sichten. Zu denen will ich gerade kommen. Ich will aber erst einmal sagen: Gerade junge Leute haben ein unglaubliches Interesse an dem Land, aus dem Franz Kafka und Karl Kraus kamen. Sie haben ein unglaubliches Interesse nach Prag zu gehen und dort zu studieren. ({2}) Sie haben ein Interesse an dieser besonderen tschechischen Geschichte, die ja immer auch mit besonderen Niederlagen zu tun hatte. Man denke an Jan Hus, der brennen musste, während Martin Luther immerhin eine ganze Reformation zustande gebracht hat. Man denke daran, dass die Tschechen die ersten Opfer Hitlers waren. Man denke daran, dass die Tschechen 1968 mit unglaublicher Tapferkeit den Panzern des Warschauer Paktes entgegengetreten sind, auch diesmal wieder - wie schon 1938 - vom Westen allein gelassen. Man denke daran, dass sie eine besondere 89-er Revolution gehabt haben, nämlich eine samtene, wo es ihnen gelungen ist, mit dem Präsidenten Havel eine weltweit bekannte Persönlichkeit auf Dauer in der Politik zu etablieren und damit die Bedeutung dieses kleinen Landes zu unterstreichen. Es ist ihnen gelungen, ohne große dramatische Verwerfungen eine friedliche Trennung mit der Slowakischen Republik zu erreichen. Das heißt, dieses Land hat bei unseren Menschen eine ganz, ganz große Zuneigung. Das lassen wir uns von niemandem kaputtmachen. ({3}) Nachdem im Bundestag zu diesem Thema und zu dem Thema der Vertriebenen in der Regel in fast feierlichem Messeton gesprochen wird, wird dann auf dem Sudetendeutschentag die ganze Hitze auf dieses Thema gegossen - und zwar ohne dass jemand anderes dem widersprechen kann. Die Deutsch-Tschechische Erklärung war ein Versprechen. An ihr ist sehr lange gearbeitet worden. Es war ein Versprechen, den Tschechen den Weg nach Europa nicht zu versperren. Dieses Versprechen - das hat Gerhard Schröder, der Bundeskanzler, noch einmal ausdrücklich gesagt - werden wir durch keine Frage belasten lassen, welche Frage auch immer. ({4}) Übrigens fällt mir gerade ein - weil ich beim Thema Tschechien bin -, dass dieser Satz, den Weg nach Europa frei zu machen, aus tschechischer Sicht eigentlich sehr eigenartig klingt. Prag war so sehr Zentrum Europas, dass man eine sehr westgeneigte Sicht haben muss, um zu sagen, dass es noch etwas mehr ins Zentrum rücken könnte. ({5}) Zurück zur Deutsch-Tschechischen Erklärung. Diese ist unter schmerzlichen Prozessen verhandelt worden und es hat lange gedauert. Man musste die Tschechen immer trösten, weil sie überhaupt nicht begreifen konnten, warum dieser Prozess damals so lange dauerte. Gerade deswegen hat der Antrag der CDU/CSU, den wir hier haben, in der Tschechischen Republik tiefe Irritationen hervorgerufen - und zwar deswegen, weil darunter die Namen stehen, die auch in der Tschechischen Republik einen guten Klang haben, nämlich Lamers, Koschyk und Schäuble. Die Frage ist aufgetaucht: Rückt jetzt die Partei, die als Regierungspartei diese Deutsch-Tschechische Erklärung bis zur Unterschrift von Ministerpräsident Stoiber getragen hat, als Oppositionspartei plötzlich davon ab? Das hat tiefe Irritationen erzeugt. Ich habe mir immer gewünscht, Herr Lamers, Herr Koschyk, Sie hätten diesen Antrag einfach zurückgezogen. ({6}) Warum diese Irritationen? Ich will das erklären. Nun komme ich zur Politik der Bayern und zum Einfluss der Sudetendeutschen auf die bayerische Politik. Es hat sehr häufig damit zu tun, dass man sich immer und immer wieder fragt: Was wollen die denn eigentlich? Immer, wenn wir einen Punkt gefunden hatten - die Deutsch-Tschechische Erklärung war nun der breiteste gemeinsame Punkt, den man finden kann -, denkt man, jetzt müsse das Verhältnis doch endlich einmal geklärt sein. Wenn wir einen solchen Schritt gemacht haben, heißt es aber immer wieder: Nein, wir haben noch etwas zu diskutieren. Diese bayerische Politik und die Forderungen der Sudetendeutschen bewirken, dass die Tschechische Republik in ständiger Angst lebt. Am Anfang sagen Sie immer nur: Wir möchten, dass ihr endlich einmal über eure Vergangenheit diskutiert, dass ihr Euch endlich einmal entschuldigt.Das alles ist passiert. Dann ist gesagt worden: Wir möchten doch nur, dass Ihr einmal mit uns sprecht. Präsident Havel hat Vertreter der Sudetendeutschen empfangen. Nachdem das alles passiert ist, heißt es: Nein, nun haben wir noch eine kleine Forderung, nämlich hinsichtlich unserer Opfer. Dann hätten wir noch eine kleine Forderung, wir haben nämlich auch noch einige Eigentumsansprüche. Diese ständige Wolke der Bedrohung belastet dieses Verhältnis. Sie sollten endlich einmal sagen, wann Schluss ist. Wann sagen Sie: Jetzt wissen wir, dass das Verhältnis wirklich frei ist? Die Antwort darauf sind Sie bis heute schuldig geblieben. ({7}) Aufgrund des zeitlichen Abstandes kann ich jetzt auch über die Vorgeschichte der Deutsch-Tschechischen Erklärung sprechen: Bevor es überhaupt Versuche gegeben hat, unter den Fraktionen und im Bundestag darüber zu verhandeln, hat es ein sehr wichtiges, damals nicht öffentlich bekannt gewordenes Gespräch im Hause eines sehr bedeutenden Gütersloher Wirtschaftsmenschen gegeben. An diesem Treffen damals haben Herr Neubauer, der Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft, unser verehrter und mir immer noch in sehr lieber Erinnerung gebliebener Kollege Johnny Klein teilgenommen. Auch Richard von Weizsäcker und ich waren dabei. Ebenso waren damals wichtige Vertreter der Tschechischen Republik anwesend: Jiri Grusa, Karl von Schwarzenberg, der Kanzler von Präsident Havel, Fürst Lobkowitz, als Vertreter des Außenministeriums. Es war also eine ganz hochkarätige Gruppe. Diese haben damals gesagt: Was wollt Ihr Sudetendeutschen? Wie können wir uns verständigen? Die Tschechen haben gesagt: Welche Debatten können wir in unserer Gesellschaft schaffen? Ich kann Ihnen sagen: Alles, was damals in diesem - übrigens sehr bewegenden - Gespräch besprochen worden ist, ist in der Deutsch-Tschechischen Erklärung enthalten. Weil wir und alle Beteiligten das wissen, darf man - so finde ich - am Ende, wenn man alles bekommen hat, was man damals gefordert hat, nicht sagen: Jetzt bleiben aber noch entscheidende Fragen offen. So kommt man nie zu einem friedlichen, wirklich offenen Zukunftsverhältnis mit den Nachbarn. ({8}) Dieses Gefühl, dass man nie weiß, wann es genug ist, dass Sie irgendwie maßlos sind und die Forderungen kein Ende nehmen, zeichnet auch Ihre jetzigen Aktivitäten aus. Ich nenne hier die Forderung in Höhe von 8 Millionen DM an den Zukunftsfonds, die Sie gestellt haben. ({9}) - Sie ist in diesem Fall die Sudetendeutsche Landsmannschaft. Ich danke dafür, dass ich das präzisieren kann. ({10}) Ich weiß aber, dass es in diesem Fall eine direkte Initiative für diesen Antrag durch den Ministerpräsidenten Stoiber gegeben hat. ({11}) Aber nicht nur das, sondern er hat seit dem Jahre 1998 in verschiedenen Gruppen der Landsmannschaft und wie ich finde, fatalerweise - auch in den Gruppen der Ackermann-Gemeinde und der Seliger-Gemeinde, also der Gruppen, die in der Vergangenheit für die Versöhnung eingetreten sind, darum geworben, dass Anträge von sudetendeutschen Opfern tschechischer Gewalt organisiert gesammelt werden. Es waren keine einzelnen Menschen, die sich an den Zukunftsfonds gewandt haben, sondern es war eine organisierte politische Aktion. Diese Bildung von Kollektiven von Opfern finde ich in diesem Verhältnis nicht mehr statthaft. Wer gegen Kollektivschuld ist - das habe ich immer unterstützt -, der muss auch gegen Kollektivforderungen sein. ({12}) Denn dieses Anmarschieren in Form eines Kollektivs mit der machtpolitischen Rückendeckung eines mächtigen Ministerpräsidenten aus Bayern ist genau das, was die Tschechische Republik tief gehend verunsichert. ({13}) Die Tschechen denken, dass am Ende noch sämtliche Eigentumsforderungen gestellt werden. Ich bin daher sehr froh, dass der Bundeskanzler gesagt hat: Das wird es von dieser Regierung niemals mehr geben. Die Tschechen können in dieser Frage völlig beruhigt sein. ({14}) Ebenso maßlos, unverständlich und nicht mehr statthaft finde ich die Begründung dieser Aktion, nämlich sich an die öffentliche Debatte über die Zwangsarbeiterentschädigung anzuhängen. Das hätten Sie sich wirklich überlegen sollen, ({15}) weil das nicht nur außenpolitische Irritationen nach sich zieht, sondern auf ganz schlimme Stimmungen im Inneren zielt. ({16}) Wir wissen doch, wie schwer es ist, die Zwangsarbeiterentschädigung durchzubringen. Wir wissen, wie schwer es ist, dafür die Zustimmung der Bevölkerung zu bekommen. ({17}) Da wird gesagt: Es sollen nicht nur immer die anderen an die Deutschen herantreten; ({18}) vielmehr hätten auch wir Deutschen etwas zu fordern! Das ist innenpolitisch sehr gefährlich. ({19}) Ich möchte Ihnen diese Möglichkeit der innenpolitischen Kampagnen von vornherein nehmen und deswegen ist es gut, dass die Vertreter des Zukunftsfonds nicht zugestimmt haben. ({20}) Ich möchte eine dringende Bitte an die Vertriebenenverbände richten. Ich finde, dass der Begriff „Vertreibung“ nach 50 Jahren gelungener Demokratie für eine Gruppe nicht mehr identitätsstiftend ist. ({21}) Ich finde, Sie sollten die dritte Generation endlich von dieser Form der Identitätsbildung freigeben. ({22}) Ich wünsche mir von den Vertriebenenverbänden seit langem, dass sie ihre Hauptaufgabe darin sehen, die Kultur ihrer Heimat hochzuhalten, dass sie zu Kulturvereinen werden. Dann würden sie jede Unterstützung bekommen und man würde auch Achtung vor der Kultur haben, die sie in ihrer Vielfalt bewahren wollen. Das Thema der Vertreibung gehört in das Museum der deutschen Geschichte, in das Museum der Zeitgeschichte; das gehört in die Hände von Wissenschaftlern, Forschern und Museumsleuten. Da gehört es hin. ({23}) Dieses Thema sollte nicht mehr als Mittel der Identifikation und der Herausbildung der nächsten Schicht von Vertriebenenfunktionären dienen, die selber nicht mehr der Erlebnisgeneration angehören. Es ist mir sehr wichtig, dass Sie das endlich begreifen. Vertreibung ist ein individuelles Schicksal und bietet keine Gruppenidentität. So muss man es auch auffassen und behandeln. Wenn ich jetzt an die Erlebnisgeneration denke, mit deren Vertretern ich sehr viele Gespräche geführt habe und die mir sehr viel hinsichtlich ihrer Geschichte klargemacht haben, dann weiß ich, dass sie in der Praxis längst versöhnlich und milde denken und dass sie selber nicht wollen, dass die Kinder mit ihren in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen in die Zukunft gehen. Ich sehe aber diesen Willen bei den Funktionären mancher Vertriebenenverbände nicht und finde, sie müssen sich ändern. Der Platz, den sie in dieser demokratischen Republik haben, hat etwas mit dem endlich umfangreich vorhandenen Interesse an dem Thema der Vertreibung und der Bedeutung zu tun, die das auch für die Geschichte dieser Republik und für die persönliche Geschichte vieler Menschen hat. Der Platz, den sie in der Geschichte haben, werden wir in vielen Museen finden. Das ist auch eine Antwort an Sie, Frau Steinbach. Wir werden Sie nicht unterstützen, wenn Sie diese gigantische zentrale Gedächtnisstätte in Berlin haben wollen. Das Thema gehört woandershin. Hören Sie endlich auf, einzelne Menschen mit ihrem sehr schweren individuellen Schicksal immer wieder in das Prokrustesbett einer Gruppenidentität regelrecht zu zwingen, die das innere Klima in dieser Republik auf Dauer vergiften kann. Danke. ({24})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zu einer Kurzintervention gebe ich das Wort der Kollegin Erika Steinbach.

Erika Steinbach-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002808, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können miteinander feststellen - das ist positiv -, dass sich zwischen den Staaten östlich und südöstlich unserer Grenzen und unserem eigenen Land in den vergangenen Jahren, innerhalb eines Jahrzehnts, unendlich vieles zum Positiven gewandelt hat. Es gibt inzwischen auf allen Ebenen sehr viel mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes, ({0}) auch zwischen den vertriebenen Deutschen und denen, aus deren Ländern sie vertrieben worden sind. Ich füge ausdrücklich hinzu: Die heutigen Regierungen in Polen, in Tschechien, in Ungarn und in anderen Ländern sind keine Regierungen, die dafür verantwortlich sind, dass es Vertreibungen gegeben hat. Aber es gibt schon eine Verantwortung, Dinge aus den Gesetzeswerken zu eliminieren, die Vertreibung im Grunde genommen heute noch absegnen. Darum geht es letzten Endes. ({1}) Eine Demokratie kann doch nicht leben und fruchtbar in der Zukunft wirken, wenn in ihren Gesetzeswerken Passagen enthalten sind, die Völkerrechtswidrigkeiten begründet haben und auch bis heute noch abdecken. Wenn es bis zum heutigen Tage in der Tschechischen Republik ein Amnestiegesetz gibt, das ausdrücklich Täter straffrei stellt, die Frauen und Kinder erschlagen haben, dann ist dessen Abschaffung eine Hausaufgabe, die in einem solchen Land erledigt werden muss. ({2}) Ich habe in Gesprächen in Prag und in Warschau festgestellt, dass die junge Generation in diesen Ländern sehr offen mit dieser Thematik umgeht. ({3}) Mir hat ein junger tschechischer Student gesagt: Ich möchte, dass meine Kinder wissen, dass hier Deutsche gelebt haben, ich möchte, dass meine Kinder wissen, dass wir sie vertrieben haben, und ich möchte, dass wir dann miteinander in Frieden leben. Ich sage auch Folgendes ganz deutlich: Obwohl die heutige Bundesregierung damit nichts zu tun hat, so ist es doch die Verantwortung jeder demokratisch legitimierten Bundesregierung in Deutschland, sich auch der finsteren Teile der NS-Diktatur anzunehmen. So wie es zwingend zu unserer deutschen Geschichte gehört, unsere eigene finstere Vergangenheit aufzuarbeiten, so ist es auch eine Aufgabe in unseren östlichen Nachbarländern, sich mit der eigenen Vergangenheit so auseinander zu setzen, dass daraus am Ende ein Friedenspotenzial geschaffen werden kann. Frau Kollegin Vollmer, Sie haben die Forderungen der Sudetendeutschen an den deutsch-tschechischen Zukunftsfonds eindringlich angesprochen. Es war doch eine Aufforderung des Außenministers Fischer, dass die sudetendeutschen Sozialwerke Anträge stellen mögen. ({4}) Wenn dieser Aufforderung nachgekommen wird, dann kann man doch eine Landsmannschaft nicht dafür verurteilen, dass ein solcher Appell umgesetzt wird. Da verstehe ich die Welt dann doch nicht mehr. ({5}) Wir sollten miteinander sehen, dass wir natürlicherweise die positiven Elemente, die es gibt, mehr hervorheben als das, was uns trennt. ({6})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Frau Kollegin, es ist eine Kurzintervention. Ich weiß, das Thema ist schwierig.

Erika Steinbach-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002808, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bedanke mich. Aber das, was uns trennt, ist bei gutem Willen miteinander zu überwinden, auch mit den Vertriebenen. Die Vertriebenen wollen das ja auch gemeinsam mit den Nachbarstaaten überwinden. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zu einer Erwiderung gebe ich Kollegin Vollmer das Wort.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002391, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Frau Kollegin Steinbach, wenn Sie an die Amnestiegesetze erinnern, die niemand gutheißen kann, erinnere ich zum Ersten an Folgendes: Solche Amnestiegesetze gab es auch in Italien und in Österreich. Ich sehe nicht, dass man diesen Ländern in Bezug auf die EU-Mitgliedschaft wegen dieser Sache Schwierigkeiten machen würde. Insofern ist die Beschränkung der Debatte auf die Tschechen immer sehr selektiv. Zum Zweiten zu den Benes-Dekreten. Immer wieder wird gefordert, dass die Benes-Dekrete aufgehoben werden. Die Benes-Dekrete - das sage ich jetzt nur für das Publikum, das dies nicht weiß - sind dicke Aktenbände. Das heißt, das ist das ganze Gesetzeswerk, mit dem die tschechische Regierung ihre Identität im Londoner Exil belegt hat. Sonst müsste sie sagen, dass ihre staatliche Identität unter der deutschen Besatzung besteht. Das heißt, das hat sehr identitätsstiftende, juristische, völkerrechtliche Konsequenzen. Also geht es nur um die Aufhebung einiger weniger Dekrete. Ich sage das, damit das einmal klar ist und damit Sie auch begreifen, was Sie von den Tschechen fordern; denn niemand würde von einem anderen Land fordern, dass es seine zeitliche, historische Kontinuität aufgeben soll. Was diese wenigen Dekrete betrifft, so hat es von der tschechischen Regierung - vom Präsidenten Havel, vom Ministerpräsidenten Zeman, von allen, die Sie genannt haben - die Äußerung gegeben, dass sie die rechtliche Wirkung dieser Gesetze aufheben und dass sie das alles abgrundtief bedauern. Diese Äußerungen hat es immer wieder gegeben. Deswegen sage ich: Sie wollen keine Lösung, sondern das Thema in der Diskussion halten. Das ist der entscheidende Punkt. ({0}) Vollkommen unstatthaft ist es, für den Antrag, den Sie an den Zukunftsfonds gestellt haben, Minister Fischer in Anspruch zu nehmen. Sie sollten das nicht tun. Herr Minister Fischer ist von Herrn Ministerpräsidenten Stoiber mehrfach in Bezug auf diese Problematik angegangen worden. Er hat Ihnen nicht die Antwort gegeben, die Angelegenheit positiv zu befürworten, sondern er hat gesagt, wir hätten für solche Fragen mit dem Verwaltungsrat ein zuständiges Gremium. Damit hat er diese Angelegenheit nicht positiv beurteilt. Wenn Sie Herrn Minister Fischer selber fragen, werden Sie die entsprechende Antwort bekommen. Die Art und Weise, wie Sie immer wieder andere Menschen für Ihre Aktionen in Anspruch nehmen, ist unmöglich. Übrigens, Frau Steinbach: Ich finde es unglaublich, dass Sie jemanden wie György Konrad für dieses gigantische Unternehmen eines Hauses der Vertriebenen mitten im Zentrum von Berlin - am liebsten noch im Staatsratsgebäude - in Anspruch nehmen wollen. Das sollten Sie wirklich lassen. Kämpfen Sie für sich selber, aber nehmen Sie nicht Menschen wie György Konrad für sich in Anspruch! ({1})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die F.D.P.-Fraktion spricht nun der Kollege Dr. Max Stadler.

Dr. Max Stadler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002805, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Vollmer, Sie haben vorhin in Ihrem Redebeitrag einen rhetorischen Kunstgriff gebraucht, den ich nicht akzeptieren kann. Vielleicht ist er Ihnen unbewusst unterlaufen, aber dann möchte ich ihn trotzdem richtig stellen. Sie haben die Zuneigung von Bürgerinnen und Bürgern vieler Bundesländer, die Sie beispielhaft aufgeführt haben, zur Tschechischen Republik beschrieben, haben dann unter Ausklammerung der bayerischen Bevölkerung Bayern und die bayerische Politik kritisiert ({0}) und dabei verschwiegen, dass die Politik der Bayerischen Staatsregierung in dieser Frage keineswegs mit Bayern schlechthin identisch ist. Das ist gegenüber der bayerischen Bevölkerung ungerecht. ({1}) Ich will versuchen, Ihnen aus der Perspektive eines nahe der tschechischen Grenze Wohnenden einige Erfahrungen über die Entwicklung der nachbarschaftlichen Beziehungen zu vermitteln. Dabei bitte ich Sie zunächst, gemeinsam mit mir etwas Fantasie zu entwickeln. Stellen wir uns vor, es gäbe in beiden Staaten plötzlich eine kollektive Amnesie, einen Gedächtnisverlust, und die Beziehungen würden gewissermaßen mit einer Stunde null völlig neu beginnen. Müssten wir dann den Stand dieser Beziehungen bewerten, würden wir sagen: Sie sind recht gut, wenn auch vielleicht nicht problemlos. Die Probleme, mit denen man konfrontiert wird - wie sie mir kürzlich bei einer Veranstaltung der Jungen Europäer, der Jugendorganisation der Europa-Union, vorgetragen wurden -, sind eher solche des Alltags und das ist ein gutes Zeichen. Zum Beispiel bewegt die Menschen jetzt, ob es wirklich notwendig ist, dass man bei einem Kurzbesuch in der Tschechischen Republik eine Reisekrankenversicherung nachweisen muss, weil ansonsten hohe Gebühren nachgezahlt werden müssten. Man wird beispielsweise auch mit Problemen unserer Bürokratie konfrontiert. So müssen für einen Schüleraustausch von sieben Monaten tschechische Schüler, die in Passau das Gymnasium besuchen, dreimal ein Visum beantragen, weil das Visum jeweils nur für drei Monate erteilt wird. Auf diese Weise entsteht diesen Schülern ein unnötiger Kosten- und Zeitaufwand für den von uns so sehr gewünschten Schüleraustausch. Aus der Wirtschaft - man erfährt dies, wenn man sich in Prag mit Deutschen unterhält, die sich dort wirtschaftlich engagieren - gehen die Klagen eher dahin, dass die Bürokratie zu langsam arbeite und es zu lange dauere, bis man erforderliche Genehmigungen erhalte. Dort bekommt dann die deutsche Beamtenschaft ungeahnterweise auch einmal eine Anerkennung von Deutschen, die sehen, dass bei uns vieles besser funktioniert, als das im Alltag gesehen wird. Ich will damit sagen: Die Probleme jenseits der großen Politik sind heute erfreulicherweise eher Alltagsprobleme. Ansonsten gibt es eine vielfältige Zusammenarbeit etwa in den Euregiones oder der Dreiländergesellschaft. Es gibt eine gemeinsame Journalistenausbildung, wissenschaftliche Zusammenarbeit, Schüler- und Studentenaustausch, Kulturaustausch, Städtepartnerschaften usw. Ich stelle fest: Es gibt auf der tschechischen Seite eine Gelassenheit gegenüber Ungeschicklichkeiten, die wir begehen, die es vor zehn Jahren noch nicht gegeben hätte. ({2}) Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Wir sind gerade dabei, das Stiftungsgesetz zur Entschädigung der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter durch die parlamentarischen Gremien zu bringen. Dabei hat es die Bundesregierung in ihrem Entwurf fertig gebracht, Folgendes für das Kuratorium vorzusehen: Es wird ein Kuratorium für diese Stiftung geben, das die Auszahlung der Gelder an die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter überwacht und den Zukunftsfonds, den es auch dort geben wird, in Gang setzt. In diesem Kuratorium gibt es selbstverständlich auch Vertreter der betroffenen Länder, also der USA und Israels und unter anderem auch der Tschechischen Republik. Es ist ein Kuratorium mit insgesamt 20 Sitzen. Die Bundesregierung hat es in beispielloser Ungeschicklichkeit geschafft, in den Absatz 2 hineinzuschreiben, dass das Kuratorium nach vier Jahren verkleinert wird - da will man wohl ein wenig Bewirtungs- und Reisespesen einsparen - und dass nach vier Jahren der Vertreter der Tschechischen Republik diesem Kuratorium nicht mehr angehören wird, sehr wohl aber der Vertreter Polens, der Ukraine und anderer Staaten. Wie man das irgendjemandem erklären soll, ist mir verborgen geblieben. Als Parlamentarier haben wir jetzt die Aufgabe, dies wieder auszubügeln. Sie werden verstehen, dass das in Prag sehr wohl registriert wird. Dort fragt man sich, was das soll. Es gibt aber nicht mehr wie früher eine große öffentliche Aufgeregtheit. Das ist der Unterschied, den ich darstellen wollte, um zu zeigen, dass wir auf dem Weg zu einer Normalisierung sind. Es wäre aber selbstverständlich ahistorisch - ich möchte dafür nicht plädieren -, wenn man die Vergangenheit völlig außer Betracht lassen würde. Die Aufgabe, die jetzt vor allem vor uns liegt, ist die, die der deutschtschechische Zukunftsfonds zu bewältigen hat. Man muss tausend Blumen blühen lassen. Man muss die nachbarschaftlichen Beziehungen auf ein solides Alltagsfundament stellen. ({3}) Dann hat die große Politik die Chance, auf diesem Fundament das Ihre beizutragen. Dazu gehört selbstverständlich der Beitritt der Tschechischen Republik zur EU, den wir ohne Wenn und Aber befürworten - hier stimme ich Ihnen zu, Frau Vollmer - und den wir nicht in multilateralen Verhandlungen an Bedingungen knüpfen dürfen, die Sache bilateraler Verhandlungen sind. Meine Damen und Herren, wenn sich das alles weiterentwickelt hat, wenn die Tschechische Republik Mitglied der Europäischen Union ist, was - wie Herr Koschyk zu Recht gesagt hat - wegen der Freizügigkeit und der Niederlassungsfreiheit, die eines Tages kommen werden, im Interesse der Vertriebenen ist, und wenn sich der Diskussionsprozess insbsesondere bei den jungen Leuten in Tschechien, den die Redner der Union heute geschildert haben, fortentwickelt, dann werden eines Tages Probleme gelöst werden, deren Lösung uns heute noch weit entfernt scheint. ({4}) Meine Damen und Herren, deswegen ist es die Politik der F.D.P., diesen Prozess in der Tschechischen Republik mit Geduld - diese Geduld erbitten wir auch von den Vertriebenen und ihren Verbänden - zu fördern. Es ist klug, dies zu tun. Es ist unklug, diesen Prozess zu behindern. ({5})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Fraktion der PDS spricht der Kollege Dr. Heinrich Fink.

Prof. Dr. Heinrich Fink (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003116, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion der CDU/CSU unter der Überschrift „Versöhnung durch Ächtung von Vertreibung“ bedeutet für mich einen unverständlichen Schritt hinter die Deutsch-Tschechische Erklärung zurück und erst recht zurück hinter die Feststellung von Bundeskanzler Schröder und Ministerpräsident Zeman vom 8. März 1999. ({0}) In den Jahren von 1938 bis 1945, der deutschen Okkupation der damaligen Tschechoslowakischen Republik, wurden permanent Vertreibung und Selektion von Bürgern des Landes durch deutsche Besatzungsbehörden unter rassistischem Verdikt wie Juden und Slawen vorgenommen. Außerdem wurden Tausende als Zwangsarbeiter nach Deutschland getrieben. Darum finde ich es eine sehr merkwürdige und eigenwillige Geschichtsbetrachtung, wenn nun die Ächtung der Vertreibung von Deutschen zur Voraussetzung für Versöhnung gemacht wird. Der Begriff Versöhnung hat nach wie vor biblischreligiöse Wurzeln und setzt Schuldanerkenntnis und Schuldbekenntnis voraus. Da aber die Deutschen erst nach der Befreiung von der deutschen Zwangsherrschaft aus dem Protektorat Böhmen und Mähren vertrieben worden sind, ist diese Vertreibung als eine bittere Folgeerscheinung unendlicher Untaten durch das deutsche faschistische Regime zu verstehen. ({1}) Die Vertreibung der Sudetendeutschen kann darum nicht aus dem Zusammenhang gelöst werden, den ich mit den Namen Theresienstadt und Lidice andeuten möchte. Dies stellt die Versöhnung in den Zusammenhang der historischen Ereignisse. Die Opfer versöhnen sich mit den Tätern, die als Folge des gescheiterten deutschen Eroberungsfeldzuges nun selber zu Opfern wurden. Wenn deutsche Vertriebene Entschädigungsansprüche stellen, dann gehört es für mich zu den biblischen Bedingungen für Versöhnung, dass es um die Ansprüche aller gehen muss, die an einem Versöhnungsprozess beteiligt werden müssen, also auch um die Ansprüche der noch Lebenden, die sieben Jahre Ausplünderung ihrer Wirtschaft und Kultur, die millionenfache Zerstörung von Lebensläufen miterleben mussten, weil die deutschen Herrenmenschen sie zu Untermenschen degradiert hatten. Für mich ist die deutsch-tschechische Bekundung vom 8. März 1999, in der beide Regierungen feststellen, „weder heute“ noch „in Zukunft“ Vermögensfragen in diesem Zusammenhang aufzuwerfen, ein unwahrscheinlich großzügiges Angebot der tschechischen Seite. Die im Juli 1945 erlassenen Benes-Dekrete gelten danach als erloschen. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass sich dieses Gesetz der Benes-Regierung in erster Linie gegen tschechische Kollaborateure gerichtet hat, die mit jahrelangem Gefängnis und Entzug ihres Vermögens bestraft wurden. Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass es in Punkt 1.2 des Benes-Dekrets heißt: Personen deutscher oder magyarischer Nationalität, die sich aktiv am Kampfe für die Wahrung der Integrität und die Befreiung der Tschechoslowakischen Republik beteiligt haben, wird das … Vermögen nach Absatz 1 nicht konfisziert. Es ist deutlich geworden, dass heute auch das Europäische Parlament die Klärung der Fragen, die im Zusammenhang mit der Vertreibung der Sudetendeutschen nach der Befreiung des Protektorats Böhmen und Mähren von der deutschen Okkupation entstanden sind, als wichtigen Schritt, nahezu als Bedingung für den Beitritt der Tschechischen Republik zur EU wertet. Ich frage nun, wieso der damalige Beitritt Deutschlands zur EU nicht von der Bedingung abhängig gemacht wurde, zuerst die ausstehenden Lohnzahlungen an die europäischen Bürger zu leisten, die während der NS-Zeit zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt worden waren. ({2}) Im Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/ Die Grünen heißt es, dass beide Staaten ihre Beziehungen „nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belasten werden“. Wäre es deshalb nicht wichtig, Gelegenheiten zu suchen, bei denen zwischen Deutschland und Tschechien ausdrücklich Fragen der Vergangenheit behandelt werden sollten, die unausgesprochen auf den politischen Beziehungen lasten, weil zum Beispiel wieder aufkommende neofaschistische Positionen alte Narben schmerzen lassen? Weil es für die Fraktion der PDS nur um eine konstruktive Weiterentwicklung der deutsch-tschechischen Beziehungen gehen kann, lehnen wir den CDU/CSU-Antrag ab und stimmen für den Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen. ({3})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Bundesregierung spricht der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Dr. Christoph Zöpel.

Not found (Gast)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn feststellen, dass sich die Bundesregierung nicht vorstellen kann, wer einen Nutzen von der Annahme des Antrags der CDU/CSU haben könnte. Mir fällt kein Nutzen ein. ({0}) - Herr Hintze, allein dieser Zwischenruf zeigt, dass man über den Charakter Ihrer Beiträge nachdenklich werden muss. ({1}) Die Versöhnung zwischen Tschechen und Deutschen ist aus vielfältigen Gründen eindeutig schwieriger als die mit anderen Nachbarn in Osteuropa, zum Beispiel Polen. Bundesregierungen, vor allem die letzte, haben - vor allem mit der Deutsch-Tschechischen Erklärung - Wesentliches geleistet, um auf diesem Gebiet weiterzukommen. Es war ein hartes Stück Arbeit, das von vielen vieles verlangt hat, sowohl von Menschen in Tschechien als auch von Menschen in Deutschland. Die Arbeit hat zu einem Ergebnis geführt: Es sind Gremien und finanzielle Möglichkeiten - darauf komme ich gleich zurück - geschaffen worden. Die jetzige Bundesregierung bemüht sich mit der notwendigen Sensibilität und immer unter der Maßgabe, niemandem zu schaden, das Erreichte weiterzuentwickeln. Das, was Bundeskanzler Schröder und Ministerpräsident Zeman über die Fortgeltung bestimmter Dekrete und über Vermögensansprüche gesagt haben, war eine Weiterentwicklung, die hilft und trägt. Für die kommenden Monate und Jahre sollten wir es dabei belassen. Das, was Sie, Frau Kollegin Vollmer, über die Reaktionen in Tschechien auf den Antrag der CDU/CSU ausgeführt haben, ist Realität. In einem sensiblen Verhältnis ist es wichtiger, die in den Reaktionen zum Ausdruck gebrachten Ängste aufzunehmen, die für die weitere Entwicklung schädlich sein könnten, und keine noch so klugen und nach dem Maßstab des Völkerrechts nicht von vornherein falschen Überlegungen in aktuelle Bundestagsresolutionen zu gießen. Da liegt das Problem. ({2}) Ich bin mir nicht sicher, ob bei der Abfassung eines solchen Antrags immer über die Wirkungen auf Deutsch sprechende Menschen in Tschechien nachgedacht wurde. Es ist offen, zu welcher Nation diese Menschen gehören, wenn sie etwa in Brünn leben. Gerade wenn die Gefühle und das Denken von deutschen Staatsangehörigen, die ehemals in Tschechien gelebt haben, berücksichtigt werden - was erlaubt ist, Frau Kollegin Steinbach; darauf lege ich als in Gleiwitz geborener Deutscher Wert -, muss man darüber nachdenken, was das für deutschsprachige Menschen bedeutet, die noch heute in Tschechien wohnen. Unsere Bewertung lautet: Sie hätten länger nachdenken sollen, bevor Sie einen solchen Antrag einbringen. Sie wissen, dass er in Tschechien keine Wirkung erzielen wird; stattdessen hat er dort Ängste und Schwierigkeiten ausgelöst. Es ist kein guter Beitrag. Das alles geschieht - daran sollten Sie sich erinnern nach den Wellen, die ein entsprechender Antrag in der letzten Legislaturperiode in Polen ausgelöst hat. Mit welchem Engagement musste die hochverehrte Präsidentin der letzten Legislaturperiode, Frau Professor Süssmuth, in Polen die Ängste und die Gefühle besänftigen, die ein solcher Antrag ausgelöst hatte. Hierin liegt das Problem. Die Bundesregierung ist dafür dankbar, dass SPD und Bündnis 90/Die Grünen ihren Antrag, der der parlamentarisch notwendigen Bewertung der tschechisch-deutschen Versöhnung entspricht, gestellt haben und dass er angesichts der Mehrheitsverhältnisse mutmaßlich verabschiedet wird. Wir sind in jeder Beziehung bemüht, das weiterzuentwickeln, was die vorige Bundesregierung mit der Deutsch-Tschechischen Erklärung erreicht hat. Ich will das würdigen. Sie hat unter schwierigen Bedingungen viel erreicht. Herr Kollege Hintze, Sie nicken jetzt. Ich halte das für eine angemessene Reaktion in diesem sensiblen Bereich. Für manche Zwischenrufe gilt das nicht. Wir entwickeln das Erreichte weiter. Wir verfolgen das Ziel, das Verhältnis zwischen Tschechien und Deutschland auf eine breitere Basis zu stellen. Das ist besser, als den Fokus sehr stark auf das Verhältnis von Tschechen und ehemals in Tschechien lebenden Menschen, die heute überwiegend in Bayern leben und sich Sudetendeutsche nennen, zu lenken. Ich bin ausgesprochen dankbar dafür, dass ich mit dem Vorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft, mit Herrn Landtagspräsidenten Böhm, in angemessener Form darüber sprechen konnte, die Gremien der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit etwas zu „vernorddeutschen“. Auch das Verhältnis Westdeutschlands zu Tschechien ist wichtig. Ich denke jetzt nicht an die Unterscheidung zwischen „Ossis“ und „Wessis“, sondern an die Heimat von Karl Lamers. ({3}) - Herr Stadler, Sie haben ein Recht, dass ich auf diesen Zwischenruf eingehe. Jede Regierung handelt nach dem Gesichtspunkt, wie die Repräsentanz der hier besonders berührten Bevölkerung berücksichtigt werden kann. Die jetzige handelt dabei aber ebenso wie die vorherige gemäß den Mehrheiten in diesem Haus. ({4}) Soweit Parteien vertreten sind, wurden erstmals alle Parteien berücksichtigt. Die Rolle der CSU als eigene Partei wurde dabei von uns gewürdigt. Das zeugt von unserem Respekt vor Bayern, Herr Kollege Schmidt. Mir war wichtig, an dieser Stelle meinen Respekt vor Herrn Landtagspräsidenten Böhm auszudrücken, mit dem man das besprechen konnte. Wir werden das sensibel weiterentwickeln und hoffen, dass wir in dem schwierigen Verhältnis Akzente setzen können, um offener über die noch auf beiden Seiten mit hoher Emotionalität belasteten Themen reden zu können. Das ist viel schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte, nachdem mir zum ersten Mal die Aufgabe zukam, das Gesprächsforum zu leiten. Manche Klischees machen das kompliziert. Wir werden unsere Bemühungen in ganz sensibler Weise fortsetzen. Jetzt komme ich, da aus meiner Sicht die Debatte zu keinen Ergebnissen führt, wenn man nicht über konkretes Handeln spricht, auf den Antrag an den deutsch-tschechischen Zukunftsfonds, gegebenenfalls auch in Härtefällen Hilfen an Sudetendeutsche zu leisten, zu sprechen. In der Tat ist dieser Gedanke nicht neu. Er ist in diesem Gremium besprochen worden, auch schon zu der Zeit, als mein Vorgänger, der heutige EU-Kommissar Verheugen, seitens der Bundesregierung hierfür verantwortlich war. Ich stelle ausdrücklich fest: Über dieses Anliegen Sudetendeutscher zu sprechen ist ohne jeden Zweifel kein leeres Gerede. Man darf in einer Demokratie über alles reden, was nicht gegen die Verfassung verstößt. Es ist auch richtig, dass Herr Ministerpräsident Stoiber Herrn Bundesminister Fischer diesbezüglich geschrieben hat. Es ist richtig, dass Herr Bundesminister Fischer Herrn Ministerpräsidenten Stoiber geantwortet hat. Er hat geantwortet: Ich rege daher an, dass, wie in allen anderen Fällen auch, zunächst einmal ein Projektvorschlag beim Fonds vorgelegt wird, der das von Ihnen angeregte Sozialwerk hinsichtlich Kriterien, Kreis der Betroffenen, Umfang konkretisiert. Ich bin sicher, dass der Fonds auf dieser Grundlage und im Rahmen seiner Möglichkeiten eine verantwortliche Entscheidung im gemeinsamen Interesse beider Länder treffen wird, falls er es für notwendig erachtet, auch im Kontakt mit den Regierungen. Die Mitglieder des Fonds haben es für notwendig erachtet, diesen Kontakt mit den Regierungen aufzunehmen. Im Kontakt mit den Mitgliedern des Fonds ist die Bundesregierung, die sich dabei wieder eng mit der tschechischen Regierung abgestimmt hat, zu der Auffassung gelangt, dass sie diesen konkreten Antrag nicht für nützlich hält. Ohne irgendjemanden in Anspruch zu nehmen: Ich habe mich auch mit Repräsentanten unseres politischen Systems außerhalb der Bundesregierung beraten, die mir darin zugestimmt haben, dass dieser Antrag nicht nützlich ist. Das haben wir dem Verwaltungsrat des Fonds gegenüber zum Ausdruck gebracht und den Fonds gebeten, diesen Antrag nicht zu behandeln und ihm nicht zuzustimmen. Der Fonds ist dieser Bitte der beteiligten Regierungen nachgekommen. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich Herrn Gabert danken, mit dem ich darüber diskutiert habe und der sich dieser Linie entsprechend verhalten hat. Das ist jetzt der Stand. Das weitere Vorgehen der Bundesregierung - ich wiederhole an dieser Stelle, was bekannt ist - wird so aussehen, dass sie mit Repräsentanten sudetendeutscher Verbände hierüber sprechen wird. ({5}) Ich wiederhole, dass ich - das habe ich Herrn Ministerpräsidenten Stoiber, als ich ihn in einem anderen Zusammenhang traf, gesagt - auch mit der Bayerischen Staatsregierung darüber sprechen werde. Wir haben einen Maßstab, den ich hier expliziert habe: Wir können über einen solchen Antrag nur sprechen, wenn dessen öffentliche und verfahrensmäßige Behandlung nicht zu Irritationen im tschechisch-deutschen Verhältnis führt. ({6}) Dazu ist es sinnvoll, verschiedene Stimmen aufzunehmen, die es in Tschechien dazu gibt. Dazu ist es sinnvoll, sich mit der tschechischen Regierung eng abzustimmen. Ich bin Herrn Botschafter Cerny dankbar dafür, dass er mir gesagt hat, die tschechische Regierung sei dazu bereit. Das ist die Position, die wir heute haben. Wir werden sie jetzt umsetzen. Jeder - das will ich an dieser Stelle sagen -, der über das Verhältnis Deutschlands zu Tschechien spricht, wo auch immer, hier in diesem Hause, auf Verbandstagen, auf Parteitagen, auf für die Parteien relevanten Kundgebungen - es ist immer legitim, dass man Kundgebungen durchführt, die dazu beitragen, dass man Stimmen gewinnt; davon lebt die Demokratie, das soll man nicht verächtlich machen -, sollte auf dieses sensible Verhältnis Rücksicht nehmen; denn je lauter man spricht, umso weniger wird von dem erreicht, was man will. Das weiß man auch. Das ist meine herzliche Bitte. Das gilt auch für den Verbandstag der Sudetendeutschen. Eine letzte Bemerkung: Wir brauchen ein neues Verhältnis zur Identität von Menschen und auch zur Identität der Vorfahren dieser Menschen. Ich mache eine persönliche Schlussbemerkung: Ich habe erwähnt, dass ich in Gleiwitz geboren bin. Aus Gründen, die ich nicht mehr kenne, weil ich damals sehr jung war, haben meine Eltern den Eindruck gehabt, mit Vertriebenenverbänden zusammenzuwirken sei sinnlos und bringe nichts. Ich fand das sehr gescheit, ich habe das selber nie gemacht, habe auch vieles nicht begriffen, was diese Verbände tun. Zu meinem politischen Weg gehört, dass ich unter den kritischen Augen Herbert Wehners für die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze gestritten habe. Aber dass ich damit zu meiner Identität und der meiner Familie zähle, dass es die Stadt Gleiwitz gibt, die der Stadt Herne verdammt ähnlich sieht, wenn man hindurchgeht ({7}) - Frau Kollegin, Sie stammen auch aus dieser schönen Stadt -, das alles bleibt eine Tatsache und das lässt sich nicht wegdiskutieren. Die Lösung ist mir seit dem Geschichtsunterricht bekannt und sie beginnt, sich zu erfüllen. Wir hatten einen offenkundig weitsichtigen Deutschlehrer, der 1956, also vor Gründung der EU, von einem deutsch-polnischen Kondominium sprach. 1956! Die EU ist die Verwirklichung dieser Idee. ({8}) Ich glaube, für all das, was wir hier diskutieren - deshalb hat auch die Entschließung des Europäischen Parlaments eine ganz andere Funktion, als wenn dies der Deutsche Bundestag täte -, ist es notwendig, dass Deutsche und Tschechen und Polen und Österreicher und Ungarn und Slowenen und Slowaken - es ist jetzt fast vollzählig, aber auch die anderen sind mit gemeint - ihr Verhältnis zueinander unter einem gemeinsamen Rechtssystem regeln, an dem sie mitwirken. Ich kann mir vorstellen, dass Entschließungen des Europäischen Parlaments, bei deren Diskussion tschechische Abgeordnete mitwirken konnten, vielleicht zu Ergebnissen kommen, die in einer historischen Bewertung des Völkerrechts dem nahe kommen, was heute hier von Ihnen formuliert wird. Aber es ist etwas völlig anderes, ob das heute in einer vom Effekt her nutzlosen Weise der Deutsche Bundestag formuliert oder ein europäisches Parlament unter Mitwirkung tschechischer Abgeordneter. Das sind die Chancen, die Europa bietet. Für mich ist die europäische Gesamtintegration, die Einbeziehung Polens, Tschechiens, der Slowakei und anderer Länder, der einzige Weg aus all dem Unheil, das im Osten Europas etwa seit den Kriegen, die Friedrich der Große und Maria Theresia geführt haben, entstand, das über die Teilung Polens weiterging und dann zu vielerlei Unrecht führte. Keines kann durch das andere aufgewogen und keines durch das andere relativiert werden. Das geht nicht. Vielleicht ist das deutsche, systematisch an Juden begangene Unrecht das einzige, das unvergleichlich unerträglich ist. Aber alles andere kann nicht aufgewogen und nicht relativiert werden. Die europäische Gesamtintegration ist der einzige Weg, dieses Unheil zu überwinden. Bis dahin sollte man sich zurückhalten, vorsichtig sein, leise reden, Fehler vermeiden, sensibel bleiben. Das ist meine Bitte. Herzlichen Dank. ({9})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine schwierige Materie und der amtierende Präsident greift auch nicht gern ein, wenn Regierungsvertreter sprechen. Aber es erleichtert natürlich die parlamentarischen Abläufe, wenn die angemeldeten Redezeiten einigermaßen eingehalten werden und nicht die doppelte oder dreifache Redezeit in Anspruch genommen wird. Das ergibt auch immer ein Problem für die betroffene Fraktion. Ich wollte nach den gestern gemachten Erfahrungen - jeder weiß, worum es geht - darauf noch einmal hingewiesen haben. Nun gebe ich das Wort der Kollegin Katherina Reiche von der CDU/CSU-Fraktion.

Katherina Reiche (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11003209, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser Debatte beschäftigen wir uns mit dem immer engeren Zusammenwachsen zwischen Deutschland und unseren osteuropäischen Nachbarn. Lassen Sie mich zu Beginn eines ganz deutlich unterstreichen: Die CDU/CSU war, ist und bleibt ein verlässlicher Partner unserer Nachbarn Polen und Tschechien auf ihrem Weg in die Europäische Union. ({0}) Es gibt für uns kein Junktim zwischen historischen Fragen und dem Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten, den wir voll und ganz unterstützen. Die Erweiterung der Europäischen Union ist eine historische, wirtschaftliche, politische und kulturelle Notwendigkeit. Die Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Staaten ist zudem moralische Verpflichtung; denn ohne den Mut der Menschen in Polen, Ungarn und Tschechien wäre der Eiserne Vorhang des Kommunismus nicht gefallen. Ebenso wie die Menschen in den neuen Ländern trugen sie dazu bei, dass Freiheit und Demokratie in Osteuropa Einzug hielten. Polen und Tschechien gehören so selbstverständlich wie jedes der heutigen Mitglieder der EU zu einem vereinten Europa. Dass es bei Vereinigungsprozessen auch Umwege und Sackgassen gibt, damit haben wir Deutschen in den letzten Jahren viele Erfahrungen gemacht. Als Abgeordnete aus Brandenburg bin ich seit nunmehr zehn Jahren Zeugin eines Einigungsprozesses, der Wiedervereinigung Deutschlands. Es gibt Stimmen, die sagen, die Wiedervereinigung Deutschlands sei nicht vergleichbar mit der Osterweiterung der Europäischen Union. Diesen Stimmen widerspreche ich mit aller Deutlichkeit. Die Integration unserer osteuropäischen Nachbarn verstehe ich als die Wiedervereinigung Europas, das ein Europa der Menschenwürde, der Freiheit und des Rechts sein wird. Alle postkommunistischen Reformländer haben ihre Transformation an der freiheitlichen Verfassung und an einer aktiven Bürgergesellschaft orientiert. Mit Mut und Entschlossenheit setzen sich die Menschen in Osteuropa dafür ein, dass unser Kontinent von Frieden, Demokratie und Prosperität geprägt ist. Dafür schulden wir diesen Ländern Dank. Die Wiedervereinigung Deutschlands und Europas sind also vergleichbare Prozesse und die Menschen in Ostdeutschland sind in beiden Fällen geographisch und historisch unmittelbar betroffen. Mein Kollege Günter Nooke hat an anderer Stelle betont, dass die Ostdeutschen deshalb mit ihren speziellen Erfahrungen mit einer kommunistischen Diktatur und einer friedlichen Revolution ein wichtiger Ratgeber für die europäische Integration sein können. Es sind diese Erfahrungen, die im Wesentlichen in den vorliegenden Antrag eingeflossen sind. Die wichtigste dieser Erfahrungen war und ist für mich die Bedeutung, sich der eigenen Geschichte mit all ihren Facetten offen und ehrlich zu stellen. Wenn durch politische Diktaturen getrennte Menschen nach langer Zeit wieder zusammenfinden sollen, kann es keinen Platz für Tabus und weiße Flecken in der Geschichtswahrnehmung geben. Vielmehr müssen wir lernen, uns mit bis dato tabuisierten Themen auseinander zu setzen. Die Ostdeutschen mussten zum Beispiel lernen, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus auch Teil ihrer Geschichte sind und dass ihnen daraus eine historische Verantwortung erwächst. Der Mythos des DDR-Antifaschismus hatte jahrzehntelang propagiert, die Aufarbeitung und die Übernahme von Verantwortung für die schrecklichen Folgen des Nationalsozialismus seien eine rein westdeutsche Angelegenheit und somit sei auch nur von Westdeutschen die politische Verantwortung für diese Zeit zu übernehmen. Wir Ostdeutschen lernen, dass auch wir uns der Verantwortung aus der Geschichte stellen müssen. Das ist nicht leicht, aber notwendig. Auch die geschichtliche Aufarbeitung der zweiten Diktatur auf deutschem Boden im letzten Jahrhundert stellt ganz Deutschland vor große Herausforderungen. Ich setze mich für eine tiefe und in der Öffentlichkeit geführte Diskussion über die Zeit der SED-Diktatur ein. Denn nur, wenn sie glaubwürdig geführt wird, trägt sie zur inneren Einheit bei. Damit sich Ost- und Westdeutsche, aber auch Ostdeutsche untereinander wieder ohne Misstrauen begegnen können, gehört die Aufklärung über die Verbrechen der SED-Diktatur in jeden historischen Lehrplan. ({1}) Joachim Gauck hat kürzlich noch einmal den Grundsatz betont, dass der Anspruch der Opfer auf Aufklärung Vorrang vor den Persönlichkeitsrechten der Täter habe. Aufklärung und das Beim-Namen-Nennen von Verbrechen bedeuten den Opfern mehr als die Bestrafung der Täter. Dieser Ansatz des offenen und selbstkritischen Umgangs mit der eigenen Geschichte ist es, den wir mit unserem Antrag fördern wollen. Die millionenfache Vertreibung und das unbeschreibbare Leid der Deutschen aus Osteuropa sind Teil der polnischen und tschechischen Geschichte. Die Vertreibung war in Ostdeutschland vor 1989 ein Tabu. Das darf sie nicht wieder werden - wissen wir heute doch, dass auch Millionen Polen ihre Heimat im Osten Polens verloren haben. Wir alle, Polen und Tschechen ebenso wie Deutsche und deutsche Vertriebene, dürfen nicht vergessen. Nur dann können wir uns wirklich verstehen und das müssen wir auch wollen. Dazu müssen alle Beteiligten aufeinander zugehen. ({2}) Wenn es einzelne unakzeptable Äußerungen die Aufarbeitung der Geschichte der Vertreibung betreffend gibt, sollten diese Äußerungen von den Vertriebenenverbänden öffentlich überdacht und klargestellt werden. Das trägt zur Glaubwürdigkeit des Anliegens der Verbände bei. Polen und Tschechen sollten positive Initiativen von Vertriebenenorganisationen anerkennen. Ich möchte es nicht versäumen anzusprechen, dass hier meiner Meinung nach zwischen der Republik Polen und der Tschechischen Republik zu unterscheiden ist. Die deutsche Minderheit in Polen ist anerkannt. Sie ist sowohl politisch als auch gesellschaftlich integriert. Auch die Vertreibung von Deutschen aus Polen wurde immer wieder mit tiefem Bedauern von hochrangigen polnischen Persönlichkeiten thematisiert - so von der polnischen Bischofskonferenz 1952 und 1995 vom damaligen polnischen Außenminister Bartoszewski. Im Gegensatz dazu lastet das Festhalten der tschechischen Regierung an den Benes-Dekreten schwer auf den Beziehungen zu Deutschland. Das Aufeinanderzugehen gilt vor allem für die junge Generation, die das Europa dieses Jahrhunderts gestalten wird. Es bedarf geeigneter Foren, um sich diesem Kampf gemeinsam zu widmen und das Aufeinanderzugehen im historischen Zusammenhang im Bewusstsein der jungen Generation in Deutschland sowie in Polen und Tschechien zu verankern. Dazu können die Vertriebenen durch die Vermittlung ihrer Erfahrungen einen wertvollen Beitrag leisten. Denn das Thema der Vertreibung ist in seiner ganzen europäischen Dimension auch in Deutschland längst nicht überall bekannt. Der Verlust der Heimat von Millionen Polen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist bei vielen Deutschen ein ebenso unbekanntes Faktum wie bei vielen Polen die Tatsache, dass die Vertreibung der Deutschen weit vor der Potsdamer Konferenz im August 1945 begann. Was können geeignete Foren bzw. Orte der Diskussion sowie des Zusammenkommens sein? Zum Beispiel könnte das Deutsch-Polnische Jugendwerk bei seinen Fahrten und Seminaren durchaus auf das Thema der Vertreibung eingehen. Mit der zusammen mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der polnischen Zeitung „Rzeczpospolita“ gestarteten Initiative des Institutes IZOP, die sich zum Ziel gesetzt hat, junge Polen und junge Deutsche zusammenzubringen, könnte auch hier ein Beitrag geleistet werden. An der Viadrina, am Center for Advanced Central European Studies, ist eine Studie mit dem Titel „Im Jahrhundert der Flüchtlinge - Umsiedlung und Vertreibung im Gedächtnis der europäischen Völker“ durchgeführt worden. Auch die Ergebnisse dieser Studie sollten in die breite Öffentlichkeit getragen werden. Meine Damen und Herren, als Ostdeutsche habe ich gelernt, zwischen der inneren und der äußeren Einheit zu differenzieren. Die deutsche Einheit ist äußerlich längst geglückt und im Inneren nach vielen - auch schmerzlichen - Erfahrungen auf einem guten Weg. Die äußere Einheit Europas, insbesondere die Integration unserer osteuropäischen Nachbarn, ist für uns alle eine aktuelle Aufgabe. Das Zusammenwachsen Europas nach innen wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Es gilt, noch eine Vielzahl gegenseitiger Ängste abzubauen. So besteht in Deutschland eine diffuse Angst vor einer möglichen Schwemme von billigen Arbeitskräften. Die Polen hingegen befürchten einen Ausverkauf von Land und Gut durch Deutsche. Die Zukunft - davon bin ich überzeugt - wird diese Ängste abbauen. Die Zukunft können wir jedoch nur gestalten, wenn wir miteinander sprechen, und zwar über Erfolge, Ängste und auch über das Unrecht der Vertreibung. Solange aber historische Tabus bestehen bleiben, wird das Misstrauen von Generation zu Generation weitergegeben. Die Generation, die die kommunistische Diktatur friedlich besiegte, hat die einmalige Chance, dieses Misstrauen durch Offenheit und Selbstkritik zu überwinden. Meine Erfahrungen mit jungen Menschen in Polen und Deutschland geben mir dafür sehr viel Zuversicht. Der Staat, so Joachim Gauck kürzlich, muss der Versöhnung dienen, aber er kann sie nicht machen. Das bleibt den Menschen in Polen, Tschechien und Deutschland überlassen. Dazu soll unser Antrag einen Beitrag leisten. ({3})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Gert Weisskirchen.

Gert Weisskirchen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002465, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gern eine Bemerkung zu dem Begriff machen, den drei Kolleginnen und Kollegen - die eine indirekt, die beiden anderen direkt - gebraucht haben, und zwar zu dem Begriff der Identität. Ich sage das als Westdeutscher; ich bin nicht in Osteuropa oder in Mittelosteuropa geboren. Ich finde, dass Konrad György an diesem Punkt völlig Recht hat. Er hat gesagt: Wenn ich den Begriff „Identität“ höre, dann erschrecke ich. - Warum sagt er das? Weil der Begriff der Identität so eng an nationale Perzeptionen, an Bilder, die mit Staaten zusammenhängen, gebunden wird. Zu viel psychische Aufgeladenheit durch die schwierige individuelle Geschichte, die hinter uns liegt, könnte die Folge sein. Ich meine, wir sollten mit diesem Begriff vorsichtig sein und darüber nachdenken, liebe Frau Steinbach - sie ist jetzt nicht mehr da -, ob wir im Zusammenhang mit Identität nicht auch über Vaclav Havel reden sollten, der an der Universität in Regensburg gesagt hat: Ich verurteile die Vertreibung. - Diese Aussage ist sehr klar, sehr präzise, sehr deutlich. Sie erinnert daran, dass es Trauerarbeit gibt, die selbst in Angriff genommen und selbst bewältigt werden muss. Ich finde, dass es wichtig ist - da stimme ich Staatsminister Zöpel völlig zu -, an dem Ziel festzuhalten, das die Vorgängerregierung gesetzt hat. Lieber Kollege Lamers, ich fand die Deutsch-Tschechische Erklärung damals wirklich ermutigend, mit der Sie Vertrauen zwischen Menschen und zwischen Staaten geschaffen haben. Das ist das Wichtigste, um das es geht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte darum, dass wir an diesem wichtigsten Ziel festhalten. ({0}) Wenn man Vertrauen schaffen will, dann darf man nicht rückwärts gewandt an utopischen Verankerungen festhalten, Frau Steinbach, was manche Vertriebenenverbände manchmal tun - Sie gestatten diese Kritik -, sondern man muss nach vorne gerichtet die Realität so gestalten, dass Vertrauen zwischen Menschen, zwischen Gruppen und zwischen Staaten möglich wird. Die wichtigste Aufgabe, die wir als Politiker zu erfüllen haben, ist, Vertrauen zu schaffen, damit das, was in der Vergangenheit geschehen ist - es war schrecklich genug -, nie wieder geschehen kann. Deswegen bitte ich darum, dem Vorschlag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen und den Antrag der CDU/CSU abzulehnen. Meine Fraktion wird das jedenfalls tun. Ich bin von Petr Uhl ermutigt worden, einem guten alten Freund, den ich seit 1983 kenne. Er hat gesagt: Neben der Schaffung von Vertrauen kommt es darauf an, Modelle der Versöhnung zu entwickeln, dafür zu sorgen, dass Menschen miteinander reden, dass sie zum Beispiel dem wunderbaren Gedanken von Bohumil Doležal zustimmen, der sich dafür ausspricht, in der Tschechischen Republik bürgerschaftlich, gesellschaftlich einen Versöhnungsfonds einzurichten. Warum sollten nicht auch wir Deutschen uns als Individuen daran beteiligen und dafür sorgen, dass über einen solchen Fonds auch Härtefälle von Sudetendeutschen mitfinanziert werden können? Solche Modelle der Versöhnung sind wichtig. Sie öffnen den Blick für die gemeinsame europäische Zukunft. ({1})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich gebe dem Kollegen Karl Lamers, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

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, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister, ich bitte Sie, sich wirklich zu überlegen, ob Sie den Antrag einer Fraktion dieses Hauses noch einmal in derart oberlehrerhafter Manier zurückweisen. Ich finde, das ist nicht angemessen. Ich glaube, dass die Diskussion, die wir hier aufgrund unseres Antrages geführt haben - denn Ihrer war eine Reaktion auf unseren Antrag -, zeigt, wie gut es ist, dass wir diese Initiative ergriffen haben. Auch das, was Sie nachher gesagt haben, bestätigt dieses mein Urteil über die Nützlichkeit dieser Debatte. Sie haben - ganz anders als Frau Vollmer - den Vorgang der Entschädigungsforderungen nicht für Vermögensfälle, sondern für soziale Härtefälle der sudetendeutschen Landsmannschaft und die Geschichte der Entstehung dieser Forderung geschildert. Ich füge meinerseits freimütig hinzu: Es wäre vielleicht nützlicher gewesen, über den Inhalt dieser Forderung, dieses Antrags, vorher miteinander zu reden. Aber es ist doch ganz klar, Frau Vollmer, dass der Außenminister Herr Zöpel hat das Gott sei Dank im Wortlaut vorgelesen - den Sudetendeutschen gesagt hat, der Fonds sei das richtige Instrument. Er hatte dabei nicht eine Abweisung, sondern eine Befassung und potenziell sogar eine positive Befassung im Sinne. ({0}) So habe ich das verstanden, was Sie hinzugefügt haben, Herr Zöpel. Das ist deswegen so ungewöhnlich wichtig, weil die Erfüllung einer solchen Forderung eine zeichenhafte, symbolische Wiedergutmachung wäre, auf die es eigentlich ankommt. Dem, was Sie gesagt haben, Herr Zöpel, entnehme ich die Zuversicht, dass es auch mit Unterstützung der Bundesregierung noch gelingen kann, dies ins Werk zu setzen. Gelänge es, könnte das - ich sage es mit Vorsicht - so etwas wie ein psychologischer Durchbruch sein. Deswegen bitte ich Sie sehr herzlich, in diesem Sinne zu wirken; denn es geht nicht um das Materielle, sondern - ich sage nicht: um das Psychologische - um das Seelische. ({1}) Es geht, wie Sie alle wissen, um das verletzte Rechtsgefühl. Das haben auch Sie, Frau Ernstberger, sinngemäß gesagt. Frau Kollegin Steinbach hat nicht nur heute hier, sondern auch bei vielen anderen Gelegenheiten - beispielsweise auch in Polen - in diesem Sinne gesprochen. Wenn das unsere gemeinsame Auffassung ist, dann hätten wir aus dieser Debatte großen Nutzen gezogen.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Lamers, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Vollmer?

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, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, bitte.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Frau Kollegin Vollmer.

Dr. Antje Vollmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002391, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Kollege Lamers, ich möchte nachfragen, ob Sie wirklich glauben, dass es als symbolische Geste notwendig sei, 4 000 DM an Menschen zu geben, die sicherlich ein schweres Schicksal hatten, die dann aber 50 Jahre lang in einer gelungenen Demokratie mit all ihren Freiheiten und sozialen Rechten und Sicherheiten leben konnten? Meinen Sie wirklich, dass Sie deren Wünsche auf eine materielle Forderung von 4 000 DM reduzieren können und dass das der Stein der Weisen ist, mit dem wir Ruhe finden? Gert Weisskirchen ({0})

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, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich wiederhole, was ich gesagt habe: Wenn es um symbolische, zeichenhafte Wiedergutmachung geht, spielt die Höhe des Betrags keine Rolle. Wenn die Betroffenen selber das für angemessen halten, dann meinen sie ja ganz offensichtlich, dass der Betrag angemessen, hoch genug sei. Natürlich ist es keine eigentliche Wiedergutmachung; in der Frage der Vertreibung kann es auch gar keine Wiedergutmachung im Sinne einer Wiederherstellung des früheren Zustandes geben. Jedermann weiß, dass dies völlig ausgeschlossen ist. Eben deswegen kommt es auf das Symbolische an. Frau Kollegin Vollmer, lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit sagen, dass ich seinerzeit Ihr Engagement und Bemühen, Ihr Verhältnis und das Ihrer Partei zu den Vertriebenen auf eine bessere Grundlage zu stellen, sehr geschätzt und unterstützt habe. Aber heute habe ich den Eindruck, dass Sie das eigentlich nur taten, um die Vertriebenen gewissermaßen ruhig zu stellen, und nicht, um ihrem Anliegen wirklich zu entsprechen. Damit komme ich zu der Geschichte der DeutschTschechischen Erklärung. Sie wissen, dass ich darin sehr involviert war. Deswegen wissen Sie auch genauso wie ich, dass es auf beiden Seiten große Vorbehalte gab, weil man auf beiden Seiten die Befürchtung hatte, es könnten Erwartungen geweckt werden, die nicht erfüllt werden können. Das ist leider bislang der Fall. Aber das Entscheidende an der Deutsch-Tschechischen Erklärung ist die Einrichtung des Gesprächsforums und des Zukunftsfonds. Diese müssen wir umsetzen, und in diesem Prozess befinden wir uns. Ich möchte jetzt einen letzten Gedanken, an dem mir sehr liegt, aufgreifen und damit an das anknüpfen, was Frau Kollegin Reiche hier - wie ich finde, sehr überzeugend - vorgetragen hat. Im Maastrichter Vertrag steht, dass die Völker Europas zu einer immer enger zusammenwachsenden Union der Völker werden sollen. Genau das ist der Punkt, und deswegen ist ganz klar: Die Vorbedingung darf nicht lauten, bestimmte Dinge müssen in Tschechien und Polen bereinigt werden, damit diese Länder Mitglied in der Europäischen Union werden können. Aber für das Zusammenwachsen der Völker ist es natürlich erforderlich, dass man beispielsweise eine gesetzliche Regelung, in der von „gerechter Vergeltung“ die Rede ist - das ist das so genannte, berühmte Amnestiegesetz -, eliminiert. Ich darf daran erinnern, dass niemand anders als der aus Ihren Reihen stammende ehemalige Kollege Verheugen den Tschechen den, wie ich finde, guten Rat gegeben hat, so etwas zu eliminieren, weil es in der Tat mit den Rechts- und Wertvorstellungen der Europäischen Union nicht übereinstimmt. ({0}) Es geht letzten Endes um die Bestätigung eines alten Grundsatzes: Wer mit sich selbst nicht im Reinen ist, kommt auch mit seinen Nachbarn nicht zurecht. Mit sich selbst im Reinen ist nicht, wer mit seiner Geschichte nicht im Reinen ist. Derjenige kommt auch mit seinen Nachbarn nicht zurecht. Deswegen wünsche ich mir im Interesse der Tschechen - noch mehr als im Interesse der Polen -, dass sie mit ihrer eigenen Geschichte ins Reine kommen. Dann sind die Voraussetzungen dafür, dass sie auch mit uns in der Europäischen Union zu einer immer enger werdenden Union der Völker zusammenwachsen, sehr gut. Vielen Dank. ({1})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zu einer Kurzintervention ({0}) gebe ich dem Kollegen Dr. Helmut Lippelt das Wort.

Dr. Helmut Lippelt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001352, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Verehrte Kollegen, ich habe mich durch den Beitrag von Herrn Lamers veranlasst gesehen, noch einmal eine grundsätzliche Denkfigur, die unseren Missverständnissen zugrunde liegt, anzusprechen. Herr Lamers, Sie haben soeben von der Notwendigkeit der Hilfe, die wir geben müssen, gesprochen, damit die Tschechen mit ihrer Geschichte in Einklang kommen. Ich glaube, das Problem liegt darin, dass auch wir mit unserer Geschichte in Einklang kommen müssen. ({0}) Ich habe gestern nicht umsonst einen fatalen Zungenschlag bei Frau Steinbach öffentlich kritisiert, ich habe ihn auch zitiert. Ich finde ihn nun in der Überschrift Ihres Antrags wieder, und das ist auch der Hintergrund, warum wir mit Ihren Anträgen nicht klarkommen. Ich möchte deshalb noch einmal auf folgenden Punkt zurückkommen: Wenn in einer absolut begründeten Darstellung der Leiden der Deutschen in Ostdeutschland, die zum Teil geflüchtet, zum Teil vertrieben und zum Teil unter brutalen Umständen ausgesiedelt worden sind, diese mit Deportationen in KZs gleichgestellt werden, die deutsche Verbrecher - das ist in dem Artikel von Frau Steinbach namentlich belegt - vorgenommen haben - ich möchte auf diese Gleichstellung mit den Deportationen hinweisen; denn das ist der Punkt -, wenn nicht gesehen wird, dass die Aussiedlung, die die Tschechen betrieben haben, mit dem Wissen der Potsdamer Konferenz geschah, wenn also nicht gesehen wird, dass hier ein Zusammenhang zwischen deutscher Kriegsverschuldung und einem Ende, das auch viele sehr unschuldig getroffen hat, besteht, dass hier ein tiefer, historischer Bruch besteht und eine historische Grenze gezogen werden muss, dann werden Sie immer wieder mit solchen Anträgen kommen. ({1}) Lassen Sie mich noch eines dazu sagen: Weshalb ist unser Verhältnis zu Polen so gut? - Es ist so gut, weil Sie das Verhältnis regeln mussten; denn damit hing die Wiedervereinigung zusammen. Warum ist das Verhältnis zu den Tschechen so schlecht? - Es ist so schlecht, weil die Regelung dieses Verhältnisses nicht in den gleichen historischen Kontext gestellt worden ist. Wären die Tschechen als Nachbarn in Vier-plus-Zwei einbezogen worden, würden Sie heute nichts mehr sagen, würde es solche Anträge nicht mehr geben. ({2}) Aber Sie haben das geschichtliche Bewusstsein nicht. Deshalb empört es mich so sehr. Sie sprechen von einem symbolischen Durchbruch. Was wird durchbrochen? Etwas, was wir selbst verschuldet haben. Das können wir nicht zulassen. ({3})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich schließe die Aus- sprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Auswärtigen Ausschusses zu Tagesordnungs- punkt 19 a, betreffend den Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Versöhnung durch Ächtung von Vertreibung“, Drucksache 14/3203. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 14/1311 abzuleh- nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Ge- genprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der CDU/CSU angenommen. Tagesordnungspunkt 19 b: Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Weiterentwick- lung der deutsch-tschechischen Beziehungen, Drucksa- che 14/3164. Der Ausschuss empfiehlt, dem Antrag auf Drucksache 14/1873 zuzustimmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit der gleichen Stimmen- mehrheit wie beim Tagesordnungspunkt 19 a angenom- men. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 a und b auf: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes ({0}) - Drucksache 14/2983 ({1}) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des AltschuldenhilfeGesetzes ({2}) - Drucksache 14/3267 ({3}) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Karlheinz Guttmacher, Horst Friedrich ({4}), Hans-Michael Goldmann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes ({5}) - Drucksache 14/3209 ({6}) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ({7}) - Drucksachen 14/3520, 14/3564 Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Christine Lucyga Norbert Otto ({8}) Dr. Karlheinz Guttmacher b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ({9}) zu dem Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Christa Luft, Gerhard Jüttemann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes - Absenkung der Privatisierungspflicht und Aufhebung der Erlösabführung zum 1. Januar 2000 zu dem Antrag der Abgeordneten Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Dirk Fischer ({10}), Norbert Otto ({11}), weitere Abgebordneter und der Fraktion der CDU/CSU Novellierung des Altschuldenhilfe-Gesetzes zu dem Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Margitta Böttcher, Heidemarie Ehlert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS Programm zur nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung und zum Erhalt von Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften in strukturschwachen Regionen der neuen Länder zu dem Antrag der Abgeordneten Christine Ostrowski, Heidemarie Ehlert, Gerhard Jüttemann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS Aufhebung der Privatisierungspflicht im Altschuldenhilfe-Gesetz und der Sanktionen bei Nichterfüllung - Drucksachen 14/1123, 14/1954, 14/2632, 14/2804, 14/3520, 14/3564 Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Christine Lucyga Norbert Otto ({12}) Dr. Karlheinz Guttmacher Zu einer Vorlage liegen mehrere Änderungsanträge vor. Über zwei Änderungsanträge werden wir im Anschluss an die Aussprache namentlich abstimmen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und gebe zunächst das Wort dem Parlamentarischen Staatsekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Achim Großmann.

Achim Großmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000735

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ende des Jahres 2000 werden circa 90 Prozent der Wohnungsunternehmen, die die Altschuldenhilfe in Anspruch genommen haben, von den Auflagen und Bindungen des Altschuldenhilfe-Gesetzes befreit sein. Wir schaffen damit für fast alle Wohnungsunternehmen der neuen Bundesländer Planungs- und Rechtssicherheit. Wir ermöglichen ihnen, wieder Investitionen zu tätigen. Wir helfen den Mieterinnen und Mietern, in dem wir den Boden dafür bereiten, dass wir wieder handlungs- und leistungsfähige Wohnungsunternehmen haben, die Heimat bieten und gleichzeitig moderne Dienstleistungen erbringen. ({0}) Wir haben zusammen mit der alten Bundesregierung das Altschuldenhilfe-Gesetz im Rahmen des Solidarpaktes 1 auf den Weg gebracht. Wir haben damals schon darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz Auflagen und Vorschriften enthält, die die Wohnungsunternehmen wohl nicht werden erfüllen können. Es waren unerfüllbare Auflagen. Die alte Bundesregierung hat sich - bis auf eine winzige Novelle zum Altschuldenhilfe-Gesetz außerstande gesehen, diese unerfüllbaren Auflagen rechtzeitig auszuräumen. Wir haben deshalb nach der Regierungsübernahme in die Koalitionsvereinbarung geschrieben, dass wir die Fehler aus diesem Altschuldenhilfe-Gesetz bereinigen werden. Wir haben gehandelt. Ich darf Ihnen die Zahlen nennen. Ende 1998, als wir die Regierung übernommen haben, hatten von den 2 079 Wohnungsunternehmen ganze 26 den Schlussbescheid oder einen genehmigten Antrag auf Nicht-Vertreten-Müssen. Gerade einmal etwas mehr als 1 Prozent der Wohnungsunternehmen waren aus dem Altschuldenhilfe-Gesetz entlassen. Alle anderen waren in der Bindung, die Auflagen zu erfüllen, und konnten nicht handeln. Sie mussten Drohverlustrückstellungen hinnehmen und waren gezwungen, ihre Investitionstätigkeit einzuschränken. Inzwischen, nach dem Stand von heute, haben etwa 1 300 von diesen 2 079, das heißt über 65 Prozent der Wohnungsunternehmen den Schlussbescheid oder einen positiven Bescheid ihres Antrages auf Nicht-VertretenMüssen der Auflagen aus dem Altschuldenhilfe-Gesetz. Ich denke, das ist ein großartiger Erfolg. ({1}) Mit der Novelle, die wir heute vorlegen, werden wir den Schlusspunkt für die Privatisierungspflicht nach dem Altschuldenhilfe-Gesetz um vier Jahre auf den 31. Dezember 1999 vorziehen. Wir werden damit die Möglichkeit für weitere rund 600 Wohnungsunternehmen schaffen, bis zum Ende des Jahres aus den zwingenden Bedingungen des Altschuldenhilfe-Gesetzes herauszukommen. Es werden nur noch etwa 200 Wohnungsunternehmen übrig bleiben, bei denen die KfW eine Prüfung vornehmen wird. Diese Prüfung wird sehr einfach und sehr pragmatisch sein. Wir haben sie im Lenkungsausschuss vorbereitet. Wir haben sie mit dem Gesamtverband der Wohnungswirtschaft, also mit den Betroffenen, besprochen. Sie wird aus einem Fragebogen bestehen. Die KfW wird nur aus Plausibilitätsgründen auf das eine oder andere Wohnungsunternehmen zugehen, um zu prüfen, ob die Privatisierungs- oder Modernisierungsauflagen wirklich schuldlos nicht erfüllt worden sind. Das bedeutet, dass wir Ende des Jahres 2000 die Spreu vom Weizen getrennt haben werden. Es werden einige Wohnungsunternehmen übrig bleiben, die sich aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht privatisiert haben. Für diese haben wir im Gesetz eine Freikaufregelung geschaffen. Das heißt, diese können sich von den Auflagen des Altschuldenhilfe-Gesetzes freikaufen, indem sie einen Ablösebetrag an den Erblastentilgungsfonds entrichten. Ferner bleiben die schwarzen Schafe übrig, die es leider ebenfalls gibt, die bisher leider überhaupt nichts getan haben und sozusagen in eine Strafrunde müssen. Sie haben dann die Chance, die Auflagen noch bis zum Jahre 2003 zu erfüllen oder nachzuweisen, dass sie die Auflagen nicht erfüllen können. Ich denke, das ist der richtige Weg, um bis zum Ende des Jahres 2000 die Privatisierungspflicht nach dem Altschuldenhilfe-Gesetz wirklich zu einem Schluss zu führen, sodass die meisten Unternehmen dann wieder handlungsfähig sind. ({2}) Wir haben damit - ich habe es schon angedeutet Wohnungsunternehmen, die wieder handlungsfähig sind, die sich finanziell entfalten können, die ihre Drohverlustrückstellungen auflösen und investieren können. Damit haben wir auch einen Großteil der Restitutionsprobleme im Griff. Ich will Ihnen dazu einige Zahlen nennen, die vom Gesamtverband der Wohnungswirtschaft stammen. Wir haben etwa 700 000 Wohnungen, die mit Restitutionsbegehren behaftet waren. Davon sind bis zum Dezember 1998 ungefähr 116 000 negativ restituiert worden. Davon wiederum sind 20 Prozent von den Unternehmern weiterverkauft worden. Teilweise sind restitutionsbehaftete Bestände wieder an diese zurückgefallen und konnten mit Ertrag weiterverkauft werden. Von den 700 000 sind jetzt noch ungefähr 150 000 Wohnungen übrig, das heißt noch rund 20 Prozent. Diese 20 Prozent werden die Wohnungsunternehmen nicht mehr belasten, weil wir in die Novelle zum AltschuldenhilfeGesetz, die wir heute vorgelegt haben, hineingeschrieben haben, dass das, was nach dem 1. Januar 2000 an die kommunalen Wohnungsunternehmen zurückfällt, nicht mehr dazu führt, dass sie zusätzlich Geld an den Erblastentilgungsfonds zahlen müssen. Das bedeutet: Wir räumen die letzten 20 Prozent der Wohnungen, die sehr problembehaftet sind, einfach mit einem Schlussstrich ab. ({3}) Über die Ermächtigungsverordnung, die es uns erlaubt, eine Härtefallregelung zu treffen - sie ist im Fachausschuss noch in die Novelle eingearbeitet worden -, schaffen wir es auch, die bereits restituierten, aber leer stehenden Wohnungen aus der Problemzone herauszubringen, weil wir - ich will das kurz vorlesen - eine Möglichkeit schaffen werden, den Wohnungsunternehmen, die wirklich existenziell gefährdet sind, zu helfen. In der Begründung zu § 6 a, den wir noch eingefügt haben, heißt es: Da hierbei auch die durch so genannte negative Restitution den Unternehmen bis Ende 1999 zufließende Wohnfläche einbezogen ist, soweit sie abgerissen wird, enthält die Regelung damit zugleich eine treffsichere Härtefallkomponente für von der Restitutionsproblematik besonders betroffene Unternehmen. Das bedeutet, dass wir auch für die Fälle der negativen Restitution, anders, als vielfach behauptet wird, eine ganz treffsichere Lösung gefunden haben, um den Unternehmen zu helfen, die besonders von Leerständen innerhalb ihres Restitutionswohnungsbestandes betroffen sind. ({4}) Alternativen zu dem, was wir vorgelegt haben, sind einerseits Anträge der PDS. Dazu kann ich nur sagen: Die PDS hat uns in den letzten Monaten einen ganzen Bauchladen mit unterschiedlichsten Anträgen serviert, die teilweise überhaupt nicht zusammenpassen. ({5}) Ich verweise nur auf die Regierungsaktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern, wo der Bauminister von der PDS gestellt wird. Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern unterstützt aber unsere Vorgehensweise. Deshalb sollte auch die Bundestagsfraktion der PDS endlich einmal in der Realität ankommen. ({6}) Als zweite Alternative haben wir einen Antrag der CDU/CSU, mit dem alle Wohnungsunternehmen entlastet werden sollen, auch diejenigen, die nicht existenziell gefährdet sind. Das bedeutet, hier soll ein Milliardenprogramm aufgelegt werden, ({7}) das die Länder gar nicht kofinanzieren können und das auch der Bund nicht finanzieren kann. Wir sind nicht dazu da, den Wohnungsunternehmen zu helfen, die wirtschaftlich gesund sind; vielmehr sind wir dazu da, uns darüber Gedanken zu machen, wie wir denjenigen helfen können, die vor einer Existenzkrise stehen. Deshalb brauchen wir kein milliardenschweres Paket, bei dem immer nur draufgesattelt wird. Das ist der Gipfel des Populismus und hier überholt die CDU inzwischen die PDS. ({8}) Wir haben die Leerstandskommission eingerichtet. Sie wird sich mit den weiteren Problemen der leer stehenden Wohnungen in den neuen Bundesländern beschäftigen. Wir sind gewiss, dass wir zusammen mit dieser Kommission und parallel zu ihr die betreffende Rechtsverordnung entwickeln werden, die wir mit dem Parlament besprechen werden. Wir haben darüber hinaus dort, wo es städtebaulich nötig ist, auch außerhalb des Bereichs von Wohnungsunternehmen, denen es nicht gut geht, die Möglichkeit geschaffen, mit einem Programm zur städtebaulichen Weiterentwicklung großer Neubaugebiete im Rahmen der Städtebauförderung den Abriss und den Rückbau von Wohnungen über die Drittelfinanzierung zu bezuschussen. Das heißt, wir haben weit über die Härtefallregelung hinaus beim Städtebau Vorsorge dafür getroffen, dass die Wohnungsgesellschaften entlastet und die Stadtviertel in den neuen Bundesländern in Ordnung gebracht werden. ({9}) Die Verbände der Wohnungswirtschaft in den neuen Bundesländern feiern in diesen Tagen landauf, landab ihr zehnjähriges Bestehen. Ich denke, das ist Anlass, den vielen Geschäftsführern, Aufsichtsräten, den vielen Mieterinnen und Mietern, die mitgeholfen haben, Dank für die in diesen zehn Jahren geleistete Arbeit zu sagen. ({10}) Die Regierung hält ihr Versprechen. Nur wenige Wohnungsunternehmen bleiben nach dieser Novelle zum Altschuldenhilfe-Gesetz in einer Warteschleife. Das sind diejenigen, die bis jetzt nichts gemacht haben. Alle anderen werden mit ihrer Vergangenheit abschließen; sie werden frei am Markt arbeiten können. Wir haben die negative Restitution im Griff. Die Wohnungsunternehmen werden nicht mehr belastet. Wir haben eine Härtefallregelung für die wirklich betroffenen Unternehmen. Heute ist ein guter Tag für die ostdeutsche Wohnungswirtschaft. Diese Tatsache kann von niemandem zerredet werden. Vielen Dank. ({11})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die CDU/CSUFraktion spricht der Kollege Dr. Dietmar Kansy.

Dr. - Ing. Dietmar Kansy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001064, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär Großmann, Ihre Rechnereien werde ich nachher widerlegen. Aber wenn Sie hier Bilanz ziehen und meinen, heute sei ein wunderbarer Tag für die ostdeutsche Wohnungswirtschaft, sage ich: Das diskutieren Sie von morgen an einmal mit den Betroffenen in den neuen Bundesländern. ({0}) - Wenn es laut wird, weiß man immer: Man hat getroffen. Das Altschuldenhilfe-Gesetz hat seit seinem In-KraftTreten viel Positives in den neuen Ländern bewirkt. Weil das so ist, dürfen wir den Blick nicht davor verschließen, dass sich die Rahmenbedingungen in den letzten zwei, drei Jahren wesentlich verändert, nämlich verschlechtert haben. Es ist schon angesprochen worden, dass in einigen Regionen ein dramatischer Bevölkerungsrückgang von deutlich über 10 Prozent zu verzeichnen war und Leerstandsquoten von bis zu 20 Prozent bei den Wohnungsunternehmen keine Seltenheit sind. Hinzu kommt die von Staatssekretär Großmann angesprochene Negativrestitution - ein Begriff, den es bis vor kurzem in der deutschen Sprache überhaupt nicht gab. Er wird auch nicht verstanden. Viele Alteigentümer, die bisher mit den Wohnungsunternehmen oder staatlichen Stellen darum gestritten haben, dass sie ihre Wohnungen zurückbekommen, verzichten plötzlich auf diese zwischenzeitlich heruntergewirtschafteten Wohnungen, ({1}) die noch mit hohen Altschulden belastet sind. Die Bewirtschaftung und selbst der Abriss dieser Wohnungen sind von manchen Unternehmen in dieser Situation selbst bei größter Anstrengung eben nicht mehr zu leisten. Kurzum: Die Situation hat sich dramatisch verändert. Es hat überhaupt keinen Sinn, die alten Schlachten über das Altschuldenhilfe-Gesetz neu zu schlagen. Die Anhörung im Deutschen Bundestag und auch viele Veranstaltungen draußen im Land haben gezeigt: Wir müssen sofort handeln, und zwar so, Herr Staatssekretär Grossmann, dass dadurch nicht eine Ermächtigungsmöglichkeit gegeben wird, die keinen bindet, weder die Regierung noch die Bundesländer. Wir müssen vielmehr hier und heute mit einer gesetzlichen Regelung Klarheit schaffen, wie es in den neuen Ländern weitergehen soll. ({2}) Meine Damen und Herren, unstrittig ist der Endzeitpunkt, unstrittig ist die Freikaufsmöglichkeit. Ich erspare es mir, das noch einmal vorzutragen. Aber die eindeutigen Ergebnisse der Anhörungen lassen nach unserer Meinung keine andere Lösung zu, als heute einen gesetzlichen Entlastungschritt zu beschließen, und zwar nicht für jedermann, Herr Grossmann, und nicht mit milliardenschweren Geschenken - da werden sich sicherlich einige, die das vielleicht vor dem Fernseher verfolgen, die Augen reiben -, sondern für solche Wohnungsunternehmen, die hohen Leerständen bei extrem schlechter wirtschaftlicher Situation mit Rückbau begegnen müssen und die heute beim besten Willen dazu nicht in der Lage sind. Mit dem von Ihnen gemachten Vorschlag einer Verordnungsermächtigung geben Sie wenigstens zu, dass über den Gesetzentwurf der Regierung hinaus Handlungsbedarf besteht; denn sonst hätten wir gar nicht diese kräftigen Auseinandersetzungen. Dass Sie diese Verordnung erlassen, liegt ja nicht an besserer Erkenntnis, sondern am Druck der Menschen draußen im Lande und auch an dem Druck der CDU/CSU-Fraktion und anderer Fraktionen hier im Deutschen Bundestag. ({3}) Natürlich lässt sich mit einer sofortigen gesetzlichen Härtefallregelung das Thema Leerstand nicht bewältigen. Aber eine sofortige gesetzliche Regelung gibt eben im Gegensatz zu dem, was diese Koalition vorhat, ab sofort Rechtssicherheit in bezug auf Umfang und Zeitpunkt der zu erwartenden Hilfen und Entlastungen. Das ist der wesentliche Unterschied zu Ihrer Verordnungsermächtigung. Denn machen wir uns doch nichts vor: Eine Bundeshauptstadt ist doch keine geschlossene Veranstaltung. Wir wissen quer über alle Wohnungsbaupolitiker, wie der Finanzminister über unser Vorhaben denkt. ({4}) Die Verordnungsermächtigung kann sich schnell als Luftnummer erweisen, wenn wir als Parlamentarier die Angelegenheit aus der Hand geben und sie ausschließlich in die Hände des Finanzministers legen. ({5}) Meine Damen und Herren, die Begründung, die finanziellen Möglichkeiten ließen das nicht zu - Herr Grossmann hat ja gerade wieder von seinen angeblichen Milliarden gesprochen -, trifft nicht zu. In der Anhörung hat Ihr Parteifreund Steinert, Präsident des Gesamtverbandes der deutschen Wohnungswirtschaft, anhand von Unterlagen nachgewiesen, dass durch diese Negativrestitution, die ja gar nicht vorgesehen war und die jetzt plötzlich zu einem Massenphänomen geworden ist, rund 1,3 Milliarden DM Mehreinnahmen in die Taschen des Bundes gekommen sind, die die Unternehmen im Gegensatz zu den Privaten, die das nicht hätten bezahlen müssen, jetzt aufbringen müssen. Diese Unternehmen sind eben vielfach kommunale Unternehmen. Unser Antrag hat ein Gesamtvolumen von 600 Millionen DM. Wie Sie wissen, haben wir zusammen mit Landesregierungen gerechnet. Das heißt, der Finanzminister würde immer noch Kasse machen. Wenn Sie behaupten, da gehe nichts, entspricht das nicht den finanziellen Möglichkeiten und Gegebenheiten, die wir haben. ({6}) Deswegen, sind unsere vier Anträge, die Ihnen vorliegen über einen davon soll in namentlicher Abstimmung entschieden werden -, gestellt worden. Meine Kolleginnen und Kollegen aus den neuen Bundesländern, die Sie - wie wir - viel durch die Lande gereist sind, Hilfe versprochen und Artikel geschrieben haben, ({7}) nachher können Sie beweisen, ob Sie das, was Sie draußen gesagt haben, ernst meinen oder nicht. Deswegen werden wir über den entscheidenden Antrag der Härtefallregelung eine namentliche Abstimmung in diesem Parlament haben. Erstens fordern wir die Entlastung von den Altschulden für Wohnungsunternehmen, bei denen der Leerstand bei mindestens 15 Prozent liegt, also nicht für alle, und die ein Unternehmenskonzept vorlegen, aus dem die beabsichtigten Abriss-, Modernisierungs- und Wohnumfeldmaßnahmen ersichtlich sind. Eine weitere Voraussetzung für die Gewährung der Entlastung, die Sie, Herr Grossmann, verschwiegen haben, ist, dass sich das jeweilige Land an der Bewältigung der sonstigen leerstandsbedingten Lasten angemessen beteiligt. Zweitens fordern wir ein Vorziehen des Zeitpunktes, nach dem bestandskräftige Restitutionsentscheidungen keine Auswirkungen mehr auf die Teilentlastung gemäß Altschuldenhilfe-Gesetz haben sollen, von 1999 auf 1998, weil die Anhörung gezeigt hat, dass spürbare Entlastungen nur auf dieser Basis zu erreichen sind. Drittens. Hinsichtlich der Begrenzung des Ablösebetrages bei der vorgesehenen Freikaufsregelung auf 100 DM pro Quadratmeter hat sich in der Anhörung gezeigt, dass dies notwendig ist, weil sich die von der Regierung vorgesehenen 200 DM wirtschaftlich nicht realisieren lassen. Viertens. Bei einem Bestand von mehr als 100 Wohnungen soll eine gesetzliche Bagatellgrenze eingeführt werden, was zur Reduzierung des Prüfungsaufwandes führen wird.

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Herr Kollege Kansy, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schubert?

Dr. - Ing. Dietmar Kansy (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001064, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich habe noch 17 Sekunden bis zum Ende meiner Redezeit. Wer jetzt noch fragen will, will nur stören. Ich möchte angesichts eines derart umfangreichen Protokolls über die Anhörung, in der von vielen Städten von Leipzig bis Görlitz und von vielen Städten in SachsenAnhalt berichtet wurde, an Sie appellieren: Stimmen Sie der gesetzlichen Regelung zu, die die CDU/CSU-Fraktion Ihnen vorschlägt! ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht die Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig.

Franziska Eichstädt-Bohlig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002643, Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Kansy, die Krokodilstränen, die Sie hier vergießen, sind angesichts der Mitverantwortung, die Sie für die Zustände in der Wohnungswirtschaft sowie für die städtebauliche und bauliche Situation im Osten tragen, wirklich scheinheilig. Es tut mir Leid, aber ich finde kein anderes Wort. ({0}) Sie sollten ganz leise Dankeschön dafür sagen, dass wir die Probleme endlich aus dem Weg räumen, die Sie ganz wesentlich mitzuverantworten haben und mitgeschaffen haben. Ich habe es lange Zeit vorsichtig formuliert, aber jetzt will ich deutlich sagen: Das Altschuldenhilfe-Gesetz war von Anfang an ein sehr problematisches Instrument. Es war seinerzeit so, dass Ihre Koalition durch die Privatisierung der Schulden Zinslasten darauf angehäuft hat, die sich in kürzester Zeit um weitere 40 bis 50 Prozent gesteigert haben. ({1}) Es ist nie geklärt worden, ob die Wohnungsunternehmen wirklich für die Schulden verantwortlich waren und sie deshalb abbezahlen mussten. Sie haben sie durch das Gesetz genötigt, die Schulden anzuerkennen und dies schriftlich niederzulegen, damit dann das Altschuldenhilfe-Gesetz greifen konnte. Last but not least: Sie haben durch das Fördergebietsgesetz eine große Konkurrenz für den Wohnungsbestand durch massenhafte Überangebote im Neubaubereich geschaffen. ({2}) Durch die Vorgabe „Rückgabe vor Entschädigung“ haben Sie dafür gesorgt, dass sehr viele Altbauten ohne Eigentümer waren und lange niemand vorhanden war, der sich um sie kümmern konnte, wodurch sehr viele Altbauten heruntergewirtschaftet wurden und wir nunmehr das Problem der Negativrestitutionen haben. Von daher bitte ich Sie, an dieser Stelle etwas leiser zu sein und eine ernsthafte Analyse der letzten zehn Jahre vorzunehmen. ({3}) - Dazu gehört auch, dass man eine klare Analyse der Vergangenheit vorlegt. Ich finde es großartig, dass wir es geschafft haben, die Reform des Altschuldenhilfe-Gesetzes voranzutreiben, und dass unter dieser Regierung - Schritt für Schritt; auch mit der Arbeit des Lenkungsausschusses - die meisten Wohnungsgesellschaften nun wissen, dass der Schlussbescheid auf Ende 1999 vorgezogen wird. Sie bekommen damit neue Klarheit in Bezug auf ihre Rechtssituation und Investitionsspielräume sowie Bilanzsicherheit. Das ist ein wirklich enormer Fortschritt. In diesem Zusammenhang möchte ich mich besonders bei Herrn Staatssekretär Großmann bedanken, der so engagiert auf dieses Ziel hingearbeitet hat. ({4}) Ich will die anderen Bausteine des Gesetzes nicht erwähnen, weil dies Herr Staatssekretär Großmann bereits getan hat. Alle Fraktionen einschließlich Ihre sind sich darin einig, dass sowohl die Freikaufsregelung als auch die Tatsache, dass ab 31. Dezember 1999 die Negativrestitution nicht mehr auf die Teilentlastung gerechnet werden muss, sehr gute und wichtige Schritte sind. Ich möchte auch etwas zum Problem Leerstand sagen. Niemand negiert und ignoriert inzwischen das Problem des Leerstandes. Wir haben ganz wesentlich daran mitgearbeitet und uns engagiert, dass das Thema anerkannt wird. Um das Problem des Leerstandes müssen sich alle Beteiligten kümmern: die Wohnungswirtschaft, die betroffenen Banken, die ihre Gelder in die Wohnungswirtschaft gesteckt haben, die Kommunen, die große städtebauliche Probleme haben, die Länder und auch der Bund im Bereich der Altschulden. Ihre Fraktion hat sich lange Zeit nicht darum gekümmert, obwohl es absehbar war. Wir haben uns in großem Maße engagiert. Ich möchte den Kolleginnen und Kollegen und dem Bauminsterium ganz herzlich dafür danken, dass Sie die Verordnungsermächtigung in das Gesetz hineingenommen haben. Wir haben uns dafür parlamentarisch engagiert. ({5}) Alle, die daran mitgewirkt haben, wissen, dass dies kein „easy going“ war. Es war ein schwerer Weg. Wir alle wissen, dass uns das Thema Leerstand noch lange beschäftigen wird. Wir haben auch die Bedingungen, unter denen Wohnungsgesellschaften eine Entlastung von den Altschulden im Fall eines Leerstandes bekommen sollen, sehr genau und präzise benannt. Es sollen Zuschüsse zur Tilgung von Altschulden gewährt werden, wenn die Unternehmen durch dauerhaften Leerstand in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet sind. Die Höhe des Zuschusses soll sich daran orientieren, dass Wohnflächen wirklich vom Markt genommen werden. Voraussetzung dafür ist - das finde ich sehr richtig und wichtig -, dass für die Sanierung der Unternehmen und der betroffenen Siedlungen sowie für deren Umbau ein tragfähiges Gesamtkonzept erarbeitet wird, das glaubwürdig dargelegt wird. Das alles sind sehr wichtige Kriterien, an denen die Kommunen und die Wohnungswirtschaft aktiv arbeiten müssen. Auch die Forderung, dass sich die Länder mindestens zur Hälfte an den Kosten für die Gesamtmaßnahme beteiligen, halten wir für gerechtfertigt und angemessen. Es wird auch von den Ländern anerkannt. Denn alle wissen, dass das ein gemeinsames Problem ist. Ich halte es für sehr wichtig, dass insbesondere die Kommunen jetzt aktiv werden, dass sie auf den Einwohnerschwund, der ein großes Problem ist, planerisch und städtebaulich schnell reagieren, indem sie bei der Investitionsplanung harte Prioritäten setzen. Ich möchte es ganz deutlich sagen und habe es schon einmal gesagt: Ich möchte nicht, dass wir die Modernisierung und Instandsetzung von Projekten fördern, die vielleicht morgen unter dem Damoklesschwert des Abrisses stehen. Deswegen ist es sehr wichtig, dass die Kommunen hart und klar planen. Daher bin ich der Meinung: Der Bund hat ein Zeichen gesetzt. Er ist bereit, seinen Teil zu schultern und mitzutragen. Jetzt geht der Ball wieder auf die andere Seite des Netzes. Er geht in Richtung Kommunen, in Richtung Länder, in Richtung Wohnungswirtschaft. Dort muss jetzt gearbeitet werden, damit das Problem Schritt für Schritt gelöst werden kann. Insofern bin ich sehr stolz auf das, was wir heute erreicht haben. ({6})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die F.D.P.-Fraktion spricht der Kollege Karlheinz Guttmacher.

Dr. Karlheinz Guttmacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000754, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr gerehrten Damen und Herren! Ich bin schon sehr erstaunt, Frau Eichstädt-Bohlig, dass Sie sich jetzt noch einmal auf das Altschuldenhilfe-Gesetz beziehen, dass wir 1993 eingebracht haben. Ich glaube, dass genau dieses Altschuldenhilfe-Gesetz den Wohnungsunternehmen in den neuen Bundesländern 28 Milliarden DM Entlastung gebracht hat. Sie haben darüber hinaus die Möglichkeit, noch Zinshilfen in Höhe von 5 Milliarden DM in Anspruch zu nehmen. ({0}) Das verstehe ich überhaupt nicht. ({1}) Ich bin allen Fraktionen dankbar, dass wir dieses Altschuldenhilfe-Gesetz 1993 auf den Weg gebracht haben. ({2}) Wenn wir die Privatisierungspflicht mit 15 Prozent an die Bedingungen des Altschuldenhilfe-Gesetzes gebunden hätten, so können wir heute erfreulich feststellen, dass über zwei Drittel dieser Privatisierungen durch die Wohnungsunternehmen erfolgt sind. Der Laufzeit des Gesetzes und der Privatisierungsauflagen steht, so meinen wir, kein akzeptabeles Verhältnis gegenüber, die Privatisierungen weiter durchführen lassen sollten. Ein großer Teil der Wohnungsunternehmen in den neuen Bundesländern hat erhebliche strukturelle Probleme. Im Zuge der Anhörung haben wir alle es uns sicherlich nicht leicht gemacht; ich danke meiner Fraktion in besonderem Maße, weil sie in Vorbereitung der Formulierung eines neuen Entwurfs zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes in die neuen Bundesländer gereist ist, um sich die Probleme der Wohnungsunternehmen vor Ort anzusehen. Dabei sind vier Punkte angesprochen worden, Herr Staatssekretär Großmann. Lassen Sie mich die folgenden nennen. Erstens. Der Endtermin für die Pflicht zur Privatisierung soll auf das Jahr 1999 vorgezogen werden. So steht es auch in Ihrem Gesetzentwurf. Sie haben aber vorhin behauptet, dass die Zahl der Wohnungsunternehmen, die ihrer Privatisierungspflicht noch nicht nachgekommen sind, sehr gering sei; das würde eine Überprüfung ergeben. Deshalb ist die F.D.P. der Meinung, dass das Jahr 2003 nicht als Endtermin auch für die Restanten der Wohnungsunternehmen, die noch privatisieren müssen, vorgesehen werden sollte. Wir sind der Meinung, dass die verpflichtende Regelung zur Privatisierung am 31. Dezember 2000 auslaufen sollte. Bis zu diesem Zeitpunkt haben alle Wohnungsunternehmen die Gelegenheit, sich entweder freizukaufen oder zu privatisieren. ({3}) Das zweite große Problem, dessen Lösung eigentlich das Kernstück des Gesetzentwurfes der Regierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen sein sollte - die F.D.P. hat zwar einen entsprechenden Antrag eingebracht, der aber bedauerlicherweise im Fachausschuss abgelehnt wurde -, ist der strukturelle Leerstand. Das ist zurzeit das Kardinalproblem der Wohnungsgesellschaften. Wenn wir dieses Problem nicht durch das Zweite Altschuldenhilfe-Änderungsgesetz lösen, dann haben wir für die Wohnungsunternehmen überhaupt nichts erreicht. ({4}) Die von Ihnen in § 6 a vorgesehene Rechtsverordnungsermächtigung bedeutet nichts anderes, als dass die Lösung der eigentlichen Probleme verschoben wird. Deshalb können wir Ihrem Gesetzentwurf heute nicht zustimmen. ({5}) Die Bundesregierung wird lediglich ermächtigt, die Wohnungsunternehmen in den neuen Bundesländern irgendeines Tages von ihrem Leerstand zu entlasten. In der Begründung heißt es dazu, dass zunächst das Ergebnis der Expertenkommission abgewartet werden soll. Aber die Wohnungsunternehmen, Herr Staatssekretär Großmann, müssen jetzt und heute von ihrem strukturellen Leerstand entlastet werden. ({6}) Deswegen wird die F.D.P.-Bundestagsfraktion heute einen Änderungsantrag zum Regierungsentwurf einbringen, der in § 4 a eine grundsätzliche Entlastung der Wohnungsunternehmen mit einem strukturellen Leerstand von mehr als 5 Prozent vorsieht. ({7}) Dabei wird der strukturelle Leerstand, der sich durch Negativrestitutionen, also durch nicht zu vermittelnden Wohnraum, ergibt, mit berücksichtigt. Voraussetzung für die Gewährung der Entlastung von den Rechtsverbindlichkeiten ist, dass das Wohnungsunternehmen über ein Konzept verfügt, in dem die Instandsetzungs-, Modernisierungs-, Wohnumfeld-, Rückbau- und Abrissmaßnahmen enthalten sind. Da der Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes in der bisherigen Fassung nicht zur sofortigen Beseitigung der Altschulden der Wohnungsunternehmen führen wird, können wir dem Gesetzentwurf nur dann zustimmen, wenn Sie vorher dem von der F.D.P. eingebrachten weiter gehenden Antrag zustimmen. Danke. ({8})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Für die Fraktion der PDS gebe ich das Wort der Kollegin Christine Ostrowski.

Christine Ostrowski (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001662, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 1 Million Wohnungen im Osten stehen leer. In manchen Städten sind es bis zu 40 Prozent; selbst in Großstädten liegt die Leerstandsquote bei 17 Prozent. Der Osten hat zu wenige Menschen für zu viele Wohnungen. Die Lage verbessert sich nicht, sondern verschlimmert sich. Der Bevölkerungsrückgang ist dramatisch; die Anzahl der natürlichen Abgänge übersteigt die der Geburten. In Kürze wird der Osten noch weniger Menschen für noch mehr Wohnungen haben. Jede einzelne leer stehende Wohnung verursacht Kosten. Ein Wohnungsunternehmen braucht ungefähr die Einnahmen von vier vermieteten Wohnungen, um die Kosten einer leeren Wohnung zu kompensieren. Ein Teil dieser Kosten sind Altschulden. Ihre Streichung löst das Problem der Deformation des ostdeutschen Wohnungsmarkts nicht; aber sie würde den Wohnungsunternehmen die Lage erleichtern. Aber Sie sind zu diesen Erleichterungen nicht bereit. Viele restitutionsbehaftete Wohnungen, von denen man angenommen hatte, dass sie an die Alteigentümer zurückgehen, sind - die Masse 1997 und 1998 - wieder an die Wohnungsunternehmen zurückgefallen. Diese Wohnungen verursachen ebenfalls hohe Kosten. Ihre Nichtanrechnung würde die Lage der Unternehmen erleichtern. Sie sind auch zu diesen Erleichterungen nicht bereit. In der Anhörung haben alle Experten der Wohnungswirtschaft - alle! - die Streichung der Altschulden auf leer stehende Wohnungen und das Vorziehen des Stichtages für die ehemals restitutionsbehafteten Wohnungen gefordert. Sie sind ebenfalls nicht bereit, auf diese Experten zu hören. Ich frage mich, was Sie eigentlich auszeichnet, den Rat der Experten zu missachten. ({0}) Die PDS ist von ihrer Maximalforderung nach Aufhebung des Altschuldenhilfe-Gesetzes von Antrag zu Antrag, Schritt für Schritt, was die realen Forderungen angeht, nach unten gegangen. Sie waren sich nicht zu schade, alle Anträge abzulehnen, selbst jene, die der Lenkungsausschuss mittlerweile übernommen hat und für die Sie sich jetzt selbst feiern. ({1}) Herr Staatssekretär, Sie klagen über die Kosten, die dem Bund entstehen würden. Dass Sie diese Kosten den finanzschwachen Kommunen und Unternehmen zumuten, ist Ihnen egal. Sie kuschen vor Ihrem Finanzminister. Herr Eichel ist ein cleverer Mann; aber er hat es auch vergleichsweise leicht: Der Bund kann immer auf Kommunen und auf Länder abwälzen, ein Wohnungsunternehmen kann es nicht. ({2}) Ich würde gern wissen, ob Herr Eichel in einer Stadt wie Hoyerswerda mit 25 Prozent Bevölkerungsrückgang, mit fast 30 Prozent Wohnungsleerstand und mit 25 Prozent Arbeitslosigkeit in der Lage wäre, ein Wohnungsunternehmen mit Verlusten in Millionenhöhe zu sanieren, wenn ihm keiner hilft. ({3}) Ein Wort an die CDU. Sie müssen sich jetzt nicht als Retter der ostdeutschen Wohnungswirtschaft und auch nicht als Retter von irgendjemandem sonst feiern. Sie haben durch Ihre Politik die Deformation des ostdeutschen Wohnungsmarkts verschuldet. ({4}) Zurück zu Rot-Grün. Die von Ihnen heute vorgenommene Gesetzesänderung ist der Situation der ostdeutschen Wohnungswirtschaft noch nicht einmal annähernd angemessen. ({5}) Erste Wohnungsunternehmen sind bereits in Konkurs gegangen. Wenn Sie den Gesetzentwurf so verabschieden und unsere Änderungsanträge ablehnen, die im Übrigen fast im Wortlaut mit den Änderungsanträgen der CDU/CSU übereinstimmen, ({6}) dann kann ich Ihr Handeln nur als verantwortungslos bezeichnen. ({7})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich gebe dem Minister für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Jürgen Heyer, das Wort. Dr. Jürgen Heyer, Minister ({0}): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich herzlich dafür bedanken, dass ich als Vertreter eines ostdeutschen Bundeslandes zu dieser so wichtigen Frage sprechen darf, und zwar zum ersten Mal hier in Berlin. ({1}) Ich möchte der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen ganz herzlich für die Einbringung dieser für die ostdeutschen Länder so wichtigen Novelle danken. ({2}) Ganz herzlich danken möchte ich auch meinem Kollegen Klimmt und insbesondere dem Parlamentarischen Staatssekretär Achim Großmann, der sich ganz außerordentlich gut in Ostdeutschland auskennt, der unsere Probleme seit Jahren außerordentlich gut kennt und die ostdeutschen Länder unterstützt, für ihre Bemühungen, die von Erfolg gekrönt sein sollen. ({3}) Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir - mit einigen von Ihnen arbeite ich ja schon länger zusammen - wissen, was früher alles möglich war, und wissen auch, was früher nicht möglich war. Nachdem die neue Regierung die Verantwortung im Bund übernommen hatte, hat sich auch schon im Lenkungsausschuss einiges getan. Das heißt, es sind eine Vielzahl von wichtigen Regelungen auf den Weg gebracht worden, die der Wohnungswirtschaft definitiv geholfen haben. ({4}) Wir haben dann aber auch sehr schnell gemerkt, dass nicht alle Probleme auf dem Verwaltungsweg gelöst werden konnten. Deshalb war es richtig, dass die Bundesregierung eine Novelle zum Altschuldenhilfe-Gesetz eingebracht hat, obwohl wir alle wissen, dass viele Probleme noch nicht geklärt bzw. noch nicht einmal erkannt worden sind. Aber auch die Länder wollten diese Novelle, weil es uns nur so möglich war, einen Schlussstrich zu ziehen und einen Stichtag für die Privatisierungsauflage festzulegen, und weil nur so eine bessere Lösung für die negative Restitution zu erzielen war. Es war auch richtig, dass die Bundesregierung zur Klärung der noch offenen Fragen eine Leerstandskommission unter Leitung des früheren Oberbürgermeisters von Leipzig, Herrn Lehmann-Grube, eingesetzt hat. Die Arbeit dieser Kommission nehmen die Länder so wichtig, dass sie noch vor der Sommerpause oder kurz danach eine Sonderkonferenz der Bauminister einberufen werden, auf der sich alle Länder aus Ost und West mit dieser schwierigen Lage auf dem ostdeutschen Wohnungsmarkt beschäftigen und mit dem Leiter der Kommission reden wollen. Der Vorstoß einiger Bundesländer, die Vorschläge dieser Kommission vorwegzunehmen, indem sie einen § 4 a über den Bundesrat einbringen wollten, war deshalb falsch. Er musste scheitern und ist auch von Sachsen-Anhalt nicht unterstützt worden. ({5}) Meine Damen und Herren, das Vorgehen der Bundesregierung ist richtig - das sage ich auch Ihnen, Herr Kansy -, nicht die Ergebnisse dieser Kommission durch eine gesetzliche Regelung in diesem Gesetz vorwegzunehmen, sondern eine Verordnungsermächtigung einzufügen, die es ermöglicht, zu einem späteren Zeitpunkt die Vorschläge der Kommission aufzunehmen, und die den Ländern Gelegenheit gibt, sich auf die notwendige Mitwirkung auch haushaltsmäßig einzustellen. ({6}) - Natürlich müssen wir uns darauf einstellen. Ich bitte darum, Herr Staatssekretär Großmann, auch in diesem Bereich einfache und praktikable Regelungen vorzusehen, und gehe davon aus, dass die Länderbeteiligung auch mit den bisherigen Instrumenten auskommen wird, also mit der Wohnungsbauförderung und der eventuellen Bereitstellung von IfG-Mitteln. Auf diesem Wege sollten wir unseren Beitrag erbringen können. Ich darf mir dazu den Hinweis erlauben, dass es durch ein weiteres Absenken der Wohnungsbauförderung für die Länder schwieriger wird, ihren Beitrag zu leisten. Meine Damen und Herren, wir müssen jetzt zunächst abwarten, welche Vorschläge uns die Kommission unterbreitet. Wir wissen aber auch, dass das Leerstandsproblem in den ostdeutschen Bundesländern ganz außerordentlich komplex ist. Wir haben es mit strukturellem, aber nicht nur mit strukturellem Leerstand zu tun. Dieser Leerstand entsteht dadurch, dass unsere Großunternehmen und Kombinate weggebrochen sind und dass die Menschen, die dort gearbeitet haben, nicht mehr dort wohnen und weggezogen sind, weil sie ihre Arbeitsplätze verloren haben. ({7}) Lassen Sie es mich am Beispiel Stendal verdeutlichen: Am Tag der Vereinigung hat es dort 1 000 leer stehende Wohnungen gegeben, heute sind es 3 000. Es geht auch nicht nur um den Leerstand im so genannten Plattenbereich. Der Leerstand in Sachsen-Anhalt beträgt nach jüngsten Schätzungen 186 000 Wohnungen. Der Leerstand in der Platte beträgt 40 000 Wohnungen. Der Gesamtleerstand liegt bei 14,2 Prozent und der Leerstand in der Platte bei 10,6 Prozent. Wir haben es also im Wesentlichen mit Altbauten, Vorkriegsbauten und dergleichen zu tun. Wir rechnen damit, dass wir in SachsenAnhalt kurz- und mittelfristig über 100 000 Wohnungen vom Markt nehmen müssen. Ich will ein Wort zu den Befürchtungen sagen, die aufgetreten sind, dass wir mit Steuermitteln Wohnungen saniert hätten und nun mit weiteren Steuermitteln diese Wohnungen abreißen würden. Wir werden dafür sorgen, dass das nicht passiert. So sind von den etwa 370 000 Plattenbauten in Sachsen-Anhalt 120 000 unsaniert. Theoretisch genommen ist das die Summe der Bauten, die vom Markt genommen werden wird. Meine Damen und Herren, das zeigt uns, dass nur ein Teil der Probleme über das Altschuldenhilfe-Gesetz gelöst werden kann. Wir werden in Sachsen-Anhalt regionale Konzepte erstellen und die Erarbeitung dieser Konzepte mit Fördermitteln unterstützen. Ich bitte ganz herzlich darum, dass sich auch die Kreditwirtschaft, die durchaus mit im Boot sitzt, daran beteiligen möge. Zum Teil hat sie das in einigen Regionen schon getan. Die Verantwortlichen, die hier genannt werden müssen, sind also nicht nur Bund, Länder und Gemeinden, sondern es handelt sich natürlich auch um die Unternehmen und um die Banken. Diese gesetzlichen Regelungen dürfen nicht dazu führen, dass aus schlechten Krediten ohne Zutun der Kreditinstitute gute Kredite gemacht werden. ({8}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Staatssekretär Großmann hat gesagt: Dies war ein guter Tag für die Wohnungswirtschaft in Sachsen-Anhalt. Ich möchte noch mehr sagen: Dies ist nicht nur ein guter Tag für die Wohnungswirtschaft in ganz Ostdeutschland, sondern auch für die Mieterinnen und Mieter, die weiter darauf hoffen können, dass die Unternehmen die Liquidität haben, die sie brauchen, um die Wohnungen weiter instand zu setzen. ({9}) - Dies, Herr Kansy, ist ein guter Tag für die Bauwirtschaft in unseren Ländern und für die vielen Menschen, die dort arbeiten. ({10}) Und deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist dies ein guter Tag für ganz Ostdeutschland. Ich danke Ihnen ganz herzlich, dass Sie so viel Geduld mit mir hatten. ({11})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Als letzter Redner in dieser Debatte spricht der Kollege Norbert Otto ({0}).

Norbert Otto (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Dies ist ein guter Tag, weil heute die Sonne scheint, weil wir Minister Dr. Jürgen Heyer ({0}) demnächst in die Pfingstferien fahren, aber nicht deshalb, weil wir heute diese Novelle auf dem Tisch haben. Sie erfüllt die Erwartungen nämlich nicht. ({1}) Sie war groß angekündigt, so nach dem Motto: Was lange währt, wird gut. Hier ist nichts gut, aber lange hat es gedauert! ({2}) Der große Wurf, den Sie in Ihrer Koalitionsvereinbarung angekündigt haben, ist maximal zu einem kleinen Stupser geworden. Sie haben die Wohnungsunternehmen enttäuscht, Sie haben ihnen ihre Existenzängste nicht genommen. ({3}) In zahlreichen persönlichen Gesprächen mit Vertretern von Wohnungsunternehmen, aber auch mit Verbandsvertretern wurde deutlich, dass wesentlich mehr erwartet worden war. Die Betreffenden haben uns auch in der Anhörung - wer etwas Gegenteiliges behauptet, sagt die Unwahrheit - gesagt: Das Ding kommt zu spät, es ist zu kurz gesprungen, es wird uns nicht wesentlich weiterhelfen. ({4}) Natürlich war Handlungsbedarf gegeben, und wenn Sie uns heute den Vorwurf machen, wir hätten das damals, 1993, nicht erkannt, frage ich: Haben Sie es erkannt? Haben Sie damals schon von hohen Leerständen gesprochen? Haben Sie von Negativrestitution gesprochen? Nicht ein Einziger von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen! ({5}) Ein weiterer Punkt, den wir vorgeschlagen haben, war die Härtefallregelung für diejenigen Wohnungsunternehmen, die dauerhaft Leerstände haben, die einen nicht unerheblichen Teil ihres Wohnungsbestandes ausmachen, sodass sie unverschuldet in ihrer Existenz bedroht sind. Dazu ein Zahlenbeispiel: Hat ein Wohnungsunternehmen eine Leerstandsquote von 15 Prozent zu verzeichnen - das ist in Problemgebieten keine Seltenheit -, dann müssen die Erlöse von 60 Prozent des Bestandes herangezogen werden, um die Leerstandskosten zu bewältigen. Das heißt, dem Unternehmen bleiben noch 25 Prozent Einnahmen. Damit lässt sich nichts Gescheites mehr machen, weder Instandsetzungen noch Renovierungen, noch kann ein Beitrag zur Verbesserung des Umfeldes geleistet werden. Das sind nicht unsere Zahlen, nicht unsere Erfindungen, sondern das sind die Zahlen, die uns und auch Ihnen in der Anhörung vorgetragen worden sind. Aus unerfindlichen Gründen will die Regierungskoalition einer gesetzlich verbrieften Härtefallklausel im Altschuldenhilfe-Gesetz nicht zustimmen, obwohl gerade diese Regelung das einzige wirksame, dauerhafte und durchgreifende Instrument zur Entlastung der am schlimmsten betroffenen Unternehmen gewesen wäre. ({6}) Stattdessen bringen Sie in letzter Minute einen Änderungsvorschlag ein, der im Altschuldenhilfe-Gesetz eine Rechtsverordnungsermächtigung fixieren soll, von der Sie noch nicht einmal wissen, wie diese aussehen soll. Ihre sagenhafte Expertenkommission, die nun den gesamten Prozess noch einmal prüft, soll hier Empfehlungen geben. Tatsächlich wollen Sie das Parlament umgehen; tatsächlich wissen Sie nicht, wie es weitergehen soll. Wahrscheinlich hat Ihnen Ihr Finanzminister einen Strich durch die Rechnung gemacht, sodass hier nicht mehr viel laufen wird. Allerdings - das will ich an dieser Stelle nicht verschweigen - gibt es einige Punkte in Ihrer Gesetzesnovelle, die unsere Zustimmung finden können. ({7}) Dies sind vor allen Dingen die Punkte, die unter entscheidender Mitwirkung unserer Fraktion in den Entwurf aufgenommen worden sind. ({8}) Sie dienen der bereits von der Vorgängerregierung eingeleiteten und weiter dringend notwendigen Entlastung der Wohnungsunternehmen. Aus meiner Sicht und auch aus der Sicht meiner Fraktion reichen diese wenigen Highlights jedoch nicht aus, ({9}) um dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen unsere Zustimmung zu geben. So haben wir zum Beispiel eine weitere Vorziehung des Stichtages für bestandskräftige Restitutionen gewünscht. Auch hat sich in der Anhörung des Ausschusses der vorgesehene Ablösebetrag im Zusammenhang mit der Freikaufsregelung in Höhe von 200 DM pro Quadratmeter als völlig illusorisch erwiesen; 100 DM waren die oberste Grenze. Die Wohnungsunternehmen sind trotz dieser Kalamität bemüht, Lösungen im Interesse ihrer Mieter zu finden. Lassen Sie mich zum Schluss ein Beispiel aus der Praxis in meiner Region anführen. In meiner Heimatstadt Erfurt haben sich die großen Wohnungsunternehmen mit der Stadt, dem Land und einem Planungsbüro zusammengetan, um ein Gesamtkonzept zu entwickeln, wie Wohnungsleerstand abgebaut, soziale Spannungen beseitigt und das Wohnumfeld verbessert werden können. Miteinander statt gegeneinander, alle Unternehmen im Kontext, das ist hier die Devise. Aber die Voraussetzung ist: Es muss für den Abriss von Wohnungen und für die hohen Leerstände eine Entlastung geben. Es kann nicht sein, dass 150 DM pro Quadratmeter an Altschuldenhilfe gezahlt und zusätzlich die Kosten für Abriss und Wohnumfeldverbesserung getragen werden. Das ist einfach nicht Norbert Otto ({10}) zu leisten. Hier ist der Bund gefordert. Das hätten wir heute hier schon entscheiden können. ({11}) Mit den von meiner Fraktion eingebrachten Anträgen zur Novellierung des Altschuldenhilfe-Gesetzes helfen wir nicht nur den existenzbedrohten Unternehmen, sondern auch den Kommunen und letztlich den unmittelbar betroffenen Mietern in diesen Wohnungen. Deshalb bitte ich um Ihre Unterstützung, um Ihre Zustimmung zu unseren Anträgen. Vielen Dank. ({12})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Zu einer Kurzintervention erhält die Kollegin Iris Gleicke das Wort.

Iris Gleicke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000687, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Otto, wir beide sind 1990 in den Deutschen Bundestag gekommen. Ich weiß, dass der eine oder andere Kollege aus Ostdeutschland in den acht Jahren, in denen ich hier im Bundestag war und in denen Sie zusammen mit der F.D.P. regiert haben, versucht hat, ostdeutsche Interessen durchzusetzen. Sie haben sich damals bei dem heute zu entscheidenden Thema nicht durchgesetzt. Unsere Fraktion hat sich an dieser Stelle durchgesetzt. Zusammen mit der neuen Bundesregierung haben wir einen guten Gesetzentwurf vorgelegt. Ihre Kritik ist keine kritische Würdigung eines Gesetzesentwurfes, sondern nur noch Miesmacherei. Es bleibt dabei: Heute ist ein guter Tag für die Wohnungswirtschaft. ({0})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zu den Abstimmungen im Zusammen- hang mit Tagesordnungspunkt 20 a. Wir stimmen über die Gesetzentwürfe der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie der Bundesregierung zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes, Drucksa- chen 14/2983, 14/3267 und 14/3520, ab. Dazu liegt von der Kollegin Christine Ostrowski eine Erklärung zur Abstimmung nach § 31 der Geschäftsord- nung vor, die zu Protokoll genommen wird.*) Wir haben es mit sechs Änderungsanträgen zu tun, über die wir zuerst abstimmen, und zwar zunächst über die beiden Änderungsanträge, zu denen namentliche Ab- stimmung verlangt ist. Ich mache darauf aufmerksam: Beide Abstimmungen werden unmittelbar nacheinander durchgeführt werden. Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/3542. Die Fraktion der CDU/CSU ver- langt namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftfüh- rerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze ein- zunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung. - Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.*) Wir setzen die Abstimmungen mit einer weiteren namentlichen Abstimmung fort, und zwar über den Änderungsantrag der Fraktion der F.D.P. auf Drucksache 14/3545. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Plätze einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung. - Haben alle Kolleginnen und Kollegen ihre Stimmkarte abgegeben? Das ist der Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben noch eine Reihe von weiteren Abstimmungen durchzuführen. Ich bitte Sie daher, Platz zu nehmen. Ich darf die Parlamentarischen Geschäftsführer bitten, darauf zu achten, dass im Hause eine vernünftige Beratungsgrundlage gegeben ist. Wir kommen nun zu den Abstimmungen über die vier weiteren Änderungsanträge zu Tagesordnungspunkt 20 a. Zunächst zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/3541. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. abgelehnt. Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/3543. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU, F.D.P. und PDS abgelehnt. ({0}) - Das ist in Ordnung. Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/3544. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU, F.D.P. und PDS abgelehnt. Änderungsantrag der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/3549. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der PDS abgelehnt. Norbert Otto ({1}) *) Anlage 2 *) Seite 10320 Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der namentlichen Abstimmung unterbreche ich im Einvernehmen mit den Fraktionen die Sitzung. Die Sitzung ist unterbrochen. ({2})

Dr. Rudolf Seiters (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002156

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der beiden namentlichen Abstimmungen bekannt, und zwar zunächst das Ergebnis der Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/3542 zum Gesetzentwurf zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes auf den Drucksachen 14/2983, 14/3267 und 14/3520. Abgegebene Stimmen: 496. Mit Ja haben gestimmt: 218. Mit Nein haben gestimmt: 278. Enthaltungen: keine. Der Änderungsantrag ist somit abgelehnt. Vizepräsident Rudolf Seiters Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 495 ja: 218 nein: 277 Ja CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Brigitte Baumeister Dr. Sabine Bergmann-Pohl Otto Bernhardt Hans-Dirk Bierling Dr. Joseph-Theodor Blank Peter Bleser Sylvia Bonitz Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({0}) Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Paul Breuer Georg Brunnhuber Hartmut Büttner ({1}) Cajus Caesar Leo Dautzenberg Wolfgang Dehnel Albert Deß Renate Diemers Thomas Dörflinger Hansjürgen Doss Marie-Luise Dött Rainer Eppelmann Anke Eymer ({2}) Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Ulf Fink Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({3}) ({4}) Dr. Gerhard Friedrich ({5}) Dr. Hans-Peter Friedrich ({6}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Georg Girisch Dr. Reinhard Göhner Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Kurt-Dieter Grill Hermann Gröhe Manfred Grund Horst Günther ({7}) Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein Gottfried Haschke ({8}) Norbert Hauser ({9}) Klaus-Jürgen Hedrich Helmut Heiderich Ursula Heinen Manfred Heise Hans Jochen Henke Peter Hintze Klaus Hofbauer Klaus Holetschek Siegfried Hornung Joachim Hörster Georg Janovsky Dr.-Ing. Rainer Jork Irmgard Karwatzki Volker Kauder Eckart von Klaeden Ulrich Klinkert Dr. Helmut Kohl Manfred Kolbe Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Dr. Martina Krogmann Dr.-Ing. Paul Krüger Dr. Hermann Kues Dr. Norbert Lammert Helmut Lamp Dr. Paul Laufs Karl-Josef Laumann Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({10}) Dr. Manfred Lischewski ({11}) Dr. Michael Luther Dr. Martin Mayer ({12}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Bernward Müller ({13}) Bernd Neumann ({14}) Claudia Nolte Günter Nooke Franz Obermeier Friedhelm Ost Eduard Oswald Norbert Otto ({15}) Dr. Peter Paziorek Anton Pfeifer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Marlies Pretzlaff Dr. Bernd Protzner Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Christa Reichard ({16}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Volker Rühe Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Gerhard Scheu Norbert Schindler Dietmar Schlee Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({17}) Dr.-Ing. Joachim Schmidt ({18}) Andreas Schmidt ({19}) Birgit Schnieber-Jastram Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von Schorlemer Dr. Erika Schuchardt Diethard Schütze ({20}) Clemens Schwalbe Heinz Seiffert Werner Siemann Johannes Singhammer Bärbel Sothmann Margarete Späte Wolfgang Steiger Andreas Storm Dorothea Störr-Ritter Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({21}) Michael Stübgen Dr. Rita Süssmuth Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Angelika Volquartz Andrea Voßhoff Peter Weiß ({22}) Gerald Weiß ({23}) Heinz Wiese ({24}) Werner Wittlich Aribert Wolf Elke Wülfing Wolfgang Zöller F.D.P. Ina Albowitz Rainer Brüderle Horst Friedrich ({25}) Rainer Funke Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Ulrich Heinrich Walter Hirche Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Dr. Klaus Kinkel Dr. Heinrich Leonhard Kolb Gudrun Kopp Dirk Niebel Detlef Parr Cornelia Pieper Dr. Günter Rexrodt Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Gerhard Schüßler Marita Sehn Dr. Max Stadler Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk PDS Monika Balt Maritta Böttcher Eva-Maria Bulling-Schröter Roland Claus Vizepräsident Rudolf Seiters Dr. Ruth Fuchs Dr. Klaus Grehn Dr. Gregor Gysi Uwe Hiksch Dr. Barbara Höll Carsten Hübner Ulla Jelpke Sabine Jünger Gerhard Jüttemann Dr. Evelyn Kenzler Dr. Heidi Knake-Werner Rolf Kutzmutz Heidi Lippmann Ursula Lötzer Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth Angela Marquardt Kersten Naumann Rosel Neuhäuser Petra Pau Gustav-Adolf Schur Dr. Ilja Seifert Nein BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Marieluise Beck ({26}) Volker Beck ({27}) Angelika Beer Matthias Berninger Grietje Bettin Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Andrea Fischer ({28}) Katrin Dagmar GöringEckardt Rita Grießhaber Winfried Hermann Antje Hermenau Ulrike Höfken Michaele Hustedt Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke Dr. Reinhard Loske Kerstin Müller ({29}) Winfried Nachtwei Cem Özdemir Simone Probst Claudia Roth ({30}) Christine Scheel Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({31}) Werner Schulz ({32}) Christian Simmert Christian Sterzing Hans-Christian Ströbele Dr. Ludger Volmer Sylvia Voß Helmut Wilhelm ({33}) Margareta Wolf ({34}) SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans Peter Bartels Eckhardt Barthel ({35}) Klaus Barthel ({36}) Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt Dr. Axel Berg Hans-Werner Bertl Friedhelm Julius Beucher Petra Bierwirth Rudolf Bindig Kurt Bodewig Klaus Brandner Anni Brandt-Elsweier Willi Brase Dr. Eberhard Brecht Rainer Brinkmann ({37}) Bernhard Brinkmann ({38}) Hans-Günter Bruckmann Ursula Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Büttner ({39}) Marion Caspers-Merk Wolf-Michael Catenhusen Dr. Peter Danckert Christel Deichmann Karl Diller Peter Dreßen Rudolf Dreßler Detlef Dzembritzki Dieter Dzewas Sebastian Edathy Ludwig Eich Marga Elser Annette Faße Gabriele Fograscher Iris Follak Norbert Formanski Rainer Fornahl Hans Forster Peter Friedrich ({40}) Lilo Friedrich ({41}) Harald Friese Anke Fuchs ({42}) Arne Fuhrmann Prof. Monika Ganseforth Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Günter Graf ({43}) Angelika Graf ({44}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Wolfgang Grotthaus Klaus Hagemann Manfred Hampel Alfred Hartenbach Klaus Hasenfratz Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Frank Hempel Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Monika Heubaum Reinhold Hiller ({45}) Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann ({46}) Walter Hoffmann ({47}) Iris Hoffmann ({48}) Frank Hofmann ({49}) Ingrid Holzhüter Eike Hovermann Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger Jann-Peter Janssen Ilse Janz Prof. Dr. Uwe Jens Volker Jung ({50}) Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Sabine Kaspereit Susanne Kastner Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Karin Kortmann Anette Kramme Nicolette Kressl Volker Kröning Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Konrad Kunick Dr. Uwe Küster Werner Labsch Christine Lambrecht Brigitte Lange Christian Lange ({51}) Detlev von Larcher Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann ({52}) Christa Lörcher Erika Lotz Dieter Maaß ({53}) Winfried Mante Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Christoph Matschie Heide Mattischeck Markus Meckel Ulrike Merten Angelika Mertens Prof. Dr. Jürgen Meyer ({54}) Ursula Mogg Christoph Moosbauer Siegmar Mosdorf Michael Müller ({55}) Jutta Müller ({56}) Franz Müntefering Andrea Nahles Volker Neumann ({57}) Dr. Edith Niehuis Dietmar Nietan Günter Oesinghaus Eckhard Ohl Leyla Onur Manfred Opel Holger Ortel Adolf Ostertag Kurt Palis Albrecht Papenroth Prof. Dr. Martin Pfaff Georg Pfannenstein Johannes Pflug Prof. Dr. Eckhart Pick Karin Rehbock-Zureich Dr. Carola Reimann Margot von Renesse Dr. Edelbert Richter Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({58}) Birgit Roth ({59}) Thomas Sauer Dr. Hansjörg Schäfer Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Horst Schild Horst Schmidbauer ({60}) Ulla Schmidt ({61}) Silvia Schmidt ({62}) Dagmar Schmidt ({63}) Wilhelm Schmidt ({64}) Regina Schmidt-Zadel Heinz Schmitt ({65}) Carsten Schneider Dr. Emil Schnell Olaf Scholz Karsten Schönfeld Fritz Schösser Ottmar Schreiner Gisela Schröter Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann ({66}) Brigitte Schulte ({67}) Ewald Schurer Dr. R. Werner Schuster Dietmar Schütz ({68}) Dr. Angelica Schwall-Düren Ich gebe Ihnen nun das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der F.D.P. auf Drucksache 14/3545 bekannt. Abgegebene Stimmen: 494. Mit Ja haben gestimmt: 55. Mit Nein haben gestimmt: 279. Enthaltungen: 160. Der Änderungsantrag ist ebenfalls abgelehnt. Vizepräsident Rudolf Seiters Bodo Seidenthal Erika Simm Dr. Cornelie SonntagWolgast Wieland Sorge Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Rita Streb-Hesse Reinhold Strobl ({69}) Joachim Stünker Joachim Tappe Jörg Tauss Jella Teuchner Franz Thönnes Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Rüdiger Veit Ute Vogt ({70}) Hans Georg Wagner Hedi Wegener Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis ({71}) Matthias Weisheit Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Hildegard Wester Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Dr. Norbert Wieczorek Jürgen Wieczorek ({72}) Dieter Wiefelspütz Heino Wiese ({73}) Brigitte Wimmer ({74}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf ({75}) Heidemarie Wright Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 493 ja: 55 nein: 278 enthalten: 160 Ja CDU/CSU Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein F.D.P. Ina Albowitz Rainer Brüderle Horst Friedrich ({76}) Rainer Funke Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Ulrich Heinrich Walter Hirche Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Dr. Klaus Kinkel Dr. Heinrich Leonhard Kolb Gudrun Kopp Dirk Niebel Detlef Parr Cornelia Pieper Dr. Günter Rexrodt Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Gerhard Schüßler Marita Sehn Dr. Max Stadler Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk PDS Monika Balt Maritta Böttcher Eva-Maria Bulling-Schröter Roland Claus Dr. Ruth Fuchs Dr. Klaus Grehn Dr. Gregor Gysi Uwe Hiksch Dr. Barbara Höll Ulla Jelpke Sabine Jünger Gerhard Jüttemann Dr. Evelyn Kenzler Dr. Heidi Knake-Werner Rolf Kutzmutz Heidi Lippmann Ursula Lötzer Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth Angela Marquardt Kersten Naumann Rosel Neuhäuser Petra Pau Christina Schenk Gustav-Adolf Schur Dr. Ilja Seifert Nein SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans Peter Bartels Eckhardt Barthel ({77}) Klaus Barthel ({78}) Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt Dr. Axel Berg Hans-Werner Bertl Friedhelm Julius Beucher Petra Bierwirth Rudolf Bindig Kurt Bodewig Klaus Brandner Anni Brandt-Elsweier Willi Brase Dr. Eberhard Brecht Rainer Brinkmann ({79}) Bernhard Brinkmann ({80}) Hans-Günter Bruckmann Ursula Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Büttner ({81}) Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Christel Deichmann Karl Diller Peter Dreßen Rudolf Dreßler Detlef Dzembritzki Dieter Dzewas Sebastian Edathy Ludwig Eich Marga Elser Annette Faße Gabriele Fograscher Iris Follak Norbert Formanski Rainer Fornahl Hans Forster Peter Friedrich ({82}) Lilo Friedrich ({83}) Harald Friese Anke Fuchs ({84}) Arne Fuhrmann Prof. Monika Ganseforth Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Günter Graf ({85}) Angelika Graf ({86}) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Wolfgang Grotthaus Klaus Hagemann Manfred Hampel Alfred Hartenbach Klaus Hasenfratz Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Frank Hempel Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Monika Heubaum Reinhold Hiller ({87}) Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann ({88}) Walter Hoffmann ({89}) Iris Hoffmann ({90}) Frank Hofmann ({91}) Ingrid Holzhüter Eike Hovermann Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger Jann-Peter Janssen Ilse Janz Prof. Dr. Uwe Jens Volker Jung ({92}) Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Sabine Kaspereit Susanne Kastner Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Karin Kortmann Anette Kramme Nicolette Kressl Volker Kröning Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Konrad Kunick Dr. Uwe Küster Werner Labsch Christine Lambrecht Brigitte Lange Christian Lange ({93}) Detlev von Larcher Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann ({94}) Christa Lörcher Erika Lotz Dieter Maaß ({95}) Winfried Mante Dirk Manzewski Tobias Marhold Lothar Mark Christoph Matschie Heide Mattischeck Markus Meckel Ulrike Merten Angelika Mertens Prof. Dr. Jürgen Meyer ({96}) Ursula Mogg Christoph Moosbauer Siegmar Mosdorf Michael Müller ({97}) Jutta Müller ({98}) Franz Müntefering Andrea Nahles Volker Neumann ({99}) Dr. Edith Niehuis Dietmar Nietan Günter Oesinghaus Eckhard Ohl Leyla Onur Manfred Opel Holger Ortel Adolf Ostertag Kurt Palis Albrecht Papenroth Prof. Dr. Martin Pfaff Georg Pfannenstein Johannes Pflug Prof. Dr. Eckhart Pick Karin Rehbock-Zureich Dr. Carola Reimann Margot von Renesse Dr. Edelbert Richter Reinhold Robbe René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth ({100}) Birgit Roth ({101}) Thomas Sauer Dr. Hansjörg Schäfer Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Horst Schild Horst Schmidbauer ({102}) Ulla Schmidt ({103}) Silvia Schmidt ({104}) Dagmar Schmidt ({105}) Wilhelm Schmidt ({106}) Regina Schmidt-Zadel Heinz Schmitt ({107}) Carsten Schneider Dr. Emil Schnell Olaf Scholz Karsten Schönfeld Fritz Schösser Ottmar Schreiner Gisela Schröter Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann ({108}) Brigitte Schulte ({109}) Ewald Schurer Dr. R. Werner Schuster Dietmar Schütz ({110}) Dr. Angelica Schwall-Düren Bodo Seidenthal Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Wieland Sorge Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Rita Streb-Hesse Reinhold Strobl ({111}) Joachim Stünker Joachim Tappe Jörg Tauss Jella Teuchner Franz Thönnes Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Rüdiger Veit Ute Vogt ({112}) Hans Georg Wagner Hedi Wegener Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis ({113}) Matthias Weisheit Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Hildegard Wester Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Dr. Norbert Wieczorek Jürgen Wieczorek ({114}) Dieter Wiefelspütz Heino Wiese ({115}) Brigitte Wimmer ({116}) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf ({117}) Heidemarie Wright CDU/CSU Georg Girisch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Marieluise Beck ({118}) Volker Beck ({119}) Angelika Beer Matthias Berninger Grietje Bettin Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Andrea Fischer ({120}) Katrin Dagmar GöringEckardt Rita Grießhaber Winfried Hermann Antje Hermenau Ulrike Höfken Michaele Hustedt Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke Dr. Reinhard Loske Kerstin Müller ({121}) Winfried Nachtwei Cem Özdemir Simone Probst Claudia Roth ({122}) Christine Scheel Rezzo Schlauch Albert Schmidt ({123}) Werner Schulz ({124}) Christian Simmert Christian Sterzing Hans-Christian Ströbele Dr. Ludger Volmer Sylvia Voß Helmut Wilhelm ({125}) Margareta Wolf ({126}) Enthalten CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Brigitte Baumeister Dr. Sabine Bergmann-Pohl Otto Bernhardt Hans-Dirk Bierling Dr. Joseph-Theodor Blank Peter Bleser Sylvia Bonitz Jochen Borchert Wolfgang Börnsen ({127}) Dr. Wolfgang Bötsch Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Georg Brunnhuber Hartmut Büttner ({128}) Cajus Caesar Leo Dautzenberg Wolfgang Dehnel Albert Deß Renate Diemers Thomas Dörflinger Hansjürgen Doss Marie-Luise Dött Rainer Eppelmann Anke Eymer ({129}) Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Ulf Fink Ingrid Fischbach Dirk Fischer ({130}) ({131}) Dr. Gerhard Friedrich ({132}) Dr. Hans-Peter Friedrich ({133}) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Dr. Reinhard Göhner Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Kurt-Dieter Grill Hermann Gröhe Manfred Grund Horst Günther ({134}) Gottfried Haschke ({135}) Norbert Hauser ({136}) Klaus-Jürgen Hedrich Helmut Heiderich Ursula Heinen Manfred Heise Siegfried Helias Hans Jochen Henke Peter Hintze Klaus Hofbauer Klaus Holetschek Siegfried Hornung Joachim Hörster Georg Janovsky Dr.-Ing. Rainer Jork Irmgard Karwatzki Volker Kauder Eckart von Klaeden Ulrich Klinkert Dr. Helmut Kohl Manfred Kolbe Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Dr. Martina Krogmann Dr.-Ing. Paul Krüger Dr. Hermann Kues Vizepräsident Rudolf Seiters Wir sind immer noch bei Tagesordnungspunkt 20 a und kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Bundesregierung zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. bei Enthaltung der PDS angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit gleicher Stimmenmehrheit wie in der zweiten Beratung angenommen. ({137}) Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P. zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes auf Drucksache 14/3209. Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt auf Drucksache 14/3520 unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich lasse über den Gesetzentwurf der F.D.P. auf Drucksache 14/3209 abstimmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der F.D.P. bei Enthaltung von CDU/CSU und PDS abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. Wir kommen zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Fraktion der PDS zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes auf Drucksache 14/3520. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung, den Antrag auf Drucksache 14/1123 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der PDS angenommen. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Novellierung des Altschuldenhilfe-Gesetzes auf Drucksache 14/3520. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung, den Antrag auf Drucksache 14/1954 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. bei Enthaltung der PDS angenommen. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Fraktion der PDS zu einem Programm zur nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung und zum Erhalt von Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften in strukturschwachen Regionen der neuen Länder auf Drucksache 14/3520. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 5 seiner Beschlussempfehlung, den Antrag auf Drucksache 14/2632 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der PDS angenommen. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu dem Antrag der Fraktion der PDS zur Aufhebung der Privatisierungspflicht im Altschuldenhilfe-Gesetz und der Sanktionen bei Nichterfüllung, Drucksache 14/3520. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 6 seiner Beschlussempfehlung, den Antrag auf Drucksache 14/2804 abzulehnen. Wer stimmt für diese Vizepräsident Rudolf Seiters Dr. Norbert Lammert Helmut Lamp Dr. Paul Laufs Werner Lensing Peter Letzgus Ursula Lietz Walter Link ({138}) Dr. Manfred Lischewski ({139}) Dr. Michael Luther Dr. Martin Mayer ({140}) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Friedrich Merz Bernward Müller ({141}) Bernd Neumann ({142}) Claudia Nolte Günter Nooke Franz Obermeier Friedhelm Ost Eduard Oswald Norbert Otto ({143}) Dr. Peter Paziorek Anton Pfeifer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Marlies Pretzlaff Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Peter Rauen Christa Reichard ({144}) Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Volker Rühe Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Gerhard Scheu Norbert Schindler Dietmar Schlee Bernd Schmidbauer Christian Schmidt ({145}) Dr.-Ing. Joachim Schmidt ({146}) Andreas Schmidt ({147}) Birgit Schnieber-Jastram Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von Schorlemer Dr. Erika Schuchardt Diethard Schütze ({148}) Clemens Schwalbe Heinz Seiffert Werner Siemann Johannes Singhammer Bärbel Sothmann Margarete Späte Wolfgang Steiger Andreas Storm Dorothea Störr-Ritter Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl ({149}) Michael Stübgen Dr. Rita Süssmuth Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Angelika Volquartz Andrea Voßhoff Peter Weiß ({150}) Gerald Weiß ({151}) Heinz Wiese ({152}) Werner Wittlich Aribert Wolf Elke Wülfing Wolfgang Zöller Beschlussempfehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der PDS angenommen. Ich rufe nunmehr den Zusatzpunkt 8 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen ({153}) - Drucksachen 14/2958, 14/3282 - a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit ({154}) - Drucksache 14/3538 - Berichterstattung: Abgeordnete Gudrun Schaich-Walch b) Bericht des Haushaltsausschusses ({155}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 14/3539 Berichterstattung: Abgeordnete Walter Schöler Manfred Kolbe Matthias Berninger Jürgen Koppelin Dr. Christa Luft Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Ich muss dazu das Einverständnis des Hauses einholen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der Parlamentarischen Staatssekretärin Christa Nickels.

Christa Nickels (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001601

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern ist es endlich gelungen, die gesetzliche Grundlage für eine bessere Entschädigung der Frauen zu schaffen, die im Rahmen einer Anti-D-Immunprophylaxe mit Hepatitis C infiziert worden sind. Schon mehr als 20 Jahre liegt dieser größte Arzneimittelskandal in der ehemaligen DDR zurück, bei dem über 2 300 Personen mit Hepatitis C infiziert wurden. Deshalb freue ich mich sehr, dass es nun endlich gelungen ist, eine bessere Entschädigung für diese Frauen zu erreichen. Es war äußerst schwierig, diesen Kompromiss zu finden, weil sehr unterschiedliche Interessen, Gesichtspunkte und rechtssystematische Aspekte unter einen Hut gebracht werden mussten. Ich weiß, dass das Leid der betroffenen Frauen sicher nicht durch eine Verbesserung der materiellen Situation aufgewogen werden kann. ({0}) Aber trotzdem ist eine materielle Absicherung ein wichtiger Schritt, mit dem endlich anerkannt wird, dass die Frauen Opfer einer Straftat wurden. ({1}) Ich möchte ausdrücklich allen, die an dieser Lösung, die wir heute beraten können, beteiligt waren, im Interesse der betroffenen Frauen danken, und zwar allen beteiligten Bundesländern, auch den hier im Bundestag vertretenen Fraktionen, die engagiert beraten und uns unterstützt haben. ({2}) Die Bundesregierung hatte bei ihrem Amtsantritt versprochen, die materielle Situation der Opfer zu verbessern. Sie hat dieses Versprechen gehalten, indem sie dies unmittelbar nach der Regierungsübernahme angegangen ist. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Betroffenen werden nun eine monatliche Rentenzahlung zwischen 500 und 2 000 DM erhalten, die nach dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit gestaffelt ist. Die Beträge werden jährlich dynamisiert. Die Rentenhöhe ist eine deutliche Verbesserung zum Status quo, bei dem die Grundrente lediglich zwischen 191 und 996 DM liegt. Darüber hinaus ist eine Einmalzahlung vorgesehen, die zusätzlich den Geschädigten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit zwischen 10 und 20 Prozent zugute kommt. Diese zusätzliche Leistung trägt sowohl dem humanitären Gesichtspunkt als auch dem Schmerzensgeldgedanken Rechnung. ({3}) Die Finanzierung der Renten erfolgt hälftig durch Bund und Länder, wobei der Bund die Einmalzahlung alleine trägt. Die Beratungen in Bundesrat und Bundestag haben vor allem zu Präzisierungen im Gesetz geführt. Eine materielle Verbesserung wird der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen mit sich bringen. Er sieht vor, dass die Krankenbehandlung auch in Zukunft nach dem Bundesversorgungsgesetz erfolgen soll, so, wie es die betroffenen Frauen gefordert haben. Viele Betroffene hatten sich weitere Verbesserungen gewünscht. Dafür habe ich vollstes Verständnis. Ich persönlich und viele andere Kolleginnen und Kollegen haben sich an dem einen oder anderen Punkt für andere Regelungen eingesetzt. Das war aber nicht umsetzbar, weil sonst die ausgewogene Balance dieses sehr komplexen Systems von Hilfe und Finanzierung erneut ins Wanken geraten wäre. Der mühsam hergestellte Konsens zwischen den verschiedenen beteiligten Akteuren wäre dann mit Sicherheit wieder zerbrochen. Für die Betroffenen hätte das bedeutet, dass diese unendliche Geschichte mit ungewissem Ausgang womöglich auf den SanktNimmerleins-Tag verschoben worden wäre und der bisherige unbefriedigende Rechtszustand weiter fortbestanden hätte. Vizepräsident Rudolf Seiters Als Beispiel dafür, dass von dem, was sich die Frauen und andere gewünscht hätten, viel diskutiert und besprochen worden ist, sei die Anrechnung der Sozialleistungen bei den Renten genannt. Dieses Anliegen, das sehr umfangreich geprüft und ausreichend vorgebracht worden ist, ist aus Sicht der Betroffenen natürlich durchaus nachvollziehbar. Die Beteiligten und alle, die sich auf diesem Gebiet schon länger engagiert haben, wissen, dass sich damit eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe befasst hat, an der sich alle Bundesländer beteiligt haben. Verschiedene Beteiligte mussten mit einbezogen werden, denn ohne diese Einbeziehung wäre der Gesetzentwurf so nicht zustande gekommen. Es war so, dass eine Nichtanrechnung eine Privilegierung gegenüber anderen Rentenempfängern wie zum Beispiel Contergan-Geschädigten oder aber den SED-Opfern bedeutet hätte und deshalb nicht umzusetzen war. Immerhin haben wird dann aber gemeinsam erreicht, dass die Rentenzahlungen nur zur Hälfte auf Sozialleistungen angerechnet werden. Alle an den Verhandlungen Beteiligten wissen, wie schwer es war, zu einer von allen getragenen Lösung zu kommen. Dieser schwierige Prozess hat aber dann dazu geführt, dass die heute vorgelegten Verbesserungen für die Frauen von einem breiten Konsens getragen werden. Im Gesundheitsausschuss haben alle Fraktionen dem nunmehr vorliegenden Gesetzentwurf zugestimmt. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch hier im Plenum zu einer eindeutigen, von der breiten Mehrheit getragenen Beschlussfassung kommen werden. ({4}) Ich möchte noch einmal allen Beteiligten, auch hier im Haus, für die zügigen Beratungen danken, denn nur dadurch - Herr Lohmann, das war auch ein Punkt, den wir besprochen haben - wird es möglich, dass der Bundesrat das Gesetz noch vor der Sommerpause abschließend beraten kann. Wir wollen alle, dass die Leistungen rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres fließen können. Dies war sehr wichtig. Dafür möchte ich allen und ausdrücklich auch Ihnen und Ihrer Fraktion danken. ({5}) - Ja, auch den Obleuten. Ich bin mir sicher, dass die Länder ebenso zügig die Umsetzung des Gesetzes einleiten werden, sodass die betroffenen Frauen dann bald von den Regelungen profitieren können. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. ({6})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Lohmann, CDU/CSU-Fraktion.

Wolfgang Lohmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001369, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die freundlichen Worte, die Sie uns für die zügige Beratung ausgesprochen haben. Aber diese Freundlichkeit, Frau Staatssekretärin, wird mich nicht dazu veranlassen, die Kritik, die wir an dieser Lösung und diesem Gesetzeswerk vorzubringen haben, nicht vorzutragen. Prinzipiell begrüßen wir es, dass nach der von der unionsgeführten Bundesregierung geleisteten Vorarbeit durch immer wieder neue Anstöße nun eine Lösung zustande gekommen ist, die dazu führt, dass es endlich finanzielle Hilfen für Hepatitis-C-infizierte Frauen in der ehemaligen DDR geben soll. In der Vergangenheit haben wir feststellen müssen, dass die Bundesländer und hier insbesondere die A-Länder, also die SPD-geführten Länder, sehr zurückhaltend - vorsichtig ausgedrückt - reagiert haben, wenn es um diese Fragen und insbesondere um die Beteiligung an den Kosten ging. Ich will und kann nicht verschweigen, dass dieser Kompromiss deutlich hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben ist, auch hinter den Erwartungen der Betroffenen. Die Unzulänglichkeit des vorgelegten Gesetzentwurfes wird insbesondere in folgenden Punkten gesehen: Das Erste ist die Beschränkung der vom Bund für die Einmalzahlung vorgesehenen 15 Millionen DM auf erwerbsunfähige Frauen. Das Zweite sind die in der Höhe unzureichenden monatlichen Rentenleistungen und das Dritte ist die eben schon von Ihnen genannte hälftige Anrechnung der monatlichen Rentenleistungen auf Sozialleistungen. Im Übrigen verstehe ich Ihre Logik nicht so ganz. Einerseits verweisen Sie darauf, dass auch bei den Contergan-Geschädigten eine Anrechnung stattfinde. Andererseits sagen Sie dann im nächsten Satz: Aber es ist uns wenigstens gelungen, hier nur eine hälftige Anrechnung Platz greifen zu lassen. Eigentlich hätten Sie sagen müssen: Wir wollen ab sofort auch bei den Contergan-Geschädigten nur noch eine hälftige und keine volle Anrechnung mehr. Ihre Logik erschließt sich mir nicht ganz. Im Ausschuss am Mittwoch dieser Woche lagen Änderungsanträge zur Höhe der monatlichen Rentenleistungen und zu der Anrechnung der Entschädigung auf Sozialleistungen vor. Diese sind aber mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt worden. Dies muss die Betroffenen besonders schmerzen. Sie müssen sich das sage ich mit aller Deutlichkeit - von Rot-Grün verschaukelt vorkommen. Denn der Kollege Horst Schmidbauer - er ist wenigstens heute da, am Mittwoch hat er es nicht mehr für nötig gehalten, noch zu kommen - hat im Herbst 1996 zu diesem Thema „Anti-D-Immunprophylaxe“ eine Große Anfrage gestartet. In einer Debatte im November 1999 zitierte er aus der so genannten Geheimen Verschlusssache der Staatssicherheit: Die folgerichtige Anerkennung der Hepatitiserkrankungen als Impfschaden in Verbindung mit der staatlichen Haftung macht hohe finanzielle Anforderungen für die Geschädigten erforderlich. Er kommentierte dann dieses Zitat: Man kann nur sagen: wie Recht die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit hatten. Selbst in der Pressemitteilung vom 10. Mai dieses Jahres haben Sie, Herr Schmidbauer, anlässlich der Anhörung zu diesem Gesetz wie folgt Stellung genommen: Für eine sozial akzeptable Lösung ist es notwendig, die bewilligten finanziellen Ressourcen schon für dieses Jahr auszuschöpfen. Dafür müssen die im Gesetzentwurf vorgesehenen monatlichen Entschädigungszahlungen aufgestockt werden. Sie, Herr Kollege Schmidbauer, und Ihre Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition haben die Betroffenen an der Nase herumgeführt. Sie haben hohe Erwartungen geweckt; Sie haben die betroffenen Frauen und Mütter seit Jahren mit leeren Versprechungen getäuscht. Das kann ich nachweisen: Noch am 14. September 1998, also mitten im Bundestagswahlkampf, haben Sie gesagt: Da bleibt den Opfern nur die berechtigte Hoffnung, dass eine SPD-geführte Regierung mit dem menschenunwürdigen Schauspiel - das wir angeblich geboten hätten ein Ende macht. Gerhard Schröder und seine Regierung werden die Opfer nicht im Regen stehen lassen. ({0}) Sie haben, als Sie bei der Einbringung sprachen - Sie werden heute anscheinend nicht mehr sprechen -, diesen Entwurf in den höchsten Tönen gelobt. Ich will Ihnen die Zitate im Einzelnen ersparen. Sie haben sich bei allen, auch bei der Ministerin, für die Aktivitäten bedankt. Inzwischen scheinen Sie sich eines anderen besonnen zu haben. Wenn ich derart starke Worte gebrauche - was, wie Sie wissen, nicht unbedingt meine Art ist -, dann will ich Ihnen auch einige Zitate bringen und sagen, warum ich das tue. Herr Schmidbauer und einige andere haben im Auftrag ihrer Fraktion bei den verschiedensten Gelegenheiten unsere Vertreter, vor allen Dingen den damaligen Bundesminister Seehofer, aber auch Herrn Zöller und mich, in geradezu übler Weise verleumdet. Ich zitiere beispielsweise aus der Rede von Herrn Schmidbauer vom 29. Juni 1995. Als es um die HIV-Frage ging, erhob er den Vorwurf, es werde auf Billiglösungen spekuliert. Und weiter hieß es: Dies ist beschämend. Das Spiel mit der Zeit ist ein Spiel mit dem Tod. Denn Woche für Woche sterben Opfer dieses Skandals. Im Protokoll folgt dann eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lohmann: Herr Kollege Schmidbauer, ich möchte Sie in allem Ernst fragen, ob Sie das, was Sie gesagt haben, aufrechterhalten wollen. Ich könnte verstehen, dass Sie und viele andere - das habe ich schon vorhin gesagt über den Umfang des Ganzen und auch über Teile des Inhaltes enttäuscht sind. Aber die Unterstellung, dass wir, das Ministerium und die Koalition, ein schändliches Spiel mit dem Leben trieben, weil wir darauf spekulierten, dass bis zum In-Kraft-Treten weitere Opfer gestorben sind, ist so ungeheuerlich, dass ich Sie bitten möchte, das noch einmal zu überdenken. Darauf antwortet Herr Schmidbauer: „Ich darf wiederholen: Es wird auf diese Billiglösungen spekuliert.“ Auf meine Frage, ob er den Vorwurf aufrecht halte, kam die Antwort: „So ist es.“ Meine Damen und Herren, ich bitte deswegen um Verständnis dafür, dass mir das heute noch hochkommt, was Sie uns seinerzeit vorgehalten haben. Das ist ja nicht das einzige Mal in diesem Zusammenhang; ich könnte noch mehrere Zitate bringen. Nachdem Sie zunächst alles begrüßt hatten, sind Sie gestern hingegangen und haben sich mit den Betroffenen solidarisiert, die einem ja wirklich Leid tun können, und folgende Meldung verbreiten lassen: Die Fraktionsmitglieder Horst Schmidbauer und Richard Schuhmann - er sitzt ja neben Ihnen - haben sich gegen diesen Entwurf gewehrt. Weiter heißt es: „Der Entwurf sei eine makabere und skandalöse Lösung.“ - So kann man doch nicht mit Menschen umgehen, ({1}) mit Sicherheit nicht mit Politikern, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Rot-Grün hatte es in der Hand, für die angekündigten Versprechen zu streiten und bei den Ländern zu kämpfen. Sie, meine Herren, haben das mit den Möglichkeiten, die Sie hatten, sicherlich getan, aber Rot-Grün insgesamt, vor allen Dingen die größere Regierungsfraktion, die SPD, offensichtlich nicht, im Gegenteil. Bei den für die monatlichen Rentenleistungen zur Verfügung stehenden Mitteln in Höhe von 6,1 Millionen DM sind Sie sogar hinter dem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz zurückgeblieben. 10 Millionen DM waren vorgesehen. Zu Recht schreibt der Ministerin jetzt eine der betroffenen Frauen: Wo bleiben die restlichen 3,9 Millionen DM, die für die Entschädigung der Opfer bewilligt wurden? Weiter die schreibt die Frau: Hand aufs Herz, Frau Gesundheitsministerin, wird hier auf Kosten der Opfer gespart? Die Ministerin selbst hat in ihrer Pressemitteilung vom 11. November 1999 der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass dank der zusätzlichen Bereitstellung von 15 Millionen DM für Einmalzahlungen, die dem Schmerzensgeldgedanken Rechnung tragen, jetzt höhere monatliche Rentenleistungen möglich sind. Die Betroffene hatte natürlich gehofft - vielleicht geben Sie das an die Frau Ministerin weiter, Frau Staatssekretärin -, dass man die Ministerien beim Wort nehmen könnte. Sie rechnet in einem an alle Ausschussmitglieder verteilten Brief - deswegen darf ich das zitieren - vor, Wolfgang Lohmann ({2}) dass sie gegenwärtig bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 Prozent 900 DM Krankengeld im Monat plus 258 DM an Versorgungsleistungen erhält. Nach dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf erhält sie statt der monatlichen 258 DM zwar 800 DM an Rente, doch 400 DM davon gehen an das Sozialamt, weil ja die Hälfte der Rente, wie eben gesagt, angerechnet wird. Damit erhält sie nach der neuen Regelung lediglich 142 DM mehr als bisher schon. Sie selbst sagt: Frau Fischer, das ist keine angemessene Hilfe, das ist ein Witz. In diesem speziellen Fall möchte ich da auch nicht widersprechen. Meine Damen und Herren, ich kann die Empörung verstehen. Es war Herr Seehofer, der Gralshüter der Rechte der Betroffenen, der ihnen Hilfe versprochen hat. Ich kann verstehen, dass sie nun enttäuscht sind. Ich halte die Niederlegung der Berichterstattung, die Herr Kollege Schmidbauer gestern angekündigt hat, für unangemessen. Was heißt schon Niederlegung der Berichterstattung? Wenn Sie, Herr Schmidbauer, Ihre Glaubwürdigkeit wiedergewinnen wollten - das muss ja eigentlich Ihr Interesse als Mensch sein -, dann sollten Sie das Mandat niederlegen. Dann würde man sagen: Das ist Haltung. ({3}) Wenn man von den eigenen Mitgliedern so enttäuscht wird, wie Sie es, wie ich hoffe, sind, weil Sie das Ganze ernst gemeint haben, dann hätte ich mindestens erwartet, Herr Schmidbauer, dass Sie am Mittwoch in den Ausschuss gekommen wären und wenigstens dort für Ihre Interessen und Ihre Vorstellungen gekämpft hätten. Das ist nicht geschehen. Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen allen empfehlen - wir haben uns dazu auch entschlossen -, sich mit diesem Kompromiss zu versöhnen. Die Zeit ist schon weit fortgeschritten; das ist mit Recht gesagt worden. Manchmal ist es besser, den Spatzen in der Hand zu haben als die Taube auf dem Dach. Deswegen wird die CDU/CSU-Bundestagsfraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung letztendlich nicht verweigern. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hätte Ihnen die gewünschten Verbesserungen bei der Rente und den Verzicht auf die hälftige Anrechnung der Entschädigung auf die Sozialleistungen gegönnt, meine Damen und Herren aus den Kreisen der Betroffenen, aber offenbar war die rot-grüne Bundesregierung entgegen ihren vollmundigen Ankündigungen nicht in der Lage, mit den Ländern in diesem Sinne einen Konsens zu finden. Das tut uns Leid. Wir haben es aber nicht ändern können. Ich bedanke mich. ({4})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile nun Kollegin Gudrun Schaich-Walch von der SPD-Fraktion das Wort.

Gudrun Schaich-Walch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001939, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr verehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lohmann, Sie haben auch mit Ihrer Wortgewalt, Ihren Angriffen gegen Einzelne nicht darüber hinwegtäuschen können, dass Ihnen zu Ihrer Regierungszeit ein Kompromiss mit den Ländern nicht gelungen ist, ({0}) dass die Frauen acht Jahre lang ohne etwas dastanden und dass Ihr Finanzminister zu keiner Zeit bereit gewesen ist, 15 Millionen DM für Einmalzahlungen zur Verfügung zu stellen. ({1})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Aribert Wolf? Nein, sie gestattet keine Zwischenfrage. ({0}) Sie können fortfahren.

Gudrun Schaich-Walch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001939, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Der zweite Punkt ist der, dass Sie auch vorgestern in der Ausschusssitzung große Bedenken angemeldet haben, ob dieses Gesetz, so wie es jetzt vorliegt, im Bundesrat überhaupt eine Zustimmung findet. Die Bedenken, die Sie hatten, waren vor einiger Zeit sehr berechtigt, weil im Bundesrat Anträge aus den Ländern Sachsen und Thüringen vorlagen, den Gesetzentwurf, den Kompromiss, abzulehnen, und es wurde die hundertprozentige Anrechnung der Sozialhilfe gefordert. Die Antragsteller sind keine SPD-geführten Länder. Dieses Problem hatten Sie damals; wir hatten dieses Problem auch. Wir haben dieses Problem gelöst. Wir hätten Ihnen daraus keinen Vorwurf gemacht, wenn Sie nicht in dieser Art und Weise jetzt darüber diskutiert hätten. ({0}) Frau Staatssekretärin hat es schon gesagt, und ich sage es auch für uns: Wir hätten für die Frauen gern mehr erreicht, aber wir mussten auch im Auge behalten, dass das leider kein einmaliger Fall ist, sondern dass wir ähnlich gelagerte Fälle haben. Wir sind bei diesen ähnlich gelagerten Fällen, wie zum Beispiel bei Fragen von Gesundheitsschädigungen im Zusammenhang mit dem SED-Unrechtsbereinigungsgesetz, zu ganz anderen Lösungen gekommen. - Warum sind wir zu diesen Ergebnissen gekommen? Wir sind dazu gekommen, weil wir klar sagen müssen: Wir haben immer wieder einen Kompromiss gefunden und müssen weiter Kompromisse finden, die sich in der Zustimmungsfähigkeit des Bundesrates und der Finanzkraft sowohl der alten als auch der neuen Länder niederschlagen. Wolfgang Lohmann ({1}) Ich möchte klar darauf hinweisen, was letztendlich bewegt worden ist: Bei einer Erwerbstätigkeitsminderung von 30 Prozent gibt es jetzt eine Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz von monatlich 500 DM statt vorher 191 DM, bei einer 50-prozentigen Erwerbsminderung gibt es statt 349 DM 1 100 DM und bei einer 100-prozentigen Minderung gibt es statt 996 DM 2 000 DM. ({2}) - Ich möchte Sie einmal fragen, wie Sie das mit der Sozialhilfe in Ihren Ländern regeln, wenn Sie die Nachrangigkeit der Sozialhilfe beseitigen. Ich warte auf den Antrag von Ihrer Seite. Sie wissen genau, dass das im Bundesrat nicht tragfähig ist. Sie wissen auch: Wenn wir diesen Kompromiss nicht bekommen - ich will Ihnen nicht unterstellen, dass das Ihre Zielsetzung ist - ({3}) - Ja, ich bin auch sehr vorsichtig. - Wenn wir dieses Gesetz deshalb nicht verabschieden können, weil wir es nicht rechzeitig durch den Bundesrat bringen, werden die Frauen rückwirkend nichts bekommen und die Einmalzahlung kann in diesem Jahr nicht ausgeschüttet werden. Die Einmalzahlung bedeutet für viele Frauen in dieser Republik, dass sie einen erheblichen Betrag von bis zu 30 000 DM bekommen. Diese Möglichkeit ist verspielt, wenn wir das Gesetz nicht durch den Bundesrat bringen. Die Frauen stünden dann wieder mit leeren Händen da. Warum stehen sie mit leeren Händen da? - Weil die Politik nicht in der Lage war, kompromissfähig zu sein. Sie war es acht Jahre lang nicht, ist es aber jetzt und darüber sollten wir froh sein, auch wenn das, was wir erreichen wollten, nicht vollständig erreicht worden ist. ({4}) Sie wissen doch alle aus Ihren Erfahrungen im Vermittlungsausschuss mit dem Bundesrat: Wenn Sie einen Kompromiss suchen, decken sich die Ergebnisse am Ende der Kompromissfindung nicht immer mit den Vorstellungen, die Sie anfangs hatten. Ich bin aber nicht bereit, das Erreichte kleinzureden. Wir haben letztlich auch erreicht, dass Halbwaisen statt einer Rente in Höhe von monatlich 169 DM demnächst 600 DM bekommen werden. Wir haben in den Verhandlungen auch eine Verbesserung der Krankenbehandlung durchgesetzt. Wenn Sie jetzt hier behaupten, es sei alles so furchtbar und schlimm, und trotzdem dem Ganzen zustimmen, bin ich der Überzeugung, dass Sie am Ende der Meinung sind, man sollte den Kompromiss als Erfolg werten. Er ist nicht das, was wir uns alle gewünscht hatten, er ist aber eine echte Verbesserung für die Frauen. ({5})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich gebe jetzt der Parlamentarischen Staatssekretärin Frau Nickels nach § 43 der Geschäftsordnung das Wort.

Christa Nickels (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001601

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe um das Wort gebeten, um hier drei Dinge klarzustellen. Es ist so gewesen, dass sich der frühere Gesundheitsminister Seehofer sehr für diese Regelung eingesetzt hat. Er hat es bis zum September 1998 aber nicht geschafft, den Anteil von 5 Millionen DM, den die damalige Bundesregierung schultern wollte - heute schultert der Bund mehr -, bei seinem Finanzministerkollegen zu etatisieren. Das ist aktenkundig: Er hat sich sehr bemüht, hat es aber nicht von Herrn Waigel etatisiert erhalten. Frau Ministerin Fischer jedoch hat die Summe sofort etatisiert - wir hatten bei Amtsantritt einige Konfusionen - vorgefunden. Daraufhin haben alle Bundesländer in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Frau Ministerin Fischer gebeten, den Gesetzentwurf selbst vorzulegen; Thüringen hat seine Initiative später zurückgezogen. Ich habe der Ministerin damals persönlich davon abgeraten, weil es für sie ein hohes Risiko darstellte. Es handelte sich um einen großen Interessenkonflikt und wir mussten Angst haben, dass die Initiative scheitert und die Ministerin das Scheitern hätte verantworten müssen. Die Länder - das waren nicht nur SPD-geführte Länder - haben die Ministerin darum gebeten, weil sie sich erhofft haben, dass hier ein Schwung für die Finanzminister der Länder käme, endlich das Geld zu etatisieren. Das hat die Ministerin getan, weil es ihr wichtig war, dass die Frauen endlich Rechtssicherheit und eine Verbesserung bekommen. Ich möchte Sie wirklich bitten - auch Sie, Herr Lohmann, wenn Sie Verletzungen aus früheren Debatten haben -: Es geht jetzt nicht um uns Politiker und um unsere Verletzungen. Es geht um das, was wir in intensiven Verhandlungen erreicht haben. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat unter anderem die Vermeidung der Anrechnung auf die Sozialhilfe kategorisch abgelehnt, Herr Wolf. Ich habe jetzt aber keine Lust, Noten zu verteilen. Wir sind alle einmal über unseren Schatten gesprungen, damit die Frauen endlich diese Verbesserungen bekommen und das unwürdige Spiel zu deren Lasten aufhört. Ich bitte Sie, das in dieser Debatte zu berücksichtigen, weil wir uns sonst alle schämen müssten. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich mache die Fraktion der CDU/CSU darauf aufmerksam, dass sie die Möglichkeit zur Erwiderung hat. ({0}) - Nein. Ich bedanke mich bei Ihnen. Jetzt hat der Kollege Detlef Parr von der F.D.P.-Fraktion das Wort.

Detlef Parr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001676, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus dieser Debatte wird eines klar: Sie, RotGrün, haben im Bundesrat auch in dieser menschlich anrührenden Frage eine Blockadepolitik betrieben. Das ist keine Frage. ({0}) Es war ein Teil Ihrer Strategie des Bundestagswahlkampfes - zulasten der Schwachen, denen gegenüber Sie vorgeben, ihr Anwalt zu sein. Das können wir Ihnen heute nicht durchgehen lassen. ({1}) Ich bedaure, dass die Diskussion in dieser Weise geführt wird, weil ich davon ausgegangen bin, dass wir eine einvernehmliche Diskussion führen, auch wenn Herr Schmidbauer dazu beigetragen hat, dass einige Missklänge entstanden sind. 1994 bin ich Mitglied des Untersuchungsausschusses zu den aidsverseuchten Blutkonserven gewesen. Wir haben darüber beraten, wie wir den Betroffenen helfen können. Wir haben große Schwierigkeiten gehabt, uns zu bestimmten Entschädigungsleistungen durchzuringen. Auch ich habe damals große Sorgen und Bedenken gehabt und mich gefragt, wie lange wir brauchen, um zu entsprechenden Beschlüssen und Entscheidungen zu kommen. Bei dieser Frage ist es aus vielerlei Gründen ähnlich gewesen. Dazu ist genug gesagt worden. Ich brauche darauf nicht mehr einzugehen. Wir haben im Zuge der Verhandlungen zum Einigungsvertrag beschlossen, diese Fälle, über die wir heute reden - die Betroffenen erhielten bis zu diesem Zeitpunkt Leistungen nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten -, nach dem Bundes-Seuchengesetz einzustufen und mit dem Bundesversorgungsgesetz in Einklang zu bringen. Dies konnte allerdings durch eine Fehleinschätzung der Schäden nicht in einem ausreichenden Umfang geschehen. Wir haben versucht, die im Zuge der Wiedervereinigung entstandene Lücke zu schließen. Wir sind heute dabei, diesen Entscheidungsprozess zu Ende zu bringen. Gott sei Dank! Mittlerweile sind sich alle Beteiligten einig: Es muss etwas geschehen. Es kommt jetzt darauf an, den Frauen und ihren Angehörigen schnell zu helfen. Dies ist mit Unterstützung der Länder, die den vorgelegten Gesetzentwurf mit den am Mittwoch im Gesundheitsausschuss beschlossenen Änderungen mittragen, und nach einem schwierigen Entscheidungsprozess, wie wir alle wissen, geschehen. Die Staffelung der monatlichen Rentenzahlungen gemäß der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist aus unserer Sicht, Herr Schmidbauer, sachgerecht. Die monatlichen Renten werden zwischen 500 DM bei 30-prozentiger Erwerbsminderung und 2 000 DM bei einer Erwerbsminderung von 70 Prozent und mehr liegen. Hinzu kommen die Einmalzahlungen, die zwischen 7 000 DM - Erwerbsminderung 10 bis 20 Prozent - und 30 000 DM - Erwerbsminderung 60 Prozent und mehr liegen. Wir hatten uns gefreut, dass wir nun eine von einem breiten Konsens getragene Lösung gefunden hatten. Ich war gestern wie vom Schlag gerührt, als ich eine Tickermeldung in die Hand bekam, in der es hieß, dass Kollege Schmidbauer in letzter Minute ausschert und sich zum Hüter einer Moral aufschwingt, die man nur doppelbödig nennen kann, liebe Kolleginnen und Kollegen. ({2}) Der liebe Kollege Schmidbauer blieb dazu noch der abschließenden Beratung im Gesundheitsausschuss fern und verzichtete darauf, um eine Mehrheit für seine höheren Ansprüche zu kämpfen - eine Haltung, die ich nicht verstehen kann. Seine Konsequenz - Zitat -: Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, der SPD-Bundestagsabgeordnete Horst Schmidbauer, gab nach der Entscheidung seiner Fraktion demonstrativ die Berichterstattung für das Gesetz im Bundestag ab, weil er die Verschlechterungen für die Opfer nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könne. Meine Damen und Herren, es ist zu billig zu erklären, die partei- und fraktionsübergreifend mit den Ländern erarbeitete Lösung nicht mit dem Gewissen vereinbaren zu können. Sie wissen genau, Herr Kollege Schmidbauer, dass höhere Forderungen zu diesem Zeitpunkt ein Scheitern des Gesetzentwurfes im Bundesrat zur Folge hätten. Ich wehre mich dagegen, dass Sie die Kolleginnen und Kollegen unseres Ausschusses, die vor dem genannten Hintergrund dem Gesetzentwurf teilweise mit Bauchschmerzen zugestimmt haben, quasi als gewissenlose Gesellen darstellen. Das ist nicht fair, meine Damen und Herren. ({3}) Noch eine Anmerkung zu den Anträgen, die die PDS im Gesundheitsausschuss eingebracht hat. Sie sind zwar gut gemeint und inhaltlich in Ordnung, aber vor dem Hintergrund einer schnellstmöglichen Lösung nicht akzeptabel. Es ist absehbar, dass die Länder einer weiteren Aufstockung der Entschädigungssummen und dem vollständigen Verzicht auf Anrechnung dieser Zahlungen auf die Sozialhilfe nicht zustimmen werden. Insofern lehnt die F.D.P. diese Änderungsanträge ab. Es kommt jetzt darauf an, den Frauen und ihren Angehörigen schnell zu helfen. Deshalb stimmen wir einem Kompromiss zu, der nicht alle Wünsche bis ins Letzte erfüllt, der aber unverschuldete Leiden angemessen lindern hilft. ({4})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Jetzt hat das Wort die Kollegin Dr. Ruth Fuchs, PDS-Fraktion.

Dr. Ruth Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000615, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist so, dass die betroffenen Frauen zu DDR-Zeiten Opfer einer Straftat geworden sind. Diese Tatsache steht fest. Ich möchte sie auch nicht kleinreden. Aber auf der anderen Seite muss man einräumen: Dass wir heute über das Anti-D-Hilfegesetz reden müssen, ist eine der Folgen des Einigungsvertrages; denn in den Verhandlungen über diesen Vertrag wurde ein Fehler gemacht ({0}) - richtig, der Verursacher; ich möchte hier richtig verstanden werden; ich habe zugegeben, dass es eine Straftat gewesen ist -, weil die durch Anti-D-Immunprophylaxe verursachten Gesundheitsschäden rechtlich als Impfschäden und nicht als Arzneimittelschäden anerkannt wurden. Wenn die Gesundheitsschäden als Impfschäden anerkannt worden wären, dann müssten wir heute über dieses Gesetz nicht reden. ({1}) Man muss feststellen, dass die rechtliche Anerkennung der Gesundheitsschäden als Impfschäden der Situation der Frauen und ihren Entschädigungsansprüchen, auf deren Durchsetzung sie ein Recht haben, nicht gerecht wird. Ich muss auch darauf hinweisen - deshalb tut mir das jetzige Parteigeplänkel weh -: Alle Fraktionen waren sich damals darüber einig, dass zur Unterstützung der betroffenen Frauen ein eigenes Gesetz gemacht werden muss. Nun kann man kritisch fragen: Wo liegen die Ursachen? Aber selbst dann, wenn wir diese Frage beantworten könnten, wären keine höheren Entschädigungszahlungen möglich. Die alte Regierung konnte diese Frage nicht bis zum Herbst 1998 abschließend prüfen. Nun hat die neue Regierung - ja, Frau Nickels, Frau Fischer hat das in die Hand genommen - dies vorwärts gebracht und hat für Verbesserungen gesorgt. Das muss man anerkennen. Trotzdem muss ich noch einige kritische Anmerkungen machen. Bereits per Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom Herbst 1999 wurde eine Summe in Höhe von 15 Millionen DM für Rentenzahlungen bereitgestellt. Deswegen bleibt es den betroffenen Frauen und auch mir unverständlich, dass in dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf diese finanziellen Möglichkeiten zurückgeschraubt werden und nur noch von 10 Millionen DM die Rede ist. Bund und Länder wollen nur noch 6,3 Millionen DM zur Verfügung stellen. Das kann ich nicht verstehen. Wie ist das möglich? Die Begründung für das Zurückschrauben der finanziellen Möglichkeiten, die eben in einer Rede gegeben wurde, kann nicht stimmen; denn das Geld stand schon zur Verfügung. Nach der ersten Lesung und der Anhörung hat die Koalition angekündigt, dass noch Änderungsanträge eingebracht würden. Die Regierungsfraktionen haben einen Änderungsantrag gebracht, der aus unserer Sicht für die Frauen ein echter Fortschritt ist: Der Anspruch der Frauen auf umfassende Heil- und Krankenbehandlung wurde nach dem Bundesversorgungsgesetz anerkannt. Das ist ein echter Fortschritt! Die von uns eingebrachten Änderungsanträge zielten auf die Beseitigung weiterer Defizite ab. Es ging vor allen Dingen darum, dass die monatliche Rente in den unteren Bereichen erhöht wird - so war es früher auch geplant, als Sie noch selber in der Opposition waren -, weil eine solche Erhöhung für die Frauen wirklich notwendig wäre. Wir empfinden es als unsozial, dass die Rentenzahlungen hälftig auf die Sozialhilfeleistungen angerechnet werden können. Ich war überrascht - das muss ich zugeben -, dass die CDU/CSU bereit war, unseren Anträgen zuzustimmen. Dass Sie von der F.D.P. ihnen nicht zugestimmt haben, ist Ihre Sache. ({2}) Herr Schmidbauer, es bestand wirklich die Chance, in dem Ausschuss eine Mehrheit für unsere Anträge zu finden. Ich halte es für unverantwortlich, wie Sie mit der Hoffnung der betroffenen Frauen spielen. Warum haben Sie nicht selber solche Anträge eingebracht? Wir haben unsere Anträge fast wortwörtlich von Ihnen übernommen. Trotzdem hatten Sie nicht den Mut, ihnen zuzustimmen. Das wäre die einzige Möglichkeit gewesen, diese Anträge einzubringen. ({3})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Frau Kollegin, achten Sie auf die Redezeit, bitte.

Dr. Ruth Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000615, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Wie gesagt, wir haben es versucht. Wir haben festgestellt, dass es auch bei den Ländern keine Bereitschaft gibt. Nur um die von den Frauen benötigte Entschädigung nicht immer weiter hinauszuschieben, haben wir zugestimmt. Ich bitte die Frauen, dafür Verständnis zu haben. Es gibt keine Chance, etwas anderes zu machen. Das muss man mit Bedauern hinnehmen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. ({0})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich erteile nun dem Staatsminister Rolf Schwanitz das Wort.

Not found (Gast)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will zum Schluss dieser Debatte für eine breite Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf werben. Ich verbinde das ausdrücklich mit einem aufrichtigen Dank an die Gesundheitsministerin für das, was - auch in der Auseinandersetzung mit den Ländern - an Koordination geleistet worden ist. In diesen Dank schließe ich den Amtsvorgänger ausdrücklich ein. An dieser Stelle möchte ich meinen Dank und meinen Respekt auch gegenüber allen Kolleginnen und Kollegen dazu gehören Herr Schmidbauer und Herr Schuhmann ausdrücklich zum Ausdruck bringen - man kann das nicht an einer Fraktion festmachen, weil es fraktionsübergreifend war -, die während der schweren Monate und Jahre zuvor im Gespräch mit den Betroffenen gewesen sind und die gespürt haben, welche seelischen Verletzungen insbesondere dabei entstanden sind, dass der Ausspruch „Wer schnell hilft, hilft viel“, den wir oft auf den Lippen haben, gerade bei dieser Betroffenengruppe nicht in Erfüllung gegangen ist. ({0}) Eine Billiglösung ist das wahrlich nicht. Bei der Rentenregelung ist man bis an die Grenze dessen gegangen, was mit den Ländern einvernehmlich zu leisten war. Frau Kollegin Fuchs, ich will den von Ihnen angesprochenen Punkt erläutern: Die 15 Millionen DM, die der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages im letzten Jahr in den Haushalt eingestellt hat, sind natürlich nicht verschwunden, sondern etatisiert; sie stehen - noch in diesem Jahr - zur Finanzierung der Einmalleistungen zur Verfügung. Die qualitative Verbesserung dieses Gesetzentwurfs besteht auch darin, dass neben den Rentenansprüchen die schnelle Gewährung von Entschädigungsregelungen, von Einmalleistungen in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden soll. Das ist eine substanzielle Verbesserung, mit der man versucht, einiges wieder gutzumachen, was in den Jahren zuvor leider versäumt worden ist. Ich bitte auch diejenigen, die jetzt sagen: „Das ist zu wenig“, sich der Zustimmung nicht zu verweigern. Für das Signal, das von der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs ausgeht, ist das Abstimmungsverhalten jedes Einzelnen in diesem Haus wichtig. Wir müssen gegenüber anderen Betroffenengruppen eine Balance wahren. Vorhin ist das Thema SED-Opfer angesprochen worden. Auch sie haben durch staatliches Unrecht, durch Repression in den Haftanstalten - ohne einen Vergleich ziehen zu wollen, erlaube ich mir zu sagen: noch viel direkter - Gesundheitsschäden erlitten. Ich möchte nicht, dass wir eine der Betroffenengruppen in die Zwangslage bringen müssen, in einen Wettbewerb über den Nachweis darüber, wer größere Schäden erlitten hat und infolgedessen bessere Leistungen zu erwarten hat, einzutreten. Das haben die Betroffenengruppen nicht verdient. Meine herzliche Bitte an alle: Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu; er hat einen breiten Konsens verdient. Schönen Dank. ({1})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf eines Anti-DHilfegesetzes, Drucksachen 14/2958 und 14/3538. Zur Abstimmung liegen eine Erklärung von fünf Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion und eine andere Erklärung von 34 Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion vor. Die Erklärungen werden als Anlage zum Plenarbericht der 110. Sitzung abgedruckt. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zwei Gegenstimmen ist der Gesetzentwurf angenommen. Wir kommen jetzt zur dritten Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer dagegen ist, möge sich erheben. - Stimmenthaltungen? Der Gesetzentwurf ist angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur vergleichenden Werbung und zur Änderung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften - Drucksachen 14/2959, 14/3433 ({0}) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({1}) - Drucksache 14/3418 Berichterstattung: Abgeordnete Dirk Manzewski Dr. Susanne Tiemann Volker Beck ({2}) Rainer Funke Dr. Evelyn Kenzler Mir ist gesagt worden, dass die Debattenbeiträge der Kollegen Dirk Manzewski, Birgit Roth, Dr. Susanne Tiemann, Werner Schulz, Rolf Kutzmutz und des Parla- mentarischen Staatssekretärs Dr. Eckhart Pick zu Proto- koll gegeben wurden.*) Sind Sie damit einverstanden? Ich sehe, dass das so ist. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzesentwurf zur vergleichenden Werbung und zur Änderung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften auf Drucksachen 14/2959 und 14/3418. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltung der F.D.P.-Fraktion ist der Gesetzentwurf damit in zweiter Beratung angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? Damit ist der Gesetzentwurf angenommen worden. Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen, die gerade den Saal verlassen, darauf hinweisen, dass es noch ein paar Abstimmungen gibt. Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Norbert Geis, Roland Pofalla, Wolfgang Bosbach, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der gesetzlichen Maßnahmen gegenüber Kinder- und Jugenddelinquenz - Drucksache 14/3189 Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss ({3}) Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Es wurde vereinbart, zu diesem Punkt die Redebeiträge der Abgeordneten Erika Simm, Anni Brandt-Elsweier, Norbert Geis, Volker Beck, Jörg van Essen und Sabine Jünger zu Protokoll zu geben.1) *) Anlage 3 1) Anlage 4 Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfes auf Drucksache 14/3189 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Ulrike Flach, Hildebrecht Braun ({4}), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P. Eigentumsrechte nicht durch falsche Naturschutzpolitik aushöhlen - Drucksache 14/1113 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ({5}) Rechtsausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder Ausschuss für Tourismus Auch zu diesem Punkt wurden die Beiträge der Kolle- gen Karsten Schönfeld, Christel Deichmann, Cajus Caesar, Sylvia Voß, Ulrich Heinrich und Eva Bulling- Schröter zu Protokoll gegeben.2) Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 14/1113 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Winfried Wolf, Dr. Dietmar Bartsch, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes ({6}) - Drucksache 14/3332 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ({7}) Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO Die Reden der Abgeordneten Wieland Sorge, Norbert Otto, Albert Schmidt und Horst Friedrich sollen zu Proto- koll gegeben werden.3) Sind Sie damit einverstanden? Das ist der Fall. Der PDS-Vertreter wünscht das Wort. Herr Kollege Dr. Rössel, Sie haben das Wort.

Dr. Uwe Jens Rössel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002764, Fraktion: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Städten und Gemeinden flattern extrem hohe Rechnungen für Umund Ausbaukosten an Kreuzungspunkten von Eisenbahnstrecken mit kommunalen Straßen ins Haus. So muss jeweils bis zu knapp 1 Million DM berappt werden, wenn an einem Bahnübergang Schranken und Lichtsignaleinrichtungen der ehemaligen Deutschen Reichsbahn an den bundesdeutschen Standard angeglichen werden sollen. Von der Gemeinde Schönhausen in Sachsen-Anhalt werden sogar sage und schreibe 17 Millionen DM für den Bau von zwei Brücken über die Ausbaustrecke Hannover-Stendal-Berlin verlangt - und das bei einem Gemeindehaushalt von 1 Million DM. Das ist unvorstellbar und unverantwortlich zugleich. ({0}) Betroffene Städte und Gemeinden müssen für Kosten in Höhe von insgesamt 500 Millionen DM zum Bau von Eisenbahnbrücken und von Kreuzungsmaßnahmen zwischen Straße und Schiene, die sie nicht zu verantworten haben, aufkommen. Die Ursache für diese Situation liegt darin, dass der Bundesgesetzgeber es 1998 bei der letzten Novellierung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes versäumt hat, dies zu korrigieren. Es wäre aber möglich gewesen. Es geht, wie gesagt, um Kosten in einem Umfang von insgesamt 500 Millionen DM, für die heute Städte und Gemeinden insbesondere in Ostdeutschland zur Kasse gebeten werden. Dafür gibt es keine sachliche Begründung. Deshalb die heutige Gesetzesinitiative der PDS-Fraktion auf Drucksache 14/3332, die diesen Zustand beseitigen und die Kommunen dauerhaft von dieser Belastung befreien will. Eine Gegenfinanzierung haben wir selbstverständlich auch vorgesehen. Sie besteht darin, dass erstens frei werdende Mittel aus der Magnetschwebebahn Berlin-Hamburg für diese Aufgabe genutzt werden und dass zweitens speziell Brückenbauwerke auf regionalen Strecken künftig aus einem Fonds finanziert werden, der aus einer ab 2003 zu erhebenden Schwerlastabgabe gespeist wird. ({1}) Das sind also klare, realistische Vorschläge für die Finanzierung. Wir haben keine Luftnummer vorgelegt. Wir wollen nämlich, dass die Befreiung der Kommunen von diesen Belastungen dauerhaft erfolgt, zumal es keinen Beweis dafür gibt, dass die Kommunen diese Belastungen tatsächlich zu tragen haben. Nur zwei Argumente möchte ich heute nennen. Erstens. Zweifellos entsprach das straßenseitige Erscheinungsbild von DDR-Bahnübergängen nicht dem bundesdeutschen Standard. Eine Anpassung an die Bestimmungen der bestehenden Eisenbahnordnung ist daher geboten. Sachlich nicht zu rechtfertigen ist jedoch, dass auf Ostkommunen mit dem Verweis auf das besagte Eisenbahnkreuzungsgesetz ein Drittel dieser Kosten zukommen sollen. Dafür allerdings gibt es keine sachliche Begründung. Zweitens. Deutsche Reichsbahn wie auch Deutsche Bundesbahn hatten - das ist gutachterlich bestätigt und nachgewiesen - pflichtwidrig und über Jahre hinweg notwendige Unterhaltungsmaßnahmen an Straßenbrücken unterlassen. Im Jahr 1998 wurden die Kommunen im Altbundesgebiet von diesen Kosten befreit, nicht aber die Kommunen in den neuen Bundesländern - Ungleichbehandlung also auch hier ohne jedwede sachliche Begründung. Das ist schnellstens zu korrigieren. ({2}) Vizepräsidentin Anke Fuchs 2) Anlage 5 3) Anlage 6 Der Bundesgesetzgeber hält nämlich an der irrigen Rechtsauffassung fest, wonach die Verantwortung für diese Sanierungsmaßnahmen 1953 - man höre und staune: 1953 - in der DDR durch eine Verwaltungsvereinbarung geregelt worden sei. 1953, vor 47 Jahren also, hat das die DDR-Regierung geregelt, was heute noch gelten soll. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Dabei war, um auf die Verhältnisse in der DDR zurückzukommen, die Übergabe der Baulast von der Bahn auf die Kommunen nichts weiter als eine Veränderung auf dem Papier. Sie wissen, in der DDR waren die Kommunen so genannte unterste Staatsorgane, was sehr kritikwürdig ist - das will ich überhaupt nicht ignorieren -, und ebenso wie die Bahn Teil des Staates. Die Kommunen besaßen in der DDR keine Finanzhoheit und konnten folglich überhaupt nichts am Zustand von Brücken ändern, haben dafür also auch nach bundesdeutschem Recht keine Verantwortung zu tragen. Fazit: Der Änderungsbedarf beim Eisenbahnkreuzungsgesetz ist groß. Die Fehlentwicklungen sind erheblich. Mit den enormen Belastungen, die ich angesprochen habe und die im Antrag sachlich nachgewiesen sind, werden die kommunalen Finanzspielräume zumeist weit überschritten. Verschiedentlich stehen sogar langwierige Rechtsauseinandersetzungen an. Die rot-grüne Bundesregierung aber sieht keinen Handlungsbedarf. Deshalb setzt sich die PDS mit ihrer Gesetzesnovelle für die Befreiung der Kommunen von diesen Kosten ein. Sie gibt dafür im Gesetzesantrag auch eine stichhaltige Begründung. Im Interesse der betroffenen Städten und Gemeinden bitte ich Sie dringlich, diese Initiative ohne jedwede ideologische Vorbehalte zu unterstützen. Vielen Dank und schöne Pfingsten. ({3})

Anke Fuchs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000611

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/3332 an die in der Tagesordnung aufgeführte Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Damit ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Alfred Hartenbach, Hermann Bachmaier, Bernhard Brinkmann ({0}), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten Volker Beck ({1}), Hans-Christian Ströbele, Kerstin Müller ({2}), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Rechts an Grundstücken in den neuen Ländern ({3}) - Drucksache 14/3508 - Es ist vereinbart, die Redebeiträge der Abgeordneten Hans-Joachim Hacker, Andrea Voßhoff, Hans-Christian Ströbele, Dr. Evelyn Kenzler und Dr. Eckhard Pick zu Protokoll zu geben.*) Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/3508 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist so. Damit ist die Überweisung beschlossen. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Mittwoch, den 28. Juni 2000, 13.00 Uhr. Ich wünsche Ihnen allen erbauliche, fröhliche Pfingsttage. Die Sitzung ist geschlossen.